14. REACH: Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe — Europäische Agentur für chemische Stoffe — Änderung der Richtlinie 67/548/EWG betreffend die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe im Hinblick auf ihre Anpassung an REACH (Aussprache)
Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über
– die Empfehlung für die zweite Lesung des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 27. Juni 2006 im Hinblick auf die Annahme einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (07524/8/2006 – C6-0267/2006 – 2003/0256(COD)) (Berichterstatter: Guido Sacconi) (A6-0352/2006) und
– die Empfehlung für die zweite Lesung des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe im Hinblick auf ihre Anpassung an die Verordnung (EG) Nr. …/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) und zur Schaffung eines Europäischen Amtes für chemische Stoffe (07525/3/2006 – C6-0268/2006 – 2003/0257(COD)) (Berichterstatter: Guido Sacconi) (A6-0345/2006).
Guido Sacconi (PSE), Berichterstatter. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! In den Tagen nach unserer mit dem Rat erzielten Einigung − die nicht zuletzt dank der Unterstützung der Kommission möglich war − habe ich mich gefragt, womit wir dieses langwierige Verfahren, das in meinem Fall dreieinhalb Jahre gedauert hat und das uns bis hierher geführt hat, wohl vergleichen könnten. Um diese Frage zu beantworten, musste ich auf meine Leidenschaft für das Bergsteigen zurückgreifen: Der treffendste Vergleich ist vielleicht der mit einem hohen Berg, den wir gemeinsam erklommen haben – wahrscheinlich, und das ist nicht übertrieben, mit einem Achttausender im Himalaya.
Ich bin noch nie so hoch gekommen und werde das wohl auch in Zukunft nicht tun, denn ich bin nur ein mittelmäßiger Bergsteiger. Trotzdem weiß ich, was geschieht, wenn man den Gipfel erreicht: Dort zählen die Anstrengungen und auch die Gefahren nicht mehr, denen man sich ausgesetzt hat, und vielleicht zählt nicht einmal mehr die Unzufriedenheit, die einen häufig überkommt, wenn man am Gipfel anlangt und sich ein mäßiger Ausblick bietet, weil es neblig ist. Mir ist das etliche Male passiert: Ich komme oben an und sehe nichts! Nichtsdestotrotz ist das Erfolgserlebnis gewaltig.
Dabei kommt es vor allem auf zwei Dinge an: Erstens muss man sich klar werden, ob man auch wirklich auf dem Gipfel angekommen ist, und zweitens muss man sich gut auf den Abstieg vorbereiten, der oft nicht einfacher ist als der Aufstieg.
Als Seilschaftsführer möchte ich meine Auffassung zu diesen zwei Punkten darlegen. Haben wir wirklich den Gipfel erreicht? Ich glaube, das haben wir. Und zwar mit dem Paket von Kapiteln, auf das wir uns in der Schlussphase der Verhandlungen geeinigt haben: Sorgfaltspflicht, Tierschutz und vor allem die forcierte Förderung alternativer Methoden zu Tierversuchen; die Agentur; die Übermittlung von Informationen; sowie die Anpassung an die neue Interinstitutionelle Vereinbarung zum Ausschussverfahren, womit die Rolle des Parlaments gewahrt wurde. Auf eine Sache mussten wir verzichten, nämlich die Ausdehnung des Stoffsicherheitsberichts auf kleine Mengen. Dies war jedoch kein Opfer dieses Aufstiegs, sondern bedeutet eher eine vorzeitige Rückkehr ins Basislager, denn wir haben eine Überprüfungsklausel festgelegt, die es uns in sieben Jahren vielleicht ermöglichen wird, diese Verpflichtung einzuführen, wenn erst einmal die gesamte Lieferkette entsprechend überprüft worden ist.
Der Grund, weshalb wir sagen können, dass wir den Gipfel erreicht haben, liegt darin, dass es uns mit dieser Einigung vor allem gelungen ist, das strittigste Problem erfolgreich zu lösen, das das Ziel von REACH betrifft, nämlich die Reglementierung der besonders besorgniserregenden Stoffe durch das Zulassungsverfahren.
Um einzuschätzen, ob wir wirklich bis zum Gipfel vorgedrungen sind, müssen wir uns vor Augen halten, wo wir gestartet sind: weit unten im Tal. Tatsächlich sah der ursprüngliche Kommissionsvorschlag die Möglichkeit vor, alle zulassungspflichtigen Stoffe nach dem Grundsatz der angemessenen Kontrolle zuzulassen. Im Vergleich dazu sind wir ein gutes Stück vorangekommen. Bereits in dem durch das Parlament positiv beeinflussten Gemeinsamen Standpunkt des Rates wurde das Spektrum dieser Stoffe begrenzt, und danach haben wir mit der Einigung vom 30. November einen weiteren Schritt nach vorn gemacht, weil die Anzahl der Stoffe, die nach diesem kürzeren und einfacheren Verfahren zugelassen werden können, verringert wurde. Anschließend haben wir alle Stoffe – auch jene, die auf der Basis der angemessenen Kontrolle zuzulassen sein werden – in ein Substitutionsverfahren aufgenommen. Wenn es eine Alternative gibt, ist zwingend ein Substitutionsplan vorzulegen; gibt es zum Zeitpunkt der Zulassung keine Alternativen, müssen die Unternehmen in jedem Fall die Forschungs- und Entwicklungskonzepte darlegen, die sie zu verfolgen gedenken.
Auf dieser Grundlage wird die Dauer der Genehmigung demnach für jeden Einzelfall festgelegt, und sie muss von der Kommission begründet werden, sofern eine Alternative besteht. Falls sich während der Zulassung eine Alternative ergeben sollte, entfällt die Pflicht zur Vorlage des Substitutionsplans.
Hervorheben möchte ich, dass die Kommission ihre Entscheidungen von Fall zu Fall treffen wird, und zwar auf der Grundlage der Stellungnahme der Agentur, die die Gutachten des Ausschusses für sozioökonomische Analyse und des Ausschusses für Risikobeurteilung zu berücksichtigen hat, in die wiederum die Beiträge von Dritten einfließen sollen. Es handelt sich demzufolge um ein sehr transparentes Verfahren, das nicht nur von den Erklärungen des Antragstellers selbst abhängt.
Was den Gipfelabstieg anbelangt, so kommt es darauf an, die beste Route zu wählen, denn der Schwierigkeitsgrad kann im Vergleich zum Aufstieg deutlich erhöht sein. Mit diesem Gleichnis will ich sagen, dass wir dem Kompromiss, den wir zustande gebracht haben, zustimmen sollten, weil wir so die Veröffentlichung der Verordnung noch vor Jahresende ermöglichen, sodass der Termin für das Inkrafttreten und die Anwendung von REACH – 1. Juni 2007– gehalten werden kann.
Das ist eine komplexe Frage, die nicht im Vorbeigehen gelöst werden kann: REACH ist so kompliziert, dass es ein Fehler wäre, davon auszugehen, dass alle Probleme in der Umsetzungsphase ausgeräumt werden. Im Vordergrund steht jetzt die Aufgabe, mit der Anwendung zu beginnen: Wir haben mehrere Mechanismen und Fristen vorgesehen, die wir als selbstregulierend bezeichnen könnten und die während der Umsetzung auf der Basis der konkreten Erfahrungen, die wir sammeln, Anpassungen ermöglichen werden. Wir haben das Gleichgewicht über alle Stufen dieses Verfahrens hinweg verbessert: Ich denke dabei an die Lösungen, die wir für die Probleme der kleinen Unternehmen gefunden haben, an die Verbesserung des Gesundheits- und des Umweltschutzes, unter besonderer Berücksichtigung der Risiken für die Arbeitnehmer.
Ich glaube, alles in allem können wir mit diesem Endprodukt sehr zufrieden sein. Ich habe festgestellt, dass meine Kollegen von der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz und von der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke ein ganzes Paket von Änderungsanträgen vorgelegt haben, die insgesamt zustimmungsfähig sind und weitgehend denen ähneln, die ich bei den Verhandlungen mit dem Rat und mit der Kommission eingereicht hatte, um zu dem Punkt zu gelangen, an dem wir heute stehen.
Wozu dienen diese Änderungsanträge? Wohin sollen sie uns führen? Welchen Gipfel könnten wir in einem unwahrscheinlichen Vermittlungsverfahren erklimmen? Wir alle kennen die wahre Alternative: Entweder wir billigen das Kompromisspaket, das wir geschnürt haben, und verbessern den Gemeinsamen Standpunkt oder wir übernehmen den Gemeinsamen Standpunkt wie er ist. Lassen Sie uns ganz offen sein: vielleicht wäre das besser. Das ist die eigentliche Alternative, die wir haben, und ich bin sicher, das Parlament wird bei der Abstimmung am Mittwoch die richtige Entscheidung treffen.
Herr Präsident, mit meinem heutigen Redebeitrag habe ich meine Arbeit abgeschlossen: Auch wird die Abstimmungsliste sehr kurz sein und keinen großen Aufwand erfordern – es handelt sich nur um zwei Seiten, ein Rekord für REACH, wenn man bedenkt, dass in der ersten Lesung etwa 5 000 Änderungsanträge geprüft wurden.
Meine Arbeit endet hier, und mir bleibt nur noch jenen zu danken, die auf die unterschiedlichste Art und Weise an dieser Himalaya-Expedition beteiligt waren. Das waren viele: Ich habe sechs Ratspräsidentschaften kennen gelernt, viele Ausschussvorsitzende und Kommissionsmitglieder, und ich war immer da und habe die Seilschaft angeführt, auch wenn bisweilen einige versucht haben, mich runterzuziehen anstatt mich zu sichern. Und trotzdem sind wir so weit gekommen.
Doch Spaß beiseite – ich danke ihnen allen, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, Herrn Florenz, sämtlichen Schattenberichterstattern, auch jenen, die ihre Ablehnung zu diesem Ergebnis bekundet haben, den Ratspräsidentschaften, insbesondere der finnischen, die wirklich ein entscheidender Gesprächspartner war, der Kommission, die vielleicht nicht besonders aufs Tempo gedrückt, doch in der Schlussphase maßgeblich zu diesem Resultat beigetragen hat. Vor allem aber danke ich meinem Mitarbeiterteam: zwei Italienerinnen − darunter meine Assistentin, Sabina Magnano −, die einen großen Anteil an diesem Projekt haben. Könnte ich den Titel des Berichts ändern, würde ich ihre Namen sowie die Namen all derer, die mit mir zusammengearbeitet haben, an diese Stelle setzen!
(Beifall)
Mauri Pekkarinen, amtierender Ratspräsident. – (FI) Herr Präsident, Kommissare Verheugen und Dimas, Herr Sacconi, meine Damen und Herren! Die Verordnung über die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) ist eines der bedeutendsten Rechtsetzungsprojekte in der Geschichte der Europäischen Union. Verglichen mit dem heutigen, etwa 40 Jahre alten Kontrollsystem für chemische Stoffe stellt sie einen gewaltigen Sprung nach vorn dar. Sie wird Europa zu einem globalen Pionier und Bahnbrecher in diesem Bereich machen.
Seit fast genau drei Jahren haben das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission gemeinsam intensiv am Erlass der REACH-Verordnung gearbeitet. Der Verhandlungsprozess hat schwierige Phasen durchlaufen. Ich kann ohne Übertreibung sagen, dass wir ohne das starke Engagement aller Beteiligten heute nicht hier sitzen würden.
Die Ausarbeitung der Verordnung durch den Rat stellte eine Herausforderung für nicht weniger als sieben Ratspräsidentschaften dar. Ich möchte allen Vorsitzen danken, die im Rat die Grundlage für den Beschluss geschaffen haben, der jetzt vor uns liegt. Der politische Konsens, der während des britischen Vorsitzes im Rat erzielt wurde, hat auf hervorragende Art und Weise den Weg für den Abschluss der Gespräche während der finnischen Präsidentschaft geebnet.
Ich bin sehr erfreut, dass die Mitgliedstaaten dem ausgehandelten Kompromisspaket ihre nachdrückliche Zustimmung gegeben haben. Ebenso hoffe ich aufrichtig, dass die verschiedenen Fraktionen im Europäischen Parlament der Kompromisslösung in der Abstimmung am Mittwoch mit deutlicher Mehrheit zustimmen werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich dem Europäischen Parlament für die hervorragende Zusammenarbeit bei den Verhandlungen im Verlaufe des Herbstes danken. Mein besonderer Dank gilt dem Berichterstatter, Herrn Sacconi, und dem Vorsitzenden des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, Herrn Florenz, sowie den zahlreichen anderen Mitgliedern, die aktiv daran mitgewirkt haben, zu gemeinsamen Lösungen zu gelangen. Ich danke auch den Kommissaren Verheugen und Dimas für ihre maßgeblichen Beiträge in den Verhandlungen.
Es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, den Prozess dahingehend zu beurteilen, wie die Ziele, die für die REACH-Verordnung gestellt worden waren, insgesamt verwirklicht werden.
Die Verordnung wird viel für einen besseren Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt leisten. Das REACH-System wird unser Wissen über die Eigenschaften von Substanzen verbessern, das Risikomanagement im Hinblick auf die von chemischen Stoffen ausgehenden Gefahren effektiver machen, und es wird die Zulassung der gefährlichsten Substanzen erforderlich machen. Die neuen Sicherheitsauflagen sind die strengsten weltweit. Es liegt im gemeinsamen Interesse der europäischen Verbraucher und der Industrie, die Produktentwicklung neuer und sichererer Chemikalien zu fördern. Zu diesem Zweck ist das gegenwärtige Mitteilungsverfahren in dem Vorschlag überarbeitet worden. Das REACH-System bedeutet auch, dass Unternehmen eine größere Verantwortung und mehr Pflichten zu übernehmen haben, und es bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihren Verpflichtungen im Bereich der chemischen Sicherheit unabhängiger nachzukommen als dies bislang der Fall ist.
Mit der Schaffung aktueller Informationssysteme und Register für die Europäische Agentur für chemische Stoffe, von der auch die Öffentlichkeit leichter als bislang Informationen über Substanzen und ihre Eigenschaften erhalten kann, wird die Transparenz bei der Prüfung von chemischen Stoffen deutlich zunehmen. Weltweit gibt es keine vergleichbaren Informationssysteme dieser Art.
Um die Auswirkungen von Substanzen hinreichend untersuchen zu können, sind bessere Informationen über deren Eigenschaften erforderlich. Die REACH-Verordnung bringt diese auf ein neues Niveau, indem sie die Möglichkeit schafft, alternative Forschungsmethoden und -programme auf breiter Grundlage anzuwenden. Diese neuen Forschungsmethoden werden vermutlich auch die Testmethoden für chemische Stoffe weltweit beeinflussen.
Auch die Verbraucher werden mehr Informationen über die in den Erzeugnissen und Produkten enthaltenen gefährlichen Stoffe einholen können. Mit REACH wird zudem ein System geschaffen, das Unternehmen verpflichtet, Einzelheiten über Besorgnis erregende Substanzen in einzelnen Produkten bekannt zu geben, wenn dies durch Verbraucher verlangt wird.
