Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage an die Kommission über Milchquoten von Duarte Freitas, Carmen Fraga Estévez, Salvador Garriga Polledo, Esther Herranz García, Elisabeth Jeggle, Albert Jan Maat, Mairead McGuinness, Francisco José Millán Mon, James Nicholson, Neil Parish und Daniel Varela Suanzes-Carpegna im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten (O-0122/2006 – B6-0444/2006).
Duarte Freitas (PPE-DE) , Verfasser. – (PT) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Zunächst möchte ich der Fraktion und den anderen Fraktionen für ihr Interesse an diesem Thema danken, durch das es möglich wurde, diese mündliche Anfrage schnell auf die Tagesordnung zu bringen. Dieses Maß an Interesse ist ein Zeichen für die Bedeutung und Sensibilität der Milchquotenproblematik.
Frau Kommissarin, Sie ließen auf der informellen Ratstagung anklingen, dass das System der Milchquoten zunehmend überholt erscheine und dass es in Frage gestellt und dergestalt überprüft werden sollte, dass die Landwirte ihr Leben langfristig planen könnten. Am 3. Oktober bestätigte Herr Rasmussen auf der letzten Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung als Vertreter der Kommission, dass es nach dem „Gesundheitscheck“ der GAP 2008-2009 Änderungen geben werde, höchstwahrscheinlich eine allmähliche Einstellung des Milchquoten-Systems bis 2015, wenn die Vereinbarung von 2003 planmäßig ausläuft. Es war nicht das Parlament, das dieses Thema jetzt auf den Tisch gebracht hat, aber im Parlament muss es geklärt werden, denn unsere Wähler sind überaus besorgt und drängen darauf zu erfahren, was vor sich geht.
Die Wahrheit ist, dass der Markt sofort auf diese Erklärungen reagiert hat, und mehrere Organisationen und politische Vertreter sind in der Öffentlichkeit aufgetreten, um bei der Zukunft der Milchquoten mitzureden. Man kann den GAP-Gesundheitscheck nicht als Halbzeitüberprüfung ansehen, aber wir kennen die internen und externen Forderungen nach Änderungen, die über eine reine Vereinfachung der Verfahren hinausgehen. Im Milchsektor wird langfristig geplant. Für den Quotenerwerb einerseits und genetische Verbesserungen, Umweltauflagen und Investitionen zur Bestimmung des Milchfett- und Proteingehalts je Kuh und Laktation andererseits ist alle sechs bis acht Jahre eine Analyse erforderlich. Demnach wird das, was Politiker heute sagen, Auswirkungen bis 2014-2015 haben.
Da ich aus einem Gebiet auf den Azoren komme, in dem 30 % der portugiesischen Milchproduktion erzeugt werden, wo Milch die Haupteinkommensquelle ist und wo keine mittelfristigen Alternativen bestehen, reagiere ich auf diese Veränderungen besonders empfindlich. Deshalb müssen wir unbedingt wissen, ob die Vereinbarung nun eingehalten werden muss und ob vor oder nach 2015 irgendwelche bindenden Regelungen eingeführt werden sollen.
Abgesehen davon muss auf jeden Fall aus politischen Gründen auch festgestellt werden, dass die EU die sozialen und wirtschaftlichen Folgen berücksichtigt, die derartige Veränderungen für Regionen haben können, die von Milch abhängig sind, und vor allem für Regionen, in denen es keine Produktionsalternativen gibt. Was wir jetzt wirklich wissen müssen, Frau Kommissarin, ist, ob das Milchquoten-System in seiner aktuellen Form bis 2015 beibehalten wird, damit der Markt und die Erzeuger auf dem neuesten Informationsstand sind.
Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Gegenwärtig bringt das Quotensystem noch eine gewisse Stabilität für den europäischen Markt und ermöglicht eine erfolgreiche vollständige Umsetzung der Reform von 2003 ohne störende Beeinträchtigungen. Wenn sich die Milchwirtschaft allerdings dem künftigen Wettbewerb stellen und in einer liberaleren Welt florieren möchte, wird sich das Milchquotensystem als immer ungeeigneter erweisen, um unsere Ziele zu erreichen. Ich habe deshalb beschlossen, dass eine Debatte über die Zukunft des Quotensystems im Rahmen des „Gesundheitschecks“ im Jahr 2008 durchgeführt werden sollte.
Auf lange Sicht ist das günstigste Szenario für die europäische Milchwirtschaft eines ohne Quoten. Dies würde den effizienteren Erzeugern erlauben, von den wachsenden Märkten zu profitieren und die immensen Kosten zu umgehen, die vor allem jungen Landwirten für den Erwerb von Produktionsrechten entstehen. Der Wert der Quoten variiert enorm von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat. Die Kontingente pro Mitgliedstaat stehen bis zum 31. März 2015 fest, wie Herr Freitas ganz richtig sagte. Nach diesem Datum wird das Milchquotensystem, sofern kein Vorschlag der Kommission und keine Entscheidung im Rat erfolgt, eingestellt. Das ist wichtig. Wenn keine Entscheidung getroffen wird, läuft das System am 31. März 2015 aus. Sollte der Rat den Beschluss fassen, das Quotensystem nach 2015 weiterzuführen, dann sollte dies einen schrittweisen Übergang von den gegenwärtigen Bestimmungen zu einem Szenario ohne Produktionsbeschränkungen ermöglichen.
Es ist im Interesse aller, einen sanften Übergang zu bewerkstelligen, um Störungen in diesem Sektor zu vermeiden. Wenn ich durch die Mitgliedstaaten reise und mit Landwirten spreche, fordern sie Kalkulierbarkeit. Wir sind es der Landwirtschaft schuldig, ihr ein klares Signal zu geben und nicht erst in letzter Minute, am 1. Januar 2015, zu verkünden, ob das Quotensystem weitergeführt wird oder nicht. Es ist an uns, für diese Kalkulierbarkeit zu sorgen. Außerdem sollten bei diesem Szenario vielleicht übergangsweise spezifische Maßnahmen eingeführt werden, um das Milchquotensystem deutlich flexibler zu gestalten, als es heute ist.
Allerdings ist es immer noch zu früh, um die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen. Wir werden alle eine deutlich klarere Vorstellung von der Situation und den verschiedenen Änderungsvarianten haben, wenn der Bericht über die Marktperspektiven im Milchsektor Ende nächsten Jahres abgeschlossen ist. Dieser Bericht wird dem Parlament und dem Rat vorgelegt und die allgemeinen Ziele und Ergebnisse der Reform von 2003 zum Inhalt haben, nämlich die Marktausrichtung, die Wettbewerbsfähigkeit und die Nachhaltigkeit der GAP in politischer, ökologischer sowie auch wirtschaftlicher und haushaltsspezifischer Hinsicht.
