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Ausführliche Sitzungsberichte
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Donnerstag, 26. Oktober 2006 - Straßburg Ausgabe im ABl.
1. Eröffnung der Sitzung
 2. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
 3. Europäische Zentralbank (2005) (Aussprache)
 4. Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den ELER – Fakultative Modulation der Direktzahlungen im Rahmen der GAP (Aussprache)
 5. Begrüßung
 6. Abstimmungsstunde
  6.1. Entwurf des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union – Haushaltsjahr 2007 (Abstimmung)
  6.2. Haushaltsplan 2007: Einzelplan III – Kommission (Abstimmung)
  6.3. Haushaltsplan 2007: Einzelpläne I, II, IV, V, VI, VII, VIII (Abstimmung)
  6.4. Flottenkapazität der in Gebieten in äußerster Randlage registrierten Fangflotten (Abstimmung)
  6.5. Gedenken an den Ungarnaufstand 1956 (Abstimmung)
  6.6. Moldau (Transnistrien) (Abstimmung)
  6.7. Georgien (Südossetien) (Abstimmung)
  6.8. Ausfuhr giftiger Abfälle nach Afrika (Abstimmung)
  6.9. Umweltschutz: Bekämpfung der Kriminalität, Delikte und Strafen (Abstimmung)
  6.10. Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommen EG/Syrien (Abstimmung)
  6.11. Weltklimakonferenz in Nairobi (Abstimmung)
  6.12. “NAIADES“: Integriertes europäisches Aktionsprogramm für die Binnenschifffahrt (Abstimmung)
  6.13. Öffentlich-private Partnerschaften und die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für das öffentliche Beschaffungswesen und Konzessionen (Abstimmung)
  6.14. Entsendung von Arbeitnehmern (Abstimmung)
  6.15. Europäische Zentralbank (2005) (Abstimmung)
 7. Stimmerklärungen
 8. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 9. Zusammensetzung der Ausschüsse und der Delegationen: siehe Protokoll
 10. Übermittlung von Gemeinsamen Standpunkten des Rates: siehe Protokoll
 11. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 12. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit
  12.1. Tibet
  12.2. Verfahren gegen Rios Montt
  12.3. Usbekistan
 13. Abstimmungsstunde
  13.1. Tibet (Abstimmung)
  13.2. Verfahren gegen Rios Montt (Abstimmung)
  13.3. Usbekistan (Abstimmung)
 14. Beschlüsse betreffend bestimmte Dokumente: siehe Protokoll
 15. In das Register eingetragene schriftliche Erklärungen (Artikel 116 GO): siehe Protokoll
 16. Übermittlung der in dieser Sitzung angenommenen Texte: siehe Protokoll
 17. Zeitpunkt der nächsten Sitzungen: siehe Protokoll
 18. Unterbrechung der Sitzungsperiode
 ANLAGE (Schriftliche Anfragen)


  

VORSITZ: JACEK EMIL SARYUSZ-WOLSKI
Vizepräsident

 
1. Eröffnung der Sitzung
  

(Die Sitzung wird um 10.05 Uhr eröffnet.)

 

2. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll

3. Europäische Zentralbank (2005) (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Pervenche Berès im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über den Jahresbericht 2005 der Europäischen Zentralbank (2006/2206(INI)) (A6-0349/2006).

 
  
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  Pervenche Berès (PSE), Berichterstatterin. (FR) Herr Präsident, Herr Präsident der Europäischen Zentralbank, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Jahresbericht der Europäischen Zentralbank bietet dem Europäischen Parlament stets Gelegenheit, seine Position zur Geldpolitik darzulegen und die im Ausschuss für Wirtschaft und Währung im Rahmen des viermal jährlich mit dem Präsidenten der EZB stattfindenden monetären Dialogs geleistete Arbeit zu ergänzen. Bekanntlich haben wir im letzten Jahr diesen Bericht abgelehnt, weil er nicht den von diesem Parlament gewollten Orientierungen entsprach.

2005 ist ein besonderes Jahr, in dem die EZB einen Zyklus von fünf Zinserhöhungen eingeleitet hat, deren erste am 1. Dezember stattfand. Diese aufeinander folgenden Zinserhöhungen finden vor einem spezifischen wirtschaftlichen Hintergrund statt, der sowohl von der Erhöhung der Erdölpreise als auch von einem für die Ausfuhren der Eurozone ungünstigen Wechselkurs gekennzeichnet ist, sowie im Kontext eines Wirtschaftsaufschwungs, den höchst sachkundige Beobachter als anfällig ansehen.

Unter diesen Gegebenheiten fordert der vorliegende Bericht die EZB insbesondere auf, die Bedingungen, unter denen sie ihre Geldpolitik betreibt, sorgfältig zu analysieren. Zu meiner großen Freude hebt dieser Bericht auch hervor, welche Rolle der Wechselkurs zwischen Euro und Dollar für das Wachstum in der Europäischen Union spielt, und zieht daraus einige Schlussfolgerungen, die angesichts der Notwendigkeit, dass jede währungspolitische Behörde ihrer Verantwortung im Wechselkursbereich voll nachkommt, in einem Geist des Kompromisses erarbeitet wurden. Ich hoffe, dieser Kompromiss wird zum Zeitpunkt der Abstimmung immer noch vorhanden sein.

Ich gestatte mir trotzdem, ein gewisses Bedauern darüber zum Ausdruck zu bringen, dass es nicht möglich war, in diesem Bericht die Frage der Verschuldung der Haushalte sowie die notwendige Verbesserung in der Koordinierung der Wirtschaftspolitiken anzusprechen. Lassen Sie mich, Herr Präsident, einige Punkte anführen, zu denen der vorliegende Bericht aus meiner Sicht eigenständige und wertvolle Erkenntnisse vermittelt.

Ein Beispiel dafür ist die Aufforderung an die EZB, die Verwendung der 500-Euro-Banknoten sowie die Möglichkeit des Einfrierens ihrer Ausgabe genauer zu prüfen. Doch kommen wir jetzt zum wesentlichen Punkt für dieses Parlament, d. h. zu den Bedingungen der Ausübung der demokratischen Kontrolle und der Funktionsweise der EZB als Institution. In diesem Zusammenhang wollten wir vor der anstehenden Neuernennung eines Direktoriumsmitglieds unseren Beitrag zu der notwendigen Debatte leisten, die zwischen den Institutionen geführt werden muss, damit die Mitglieder des Direktoriums die Interessen der Eurozone optimal vertreten können. Unserer Auffassung nach sollte dazu in der EZB das eingeführt werden, was an allen anderen Zentralbanken üblich ist, d. h. eine breite Fächerung der vertretenen Profile sowie Ausgewogenheit zwischen den Ressorts. Wir sind uns in diesem Parlament einig in der Forderung, das Gleichgewicht zwischen den Nationen nicht als unveränderlichen Status quo zu betrachten, und wir sind weiterhin der Auffassung, dass die Unterschiedlichkeit der Profile eine Bereicherung für die Beiträge und die Pluralität des Direktoriums sein dürfte.

Ich hoffe ebenfalls, dass dieses Parlament dafür eintritt, dass der Rat bei seinen Beratungen zur Bestätigung einer Ernennung als Direktoriumsmitglied seine Entscheidungsbefugnis voll wahrnimmt, indem er sich auf der Grundlage von mehreren Kandidaturen entscheidet. Ich kenne das Argument, dass Sie, Herr Präsident der EZB, oft anführen und das auch Jean-Claude Trichet zuweilen benutzt: nämlich dass mehrere Bewerbungen für die weitere Laufbahn derer abträglich seien, die abgelehnt würden.

Gestatten Sie mir, darauf zu entgegnen, dass wir aufgrund der Beobachtung der internationalen Ernennungsprozesse zu ganz anderen Schlussfolgerungen gekommen sind. Auf internationaler Ebene ist der einzige Posten, der ohne Wettbewerb oder mehrere Bewerber besetzt wird – ich gehöre einer Partei an, die, wie Sie wissen, gegenwärtig diesen Prozess mit allen seinen Vorteilen durchläuft – der des Präsidenten der Weltbank. Dieses Verfahren wird weder im IWF, in der OECD noch in der WTO angewendet. Daher sind wir der Auffassung, dass von diesem Gesichtspunkt aus in dem integrierten Raum des Euro-Währungsgebiets eine Pluralität der Bewerber zugelassen werden sollte.

Natürlich fordern wir ebenfalls, dass das Europäische Parlament endlich befugt wird, die Ernennung der Direktoriumsmitglieder zu bestätigen, denn das würde, wie ich überzeugt bin, die Autorität dieser Direktoriumsmitglieder, ihre Legitimität und ihre Fähigkeit, die Stimme der Eurozone nachdrücklich auf der internationalen Szene zum Ausdruck zu bringen, nur stärken. Dies ist das vorrangige Ziel dieses Parlaments, d. h. dass die EZB auf internationaler Ebene neben dem Rat und der Eurogruppe als der bedeutsame und legitime Sprecher auftritt, den wir brauchen, damit die Stimme Europas in den wichtigen Fragen, die Sie, Herr Präsident, ansprechen wollten und zu denen dieses Parlament seinen Beitrag leisten möchte, nachdrücklich vernommen wird. Ich denke dabei natürlich auch an die Hedgefonds, wobei ich hoffe, dass der diesbezügliche Kompromiss, den wir im Ausschuss für Wirtschaft und Währung gefunden haben, bei der Abstimmung auch von allen Fraktionen unterstützt wird.

 
  
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  Jean-Claude Trichet, Europäische Zentralbank. (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Es ist für mich eine große Ehre und ein großes Vergnügen, vor Ihnen das Wort zu ergreifen. Ich bin hier, um dem Europäischen Parlament den Jahresbericht 2005 der Europäischen Zentralbank vorzulegen. Doch wie Sie wissen, gehen die Beziehungen zwischen dem Parlament und der Europäischen Zentralbank über die im Vertrag vorgegebenen spezifischen Verpflichtungen hinaus. So haben wir, wie Frau Berès soeben feststellte, im Verlaufe der Jahre einen sehr engen Dialog entwickelt, der – wie ich hervorheben möchte – sich auch dieses Jahr weiter intensiviert hat. So ist es bereits das dritte Mal, meine Damen und Herren Abgeordneten, dass ich innerhalb dieses Monats vor Ihnen spreche. Ebenso standen meine Kollegen vom Direktorium zu Themen wie der Reform des IWF, den Zahlungssystemen oder den Clearing- und Abrechnungssystemen in engem Kontakt mit dem Europäischen Parlament. Wir unsererseits legen großen Wert auf die Kontakte zu diesen Themen.

Ich werde Ihnen zunächst einen kurzen Überblick über die wirtschaftlichen und geldpolitischen Entwicklungen im Jahr 2005 geben und die geldpolitischen Maßnahmen der EZB erläutern. Danach möchte ich einige Anmerkungen zu Punkten und Vorschlägen machen, die Sie in Ihrem Entwurf einer Entschließung zum Jahresbericht 2005 der EZB vorgebracht haben.

(EN) Herr Präsident! Zu Beginn möchte ich dem Wirtschafts- und Währungsausschusses zu seiner Einschätzung gratulieren, die er zur Währungspolitik der EZB im Jahre 2005 und in den Nachfolgejahren vorgelegt hat. Wie in dem Berichtsentwurf bestätigt wurde, betreibt die EZB – deren Aufgabe darin besteht, unser vorrangiges Ziel der Wahrung der Preisstabilität zu verwirklichen – nach wie vor eine erfolgreiche Währungspolitik, was die Verankerung der Inflationserwartungen auf einem Niveau betrifft, das mit der Preisstabilität vereinbar ist. Dies konnte – wie Frau Berès erwähnte – trotz zahlreicher Herausforderungen gewährleistet werden, die sich insbesondere aus dem stark anhaltenden Anstieg der Ölpreise bis vor kurzem ergaben.

Wie bereits mehrfach betont wurde, ist eine solche Verankerung Grundvoraussetzung dafür, dass die Währungspolitik – wie in Artikel 105 EU-Vertrag niedergelegt – einen kontinuierlichen Beitrag leistet, um ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen im Euroraum zu unterstützen.

Insofern möchte ich hervorheben, dass eine offene und transparente Informationspolitik der EZB ein Schlüsselelement für die Steuerung der Markterwartungen darstellt. Vor allem meine einführende Erklärung auf der Pressekonferenz, die immer nach der ersten Monatssitzung des EZB-Rates stattfindet, bietet akkurate Informationen in Echtzeit, was die gegenwärtige Haltung des EZB-Rates zur Währungspolitik betrifft. Somit machen wir das Ergebnis unserer Beratungen durchaus öffentlich. Die einführende Erklärung ist vergleichbar mit den „Kurzprotokollen“, wie es bei anderen Zentralbanken heißt.

2005 vollzog sich die Währungspolitik der EZB in einem Umfeld, das von einer zunehmenden Verbesserung der wirtschaftlichen Lage gekennzeichnet war. Während im ersten Halbjahr das reale BIP-Wachstum aufgrund der sehr ungewissen Binnennachfrage mäßig blieb, stellte sich in der zweiten Jahreshälfte eine allmähliche Belebung der Wirtschaft ein. So belief sich das BIP-Wachstum in der ersten Hälfte des Jahres 2005 noch auf 1,2 % gegenüber dem Vorjahresdurchschnitt, stieg dann aber in der zweiten Jahreshälfte auf 1,7 % gegenüber dem Vorjahresdurchschnitt an. Insgesamt war im Euroraum ein reales BIP-Wachstum von 1,4 % zu verzeichnen.

Was die Preisentwicklung anbelangt, betrug die jährliche HVPI-Inflationsrate im Jahre 2005 durchschnittlich 2,2%. Im Vergleich: In den beiden Vorjahren hatte sie noch bei 2,1 % gelegen. Während die jährliche HVPI-Inflationsrate in der ersten Hälfte des Jahres 2005 auf 2,0 % absank, was vor allem an den Basiseffekten lag, stieg die HVPI-Inflationsrate in der zweiten Jahreshälfte plötzlich weit über 2 % an und erreichte im September einen Höchststand von 2,6 %. Hauptgrund hierfür war der erhebliche Anstieg der Energiepreise.

Daher erscheint es bei der Überprüfung der geldpolitischen Beschlüsse der EZB im Jahre 2005 und Anfang 2006 zweckmäßig, diesen Zeitraum in zwei Phasen zu unterteilen. Da nur ein geringer Anstieg der Inflationsrate zu verzeichnen war und die Inflationserwartungen für den Euroraum auf einem soliden, mit der Preisstabilität vereinbaren Niveau verankert wurden, gelangte der EZB-Rat in der ersten Hälfte des Jahres 2005 zu dem Schluss, dass die Zinssätze auf ihrem historischen Tiefstand belassen werden konnten. Zugleich behielt der EZB-Rat aber auch stets ein wachsames Auge auf die sich abzeichnenden Aufwärtsrisiken für die Preisstabilität, wie aus den wirtschaftlichen und geldpolitischen Analysen der EZB hervorgeht.

In der zweiten Hälfte des Jahres 2005 und Anfang 2006 stieg dann die Wahrscheinlichkeit, dass die durchschnittliche jährliche HVPI-Inflationsrate mittelfristig über der 2 %-Marke hängen bleiben könnte. Daher galt es, einen entsprechenden Anstieg der Inflationserwartungen zu verhindern. Verantwortlich für dieses Szenario der höheren Inflationsraten waren nach wie vor die bereits ermittelten Aufwärtsrisiken, insbesondere die weiter steigenden Ölpreise und indirekten Steuern und vor allem mögliche Zweitrundeneffekte auf das Lohn- und Preissetzungsverhalten. Dies wurde auch durch die geldpolitischen Analysen bestätigt, in denen ein starkes Geldmengenwachstum, eine robuste Kreditexpansion und eine übermäßige Liquidität festgestellt wurden.

Als dann Ende 2005 die regelmäßige Gegenprüfung der wirtschaftlichen und geldpolitischen Analyse der EZB vorgenommen wurde, stellte sich demzufolge heraus, dass eine Anpassung der überaus expansiv orientierten Geldpolitik der EZB notwendig erschien, um die Aufwärtsrisiken für die Preisstabilität einzudämmen und die solide Verankerung der langfristigen Inflationserwartungen im Euroraum zu bewahren. Daher beschloss der EZB-Rat im Dezember, die Leitzinsen der EZB um 25 Basispunkte anzuheben, nachdem diese Zinsen über zweieinhalb Jahre hinweg auf einem historisch niedrigen Stand gehalten worden waren. Seitdem hat der EZB-Rat seine expansiv orientierte Geldpolitik weiter gestrafft, indem er den Mindestbietungssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte des Eurosystems auf nunmehr 3,25% festsetzte.

Im Hinblick auf die jüngsten Entwicklungen belegen alle Hauptindikatoren für die Wirtschaftstätigkeit im Eurogebiet, die im Laufe des Jahres 2006 greifbar wurden, die Einschätzung des EZB-Rates, dass das Wirtschaftswachstum wieder an Fahrt gewinnt und auf einer breiteren und nachhaltigeren Basis steht. Diese Entwicklung wird vor allem von der Binnennachfrage gestützt.

In puncto Verbraucherpreise werden die jährlichen HVPI-Inflationsraten, trotz ihres Rückgangs in den letzten Monaten, auf einem hohen Niveau bleiben. Der Jahresdurchschnitt 2006 wird wohl bei über 2 % liegen.

Für das Jahr 2007 ist mit weiter steigenden Inflationsrisiken zu rechnen. Zu diesen Risiken gehören insbesondere höher als erwartete Lohnsteigerungen aufgrund der Erholung der Arbeitsmärkte und eine stärker als erwartete Weitergabe der letzten Ölpreissteigerungen. Die Einschätzung, dass die Aufwärtsrisiken bestehen bleiben, wird auch durch die Gegenprüfung der geldpolitischen Analyse belegt. Als Gründe hierfür werden der anhaltend dynamische Geldmengen- und Kreditzuwachs, der Liquiditätsüberschuss und – mittelfristig gesehen – der anhaltende Aufwärtstrend beim Geldmengenzuwachs genannt. Darauf wird auch im Bericht der Kommission hingewiesen. Diese geldpolitische Entwicklung macht verstärkte Kontrollen erforderlich, insbesondere vor dem Hintergrund einer Verbesserung der Wirtschaftslage und blühender Immobilienmärkte in vielen Teilen des Eurogebiets.

Sollten sich unsere Prognosen und das Basisszenario als richtig erweisen, wird – wie ich nach unserem letzten Beschluss im Namen des EZB-Rates bereits öffentlich bekannt gab – eine weitere Straffung der expansiv orientierten Geldpolitik angezeigt sein. Daher wird der EZB-Rat alle Entwicklungen weiterhin aufmerksam überwachen, um die mittel- und langfristige Preisstabilität zu sichern.

Was die Haushaltspolitik betrifft, so deuten die haushaltspolitischen Entwicklungen in den Jahren 2005 und 2006 sowie die Pläne für 2007 darauf hin, dass sich in den Haushaltssalden weitere, wenn auch langsame Verbesserungen ergeben werden. Das heißt aber nicht, dass wir uns jetzt bequem zurücklehnen können. Das oberste Gebot lautet nach wie vor, die Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung in der momentanen Aufschwungphase zu verstärken und prozyklische Politiken zu vermeiden, um die Märkte und die Öffentlichkeit nicht überoptimistisch werden zu lassen.

Bei den Strukturreformen teile ich die Ansicht des Europäischen Parlaments, dass umfassende Strukturreformen erforderlich sind, um die potenzielle Wachstumsrate im Euroraum zu steigern und den derzeitigen Konjunkturaufschwung zu unterstützen. Insofern waren die Reformmaßnahmen, die bei der Erneuerung der Lissabon-Strategie aus der Taufe gehoben wurden, ein begrüßenswerter, zusätzlicher Schritt in die richtige Richtung. Die erfolgreiche Durchführung nationaler Reformmaßnahmen, die auf die Beseitigung starrer Regelungen und bestehender Ineffizienzen in den Ländern des Euroraums abzielen, wird dazu beitragen, das reibungslose Funktionieren der WWU zu verbessern und die Umsetzung der einheitlichen Geldpolitik der EZB zu erleichtern.

In Ihrem Entschließungsantrag werfen Sie zahlreiche Fragen auf, die für die EZB von großem Interesse sind. Ich versichere Ihnen, dass wir diese Punkte sehr sorgfältig prüfen werden. Zu zwei Fragen möchte ich Ihnen jedoch sogleich unseren Standpunkt mitteilen, da sie Themen von großer Aktualität betreffen und bereits Gegenstand eines Meinungsaustauschs waren, den meine Direktoriumskollegen und ich mit Ihnen geführt haben.

In dem Entschließungsantrag wird die EZB aufgefordert, weitere Analysen zum Thema Hedgefonds durchzuführen – ein Punkt, der von Ihnen hervorgehoben wurde. Obwohl die Hedgefonds zunehmend ins Visier der Behörden geraten, wäre es meines Erachtens unfair, die damit verbundenen Vorteile zu unterschlagen, wie die Verbesserung der Marktliquidität, die Schaffung beträchtlicher Diversifizierungsmöglichkeiten für Investoren und die Förderung finanzieller Innovationen. Dennoch steht natürlich außer Frage, dass sie auch potenzielle Risiken für die Finanzstabilität mit sich bringen, zumal sie auf dem Finanzmarkt so rasch Fuß gefasst haben und immer größere Verbreitung finden. Es bleibt zu prüfen, ob sie in einem weniger günstigen Finanzumfeld die Volatilität der Finanzmärkte noch vergrößern bzw. höhere Risiken für die Gegenpartei mit sich bringen. In Anbetracht dessen wird die EZB Ihrer Forderung nach weiteren Analysen ohne Wenn und Aber nachkommen. Möglicherweise werden wir zu der Schlussfolgerung gelangen, dass tatsächlich guter Grund zur Verbesserung des derzeitigen Systems besteht. Denn dieses stützt sich im Wesentlichen auf die Wachsamkeit der Finanzinstitutionen, die wiederum als Gegenparteien der Hedgefonds aufgrund der erwähnten Risiken selbst unter Aufsicht stehen. Ich bin mir aber auch bewusst, dass jegliche Verbesserungen dieser Art auf internationaler Ebene und insbesondere auf der Grundlage eines sachgerechten transatlantischen Dialogs beschlossen werden sollten.

Was den Zahlungsverkehr und die Abrechnungssysteme anbelangt, möchte ich dem Europäischen Parlament zunächst dafür danken, dass es die Einführung des Systems TARGET2 bis spätestens November 2007 befürwortet. Da es sich hierbei um ein einheitliches Großbetragszahlungssystem handelt, wird TARGET2 zu Effizienzsteigerungen und einem besseren Liquiditätsmanagement der Banken führen. Insofern möchte ich auch auf den zunehmenden Druck hinweisen, für die Abwicklung von Wertpapiergeschäften in Euro ebenfalls eine einheitliche Plattform zu entwickeln. Daher prüft das Eurosystem derzeit gemeinsam mit der Europäischen Kommission und in enger Zusammenarbeit mit den Marktteilnehmern, ob für das Eurosystem eine Plattform geschaffen werden könnte, um Abwicklungsdienstleistungen für Wertpapiertransaktionen in Zentralbankgeld anzubieten. Voraussichtlich wird sich Anfang 2007 entscheiden, ob eine solche Dienstleistung mit der Bezeichnung „TARGET2-Securities“ angeboten wird. Was den Massenzahlungsverkehr betrifft, so unterstützen wir nachdrücklich die Schaffung eines Einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums – SEPA. Wir begrüßen die Initiative der Europäischen Kommission zur Einführung einer Richtlinie über Zahlungsdienstleistungen. Ich freue mich sehr, dass das Europäische Parlament für eine rasche Annahme dieser Richtlinie gesorgt hat, um damit den Bankensektor bei der Einführung der SEPA-Zahlungsinstrumente ab dem 1. Januar 2008 zu unterstützen.

Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit. Ich stehe Ihnen nun zur Beantwortung Ihrer Fragen zur Verfügung.

(Beifall)

 
  
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  Kurt Joachim Lauk, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident! Lassen Sie mich mit der Feststellung beginnen, dass wir mit der Leistung der Europäischen Zentralbank im letzten Jahr – der Bericht liegt vor – im Großen und Ganzen voll einverstanden sind. Es ist besonders wichtig, dass die Unabhängigkeit der Zentralbank gewährleistet war und gewährleistet ist.

Es hat sich gezeigt, dass die moderate Zinspolitik zur Konjunkturbelebung beigetragen hat, obwohl die moderate Zinspolitik in den letzten Jahren sehr oft kritisiert wurde. Insofern meinen wir, dass das jetzige, historisch sehr niedrige Zinsniveau, wenn es die Situation erfordert, durchaus etwas angehoben werden kann, um inflationäre Tendenzen zu unterbinden.

Wir begrüßen auch die Stellungnahmen der EZB zu den notwendigen Strukturreformen in den Mitgliedstaaten, die dort von der EZB immer wieder angemahnt werden. Das ist richtig so, weil eine Inflation insbesondere den mittleren und unteren Einkommen schaden würde. Diese Menschen würden durch eine höhere Inflation ärmer werden. Dagegen sprechen wir uns aus.

Wir begrüßen auch die klare Stellungnahme des EZB-Präsidenten im Hinblick auf die Entwicklung der europäischen Börsenlandschaft. Wir müssen unbedingt darauf achten, dass die europäischen Börsen innerhalb Europas konsolidiert und nicht einfach von außen, etwa aus den USA, übernommen werden. Nur so können wir verhindern, dass amerikanische SEC-Regulierungen und der Sarbanes-Oxley Act in Europa durch die Hintertür Platz greifen. Denn wir haben gute und transparente Marktregelungen, die auf unsere europäische Situation zugeschnitten sind, und diese sollten nicht untergraben werden.

Was den Bericht angeht, sind wir entschieden dafür eingetreten, dass keine Politisierung der EZB stattfindet. Deshalb sprechen wir uns als EVP-ED-Fraktion ganz klar gegen die Veröffentlichung der Abstimmungsergebnisse aus. Das würde zu einer Politisierung führen, weil anschließend Stimmenergebnisse diskutiert würden. Auch sind wir gegen ein öffentlich debattiertes Nominierungsverfahren, da die Kandidaten, die qualifiziert sind, zerredet würden. Insofern halten wir diese zwei Dinge, weil sie eine Politisierung der EZB bedeuten, für nicht zustimmungsfähig.

Auf der anderen Seite möchten wir darauf hinweisen, dass die EZB, wenn sie innerhalb von TARGET 2 beim Settlement, bei den Leistungs- und Lieferungsabwicklungen Marktteilnehmer wird, sich auch einer entsprechenden Corporate Governance stellen muss. Eine solche muss noch entwickelt werden. Dann bleibt die Unabhängigkeit der EZB gewahrt. Das Ergebnis ist eine stabile Wirtschaftspolitik mit Mahnung zu Strukturreformen in Europa.

 
  
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  Ieke van den Burg, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich werde davon absehen, im Namen meiner Fraktion auf den ersten Teil von Herrn Trichets Bericht und auf Herrn Lauks Ausführungen von soeben einzugehen. Es reicht wohl, wenn ich sage, dass ich einen solchen regelmäßigen politischen Dialog – denn auch Herrn Lauks Standpunkt ist selbstverständlich ein politischer Standpunkt – mit Ihnen begrüße. Erst kürzlich haben wir selbst einen solchen Dialog geführt, und nach meinem Dafürhalten sollten wir damit fortfahren. Der jetzt vorliegende Bericht spiegelt meines Erachten wider, wie dieser Dialog gereift ist, indem er recht bedeutsame Themen anschneidet, insbesondere auch den Zusammenhang zwischen Geldpolitik und makroökonomischer Politik, dem unsere Fraktion immense Bedeutung beimisst. Gestatten Sie mir, zwei, drei Punkte herauszugreifen, die Gegenstand der Diskussion gewesen sind.

Erstens, mich freuen Herrn Trichets Ausführungen zu den Hedge-Fonds, sein Engagement für ihre genauere Analyse und für das Einnehmen einer weitaus kritischeren Haltung ihnen gegenüber. Obwohl wir dies vor ein paar Wochen während des Dialogs ganz nachdrücklich zur Sprache gebracht haben, war er damals trotzdem noch ein wenig zögerlicher. Deshalb stimmt es mich froh, dass dies jetzt viel stärker akzentuiert wird – in einem anderen Zusammenhang habe ich von einem schwarzen Loch der Finanzmärkte gesprochen –, weil dieses schwarze Loch immer weiter wächst und ganz eindeutig durch die Kontrolle der Finanzmärkte abgedichtet werden muss, nicht zuletzt mit Blick auf die Stabilität.

Der zweite Punkt betrifft die Ernennung der Mitglieder des Direktoriums der EZB. Wir haben im Frühjahr anlässlich Herrn Starks Ernennung eben darüber diskutiert. Damals haben wir klipp und klar erklärt, da wir nichts gegen Herrn Stark persönlich hatten, der qualifiziert war, sondern über das Verfahren sprechen wollten, dass wir uns nicht zu dem Ernennungsverfahren äußern und in diesem Bericht darauf zurückkommen würden, und genau das machen wir jetzt.

Zu meinem Leidwesen lehnt es die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten ab, an der Verbesserung dieses Ernennungsverfahrens – durch seine weitere Ausgestaltung – und der Rolle, die wir als Europäisches Parlament darin spielen können, mitzuwirken. Gleichwohl freut es mich, dass auf jeden Fall die Liberalen und andere Fraktionen mithelfen wollen. Ich hoffe, wir können bis zur nächsten Ernennung, die übrigens erst 2009/2010 ansteht, rechtzeitig die nötigen Fortschritte erzielen. Das ist auch deshalb nicht unwichtig, weil es nicht sein kann, dass große Länder das Recht auf einen Sitz haben und dass in diesem Fall nur im Berliner Kanzleramt entschieden wird, welcher Bewerber geeignet ist.

Zum Schluss möchte ich auf TARGET II zu sprechen kommen. Wir haben uns ganz klar entschieden, uns weder dazu noch zu dem Verhaltenskodex zu äußern, der von der Kommission vorbereitet wird, sondern stattdessen Ihren nächsten Schritt ganz genau zu verfolgen. Sagen möchten wir in dieser Phase, dass, wenn, und nur dann, wenn die EZB und das Euro-System eine aktive Rolle bei der Entscheidungsfindung spielen werden, dies eine gewissenhafte Überwachung und demokratische Beschlussfassung umfassen sollte; darauf haben wir uns verständigt.

 
  
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  Jules Maaten, im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Dieser Bericht bietet auf jeden Fall – wie bereits ausgeführt – Anlass, nicht nur auf den Jahresbericht der EZB, sondern auch darauf einen genauen Blick zu werfen, wo wir als Parlament in der Debatte über die Geld- und Währungspolitik stehen. Ich muss sagen, meine Fraktion hat dieses Mal wie in den vergangenen Jahren einen traditionellen Kurs verfolgt. Zunächst einmal vertreten wir zur Geldpolitik einen eindeutigen Standpunkt. Die Unabhängigkeit der EZB darf nicht beeinträchtigt werden, politischer Druck sollte nicht ausgeübt werden, und wir müssen verhindern, dass die Geldpolitik in dem Euro-Währungsgebiet politisiert wird.

Das Vertrauen in die Europäische Zentralbank muss nach unserem Dafürhalten wiederhergestellt werden. Im September 2005, als die Inflationsrate um 2,6 % stieg, reagierte die Europäische Zentralbank angemessen, indem sie den historisch sehr niedrigen Zinssatz erhöhte. Preisstabilität gilt als Priorität Nummer 1 der EZB, und daran sollte auch nicht gerüttelt werden, wie im Vertrag beschrieben. Ich muss allerdings sagen, wir sind und bleiben der Meinung, dass mehr Transparenz möglich ist. Herr Huhne hat sich übrigens schon vor sechs Jahren dementsprechend geäußert, als er dazu einen Bericht verfasste. Ich schätze auch die Anstrengungen der EZB in diesem Punkt, und die Anwesenheit des Präsidenten in diesem Plenum ist doch etwas völlig anderes – obwohl die gleichen Leute beteiligt sind – als seine Besuche bei uns im Ausschuss für Wirtschaft und Währung; das wissen wir auch sehr zu schätzen, und ich meine auch, das ist bislang einmalig.

Trotz allem werden eine Vielzahl der Entscheidungen der EZB im, wie uns scheint, dunklen Kämmerlein getroffen. Selbstverständlich wollen wir nicht, dass das gesamte Europäische Parlament und die BBC bei den Sitzungen des EZB-Direktoriums zugegen sind, aber wir würden gern die Argumente für oder gegen eine getroffene Entscheidung kennen und ob diese einstimmig ergangen ist, so dass der Markt einen besseren Einblick in die Geldpolitik gewinnen kann.

Zum Schluss möchten wir zur Reformierung des Ernennungsverfahrens für die Mitglieder des EZB-Direktoriums auffordern. Unserer Ansicht nach sollten wir von der derzeitigen De-facto-Verteilung der EZB-Sitze anhand der Größe der Mitgliedstaaten abgehen. Dazu bedarf es keiner großen öffentlichen Debatte, die Auswahl aus mehreren Kandidaten halten wir jedoch tatsächlich für ein geeigneteres System.

 
  
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  Jacky Henin, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da wir gerade über den Bericht der Europäischen Zentralbank sprechen, gestatten Sie mir, einige Worte an deren Präsidenten zu richten.

Herr Trichet, Sie haben wirklich einem für alle Völker Europas sehr nachteiligem System zu neuem Leben verholfen. In diesem Sinn sind sie – wahrscheinlich ungewollt, denn ansonsten wäre dies allbekannt – der beste Kämpfer für das Nein des französischen und des niederländischen Volkes gegen den europäischen Verfassungsvertrag gewesen, und dafür danken wir Ihnen.

Die Grundsätze, auf denen die Europäischen Zentralbank beruht, sind an sich schon ein Hindernis für das Wachstum im Euro-Währungsgebiet, und wenn es trotz Ihres Wirkens Wachstum gibt, dann schafft dies nur wenige oder gar keine Arbeitsplätze und bringt nur den Reichsten etwas ein. Die EZB behauptet, die Inflation gebändigt zu haben. In Wirklichkeit ist die Kaufkraft der Arbeiter- und der Mittelklasse geschrumpft, während die Reichen noch niemals so reich waren. Sie vertreten die schlimmste Art von Kapitalismus, den der Couponschneider und der Verarmung der Mittel- und der Arbeiterklasse. Ihre Untätigkeit gegenüber der von den USA betriebenen Politik des schwachen Dollars führt tagtäglich zur Vernichtung von Tausenden qualifizierter Industriearbeitsplätze mit hoher Wertschöpfung im Euro-Währungsgebiet. Sie vertreten die Bank des sozialen Abstiegs und der Massenarbeitslosigkeit.

Aus all diesen Gründen muss Schluss gemacht werden mit einer Europäischen Zentralbank, die im Dienste der Finanzmärkte steht und vom Willen der Völker der Union losgelöst ist. Es wird dringend ein neuer Vertrag gebraucht, der der Europäischen Zentralbank Aufgaben in den Bereichen Beschäftigung, Ausbildung und Forschung unter strenger Kontrolle unseres Parlaments und der nationalen Parlamente stellt. Mit diesem neuen Vertrag muss der finanzielle Stabilitätspakt unbedingt durch einen Pakt für sozialen Fortschritt, für Beschäftigung und Wachstum ersetzt werden, der in der gesamten Union die öffentlichen Ausgaben für Gesundheit, berufliche und allgemeine Bildung, Sozialwohnungen, Kultur, Verkehr und Infrastrukturen wiederbelebt.

Nur mit diesen Entscheidungen wird es uns gelingen, das Vertrauen des europäischen Volkes wiederzuerlangen. Anderenfalls wird sich die Kluft zwischen unseren Institutionen und den einzelnen Völkern weiter vertiefen. Das Reichtumsgefälle zwischen den Völkern der Union, zwischen den Bürgern ein und desselben Landes würde sich weiterhin akzentuieren, was das Anwachsen des Extremismus und des antieuropäischen Nationalismus fördern würde.

 
  
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  John Whittaker, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Da sitzen wir nun wieder und schreiben der Europäischen Zentralbank vor, wie sie ihre Arbeit zu machen hat! Das widerspricht nicht nur dem Geist des Vertrags, wonach die EZB eine unabhängige Einrichtung sein soll, sondern ist auch reine Zeitverschwendung, denn die EZB wird – wie sonst auch – höflich zuhören, aber zu Recht nicht viel auf unsere Worte geben. Die EZB hat schließlich auch so schon – ohne das Parlament – genügend eigene Probleme. Denn sie muss einen Zinssatz finden, der für 12 verschiedene Volkswirtschaften geeignet ist, zu denen bald noch einige hinzukommen werden.

Das Problem, eine passende Lösung für alle zu finden, wird nicht einfach so verschwinden. Momentan verzeichnen zwar die größeren Volkswirtschaften im Euroraum eine bescheidene Zuwachsrate, aber dies wird – wie Herr Trichet einräumte – nicht von Dauer sein. Wenn dieser Trend wieder abebbt, wird sein Problem, den richtigen Zinssatz zu finden, noch dringlicher sein. Im Grunde genommen wird sich die EZB zwischen einer Inflation in Deutschland und einer Rezession in Südeuropa entscheiden müssen, mit all den damit verbundenen verheerenden Folgen für die Staatsverschuldung.

Ich frage mich, welchen Ratschlag das Parlament dann parat haben wird.

 
  
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  Jean-Claude Martinez (NI). – (FR) Herr Präsident, Herr Präsident der Europäischen Zentralbank! Gestern haben wir hier über den Brustkrebs debattiert und niemand schien sich über die Bekämpfung der Inflation Sorgen zu machen. Das heißt, wenn es um Leben und Tod geht, dann ändern sich unsere Prioritäten und wir werden uns bewusst, was wirklich wesentlich ist.

Ist die Bekämpfung der Inflation jedoch das Wesentliche im Wirtschaftsleben? Wenn wir uns gleich zu Beginn unserer Entschließung auf das gottvaterhafte Prinzip der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank und das gottessohnhafte Prinzip der Preisstabilität in der Hoffnung beziehen, dass der Heilige Geist des Wohlstandes sich aus den USA auch auf uns ergießt, dann ist das vielleicht gut für die Unabhängigkeit der Zentralbank, aber schlecht für die Völker. Ich persönlich verstehe sehr gut, Herr Trichet, dass Sie den monetären Aggregaten eins, zwei, drei, dem Fine-tuning und der Steuerung der Zinsraten verpflichtet sind. Doch selbst im Lande Milton Friedmans lässt man zu, dass Chile ein Haushaltsplus von 1 % erzielt, während die USA sich selbst eine haushaltspolitische Overdose verabreichen. So muss man schließlich die wirkliche Frage stellen: Muss sich ganz Europa, nur weil die deutsche Großmutter in den 1920er Jahren an inflationärem Diabetes litt, 80 Jahre später immer noch eine zuckerfreie haushalts- und geldpolitische Diät auferlegen?

 
  
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  Alexander Radwan (PPE-DE). – Herr Präsident, sehr geehrter Herr Präsident der Europäischen Zentralbank! Die EVP-Fraktion unterstützt die Europäische Zentralbank in ihrer Ausrichtung der Geldwertstabilität. Wir sollten nicht der Versuchung erliegen, die EZB auch noch für Bereiche in die Pflicht zu nehmen, wo die Nationalstaaten versagen, also etwa für die Themen Wirtschafts- und Sozialreformen. Dafür kann die EZB alleine nicht herhalten. Das kann sie auch gar nicht leisten. Hier ist es notwendig, dass die Nationalstaaten endlich ihrer Aufgabe nachkommen.

Und wir stehen für die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, die politische Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, die Unabhängigkeit der Geldpolitik, und dies bereits ab dem Auswahlverfahren. Ich weiß nicht, wie die heutigen Abstimmungen ausgehen, ich kann Ihnen nur sagen, die Europäische Volkspartei steht dafür, dass bereits das Auswahlverfahren nicht politisiert wird und dass die Transparenz in der Form, wie sie gefordert wird, nicht hilfreich ist. Die Europäische Zentralbank hat in ihrem Dialog weitaus andere Mittel und wendet sie wie andere Zentralbanken auf der Welt auch an. Darum ist hier eine breite Unterstützung vorhanden.

Zum Thema Unabhängigkeit möchte ich noch sagen, dass wir für die Unabhängigkeit der Geldpolitik kämpfen. Aber ich hoffe auch, dass die Europäische Zentralbank sich im Klaren ist, dass sie das Thema Unabhängigkeit nicht überdehnen sollte. Wir haben bei dem Thema Clearing and Settlement schon seit Jahren eine Diskussion mit der Europäischen Zentralbank, insbesondere mit Frau Tumpel-Gugerell, begonnen, und ich möchte nur daran erinnern, dass die Europäische Zentralbank den Dialog zum Thema Clearing and Settlement mit CESR aufgenommen hat und jetzt in einen Dialog mit den Marktteilnehmern tritt.

Ich möchte klar zum Ausdruck bringen: Wir sind nicht gegen den Dialog. Möglicherweise ist der Weg, den die Europäische Zentralbank vorschlägt und geht, am Ende ja richtig! Uns geht es nicht um die materielle Bewertung, aber dieser Weg, bei dem die Europäische Zentralbank Teil des Marktes wird, kann nicht ohne Aufsicht und ohne Rückkopplung mit der Politik erfolgen. Darum ist der dringende Appell – und hoffentlich geht die Abstimmung heute so aus, wie wir es alle vorhergesagt haben: Wir brauchen eine Gouvernance, wir brauchen ein Regelwerk für diesen Bereich!

Es kann nicht sein, dass Parlament und Kommission darüber nachdenken, ob wir eine Richtlinie schaffen, ob wir einen entsprechenden Rahmen finden, und die Europäische Zentralbank dann behauptet: Das geht uns alles nichts an, wir gehen den Weg, den wir für richtig halten. Überdehnen Sie es nicht hier! Bei der Geldpolitik haben Sie uns an Ihrer Seite!

 
  
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  Robert Goebbels (PSE). – (FR) Herr Präsident! Seit ihrer Gründung hat die EZB ihre Hauptaufgabe erfüllt, nämlich die Bekämpfung der Inflation. Die Inflationsrate des Euro-Währungsgebiets ist somit unter der der USA und der Großbritanniens geblieben. Unsere Mitbürger täuschen sich, wenn sie annehmen, der Euro hätte die Preise in die Höhe getrieben. Zweifellos hat es einen inflationären Schub beim Übergang zum Euro gegeben, insbesondere in den Bereichen Handel und Gaststättenwesen, wo man die Preise etwas zu stark aufgerundet hat. Doch abgesehen von diesem anfänglichen Fieberschub ist die generelle Inflation im Allgemeinen unter Kontrolle geblieben. Der starke Preisanstieg auf dem Erdöl- und Erdgasmarkt stellt einen äußeren Schock dar, auf den die Union nur sehr begrenzten Einfluss hat. Doch da der Euro im Vergleich zum Dollar, der Handelswährung für Rohstoffe bleibt, gestiegen ist, fiel der Schock für das Euro-Währungsgebiet geringer aus als für die Amerikaner.

Der Euro ist faktisch ein Schutzschild, das Europa während Ereignissen wie dem Irakkrieg, dem Afghanistankrieg oder auch dem 11. September 2001 geschützt hat. Ohne den Euro wären zahlreiche europäische Währungen unter Druck geraten und hätten den Binnenmarkt an den Rand des Zusammenbruches gebracht. Wie Herr Zapatero feststellte, hätte Spanien niemals seine Truppen aus dem Irak abziehen können, wenn seine Währung die Peseta und nicht der Euro gewesen wäre. Doch auch wenn der Euro vorteilhaft für Europa ist, auch wenn ich der EZB zu der geleisteten Arbeit gratuliere, bin ich dennoch überzeugt, dass die EZB hätte mehr tun können. Präsident Trichet und seine Kollegen legen zu viel Wert auf die Bekämpfung der Inflation, obwohl die Inflationsrisiken äußerst begrenzt sind.

Hingegen lehnt es die EZB ab, die allgemeinen Wirtschaftspolitiken der Union zu unterstützen, und begründet diesen Standpunkt mit dem Argument, dass gemäß dem Verfassungsvertrag die Aufrechterhaltung der Preisstabilität die einzig mögliche Unterstützung für die allgemeine Wirtschaftspolitik Europas sei. Die EZB ist unabhängig und wird dies auch bleiben, selbst ohne die Unterstützung von Herrn Radwan. Dies ist ein Grund mehr, sich im Dialog offen zu zeigen. Wenn man unabhängig ist, Herr Präsident, dann kann man es sich erlauben, eine aktivere Zusammenarbeit mit der Eurogruppe zu betreiben, beispielsweise um zu einer stärkeren wirtschaftlichen Entwicklung Europas zu kommen. Wachstum und Stabilität sind die beiden Füße, auf denen Europa sich voranbewegt.

 
  
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  Wolf Klinz (ALDE). – Herr Präsident! Ich danke Präsident Trichet und seinen Kollegen für die bisherige gute Zusammenarbeit. Der EZB-Jahresbericht ist für das Europäische Parlament ein sehr wichtiges Dokument. Es ist die Basis für die Diskussion grundsätzlicher Fragen der Geldpolitik. Nicht umsonst hat die ECON-Ausschussvorsitzende daher persönlich die Berichterstattung übernommen.

Die Stellung der EZB und ihre Hauptaufgabe werden allerdings immer wieder kontrovers diskutiert. Wir haben das gerade wieder erlebt. Daher verwundert es nicht, dass im Ausschuss nur durch unzählige Kompromissvorschläge ein relativ einheitliches Meinungsbild erzielt werden konnte. Ich persönlich bedauere, dass sich die Sozialistische Fraktion bei der Schlussabstimmung im Ausschuss trotz dieser Kompromisse der Stimme enthalten hat. Das zeigt, welche Schwierigkeiten sie noch mit einigen Punkten des Berichtes hat. Die Liberalen unterstützen die Unabhängigkeit der EZB ohne Wenn und Aber.

Die Hauptaufgabe der Bank ist und bleibt die Stabilität des Euro. Bisher hat die Bank diese Aufgabe sehr gut erfüllt. Beides, Unabhängigkeit und Preisstabilität, dürfen auf keinen Fall aufgeweicht werden. Daher darf es auch in Zukunft keinerlei politischen Druck geben, und das Direktorium muss nach rein fachlichen Kriterien und nicht nach Nationalitäten zusammengesetzt werden.

 
  
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  Ashley Mote (NI). – (EN) Herr Präsident! Wieder einmal muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass die EZB nach wie vor 500-Euro-Noten in großer Stückzahl druckt. Diese Banknoten nützen nur denen etwas, die unrechtmäßig erworbenen Einkünfte horten oder in Geldwäschegeschäfte verwickelt sind. In jüngster Zeit ist das Druckvolumen sogar noch angestiegen. Dabei hat doch die Londoner Tageszeitung Sunday Times gerade erst einen ausführlichen Artikel veröffentlicht, in dem zahlreiche Hinweise enthalten sind, wonach diese Banknoten in Spanien, Italien und Griechenland direkt für Geldwäschegeschäfte genutzt werden. Die einzige Schlussfolgerung, zu der wir hier gelangen können, lautet, dass sich die EZB der aktiven Beihilfe zur Geldwäsche schuldig macht.

 
  
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  Dariusz Rosati (PSE). – (PL) Herr Präsident! Ich schätze die Tätigkeit der Europäischen Zentralbank im Jahr 2005 positiv ein und möchte nachdrücklich feststellen, dass die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament die Unabhängigkeit der Zentralbank voll und ganz unterstützt und anerkennt. Unserer Ansicht nach ist diese Unabhängigkeit eine unabdingbare Voraussetzung für eine entsprechende Geldpolitik im Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion und zudem die Garantie für den Wert unserer gemeinsamen Währung.

Ich möchte nun auf drei Punkte zu sprechen kommen, über die in diesem Hohen Hause schon lange debattiert wird. Erstens: In Bezug auf die relative Bedeutung der beiden Pfeiler der von der EZB betriebenen Geldpolitik besteht nach wie vor keine Klarheit. Ich beziehe mich hier auf die Geldmenge und alle anderen Informationen zu künftigen Inflationsentwicklungen. Wir wissen also nicht, ob und inwieweit die Entwicklungen in Bezug auf die Geldmenge für die EZB bei der Festsetzung der Zinssätze eine entscheidende Rolle spielen. Klare Festlegungen würden hier die Transparenz und Wirksamkeit der Geldpolitik erhöhen.

Zweitens: Dringend erforderlich ist eine klare Auslegung des Mandats der EZB, wie es in Artikel 105 Absatz 1 des EG-Vertrags festgelegt ist. Vor allem muss die EZB erklären, wie und mithilfe welcher Mittel sie ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen will, die Wirtschaftspolitik der Europäischen Union bei gleichzeitiger Wahrung der Preisstabilität zu unterstützen. Ich möchte darauf hinweisen, dass im Vertrag ausdrücklich zwischen diesen beiden Zielen unterschieden wird und sie deshalb nicht einfach als austauschbar behandelt werden können. Wenn die EZB zu dieser Frage eindeutig Stellung bezieht, könnten Missverständnisse darüber, ob die Zentralbank auch für andere Ziele als das der Preisstabilität zuständig ist, vermieden werden.

Drittens: Die EZB legt das Inflationskriterium, das der Einschätzung dient, inwieweit die neuen Mitgliedstaaten auf den Beitritt zur Eurozone vorbereitet sind, falsch aus. Im Vertrag heißt es eindeutig, dass der Bezugspunkt die durchschnittliche Inflationsrate der – ich zitiere – „drei Mitgliedstaaten, die auf dem Gebiet der Preisstabilität das beste Ergebnis erzielt haben“, sein sollte. Im Vertrag ist nicht von den niedrigsten Preisen die Rede. Für die EZB bedeutet Preisstabilität eine Inflationsrate von unter 2 %, die jedoch nahe an 2 % heranreicht. Wenn es jedoch darum geht, den Stand der Vorbereitung der Kandidatenländer zu bewerten, geht die EZB von einem anderen Bezugspunkt aus, nämlich vom Durchschnittswert der drei Länder mit der niedrigsten Inflation. Für dieselbe Bestimmung des Vertrages kann es nicht zwei verschiedene Auslegungen geben. Ich fordere die EZB deshalb auf, das zu klären.

 
  
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  Antolín Sánchez Presedo (PSE).(ES) Herr Präsident, Herr Präsident Trichet, meine Damen und Herren! Die Vorlage und Debatte des Jahresberichts 2005 der Europäischen Zentralbank im Parlament ist die Rechenschaftslegung, die die Unabhängigkeit der Zentralbank mit ihrer demokratischen Kontrolle vereinbar macht.

Ich möchte drei kurze Anmerkungen über die Auswirkung der Währungspolitik, die Notwendigkeit der Finanzintegration und die künftige Zusammensetzung des Direktoriums machen.

Die Währungspolitik hat das Ziel, die Inflation zu kontrollieren und einen Beitrag zu den allgemeinen wirtschaftlichen Zielen zu leisten. Ende 2005, als die europäische Zentralbank nach zweieinhalb Jahren ohne jegliche Aktion die Zinssätze erhöhte, lag die Inflation zwei Zehntelpunkte über 2 %, und im Euro-Währungsgebiet wurde ein bescheidenes Wachstum von 1,4 % registriert.

Dies sind die makroökonomischen Daten, aber für die Resultate der Währungspolitik ist ein genauerer Ansatz erforderlich, der meines Erachtens einerseits eine Prüfung der internen Divergenzen zwischen den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets notwendig macht, die bei Inflation und Wachstum beträchtlich sind. Dies ist wichtig, um die Auswirkung der Währungspolitik zu ermitteln und vor allem um zu gewährleisten, dass keine dauerhaften Ungleichgewichte entstehen. Andererseits müssen wir auch wissen, wie sich diese währungspolitischen Bedingungen auf den Markt und insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen auswirken.

Im Jahr 2005 veröffentlichte die Europäische Zentralbank ihren ersten Bericht über die Finanzintegration im Euro-Währungsgebiet, und ich beglückwünsche sie dazu. Er stellt einen sehr wichtigen Beitrag dar. Die beschleunigte Globalisierung ruft Veränderungen bei Finanzmärkten und –produkten hervor, was neue Aufgaben mit sich bringt. Als die einheitliche Währung entworfen wurde, konnten die Risiken des Systems mithilfe von währungspolitischen Instrumenten bewältigt werden. Nun brauchen wir neue Initiativen. Deshalb ist es so wichtig, mit der Wirtschafts- und Währungsunion weiter voranzukommen, um neue Ziele zu erreichen, aber auch um die Wirksamkeit der Währungspolitik angesichts der neuen Herausforderungen aufrechtzuerhalten.

Schließlich bin ich hinsichtlich der Zusammensetzung des Direktoriums für eine stärkere parlamentarische Kontrolle, um mehr Professionalität und Kompetenz und auch eine Perspektive im Sinne der Gleichheit der Geschlechter zu erreichen, Herr Präsident. Auf dem Gruppenfoto des Leitungsgremiums sieht man nur eine Frau.

 
  
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  Jean-Claude Trichet, Europäische Zentralbank. (FR) Herr Präsident, gestatten Sie mir einige Anmerkungen, da eine Reihe von Fragen angeschnitten worden sind?

Zunächst möchte ich den Mitgliedern des Parlaments danken. Ich war wirklich beeindruckt von der Präzision der an uns gerichteten Anmerkungen, Feststellungen und Empfehlungen.

Zum Thema Unabhängigkeit möchte ich im Namen aller Mitglieder des Direktoriums und des EZB-Rates feststellen, wie wichtig es ist, von zahlreichen Parlamentariern bestätigt zu hören, dass die Unabhängigkeit der Zentralbank ein höchst bedeutender Punkt ist. Ich muss Ihnen sagen, dass wir der europäischen Wirtschaft ohne die Glaubwürdigkeit, die uns dieses von Ihrem Parlament, von der ganzen Welt sowie von allen Marktteilnehmern überall in der Welt anerkannte Prinzip der Unabhängigkeit verleiht, niemals das gegenwärtige geld- und finanzpolitische Umfeld bieten könnten. Dieses Prinzip ist im Vertrag verankert, es ist anerkannt und ein wesentlicher Vorteil für Europa.

