Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die sechs Entschließungsanträge zu Usbekistan(1).
Józef Pinior (PSE), Verfasser. – (PL) Herr Präsident! Viel ist heute in diesem Hohen Haus über die Lage in Usbekistan gesagt worden. Eine Verbesserung ist nicht abzusehen, vielmehr erleben wir, wie die Unterdrückung dort zunimmt.
Im jüngsten Bericht von Human Rights Watch vom 3. Oktober 2006 ist die Lage detailliert beschrieben. Niemand ist bis jetzt für das Massaker in Andischan zur Rechenschaft gezogen worden, kritische Stimmen werden nach wie vor unterdrückt, und es gibt Verstöße gegen die Religionsfreiheit. In puncto Menschenrechte und Grundrechte besteht noch immer keine Zusammenarbeit mit den internationalen Institutionen. Zwei Journalisten, Djamshid Karimow und Ulugbek Khaidarow, bekannt für ihre unabhängige und regimekritische Haltung, sind im September in Usbekistan verschwunden. Herr Karimow wurde schließlich in einem psychiatrischen Krankenhaus ausfindig gemacht, und Herr Khaidarow ist im Gefängnis.
Die Strategie des Europäischen Parlaments muss zugleich darauf gerichtet sein, Usbekistan bei seiner Rückkehr in die Gemeinschaft demokratischer Länder, die den Weg der Reformen beschreiten, zu unterstützen. Wir dürfen nichts unternehmen, was diese Entwicklung beeinträchtigen könnte.
Alyn Smith (Verts/ALE), Verfasser. – (EN) Herr Präsident! Es ist für uns zwar etwas Ungewöhnliches, doch gegenwärtig sind bereits Sanktionen gegen Usbekistan in Kraft. Sanktionen sollten sparsam und nur als letztes Mittel eingesetzt werden, und dennoch sollten wir in diesem Hohen Haus uns nicht scheuen, Sanktionen zu fordern und auch für deren Verhängung zu sorgen, da sie die einzig wirksame Waffe sind, um eine innere Wende in diesem Land herbeizuführen.
Es kommt darauf an, dass die EU einheitlich auftritt, und genau das wird mit diesem Entschließungsantrag versucht. Zuerst müssen wir uns darauf einigen, uns ein Bild von der Wirklichkeit zu machen. In Erwägung C merken wir an, dass „die Regierung von Usbekistan die vom Rat bei der Verhängung der Sanktionen genannten Bedingungen nicht erfüllt hat“. Deshalb würden alle Schritte zur Aufhebung der gegenwärtigen Sanktionen der eigenen Intuition widersprechen, und sie wären etwas seltsam. Ja, sie wären ein seltsamer Anreiz bzw. eine seltsame Belohnung dafür, uns zu ignorieren.
Und dennoch wird, wie wir in Erwägung B schreiben, erwartet, dass der Rat Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen am 13. November prüft, ob er die im vergangenen Jahr beschlossenen Sanktionen verlängert. Unseren Informationen nach sind bereits echte Bemühungen zur Aufhebung der Sanktionen im Gange. Meine Fraktion ist damit nicht einverstanden, und wir hoffen, dass sich das Hohe Haus uns anschließen wird. Wir sind der Ansicht, dass die Sanktionen verlängert und ausgeweitet werden müssen, vor allem angesichts der anhaltenden Weigerung Usbekistans, eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle von Andischan zuzulassen.
Mit Ziffer 2 möchten wir die Sanktionen dahingehend ausweiten, dass für bestimmte Schlüsselpersonen gezielte Visaverbote eingeführt werden. Damit würden wir unsere zunehmende Frustration aufgrund der mangelnden Fortschritte unterstreichen, ohne damit der usbekischen Bevölkerung zu schaden.
Wichtig ist, den Druck aufrechtzuerhalten. Wir hoffen, dass das Hohe Haus nicht die Nerven verlieren wird. Ich hege zwar keinen Zweifel, dass die Kommissarin unsere Bedenken teilt, doch wir hoffen, dass sie sich in diesem Bereich auch genauso stark wie wir engagieren wird.