Ich hoffe, dass wir eine ernsthafte Diskussion darüber führen können, wie es künftig weitergeht und wie diese Kalkulierbarkeit, die ich für so wichtig halte – nicht nur für die jüngere Generation, sondern auch für diejenigen, die bereits im Geschäft sind – gewährleistet werden kann.
Elisabeth Jeggle, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Kommissarin! Herzlichen Dank für Ihre Ausführungen, aber auch bei dem Kollegen Freitas möchte ich mich herzlich für die Initiative zu dieser mündlichen Anfrage bedanken. Frau Kommissarin, wie Sie bereits mehrmals angesprochen haben, wird aufgrund der derzeitigen Lage – also dem Beschluss, die Quote bis 31. März 2015 beizubehalten –, und aufgrund der Frage, was danach kommen wird, nun heftig diskutiert, was auf der einen Seite gut ist, auf der anderen Seite aber wirklich sehr, sehr viel Unsicherheit bei den Landwirten – vor allem in bestimmten Regionen – hervorruft, die von der Milch und von den Quoten abhängig sind, wie sie zumindest glauben.
Es ist gut, wenn wir – wie gerade eben – eine klare Aussage von Ihnen hören, in der Sie die Fakten nennen – also die Quote ist bis zu diesem Zeitpunkt beschlossen – und in der Sie auch sagen, wir sollten rechtzeitig darüber diskutieren, wie wir mit der Situation umgehen wollen. Wenn wir weiterhin eine Quote haben wollen, müssen das die Landwirte genauso wissen und mitragen, wie wenn wir den Ausstieg aus diesem System beschließen, so wie das jetzt eigentlich vorgesehen ist.
Dann die nächste Frage: Welche Instrumente kann es – bei der derzeitigen Finanzlage – geben, um diesen Ausstieg vorzubereiten? Eine Milchquotenerhöhung beispielsweise mag in der Diskussion sein. Ob dies der richtige Weg ist, wage ich zu bezweifeln. Wie gehen wir mit der Option für junge Landwirte um, die Planungssicherheit brauchen und die dann möglichst nicht noch sehr viel Geld in Quoten investieren sollten, sondern ihr Geld in die Umstrukturierung und in die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe investieren sollten?
Und wie gehen wir mit Räumen um, die reine Grünlandräume sind, wo wir Milchwirtschaft brauchen, um sie als solche zu erhalten? Das sind meistens landwirtschaftlich sehr schöne, sehr interessante Räume, das sind Räume, in denen in der Regel sehr wenig andere Erwerbsmöglichkeiten bestehen und die wir auf diese Weise unterstützen müssen.
Katerina Batzeli, im Namen der PSE-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Im Namen meiner Fraktion danke ich der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten und Herrn Freitas für seine Ausführungen zu den Erklärungen der Kommission bezüglich der Milchquoten.
Frau Kommissarin, ich werde nicht auf die Bedeutung eingehen, die der Milchsektor, wie wir alle wissen, in Europa auf der Ebene der Produktion, der Beschäftigung, der Investitionen, des Außenhandels und der Lebensmittelsicherheit besitzt. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass alle Vorschläge zur Abschaffung oder Beibehaltung der Milchquoten umgehend und sorgfältig geprüft werden müssen und daraufhin zu analysieren sind, wie sie sich einerseits auf das ländliche Einkommen und die anderen direkt betroffenen Sektoren und andererseits auf die ländliche Entwicklung selbst auswirken werden. Diese Analyse sollte alle Regionen der Union und auch die Besonderheiten der Milcherzeugung umfassen, die in einigen von ihnen bestehen.
Frau Kommissarin, wir können eine Kontrolle der Milcherzeugung nach 2015 unter den gegenwärtigen Bedingungen, die häufig zur Bildung von Oligopolen im Sektor führen, nicht befürworten. Es handelt sich um ein Produktionsmodell der früheren Denkrichtung einer Gemeinsamen Agrarpolitik. Andererseits können wir jedoch nicht akzeptieren, dass die Milcherzeugungsquoten vor 2015 von einem Tag auf den anderen liberalisiert werden. In dieser Übergangsphase, die wir derzeit durchlaufen, sind in bestimmten Regionen der Gemeinschaft verstärkt Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz, der Effektivität und der Wettbewerbsfähigkeit des Sektors notwendig. Ebenso wenig können wir im Rahmen des für 2008-2009 vorgesehenen „Gesundheitschecks“ ankündigen, ein beliebiges Produkt beliebig zu überprüfen. Wenn wir davon ausgehen wollen, dass dies ein Gesundheitscheck ist, dann geht es hierbei darum, die Gemeinsame Agrarpolitik zu vereinfachen.
Ich möchte Ihnen eine Frage stellen: Besteht irgendeine Möglichkeit, die Beihilfen im Jahre 2007 zu entkoppeln? Wie kann das mit der Liberalisierung oder Beibehaltung des Quotensystems in Einklang gebracht werden?
Frau Kommissarin, ich weiß, dass Sie zu den Grenzwerten einen redlichen Vorschlag unterbreiten werden, damit sich bei den Erzeugern nicht Unsicherheit breitmacht. Meines Erachtens ist das Ihre politische Verpflichtung, vor allem aber geht es um rechtzeitige Konsultationen mit dem Europäischen Parlament, um im Sektor Wettbewerbsfähigkeit und eine klare Orientierung zu erreichen.
Jan Mulder, im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Auch ich möchte zunächst Herrn Freitas dafür danken, dass er die Initiative ergriffen hat, dieses wichtige Thema heute Abend zur Diskussion zu stellen.
Bei der Frage der Milchquoten sollten wir unbedingt im Auge behalten, dass die Situation zum Zeitpunkt ihrer Einführung im Jahr 1984 eine ganz andere war als heute. Damals gab es riesige, unverkäufliche Überschüsse, was gegenwärtig klar nicht mehr der Fall ist. Der Unterschied zwischen den Weltmarktpreisen 1984 und dem EU-Preis war beträchtlich. Inzwischen ist diese Preisdifferenz deutlich geringer.
Wenn sich die Preise in der EU den Weltmarktpreisen annähern, besteht weitaus weniger Bedarf an einer Quotenregelung als 1984. Ich schließe mich in jeder Hinsicht der gerade geäußerten Meinung der Kommissarin an, es sei für die Bauern wichtig zu wissen, woran sie sind. Ich weiß nicht, wann die Kommission in der Lage sein wird, entsprechende Vorschläge vorzulegen bzw. die genaue Richtung vorzugeben. Idealerweise sollte man im Rahmen des „Gesundheitschecks“ auch alle anderen Teile der Landwirtschaftspolitik durchleuchten und die Meinung der Kommission zur Quotenregelung hören.