Ich möchte nochmals allen Abgeordneten danken, die sich so klar zu diesem Punkt geäußert haben.

(EN) Ich möchte nun zu einigen der anderen angesprochenen Punkte kommen, die sicherlich für einige Abgeordnete dieses Parlaments außerordentlich wichtig sind. Meines Erachtens handelt es sich bei der Frage der Ernennung der Mitglieder des Direktoriums um eine Angelegenheit, die an die Exekutive, insbesondere den Rat, verwiesen werden sollte, denn diese ist eigentlich für solche Belange zuständig. Unsere Ernennung erfolgt gemäß den Vertragsbestimmungen, und bekanntlich gibt nicht nur das Parlament, sondern auch der EZB-Rat eine Stellungnahme zur Eignung der ausgewählten Kandidaten ab. Mir ist bekannt, dass das Parlament nicht nur eine beratende Funktion, sondern gern auch Verantwortung für die Entscheidung selbst übernehmen möchte. Ich respektiere diesen Wunsch. Meinen Informationen zufolge muss sich die EZB da jedoch zurückhalten und die Erörterung dieser Frage dem Parlament und dem Rat überlassen, sofern ihre Unabhängigkeit vollkommen gewahrt bleibt und keinerlei Politisierungen erfolgen. Denn wenn diese Einrichtung Opfer von Politisierungen würde, dann könnte sie offensichtlich nicht mehr der ihr übertragenen Aufgabe gerecht werden, nämlich für die Wahrung der Preisstabilität zu sorgen. Dazu muss die EZB aber auch höchste Glaubwürdigkeit genießen, so dass die Inflationserwartungen fest verankert werden können.

Was die verschiedenen Bemerkungen zum Dialog zwischen dem Parlament und der EZB betrifft, so vertrete ich die Ansicht, dass sich dieser Dialog sowohl in seiner Häufigkeit als auch Interaktion verbessert hat. Ich werde alle geäußerten Anmerkungen sorgfältig prüfen, auch die Kommentare zur Verwaltung unseres möglichen Abwicklungssystems „TARGET2-Securities“. Bei dieser Frage, die Ihnen – Herr Radwan – und anderen Abgeordneten dieses Parlaments sehr am Herzen liegt, möchte ich darauf hinweisen, dass wir mit diesem Projekt, das wirklich noch in den Kinderschuhen steckt, das Ziel verfolgen, nach der erfolgreichen Einführung des Euro die Vorteile der europäischen Integration maximal auszuschöpfen. Denn fest steht, dass ein einheitliches Abwicklungssystem für Euro-Wertpapiere zweifelsohne ein Schritt nach vorn wäre.

Das zweite Ziel würde darin bestehen, die Effizienz der Abwicklungsvorgänge zu optimieren. Dies würde wahrscheinlich bedeuten, dass Zahlungs- und Wertpapiertransaktionen über die gleiche IT-Plattform abgewickelt werden müssten, also – wie es technisch heißt – über ein „integriertes Modell“.

Der dritte Punkt, der aus unserer Sicht von Bedeutung ist, betrifft die Frage, wie die Zentralbank ihre Kontrolle über die bei ihr eröffneten Bankkonten optimieren kann. Wir verfolgen da eine harte Linie und halten Lösungen, mit denen die Zentralbanken nicht gezwungen werden, die Verwaltung ihrer eigenen Konten auszulagern, für unzweckmäßig.

Das sind die drei Hauptgründe für unser Engagement in diesem Bereich, wobei wir mit den Marktteilnehmern, was äußerst wichtig ist, und natürlich mit dem Parlament im Dialog stehen.

Erwähnung fanden aber auch noch einige andere Punkte. Ich werde nicht noch einmal auf das Thema der Hedgefonds zurückkommen, das insbesondere von Frau van den Burg angesprochen wurde. Was die Frage betrifft, ob wir nun wirklich eine ausreichend transparente und offene Informationspolitik betreiben, möchte ich nochmals wiederholen, dass wir unsere Beschlüsse nicht allein hinter verschlossenen Türen fassen. So werden der Kommissar und der Präsident der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, zu sämtlichen Sitzungen des EZB-Rates eingeladen. Darüber hinaus erhalten sie alle 14 Tage eine Einladung für unsere Diskussionen und Beratungen, so dass sie den Beschlussfassungsprozess hautnah mitverfolgen können. Ich selbst habe die Ehre, einmal im Monat vor der Eurogruppe erscheinen zu dürfen. Somit gibt es jeden Monat drei Gelegenheiten, um Meinungen auszutauschen und einen möglichst tiefen Einblick zu gewinnen, wie der Beschlussfassungsprozess wirklich abläuft. Angesichts dessen habe ich den Eindruck, dass wir das ausgeklügeltste Kontaktsystem in der ganzen Welt haben. Dabei ist das gar nicht neu, sondern eine Tradition, die bereits von der Bundesbank, der Banque de France und einer Reihe anderer Zentralbanken gepflegt wurde. Wir sollten die Bedeutung dieser Kontakte nicht unterschätzen. In einigen Anmerkungen wurde ihnen nicht ausreichend Rechnung getragen.

Zur Transparenz unseres geldpolitischen Konzeptes lässt sich sagen, dass unser vordringliches Ziel in der Wahrung der Preisstabilität besteht, denn genau so ist es ja auch im Vertrag festgelegt. Wir halten uns an eine mathematische Definition von Preisstabilität, die besagt, dass die Inflationsrate unter bzw. um die 2 % liegen muss. Das ist jedem bekannt. Wir verfolgen eine 2-Säulen-Strategie, die leicht nachvollziehbar ist. Insofern gewährleisten wir ein hohes Maß an Transparenz und Präzision. Wir verwenden einen genaueren Maßstab als andere Zentralbanken, um unsere Leistung zu messen. Ich möchte da nicht auf irgendjemanden mit dem Finger zeigen, aber auf der anderen Seite des Atlantik gibt es eine Zentralbank, die sich in puncto genauer Zielsetzung aus gutem Grund einer anderen Definition von Preisstabilität bedient. So gesehen zeichnen wir uns durch ein hohes Maß an Transparenz aus. Das weiß schließlich jeder und ist auch einer der Gründe, warum die Inflationserwartungen gemäß unserer Definition von Preisstabilität so fest verankert sind. Das ist eines der wichtigsten Resultate.

(FR) Herr Präsident, lassen Sie mich kurz einigen Abgeordneten antworten. Die Tatsache, dass wir glaubwürdig sind und dass unsere Inflationserwartungen unserer Definition der Preisstabilität entsprechen, verleiht der europäischen Wirtschaft ein ganz besonders günstiges finanzpolitisches Umfeld.

Die Abgeordneten, die unsere Geldpolitik als zu orthodox kritisiert haben, möchte ich bitten, sich einfach einmal vor Augen zu führen, wie hoch die Kapitalmarktzinsen in ihren Ländern vor der Einführung des Euro waren. Die Inflationserwartungen gingen in der Tat von einer weitaus höheren Inflation aus als der, die wir unsererseits heute den Europäern garantieren können. Nicht vergessen werden sollte, dass eine geringe Inflation vor allem ein wesentlicher Faktor für die finanziell Schwächsten unserer Gesellschaften ist, denn sie bewahrt ihre Kaufkraft. Ich habe auch festgestellt, dass viele Abgeordnete uns aufgefordert haben, sehr wachsam in dieser Hinsicht zu bleiben. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass hier ein sehr offensichtlicher Zusammenhang mit unserem im Vertrag und in Artikel 105 festgelegten Hauptziel besteht.

Die Erreichung des Hauptziels ist eine notwendige, aber nicht ausreichende Bedingung dafür, dass wir in dem von allem in diesem Hohen Hause gewünschten Sinne vorankommen, d. h. im Sinne von Wachstum und Beschäftigung. Preisstabilität ist eine notwendige Voraussetzung für dauerhaftes Wachstum und die Schaffung von dauerhaften Arbeitsplätzen.

(EN) Wenn es die Zeit erlaubt, würde ich gern noch zwei oder drei weitere Bemerkungen machen. Was die 500-Euro-Noten betrifft, möchte ich der Unterstellung, dass wir uns der aktiven Beihilfe zur Geldwäsche schuldig machen würden, ganz scharf widersprechen. Banknoten mit hohem Nennwert waren bekanntlich in vielen Mitgliedstaaten des Euroraums sehr beliebt, so dass wir beschlossen, die verschiedenen Traditionen nicht drastisch zu ändern. Deshalb wird in einigen Ländern von dieser Banknote Gebrauch gemacht, in anderen wiederum nicht. Hierbei handelt es sich nach wie vor um eine Option, und da sich einige Länder und Volkswirtschaften sehr daran gewöhnt hatten, wollten wir diese nicht einfach abschaffen.

Meines Erachtens habe ich alle anderen Fragen, die angesprochen wurden, bereits abgehandelt. Herr Whittaker erwähnte jedoch noch das Problem der Pauschallösungen. Die Europäische Union umspannt einen riesigen kontinentalen Wirtschaftsraum. Ab dem 1. Januar nächsten Jahres, wenn der Beitritt Sloweniens vollzogen ist, werden im Euroraum 315 Millionen Bürger leben. Zum Vergleich seien hier die USA genannt, die 300 Millionen Einwohner umfassen und somit einen Wirtschaftsraum von gleicher Größe darstellen. Wenn man die Fragmentierung sowie die normalen Wachstums- und Inflationsschwankungen auf der Ebene der verschiedenen, unterschiedlich großen Staaten betrachtet, wird man feststellen, dass diese Zahlen in beiden Wirtschaftsräumen ungefähr gleich aussehen. Das ist keine allgemein bekannte Tatsache, sollte jedoch zur Kenntnis genommen werden, da es sich hierbei offenbar um ein charakteristisches Merkmal eines großen kontinentalen Wirtschaftsraums handelt.

Dies bedeutet aber nicht, dass wir uns mit einem anhaltenden Gefälle abfinden müssen. Das ist einer der Punkte, den wir insbesondere in der Eurogruppe erörtert haben. Wir müssen uns mit dieser Frage beschäftigen, aber es wäre wahrscheinlich falsch zu vergessen, dass eine gewisse Fragmentierung zu einem derart großen Wirtschaftsraum einfach immer dazugehören wird.

(FR) Herr Präsident! Mir scheint, ich habe die meisten der gestellten Fragen beantwortet, doch selbstverständlich stehe ich dem Parlament weiter zur Verfügung.

 
  
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  Der Präsident. – Ich danke Ihnen, Herr Zentralbankpräsident.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet heute um 11.30 Uhr statt.

Schriftliche Erklärung (Artikel 142)

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE). – (FR) Der Bericht von Frau Berès zum Jahresbericht 2005 der Europäischen Zentralbank ist enttäuschend, denn er hebt die Notwendigkeit einer politischen Reflexion über die Nutzung des Euro zur Unterstützung von Wachstum und Beschäftigung nicht genügend hervor.

In einer immer komplexeren Welt, die gekennzeichnet ist durch einen wirtschaftlichen und sozialen Krieg von äußerster Härte, ist die Weigerung, eine qualitativ hochstehende und umfassende Auseinandersetzung zu diesem Thema zu führen, gegenwärtig ein Fehler, der sich künftig als ein schweres Versagen erweisen könnte. Die Europäische Zentralbank und ihr Präsident Jean-Claude Trichet dürfen nicht außer Acht lassen, dass Artikel 105 des EG-Vertrags eindeutig besagt, dass das Europäische System der Zentralbanken, soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, die allgemeine Wirtschaftspolitik der Union zu unterstützen hat. Zu einem Zeitpunkt, da der Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise naturgegebene Inflationsspannungen in der Welt hervorruft, müssen wir über die Auswirkungen dieser Situation auf unseren Binnenmarkt und unsere Einheitswährung nachdenken und uns ernsthaft die Frage stellen, ob es nicht an der Zeit ist, den Euro weiterzuentwickeln, damit er neben seinem bemerkenswerten technischen Erfolg auch zu einer politischen Währung wird.

 

4. Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den ELER – Fakultative Modulation der Direktzahlungen im Rahmen der GAP (Aussprache)
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  Der Präsident Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

- den Bericht von Jan Mulder im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (EFRROW) (KOM(2006)0237 – C6-0237/2006 – 2006/0082(CNS)) (A6-0319/2006) und

- den Bericht von Lutz Goepel im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates mit Bestimmungen zur fakultativen Modulation der Direktzahlungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe sowie zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 (KOM(2006)0241 – C6-0235/2006 – 2006/0083(CNS)) (A6-0315/2006).

 
  
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  Lutz Goepel (PPE-DE), Berichterstatter. – Herr Präsident! Im Zeitplan war vorgesehen, dass wir die beiden Berichte Mulder und Goepel am Vormittag besprechen, abschließen und dann auch darüber abstimmen können.

Jetzt haben wir bis zur Abstimmung noch genau achtzehn Minuten. Es ist absolut unfair unseren Landwirten und Agrariern gegenüber, eine solche Debatte anzufangen und dieses so wichtige Thema der zwanzigprozentigen freiwilligen Modulation – d. h. dass ein Fünftel der den Landwirten zustehenden Direktzahlungen umgeschichtet bzw. gekürzt werden soll – dann möglicherweise am Nachmittag mit irgendeiner Zufallsabstimmung abzuschließen.

Ich beantrage, dass diese Aussprache auf November verschoben wird.

(Beifall)

 
  
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  Der Präsident. Bezieht sich Ihr Antrag auf die Aussprache oder die Abstimmung?

 
  
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  Lutz Goepel (PPE-DE), Berichterstatter. – Herr Präsident! Wann wollen wir die Debatte denn führen? Doch nicht jetzt, in den verbleibenden fünfzehn Minuten! Ich stelle im Namen meiner Fraktion und namens meiner Kollegen den Antrag, dass wir auch die Debatte verschieben. Ich weiß zwar, dass das ordnungsgemäß 24 Stunden vor der Debatte beantragt werden muss. Doch 24 Stunden vorher wusste ich noch nicht, dass der Zeitplan in diesem Hause nicht eingehalten wird.

(Beifall)

 
  
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  Katerina Batzeli (PSE). – (EL) Herr Präsident! Im Namen der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament möchte ich Ihnen sagen, dass wir den Vorschlag des Berichterstatters, Herrn Goepel, die Aussprache und die Abstimmung auf die Plenarsitzung im November zu verschieben, vollauf unterstützen.

 
  
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  Niels Busk (ALDE). – (DA) Herr Präsident! Ich vertrete hier Herrn Mulder, der aus persönlichen Gründen heute nicht anwesend sein kann, und ich möchte mich auch im Namen meiner Fraktion für den Vorschlag von Herrn Goepel aussprechen. Gleichzeitig möchte ich den Ratsvorsitz kritisieren. Es ist absolut haarsträubend, wie mit diesem außerordentlich wichtigen Thema – mit dem wir uns diese Woche hätten beschäftigen müssen – zum Teil aus Zeitgründen auf diese Weise umgegangen wird und es so behandelt wird. Daher unterstütze ich Herrn Goepels Vorschlag, sowohl die Aussprache als auch die Abstimmung zu verschieben.

 
  
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  Neil Parish (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich unterstütze Frau Batzeli, Herrn Goepel und Herrn Busk. Hierbei handelt es sich um eine überaus wichtige Aussprache: Es geht um die gesamte Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik. Das betrifft alle Länder in der Europäischen Union, aber ganz besonders Großbritannien. Da wir heute Nachmittag alle unsere Flugzeuge erreichen müssen, ist es schlichtweg unmöglich, jetzt eine Aussprache zu führen. Wir müssen die Aussprache und die Abstimmung einfach auf November verschieben. Ich hoffe, Sie werden das akzeptieren.

 
  
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  Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf (Verts/ALE). – Herr Präsident! Auch im Namen meiner Fraktion möchte ich den Antrag des Berichterstatters unterstützen. Wenn man sich den Bericht ansieht, könnten Nichteingeweihte zu dem Schluss kommen, dass es sich hier eher um eine formale Sache handelt. Dahinter steckt aber – wie Herr Parish schon sagte – die grundlegende Überlegung zur Finanzierung der Agrarpolitik in den nächsten Jahren und auch die Position des Parlaments in dieser Frage. Deswegen müssen wir das zu einem guten Zeitpunkt diskutieren und genug Zeit dafür haben. Wir können das nicht so auseinanderreißen.

Daher unterstütze ich diesen Antrag und bitte, dass Sie ihm stattgeben und dass Sie auch dem Präsidium von der Bedeutung dieser Auseinandersetzung berichten. Vielleicht ist sie dem Präsidium noch nicht so bewusst.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Herr Präsident! Ich möchte nur sagen, dass ich mit dem Vorschlag, diese Aussprache und die Abstimmung auf November zu verschieben, aus den genannten Gründen einverstanden bin, das heißt, weil das Thema zu wichtig ist, um in aller Eile in kaum mehr als 15 Minuten abgehandelt zu werden.

 
  
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  Hannes Swoboda (PSE). – Herr Präsident! Zum einen würde ich darum bitten, dass man einfach über diesen Antrag abstimmt, sodass Sie damit auch die Empfehlung dieses Hauses haben. Zum anderen können wir nur über die Verschiebung abstimmen. Die Entscheidung, wann das Thema dann wieder auf die Tagesordnung gesetzt wird, ist natürlich Sache der Konferenz der Präsidenten und letztendlich des gesamten Hauses. Aber ich wäre auch dafür, dass wir beides verschieben. Vielleicht können wir abstimmen, dann sehen Sie den klaren Willen dieses Hauses.

 
  
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  Reimer Böge (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich möchte mich dem Vorschlag des Berichterstatters und auch dem, was Herr Swoboda gesagt hat, anschließen. Als Berichterstatter zur Finanzplanung weise ich noch darauf hin, dass dieser unselige Vorschlag auf den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates beruht und die Kommission gehalten war, einen Vorschlag zu dieser so genannten freiwilligen Modulation auszuarbeiten.

Wir haben uns unsere Position im Zuge der Verhandlungen zur Finanzplanung ausdrücklich für das Gesetzgebungsverfahren vorbehalten. Genau das nimmt der Berichterstatter jetzt wahr. Angesichts der Bedeutung dieses Themas halte ich es für angemessen, den Rat aufzufordern, nach einer Verschiebung bei der nächsten Debatte präsent zu sein und sich dazu zu äußern.

 
  
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  Janusz Wojciechowski (UEN). – (PL) Ich möchte lediglich feststellen, dass ich den Antrag von Herrn Goepel im Namen der Fraktion Union für das Europa der Nationen ebenfalls voll und ganz unterstütze. Das sind wichtige Berichte, die in einer ernsthaften Atmosphäre und nicht unter den derzeit herrschenden Bedingungen erörtert werden sollten. Herr Goepel hat meine uneingeschränkte Unterstützung.

 
  
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  Der Präsident. Ihre Argumente haben mich überzeugt. Als Präsident dieser Sitzung schlage ich vor, dass wir die Tagesordnung abändern, indem die gemeinsame Aussprache zu den Berichten Mulder und Goepel gestrichen wird.

(Das Parlament erhebt keine Einwände gegen die Absetzung der beiden Berichte von der Tagesordnung für diesen Tag.)

 
  
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  Lutz Goepel (PPE-DE), Berichterstatter. – Herr Präsident! Ich möchte mich ganz herzlich bei allen politischen Parteien und Gruppierungen bedanken.

(Beifall und Gelächter)

 
  
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  Der Präsident. Wir sind zu einer vernünftigen Lösung gekommen. Die Aussprache wird zu einem günstigeren Zeitpunkt, unter besseren Bedingungen stattfinden.

(Die Sitzung wird um 11.20 Uhr unterbrochen und um 11.40 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: JOSEP BORRELL FONTELLES
Präsident

 

5. Begrüßung
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  Der Präsident. Meine Damen und Herren! Bevor wir zur Abstimmung über den Haushalt kommen, möchte ich Sie darüber informieren, dass der Präsident des chilenischen Abgeordnetenhauses, Herr Antonio Leal Labrín, auf unserer Ehrentribüne Platz genommen hat.

(Beifall)

Herr Leal Labrín wird von den chilenischen Abgeordneten Gonzalo Duarte Leiva und Germán Becker Alvear begleitet. Wir heißen Sie willkommen und danken Ihnen für Ihren Besuch bei uns.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI). – (FR) Herr Präsident! Es handelt sich um einen Verfahrensantrag und ebenfalls um Ausführungen zur Anwendung der Geschäftsordnung gemäß Artikel 188. Nach der Sitzung des Präsidiums haben wir erfahren, dass die israelische Regierung Frau Marine Le Pen von den politischen Diskussionen mit der sich nach Israel begebenden Delegation auszuschließen wünscht, obwohl sie in einem Geist der Diskussion, des Dialogs und der Offenheit Mitglied dieser Delegation ist.

Ich möchte Herrn Brok meinen Dank für seine völlig korrekte Haltung zum Ausdruck bringen und daran erinnern, dass wir uns, als Herr Krivine in ähnlicher Weise durch eine Entscheidung der Regierung der USA ausgeschlossen wurde, trotz aller Meinungsverschiedenheiten zwischen uns der Auffassung angeschlossen haben, dass es der Regierung des Gastlandes nicht zusteht, über die Zusammensetzung einer Delegation des Europäischen Parlaments zu bestimmen.

Ich wage daher zu hoffen, Herr Präsident, dass Sie als Garant der Rechte sämtlicher Abgeordneten es sich angelegen machen werden, diesen Punkt den israelischen Behörden darzulegen.

 
  
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  Martin Schulz (PSE). – Herr Präsident! Sie sollten erst Herrn Brok das Wort erteilen, weil er dazu etwas sagen will. Ich würde gerne danach Stellung nehmen. Ich beantrage daher, nach Herrn Brok das Wort erteilt zu bekommen.

 
  
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  Der Präsident. Die Konferenz der Präsidenten hat beschlossen, den Besuch der Ad-hoc-Delegation im Libanon, in Israel und Palästina auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Ich hoffe, dies ist eine zufrieden stellende Antwort auf die geäußerten Bedenken.

Danke, dass Sie die Aufmerksamkeit des Parlaments auf diese Frage gelenkt haben.

 
  
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  Carlos Carnero González (PSE).(ES) Herr Präsident! Wie Sie wissen, bemühe ich mich um Ernsthaftigkeit in meinen Redebeiträgen, und da die Geschäftsordnung festlegt, dass sämtliche offiziell in diesem Haus behandelten Dokumente in allen Amtssprachen verfügbar sein müssen, möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass ich über Änderungsanträge abstimmen werde, die nur in drei Sprachen vorliegen, nämlich in Englisch, Französisch und Deutsch; dies sind drei hoch angesehene Sprachen, wie alle anderen auch.

Da dies künftig zu Problemen führen kann, möchte ich darauf hinweisen, dass dieser Text nicht in allen Amtssprachen verfügbar ist; er liegt nicht in meiner Sprache vor.

 
  
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  Der Präsident. Die Dienste des Sekretariats teilen mir mit, sie seien sicher, dass sie in allen Sprachen, einschließlich Ihrer und meiner, vorhanden sind. Wenn ich richtig verstanden habe, sprechen Sie nicht von den Texten, über die wir abstimmen werden, sondern über die Abstimmungsliste. Diese Liste liegt wie üblich in drei Sprachen vor, aber die Texte, über die wir abstimmen werden, sind in allen Sprachen vorhanden. Es ist folglich nicht gegen unsere Geschäftsordnung verstoßen worden. Trotzdem werden wir die Frage für spätere Plenarsitzungen prüfen.

 
  
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  Elmar Brok (PPE-DE). – Herr Präsident! Gestatten Sie mir eine Bemerkung, weil ich die Äußerungen aus der Gruppe von dort hinten zurückweisen möchte: Es werden die Rechte aller Mitglieder des Hauses in gleicher Weise gewährleistet. Wir können eine Reise in eine solche Region nur dann unternehmen, wenn sie ausgewogen ist und in allen Bereichen entsprechend professionell vorbereitet wurde.

Aus technischen Gründen war es diesmal nicht möglich, den geplanten Zeitpunkt einzuhalten. Die Reise sollte zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Wir sollten es nicht zulassen, dass die Le-Pen-Gruppe hier etwas hineingeheimnist, was nicht richtig ist. Dies möchte ich auf das schärfste zurückweisen.

 
  
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  Der Präsident. Das Verfahren war wie folgt: Nach Anhörung Ihres Standpunkts fasste die Konferenz der Präsidenten den Beschluss, den Besuch dieser Ad-hoc-Delegation auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Dies ist das grundlegende Verfahren, dem wir gefolgt sind; alles andere ist Ansichtssache oder eine Frage der Interpretation, und jeder ist berechtigt, seine eigene zu haben.

 

6. Abstimmungsstunde
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die Abstimmungsstunde.

(Abstimmungsergebnisse und sonstige Einzelheiten der Abstimmung: siehe Protokoll.)

 

6.1. Entwurf des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union – Haushaltsjahr 2007 (Abstimmung)
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  Der Präsident. Meine Damen und Herren! Ich möchte darauf hinweisen, dass nach den Verträgen für die Annahme der Abänderungsentwürfe, die so genannte nicht obligatorische Ausgaben betreffen, die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments erforderlich ist, das heißt 367 Stimmen. Für die Änderungsanträge in Bezug auf die obligatorischen Ausgaben ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreichend.

Vor der Abstimmung möchte Herr Elles einige technische Abänderungen vorschlagen.

 
  
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  James Elles (PPE-DE), Berichterstatter. (EN) Herr Präsident! Ich freue mich, dass die Abstimmung zum Haushaltsplan 2007 nun endlich in Gang kommt.

Bevor wir hier im Plenum mit der Abstimmung in erster Lesung beginnen, möchte ich darauf hinweisen, dass einige wenige technische Abänderungen erforderlich sind. Um jetzt nicht eine sehr lange Zahlenliste vorlesen zu müssen, wurde die Liste mit den technischen Abänderungen an unsere Abstimmungslisten angehängt. Nach der Abstimmung werden diese technischen Abänderungen dann von den zuständigen Stellen eingearbeitet und in das Protokoll dieser Sitzung aufgenommen.

 
  
  

(Das Parlament nimmt die von Herrn Elles vorgeschlagenen technischen Abänderungen an.)

(Vor der Abstimmung über Einzelplan I)

 
  
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  Louis Grech (PSE), Berichterstatter. (EN) Herr Präsident! Ich möchte Ihnen mitteilen, dass der Entschließungsantrag entsprechend dem Abstimmungsergebnis zu den Änderungsanträgen zum Haushaltsplan angepasst wird. Daher werden alle erforderlichen technischen Korrekturen von den Sitzungsdiensten vorgenommen.

 
  
  

(Das Parlament erhebt keine Einwände.)

 

6.2. Haushaltsplan 2007: Einzelplan III – Kommission (Abstimmung)

6.3. Haushaltsplan 2007: Einzelpläne I, II, IV, V, VI, VII, VIII (Abstimmung)
  

– Vor der Abstimmung über Ziffer 31:

 
  
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  Jacky Henin (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident! Da sich niemals erwiesen hat, dass bei gleichem Personalbestand und bei gleicher Zahl von Arbeitsstunden die Lösung Manpower für die Tagungshilfskräfte billiger kommt, und da das Parlament ständig nach Einsparungsmöglichkeiten sucht, schlagen wir vor, ihm dabei zu helfen, indem am Ende von Ziffer 31 folgender Zusatz eingefügt wird: „lehnt, da sie zu teuer ist, die Lösung ab, als Ersatz für die Tagungshilfskräfte eine Zeitarbeitsagentur einzuschalten“.

(Beifall)

 
  
  

(Das Parlament lehnt den mündlichen Änderungsantrag ab.)

– Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 7:

 
  
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  Louis Grech (PSE), Berichterstatter. (EN) Herr Präsident! Ich möchte vorschlagen, den Text von Ziffer 58 des Berichts durch Folgenden zu ersetzen: „nimmt die verbesserte Überwachung der Umsetzung des EU-Haushalts in seiner Haushaltsabstimmung zur Kenntnis; fordert die einschlägigen Ausschüsse auf, den Aufbau der Struktur und eines Verfahrens zur Prüfung der Umsetzung des EU-Haushalts für das Jahr 2007 mit den Fachausschüssen zu untersuchen; auf diese Weise wird es auch die Vorbereitung für die Haushaltsüberprüfung 2008/2009 unterstützen; fordert den Generalsekretär auf, die Logistik der Organisation regelmäßiger Überwachungssitzungen nach Maßgabe der von den betroffenen Ausschüssen festzulegenden Prioritäten zu erleichtern“.

 
  
  

(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)

 
  
  

VORSITZ: ALEJO VIDAL-QUADRAS
Vizepräsident

 

6.4. Flottenkapazität der in Gebieten in äußerster Randlage registrierten Fangflotten (Abstimmung)

6.5. Gedenken an den Ungarnaufstand 1956 (Abstimmung)
  

– Vor der Abstimmung über Erwägung J:

 
  
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  Michael Cramer (Verts/ALE). – Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der vorliegenden Entschließung wird eine Verbindung der ungarischen Revolution zu den anderen Widerstandskämpfen in Osteuropa hergestellt. Dabei wird der Aufstand vom 17. Juni 1953 in der DDR nicht berücksichtigt, als in mehr als 700 Städten und Gemeinden Streiks und Demonstrationen stattfanden, die durch sowjetische Panzer beendet wurden. Deshalb möchte ich in Erwägung J Folgendes einfügen:

(EN) „in Anerkennung der historischen und politischen Verbindung zwischen der ungarischen Revolution vom Oktober 1956 und verschiedenen anderen Formen des Widerstands und Widerstandsbewegungen, wie etwa den Massenprotesten in Ostdeutschland im Juni 1953, den Posener Demonstrationen im Juni 1956 in Polen, dem Prager Frühling von 1968, der Entstehung der Solidarnosc-Bewegung 1980 in Polen und den Demokratiebewegungen in der ehemaligen UdSSR, insbesondere den Demokratiebewegungen der baltischen Völker“

(Beifall)

 
  
  

(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)

 

6.6. Moldau (Transnistrien) (Abstimmung)

6.7. Georgien (Südossetien) (Abstimmung)

6.8. Ausfuhr giftiger Abfälle nach Afrika (Abstimmung)

6.9. Umweltschutz: Bekämpfung der Kriminalität, Delikte und Strafen (Abstimmung)

6.10. Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommen EG/Syrien (Abstimmung)

6.11. Weltklimakonferenz in Nairobi (Abstimmung)

6.12. “NAIADES“: Integriertes europäisches Aktionsprogramm für die Binnenschifffahrt (Abstimmung)

6.13. Öffentlich-private Partnerschaften und die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für das öffentliche Beschaffungswesen und Konzessionen (Abstimmung)
  

– Vor der Abstimmung über Ziffer 45:

 
  
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  Charlotte Cederschiöld (PPE-DE). – (FR) Entschuldigen Sie, leider ist der Originaltext von Ziffer 45 vergessen worden.

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank für Ihre konstruktive Bemerkung, aber wir haben über den entsprechenden Änderungsantrag abgestimmt, und deshalb brauchten wir nicht über den Text abzustimmen, von dem Sie sprechen.

 

6.14. Entsendung von Arbeitnehmern (Abstimmung)
  

– Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 7:

 
  
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  Ria Oomen-Ruijten (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Der Berichterstatter und die Schattenberichterstatter haben sich auf folgenden Wortlaut verständigt: „considers that for ensuring“ et cetera.

 
  
  

(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)

 

6.15. Europäische Zentralbank (2005) (Abstimmung)
  

– Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 7:

 
  
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  Alexander Alvaro (ALDE). – Herr Präsident! Eine ganz kurze Zwischenbemerkung, da es sich um einen nicht ganz unwichtigen Bericht handelt: Inwiefern ist die Legitimation, abzustimmen, noch gegeben, wenn weniger als die Hälfte der Mitglieder anwesend sind? Ich will unsere Zeit nicht verschwenden; das hat der ehemalige Präsident schon genug getan.

 
  
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  Der Präsident. Ja, Herr Alvaro, ich nehme Ihre Bedenken zur Kenntnis, aber wir haben geprüft, dass ein Quorum gemäß der Geschäftsordnung vorhanden ist und die Abstimmungen Gültigkeit haben.

– Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 11:

 
  
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  Pervenche Berès (PSE), Berichterstatterin. (FR) Herr Präsident! Wir möchten zu dem von der PPE-Fraktion hinsichtlich Clearing und Abrechnung eingebrachten Änderungsantrag 12 eine mündliche Änderung vorschlagen.

(EN) Ich werde das auf Englisch sagen. Statt „eine eigene Abwicklungsinfrastruktur” sollte es „eine Abwicklungsinfrastruktur“ heißen.

(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)

 
  
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  Der Präsident. Damit ist die Abstimmungsstunde beendet.

 
  
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  Neil Parish (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte Ihnen für die schnelle und effiziente Art und Weise danken, in der sie hier den Arbeitsablauf organisieren, seit Sie den Vorsitz übernommen haben.

 
  
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  Der Präsident. Solche Worte hören wir gern, wenn wir den Vorsitz führen!

(Heiterkeit)

 
  
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  Brian Crowley (UEN). – (EN) Herr Präsident! Hiermit möchte ich lediglich darauf hinweisen, dass ich mich bei der letzten Abstimmung geirrt habe. Ich dachte, wir würden noch über den Änderungsantrag abstimmen, dabei fand schon die Schlussabstimmung zum Bericht Berès statt. Ich habe dagegen gestimmt, obwohl ich eigentlich dafür stimmen wollte. Dies nur für das Protokoll. Vielen Dank für Ihre effiziente Arbeitsweise.

 

7. Stimmerklärungen
  

Entwurf des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union – Haushaltsjahr 2007

 
  
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  Gerard Batten, Nigel Farage, Jeffrey Titford und Thomas Wise (IND/DEM), schriftlich. (EN) Die UKIP hat für sämtliche Mittelkürzungen und -streichungen gestimmt, insbesondere was die Mittel für Beihilfen und Propaganda betrifft. Denn diese Gelder hätten nicht für diese Zwecke eingesetzt werden sollen.

Zum Projekt Euronews ist zu sagen, dass es sich hierbei um unverhohlene Propaganda handelt und die Unabhängigkeit der Medien gewahrt bleiben sollte.

 
  
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  Catherine Stihler (PSE), schriftlich. (EN) Jedes Jahr sterben eine halbe Million EU-Bürger an den Folgen des Rauchens. Das Rauchen stellt die größte Ursache für vermeidbare Erkrankungen und Krankheiten in der gesamten EU dar. Es ist enttäuschend, dass die Änderungsanträge 376, 489 und 529 abgelehnt wurden (232 Ja-Stimmen, 333 Gegenstimmen). Mit den Subventionen für den Tabakanbau muss endlich Schluss sein.

 
  
  

– Bericht Elles (A6-0358/2006)

 
  
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  Marian Harkin (ALDE). – (EN) Ich habe mich beim Änderungsantrag 3 der Stimme enthalten, da mir nicht ganz klar war, welche Absicht hinter der in Ziffer 23 vorgeschlagenen Studie steckt. Doch Ziffer 23 selbst hat meine volle Unterstützung.

 
  
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  Jan Andersson, Anna Hedh und Inger Segelström (PSE), schriftlich. (SV) Wir wollen einen Haushalt, der zu einer nachhaltigen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklung der EU in Übereinstimmung mit der Lissabon-Strategie beiträgt. Aus diesem Grunde haben wir bei der Abstimmung für die Änderungsanträge gestimmt, die Forschung, Entwicklung, Bildung und Ausbildung in den Mittelpunkt stellen. Wir lehnen jedoch die Änderungsanträge ab, mit denen den direkten Agrarbeihilfen und Ausfuhrbeihilfen für landwirtschaftliche Erzeugnisse weitere Mittel zufließen, denn diese Beihilfen sind bereits jetzt überdimensioniert. Ein Ergebnis dieser Beihilfen ist u. a. eine ineffiziente Landwirtschaft, die der Umwelt schadet und durch das Verschleudern ihrer Überschüsse zu Dumpingpreisen zu einer Vertiefung der Kluft zwischen Arm und Reich in der Welt beiträgt.

Ebenso wenig wollen wir dem Tabakanbau Mittel zukommen lassen, da dieser direkt zu großen Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit beiträgt. Unserer Meinung nach sollten diese Beihilfen rasch gesenkt und in Kürze ganz aufgehoben werden. Die dadurch eingesparten Mittel könnten u. a. zur Finanzierung von Maßnahmen für die Reduzierung der Tabakverwendung und der Tabakabhängigkeit verwendet werden.

 
  
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  Brigitte Douay (PSE), schriftlich.(FR) Das Europäische Parlament hat am Donnerstag, dem 26. Oktober, in erster Lesung den EU-Haushalt 2007 in Höhe von 120 Milliarden Euro angenommen. Es handelt sich um das erste Haushaltsjahr der neuen Finanziellen Vorausschau 2007-2013, die im Mai dieses Jahres angenommen wurde, der die französischen Sozialisten jedoch ihre Zustimmung verweigert hatten, da sie der Meinung waren, dass sie es nicht ermögliche, die großen Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen.

Vor diesem Hintergrund nimmt sich der Haushalt 2007 in Höhe von 1,04 % des BIP der Europäischen Union sehr bescheiden aus.

Die zahlreichen Verpflichtungen, die die Europäische Union sowohl im Innern als auch im Außenbereich wahrzunehmen hat, haben das Parlament veranlasst, Prioritäten festzulegen, die den Bürgern ermöglichen sollen, den von der Union erbrachten Mehrwert besser wahrzunehmen.

Daher hat sich die sozialdemokratische Fraktion entschlossen, für diesen Haushalt 2007 zu stimmen, nachdem sie Zusagen zu ihren Prioritäten im Zusammenhang mit den Strategien von Lissabon und Göteborg erhalten hat. Dabei handelt es sich insbesondere um die Bereiche allgemeine und berufliche Bildung, Forschung und nachhaltige Entwicklung. Die Neubelebung der Kommunikationspolitik und die Erarbeitung von neuen Pilotprojekten wirken sich ebenfalls positiv auf die Zukunft der Europäischen Union aus.

 
  
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  Edite Estrela (PSE), schriftlich. (PT) Ich habe gegen Änderungsantrag 811, der sich auf die Programme des Haushaltsausschusses für die Entwicklung des ländlichen Raums bezieht, und gegen Änderungsantrag 3 bis Ziffer 23 gestimmt, weil sie die Finanzierung für die ländliche Entwicklung einschränken und eine „freiwillige Modulation“ unter den von der Kommission vorgeschlagenen Bedingungen blockieren.

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. (EN) In diesem Haushaltsplan sind wieder nicht genügend Mittel für unsere Verpflichtungen vorgesehen, insbesondere was unsere künftige Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und unsere Entwicklungspolitik betrifft. Die Chance der EU, weltweit eine Führungsrolle zu übernehmen, wird durch „Erbsenzähler“ in den Hauptstädten unserer Mitgliedstaaten zunichte gemacht. Dafür lastet eine schwere Verantwortung auf ihren Schultern.

Im Hinblick auf zwei Punkte werde ich gegen die Änderungsanträge unserer ultranationalistischen und katholischen Fundamentalisten aus Polen stimmen, die sich gegen „Zwangsabtreibungen“ stark machen. Selbstverständlich lehne ich ein solches Konzept ab, aber die EU unterstützt ja solch ein Programm auch gar nicht. Das ist doch eher ein Versuch, die christlich-evangelische Scheinheiligkeit der Amerikaner in die EU-Entwicklungspolitik einzuschleusen, was aus genau diesem Grund verhindert werden muss.

Zweitens bin ich für angemessene Kontrollen im Ausgabenbereich und ein vernünftiges Kosten-Nutzen-Verhältnis. Manche verfolgen diese Forderungen jedoch als eine Möglichkeit, die Bediensteten der Kommission an übermäßig bürokratische Vorschriften zu binden, die die Arbeit nur behindern, anstatt sie zu erleichtern.

 
  
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  Hélène Goudin (IND/DEM), schriftlich. (SV) Nach Ansicht der Juniliste sollte der EU-Haushalt auf 1 Prozent des durchschnittlichen BIP der Mitgliedstaaten begrenzt werden. Ich habe daher gegen sämtliche vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen Erhöhungen gestimmt, wobei die Juniliste gleichzeitig die wenigen Einsparungen begrüßt, die entweder vom Haushaltsausschuss oder von einzelnen Abgeordneten als Änderungsanträge eingebracht wurden.

Es gibt eine Reihe unglücklicher Haushaltslinien, aber die Juniliste bedauert besonders die umfassenden Mittel für die gemeinsame Agrarpolitik, den Kohäsionsfonds und die Fischereiwirtschaft sowie die Haushaltslinien, die Mittel für verschiedene Formen von Informationskampagnen vorsehen.

Die Juniliste ist ferner der Meinung, dass etwas gegen das ständige Reisen des Europäischen Parlaments zwischen Straßburg und Brüssel getan werden muss und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie der Ausschuss der Regionen abgeschafft werden sollten.

In dieser Woche (beginnend mit dem 23. Oktober 2006) stellte der Europäische Rechnungshof zum dreizehnten Mal hintereinander fest, dass nur für einen kleinen Teil des EU-Haushalts garantiert werden kann, dass er korrekt und zweckentsprechend verwendet wurde.

Wie können wir nur mit diesem Wahnsinn fortfahren, Jahr für Jahr Finanzmittel zuzuweisen, von denen nur für einen geringen Teil garantiert werden kann, dass er auch für den geplanten Zweck verwendet wird?

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Wir möchten unsere Ablehnung zentraler Punkte der Verhandlungsstrategie und der vom Parlament zum Haushaltsplan 2007 der Gemeinschaft festgelegten Prioritäten bekräftigen, aber zugleich für die Annahme einiger unserer Vorschläge plädieren, die auf Folgendes abstellen:

- Anhebung der für den Europäischen Sozialfonds „Konvergenz“ zugewiesenen Mittel;

- Förderung der Zusammenarbeit und Gründung von Verbänden der Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen;

- Schutz und Erhaltung der Wälder mit Maßnahmen und Aktionen zur Überwachung und Verhütung von Waldbränden;

- Förderung, Erhaltung und Schutz des kulturellen Erbes, wie etwa die Straße der Zisterzienser und Standorte des UNESCO-Weltkulturerbes;

- Förderung der Zusammenarbeit von Agrarorganisationen und anderen Interessengruppen in ländlichen Gebieten mit Blick auf eine Wiederbelebung dieser Gebiete sowie Förderung von Familienbetrieben, kleinen und mittleren Unternehmen in der Landwirtschaft und der landwirtschaftlichen Tätigkeit bei jungen Menschen;

- Anfertigung von Studien oder Berichten zur Kinderarbeit in der EU, zu Unternehmensverlagerungen und Beschäftigung, zur Einheitswährung, zum Preis von Grundversorgungsgütern, zu Bankgebühren und Provisionen sowie zu den Folgen neuer Technologien am Arbeitsplatz und zu berufsbedingten Krankheiten;

- Bereitstellung von Informationen und Klarstellung zu den Rechten von Personen, die als Saisonarbeitnehmer außerhalb ihres Herkunftslandes beschäftigt sind.

 
  
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  Jens Holm, Kartika Tamara Liotard, Erik Meijer und Eva-Britt Svensson (GUE/NGL), schriftlich. (EN) Wir sind gegen eine stete Aufstockung des EU-Haushalts, der schon jetzt viel zu gigantisch ist, wobei ein Großteil der Mittel zweckentfremdet eingesetzt wird. Heutzutage scheint die Aufstellung neuer Ziele für die Union automatisch mit einer Forderung nach weiteren EU-Mitteln einherzugehen. Dies führt dazu, dass nicht nur neue Zahlungsforderungen an die Mitgliedstaaten ergehen, sondern auch neue Mittel einem System zugeführt werden, das bürokratisch, ineffizient und höchst kompliziert ist. Dennoch werden mithilfe der Haushaltsmittel etliche begrüßenswerte Initiativen finanziert. Daher befürworten wir die vernünftigen Änderungen, die an der Struktur der vorhandenen Mittel vorgenommen wurden. Dennoch lehnen wir eine stete Aufstockung des Etats kategorisch ab, was uns dazu bewogen hat, in der Schlussabstimmung gegen den Bericht zu stimmen.

 
  
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  Marie-Noëlle Lienemann (PSE), schriftlich.(FR) Diese Abstimmung findet vor dem Hintergrund eines inakzeptablen mehrjährigen Haushaltsrahmens statt. Eine genaue Prüfung der Haushaltslinien zeigt den himmelschreienden Mangel an Mitteln in zahlreichen Gebieten wie Forschung, Innovation, technologische Großprojekte wie Galileo oder die großen transeuropäischen Netze. Mit diesem Haushalt wird das Erstarken des Wachstums in Europa nicht gefördert.

Die EU-Hilfen für die Länder des Südens, für Afrika und den Maghreb sind Lichtjahre weit von einer Entwicklungspolitik entfernt, die dringend notwendig wäre, um den Wanderungsungleichgewichten und dem Elend entgegenzuwirken.

Es ist dringend geboten, eine europäische Steuer einzuführen, die ein hohes Niveau an Eigenmitteln für einen europäischen Haushalt garantiert, der endlich den Herausforderungen gerecht wird.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Wir verabschieden wieder einmal einen Haushaltsplan, der den EU-Organen nicht ermöglicht, den von ihnen eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen. Das gilt insbesondere für die Außen- und Sicherheitspolitik sowie die Entwicklungspolitik. Damit wird die internationale Gemeinschaft doch nur in ihrem Eindruck bestärkt, dass die EU ziemlich unzuverlässig ist, wenn es darum geht, nicht nur Sonntagsreden zu halten, sondern auch entsprechende finanzielle Mittel bereitzustellen.

In Anbetracht dessen begrüße ich, dass in diesem Haushaltsplan besonderes Augenmerk auf angemessene Kontrollen und ein vernünftiges Kosten-Nutzen-Verhältnis gelegt wird.

 
  
  

– Bericht Grech (A6-0356/2006)

 
  
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  Astrid Lulling (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident! Ich bedaure, dass es zu den Ziffern 18 und 44 des Berichts Grech keine gesonderte Abstimmung gegeben hat, denn ich hätte dagegen gestimmt. Gewisse Mitglieder des Haushaltsausschusses können es einfach nicht lassen, die Entscheidung der Staats- und Regierungschefs zu den drei Arbeitsorten unseres Parlaments unterschwellig zu bekämpfen. Natürlich verursacht es Kosten, wenn man drei Arbeitsorte besitzt. Doch diese Kosten als „überflüssig“ zu bezeichnen, ist zumindest unangebracht. Diese Dezentralisierung hat auch sehr positive Auswirkungen für die Abgeordneten und das Parlament. Des Weiteren ist die Infragestellung der Anwesenheit unserer Beamten zu unseren Plenartagungen in Straßburg ein wirklicher Affront für die Verwaltung, denn ich weiß, wie sorgfältig sie die zu entsendenden Beamten aussucht.

Ich hätte auch gegen Ziffer 44 gestimmt, in der ein negatives Urteil über die „Erfahrung von Straßburg“ abgegeben wird. Ich weise diese Unterstellung entschieden zurück. Denn mit dem Erwerb der drei Gebäude in Straßburg, die nicht im Besitz des Parlaments waren, hat dieses ein ausgezeichnetes Geschäft gemacht. Es handelt sich dabei um eine äußerst sinnvolle Ausgabe, die im Vergleich zu den Mietkosten bedeutende Einsparungen an öffentlichen Mitteln ermöglicht. Ich hätte mir von bestimmten Mitgliedern des Haushaltsausschusses ein objektiveres Urteil gewünscht, umso mehr, da sie gehalten sind, Entscheidungen zum Sitz des Parlaments einzuhalten, ob sie ihnen gefallen oder nicht.

 
  
  

– Berichte Elles (A6-0358/2006), Grech (A6-0356/2006)

 
  
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  Bastiaan Belder (IND/DEM), schriftlich. (NL) Die Berichterstatter, die Herren Grech und Elles, haben sich zu Recht für mehr Effizienz bei der Behandlung des Haushaltsplans 2007 entschieden.

Die Festsetzung von Prioritäten ist ebenfalls ein notwendiges und vernünftiges Element in Herrn Elles’ Ansatz. Das bedeutet allerdings nicht automatisch, dass mehr Mittel für die prioritären Haushaltslinien bereitgestellt werden müssen. Stattdessen sollten die nicht prioritären Haushaltslinien kritischer bewertet werden. In den meisten Abänderungsanträgen fiel die Wahl aber leider doch auf eine Aufstockung der veranschlagten Mittel.

Was die Mehrsprachigkeit betrifft, begrüße ich die Anstrengungen, die auch auf diesem Gebiet zur Verbesserung der Effizienz unternommen werden. Maßnahmen zur Kostensenkung dürfen jedoch nicht dazu führen, dass die Mehrsprachigkeit in Gefahr gerät.

Summa summarum ist es begrüßenswert, dass nach dem Vorbild des Rates einer effizienten und sparsameren Budgetierung mehr Beachtung geschenkt wird. Herrn Grechs Entschließungsantrag werde ich daher speziell aus diesem Grund unterstützen.

 
  
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  Charlotte Cederschiöld, Christofer Fjellner, Gunnar Hökmark und Anna Ibrisagic (PPE-DE), schriftlich. (SV) Wir haben heute für die Berichte über den Haushaltsplan der Europäischen Union für 2007 gestimmt. Dabei begrüßen wir den Ansatz, dass ein angemessener Gegenwert für den europäischen Steuerzahler erzielt wird. Ferner unterstützen wir die Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie die Ambitionen, die EU als weltweiten Akteur zu stärken. Wir lehnen jedoch die Vorschläge für höhere Mittelzuweisungen für Agrar- und Regionalbeihilfen ab. Wie immer stehen wir auch zentral erarbeiteten Kampagnen und Meinungsbildungsaktionen skeptisch gegenüber.

 
  
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  Astrid Lulling (PPE-DE), schriftlich.(FR) Ich habe für den Bericht über die Finanzmittel für das Europäische Parlament gestimmt, bedaure jedoch, dass es zu den Ziffern 18 und 44 keine gesonderte Abstimmung gegeben hat, denn dann hätte ich dagegen gestimmt.

Gewisse Mitglieder des Haushaltsausschusses können es einfach nicht lassen, die Entscheidung der Staats- und Regierungschefs zu den drei Arbeitsorten unseres Parlaments, d. h. Straßburg, Luxemburg und Brüssel, unterschwellig zu bekämpfen. Natürlich verursacht dies Kosten, doch diese als überflüssig zu bezeichnen, ist gelinde gesagt kühn. Diese Dezentralisierung, die eine Mehrheit des Haushaltsausschusses zu Unrecht als geografische Zersplitterung bezeichnet, hat auch äußerst positive Auswirkungen für die Abgeordneten und das Parlament. Wenn die notwendige Anwesenheit unserer Beamten bei den Plenartagungen in Straßburg in Zweifel gezogen wird, dann ist dies ein wirklicher Affront für das Präsidium und vor allem für die Verwaltung, von der ich weiß, dass sie die auf Dienstreise nach Straßburg zu entsendenden Beamten sorgfältig auswählt.

Ich hätte auch gegen Ziffer 44 gestimmt, in der die Verwaltung aufgefordert wird, nach der „Erfahrung von Straßburg“, wie dies abwertend bezeichnet wird, „beim Ankauf von Gebäuden strengere, verlässlichere und transparentere Verfahren anzuwenden“…

(Erklärung zur Abstimmung gekürzt gemäß Artikel 163 GO.)

 
  
  

– Vorschlag für eine Verordnung (C6-0295/2006)

 
  
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  Duarte Freitas (PPE-DE), schriftlich. (PT) In Anbetracht der strukturellen, wirtschaftlichen und sozialen Lage im Fischereisektor in den Regionen in äußerster Randlage und der Annahme des neuen Europäischen Fischereifonds müssen die Ausnahmeregelungen in der Verordnung (EG) 639/2004 zu den Kriterien und Bedingungen für strukturelle Maßnahmen in Verbindung mit der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der Fischereiressourcen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik unbedingt verlängert werden.

Der Vorschlag für eine Verordnung des Rates, die eine Verlängerung dieser Ausnahmeregelungen für die Gebiete in äußerster Randlage bis zum 31. Dezember 2006 und die praktische Umsetzung von in der Zwischenzeit angenommenen Maßnahmen bis 2008 vorsieht, muss selbstverständlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt angenommen werden, damit er auch wirklich die gewünschte Wirkung vor Ort haben kann.

Ich stimme der Kernaussage des Vorschlags und dem Inhalt dieses Dokuments zwar zu, bin aber sehr enttäuscht, dass der Durchführungsplan für die Erneuerung und Modernisierung der Flotten in Gebieten in äußerster Randlage statt des für 2008 festgelegten Zeitrahmens erst im Zeitraum der nächsten Finanziellen Vorausschau verwirklicht werden kann.

Dennoch und weil diese Ausnahmeregelung eine Fördermaßnahme zugunsten der Gebiete in äußerster Randlage darstellt, werde ich für die vorgeschlagene Verordnung stimmen.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Zweck dieses Vorschlags ist es, die für die Fangflotten in den Gebieten in äußerster Randlage gewährten Ausnahmeregelungen bis zum 31. Dezember 2006 und anschließend bis zum 31. Dezember 2007 zu verlängern. Diese Ausnahmeregelungen betreffen die Zugangs-/Abgangsregelungen der Flottenkapazität und die Bereitstellung von Beihilfen für die Erneuerung und Modernisierung der Flotte.

Angesichts der spezifischen strukturellen, sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten in der Fischereiwirtschaft in den Gebieten in äußerster Randlage, zum Beispiel den Azoren und Madeira, sowie der anhaltenden Schwierigkeiten und Zwängen, mit denen diese Gebiete zu kämpfen haben, wie etwa ihre begrenzten Märkte und ihre Abgelegenheit, war die Annahme dieses Vorschlags dringend geboten.

Der entscheidende Punkt ist, dass die vorhandenen Wirtschaftsaktivitäten – in diesem Falle die Fischerei – in vielen dieser Gebiete große sozioökonomische Bedeutung haben, beispielsweise um zu gewährleisten, dass die Menschen frischen Fisch zu essen haben.