Die Fragen des Zulassungsverfahrens und der Substitution waren die letzten offenen Punkte bei den Verhandlungen. Nach dem Vorschlag der Ratspräsidentschaft hat der Bewerber oder Inhaber einer Zulassung einen Substitutionsplan einzureichen, wenn eine Untersuchung der Alternativen aufzeigt, dass es geeignete alternative Lösungen gibt. Der Substitutionsplan soll unabhängig davon eingereicht werden, ob die Zulassung aufgrund eines geeigneten Risikomanagements oder aufgrund des sozioökonomischen Nutzens erteilt werden soll. Mehr noch, der Anwendungsbereich, in dem Risikobeurteilungen vorzunehmen sind, ist gegenüber dem Gemeinsamen Standpunkt enger gefasst worden, und zwar so, dass er keine Anwendung auf PBT- oder vPvB-Stoffe findet. Was jene Substanzen angeht, die schädliche Auswirkungen auf die Funktion von Hormonen haben, wurde vereinbart, diese Frage innerhalb der kommenden sechs Jahre erneut zu untersuchen. Ich glaube, dass diese Lösung die Sorgen des Europäischen Parlaments im Hinblick auf die Substitution der gefährlichsten Substanzen auf eine ausgewogene und realistische Art und Weise berücksichtigt.
Mit Freude kann die finnische Ratspräsidentschaft bestätigen, dass zur Abstimmung ein Paket von Änderungsanträgen vorliegt, das auf dem Ergebnis der Trilogverhandlungen basiert. Was diese Abänderungen angeht, kann ich Sie auch der Zustimmung des Rates versichern. Im Hinblick auf die anderen Änderungsanträge hoffe ich, dass das Verhandlungsergebnis unverändert bleibt.
Ich hoffe, dass das Parlament in seiner Sitzung am Mittwoch das Kompromisspaket zu der Verordnung in der Form annimmt, wie es mit dem Rat ausgehandelt worden ist. Damit würde ein Rechtsetzungsprojekt, das sowohl für die Öffentlichkeit als auch für die Industrie von Bedeutung ist, seiner Verwirklichung einen großen Schritt näher kommen.
(Beifall)
Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die heutige Aussprache ist die letzte Etappe auf einem langen Weg, an dessen Ziel ein großer Fortschritt für die Gesundheit, für die Umwelt und – wie ich ausdrücklich hinzufügen möchte – auch für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in Europa stehen wird. Ich habe sogar die Hoffnung, dass dieses große Projekt weltweit Maßstäbe in der Umwelt- und Gesundheitspolitik setzen wird. Dass wir so weit gekommen sind, verdanken wir nicht zuletzt dem großen Einsatz und dem großen Einfluss des Europäischen Parlaments, und ganz besonders Herrn Sacconi, der sich als großartiger Verhandler und Sachkenner erwiesen hat. Ich möchte auch Herrn Florenz, dem Vorsitzenden des Umweltausschusses, danken, der uns durch die außerordentlich schwierigen und manchmal mühevollen Trilogprozesse geführt hat. Mein Dank gilt der Berichterstatterin des Industrieausschusses, Frau Ek, und ihrem wertvollen Beitrag sowie Herrn Nassauer, dem Berichterstatter des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, die beide eine Schlüsselrolle gespielt haben.
Das Ergebnis, das hier heute vorgelegt wird, trägt deutlich den Stempel des Parlaments, und ich bin der Erste, der sagen möchte, dass es im Vergleich zu dem, was vorgelegt wurde, eine Verbesserung darstellt. Das ist hauptsächlich dadurch erreicht worden, dass das Zulassungssystem gestärkt wurde und dass stärkere Anreize geboten werden, die zur Substitution von Stoffen führen, für die es eine geeignete Alternative gibt. Ich möchte hier noch einmal klarstellen: Die Substitution von Stoffen, für die es eine geeignete Alternative gibt, ist ein wirtschaftlicher Vorteil. Es schadet uns nicht, wenn wir das tun, sondern es nützt uns. Ich bin auch sehr glücklich darüber, dass es während der Beratungen gelungen ist, dem Tierschutz stärkere Beachtung zu schenken. Für mich war es immer eines der wirklich problematischen Themen bei REACH, dass es zu einem wesentlich höheren Verbrauch an Versuchstieren führt als wir ihn heute ohnedies schon haben. Ich kann aber gleich auf die Frage von Herrn Davies aus der vorherigen Debatte eingehen und sagen, dass die Art und Weise, wie wir REACH implementieren werden, auf jeden Fall auch von der Zielsetzung bestimmt sein wird, den Verbrauch von Versuchstieren wirklich dramatisch zu reduzieren. Wir haben eine verbesserte Information auch für die Verbraucher erreicht; gleichzeitig war sich das Parlament darüber im Klaren, dass auf der anderen Seite auf die Belange und die Interessen insbesondere der Hunderttausenden kleinen und mittleren Unternehmen Rücksicht genommen werden muss, die zur Anwendung von REACH verpflichtet sind.
Es war ja immer ein Missverständnis zu glauben – auch wenn dieses Missverständnis von einigen Umweltorganisationen verbreitet worden ist – REACH sei ein Problem der europäischen Großindustrie. Die europäische Großindustrie hat überhaupt kein Problem mit REACH, weder in der Form, in der es vorlag, noch in der heutigen Form. Es war immer ein Problem der kleinen und mittleren Unternehmen, deren Konkurrenzfähigkeit, ja sogar Überlebensfähigkeit aufs Spiel gesetzt wird, wenn wir nicht sehr genau darauf achten, was sie noch verkraften können und was nicht. Deshalb sind die vorgenommenen Änderungen extrem bedeutsam, nicht nur im Hinblick auf die Prüfanforderungen für die Stoffe, die in kleineren Mengen hergestellt werden, sondern auch, was die verstärkten Anreize zur gemeinsamen Nutzung von Daten für die Registrierung und den verbesserten Schutz der geistigen Eigentumsrechte betrifft.
Die Kommission glaubt, dass hier ein Gleichgewicht zwischen Wettbewerbsfähigkeit einerseits und notwendigen Fortschritten bei Umwelt und Gesundheit andererseits erzielt wurde, und unterstützt deshalb den Vorschlag, der hier auf dem Tisch liegt. Die Änderungsvorschläge, die dem Vorschlag von Herrn Sacconi zugrunde liegen, werden also von der Kommission unterstützt.
Lassen Sie mich zum Schluss noch sagen, dass ich Herrn Sacconi noch in einem anderen Punkt Recht gebe. Wir sind zwar jetzt kurz vor dem Ziel der Verabschiedung dieses Gesetzes, aber damit sind die Schwierigkeiten noch lange nicht überwunden. Es kann gut sein, dass der größere Teil der Schwierigkeiten noch vor uns liegt, denn dies wird ein Gesetz, das in seiner Anwendung noch sehr viel Aufmerksamkeit, Kreativität und Energie erfordern wird. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir jetzt dafür sorgen müssen, dass die Agentur in Helsinki schnell arbeitsfähig wird. Das Problem dabei ist insbesondere die Datenverarbeitung. Wir müssen dafür sorgen, dass die Durchführungsverordnungen schnell in Kraft treten und dass die Betroffenen schnell wissen, was sie zu tun haben. Wir müssen vor allen Dingen dafür sorgen, dass diejenigen, die sich an REACH orientieren müssen, wissen, wie sie das zu machen haben. Die Kommission hat bereits begonnen, kleine und mittlere Unternehmen wirkungsvoller und mit umfassenderen Informationen vorzubereiten, damit diese wissen, wie dies überhaupt gehen soll. Schließlich müssen wir, da es sich ja um eine Richtlinie handelt, darauf achten, dass bei der Umsetzung in den Mitgliedstaaten durch unterschiedliche Anwendungen nicht neue Probleme und neue Komplikationen auftauchen. Ich bitte das Parlament auch bei dem, was jetzt noch zu geschehen hat, um seine Mithilfe. Wenn wir in dieser Frage auch in Zukunft zusammenarbeiten, dann wird es uns sicher gelingen – davon bin ich fest überzeugt – ein Modell dafür zu schaffen, wie wir unsere europäische Vorstellung verwirklichen können, eine starke, leistungsfähige, Arbeitsplätze erhaltende industrielle Basis zu verbinden mit hohen Standards, den höchstmöglichen Standards für die Umwelt und für die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger!
Stavros Dimas, Mitglied der Kommission. – (EL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein langwieriges Legislativverfahren findet sein Ende und REACH erhält seine endgültige Form.
Die Kommission gratuliert – wie dies bereits der Vizepräsident, Herr Verheugen, gesagt hat – dem Rat und dem Parlament zu der erzielten Einigung. Mit dieser Übereinkunft werden wir einen besseren Schutz der Gesundheit und der Umwelt erreichen und gewährleisten, dass Innovation und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie gefördert werden.
Die Kommission befürwortet das Kompromisspaket, das am 30. November 2006 zwischen dem Rat und dem Parlament vereinbart wurde.
Ich möchte dem Ratsvorsitz und dem Minister, Herrn Pekkarinen, sowie natürlich dem Europäischen Parlament, dem Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit und seinem Vorsitzenden, Herrn Florenz, und selbstverständlich seinem Berichterstatter, Herrn Sacconi, für ihre großen Anstrengungen und ihre Entschlossenheit danken, durch die dieser Vorschlag ein glückliches Ende gefunden hat.
REACH ist eines der umfassendsten, inspiriertesten und ehrgeizigsten Gesetzesvorhaben, die bislang in der Europäischen Union in Angriff genommen wurden. Es wird Einfluss auf sämtliche Industriezweige, aber auch direkt bzw. indirekt auf den Durchschnittsbürger haben, da chemische Erzeugnisse im täglichen Leben so weit verbreitet sind.
Für die Bürger und Verbraucher bedeutet REACH, dass sie besser über die in den Waren des täglichen Bedarfs enthaltenen Bestandteile informiert werden, aber vor allem bedeutet es, dass die gefährlichen Stoffe schrittweise durch sichere ersetzt werden. Zudem finden bei der Risikobewertung schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen, wie Kinder, Schwangere und ältere Menschen, Berücksichtigung. Folglich werden die Gesundheit der Bürger verbessert und Umweltschäden vermieden, deren Behebung und Bekämpfung nicht nur eine Menge Geld kosten, sondern die in vielen Fällen gar nicht mehr rückgängig zu machen sind.
Für die Industrie bedeutet REACH, dass sie eine generelle Verantwortung dafür übernehmen muss, negativen Auswirkungen der Produktion, der Verwendung und des Verkaufs chemischer Erzeugnisse auf die Gesundheit und die Umwelt vorzubeugen. Des Weiteren bedeutet es, dass der Informationsfluss in der Produktionskette verbessert wird, damit zukünftige Nutzer besser und umfassender über die Merkmale und Eigenschaften der von ihnen verwendeten Stoffe informiert sind. Dadurch wird es möglich sein, präzisere Ziele für Risikomanagementmaßnahmen festzulegen, was zu einem stärkeren Schutz der Arbeitnehmer und zur Verringerung von Gesundheitsproblemen und Berufskrankheiten beitragen wird.
Auch wenn die Kosten um einiges steigen, werden sich diese Ausgaben und Investitionen über einen langen Zeitraum verteilen, das heißt 11 Jahre im Falle einer Registrierung oder länger im Falle eines Kredits.
Mit dem neuen System hoffen wir, das Vertrauen der Verbraucher in chemische Erzeugnisse und die chemische Industrie zurückzugewinnen. Zudem wird REACH die Wettbewerbsfähigkeit steigern und Innovationen fördern, wodurch der größte Teil der anfänglichen Kosten und Investitionen abgedeckt und wettgemacht werden wird.
REACH hat sich zum Ziel gesetzt, Tierversuche auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. In diesem Punkt ist die Übereinkunft zwischen dem Parlament und dem Rat äußerst zufrieden stellend. Denn darin wird die Bedeutung alternativer Methoden unterstrichen und ein Zeitraum von 45 Tagen für die öffentliche Konsultation zu jedem Versuchsvorschlag vorgesehen.
Die Abstimmung am Mittwoch wird die letzte Etappe eines Verfahrens sein, mit dem das Ziel verwirklicht werden soll, das die Staats- und Regierungschefs auf dem Frühjahrsgipfel 2006 ausgegeben haben, nämlich REACH bis Ende 2006 zum Abschluss zu bringen. Ich hoffe, wir bringen das Verfahren wie geplant zu Ende und die Verordnung tritt bald in Kraft, sodass wir uns endlich an diese große Aufgabe machen können. Das heißt, schrittweise Informationen zu Tausenden von Stoffen zu sammeln, die derzeit zum Einsatz kommen, um bessere Risikomanagementmaßnahmen ergreifen zu können.
Schließlich, meine Damen und Herren, müssen wir damit beginnen, und zwar rasch, Vorkehrungen für die schrittweise Substitution gefährlicher Stoffe zu treffen. Wenn es alternative Erzeugnisse gibt, dann müssen sie unsere erste Wahl sein.
Ria Oomen-Ruijten, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! REACH zählt zu den wichtigsten, umfassendsten und auch komplexesten Rechtsinstrumenten, die wir in den letzten Jahren hier im Parlament behandelt haben. Ich möchte Herrn Sacconi als Erste zu dem erzielten Ergebnis beglückwünschen. In den vergangenen Wochen hat er oft über seinen Hund gesprochen, der es furchtbar gern gesehen hätte, wenn er sich etwas weniger mit REACH und stattdessen ein wenig mehr mit ihm zu Hause beschäftigt hätte. Ihr Hund, Herr Sacconi, muss angesichts der Beharrlichkeit, mit der Sie sich an der Problematik festgebissen haben, ein Terrier sein, weshalb es den Schattenberichterstattern nicht immer leicht gefallen ist, das zu bekommen, was sie wollten.
Dank der REACH-Rechtsvorschrift werden die 30 000 chemischen Stoffe, die auf dem europäischen Markt sind, noch einmal erfasst, die entsprechenden Informationen überprüft und die Verwendungen nötigenfalls geregelt. Hiervon sind sämtliche Stoffe betroffen, die in Mengen von 1 Tonne oder mehr jährlich hergestellt werden. Andere berichten uns anderes. REACH tritt zudem an die Stelle eines Komplexes recht undurchsichtiger Rechtsvorschriften, die den europäischen Markt schließlich zum Nichtfunktionieren gebracht haben. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass REACH so funktioniert, wie es soll.
Es hat seinen Wert unter Beweis gestellt: 1,3 Millionen Menschen sind in der chemischen Industrie beschäftigt, 27 000 vorwiegend kleine, aber auch große Betriebe arbeiten mit REACH oder werden dies künftig tun; der betreffende Umsatz beläuft sich auf 440 Milliarden Euro. Deshalb gilt es, ein solides Gesetzespaket zu schnüren. Der Kompromiss, der uns nunmehr vorliegt, ist nach meinem Dafürhalten der beste Kompromiss, den wir nach sehr langen und recht mühsamen Verhandlungen, in denen für extreme Ansichten ein Mittelweg gefunden werden musste, erringen konnten.