Wie bereits gesagt wurde, ist die Lage in der EU nicht überall gleich. Die Analyse der Kommission sollte deshalb nach Land und vielleicht sogar nach Region erfolgen. Für einige Regionen spielt die Beibehaltung einer Quotenregelung eine entscheidende Rolle. Vielleicht kann die Kommission dies in ihrer Analyse berücksichtigen? Unabhängig von den Analyseergebnissen wäre es nach dem jetzigen Kenntnisstand gescheiter, die Quotenregelung schrittweise abzuschaffen. Vergleicht man die gegenwärtige Präsenz der Europäischen Union auf dem Weltmarkt für Milchprodukte mit der Situation im Jahr 1984, so sind wir heute deutlich schlechter aufgestellt, was sehr bedauerlich ist.
Ilda Figueiredo, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Herr Präsident! Der Standpunkt der Kommissarin zum Milchquoten-System ist überaus Besorgnis erregend, denn sie spielt auf dessen möglichen Abbau bis 2015 an.
Sie sagt zwar, dass es für substanzielle Maßnahmen zu früh sei, aber mit dem Pfad zur Liberalisierung, den sie ins Auge fasst, wird außer Acht gelassen, wie wichtig die Milcherzeugung in mehreren benachteiligten landwirtschaftlichen Gebieten ist. So würde zum Beispiel in Portugal sowohl im Norden und im Zentrum des Festlands als auch in der Autonomen Region der Azoren jeglicher Abbau des Milchquoten-Systems die ländliche Entwicklung hemmen und große Gebiete in Armut stürzen, in denen die Erzeugung von Milch und andere Bereiche der Milcherzeugung die Hauptwirtschaftstätigkeit darstellen.
Deshalb weisen wir vor allem darauf hin, dass spezielle Eigenheiten der Landwirtschaft in verschiedenen Mitgliedstaaten und insbesondere in Portugal geschützt werden müssen.
Janusz Wojciechowski, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Ich möchte dem Verfasser der Anfrage dafür danken, dass er diese überaus notwendige Aussprache über die Milchquoten in Gang gebracht hat. Die mit diesen Quoten verbundenen Probleme geben den Landwirten in ganz Europa Anlass zur Sorge. Dazu möchte ich Folgendes sagen: Wenn diese Quoten über einen längeren Zeitraum beibehalten werden, stellt sich doch ganz offensichtlich die Frage nach ihrer Höhe, denn die ist schlichtweg ungerecht. Ich kann zahlreiche Beispiele dafür anführen, dass sie nicht der Marktnachfrage in den einzelnen Mitgliedstaaten entsprechen. Es gibt Länder, die wegen Quoten, die nicht mit ihrer Nachfrage als Verbraucher übereinstimmen, große Nachteile hinnehmen müssen. Beispiele hierfür sind Italien, Spanien und mit Sicherheit auch Polen, einer der neuen Mitgliedstaaten. Wenn also die Quoten beibehalten werden müssen, sollte ihre Höhe im Interesse der Gerechtigkeit und der europäischen Solidarität überprüft werden.
Kathy Sinnott, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Da wir uns hier mit den Milchquoten befassen, möchte ich die Kommissarin auf einen ernsten Sachverhalt aufmerksam machen. Der irischen Vereinigung der Milchquotenverkäufer gehören ausschließlich ältere Landwirte an, die alle über Milchquoten verfügen, die sie verkaufen möchten. Ihre Entscheidung zum Verkauf der Quoten erfolgt aus Krankheits- oder Altersgründen.
Die irische Landwirtschaftsministerin hat erklärt, dass sie schwerpunktmäßig junge Landwirte begünstigen will. Nach dem EU-Recht sind Diskriminierungen aufgrund des Alters verboten, doch unsere Ministerin benachteiligt offen ältere Quoteninhaber zugunsten junger Landwirte, denen sie und jetzt kommt der springende Punkt – unterhalb des Marktwertes Quoten gewähren möchte. Sie schlägt vor, die Kosten aus den Taschen der jetzigen Quoteninhaber zu finanzieren. Das ist ein Eingriff in den Markt. Viele dieser älteren Landwirte sind gegenwärtig einer Panikmache ausgesetzt, da sie ungenaue Informationen von ihren Genossenschaften erhalten.
Die Ministerin beabsichtigt, nicht zum Verkauf stehende Quoten auf zweierlei Grundlage wieder abzuerkennen: wenn der Quoteninhaber in zwei aufeinander folgenden Jahren nichts erzeugt oder wenn der Quoteninhaber einen Pachtvertrag hat, der im März des ersten Jahres ausläuft und er seine Quote nicht bis Ende März des Folgejahres verkauft.
Ministerin Coughlan möchte wohl offensichtlich die irischen Erzeuger spalten, die bislang immer stark zusammengehalten haben, indem eine Gruppe gegen die andere ausgespielt wird. Die Drohung, Quoten wieder abzuerkennen, ist ein Versuch, Landwirte zu ungünstigen Vereinbarungen zu drängen und zu bewirken, dass sie gegen ihren Willen verkaufen. Ich möchte die Kommissarin bitten, hier für Klärung zu sorgen.
Albert Jan Maat (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Freitas für seine Erläuterung der von den Europäischen Christdemokraten ergriffenen Initiative und der Kommissarin für die Eröffnung der Diskussion über die Zukunft des Milchsektors danken. Wenn wir ehrlich sind, hat sich die Situation im Laufe der Jahre verändert. Die Melkkosten sind aufgrund der hohen Quotenkosten immens gestiegen. Gleichzeitig gerät die Milchpolitik der EU zusehends in eine Sackgasse. Inzwischen sind unsere Exporte auf dem Weltmarkt um 60 % eingebrochen. Die Europäische Union und die europäische Milchindustrie haben 4 % der Weltproduktion eingebüßt.
Da die Nachfrage nach Milcherzeugnissen gegenwärtig wesentlich schneller steigt als die weltweite Produktion, täte Europa gut daran, sich den Tatsachen zu stellen und darüber nachzudenken, was nach 2015 geschehen soll. Einerseits gibt es Unternehmer, die ein Interesse haben zu wachsen und daran aufgrund der hohen Quotenkosten gehindert werden. Andererseits existieren Gegenden in Europa, in denen die Milchquote nicht mehr ausgeschöpft wird, wie beispielsweise im Vereinigten Königreich. All dies sind gute Gründe, um über einen entsprechenden Fahrplan nachzudenken, mit dem wir nach 2015 ein besseres und effizientes System einrichten können. Ich möchte Ihnen dazu einige Anregungen geben.
Erstens müssen Milchquoten international handelbar sein. Die Zusatzabgabe muss gesenkt werden, wenn die Quote tatsächlich genutzt wird, der Absatz aber fast gänzlich ohne Unterstützung der EU erfolgt. Eine andere Möglichkeit wäre der Ausgleich der Milchquote auf europäischer Ebene. Wenn ein Land die Quote nicht ganz ausschöpft, ein anderer Mitgliedstaat aber mehr gebrauchen könnte, können wir die Sache doch im Nachhinein regeln. Auch eine stufenweise Ausweitung der Quote für Milchviehhalter und Genossenschaften, die ihre Produkte ohne europäische Hilfen verkaufen, wäre denkbar.