Wegen der Notwendigkeit dieser Ausnahmeregelungen und da die Lage, in der sich die Flotten befinden, eher von strukturellen als von wirtschaftlichen Faktoren bestimmt wird, wie die Kommission und der Rat bestätigt haben, sollten die Ausnahmeregelungen dauerhaft ausgelegt und in den Europäischen Fischereifonds für den Zeitraum 2007-2013 einbezogen werden.

 
  
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  Margie Sudre (PPE-DE), schriftlich.(FR) Das Europäische Parlament stimmt heute im Dringlichkeitsverfahren über eine Verordnung des Rates zur Steuerung der Flottenkapazität der in Gebieten in äußerster Randlage registrierten Fangflotten ab, mit der die gegenwärtig geltende Verordnung um ein Jahr verlängert wird.

Die wesentlichen zugelassenen Abweichungen betreffen Neuzugänge von Fischereifahrzeugen zur Flotte, die öffentlichen Zuschüsse für die Erneuerung von Fischereifahrzeugen sowie Modernisierungsbeihilfen.

Diese Verordnung berücksichtigt die Lage des Fischereisektors in den Gebieten in äußerster Randlage, der noch über ein bedeutendes Wachstumspotenzial und umfangreiche Fischereiressourcen verfügt. Daher wäre es undenkbar und kontraproduktiv, die Fischereiflotten dieser Regionen daran zu hindern, in den Genuss dieser Festlegungen zu kommen!

Ich hoffe, dass die Fischereiakteure dieser Regionen die neuen Fristen nutzen werden, um ihre Flotte zu entwickeln und zu modernisieren.

Bedauerlich finde ich jedoch, dass die Europäische Kommission bis heute keinerlei langfristige Orientierung vorgeschlagen hat. Ich habe bereits mehrfach gefordert, dass diese Ausnahmeregelungen über 2006 hinaus verlängert werden. Es wäre sinnvoller gewesen, diesen Vorschlag gleich anfangs anzunehmen, als unser Parlament jedes Jahr um eine einjährige Verlängerung der Ausnahmeregelungen zu ersuchen, die auf jeden Fall unabdingbar für die Fischerei in unseren Regionen sind.

 
  
  

– Entschließungsantrag (B6-0548/2006)

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. (EN) Ich werde diesen Entschließungsantrag unterstützen. Das Tragische an dieser gescheiterten Revolution, die von den Sowjettruppen brutal niedergeschlagen wurde und Tausenden das Leben gekostet hat, ist ja, dass damit den Ungarn der angestrebte Weg heraus aus der sowjetischen Unterdrückung und hin zum Anschluss an die übrige Welt versperrt wurde. Dabei hatte sich doch ein langsamer, aber sicherer Weg hin zu Pluralismus und Demokratie abgezeichnet. Stattdessen machten sich jedoch zehntausende Menschen auf die Flucht.

Ich erinnere mich noch daran, wie ich als sechsjähriger Schuljunge losgeschickt wurde, um ein ungarisches Flüchtlingskind, das in meiner Schule in Gloucestershire in meine Klasse kommen sollte, an seinem ersten Schultag abzuholen. Als ich das Elend und die Verzweiflung dieses Kindes und seiner Eltern sah, wurde ich wahrscheinlich zum ersten Mal damit konfrontiert, welche Folgen Unterdrückung für das Leben und die Zukunft ganz normaler Menschen hat. Das habe ich nie vergessen.

 
  
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  Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Wir Abgeordneten der Kommunistischen Partei Griechenlands im Europäischen Parlament haben es abgelehnt, uns an der Abstimmung über den 50. Jahrestag des Ungarnaufstandes, der sich zu einer antikommunistischen Hysterie ausgewachsen hat, zu beteiligen.

Die endgültige Entschließung, die von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten und der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament sowie von den Neoliberalen und anderen Fraktionen mit Ausnahme der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke gemeinsam unterstützt und verabschiedet worden ist, billigt das vom Europarat verfasste und dem Europäischen Parlament vorgelegte antikommunistische Memorandum.

Sie bezeichnen Ereignisse, die vom Imperialismus gefördert und organisiert wurden, um ein sozialistisches Regime zu stürzen, als Revolution des Volkes und als Demokratiebewegung. Alle gemeinsam halten sie jeden, der gegen den Sozialismus gewütet hat, für einen Widerstandskämpfer und Demokraten. Heute ist es offensichtlich, dass die politischen Kräfte, die die EU unterstützen, dieselben Kräfte sind, die das Wiederaufleben des Faschismus in den baltischen Staaten und in anderen Ländern moralisch und politisch befürworten und die darauf drängen und die Forderung vorantreiben, kommunistische Aktivitäten zu verbieten, wie dies vorher in der Tschechischen Republik und in anderen Ländern der Fall war.

Der Appell der Sprachrohre der kapitalistischen Barbarei in Ziffer 3 der Entschließung, dass „die demokratische Staatengemeinschaft die repressive und undemokratische kommunistische Ideologie unmissverständlich zurückweisen ... muss“, macht deutlich, wie sehr sie sich davor fürchten.

Wir wollen all jene, die vom endgültigen Triumph des barbarischen, ausbeuterischen kapitalistischen Systems träumen, daran erinnern, dass die kommunistische Ideologie die größten sozialen Umwälzungen hervorgebracht hat und noch größere Umwälzungen bewirken wird, eben weil sie für eine Gesellschaft eintritt, die frei von der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ist.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Einer der positivsten Aspekte der jüngsten EU-Erweiterung besteht darin, dass sie auch zu einer Erweiterung unserer Erinnerung geführt hat. Für die meisten von uns ist der Ungarnaufstand von 1956 eine in zeitlicher, geographischer und sogar politischer Hinsicht ferne Erinnerung. Der Beitritt von Ländern wie Polen, den baltischen Staaten, Slowenien und Ungarn selbst hat eine weitere Erinnerung mit sich gebracht, die wir aufgenommen haben, und diese Erinnerung ist nun seit anderthalb Jahren ein vollständiger Teil unseres Bewusstseins. Daraus hat sich eine ganz neue geostrategische Wahrnehmung unseres Platzes in der Welt ergeben, die wir verinnerlichen und aktuell halten müssen, und es wurde ein neues Licht auf die demokratischen Kämpfe des 20. Jahrhunderts geworfen.

Andererseits sollte uns dieser Moment natürlich daran erinnern, dass der Kommunismus weder romantisch noch utopisch war. Die Geschichte des Kommunismus ist eine Geschichte von Unterdrückung, Gewalt und Unmenschlichkeit, und das sollten wir nicht vergessen.

 
  
  

– Entschließungsantrag (B6-0537/2006)

 
  
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  Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Die Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Südossetien spiegelt die imperialistischen Pläne wider, die die EU in der Region verfolgt. Bekanntlich ist Georgien nur noch einen Schritt weit vom Beitritt zur NATO entfernt, während die den Imperialisten hörige Regierung Saakaschwili bereits eingewilligt hat, dass auf dem Territorium ihres Landes amerikanische Stützpunkte errichtet werden.

Hinter den selbstgerechten Verlautbarungen über die Achtung der Souveränität und der territorialen Integrität Georgiens sowie der Verurteilung der Unabhängigkeitsbewegungen Abchasiens und Südossetiens verbergen sich die Zielsetzungen der EU, im Rahmen des innerimperialistischen Konkurrenzkampfes Russland einzukreisen und Druck auf dieses Land auszuüben, wobei der Blick fest auf den russischen Markt, insbesondere den Energiemarkt, gerichtet ist.

So wie die EU heute angeblich für die territoriale Integrität Georgiens eintritt, kann sie diese morgen wieder untergraben, indem sie die gegenwärtig noch verurteilten Abspaltungsbewegungen unterstützt, falls die strategischen Interessen der Monopole in der Region dies erforderlich machen. Die Bevölkerung der Region hat reichlich Erfahrungen mit der Interventionspolitik der Gemeinschaft gesammelt, die durch das Schüren und Fördern von „innerem Aufruhr“ jeglicher Art und das Prinzip „Zuckerbrot und Peitsche“ gekennzeichnet ist. Deshalb muss sie ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen, deshalb muss sie sich auflehnen und Widerstand gegen die Politik der EU und der anderen in ihrem Dienst stehenden imperialistischen Kräfte und Regierungen leisten und sie überwinden.

 
  
  

– Entschließungsantrag (B6-0545/2006)

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich begrüße diese Abstimmung zum Export von giftigen Abfällen nach Afrika. Der jüngste Vorfall, in den ein niederländisches Unternehmen verwickelt war, das seinen Abfall in Côte d’Ivoire entsorgte, zeigt, dass viele Europäer Afrika noch immer als Müllhalde betrachten.

Ich hoffe, dass die niederländischen Behörden nichts unversucht lassen werden, um die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.

 
  
  

– Bericht Hieronymi (A6-0337/2006) (Abstimmung vom Dienstag, dem 24. Oktober)

 
  
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  Luca Romagnoli (NI). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Hieronymi-Bericht beruht auf einem lobenswerten Ziel, nämlich der Förderung der europäischen audiovisuellen Produktion angesichts des erdrückenden Wettbewerbs seitens der USA- und anderer Produktionen.

Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die Koproduktion gefördert, koordinierte Vermarktungsstrategien unterstützt und der Vertrieb von Werken der Union sowohl auf dem Binnen- als auch auf dem internationalen Markt vorangebracht werden. Allerdings ist die Mittelausstattung offensichtlich recht bescheiden. Außerdem erscheint es gerade in Anbetracht der Mittelknappheit wirklich nicht sinnvoll, das Programm auch für die Beteiligung von nicht-europäischen Staaten zu öffnen.

Nach meinem Dafürhalten sollte die öffentliche Förderung des Sektors sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene für audiovisuelle Produktionen bestimmt sein, die der Information und Bildung, im engeren Sinne der Erziehung, dienen, sowie für solche Projekte, die wirklich dazu beitragen, Schluss zu machen mit der gegenwärtigen Situation, in der Europa zu einer kulturellen Kolonie der USA wird. Diesbezüglich halte ich den Bericht für unzureichend.

 
  
  

– Entschließungsantrag (B6-0544/2006)

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe für diesen Bericht gestimmt. Es steht außer Frage, dass viele Unternehmen und Privatpersonen regelmäßig gegen Umweltschutzvorschriften verstoßen. Für sie ist es oft billiger, eine Geldstrafe zu zahlen, als sich an Vorschriften zur Entsorgung und zum Abtransport giftiger Abfälle zu halten. Wenn wir die Umwelt wirklich schützen wollen, dann müssen wir sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Maßnahmen gegen die Rechtsbrecher in Erwägung ziehen.

 
  
  

– Bericht De Keyser (A6-0334/2006)

 
  
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  Hélène Goudin (IND/DEM), schriftlich. (SV) Nach Ansicht der Juniliste sollte die EU sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischen. Es ist aus prinzipiellen Gründen wichtig, die Politik zu führen, mit der wir in die Wahl gegangen sind. Es herrscht kein Zweifel, dass Syrien seine Beziehungen zu Israel verbessern muss.

Die Juniliste ist ein kompromissloser Gegner aller totalitären Regime und verurteilt alle Länder, die den Terrorismus in welcher Form auch immer unterstützen. Es ist offensichtlich, dass die Außenpolitik der EU von den verschiedenen Sonderinteressen geprägt ist, die die Mitgliedstaaten in den einzelnen Regionen auf der ganzen Welt verfolgen. Diese Politik ist in meinen Augen ausgesprochen unaufrichtig und destruktiv, wofür dieser Bericht ein gutes Beispiel darstellt. Die EU versucht, die Beziehungen Syriens zu seinen Nachbarländern zu beeinflussen, was für uns nicht akzeptabel ist.

Ich enthalte mich aus prinzipiellen Gründen der Stimme.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Selbstverständlich haben wir nichts gegen den Abschluss eines Assoziationsabkommens mit Syrien, das bekanntlich das einzige Land in der Region ist, mit dem die EG kein Assoziationsabkommen unterhält. Wir lehnen jedoch einige zentrale Punkte im Bericht nachdrücklich ab.

Der Grundansatz des Berichts ist geprägt von Interventionismus und Einmischung in ein breites Spektrum von Fragen, bei denen die Souveränität beim syrischen Volk liegen sollte. Dazu macht das Parlament Syrien auch noch für die Lage im Nahen Osten verantwortlich und erhebt Vorwürfe gegen das Land, was es in Bezug auf Israel und die USA nicht getan hat, die doch in erster Linie für die gefährliche und tragische Situation in der Region verantwortlich sind. Neben anderen Punkten gehört zu den Zielen im Bericht die Demokratisierung des politischen Systems in Syrien und die Schaffung einer „offenen Marktwirtschaft“. Man will Syrien zwingen, die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zum Libanon einzuhalten, lässt aber unerwähnt, dass Israel immer noch einen Teil des syrischen Hoheitsgebiets besetzt hält, den Libanon angreift und nach wie vor seine Politik des Staatsterrorismus gegen Palästina betreibt. Die syrische Politik wird kritisiert, und das Land wird aufgefordert, „seine derzeitige Außenpolitik und regionale Ausrichtung“ neu festzulegen.

Das halten wir für nicht vertretbar.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich halte dieses Abkommen für begrüßenswert. In Syrien besteht nach wie vor großer Handlungsbedarf hinsichtlich der Verbesserung der Menschenrechte, der Beziehungen zu seinen Nachbarn und der Behandlung seiner Minderheiten. Dennoch vertrete ich die Ansicht, dass ein konstruktives Abkommen der richtige Weg nach vorn ist.

 
  
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  Erik Meijer (GUE/NGL), schriftlich. (NL) Europa sollte gegenüber Syrien nicht deshalb Distanz wahren, weil dieses Land US-Präsident Bush zufolge zur Achse des Bösen gehört, sondern weil es seine eigene Bevölkerung unterdrückt und eine unnötige Belastung für andere darstellt. Syrien ist seit vielen Jahren eine Diktatur unter Führung der El-Assads, des Vaters und des Sohnes. Etliche Einwohner Syriens waren zur Flucht ins Ausland gezwungen, weil man sie sonst eingesperrt oder völlig verschwinden lassen hätte. Eine organisierte Opposition ist nicht erlaubt. Nicht nur politische Gegner, sondern auch Kurden und Christen fühlen sich bedroht. Im benachbarten Libanon war Syrien für eine jahrelange militärische Besatzung, für politische Morde und für die Bewaffnung der Hisbollah verantwortlich. In einem anderen Nachbarland, in Israel, gilt Syrien als unvernünftigster Nachbar, der niemals Frieden und Versöhnung will, und Syriens Auftreten kann als Argument missbraucht werden, um nicht aktiv ein Friedensabkommen mit einem palästinensischen Nachbarstaat zustande zu bringen. Syrien hat kürzlich einen Niederländer iranischer Herkunft im Geheimen an den Iran ausgeliefert. Die Haltung der EU gegenüber Syrien ist nach wie vor zu stark auf gute Beziehungen zu den Mittelmeerländern und zu wenig auf Demokratie und Menschenrechte ausgerichtet.

 
  
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  Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Die Erklärungen des Rates und der Kommission und die Entschließung des Europäischen Parlaments sind ein eklatanter und durch nichts zu rechtfertigender Angriff auf Syrien, an das sie die Forderung richten, dass es sich für seine Politik entschuldigt und dem Imperialismus unterwirft.

Aus Anlass der Debatte über ein Europa-Mittelmeer-Assoziierungsabkommen werden Drohungen in Bezug auf seine Haltung gegen den Irak-Krieg, seine Solidarität mit der palästinensischen und libanesischen Bevölkerung und seine Weigerung ausgestoßen, sich den imperialistischen Plänen zu beugen.

Die eskalierende aggressive Politik der EU enthüllt den Charakter der UN-Resolution 1701, indem im Voraus verkündet wird, welche Rolle die militärischen Besatzungstruppen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in der Region spielen werden.

Der Bericht ist die europäische Version der amerikanischen Propaganda, die auf Syrien gerichtet ist und es zur Achse des Bösen zählt.

Wir haben gegen den Bericht gestimmt und wollen damit unsere Solidarität mit dem syrischen Volk und der Bevölkerung der Nahostregion zum Ausdruck bringen, die im Visier der amerikanischen und europäischen Imperialisten stehen.

Die EU, die USA und die NATO treiben gemeinsam die Umsetzung des NATO-Plans „Nahost“ voran, der darauf gerichtet ist, Länder und Völker zu unterwerfen. Wir halten es politisch für ein Unding, dass dieser spezielle Bericht von politischen Kräften verabschiedet wird, die sich selbst als Linke bezeichnen, denn sie stellen sich auf die Seite der imperialistischen Politik der EU und der USA und dienen somit als Feigenblatt für das Entfesseln neuer Kriege.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Auch wenn dieser Bericht in der Fassung, die von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten ausgehandelt wurde, im Großen und Ganzen ausgewogen ist, habe ich hinsichtlich seiner Annahme doch ein oder zwei Vorbehalte.

Infolge sowohl ihres Status als auch logistischer Schwierigkeiten besitzt die EU weder die Stärke noch die Fähigkeit, als Weltmacht zu handeln. Sie verfügt auch nicht über die militärischen oder finanziellen Ressourcen dafür, und vor allem hat sie kein entsprechendes Mandat. Das bedeutet jedoch nicht, dass die EU ein passives Mitglied der Völkergemeinschaft sein sollte. Die Dimensionen Europas als Markt, als Geber von Finanzhilfen, als Zufluchtsort für Emigranten und als Nachbar machen die EU zu einem Partner in der Außenpolitik oder sollten sie dazu machen. Ich spreche nicht vom üblichen Verweis auf die Tugenden der sanften Gewalt oder die Debatte über die Notwendigkeit alternativer Achsen. Was ich meine, ist die Fähigkeit, die die EU dank dieser Dimensionen besitzen sollte, die Politik im Mittelmeerraum, einer der wichtigsten Regionen in der Welt, zu beeinflussen und zu ändern.

Auf mittlere Sicht müsste die EU in der Lage sein, die gleiche Wirkung auf ihre Nachbarn auszuüben, wie sie auf die Länder hatte und hat, die ihr in mehreren Erweiterungsrunden nacheinander beigetreten sind. Wir sollten bei unseren Nachbarn im Mittelmeerraum auf die gleichen Wirkungen aus sein, wie man sie von den Erwartungen aus dem Vorfeld eines Beitritts her kennt. Leider wird dieser Anspruch im Abkommen nicht deutlich.

 
  
  

– Entschließungsantrag (B6-0543/2006)

 
  
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  Anne Ferreira (PSE), schriftlich.(FR) Die Konferenz der Vertragsparteien letztes Jahr in Montreal war mit dem Minimalbeschluss zu Ende gegangen, die Diskussionen über das Kyoto-Protokoll und seine Ziele nach 2012 fortzusetzen.

Kurz vor der neuen Jahreskonferenz ist die Lage immer noch so unklar und birgt somit ernste Bedrohungen für die Zukunft des Kyoto-Protokolls in sich, insbesondere angesichts der Erklärungen der neuen kanadischen Regierung.

Diese Situation ist unbegreiflich und unannehmbar, denn die Zahl der Alarmsignale steigt unaufhörlich und die Prognosen gehen von einer Zunahme der CO2-Emissionen um 50 % bis zum Jahr 2030 aus, was den Zielen auf diesem Gebiet völlig widerspricht, auf die unsere Institution regelmäßig verweist.

In der Europäischen Union besteht ein sehr weit gehender Konsens, nachdem der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) seine Unterstützung für sehr ambitionierte Ziele im Kampf gegen den Klimawandel zugesagt hat.

Es ist dringend erforderlich, zur Tat zu schreiten, Beschlüsse zu fassen und Maßnahmen zu ergreifen, die den vor Europa und der gesamten Welt stehenden Herausforderungen angemessen sind. Von unserer Reaktion auf diese Herausforderungen gehen kraftvolle Impulse für Forschung und technologische Innovation sowie die Modernisierung unseres Produktionsapparates aus.

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. (EN) Eine der dringlichsten Fragen, mit der sich die Welt heutzutage konfrontiert sieht, besteht darin, wie dem Problem des Klimawandels beizukommen ist. Das ist keine Frage, die wir auf morgen verschieben können, sondern die heute gelöst werden muss. Es ist jetzt an der Zeit zu handeln. Genau das geht auch aus den Untersuchungen der Wissenschaftler auf der ganzen Welt hervor, auch wenn die Bush-Regierung lügt und ihren eigenen Experten einen Maulkorb verpasst, damit diese sich nicht an dieser Diskussion beteiligen.

Das größte Problem ist die US-amerikanische Regierung. Jeder ist entsetzt, welche Folgen der zweite Golfkrieg für die irakische Bevölkerung hatte. Jüngsten Schätzungen zufolge hat es unter der Zivilbevölkerung mehr als 650 000 Tote gegeben. Mit ihrer Weigerung, das Kyoto-Protokoll zu unterzeichnen, setzt die US-Regierung das Leben von Milliarden Menschen auf der ganzen Welt und die Existenz von Ländern wie Bangladesh und den Malediven aufs Spiel. Das wird das Erbe dieser US-Regierung sein, es sei denn, sie lässt sich die ganze Sache noch einmal durch den Kopf gehen. Aber ich befürchte, dass niemand so blind ist wie jene, die nicht sehen wollen.

 
  
  

– Bericht Wortmann-Kool (A6-0299/2006)

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI). – (FR) Herr Präsident! Das NAIADES-Programm zur Entwicklung der Binnenschifffahrtsstraßen und der Bericht von Frau Wortmann-Kool enthalten ausgezeichnete Dinge. Ich möchte die mir gebotene Gelegenheit nutzen, um mit Nachdruck auf die notwendige Fertigstellung der Rhein-Rhône-Verbindung hinzuweisen. Es handelt sich dabei um eine äußerst wichtige Achse, die die Verbindung Südfrankreichs und des westlichen Mittelmeeres mit dem Rhein-Main-Donau-Gebiet und so mit den neuen, sich entwickelnden Märkten in Mittel- und Osteuropa bis hin zum Schwarzen Meer ermöglicht. Ich halte dieses Programm für sehr vorrangig und hoffe, dass die im Rahmen dieses Programms vorgesehenen Mittel in erster Linie für die Fertigstellung dieser Verbindung eingesetzt werden, deren technische und ökologische Schwierigkeiten ich nicht verkenne, doch die mir nichtsdestoweniger als lösbar erscheinen.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Im Bericht Wortmann-Kool wird die aktive Förderung der Binnenschifffahrt gefordert, die gegenwärtig unterentwickelt ist.

Dieser sichere und umweltfreundliche Verkehrsträger mit viel freier Kapazität in seiner Infrastruktur kann zur Verkehrsverlagerung beitragen und die Stauprobleme mildern, unter denen andere Verkehrsträger leiden.

Ich denke auch, dass der Handelszuwachs seit der Erweiterung helfen wird, neue Märkte zu erschließen, wie etwa diese Verkehrsart.

Die Annahme von Maßnahmen zur Neuausrichtung des Verhältnisses zwischen unterschiedlichen Verkehrsarten ist von größter Bedeutung für die Zukunft einer nachhaltigen Verkehrspolitik. Deshalb bin ich ausdrücklich für einen Ausbau des Binnenwasserstraßennetzes, was von der Entwicklungsphase an alle strategischen Bereiche umfassen kann, die für die Optimierung der Entwicklung dieses Marktes wichtig sind.

Deshalb und unter Berücksichtigung der vielfältigen Merkmale des europäischen Territoriums muss auf jeden Fall ein geeigneter Rechtsrahmen geschaffen werden, der die Entwicklung von Märkten ermöglicht, was wiederum dazu beitragen kann, den Verkehr auf andere Beförderungsarten zu verlagern. Als portugiesischer Europaabgeordneter unterstütze ich darum dieses Programm, das nicht dem nationalen Eigeninteresse dient und das meiner Meinung nach eine positive Wirkung auf den Verkehrsmarkt in Portugal haben wird.

 
  
  

– Bericht Weiler (A6-0363/2006)

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Öffentlich-private Partnerschaften sind in den EU-Mitgliedstaaten sehr populär, und das Vereinigte Königreich ist, wohl zwangsläufig, europäischer Spitzenreiter darin. Leider aber sind sie ein schönfärberischer Ausdruck für die Privatisierung oder die Vorbereitung auf die Privatisierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen, die langfristig zum Verkauf an private Investoren angeboten werden, die dann damit Gewinn erzielen sollen. Dies, so die Befürworter, werde zu einem besseren Risikomanagement führen. Sie übersehen allerdings, dass Privatfirmen ihre Gewinne behalten und der Staat am Ende immer den Kopf hinhalten muss, wenn die Partnerschaft nicht mehr funktioniert oder nicht die Gewinne einbringt, die die privaten Unternehmen erwartet hatten. Das gilt durch die Bank und in so unterschiedlichen Bereichen wie der Auslagerung von Autobahnen, der Verwaltung von Krankenhäusern und der Einbindung von Investitionsvorhaben in den Anwendungsbereich der Strukturfonds.

Sie sind ein Instrument für die Auslagerung von Zuständigkeiten des Staates, und das ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar. Hinzu kommt, dass mit dieser Initiative rechtliche Regelungen auf Gemeinschaftsebene angestrebt werden. Deshalb haben wir keine andere Wahl als gegen den Bericht zu stimmen.

 
  
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  Jean-Claude Fruteau (PSE), schriftlich.(FR) Der heute zur Abstimmung vorgelegte Bereicht Weiler enthält eine Reihe von positiven Elementen für die Zukunft der öffentlich-privaten Partnerschaften, insbesondere im Hinblick auf das Grünbuch und die Mitteilung der Kommission KOM(2005)0569.

In diesem Zusammenhang begrüße ich die vorgeschlagene eindeutige Abgrenzung zwischen öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie die Forderung nach einer gesetzgeberischen Initiative im letztgenannten Bereich.

Ich bedaure zwar nachdrücklich, dass das Europäische Parlament diesen Ansatz nicht in Bezug auf die institutionellen öffentlich-privaten Partnerschaften weiterführen wollte, doch stellen die im Plenum angenommenen Änderungsanträge einen deutlichen Fortschritt in Richtung auf eine künftige Definition der Eigenerbringung (Inhouse-Dienstleistungen) dar, d. h. im Sinne einer Sicherung der Lage der europäischen Gebietskörperschaften.

Trotz seiner Unvollkommenheiten weist dieser Text meiner Meinung nach als Zwischenetappe eine Reihe von Fortschritten auf, die meine Zustimmung bei der Endabstimmung rechtfertigen, wobei es Aufgabe der Kommission sein wird, diese Fortschritte voll und ganz in ihre künftigen Vorschläge zu diesem Thema zu übernehmen.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI), schriftlich.(FR) Herr Präsident, sehr gehrte Kolleginnen und Kollegen! Der gemeinschaftliche Rechtsrahmen für öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) bedarf in der Tat einer Klarstellung. Doch bei dieser Klarstellung muss eine Reihe von Prinzipien berücksichtigt werden. Insbesondere darf sie sich nur auf die Partnerschaften zwischen öffentlichem und privatem Sektor beziehen. Sie muss weiterhin auf einer Abgrenzung zwischen Partnerschaften im Rahmen von Aufträgen und Partnerschaften im Rahmen von Konzessionen beruhen; zudem deren Besonderheiten berücksichtigen und somit auf jede neue spezifische Reglementierung der ÖPP verzichten; die freie Wahl der Organisationsform (Gründung von Unternehmen gemischtwirtschaftlicher Art oder anderer Rechtsform, Kontrollerwerb über ein Privatunternehmen durch eine öffentliche Struktur, Externalisierung usw.) durch die öffentlichen nationalen Behörden gewährleisten und schließlich die Vereinbarkeit jeglicher Gemeinschaftsinitiative mit den Erfordernissen der öffentlichen Versorgungsaufträge sichern.

All dies macht sicherlich nicht die Annahme neuer zwingender Rechtsakte erforderlich. Da das Tätigwerden der Europäischen Union in diesem Bereich unvermeidlich erscheint, sollten wir zumindest dafür sorgen, dass es nicht zur Schaffung einer weiteren bürokratischen Maschinerie führt, für die das Brüsseler Europa das Geheimrezept zu haben scheint.

 
  
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  Diamanto Manolakou (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Öffentlich-private Partnerschaften bilden die Hintertür, durch die der öffentliche Dienstleistungssektor dem Privatkapital zugänglich gemacht und ihm überlassen werden kann. Sie sind der Hauptweg, auf dem sich das europäische Kapital öffentliche Infrastrukturen und Dienstleistungen aneignen und Hindernisse und Probleme, die sich ihm entgegenstellen, umgehen kann.

Zugleich dienen sie als der Mechanismus, mit dem das Gewissen abgekauft, die Volksbewegung desorientiert und die Unterstützung für den öffentlichen Sektor reduziert wird, indem – insbesondere auf der lokalen Verwaltungsebene – Leistungen der Daseinsvorsorge schrittweise privatisiert und kommerzialisiert werden. Das Ziel besteht darin, den Profit des Großkapitals zu steigern und die Ausbeutung zu intensivieren.

Das im Bericht bekundete Anliegen, die Nutzung von ÖPP an Bedingungen zu knüpfen und einer demokratischen Kontrolle zu unterwerfen, ist lediglich als Vorwand und Wunschkatalog zu werten, mit deren Hilfe es letztendlich möglich sein wird, die Dienstleistungen generell und in zunehmenden Maße der Kontrolle des Privatkapitals zu überlassen, was negative Folgen für die Arbeitnehmer haben wird, die im Bericht selbst offensichtlich verschleiert werden.

Der springende Punkt ist nicht, wie die Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge angewendet werden und welche Form die Franchiseverträge haben werden, sondern dass die Verwaltung und die Preisgabe gesellschaftlichen Reichtums mit einem Angriff auf die Rechte der Arbeitnehmer einhergehen, der den Profitinteressen des Kapitals dient.

Wir haben gegen den Bericht gestimmt und rufen die Völker auf, sich dem umfassenden Frontalangriff des Kapitals und der Politik der EU entgegenzustellen.

 
  
  

– Bericht Schroedter (A6-0308/2006)

 
  
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  Marian Harkin (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte meine Erklärung zur Abstimmung über Ziffer 4 des Berichts Schroedter über die Entsendung von Arbeitnehmern abgeben.

Ich unterstütze den Vorschlag für eine Richtlinie über die erforderlichen Bedingungen für die Schiffsbesatzungen, die regelmäßige Passagier- und Frachtumladedienste zwischen den Mitgliedstaaten verrichten. Es hat mich besonders gefreut zu sehen, dass das Hohe Haus da meiner Meinung ist.

Ich unterstütze den Vorschlag aufgrund der Erfahrungen, die wir in Irland mit dem Schicksal der Besatzungen von Irish Ferries und mit dem Schicksal der Arbeitnehmer – die meisten von ihnen aus dem Ausland – gemacht haben, die diese Besatzungen dann ersetzt haben. Es gab einen belegten Fall – und das vor nicht allzu langer Zeit, Herr Präsident –, wo ein bestimmter Arbeitnehmer einen Stundenlohn von etwa 1 Euro erhielt. Es sei darauf verwiesen, dass der irische Mindestlohn bei über 8 Euro pro Stunde liegt.

Die Kündigungen waren erzwungen, sie erfolgten nicht freiwillig, denn die Alternative, die auf dem Tisch lag, hätte drastische Lohnkürzungen und eine signifikante Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bedeutet. Die freien Stellen, die durch die erzwungenen Kündigungen entstanden, wurden zum großen Teil mit ausländischen Arbeitnehmern besetzt, von denen viele die Hälfte des irischen Mindestlohns verdienen. In dieser Situation werden einfach alle Arbeitnehmer ausgebeutet; es gibt keinen Schutz, die Situation fördert die Fremdenfeindlichkeit und entspricht auf jeden Fall dem ruinösen Wettbewerb, den man „race to the bottom“ nennt.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Die Grundprinzipien der EU hinsichtlich der Freizügigkeit von Personen und des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Europäischen Union verbieten jegliche Diskriminierung aufgrund der Nationalität von Arbeitnehmern aus anderen Mitgliedstaaten bei Beschäftigung, Entlohnung und anderen arbeitsbedingten Angelegenheiten.

Wie sieht es jedoch in Wirklichkeit aus? Einige Mitgliedstaaten halten nach wie vor an den Übergangsphasen fest, die für die Schaffung der Arbeitsmärkte gelten. Die Entsenderichtlinie steht in engem Zusammenhang mit der Dienstleistungsrichtlinie, und ungeachtet der intensiven und gerechtfertigten Bemühungen der Parlamentsabgeordneten aus den neuen Mitgliedstaaten hat das Europäische Parlament in erster Lesung die Artikel 24 und 25 im Entwurf der Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt gestrichen.

Nach unserem Dafürhalten sind diese Artikel äußerst bedeutsam, da das der Entsenderichtlinie zugrunde liegende Konzept in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgelegt wird und die Arbeitnehmer im Allgemeinen ihre Rechte, wie sie durch die Richtlinie garantiert werden, nicht kennen. Leider muss ich konstatieren, dass Leitlinien der Kommission die Hindernisse für die Freizügigkeit von Arbeitnehmern und Dienstleistungen nicht beseitigen können und daher auch nicht die Probleme lösen können, denen sich Unternehmen und Arbeitnehmer in den Mitgliedstaaten aufgrund der unzureichenden Umsetzung der Entsenderichtlinie gegenübersehen.

Ich habe gegen den Bericht Schroedter gestimmt, weil darin nicht die wesentlichen Änderungen aufgenommen wurden, die die Gewährleistung größerer Mobilität innerhalb des gemeinschaftlichen Arbeitsmarktes zum Ziel haben. Ich befürchte, dass die von der Berichterstatterin vertretene Auffassung der Arbeitsplatzschaffung unnötige Hindernisse in den Weg legt und zu einem Misserfolg unserer Bemühungen führt, den Binnenmarkt für Dienstleistungen voll funktionsfähig zu machen.

 
  
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  Richard Corbett (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich dachte, es würde Sie vielleicht interessieren, dass ich für die Entschließung gestimmt habe, die wir auf der Grundlage des Berichts Schroedter vom Ausschuss für Beschäftigung angenommen haben, denn ich bin der Meinung, dass der Tenor des Berichts – nämlich dass wir eine bessere Umsetzung der bereits vorhandenen Gesetze brauchen, statt neue Gesetze einzuführen – zum jetzigen Zeitpunkt richtig ist.

Dennoch glaube ich, dass wir zu gegebener Zeit – dann, wenn wir beurteilen können, ob es uns in nächster Zukunft gelungen ist, diese Gesetze besser anzuwenden – zu der Frage zurückkehren müssen, ob die ursprüngliche Richtlinie einer Änderung, Aktualisierung oder sonstigen Verbesserung bedarf.

 
  
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  Philip Bushill-Matthews (PPE-DE), schriftlich. (EN) Wenn Unternehmen eines Landes bei ihnen beschäftigte Arbeitnehmer auf legalem Weg zur Arbeit in ein anderes EU-Land entsenden wollen, dann sollte das damit verbundene Verfahren einfach sein und nicht durch noch mehr Bürokratie verkompliziert werden. Das Hohe Haus sollte solchen Verfahren, die vom Europäischen Gerichtshof als illegal und von der Kommission als unverhältnismäßig angesehen werden, nicht zustimmen. Der Bericht Schroedter über die Entsendung von Arbeitnehmern fordert mehr Bürokratie, z. B. Voraberklärungen der Unternehmen, die die Entsendung von Arbeitnehmern planen, und die Vorschrift, genaue „time sheets“ zu führen usw. Solche Verfahren sind unverhältnismäßig, fördern den Protektionismus und unterlaufen die Dienstleistungsrichtlinie. Diese Botschaft widerspricht der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung, der die EU verpflichtet ist.

Der Text der Kommission ist vernünftig und praktikabel. Mit diesem sozialdemokratischen Bericht wird jedoch versucht, dem Text eine falsche Richtung zu geben. Vor diesem Hintergrund konnten die britischen Konservativen diesen Bericht nicht unterstützen.

 
  
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  Hélène Goudin (IND/DEM), schriftlich. (SV) Der Bericht unterstreicht, dass die Entsenderichtlinie nicht von allen Mitgliedstaaten vollständig umgesetzt worden ist. Daher müssen eine Reihe von Maßnahmen ergriffen werden, damit die Mitgliedstaaten wirklich Mindestnormen für den Arbeitsschutz und die Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern garantieren können, die zeitweilig in einem anderen EU-Land arbeiten. Die Juniliste ist dafür, die Vorschriften des Aufnahmelandes für in anderen Mitgliedstaaten tätige Arbeitnehmer gelten zu lassen. Das ist eine der Fragen, die wir bereits in den Aussprachen zur Dienstleistungsrichtlinie deutlich gemacht haben. Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen habe ich für den Bericht in seiner Gesamtheit gestimmt.

 
  
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  Marian Harkin (ALDE), schriftlich. (EN) Ich möchte eine kurze Erklärung zu Ziffer 4 der Originalfassung des Berichts Schroedter zu der Anwendung der Richtlinie 96/71 über die Entsendung von Arbeitnehmern abgeben. Ich unterstütze den Vorschlag für eine Richtlinie über die erforderlichen Bedingungen für die Schiffsbesatzungen, die regelmäßige Passagier- und Frachtumladedienste zwischen den Mitgliedstaaten verrichten. Ich unterstütze den Vorschlag aufgrund der Erfahrungen, die wir in Irland mit dem Schicksal der Besatzungen von Irish Ferries und mit dem Schicksal der Arbeitnehmer – die meisten von ihnen aus dem Ausland – gemacht haben, die diese Besatzungen dann ersetzt haben. Es gab einen belegten Fall, wo ein bestimmter Arbeitnehmer, ein Friseur, einen Stundenlohn von etwa 1 Euro erhielt, und es sei darauf verwiesen, dass der irische Mindestlohn bei über 8 Euro pro Stunde liegt. Nach den Kündigungen – und diese waren erzwungen, sie erfolgten nicht freiwillig, denn die Alternative, die auf dem Tisch lag, hätte drastische Lohnkürzungen und eine signifikante Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bedeutet – wurden die freien Stellen, die durch die erzwungenen Kündigungen entstanden, zum großen Teil mit ausländischen Arbeitnehmern besetzt, von denen viele die Hälfte des irischen Mindestlohns verdienen. In dieser Situation werden einfach alle Arbeitnehmer ausgebeutet; es gibt keinen Schutz, die Situation fördert die Fremdenfeindlichkeit und sie entspricht auf jeden Fall dem ruinösen Wettbewerb, den man „race to the bottom“ nennt.

 
  
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  Marie-Noëlle Lienemann (PSE), schriftlich.(FR) Die Berichterstatterin will völlig zu Recht die leider chronischen liberalen Überspitzungen der Europäischen Kommission verhindern.

Es ist unannehmbar, dass die Kommission versucht hat, in ihrer Mitteilung das Herkunftslandsprinzip wieder einzuführen, obwohl es von Parlament mit der Abstimmung über die Dienstleistungsrichtlinie abgelehnt worden war. Ich schließe mich der Berichterstatterin in der Forderung an, dass diese Richtlinie möglichst rasch angewendet und strikt kontrolliert werden muss und dass Geldbußen eingeführt werden.

Die Kommission muss die Rechtsprechung des Gerichthofes beachten, nach der ein Unterschied zwischen selbständigen und entsandten Beschäftigten besteht und die den letzteren die Anwendung günstigerer Sozialstandards garantiert.

 
  
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  Diamanto Manolakou (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) All das, was aus der ersten Entschließung zur Bolkestein-Richtlinie ausgeklammert wurde, wird in den Leitlinien der Europäischen Kommission zur Durchführung der Richtlinie 96/71 über die Entsendung von Arbeitnehmern wieder aufgegriffen, um das Verbrechen gegen die Arbeiterklasse perfekt zu machen. Unter Hinweis auf die Spruchpraxis des Gerichtshofs bemüht sich die Kommission weiter darum, selbst diese mangelhaften und beschränkten Schutzvorschriften, die von den Arbeitnehmern erkämpft worden sind, aufzuheben und sämtliche Kontrollen entsandter Arbeitnehmer durch das Gastland abzuschaffen, wodurch die Tarifverträge und die sozialen Rechte der Arbeitnehmer generell untergraben werden.

Die politischen Sprachrohre des europäischen Kapitals (die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten sowie die Sozialdemokraten und die Liberalen), die im Februar 2006 im Europäischen Parlament für die Bolkestein-Richtlinie stimmten, geben bei ihrem neuen inakzeptablen Kompromiss im Bericht über die Mitteilung der Kommission halbherzige Empfehlungen von sich und erleichtern damit die Bemühungen der EU, die Arbeiterbewegung unter Kontrolle zu bekommen. Wieder einmal stellen sie sich in den Dienst von Monopolgruppen, deren Bestrebungen darauf gerichtet sind, ihre Profite durch die maßlose Ausbeutung der Arbeiterklasse zu steigern.

Die Verschärfung des Kampfes der Arbeiterklasse und der Arbeitnehmer generell, der sich gegen die gesamte volksfeindliche Politik der EU richtet, ist eine dringende Notwendigkeit und der einzige Weg, um den heutigen Erfordernissen der Arbeiterklasse und der Arbeiterfamilien gerecht zu werden.

 
  
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  Claude Moraes (PSE), schriftlich. (EN) Die Fraktion der Labour-Partei im Europäischen Parlament (EPLP) hat für den Bericht Schroedter zu der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern gestimmt, da die Umsetzung dieses wichtigen Gesetzes verbessert werden muss, um die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu fördern.

Die EPLP berücksichtigt dabei jedoch die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten über verschiedene Durchsetzungsmechanismen verfügen und dass es zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten Unterschiede geben kann, z. B. was die Informationsbestimmungen betrifft. Alle Vorschriften müssen verhältnismäßig und gerechtfertigt sein. Wichtig ist, dass dieses Gesetz keine unnötigen Belastungen für Unternehmen mit sich bringt und nicht mit dem Recht ausländischer Dienstleistungsanbieter auf Entsendung von Arbeitnehmern kollidiert.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. (NL) Die Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern ist ein wichtiger Meilenstein in der europäischen Arbeitsgesetzgebung. Der Bericht Schroedter stellt die Probleme bei der Anwendung der Richtlinie heraus und reagiert damit auf eine Mitteilung der Kommission die bereits 2004 zugesagt worden war, aber erst im April 2006 erschien , in der die Kommission versucht hat, die den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden Kontrollmaßnahmen mit einem Hinweis auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zu beschränken.

Der Bericht Schroedter bringt die wirtschaftliche Liberalisierung und den sozialen Schutz wieder miteinander ins Gleichgewicht. Dementsprechend können bestimmte administrative Maßnahmen (beispielsweise Sozialversicherungskontrolle in Sachen Scheinselbstständigkeit, Tarifverträge) nicht mehr als Einschränkung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern auf den Arbeitsmärkten der EU angesehen werden, eine Auffassung, die auch vom Gerichtshof geteilt wird.

Die Bedingungen im Hinblick auf Mindestlohnsätze, Arbeitsbedingungen, Sicherheit und Gesundheitsschutz sowie das Gastlandprinzip gelten als entscheidende Instrumente zur Verhinderung von Sozialdumping und unlauterem Wettbewerb. Zudem stellen sie eine faire Behandlung von Arbeitnehmern und Dienstleistern sicher. Dank dieses Berichts erfährt der neoliberale Kurs, den Europa schon seit Jahren fährt, eine sozialere Wende. Das Europäische Parlament muss seiner Verantwortung für den sozialen Schutz von Arbeitnehmern gerecht werden, und daher unterstütze ich den Bericht Schroedter.

 
  
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  Konrad Szymański (UEN), schriftlich. (PL) Der Bericht Schroedter über die Umsetzung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern höhlt all die wertvollen Festlegungen in den Leitlinien der Europäischen Kommission für die Entsendung von Arbeitnehmern aus, die nach dem Kompromiss zur Dienstleistungsrichtlinie verabschiedet wurden. Politisch gesehen wird dieser so schwer erstrittene Kompromiss damit wieder zurückgenommen.

Das Anliegen der Europäischen Kommission war es, in einem nicht bindenden Dokument die Obergrenzen für den Sozialschutz und die administrative Reglementierung des Marktes aufzuzeigen, die von den Mitgliedstaaten nicht überschritten werden dürfen, wenn es zu keiner Einschränkung des Grundsatzes der Dienstleistungsfreiheit kommen soll (bis zum Inkrafttreten der Dienstleistungsrichtlinie bildet die Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern die wichtigste Rechtsgrundlage für den Dienstleistungsmarkt).

Der Bericht des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten untergräbt alle wichtigen Festlegungen in den vorgenannten Leitlinien für die Entsendung von Arbeitnehmern. Damit wird der haarsträubende Status quo auf dem Dienstleistungsmarkt verteidigt, wo Unternehmen aus den neuen Mitgliedstaaten von der Verwaltung systematisch schikaniert werden, um den Wettbewerb einzuschränken. Das ist ein klarer Fall von Protektionismus, auch wenn es im Namen der Arbeitnehmer und des Sozialschutzes geschieht.

 
  
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  Bernadette Vergnaud (PSE), schriftlich.(FR) Es ist eine Tatsache: Die Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern ist in einigen Mitgliedstaaten nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden und erfüllt ihre Ziele nicht. Dies ist zurückzuführen auf die Unterschiede in der Auslegung bestimmter Schlüsselbegriffe (Arbeitnehmer, Mindestlohn, Vergabe von Unteraufträgen), auf die Schwierigkeiten bei der Kontrolle der Einhaltung der Richtlinie sowie auf die Schwierigkeiten beim Zugang sowohl von Arbeitnehmern als auch von KMU zu Informationen.

Um über ein effizientes System der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu verfügen, ist es erforderlich, die Einbeziehung der Sozialpartner zu verstärken, die entsandten Arbeitnehmer besser über ihre Rechte zu informieren und Ansprechpartner für die Unternehmen, speziell die KMU und die Handwerksbetriebe, zu benennen.

Des Weiteren muss die Europäische Kommission jetzt an konstruktiven Lösungen arbeiten, um den unlauteren Wettbewerb auszuschalten, der sich in „Briefkastenfirmen“ oder der doppelten Entsendung von einem Land zum anderen zeigt, sowie um dem Sozialdumping ein Ende zu bereiten, das aus der verdeckten Entsendung von Arbeitnehmern, insbesondere von „Scheinselbständigen“, entsteht.

Es geht nicht darum, den Besitzstand der Richtlinie zu verändern, sondern sie zu verbessern. Daher habe ich für den Initiativbericht von Frau Schroedter gestimmt.

 
  
  

– Bericht Berès (A6-0349/2006)

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Das Parlament hat sein jährliches Ritual der Ratifizierung der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) eingehalten. Obwohl im Bericht gefordert wird, bei der Anhebung der Zinssätze und bei Investitionen Vorsicht walten zu lassen, liegen seine Hauptschwerpunkte in der Preisstabilität und der Haushaltskonsolidierung, was das Wirtschaftswachstum, die Beschäftigung und die Kaufkraft der Menschen gemessen an ihrem Verdienst untergraben wird. Während im Gegensatz zum grundlegenden Ziel der EZB wirtschaftliche und soziale Belange im Vordergrund stehen sollten, lautet hier das Rezept „weiter wie bisher“, also Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt und in den sozialen Sicherungssystemen, und das kommt nicht überraschend.

Wenn im Bericht festgestellt wird, dass sich das Ernennungsverfahren für das Direktorium bewährt habe und dass dessen Mitglieder nicht nach ihrer Nationalität ausgewählt werden sollten, dann wird dabei übersehen, dass dieses Verfahren stets auf der Grundlage der Rotation zwischen den Nationalitäten der großen EU-Mächte abläuft. In einem 2003 beschlossenen Rotationssystem im Direktorium wirkt sich das im Endergebnis so aus, dass die kleinen Länder von der Abstimmung über geldpolitische Entscheidungen ausgeschlossen werden. Das Parlament hat erklärt, es lehne einen solchen Zustand ab, weil er kompliziert und ungerecht sei, und hat stattdessen ein Direktorium mit lediglich neun Mitgliedern vorgeschlagen. Es ist nicht schwer zu erraten, wer drin und wer draußen sein wird. Aus all diesen Gründen können wir nur dagegen stimmen.

 
  
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  Bruno Gollnisch (NI), schriftlich.(FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Bericht von Frau Berès belegt meiner Meinung nach, dass die von der EZB betriebene Geldpolitik gescheitert ist. Offen gesagt, sind die einzigen wirklich positiven Neuigkeiten, die er enthält, der von der Bank erzielte Gewinn sowie die Tatsache, dass es ihr gelingt, zumindest innerhalb der eigenen vier Wände Arbeitsplätze zu schaffen, denn die Zahl ihrer Beschäftigten ist (obwohl nur Gott allein weiß, was diese tun) innerhalb von sieben Jahren um 86 % gestiegen.

Wir sind heute so weit, dass die Berichterstatterin fordert, um die Akzeptanz des Euro bei den europäischen Bürgern zu steigern, die Abbildungen von nicht existierenden Brücken auf den Banknoten durch reale Persönlichkeiten, Landschaften oder Denkmäler, die in der Kultur unseres Kontinents verankert sind, zu ersetzen.

Meine Kollegen von der Front National und ich hatten schon vielfach Gelegenheit, hier darzulegen, was wir genau von dieser Politik halten, von ihren katastrophalen Auswirkungen auf die Beschäftigung und die Kaufkraft der europäischen Bürger, von ihrer Konzentration auf finanzielle statt auf wirtschaftliche Ziele, von dem verhängnisvollen Fehlen einer Wechselkurspolitik sowie gegenwärtig von ihrer Politik der Zinserhöhungen, die das Wachstum noch mehr behindern wird. Unsere Meinung hat sich nicht geändert.

 
  
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  Hélène Goudin (IND/DEM), schriftlich. (SV) In einem Referendum hat das schwedische Volk die Einführung des Euro mit großer Mehrheit abgelehnt. Ich unterstütze diese Position rückhaltlos. Der Bericht ist von einer Euro-Propaganda durchzogen, die ich nicht mittragen kann. In Ziffer 26 werden Maßnahmen vorgeschlagen, die eine Distanzierung der Europäer gegenüber dem Euro verhindern sollen. Ziffer 27 enthält Propaganda für die Verfassung. Ich wende mich gegen Formulierungen dieser Art und habe daher gegen den Bericht in seiner Gesamtheit gestimmt.

 
  
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  Timothy Kirkhope (PPE-DE), schriftlich. (EN) Die Politik der konservativen Partei im Zusammenhang mit dem Euro ist eindeutig: Wir sind fest entschlossen, das Pfund zu behalten. Da jedoch die Europäische Union im Allgemeinen und der Euroraum im Besonderen unsere größten Handelspartner sind, haben wir immer ein wachsames Auge darauf, dass der Euro stabil bleibt, da dies direkten Einfluss auf den Wohlstand in Großbritannien hat. Wir behalten uns deshalb das Recht vor, unsere Meinung zu äußern, wenn wir glauben, dass auf die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank ungerechtfertigter politischer Druck ausgeübt wird. Im vergangenen Jahr, als die Zinssätze von ihrem historischen Tiefststand angehoben wurden, geriet die EZB unter politischen Beschuss, und es wurde ein Versuch gestartet, sich mit diesem Bericht in das Management der Bank einzumischen. Zum Glück respektiert der Bericht in seiner endgültigen Fassung die Unabhängigkeit der EZB, und wir haben deshalb den ungewöhnlichen Schritt getan, ihn zu billigen, um unserer Entschlossenheit für eine gesunde Währungspolitik Ausdruck zu verleihen.

 
  
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  Carl Lang (NI), schriftlich.(FR) Seit der Einführung des Euro vor sieben Jahren hat sich die Kaufkraft der Europäer beträchtlich verringert. Im Euro-Währungsgebiet ist eine reale Verteuerung für Güter des täglichen Bedarfs und im Freizeitbereich zu verzeichnen sowie aufgrund einer mangelhaften Überwachung spekulativer Fonds eine noch ausgeprägtere Teuerungstendenz im Mietbereich festzustellen. Ganz abgesehen von ihrer hohen Verschuldung sind somit die arbeitenden und die mittleren Schichten am härtesten betroffen.

Das Wirtschaftswachstum im Euro-Währungsgebiet ist sogar zurückgegangen. So ist das mengenmäßige Wachstum des BIP von +1,8 % im Jahr 2004 auf +1,4 % im Jahr 2005 gesunken. Die Aussichten für 2007-2013 sind noch beunruhigender, da der Euro ein noch größeres Risiko für das europäische Wachstum darstellen wird, sobald der Wechselkurs zum Dollar zu günstig wird.

Diese Bank, deren Grundlagen und Philosophie von Europabesessenheit geprägt sind, weist nicht nur ein demokratisches Defizit und einen wirklichen Mangel an Transparenz auf, sondern trägt auch dazu bei, dass keines der wirtschaftlichen und sozialen Ziele der Europäischen Union erreicht werden wird. Aus diesen Fakten geht eindeutig hervor, dass es besser ist, das Euro-Währungsgebiet zu verlassen, und dass die Nationen ihre wirtschafts-, sozial- und geldpolitischen Entscheidungsbefugnisse in einem freien Europa wiedererlangen müssen, in dem der Schutz der nationalen und gemeinschaftlichen Präferenz Vorrang genießt.

 
  
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  Peter Skinner (PSE), schriftlich. – (EN) Obwohl ich den Tenor dieses Berichts unterstützen könnte, insbesondere den Teil, in dem es um Transparenz und Überprüfung geht, gibt es ein Thema, das meines Erachtens besondere Umsicht verdient – die Hedge-Fonds.

Es ist für alle zentralen Währungsbehörden angebracht, bei den Hedge-Fonds besonders wachsam zu sein. Dennoch ist die Forderung von Nachforschungen zur Förderung der Regulierung verfrüht. Es könnte sein, dass die Notwendigkeit der Regulierung in keinem Verhältnis zur potenziellen Bedrohung steht, die von solchen Fonds auszugehen scheint.