Der Kompromiss ist insofern recht heikel, als er einerseits Mensch, Umwelt und Verbraucher schützt sowie Tierversuche einschränkt und andererseits auch die Möglichkeit zur Schaffung eines optimalen Klimas für die europäische Industrie bietet. Dem finnischen Minister können wir mitteilen, dass wir, obgleich wir Vorreiter sind, dafür Sorge tragen müssen, dass unsere Position Früchte trägt.
REACH stellt sicher, dass die Verantwortung von den Mitgliedstaaten auf die Unternehmen selbst übertragen wird, was die wesentlichste Verbesserung gegenüber dem Gemeinsamen Standpunkt darstellt. Als wichtig erachtet die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten zudem, dass vertrauliche Informationen der Unternehmen besser geschützt werden, dass sich die Registrierung eher an das Paket Nassauer/Sacconi anlehnt – nur leider ist nicht mehr daraus geworden – und dass die Bürokratie auf ein Minimum reduziert wird. Die rechte Balance ist auch auf dem Gebiet der Zulassung und der Substitution gefunden worden. Nunmehr obliegt es der Kommission sicherzustellen, dass dieses Rechtsinstrument auch durchführbar wird.
Dagmar Roth-Behrendt, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion wird diesem Kompromiss, den Guido Sacconi erarbeitet hat, vermutlich mit 99,9 % zustimmen. Wenn irgendjemand diesen schweren Weg zwischen Scilla und Charybdis gehen konnte, dann war es wahrscheinlich Guido Sacconi, der immer gesprächsbereit war, der seine Vorstellungen immer im Kopf hatte und trotzdem versuchte, einen Kompromiss zu finden, der weite Teile des Hauses und der europäischen Öffentlichkeit mit an Bord nimmt.
Wovon reden wir? Wir reden davon, dass wir etwas über Chemikalien erfahren, was wir heute nicht wissen. Wir reden davon, dass wir die Natur schützen wollen, vor allen Dingen aber die Gesundheit der Menschen, die als Verbraucher oder als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Chemikalien umgehen. Dafür ist der Kompromiss gut.
Ein Kompromiss bleibt aber natürlich immer ein Kompromiss. Wenn am Ende niemand wirklich glücklich ist, dann ist das wahrscheinlich der beste Beweis dafür, dass es ein guter Kompromiss ist. Guido Sacconi ist sicherlich nicht hundertprozentig glücklich, wir sind es auch nicht allesamt. Und doch bin ich davon überzeugt, dass es das Beste ist, was wir erreichen konnten. Es ist jedenfalls besser als viele andere Vorschläge, die ich gesehen habe. Deshalb werde ich am Mittwoch auch zustimmen und werde dies auch überzeugt tun.
Aber was haben wir denn auf dem Papier? Viele sagen, es sei ein Monster. Ein Monster ist es natürlich nicht. Ein Monster waren die vierzig Gesetzgebungen, die wir davor hatten. Es handelt sich um ein zusammengefasstes Paket, das nicht für jeden leicht zu lesen ist. Aber derjenige, der sich Mühe gibt, kann es lesen. Es ist auch gut, dass wir gesagt haben, in fünf Jahren überprüfen wir den Anwendungsbereich. Was wird denn mit Medizingeräten oder anderen einzelnen Produkten geschehen. Müssen sie im Anwendungsbereich enthalten sein oder nehmen wir sie besser raus? Das ist vernünftig. Es ist auch richtig, dass wir Verbesserungen im Datenschutz erzielt haben. Daten müssen – bei allem Anspruch auf Transparenz und Information – geschützt sein. Auch müssen wir sicherstellen, dass Forschungsbelange aktiv unterstützt werden und dass Menschen noch in der Lage sind, an Universitäten und anderen Einrichtungen zu forschen. Das alles ist gut.
Was ist nicht gut? Nicht gut ist, wie es dem Mittelstand gehen wird. Herr Verheugen hat es gesagt, und ich bin ihm dafür dankbar. Diejenigen, die die „Zeche“ für unsere ehrgeizige Gesetzgebung zahlen könnten, sind – wenn wir nicht aufpassen – die kleinen und mittleren Unternehmen. An sie gilt es jetzt zu denken. Ich fordere Sie auf, Herr Dimas und Herr Verheugen, ändern Sie die Definition für kleine und mittlere Unternehmen. Das ist längst überfällig und wird einigen von ihnen helfen. Aber ich fordere Sie auch auf, einen Schalter einzurichten, der hilft, der übersetzt und der tatsächlich dafür sorgt, dass den kleinen Unternehmen geholfen wird, denn diejenigen, die es betrifft, wissen nicht, welche Übergangszeit für sie gilt, wann sie was registrieren müssen und wann etwas für sie zutreffend ist.
Zum Schluss lassen Sie mich noch sagen: Wenn wir es Ernst meinen – und das sage ich zu Frau Oomen Ruiyten wie zu allen anderen –, dann sorgen wir dafür, dass wir schnell eine gute und schlagkräftige Agentur bekommen, Wenn. Das bedeutet Geld. Sie, werte Ratspräsidentschaft, nehmen Sie die Sache in die Hand. Sagen Sie den Kolleginnen und Kollegen, dass wir dafür Geld brauchen. Wir im Parlament müssen das ebenfalls tun. Entschuldigen Sie mich bitte, Herr Ouzký, normalerweise bleibe ich bis zum Ende einer Debatte, wenn ich gesprochen habe. Aber ich gehe jetzt ins Präsidium des Parlaments.
VORSITZ: MIROSLAV OUZKÝ Vizepräsident
Chris Davies, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Das scheint doch ein wirklich ruhiger Abschluss für eine so hitzige Debatte zu sein.
Es ist nun schon ungefähr sieben Jahre her, seit den Ministern im Umweltrat zum ersten Mal die Initiative REACH vorgestellt wurde. Erinnern Sie sich noch an die Befürchtungen wegen all der Folgenabschätzungen und an die wilden Zahlen dazu, wie viel REACH wohl kosten würde, und die Gefahr, dass die europäische Chemieindustrie von diesem Kontinent verschwinden und nach China umsiedeln würde. In diesem Parlament wurden über die Jahre alle möglichen parlamentarischen Taktiken angewendet, um die Initiative REACH zu verzögern und ihr den Garaus zu machen, und hier sind wir nun mit einem bemerkenswert breiten Konsens. Vielleicht haben wir ja einige praktische Änderungen erreicht. Wir sind auf dem richtigen Weg.
Ich knüpfe an REACH große Hoffnungen. Ich hoffe, wir werden dadurch in die Lage versetzt, Chemikalien, die schädlich für unsere Gesundheit und unsere Umwelt sind, zu ermitteln, zu kontrollieren und zu ersetzen. Ich hoffe, die Verordnung kann ohne größere Schwierigkeiten – vor allem für die KMU – umgesetzt werden und die damit verbundenen Kosten werden nicht die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie beeinträchtigen. Ich hoffe, diese Verordnung wird die Bewertung und Entwicklung alternativer Testmethoden ohne Tierversuche fördern. Ich hoffe, dass die Industrie durch diese Initiative zu Innovationen angeregt wird und Europa weltweit eine Spitzenposition erlangt. Ich hoffe, REACH wird nicht zur Verlagerung von Arbeitsplätzen führen, sondern stattdessen das Vertrauen der Verbraucher – sowohl hier in Europa als auch in der ganzen Welt – in die Chemieerzeugnisse unserer Industrie stärken. Ich hoffe, es werden sich genügend Wissenschaftler finden, die den dunklen finnischen Wintern trotzen wollen, um die Europäische Agentur für chemische Stoffe zu dem Erfolg zu machen, den wir uns erhoffen. Ich hoffe, dass sich REACH zu einem weltweiten Vorzeigeprojekt entwickeln wird – ein Regulierungssystem, das als Messlatte für andere Regierungen dienen wird. Ich hoffe, das Paket, auf das wir uns geeinigt haben und das mit großer Unterstützung der finnischen Präsidentschaft in den vergangenen Monaten und natürlich unter der Federführung von Herrn Sacconi zustande kam, wird die Industrie zum Umdenken zwingen und dazu führen, dass besonders Besorgnis erregende Stoffe durch sicherere Alternativen ersetzt und die Entwicklung solcher Alternativen gefördert werden.
All dies erhoffe ich mir, aber wahrscheinlich muss noch viel Wasser den Bach herunterfließen, bis sich meine Hoffnungen erfüllen. Es gibt zahlreiche Unwägbarkeiten. Wie wird die Europäische Agentur für chemische Stoffe ihren Tätigkeitsbereich wirklich interpretieren und wie wird REACH in der Praxis definiert werden? Das wird sich im Laufe der Zeit erweisen.
Ich bin nicht begeistert vom Ergebnis. Ich habe Kompromisse akzeptiert, die ich lieber vermieden hätte. Ich hätte eine stärkere Betonung der Substitution bevorzugt. Es war ein schwerer Fehler, dass uns der Rat ganz zum Schluss der Verhandlungen angeboten hat, in die sozioökonomischen Kategorien – die Ersatzkategorien – Umwelthormone – die so genannten endokrinen Hormone – aufzunehmen und wir hier im Parlament diesen Vorschlag abgelehnt haben und uns mit einer Überprüfung nach sechs Jahren begnügt haben. Das ist doch verwunderlich!
Allerdings kann ich nicht einem Sprecher der WWF beipflichten, der vor kurzem die Endfassung der REACH-Verordnung als Schande bezeichnete. Ganz im Gegenteil, dies ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, und wenn sich unsere Hoffnungen erfüllen, dann könnte sich diese Initiative als eine der wichtigsten Maßnahmen erweisen, die die Union je ergriffen hat, von echtem langfristigem Nutzen sowohl für unsere Wirtschaft als auch für unsere Umwelt.
Carl Schlyter, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Ursprünglich sollten mit REACH die Menschen und die Umwelt geschützt werden. Die Vorteile, die sich aus neuen Erkenntnissen und der besseren Umgangsweise mit Chemikalien ergeben, sollten uns eigentlich auch in wirtschaftlicher Hinsicht zugute kommen. Die Zeitung Lancet veröffentlichte im November einen Bericht, aus dem hervorging, dass 200 weit verbreitete Chemikalien zu Hirnschäden, Konzentrationsschwierigkeiten, Verhaltensauffälligkeiten und niedrigerer Intelligenz führen. Wie sollen wir eine auf Wissen, Innovation und Entwicklung basierende Gesellschaft erreichen, wenn wir ohne dringende Notwendigkeit Chemikalien zulassen, die die Intelligenz senken und zu Konzentrationsproblemen führen?
Meine Damen und Herren, wir hatten viele lange Sitzungen, auf denen immer wieder bestätigt wurde, dass eine qualifizierte Mehrheit hier im Parlament es für selbstverständlich hält, dass Verbraucherprodukte mit gefährlichen Stoffen stets durch weniger gefährliche Alternativen ersetzt werden sollten, soweit diese zur Verfügung stehen. Immer wieder haben wir uns darauf geeinigt, dass Stoffsicherheitsberichte für alle in kleinen Mengen hergestellten Chemikalien einzuführen sind. Wieder und wieder haben wir die große Bedeutung von Transparenz und Offenheit betont und über die absurde Regelung gelacht, dass die Einrichtung, die wichtige Beschlüsse über die Zukunft von Chemikalien fassen soll, im Geheimen arbeiten und geheime finanzielle Interessen haben sollte.
Wir waren der Ansicht, dass die Verantwortung der Unternehmen für ihre Produkte eine Selbstverständlichkeit ist, und haben auch Beschlüsse gefasst, die faire Bedingungen für kleine Unternehmen schaffen sollen. Aber jetzt, fünf Minuten vor Zwölf, wenn es ernst wird, hat eine Mehrheit von Ihnen sich von diesen Zielen abgewandt und sich stattdessen der deutschen Chemieindustrie in die unsicheren Arme geworfen. Obwohl der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit wesentliche Verbesserungen bei REACH gefordert hat, haben sich die Dinge auf der letzten Trilog-Sitzung nur noch verschlechtert. Die Interessen der chemischen Industrie wurden vor allem von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten vertreten, aber warum haben die anderen mitgemacht?
REACH sollte jetzt lieber die Bezeichnung RISK erhalten, als Akronym für Registrierung, aber ungenügende Substitution von chemischen Stoffen. Als wir das letzte Mal über REACH abstimmten, haben sich die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament und die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa mit den Rechten über die Frage der Registrierung geeinigt. Dieses Mal sind Sie zu einer Einigung über das gesamte REACH-Paket gekommen. Damals erklärte Herr Sacconi, eine Einigung sei wie ein Apfel – sie müsse gepflückt werden, wenn sie reif ist. Nach der Aussprache haben Sie mir den Apfel gegeben. Ein Jahr später ist er nun ein Ekel erregender schleimiger Klumpen. Darum habe ich einen neuen Apfel mitgebracht, den ich Ihnen überreichen möchte. Heben Sie ihn einige Jahre bis zur Überprüfung von REACH auf. Dann wird er verfault riechen und Sie daran erinnern, sich mit einer anderen Mehrheit zu einigen. Oder noch besser, Sie kommen zu einer Einigung mit uns über den alternativen Kompromiss, der durch diesen Apfelkern symbolisiert wird. Lassen Sie uns diesen Apfelkern als Symbol für ein REACH betrachten, das wächst und Wurzeln schlägt; ein REACH, von dem wir in den kommenden Jahrzehnten Gewinne im Bereich der Umwelt und der öffentlichen Gesundheit ernten können, anstatt den Völkern Europas Fallobst zu verkaufen.
Sie haben die Wahl. Wollen Sie einen faulenden REACH-Apfel haben oder einen wachsenden Kern? Auch in der Politik gilt: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Sie sollten es wagen, jetzt diese letzte Chance zu ergreifen, um eine deutliche Mehrheit im Parlament zu erreichen und offene Verhandlungen mit dem Rat zu führen. Wir können nichts Schlechteres erreichen als den Gemeinsamen Standpunkt des Rates, aber wir können etwas viel Besseres erreichen. Einer der Vorteile der Schlichtung besteht darin, dass sie auf alle Fälle mehr Demokratie bedeutet als dieser hinter geschlossenen Türen erzielte faule Kompromiss.
Francis Wurtz, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Ich möchte nicht im Detail auf die Prüfung des REACH-Kompromisses eingehen, der uns unterbreitet werden soll. Das wird mein Kollege Jens Holms in wenigen Augenblicken tun. Ich hingegen möchte mich nur dem einen Gedanken widmen, dass nämlich REACH eine gute Illustration dessen ist, was Europa sein könnte, und eine unglückliche Bestätigung seiner derzeitigen Widersprüche zugleich.
Noch vor wenigen Wochen versprach REACH, ein wirkliches Engagement zugunsten Europas zu verkörpern: Die Europäische Union sollte eine Gesetzgebung annehmen, mit der endlich die Volksgesundheit und die Umwelt über kurzfristige wirtschaftliche Berechnungen gestellt würden; sie verpflichtete endlich die Unternehmen, die sozialen Kosten für ihr zügelloses Streben nach Wettbewerbsfähigkeit zu berücksichtigen; sie zog endlich die Lehren aus dem Asbestskandal und – da die neuen Rechtsvorschriften auch die in erheblichen Mengen eingeführten Erzeugnisse betreffen würden – zwang Europa die Industrie weltweit, sich ihren neuen Standards anzupassen.