Abschließend schlagen wir den effizienten Einsatz von EU-Mitteln für die Entwicklung des ländlichen Raums in Gebieten vor, in denen kleine Milchbauern mit Beschäftigungsproblemen und Umstellungsschwierigkeiten zu kämpfen haben. Auf diese Weise hätte die Kommissarin durchaus ein zuverlässiges Kursbuch, das einen eher marktorientierten Ansatz erlaubt. Als Abgeordneter der Christdemokratischen Partei der Niederlande (CDA) würde ich es ausgesprochen begrüßen, wenn die Kommissarin dieser Linie folgte. Ich möchte ihr gratulieren, auch weil einige dieser Vorschläge bereits von Herrn Rasmussen, dem Leiter des Bereichs Milch und tierische Erzeugnisse der Generaldirektion Landwirtschaft, formuliert worden sind. Damit bietet sich mit Blick auf die Zukunft eine Perspektive für eine rechtzeitige Debatte über Milchprodukte.
Rosa Miguélez Ramos (PSE). – (ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Die Halbzeitreform der GAP wurde als eine einfache Zwischenüberprüfung angekündigt, aber sie war dennoch eine der bedeutendsten Reformen, die diese Politik seit ihrem Beginn erlebt hat.
Angesichts dieser Vorgeschichte und der öffentlichen Erklärungen, die Sie in den letzten Monaten hinsichtlich des Quotensystems abgegeben haben und die im Sektor beträchtliche Unruhe und Unsicherheit ausgelöst haben, möchte ich Sie bitten, eindeutig klarzustellen, dass die für 2008 vorgesehene Überprüfung uns bestätigen wird, dass die Reform funktioniert, und die Kommission unter keinen Umständen beabsichtigt, weiter zu gehen oder den Termin vorzuziehen, zu dem das Parlament während der Debatten über die letzte Reform Stellung genommen hatte. Ich möchte Sie daran erinnern, dass es sich in Übereinstimmung mit dem Kommissionsvorschlag für die Verlängerung der gegenwärtigen Bestimmungen bis zum Haushaltsjahr 2014-2015 ausgesprochen hatte. Andere Kollegen sagten das Gleiche.
Diese Stabilitätsaussicht, Frau Kommissarin, die die Kommission damals vorschlug, ist für eine wirtschaftliche Tätigkeit unerlässlich, in der wie überall Pläne aufgestellt, Investitionen vorgenommen, Zahlungen ausgeführt und Vorbereitungen auf die Zukunft getroffen werden müssen, wofür ein vorher festgelegter Rechtsrahmen benötigt wird.
In meiner Region, Galicien, wie in anderen, die genannt wurden, wie die Autonome Region der Azoren oder Nordportugal (und ich möchte Herrn Freitas danken, dessen Anfrage diese Aussprache ermöglicht hat), spielen die Landwirtschaftsbetriebe in sozialer und ökologischer Hinsicht und auch zur Wiederherstellung des territorialen Gleichgewichts eine entscheidende Rolle.
Die landwirtschaftlichen Verbände vertreten die Ansicht, dass das auf Familienbetrieben basierende galicische Modell die vielseitige Rolle dieser Art von Bauerhöfen und ihre Fähigkeit, die Menschen an die Region zu binden, am ehesten verdeutlicht.
Wenn die Kommission die Spielregeln ändern möchte, muss sie zuvor erläutern, was sie zu tun gedenkt, wann und wie sie das tun will. Dies muss alles mit höchster Transparenz erfolgen, weil die Unsicherheit, Frau Kommissarin, für die in diesem Sektor tätigen Menschen das denkbar schlechteste Szenarium ist.
Der Sektor braucht Stabilität und keine Schocks, er braucht Zeit, um sich anzupassen und zu planen, und daher denke ich, wir sollten die Umsetzung der gegenwärtigen Reform zum Abschluss bringen, bevor wir über die nächste nachdenken.
Kyösti Virrankoski (ALDE). – (FI) Herr Präsident! Die Milchproduktion ist ein typisches Merkmal der schwächsten landwirtschaftlichen Regionen. Sie sichert den Lebensunterhalt und ist ein essentieller Faktor in Gebieten, wo andere Bereiche der landwirtschaftlichen Produktion schwierig oder unmöglich wären. In unfruchtbaren Gegenden beispielsweise kann man mit ihr gute Erträge bei Raufutter nutzen.
Die Milchproduktion ist kapitalintensiv. Die notwendigen Investitionen sind gigantisch. Eine moderne Produktionsstruktur kann bis zu einer Million Euro kosten. Arbeitsplätze bringt sie aber normalerweise nur Familienbetrieben.
Die Milchproduktion unterliegt Quoten. Viele junge Landwirte haben gewaltige Investitionen vorgenommen, um zusätzliche Produktionsrechte zu erwerben. Es ist keine Seltenheit, dass Produktionsquoten für 150 000 Euro oder mehr gekauft werden. Deshalb braucht die Milchproduktion einen langfristigen und geschützten Rahmen. So etwas kann man nicht mit einem Zeithorizont von acht Jahren ansetzen. Ein solides System hat zu ausgewogenen Rahmenbedingungen für den Landwirt geführt, innerhalb derer er produzieren kann. Die Preisschwankungen sind gering, und der Markt ist stabil.
Eine Abschaffung der Milchquoten würde die Lage umgehend verändern. Die großen Industriekonzerne in Europas besten Regionen befänden sich in einer starken Wettbewerbsposition. Die Vielfalt der Landwirtschaft würde umso ärmer werden. Die enormen Investitionen der Familienbetriebe in die Milchquoten würden mit einem Mal ihren Wert verlieren. Die Milchmärkte würden ihre Stabilität verlieren. All das würde die Unternehmung sehr riskant machen und sich insbesondere in jenen landwirtschaftlichen Regionen nachteilig auswirken, die aufgrund der dort herrschenden natürlichen Bedingungen schlechter gestellt sind.
VORSITZ: JACEK EMIL SARYUSZ-WOLSKI Vizepräsident
Zdzisław Zbigniew Podkański (UEN). – (PL) Herr Präsident! Die Gemeinsame Agrarpolitik hat zahlreiche Zweifel geweckt, und das wird auch künftig so sein. Sie wird stets ihre Befürworter und Gegner haben.
Die Absicht der Europäischen Kommission, die Gemeinsame Agrarpolitik und mit ihr die Milchquoten auf den Prüfstand zu stellen, hat Befürchtungen, aber auch Hoffnungen geweckt, vor allem in den Ländern, die wie Polen darunter zu leiden haben. Die Polen zugewiesenen Milchquoten sind extrem niedrig. Zum Vergleich sei gesagt, dass Deutschland mit 80 Millionen Einwohnern eine Milchquote von etwa 28 Millionen Tonnen hat, während Polen mit halb so vielen Einwohnern nur knapp 9 Millionen Tonnen gestattet sind. Das sind praktisch 4,5 Millionen Tonnen weniger als die 13 bis 13,5 Millionen Tonnen, die Polen eigentlich zustehen.