 
  
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  Sahra Wagenknecht (GUE/NGL), schriftlich. Preisstabilität, das sei ihr Beitrag zu mehr Arbeitsplätzen und mehr Wachstum, argumentiert die EZB immer wieder. Preisstabilität existiert im Euroraum. Aggregierte Preissteigerungsraten unter 2 Prozent bedeuten in nicht wenigen Sektoren sogar deflationäre Entwicklungen. Sobald jedoch auch nur der zarteste Anflug wirtschaftlicher Erholung im Euroraum erkennbar ist, kennt die EZB, blind fixiert auf Preisstabilität, nur eine Antwort: Die Zinsen erhöhen. Obwohl nicht das geringste Anzeichen inflationärer Tendenzen erkennbar ist. Obwohl unverändert Massenarbeitslosigkeit herrscht und die Löhne weniger steigen als die Produktivität, was auf Dauer zu gravierenden volkswirtschaftlichen Ungleichgewichten führen muss. Obwohl selbst die Kapitalmärkte mit extrem niedrigen Langfrist-Zinsen signalisieren, dass sie in Zukunft weder einen stärkeren Anstieg der Preise noch eine nachhaltige Wirtschaftserholung erwarten. Und blickt man über den Atlantik, haben sie auch wenig Grund dazu.

Der vorliegende Bericht in seiner ursprünglichen Form hatte den Mut zu kritischen Positionen. Leider ist nach der Abstimmung im Ausschuss für Wirtschaft und Währung davon nur noch wenig übrig geblieben. Dabei wären kritische Worte mehr als nötig.

Wir brauchen in Europa endlich eine andere Geldpolitik. Eine, die sich statt von monetaristischen Dogmen von gesellschaftspolitischer Verantwortung leiten lässt. Eine, die die Interessen der großen Mehrheit der Europäer und nicht nur die der Finanzhaie und des europäischen Geldadels vertritt.

 
  
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  Der Präsident. Die Erklärungen zu den Abstimmungen sind geschlossen.

 

8. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
  

(Die Sitzung wird um 13.50 Uhr unterbrochen und um 15.05 wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 

9. Zusammensetzung der Ausschüsse und der Delegationen: siehe Protokoll

10. Übermittlung von Gemeinsamen Standpunkten des Rates: siehe Protokoll

11. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll

12. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Debatte über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit.

 

12.1. Tibet
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die sechs Entschließungsanträge zu Tibet(1).

 
  
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  Adam Jerzy Bielan (UEN), Verfasser. (PL) Herr Präsident! China hält Tibet seit über 50 Jahren besetzt. Die chinesischen Behörden betreiben eine Politik der Diskriminierung und Verfolgung, die darauf gerichtet ist, die Tibeter in ihrem eigenen Land an den Rand zu drängen. Erst vor Kurzem hat die chinesische Armee einen weiteren brutalen Mord begangen, als sie eine wehrlose tibetische Nonne tötete, die die Grenze zu Nepal passierte. China leugnet die Schüsse auf tibetische Flüchtlinge, die nach Nepal gelangen wollten, aber der ganze Vorfall wurde gefilmt.

Das Hohe Haus darf diesen jüngsten Geschehnissen nicht schweigend und gleichgültig gegenüberstehen. Die Politik der Gewalt und Unterdrückung, die die chinesischen Behörden dem tibetischen Volk gegenüber verfolgen, darf nicht länger toleriert werden.

Ich fordere die Regierung der Volksrepublik China hiermit auf, der Verletzung der Menschenrechte des tibetischen Volkes und anderer Minderheiten ein Ende zu setzen. Ich appelliere außerdem an die chinesische Regierung, die Achtung des Völkerrechts, der internationalen Menschenrechtsnormen und der Religionsfreiheit zu gewährleisten. Sie muss Tibet echte Autonomie und dem tibetischen Volk Religions- und Bildungsfreiheit garantieren.

Ich fordere die Regierung der Volksrepublik China ebenfalls auf, den mit Vertretern des Dalai Lama eingeleiteten Dialog zu beschleunigen und unverzüglich nach einer Lösung für die tibetische Frage zu suchen, die für beide Seiten akzeptabel ist.

 
  
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  Eva Lichtenberger (Verts/ALE), Verfasserin. – Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Ereignisse vom 30. September an der Grenze wurden von den Vertretern Chinas so dargestellt, als hätte eine Gruppe von Tibetern sie attackiert, und sie hätten sich mühsam wehren müssen.

Diesmal existiert – im Unterschied zu vielen anderen Fällen – ein Video, das ganz klar das Gegenteil belegt. Dieses Video belegt, dass keine Attacke der tibetischen Flüchtenden stattgefunden hat, dass es sich im Gegenteil um eine Gruppe von Jugendlichen, Kindern, Nonnen und Mönchen handelte, die versucht haben, die Grenze zu überqueren. Die Darstellung der Chinesen in diesem Zusammenhang ist von der Europäischen Union strikt zurückzuweisen! Und es ist Aufklärung zu fordern!

Aufklärung ist auch darüber zu fordern, was mit den Kindern, die von den chinesischen Truppen in Gewahrsam genommen wurden, geschehen ist, was jetzt die Situation dieser Kinder und Flüchtlinge ist und wie solche Situationen an der Grenze im Regelfall gehandhabt werden. Wir als Europäische Union müssen klar und deutlich zum Ausdruck bringen, dass eine Autonomie Tibets innerhalb der Grenzen Chinas – aber eine verwirklichte Autonomie – so realisiert werden sollte, wie es mit dem „Mittleren Weg“ des Dalai Lama vorgeschlagen wird.

 
  
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  Thomas Mann (PPE-DE), Verfasser. – Herr Präsident! Erneut kam es zu einem tödlichen Zwischenfall an der chinesisch-nepalesischen Grenze. Als am 30. September eine Gruppe von Tibetern über den Nangpa-Pass nach Nepal flüchten wollte, eröffneten chinesische Grenzposten das Feuer auf diese unbewaffneten Zivilisten. Die 17jährige Nonne Kelsang Namtso wurde getötet, es gab viele Verletzte, 30 Personen wurden verhaftet, darunter Frauen und neun Kinder.

Ich stimme meinen Vorrednern zu: Dieses Drama wäre nie ans Tageslicht gekommen, wenn nicht zufällig ein rumänisches Kamerateam vor Ort gewesen wäre, das das Geschehen filmte. Die Bilder liefen zur Hauptsendezeit im niederländischen Fernsehen. Trotz des Dokuments behauptet Peking, es habe keine Toten, nur Verletzte gegeben, überdies hätten die Tibeter das Feuer eröffnet und die Chinesen seien gezwungen gewesen, sich zu verteidigen.

Wir verurteilen das brutale Vorgehen der chinesischen Sicherheitskräfte und fordern die Behörden auf, die Gefangenen menschenwürdig zu behandeln und internationale Vereinbarungen einzuhalten. China hat der UN-Charta zu den Rechten des Kindes zugestimmt, die Minderjährige vor staatlicher Willkür und Verhaftungen schützt.

Die Vorfälle am Nangpa-Pass müssen schnellstmöglich untersucht werden, und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Diese Übergriffe auf wehrlose Zivilisten gehören auf die Tagesordnung des nächsten EU-China- Menschenrechtsdialogs.

Ich fordere die Vertreter der Kommission auf, sich ein eigenes Bild von den Vorkommnissen zu machen. Suchen Sie das Tibetan Welfare Centre in Kathmandu auf, das wir als Ad-hoc-Delegation des Europäischen Parlaments auf unserer Reise nach Nepal im Juli besucht haben. Fragen Sie die dort eintreffenden Flüchtlinge nach ihren qualvollen Erfahrungen! Werden Sie aktiv!

(Beifall)

 
  
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  Erik Meijer (GUE/NGL), Verfasser. – (NL) Herr Präsident! Dieses Parlament bringt zu Recht einmal mehr seine Entrüstung zum Ausdruck, und erwartungsgemäß wird dies leider noch viel öfter geschehen müssen. Die Lage in Tibet wird eher schlechter als besser, und vielleicht haben wir tatsächlich Schuld daran. Schon vor 1951 akzeptierten die europäischen Länder, dass Tibet zu China gehören sollte, obgleich dies auf Landkarten nicht verzeichnet war. Daran änderte sich nichts, als die Volksrepublik China in den 50er Jahren dieses unwirtliche Gebiet tatsächlich unter Kontrolle brachte und der Dalai Lama nach Indien flüchtete.

Mittlerweile ist Tibet von China aus über die höchste Eisenbahnlinie der Welt besser zu erreichen. Ausländische Bergsteiger waren kürzlich Zeuge, wie schamlos auf Einwohner geschossen wurde, die versuchten, aus dem Land zu flüchten. Die Regierung und wahrscheinlich die Mehrheit der chinesischen Öffentlichkeit betrachten Tibet vor allem als Region, die nach wie vor praktisch leer ist und die von Chinesen aus den am dichtesten bevölkerten Gebieten kolonisiert werden muss. Da die chinesische Wirtschaft mehr denn je mit der europäischen Wirtschaft verwoben ist, besitzt Europa ein mächtiges Druckmittel. Es stellt sich die Frage, ob wir dieses Instrument nutzen wollen. Die Unterdrückung wird anhalten, wenn wir keinen Druck ausüben.

 
  
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  Marios Matsakis (ALDE), Verfasser. (EN) Herr Präsident! Die Besetzung Tibets durch Chinas Kommunisten ist seit langem eine Geißel für die Demokratie und eine offene Wunde an den Grundsätzen von Recht und Freiheit. Immer wieder haben wir die völlig unentschuldbare und brutale Art und Weise, in der das chinesische Regime eine kleine friedliebende Nation in der Abgeschiedenheit des „Dachs der Welt“ behandelt, scharf verurteilt.

Bei den jüngsten Vorfällen eröffneten die chinesischen Besatzungstruppen das Feuer auf eine Gruppe unbewaffneter, wehrloser Zivilisten, die verzweifelt versuchte, über den in fast 5800 Metern Höhe gelegenen Gletscherpass Nangpa aus ihrem Land zu fliehen. Zu der Gruppe gehörten viele Frauen und Kinder. Eine 17-jährige Nonne wurde getötet, ein 20-Jähriger erlitt schwere Verletzungen, einige Personen werden vermisst und neunundzwanzig Menschen einschließlich vierzehn Kinder wurden verhaftet. Einigen gelang es, ins benachbarte Nepal zu entkommen. Zum Glück wurde der Vorfall von einigen ausländischen Bergsteigern beobachtet, deren unabhängige und zuverlässige Berichte einschließlich eines Videos im absoluten Widerspruch zu den lächerlichen Lügen über die Ereignisse stehen, die in einer offiziellen Erklärung der chinesischen Regierung enthalten sind.

Wir in Europa äußern uns oft, wenn es um die Verurteilung von Handlungen totalitärer oder unterdrückerischer Regimes geht, doch in der Praxis reichen unsere Taten nicht an unsere strengen Worte heran. Abgesehen davon, dass das bedauerlich ist, ist es meiner Meinung nach auch sehr heuchlerisch. Der kolonialen Besetzung Tibets durch China muss, wie überhaupt jeglicher kolonialer Besetzung eines Landes durch ein anderes, unverzüglich ein Ende bereitet werden. Um zu zeigen, dass wir es ernst meinen, müssen wir spürbare Maßnahmen gegen China ergreifen. Ja, wir haben ein Waffenembargo gegen dieses Land, aber dessen Wirkung ist gering. Wirklich effektiv wäre ein Einfuhrverbot für Waren aus China; das würde den kommunistischen Führern in Peking wirklich Kopfschmerzen bereiten und hätte einige vernünftige Antworten auf unsere Forderung nach Freiheit für Tibet zur Folge.

(Beifall)

 
  
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  Piia-Noora Kauppi, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Es ist klar, dass mutige Maßnahmen notwendig sind, um die Menschenrechtslage in China zu verbessern. Dieser jüngste Vorfall zeigt uns deutlich, warum die Europäische Union diesem Thema Priorität einräumen sollte. Ich finde es absolut schockierend, dass Xinhua, die staatliche Nachrichtenagentur Chinas, berichtete, die Schüsse seien in Notwehr abgegeben worden, obwohl auf Videoaufnahmen eindeutig zu sehen ist, dass auf die tibetischen Flüchtlinge von weitem und von hinten geschossen wurde. Die Flüchtlinge hatten die Grenzschützer weder angegriffen noch bedroht noch ihnen Widerstand geleistet. Keiner der Flüchtlinge hatte irgendeine Waffe bei sich, noch nicht einmal ein Messer.

Ich möchte dem finnischen Ratsvorsitz danken und auf die Arbeit verweisen, die er im Dienste des Dialogs über Menschenrechtsfragen leistet. Vergangene Woche, am 20. Oktober, veröffentlichte die finnische Präsidentschaft eine offizielle Erklärung, in der der Vorfall verurteilt wird. Dafür möchte ich dem Ratsvorsitz danken.

Lassen Sie mich abschließend sagen, dass wir – wie in der gemeinsamen Entschließung zu Tibet andeutet wird – auch weiterhin zu einem auf hoher Ebene geführten Dialog zwischen dem Dalai Lama und der chinesischen Regierung ermuntern müssen. Lassen Sie mich noch einmal sagen, dass dies der einzige Weg zu einer friedlichen und dauerhaften Lösung für eine wahre Autonomie der tibetischen Nation ist.

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, im Namen der PSE-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Obwohl im Jahr 2002 die offiziellen Beziehungen zwischen der chinesischen Regierung und dem Dalai Lama wieder aufgenommen wurden, kommt es in Tibet regelmäßig immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen. Schätzungen zufolge entschließen sich jährlich 2 500 Menschen, der Unterdrückung zu entfliehen und die gefährliche, mehrere Tage währende Reise nach Nepal anzutreten. Die Gewaltakte gegen unbewaffnete Zivilisten geben Anlass zu besonderer Sorge. Hierzu gehören auch die Schüsse, die im September dieses Jahres von chinesischen Grenzsoldaten am Nangpa-La-Pass auf Flüchtlinge abgefeuert wurden. Die Flüchtlingsgruppe, die versuchte, die tibetische Grenze zu überqueren, bestand aus Frauen, Kindern und Mönchen. Bis heute haben die chinesischen Behörden nicht die Verantwortung für diesen Vorfall übernommen, bei dem eine Person getötet wurde. Über das Schicksal mehrerer Kinder, die vom Militär inhaftiert wurden, ist nach wie vor nichts bekannt.

Es ist die Pflicht der internationalen Institutionen, die Regierung der Volksrepublik China durch entschlossene und wirksame Maßnahmen zu zwingen, dass sie der Unterdrückung des tibetischen Volkes, der unmenschlichen Behandlung von Häftlingen, der Anwendung von Folter und den außergerichtlichen Tötungen ein Ende setzt. Von diesem Plenum aus fordern wir einmal mehr, dass die grundlegenden Menschenrechte in Tibet geachtet werden. Dazu zählen auch die Meinungs- und die Vereinigungsfreiheit. Wir fordern außerdem einen echten Dialog zwischen beiden Seiten, der darauf gerichtet ist, Verständnis und Achtung für die religiösen, politischen und kulturellen Rechte des tibetischen Volkes zu erreichen.

(Beifall)

 
  
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  Raül Romeva i Rueda, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(ES) Herr Präsident! In den zweieinhalb Jahren, die ich Mitglied des Europäischen Parlaments bin, ist es das dritte Mal, vielleicht auch mehr, dass wir über die Verletzung der Menschenrechte in Tibet diskutieren müssen, und ich befürchte, es wird nicht die letzte Debatte sein. Allerdings gibt es einen Unterschied zu den vorangegangenen, denn wir haben Filmaufnahmen, die belegen, dass die Versuche der chinesischen Behörden, diese Ereignisse zu leugnen, falsch sind und dass auch die Versuche der Nachrichtenagentur Xinhua, diese Aktion als Selbstverteidigung darzustellen, jeder Grundlage entbehren.

Deshalb haben wir es mit einem Vorfall zu tun, der eine umfassende Aufklärung erfordert, wie andere Redner schon sagten. Ich stimme dem zu und unterstütze diesen Standpunkt, aber darüber hinaus muss dieser Zwischenfall auch als wichtiges Thema im Rahmen des Dialogs Europäische Union-China behandelt werden. Ich möchte betonen, dass dies nicht das erste Mal ist, aber es stimmt schon recht traurig, dass wir, obwohl die Gelegenheit zum Dialog mit China vorhanden ist und wir am Vorabend der Olympischen Spiele 2008 stehen, nicht immer wieder betonen, dass die Situation in Tibet gelöst werden könnte, wenn die chinesischen Behörden wirklich ein wenig politischen Willen zeigen würden. Bisher haben wir einen solchen Willen noch nicht festgestellt.

 
  
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  Michał Tomasz Kamiński, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Wir sprechen heute über die Menschenrechte in China, und zwar nach einem tragischen und furchtbaren Grenzzwischenfall. Bei dieser Gelegenheit konnten sich die Menschen in der ganzen Welt davon überzeugen, wie China mit wehrlosen Menschen umgeht, die für die kommunistischen Behörden keinerlei Bedrohung darstellen. Auf diese armen Menschen wird einfach rücksichtslos geschossen.

Der Zwischenfall, über den wir gerade sprechen und der im Europäischen Parlament zu Recht eine Diskussion über dieses Thema ausgelöst hat, ruft uns eine bittere Wahrheit in Erinnerung. In China werden die Menschenrechte in nahezu allen Lebensbereichen systematisch verletzt. Es gibt Verstöße gegen die Menschenrechte, gegen die wirtschaftlichen und religiösen Rechte der Bürger der Volksrepublik China. Bedauerlicherweise müssen wir – so traurig und bitter das auch ist – zugeben, dass die Regierungen der einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sich angesichts der Geschehnisse in China nur allzu oft in scheinheiliges Schweigen hüllen. Das gilt auch für die Organe der Europäischen Union. Wenn die gemeinsamen Werte, die uns in diesem Hohen Haus und in ganz Europa einen, uns allen wirklich gemeinsam sind, haben wir die Pflicht, laut und deutlich die Achtung der Menschenrechte in der Volksrepublik China zu fordern.

 
  
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  Kathy Sinnott, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Es freut mich sehr, dass das Hohe Haus so besorgt um die Menschen in Tibet ist. Ich möchte die Aufrichtigkeit dieser Besorgnis auch nicht anzweifeln; was ich allerdings in Frage stellen möchte, ist die Aufrichtigkeit, mit der das Hohe Haus dieser Besorgnis Taten folgen lässt. Bei der heutigen Abstimmung über den Haushalt haben wir drei Änderungsanträge abgelehnt, die zum Ziel hatten, keine EU-Entwicklungshilfe mehr für solche Regierungsprogramme bzw. Programme von Organisationen zu leisten, in deren Rahmen Zwangsabtreibungen, unfreiwillige Sterilisierung und Kindstötungen stattfinden.

Warum versuchen Tibeter, aus China zu fliehen? Wegen eben dieser barbarischen Praktiken, die zu religiöser Verfolgung und politischer Verfolgung hinzukommen. Das ist es, was das Leben aller Minderheiten und eroberten Völker auf dem Territorium, das China nun sein Eigen nennt, so schwer macht.

Deshalb frage ich Sie, Frau Kommissarin – und ich hätte gern eine Antwort darauf –, welchen Anteil hat unsere Entwicklungshilfe an dieser Art von Leid?

 
  
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  Robert Evans (PSE). – (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Frau Sinnott sagen, dass es vom Thema ablenkt, wenn sie solche Dinge anspricht, denn sie haben mit unserem heutigen Diskussionsthema absolut nichts zu tun.

Etwa 2500 Tibeter – wahrscheinlich sogar mehr – fliehen jährlich über die Grenze im Himalaja ins Exil. Natürlich fliehen sie vor der Brutalität der chinesischen Besatzer, aber es ist nicht notwendigerweise so, wie Frau Sinnott angedeutet hat.

Es lässt sich schwer sagen, wie viele von ihnen vom chinesischen Grenzschutz gefasst oder erschossen werden, denn den Anschuldigungen wurde meistens nicht auf den Grund gegangen. Dieser besonders abscheuliche Zwischenfall mit den Schüssen am 30. September stellt eine Verletzung der UN-Grundsätze für die Anwendung von Gewalt und Schusswaffen durch Vollzugsbeamte dar. Es ist interessant, dass es Richtlinien dafür gibt, wann Vollzugsbeamte schießen dürfen, doch diese Richtlinien sehen vor, dass sie Schusswaffen gegen Menschen nur in Notwehr oder zur Verteidigung anderer bei unmittelbarer Todesgefahr oder der unmittelbaren Gefahr einer schweren Verletzung richten dürfen. Diejenigen von uns, die sich die Videoaufzeichnungen von diesem Vorfall angeschaut haben, wissen, dass in dieser Situation keine wirkliche Lebensgefahr bestand. Das Ganze sah nach einem Angriff aus, der nicht provoziert worden war.

Deshalb ist der vorliegende Entschließungsantrag sehr wichtig, insbesondere Ziffer 8, in der der Rat und die Kommission aufgefordert werden, ihre Position betreffend den Dialog zwischen den jeweiligen Regierungen zu bekräftigen. Das ist eine Position, die wir heute Nachmittag wiederholen müssen: ein Dialog zur Lösung dieser Situation.

 
  
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  Filip Kaczmarek (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Die Entschließung, über die wir heute abstimmen, bezieht sich auf die Geschehnisse vom 30. September, als chinesische Polizisten auf eine Gruppe tibetischer Flüchtlinge schossen, die außerhalb der Grenzen der Volksrepublik China Freiheit suchten. Das war sicher nicht der erste Zwischenfall dieser Art. Ungewöhnlich war jedoch, dass dieser barbarische Akt gefilmt wurde. Dank Fernsehen und Internet konnten wir alle und mit uns Millionen von Menschen in der ganzen Welt selbst sehen, wie die chinesische Politik in Tibet tatsächlich aussieht.

Das Schicksal des tibetischen Volkes ist besonders tragisch, weil es eines der friedliebendsten Völker der Welt ist. Der Dalai Lama fordert nicht die Unabhängigkeit für Tibet. Die Tibeter sind bereit, in dem in der chinesischen Verfassung festgeschriebenen Rahmen zu leben. Wie kann es sein, dass auf solche Menschen geschossen wird? Wie kann man sie verfolgen und töten, nur weil sie sich ein kleines Stück Freiheit wünschen und ihr kulturelles Erbe schützen wollen? Kann diesem tragischen Lauf der Ereignisse Einhalt geboten werden? Das ist möglich, wenn verboten wird, auf Menschen zu schießen, die aus einem Land fliehen, in dem sie nicht leben wollen. Das ist in der Vergangenheit bereits geschehen, aber näher bei uns, an der Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland. Große Nationen sollten und dürfen ihre Stärke nicht auf Massaker an wehrlosen Flüchtlingen gründen.

 
  
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  Józef Pinior (PSE). – (PL) Herr Präsident! Viel ist heute hier in diesem Hohen Haus über die Lage in Tibet gesagt worden. Die chinesischen Behörden behaupten, Tibets Autonomie zu respektieren, aber ihre Maßnahmen sprechen eine ganz andere Sprache.

Ich möchte das Parlament bei dieser Gelegenheit auf den am 9 Oktober 2006 veröffentlichten Bericht von Human Rights Watch aufmerksam machen. Wie es hier heißt, wurde ein von einer der führenden Intellektuellen Tibets – Woeser – eingerichteter Weblog geschlossen. Dieser Blog gehörte zu den interessantesten politischen und kulturellen Entwicklungen im heutigen China. Hier erfuhr man die Wahrheit über die Lage in Tibet, über die Umweltschäden und die Zerstörung der tibetischen Kultur. Woeser ist eine der bedeutendsten Intellektuellen im heutigen China, und in ihrem Blog wurde wahrheitsgemäß über die gegenwärtigen Ereignisse in Tibet berichtet.

Wir können es einfach nicht hinnehmen, dass die chinesischen Behörden einerseits die Autonomie einer bestimmten Provinz verkünden, andererseits aber wichtige Weblogs von Intellektuellen schließen.

 
  
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  Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Die Kommission teilt die von den Kolleginnen und Kollegen geäußerte Besorgnis uneingeschränkt, was die von der chinesischen Volksbefreiungsarmee auf tibetische Flüchtlinge an der Grenze zwischen der Volksrepublik China und Nepal abgegebenen Schüsse, den anschließenden Tod eines Flüchtlings und die Verhaftung von einigen dieser Flüchtlinge betrifft.

Die Europäische Union hat die Angelegenheit formell im Rahmen der letzten Tagung des Menschenrechtsdialogs EU-China angesprochen, die am 19. Oktober in Peking stattfand, wie die finnische Kollegin bereits richtig erwähnt hat. Bei dieser Gelegenheit widerlegte die Europäische Union die Behauptung Chinas, die Schüsse seien in Notwehr abgegeben worden, sie drängte die chinesische Regierung, eine vollständige Untersuchung des Vorfalls durchzuführen, und bestand auf einer Behandlung der verhafteten Flüchtlinge gemäß dem humanitären Völkerrecht.

Generell ist die Kommission sehr besorgt über die Menschenrechtslage in Tibet, und insbesondere über die Bewahrung der kulturellen, religiösen und sprachlichen Identität des tibetischen Volkes. Dieses Thema ist sowohl im Rahmen des bilateralen Dialogs über Menschenrechte als auch auf höchster Ebene bei bilateralen Gipfeltreffen regelmäßig angesprochen worden.

Die Europäische Union ist besonders besorgt über die zahlreichen Tibeter mit religiösem Hintergrund, die aus politischen Gründen verhaftet wurden, und hat wiederholt ihre unverzügliche Freilassung gefordert. Einige dieser Menschen stehen auf der Liste mit Einzelfällen, die der chinesischen Regierung am Rande dieser Dialoge regelmäßig übergeben werden.

Die Kommission ist der Meinung, dass Chinas Tibet-Politik nicht im Einklang mit den Bestimmungen des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte steht. Die baldige Unterzeichnung dieses Pakts durch China gehört zu den wichtigsten Prioritäten der Europäischen Union im Bereich der Menschenrechte, und wir haben China nicht im Zweifel darüber gelassen, dass der Geist dieses Paktes uneingeschränkt respektiert werden muss, sobald er unterzeichnet und noch bevor er ratifiziert worden ist.

Als Teil ihrer Gesamtpolitik in Bezug auf Tibet hat die Europäische Union stets die Ansicht vertreten, dass die Einrichtung eines direkten Dialogs zwischen dem Dalai Lama und der chinesischen Regierung der einzig realistische Weg ist, eine friedliche und dauerhafte Lösung der Tibet-Frage zu finden. Wir haben deshalb auch die fünf Gesprächsrunden, die bis jetzt zwischen Sonderbeauftragten des Dalai Lama und der chinesischen Regierung stattgefunden haben, begrüßt und genau verfolgt.

Die Kommission fordert beide Seiten auf, diesen Dialog fortzusetzen und diese Gespräche zu nutzen, um nennenswerte Fortschritte zu erzielen.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet heute im Anschluss an die Aussprache statt.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


12.2. Verfahren gegen Rios Montt
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die fünf Entschließungsanträge zum Verfahren gegen Rios Montt(1).

 
  
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  Luis Yáñez-Barnuevo García (PSE), Verfasser.(ES) Herr Präsident! Im Unterschied zu Tibet haben wir in diesem Haus nicht sehr oft über Guatemala gesprochen, zumindest nicht, seit ich hier bin. Es ist jedoch ein kleines zentralamerikanisches Land, das viele Jahre unter einer grausamen Repression, einer brutalen Diktatur gelitten hat, und die Verantwortlichen dafür sind bisher ungestraft davongekommen.

Der Oberste Gerichtshof Spaniens hat einen internationalen Haftbefehl ausgestellt, und wir unterstützen die Auslieferung von General Ríos Montt, dem Hauptschuldigen, und fünf weiteren Generälen, von denen einige in diesen 30 Jahren de facto Präsidenten, das heißt Diktatoren waren, unter denen 200 000 Menschen ermordet, 45 000 zwangsverschleppt und ein Zehntel der Bevölkerung vertrieben wurden; die überwiegende Mehrheit der Vertriebenen – 83 % – gehörte Maya-Gemeinschaften an. Aber unter den Opfern waren auch Europäer, Belgier und Spanier, insbesondere Priester.

Ebenso wie wir die Auslieferung von Pinochet und Fujimori unterstützt haben, Herr Präsident, halte ich es für gerecht, uns jetzt, und möglichst einmütig, für die Auslieferung von General Ríos Montt und seinen Komplizen einzusetzen.

 
  
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  Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), Verfasser.(ES) Herr Präsident! Ich schließe mich natürlich den Worten meines Kollegen Yáñez-Barnuevo an, denn zehn Jahre nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens in Guatemala hat ein Land, das einen Sitz im Sicherheitsrat anstrebt und mit dem die Verhandlungen über ein Assoziationsabkommen laufen, das globale Menschenrechtsabkommen immer noch nicht umgesetzt. Diese Tatsache ist Besorgnis erregend, wenn in einem Land, das, wie hier gesagt wurde, Opfer von Diktaturen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurde, die Verantwortlichen dafür – das ist besonders gravierend – ungestraft nach Lust und Laune dort oder anderswo auf der Welt leben.

Deshalb müssen wir die Tatsache begrüßen, und das tun wir in dieser Entschließung, dass der Oberste Gerichtshof Spaniens am 7. Juli einen internationalen Haftbefehl erlassen hat. Das ermöglicht es zu einem gewissen Grad, dieser Straffreiheit allmählich ein Ende zu setzen und die Schuldigen für ihre Taten zur Rechenschaft zu ziehen.

Wir sollten jedoch mehr als das tun. Wir müssen auch die guatemaltekischen Behörden zu einer effektiven Zusammenarbeit in dieser Frage aufrufen. Wir müssen deutlich von ihnen fordern, in diesem Kontext einer wachsenden Zusammenarbeit so kooperativ wie möglich zu sein und auf der Grundlage dieser internationalen Anordnung zur Verhaftung, Auslieferung und Anklage der betreffenden Personen beizutragen. Um diese in die staatsbürgerliche und finanzielle Verantwortung nehmen zu können, müssen wir auch die Zusammenarbeit der Banken einfordern, die die Profite und Vermögen verwaltet haben, derer sich diese Personen erfreuten.

Abschließend möchte ich bemerken, dass es von großem Nutzen wäre, wenn Europol und Interpol dabei so weit wie möglich mitwirken könnten.

 
  
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  Bernd Posselt (PPE-DE), Verfasser. – Herr Präsident! Guatemala hat eine lange und blutige Geschichte der Gewalt hinter sich, die man keineswegs nur einseitig beurteilen darf. Es gab fürchterliche Diktaturen und repressive Elemente, es gab aber auch eine ebenso grausame und blutige Revolutionsbewegung der Tupamaros.

Mehr als drei Jahrzehnte sind vergangen, seit ganz Deutschland in diesen Teil Mittelamerikas geblickt hat, als der deutsche Botschafter Karl Graf Spreti entführt und ermordet wurde, dessen Sohn zu meinen Mitarbeitern zählt. Karl Graf Spreti war einer der großen Wegbereiter Europas, er war auch Bundestagsabgeordneter meiner Partei. Als Diplomat wurde er unschuldig verschleppt und grausam im Urwald hingerichtet. Seitdem hat dieses Land eine Phase entsetzlicher Krisen erlebt. Deshalb müssen wir sehr behutsam, aber doch klar versuchen, den Friedensprozess dort zu stützen, indem wir diejenigen eindeutig verurteilen, die als Machthaber Gewalt ausgeübt haben, aber auch diejenigen, die unter Missbrauch des Wortes „Freiheit“ dort Gewalt ausgeübt haben.

Guatemala wurde auch immer wieder Schauplatz grausamen Völkermordes. Hier spricht die Entschließung dankenswerterweise eine klare Sprache. Ein altes Kulturvolk wie die Maya wurde zu etwa 10 % vertrieben, Zehntausende wurden ermordet.

Wir müssen diese Gelegenheit auch nutzen, um unsere Definition von Völkermord, von Genozid zu schärfen. Es wird immer wieder gesagt, man dürfe von Genozid nur sprechen, wenn eine Gruppe systematisch ausgerottet wird. Nein! Genozid ist auch, wenn einer ethnischen Gruppe die Lebensgrundlage entzogen wird, wenn ihr durch Vertreibung und durch mörderische Gewalt die Heimat entzogen wird. Das ist bei vielen ethnischen Gruppen, sowohl bei den Mayas als auch bei kleineren Gruppen in Guatemala, geschehen. Solche Verbrechen verjähren nicht! Deshalb müssen wir die Verantwortlichen mit aller Konsequenz zur Rechenschaft ziehen und dürfen nicht augenzwinkernd zur Tagesordnung übergehen.

 
  
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  Bairbre de Brún (GUE/NGL), Verfasserin.

(Die Rednerin spricht irisch.)

(EN) In den 1980er und 1990er Jahren war Guatemala ein ständiges Thema in den Weltnachrichten. Ein drei Jahrzehnte währender Konflikt und ein zehnjähriger Friedensprozess haben dafür gesorgt, dass die Menschen in der ganzen Welt einschließlich der Mitglieder des Europäischen Parlaments auf dem Laufenden gehalten wurden. Einige Kolleginnen und Kollegen haben bereits einige schockierende Zahlen aus dieser Zeit genannt: 200 000 Tote, tausende Vertriebene, ganze Dörfer und Gemeinschaften für immer zerstört. Eine von der Regierung selbst durchgeführte Untersuchung hat bestätigt, dass für 93 % aller Morde die Streitkräfte der eigenen Regierung verantwortlich sind.

Die Militärdiktatur von Rios Montt Anfang der 80er Jahre wurde als eine der brutalsten Phasen des Konflikts bezeichnet. Nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens herrschte großer Optimismus, doch zehn Jahre später hat sich das reale Leben für die Menschen in diesem Land, in dem 80 % der Bevölkerung in Armut leben, nur sehr wenig verändert. Zehn Jahre später ist es nicht nur so, dass die Verantwortlichen für die Völkermordpolitik der 80er Jahre noch immer nicht verurteilt worden sind, sondern sie spielen im öffentlichen Leben sogar nach wie vor eine wichtige Rolle. Die Opfer und Überlebenden des Konflikts haben weder eine angemessene finanzielle Unterstützung erhalten noch wurde anerkannt, welches Leid ihnen zugefügt worden ist. Tatsächlich hat man die große Mehrheit der verschwundenen Personen nie gefunden. Vielen der Vertriebenen ist es immer noch nicht ermöglicht worden, nach Hause zurückzukehren.

Ich begrüße die in der Entschließung enthaltene Forderung nach Unterstützung durch die Regierung Guatemalas, die anderen Regierungen Mittelamerikas, die spanische Regierung und die Regierung der Vereinigten Staaten, um eine Anwendung des europäischen Haftbefehls mit Verweis auf den internationalen Haftbefehl zu ermöglichen, so dass die im Haftbefehl vom 7. Juli 2005 genannten Personen – die alle einschließlich Rios Montt des Völkermords beschuldigt werden – vor Gericht gestellt werden können.

Ich möchte die Kolleginnen und Kolleginnen zudem auffordern, sich die Tatsache bewusst zu machen, dass sich für die Menschen sehr wenig geändert hat. Für die Mehrheit der Guatemalteken unterscheiden sich die heutigen Lebensbedingungen kaum von denen im Jahr 1996. Das Friedensabkommen versprach eine Entmilitarisierung der Gesellschaft und die dringend benötigte Boden- und Steuerreform, deren Ziel es war, eine gerechtere Gesellschaft gleichberechtigter Menschen aufzubauen. Ja, wir sollten das heute nicht vergessen, auch wenn Guatemala nicht mehr so oft in den Schlagzeilen steht, und wir sollten auch weiterhin nachdrücklich eine gerechte Gesellschaft gleichberechtigter Menschen fordern.

Deshalb begrüße und unterstütze ich das in der Entschließung zum Ausdruck gebrachte Engagement für den Grundsatz der globalen Gerechtigkeit und den Schutz der Menschenrechte. Unsere Erfahrung in Irland hat uns gelehrt, dass Frieden nur auf Gerechtigkeit und der Achtung der Rechte aller aufgebaut werden kann.

 
  
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  Der Präsident. – Ich möchte für unsere Freunde auf der Besuchergalerie, die vielleicht über das kurzzeitige Fehlen der Übersetzung erstaunt waren, präzisieren, dass der Grund dafür darin bestand, dass Frau de Brún gälisch gesprochen hat, das noch keine offizielle Amtssprache des Parlaments ist, es aber vom 1. Januar an sein wird.

 
  
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  Marios Matsakis (ALDE), Verfasser. (EN) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Es ist sehr traurig und eine wahre Schande, dass – in der Mehrzahl der Fälle – diejenigen, die abscheuliche und grausame Verbrechen gegen die Menschlichkeit einschließlich des Völkermordes verüben, ungestraft davonkommen. Tatsächlich werden die meisten dieser herzlosen Mörder von größtenteils unschuldigen, schutzlosen Zivilisten nie vor Gericht gestellt. Und es ist eine noch größere Schande, dass in Wirklichkeit viele dieser grausamen, unmenschlichen Kriminellen nicht nur dem Arm des Gesetzes entkommen, sondern sogar noch einen hohen Lebensstandard und einen angesehenen politischen Status genießen.

Zahlreiche Beispiele für diese skandalöse Tatsache kann man auf der ganzen Welt, in der Geschichte und in den meisten politischen Systemen und Ideologien finden, was nur beweist, dass eine echte Rechtspflege in der Realität ein Sommernachtstraum und ein Irrglaube ist. Wir alle wissen, dass es in unserer Welt so zugeht, doch die meisten von uns haben zu viel Angst, das öffentlich zuzugeben.

Die Ereignisse in Guatemalas jüngerer Geschichte bestätigen voll und ganz das eben Gesagte. In der Zeit von 1960 bis 1996 wurden durch die staatliche Gewalt, die von dem berüchtigten Diktator Efraín Rios Montt, einem ehemaligen Armeegeneral, organisiert wurde und der von einer Reihe infamer hochrangiger Beamter und Offiziere unterstützt wurde, mehr als 200 000 Menschen ermordet. Keiner dieser Personen ist jemals bestraft worden. Rios Montt ist als Vorsitzender der Guatemalan Republican Front (FRG), einer der mächtigsten Parteien des Landes, noch heute in der Politik tätig. Erst vor zwei Jahren war er Präsident des Nationalkongresses.

Wir sollten dabei nicht aus den Augen verlieren, dass Rios Montt von den Vereinigten Staaten ausgebildet wurde und dass er mithilfe der CIA und der umfassenden politischen und finanziellen Unterstützung mehrerer US-Regierungen an die Macht kam. Ehrlich, wie erbärmlich kann US-amerikanische Außenpolitik sein? Manchmal fragt man sich wirklich. Hat es denn im US-Außenministerium in den letzten Jahrzehnten keine denkfähigen, vernünftigen Leute mit durchschnittlichem IQ gegeben?

Ich bitte Sie dringend um Ihre Unterstützung für diese Entschließung, mit der die gegenwärtigen Versuche der guatemaltekischen Regierung, Rios Montt und eine Reihe anderer abscheulicher Krimineller vor Gericht zu stellen, unterstützt werden sollen.

 
  
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  Karin Scheele, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Während des jahrzehntelangen bewaffneten Konflikts in Guatemala wurden schreckliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt. 200 000 Menschen wurden ermordet, 45 000 verschleppt, einige indigene Gemeinschaften wurden vollständig ausgelöscht.

Im kommenden Dezember jährt sich das Friedensabkommen zum zehnten Mal. Das Globale Menschenrechtsabkommen ist in Guatemala noch immer nicht umgesetzt, und die Opfer des Völkermordes wurden weder materiell noch symbolisch entschädigt. Der im Juli 2006 vom Obersten Gerichtshof Spaniens ausgesprochene Haftbefehl gegen Efrain Rios Montt ist ein Signal der Hoffnung auf ein Ende der Straflosigkeit.

Wir fordern die Behörden Guatemalas nachdrücklich zu einer uneingeschränkten Zusammenarbeit auf. Sie müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufzuklären. Der guatemaltekische Exdiktator sowie die anderen sieben Angeklagten sollen verhaftet und ausgeliefert werden.

 
  
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  Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Vor dem Hintergrund der Vorbereitungen Guatemalas auf den zehnten Jahrestag der Unterzeichnung des Friedensabkommens, das 36 Jahren Bürgerkrieg ein Ende setzte, teilt die Kommission die Ansicht, dass alles daran gesetzt werden muss, denjenigen Gerechtigkeit zuteil werden zu lassen, die in der schlimmsten Phase des Konflikts Opfer von Menschenrechtsverletzungen wurden. In diesem Zusammenhang nimmt die Kommission zur Kenntnis, dass die strafrechtliche Verfolgung von ehemaligen militärischen und politischen Verantwortlichen wegen ihrer mutmaßlichen Rolle zum damaligen Zeitpunkt eingeleitet worden ist. Die Kommission ruft erneut alle Parteien dazu auf, die Suche nach der Wahrheit und das Streben nach Gerechtigkeit mit ganzer Kraft zu unterstützen und die Straflosigkeit dort, wo sie herrscht, zu bekämpfen.

Die Kommission begrüßt die Bereitschaft der derzeitigen Regierung, die Verantwortung des Staates für vergangene Menschenrechtsverletzungen – wenn auch zögerlich – anzuerkennen und eine Entschädigung der Opfer zu gewährleisten. Zudem würdigt sie, dass sich das Land verpflichtet hat, die Umsetzung des Friedensabkommens zu konsolidieren, wie es der Kongress im August 2005 mit der Verabschiedung eines Rahmengesetzes zur Einführung von Verfahren und Mechanismen zur Gewährleistung einer effektiven Erreichung der vor zehn Jahren gesetzten Ziele bestätigt hat.

Zudem würdigt die Kommission die Arbeit des Bürgerbeauftragten für Menschenrechte und begrüßt die im Juli 2005 erfolgte Einrichtung eines Büros des UN-Hochkommissars für Menschenrechte.

Leider wird das Land jedoch noch immer von der Straffreiheit überschattet, die nicht nur für vergangene, sondern auch für in der Gegenwart verübte Verbrechen charakteristisch ist. Davon sind alle Bürger betroffen einschließlich der Menschenrechtsaktivisten, die sich insbesondere der Unterstützung von Bürgerkriegsopfern widmen. Die Regierung ist ebenfalls der Meinung, dass diese Situation inakzeptabel ist, muss jedoch noch entschiedene Maßnahmen zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit treffen. Zurzeit wird die Justiz von einem europäischen Programm unterstützt, doch für dauerhafte Verbesserungen bedarf es mehr öffentlicher Mittel und struktureller Reformen. Die Kommission erwartet auch mit Spannung die Einrichtung einer „Commission of Investigation into Armed Groups and Clandestine Security Apparatus”. Wir hoffen, dass der guatemaltekische Kongress dies und die noch ausstehende Ratifizierung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs entsprechend unterstützen wird.

Die Kommission ist der Ansicht, dass die Europäische Union mit Guatemala in einen Dialog über die entscheidenden Fragen zur Umsetzung des Friedensabkommens treten sollte, insbesondere vor dem Hintergrund der Vorbereitungen des Landes auf die für Ende 2007 anberaumten Parlamentswahlen. Nebenbei bemerkt hat der Verfassungsgerichtshof General Rios Montt vor kurzem wegen des von ihm im Jahr 1982 angeführten Putsches für die anstehenden Wahlen als nicht wählbar erklärt. In diesem Zusammenhang muss die Straffreiheit für Verbrechen, die in der Vergangenheit bzw. in der Gegenwart verübt wurden, ein zentrales Thema sein.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet heute im Anschluss an die Aussprache statt.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


12.3. Usbekistan
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die sechs Entschließungsanträge zu Usbekistan(1).

 
  
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  Józef Pinior (PSE), Verfasser. (PL) Herr Präsident! Viel ist heute in diesem Hohen Haus über die Lage in Usbekistan gesagt worden. Eine Verbesserung ist nicht abzusehen, vielmehr erleben wir, wie die Unterdrückung dort zunimmt.

Im jüngsten Bericht von Human Rights Watch vom 3. Oktober 2006 ist die Lage detailliert beschrieben. Niemand ist bis jetzt für das Massaker in Andischan zur Rechenschaft gezogen worden, kritische Stimmen werden nach wie vor unterdrückt, und es gibt Verstöße gegen die Religionsfreiheit. In puncto Menschenrechte und Grundrechte besteht noch immer keine Zusammenarbeit mit den internationalen Institutionen. Zwei Journalisten, Djamshid Karimow und Ulugbek Khaidarow, bekannt für ihre unabhängige und regimekritische Haltung, sind im September in Usbekistan verschwunden. Herr Karimow wurde schließlich in einem psychiatrischen Krankenhaus ausfindig gemacht, und Herr Khaidarow ist im Gefängnis.

Die Strategie des Europäischen Parlaments muss zugleich darauf gerichtet sein, Usbekistan bei seiner Rückkehr in die Gemeinschaft demokratischer Länder, die den Weg der Reformen beschreiten, zu unterstützen. Wir dürfen nichts unternehmen, was diese Entwicklung beeinträchtigen könnte.

 
  
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  Alyn Smith (Verts/ALE), Verfasser. (EN) Herr Präsident! Es ist für uns zwar etwas Ungewöhnliches, doch gegenwärtig sind bereits Sanktionen gegen Usbekistan in Kraft. Sanktionen sollten sparsam und nur als letztes Mittel eingesetzt werden, und dennoch sollten wir in diesem Hohen Haus uns nicht scheuen, Sanktionen zu fordern und auch für deren Verhängung zu sorgen, da sie die einzig wirksame Waffe sind, um eine innere Wende in diesem Land herbeizuführen.

Es kommt darauf an, dass die EU einheitlich auftritt, und genau das wird mit diesem Entschließungsantrag versucht. Zuerst müssen wir uns darauf einigen, uns ein Bild von der Wirklichkeit zu machen. In Erwägung C merken wir an, dass „die Regierung von Usbekistan die vom Rat bei der Verhängung der Sanktionen genannten Bedingungen nicht erfüllt hat“. Deshalb würden alle Schritte zur Aufhebung der gegenwärtigen Sanktionen der eigenen Intuition widersprechen, und sie wären etwas seltsam. Ja, sie wären ein seltsamer Anreiz bzw. eine seltsame Belohnung dafür, uns zu ignorieren.

Und dennoch wird, wie wir in Erwägung B schreiben, erwartet, dass der Rat Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen am 13. November prüft, ob er die im vergangenen Jahr beschlossenen Sanktionen verlängert. Unseren Informationen nach sind bereits echte Bemühungen zur Aufhebung der Sanktionen im Gange. Meine Fraktion ist damit nicht einverstanden, und wir hoffen, dass sich das Hohe Haus uns anschließen wird. Wir sind der Ansicht, dass die Sanktionen verlängert und ausgeweitet werden müssen, vor allem angesichts der anhaltenden Weigerung Usbekistans, eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle von Andischan zuzulassen.

Mit Ziffer 2 möchten wir die Sanktionen dahingehend ausweiten, dass für bestimmte Schlüsselpersonen gezielte Visaverbote eingeführt werden. Damit würden wir unsere zunehmende Frustration aufgrund der mangelnden Fortschritte unterstreichen, ohne damit der usbekischen Bevölkerung zu schaden.

Wichtig ist, den Druck aufrechtzuerhalten. Wir hoffen, dass das Hohe Haus nicht die Nerven verlieren wird. Ich hege zwar keinen Zweifel, dass die Kommissarin unsere Bedenken teilt, doch wir hoffen, dass sie sich in diesem Bereich auch genauso stark wie wir engagieren wird.

 
  
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  Elisabeth Jeggle (PPE-DE), Verfasserin. – Herr Präsident, verehrte Frau Kommissarin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist wichtig, dass das Europäische Parlament Menschenrechtsverletzungen in der ganzen Welt nicht unbeachtet lässt und entsprechend tätig wird. Dies gilt auch nach den schlimmen Vorfällen in Andischan in Usbekistan im Mai 2005. Wir als demokratische Institution dürfen es nirgendwo auf der Welt zulassen, dass Menschenrechte mit Füßen getreten werden! Wir dürfen es jedoch auch nicht zulassen, dass diplomatische Beziehungen aufgrund unserer interparlamentarischen Zusammenarbeit aufs Spiel gesetzt werden. Man muss unter Einbeziehung der vergangenen Ereignisse die momentane Lage in Usbekistan betrachten. Nur darauf kann sich die aktuelle Entschließung stützen.

Im letzten Monat war eine Reise der Delegation für die Beziehungen zu den zentralasiatischen Ländern, welcher auch ich angehöre, nach Usbekistan geplant. Diese Reise kam nicht zustande — nicht weil usbekische Behörden unkooperativ gewesen wären, sondern weil hier im Hause zu wenige Kollegen Interesse an einer solchen Reise hatten. Insofern haben wir kein eigenes Bild über die aktuelle Lage in Usbekistan, was Menschenrechte, Demokratisierung und den Aufbau einer unabhängigen Gerichtsbarkeit angeht. Wir müssen uns vielmehr auf Informationen Dritter verlassen.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass in Usbekistan oft Menschenrechte und Demokratisierungsversuche mit Füßen getreten werden und dass insofern wirklich über das Fortbestehen der bisherigen Sanktionen nachgedacht werden muss, insbesondere, was ein Waffenembargo angeht. Ich meine jedoch, dass eine Ausweitung der Sanktionen in der Form, dass u. a. der Präsident von Usbekistan, Islam Karimow, mit einem EU-Visa-Bann versehen werden soll, keineswegs zielführend ist. Dies käme quasi einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gleich. Das kann nicht unser Ziel sein. Es gibt keinen aktuellen Zwischenfall, der solch eine harte politische Reaktion rechtfertigt. Insofern bitte ich Sie eindringlichst, den von mir eingebrachten Änderungsantrag zu unterstützen und ihm zuzustimmen. Sollte ich diesen Kompromissversuch verlieren, werde ich am Ende gegen die Entschließung stimmen müssen.

 
  
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  Tobias Pflüger (GUE/NGL), Verfasser. – Herr Präsident! Im Bericht von „Reporter ohne Grenzen“ wird Usbekistan inzwischen auf Platz 158 aufgeführt, und zwar interessanterweise sogar hinter Staaten wie Weißrussland oder Russland. Die Lage der Menschenrechte in Usbekistan ist insbesondere nach dem Vorfall von Andischan hier schon mehrfach diskutiert worden. Jetzt ist die spannende Frage: Wie reagiert die Europäische Union darauf?

Wir haben gesagt, wenn es Sanktionen geben soll, dann müssen diese sich insbesondere auch auf den Waffentransfer und den Transfer von Militär beziehen. Ganz wichtig ist, dass die deutsche Militärbasis Termes in Usbekistan geschlossen wird. Denn entweder hält man Sanktionen tatsächlich ein, oder man macht eine wesentliche Ausnahme. Deshalb sagen wir: Das ist der Lackmus-Test für die Menschenrechtspolitik – auch hier im Europäischen Parlament!

Deshalb haben wir diesen Änderungsantrag eingebracht, demzufolge der deutsche Militärstützpunkt in Termes geschlossen werden muss. Dieser Stützpunkt wird von allen NATO-Staaten, aber auch von jenen NATO-Staaten, die gleichzeitig EU-Mitglied sind, genutzt und muss daher geschlossen werden!

 
  
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  Marios Matsakis (ALDE), Verfasser. (EN) Herr Präsident! Usbekistan ist eine autoritäre Republik, ein ehemaliger Teil der Sowjetunion, der, während er um wirtschaftliche und politische Stabilität ringt, die Menschenrechte seiner Bürger in hohem Maße verletzt.

Die Erinnerung an das Massaker von Andischan im Mai 2005 ist uns noch heute frisch im Gedächtnis, insbesondere da die zahlreichen Forderungen der UN, der EU und anderer nach einer unabhängigen Untersuchung wohl auf taube Ohren gestoßen sind. Trotz einiger vor kurzem erfolgter Versuche, die Menschenrechtssituation im Land zu verbessern, ist die Situation im Bereich der bürgerlichen Freiheiten zudem noch immer zutiefst anachronistisch. Nach Aussagen einiger glaubwürdiger im Menschenrechtsbereich agierender NRO, wie Amnesty International, gibt es schwerste Menschenrechtsverletzungen wie Folter, willkürliche Verhaftungen und Einschränkung der Religionsfreiheit und der Freiheit der Meinungsäußerung, wobei Mitglieder religiöser Organisationen, Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und politische Aktivisten einschließlich der Mitglieder der verbotenen Oppositionsparteien die Hauptopfer sind.

Trotz der Sanktionen, die derzeit in Kraft sind, verlaufen die demokratischen Reformen im Land nur sehr schleppend und sind leider nicht sehr umfassend. Deshalb rufen wir in diesem Entschließungsantrag den Rat dazu auf, nicht nur die vorhandenen Sanktionen um ein weiteres Jahr zu verlängern, sondern die Sanktionen auch dahingehend auszuweiten, dass EU-Visaverbote einbezogen werden und das Vermögen einiger hoher Beamter der usbekischen Regierung, das diese in der EU haben, eingefroren wird. Wir tun dies mit Bedauern, aber wir sind der Meinung, dass uns keine andere Möglichkeit bleibt, als hart zu sein, um etwas Positives zu bewirken.

Wir hoffen und wünschen uns sehr, dass die usbekische Regierung unsere Entschlossenheit im Bereich der Menschenrechte erkennt, und dass sie die großen demokratischen Defizite, die es in ihrem Land immer noch gibt, schnell korrigieren wird.

 
  
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  Adam Jerzy Bielan (UEN), Verfasser. (PL) Herr Präsident! Seit der letzten Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage in Usbekistan und den zentralasiatischen Republiken hat sich in Usbekistan wenig geändert. Die usbekische Regierung lehnt eine unabhängige Untersuchung der Ereignisse vom 13. Mai 2005, als Truppen von Präsident Karimow in Andischan einen Volksaufstand niederschlugen, nach wie vor ab. Bei der blutigen Niederschlagung des Aufstands, den die Regierung als terroristische Rebellion bezeichnete, wurden mehrere hundert Menschen getötet. Die meisten unabhängigen Journalisten und Menschenrechtsaktivisten werden von den Sicherheitsdiensten eingeschüchtert, und einige sind des Landes verwiesen worden.