So ergab sich für Europa eine einzigartige Gelegenheit, sich in einem für unsere Mitbürger sehr wirklichkeitsnahen Bereich eine fortschrittliche Identität zu schmieden und innerhalb Europas und weltweit die Rollen neu zu verteilen. Zahlreiche NRO, Gewerkschaften und Abgeordnete haben sich in diesem Sinne aktiv für das Gelingen dieses schönen Projekts eingesetzt. Heute herrscht bei vielen von ihnen große Ernüchterung angesichts der übermäßigen Zugeständnisse, die an die großen europäischen Konzerne gemacht wurden.
Zwar – und das ist ein wichtiger Punkt – bleibt die Umkehr der Beweislast bestehen. Es obliegt nicht mehr den staatlichen Stellen, die Toxizität der eingesetzten chemischen Stoffe nachzuweisen, sondern die Industrie muss den Nachweis für deren Sicherheit erbringen.
Wie lässt sich aber ausgehend von diesem Sachverhalt rechtfertigen, dass die Unternehmen berechtigt sind, weiterhin – und sei es unter Kontrolle –, als sehr gefährlich eingestufte Stoffe zu verwenden, auch dann, wenn es weniger gefährliche Alternativen auf dem Markt gibt? Nach dem katastrophalen Präzedenzfall mit Asbest ist dies ethisch nicht hinnehmbar, ebenso wie das den Unternehmensführungen eingeräumte Recht, Informationen über die mögliche Toxizität chemischer Stoffe, die ihnen bekannt sind, geheim zu halten, sofern die produzierten Mengen unter zehn Tonnen im Jahr liegen, was bei der überwiegenden Mehrheit dieser Stoffe der Fall ist. Und man möge nicht mehr den Vorwand der finanziellen Schwäche der kleinen und mittleren Unternehmen geltend machen! Meine Fraktion hat einen Änderungsantrag eingereicht, in dem die großen Konzerne aufgefordert werden, den KMU die über die fraglichen Substanzen verfügbaren Informationen zukommen zu lassen, um ihnen unnötige Ausgaben zu ersparen. Diese Änderung wurde von den Urhebern des Mehrheitskompromisses abgelehnt.
Noch eine letzte Bemerkung ist der Überlegung wert. Dieser billige Kompromiss ist nicht auf eine konjunkturbedingte Schwäche angesichts eines ungleichen Kräfteverhältnisses zurückzuführen. Das schlechte Beispiel kommt von oben. Die REACH-Gesetzgebung ist zu ehrgeizig. Sie verkörpert jene Art von Vorhaben, die die Kommission künftig nicht mehr vorschlagen würde, erklärte Mitte September der Kommissionsvizepräsident und zuständige Kommissar für Industrie, Günter Verheugen. Besonders beunruhigend dabei ist, dass er diese Ankündigung in einer Rede zur Initiative der „besseren Rechtsetzung“ vorbrachte, was schon viel aussagt über die strategische Linie, von der diese gefährliche Parole herrührt. Wir haben dergleichen Auswirkungen im sozialen Bereich erlebt, vor allem mit der Dienstleistungsrichtlinie oder dem Grünbuch zum Arbeitsrecht. Heute nun sind Gesundheit und Umwelt an der Reihe. Die Aussprache darüber, was sich beim europäischen Aufbauwerk ändern muss, ist wirklich aktueller denn je.
Liam Aylward, im Namen der UEN-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich bin dem Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit kurz nach den letzten Wahlen vor fast zweieinhalb Jahren beigetreten und habe die Meinungsverschiedenheiten und Reibungen zu REACH selbst erlebt. Ich muss sagen, dass ich die Anstrengungen so vieler Menschen sehr imponierend finde. Mein Dank gilt vor allem dem Berichterstatter, Herrn Sacconi, den Schattenberichterstattern, dem Vorsitzenden unserer Fraktion, Herrn Florenz, der Kommission, dem Rat und all jenen, die Kompromisse eingegangen sind, damit dieses Paket zustande kommt. Meines Erachtens ist dies ein gutes Beispiel dafür, dass die Europäische Union und ihre Organe bei Fragen von gemeinsamem Interesse zueinander finden können. Es hat sich gezeigt, dass wir Kompromisse erzielen und eine ordentliche Debatte führen können. Wenn uns unsere Wähler aus diesem Blickwinkel sehen würden, dann wären sie schwer beeindruckt.
Es steht außer Frage, dass wir es in unserem Alltag mit einem zunehmenden Chemikalienmix zu tun haben. Bei dem derzeitigen Sammelsurium an gesetzlichen Vorschriften und unzureichenden Informationen zu den meisten vorhandenen Chemikalien haben wir keinen genauen Überblick über die Menge der verwendeten Chemikalien und die Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unsere Umwelt. Diese Einigung ist bahnbrechend für eine Regulierung, die den Verbrauchern und unserer Umwelt durch ihre strengeren Sicherheitskontrollen eindeutige Vorteile bringen wird. Wir werden besser informiert sein. Die Unternehmen werden einen stärkeren Anreiz für Investitionen und eine Weiterentwicklung in der Forschung und Entwicklung sowie bei Ersatzstoffen erhalten. Abgesehen von der erreichten Ausgewogenheit bin ich sehr zufrieden mit der verstärkten Hilfe für KMU, der Förderung alternativer Methoden zu Tierversuchen, dem gemeinschaftsweiten Kennzeichnungssystem und der Einrichtung einer Gemeinschaftsagentur, die auf EU-Ebene für die technische, wissenschaftliche und administrative Betreuung des Reach-Systems zuständig sein soll.
Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass eines der Ziele dieser Verordnung auch darin besteht, die Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie zu verbessern, die etwa in meinem Heimatland eine sehr wichtige Rolle spielt und direkt und indirekt ziemlich viele Arbeitsplätze schafft. Die Organe haben sich sehr darum bemüht, dass die finanziellen Lasten für die Industrie und insbesondere für die KMU in Grenzen gehalten, vertrauliche Geschäftsinformationen geschützt, der bürokratische Aufwand gering gehalten und Arbeitsplätze nicht gefährdet werden, aber auch die Bürger, die Arbeitnehmer und unser Ökosystem Gewinner sind. Nun stehen wir vor der großen Herausforderung, die REACH-Verordnung in unseren jeweiligen Heimatländern umzusetzen, um eine ordentliche Darstellung für diejenigen, die uns hierher entsandt haben, zu gewährleisten.
Johannes Blokland, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Sacconi meine Wertschätzung aussprechen. Unter seiner Leitung vermochte das Europäische Parlament in den Verhandlungen das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, was angesichts eines uneinigen Parlaments und eines Rates, der sich verzweifelt an seinen Gemeinsamen Standpunkt klammerte, schwierig genug war. Die Tatsache, dass nach harten Verhandlungen schließlich in mehreren Bereichen Resultate vorliegen, mit denen wir leben können, verdient Anerkennung.
Ich kann gut nachvollziehen, weshalb die Umweltbewegung und die chemische Industrie mit dem Kompromiss unzufrieden sind, aber in diesem Fall trifft zweifellos zu, dass das Bessere der Feind des Guten ist. Ein nicht zustande gekommener Kompromiss in zweiter Lesung hätte entweder zur Verabschiedung eines praktisch unveränderten Gemeinsamen Standpunkts oder zu einem sich in die Länge ziehenden Vermittlungsverfahren geführt mit der möglichen Folge des Zurückziehens oder der Ablehnung des gesamten Vorschlags. In diesem Fall ist etwas besser als gar nichts.
Ich darf Ihre Aufmerksamkeit noch auf einen Punkt lenken, dass nämlich die Mitgliedstaaten meines Erachtens eine strengere Umweltpolitik verfolgen sollten, als sie derzeit verankert ist; das gilt mit Sicherheit dann, wenn Länder wie Schweden und Dänemark bereits solch strengere Rechtsvorschriften anwenden. Aus diesem Grund werde ich für den von mir und anderen dazu eingebrachten Änderungsantrag stimmen.
Nicht zuletzt bei dem Kommissar und Herrn Sacconi möchte ich mich entschuldigen, dass ich der Aussprache wegen einer Abstimmung im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres nicht bis zum Ende beiwohnen kann.
Hartmut Nassauer (PPE-DE). – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser Kompromiss trägt die Handschrift des Parlaments. Zum zweiten Mal – das erste Mal war bei der Dienstleistungsrichtlinie – ist es das Parlament, das in einer wichtigen Gesetzgebung entscheidend zu einer Lösung beiträgt. Es ist gut so, dass die Lösung hier im Parlament gefunden worden ist.
Es handelt sich jedoch um einen Kompromiss, eine andere Lösung gab es im Augenblick nicht, und auch eine Vermittlung wäre sicherlich sehr problematisch gewesen. Deswegen ist es richtig, diesem Kompromiss zuzustimmen, wenngleich ich dies nur mit beträchtlichen Bedenken tue. Mit dieser REACH-Regelung erzielen wir einen revolutionären Fortschritt in Bezug auf die Kenntnis über rund 30 000 Stoffe, mit denen die Wirtschaft umgeht. Das ist ein dramatischer Fortschritt für Umwelt und Gesundheit in Europa. Sie, Herr Ratspräsident Pekkarinen, haben dies völlig zu Recht dargelegt.
Aber warum, frage ich Sie, haben Sie nicht ein Wort darüber verloren, dass wir den Unternehmen nicht nur die Verantwortung für die Stoffe übertragen, sondern sie auch mit beträchtlichen Kosten belasten? Dass wir neue bürokratische Verfahren in Europa einführen, und damit genau das Gegenteil von dem tun, was wir ansonsten in unseren Sonntagsreden über den Abbau von Bürokratie und das Erreichen der Ziele von Lissabon verkünden. Ich finde, die Ehrlichkeit gebietet es zu sagen, ja, wir wollen diesen umweltpolitischen Fortschritt, aber wir belasten damit auch die Wirtschaft und Industrie mit beträchtlichen Kosten. Ob ihre Wettbewerbsfähigkeit das aushält, wie Herr Verheugen und ich es hoffen, wird sich zeigen.
Fakt ist, dass zunächst einmal Kosten im Raum stehen, die niedriger hätten sein können. Testerleichterungen für den Niedrigtonnagebereich hat der finnische Ratsvorsitz verweigert. Diese Tests sind erstens teuer, zweitens wenig aussagekräftig und erfordern drittens enorm viel Tierversuche. Es wäre besser gewesen, auf die Lösung des Parlaments zurückzugreifen, die wir gemeinsam mit dem Kollegen Sacconi – dem ich für seine Arbeit danke – in der ersten Lesung gefunden haben.
Was kommt jetzt? Jetzt kommt die Umsetzung dieses gewaltigen Werks, dieser Verordnung, die unmittelbar gilt, also nicht erst auf nationaler Ebene in Recht umgesetzt werden muss, bei der es aber entscheidend darauf ankommt, wie Kommission und Agentur mit den Betroffenen umgehen. Ich bitte vor allem die beiden Kommissare, nämlich Herrn Dimas und Herrn Verheugen, die genauer wissen als andere, dass die Systematik von REACH kleine und mittlere Unternehmen tendenziell benachteiligt, als Partner mit kleinen und mittleren Unternehmen bei der Umsetzung und im partnerschaftlichen Geiste zusammenzuarbeiten, sowie dafür zu sorgen, dass die europäische Wirtschaft diese Belastung auch aushält.
Riitta Myller (PSE). – (FI) Herr Präsident! Nach langen und engagierten Diskussionen, Verhandlungen, Abstimmungen im Ausschuss und Kompromissen blicken wir jetzt auf REACH in der Form, die die Verordnung schließlich annehmen soll. Bislang, und das ist hier bereits gesagt worden, ist die Situation die, dass wir einfach zu wenig über nahezu alle chemischen Stoffe auf dem Binnenmarkt wissen. Über Jahrzehnte sind Zehntausende von Chemikalien auf den Markt gelangt, deren Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit unbekannt sind.
Unsere gegenwärtigen Rechtsvorschriften zu chemischen Stoffen verhindern, dass neue und bessere Chemikalien auf den Markt kommen, da sie Bedingungen fördern, unter denen es möglich und preiswerter ist, alte Chemikalien einzusetzen. Folglich stellt dies eine Barriere für Innovationen im Sinne der Lissabon-Strategie dar. Hauptinstrument von REACH ist die Verpflichtung der chemischen Industrie und der Importeure zur Registrierung der Stoffe.
In den letzten Wochen haben wir insbesondere das Zulassungsverfahren und das damit im Zusammenhang stehende Substitutionsverfahren erörtert. Das Europäische Parlament und sein Berichterstatter, Herr Sacconi, haben mit Nachdruck darauf hingewirkt, den ursprünglichen Vorschlag der Kommission und den Gemeinsamen Standpunkt des Rates zu verbessern, insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeiten, chemische Stoffe, die gefährlich für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen sind, durch weniger gefährliche Chemikalien zu ersetzen. Diese Arbeit ist konsequent geleistet worden und wir müssen anerkennen, dass sie zu einem ausgezeichneten Ergebnis geführt hat. Nach der Abstimmung in erster Lesung haben nicht viele geglaubt, dass wir überhaupt in der Lage sein würden, ein Ergebnis zustande zu bringen. Jetzt haben wir sogar ein gutes.
Entsprechend dem Kompromiss, der jetzt hier erörtert wird, unterliegen alle gefährlichen Substanzen dem Substitutionsverfahren, und die besonders problematischen Stoffe müssen immer dann ersetzt werden, wenn eine Alternative vorhanden und deren Verwendung wirtschaftlich und technisch tragfähig ist. Für die sonstigen bedenklichen Substanzen müssen darüber hinaus ein Substitutionsplan bzw. Forschungspläne als Voraussetzung für den Marktzugang aufgestellt werden.
Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zu dem Apfelvergleich. Ich zumindest würde einen Apfel lieber pflücken und essen, wenn er reif ist, und ich würde nicht warten, bis er faul ist. In diesem Sinne denke ich, dass es wichtig ist zu erkennen, wann Entscheidungen getroffen werden müssen und wann der beste Moment ist, diesen reifen Apfel zu pflücken.
Lena Ek (ALDE). – (SV) Herr Präsident! Die Abstimmung am Mittwoch ist das Ende eines langen Prozesses mit wichtigen Beiträgen von verschiedenen Seiten. Meiner Ansicht nach sollten wir Kommissarin Wallström Aufmerksamkeit schenken, die den Vorschlag eingebracht hat, ebenso wie ihrer demokratischen Innovation mit der umfassenden Internetkonsultation, die erheblich zur Verbesserung des eigentlichen REACH-Vorschlags beigetragen hat. Anerkennung müssen wir auch den Abgeordneten zollen, die sich viele Nächte lang mit dieser Materie herumgeschlagen haben und mit denen wir harte Diskussionen geführt haben. Das sind Herr Langen vom Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie, der Berichtserstatter, Herr Nassauer, und andere, nicht zuletzt der Hauptberichterstatter, Herr Sacconi, sowie die Kommissare Verheugen und Dimas, die sich sehr bei der Vorbereitung des Vorschlags für die Abstimmung engagiert haben.