Die Frage ist hier doch, was geschehen würde, wenn man die Milchquoten abschaffte – vor allem in Ländern wie Polen, wo es mehr bäuerliche Familienbetriebe als landwirtschaftliche Großbetriebe gibt. Würde eine Änderung der Bestimmungen der Gemeinsamen Agrarpolitik diese Familienbetriebe nicht in den Bankrott treiben?
Jan Tadeusz Masiel (NI). – (PL) Herr Präsident! Frau Kommissarin! Ich bedauere es sehr, dass die neuen Mitgliedstaaten am wenigsten von der Gemeinsamen Agrarpolitik profitieren. Sie nehmen an diesem „Marshall-Plan“ für die Landwirtschaft teil, dessen großer Vorteil darin besteht, dass er auf lange Sicht angelegt ist und in die Zukunft weist. Nun, wir sind der Europäischen Union erst spät beigetreten. Das ist nicht die Schuld der Frau Kommissarin. So ist nun einmal die Geschichte Europas. Bedauerlich ist nur, dass sich die polnischen Bauern noch immer mit den Milchquoten herumschlagen, die um mehrere Millionen Tonnen zu niedrig sind. Inzwischen zahlen wir Geldbußen für Milchüberproduktion, bis sie im Jahr 2015 aufgehoben werden. Bedauerlicherweise werden bis dahin viele polnische Milcherzeuger vom Markt verschwunden sein.
Carmen Fraga Estévez (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Als Vertreterin von Galicien, einer Milcherzeugungsregion par excellence, denke ich, dass diese mündliche Anfrage an die Europäischen Kommission heute genau zum richtigen Zeitpunkt kommt.
Frau Kommissarin! Die Produzenten sind völlig verwirrt durch in Umlauf gebrachte Informationen, aus denen zu ersehen ist, dass es in dem 2003 errichteten System für den Milchsektor und speziell in Bezug auf das Quotensystem Veränderungen geben wird.
Heute waren Sie nicht sehr konkret, Frau Kommissarin, aber ich denke, Sie haben eine Reihe von Dingen klargestellt: dass Sie eine Debatte in Gang setzen werden, dass vor der Abschaffung der Quoten im Jahre 2015 ein Übergangszeitraum eingeräumt wird, woraus ich folgere, dass es vor 2015 und der vollständigen Abschaffung der Quoten einen schrittweisen Abbau geben wird.
Frau Kommissarin! Wir sprechen über einen Wirtschaftssektor, der Rechtssicherheit sowie mittel- und langfristige Garantien braucht, die ihm ein Minimum an Planung ermöglichen Jede weitere Änderung oder Unsicherheit könnte zumindest in meinem Land schwerwiegende soziale und wirtschaftliche Folgen haben.
Die Quoten sind für die Bauern ein sehr wichtiger Aktivposten. In einer Region wie Galicien, in der der Umstruktierungsprozess fortgesetzt werden muss, ist es für seine Durchführung entscheidend, das Quotensystem wie vorgesehen aufrechtzuerhalten. Andernfalls könnten die Auswirkungen katastrophal sein, da die Abschaffung der Quoten drastische Rückwirkungen auf den Milchpreis und folglich auf den Gewinn des Molkereisektors hätte.
Daher fordere ich Sie auf, Frau Kommissarin, jeden Übergang oder jede andere Idee für den Zeitraum nach 2015 vorzusehen.
Abschließend möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um die Tatsache hervorzuheben, dass die Mitgliedstaaten mit ihrer Politik in diesem gesamten Prozess zusammenwirken müssen, weshalb jede Einschränkung beim Austausch von Quoten in einem Mitgliedstaat als ein schwerwiegendes Hindernis für die Kapitalisierung, Wettbewerbsfähigkeit und Entwicklung des Sektors betrachtet werden sollte, wie es bedauerlicherweise bei dem von der spanischen Regierung vorgeschlagenen nationalen Plan der Fall ist.
Luis Manuel Capoulas Santos (PSE). – (PT) Frau Kommissarin, ich möchte Ihnen noch einmal für Ihre Anwesenheit in diesem Parlament danken. Ihre regelmäßige Teilnahme in Straßburg beweist hinreichend, welchen Stellenwert die Landwirtschaft in Europa nach wie vor einnimmt.
Wir haben uns über die Gemeinsame Agrarpolitik Gedanken gemacht. Erst letzte Woche hat meine Fraktion, die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament, in Brüssel ein wichtiges Seminar zum Thema GAP und der GAP, wie wir sie gern hätten, veranstaltet. Über die Zukunft nachzudenken bedeutet nicht zwangsläufig, in irgendeiner Form Instabilität auszulösen. Landwirte arbeiten mit der Natur und achten die Kreisläufe der Natur, und die Märkte reagieren bekanntlich auf jedes Anzeichen von Instabilität. Davon abgesehen schließt Instabilität zumindest Trägheit aus, und deshalb dürfen wir nicht in die übliche Falle gehen, den Status Quo nur um seiner selbst willen zu verteidigen.
Frau Kommissarin, die jüngsten Erklärungen aus einigen Kreisen haben den Sektor in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Darauf muss die Politik angemessen reagieren, damit die vom Sektor wahrgenommene Instabilität in dieser Angelegenheit nicht in einigen Fällen für unerwünschte politische Ziele ausgenutzt wird. Gegen Instabilität und Unsicherheit helfen nur regelmäßige, transparente Informationen, die so eindeutig wie möglich sind.
Deshalb möchte ich Sie auffordern, eine möglichst effektive Strategie der Klärung für den Sektor aufzustellen und außerdem gegenüber dem Sektor klarzustellen, dass die Kommission ihre Vereinbarungen und die bis 2014 festgelegten Regelungen einhält. Diese Regelungen müssen selbstverständlich unbeschadet der Debatte und unbeschadet der Überprüfung alternativer Regelungen, die sich als geeignet erweisen können, befolgt werden.
James Nicholson (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Die Aussicht auf eine klare und sichere Zukunft ist für jeden Betrieb äußerst wichtig, das gilt genauso für Milchviehhalter und die Milchwirtschaft. Die Quoten bleiben bis 2015 bestehen, was meines Erachtens eine sinnvolle Entscheidung im Zuge der Halbzeitüberprüfung war. Wenn dies jetzt aber von der Kommission in Frage gestellt wird, dann ist das ein falsches Signal, und ich freue mich, dass die Kommissarin sich heute bemüht hat, uns den Standpunkt der Kommission zu verdeutlichen.