Der jüngste Vorfall, das Verschwinden von Djamshid Karimow und Ulugbek Khaidarow, hat große Besorgnis im Hinblick auf die künftige Entwicklung Usbekistans ausgelöst. Herr Karimow und Herr Khaidarow sollen die letzten Journalisten in diesem Land sein, die es gewagt haben, kritisch über die Regierung und die Mächtigen an ihrer Spitze, die seit 17 Jahren herrschen, zu berichten. Als beide Männer nach einigen Tagen ausfindig gemacht wurden, befand sich der eine wegen Erpressung im Gefängnis, während der andere in ein psychiatrisches Krankenhaus eingeliefert worden war.

Die Zivilgesellschaft in Usbekistan fordert eine offenere Gesellschaft, in der individuelle Freiheiten und Menschenrechte respektiert werden. Das Volk von Usbekistan will außerdem, dass auf dem Weg zur Demokratie wirkliche Fortschritte erzielt werden. Der Kampf gegen den Terror darf nicht unter Verletzung internationaler Übereinkommen geführt werden. Er darf niemals als Vorwand dienen, um die politische Opposition zu beseitigen, die Menschenrechte rücksichtslos zu missachten oder die bürgerlichen Freiheiten einzuschränken.

 
  
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  Tadeusz Zwiefka, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Fünfzehn Jahre nach dem Untergang des Reichs des Bösen, das die Sowjetunion zweifellos war, ist die Lage verhältnismäßig klar. Nur diejenigen ehemaligen Sowjetrepubliken, die sich entschlossen haben, eine Zukunft nach dem demokratischen Modell des Westens aufzubauen, bieten die Gewähr dafür, dass auf ihrem Territorium eine Zivilgesellschaft entsteht und die Menschenrechte geachtet werden.

Jene Länder hingegen, die unter Moskaus schützenden Fittichen Schutz gesucht haben und in denen von ehemaligen kommunistischen Führern geführte Regierungen noch immer an der Macht sind, geben uns Anlass zu Beunruhigung und großer Besorgnis. Ich möchte jedoch darauf aufmerksam machen, dass wir gewöhnlich über einzelne Fälle sprechen, heute speziell über eine der zahlreichen Tragödien, wie sie sich in Usbekistan ereignet haben. Es ist wirklich höchste Zeit, darauf hinzuweisen, dass solche Ereignisse nur deshalb möglich sind, weil diese Regime auf die Billigung Moskaus zählen können. Sie genießen den Schutz der russischen Führung, was sie in die Lage versetzt, so und nicht anders zu handeln. Es ist wirklich höchste Zeit, dass wir Nein zu all dem sagen.

 
  
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  Ana Maria Gomes, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) Selbst in einer Region, die von autokratischen Diktaturen mit Füßen getreten wurde und wird, hebt sich das Usbekistan von Karimow durch das Massaker von Andischan noch ab. Nach Angaben der Regierung starben 169 Menschen, die Opposition hingegen spricht von 745. Unabhängig von den Zahlen müssen die Verantwortlichen ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden. Die EU hat dies getan, wenn auch nur zum Teil und mit einem halben Jahr Verspätung. Im November hat der Rat ein Waffenembargo und andere Sanktionen beschlossen. Wie stehen die Dinge jetzt, ein Jahr später?

Die Unterdrückung hat sich verschärft, und die Arbeit der NRO und der Journalisten ist eingeschränkt worden. Im März wurde der Hohe Flüchtlingskommissar des Landes verwiesen, und schlimmer noch, von November bis Juli wurden in einem Akt seltener Heuchelei mehr als 250 Menschen in einer Serie grotesker, als Medienzirkus inszenierter Prozesse summarisch als Anstifter des Massakers vom Mai verurteilt.

All dies beweist, dass wir nicht nur unbedingt die bestehenden Sanktionen um weitere zwölf Monate verlängern, sondern sie auch dahingehend ausweiten müssen, dass alle Finanzgeschäfte und EU-Visa für die maßgeblichen Folterknechte von Taschkent eingefroren werden und dass auch der Anführer, Präsident Karimow, einbezogen wird.

 
  
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  Daniel Strož, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (CS) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Selbstverständlich ist es richtig und notwendig, die Einhaltung der Menschenrechte – sei es nun in Tibet, Guatemala oder Usbekistan – zu überwachen, weil es sich dabei um unveräußerliche Rechte im Zeitalter der Globalisierung handelt. Angesichts der Diskussionen und Initiativen, die vom Europäischen Parlament eingeleitet und weiterentwickelt werden, bin ich jedoch der Meinung, dass es dieses Gremium eher vorzieht, sich mit Menschenrechtsverletzungen und damit zusammenhängenden Problemen irgendwo in der Welt zu befassen, als im Hoheitsgebiet der EU selbst.

So verhalten wir uns beispielsweise gleichgültig gegenüber der unerträglichen Lage der so genannten russischen Nichtstaatsangehörigen in Lettland, der Kinderarbeit und Kinderprostitution in einigen Mitgliedstaaten, den schrecklichen Bedingungen der Medien und der Kriminalisierung und Verfolgung der Linken in der Tschechischen Republik sowie der beispiellosen Zunahme der Armut und des Rechtsextremismus in Deutschland.

Das ist vielleicht umso mehr der Grund, weshalb wir uns mit Usbekistan und Tibet oder vielleicht auch Belarus und China und ähnlichem befassen. Ich wage jedoch zu behaupten, dass die konservative Mehrheit das Parlament absichtlich und geschickt zu einer Art zahmem Wachhund macht, der froh ist, wenn er auf seiner Seite des Zauns bleiben und die Nachbarn anbellen kann.

Wir sollten uns immer in erster Linie auf die Probleme konzentrieren, die die EU-Mitgliedstaaten betreffen.

 
  
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  Michał Tomasz Kamiński, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich meinem tiefen Entsetzen darüber Ausdruck verleihen, was der Vertreter der Ultralinken im Europäischen Parlament soeben gesagt hat. Man kann die Lage in Usbekistan ganz einfach nicht mit der Lage in irgendeinem europäischen Land vergleichen. Sicher haben viele Länder mit Problemen zu kämpfen, aber hier einen Vergleich mit der Lage in Usbekistan anzustellen, wo Menschen sterben und wegen ihrer politischen Anschauungen verfolgt werden, ist ungeheuerlich.

Bedauerlicherweise muss ich feststellen, dass es hier in diesem Hohen Haus Abgeordnete gibt, die bei Themen wie dem Schutz der Menschenrechte die Einmütigkeit in Bezug auf die Verteidigung und Förderung der europäischen Grundwerte wie Menschenrechte, Demokratie und Meinungsfreiheit zunichte machen. In diesem Hause sollte vom linken bis zum rechten Flügel Einigkeit herrschen.

Ich werde den Entschließungsantrag unterstützen, in dem wir eine Verlängerung der Sanktionen gegen das Regime in Usbekistan fordern, denn die Europäische Union ist mehr als ein politischer Organismus mit gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen. Ich glaube fest an die Europäische Union als Wertegemeinschaft, und als solche muss die Union ein Beispiel geben und alle Menschenrechtsverletzungen, ganz gleich, wo sie stattfinden, unmissverständlich verurteilen.

(Beifall)

 
  
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  Urszula Krupa, in Namen der IND/DEM-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Exakt vor einem Jahr haben wir auch über die Lage in Usbekistan gesprochen, als dort eine Demonstration gegen das totalitäre Regime von Präsident Karimow und dessen Menschenrechtsverletzungen blutig niedergeschlagen worden war.

Die Unabhängigkeit Usbekistans ist auch durch den rücksichtslosen Kampf der Großmächte um Einflusssphären ständig gefährdet. Trotz der Sanktionen, die verhängt wurden, und der verschiedenen Entschließungen des Parlaments werden in Usbekistan noch immer Menschenrechtsaktivisten verhaftet und gefoltert. Das trifft auch auf Augenzeugen zu, und wir alle wissen, dass die Wahrheit sich weder durch Beschlüsse und Gesetze noch durch Haftstrafen unterdrücken lässt.

Die eiserne Hand des Regimes bekommen nicht nur die Vertreter der Opposition, sondern auch das ganze Volk in seinem Kampf für Unabhängigkeit und demokratischen Wandel zu spüren. Besonders die Frauen sind davon betroffen. Zwar haben sie im Rahmen der Chancengleichheit das Recht, sich scheiden zu lassen, doch müssen sie mit den Alltagsproblemen oftmals ganz allein fertig werden und ihre Kinder und die Familie auf sich allein gestellt durchbringen. Selbstverständlich fordern wir die Achtung der Menschenrechte und unterstützen wir den Entschließungsantrag.

 
  
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  Ryszard Czarnecki (NI). – (PL) Herr Präsident! Eine Minute reicht einfach nicht aus, um über Menschenrechtsverletzungen in Usbekistan zu sprechen. Wir können nur darauf hinweisen, dass es noch immer keine unabhängige Untersuchung der Ereignisse in Andischan vor 18 Monaten gegeben hat. Nach diesen Vorfällen haben die Behörden in Taschkent unabhängigen Journalisten und Menschenrechtsaktivisten den Krieg erklärt.

Angaben der UNO zufolge wird in Usbekistan immer noch gefoltert. Es stimmt, dass der islamische Extremismus in Usbekistan an Einfluss gewinnt, doch das darf nicht als Entschuldigung für Menschenrechtsverletzungen dienen. Usbekistan spielt in Zentralasien eine führende Rolle. Das ist ein Grund mehr zu fordern, dass das Land die Regeln der Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte achtet.

Einige tausend Kilometer von Usbekistan entfernt liegt ein Land, das in ähnlicher Weise die Menschenrechte grob missachtet, nämlich Belarus. Sowohl gegen Usbekistan als auch gegen Belarus wurden Visasanktionen verhängt. Eine Verlängerung dieser Sanktionen scheint vernünftig und verdient unsere Unterstützung. Vielleicht wird diese Form der „Erpressung“ dazu beitragen, dass Usbekistan begreift, worum es bei den europäischen Normen geht.

(Beifall)

 
  
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  Bernd Posselt (PPE-DE). – Herr Präsident! Ohne das usbekische Volk säße ich heute nicht hier, denn mein Großvater war als österreichischer Soldat im Ersten Weltkrieg russischer Gefangener und hat die kalten Winter in der Nähe von Taschkent nur dank der Gastfreundschaft des usbekischen Volkes überlebt.

Ich glaube, wir alle haben eine tiefe Sympathie für das usbekische Volk, aber gerade deshalb verurteilen wir die Unterdrückung der Menschenrechte dort und deshalb bedauern wir, dass dort ein Regime herrscht, das nicht im Geringsten unseren Maßstäben im Hinblick auf die Menschenrechte entspricht. Ich bin für eine ganz klare Verurteilung dieser Menschenrechtsverletzungen und auch für eine Verlängerung der Sanktionen.

Überhaupt nichts halte ich aber von zusätzlichen Einreiseverboten, wie sie in Ziffer 2 gefordert werden. Ich glaube, wir können die Probleme nicht so lösen, dass wir bei einem Gipfel vor Herrn Putin flachliegen und beim nächsten Gipfel vielleicht den chinesischen Staatspräsidenten einladen, uns dann jedoch an den kleinen Putins oder den kleinen Diktatoren abreagieren! Deshalb empfehle ich vernünftige Maßstäbe. Verlängerung der Sanktionen: Ja. Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen: Ja. Aber am Donnerstagnachmittag Einreiseverbote für alle möglichen Staatsspitzen der Welt verhängen, halte ich für Demagogie und nicht für seriöse Politik!

 
  
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  Karin Scheele (PSE). – Herr Präsident! Bekanntermaßen verhängen wir am Donnerstagnachmittag überhaupt nichts. Das Europäische Parlament stellt zu den verschiedenen Menschenrechtsfragen rund um die Welt nur verschiedene Forderungen. Wir fordern den Rat mit der heutigen Entschließung auf, die Sanktionspolitik zu verlängern und sie in bestimmten Aspekten, die schon diskutiert wurden, zu erweitern. Die usbekische Regierung weigert sich weiterhin, eine unabhängige Untersuchung der Todesfälle in Andischan zuzulassen, die von mehreren internationalen Institutionen wiederholt gefordert wurde und noch immer wird. Usbekistan soll mit der OSZE und der UNO hinsichtlich einer solchen unabhängigen Untersuchung zusammenarbeiten.

Die Beziehungen zu Usbekistan sind für die Europäische Union von großer Bedeutung. Die Basis für diese Beziehungen muss jedoch der Respekt der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte sein.

 
  
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  Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Zwar sind inzwischen bereits anderthalb Jahre vergangen, doch die Massenmorde in Andischan vom 13. Mai 2005 sind uns allen noch lebhaft im Gedächtnis. Die usbekischen Behörden haben die internationalen Forderungen nach einer unabhängigen Untersuchung abgelehnt, und es hat keine glaubwürdige Untersuchung der Morde gegeben. Die gegen die Teilnehmer der Demonstrationen, die den Morden vorausgingen, geführten Prozesse wurden vom OSZE-Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte als offenkundig ungerecht verurteilt.

Die weitere Entwicklung gibt ebenfalls wenig Anlass zu Optimismus. Berichten zufolge soll Folter immer noch weit verbreitet sein. Keiner internationalen Einrichtung ist es bisher gelungen, mit Flüchtlingen, die nach Usbekistan zurückgekehrt sind, in Verbindung zu treten. Usbekistan weigert sich, bei den Sonderverfahren der Vereinten Nationen zu kooperieren. Die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsaktivisten sind ständigen Schikanen ausgesetzt. Viele Menschenrechtsaktivisten wurden sogar inhaftiert.

Die Kommission hat mit besonderer Besorgnis zur Kenntnis genommen, dass mehrere bekannte Menschenrechtsaktivisten zu mehreren Jahren Haft verurteilt worden sind und dass sich auch Mukhtabar Todjibaeva weiterhin in Haft befindet. Uns sind noch viele ähnliche Fälle bekannt.

Trotz dieses düsteren Bildes ist nichts zu gewinnen, wenn man alle Kommunikationskanäle mit Usbekistan abbricht. Wie Sie alle wissen, hat die Europäische Union als Antwort auf die Morde von Andischan Sanktionen gegen Usbekistan verhängt, nämlich wie heute bereits erwähnt ein Waffenembargo, ein Reiseverbot für diejenigen, die für die Morde von Andischan verantwortlich sind, und die Einstellung von Fachtagungen mit Usbekistan. Eine Entscheidung darüber, ob die Sanktionen verlängert bzw. ausgeweitet werden, muss bis zum 14. November getroffen werden.

Um es den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, sich ein vollständiges und umfassendes Bild von der Lage in Usbekistan zu machen, wird Anfang November ein Treffen des Kooperationsrates mit Usbekistan stattfinden. Darüber hinaus wird dieser Kooperationsrat der Europäischen Union die Gelegenheit bieten, die usbekische Regierung auf Ministerebene unmittelbar auf unsere tiefe Besorgnis über Andischan und seine Folgen anzusprechen.

Vor dem Hintergrund dieses Kooperationsrates werden die Mitgliedstaaten ihre Entscheidung über eine eventuelle Verlängerung bzw. Ausweitung der Sanktionen treffen.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet im Anschluss an die Aussprache statt, d. h. gleich anschließend.

 
  

(1)Siehe Protokoll.


13. Abstimmungsstunde
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Abstimmungsstunde.

(Abstimmungsergebnisse und weitere Einzelheiten siehe Protokoll)

 

13.1. Tibet (Abstimmung)

13.2. Verfahren gegen Rios Montt (Abstimmung)

13.3. Usbekistan (Abstimmung)
  

- Vor der Abstimmung über Ziffer 2

 
  
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  Józef Pinior (PSE). – (EN) Herr Präsident! In meinem mündlichen Änderungsantrag schlage ich vor, den ersten Teil von Ziffer 2 der gemeinsamen Entschließung zu Usbekistan zu streichen.

 
  
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  Der Präsident. – Gibt es Einwände gegen diesen mündlichen Änderungsantrag?

 
  
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  Bernd Posselt (PPE-DE). – Herr Präsident! Entschuldigung, aber wir haben doch einen Änderungsantrag zu Ziffer 2 eingebracht. Über ihn müsste doch abgestimmt werden, bevor über das Original abgestimmt wird, auch wenn das Original mündlich geändert wird. Zuerst muss doch über den Änderungsantrag abgestimmt werden, der den alten Text ersetzen würde.

 
  
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  Der Präsident. – Herr Posselt, ich denke, Sie haben Recht. Wir werden Herrn Pinior bitten, die erforderlichen Präzisierungen vorzunehmen.

 
  
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  Józef Pinior (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich schlage vor, dass wir den ersten Teil des zweiten Punktes streichen. Wenn ich richtig informiert bin, stammt der Vorschlag von Mitgliedern der PPE-DE-Fraktion.

 
  
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  Der Präsident. – Es handelt sich also eindeutig um einen mündlichen Änderungsantrag zu Ziffer 2, mit dem der Text verkürzt werden soll.

Gibt es Einwände gegen diesen mündlichen Änderungsantrag?

(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)

- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 1

 
  
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  Elisabeth Jeggle (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich möchte sound and future-oriented decision ersetzen durch considered decision with a view to improved future relations. Es ist auf diese Weise konkreter gefasst.

 
  
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  Marios Matsakis (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Ich bin gegen diesen mündlichen Änderungsantrag, da damit unserer Entschließung die Schärfe genommen würde. Wir haben handfeste Beweise dafür, dass die Sanktionen allmählich etwas bewirken, und deshalb müssen wir sie weiter ausweiten und nicht weiter schwächen, was mit Frau Jeggles Änderungsantrag erreicht werden soll.

 
  
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  Der Präsident. – Wir danken Ihnen für diese Erläuterungen, Herr Matsakis, doch müssen Sie 36 Abgeordnete finden, die sich Ihnen anschließen, sodass insgesamt 37 Gegenstimmen gegen den Änderungsantrag zusammenkommen. Die beste Argumentation reicht nicht für die Ablehnung eines mündlichen Änderungsantrags aus, wenn das Plenum keine Einwände dagegen erhebt, und ich sehe nicht, dass sich jemand erhebt.

(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)

Damit ist die Abstimmungsstunde beendet.

 
  
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  Manuel Medina Ortega (PSE).(ES) Herr Präsident! Ich hielt mich in meinem Büro auf, als ich von Bediensteten dieses Parlaments zum Verlassen des Raums aufgefordert wurde, da eine Brandschutzübung stattfinden würde. Als ich den Plenarsaal betrat, stellte ich fest, dass die Abstimmung über die Entschließung zu Tibet und eine weitere bereits stattgefunden hatten. Deshalb möchte ich jetzt das Sekretariat darüber informieren, wie ich mich bei den Abstimmungen entschieden hätte, an denen ich nicht teilnehmen konnte, da mich die Dienste aus meinem Büro gewiesen hatten und ich nicht in den Plenarsaal herunterkommen konnte.

 
  
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  Der Präsident. – Seien Sie unbesorgt, dies alles wird vom Sitzungsdienst berücksichtigt werden.

 

14. Beschlüsse betreffend bestimmte Dokumente: siehe Protokoll

15. In das Register eingetragene schriftliche Erklärungen (Artikel 116 GO): siehe Protokoll

16. Übermittlung der in dieser Sitzung angenommenen Texte: siehe Protokoll

17. Zeitpunkt der nächsten Sitzungen: siehe Protokoll

18. Unterbrechung der Sitzungsperiode
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  Der Präsident. – Ich erkläre die Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments für unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 16.25 Uhr geschlossen.)

 

ANLAGE (Schriftliche Anfragen)
ANFRAGEN AN DEN RAT (Für diese Antworten trägt der Vorsitz des Rates der Europäischen Union die Verantwortung.)
Anfrage Nr. 12 von Bernd Posselt (H-0806/06)
 Betrifft: Lage der Minderheiten in der Vojvodina
 

Wie beurteilt die finnische Ratspräsidentschaft die Lage der ungarischen, rumänischen, kroatischen, ruthenischen, tschechischen, slowakischen, deutschen und anderer Minderheiten in der serbischen Provinz Vojvodina, und welche Maßnahmen plant sie, um Minderheitenrechte, die Autonomie der Provinz, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit dort zu stärken?

Weiß der Rat, dass ganze Orte durch die systematische Ansiedlungen serbischer Flüchtlinge ethnisch majorisiert wurden und dass es dort zu gewaltsamen Übergriffen auf Jugendliche, die den Minderheiten angehören, kam und kommt?

 
  
 

Diese Antwort des Vorsitzes, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der Fragestunde für die Anfragen an den Rat auf der Oktober-I Tagung 2006 des Europäischen Parlaments in Straßburg nicht mündlich abgegeben.

Der Rat verfolgt während des finnischen Vorsitzes aktiv die innenpolitischen Ereignisse in Serbien. Serbien erhält zur Zeit eine neue Verfassung, die das Parlament des Landes am 30. September 2006 einstimmig angenommen hat. Die Bürger des Landes erhalten die Möglichkeit, über die Annahme des Verfassung in der Volksabstimmung am 28. und 29. Oktober abzustimmen. Der Rat verfolgt diese Angelegenheit sehr genau. Das wesentliche politische Instrument der Europäischen Union betreffend den westlichen Balkanraum ist der Stabilitäts- und Assoziationsprozess. Dieser basiert auf den Kopenhagener Kriterien, unter anderem auf den politischen Kriterien, zu denen die Minderheitenrechte gehören. Je mehr sich die Länder dieses Raums der Europäischen Union annähern, desto genauer müssen die Kriterien eingehalten werden. Die Beobachter der Europäischen Union (EUMM) kontrollieren die Lage vor Ort, und auch andere internationale Akteure, wie die OSZE und der Europarat verfolgen die Lage in Wojwodina und tauschen ihre entsprechenden Informationen mit der EU aus. Der Rat beabsichtigt, die Lage auf der Grundlage der regelmäßigen Fortschrittsberichte der Kommission zu verfolgen. Der Bericht soll am 8. November vorgelegt werden, darin wird unter anderem die Situation bezüglich der Demokratie, des Grundsatzes der Rechtsstaatlichkeit, des Schutzes der Menschenrechte und der Minderheiten in Serbien bewertet. Der Rat wird die Lage in Serbien weiterhin genauestens verfolgen.

 

Anfrage Nr. 14 von Chris Davies (H-0813/06)
 Betrifft: Rechtsvorschriften über den CO2-Ausstoß neuer Kraftfahrzeuge
 

Beabsichtigt der Rat, die Kommission aufzufordern, Rechtsvorschriften zur Verringerung des CO2-Ausstoßes neuer Kraftfahrzeuge vorzulegen?

 
  
 

Diese Antwort des Vorsitzes, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der Fragestunde für die Anfragen an den Rat auf der Oktober-I Tagung 2006 des Europäischen Parlaments in Straßburg nicht mündlich abgegeben.

Der Rat wurde informiert, dass die Kommission beabsichtigt, vor Ablauf dieses Jahres einen Vorschlag zur Änderung der Gemeinschaftlichen Strategie zur Verringerung des CO2-Ausstoßes von Personenkraftfahrzeugen zu unterbreiten. Der Rat wird diesen Vorschlag zur Änderung und weitere Vorschläge der Kommission zu diesem Thema besonders sorgfältig prüfen.

 

Anfrage Nr. 15 von Danutė Budreikaitė (H-0815/06)
 Betrifft: Verlängerung des Betriebs des Kernkraftwerks Ignalina
 

Zusammen mit dem Vertrag über den Beitritt zur Europäischen Union hat Litauen das Protokoll Nr. 4 über das Kernkraftwerk Ignalina in Litauen unterzeichnet. Darin verpflichtete sich Litauen, Block I des Kernkraftwerks Ignalina bis 2005 und Block II im Jahr 2009 endgültig stillzulegen. Unbeschadet dieser Verpflichtung gilt die allgemeine Schutzklausel nach Artikel 37 der Beitrittsakte im Falle einer Unterbrechung der Energieversorgung in Litauen bis zum 31. Dezember 2012.

Angesichts der Energiekrise des vergangenen Jahres zwischen der Ukraine und Russland, der Unterbrechung der Erdölversorgung Litauens durch Russland im Juli, die mit technischen Problemen begründet wurde, die nur Litauen betreffen, ohne dass nach einer für beide Seiten zufrieden stellenden Lösung gesucht wurde, des ins Stocken geratenen Projekts einer Verbindung des litauischen und des polnischen Stromnetzes, des Fehlens einer gemeinsamen Energiepolitik der EU sowie gemeinsamer Energienetze (Strom, Gas) und der mangelnden Solidarität der EU-Mitgliedstaaten sieht sich Litauen mit der Gefahr konfrontiert, von der Energieversorgung abgeschnitten zu werden. Die Abhängigkeit von Russland, das damit droht, seine Energieressourcen in andere Länder zu exportieren, wächst.

Könnte sich Litauen angesichts dieser unsicheren Situation auf Artikel 37 der Beitrittsakte berufen und den Betrieb des Kernkraftwerks Ignalina verlängern, solange die Sicherheitsstandards dies zulassen, bis die Energieprobleme Litauens gelöst sind?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen.

Artikel 4 des Protokolls Nr. 4 zur Beitrittsakte regelt in Verbindung mit Artikel 37 der Beitrittsakte die Voraussetzungen, unter denen Litauen bis zum Jahre 2012 um die Genehmigung zur Anwendung der in Artikel 37 genannten allgemeinen Schutzklausel ersuchen kann, wenn es in Litauen zu einer Unterbrechung der Energieversorgung kommt.

Wie aus Artikel 37 der Beitrittsakte deutlich hervorgeht, muss der betreffende Mitgliedstaat zunächst die Genehmigung der Kommission zur Ergreifung von Schutzmaßnahmen einholen und dazu entsprechende Hintergrunddaten vorlegen. Die Kommission bewilligt dann die Schutzmaßnahmen, die sie für erforderlich hält. Die Kommission muss also abwägen, ob sie ihre Zustimmung zu den von der Frau Abgeordneten angesprochenen Maßnahmen erteilt.

Zudem möchte der Rat die Frau Abgeordnete daran erinnern, dass der Rat die Sicherheit der Energieversorgung als einen Eckpfeiler der Energiepolitik betrachtet, wie die Schlussfolgerungen der Tagung des Rates „Verkehr, Telekommunikation und Energie“ im März 2006 („Eine neue Energiepolitik für Europa“) und die des Europäischen Rates vom März 2006 („Energiepolitik für Europa“) belegen.

Die Union hat in diesem Zusammenhang zum Ausdruck gebracht, dass sie bereit ist, Litauen eine angemessene zusätzliche Gemeinschaftshilfe zur Abschaltung und Stillegung des Kernkraftwerks Ignalina zu gewähren, wie in Protokoll Nr. 4 zur Beitrittsakte geregelt. Diese Hilfe war im Finanzrahmen für 2007-2013 enthalten. Laut Artikel 2 Absatz 3 des Protokolls umfasst das Ignalina-Programm unter anderem Maßnahmen zur Unterstützung der Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina; Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltfreundlichkeit entsprechend dem Besitzstand und zur Modernisierung konventioneller Stromerzeugungskapazitäten, mit denen die Produktionskapazität der beiden Reaktoren des Kernkraftwerks Ignalina ersetzt werden soll, sonstige Maßnahmen, die sich aus dem Beschluss ergeben, dieses Kernkraftwerk abzuschalten und stillzulegen, und die zur erforderlichen Umstrukturierung, Verbesserung der Umweltfreundlichkeit und Modernisierung der Erzeugung, Übertragung und Verteilung von Energie in Litauen sowie zur Erhöhung der Energieversorgungssicherheit und zur Verbesserung der Energieeffizienz in Litauen beitragen.

Als weiteres Beispiel sei hier erwähnt, dass in der jüngsten Entscheidung zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze als Projekte von europäischem Interesse die Verbindungsleitung Polen-Litauen, die den erforderlichen Ausbau des polnischen Stromnetzes und des Polen-Deutschland-Profils einschließt, und die Unterseekabelverbindung zwischen Finnland und Estland (Estlink) genannt werden. Zusammengenommen sollten diese Projekte eine Teilnahme am Binnenmarkt für Energie ermöglichen und die Zuverlässigkeit und Betriebssicherheit der Energienetze gewährleisten.

Der Rat arbeitet bereits eng mit dem Europäischen Parlament zusammen, um durch die schrittweise Verabschiedung einer Gesetzessammlung zum Thema Energie eine koordinierte oder gemeinsame Energiepolitik zu entwickeln. Diese Maßnahmen und Dokumente werden die Grundlage für eine stabile Energieversorgung in der EU bilden. Darauf werden auch jetzige und künftige energiepolitische Entscheidungen basieren. Die Versorgungssicherheit ist neben den beiden anderen Hauptzielen der Energiepolitik – Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit – auch Ausgangspunkt einer strategischen Studie zum Thema Energie, die die Europäische Kommission 2007 dem Rat und dem Europäischen Parlament vorlegen will.

 

Anfrage Nr. 16 von Agustín Díaz de Mera García Consuegra (H-0818/06)
 Betrifft: Migrationskrise auf den Kanarischen Inseln
 

Weshalb sieht Javier Solana angesichts der eindeutigen, systematisch und täglich erfolgenden Verletzung der Außengrenzen der Union keine sichtbare außenpolitische Maßnahme der Europäischen Union vor, indem er in den Herkunftsländern der Einwanderer und in den Transitländern Präventivdiplomatie betreibt?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen.

Schon in der Anfangsphase der Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres war der EU klar, dass in den Beziehungen zu den Entwicklungsländern die Zuwanderungspolitik unbedingt zu berücksichtigen ist.

Der Europäische Rat hat ständig auf die Bedeutung der Außenbeziehungen verwiesen, so dass die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern in Sachen Zuwanderung und damit zusammenhängenden Fragen einen Bestandteil der bilateralen und multilateralen Beziehungen der Union bildet. Auch beim Arbeitsessen auf der informellen Tagung der EU-Staats- und Regierungschefs am 20. Oktober 2006 kam das Thema Zuwanderung zur Sprache.

Die EU bemüht sich nun aktiv um die Umsetzung des Gesamtansatzes zur Migrationsfrage, der im Dezember 2005 vom Europäischen Rat beschlossen wurde. Darin werden prioritäre Maßnahmen für Afrika und den Mittelmeerraum vorgeschlagen.

Kernpunkt dieser Strategie ist die Verstärkung der Zusammenarbeit und der partnerschaftlichen Beziehungen zwischen den Bestimmungs-, Herkunfts- und Transitländern in Migrationsfragen, da die systematische Steuerung der Wanderungsbewegungen den Interessen aller betreffenden Länder ebenso dienen kann wie denen der Zuwanderer selbst. Ein umfassender Dialog dieser Art sollte sämtliche Gesichtspunkte der Migration berücksichtigen und überdies die sich aus der Zuwanderung ergebenden Möglichkeiten zur Förderung der Entwicklung fördern. Die EU wird bei diesem Dialog besonderes Augenmerk auf eine wirksame Zusammenarbeit zur Verhütung und Bekämpfung illegaler Zuwanderung legen.

Die EU spielte eine zentrale Rolle bei der Durchführung der euro-afrikanischen Ministerkonferenz „Migration und Entwicklung“, die am 10. und 11. Juli 2006 in Rabat stattfand. Auf dieser Konferenz, die einen gemeinsamen Aktionsplan und eine Erklärung verabschiedete, kamen Herkunfts-, Transit- und Bestimmungsländer erstmals zusammen, um in einem Geist der Partnerschaft das Thema Zuwanderung und weitere alle Seiten interessierende Fragen zu erörtern. Mit der Umsetzung des Aktionsplans dürfte bald begonnen werden. Der Aktionsplan enthält auch Maßnahmen, die zu einer engeren Zusammenarbeit im Bereich der legalen und illegalen Migration führen sollen.

Initiativen auf regionalen Ebene sollen den Dialog und die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen in verschiedenen Teilen Afrikas befördern. Derzeit bereiten die EU und die Afrikanische Union eine Ministerkonferenz zum Thema Migration und Entwicklung vor, die das gesamte Afrika einschließt. Die Konferenz soll noch in diesem Jahr stattfinden und wird den Teilnehmern Gelegenheit bieten, Fragen anzusprechen, die sie bewegen und für alle Beteiligten von Interesse sind und bei denen eine bessere Zusammenarbeit möglich ist. Eine weitere Ministerkonferenz zum gleichen Thema ist in Vorbereitung. Daran nehmen im Einklang mit dem beschlossenen Gesamtansatz die Länder der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft teil.

Auf bilateraler Ebene ist beabsichtigt, den in Artikel 13 des Abkommens von Cotonou genannten Dialog zur Einwanderung mit jenen afrikanischen Partnern, die Vertragsparteien dieses Abkommens sind, weiter zu verbessern sowie die Gespräche über Rückübernahmeabkommen mit bestimmten Entwicklungsländern fortzusetzen.

Die Kommission hat das Mandat erhalten, mit zwei afrikanischen Ländern – Marokko und Algerien – ein Rückübernahmeabkommen auszuhandeln. Die Gespräche mit Marokko, einem wichtigen Transitland, sind schon gut vorangekommen. Förmliche Gespräche mit Algerien werden so bald wie möglich beginnen. Die Rückübernahmeabkommen sind Ausdruck des gemeinsamen Bestrebens der EU und der afrikanischen Länder, die illegale Zuwanderung zu bekämpfen.

Auf seiner Tagung am 5. und 6. Oktober 2006 verabschiedete der Rat Schlussfolgerungen zur Verstärkung der südlichen Seeaußengrenzen (13559/06).

 

Anfrage Nr. 17 von Mihael Brejc (H-0819/06)
 Betrifft: Neuer Zeitplan für die Einführung des Schengen-Informationssystems der zweiten Generation (SIS II)
 

Nach den vorliegenden Informationen wird ein neuer Zeitplan für die Einführung der zweiten Generation des Schengen-Informationssystems (SIS II) ausgearbeitet, mit der Folge, dass Slowenien, das alle Kriterien für die Einbeziehung in das SIS II erfüllt, dem System erst sehr viel später als ursprünglich geplant beitreten kann. Sollte dies zutreffen, wird der Rat gebeten, die folgenden Fragen zu beantworten:

Bedeutet die Verzögerung, dass die Erfüllung der Schengen-Kriterien, die Slowenien bereits erfüllt hat, erneut bewertet werden muss, und welchen Nutzen hat die erste Bewertung dann?

Wie wird die EU angesichts der Tatsache, dass die Verzögerung auf Gründe zurückzuführen ist, die mit der EU zusammenhängen und nicht mit Tätigkeiten der Mitgliedstaaten, dazu beitragen, die durch diese Verzögerung entstandenen Kosten zu decken (Löhne, bereits geschaffene Einrichtungen für die Sicherung der Schengen-Grenze usw.)?

Es gibt den Plan, dass zunächst die alten Mitgliedstaaten SIS II durchführen und dann die anderen Mitgliedstaaten. Weshalb wird nicht nach der tatsächlichen Fähigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten vorgegangen, das System zu implementieren, unabhängig davon, ob es sich um einen alten oder einen neuen Mitgliedstaat handelt?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen

Wir möchten die Aufmerksamkeit des Fragestellers auf die Schlussfolgerungen zum SIS II und SIS I+ richten, die nach der Ratstagung vom 5. und 6. Oktober 2006 veröffentlicht wurden.

In diesen Schlussfolgerungen vertrat der Rat die Auffassung, dass der im Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen (Dok. 12379/06 SIRIS 158) enthaltene Zeitplan für die Verwirklichung des SIS II wohl durchführbar und realistisch ist. Nach dem überarbeiteten Zeitplan soll das SIS II für die derzeit am SIS 1+ beteiligten Mitgliedstaaten bis Juni 2008 seinen Wirkbetrieb aufnehmen, so dass auch die noch nicht am SIS 1+ beteiligten Mitgliedstaaten integriert werden können.

Der Rat bestätigte den überarbeiten Zeitplan und beauftragte die zuständigen Arbeitsgruppen des Rates und der Kommissionsdienststellen, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, damit das SIS II schnellstmöglich seinen Betrieb aufnimmt.

Es muss sichergestellt sein, dass der Übergang zum SIS II in den am SIS I+ beteiligten Mitgliedstaaten ohne Störung der Arbeitsweise des Systems erfolgt. Erst wenn der Übergang vollzogen ist und das System ordnungsgemäß funktioniert, wird es möglich sein, die noch nicht beteiligten Mitgliedstaaten einzubeziehen.

Wenn die Schengen-Kriterien bereits erfüllt wurden, sollte grundsätzlich keine neue Bewertung erfolgen.

Im Dezember wird der Rat Fragen zum Schengen-Informationssystem und zur Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen erörtern. Die technischen, wirtschaftlichen, juristischen und organisatorischen Aspekte werden in den nächsten Wochen behandelt.

 

Anfrage Nr. 18 von James Elles (H-0820/06)
 Betrifft: Ersuchen um Verlängerung der Geltungsdauer ermäßigter Verbrauchssteuersätze für roten Diesel für die private nichtgewerbliche Schifffahrt gemäß Richtlinie 2003/96/EG des Rates
 

Die in Richtlinie 2003/96/EG(1) vorgesehenen Ausnahmen, denen zufolge fünf Länder, darunter Finnland, Irland, Malta und das Vereinigte Königreich, einen ermäßigten Verbrauchssteuersatz auf roten Diesel anwenden dürfen, gelten nur noch bis zum 31. Dezember 2006. Weiß der Rat um die verheerenden Auswirkungen, die eine Abschaffung dieser Ausnahmeregelungen auf den Wassersport, den Fremdenverkehr und die meeresbezogenen Wirtschaftszweige in diesen Ländern möglicherweise hat? Teilt der Rat die Einschätzung, dass eine Abschaffung der Befreiung dem wichtigsten Ziel der Richtlinie, nämlich der Harmonisierung der Steuersätze für Energieerzeugnisse, um Verzerrungen auf dem Binnenmarkt zu verringern, direkt zuwiderlaufen würde? Wird sich der Rat folglich für eine Verlängerung der Ausnahmeregelung einsetzen, sofern die betreffenden Regierungen eine solche beantragen?

 
 
 

(1)  ABl. L 283 vom 31.10.2003, S. 51.

 

Anfrage Nr. 19 von Simon Busuttil (H-0834/06)
 Betrifft: Ersuchen um Verlängerung der Geltungsdauer ermäßigter Verbrauchssteuersätze für roten Diesel für die private nichtgewerbliche Schifffahrt gemäß Richtlinie 2003/96/EG des Rates
 

Die in Richtlinie 2003/96/EG(1) vorgesehenen Ausnahmen, denen zufolge fünf Länder, darunter Finnland, Irland, Malta und das Vereinigte Königreich, einen ermäßigten Verbrauchssteuersatz auf roten Diesel für die private nichtgewerbliche Schifffahrt anwenden dürfen, gelten nur noch bis zum 31. Dezember 2006. Weiß der Rat um die verheerenden Auswirkungen, die eine Abschaffung dieser Ausnahmeregelungen auf den Wassersport, den Fremdenverkehr und die meeresbezogenen Wirtschaftszweige in diesen Ländern möglicherweise hat? Teilt der Rat die Einschätzung, dass eine Abschaffung der Befreiung dem wichtigsten Ziel der Richtlinie, nämlich der Harmonisierung der Steuersätze für Energieerzeugnisse, um Verzerrungen auf dem Binnenmarkt zu verringern, direkt zuwiderlaufen würde? Wird sich der Rat folglich für eine Verlängerung der Ausnahmeregelung einsetzen, sofern die betreffenden Regierungen eine solche beantragen?

 
 
 

(1)  ABl. L 283 vom 31.10.2003, S. 51.

 

Anfrage Nr. 20 von Alexander Stubb (H-0843/06)
 Betrifft: Antrag auf Fortdauer der Ausnahmeregelung für die Verbrauchssteuersätze für Kraftstoffe der privaten nicht-gewerblichen Schifffahrt gemäß Richtlinie 2003/96/EG des Rates
 

Die Ausnahmebestimmungen nach Richtlinie 2003/96/EG(1) gestatten es fünf Ländern, darunter Finnland, Irland, Malta und das Vereinigte Königreich, verringerte Verbrauchssteuern auf Mineralöle, die als Kraftstoff verwendet werden, anzuwenden. Diese Bestimmungen sollen zum 31. Dezember 2006 auslaufen. Inwieweit ist sich der Rat der möglicherweise verheerenden Folgen einer Abschaffung dieser Ausnahmeregelung für den Wassersport, den Fremdenverkehr und die Schifffahrtsindustrie in diesen Ländern bewusst?

Inwieweit teilt der Rat die Feststellung, dass eine Beendigung dieser Ausnahmeregelung im Endergebnis genau das Gegenteil der obersten Zielsetzung der Richtlinie - Annäherung der Verbrauchssteuersätze für Energieerzeugnisse im Hinblick auf eine Verringerung der Marktverzerrungen im Binnenmarkt - bewirken würde? Inwieweit ist der Rat daher bereit, eine Verlängerung der Ausnahmebestimmungen zu befürworten, falls die betreffenden Regierungen einen entsprechenden Antrag einreichen?

 
  
 

Diese Antwort des Vorsitzes, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der Fragestunde für die Anfragen an den Rat auf der Oktober-I Tagung 2006 des Europäischen Parlaments in Straßburg nicht mündlich abgegeben.

Gemäß Artikel 18 der Richtlinie 2003/96/EG sind die Mitgliedstaaten weiterhin ermächtigt, die in den Anhängen II und III aufgeführten Steuerermäßigungen und Steuerbefreiungen, die Sie aufgezählen werden, anzupassen. Diese Genehmigung läuft am 31. Dezember 2006 und zum im Anhang II und Anhang II genannten Datum aus, wenn sich nicht vorher aus einer Änderung des Rates auf Grundlage eines Vorschlags der Kommission anderes ergibt.

Der Rat hat im Juli 2006 eine Mitteilung der Kommission zur Kenntnis genommen, in der unter anderem festgestellt wird, dass die einzelnen Mitgliedstaaten, die aus politischen Gründen weiterhin einer Ausnahmeregelung zur Richtlinie bedürfen, der Kommission einen entsprechenden Antrag übermitteln können (gemäß Artikel 19 der Richtlinie).

 
 

(1)  ABl. L 283 vom 31.10.2003, S. 51.

 

Anfrage Nr. 21 von Elena Valenciano Martínez-Orozco (H-0821/06)
 Betrifft: Misshandlungen im Irak
 

Die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht, konkret die Genfer Konvention über die Behandlung von Gefangenen, sind grundlegende internationale Normen, die in jedem Fall eingehalten werden müssen. Das Festhalten von Gefangenen in einem Rechtsvakuum führt zu Missbrauch und schweren Menschenrechtsverletzungen, wie dies aus dem im Juli veröffentlichten Bericht der Organisation „Human Rights Watch“ über die Misshandlung von Gefangenen im Irak hervorgeht.

In eben diesem Monat Juli wurde die Operation „Compact“ eingeleitet mit der eine internationale Vereinbarung zum Aufbau eines sicheren, geeinten und demokratischen Irak getroffen wurde, an der sich auch die EU aktiv beteiligen will.

Hält der Rat die Aufrechterhaltung eines Dialogs mit den nordamerikanischen Behörden für angebracht, damit sie eine unabhängige Untersuchung über das tatsächliche Ausmaß des Missbrauchs im Irak und der möglichen Mitschuld hochrangiger Offiziere aufnehmen und die Verantwortlichen für die Misshandlungen verurteilt werden?

Ist der Rat der Ansicht, dass die Klärung der Verantwortung der nordamerikanischen Offiziere, die in die Misshandlungen von Gefangenen im Irak verwickelt sind, eine wesentliche Voraussetzung für den Aufbau eines sicheren und demokratischen Iraks darstellt?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen.

Die EU misst der Einhaltung des humanitären Völkerrechts in allen Phasen eines bewaffneten Konflikts hohe Bedeutung bei. Dies wird in den Leitlinien der Europäischen Union zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts unterstrichen, die im Dezeber 2005 angenommen wurden. In Artikel 3 der Leitlinien heißt es: „Die Europäische Union beruht auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit. Dazu gehört auch das Ziel, die Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu fördern.“

Der Rat verfolgt aufmerksam die Entwicklung im Irak, auch die dortige Menschenrechtslage und humanitäre Situation. Fragen im Zusammenhang mit Verhaftungen werden ebenso wie andere Menschenrechtsfragen auch im Rahmen des Internationalen Paktes erörtert, der gegenwärtig von der irakischen Regierung ausgearbeitet wird. Die Europäische Union spielt dabei eine aktive Rolle und hat in diesem Kontext betont, dass der Pakt auch Reformen in den Bereichen Politik und Sicherheit sowie die Förderung und den Schutz der Menschenrechte und die Stärkung rechtsstaatlicher Verhältnisse im Irak beinhalten sollte.

Die EU hat eine integrierte Mission zur Stützung der Rechtsstaatlichkeit im Irak eingerichtet (EUJUST LEX), mit deren Hilfe die EU den Irak aktiv bei der Schaffung der Voraussetzungen für rechtsstaatliche Verhältnisse im Land unterstützt. Bisher haben nahezu 800 irakische Richter, Staatsanwälte und hohe Beamte der Polizei- und Strafvollzugsbehörden im Rahmen von EUJUST LEX eine Ausbildung erhalten. Die Mission wurde bis Dezember 2007 verlängert und wird in ihrer zweiten Phase auf immer mehr Gebieten eine Fachausbildung ermöglichen.

 

Anfrage Nr. 22 von Zita Pleštinská (H-0822/06)
 Betrifft: Verschiebung des Beitritts der neuen Mitgliedstaaten zum Schengen-Raum
 

Im Jahr 2004 erklärte die Kommission, ein Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zum Schengen-Raum sei nach der Annahme unbedingt notwendiger Maßnahmen zur Sicherung der Außengrenzen des Raums möglich. Als vorläufiger Beitrittstermin wurde Oktober 2007 genannt.

Während eines informellen Treffens der Justiz- und Innenminister gab die finnische Präsidentschaft am 21. September 2006 bekannt, dass der Zeitpunkt des Beitritts aufgrund technischer und rechtlicher Probleme im Zusammenhang mit der Einrichtung des Schengen-Informationssystems (SIS) II verschoben wird.

Hat der Rat über Alternativen für die Einführung von SIS II nachgedacht, beispielsweise die vorübergehende Einbeziehung der neuen Mitgliedstaaten in das derzeitige System (SIS I+)? Wenn nicht, warum nicht? Wenn ja, welches sind die Schlussfolgerungen?

Was plant der Rat, um an dem ursprünglichen Zeitplan für den Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zum Schengen-Raum festzuhalten?

Eine Stärkung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die EU ist von wesentlicher Bedeutung. Der freie Personenverkehr stellt eine praktische Umsetzung der in den Verträgen garantierten Grundfreiheiten dar. Wann werden in naher Zukunft auch die Bürger aus den neuen Mitgliedstaaten ohne Grenzkontrollen reisen können?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen.

Nach der Beitrittsakte von 2003 könnte eine Entscheidung zur Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen getroffen werden, sobald die notwendigen Voraussetzungen zur Anwendung der Schengen-Regeln nachweislich erfüllt sind. Das Schengen-Informationssystem (SIS), das in sämtlichen Mitgliedstaaten zur Anwendung kommt, gehört zu diesen Voraussetzungen.

Die interessierten Kreise sind nach Kräften bemüht, dafür zu sorgen, dass das SIS II möglichst früh seinen Wirkbetrieb aufnimmt. Die Delegationen, auch die aus den neuen Mitgliedstaaten, haben mehrere Varianten für die Einführung des SIS II geprüft und verworfen.

Auf einer Tagung am 5. Oktober 2006, die sich mit Fragen der endgültigen Abschaffung der Kontrollen an den Grenzen zu den neuen Mitgliedstaaten beschäftigte, erörterte der Rat einen Lösungsvorschlag der portugiesischen Delegation, wonach neue Mitgliedstaaten dem SIS in seiner jetzigen Form (SIS I+) beitreten könnten. Dem Vorschlag liegt die Überlegung zugrunde, dass sie noch vor der Phase, in der das SIS-II-Projekt voraussichtlich abgeschlossen ist, in das System einbezogen werden könnten.

Wie in den Schlussfolgerungen vom 5. Oktober dargelegt, beabsichtigt der Rat, den Zeitplan für die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen auf seiner Dezembertagung zu behandeln. Dabei wird er auch über den portugiesischen Vorschlag befinden, der in den nächsten Wochen weiter erörtert wird.

 

Anfrage Nr. 23 von Paulo Casaca (H-0825/06)
 Betrifft: In Al Zubayr verschwundener Europäer
 

Fred Nérac, ein französischer Kameramann der Fernsehsenderkette ITN, ist verschwunden, seit das von ihm benutzte Fahrzeug, das als Fahrzeug eines Reporterteams gekennzeichnet war, in der Nähe der irakischen Stadt Al Zubayr südlich von Bassora am 22.3.2003 ins Kreuzfeuer geriet. Der Vorfall wurde von Dutzenden Personen beobachtet, deren Identität zum Teil feststeht und die im Falle ihrer Vorladung eine amtliche Aussage machen könnten.

Seither wurden vier Ermittlungsverfahren eingeleitet, die noch nicht alle abgeschlossen sind. Zwei der Verfahren wurden von den britischen und den dänischen Truppen vor Ort durchgeführt. Ihre Ergebnisse werfen zahlreiche Fragen auf, enthalten jedoch auch Hinweise auf Spuren, denen mangels entsprechender Sicherheitsvoraussetzungen oder auch mangels politischen Willens noch nicht vollständig nachgegangen wurde.

Das Fred-Nérac-Komitee, das sich aus Familienangehörigen, Freunden und an dem dramatischen Vorfall interessierten Bürgern zusammensetzt, fordert eine rasche und transparente Aufklärung der Umstände sowie uneingeschränkten Zugang zu den von den britischen und dänischen Ermittlern vorgelegten Geheimberichten.

Nach Verlautbarungen dieses Komitees hat der Rat sowohl unter britischer als auch unter österreichischer EU-Präsidentschaft angekündigt, er wolle sich gegenüber den französischen, britischen, US-amerikanischen und irakischen Behörden nachdrücklich dafür einsetzen, dass diese alles tun, was aus praktischer Sicht für die Suche nach dem genannten Journalisten oder dessen sterblichen Überresten erforderlich sei.

Kann der Rat etwas zu den Ergebnissen dieser Bemühungen sagen?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen.

Die Vereinten Nationen bemühten sich ebenso wie Österreich während seiner Präsidentschaft nach Kräften darum, bei den irakischen und anderen Stellen in Erfahrung zu bringen, was im Einzelnen mit dem verschwundenen ITN-Kameramann Fred Nérac geschehen ist. Darüber hinaus wurde der Familie Nérac Beistand gewährt. Leider haben diese Maßnahmen bisher nicht zu konkreten Ergebnissen geführt.

 

Anfrage Nr. 24 von Mairead McGuinness (H-0828/06)
 Betrifft: Wahlrecht von EU-Bürgern bei nationalen Wahlen
 

Könnte der Rat seinen Standpunkt in der Frage der Beteiligung von EU-Bürgern an den nationalen Wahlen des Landes, in dem sie ihren Wohnsitz haben, präzisieren? Die Fragestellerin hat dem Rat diese Frage im Rahmen einer schriftlichen Anfrage (E-1756/06) vorgelegt, der Rat ist aber in seiner Antwort nicht auf den Kern der Anfrage eingegangen.

Der EG-Vertrag sieht zwar vor, dass sich EU-Bürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der EU, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, an den Kommunal- und Europawahlen beteiligen dürfen, doch gibt es keine entsprechenden Vorschriften für nationale Wahlen.

Beabsichtigt der Rat angesichts der vielfältigen Maßnahmen und Initiativen, die eingeführt wurden, um die Freizügigkeit, die Niederlassung und die Integration von EU-Bürgern in anderen Mitgliedstaaten zu erleichtern, die bestehenden Rechtsvorschriften zu ändern, um die volle Beteiligung der EU-Bürger an den nationalen Wahlen des Landes, in dem sie ihren Wohnsitz haben, zu erleichtern?

 
  
 

Diese Antwort des Vorsitzes, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der Fragestunde für die Anfragen an den Rat auf der Oktober-I Tagung 2006 des Europäischen Parlaments in Straßburg nicht mündlich abgegeben.

Die Unionsbürgerschaft ist im Artikel 17 des EG-Vertrags geregelt, in dem festgestellt wird, dass die Unionsbürger „die in diesem Vertrag vorgesehen Rechte und Pflichten“ haben.

Wie die Fragestellerin richtig feststellt, besitzen die Unionsbürger gemäß Artikel 19 des EG-Vertrags mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, das Wahlrecht, jedoch erstreckt sich dieses nur auf Kommunalwahlen und Wahlen zum Europäischen Parlament. Die Europäische Gemeinschaft hat gemäß EG-Vertrag derzeit kein Recht, über Wahlrecht und Wahlzulassung zu Parlamentswahlen zu bestimmen. Diese Fragen werden somit im nationalen Recht geregelt.

Zur Frage, ob die die Rechtsvorschriften zu Parlamentswahlen möglicherweise die im EG-Vertrag geregelte Freizügigkeit einschränken, stellt der Rat fest, dass die Umsetzung der Grundsätze des Gemeinschaftsrechts die materielle Umsetzung des EG-Vertrags ist.

Wie in der Antwort auf die Anfrage E-1756/06 festgestellt wird, hat der Rat bisher die Ausweitung des aktiven und passiven Wahlrechts der Unionsbürger auf nationale Wahlen nicht erörtert.

 

Anfrage Nr. 25 von Zsolt László Becsey (H-0833/06)
 Betrifft: Die Verantwortung der amtierenden EU-Ratspräsidentschaft für die Bewahrung der ethnischen Vielfalt der Wojwodina
 

Da das EP – auf unseren Vorschlag hin – sich sowohl in einer Entschließung als auch in einem Bericht für die Bewahrung der ethnischen Vielfalt in der Wojwodina eingesetzt hat, steht die Frage dieser Provinz weiterhin auf der Tagesordnung der amtierenden finnischen Ratspräsidentschaft, und wenn ja, mit welchen konkreten Maßnahmen trägt diese dazu bei, insbesondere im Hinblick auf die ernste Lage in der Wojwodina, die sich nicht nur in der offenen körperlichen und sonstigen Misshandlung nationaler und ethnischer Minderheitengruppen oder Personen äußert, sondern auch durch nachweisliche Diskriminierung in den Bereichen Schulwesen, Religionsausübung, Rechtsprechung, Beteiligung an staatlichen Einrichtungen sowie Erwerb von Eigentum und Zugang zu Beschäftigung?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen.