Dennoch stehe ich hier mit sehr zwiespältigen Gefühlen. Wenn ich sie zusammenfassen sollte, würde ich sagen: Ich bin stolz, aber nicht zufrieden, um einen Ausdruck zu verwenden, der in Schweden in den letzten Jahren aktuell geworden ist. Ich persönlich bin stolz darauf, dass ich in meiner Eigenschaft als Berichterstatterin des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie an dieser Arbeit beteiligt war, wobei ich von drei Themen ausgegangen bin. Erstens müssen die Umweltaspekte des Vorschlags gestärkt werden, insbesondere was die Substitution betrifft. Zweitens bedarf der Vorschlag einiger Präzisierungen. Es gab eine Menge Unklarheiten und Überlappungen mit anderen Vorschriften. Nun haben wir „Papier und Zellstoff“ sowie „Mineralien und Erze“ entfernt, die zwar wichtige Bereiche darstellen, aber nicht in diesen Vorschlag gehören. Außerdem haben wir REACH vereinfacht, zum großen Vorteil für kleine Unternehmen. Meiner Ansicht nach wird der Vorschlag „eine Substanz, eine Registrierung“ von großer Bedeutung für die Zukunft sein.
Mein Ausgangspunkt war also, dass eine Verstärkung, Verdeutlichung und Vereinfachung Vorteile für die Industrie, die Verbraucher und die Bürger Europas bringt. Ich meine, dass das Streben nach einer starken Politik, die sowohl die Belange des Marktes als auch die der Umwelt berücksichtigt, ein äußerst wichtiger Erfolgsfaktor ist.
Enttäuscht bin ich in drei Punkten. Erstens hätten wir meines Erachtens die Möglichkeit nutzen sollen, den Verbrauchern deutlichere Informationen zu geben und so wachsende Umwelt- und Verbraucheranforderungen zu erfüllen. Das wäre möglich gewesen, denn wir haben die Arbeit getan und die Kosten getragen. Der jetzt vorliegende Kompromiss ist nicht so nutzbringend wie er hätte sein können, was in meinen Augen sehr unglücklich ist. Ich würde gern wissen, wie die Kommission und der Rat auf die Forderung nach einem Grenzwert von 0,1 Prozent reagieren. Soll das Auto als teilweise gefährlich angesehen werden, oder sollen die gefährlichen Komponenten im Auto als teilweise gefährlich angesehen werden? Hier besteht dringender Klärungsbedarf. Die Forderung nach Substitution ist ein weiteres Thema. Warum konnten wir nicht einen Schritt weiter gehen, was die so genannten CMR-Substanzen betrifft, also krebserregende, mutagene und fortpflanzungsgefährdende Stoffe? Meine dritte Frage betrifft die Sorgfaltspflicht. Diese gibt es seit römischer Zeit im europäischen Entschädigungsrecht und ist beileibe keine Neuheit. Ich hätte es gut gefunden, wenn wir die Sorgfaltspflicht nicht nur als Grundsatz in den Erwägungen festgelegt, sondern in den Gesetzestext aufgenommen hätten. Leider haben wir diese Fragen nicht ganz bis zum Abschluss bringen können. Außerdem möchte ich noch ein viertes Thema ansprechen, nämlich, dass die Entwicklungsländer die Möglichkeit erhalten müssen, diese Informationen zu nutzen, damit keine Handelshindernisse aufgebaut werden.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Ich bin stolz, aber nicht zufrieden. Die größte Arbeit liegt noch vor uns. Um einen amerikanischen Redner zu zitieren, der vor einigen Wochen gesagt hat: „Wir haben nicht den Rubikon überschritten, um an seinem Ufer zu angeln“. Meine Damen und Herren, die wirkliche Arbeit beginnt erst nach der Abstimmung.
Caroline Lucas (Verts/ALE). – (EN) Herr Präsident! Für die deutsche Chemieindustrie ist Weihnachten diesmal ziemlich früh gekommen. Da das Parlament seine Unterstützung für diesen unglaublich verwässerten Kompromiss zugesagt hat, werden wir den Chemieunternehmen ein frühes und unerwartet großes Weihnachtsgeschenk bereiten und sie somit für ihre hartnäckige Lobbyarbeit belohnen, mit der dieser Vorschlag erfolgreich ausgehöhlt wurde.
Dank der Industrielobby und gefügigen Politikern sowohl aus den Reihen des Rates als auch insbesondere der PPE-DE-Fraktion werden gefährliche Stoffe noch viele Jahre auf dem Markt bleiben, auch wenn bereits sicherere Alternativen vorhanden sind. Meines Erachtens wird es schwer werden, den europäischen Bürgerinnen und Bürgern dies zu erklären. Es ist ein Skandal, dass die Bürgerinnen und Bürger am Ende insgesamt zwanzig Jahre auf Bestimmungen gewartet haben, die die Verwendung gefährlicher Chemikalien in Alltagsartikeln auch weiterhin zulassen, selbst wenn sicherere Alternativen ohne weiteres verfügbar sind. Das ist zudem vollkommen unnötig: In der zweiten Lesung im Umweltausschuss wurde doch dem Berichterstatter der eindeutige Auftrag erteilt, auf eine obligatorische Substitution aller besonders Besorgnis erregenden chemischen Stoffe zu drängen, soweit sicherere Alternativen zur Verfügung stehen. Dennoch wurde dieser Punkt einfach fallen gelassen, einfach wegverhandelt.
Nicht nur das, sondern über die gesamten Rechtsvorschriften wird ein Mantel der Geheimhaltung gebreitet. Es ist vollkommen inakzeptabel, dass die wichtigsten Mitarbeiter der Agentur, die diese Verordnung umsetzen werden, ihre Namen und ihre Interessenerklärungen geheim halten können. Das ist einfach unerhört, und es ist auch besonders sarkastisch, das dies genau dann geschieht, wenn wir die europäischen Bürgerinnen und Bürger doch davon überzeugen sollen, dass die EU offen, transparent und rechenschaftspflichtig ist. Wie können wir so etwas behaupten und dennoch hier in die Geheimhaltung einwilligen?
Nach Ansicht meiner Fraktion hätte das Parlament dieses Kompromisspaket ablehnen und auf eine Einigung über eine vollständige zweite Lesung und ein Vermittlungsverfahren bestehen sollen. Es gibt nichts in diesem Paket, was wir nicht auch im Vermittlungsverfahren hätten erreichen können, und vieles, was wir hätten gewinnen können. Stattdessen haben wir ein Verfahren gehabt, das nicht transparent, nicht demokratisch und sehr leicht manipulierbar ist.
Meine Fraktion hat zwei Kompromissvarianten unterbreitet. Das ist keinesfalls unrealistisch, wie einige erklärt haben. Im Grunde genommen sind unsere Vorschläge schwächer als der Text, den das Parlament in erster Lesung angenommen hat, aber immer noch stärker als der blasse und schwache Kompromiss, der jetzt auf dem Tisch liegt. Unsere Vorschläge beruhen genau auf den Eckpunkten, die die Mehrheit des Parlaments während des gesamten Verfahrens unterstützt hat und dann aber im allerletzten Augenblick als Zugeständnis an die übrige PPE fallen ließ.
Wenn Sie uns also fragen, Herr Sacconi, welchen anderen Berg wir bezwingen wollen, dann lautet unsere Antwort ganz einfach: den Berg, der von Anfang an auf all unseren Karten eingezeichnet war, den Berg, den wir nach Ihren Worten glaubten zu besteigen, auf den Sie uns so gut und so meisterhaft führten, bis Sie im allerletzten Augenblick aus dem Tritt gerieten, den Halt verloren, den falschen Kurs gewählt haben, und jetzt sind wir alle in Gefahr.
Eine abschließende Bemerkung zum Tierschutz. Während der ersten Lesung im Umweltausschuss schlug ich eine Strategie vor, wonach nur noch Prüfmethoden ohne Tierversuche zur Anwendung kommen sollten, die angenommen wurde. In der anschließenden Plenarabstimmung kam sie nicht durch, aber sie hat sehr deutlich signalisiert, dass wir viel stärker auf alternative Methoden zu Tierversuchen setzen. Die Förderung von Prüfmethoden ohne Tierversuche wurde nun auch in den Zielkatalog der REACH-Verordnung mit aufgenommen, und das ist überaus wichtig. Es darf nicht nur eine Geste sein, es muss in die rechtliche Verpflichtung münden, Tierversuche wesentlich schneller als bisher zu ersetzen. Tierversuche sind nicht nur grausam, sondern auch ineffektiv, veraltet und häufig irreführend. Sie schnellstmöglich zu ersetzen ist nicht nur eine Frage der Rechte der Tiere, es ist auch eine Frage der Gesundheit und der Rechte der Menschen.
Jens Holm (GUE/NGL). – (SV) Herr Präsident! Mein Vater hat mehr als 20 Jahre in der chemischen Schwerindustrie in Sundsvall in Nordschweden gearbeitet. Manchmal, wenn er abends nach Hause kam, hatte er Schmerzen in Armen und Beinen. Zuweilen war er fast völlig gelähmt und konnte sich kaum bewegen. Nach Ansicht des Arztes litt er unter akuter Metallvergiftung. Mein Vater ist jetzt Rentner und einige der Schwermetalle, an denen er erkrankt ist, sind heute verboten. Dennoch werden noch immer Millionen Arbeiter an europäischen Arbeitsplätzen durch Chemikalien geschädigt. Einer finnischen Studie zufolge, kommen 32 Millionen EU-Bürger an ihren Arbeitsplätzen täglich mit krebserregenden chemischen Stoffen in Berührung. Für alle diese Arbeitnehmer brauchen wir ein starkes REACH.
Wie bereits in einigen sehr guten Redebeiträgen hier in diesem Hause angesprochen wurde, brauchen wir auch ein starkes REACH für die Umwelt und für uns alle als Verbraucher. Aber gerade deshalb ist es so enttäuschend, dass die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament und auch die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa sich der chemischen Industrie und der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten gebeugt haben. Mit diesem Vorschlag werden die Arbeiter, Verbraucher und die Umwelt im Stich gelassen. Kollege Sacconi, Sie wissen vielleicht besser als jeder andere hier im Hause, was die Arbeiter fordern. Die Arbeiter wollen ein starkes REACH, in dem gefährliche chemische Stoffe ersetzt werden, wenn es bessere Alternativen gibt, um nur ein Beispiel zu nennen. Dennoch sind Sie von diesem Grundsatz abgewichen. Ist es, weil Macht und die Loyalität zur Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten wichtiger sind? Ich weiß es nicht.
Wir von der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke können diesen Vorschlag nicht unterstützen. Warum? Lassen Sie mich einige konkrete Beispiele anführen: In diesem Kompromiss ist kein Stoffsicherheitsbericht für in kleinen Mengen hergestellte Chemikalien enthalten. Das bedeutet, dass Tausende chemische Stoffe auch weiterhin verbreitet werden, ohne dass wir deren eigentliche Risiken kennen. Es gibt keine rechtlich verbindliche Sorgfaltspflicht. Insofern sollten wir uns daran erinnern, dass genau das der Grundgedanke von REACH war und dass nämlich die Nachweispflicht in Bezug auf chemische Stoffe bei den Unternehmen und nicht bei den Behörden liegen sollte. Großunternehmen können auch weiterhin die Informationen über die von ihnen verwendeten chemischen Stoffe geheim halten, da die PPE-DE-Fraktion ihre Forderungen nach einer Stärkung der geistigen Eigentumsrechte durchgesetzt hat. Kleine Unternehmen, die keine Möglichkeit erhalten, von einer größeren Transparenz zu profitieren, sind die großen Verlierer.
Der völlig legitimen Forderung nach der Möglichkeit einer weiterreichenden Gesetzgebung in den Mitgliedstaaten wurde ebenfalls nicht zugestimmt. Das höhlt vor allem das Substitutionsprinzip aus und damit die möglichen Gewinne für die öffentliche Gesundheit und die Umwelt. Dieses Prinzip, nach dem gefährliche chemische Stoffe durch weniger gefährliche Stoffe ersetzt werden sollen, soweit geeignete Alternativen vorhanden sind, ist jetzt so eingeschränkt, dass nur eine äußerst geringe Anzahl chemischer Stoffe schrittweise vom Markt genommen wird. Damit werden wir auch weiterhin von Tausenden gefährlichen Chemikalien umgeben sein, die krebserzeugend, erbgutverändernd und fortpflanzungsgefährdend sind.
Wir von der GUE/NGL-Fraktion wollen REACH retten. Darum haben wir zusammen mit der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz ein gemeinsames REACH-Paket mit Änderungsanträgen vorgelegt, die auf allen diesen Gebieten strengere Formulierungen fordern. Zur Minimierung der Tierversuche fordern wir auch Anstrengungen zur Einführung völlig tierversuchsfreier Methoden durch „Toxigenomik“. Wir stellen keine unangemessenen Forderungen, denn ein Großteil von ihnen wurde bereits vor einem Jahr von einer Mehrheit in diesem Hause unterstützt. Am Mittwoch werden wir abschließend über eine der weltweit umfassendsten Chemikaliengesetzgebungen abstimmen. Es gibt immer noch die Chance, REACH zu retten, und ich appelliere an Sie – insbesondere an die Sozialdemokraten unter Ihnen, die sich den Schutz der Arbeiter und der Umwelt auf die Fahnen geschrieben haben – dieses Übereinkommen der PPE-DE-Fraktion in den Papierkorb zu werfen und für die Rettung von REACH zu stimmen.
Urszula Krupa (IND/DEM). – (PL) Herr Präsident! Die Aussprache über die REACH-Verordnung löst seit langem viele Emotionen und Kontroversen aus. Diese haben sich noch verstärkt aufgrund der enormen Zahl von über 5 000 Änderungsanträgen und als deutlich wurde, welche Ziele tatsächlich mit der REACH-Verordnung verfolgt werden, nämlich die Förderung der Interessen der großen Chemiekonzerne, die über ein enormes finanzielles und Forschungspotenzial verfügen, das aber den Weltkonzernen lediglich dazu dient, noch mehr Profit zu machen.
Hinter der Fassade wohlklingender Slogans vom Schutz der Gesundheit und der Umwelt versuchen die Globalplayer, die kleinen und mittleren Unternehmen auszuschalten. Dabei konzentrieren sie sich vor allem auf jene aus den neuen EU-Mitgliedstaaten, die bislang die Triebkraft der europäischen Wirtschaft waren.
Wir sind auch skeptisch, was die Kompromisse anbelangt, die die Liquidierung der kleinen Unternehmen lediglich hinauszögern und letztlich viele Menschen ihrer Arbeit und der Möglichkeit berauben, ihre Lebenssituation zu verbessern.