Frau Kommissarin, sie sagten, die Quoten hätten sich inzwischen überlebt. Da mögen Sie ja Recht haben, aber ich muss Ihnen sagen, dass es bis 2015 noch lange hin ist und es sehr schwierig ist, Prophezeiungen zu treffen und abzuschätzen, wie die Gegebenheiten dann aussehen werden. Wie Sie richtig sagen, sollten wir 2015 einen sanften Übergang haben. Das heißt, wenn es soweit ist, die Quoten abzuschaffen, sollte dieser sanfte Übergang gewährleistet sein. Womit ich ein Problem habe, ist die Wahl des Zeitpunkts. Natürlich sollten wir so lange vor dem Termin auf jeden Fall einen Gedankenaustausch darüber führen, was alles passieren könnte. Aber wie können wir junge Menschen dazu ermutigen, in diesem Sektor tätig zu werden? Wie bringen wir junge Landwirte zur Milchwirtschaft? Wie sollen sie ihre Zukunft planen, wenn die Zukunft gegenwärtig in Frage gestellt wird?
Die Milchwirtschaft ist, wie Sie nur zu gut wissen, das Rückgrat des Agrarsektors in der ganzen Europäischen Union. Wir müssen uns gemeinsam darum bemühen, dieser Branche eine solide Zukunftsperspektive zu bieten. Nur durch unsere Zusammenarbeit können wir diese solide Zukunftsperspektive schaffen. Ich hoffe, dass Sie die Gelegenheit nutzen werden, sich mit uns im Landwirtschaftsausschuss gemeinsam zu engagieren und aktiv dabei mitzuwirken, dass der Milchsektor, die Milchviehhalter und die Milchverarbeitungsindustrie insgesamt eine Zukunft haben. Es geht hier nicht nur um die Menschen, die auf den Bauernhöfen beschäftigt sind; die Menschen, die im verarbeitenden Gewerbe und außerhalb der Bauernhöfe tätig sind, sind genauso wichtig.
Salvador Garriga Polledo (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Wir alle stimmen überein, dass der europäische ländliche Raum sowie die Landwirte und Viehzüchter Europas eine gewisse Sicherheit brauchen. Die Vereinbarung von Brüssel aus dem Jahr 2002 hat diese Sicherheit gegeben, und dafür haben die Mitgliedstaaten eine Reform der GAP toleriert, die von den ländlichen Regionen, insbesondere den „Kohäsionsländern“, große Opfer forderte.
Diese Gewissheit bedeutete unter anderem, dass das Milchquotensystem bis 2015 in Kraft bleibt, um den Landwirten genügend Zeit zu geben, ihre Betriebe umzugestalten und sie wettbewerbsfähiger zu machen und, wenn notwendig, den Sektor zu verlassen.
Doch wir wollen die Sicherheit behalten, und Sie wissen, dass die Quoten die einzige Garantie für die Landwirte auf einem Markt mit ständig fallenden Preisen sind. Die Quoten stellen einen Aktivposten für die Landwirte dar, die die Freiheit haben müssen, sie zu übertragen und zu verkaufen, wenn sie die Produktion einstellen wollen. Die Unsicherheit führt dazu, Frau Kommissarin, dass der Wert von Quoten zurückgeht.
In meiner Region, Asturien, sind in zwei Jahren 94 000 Tonnen verloren gegangen, weil Landwirte ihre Betriebe aufgegeben haben. Zwischen 1996 und 2006 ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe von 30 000 auf gerade einmal 3 200 gesunken. Die Junglandwirte, über die wir alle so viel sprechen, einschließlich derer mit hohen Milchquoten und profitablen Betrieben, ziehen sich aus dem Sektor zurück. Die Regierung hat auch die Quotenübertragungen zwischen Einzelpersonen untersagt.
Unser Problem, Frau Kommissarin, ist die ländliche Entwicklung. Sie werden im kommenden Jahr einen Gesundheitscheck der Gemeinsamen Agrarpolitik vornehmen. Wir hoffen, dass Sie wie ein Arzt und nicht wie ein Gerichtsmediziner vorgehen.
Halten Sie es für richtig, von Übergangsmaßnahmen zu sprechen, wenn für die ländliche Entwicklung nicht einmal ausreichende Mittel garantiert sind? Ich möchte Sie daran erinnern, dass beispielsweise mein Land in den nächsten Jahren 50 % der Mittel für ländliche Entwicklung verlieren wird. Gedenken Sie, dieser Situation bei der Revision im kommenden Jahr Beachtung zu schenken?
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Die Aussprache in diesem Hohen Haus über die Milchquoten gewinnt an Intensität. Wir alle fragen uns, was geschehen wird, wenn die Quotenregelung für die Milchproduktion ausläuft. Es gab viel Kritik, die sich hauptsächlich darauf richtete, dass die derzeitige Regelung veraltet ist, die Entwicklung des Milchsektors hemmt und seine Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt schwächt.
Gegen die Abschaffung dieser Regelung regt sich in den Ländern Widerstand, die ungünstige natürliche Voraussetzungen für die Milchproduktion haben. Für sie bedeutet ein Auslaufen der Regelung, dass die Produktion in andere Regionen verlagert wird, wodurch viele Bauern ihre Existenzgrundlage und ihre stabilen Einkommen verlieren werden. Davon könnten auch die am schwächsten entwickelten Regionen im Osten Polens betroffen sein, wobei Polen zu den Ländern zählt, denen eine ungerechte, extrem niedrige Milchquote zugewiesen wurde. Wir könnten schon bald zu Nettoimporteuren werden.
Einigen Experten zufolge hätte Polen unter einer strengen Quotenregelung mehr zu leiden als andere Mitgliedstaaten, weil mit dieser Regelung die Chancen für eine Modernisierung und Ausschöpfung des Produktionspotenzials aufgrund der geringen Hilfen für den Milchsektor in der Europäischen Union eingeschränkt werden. Viele sind der Meinung, die Milchquoten hätten ihre ökonomische Existenzberechtigung verloren. Wir sind außerdem mit der WTO in Verhandlung und haben zugesagt, die Ausfuhrsubventionen abzuschaffen und die Schutzzölle für den Binnenmarkt beträchtlich zu verringern.
Wie wird sich das auf den Milchmarkt der EU auswirken? Eine gerechte Lösung scheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt darin zu bestehen, den restriktiven Charakter der Quotenregelung zu mildern, indem beispielsweise die Quoten für den Großhandel mit denen für Direktverkäufe kombiniert und die Geldstrafen für die Überschreitung der Obergrenzen verringert werden. Ich möchte die Frau Kommissarin daran erinnern, dass zurzeit nicht alle Länder ihre Quoten voll ausschöpfen.
Mairead McGuinness (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! In Irland wird über kaum etwas anderes gesprochen. Ich habe am Donnerstagabend mit zahlreichen Milchbauern in Navan im County Meath gesprochen. Die Frage, die sie stellen, ist weniger, ob die Quoten 2015 abgeschafft werden, sondern vielmehr, was von 2008 an unternommen wird, um den Wert der Milchquoten einbrechen zu lassen.