Elisabeth Jeggle (PPE-DE), Verfasserin. – Herr Präsident, verehrte Frau Kommissarin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist wichtig, dass das Europäische Parlament Menschenrechtsverletzungen in der ganzen Welt nicht unbeachtet lässt und entsprechend tätig wird. Dies gilt auch nach den schlimmen Vorfällen in Andischan in Usbekistan im Mai 2005. Wir als demokratische Institution dürfen es nirgendwo auf der Welt zulassen, dass Menschenrechte mit Füßen getreten werden! Wir dürfen es jedoch auch nicht zulassen, dass diplomatische Beziehungen aufgrund unserer interparlamentarischen Zusammenarbeit aufs Spiel gesetzt werden. Man muss unter Einbeziehung der vergangenen Ereignisse die momentane Lage in Usbekistan betrachten. Nur darauf kann sich die aktuelle Entschließung stützen.
Im letzten Monat war eine Reise der Delegation für die Beziehungen zu den zentralasiatischen Ländern, welcher auch ich angehöre, nach Usbekistan geplant. Diese Reise kam nicht zustande — nicht weil usbekische Behörden unkooperativ gewesen wären, sondern weil hier im Hause zu wenige Kollegen Interesse an einer solchen Reise hatten. Insofern haben wir kein eigenes Bild über die aktuelle Lage in Usbekistan, was Menschenrechte, Demokratisierung und den Aufbau einer unabhängigen Gerichtsbarkeit angeht. Wir müssen uns vielmehr auf Informationen Dritter verlassen.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass in Usbekistan oft Menschenrechte und Demokratisierungsversuche mit Füßen getreten werden und dass insofern wirklich über das Fortbestehen der bisherigen Sanktionen nachgedacht werden muss, insbesondere, was ein Waffenembargo angeht. Ich meine jedoch, dass eine Ausweitung der Sanktionen in der Form, dass u. a. der Präsident von Usbekistan, Islam Karimow, mit einem EU-Visa-Bann versehen werden soll, keineswegs zielführend ist. Dies käme quasi einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gleich. Das kann nicht unser Ziel sein. Es gibt keinen aktuellen Zwischenfall, der solch eine harte politische Reaktion rechtfertigt. Insofern bitte ich Sie eindringlichst, den von mir eingebrachten Änderungsantrag zu unterstützen und ihm zuzustimmen. Sollte ich diesen Kompromissversuch verlieren, werde ich am Ende gegen die Entschließung stimmen müssen.
Tobias Pflüger (GUE/NGL), Verfasser. – Herr Präsident! Im Bericht von „Reporter ohne Grenzen“ wird Usbekistan inzwischen auf Platz 158 aufgeführt, und zwar interessanterweise sogar hinter Staaten wie Weißrussland oder Russland. Die Lage der Menschenrechte in Usbekistan ist insbesondere nach dem Vorfall von Andischan hier schon mehrfach diskutiert worden. Jetzt ist die spannende Frage: Wie reagiert die Europäische Union darauf?
Wir haben gesagt, wenn es Sanktionen geben soll, dann müssen diese sich insbesondere auch auf den Waffentransfer und den Transfer von Militär beziehen. Ganz wichtig ist, dass die deutsche Militärbasis Termes in Usbekistan geschlossen wird. Denn entweder hält man Sanktionen tatsächlich ein, oder man macht eine wesentliche Ausnahme. Deshalb sagen wir: Das ist der Lackmus-Test für die Menschenrechtspolitik – auch hier im Europäischen Parlament!
Deshalb haben wir diesen Änderungsantrag eingebracht, demzufolge der deutsche Militärstützpunkt in Termes geschlossen werden muss. Dieser Stützpunkt wird von allen NATO-Staaten, aber auch von jenen NATO-Staaten, die gleichzeitig EU-Mitglied sind, genutzt und muss daher geschlossen werden!
Marios Matsakis (ALDE), Verfasser. – (EN) Herr Präsident! Usbekistan ist eine autoritäre Republik, ein ehemaliger Teil der Sowjetunion, der, während er um wirtschaftliche und politische Stabilität ringt, die Menschenrechte seiner Bürger in hohem Maße verletzt.
Die Erinnerung an das Massaker von Andischan im Mai 2005 ist uns noch heute frisch im Gedächtnis, insbesondere da die zahlreichen Forderungen der UN, der EU und anderer nach einer unabhängigen Untersuchung wohl auf taube Ohren gestoßen sind. Trotz einiger vor kurzem erfolgter Versuche, die Menschenrechtssituation im Land zu verbessern, ist die Situation im Bereich der bürgerlichen Freiheiten zudem noch immer zutiefst anachronistisch. Nach Aussagen einiger glaubwürdiger im Menschenrechtsbereich agierender NRO, wie Amnesty International, gibt es schwerste Menschenrechtsverletzungen wie Folter, willkürliche Verhaftungen und Einschränkung der Religionsfreiheit und der Freiheit der Meinungsäußerung, wobei Mitglieder religiöser Organisationen, Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und politische Aktivisten einschließlich der Mitglieder der verbotenen Oppositionsparteien die Hauptopfer sind.