Karl-Heinz Florenz (PPE-DE). – Herr Präsident, verehrter Herr Berichterstatter Guido Sacconi, verehrte Kommissare Verheugen und Dimas! Herzlichen Dank, dass wir heute hier feststellen können, Herr Ratspräsident, dass wir am Ende zu einem Kompromiss gekommen sind. Was habe ich mir in der letzten Woche so alles anhören müssen: „Florenz ist der verlängerte Arm des Kanzleramtes, er will den Willen der deutschen Chemieindustrie durchsetzen und er hat sogar die Verhandlungen unterbrochen.“ Alles Unsinn! Ziel war es, den notwendigen Druck in den Kessel zu bekommen, um die unterschiedlichen Flügel in diesem Hause, nämlich die zu Recht sehr engagierten Gesundheits- und Umweltpolitiker und die Wirtschaftspolitiker einander näher zu führen. Das war das Problem, das nicht so einfach zu lösen war.
Ich glaube, dass wir hier zu einem vernünftigen Kompromiss gekommen sind. Alle schimpfen und alle sind unzufrieden und letztlich ist das das Ergebnis dieses Kompromisses. Wenn man das nicht will, sollte man sich auch nicht an einem parlamentarischen Prozess beteiligen. Es ist eben alles nicht so einfach, wie manche von mir sonst sehr geschätzten grünen Kollegen glauben. Es gibt in dieser Welt unterschiedliche Flügel, und deswegen haben wir in den letzten drei Jahren bis heute über das Weißbuch immer kontroverse Debatten geführt. Ich habe das bei keinem anderen Bericht so erlebt – ich bin jetzt 18 Jahre hier – wie bei REACH. Wir haben teilweise sogar völlig unsinnige Stellvertreterkriege geführt, und das Klima war nicht immer frei von Belastungen.
Aber eines war immer klar: Wir hatten eine echte Säule, nämlich dass REACH nie von der Industrie in Frage gestellt wurde. Das hat mir sehr gefallen. Die beiden Kommissare möchte ich daran erinnern, dass sie angekündigt haben, 40 alte, jetzt überholte Richtlinien und Verordnungen zurückzuziehen. Das werde ich überprüfen. Das ist Ihre Herausforderung neben den Durchführungsverordnungen, das müssen Sie auch wirklich tun, damit wir einen Vorteil haben und den Dschungel in diesem Bereich ausdünnen können. Das dreistufige Verfahren Registrierung, Evaluierung und Autorisierung ist genau richtig. Die Industrie wird zeigen müssen, dass sie die Freigabe und Herausgabe von Daten an die Agentur nicht nur als Selbstzweck ansieht, sondern als einen Bestandteil von moderner Wirtschaftspolitik. Ich bin davon überzeugt, dass da, wo es bessere Alternativen gibt, in Zukunft, wenn es sich ökonomisch rechnet, auch ökologische Alternativen vorhanden sein werden. Genau das wollen wir fördern. Das, so denke und hoffe ich, wird der Industrie nicht wehtun, sondern ganz im Gegenteil die Motivation fördern.
Wichtig war immer, dass wir uns auf die Herstellerverantwortung konzentriert haben. Das ist kein Selbstzweck, sondern das muss die Industrie in Zukunft leisten. Offen ist die Frage der Importe, sie ist mir nicht gut genug geregelt worden. Ein Streitpunkt zum Schluss, Herr Vorsitzender, ist die Frage der Preisgabe von Daten. Wir brauchen eine politische Debatte darüber, wie viel Unternehmen von ihrem Know-how preisgeben müssen. Natürlich brauchen wir den Konsumentenschutz, aber wir brauchen auch Schutz für unsere Unternehmen, wo wir von Montag bis Freitag Arbeitsplätze finden!
Linda McAvan (PSE). – (EN) Herr Präsident! Im vergangenen Monat wurde in der führenden medizinischen Zeitschrift des Vereinigten Königreichs „The Lancet“ ein Bericht veröffentlicht, in dem von einer stillen Pandemie unter Kindern die Rede war, die durch den Kontakt mit Industriechemikalien neurologische Störungen entwickeln. Das muss noch wesentlich eingehender erforscht werden. Aber jetzt haben wir die Chance, etwas gegen diese Chemikalien zu unternehmen, und diese Chance sollten wir nutzen.
Mit dem Kompromisspaket, auf das sich das Parlament und der Rat geeinigt haben, ist uns ein ausgezeichneter Wurf gelungen. Ich möchte die Arbeit von Herrn Sacconi – unserem Hauptverhandlungsführer – würdigen, der während der gesamten Verhandlungen mit größter Transparenz vorging und zur engen Zusammenarbeit bereit war. Den Vorwurf der untransparenten Arbeitsweise weise ich zurück. Herr Sacconi hat seinen Schattenberichterstattern und dem Ausschuss stets Bericht erstattet und alle Beteiligten auf dem Laufenden gehalten, und zwar besser auf dem Laufenden gehalten, als dies bei anderen Rechtsakten der Fall war.
Es wurden Stimmen laut, dass der Kompromiss nicht weit genug gehe und keineswegs perfekt sei. Es ist kein perfekter Kompromiss. Die Grünen und die GUE/NGL-Fraktion haben erklärt, dass sie das Kompromisspaket nicht unterstützen werden, was mich nicht überrascht. Aber in der Politik geht es nicht darum, sich Effekt haschend in Szene zu setzen oder Kompromisse abzuschmettern und sich dann märtyrerhaft in eine Niederlage zu fügen, um eine politisch reine Weste zu behalten. Vielmehr geht es darum, Verbesserungen zu erreichen und eine echte Veränderung zu bewirken, die für den Mann auf der Straße spürbar ist. Genau das wird diese Verordnung tun.
Einige Abgeordnete sprachen hier von Bergen, aber die Art und Weise, wie sie uns die Berge hinaufführen wollen, ähnelt doch sehr dem Versuch von Sisyphos, einen Felsblock einen steilen Hang hinaufzurollen. Wir würden nie zu einer Einigung kommen und es würde sich nie etwas tun, und wir würden einfach den Hang wieder hinunterrollen. Ich habe doch die Mehrheiten gesehen, die im Ausschuss für Umwelt, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit erreicht wurden. Es gab einfach keine Mehrheit für einen besseren Kompromiss als den, den wir heute Abend hier auf dem Tisch haben.
Ich teile die Ansicht von Kommissar Verheugen, der darauf hinwies, dass diese Verordnung nun auch praktisch anwendbar gemacht werden müsse. Ich bin gespannt zu hören, was er unternehmen wird und wie wir mit der chemischen Industrie und den Regierungen zusammenarbeiten werden, um eine ordnungsgemäße Umsetzung der Verordnung sicherzustellen.
Wenn wir in dieser Woche mit „Ja” für die REACH-Verordnung stimmen, dann können wir endlich mit der Umsetzung dieses Rechtsaktes beginnen und die Agentur voll einsatzfähig machen. Ich möchte nicht darauf warten, dass eines Tages ein Wunder geschieht. Ich fordere meine Kolleginnen und Kollegen nachdrücklich auf, in dieser Woche mit „Ja“ zu stimmen und eine echte Veränderung auf den Weg zu bringen, anstatt sich nur um die Schlagzeilen zu kümmern.
Frédérique Ries (ALDE). – (FR) Herr Präsident! Am 20. September 2003, bevor wir hier mit unserer Arbeit begonnen haben, schrieben Jacques Chirac, Tony Blair und Gerhard Schröder an die Europäische Kommission und ersuchten darum, die Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie nicht zu gefährden. Ein solches Eingreifen, und natürlich der davon ausgehende Druck, waren bislang auf dieser Ebene in unserer Geschichte der Mitentscheidungsverfahren noch nie da gewesen, und ich muss sagen, dass in diesem Augenblick feststand: REACH würde weit, sehr weit entfernt sein von dem Anspruch, der vor allem im Weißbuch im Jahre 2001 gestellt worden war.
Natürlich steht es für uns außer Frage, diese Branche zu behindern, die ja zu den wettbewerbsfähigsten und dynamischsten unserer Industrie zählt. Wir alle, jeder einzelne von uns, waren stets offen für ihre Belange. REACH wird praktisch handhabbar sein. Zum Beispiel das erleichterte Eintragungsverfahren für die Stoffe, die in Mengen von 1 bis 10 Tonnen produziert werden, die Unterstützung für die künftige Agentur in Helsinki, die Durchsetzung – wie bereits mehrfach gesagt wurde – des OSOR-Systems (One Substance One Registration), das den Informationsaustausch zwischen den Unternehmen erleichtern soll.
Es ist auch wichtig, die Kosten für die Dateneingabe zu begrenzen – dies ist für die KMU wesentlich. Es besteht auch die Möglichkeit des „Opt-out“, einer Ausnahmeregelung, die vom Antragsteller angemessen begründet werden muss. Das sind erhebliche Fortschritte, über die ich mich heute gern gefreut hätte, wenn wir nicht vor dem Substitutionsprinzip kapituliert hätten. Was davon übrig bleibt, ist nicht einmal eine Verwässerung, sondern ich würde eher sagen eine Täuschung, eine Substitution à la carte, die Fall für Fall, nach und nach erfolgt, einschließlich für Substanzen, die Krebs erzeugen, das Erbgut verändern oder die Fortpflanzung gefährden, sofern eine entsprechende Kontrolle stattfindet – und hier zitiere ich aus dem Text.
REACH kommt auch und vor allem einem Blankoscheck für Substanzen gleich, die Störungen des Hormonsystems verursachen, Weichmacher, Insektizide, Flammschutzmittel – alles äußerst gesundheitsschädliche chemische Stoffe, – ein Blankoscheck, der von unserem Parlament ausgestellt wurde, während der finnische Ratsvorsitz hier der Durchsetzung der Substitution zustimmte. Einfach unglaublich!
Europa hat sich von seinen eigenen Bürgern abgewandt. Erklären Sie ihnen heute doch einmal, weshalb eine gesundheitsgefährdende Substanz nicht vom Markt genommen wird, vor allem dann, wenn eine unbedenklichere Alternative existiert. Auch ich schäme mich für die Absage, die die europäischen Instanzen zwei Millionen Ärzten, wissenschaftlichen Gremien und Persönlichkeiten erteilt haben, die uns immer wieder angesichts dieser schleichenden Pandemie alarmieren, die unter anderem durch die Umweltverschmutzung durch chemische Substanzen verursacht wird. Ich habe im „Lancet“ denselben Artikel gelesen wie Frau McAvan und Herr Schlyter. So hinterlässt also unsere Begegnung mit dem Europa der Bürger an diesem Mittwoch, dem 13. Dezember, einen schalen Geschmack, um es milde auszudrücken, und alle diejenigen, die sich wie ich hier der Herausforderung stellen wollen, Gesundheit und dauerhafte Beschäftigung miteinander zu vereinbaren, anstatt sie unproduktiv und nach überholtem Muster gegeneinander auszuspielen, haben heute nur eine oder zwei Minuten zur Verfügung, um ihrer Enttäuschung Ausdruck zu verleihen.
Hiltrud Breyer (Verts/ALE). – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute vielfach das Bild des Berges benutzt worden. Dazu kann ich nur sagen: Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Der vorliegende Kompromiss ist ein fauler Kompromiss, das kann man auch nicht schönreden. Das Parlament ist ganz klar eingeknickt, wenn wir uns die Ausgangslage der ersten Lesung ansehen.
Der Kompromiss ist ein Weihnachtsgeschenk an die europäische Chemieindustrie, und die Handschrift der deutschen Chemielobby ist ganz deutlich zu sehen. Den europäischen Bürgerinnen und Bürgern wird nicht vermittelt, warum das Europäische Parlament die verpflichtende Substitution geopfert hat. REACH wird keine Anreize dafür bieten, besonders besorgniserregende Chemikalien durch sichere Alternativen zu ersetzen. Das Herzstück der Substitution wurde den Interessen der Chemieindustrie geopfert.
Dies ist in der Tat beschämend, denn auch künftig werden Mensch, Natur und auch Tiere einem Großversuch ausgeliefert. Es ist vor allem deshalb beschämend, weil Chemikalien selbst dann nicht ersetzt werden müssen, wenn es brauchbare Alternativen gibt. Darüber täuschen auch nicht Schlagworte wie Substitutionspläne oder adäquate Kontrollen hinweg. Das ist ein Irrlicht, eine Augenwischerei, denn die europäischen Industriegifte tauchen da auf, wo sie nichts zu suchen haben, nämlich im Blut von Babys und von Erwachsenen, in der Muttermilch, im Trinkwasser und im Fettgewebe der Eisbären.
Es ist auch falsch zu meinen – wie eben meine Vorrednerin –, dass gerade bei nervenzerstörenden Stoffen, wie wir sie in dieser alarmierenden Gehirnstudie vorfinden, Forschung betrieben wird. Dazu wird es keinen einzigen verpflichtenden Test geben. Diese Stoffe werden sich also weiterhin auf dem Markt befinden, auch wenn es machbare Alternativen gibt, und das ist das wirklich Beschämende.
Dieser Kompromiss ist aber auch eine Verhöhnung der Transparenz. Nicht nur ist es ein Unding, dass die Mitglieder der Chemieagentur ihre Namen und finanziellen Interessen verbergen können. Nein, es bedeutet auch die Entmündigung der Verbraucher. Denn sie werden weiterhin im Dunkeln tappen. Nicht nur sind sie den Risiken ausgesetzt, sie können sich auch nicht dagegen wehren. Nur bei ganz wenigen Chemikalien besteht für die Verbraucher die Möglichkeit, die Informationen in einem langwierigen, individuellen Prozess herausfinden. Im Zeitalter des Internet ist es nicht gelungen, den Verbrauchern die Zugänglichkeit zu diesen Informationen über das Internet zu gestatten; gerade bei nerven- und leberschädigenden Stoffen, da dürfen sie gar nichts wissen. REACH ist also eine Mogelpackung. Das Parlament ist als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet.
Diamanto Manolakou (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Das Thema, über das wir diskutieren, hat nichts mit dem ursprünglichen Ziel von REACH zu tun. Es ist allgemein bekannt, dass Hunderte von chemischen Stoffen zu Berufskrankheiten und zu Todesfällen beitragen. Doch das Einzige, was nach einer Reihe von Änderungen und unwissenschaftlichen Kriterien vorangetrieben wurde, waren die Interessen der Chemieindustrie, und das auf Kosten der Gesundheit der Arbeitnehmer und der Umwelt.
Kernbestimmungen wurden gestrichen, so dass nunmehr die Auswirkungen von 90 % der chemischen Stoffe nicht mehr kontrolliert bzw. eingeschätzt werden müssen. Im Grunde wird dadurch ermöglicht, die Verordnung je nach Belieben und gemäß den Forderungen der Unternehmen umzusetzen. Die Übereinkunft zwischen der PPE-DE-Fraktion, den Sozialdemokraten, den Liberalen und dem finnischen Ratsvorsitz ist ein weiterer Schritt, um jedweden Widerstand und Streit zu umgehen und dem Großkapital zu höheren Profiten zu verhelfen. Hinzu kommt, dass die Liste der nicht zulassungspflichtigen Stoffe ausgeweitet wurde. Langfristige Auswirkungen auf die Arbeitnehmer und die Umwelt werden nicht überprüft, und die Mitgliedstaaten werden an der Einführung strengerer Vorschriften gehindert.