Ich bin dem „Farmers’ Journal“ für seine Ausgabe vom letzten Donnerstag dankbar, in der die fünf Kernpunkte umrissen wurden, die die Kommission im Sinn hat. Es kann sicher nicht schaden, wenn das Parlament sie erfährt. Was Sie vorhaben, ist wohl eine schrittweise Anhebung der Quoten ab dem Gesundheitscheck, eine Senkung der von den Mitgliedstaaten zu entrichtenden Abgaben bei Überschreitung der Milchquoten und ein Quotenausgleich innerhalb der Europäischen Union, sodass eine Quotenüberschreitung in einem Mitgliedstaat durch eine Quotenunterschreitung in einem anderen kompensiert werden kann. Weitere Themen sind der grenzüberschreitende Handel sowie die Senkung des Wertes der Quoten in den Mitgliedstaaten. Dies geschieht bereits, zumindest in Irland.
Das alles hat aber auch eine Schattenseite. Die Studien, die ich zu diesem Thema gelesen habe, besagen ausnahmslos, dass die Abschaffung der Milchquoten zu einem deutlichen Einbruch der Milchpreise in vielen Mitgliedstaaten und zu einer entsprechenden Erhöhung der Erzeugung führen wird. Das würde in Irland, den Niederlanden, Dänemark und Luxemburg geschehen.
Entscheidend an der Sache ist doch, dass wir alle für die Abschaffung sind, wenn die Marktlage im Jahr 2015 günstig ist. Aber niemand von uns weiß, wie sich die Märkte dann verhalten werden. Ich bin schon sehr gespannt auf Ihre Analyse des Milchmarkts. Darin wird man sich eingehend mit der Zukunft auseinandersetzen müssen, denn wenn die Weltmarktlage ungünstig ist, kann ich den Bauern nicht raten, immer schneller auf der Stelle zu treten. Das wäre sinnlos.
Was nun die Sorgen um die jungen Bauern betrifft – ich habe selber mehrere, auch wenn sie im Moment noch ziemlich klein sind –, so frage ich mich, wer denn irgendjemandem raten würde, in eine Branche einzusteigen, in der man doppelt so hart arbeiten muss, um halb so viel zu verdienen? Das ergibt keinen Sinn. Das dürfen wir nicht vergessen.
Der Schlüssel liegt bei der WTO und den dortigen Entwicklungen. Aber immerhin führen wir eine Debatte darüber, und das ist ein positives Zeichen. Wir sollten über diese Dinge häufiger im Hohen Haus diskutieren, anstatt aus unseren nationalen Zeitungen darüber zu erfahren.
Neil Parish (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich bin dankbar, dass Herr Freitas dieses Thema angesprochen hat und die Kommissarin heute Abend anwesend ist, denn dies ist wirklich eine lohnende Debatte.
Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass Milchquoten und Flächenstilllegungen, da sie mit einer entkoppelten Agrarpolitik schwer vereinbar sind, künftig stufenweise abgebaut werden müssen. Wir müssen auch einen Termin festlegen und ihn einhalten, denn seit ich hier bin, sollten immer wieder Quoten abgeschafft werden, was jedoch nie geschehen ist. Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass sie eines Tages tatsächlich wegfallen. Jeder im Hohen Haus weiß den Wert der Milcherzeugung für all unsere Mitgliedstaaten zu schätzen – das gilt nirgendwo mehr als in meiner britischen Heimatregion, dem West Country, wo die Milchwirtschaft zum täglichen Brot der ganzen Gegend gehört, jedoch enorm unter Druck geraten ist. Interessant an den Quoten und dem Wert der Quoten ist doch, dass der Satz in Großbritannien vor zehn Jahren noch fast ein Pfund pro Liter betrug, während er heute bei einem Penny pro Liter liegt. Wir müssen uns deshalb bewusst sein, dass Quoten in vielerlei Hinsicht keine fassbare Größe sind und von heute auf morgen ihren Wert verlieren können. Wir müssen sehr aufpassen, wie wir damit umgehen. In Großbritannien sind die Macht der Supermärkte und der Preisdruck heute das eigentliche Problem. Wir erreichen nicht einmal unsere nationale Quote, was verdeutlicht, dass mit den Preisen etwas nicht stimmt.
In den letzten 20 Jahren gab es immer mal wieder Zeiten, in denen ein weltweiter Anstieg des Milchhandels zu verzeichnen war. Aber da in Europa eine Kontrolle der erzeugten Mengen stattfindet, konnten wir davon nie richtig profitieren. Deshalb brauchen wir in Zukunft eine flexiblere Regelung. Ich würde gern hören, wie die Kommissarin dazu steht.
In Neuseeland – wo Milch wohl genauso effizient wie anderswo erzeugt wird – gibt es immer noch eine Art Quote, weil dort eine nationale Genossenschaft existiert, an der die Bauern beteiligt sein müssen, wenn sie zusätzlich Milch erzeugen wollen. Es ist sicher lohnend, sich über die Gestaltung nach 2015 Gedanken zu machen, doch zuerst müssen wir uns der Tatsache stellen, dass die Quoten abgeschafft werden müssen.
Duarte Freitas (PPE-DE), Verfasser. – (PT) Herr Präsident, vielen Dank. Als Verfasser der Anfrage möchte ich ganz schnell der Frau Kommissarin eine spezielle Frage stellen, damit wir dann alle mit einer klareren Perspektive zu diesem Thema dieses Hohe Haus verlassen können.
Wie die Kommissarin sagte, endet die Regelung bekanntlich 2015, wenn nichts unternommen wird. Wir wissen auch, dass die Kommissarin selbst sie für ein veraltetes System hält, das eingestellt werden muss. Was wir jetzt wissen wollen, und das ist die Frage, die ich Ihnen stellen möchte, Frau Kommissarin, und bitte geben Sie eine ganz klare Antwort: Akzeptieren Sie, dass der Abbau vor 2015 beginnen kann, wie Herr Rasmussen, Ihr Vertreter im Landwirtschaftsausschuss des Parlaments annimmt, oder wird der Prozess ab 2015 beginnen? Das ist eine entscheidende Frage, und ich bitte Sie um eine ganz klare Antwort.
Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich habe diese interessante und sehr leidenschaftliche Debatte mit großem Interesse verfolgt. Sie veranschaulicht auf eindrucksvolle Weise, welche Bedeutung die Milchwirtschaft hat.
Wie Herr Mulder richtig sagte, wurde das Quotensystem 1984 eingeführt, zu einer Zeit, als wir hohe Preise für unsere Erzeugnisse aufrechterhalten wollten. Damals war das Quotensystem deshalb eine gute Idee. Allerdings haben sich die Dinge in den letzten 20 Jahren drastisch verändert, und es entstand deshalb im Zuge der Reform von 2003 eine Diskussion, was mit dem Milchsektor geschehen solle. Es fiel die Entscheidung, das Quotensystem bis zum 31. März 2015 beizubehalten. Wir beschlossen, die Quoten zu erhöhen und die Preise zu senken. Die stufenweise Einleitung dieser Veränderungen wird nächstes Jahr abgeschlossen.