Trotz der Sanktionen, die derzeit in Kraft sind, verlaufen die demokratischen Reformen im Land nur sehr schleppend und sind leider nicht sehr umfassend. Deshalb rufen wir in diesem Entschließungsantrag den Rat dazu auf, nicht nur die vorhandenen Sanktionen um ein weiteres Jahr zu verlängern, sondern die Sanktionen auch dahingehend auszuweiten, dass EU-Visaverbote einbezogen werden und das Vermögen einiger hoher Beamter der usbekischen Regierung, das diese in der EU haben, eingefroren wird. Wir tun dies mit Bedauern, aber wir sind der Meinung, dass uns keine andere Möglichkeit bleibt, als hart zu sein, um etwas Positives zu bewirken.
Wir hoffen und wünschen uns sehr, dass die usbekische Regierung unsere Entschlossenheit im Bereich der Menschenrechte erkennt, und dass sie die großen demokratischen Defizite, die es in ihrem Land immer noch gibt, schnell korrigieren wird.
Adam Jerzy Bielan (UEN), Verfasser. – (PL) Herr Präsident! Seit der letzten Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Usbekistan und den zentralasiatischen Republiken hat sich in Usbekistan wenig geändert. Die usbekische Regierung lehnt eine unabhängige Untersuchung der Ereignisse vom 13. Mai 2005, als Truppen von Präsident Karimow in Andischan einen Volksaufstand niederschlugen, nach wie vor ab. Bei der blutigen Niederschlagung des Aufstands, den die Regierung als terroristische Rebellion bezeichnete, wurden mehrere hundert Menschen getötet. Die meisten unabhängigen Journalisten und Menschenrechtsaktivisten werden von den Sicherheitsdiensten eingeschüchtert, und einige sind des Landes verwiesen worden.
Der jüngste Vorfall, das Verschwinden von Djamshid Karimow und Ulugbek Khaidarow, hat große Besorgnis im Hinblick auf die künftige Entwicklung Usbekistans ausgelöst. Herr Karimow und Herr Khaidarow sollen die letzten Journalisten in diesem Land sein, die es gewagt haben, kritisch über die Regierung und die Mächtigen an ihrer Spitze, die seit 17 Jahren herrschen, zu berichten. Als beide Männer nach einigen Tagen ausfindig gemacht wurden, befand sich der eine wegen Erpressung im Gefängnis, während der andere in ein psychiatrisches Krankenhaus eingeliefert worden war.
Die Zivilgesellschaft in Usbekistan fordert eine offenere Gesellschaft, in der individuelle Freiheiten und Menschenrechte respektiert werden. Das Volk von Usbekistan will außerdem, dass auf dem Weg zur Demokratie wirkliche Fortschritte erzielt werden. Der Kampf gegen den Terror darf nicht unter Verletzung internationaler Übereinkommen geführt werden. Er darf niemals als Vorwand dienen, um die politische Opposition zu beseitigen, die Menschenrechte rücksichtslos zu missachten oder die bürgerlichen Freiheiten einzuschränken.
Tadeusz Zwiefka, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Fünfzehn Jahre nach dem Untergang des Reichs des Bösen, das die Sowjetunion zweifellos war, ist die Lage verhältnismäßig klar. Nur diejenigen ehemaligen Sowjetrepubliken, die sich entschlossen haben, eine Zukunft nach dem demokratischen Modell des Westens aufzubauen, bieten die Gewähr dafür, dass auf ihrem Territorium eine Zivilgesellschaft entsteht und die Menschenrechte geachtet werden.
Jene Länder hingegen, die unter Moskaus schützenden Fittichen Schutz gesucht haben und in denen von ehemaligen kommunistischen Führern geführte Regierungen noch immer an der Macht sind, geben uns Anlass zu Beunruhigung und großer Besorgnis. Ich möchte jedoch darauf aufmerksam machen, dass wir gewöhnlich über einzelne Fälle sprechen, heute speziell über eine der zahlreichen Tragödien, wie sie sich in Usbekistan ereignet haben. Es ist wirklich höchste Zeit, darauf hinzuweisen, dass solche Ereignisse nur deshalb möglich sind, weil diese Regime auf die Billigung Moskaus zählen können. Sie genießen den Schutz der russischen Führung, was sie in die Lage versetzt, so und nicht anders zu handeln. Es ist wirklich höchste Zeit, dass wir Nein zu all dem sagen.