Während der finnischen Präsidentschaft hat der Rat das Geschehen in Serbien aufmerksam verfolgt. Die Überwachungsmission der Europäischen Union beobachtet die Situation vor Ort, und andere internationale Akteure wie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und der Europarat behalten die Lage in der Wojwodina ebenfalls im Auge und versorgen die EU mit Informationen. Das Hauptinstrument der EU, das sich auf die Politik gegenüber dem westlichen Balkan auswirkt, ist der Stabilisierungs- und Assiziierungsprozess. Seinen Bezugsrahmen bilden die Kopenhagener Kriterien, wozu politische Kriterien wie Minderheitenrechte gehören. Der Rat wird die Situation anhand des regelmäßigen Fortschrittsberichts der Kommission über Serbien beurteilen. Der Bericht soll am 8. November vorliegen und eine Einschätzung der Lage in Serbien beinhalten, namentlich in den Bereichen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Minderheitenschutz.

 

Anfrage Nr. 26 von Marian Harkin (H-0837/06)
 Betrifft: „Open Skies“-Vereinbarung zwischen der EU und den USA
 

Kann der Rat dazu Stellung nehmen, wie sich das bilaterale Luftfahrtabkommen zwischen Irland und den Vereinigten Staaten vor dem Abschluss der „Open Skies“-Vereinbarung zwischen der EU und den USA auswirkt?

Kann der Rat eine solche Absprache zwischen den Vereinigten Staaten und irgendeinem der 25 Mitgliedstaaten der Union grundsätzlich gutheißen?

 
  
 

Diese Antwort des Vorsitzes, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der Fragestunde für die Anfragen an den Rat auf der Oktober-I Tagung 2006 des Europäischen Parlaments in Straßburg nicht mündlich abgegeben.

Die Verhandlungen über das Luftfahrtabkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten wurden im März 2005 abgeschlossen. Die EU wartet jetzt auf die Ergebnisse der internen Verfahren der Behörden der Vereinigen Staaten. Durch diese Verfahren soll die „Änderung der Regelungen“ zur Verwaltung der Daten der ausländischen Bürger durch die Luftfahrtgesellschaften der Vereinigten Staaten auf den neuesten Stand gebracht werden. In der Zwischenzeit haben alle Verhandlungspartner die Bedeutung der Beibehaltung des Verhandlungsvertrags hervorgehoben, da er allen EU-Mitgliedstaaten eine „Open Skies“-Vereinbarung mit den Vereinigten Staaten bietet und den Weg bereitet für künftige freie transatlantische Luftfahrtbeziehungen. Die Beziehungen zwischen Irland und den Vereinigten Staaten werden dabei nur als Teil des Abkommens zwischen der EU und den Vereinigten Staaten, das in naher Zukunft abgeschlossen werden soll, behandelt. In jedem Fall wird von den Verhandlungspartnern die Möglichkeit eines bilateralen Abkommens zwischen Irland und den Vereinigten Staaten nicht erörtert.

 

Anfrage Nr. 27 von Panagiotis Beglitis (H-0839/06)
 Betrifft: Freihandelszone im Mittelmeerraum
 

Am 21./22. September fand auf Rhodos die sechste Europa-Mittelmeer-Konferenz der Industrieminister statt. Dabei wurde unter anderem das Ziel bekräftigt, bis 2010 im Mittelmeerraum eine Freihandelszone einzurichten, die den freien Verkehr von Industrieerzeugnissen in diesem Raum einschließt.

Könnte der Rat in Anbetracht der Tatsache, dass die meisten Staaten der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft zugleich Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) sind, in deren Rahmen Verhandlungen über eine Liberalisierung der Märkte für Industrieerzeugnisse – mit Sonderregelungen für die Entwicklungsländer – geführt werden, Auskunft geben: Hat der Rat untersucht, welche Auswirkungen eine Vereinbarung im Rahmen der WTO auf dem Gebiet des Handels mit Industrieerzeugnissen für den Handel mit diesen Waren in der Europa-Mittelmeer-Zone haben würde? Sind für die Freihandelszone im Mittelmeerraum – je nach Entwicklungsstand der Mittelmeerländer – Sonderregelungen vorgesehen, damit diese aus der Zone ebensolchen Nutzen ziehen wie die europäischen Länder? Wenn ja, worin bestehen sie?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen.

Der Handel ist ein wichtiger Bestandteil des Barcelona-Prozesses, der die EU und ihre Partner im Mittelmeerraum näher zusammenführt – zum einen über die bilateralen Assoziierungsabkommen mit der EU und zum anderen durch die regelmäßigen Ministertreffen Europa-Mittelmeer zu Fragen des Handels und der Industrie. Es wird das Ziel verfolgt, die wirtschaftliche Integration voranzutreiben und bis 2010 eine regionale Freihandelszone einzurichten.

Die Liberalisierung der Europa-Mittelmeer-Zone steht mit den WTO-Regeln im Einklang, da bilaterale Freihandelszonen im Rahmen von Assoziierungsabkommen Projekte darstellen, die zu einer Vorzugsbehandlung im Sinne von Artikel XXIV des GATT berechtigen. Hinzu kommt, dass ihre Schaffung und die damit verbundenen Maßnahmen im Zeichen der regionalen Entwicklung stehen. Des Weiteren haben die Minister unlängst in Marrakesch bei den fünften Handelsgesprächen Europa-Mittelmeer vereinbart, die Zusammenarbeit in einer mit den EU-Handelspräferenzregelungen zu vereinbarenden Weise zu verbessern, um mit Blick auf die Doha-Entwicklungsagenda der WTO ein ausgewogenes Ergebnis zu erzielen, u. a. durch die Öffnung der Märkte für Agrarerzeugnisse und die Schaffung attraktiver Märkte für Entwicklungsländer.

Was die Partner im Mittelmeerraum anbelangt, so bemüht sich die Union im Rahmen des Barcelona-Prozesses und der Assoziierungsabkommen Europa-Mittelmeer darum, die Industriezölle abzuschaffen und die Ungleichgewichte zu beseitigen, die sich aus Verpflichtungen zu Handelspräferenzen im Agrarbereich ergeben, fordert aber Gegenseitigkeit im Verhältnis zur WTO als unabdingbare Voraussetzung für eine gemeinsame Freihandelszone. Die Ungleichgewichte betreffen zum Beispiel die bis zu 12 Jahre dauernde Übergangsphase für die Abschaffung der Industriezölle auf bestimmte aufgelistete Produkte, die trotz der Tatsache gilt, dass zollfreie Einfuhren von Industrieerzeugnissen aus dem Mittelmeerraum in die EU bereits in den Kooperationsabkommen vorgesehen waren, die Ende der 1970er-Jahre geschlossen wurden. Der regionale Ansatz zur Schaffung einer Freihandelszone Europa-Mittelmeer berücksichtigt auch Freihandelsabkommen innerhalb des Mittelmeerraums zur Förderung des Süd-Süd-Handels, so etwa das Abkommen von Agadir zwischen Tunesien, Marokko, Ägypten und Jordanien, und eine flexiblere Handhabung der Ursprungsregeln, um den Handel zu erleichtern und Möglichkeiten für Standortverlagerungen zu schaffen (das Abkommen über die Ursprungskumulierungszone Europa-Mittelmeer, das zur Ausweitung des Handels im gesamten Raum Europa-Mittelmeer beitragen dürfte).

 

Anfrage Nr. 28 von Manuel António dos Santos (H-0842/06)
 Betrifft: Demokratie im Iran
 

Der Rat hat dem Parlament mitgeteilt, dass er demnächst die Frage der Aufnahme der Bewegung der Volksmudschaheddin (die für die Demokratie im Iran kämpfen) in die Liste der terroristischen Organisationen prüfen und die Liste in diesem Zusammenhang eventuell korrigieren wird.

Kann der Rat das Parlament über den derzeitigen Sachstand in dieser Frage informieren?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen

In Artikel 1 Absatz 6 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP, dem als Anhang eine Liste von an terroristischen Handlungen beteiligten Personen, Vereinigungen und Körperschaften beigefügt ist, heißt es, dass die Namen von Personen oder Körperschaften, die in der Liste aufgeführt sind, mindestens einmal pro Halbjahr einer regelmäßigen Überprüfung zu unterziehen sind. Die letzte aktualisierte Fassung der Liste wurde am 29. Mai 2006 veröffentlicht und dem Gemeinsamen Standpunkt 2006/380/GASP als Anhang beigefügt (ABl. L 144 vom 31.Mai 2006, S. 25).

 

Anfrage Nr. 29 von Gay Mitchell (H-0845/06)
 Betrifft: Nordkorea
 

Kann der Rat eine Stellungnahme zu der jüngsten Ankündigung Nordkoreas, dass es einen Atombombentest durchführen wird, abgeben?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen

Die EU reagierte sofort auf die Ankündigung Nordkoreas, einen Atomwaffentest durchzuführen, und richtete deutliche Warnungen an Pjöngjang. Ihre wichtigsten Partner taten es ihr gleich.

Am 17. Oktober nahm der Rat „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ angesichts der koreanischen Ankündigung eines Atomwaffentests die folgenden Schlussfolgerungen an:

„Der Rat verurteilt scharf den Test eines nuklearen Sprengkörpers, dessen Durchführung die Demokratische Volksrepublik Korea (DVRK) am 9. Oktober 2006 bekanntgegeben hat. Dieser Test, der unter Missachtung der Appelle der Völkergemeinschaft durchgeführt wurde, gefährdet die Stabilität in der Region und stellt eine eindeutige Bedrohung fur Frieden und Sicherheit in der Welt dar. Die DVRK verletzt damit ein weiteres Mal ihre Nichtverbreitungsverpflichtungen. Der Test verstärkt die Isolierung der DVRK und trägt in keiner Weise dazu bei, das Elend der nordkoreanischen Bevölkerung zu mindern.

Die EU wird die Bestimmungen aller relevanten Resolutionen des VN-Sicherheitsrats, insbesondere der Resolution 1718 vom 14. Oktober 2006 und der Resolution 1695 vom 15. Juli 2006 uneingeschränkt durchführen. Der Rat wird hierzu unverzüglich die notwendigen Schritte unternehmen.

Der Rat fordert die DVRK eindringlich auf, nach Maßgabe der Entschließungen 1718 und 1695 des VN-Sicherheitsrats unverzüglich zu den Sechs-Parteien-Gesprächen zurückzukehren, auf eine zügige Umsetzung der gemeinsamen Erklärung vom September 2005 hinzuarbeiten, insbesondere alle Kernwaffen und bestehenden Nuklearprogramme aufzugeben und ihren Verpflichtungen aus dem Nichtverbreitungsvertrag nachzukommen, wozu auch gehört, dass sie all ihre Nuklearaktivitäten durch die IAEO überprüfen lasst. Die EU ruft die DVRK des Weiteren auf, den Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen zu unterzeichnen und zu ratifizieren, von jeglicher Durchführung weiterer Nukleartests und von jeglichem Abschuss von Nuklearraketen abzusehen und ihre Zusagen bezüglich eines Moratoriums fur Raketenversuche zu erneuern.

Die Aktionen der DVRK erhöhen weltweit die Proliferationsgefahren. Der Rat ruft dazu auf, die Anstrengungen zu verdoppeln, um alle Aspekte des internationalen Systems gegen die Proliferation von Massenvernichtungswaffen zu stärken.“

 

Anfrage Nr. 30 von Catherine Stihler (H-0848/06)
 Betrifft: Europäische Zivilschutztruppe
 

Kann der Rat seine Haltung zu dem Vorschlag für eine Europäische Zivilschutztruppe („Europe Aid“) darlegen?

 
 

Anfrage Nr. 31 von Eugenijus Gentvilas (H-0849/06)
 Betrifft: Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz
 

Michel Barnier, früheres Mitglied der Europäischen Kommission, legte einen ausführlichen Bericht über die Schaffung einer europäischen Katastropheneinsatztruppe (Europe Aid) vor. Der Europäische Rat will diesen Bericht im Dezember prüfen, doch nicht alle Mitgliedstaaten unterstützen die Einrichtung einer Einsatzzentrale in Brüssel und wollen weitere finanzielle Verpflichtungen eingehen.

Wie sieht der Rat die Zukunft der gemeinsamen Katastrophenbekämpfung im Rahmen des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz? Welche Empfehlungen zur Finanzierung dieses Verfahrens wird der finnische Vorsitz an den Europäischen Rat richten? Welche finanziellen Verpflichtungen müssten die Mitgliedstaaten eingehen, um die Vorschläge des Barnier-Berichts in die Praxis umzusetzen?

 
  
 

Diese Antwort des Vorsitzes, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der Fragestunde für die Anfragen an den Rat auf der Oktober-I Tagung 2006 des Europäischen Parlaments in Straßburg nicht mündlich abgegeben.

Der Europäische Rat begrüßte auf seiner Tagung vom 15. und 16. Juni 2006 den von Michel Barnier im Mai 2006 unterbreiteten Bericht „Für eine europäische Katastrophenschutztruppe: european aid“(1) als „einen wichtigen Beitrag zur Debatte“. Der Europäische Rat billigte auch den Bericht des Vorsitzes über die Stärkung der Fähigkeiten der Europäischen Union zur Reaktion in Notfällen und Krisen.(2) In diesem Dokument werden die zahlreichen praktischen Maßnahmen und Entscheidungen aufgeführt werden, die getroffen worden sind, damit die Koordination und der Einsatz verfügbarer Mittel verbessert werden, Hilfe rasch dorthin gelangt, wo sie benötigt wird, und EU-Bürger in Drittländern wirksameren konsularischen Schutz erhalten.

Die Dienste des Rates prüfen derzeit Möglichkeiten, mit denen die Bereitschaft der Europäischen Union zur Reaktion auf Notfälle, Krisen und große Katastrophen verbessert werden könnten.

 
 

(1)  9558/06.
(2)  10551/06.

 

Anfrage Nr. 32 von Pedro Guerreiro (H-0850/06)
 Betrifft: Lage der fünf in den USA inhaftierten Kubaner - „Miami 5“
 

Am 12. September 2006 jährte sich zum achten Mal die ungerechte Inhaftierung der kubanischen Patrioten António Guerrero, Fernando Gonzalez, Gerardo Hernández, Ramon Sabañino und René González in US-amerikanischen Gefängnissen. Sie wollten verhindern, dass ihr Land weiterhin Opfer von Terroranschlägen wird, gefördert und durchgeführt von Organisationen mit Sitz in Miami.

In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass eine UN-Arbeitsgruppe zur Angelegenheit der fünf in den USA inhaftierten kubanischen Bürger am 27. Mai 2005 feststellte, dass das Gerichtsverfahren gegen sie „nicht in einem fairen und unparteiischen Klima“ stattgefunden habe, weshalb das Urteil von Miami vom 11. Appellationsgericht in Atlanta am 9. August 2005 einstimmig aufgehoben wurde.

Ebenso sei hervorgehoben, dass diese acht Jahre von Ungesetzlichkeit, unzulässigen Bestrafungen, von Druck und Erpressung und von Missachtung der Menschenrechte geprägt waren, etwa indem die US-Administration die Genehmigung von Besuchen durch Familienangehörige der Inhaftierten hintertrieb oder ihnen Beschränkungen auferlegte.

Könnte daher die derzeitige Ratspräsidentschaft Auskunft geben, was sie zu unternehmen gedenkt, damit die elementarsten Rechte dieser fünf in den USA inhaftierten kubanischen Bürger respektiert werden, darunter das Recht, den Besuch von Familienangehörigen zu empfangen und das Recht auf Urteilsaufhebung und ein faires Gerichtsverfahren?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen.

Die von dem Herrn Abgeordneten aufgeworfene Frage fällt in die Zuständigkeit der US-amerikanischen Gerichte. Deshalb kann der Rat dazu nicht Stellung nehmen.

 

Anfrage Nr. 33 von Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (H-0852/06)
 Betrifft: Umsetzung des Seearbeitsübereinkommens durch die Mitgliedstaaten
 

Am 23. Februar 2006 billigte die Internationale Arbeitsorganisation das Seearbeitsübereinkommen, das der Konsolidierung und Aktualisierung von ca. 65 internationalen Normen für die Arbeit auf See dient und Fragen wie die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der Seeleute, den Gesundheitsschutz, die Sicherheit, die Anheuerung, die Arbeitszeiten sowie den sozialen Schutz u. a. betrifft. Am 16. Juni forderte die Kommission die Mitgliedstaaten auf, das Übereinkommen nach einem Dialog mit den Sozialpartnern möglichst rasch zu ratifizieren (bis Dezember 2008).

Wie beurteilt der Rat den Text des IAO-Übereinkommens im Hinblick auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Seeleute, die Sicherheit der Besatzung, die Sicherheit auf See und die Gewährleistung gerechterer Wettbewerbsbedingungen für die Schifffahrtsunternehmen? Hat er die Kommission aufgefordert, einen Zeitplan für die Konsultationen mit den Sozialpartnern auf europäischer Ebene zum Dialog über die gemeinsamen Arbeitsnormen auf See zu erstellen? Verfügt der Rat über qualitative und quantitative Daten zu den geltenden Arbeitsnormen auf See, die derzeit im Seeverkehr angewandt werden, sowie darüber, in welchem Verhältnis sie zum gemeinschaftlichen Besitzstand stehen?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen.

Die Mitgliedstaaten und die Kommission haben das konsolidierte Seearbeitsüberkommen in der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) ausgehandelt, weil es in die gemeinsame Zuständigkeit der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten fällt. Der Sinn und Zweck des verabschiedeten Übereinkommens besteht darin, zufriedenstellende Lebens- und Arbeitsbedingungen auf Schiffen (Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen der Seeleute einschließlich Gesundheit, Sicherheit, Mindestalter, Arbeitszeit, Unterbringung an Bord und soziale Sicherheit) zu gewährleisten.

Der Rat prüft gegenwärtig den Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, das Seearbeitsüberkommen zu ratifizieren(1), das auch Sachverhalte berührt, die im Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaft liegen. Es wird angestrebt, bis Dezember 2006 eine Einigung zu erzielen. Die Stellungnahme des Parlaments steht noch aus.

Im Hinblick auf die Billigung des Übereinkommens hat die Kommission die Initiative zur Herausgabe einer Mitteilung über die Verbesserung der Arbeitsnormen im Seeverkehr ergriffen(2), in der sie ihre Bereitschaft bekundet, gemäß Artikel 138 Absatz 2 EG Vertrag die Sozialpartner zu konsultieren.

Die Kommission hat eine Folgenabschätzung eingeleitet, um festzustellen, wie sich die Bestimmungen des Übereinkommens nach dem Inkrafttreten auf das Gemeinschaftsrecht auswirken.

 
 

(1) Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, das konsolidierte Seearbeitsübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation aus dem Jahre 2006 im Interesse der Europäischen Gemeinschaft zu ratifizieren (Dokument 10900/06 MAR 64 SOC 331).
(2) Mitteilung der Kommission gemäß Artikel 138 Absatz 2 EG-Vertrag über die Verbesserung der Arbeitsnormen im Seeverkehr (Dokument 10901/06 MAR 65 SOC 332).  

 

Anfrage Nr. 34 von Eija-Riitta Korhola (H-0856/06)
 Betrifft: Stilllegung von Kernkraftwerksblöcken in Kosloduj
 

Bulgarien verpflichtete sich 1999 als Vorbedingung für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen, 4 seiner 6 Kernkraftanlagen in Kosloduj stillzulegen. Zwei Blöcke sind entsprechend der Vereinbarung abgeschaltet worden, zwei weitere sollen bis Ende 2006 folgen. Nach umfangreichen Investitionen und unabhängigen Überprüfungen erfüllen diese Anlagen heute alle Sicherheitskriterien, und nach den Feststellungen der Arbeitsgruppe des Rates „Atomfragen“ ist keine weitere Überwachung erforderlich. Falls die noch laufenden Anlagen wie verabredet stillgelegt werden, wird es in der Region zu Stromausfällen kommen, außerdem wird das Ersatzkraftwerk, das nur eine begrenzte Kapazität hat, mit Braunkohle betrieben, was steigende Treibhausgasemissionen zur Folge haben wird. Auch die Abhängigkeit von Energieeinfuhren nimmt dadurch zu. Sieht sich der Rat in der Lage, die Stilllegung auszusetzen und die überholte Stilllegungsentscheidung zu überprüfen?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen.

Die Beitrittsverhandlungen mit Bulgarien fanden 2004 ihren offiziellen Abschluss. In den Gesprächen über jenes Kapitel des Berichts, der sich mit der Energieproblematik befast, sagte Bulgarien zu, die Reaktoren 1 und 2 des Kernkraftwerks Kosloduj vor dem Jahr 2003 endgültig abzuschalten. Es hat diese Zusage mit der Ende 2002 vorgenommenen Abschaltung der Reaktoren eingehalten. Bulgarien bekräftigte seine Zusage, die Reaktoren 3 und 4 abzuschalten, damit sie 2006 stillgelegt werden können. Auf diese Zusage wird in Artikel 30 Absatz 1 des Protokolls zum Beitrittsvertrag Bulgariens und Rumäniens verwiesen(1). Höhere kerntechnische Sicherheitsstandards der Reaktoren 3 und 4 ändern nichts an den von Bulgarien bei den Beitrittsverhandlungen gemachten Zusagen.

Wie der Frau Abgeordneten bekannt sein dürfte, betonte die Europäische Union während der gesamten Beitrittsverhandlungen mit Bulgarien den hohen Stellenwert strenger Anforderungen an die Sicherheit kerntechnischer Anlagen und eines hohen Umweltschutzniveaus. Das gleiche gilt auch für die Beitrittsverhandlungen mit anderen Ländern in der fünften Erweiterungsrunde.

Die Europäische Union hat sich bereit erklärt, Bulgarien ein hinreichendes Maß an Gemeinschaftshilfe zu gewähren, damit es Maßnahmen zur Abschaltung und Stillegung der Reaktoren 1-4 in Kosloduj ergreifen kann. Im Zeitraum 2000-2009 beläuft sich der EU-Beitrag alles in allem auf 550 Millionen Euro. Die Heranführungshilfe der EU machte insgesamt 340 Millionen Euro aus. Nach Artikel 30 Absatz 2 des Protokolls sollen weitere 210 Millionen bereitgestellt werden. Dort heißt es auch, dass die Finanzhilfe unter anderem Maßnahmen zur Unterstützung der Stillegung der Reaktoren 1 bis 4 des Kernkraftwerks Kosloduj, Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltfreundlichkeit entsprechend dem Besitzstand, Maßnahmen zur Modernisierung konventioneller Stromerzeugungskapazitäten sowie der Bereiche Übertragung und Verteilung von Energie in Bulgarien sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz, zum Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energieqquellen und zur Verbesserung der Sicherheit der Eneergieversorgung umfasst.

Darüber hinaus kann Bulgarien die Anwendung der allgemeinen Schutzklausel im Sinne von Artikel 36 beantragen. Der betreffende Absatz lautet wie folgt: „Für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren nach dem Beitritt kann Bulgarien oder Rumänien bei Schwierigkeiten, welche einen Wirtschaftszweig erheblich und voraussichtlich anhaltend treffen oder welche die wirtschaftliche Lage eines bestimmten Gebiets beträchtlich verschlechtern können, die Genehmigung zur Anwendung von Schutzmaßnahmen beantragen, um die Lage wieder auszugleichen und den betreffenden Wirtschaftszweig an die Wirtschaft des Binnenmarkts anzupassen.“

Wie aus Artikel 36 des Protokolls deutlich hervorgeht, muss der betreffende Mitgliedstaat zunächst die Genehmigung der Kommission zur Ergreifung von Schutzmaßnahmen einholen und dazu entsprechende Hintergrunddaten vorlegen. Nach Eingang des Antrags bewilligt die Kommission die Schutzmaßnahmen, die sie für erforderlich hält. Die Kommission muss also abwägen, ob sie ihre Zustimmung zu den von der Frau Abgeordneten angesprochenen Maßnahmen erteilt oder nicht.

Zudem möchte der Rat die Frau Abgeordnete daran erinnern, dass der Rat die Sicherheit der Energieversorgung, die Wettbewerbsfähigkeit und die ökologische Nachhaltigkeit als Eckpfeiler der Energiepolitik betrachtet, wie die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom März 2006 („Energiepolitik für Europa“) belegen.

Die jüngste Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze(2) und der Vertrag über die Energiegemeinschaft werden dazu beitragen, einen regional integrierten Markt für Strom- und Erdgasnetze in Südosteuropa zu schaffen und diesen mit den größeren EU-Märkten zu verknüpfen. Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Wege zur Gewährleistung von Sicherheit in der Energiepolitik, von Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit in der Region. Bulgarien ist darüber hinaus Vertragspartei des unlängst in Kraft getretenen Vertrages über die Energiegemeinschaft. Zu den Aufgaben der Energiegemeinschaft gehören die Verbesserung der Umweltsituation und die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien. Deshalb gilt es zu prüfen, welche Konzepte und Methoden in diesem operativen Rahmen zur Anwendung kommen können. Auf diese Weise wird Bulgarien als vollwertiger Mitgliedstaat der EU über bessere Voraussetzungen verfügen, um die von der Frau Abgeordneten angesprochenen Probleme lösen zu können.

Die Versorgungssicherheit, die Wettbewerbsfähigkeit und die Nachhaltigkeit sind auch Ausgangspunkt einer strategischen Studie zum Thema Energie, die die Europäische Kommission 2007 dem Rat und dem Europäischen Parlament vorlegen will.

 
 

(1)  Amtsblatt L 157 vom 21. Juni 2006, S. 29-45.
(2)  Entscheidung 1364/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.9.2006 zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze und zur Aufhebung der Entscheidung 96/391/EG und der Entscheidung Nr. 1229/2003/EG, ABl. L 262 vom 22. September 2006, S. 1.

 

Anfrage Nr. 35 von Ryszard Czarnecki (H-0859/06)
 Betrifft: Kroatien - Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft
 

Wie bewertet der Rat den Stand der Vorbereitungen Kroatiens, das möglicherweise das 28. Mitglied der Union wird, auf den EU-Beitritt?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen.

Was die Vorbereitungen auf den Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union anbelangt, hat die Kommission gerade den analytischen Abgleich der innerstaatlichen Gesetze mit dem EU-Regelwerk abgeschlossen, um den kroatischen Behörden den gemeinschaftlichen Rechtsbestand zu erläutern und um beurteilen zu können, in welchem Stadium sich die Vorbereitungen für die Aufnahme von Verhandlungen über einzelne Themenbereiche befinden. Der Rechtsbestand wurde zum Zwecke der Beurteilung und mit Blick auf die künftigen Gespräche, die jeweils einem bestimmten Politikfeld gelten, in 35 Kapitel unterteilt.

Derzeit prüft der Rat die Berichte zur Beurteilung der Lage und kommt dabei gut voran. Der Rat muss 16 Berichte zu einzelnen Verhandlungskapiteln behandeln. Er hat zu 13 Kapiteln Schreiben versandt, die zum Teil Bedingungen für die Aufnahme von Gesprächen enthalten. Derzeit prüft der Rat drei weitere Kapitel, bei denen die Aufnahme von Gesprächen gegebenenfalls von Bedingungen abhängig gemacht wird.

Kroatien hat seine Verhandlungsposition zu den Beitrittsgesprächen für die ersten sieben Kapitel (Wissenschaft und Forschung, Bildung und Kultur, Zollwesen, Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschafts- und Währungspolitik sowie Unternehmens- und Industriepolitik) unterbreitet. Am 12. Juni 2006 fand in Luxemburg im Zusammenhang mit dem Beitritt eine Ministerkonferenz mit Kroatien statt, die deutlich machte, dass es auf dem Wege zur Aufnahme von Gesprächen vorangeht, denn die dort begonnene Aussprache zum Kapitel Wissenschaft und Forschung wurde vorläufig abgeschlossen. Weitere Kapitel sollen in den nächsten Monaten abgeglichen werden.

Es ist damit zu rechnen, dass die Kommission ihren nächsten Fortschrittsbericht zu Kroatien am 8. November vorlegt. Darin werden die Fortschritte bei den Vorbereitungen des Landes auf den Beitritt unter Berücksichtigung aller Kapitel des Rechtsbestands bewertet. Der Rat beabsichtigt, den Bericht gründlich zu prüfen.

 

Anfrage Nr. 36 von Diamanto Manolakou (H-0860/06)
 Betrifft: Versuch der Unterbindung gewerkschaftlicher Aktivitäten im öffentlichen Dienst
 

Der griechische Minister für Umwelt, Raumordnung und öffentliche Vorhaben hat am 27. 9. 2006 gefordert, Parteien sowie gewerkschaftliche und politische Aktivitäten in der öffentlichen Verwaltung zu unterbinden, weil die Gewerkschaftsbewegung im öffentlichen Dienst angeblich eine Ursache der Korruption sei. Dies ist ein direkter Angriff auf gewerkschaftliche und politische Aktivitäten der Arbeitnehmer und auf das elementare Recht und die Freiheit der Parteien auf ungehinderte Tätigkeit, der selbst der Verfassung widerspricht.

Verurteilt der Rat diese Äußerungen des griechischen Ministers als eine Form des Angriffs auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und freies Handeln der Arbeitnehmer?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen.

Es ist nicht Sache des Rates, zu öffentlichen Äußerungen von Politikern in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Stellung zu nehmen.

 

Anfrage Nr. 37 von Athanasios Pafilis (H-0862/06)
 Betrifft: Entlassung eines Universitätsdozenten in der Türkei
 

Dr. Izge Günal, Dozent an der Dokuz-Eylül-Universität in Izmir/Türkei, wurde auf Beschluss des Disziplinarrats des Rektorats der Universität am 29. 9. 2006 entlassen, weil er sich gegen die Entlassung von 213 Reinigungskräften des Universitätskrankenhauses infolge der Privatisierung dieser Einrichtung eingesetzt und eine Initiative zur Wiedereinstellung dieser Beschäftigten geleitet hatte, in deren Rahmen 4 000 Unterschriften gesammelt wurden. Türkische Gewerkschaften haben bereits ihre Solidarität mit dem entlassenen Dozenten bekundet und ihren Widerstand dagegen zum Ausdruck gebracht, dass Ausbildungseinrichtungen in kommerzielle Unternehmen umgewandelt werden, was zu Massenentlassungen führt.

Verurteilt der Rat diese Entlassung, die einen Angriff auf die gewerkschaftlichen Rechte und das Recht auf Meinungsfreiheit darstellt?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen.

Der Rat hat von dem in der Frage angesprochenen Sachverhalt keine Kenntnis. Es besteht allerdings ein deutlicher Zusammenhang mit den übergreifenden Themen Meinungsfreiheit und Gewerkschaftsrechte. Ich möchte dabei noch einmal unterstreichen, dass die Union diesen Fragen einen hohen Stellenwert beimisst. Vor allem im Hinblick auf die Meinungsfreiheit hat der Rat noch einmal zum Ausdruck gebracht, dass weitere Anstrengungen vonnöten sind, um die praktische Handhabung des Rechts auf Meinungsfreiheit in der Türkei mit den Normen in Einklang zu bringen, die sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergeben. Bei den Gewerkschaftsrechten ist entschiedenes Handeln erforderlich, damit sie entsprechend den EU-Normen und einschlägigen ILO-Konventionen in vollem Umfang respektiert werden. Dies gilt insbesondere für die Koalitionsfreiheit, das Streikrecht und die Tariffreiheit. Diese Punkte fanden Aufnahme in den Rahmen für die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, der am 3. Oktober 2005 vom Rat beschlossen wurde, und zählen zu den kurzfristigen Prioritäten der überarbeiteten Beitrittspartnerschaft. Sie werden von der Union ständig auf allen Ebenen zur Sprache gebracht, denn sie sind Teil des Reformprozesses, der in der Türkei im Gange ist. So geschehen auf der jüngsten Tagung des Assoziationsrates EU-Türkei, die am 12. Juni 2006 in Luxemburg abgehalten wurde, und auf der Tagung der Ministertroika EU-Türkei, die am 16. Oktober 2006 am gleichen Ort stattfand.

Der Fragesteller kann also davon ausgehen, dass wir in unserer Bewertung der Fortschritte der Türkei auf dem Wege zum Beitritt die Entwicklung in den beiden genannten Bereichen aufmerksam verfolgen werden. Natürlich wird sich der Verlauf dieser Entwicklung auf den Fortgang der Verhandlungen auswirken.

 

Anfrage Nr. 38 von Proinsias De Rossa (H-0864/06)
 Betrifft: Verbringung von US-Häftlingen über Flughäfen der Europäischen Union
 

Kann der Rat seine Antwort auf die Anfrage H-0570/06(1) in Anbetracht der aktuellen Situation nochmals überprüfen? Der Häftling, dessen Fall beschrieben wurde, stand nicht unter Terrorverdacht. Die Verbringung dieses Häftlings erfolgte also nicht im Rahmen des „Kampfes gegen den Terror“. In der Anfrage wird nicht ein Mitgliedstaat bezichtigt, gegen die Menschenrechte verstoßen zu haben. Es geht vielmehr darum, ob der Rat Wert darauf lagt, dass die Würde von Häftlingen, die über EU-Flughäfen verbracht werden, entsprechend den völkerrechtlichen Bestimmungen gewahrt wird? Welche Schritte unternimmt der Rat, um sicherzustellen, dass das Gastland angemessen unterrichtet wird und alle staatlichen Bestimmungen, einschließlich jener über die Einhaltung des Völkerrechts, eingehalten werden?

 
  
 

Diese Antwort des Vorsitzes, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der Fragestunde für die Anfragen an den Rat auf der Oktober-I Tagung 2006 des Europäischen Parlaments in Straßburg nicht mündlich abgegeben.

Es ist eindeutig, dass jede Verbringung von Häftlingen unter Einhaltung rechtlicher Bestimmungen erfolgen muss. Der Vorsitz möchte daran erinnern, dass es nicht in die Zuständigkeit des Rates fällt, zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten einzelstaatliche Rechtsvorschriften oder das Völkerrecht korrekt umsetzen. Bei einer möglichen Verletzung des Gemeinschaftsrechts ist die Kommission für die Einleitung von Maßnahmen gemäß Artikel 211 und 226 des EG-Vertrags zuständig.

 
 

(1)  Schriftliche Antwort vom 6.7.2006.

 

Anfrage Nr. 39 von Laima Liucija Andrikienė (H-0869/06)
 Betrifft: Neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Russland
 

Das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Russland ist das wichtigste Dokument beim Aufbau der Beziehungen zwischen beiden Seiten. Das geltende weitreichende Partnerschafts- und Kooperationsabkommen bleibt bis Ende 2007 in Kraft. Derzeit werden bereits neue Formen der Kooperation eingeführt, um die Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland zu verbessern.

Welche Prioritäten und Hauptziele hat die EU in das neue Abkommen aufgenommen? Wurde der Energiesektor in das neue Partnerschafts- und Kooperationsabkommen einbezogen?

 
  
 

Diese vom Vorsitzstaat verfasste Antwort, die als solche weder den Rat noch seine Mitglieder bindet, wurde während der ersten Plenartagung des Europäischen Parlaments, die im Oktober 2006 in Straßburg stattfand, in der Fragestunde mit dem Rat nicht mündlich vorgetragen.

Leider kann der Rat zu dem neuen Abkommen, das mit der Russischen Föderation ausgehandelt werden soll, derzeit noch keine Einzelheiten bekanntgeben, da die daran beteiligten Ratsgremien gerade die Verhandlungsdirektiven erörtern.

Der Rat kann aber mitteilen, dass sich die Teilnehmer des Gipfeltreffens EU-Russland, das am 25. Mai 2006 in Sotschi stattfand, auf den folgenden Bezugsrahmen für die Verhandlungen über ein neues Abkommen verständigt haben:

Die Beziehungen zwischen der EU und Russland werden weiterhin vertraglich geregelt sein.

Das neue rechtsverbindliche Abkommen soll die Beziehungen zwischen uns auf eine dauerhafte und umfassende Grundlage stellen.

Das neue Abkommen sollte auch die Perspektiven für eine Ausweitung des Handels und für die wirtschaftliche Integration nach dem Beitritt zur Welthandelsorganisation berücksichtigen.

Keine der beiden Seiten wird sich vor dem Inkrafttreten des neuen Rahmens vom gegenwärtigen Partnerschafts- und Kooperationsabkommen lossagen, um einen rechtlichen Schwebezustand zu vermeiden.

 

ANFRAGEN AN DIE KOMMISSION
Anfrage Nr. 48 von Caroline Lucas (H-0797/06)
 Betrifft: Änderung der Schwerpunkte für Ziele in Handelsgespräche
 

Die Europäische Union führt derzeit bilaterale Handelsgespräche mit Staaten aus Asien, Lateinamerika, Amerika und der Golfregion durch. Obwohl die Kommission weiterhin davon überzeugt ist, dass eine multilaterale Handelsvereinbarung wünschenswert ist, hat der für Handel zuständige Generaldirektor der Europäischen Kommission erklärt, dass diese bilateralen Gespräche unabhängig vom Schicksal der WTO-Doha-Runde fortgesetzt werden.

Der Generaldirektor wurde in der „European Voice“ vom 27. Juli 2006 mit den Worten zitiert: „ In den Mitgliedstaaten besteht die Auffassung, dass sie künftige Freihandelsabkommen stärker für den weiteren Zugang zu Märkten und für neue wirtschaftliche Vorteile und weniger ausschließlich zur Förderung von Entwicklung, Nachbarschaft oder politischen Erwägungen nutzen möchten.“

Kann die Kommission der Hintergrund für diese Erklärung erläutern, insbesondere ob es im wesentlichen die Mitgliedstaaten sind oder die GD Handel, die von einer Entwicklungspolitik hin zu einer schwerpunktmäßigen Europapolitik übergehen möchten? Welche Mitgliedstaaten drängen gegebenenfalls am stärksten in diese Richtung?

 
  
 

Am 4. Oktober 2006 verabschiedete die Kommission ein neues Strategiepapier. Die Kernaussage, zu der sie im Ergebnis dieser handelspolitischen Überprüfung gelangte, lautet, dass die Europäische Union weiterhin dem multilateralen Handelssystem der Welthandelsorganisation (WTO) verpflichtet bleiben muss und diese Haltung durch eine neue Generation bilateraler Freihandelsabkommen mit den wichtigsten aufstrebenden Länder ergänzt. Sie wird auch neue Initiativen zum besseren Schutz des geistigen Eigentums, für eine Überprüfung und mögliche Novellierung der Handelschutzinstrumente der Europäischen Union sowie für eine eingehende Überprüfung der Handelsstrategie der EU gegenüber China ergreifen.

Diese Politik ist keine Alternative zur multilateralen Liberalisierung des Handels, wie sie zurzeit durch die WTO-Entwicklungsagenda von Doha verfolgt wird. Die WTO muss die grundlegende Plattform bleiben, auf der die globale Liberalisierung beruht, und die Europäische Union wird weiterhin alles in ihren Kräften für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen über die Entwicklungsagenda von Doha tun, deren erfolgreicher Abschluss ihr wichtigstes Ziel bleibt.

WTO zuerst bedeutet nicht einzig und allein WTO. Wir sollten über die bilateralen Freihandelsabkommen der EU hinausgehen, nämlich mit neuen Abkommen, die offenere Märkte und gerechtere Handelsbedingungen in neuen Wachstumsbereichen, speziell in Asien, schaffen sollen. Solche Freihandelsabkommen können in die multilaterale Liberalisierung der WTO eingebettet sein.

Bilaterale Handelsabkommen bleiben aber wichtig, damit Europa seinen Verpflichtungen gegenüber der sich entwickelnden Welt nachkommen kann, wie das z. B. bei den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der Fall ist. Entwicklung wird multilateral wie bilateral ein Kernstück unserer internationalen Handelspolitik bleiben. Die Kommission ist davon überzeugt, dass die Bestimmungen, die sie mit den Entwicklungsländern auszuhandeln bemüht ist, zu deren Weiterentwicklung und Wachstum beitragen wird. Es ist dennoch richtig, dass bei Entscheidungen über neue Freihandelsabkommen mit Ländern mit ausgereiften Märkten bzw. mit Schwellenländern der Akzent verstärkt auf die Wettbewerbsfähigkeit gelegt wird. Deshalb rücken wir wirtschaftliche und Wettbewerbserwägungen stärker als in der Vergangenheit in den Vordergrund.

Die neue Strategie ist eine Initiative der Kommission und Teil ihrer Gesamtverantwortung für die Handelspolitik der Europäischen Union. Sie reagiert auf Bestrebungen und Bedenken, die von den Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und Wählern zum Ausdruck gebracht werden. Ihre weitere Umsetzung wird derzeit mit den Mitgliedstaaten und dem Parlament erörtert.

 

Anfrage Nr. 49 von Sajjad Karim (H-0800/06)
 Betrifft: Handelserleichterungen der EU als eine vertrauensbildende Maßnahme zwischen Indien und Pakistan
 

In meinem Bericht: Die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der EU und Indien (A6-0256/2006) habe ich „sowohl Indien als auch Pakistan auf(gefordert), administrative Hemmnisse, die die Durchführung vertrauensbildender Maßnahmen im Handel behindern, weiter abzubauen, und (...) die EU auf(gefordert), gegebenenfalls entsprechende technische Hilfestellung anzubieten.“ Auch im „Strategiepapier und Richtprogramm für die Mehrländerprogramme in Asien im Zeitraum 2005-2006“ wird ein Schwerpunkt auf die Bedeutung der Unterstützung regionaler Zusammenarbeit in Südasien dies im Rahmen der SAARC gelegt, um Stabilität in der Region zu schaffen und Wirtschaftsentwicklung zu fördern.

Welche Rolle kann nach Auffassung der Kommission der Handel spielen, um Indien und Pakistan näher an eine friedliche Lösung der Kaschmir Frage heranzubringen? Kann die Kommission alle Programme beziehungsweise Vorschläge für Programme aufzeigen, die unter besonderer Berücksichtigung des Kaschmirs und des Wiederaufbaus nach Erdbeben zwischen Indien und Pakistan vertrauensbildende Maßnahmen durch Handelsbeziehungen sowie allgemein eine engere wirtschaftliche Integration in den Ländern der SAARC unterstützen sollen?

 
  
 

Handelserleichterungen sind ein wichtiger Faktor, um den Handel zu fördern und dazu beizutragen, positiv auf Wachstum und Entwicklung der Wirtschaft, nicht zuletzt auf regionaler Ebene, auszustrahlen. Daher steht die Europäische Union in der ersten Reihe bei den Verhandlungen über ein neues WTO-Abkommen über Handelserleichterungen als Bestandteil der Doha-Entwicklungs-Agenda. Die Förderung regionaler Handelserleichterungen ist fest in diese multilateralen Verhandlungen einbezogen, und für die Europäische Union bleibt dies ein vorrangiges Anliegen. Die Arbeit an Handelserleichterungen wird als Element sowohl multilateraler als auch bilateraler Strategien weiter fortgeführt.

Die Europäische Union unterstützt generell regionale Initiativen wie die Südasiatische Vereinigung für regionale Zusammenarbeit (SAARC), vor allem das kürzlich abgeschlossene Freihandelsabkommen in Südasien (SAFTA). Von der Europäischen Kommission wird das SAFTA-Abkommen durch ihr Ersuchen um den Beobachterstatus bei der SAARC sowie durch ihre handelsbezogenen Hilfeprogramme unterstützt. Die regionale Kumulierung der SAARC im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) ist eine zusätzliche Hilfsmaßnahme.

Was die technische Hilfe anlangt, so hat die Europäische Kommission ein Programm der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der Südasiatischen Vereinigung für regionale Zusammenarbeit entworfen, in dem auch Handelserleichterungen (Zoll), Standards und Zusammenarbeit zwischen Unternehmen in der Region enthalten sind. Zu den Zielen dieses Programms gehört die Förderung des Handels innerhalb der Region durch Unterstützung der Verwirklichung des Freihandelsabkommens in Südasien, das seinerseits bessere politische Beziehungen in der Region fördern soll. Das Programm ist den Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch nicht vorgelegt worden, da die Annahme durch die SAARC abgewartet werden muss. Wir gehen davon aus, dass es auf der Tagung der SAARC im November erörtert wird.

 

Anfrage Nr. 50 von Glenys Kinnock (H-0817/06)
 Betrifft: Entwicklungsbeitrag der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen
 

Schließt sich die Kommission der Auffassung an, dass es bei den Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen im Wesentlichen nicht nur um die Verbesserung des Marktzugangs für traditionelle Ausfuhrgüter der AKP-Länder gehen sollte, sondern dass diese Länder auch bei Maßnahmen unterstützen werden müssten, die auf den Umbau ihrer Volkswirtschaften, die Diversifizierung der Produktion und die Schaffung von mit Wertschöpfung verbundenen wirtschaftlichen Tätigkeiten gerichtet sind? Wenn die Kommission dieser Aussage zustimmt, was ist ihre Antwort auf die Kritik der AKP-Länder, die die Meinung vertreten, dass die Kommission nicht bereit sei, ihnen dabei zu helfen, die aus der Abschaffung der Zölle und anderen Umstrukturierungskosten resultierenden Einnahmeverluste auszugleichen?

 
  
 

Die Kommission schließt sich uneingeschränkt der Meinung an, dass es bei den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) um viel mehr als um Marktzugang geht. Die Entwicklungsdimension ist das Grundanliegen der WPA. Dazu gehören Anreize für politische Reformen, vor allem zur Förderung der regionalen Integration, sowie ein auf Regeln beruhender Rahmen für Handel und Investitionen.

Die EG und die Mitgliedstaaten sind bereit, die AKP-Länder bei der Anpassung an den Reformprozess zu unterstützen. Wir werden ihnen bei den Übergangskosten helfen, und wir sind bereit, die Liberalisierung allmählich einzuführen, während Reformen und regionaler Marktaufbau auf den Weg gebracht werden. Wir werden den AKP-Partnern auch dabei helfen, ihre Handelsmöglichkeiten zu verstärken und Probleme auf der Angebotsseite zu überwinden. Zudem sind wir zur Hilfe bei eventuellen Auswirkungen im Bereich der Zolleinnahmen bereit.

Auf Forderungen nach konkreten Vorabverpflichtungen zur Finanzierung und Programmplanung gibt die Kommission eine klare Antwort: Die Finanzierungsinstrumente stehen bereit. Die für den 10. Europäischen Entwicklungsfonds gesetzten Finanzrahmen haben einen beträchtlichen Umfang. Wir müssen aber den Inhalt der WPA erörtern, bevor wir den Unterstützungsbedarf richtig ermitteln können. Und diesen müssen wir in die Gesamtunterstützung für die Entwicklung integrieren. Dann wird die Kommission in der Lage sein, die Finanzmittel richtig zu planen und gemeinsam mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und anderen dafür zu sorgen, dass keine WPA-Verpflichtungen übernommen werden, die über die eigene Leistungskraft hinausgehen. Die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, einen beträchtlichen Teil dieser verstärkten Bemühungen um Handelshilfe in die Finanzierung von WPA einfließen zu lassen.

 

Anfrage Nr. 51 von Laima Liucija Andrikienė (H-0868/06)
 Betrifft: Vorschlag der Kommission, den weltweiten Energiehandel den WTO-Regeln zu unterwerfen
 

Im Juni 2006 schlug die Kommission vor, den weltweiten Energiehandel den WTO-Regeln zu unterwerfen und die Energie im Rahmen einer neuen Verhandlungsrunde über den globalen Handel in den Mittelpunkt zu rücken, damit für den Handel mit Öl und Gas dieselben Regeln wie für andere Waren gelten. Wenn der Energiehandel den Regeln und Vorschriften der WTO unterstellt wird, würde von den Erzeugern verlangt, dass sie freien Zugang zum Transit gewähren. Ist das der derzeitige Standpunkt der Kommission? Welche Fortschritte wurden in Bezug auf ihren Vorschlag, den weltweiten Energiehandel den WTO-Regeln zu unterwerfen, erzielt?

 
  
 

In ihrem im März 2006 veröffentlichtem Grünbuch „Eine europäische Strategie für nachhaltige, wettbewerbsfähige und sichere Energie“ legt die Kommission die neuen Gegebenheiten im Energiebereich, mit denen Europa in einer Welt des globalen Handels und der gegenseitigen Abhängigkeiten konfrontiert ist, dar. Wie das für Energie zuständige Kommissionsmitglied deutlich herausgestellt hat, ist die Energieaußenpolitik der Europäischen Union zentraler Bestandteil der Aussprache im Rahmen der Überprüfung der EU-Energiestrategie, und Vorschriften für den Energiehandel und Investitionen in den Energiebereich sind dabei ein wichtiges Element. Wir müssen uns hierbei vor allem auf vier Bereiche konzentrieren.

Erstens brauchen wir eine klare und vorausschauende Politik zur Energiesicherung und -diversifizierung, vor allem zur Gasversorgung. Zweitens benötigen wir wirksame Energiepartnerschaften mit den Ländern, die die EU mit Energie versorgen, z. B. mit Russland und der Ukraine. Grundlage muss die Anerkennung unserer gegenseitigen Abhängigkeiten, sicherer Investitionsbedingungen und der Gegenseitigkeit des Zugangs zu Märkten und Infrastruktureinrichtungen sein. Drittens müssen wir um die EU herum einen wirklich europaweiten Regelungsraum aufbauen und dann Schritt für Schritt gemeinsame Handels-, Transit- und Umweltvorschriften sowie die Harmonisierung und Integration der Märkte erarbeiten. Als Grundlage dafür könnte die Energiegemeinschaft Südosteuropa dienen. Viertens, wenn trotz gemeinsamer Vorschriften dennoch Krisen entstehen, müssen wir bereit sein, rasch und wirksam zu reagieren.

Selbstverständlich ergänzen diese außenpolitischen Ziele unsere innenpolitischen Ziele im Energiebereich, die wie folgt lauten: Verwirklichung des Energiebinnenmarktes, Förderung von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien, Entwicklung einer nachhaltigen Kohleverwertung sowie EU-weiter Ausbau von Energieverbundleitungen und Infrastruktureinrichtungen.

Im Zuge unserer Überprüfung zur Stärkung der Energieaußenpolitik der Europäischen Union gegenüber den Energieerzeuger- und Energietransitländern müssen wir die uns zur Verfügung stehenden Instrumente, u. a. auch die in der Welthandelsorganisation (WTO), untersuchen.

Die bestehenden WTO-Regeln zur Transitfreiheit tragen dazu bei, dass der grenzüberschreitende Handel, darunter der Handel mit Energie, reibungslos und diskriminierungsfrei abläuft. Der Transit kann aber in der Praxis noch immer beeinträchtigt werden. Die in Doha geführten Verhandlungen über die Erleichterung des Handels boten Gelegenheit zur Behandlung dieser Frage. Im Juni 2006 legten die Europäischen Gemeinschaften gemeinsam mit anderen Mitgliedstaaten der WTO und aufbauend auf früheren Vorlagen der WTO Vorschläge zur Handelserleichterung vor. Diese sowie auch andere Vorschläge machen deutlich, dass die WTO-Mitgliedstaaten für Transitgüter, zu denen natürlich auch Energie gehört, keine ungünstigeren Bedingungen gewähren dürfen als die für einheimische Güter. Mit dieser Klarstellung würde die Anwendung des WTO-Grundprinzips der Inländerbehandlung für den Transit bestätigt.

Bedauerlicherweise wurden die Verhandlungen über die Entwicklungsagenda von Doha (DDA) kurz nach der Verbreitung unseres Transit-Vorschlags vom Juni an die WTO-Mitglieder unterbrochen. Die Kommission möchte jedoch unterstreichen, dass die WTO-Regeln den Transit, den Transit von Energielieferungen eingeschlossen, bereits umfassend enthalten. Sie hofft, dass wir mit unseren Vorschlägen zur Handelserleichterung insgesamt Fortschritte erzielen können, wenn die Doha-Verhandlungen wieder aufgenommen werden.

Parallel zur Entwicklungsagenda von Doha untersuchen wir auch andere Handelsinstrumente, die sich zur Förderung unserer Handelsziele einsetzen lassen. Obwohl Russland den Energiechartavertrag noch nicht ratifiziert hat, haben andere Länder, unter ihnen 21 Drittländer, den Vertrag ratifiziert. In die Vereinbarung wurden mehrere Bestimmungen über den Transit aufgenommen, darunter auch Bestimmungen gemäß den WTO-Regeln, obwohl ein zusätzliches Transitprotokoll mit weiteren Regeln für den Abschluss von Transitvereinbarungen bisher noch nicht mit Erfolg abgeschlossen wurde.

Die Kommission baut ihre Energieziele auch in den EU-Gesamtrahmen für die Beitrittsverhandlungen zur WTO ein. Somit entwickeln wir durch die geltenden WTO-Regeln, die Verhandlungen über die Doha-Entwicklungsagenda und die WTO-Beitrittsverhandlungen einen integrierten Ansatz für Energiefragen.

 

Anfrage Nr. 55 von Ryszard Czarnecki (H-0857/06)
 Betrifft: Beitritt der neuen EU-Mitgliedstaaten zur Euro-Zone
 

Stimmt die Kommission der Auffassung zahlreicher Wirtschaftswissenschaftler zu, wonach die meisten Staaten der „neuen Union“ die für den Beitritt zur Euro-Zone erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in den Jahren 2011-2012 in vollem Umfang erreichen werden?

 
  
 

Mit der Unterzeichnung des Beitrittsvertrags vereinbarten die zehn Mitgliedstaaten, die der Europäischen Union im Mai 2004 beitraten, den Euro einzuführen, sobald sie die im Vertrag festgelegten notwendigen Voraussetzungen erfüllen. Viele neue Mitgliedstaaten haben Zieldaten und Strategien für die Einführung des Euro gewählt, in denen die politische Verpflichtung zu einer durchdachten Konvergenzpolitik konkrete Form annimmt. Der letztendliche Zeitplan für die Erweiterung der Euro-Zone wird von den Fortschritten der einzelnen Länder bei der Erreichung eines hohen Grades an dauerhafter Konvergenz abhängen und lässt sich daher nicht im Voraus festlegen.