Dann ergab sich die Möglichkeit, den erwähnten „Gesundheitscheck“ durchzuführen. Es wird wohlgemerkt keine neue Reform im Jahr 2008/2009 geben. Das möchte ich klarstellen. Der „Gesundheitscheck“ bietet einfach nur die Gelegenheit, die Gemeinsame Agrarpolitik im Einklang mit der GAP-Reform von 2003 zu straffen und zu vereinfachen.
Wenn ich mit dem Parlament zu tun habe, versuche ich immer mit offenen Karten zu spielen und sie nicht verborgen zu halten. Wir brauchen im Rahmen des „Gesundheitschecks“ eine Diskussion darüber, was wir mit dem Quotensystem anstellen, wenn es 2015 ausläuft. Ich habe zwar noch keine konkreten Vorstellungen zur Auslaufphase, aber müssen wir der Milchwirtschaft sagen, ob wir nun das Quotensystem verlängern wollen oder nicht. Ich schlage keine Veränderungen vor, da das Quotensystem im Jahr 2015 automatisch ausläuft, wenn wir nicht weiter eingreifen. Deshalb müssen wir den Beteiligten sagen, ob wir nun an der Vereinbarung festhalten, das Quotensystem im Jahr 2015 abzuschaffen. Denn wenn wir nichts sagen, werden die Landwirte überall in Europa annehmen, dass dies nicht geschehen wird. Sie werden ihre Quoten beibehalten und davon ausgehen, dass sie nach dem 31. März 2015 immer noch etwas wert sind. Und dann kommen der Rat und das Parlament und beschließen plötzlich ihre Abschaffung, wodurch der Wert der Quoten schlagartig auf Null sinkt. Sie sind dann rein gar nichts mehr wert! Das hat mit Kalkulierbarkeit nichts zu tun, und deshalb müssen wir ein klares Signal geben, wie die Zukunft aussehen wird.
Wie ich in meinem ersten Redebeitrag schon sagte, wird uns der Bericht über die Marktperspektiven im Milchsektor Ende nächsten Jahres vorliegen. Herr Nicholson, dass ich mit dem Parlament und konkret mit dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung eng zusammenarbeite, hat bei mir Tradition. So gesehen können wir gerne erörtern, was künftig geschehen soll, um für die Milchwirtschaft in der Europäischen Union Stabilität zu gewährleisten und Unsicherheit zu vermeiden.
Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
Schriftliche Erklärung (Artikel 142)
Béla Glattfelder (PPE-DE). – (HU) In letzter Zeit haben einige Meldungen die Runde gemacht, die Kommission bereite die Neuordnung des Milchmarktes vor und ein wichtiges Element dieses Vorhabens sei die Abschaffung der Milchquoten. Die Kommission hat diese Berichte nicht dementiert. Diese Nachrichten sind beunruhigend – sei es nur, weil in den letzten Jahren vorrangig in jenen Sektoren Reformen durchgeführt wurden, in denen die Regelung ohnehin ausgelaufen wäre. Für den Milchsektor gibt es keinen solch zwingenden Grund, da die hier geltenden Verordnungen bis 2015 in Kraft sind. Außerdem hat die Milchquotenregelung dem Markt und den Erzeugern ausreichende Stabilität beschert.
Sollte die Quotenregelung abgeschafft werden, würde das Einkommen von Milcherzeugern europaweit sinken, was eine weitere Konzentration im Sektor zur Folge hätte. Zehntausende Bauern, die für die lokalen Märkte produzieren, wären dann gezwungen, ihre Produktion einzustellen. Im Ergebnis würde in weniger günstig aufgestellten Mitgliedstaaten die Milchproduktion erheblich zurückgehen. Einige Mitgliedstaaten wären dann genötigt, ihren Bedarf an Milchprodukten überwiegend aus Importen zu decken.
Obgleich sich die Milchproduktion in Ungarn in erster Linie in den Händen großer Konzerne befindet und wettbewerbsfähig ist, läge es nicht im Interesse unseres Landes, das Quotensystem abzuschaffen. Aufgrund der gegenwärtigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist der Milchverbrauch niedrig und Ungarn kann die ihm zugeteilten Quoten nicht ausschöpfen. Gleichzeitig hoffen wir jedoch, dass mit einem wirtschaftlichen Aufschwung auch der Milchkonsum wieder steigt. Deshalb wäre für Ungarn insbesondere eine Änderung der Quotenregelung inakzeptabel, nach der Quoten von Mitgliedstaaten, die diese nicht ausschöpfen, an Länder übertragen werden, die sie in höherem Maß nutzen.
Csaba Sándor Tabajdi (PSE). – (HU) Der Grund für die Beibehaltung der strengen Milchquotenregelung ist, dass nach den derzeit geltenden Quoten mehr Milch produziert werden kann als die EU intern verbraucht.
Ab 2007 müssen Direktzahlungen an Milcherzeuger vollständig von der Produktion abgekoppelt werden, das heißt, die Zahlungen gehen nicht an die Erzeuger, sondern in Form eines flächenbasierten Pauschalbetrags an diejenigen, die für den Bezugszeitraum eine Milchquote besitzen.
Nach den aktuellen Bestimmungen bleibt die Milchquotenregelung bis 2014-15 in Kraft. Kommissarin Fischer-Boel äußerte, dass wir uns im Zuge der Überprüfung das Quotensystem vornehmen sollten, nannte aber keine konkreten Einzelheiten.
Die Aufrechterhaltung des Quotensystems ist die einzige Garantie für Markt- und Preisstabilität. Ohne Quoten würde die Produktion deutlich ansteigen, und infolge der resultierenden Überschüsse würden die Preise fallen, was Kleinerzeugern rasch die Luft zum Atmen nähme. Gleichzeitig wären ohne Unterstützung nur die wettbewerbsfähigsten Industrien in der Lage, dem Importdruck standzuhalten oder auf dem Exportmarkt zu bestehen.
In Ungarn geht die Milchproduktion aus Effizienzgründen stetig zurück: Obwohl die Einkaufspreise nicht fallen, schöpfen wir die uns zugeteilte Gemeinschaftsquote derzeit nur zu rund 70 % aus. Im Gegensatz zur westeuropäischen Praxis gehören hier leider den Erzeugern die Verarbeitungsanlagen nicht.
Sollte die Quotenregelung abgeschafft werden, stiege der Anteil importierter Erzeugnisse, wodurch sich das Problem der Wettbewerbsfähigkeit bei den ungarischen Erzeugern noch verschärfen und der Rückgang der heimischen Produktion wahrscheinlich beschleunigen würde. Aus all diesen Gründen bin ich nicht für die Abschaffung der Milchquotenregelung.