Ana Maria Gomes, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) Selbst in einer Region, die von autokratischen Diktaturen mit Füßen getreten wurde und wird, hebt sich das Usbekistan von Karimow durch das Massaker von Andischan noch ab. Nach Angaben der Regierung starben 169 Menschen, die Opposition hingegen spricht von 745. Unabhängig von den Zahlen müssen die Verantwortlichen ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden. Die EU hat dies getan, wenn auch nur zum Teil und mit einem halben Jahr Verspätung. Im November hat der Rat ein Waffenembargo und andere Sanktionen beschlossen. Wie stehen die Dinge jetzt, ein Jahr später?
Die Unterdrückung hat sich verschärft, und die Arbeit der NRO und der Journalisten ist eingeschränkt worden. Im März wurde der Hohe Flüchtlingskommissar des Landes verwiesen, und schlimmer noch, von November bis Juli wurden in einem Akt seltener Heuchelei mehr als 250 Menschen in einer Serie grotesker, als Medienzirkus inszenierter Prozesse summarisch als Anstifter des Massakers vom Mai verurteilt.
All dies beweist, dass wir nicht nur unbedingt die bestehenden Sanktionen um weitere zwölf Monate verlängern, sondern sie auch dahingehend ausweiten müssen, dass alle Finanzgeschäfte und EU-Visa für die maßgeblichen Folterknechte von Taschkent eingefroren werden und dass auch der Anführer, Präsident Karimow, einbezogen wird.
Daniel Strož, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (CS) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Selbstverständlich ist es richtig und notwendig, die Einhaltung der Menschenrechte – sei es nun in Tibet, Guatemala oder Usbekistan – zu überwachen, weil es sich dabei um unveräußerliche Rechte im Zeitalter der Globalisierung handelt. Angesichts der Diskussionen und Initiativen, die vom Europäischen Parlament eingeleitet und weiterentwickelt werden, bin ich jedoch der Meinung, dass es dieses Gremium eher vorzieht, sich mit Menschenrechtsverletzungen und damit zusammenhängenden Problemen irgendwo in der Welt zu befassen, als im Hoheitsgebiet der EU selbst.
So verhalten wir uns beispielsweise gleichgültig gegenüber der unerträglichen Lage der so genannten russischen Nichtstaatsangehörigen in Lettland, der Kinderarbeit und Kinderprostitution in einigen Mitgliedstaaten, den schrecklichen Bedingungen der Medien und der Kriminalisierung und Verfolgung der Linken in der Tschechischen Republik sowie der beispiellosen Zunahme der Armut und des Rechtsextremismus in Deutschland.
Das ist vielleicht umso mehr der Grund, weshalb wir uns mit Usbekistan und Tibet oder vielleicht auch Belarus und China und ähnlichem befassen. Ich wage jedoch zu behaupten, dass die konservative Mehrheit das Parlament absichtlich und geschickt zu einer Art zahmem Wachhund macht, der froh ist, wenn er auf seiner Seite des Zauns bleiben und die Nachbarn anbellen kann.
Wir sollten uns immer in erster Linie auf die Probleme konzentrieren, die die EU-Mitgliedstaaten betreffen.
Michał Tomasz Kamiński, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich meinem tiefen Entsetzen darüber Ausdruck verleihen, was der Vertreter der Ultralinken im Europäischen Parlament soeben gesagt hat. Man kann die Lage in Usbekistan ganz einfach nicht mit der Lage in irgendeinem europäischen Land vergleichen. Sicher haben viele Länder mit Problemen zu kämpfen, aber hier einen Vergleich mit der Lage in Usbekistan anzustellen, wo Menschen sterben und wegen ihrer politischen Anschauungen verfolgt werden, ist ungeheuerlich.
Bedauerlicherweise muss ich feststellen, dass es hier in diesem Hohen Haus Abgeordnete gibt, die bei Themen wie dem Schutz der Menschenrechte die Einmütigkeit in Bezug auf die Verteidigung und Förderung der europäischen Grundwerte wie Menschenrechte, Demokratie und Meinungsfreiheit zunichte machen. In diesem Hause sollte vom linken bis zum rechten Flügel Einigkeit herrschen.