Mindestens alle zwei Jahre bzw. auf Ersuchen eines Mitgliedstaates mit einer Ausnahmeregelung erstatten die Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) dem Rat über die von den Mitgliedstaaten bei der Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Erreichung der Wirtschafts- und Währungsunion erzielten Fortschritte Bericht. Die nächsten regelmäßigen Konvergenzberichte werden von der Kommission und der EZB im Dezember 2006 veröffentlicht, wobei sich Gelegenheit bieten wird, über die Fortschritte und die verbleibenden Aufgaben bei der Erzielung dauerhafter Konvergenz Bilanz zu ziehen.

 

Anfrage Nr. 56 von Dimitrios Papadimoulis (H-0824/06)
 Betrifft: Berechnung des griechischen BIP
 

Nach griechischen Pressemeldungen prüft die Regierung Griechenlands die Einbeziehung der Schattenwirtschaft in die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), um dadurch das Finanzdefizit zu verringern und das Land aus der Kuratel der Gemeinschaft herauszuführen. In der Presse wird immer wieder erklärt, dass diese Methode zur Berechnung des BIP, die als „schöpferische Buchführung“ bezeichnet wird, bereits mit Eurostat diskutiert und dem zuständigen Kommissar Almunia gemeldet worden sei.

Hat die Kommission Kenntnis von dem Vorhaben, das BIP auf diese Weise zu berechnen? Billigt sie die vorstehend genannte Methode zur Berechnung des griechischen BIP? Ist sie der Auffassung, dass eine eventuelle Anrechnung der Schattenwirtschaft auf das BIP eine „künstliche“ Steigerung des BIP der griechischen Regionen zur Folge haben wird?

 
  
 

Alle Mitgliedstaaten haben zu gewährleisten, dass die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und die anderen der EU zu meldenden volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen vollständig sind und die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit erfassen. Dieses Erfordernis ergibt sich aus dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 95) und der Entscheidung der Kommission 94/168 vom 22 Februar 1994.

Griechenland übermittelte der Kommission am 22. September 2006 revidierte BIP-Daten, die um 25 % korrigiert waren. Das sind die ersten korrigierten Daten, die Griechenland seit 1993 vorgelegt hat.

Eurostat überprüft die von Griechenland übermittelten Daten gemäß den dafür vorgesehenen Verfahren. Das für Wirtschaft und Währung zuständige Kommissionsmitglied hat Eurostat in der Tat aufgefordert, diese Frage vorrangig zu behandeln. Zu betonen sind in dieser Hinsicht die Bedeutung einer engen Mitwirkung der griechischen Statistikbehörden und vor allem eine vollständige und komplett überarbeitete Bestandsaufnahme der für die Neuberechnung des Bruttonationaleinkommens (BNE) verwendeten Primärdaten und Methoden.

Mit der Überprüfung ist bereits begonnen worden, und der BNE-Ausschuss wird die Daten Ende Oktober erstmals prüfen. Unter Berücksichtigung der Stellungnahme und der Bemerkungen des BNE-Ausschusses wird Eurostat anschließend eine BNE-Prüfung vor Ort vornehmen. Dabei führt Eurostat eine gründliche Untersuchung der Zuverlässigkeit und Qualität der Erhebungen, Zählungen und anderen benutzten Datenquellen durch, beurteilt die angewendeten statistischen Methoden, bewertet die Quelldaten für die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und kontrolliert, ob die statistischen Verarbeitungsmethoden denen im ESVG 95 entsprechen. Entsprechend der üblichen Vorgehensweise werden Sachverständige aus anderen Mitgliedstaaten zur Teilnahme eingeladen, um volle Transparenz zu gewährleisten. Möglicherweise werden weitere Dienstreisen erforderlich sein, bevor eine komplette Überprüfung vorgenommen werden kann. Wie generell üblich, werden die Ergebnisse zunächst mit dem nationalen statistischen Amt Griechenlands erörtert und dessen Bemerkungen bedacht.

Am Ende dieses Prozesses schätzt Eurostat ein, ob die überarbeiteten griechischen Daten für die verschiedenen Verwendungszwecke der Kommission und des Rates geeignet sind oder ob Korrekturen und weitere Verbesserungen notwendig sein werden.

Angesichts der hohen statistischen Unsicherheit der korrigierten Zahlen wird der von Eurostat für die multilaterale wirtschafts- und haushaltspolitische Überwachung vorzulegende Datenbestand, auf den die Kommission und der Rat für ihre Bewertungen und Entscheidungen zurückgreifen, vorerst weiterverwendet, wobei darin unkorrigierte Angaben zu der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung enthalten sind.

 

Anfrage Nr. 57 von Georgios Papastamkos (H-0826/06)
 Betrifft: Verhältnis zwischen europäischer und nationaler Wirtschaftspolitik
 

Die Mitgliedstaaten, insbesondere die im Euro-Wirtschaftsgebiet, haben den supranationalen europäischen Institutionen im wirtschaftspolitischen Bereich bedeutende originäre Kompetenzen abgetreten. Zugleich fordern die Bürger vom Nationalstaat, dass er öffentliche Güter bereitstellt und seine historisch gewachsenen Aufgaben erfüllt.

Übt die EU die ihr abgetretenen Kompetenzen in einer nach Intensität und Umfang ähnlichen Weise aus wie zuvor der Nationalstaat? Besteht zwischen dem politischen Angebot auf der europäischen Ebene und der Nachfrage der Bürger eine Kluft? Wenn die Möglichkeit, Wirtschaftspolitik zu betreiben, auf der nationalen Ebene strukturell eingeschränkt und auf europäischer Ebene defizitär ist, wie lässt sich dieses Missverhältnis überbrücken?

 
  
 

Die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Europäischen Union und der Ebene der Mitgliedstaaten richtet sich nach dem Subsidiaritätsprinzip. Politikbereiche werden auf die Ebene der Gemeinschaft bzw. des Euro-Währungsraums verlagert, wenn ein solches Vorgehen klare Vorteile bringt. Dies ist der Fall, wenn Übertragungs- und externen Effekten Rechnung zu tragen ist. Genauso werden politische Kompetenzen auf die europäische Ebene verlagert, wenn öffentliche Güter bereitgestellt werden sollen, die unteilbar sind und die von den Mitgliedstaaten auf sich allein gestellt nicht effizient verfügbar gemacht werden können. Somit ist es sinnvoll, wenn Politikbereiche wie Währungs- und Geldpolitik sowie Handels- und Wettbewerbspolitik auf die europäische Ebene übertragen werden.

Die Einführung des Euro, die Abschaffung der Notwendigkeit von Abwertungswettläufen, echte Preisstabilität und Zinskonvergenz auf einen so tiefen Stand, wie er für die Länder des Euroraums niemals zuvor verzeichnet wurde, sind der Beweis dafür, dass die Gemeinschaftspolitiken den Bürgern des Eurogebiets greifbare Fortschritte bringen. Da andererseits die Zuständigkeit für die meisten Bereiche der Wirtschaftspolitik fest in der Hand der Mitgliedstaaten bleiben, ist die Kommission nicht der Auffassung, dass die Möglichkeiten für die Gestaltung angemessener Wirtschaftspolitiken auf einzelstaatlicher Ebene in unzulässiger Weise begrenzt werden. Die Abstimmungsanforderungen auf europäischer Ebene sorgen für zusätzlichen Nutzen, weil damit gewährleistet wird, dass in den einzelstaatlichen Politiken den gesamtgemeinschaftlichen Zielen gebührende Aufmerksamkeit gewidmet wird. Diese Abstimmung ermöglicht durch den Austausch bewährter Methoden einen Zugewinn an Erkenntnissen und kann politische Entscheidungen auf einzelstaatlicher Ebene fördern bzw. anregen, auch wenn sicher noch mehr getan werden kann, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Eurogebiets und der Europäischen Union insgesamt zu verbessern.

 

Anfrage Nr. 58 von Cristobal Montoro Romero (H-0830/06)
 Betrifft: Rolle der europäischen Wirtschaft im weltweiten Wachstum
 

In einem weltweiten wirtschaftlichen Kontext, der von steigenden Zinssätzen geprägt ist, bestehen Zweifel an der Kontinuität des Wirtschaftswachstums der Vereinigten Staaten im kommenden Jahr und an den Auswirkungen, die dies auf die Zinssätze haben könnte. Wenn sich das amerikanische Wachstum im kommenden Jahr verlangsamt, wird die Europäische Union dann in der Lage sein, sie als Antriebskraft des weltweiten Wachstums abzulösen? Sind diese Zweifel die Gründe, auf die sich die Veränderung der Erwartungen in Deutschland stützt?

 
  
 

Die Kommission bereitet zurzeit ihre Herbstprognose vor, die am 6. November 2006 veröffentlicht wird. Die Aussichten für die Wirtschaft der USA werden Gegenstand einer ausführlichen Beurteilung sein, die sich auch mit den Auswirkungen vergangener Zinserhöhungen auf die US-Wirtschaft, speziell den dortigen Wohnungsmarkt, der Anzeichen einer raschen Abkühlung zeigt, befasst.

Ausgehend von der am 6. September 2006 veröffentlichten Zwischenprognose der Kommission wird das Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union 2006 auf schätzungsweise 2,7 % ansteigen. Das stellt im Vergleich zur Frühjahrsprognose der Kommission eine Korrektur um 0,4 Prozentpunkte nach oben dar. Auch wenn in der Zwischenprognose keine Aktualisierung der Vorausschätzung für das Jahr 2007 gegeben wird, würde die Korrektur nach oben für die EU-Wirtschaft im Jahr 2006 auf ein Wachstum im Jahr 2007 hinweisen, das damit höher als erwartet ausfallen dürfte (in der Frühjahrsprognose wurde es auf 2,2 % angesetzt). In Verbindung mit der Tatsache, dass in Asien das Wachstum anhaltend hoch sein wird, ist für 2007 mit einer Verlagerung des globalen Wachstums weg von den USA und hin nach Europa und Asien zu rechnen.

Auch wenn die erwartete Konjunkturabschwächung in den USA einer der Faktoren ist, die zur jüngsten Abschwächung bei einigen Umfrageindikatoren in Deutschland beigetragen haben, sind möglicherweise weitere Faktoren im Spiel gewesen. Vor allem wegen der Mehrwertsteuererhöhung um 3 Prozentpunkte am 1. Januar 2007 erwarten viele Beobachter in Deutschland zu Beginn des Jahres eine Abschwächung der Ausgaben der privaten Haushalte (was sich zum Teil durch eine Verlagerung der Ausgaben für den Konsum und für Baumaßnahmen widerspiegelt, die auf das Jahr 2006 vorgezogen werden). Wegen dieser möglichen Folgen für die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal 2007 gaben die vorausschauenden Umfrageindikatoren in den letzten Monaten nach, während sich die Indikatoren für die laufende Wirtschaftskonjunktur weiter verstärkt haben.

 

Anfrage Nr. 59 von Katerina Batzeli (H-0858/06)
 Betrifft: Folgen der erneuten Erhöhung der Zinssätze
 

Am 5. Oktober 2006 hat die Europäische Zentralbank die Zinsen zum fünften Mal um 0,25 % erhöht, wodurch der Leit-Zinssatz sich auf 3,25 % erhöht. Die Erhöhung wurde mit dem Hinweis auf eine notwendige Wachsamkeit angesichts des Inflationsdrucks begründet sowie mit der Notwendigkeit der Erhaltung der Preisstabilität. Andererseits hat die Kommission in ihrem letzten Vierteljahresbericht über die Eurozone eine Wirtschaftswachstumsrate von 3,4 % festgestellt, die höchste in den letzten sechs Jahren, und die kurzfristigen Wirtschaftsprognosen für die Eurozone als optimistisch bezeichnet.

Inwieweit deckt sich der Bericht der Kommission mit den Einschätzungen der EZB im Hinblick auf beträchtliche Inflationsrisiken und die Wahrscheinlichkeit einer Destabilisierung der Preise? Ist die Kommission der Auffassung, dass die EZB-Zinsentscheidung in diesem Stadium den jüngsten vorsichtigen Aufwärtstrend der Wachstumsrate in der Eurozone in Gefahr bringen könnte?

Ist die große Divergenz der Zinssätze zwischen den Mitgliedstaaten in Einklang zu bringen mit einem zufrieden stellenden Funktionieren des Binnenmarkts in der Eurozone, insbesondere solange es Mitgliedstaaten gibt, die die höchsten Kredit- und die niedrigsten Sparzinsen haben, wodurch die Kreditnehmer unter Druck gebracht werden und die Investition gebremst wird? Wird die Kommission Maßnahmen ergreifen, um die Unterschiede in den Zinssätzen in der Eurozone auszugleichen?

 
  
 

Alle wichtigen Indikatoren der wirtschaftlichen Tätigkeit bestätigen, dass die Belebung der Wirtschaft eine breite Basis hat und in erster Linie durch die Binnennachfrage gestützt wird. Sowohl die Europäische Zentralbank (EZB) als auch die Kommission sehen die Konjunkturaussichten als günstig an. So wurde z. B. das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in der Eurozone im Jahr 2006 in den Zwischenprognosen der Kommission im September von 2,1 % auf 2,5 % nach oben korrigiert.

Den Voraussagen zufolge verbleibt die Gesamtinflationsrate für 2006 im Durchschnitt bei über 2 %, woran sich auch 2007 nichts ändern dürfte. Um die Aufwärtsrisiken für die Preisstabilität einzudämmen und die feste Verankerung der Inflationserwartungen aufrechtzuerhalten, hat die EZB die geldpolitischen Zügel seit Dezember 2005 weiter gestrafft. Selbst nach der letzten Erhöhung bleiben die Zinssätze nominal und real auf einem historischen Tiefpunkt, und die Liquidität ist groß, was in den hohen Expansionsraten der Geldmengenaggregate und der Kredite sichtbar wird. Die Wahrung der Preisstabilität und die Verankerung der Inflationserwartungen auf niedrigem Niveau sichern niedrige langfristige Zinssätze, die Investitionen fördern und die Bedingungen für höheres Wachstum schaffen.

Bezüglich der Frage der Frau Abgeordneten zur Divergenz der Zinssätze sei Folgendes gesagt: Durch die einheitliche Geldpolitik wird gewährleistet, dass die kurzfristigen Zinsen auf dem Geldmarkt überall in der Eurozone gleich sind. In den letzten Jahren ist eine starke Annäherung der Zinsen für Privatkunden zu beobachten. Die weiter bestehenden Unterschiede bei den Darlehens-/Einlagenzinssätzen lassen sich durch eine Reihe von Faktoren, unter anderem durch statistische Differenzen, rechtliche und steuerliche Determinanten sowie strukturelle und zyklische Determinanten, erklären(1).

Durch die anhaltende grenzüberschreitende finanzielle Integration werden die Unterschiede bei den Darlehens-/Einlagenzinssätzen der Banken zwischen den Mitgliedstaaten der Eurozone höchstwahrscheinlich weiter zurückgehen. An dieser Stelle sei der Hinweis gestattet, dass die Kommission in ihrem Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005-2010 erhöhten Handlungsbedarf bei der Integration des Privatkundenbankgeschäfts ermittelt hat. Zu den von ihr vorgeschlagenen bzw. in Erwägung gezogenen Initiativen gehören ein Weißbuch zum Hypothekenkreditmarkt, ein Vorschlag für eine Richtlinie über Verbraucherkredite sowie ein Vorschlag für eine Richtlinie über Zahlungsdienste, um die Schaffung eines Einheitlichen Europäischen Zahlungsverkehrsraumes zu erleichtern. Außerdem lässt die Kommission (Generaldirektion Wettbewerb) zurzeit den Sektor Privatkundenbankgeschäfte in der EU untersuchen.

 
 

(1)  Weitere Informationen dazu entnehmen Sie bitte dem Monatsbericht der EZB - Juli 2005 bzw. dem Bericht der EZB „Unterschiede bei den MFI-Zinssätzen in den einzelnen Ländern des Euro-Währungsgebiets“, September 2006 (Statistisches Dokument).

 

Anfrage Nr. 60 von Marie Panayotopoulos-Cassiotou (H-0780/06)
 Betrifft: Elektronische Konsultation und EU-Kinderrechtsstrategie
 

In ihrer Mitteilung zur EU-Kinderrechtsstrategie, die am 4. Juli 2006 veröffentlicht wurde, sieht die Kommission konkrete Maßnahmen zum Schutz von Kindern vor, unter anderem die Einführung einer einheitlichen sechsstelligen Telefonnummer für Hilfe suchende Kinder („Helpline“) und einer anderen einheitlichen Telefonnummer für Notrufe im Fall verschwundener oder sexuell missbrauchter Kinder („Hotline“) sowie einer webgestützten Diskussionsplattform.

Wie sieht der Zeitplan für die Umsetzung dieser Ziele aus? Welche Mittel stehen dafür bereit? Welche Unterscheidung will die Kommission konkret zwischen der Helpline und der Hotline treffen? Gibt es einen konkreten und umsetzbaren Plan für die Entwicklung eines Koordinierungs- und Konsultationsmechanismus (Europäisches Forum für die Rechte des Kindes und webgestützte Diskussionsplattform)? Wie werden die dort zum Ausdruck gebrachten Positionen bewertet, und wie kann man diejenigen, die sich an der elektronischen Konsultation beteiligen, vor jeder Art von Missbrauch schützen?

 
  
 

Die Umsetzung der elektronischen Diskussionsplattform wird ab Ende 2006 schrittweise und im Anschluss an die Einsetzung der verschiedenen Gruppen im Zusammenhang mit der Mitteilung über die Kinderrechte vonstatten gehen.

Als Instrument für die elektronische Plattform soll das von der Europäischen Kommission entwickelte System „SINAPSE“ dienen. Es handelt sich um ein voll abgesichertes System, das nur ordnungsgemäß registrierten Mitgliedern Zugang bietet. Außerdem lassen sich mehrere Schichten von Mitgliedern so organisieren, dass nur zwischen einer kleinen Zahl im Voraus festgelegter Personen private Diskussionen geführt werden können.

Der Entwurf einer Entscheidung der Kommission über die Reservierung der mit <116> beginnenden nationalen Nummernfolge für einheitliche Rufnummern für einheitliche Dienste von sozialem Wert für die Bürger Europas wird zurzeit von den Mitgliedstaaten im Kommunikationsausschuss erörtert. Es wird erwartet, dass die Dienststellen der Kommission den Kommunikationsausschuss im Herbst 2006 im Zuge eines Regelungsverfahrens um eine Stellungnahme ersuchen werden und die Entscheidung Anfang 2007 von der Kommission verabschiedet werden soll.

Mit der Entscheidung wird die Kommission von den Mitgliedstaaten verlangen, einen Bereich nationaler Telefonnummern, die alle mit „116“ beginnen, für einheitliche europaweite Dienste von sozialem Wert zum Wohl der europäischen Bürger, einschließlich der Durchreisenden, reservieren.

Die 116-er Nummern sollen gemäß einer Anfrage von Interessengruppen auf EU-Ebene (per Entscheidung der Kommission) für einen speziellen Dienst (und NICHT für einen Diensteanbieter(1)) reserviert werden. Die Zuweisung der Nummer an zugelassene Diensteanbieter unterliegt der einzelstaatlichen Zuständigkeit. Die Mitgliedstaaten werden die anzubietenden Dienste, die in der Entscheidung der Kommission aufgeführt werden, genehmigen müssen, aber es gibt keine Verpflichtung für sie, zu garantieren, dass diese Dienste auch erbracht werden.

Wie die Frau Abgeordnete in ihrer mündlichen Anfrage dargelegt hat, werden zurzeit zwei Arten von Diensten untersucht:

eine Hotline für vermisste Kinder;

eine Helpline für Kinder.

Die Hotline ist eine Notrufleitung, die zu 80 % von Eltern genutzt wird, die ihre Kinder vermissen; über die Helpline sollen Kinder Gehör und Hilfe finden, und sie wird zu 80 % von Kindern genutzt. Es ist daher notwendig, zwei verschiedene Telefonnummern für diese sehr unterschiedlichen Dienste zu haben.

Nach der Annahme der Entscheidung der Kommission wird die Kommission Interessenbekundungen für die Reservierung spezieller 116-er Nummern für spezielle Dienste ausschreiben. Organisationen, die eine Hotline für vermisste Kinder bzw. eine Helpline für Kinder anbieten, werden 116-er Nummern beantragen können, die für ihre entsprechenden Dienste reserviert werden sollen.

Nach der Inbetriebnahme des Systems wird es den Bürgern Europas möglich sein, derartige Dienste von sozialem Wert zu erreichen, indem in jedem Mitgliedstaat die gleiche Telefonnummer zur Verfügung steht.

 
 

(1)  Der Ausdruck „Diensteanbieter“ wird zur Bezeichnung der Stelle, die diesen Dienst erbringt (=Lieferant des Inhalts), und NICHT zur Bezeichnung des Betreibers eines elektronischen Kommunikationsdienstes verwendet.

 

Anfrage Nr. 61 von Manuel Medina Ortega (H-0782/06)
 Betrifft: Rückführung von Minderjährigen
 

Unter den zahlreichen illegalen Einwanderern, die derzeit in die Europäische Union gelangen, befinden sich viele Minderjährige, die nicht in ihre Länder zurückgeführt werden können, weil es in den meisten dieser Länder an Betreuungseinrichtungen für Jugendliche mangelt. Plant die Kommission Maßnahmen, die die Rückführung dieser Minderjährigen erleichtern?

 
  
 

In ihrem Vorschlag für eine Richtlinie über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger(1), der zurzeit vom Parlament und Rat im Rahmen des Verfahrens der Mitentscheidung erörtert wird, hebt die Kommission hervor, dass die Mitgliedstaaten bei der Durchführung dieser Richtlinie insbesondere das „Wohl des Kindes“ im Sinne des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes von 1989 im Auge behalten sollen.

Dieser allgemeine Grundsatz spiegelt sich in vielen Bestimmungen der vorgeschlagenen Richtlinie wider:

Artikel 5 dieses Vorschlags verpflichtet die Mitgliedstaaten ausdrücklich, bei der Umsetzung dieser Richtlinie dem Wohl des Kindes im Einklang mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes von 1989 Rechnung zu tragen.

Artikel 6 Absatz 4 sieht vor, dass in den Fällen, in denen die Mitgliedstaaten die Grundrechte, die sich insbesondere aus der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte ergeben, wie das Recht auf Nichtzurückweisung, das Recht auf Bildung und das Recht auf Erhalt der Einheit der Familie beachten müssen, keine Rückführungsentscheidung erlassen wird. Wurde bereits eine Rückführungsentscheidung erlassen, so ist diese zurückzunehmen.

Laut Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe c sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, eine Abschiebungsanordnung nicht zu vollstrecken, wenn keine ausreichende Gewähr dafür vorhanden ist, dass unbegleitete Minderjährige am Ausreiseort oder bei der Ankunft im Rückkehrland einem Familienangehörigen, einem gleichwertigen Vertreter, zum Beispiel einem Vormund des Minderjährigen, oder einem zuständigen Beamten des Rückkehrlandes nach Prüfung der Bedingungen, die die Minderjährigen vor Ort erwarten, übergeben werden können.

In Artikel 13 wird vorgeschlagen, dass Artikel 18 (über die Behandlung Minderjähriger) und Artikel 19 (über die Behandlung unbegleiteter Minderjähriger) von Richtlinie 2003/9/EG über die Bedingungen der Aufnahme von Asylbewerbern auf Kinder Anwendung finden sollen, bei denen die Vollstreckung einer Rückführungsentscheidung vertagt worden ist oder die nicht abgeschoben werden können.

Artikel 15 ist den Haftbedingungen gewidmet. Er sieht vor, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass Minderjährige nicht in gewöhnlichen Haftanstalten in vorläufigen Gewahrsam genommen werden und dass unbegleitete Minderjährige von den Erwachsenen getrennt werden, es sei denn, das Wohl des Kindes erfordert etwas anderes.

 
 

(1)  KOM (2005) 391 vom 1. September 2005.

 

Anfrage Nr. 62 von Roberta Angelilli (H-0785/06)
 Betrifft: Umgehung der Quoten für chinesische Textilwaren
 

Im September gab es in der italienischen Presse Meldungen über Fabrikschiffe, die mit einer vollen Ladung von für den europäischen Markt bestimmten halbfertigen Textilwaren aus chinesischer Produktion aus dem Hafen von Shanghai auslaufen. Es handelt sich häufig um Nachahmungen bekannter europäischer Marken.

Um Quoten und Zölle zu umgehen, wird die in China hergestellte Ware an Bord verarbeitet und fertiggestellt. Anschließend wird die Ware in einigen Häfen Malaysias wie auch in Singapur an Land gebracht, wo keine Bescheinigung verlangt wird, dass die Ware an Bord nicht verändert worden ist; in diesen Häfen wird die Ware mit falschen Herkunftsangaben wie beispielsweise „Made in India“ versehen. Anschließend wird die Ware – mit falschen Etiketten und gefälschten Ursprungsunterlagen versehen – auf Containerschiffe verladen und gelangt über die Häfen von Gedda und Dubai in die Häfen von Neapel und Valencia, ohne dass sie den für chinesische Waren vorgesehenen Quoten unterliegt. Ist der Kommission dieser illegale Warenhandel bekannt? Welche Maßnahmen gedenkt sie zu ergreifen, um die Einhaltung der für die Ausfuhr von chinesischen Erzeugnissen nach Europa festgelegten Quoten für Textilerzeugnisse sicherzustellen?

 
  
 

Quoten und andere handelspolitische Maßnahmen der Gemeinschaft werden von den einzelstaatlichen Zollbehörden in den Mitgliedstaaten angewendet. Ihre Grundlage ist die in der Einfuhranmeldung erklärte Herkunft, nicht das zufällig auf dem Artikel angebrachte Etikett.

Die Verwaltung der EU-Quoten erfolgt nach dem System der so genannten „doppelten Kontrolle“: Der Exporteur im Drittland (im vorliegenden Fall China) muss in der für Lizenzen zuständigen Stelle in dem Drittland eine Ausfuhrlizenz anfordern. Diese Ausfuhrlizenz wird dem Importeur in der EU übergeben und parallel dazu die Kommission vom Drittland über ein sicheres Telematiksystem („SIGL“ – Integriertes System für die Verwaltung der Lizenzen) über die Freigabe dieser Ausfuhrlizenz informiert. Beim Eintreffen der Waren in der Europäischen Union muss dann der EU-Importeur in der für Lizenzen zuständigen Stelle in seinem Mitgliedstaat eine Einfuhrlizenz anfordern. Diese Einfuhrlizenz wird erst freigegeben, nachdem festgestellt wurde, dass die EU-Quote noch nicht erschöpft ist. Ist dies der Fall, wird die Einfuhrlizenz freigegeben und dem Importeur die Erlaubnis erteilt, die Waren durch den Zoll abfertigen zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt wird von den Zollbehörden der Mitgliedstaaten eine weitere Kontrolle (Gültigkeit der Lizenzen, Herkunft der Waren usw.) vorgenommen.

Da zu der erklärten Herkunft und zu den genauen Veredelungsvorgängen, die an den verschiedenen Orten vorgenommen wurden, keine Angaben vorliegen, ist eine Stellungnahme dazu, ob dies ein Fall von „illegalem Warenhandel“ ist, nicht möglich.

Die Zollbehörden im Einfuhrmitgliedstaat sind ausreichend mit rechtlichen Mitteln ausgestattet, um Beweismittel für die erklärte Herkunft der Waren zu verlangen, damit die Quote und andere Maßnahmen (Ursprungszeugnis, Artikel 26 des Zollkodex der Gemeinschaften – Verordnung (EWG) 2913/92(1), usw.) korrekt angewandt werden.

Außerdem sind in einigen Mitgliedstaaten nationale Rechtsvorschriften in Kraft, die es ihnen gestatten, in Fällen, in denen Hersteller bzw. Importeure die Waren mit geografischen Angaben versehen, die Richtigkeit der Ursprungskennzeichnung gemäß geltenden Standards und Verfahren zu prüfen.

Auch wenn in erster Linie die Mitgliedstaaten dafür verantwortlich sind, dass die Quoten für die Einfuhr von Waren in die EU eingehalten werden, können sie, falls ihnen Beweise für Unregelmäßigkeiten vorliegen oder sie über ausreichend schwerwiegende Verdachtsmomente verfügen, die Kommission (OLAF) um Hilfe/Koordinierung oder in Übereinstimmung mit dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und China über Zusammenarbeit und gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich bzw. nach Maßgabe der EG-Rechtsvorschriften um die Einleitung von Untersuchungen ersuchen. Bisher ist in diesem konkreten Fall kein derartiges Ersuchen gestellt worden.

Die Tatsache, dass an Bord von Schiffen möglicherweise Waren nachgeahmt werden, hat keinen Einfluss auf die Zollkontrollen, die laut Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates durchgeführt werden, um zu verhindern, dass Rechte an geistigem Eigentum verletzt werden. Diese Kontrollen gelten, wenn Waren, unabhängig vom Ort ihrer Herstellung, zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr, zur Ausfuhr oder zur Wiederausfuhr angemeldet werden.

 
 

(1)  ABl. L 302 vom 19.10.1992.

 

Anfrage Nr. 63 von Liam Aylward (H-0788/06)
 Betrifft: EU-Sportpolitik
 

Kann die Europäische Kommission erklären, welche Initiativen sie in Europa ergreift bzw. zu ergreifen gedenkt, um junge Menschen davon zu überzeugen, dass sie sich stärker sportlich betätigen sollen?

 
  
 

Die Kommission teilt die Meinung, dass regelmäßige und aktive sportliche Betätigung für das körperliche und psychologische Wohlbefinden junger Menschen in Europa unentbehrlich ist. Dies sind jedoch Fragen, die in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen.

Im Rahmen ihrer Zuständigkeiten hat die Kommission verschiedene Initiativen ergriffen. Die Bedeutung des Sports und der körperlichen Betätigung zur Erhaltung der Fitness ist gut bekannt und gut dokumentiert. Eine von einem Konsortium unter Leitung der Universitäten Paderborn und Duisburg-Essen durchgeführte und von der Kommission finanzierte Studie, deren Ergebnisse am 3. Januar 2005 veröffentlicht wurden, ließ erkennen, dass körperliche Betätigung zur Vermeidung von Fettleibigkeit dringend notwendig ist und Fettleibigkeit ein beunruhigendes Gesundheitsrisiko für unsere Kinder und Jugendlichen, einschließlich eines verstärkten Auftretens von für ältere Menschen typischen Krankheiten, z. B. Diabetes Typ II (Alterszucker) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, darstellt.

Die Ergebnisse der Studie sind in vielen unterschiedlichen Bereichen mit großem Interesse aufgenommen worden, und es ist eine freiwillige Arbeitsgruppe für Sport und Gesundheit gebildet worden, der zahlreiche Mitgliedstaaten angehören. Die Arbeitsgruppe ist beauftragt, Beispiele bewährter Verfahren auszutauschen und neue Modelle in diesem Bereich zu entwickeln. Sie leistete ihren Beitrag zur Konsultation der Öffentlichkeit über das Grünbuch der Kommission: „Förderung gesunder Ernährung und körperlicher Bewegung“(1).

Im Jahr 2005 startete die Kommission eine spezielle Initiative – „Ernährung, körperliche Bewegung und Gesundheit – eine europäische Aktionsplattform“, die darauf abzielt, Verbindungen zwischen allen Arten von Maßnahmen herzustellen, die zur Bekämpfung von Fettleibigkeit notwendig sind. Diese Initiative ist Teil der öffentlichen Gesundheitspolitik, die zurzeit den Wandel vom traditionellen, auf Heilung ausgerichteten Ansatz zum sektorübergreifenden und auf Gesundheitsvorsorge beruhenden Konzept vollzieht. Auch wenn Verbraucher und Industrie sowie Ernährungswissenschaftler in der Plattform stark vertreten sind, liegt der Kommission viel daran, dass sich auch andere Akteure, einschließlich Jugend- und Sportorganisationen, in der Plattform engagieren.

In rund 15 aus verschiedenen Ausschreibungen des Programms „Jugend“ finanzierten Projekten ist Sport als ein Instrument für außerschulische Bildung eingesetzt worden. Diese Projekte bedienen sich des Sports zur Erreichung anderer Ziele, z. B. der Eingliederung junger Menschen in die Gesellschaft, der Erhöhung ihres Selbstvertrauens, der Förderung ihres Mannschaftsgeistes und der Herstellung von Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Kulturen. Die Projekte konzentrieren sich auf Sport und Erlebnispädagogik (outdoor education) als Mittel der sozialen Integration und zur nicht formalen Bildung junger Menschen.

Ferner veröffentlichte die Kommission am 18. Juli 2006 eine Ausschreibung für eine Studie zur Ermittlung der Möglichkeiten einer Verbesserung des rechtlichen und politischen Rahmens für den Schutz und die Verbesserung der Spitzenqualität des Trainings junger Sportler in Europa(2).

Schließlich führte die Kommission umfangreiche Konsultationen im Hinblick auf die Vorbereitung eines Weißbuchs über den Sport im Jahr 2007 durch. In diese Konsultationen wurden Jugend- und Sportorganisationen einbezogen. Die Anregungen, die die Kommission entgegengenommen hat, wird sie in vollem Umfang berücksichtigen.

 
 

(1)  KOM (2005) 637 vom 8.12.2005.
(2)  Aufforderung zur Angebotsabgabe Nr. EAC/14/06: „Studie über das Training von Sportlern und Sportlerinnen in Europa“.

 

Anfrage Nr. 64 von Brian Crowley (H-0794/06)
 Betrifft: Die Liberalisierung der Postdienste in Europa
 

Kann die Europäische Kommission eindeutig ihre Pläne bezüglich der Möglichkeit einer größeren Liberalisierung des Postdienstsektors in Europa darlegen?

 
  
 

Die Politik der Kommission in diesem Bereich folgt dem Grundsatz der allmählichen und kontrollierten Marktöffnung in mehreren Schritten, die in den Jahren 2002, 2004 und 2006 erfolgten. Die Ergebnisse dieser Politik sind bisher recht positiv, wie das auch vom Europäischen Parlament in seiner Entschließung vom 2. Februar 2006 anerkannt wurde.

In der Postrichtlinie(1) heißt es, dass die Kommission bis 31. Dezember 2006 einen Vorschlag vorlegen muss, in dem der auf 2009 festgelegte Termin für die Vollendung des Binnenmarkts für Postdienste zu bestätigen oder anderweitige Schritte in der gleichen Richtung festzulegen sind.

Am 18. Oktober 2006 verabschiedete die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 97/67 EG hinsichtlich der Vollendung des Binnenmarkts für Postdienste zusammen mit einer Prospektivstudie über die Auswirkungen der vollen Marktöffnung auf die Universaldiensterbringung und einem Bericht über die Anwendung der Richtlinie 97/67/EG. Der Richtlinienvorschlag wird dem Verfahren der Mitentscheidung unterzogen.

 
 

(1)  Richtlinie 97/67/EG, geändert durch Richtlinie 2002/39/EG.

 

Anfrage Nr. 65 von Eoin Ryan (H-0796/06)
 Betrifft: Strategien zur Bekämpfung des Drogenmissbrauchs in der Europäischen Union
 

Kann die Europäische Kommission eine umfassende Erklärung zu etwaigen neuen Strategien abgeben, die sie zur Bekämpfung des Drogenmissbrauchs in der Europäischen Union verfolgt?

 
  
 

Ein ausgewogener Ansatz zwischen dem Zurückdrängen der Drogennachfrage und der Reduzierung des Drogenangebots, d. h. zwischen Prävention, Erziehung, Schadensminimierung und Zugang zu Behandlungsdiensten einschließlich Wiedereingliederung auf der einen Seite und der energischen Durchsetzung von Gesetzen gegen Drogenherstellung und Drogenhandel auf der anderen ist der Eckpfeiler der Drogenpolitik der EU. Diese Ausgewogenheit zwischen gesundheitlichen und sozialen Aspekten sowie Strafverfolgung spiegelt unsere Auffassung wider, dass in jeder zivilisierten Gesellschaft ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Rechten der Menschen und der öffentlichen Sicherheit herrschen muss.

Vom Rat wurden zwei zentrale politische Dokumente vereinbart. Der EU-Drogenaktionsplan 2005-2008(1) wurde vom Rat auf der Grundlage eines Kommissionsvorschlags verabschiedet. Mit diesem Plan wird die EU-Drogenstrategie 2005-2012 auf über 80 konkrete Maßnahmen übertragen, wobei die Verantwortlichen und die Fristen für die Umsetzung dieser Maßnahmen ausgewiesen werden. Der Aktionsplan enthält Abschnitte zur Koordinierung der Politik, zur Nachfragereduzierung, zur Angebotsreduzierung, zur internationalen Zusammenarbeit und zu Information, Forschung und Bewertung.

Das Ziel des Aktionsplans besteht darin, wie es in dem Plan wörtlich heißt, „… den Drogenkonsum erheblich zu verringern sowie die sozialen und gesundheitlichen Schäden aufgrund des Gebrauchs illegaler Drogen und des Handels damit zu reduzieren“.

Im Aktionsplan werden für jede Maßnahme konkrete Akteure genannt, Fristen und Ergebnisindikatoren festgelegt, anhand derer sich der Umsetzungsgrad jeder Maßnahme messen lässt. Diese werden von der Kommission verwendet, die für die jährliche Bewertung der erzielten Fortschritte verantwortlich ist. Die Bewertung soll die Form eines Berichts an den Rat annehmen, der gegebenenfalls Empfehlungen dazu enthält, wie die Umsetzung des Aktionsplans oder sogar der Plan selbst verbessert bzw. angepasst werden kann.

Unser Konzept beruht auf einer gesicherten Grundlage. Was immer wir tun, sollte sich auf eine objektive Analyse der Lage und die immer zuverlässiger werdenden Daten stützen, die von den Mitgliedstaaten und von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht vorgelegt werden.

Das Drogenproblem ist eine der wichtigsten Anliegen, von dem Millionen von Europäern betroffen sind.

Drogen sind ein weltweites Problem, dass die gesamte internationale Gemeinschaft Gefahren aussetzt. Dementsprechend muss die EU sich mit diesem Problem nicht nur im eigenen Hoheitsgebiet auseinander setzen, sondern auch in ihrer Politik und bei der Finanzierung von Maßnahmen in der übrigen Welt ist der Drogensituation im betreffenden Land bzw. in der betreffenden Region große Aufmerksamkeit zu schenken. In Anerkennung dessen verstärkt die Europäische Union ihre Bemühungen um internationale Zusammenarbeit in der Drogenfrage und in ihrem Kampf gegen das organisierte Verbrechen, in Europa wie auch anderswo.

Im Rahmen der Finanziellen Vorausschau 2007-2013 legte die Kommission 2005 einen Vorschlag für ein spezielles Programm zur Bekämpfung von Gewalt (Daphne) und zur Drogenprävention und –aufklärung vor. Dieser Vorschlag wurde als Ausdruck der politischen Würdigung der Bedeutung der Drogenthematik im Mai 2006 mit dem Ziel der Trennung in das Programm Daphne und das Programm „Drogenprävention und –aufklärung“ geändert. Zu den Zielen des Drogenprogramms gehören Prävention und Reduzierung des Drogenkonsums, der Drogenabhängigkeit und drogenbedingter Schäden, Förderung grenzübergreifender Maßnahmen und von Maßnahmen zur Sensibilisierung im Drogenbereich. Wenn der Vorschlag bis Ende 2006 verabschiedet wird, könnte das Programm 2007 gestartet werden. Dieses neue Programm sieht die Finanzierung einer Reihe von Maßnahmen des Drogenaktionsplans 2005-2008 vor und wird seine Maßnahmen mit bestehenden Programmen, wie z. B. dem Gemeinschaftsprogramm für die öffentliche Gesundheit, das sich mit einer Aktionslinie zu gesundheitsrelevanten Faktoren, darunter der Prävention der Drogenabhängigkeit, befasst, abstimmen.

Was die Außenbeziehungen betrifft, so haben Mitgliedstaaten einzeln und die Kommission beträchtliche Mittel in drogenbezogene Projekte in Entwicklungsländer sowie die Reformländer und -regionen investiert. Insgesamt hat sich die Hilfe der EU in den vergangenen drei Jahren nahezu verdoppelt. Die Kommission ist zu einem der wichtigsten Geber in der Welt geworden und stellt mehr als 300 Millionen Euro als Hilfen für drogenbezogene Projekte zur Verfügung.

 
 

(1)  ABl. C 168 vom 8.7.2005. S. 1.

 

Anfrage Nr. 66 von Margarita Starkevičiūtė (H-0798/06)
 Betrifft: Anbindung der litauischen Verkehrssysteme an das Verkehrssystem der EU
 

Was unternimmt die Kommission, um die litauischen Verkehrsnetze (TEN-V) rascher an die Verkehrsnetze der EU anzubinden?

Welche Probleme gibt es bei der Durchführung der europäischen Verkehrsprojekte in Litauen und welche Fristen sind für ihre Durchführung vorgesehen?

 
  
 

1. Grundlage des litauischen Verkehrsnetzes TEN-V sind die Ergebnisse des Prozesses der Bewertung des Verkehrsinfrastrukturbedarfs, des so genannten TINA-Prozesses. Dem Bericht über den TINA-Prozess (Oktober 1999) lagen die Grundsätze und Kriterien der gemeinschaftlichen Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes(1) zugrunde. Ein Hauptanliegen dieses Vorhabens war die Integration der künftigen TEN-V-Netze in das TEN-V der EU 15.

Die neuen Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, die von Parlament und Rat am 29. April 2004 verabschiedet wurden, weisen 30 vorrangige Projekte auf, zu denen die Arbeiten noch vor 2010 aufgenommen werden sollen.

Eines dieser vorrangigen Projekte ist die „Rail Baltica“ – die von den baltischen Staaten nach Warschau in Polen verlaufende Nord-Süd-Eisenbahnachse. Die Kommission hat nach Rücksprache mit dem Parlament einen europäischen Koordinator berufen, um dieses Projekt voranzubringen bzw. zu fördern.

Ein weiteres vorrangiges, für Litauen wichtiges Projekt ist das den Verbund innerhalb der Union stärkende Projekt Nr. 21 „Hochgeschwindigkeitsseewege“, dessen Ziel es ist, den Kurzstreckenseeverkehr in Europa auszuweiten.

Litauen hat 411 Millionen Euro Unterstützung durch ISPA(2) und aus dem Kohäsionsfonds zum Ausbau des Verkehrssektors erhalten.

Litauen legte im Jahr 2006 zwei Vorschläge vor, die über das Jahresbudget für das TEN-V (Haushaltsplan 2006, nicht für das mehrjährige Richtprogramm) kofinanziert werden sollen. Diese Anträge wurden in diesem Monat (bei einer Gemeinschaftsfinanzierung von insgesamt 4,3 Millionen Euro) vom Ausschuss für die TEN-Finanzhilfe genehmigt.

2. Litauen hat Anspruch auf Mittel aus dem Kohäsionsfonds und den Strukturfonds. Der für den Zeitraum 2007–2013 für Litauen vorgesehene Beitrag liegt bei 2,034 Milliarden Euro aus dem Kohäsionsfonds und 3,965 Milliarden für das Ziel „Konvergenz“, von denen ein Teil den Verkehrsvorhaben zugewiesen werden sollte.

Es sei betont, dass der Aufbau der transeuropäischen Verkehrsnetze für Litauen eine vorrangige Aufgabe bleibt, wie dies bereits im Entwurf seines einzelstaatlichen strategischen Referenz-Rahmenplans (NSRF) vom Juni 2006 dargelegt wurde, der die Prioritäten festlegt, für die Mittel aus den Kohäsions-Finanzierungsinstrumenten (Kohäsionsfonds, Europäischer Fonds für regionale Entwicklung und Europäischer Sozialfonds) während des Programmplanungszeitraums 2007-2013 ausgegeben werden sollen. Die endgültige Fassung des NSRF wird Anfang November 2006 erwartet.

 
 

(1)  Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, ABl. L228 vom 9.9.1996.
(2)  Strukturpolitisches Instrument zur Vorbereitung auf den Beitritt.

 

Anfrage Nr. 67 von Robert Atkins (H-0801/06)
 Betrifft: Flughafensicherheit
 

Kann die Kommission darlegen, weshalb bestimmte Mitgliedsstaaten sich weigern, personengebundene Daten ihrer Bürger bereitzustellen, die auf Antrag britischer Flughäfen für Sicherheitsüberprüfungen genutzt werden sollen, und erläutern, welche Schritte sie zur Lösung dieses Problems unternimmt?

 
  
 

Die Kommission geht davon aus, dass sich die Anfrage des Herrn Abgeordneten auf die Umsetzung der Verordnung (EG) 2320/2002 über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt bezieht, in der verlangt wird, dass Personal, das Zugang zu Sicherheitsbereichen in Flughäfen haben muss, einer Zuverlässigkeitsüberprüfung zu unterziehen ist.

Sind die Zuverlässigkeitsprüfungen mit dem Austausch personengebundener Daten verbunden, so gelten hierfür die zur Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften. Was den Zugang zu Strafregistern betrifft, so sieht die Richtlinie vor, dass die Verarbeitung von Daten, die Straftaten und strafrechtliche Verurteilungen betreffen, nur unter behördlicher Aufsicht erfolgen darf, wobei ein Mitgliedstaat jedoch Ausnahmen aufgrund innerstaatlicher Rechtsvorschriften, die geeignete besondere Garantien vorsehen, festlegen kann. Innerhalb dieses Spielraums haben einzelstaatliche Gesetzgeber in einer Reihe von Fällen strenge Beschränkungen der Zugangsmöglichkeiten zu Strafregistern angenommen, in dem beispielsweise Bescheinigungen über Vorstrafen nur auf Antrag der betroffenen Person ausgehändigt werden, die dann entscheiden kann, sie an Dritte wie etwa künftige Arbeitgeber weitergeben kann. Die Zivilluftfahrtbehörden des Vereinigten Königreichs müssen daher ihrer Verpflichtung nachkommen und innerhalb des geltenden Rechtsrahmens für den Zugang zu den Strafregistern und für ihre Verwendung die Zuverlässigkeitsprüfungen durchführen. Das kann beispielsweise dadurch geschehen, dass Bewerber aufgefordert werden, aktuelle Bescheinigungen über ihr Vorstrafenregister vorzulegen.

Der Austausch von Informationen über strafrechtliche Verurteilungen wird durch das 1959 abgeschlossene Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen (Europarat) geregelt, dem zufolge der Staat der Staatsangehörigkeit über Strafen informiert wird, die gegen seine Bürger in den anderen Staaten verhängt worden sind. Allerdings funktionieren die bestehenden Mechanismen für den Austausch im Rahmen dieses Übereinkommens nicht sehr gut. Außerdem ist der strafrechtliche Verurteilungen betreffende Informationsfluss zwischen den Behörden, die mit der Aufgabe der Übermittlung bzw. Entgegennahme von Strafregisterinformationen betraut sind, nicht sehr effizient.

Es wird weiter an der Verbesserung dieser Lage gearbeitet: Im Mai 2006 trat die Entscheidung des Rates über den Austausch von Informationen aus Strafregistern in Kraft. Das Ziel dieser Entscheidung ist die Beschleunigung des Informationsaustauschs zwischen zuständigen Behörden. Sie sieht vor, für die Antragstellung und die Beantwortung ein Standardformular zu verwenden. Die Kommission arbeitet außerdem an einem Paket von Maßnahmen zur weiteren Verbesserung des Informationsaustauschs zu den Strafregistern zwischen den Mitgliedstaaten, insbesondere an der Entwicklung eines EU-weiten standardisierten Formats für den Informationsaustausch.

 

Anfrage Nr. 68 von Josu Ortuondo Larrea (H-0802/06)
 Betrifft: Notwendigkeit eines internationalen Vertrags über die Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke Südwesteuropa
 

Am 26. Juli 2005 konstituierte sich die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) Vitoria-Dax mit Sitz in Bordeaux mit dem Ziel, den Beschluss über den Beginn der Bauarbeiten zum Abschnitt (Vitoria)–Vergara–Irún–Bayonne–(Dax) vorzubereiten, der als atlantischer Grenzübergangsabschnitt der Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke Südwesteuropa gelten kann.

Allerdings gibt es für diesen Bereich bisher weder einen zwischenstaatlichen Ausschuss noch einen internationalen Vertrag, der den französischen und den spanischen Staat dazu verpflichtet, diese gesamte Teilstrecke bis spätestens 2020 fertig zu stellen.

Kann die Kommission die Unterzeichnung des genannten Vertrags zwischen beiden Mitgliedstaaten unterstützen und vorantreiben? Welche Initiativen ergreift sie gegebenenfalls diesbezüglich bzw. hat sie diesbezüglich ergriffen?

 
  
 

Die Kommission hat im Juli 2005 Herrn Davignon zum Europäischen Koordinator ernannt und damit beauftragt, die verwaltungstechnischen, finanziellen und prioritätsbezogenen Hindernisse zu ermitteln, die einen Einfluss auf den Bau des Eisenbahnkorridors in Südwesteuropa haben könnten, wozu der vom Herrn Abgeordneten genannte Abschnitt (Vitoria)-Vergara-Irún-Bayonne-(Dax) gehört. Der Koordinator hat eine umfassende Bestandsaufnahme in Form eines Jahresberichts vorgenommen, der am 13. September 2006 veröffentlicht wurde. In dem Bericht stellt er fest, dass es keinen zwischenstaatlichen Ausschuss zur Koordinierung der Tätigkeiten der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) gibt und die Unterzeichnung eines internationalen Vertrags deshalb als ein kurz- bis mittelfristiges Ziel erscheint, das dazu beitragen sollte, den Verpflichtungen der beiden Mitgliedstaaten, den gesamten Abschnitt bis spätestens 2020 fertig zu stellen, einen offiziellen Charakter zu geben. Das Fehlen eines Vertrags steht allerdings der Realisierung einer solchen grenzüberschreitenden Infrastruktur nicht entgegen. Die Unterzeichnung eines derartigen Aktes, der von den nationalen Parlamenten zu ratifizieren ist, ist ein Hoheitsrecht der Mitgliedstaaten.

 

Anfrage Nr. 69 von Jacek Protasiewicz (H-0804/06)
 Betrifft: Verstoß gegen Artikel 49 des EG-Vertrags zu Lasten eines Unternehmens im EU-Binnenmarkt
 

Bei der Kommission ist eine Beschwerde über die ungerechtfertigte Diskriminierung des polnischen Unternehmens WESTBUD durch deutsche Zollbehörden eingegangen. Dabei handelt es sich höchstwahrscheinlich um einen Verstoß gegen Artikel 49 des EG-Vertrags, infolgedessen der polnische Unternehmer nicht die Dienstleistung erbringen konnte, die er mit einem deutschen Auftraggeber vertraglich vereinbart hatte.

Was hat die Kommission in dieser Sache unternommen? In welcher Phase befindet sich das betreffende Prüfverfahren?

 
  
 

Die Kommission erhielt mehrere Schreiben und parlamentarische Anfragen, in denen von angeblichen Verstößen deutscher Behörden gegen EU-Rechtsvorschriften bei Kontrollen und Überprüfungen u. a. auch polnischer Firmen in Deutschland die Rede ist. In diesem Zusammenhang möchte die Kommission den Herrn Abgeordneten auf den Standpunkt der Kommission verweisen, der in ihren Antworten auf die schriftliche Anfrage von Herrn Szymański (E-4639/05) und auf die mündliche Anfrage von Herrn Kuźmiuk (H-0625/06) erklärt wurde.

Was den konkreten Fall betrifft, den der Herr Abgeordnete anführt, befindet sich die Kommission im Prozess der Auswertung der Tatsachen sowie der rechtlichen Situation nach der Beschwerde über die angeblich diskriminierende Behandlung der polnischen Baufirma Westbud. Auf dieser Grundlage wird die Kommission beurteilen, ob die von den deutschen Zollbehörden ergriffenen Maßnahmen im Einklang mit dem gemeinschaftlichen Besitzstand stehen.

 

Anfrage Nr. 70 von Véronique De Keyser (H-0805/06)
 Betrifft: Pflicht zur Zurückhaltung
 

Soweit ich mich entsinne, hatten während der vorangegangenen Wahlperioden die Kommissionsmitglieder eine Pflicht zur Zurückhaltung während der Wahlen in ihren Ländern. Derzeit finden in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union, darunter auch Belgien, Wahlen statt oder sind in Vorbereitung.

Besteht für die Kommissionsmitglieder immer noch die Pflicht zur Zurückhaltung oder können sie sich an Wahlkämpfen beteiligen und eine Partei oder Kandidaten unterstützen? Welche Regelung gilt?

 
  
 

Zusätzlich zu Artikel 213 Absatz 2 des Vertrags, der die allgemeinen Pflichten der Mitglieder der Kommission zur Unabhängigkeit und hinsichtlich des Schutzes der allgemeinen Interessen der Gemeinschaft festlegt, enthält der Verhaltenskodex(1) für Kommissionsmitglieder spezifische Vorschriften für die Ausübung politischer Tätigkeiten durch die Kommissare sowie für ihre Beteiligung an Wahlkämpfen:

„Kommissionsmitgliedern ist die aktive Mitgliedschaft in politischen Parteien oder Gewerkschaften gestattet, sofern ihre Tätigkeit im Dienste der Kommission hierdurch nicht beeinträchtigt wird.

Kommissionsmitglieder unterrichten den Präsidenten von ihrer Absicht zur Beteiligung an einer Wahlkampagne sowie von ihrer voraussichtlichen Rolle in derselben. Der Präsident entscheidet unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles, ob die Beteiligung an der Wahlkampagne mit der Wahrnehmung der Pflichten des Kommissionsmitglieds vereinbar ist.

Kommissionsmitglieder, die für ein öffentliches Wahlamt kandidieren, unterrichten den Präsidenten über den Umfang ihrer Beteiligung an der Wahlkampagne. Falls sie die Übernahme einer aktiven Rolle in der Wahlkampagne beabsichtigen, müssen sie ihre Arbeit bei der Kommission für die Dauer der Kampagne ruhen lassen.“

 
 

(1)  http://ec.europa.eu/commission_barroso/code_of_conduct/code_conduct_de.pdf.

 

Anfrage Nr. 71 von Simon Busuttil (H-0810/06)
 Betrifft: Patrouillenfahrten an Seegrenzen
 

Wie bewertet die Kommission die ersten Patrouillenfahrten an den Kanarischen Inseln? Wie wirksam sind die Patrouillenfahrten bei der Verhinderung des Zustroms von Einwanderern gewesen?