Ich werde den Entschließungsantrag unterstützen, in dem wir eine Verlängerung der Sanktionen gegen das Regime in Usbekistan fordern, denn die Europäische Union ist mehr als ein politischer Organismus mit gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen. Ich glaube fest an die Europäische Union als Wertegemeinschaft, und als solche muss die Union ein Beispiel geben und alle Menschenrechtsverletzungen, ganz gleich, wo sie stattfinden, unmissverständlich verurteilen.
(Beifall)
Urszula Krupa, in Namen der IND/DEM-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Exakt vor einem Jahr haben wir auch über die Lage in Usbekistan gesprochen, als dort eine Demonstration gegen das totalitäre Regime von Präsident Karimow und dessen Menschenrechtsverletzungen blutig niedergeschlagen worden war.
Die Unabhängigkeit Usbekistans ist auch durch den rücksichtslosen Kampf der Großmächte um Einflusssphären ständig gefährdet. Trotz der Sanktionen, die verhängt wurden, und der verschiedenen Entschließungen des Parlaments werden in Usbekistan noch immer Menschenrechtsaktivisten verhaftet und gefoltert. Das trifft auch auf Augenzeugen zu, und wir alle wissen, dass die Wahrheit sich weder durch Beschlüsse und Gesetze noch durch Haftstrafen unterdrücken lässt.
Die eiserne Hand des Regimes bekommen nicht nur die Vertreter der Opposition, sondern auch das ganze Volk in seinem Kampf für Unabhängigkeit und demokratischen Wandel zu spüren. Besonders die Frauen sind davon betroffen. Zwar haben sie im Rahmen der Chancengleichheit das Recht, sich scheiden zu lassen, doch müssen sie mit den Alltagsproblemen oftmals ganz allein fertig werden und ihre Kinder und die Familie auf sich allein gestellt durchbringen. Selbstverständlich fordern wir die Achtung der Menschenrechte und unterstützen wir den Entschließungsantrag.
Ryszard Czarnecki (NI). – (PL) Herr Präsident! Eine Minute reicht einfach nicht aus, um über Menschenrechtsverletzungen in Usbekistan zu sprechen. Wir können nur darauf hinweisen, dass es noch immer keine unabhängige Untersuchung der Ereignisse in Andischan vor 18 Monaten gegeben hat. Nach diesen Vorfällen haben die Behörden in Taschkent unabhängigen Journalisten und Menschenrechtsaktivisten den Krieg erklärt.
Angaben der UNO zufolge wird in Usbekistan immer noch gefoltert. Es stimmt, dass der islamische Extremismus in Usbekistan an Einfluss gewinnt, doch das darf nicht als Entschuldigung für Menschenrechtsverletzungen dienen. Usbekistan spielt in Zentralasien eine führende Rolle. Das ist ein Grund mehr zu fordern, dass das Land die Regeln der Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte achtet.
Einige tausend Kilometer von Usbekistan entfernt liegt ein Land, das in ähnlicher Weise die Menschenrechte grob missachtet, nämlich Belarus. Sowohl gegen Usbekistan als auch gegen Belarus wurden Visasanktionen verhängt. Eine Verlängerung dieser Sanktionen scheint vernünftig und verdient unsere Unterstützung. Vielleicht wird diese Form der „Erpressung“ dazu beitragen, dass Usbekistan begreift, worum es bei den europäischen Normen geht.
(Beifall)
Bernd Posselt (PPE-DE). – Herr Präsident! Ohne das usbekische Volk säße ich heute nicht hier, denn mein Großvater war als österreichischer Soldat im Ersten Weltkrieg russischer Gefangener und hat die kalten Winter in der Nähe von Taschkent nur dank der Gastfreundschaft des usbekischen Volkes überlebt.
Ich glaube, wir alle haben eine tiefe Sympathie für das usbekische Volk, aber gerade deshalb verurteilen wir die Unterdrückung der Menschenrechte dort und deshalb bedauern wir, dass dort ein Regime herrscht, das nicht im Geringsten unseren Maßstäben im Hinblick auf die Menschenrechte entspricht. Ich bin für eine ganz klare Verurteilung dieser Menschenrechtsverletzungen und auch für eine Verlängerung der Sanktionen.
Überhaupt nichts halte ich aber von zusätzlichen Einreiseverboten, wie sie in Ziffer 2 gefordert werden. Ich glaube, wir können die Probleme nicht so lösen, dass wir bei einem Gipfel vor Herrn Putin flachliegen und beim nächsten Gipfel vielleicht den chinesischen Staatspräsidenten einladen, uns dann jedoch an den kleinen Putins oder den kleinen Diktatoren abreagieren! Deshalb empfehle ich vernünftige Maßstäbe. Verlängerung der Sanktionen: Ja. Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen: Ja. Aber am Donnerstagnachmittag Einreiseverbote für alle möglichen Staatsspitzen der Welt verhängen, halte ich für Demagogie und nicht für seriöse Politik!
Karin Scheele (PSE). – Herr Präsident! Bekanntermaßen verhängen wir am Donnerstagnachmittag überhaupt nichts. Das Europäische Parlament stellt zu den verschiedenen Menschenrechtsfragen rund um die Welt nur verschiedene Forderungen. Wir fordern den Rat mit der heutigen Entschließung auf, die Sanktionspolitik zu verlängern und sie in bestimmten Aspekten, die schon diskutiert wurden, zu erweitern. Die usbekische Regierung weigert sich weiterhin, eine unabhängige Untersuchung der Todesfälle in Andischan zuzulassen, die von mehreren internationalen Institutionen wiederholt gefordert wurde und noch immer wird. Usbekistan soll mit der OSZE und der UNO hinsichtlich einer solchen unabhängigen Untersuchung zusammenarbeiten.
Die Beziehungen zu Usbekistan sind für die Europäische Union von großer Bedeutung. Die Basis für diese Beziehungen muss jedoch der Respekt der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte sein.
Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Zwar sind inzwischen bereits anderthalb Jahre vergangen, doch die Massenmorde in Andischan vom 13. Mai 2005 sind uns allen noch lebhaft im Gedächtnis. Die usbekischen Behörden haben die internationalen Forderungen nach einer unabhängigen Untersuchung abgelehnt, und es hat keine glaubwürdige Untersuchung der Morde gegeben. Die gegen die Teilnehmer der Demonstrationen, die den Morden vorausgingen, geführten Prozesse wurden vom OSZE-Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte als offenkundig ungerecht verurteilt.
Die weitere Entwicklung gibt ebenfalls wenig Anlass zu Optimismus. Berichten zufolge soll Folter immer noch weit verbreitet sein. Keiner internationalen Einrichtung ist es bisher gelungen, mit Flüchtlingen, die nach Usbekistan zurückgekehrt sind, in Verbindung zu treten. Usbekistan weigert sich, bei den Sonderverfahren der Vereinten Nationen zu kooperieren. Die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsaktivisten sind ständigen Schikanen ausgesetzt. Viele Menschenrechtsaktivisten wurden sogar inhaftiert.
Die Kommission hat mit besonderer Besorgnis zur Kenntnis genommen, dass mehrere bekannte Menschenrechtsaktivisten zu mehreren Jahren Haft verurteilt worden sind und dass sich auch Mukhtabar Todjibaeva weiterhin in Haft befindet. Uns sind noch viele ähnliche Fälle bekannt.
Trotz dieses düsteren Bildes ist nichts zu gewinnen, wenn man alle Kommunikationskanäle mit Usbekistan abbricht. Wie Sie alle wissen, hat die Europäische Union als Antwort auf die Morde von Andischan Sanktionen gegen Usbekistan verhängt, nämlich wie heute bereits erwähnt ein Waffenembargo, ein Reiseverbot für diejenigen, die für die Morde von Andischan verantwortlich sind, und die Einstellung von Fachtagungen mit Usbekistan. Eine Entscheidung darüber, ob die Sanktionen verlängert bzw. ausgeweitet werden, muss bis zum 14. November getroffen werden.
Um es den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, sich ein vollständiges und umfassendes Bild von der Lage in Usbekistan zu machen, wird Anfang November ein Treffen des Kooperationsrates mit Usbekistan stattfinden. Darüber hinaus wird dieser Kooperationsrat der Europäischen Union die Gelegenheit bieten, die usbekische Regierung auf Ministerebene unmittelbar auf unsere tiefe Besorgnis über Andischan und seine Folgen anzusprechen.
Vor dem Hintergrund dieses Kooperationsrates werden die Mitgliedstaaten ihre Entscheidung über eine eventuelle Verlängerung bzw. Ausweitung der Sanktionen treffen.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet im Anschluss an die Aussprache statt, d. h. gleich anschließend.