Was schlägt die Kommission zur Verbesserung ihrer Wirksamkeit vor? Haben EU-Mitgliedstaaten, die eine Unterstutzung für diese Patrouillen zugesagt haben, sich an ihre Zusagen gehalten?

Wie sehen die Pläne der Kommission für die neuen Patrouillenfahrten im Mittelmeer aus und wann werden sie beginnen? Welche EU-Mitgliedstaaten haben eine Unterstützung dieser Mission zugesagt und was werden sie dazu beitragen?

 
  
 

Die Operation HERA II zur Bewältigung der illegalen Migration auf dem Seeweg aus Afrika auf die Kanarischen Inseln begann am 11. August vor der afrikanischen Küstenlinie. Diese Phase der Operationen am 15. November beendet werden. Es ist daher noch zu früh, um etwas Genaueres zur Wirksamkeit der Operation sagen zu können. Jedoch soll die für die Koordinierung der Maßnahme verantwortliche Agentur FRONTEX – nicht die Kommission – eine sorgfältige Auswertung der Operation vornehmen, um ihre Ergebnisse beurteilen und gegebenenfalls die Wirksamkeit derartiger Operationen in Zukunft verbessern zu können.

Die Kommission möchte aber unterstreichen, dass die Agentur FRONTEX ein koordinierendes Gremium ist, dem selbst weder Küstenwachtbeamte noch operative Einsatzmittel zur Verfügung stehen. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, sowohl Personal als auch Mittel für die Operationen beizusteuern. Im Allgemeinen leisten die Mitgliedstaaten die von ihnen zugesagte Hilfe, jedoch besteht noch Spielraum für Verbesserungen bei den internen Planungsvorgängen der Mitgliedstaaten, die an den Operationen beteiligt sind.

Am 5. Oktober begann die Agentur FRONTEX die Operation NAUTILUS im zentralen Mittelmeer mit dem Ziel, die illegale Einwanderung auf dem Seeweg aus Afrika unter Kontrolle zu bringen und die Zahl der Verluste an Menschenleben auf See aufgrund der Benutzung unsicherer Transportwege und –mittel zu verringern.

Italien, Griechenland, Malta, Frankreich und Deutschland steuern zu dieser Operation Personal und Mittel, u. a. Schiffe, Überwachungsflugzeuge und Hubschrauber, bei.

 

Anfrage Nr. 73 von Chris Davies (H-0814/06)
 Betrifft: Finanzielle Verpflichtungen gegenüber der Palästinensischen Behörde
 

Kann die Kommission mitteilen, wie hoch die finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Palästinensischen Behörde ausfallen?

 
  
 

Im Zeitraum 2000-2005 beliefen sich die Mittel der EG zugunsten des palästinensischen Volkes auf insgesamt 1,5 Milliarden Euro, die aus einer breiten Palette von Haushaltslinien stammten und über eine Reihe von Kanälen umgesetzt wurden.

Rund 55 % dieser Hilfe wurde ohne Einbeziehung der palästinensischen Regierung realisiert. Die restlichen 45 % betrafen direkte Finanzhilfen (35 %), Kooperationen mit rechtlicher sowie finanzieller Verbindung zur palästinensischen Regierung (5 %) bzw. nur mit einer rechtlichen Verbindung (5 %).

Nach der Vereidigung der neuen von der Hamas geführten Regierung im Jahr 2006 kündigte der Rat am 10. April an, dass die gesamte Unterstützung der EU für die Palästinenser wegen der Nichteinhaltung der Bedingungen des Quartetts überprüft werden müssten. Dies hatte zur Folge, dass alle zuvor unterzeichneten EG-Projekte, mit denen eine rechtliche und/oder finanzielle Verbindung zur palästinensischen Regierung gegeben war, ausgesetzt wurden.

Deshalb sind seit April 2006 keine neuen finanziellen Verpflichtungen mit rechtlichen oder finanziellen Verbindungen zur palästinensischen Regierung vorgenommen worden. Die insgesamt 329 Millionen Euro, die bislang im Jahr 2006 zugunsten des palästinensischen Volkes gebunden wurden, werden eingesetzt, um humanitäre und sozioökonomische Bedürfnisse, einschließlich Lebensmittelhilfe, zu befriedigen, die durch die anhaltende Krise größer werden. Die Hilfe wird entweder durch internationale Organisationen gelenkt oder direkt von der Kommission, z. B. durch den vorläufigen internationalen Mechanismus (TIM), verwaltet.

 

Anfrage Nr. 74 von Philip Bushill-Matthews (H-0816/06)
 Betrifft: Golden Shares
 

Warum ist die Kommission wegen des Vorschlags, bei der Fusion von Gaz de France und Suez einen so genannten Golden Share (Aktien- oder Wertpapiertyp, der dem Inhaber Vetorechte über Satzungsänderungen der Gesellschaft einräumt, an der er Anteile erworben hat) zu behalten, nicht gerichtlich gegen Frankreich vorgegangen? Wäre es nicht hilfreich gewesen, bei einer derart wichtigen Frage Rechtssicherheit zu schaffen?

 
  
 

Als Vorbemerkung möchte die Kommission klarmachen, dass sie nicht lediglich aufgrund einer Absichtserklärung in Form von Entwürfen für gesetzgeberische Maßnahmen die in Artikel 226 EG-Vertrag vorgesehenen Vertragsverletzungsverfahren einleiten kann. Vertragsverletzungsverfahren sind nur gegen staatliche Maßnahmen möglich, die tatsächlich in Kraft sind.

Die Kommission hat zum wiederholten Mal ihre Entschlossenheit zur Durchsetzung des EU-Rechts erklärt. Insbesondere liegt es in der Verantwortung der Kommission, den Binnenmarkt von Sonderrechten freizuhalten, die mit dem Vertrag unvereinbar sind und die von Regierungen zur Kontroller privater Unternehmen festgelegt werden könnten , was zu Hindernissen für den freien Kapitalverkehr führen würde.

Es sei dennoch daran erinnert, dass der Vertrag bestimmte Ausnahmen vom freien Kapitalverkehr vorsieht. Der Europäische Gerichtshof hat seine Auslegung der Umstände bekannt gegeben, unter denen diese Ausnahmen zur Beschränkung von Freiheiten des Vertrags rechtmäßig angewendet werden können. Die Kommission hatte Gelegenheit, den Entwurf der französischen Verordnung betreffend Gaz de France zu prüfen. Sie beobachtet genau, was an Bestimmungen in der für die belgischen Unternehmen Distrigaz und SNTC geltenden königlichen Verordnung enthalten ist, die 2002 vom Europäischen Gerichtshof überprüft wurde. Die Kommission ist daher nicht der Meinung, dass die fraglichen französischen Maßnahmen, wenn sie in ihrer ursprünglichen Form bestätigt werden, unter Bezugnahme auf Artikel 56 des Vertrags angefochten werden sollten.

Allerdings behält sich die Kommission ihr Recht auf Eingreifen vor, falls sich der letztlich verabschiedete Mechanismus wesentlich von den Entwürfen der der Kommission übermittelten Maßnahmen unterscheidet, falls die neue Rechtsprechung neue Gründe für ein Eingreifen liefert bzw. legislative Entwicklungen für den Gassektor nach der obigen Entscheidung die fraglichen Bestimmungen unnötig und somit nicht mehr gerechtfertigt erscheinen lassen.

 

Anfrage Nr. 75 von Mairead McGuinness (H-0829/06)
 Betrifft: Folgen der WTO-Verhandlungen für die europäische Landwirtschaft
 

Die Kommission verweist in ihrer Einschätzung der voraussichtlichen Folgen der Welthandelsverhandlungen für die europäische Wirtschaft, die sie dem Europäischen Parlament vor kurzem unterbreitet hat, ausdrücklich darauf, dass der europäische Agrarsektor verkleinert werden müsse, wenn eine Einigung in der WTO erzielt werden solle.

Könnte die Kommission detaillierter darlegen, welcher Anteil des derzeitigen Sektors ihrer Ansicht nach bestehen bliebe, falls eine Einigung in der WTO erzielt würde, und welche Folgen eine solche Einigung für die europäischen Landwirte hätte?

 
  
 

Ein vorzeigbares Ergebnis der derzeit unterbrochenen Gespräche über die Liberalisierung des Handels im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) wird neue Chancen im Sinne einer Öffnung der Exportmärkte inbesondere für Industrieerzeugnisse und Dienstleistungen eröffnen, zugleich aber vor allem die EU-Landwirtschaft auf eine Bewährungsprobe stellen. Das Angebot, das die EU der WTO am 28. Oktober 2005 im Agrarbereich unterbreitete, beinhaltet einen ehrgeizigen Vorschlag zum Marktzugang, die bedingte Abschaffung der Ausfuhrerstattungen und einen deutlichen Abbau der handelsverzerrenden internen Stützungsmaßnahmen.

Die Senkung der Zölle wird besonders dem Agrarsektor einiges abverlangen, der bereits heute eine rasante Zunahme der mit vollem Zollsatz belegten EU-Importe wie Rindfleisch und Geflügel zu verzeichnen hat. Jede Zollsenkung, selbst in Sektoren, die als sensibel gelten und weniger vom Zollabbau betroffen sind, hat einen Anstieg der Einfuhren zur Folge.

Die Auswirkungen eines möglichen WTO-Abkommens werden sich auch in jenen Sektoren bemerkbar machen, die bei ihren Ausfuhren stärker auf Erstattungen angewiesen sind, so im Milch-, Geflügel- und Futtergetreidesektor.

Bei einem Anstieg der Importe und einem Rückgang der Exporte ist mit einem Abwärtsdruck auf die Inlandspreise zu rechnen, der negative Folgen für die Einnahmen der Erzeuger hat und die bereits im Gang befindliche Umstrukturierung des Agrarsektors beschleunigt, da die weniger leistungsfähigen Betriebe ihre Tätigkeit einstellen, womit sich wiederum Chancen für die leistungsstärksten Betriebe ergeben.

Innerhalb der Kommission durchgeführte Untersuchungen deuten darauf hin, dass die aufgrund des WTO-Angebots der EU zu erwartenden Mindereinnahmen in einigen Sektoren mittelfristig zu einem Rückgang der Produktion führt, der sich zwischen 10 % im Rindfleischsektor und 4 % im Getreidesektor bewegt.

Zugleich aber dürfte eine WTO-Vereinbarung auch für EU-Agrarexporte neue Marktchancen auf Drittmärkten eröffnen, namentlich für hochwertige Erzeugnisse und solche mit hoher Wertschöpfung.

 

Anfrage Nr. 76 von Georgios Karatzaferis (H-0832/06)
 Betrifft: Programm Interreg IIIA Griechenland-Türkei
 

Kommissarin Hübner hat mich in ihrer Antwort auf meine Anfrage E-2320/06 bezüglich der Nichtumsetzung des Programms „Interreg IIIA Griechenland-Türkei“ – das nicht vorankommt, weil die Türken die Frage des grenzübergreifenden Charakters aufgeworfen haben und in diesem Zusammenhang die internationalen Grenzen in der Ägäis nicht anerkennen – an die griechischen Behörden verwiesen. Der frühere griechische Außenminister Molyviatis räumte in einer Stellungnahme im griechischen Parlament im Dezember 2005 die Existenz des Problems ein, aber seltsamerweise begnügt sich die Kommission (die das Programm finanziert) damit, Wünsche für den Beginn der Umsetzung auszusprechen (Antwort auf meine Anfrage E-2320/06).

Ich komme also auf meine Anfrage zurück: Hat Griechenland offiziell darauf reagiert, dass auf der Sitzung des Begleitausschusses für das Programm Interreg IIIA (Griechenland-Türkei) in Ankara am 23.11.2005 die griechischen (und damit auch europäischen) Grenzen in Frage gestellt wurden, als die türkische Seite die Frage des grenzübergreifenden Charakters dieses Unterprogramms angesprochen hat?

 
  
 

Der Kommission ist von einem offiziellen Briefwechsel zwischen griechischen und türkischen Behörden über das vom verehrten Abgeordneten angesprochene Programm nichts bekannt. Zudem existiert kein Protokoll der erwähnten Sitzung.

Es sei hier angemerkt, dass das Programm „INTERREG(1) IIIA Griechenland-Türkei“ dezentral verwaltet wird. Deshalb ist die Verwaltungsbehörde des Programms, die für die tägliche Abwicklung und Umsetzung des Programms zuständig ist, der geeignete Ansprechpartner für Fragen zur Umsetzung des Programms, auch zu den Sitzungen des Begleitausschusses. Die Kommission empfiehlt dem verehrten Abgeordneten, sich per E-Mail (interreg@mou.gr), Telefon ((+30)2310 469600) oder Fax ((+30)2310 469602) mit dem Leiter der Verwaltungsbehörde in Thessaloniki in Verbindung zu setzen. Nähere Einzelheiten sind auch unter www.interreg.gr abrufbar.

Die Kommission legt Wert auf die Feststellung, dass die Umsetzungsprobleme nicht die Struktur und den Inhalt des Programms berühren. Der Gesamtrahmen des Programms (Progammplanungsdokument und Ergänzung zur Programmplanung) ist nämlich zufriedenstellend und steht voll mit den Strukturfonds-Verordnungen im Einklang. Die Kommission ist sehr daran interessiert, dass mit der Umsetzung des Programms begonnen wird, damit echte gemeinsame Kooperationsvorhaben zur Förderung der sozioökonomischen Entwicklung der beteiligten Partner in Griechenland und der Türkei finanziert werden können.

Dabei ist sich die Kommission durchaus über die unterschiedlichen Standpunkte der beiden beteiligten Länder zu der im Programm verwendeten Terminologie im Klaren und hofft, dass die derzeit festgefahrene Situation bald überwunden werden kann.

Die Kommission befürwortet nachdrücklich den Ausbau der Zusammenarbeit Griechenland-Türkei, die im Rahmen des laufenden INTERREG-Programms und des neuen Ziels „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ (2007-2013) fortgesetzt werden soll.

 
 

(1)  Gemeinschaftsinitiative betreffend die transeuropäische Zusammenarbeit zur Förderung einer harmonischen und ausgewogenen Entwicklung des europäischen Raums.

 

Anfrage Nr. 77 von Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (H-0835/06)
 Betrifft: Mehrwertsteuer auf Schenkungen in Polen
 

Die Einführung einer Mehrwertssteuer auf Schenkungen gehört zu den Neuerungen der polnischen Mehrwertsteuergesetzgebung, die notwendig sind, um die polnische Gesetzgebung an das EU-Recht anzupassen. Während die Steuer bei der Schenkung von Waren früher auf der Grundlage des Zeitwerts erhoben wurde, dient heute der Neuwert als Berechnungsgrundlage. Diese Lösung ist für Unternehmen, die beispielsweise Lebensmittel, deren Haltbarkeitsdatum abläuft, oder Computer, die schon einige Jahre alt sind, verschenken wollen, weitaus ungünstiger.

Welche Maßnahmen plant die Kommission, damit in einer Situation, in der die auf Schenkungen erhobenen Steuern häufig deren Neuwert übersteigen, auch künftig Anreize geschaffen werden, Bedürftigen Schenkungen zukommen zu lassen?

 
  
 

Gemäß Artikel 5 Absatz 6 der Sechsten MwSt.-Richtlinie(1) wird die Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen als unentgeltliche Zuwendung einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt, wenn dieser Gegenstand oder seine Bestandteile zu einem vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt haben.

Es handelt sich dabei um einen Korrekturmechanismus, mit dem die Einhaltung des für die Mehrwertsteuer geltenden allgemeinen Grundsatzes gewährleistet wird, nämlich dass abgesehen von den in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen, auf Gegenstände, die für eine mehrwertsteuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeit bestimmt sind, im Stadium des Endverbrauchs eine Mehrwertsteuer erhoben wird.

Dementsprechend wird ein Gegenstand, der im Unternehmen eines Steuerpflichtigen beim Einkauf einem Vorsteuerabzugsrecht unterliegt, grundsätzlich der Mehrwertsteuer unterworfen, und zwar entweder bei seinem Verkauf oder seiner unentgeltlichen Übergabe.

Beim Verkauf des Gegenstands wird die Besteuerungsgrundlage durch seinen Verkaufspreis bestimmt (Artikel 11 Absatz A Punkt 1 Buchstabe a) der Sechsten MwSt.-Richtlinie).

Bei der Entnahme des Gegenstands unter den in Artikel 5 Absatz 6 der Sechsten Richtlinie genannten Bedingungen wird seine Besteuerungsgrundlage durch den Einkaufspreis für den Gegenstand oder für gleichartige Gegenstände oder mangels eines Einkaufspreises durch den Selbstkostenpreis bestimmt, und zwar jeweils zu den Preisen, die im Zeitpunkt der Bewirkung dieser Umsätze festgestellt werden (Artikel 11 Absatz A Punkt 1 Buchstabe b) der Sechsten MwSt.-Richtlinie).

Der Wortlaut dieser Bestimmung steht der Berücksichtigung des Zustands der Gegenstände zum Zeitpunkt der Entnahme nicht entgegen.

Schließlich sei die Frau Abgeordnete daran erinnert, dass die Lieferungen von Gegenständen an zugelassene Körperschaften, die diese im Rahmen ihrer Tätigkeit auf humanitärem, karitativem oder erzieherischem Gebiet ins Ausland exportieren, unter den von den Mitgliedstaaten in Artikel 15 Absatz 12 der Sechsten MwSt.-Richtlinie festgelegten Bedingungen von der Mehrwertsteuer befreit sind.

Die Kommission hat zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht die Absicht, diese Vorschriften zu ändern.

 
 

(1)  Sechste Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, 77/388/EWG, ABl. L 145 vom 13.6.1977.

 

Anfrage Nr. 78 von Johan Van Hecke (H-0836/06)
 Betrifft: Erstellung eines grenzüberschreitenden ökologischen Basisplans zwischen Flandern und den Niederlanden
 

Am 27. Juni 2006 fand in Mol eine Informationsveranstaltung statt, auf der es um die Erstellung eines grenzüberschreitenden ökologischen Basisplans ging. Die flämische Arbeit wurde als Teil der niederländischen Strategie vorgestellt, obwohl in den Niederlanden von einer Konkretisierung des Projekts überhaupt keine Rede ist, zumindest nicht für das Grenzgebiet Postel. Da es sich hier um ein europäisches Vorhaben handelt, verstößt dies gegen Gemeinschaftsrecht, da europäische Projekte in den verschiedenen beteiligten Mitgliedstaaten parallel laufen müssen.

Nach Auskünften der niederländischen Gemeindeverwaltungen in dem betreffenden Grenzgebiet ist quasi nirgends von der Ausführung eines solchen Basisplans die Rede. Das niederländische Ministerium hat keinerlei Kenntis von einem in den Niederlanden geführten Dossier. Auch die Stadtverwaltung des flämischen Mol ist nicht informiert. Hat die Kommission Kenntnis von diesem Projekt? Findet hier eine ausreichende Kontrolle über die Vorgehensweise statt und welche Garantien werden für den Fortbestand der Landwirtschaft gegeben?

 
  
 

Grenzüberschreitende ökologische Pläne werden von den Benelux-Staaten als Instrument zur Zusammenarbeit bei der integrierten Bewirtschaftung von grenzüberschreitenden Ökosystemen wie Flusseinzugsgebieten und Schutzgebieten genutzt. Diese Pläne gestatten es den betreffenden Ländern, Grenzgebiete von besonderer Bedeutung für die Artenvielfalt zu benennen und gemeinsame Maßnahmen zu konzipieren. Dabei kann es sich um regionale, nationale oder internationale Naturschutzziele handeln. Die Pläne sind nicht als „europäische Projekte“ anzusehen.

Ein grenzüberschreitender ökologischer Plan kann gegebenenfalls in den Rahmen der Richtlinie 2001/42/EG(1) vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme fallen. Die Kommission hat von der Erstellung des vom verehrten Abgeordneten genannten grenzüberschreitenden Plans keine Kenntnis.

 
 

(1)  ABl. L 197, 21.7.2001

 

Anfrage Nr. 79 von Panagiotis Beglitis (H-0841/06)
 Betrifft: Umsetzung des Kyoto-Protokolls
 

Der Klimawandel stellt eine der schwersten Bedrohungen unseres Planeten dar. Unter Wissenschaftlern herrscht Einigkeit, dass dieses Phänomen, wenn keine konkreten Maßnahmen ergriffen werden, verheerende Auswirkungen für die Umwelt haben und erhebliche wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme verursachen dürfte. Am 16. Februar 2005 ist als erster Schritt zur Bewältigung des Problems das Kyoto-Protokoll in Kraft getreten, in dem sich 30 Industriestaaten dazu verpflichten, die Emissionen sechs gefährlicher Gase von 1990 bis 2012 um 5,2 % zu senken.

Welche Fortschritte hat die Europäische Union – angesichts der Tatsache, dass sie für rund 14 % des Ausstoßes an Treibhausgasen verantwortlich ist – bei ihrem Vorhaben gemacht, die Emissionen im Zeitraum 2008-2012, gemessen am Stand von 1990, um 8 % zu senken? Mit welchen Fortschritten können die Mitgliedstaaten aufwarten, die für diesen Zeitraum konkrete Verpflichtungen zur Reduzierung ihrer Treibhausgasemissionen eingegangen sind? Wie weit sind die Gespräche über eine Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels nach 2012, wenn das Kyoto-Protokoll ausläuft, gediehen?

 
  
 

Nach den letzten Informationen haben die EU-15 ihre Treibhausgasemissionen gegenüber dem Niveau des Ausgangsjahres um 0,9 % gesenkt. Die Kommission ist davon überzeugt, dass die EU die im Kyoto-Protokoll festgelegte Zielmarke von 8 % erreichen kann. Allerdings erfordert dies die rasche Umsetzung von Maßnahmen, die bereits auf EU-Ebene und im nationalen Rahmen beschlossen wurden, und den Einsatz der von den Mitgliedstaaten vorgesehenen flexiblen Mechanismen. Näheres dazu findet sich im jüngsten Sachstandsbericht(1) und in der Entscheidung 280/2004/EG(2).

Die Mehrzahl der Konzepte und Maßnahmen des europäischen Klimaschutzprogramms (ECCP I) wird jetzt auf europäischer Ebene umgesetzt. Die Kommission leitete im Oktober 2005 das ECCP II in die Wege, um die mit den beschlossenen Maßnahmen tatsächlich erreichten Emissionssenkungen zu bewerten und neue Initiativen zur weiteren Reduzierung des Ausstoßes aufzuzeigen. Weitere Auskünfte zu dieser Überprüfung sind auf der Webseite http://ec.europa.eu/environment/climat/eccp_review.htm

zu finden.

Was das europäische Emissionshandelssystem anbelangt, so haben die meisten Mitgliedstaaten bereits ihre zweiten nationalen Zuteilungspläne (NAP) vorgelegt, die den Zeitraum 2008-2012 betreffen. Ein Jahr vor dem Beginn des ersten Verpflichtungszeitraums des Kyoto-Protokolls ist es unbedingt erforderlich, dass die Mitgliedstaaten auf ambitionierte Weise Gebrauch von ihren NAP machen, damit sie die Zielvorgaben erreichen können.

Die Mitteilung der Kommission „Strategie für eine erfolgreiche Bekämpfung der globalen Klimaänderung“(3) gibt einen Überblick über die allgemeine Strategie für die Verhandlungen im Rahmen des Rahmenübereinkommens der Vereinigten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC). Auf der 11. Vertragsstaatenkonferenz (COP) in Montreal wurde im Dezember 2005 vereinbart, mit allen Vertragsstaaten einen Dialog über die klimapolitischen Weichenstellungen nach 2012 einzuleiten. Dieser zukunftsorientierte Dialog wird über einen Zeitraum von zwei Jahren in Form von vier Workshops erfolgen. Der zweite Workshop findet während der 12. Vertragsstaatenkonferenz in Nairobi (6.-17. November 2006) statt.

Die Vertragsstaaten des UNFCCC vereinbarten überdies in Monttreal, ausgehend vom Kyoto-Protokoll weitere Emissionssenkungen für Industriestaaten zu erörtern. Im Rahmen des Kyoto-Protokolls wurde eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe der UNO gebildet, die im November – ebenfalls in Nairobi – zum zweiten Mal tagen wird. Sie will ihre Arbeit möglichst bald und so rechtzeitig abschließen, dass keine zeitliche Lücke zwischen dem ersten und zweiten Verpflichtungszeitraum des Kyoto-Protokolls entsteht. Darüber hinaus wird im nächsten Monat in Nairobi eine Überprüfung des Kyoto-Protokolls erfolgen, wie sie in Artikel 9 des Protokolls vorgesehen ist, womit sich der Rahmen für die Verwirklichung der notwendigen Emissionsziele verbessern wird.

Die Diskussionen über das weitere Vorgehen sollten auf konsequente und global ausgerichtete Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels gerichtet sein. Die EU hat als Ziel vorgeschlagen, die globale Erwärmung auf 2° C zu begrenzen, was voraussetzt, dass die globalen Emissionen in den nächsten beiden Jahrzehnten ihren Höchstwert erreichen und danach spürbar zurückgehen, möglicherweise bis 2050 um 50 % unter den Stand von 1990. Dies erfordert durchgreifende Maßnahmen aller Industriestaaten, darunter auch der USA. Wir benötigen Strategien, die sicherstellen, dass die Industriestaaten ihre Emissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 15 bis 30 % senken.

Angesichts des starken Anstiegs der Emissionen, der in der übrigen Welt zu erwarten ist, gilt es auch angemessene Möglichkeiten zu finden, um größere Entwicklungsländern mit rasch steigenden Emissionen mit ins Boot zu nehmen. Wir müssen uns um eine Zusammenarbeit mit ihnen bemühen, damit sie sich für einen umweltverträglichen Entwicklungsweg entscheiden, der uns die Erreichung der Zielmarke von 2° C ermöglicht. Viele Maßnahmen, wie z. B. ein rationellerer Energieeinsatz, kommen auch den Entwicklungsländern zugute, fördern deren eigene umweltverträgliche Entwicklung, mindern die Folgen für die Umwelt und erhöhen die Versorgungssicherheit.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass im Mittelpunkt des Klimaschutzdialogs, der im nächsten Monat in Nairobi stattfindet, Maßnahmen zur Förderung einer umweltgerechten Entwicklung und der Einsatz marktwirtschaftlicher Mechanismen stehen werden. Es sind dies zwei Bereiche, in denen die EU eine Führungsrolle spielt. Auch nach Nairobi wird Europa mit gutem Beispiel vorangehen müssen, damit die internationale Diskussion über den künftigen Rahmen für den Klimaschutz von Erfolg gekrönt ist.

 
 

(1)  KOM(2005) 655 endg., Bericht der Kommission „Die Fortschritte der Gemeinschaft auf dem Weg zu ihren Kyoto-Zielen”
(2)  Entscheidung 280/2004/EG des Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über ein System zur Überwachung der Treibhausgasemissionen in der Gemeinschaft und zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls, ABl. L 49vom 19.2.2004.
(3)  KOM(2005) 35 endg.

 

Anfrage Nr. 80 von Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (H-0844/06)
 Betrifft: Überprüfung der den EU-Mitgliedstaaten zugewiesenen Milchquoten
 

Die Kommission hat beschlossen, gegen Polen Geldbußen in Höhe von 91 Mio. Euro wegen Überschreitung seiner Obergrenze für die Milchproduktion im Zeitraum von April 2005 bis Juni 2006 zu verhängen. Die Kommission kann diesen Betrag auf 64 Mio. Euro verringern, vorausgesetzt, dass Polen 88.000 Tonnen Milch von seiner Quote für den Direktverkauf auf seine Quote für den Verkauf im Großhandel überträgt. Die polnische Regierung hat sich mit einem entsprechenden Antrag an die Kommission gewandt.

Wie rasch wird dieser Antrag geprüft werden? Wird die Kommission die gegen die polnischen Landwirte verhängten Geldbußen verringern? Zieht die Kommission eine Überprüfung der den einzelnen Mitgliedstaaten zugewiesenen Milchquoten in Erwägung, da sie gegenwärtig eklatant ungerecht sind? So beispielsweise verfügt Deutschland mit ungefähr 82 Mio. Einwohnern über eine Milchquote von 27,8 Mio. Tonnen, womit auf jeden Einwohner jährlich etwa 0,33 Tonnen kommen. Frankreich hat mit 60,5 Mio Einwohnern eine Milchquote von 23,9 Mio. Tonnen, womit auf jeden Einwohner etwa 0,39 Tonnen entfallen. Den Niederlanden steht bei 16,5 Mio. Einwohnern eine Quote von 11 Mio. Tonnen Milch bzw. 0,67 Tonnen pro Einwohner zu. Polen hingegen mit seinen 38 Mio. Einwohnern verfügt über eine Milchquote von nur 8,6 Mio. Tonnen Milch, womit auf jeden Einwohner lediglich 0,23 Tonnen entfallen. Eine derartig niedrige Quote macht eine Entwicklung der Milchwirtschaft in Polen unmöglich und führt dazu, dass Polen in Kürze ein Nettoimporteur von Milcherzeugnissen sein wird.

 
  
 

Die Kommission hat der Lage im polnischen Milchsektor im Jahr 2006 große Aufmerksamkeit geschenkt.

Wegen der Überschreitung in den Jahren 2005 und 2006 wurde eine Geldbuße von insgesamt 91,5 Millionen Euro verhängt, die auf 64,4 Millionen Euro verringert wird, wenn Polen gemäß Verordnung (EG) Nr. 1406/2006 des Rates eine Übertragung von den Quoten für den Direktverkauf auf die Quoten für Lieferungen vornimmt. In Bezug auf diese Übertragung wird die Kommission in Kürze eine Verordnung verabschieden, so dass die polnische Regierung rechtzeitig reagieren kann.

Tatsächlich sind die polnischen Milchquoten für Lieferungen vom Beitrittsjahr 2004 bis zum Quotenjahr 2006/2007 von 8,5 Millionen Tonnen auf 9,142 Millionen Tonnen gestiegen, was einer Erhöhung um 7,55 % entspricht.

Was die Festsetzung der Milchquoten für die einzelnen Mitgliedstaaten anbelangt, so wurden alle neuen Mitgliedstaaten während der Verhandlung in Kopenhagen im Jahr 2002 gleichberechtigt behandelt. Die Quoten sollten die durchschnittlichen Liefermengen und Direktverkäufe in den letzten Produktionsjahren widerspiegeln. Der gleiche Ansatz galt für die alten Mitgliedstaaten, als die Quotenregelung 1984 eingeführt wurde.

Das Quotensystem dient der Regulierung der Produktion, wobei die Zahl der Verbraucher nicht als ausschlaggebender Parameter herangezogen werden sollte. Im Zusammenhang mit den Quoten sei jedoch daran erinnert, dass die Kommission entsprechend dem Luxemburger Kompromiss nach der vollständigen Umsetzung der Reform von 2003 einen Bericht über die Marktaussichten vorlegen wird, auf dessen Grundlage in den einzelnen Institutionen der Gemeinschaft über die künftige Höhe der Quoten beraten werden kann.

 

Anfrage Nr. 81 von Marian Harkin (H-0847/06)
 Betrifft: Ungleiches Arbeitsentgelt für Frauen und Männer
 

Die Kommission wird gebeten, zu dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 3. Oktober 2006 in der Rechtssache C 17/05 – B.F. Cadman gegen Health & Safety Executive – Stellung zu beziehen.

Welche konkreten Schritte unternimmt die Kommission vor dem Hintergrund dieses Urteils und im Zusammenhang mit dem ungleichen Arbeitsentgelt für Frauen und Männer, um für eine Verringerung dieses Gefälles zu sorgen?

 
  
 

Zu der ersten Frage ist festzustellen, dass die Kommission keine Stellungnahme zu dem von der Frau Abgeordneten genannten Urteil abzugeben hat. Die Kommission kommentiert nicht die Urteile des Gerichtshofs, zu dessen Aufgaben die Auslegung des Gemeinschaftsrechts gehört.

Zu dem allgemeinen Problem des geschlechtsspezifischen Lohngefälles möchte die Kommission die folgenden Anmerkungen machen.

In Artikel 141 des EG-Vertrags wird der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit aufgestellt.

Der Grundsatz des gleichen Arbeitsentgelts für Männer und Frauen ist auch im abgeleiteten Recht durch mehrere Richtlinien verankert. Der Richtlinie 75/117/EG(1) zufolge bedeutet der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit oder bei einer Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, die Beseitigung jeder Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf sämtliche Entgeltsbestandteile und -bedingungen. In Artikel 3 der Richtlinie 2002/73/EG(2) heißt es, dass die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung bedeutet, dass es im öffentlichen und privaten Bereich keinerlei unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts geben darf.

Trotz dieses beachtlichen gemeinschaftlichen Besitzstandes ist das geschlechtsspezifische Lohngefälle in der Europäischen Union nach wie vor sehr groß. Im Durchschnitt verdienen Frauen pro Arbeitsstunde 15 % weniger als Männer(3). Für die Beseitigung dieses Gefälles bedarf es eines umfassenden Ansatzes, da dieses sowohl auf die unmittelbare Diskriminierung von Frauen als auch auf eine Reihe struktureller Ungleichheiten zurückzuführen ist.

Die Kommission hat in ihrem Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern(4) die Nivellierung der geschlechterspezifischen Einkommensunterschiede als einen Aktionsschwerpunkt herausgestellt.

Die Kommission wird 2007 eine Mitteilung zu geschlechterspezifischen Einkommensunterschieden vorlegen, in der sie die verschiedenen Aspekte dieser Unterschiede analysieren und die zu ihrer Beseitigung notwendigen Maßnahmen vorschlagen wird.

 
 

(1)  Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen, ABl. L 45 vom 19.2.1975.
(2)  Richtlinie 2002/73/EG des Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl. L 269 vom 5.10.2002.
(3)  Vgl. u. a. den Bericht der Kommission zur Gleichstellung von Frauen und Männern - 2006, Dokument KOM(2006) 71 endg., Punkt 2.2.
(4)  Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Ein Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2006-2010, Dokument KOM(2006) 92 endg.

 

Anfrage Nr. 82 von Pedro Guerreiro (H-0851/06)
 Betrifft: Azoren als Gebiet in äußerster Randlage, Rolle der lokalen Gebietskörperschaften und Strukturpolitik
 

Bei einer kürzlich erfolgten Reise nach Lajes das Flores auf der portugiesischen Inselgruppe der Azoren wurde von den Kommunalbehörden die Bedeutung hervorgehoben, die mehrere Investitionen in die Errichtung und den Ausbau von Infrastrukturen unter direkter Verwaltung der Kommunalbehörden für die sozioökonomische Entwicklung der Insel und besonders für die konkrete Gemeinde in ihren Bestrebungen haben, die Bedürfnisse der Bevölkerung angemessen zu befriedigen, Beschäftigung zu fördern und die Produktionsstruktur vor Ort in Schwung zu bringen.

Könnte die Kommission in Anbetracht der schweren Probleme und der unzähligen speziellen Bedürfnisse dieses Gebiets in äußerster Randlage und der auf den Inseln lebenden Bevölkerung Auskunft geben, welche Maßnahmen und Initiativen sie zu ergreifen gedenkt, um das Bemühen der Gemeinden dieser Gebiete in äußerster Randlage zu unterstützen und sie dabei zu unterstützen, angemessen auf die anstehenden Aufgaben zu reagieren und die Probleme der Bevölkerung insbesondere im Rahmen der Strukturpolitik für den Zeitraum 2007-2013 zu lösen?

 
  
 

Gemäß den vom Parlament und vom Rat am 5. und 11. Juli 2006(1) erlassenen Verordnungen über die Strukturfonds und den Kohäsionsfonds und den vom Rat am 6. Oktober 2006(2) verabschiedeten strategischen Kohäsionsleitlinien für den Zeitraum 2007-2013 werden die Interventionsschwerpunkte des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im Zeitraum 2007-2013 für die Azoren-Region in dem operationellen Programm festgelegt, das gegenwärtig von den portugiesischen Behörden ausgearbeitet wird. Diese Prioritäten werden Gegenstand von Verhandlungen zwischen dem Mitgliedstaat und der Kommission in den kommenden Monaten sein.

Die Kommission hält die Beteiligung der lokalen Behörden an der Festlegung und Umsetzung der in den operationellen Programmen festgelegten Ziele für sehr wichtig, betont jedoch, dass die nationalen und regionalen Behörden die Modalitäten und Bedingungen für diese Beteiligung festzulegen haben, die gewährleisten sollen, dass Grundsätze wie die ordnungsgemäße und wirtschaftliche Haushaltsführung der aus den Strukturfonds kofinanzierten Maßnahmen eingehalten werden.

Es ist festzustellen, dass die Europäische Union in dem Wissen um die besondere Situation der Gebiete in äußerster Randlage in ihre Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2007-2013 eine Reihe spezifischer Maßnahmen zugunsten dieser Regionen aufgenommen hat. Diese Maßnahmen zielen insbesondere auf die bessere Anbindung der Regionen in äußerster Randlage, die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen und die Verbesserung ihrer regionalen Integration ab.

 
 

(1)  ABl. L 210 vom 31. Juli 2006.
(2)  KOM(2006) 386 endg.

 

Anfrage Nr. 83 von Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (H-0853/06)
 Betrifft: Flugsicherheit: Wirksamkeit der neuen Maßnahmen
 

Am 5. Oktober hat die Kommission neue Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs angenommen, bei denen es hauptsächlich darum geht, dass die Fluggäste nur noch in beschränktem Maße Flüssigkeiten, Laptops und andere elektronische Geräte während des Fluges bei sich führen dürfen. In den kommenden sechs Monaten soll auch die Größe des zulässigen Handgepäcks (56 cm x 45 cm x 25 cm) verringert werden.

Hat die Kommission den Luftverkehrssektor zu diesen Maßnahmen konsultiert? Liegt der Kommission eine Durchführbarkeitsstudie im Hinblick auf diese Maßnahmen und die Kosten ihrer Umsetzung vor?

Um Verspätungen zu vermeiden, hat die Kommission Maßnahmen festgelegt, die dem Sicherheitspersonal dabei helfen sollen, seine Aufgaben schnell und effizient wahrzunehmen. Diese Regelung soll Anfang November in Kraft treten. Gibt es ausreichend Zeit für die Anpassung des Sektors und der Unternehmen an die neuen Vorschriften und Auflagen dieser Regelung? Wie will die Kommission wie beabsichtigt die Information der Fluggäste über die neuen Maßnahmen durch die Fluggesellschaften, Vereinigungen und Flughäfen fördern?

 
  
 

Unmittelbar nach den Ereignissen vom 10. August 2006 im Vereinigten Königreich begann die Kommission als Reaktion auf die neue Bedrohung durch Flüssigsprengstoffe mit der Ausarbeitung entsprechender Vorschriften, wobei der Luftverkehrssektor von Anfang an umfassend und regelmäßig konsultiert wurde.

Angesichts dieser ernsten Bedrohung waren sich die Kommission, die Mitgliedstaaten und beteiligten Organisationen darin einig, dass eine rasche, aber ausgewogene Regelung die beste Lösung ist. Man war sich aber auch darüber im Klaren, dass eine Kosten-Nutzen-Analyse wegen der Dringlichkeit, mit der auf diese neue Gefahr reagiert werden musste, nicht möglich ist. Deshalb wurde vereinbart, in der Verordnung ausdrücklich festzuhalten, dass die entsprechenden Maßnahmen mit Blick auf die technischen Entwicklungen, die Auswirkungen auf den Flughafenbetrieb und die Konsequenzen für die Passagiere alle sechs Monate zu überprüfen sind.

Die Mitgliedstaaten, Flughäfen und Fluggesellschaften haben bis Anfang November Zeit, sich auf die Einführung dieser Verordnung vorzubereiten. Zudem wurden die Maßnahmen so konzipiert, dass die Auswirkungen der Einschränkungen auf den Flugbetrieb auf ein Minimum beschränkt bleiben. Die Kommission sieht deshalb für die Flughäfen keine größeren Probleme bei der Anpassung an die in der Verordnung festgelegten neuen Anforderungen und Bedingungen.

Entsprechend der Verordnung haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass die Öffentlichkeit über die neuen Maßnahmen informiert wird. Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten, Flughäfen und Fluggesellschaften bei ihren Informationskampagnen vor Inkrafttreten der Verordnung.

 

Anfrage Nr. 84 von Hélène Goudin (H-0854/06)
 Betrifft: Euronews
 

Die Kommission finanziert den Fernsehkanal Euronews mit beträchtlichen Beträgen. Euronews erreicht Zuschauer in 121 Ländern in der ganzen Welt. Zweck dieses Senders ist die Übertragung von Nachrichten aus, wie es heißt, europäischer Perspektive. Kritische Stimmen werfen dem Fernsehkanal Parteilichkeit vor und beanstanden, dass er über die EU nur aus positiver und unkritischer Sicht berichtet. In einer Pressemitteilung vom 2.10.2006 teilte der Sender mit, dass Fernsehzuschauer in den USA jetzt über einen Internet basierten Fernsehdienst Zugang zu dem Kanal haben. Hält es die Kommission für angebracht und verantwortbar, Steuermittel der EU-Bürger zur Finanzierung von Nachrichtensendungen in den USA zu verwenden? Welches sind die konkreten Gründe der Kommission, Euronews zu finanzieren? Mit welchen Beträgen finanziert die Kommission jährlich diesen umstrittenen Fernsehkanal?

 
  
 

Bezüglich der Verbreitung von EuroNews-Sendungen über das Internet in den USA möchte die Kommission feststellen, dass das Geld der europäischen Steuerzahler nicht zur Finanzierung dieses neuen Verbreitungsmediums verwendet wird.

Die Kommission möchte darauf hinweisen, dass sie nach einem Beschaffungs- und Ausschreibungsverfahren am 21. Februar 2005 einen Dienstleistungsvertrag mit EuroNews über die Produktion und Ausstrahlung von Informationssendungen über die Europäische Union in sieben Sprachen - in den 25 EU-Mitgliedstaaten, den Bewerberländern und Drittländern - unterzeichnet hat.

In diesem Vertrag geht es nur um die Produktion und die Ausstrahlung dieser Sendungen mit den Verbreitungsmitteln, über die EuroNews zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung verfügte. Er sieht keine Kostenübernahme für zusätzliche Verbreitungsmethoden vor. Vor diesem Hintergrund profitiert die Kommunikationspolitik der EU unentgeltlich von dieser nachträglichen Ausweitung der Reichweite von EuroNews und dessen höherer Außenwirkung.

Bezüglich der Gründe für die finanzielle Unterstützung von EuroNews verweist die Kommission darauf, dass der Sender EuroNews nach einem Beschaffungs- und Ausschreibungsverfahren als Vertragspartner ausgewählt wurde. Mit anderen Worten, die Kommission unterstützt EuroNews nicht finanziell, sondern ist mit dem Sender durch einen Dienstleistungsvertrag verbunden.

Was schließlich den finanziellen Umfang dieses Vertrags betrifft, der zunächst für ein Jahr geschlossen wurde und der bis zu vier Mal mit gleicher Laufzeit verlängert werden kann, so beträgt dieser maximal 5 Mio. EUR jährlich und deckt alle ausgeführten Arbeiten ab.

 

Anfrage Nr. 85 von Diamanto Manolakou (H-0861/06)
 Betrifft: Illegales Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit genetisch veränderten Organismen
 

In zehn europäischen Ländern, darunter auch in Griechenland, wurde festgestellt, dass Erzeugnisse mit genetisch veränderten Organismen, bei denen dies nicht auf dem Etikett angegeben war, sowie sogar Erzeugnisse mit nicht genehmigten genetisch veränderten Organismen auf den Markt gebracht wurden, und zwar ohne das Wissen bzw. gegen den Wunsch der Verbraucher. Dabei geht es um Produkte aus genetisch verändertem Soja sowie um genetisch veränderten Reis unter den Handelsnamen „Parboiled“, „Kastano Genius“, „Parboiled mit Wildreis“ und „Riziana Parboiled“, dessen Inverkehrbringen nicht einmal von den zuständigen Behörden der USA genehmigt worden war, da er Allergien auslösen soll und deshalb nur zu Versuchszwecken angebaut wurde.

Welche Maßnahmen hat die Kommission ergriffen, damit die Kontrollen verstärkt werden und das Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit genetisch veränderten Organismen verboten wird, um die öffentliche Gesundheit vor dem unkontrollierten Profitstreben der Unternehmen zu schützen?

 
  
 

Entsprechend den Gemeinschaftsvorschriften zu genetisch veränderten Organismen (GVO) dürfen genetisch veränderte Nahrungs- und Futtermittel nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn hierfür eine Genehmigung vorliegt und sie entsprechend gekennzeichnet sind. Die primäre Verantwortung für die Durchsetzung dieser Anforderungen und die Kontrolle ihrer Einhaltung durch die Wirtschaftsbeteiligten liegt bei den Mitgliedstaaten.

Die Kommission wird die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Zuständigkeit in dieser Hinsicht nachdrücklich unterstützen. Sie hat dies im jüngsten Fall der Kontamination von Langkornreis aus den USA durch den nicht genehmigten GVO LLRICE601 bereits unter Beweis gestellt.

Trotz der bedauerlichen Verzögerung bei der Unterrichtung über diesen Vorfall seitens der US-amerkikanischen Behörden hat die Kommission die Mitgliedstaaten unverzüglich aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass der nicht zugelassene gentechnisch veränderte Reis nicht in die EU gelangt und Reiserzeugnisse, die nachgewiesenermaßen LLRICE601 enthalten, sofort vom Markt genommen werden.

Innerhalb von fünf Tagen wurde ein Dringlichkeitsbeschluss gefasst, dem zufolge nur Langkornreis auf den EU-Markt gebracht werden darf, der nachgewiesenermaßen keinen nicht zugelassenen Reis enthält.

Als die Kommission von den unterschiedlichen Ergebnissen der in den USA durchgeführten Tests und der Gegenkontrolle bei eingeführtem zugelassenem Reis im EU-Bestimmungshafen Kenntnis erhielt, wurde die ursprüngliche Maßnahme weiter verschärft.

Die EU hat sehr schnell deutlich gemacht, dass sie entschlossen ist, ihre Rechtsvorschriften durchzusetzen und dass sie auch über die entsprechenden Instrumente hierfür verfügt.

Zweifellos können jedoch in einer Situation, da die Zahl der weltweit kultivierten oder getesteten GVO zunimmt, ähnliche Vorfälle nicht ausgeschlossen werden. Das trifft in noch höherem Maße auf die EU zu, die zu den größten Lebensmittelimporteuren in der Welt zählt. Deshalb prüft die Kommission gerade, wie vor allem die bestehenden Mechanismen für vorbeugende Kontrollen im Hinblick auf die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten, die – und das sollten wir nicht vergessen – direkt für diese Kontrollen verantwortlich zeichnen, weiter verbessert werden können.

Eine der Möglichkeiten, die die Kommission in diesem Zusammenhang zurzeit prüft, besteht darin, die vorhandenen Kontrollinstrumente durch die Weiterentwicklung der Methoden zum Nachweis genehmigter und nicht genehmigter GVO zu verbessern sowie strengere und einheitliche Vorschriften für die Untersuchung nichttierischer Erzeugnisse auf GVO einzuführen.

Unsere GVO-Vorschriften gehören schon zu den strengsten der Welt, und die Kommission wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um ihre Einhaltung und vollständige Umsetzung sicherzustellen. Sie wird den Schutz und das Vertrauen unserer Bürger und Verbraucher niemals aufs Spiel setzen.

 

Anfrage Nr. 86 von Athanasios Pafilis (H-0863/06)
 Betrifft: Griechisches Netz für soziale Verantwortung der Unternehmen
 

Im Juni 2000 wurde das griechische Netz für soziale Verantwortung der Unternehmen gegründet, dem heute über 60 griechische Unternehmen angehören und mit dem diese in verschiedene Finanzierungsprogramme eingebunden werden sollen. Allerdings sind der Verband der griechischen Industrie und die Unternehmen, die dem Netz angehören, stets die ersten, wenn es darum geht, Arbeitnehmer zu entlassen, zu erpressen und zu bedrohen. Dabei verstoßen sie in eklatanter Weise gegen griechisches und internationales Arbeitsrecht. Der Vorsitzende des Verbands der griechischen Industrie, Dimitris Daskalopoulos, hat selbst Arbeitnehmer seines Unternehmens Vivartia – ehemals Delta –, in dem es keinen Betriebsrat gibt, entlassen, um gewerkschaftliche Aktivitäten zu erschweren. Die „strategischen Programme“ des Netzes für „nachhaltige Entwicklung“, „Umwelt“, „Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz“ und „gleiche Beschäftigungschancen“ stellen deshalb eine Provokation für die Arbeitnehmer dar.

Welche Programme des Netzes, die in Griechenland ansässige griechische Unternehmen betreffen, werden von der Kommission finanziert und in welcher Höhe?

 
  
 

Die Kommission ist über die speziellen Probleme, die in der Frage des ehrenwerten Abgeordneten angesprochen werden, nicht unterrichtet, setzt aber als selbstverständlich voraus, dass die europäischen Rechtsvorschriften, die für die genannten Sachverhalte von Belang sind, ordnungsgemäßig angewandt und durchgesetzt werden.

Die Kommission hat mit dem griechischen Netz für soziale Verantwortung der Unternehmen eine Vereinbarung über die Förderung des Projekts „Berücksichtigung sozialverantwortlicher Grundsätze und Verfahrensweisen durch KMU“ geschlossen. Damit soll griechischen KMU eine sozialverantwortliche Unternehmensführung erleichtert werden. Das Projekt läuft über einen Zeitraum von zwei Jahren, genauer gesagt von Juni 2006 bis Mai 2008. Der EU-Beitrag beläuft sich bei einem Gesamtbudget von 274.172 EUR auf maximal 205.629 EUR. Die Fördermittel kommen aus dem Mehrjahresprogramm für Unternehmen und unternehmerische Initiative (Haushaltslinie 02.020301).

 

Anfrage Nr. 87 von Proinsias De Rossa (H-0865/06)
 Betrifft: Vorläufige Führerscheine
 

Kann die Kommission im Anschluss an ihre Antwort vom 13. Juni 2006 auf meine Anfrage E-1815/06 mitteilen, in welchem Stadium sich ihre Prüfung der irischen Regelung für vorläufige Führerscheine gegenwärtig befindet? Wann hat sie sich mit den irischen Behörden in dieser Frage in Verbindung gesetzt und wann hat sie von ihnen eine Antwort erhalten? Welche Schritte zieht die Kommission nun in dieser Angelegenheit in Erwägung?

 
  
 

Bezüglich der Ausstellung von vorläufigen Führerscheinen in Irland, die es der betreffenden Person ermöglichen, sich in der Fahrzeugführung ohne Begleitperson zu üben, hat sich die Kommission am 23. Mai 2006 an die irischen Behörden gewandt, die darauf am 23. Juni 2006 geantwortet haben.

Die irische Regierung, die sich der Probleme bewusst ist, die ein solches Ausbildungssystem für die Straßenverkehrssicherheit mit sich bringen kann, hat angekündigt, dass sie eine Überprüfung ihres Standpunkts im allgemeinen Rahmen eines Programms zur Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit erwägen wird.

Da Irland nicht der einzige Mitgliedstaat ist, der dieses besondere Verfahren der Fahrausbildung eingeführt hat, prüft die Kommission gegenwärtig eingehend die weitere Vorgehensweise in diese Frage vor dem Hintergrund der geltenden Gemeinschaftsvorschriften.

 

Anfrage Nr. 88 von Leopold Józef Rutowicz (H-0866/06)
 Betrifft: Schutz der Verbraucher vor Preiserhöhungen bei Waren und Dienstleistungen
 

Tagtäglich steigen auf dem Markt die Preise für Waren und Dienstleistungen. Was unternimmt die Kommission in diesem Zusammenhang, um die Verbraucher besser vor ungerechtfertigten Preiserhöhungen zu schützen?

 
  
 

Die Wettbewerbspolitik der Kommission soll für wettbewerbsoffene Märkte sorgen und den Wettbewerbsgedanken fördern, da dies den Verbrauchern im Hinblick auf die Qualität und den Preis von Waren und Dienstleistungen den größten Nutzen bringt.

Aus diesem Grunde richtet sich die Wettbewerbspolitik gegen illegale Praktiken wie Kartelle oder Absprachen, bei denen sich Wettbewerber darauf verständigen, die Preise festzulegen, die Produktion einzuschränken oder Märkte bzw. Kunden untereinander aufzuteilen, denn derartige Praktiken führen tendenziell dazu, dass die Verbraucher für weniger Qualität mehr bezahlen müssen. Auch die von der Kommission ausgeübte Fusionskontrolle stellt sicher, dass Unternehmen und Verbraucher vor Preiserhöhungen oder Einschränkungen des Güterangebots geschützt werden.

Die Kommission fördert auch die Öffnung bestimmter Märkte (beispielsweise des Luftverkehrs- und Telekommunikationssektors) für den Wettbewerb, damit die Verbraucher in den Genuss niedrigerer Preise und neuer Dienstleistungen kommen.

Auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes bemüht sich die Kommission auf verschiedene Weise darum, die Stellung der Verbraucher zu stärken und den Unternehmen die Vermarktung und den Verkauf von Produkten in anderen Mitgliedstaaten zu erleichtern. Zum Beispiel genießen nach der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken(1) alle Konsumenten den gleichen Schutz vor aggressiven oder irreführenden Marketingmethoden, unabhängig davon, ob sie den Kauf im eigenen Land oder in einem anderen Mitgliedstaat tätigen.

Noch in diesem Jahr wird die Kommission ein Grünbuch vorlegen, das als Grundlage für eine breite Konsultation zur Ermittlung und Vermeidung von Lücken oder Schwachstellen im vorhandenen Verbraucherschutzrecht der Gemeinschaft bzw. bei dessen Anwendung durch die Mitgliedstaaten gedacht ist.

Abschließend möchte die Kommission die Aufmerksamkeit des verehrten Abgeordneten auf das Netz der europäischen Verbraucherzentren hinweisen, das von der Kommission und den Mitgliedstaaten eingerichtet wurde, um den europäischen Konsumenten bei Problemen mit grenzüberschreitenden Käufen zu helfen. Sofern die Probleme Wettbewerbsfragen betreffen, können sich die Verbraucher an den Verbindungsbeauftragten für Verbraucherfragen wenden, den die Kommission in der Generaldirektion Wettbewerb eingesetzt hat.

 
 

(1)  Richtlinie 2005/29/EG des Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern.

 
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