Gleichzeitig wird es den großen Unternehmen leichter gemacht, Änderungen vorzunehmen oder Stoffe zu ersetzen, während die kleinen und mittleren Unternehmen nicht mehr in der Lage sein werden, die Kosten zu bewältigen. Damit wird ihre Zahl weiter schrumpfen. In dieser Weise fördert man in diesem Sektor eine Konzentration zugunsten des Kapitals, was auch dazu führen wird, dass die Stellung der europäischen Monopole auf dem internationalen Markt gestärkt wird.
Jan Tadeusz Masiel (UEN). – (PL) Herr Präsident! Diese wichtige Abstimmung über die REACH-Verordnung findet im Dezember statt, da die Menschen in vielen Teilen Europas auf Schnee warten und über die derzeit herrschenden hohen Temperaturen besorgt sind. Es ist höchste Zeit, dass wir mehr für den Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit tun.
Der hart erkämpfte Kompromiss zu REACH ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Um das zu erreichen, mussten viele Zugeständnisse gemacht und zahlreiche gegensätzliche Interessen in Übereinstimmung gebracht werden. So mussten zum Beispiel die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen mit denen der großen Industriekonzerne sowie die Interessen der ärmeren Länder mit denen der reicheren in Einklang gebracht werden. Außerdem galt es, die Interessen der leidenschaftlichen Umweltschützer mit denen der Verfechter einer aggressiveren Wirtschaftspolitik in Übereinstimmung zu bringen.
Erwähnenswert ist, dass diese Aussprache in einer erweiterten Union mit zehn neuen Mitgliedstaaten stattfand, die nunmehr diese wichtige Verordnung angenommen hat.
Hélène Goudin (IND/DEM). – (SV) Herr Präsident! Das Europäische Parlament hätte eine umweltfreundlichere Ausrichtung wählen und sich in den Verhandlungen über die Chemikaliegesetzgebung gegenüber dem Rat durchsetzen können. Die großen Fraktionen haben jedoch dem Rat nachgegeben, indem sie dem jetzt vorliegenden faulen Kompromiss zugestimmt haben. Dieser Kompromiss hebt das Substitutionsprinzip auf und dient im Grunde genommen nur einem einzigen Interesse, nämlich dem des Teils der chemischen Industrie Europas, der veraltet ist und keinen Plan für die Zukunft besitzt. Das ist unannehmbar.
Am frappierendsten war, dass die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament diesen Kompromiss unterstützt hat. Damit hat sie, um die Wahrheit zu sagen, bemerkenswerte Dienstbeflissenheit gezeigt. Sie hat der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten sowie den kurzsichtigen Sonderinteressen der chemischen Industrie nachgegeben. Der Kompromiss begünstigt den veralteten Teil der europäischen Chemieindustrie, während die Bürgerinnen und Bürger Europas und die moderne europäische Industrie dabei verlieren. Aus diesem Grunde wird die Juniliste die Vorschläge der Fraktion der Grünen/Freien Europäischen Allianz unterstützen.
John Bowis (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Unser Berichterstatter, Herr Sacconi, hat in seiner Rede viel Zeit damit verbracht, diverse Berge – wie eine Bergziege – hinauf- und hinunterzuklettern. Er hat uns auf diese Wanderung mitgenommen und uns gesagt, dass man, sobald man den Gipfel erreicht hat, ein Hochgefühl erleben würde. Ich muss ihm sagen, dass sich bei den meisten von uns ein Gefühl der Erschöpfung breitmacht. Aber immerhin hat er uns tapfer durch 140 Artikel, 17 Anhänge und 9 Zusätze geführt, aus denen sich die REACH-Verordnung zusammensetzt. Und er kann zu Recht in einem Hochgefühl schwelgen, denn er hat uns zu einem neuen, einheitlichen System zur Erfassung und Beschränkung gefährlicher Chemikalien geführt. Dies war ein langer Marathon. Ich bin nicht sicher, ob man bei einem Marathon auch bergauf und bergab läuft, aber wenn dem so wäre, dann würde es wahrscheinlich auch die neun Jahre dauern, die wir gebraucht haben werden, wenn wir im April 2007 ankommen und dies endlich in Kraft setzen.
Wir haben einen weiten Weg hinter uns und hohe Erwartungen an diesen Rechtsakt geknüpft, die jedoch nicht alle erfüllt wurden. Das würde vielleicht auch einige der Angriffe erklären, die der Berichterstatter vielleicht schon für überwunden glaubte. Wir haben uns bemüht, das höchst mögliche Ziel zu erreichen. Aber wir müssen auf ein Gleichgewicht achten, ein Gleichgewicht zwischen einem hohen Schutzniveau für die Umwelt und die Gesundheit, der schrittweisen aber umfassenden Erfassung von Informationen zu sämtlichen Chemikalien, der Rechtssicherheit, dem Schutz der Rechte am geistigen Eigentum von Unternehmen und der Reduzierung der erforderlichen Tierversuche durch den Datenaustausch und die Förderung und Validierung von Testmethoden ohne Tierversuche. Dies ist ein Kompromiss, und genau da sind wir auch angelangt. Das Herzstück dieses Kompromisses ist die Substitution. Durch die Genehmigungsverfahren und die damit verbundenen Pläne zur obligatorischen Substitution werden besonders Besorgnis erregende Chemikalien allmählich aus dem Verkehr gezogen, soweit sicherere, praktikable Alternativen zu den bisherigen Stoffen und Verfahren zur Verfügung stehen. Darüber hinaus müssen Forschungspläne erarbeitet werden, sofern sie nicht bereits vorhanden sind.
Wir sind vorangekommen. Ich danke der finnischen Präsidentschaft für ihre Unterstützung auf diesem Weg. Ich bedauere, dass der finnischen Präsidentschaft einmal von der britischen Regierung der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Wäre dies nicht passiert, hätten wir vielleicht noch ein wenig mehr erreichen können.
Wie bereits gesagt wurde, steht nun die Umsetzung an. Die Zukunft wird zeigen, was der Markt daraus macht. Meines Erachtens wird der Markt entsprechend reagieren und neue Wege erkunden, um dem Wunsch der Hersteller, Einzelhändler und Verbraucher nach sichereren Alternativen nachzukommen. Wir erwarten von den Marktführern, dass sie genau die umweltfreundlicheren Erzeugnisse anbieten, die die Verbraucher wollen. Wir werden durch die Überprüfung, die die Agentur alle drei Jahre durchführen wird, auch Schritte hin zu Testmethoden ohne Tierversuche beobachten können.
Weihnachten steht vor der Tür. Das schönste Weihnachtsgeschenk wäre ein Jahr 2007 ohne Diskussionen über REACH. Für die Kommission wird dies zwar kein REACH-freies Jahr werden, aber wir hier im Parlament werden eine REACH-freie Tagesordnung haben. Allen Läufern, die an diesem Marathon teilgenommen haben, sei zumindest diese kleine Pause vergönnt!
Anne Ferreira (PSE). – (FR) Herr Präsident! Es ist bekannt, dass Chemikalien gefährlich sein und dramatische Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt haben können. Es schien daher selbstverständlich zu sein, dass dieser Text jenseits wirtschaftlicher Zwänge und politischer Divergenzen Beispielcharakter haben sollte. Deshalb bedaure ich heute, dass die langen Erörterungen in einen Kompromiss mündeten, der hinter unseren Hoffnungen und hinter dem im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit erzielten Abstimmungsergebnis zurückbleibt. Ja, ich bedauere das und ich bedauere besonders, dass – vor allem angesichts vorhandener Alternativen-, das Substitutionsprinzip durch den Vorschlag für einen Substitutionsplan und einen Bericht über die sozioökonomische Lage geschwächt wird, die beide die Substitution von gefährlichen Stoffen verzögern werden. Ich hoffe, dass sich die Agentur in diesen Fragen unnachgiebig zeigt.
Ich teile auch die Ansicht des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB). Ich finde es bedauerlich, dass nur in den Fällen ein Stoffsicherheitsbericht verbindlich ist, in denen die Produktion über 10 Tonnen hinausgeht, sodass bei Tausenden von chemischen Stoffen weder Transparenz hergestellt werden noch die Verabschiedung von Risikomanagementplänen erfolgen kann.
Schließlich bin ich fassungslos angesichts der subtilen Ansichten, die zu den CMR-Stoffen zum Ausdruck gebracht wurden und aus denen hervorging, dass letztere weniger bedenklich sind, als es scheint. Ich bedauere auch, dass sich ein Teil der europäischen Industrie nicht bereit fand, sich unverzüglich der Herausforderung zu stellen, innovativ zu sein und ihr Image bei den Bürgern zu verbessern. Ich betone ausdrücklich ein Teil der europäischen Industrie, denn ich weiß auch, dass einige REACH bereits vorweg genommen haben. Daher bleibt mir heute nur übrig zu hoffen, dass diese Verordnung, wenn sie dann am Mittwoch in ihrer konsolidierten Fassung angenommen wird, mit höherem Anspruch und höchster Transparenz umgesetzt wird. Abschließend möchte ich Herrn Sacconi danken, der keine leichte Aufgabe zu bewältigen hatte.
Anne Laperrouze (ALDE). – (FR) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, sehr geehrte Kommissionsmitglieder, liebe Berichterstatter! Wie ich höre, bringen hier einige meiner Kolleginnen und Kollegen ihre Enttäuschung zum Ausdruck. Gleichwohl ist der Kompromiss, der uns in dieser Woche vorgelegt werden soll, aus meiner Sicht eine akzeptable Einigung, denn er wurde auf der Grundlage gegenseitiger Zugeständnisse erzielt. In diesem Zusammenhang möchte ich die Arbeit hervorheben, die der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit geleistet hat. Was die Substitution anbelangt, so musste sie unbedingt in die Aussprache über die Genehmigung mit aufgenommen werden, da deren wesentliches Anliegen die künftige Beseitigung hochgefährlicher Stoffe ist. Andererseits war die verpflichtende Substitution zwar ein schönes, aber vom technischen Standpunkt aus unrealistisches Ziel. Der nun zu diesem Thema erzielte Kompromiss wird meines Erachtens zur Folge haben, dass die Unternehmen den Wettbewerb um die Entwicklung von Stoffen mit unbedenklicheren Eigenschaften aufnehmen werden. Diejenigen unter ihnen, die solche Alternativstoffe finden, werden eine günstigere Marktposition erlangen, sodass die Erforschung von Alternativstoffen zu einer Herausforderung für die Unternehmen wird.
Artikel 137 des Kompromisses, in dem es um die Überarbeitung geht, scheint mir wichtig zu sein. Es ist unbedingt notwendig, nach den ersten Jahren eine Bewertung über die Durchführung dieser Mammutgesetzgebung vorzunehmen, denn dann werden wir in der Lage sein, den Weg einzuschätzen, den wir bereits zurückgelegt haben. Zugleich wird diese Bewertung meines Erachtens Gelegenheit bieten zu klären, wie einige Erzeugnisse behandelt werden sollen, deren immanente Eigenschaften und Nutzungen seit langem bekannt sind. Ich denke an Kalk oder an Batterien, zu denen wir gerade Rechtsvorschriften angenommen haben. Meiner Ansicht nach werden diese Erzeugnisse im derzeitigen Text nicht angemessen berücksichtigt. Vor allem habe ich besondere Bedenken angesichts des Umstands, dass natürlich vorkommende Stoffe der gleichen Behandlung unterzogen werden wie völlig künstliche Stoffe.
Eine weitere Sorge, die mich beschäftigt, betrifft die praktische Umsetzung dieser Gesetzgebung durch die KMU. Bei meiner letzten Rede hier an dieser Stelle habe ich gesagt, dass wir erst dann von Erfolg sprechen können, wenn wir ein ausgewogenes, einfaches, wirksames und von den Unternehmen nutzbares System annehmen werden. Ich habe einige Zweifel, ob wir das erreicht haben. Aus diesem Grunde wünsche ich, dass die Mitgliedstaaten und die Wirtschaftsverbände, aber auch die NRO ein Klima schaffen, das es den KMU ermöglicht, den Forderungen dieser Gesetzgebung nachzukommen und zugleich zur Verwirklichung ihrer Ziele beizutragen. Da diese Gesetzgebung auch für eingeführte Produkte gilt, soll sie in Drittländern Schule machen, damit sich diese ebenfalls bei der Konzeption und Entwicklung von Chemikalien einbringen, die für die menschliche Gesundheit und die Umwelt unbedenklich sind. Diesen Punkt halte ich für außerordentlich wichtig. Ferner wünsche ich, dass die Europäische Union bei den nächsten WTO-Verhandlungen, wo möglicherweise damit gerechnet wird, dass sie die nicht-tarifären Handelsschranken aufhebt, für REACH als Gesetzgebung wirbt, die für das Überleben von Mensch und Natur notwendig ist.
Satu Hassi (Verts/ALE). – (FI) Meine Damen und Herren! Meine Glückwünsche gehen an den Berichterstatter, Herrn Sacconi, für seinen langen und beschwerlichen Aufstieg zum Gipfel des Berges. Die Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz hat zwei unterschiedliche Anträge zu REACH eingebracht. Der Erste entspricht dem, wofür die Grünen tatsächlich stehen; der Zweite ist ein Änderungsantrag, den wir im Ärmel stecken hatten und der jene Verbesserungen beinhaltet, die vom Rat jetzt angenommen wurden, nicht jedoch die faktischen Verschlechterungen, die auf Drängen der Konservativen und gegen die Wünsche des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit noch am letzten Abend der Verhandlungen vorgenommen wurden. Unser alternativer Kompromissvorschlag beinhaltet also den Berggipfel ohne den Nebel, der die Freude von Herrn Sacconi eintrübt.
Vor zwei Wochen ist es Finnland im Rat gelungen, einen ersten kleinen Schritt in Richtung auf die Substitution gefährlicher Substanzen zu gehen, wie er vom Parlament verlangt wird, indem Stoffe, die schädliche Auswirkungen auf Hormone haben, auf die Liste der zu ersetzenden Chemikalien gesetzt wurden. Ich war fassungslos, als dieser Schritt am letzten Abend der Verhandlungen von den Konservativen blockiert wurde. Dazu kommt, dass Informationen über die Kennzeichnung von Chemikalien als Geschäftsgeheimnis eingestuft wurden. Während der gesamten Debatte zur Chemikaliengesetzgebung haben sich die Konservativen brutal und skrupellos als Laufburschen für die chemische Industrie betätigt.
Meine Damen und Herren! Ich verstehe jeden, der sich jetzt eine abschließende Beschlussfassung wünscht. Der Inhalt des in meinem Namen eingereichten Vorschlags ist bereits vom Rat angenommen worden. Es fehlen darin lediglich jene nachteiligen Änderungen, die am letzten Abend vorgenommen wurden. Wenn Sie bereits für das strenge Substitutionsverfahren gestimmt haben und den Wunsch hegen, unsere Lebensumwelt von den gefährlichsten Chemikalien zu befreien, fordere ich Sie auf, diesen Antrag zu unterstützen, wenn Sie konsequent sein und den Nebel vom Gipfel des Berges vertreiben wollen. Unsere Bürger werden Sie fragen, was Sie getan haben, um ihre Gesundheit vor gefährlichen Chemikalien zu schützen.
Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Während der letzten Tage feiert die Chemielobby eine Party nach der anderen. Sie hat mindestens 90 % ihrer Ziele erreicht und REACH eine vollkommen andere Form gegeben. Von dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission sind nur wenige Punkte übrig geblieben. Diejenigen, die gestern noch gegen diese Verordnung waren, sind jetzt die loyalsten Befürworter. Der Substitutionsgrundsatz ist letztendlich auf Kosten der öffentlichen Gesundheit, der Umwelt und der Beschäftigten in der chemischen Industrie untergraben worden.
Der jetzt vorliegende Kompromiss bedeutet im Grunde, dass die Sozialdemokraten nun die Positionen der europäischen Rechten und der chemischen Industrie übernommen haben. Er ist weit von dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag, aber auch von dem entfernt, wofür wir in der ersten Lesung und im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit gestimmt haben.
Auch wenn ich Kommissar Dimas und den Berichterstatter, Herrn Sacconi, schätze, kann ich offen gesagt nicht verstehen, warum sie jetzt die Sektkorken knallen lassen. Bis gestern haben sie noch etwas vollkommen anderes befürwortet und unterstützt.
Meinen Glückwunsch, Herr Verheugen! Es ist Ihnen gelungen, REACH den Todesstoß zu versetzen.
Konrad Szymański (UEN). – (PL) Herr Präsident! Die chronische Unterernährung in der Welt ist seit 1945 um die Hälfte reduziert worden, obwohl die Bevölkerung stark zugenommen hat. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist gestiegen. Energie wird effizienter erzeugt und verbraucht, was es uns ermöglicht, die Umwelt zu schützen. Dies alles ist auf die Entwicklung von Industrie und Wissenschaft im 19. und 20. Jahrhundert zurückzuführen. Deshalb sollten wir bei unserer Suche nach für die Menschen und die Umwelt vorteilhaften Lösungen auch keine Regelungen unterstützen, die zu streng oder zu kostspielig sind.
Strengere Vorschriften für die Registrierung und Zulassung bedeuten für die Industrie enorme Kosten. Das kommt einer Kürzung der Ausgaben für die Innovation gleich. Weniger Innovation wiederum heißt, dass wir und unsere Kinder in unserem täglichen Leben mehr gefährlichen Stoffen ausgesetzt sind.
So ist die Lage. Nicht strenge Verbote und Gebote im Bereich des Umweltschutzes, sondern wissenschaftlich-technischer Fortschritt bietet die Gewähr für eine gesündere und sauberere Zukunft. Ein verbesserter Zugang zu Zulassungen, die Bewertung der sozioökonomischen Faktoren als Bestandteil des Zulassungsverfahrens und ein flexibleres Verfahren sind die großen Vorteile des am 30. November erzielten Kompromisses. Wir sollten deshalb für seine Beibehaltung stimmen.
Vladimír Železný (IND/DEM). – (CS) REACH scheint also beschlossene Sache zu sein. Statt sich mit Innovationen zu befassen, werden unsere Unternehmen nun eine vollgepackte, 600-seitige Verordnung durcharbeiten müssen. Einmal mehr bewegt sich Europa als Ganzes nun in Richtung geringerer Wettbewerbsfähigkeit, sodass wir hier im Parlament erneut das Scheitern der Lissabon-Agenda beklagen können. Wettbewerber aus einem Land, in dem die Vorschriften mit dem lächerlichen Namen REACH nicht gelten, werden es jetzt sogar noch leichter haben, mit dem von Verordnungen geplagten Europa in Wettbewerb zu treten. Für unsere Konkurrenten ist REACH ein Geschenk. Es ist auch ein Geschenk – und zwar ein ziemlich teures – für die großen Unternehmen in der EU und die größeren, wohlhabenderen Länder. Während die riesigen deutschen Unternehmen die Kosten im Zusammenhang mit der Verordnung tragen können, werden die mittleren Unternehmen in der Tschechischen Republik, bei denen diese Kosten den Durchschnittsgewinn überschreiten, ruiniert. Obwohl die KMU rund 80 % der Bevölkerung beschäftigen, werden sie durch REACH vernichtet, insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten. REACH wird somit im Konkurrenzkampf innerhalb der EU zu einer hoch entwickelten Waffe und einem Instrument, mit dem die Großen und Reichen über die Kleinen und Armen herrschen können. Deshalb so plötzlich die ach so ergreifende Einigung auf diese erbärmliche Verordnung.
Marianne Thyssen (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident, sehr geehrte Kommissare, verehrte Vertreter des Rates, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es uns in dieser Woche gelingt, den REACH-Kompromiss zu verabschieden, wird das Parlament zum zweiten Mal in dieser Wahlperiode unter Beweis gestellt haben, dass es die Klagen der Menschen erhört und dass es auch bei sehr umfassenden und komplexen technischen Themen imstande ist, seiner Verantwortung gerecht zu werden und diese Dossiers zu einem guten Ende zu führen. Die Verhandlungspartner mussten eine sehr schwierige Aufgabe meistern, und ich möchte ihnen meine aufrichtigen Glückwünsche zu der erzielten Vereinbarung aussprechen. Ich freue mich festzustellen, dass in zweiter Lesung eine Einigung zustande gekommen ist. Schließlich war alles gesagt, und es war an der Zeit, die Dinge zum Abschluss zu bringen und die Menschen, die diese Ideen vor Ort in die Tat umsetzen müssen, ihre Arbeit machen zu lassen.
Uns in der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten hat es immer widerstrebt, einseitig die eine oder andere Lobby zu unterstützen. Wir waren stets und ständig auf Ausgewogenheit bedacht – Ausgewogenheit zwischen dem Wunsch nach einem besseren Schutz der Gesundheit und Umwelt einerseits sowie der Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit und der Vermeidung von unnötigem Verwaltungsaufwand andererseits. Und meiner Auffassung nach ist uns das einigermaßen gelungen. Es liegt in der Natur eines Kompromisses wie diesem, dass niemand hundertprozentig zufrieden ist.
Nach meinem Dafürhalten haben wir mit dem Paket, das am Mittwoch zur Abstimmung steht, frühere Texte, die wir im Laufe dieses Gesetzgebungsverfahrens erarbeitet und verabschiedet haben, an vielen Fronten verbessert. Auf der Ebene der Zulassungspolitik setzten wir zweifellos Schritte nach vorn, sowohl was die Bedingungen, unter denen Zulassungen für gefährliche Stoffe erteilt werden, als auch was die Dauer dieser Zulassungen betrifft.
Der Schutz geistigen Eigentums wurde verstärkt, was notwendig war, und unnötige Tierversuche werden verboten. Meiner Überzeugung nach werden die großen Unternehmen wissen, was sie mit unserem Kompromisstext anfangen sollen, was die kleineren betrifft, bin ich mir jedoch nicht so sicher, und in dieser Hinsicht vertrauen wir in der Fraktion der Europäischen Volkspartei auf die Durchführungsmaßnahmen und die notwendigen flankierenden Maßnahmen. Wenn die Kommission dazu bereits etwas in petto hat, möchte ich alsbald darüber informiert werden.
Nach Abwägung aller Aspekte werden wir das Paket befürworten, weil wir wissen, dass wir in 11 Jahren die Chemikalienpolitik drastisch erneuert und zu Transparenz verholfen haben werden. Die Europäer werden mit weniger Gesundheitsrisiken leben, und wir vertrauen darauf, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft nicht geschwächt, sondern vielmehr gestärkt wird. Selbstverständlich zahlen die Unternehmen einen Preis, und einen nicht eben geringen. Die meisten Menschen in der Gesellschaft fordern jedoch mehr Gesundheitsinformationen und mehr Gesundheitsschutz, und das wird sich nur noch verstärken.
„REACH-geprüft“ kann mit der Zeit eher zu einem kommerziellen Vorteil als zu einem wirtschaftlichen Nachteil werden. Und unsere Gesetzgebung kann, wie hier bereits angeklungen, weltweit zum Standard avancieren. Wir müssen jedenfalls aktiv werden, indem wir unter anderem kluge Kampagnen zur Information der Verbraucher auf den Weg bringen.
Dorette Corbey (PSE). – (NL) Herr Präsident! Nach fast vier Jahren und Tausenden von Änderungsanträgen ist REACH endlich Realität. Uneingeschränkte Anerkennung gebührt selbstverständlich unserem Berichterstatter, Herrn Sacconi, der es vermocht hat, alles zu einem sehr guten Ende zu bringen. Auf das Ergebnis können wir stolz sein.
Substitution zählt zu den Zielen von REACH. REACH handelt nicht nur von der Kenntnis von Tausenden Chemikalien, sondern auch von der Substitution von 2 500 gefährlichen Stoffen. Es ist höchste Zeit, dass gefährliche Stoffe, die für erhebliche Beunruhigung sorgen, endlich verboten werden. Der Anstieg der Zahl der Krebspatienten, Allergien und Fruchtbarkeitsprobleme bei Mensch und Tier werden mit gefährlichen Stoffen in Verbindung gebracht. Die überwältigende Mehrheit der Menschen, die in der chemischen Industrie tätig sind, unternehmen alles Erdenkliche für einen möglichst sorgfältigen Umgang mit gefährlichen Stoffen, aber leider ist es nicht selbstverständlich, dass jedermann derart verfährt.
Natürlich habe ich Verständnis für den Standpunkt der Industrie, dass Substitution nicht über Nacht möglich ist. Positiv ist die neue Vereinbarung insofern, als sie ein wenig mehr Flexibilität zulässt. Von Fall zu Fall wird jetzt geprüft, für wie lange eine Zulassung für einen gefährlichen Stoff erteilt werden kann. Das ist ein Fortschritt für die Hersteller. Ein Prüfplan muss erarbeitet werden, um sichere Alternativen zu entwickeln, die der Umwelt sowie der Innovation zugute kommen. In den nächsten Jahren stehen wir vor der enormen Herausforderung, die gefährlichsten Stoffe aus dem Produktionsprozess und aus den Produkten zu verbannen.
REACH gibt den Impuls zu dieser Innovation, von der sowohl unsere Wettbewerbsfähigkeit als auch die Umwelt profitiert. Alles hängt nun selbstverständlich von einer wirksamen Implementierung ab. Es gilt sicherzustellen, dass die kleinen und mittleren Unternehmen an dem Wandel teilnehmen können.
Anlässlich einer ersten Revision, die in sieben Jahren ansteht, können wir prüfen, ob nachträglich mehr Stoffe in den Anwendungsbereich von REACH einbezogen werden können, und wir können erwägen, die Stoffe, die schädliche Auswirkungen auf die Hormone haben, doch noch in die Substitutionspläne aufzunehmen. Dann erhält hoffentlich auch die Sorgfaltspflicht gebührende Aufmerksamkeit und kann die Informationspflicht gegenüber Arbeitnehmern und Verbrauchern weiter verbessert werden. Bis dahin werden wir hiermit arbeiten müssen, und ich denke, wir haben einen exzellenten Kompromiss zustande gebracht.
Marie Anne Isler Béguin (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident! Mit REACH haben wir alle, wie auch unser Berichterstatter, Guido Sacconi, eine enorme Hoffnung geweckt, nämlich unsere Umwelt von schwer abbaubaren, bioakkumulierbaren und toxischen Chemikalien zu befreien, die unsere Gesundheit und unsere Natur vergiften. Das Vorhaben, chemische Stoffe gesetzlich zu regeln, hatte nicht nur bei den Europäern, sondern sogar außerhalb unserer Grenzen das ökologische und soziale Gewissen geweckt. In diesem Sinne konnte in einem umfangreichen Dialog mit der Zivilgesellschaft – den Gewerkschaften, NRO, Unternehmen und der Industrie – Einigung darüber erzielt werden, dass es notwendig ist, die öffentliche Gesundheit und die Umweltqualität zu verbessern und die Bürger und Arbeitnehmer mit Informationen über die chemischen Stoffe, von denen wir umgeben sind, zu versorgen.
Leider werden trotz einer ermutigenden Botschaft unseres Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit die gerade verhandelten Kompromisse das REACH-Vorhaben schwächen. Wie sollen wir unseren Mitbürgern erklären, dass wir nicht dafür sorgen, dass die Unternehmer für die Verbreitung der toxischen Stoffe in die Pflicht genommen werden, sondern dass diese Verantwortung auf die Verbraucher und den Arbeitnehmer, der mit gefährlichen Stoffen umgeht, zurückfällt? Wie sollen wir erklären, dass das Parlament die Substitution krebserzeugender, erbgutverändernder und Störungen des Hormonsystems verursachender Stoffe vertritt, ohne seine durchgängige Anwendung zu verlangen? Und was soll man zu der mangelnden Transparenz bei Informationen über die gefährlichsten Stoffe sagen? Für uns ist das nicht hinnehmbar und unverständlich. Während zahlreiche kleine und mittlere Industriezweige und Unternehmen den zusätzlichen Nutzen einer Biochemie begriffen haben, weigern sich die Schwergewichte der europäischen chemischen Industrie, sich zu ändern. Sie wirken weiterhin auf unsere Arbeit ein, trotz der Kosten, die durch die Zunahme von Erkrankungen für unser Gesundheitssystem verursacht werden, was Herr Nassauer übrigens völlig vergisst.
Uns obliegt heute eine große Verantwortung und wir werden entsprechend abstimmen müssen. Die Grünen wollen mit ihren Änderungen die REACH-Richtlinie stärken, ihr Sinn geben und verhindern, dass die Substitution der gefährlichsten Stoffe auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben wird, was Herr Sacconi einräumt. Abschließend möchte ich sagen, dass dieser Kompromiss vielleicht einen großen Schritt für die chemische Industrie, aber einen Rückzug für unser Parlament darstellt.
Bairbre de Brún (GUE/NGL). – (Die Rednerin spricht Irisch.)
(EN) Das ursprüngliche Ziel der REACH-Verordnung bestand darin, Arbeitnehmern, Verbrauchern und der Umwelt angemessenen Schutz zu bieten und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu erhalten. Es ist höchst bedauerlich, dass die chemische Industrie so viele Abgeordnete des Europäischen Parlaments davon überzeugen konnte, dass höchste Schutzstandards nicht notwendig seien. Die REACH-Verordnung wurde dermaßen verwässert, dass die vorliegenden Vorschläge völlig inakzeptabel sind. Wenn sicherere Alternativen für besonders Besorgnis erregende Stoffe verfügbar sind, müssen schädlichere Stoffe zwingend durch diese Alternativen ersetzt werden. Nur über Substitutionspläne und angemessene Kontrollen zu reden reicht nicht aus. In gleicher Weise ist es notwendig, dass die Hersteller transparente und klare Informationen über die Inhaltsstoffe ihrer Erzeugnisse bieten.
(Die Rednerin spricht Irisch.)
Der Präsident. Ich habe bemerkt, dass einige Kolleginnen und Kollegen signalisiert haben, dass nicht gedolmetscht wurde. Dies war kein Fehler unserer Dolmetscher. In ihren Beiträgen greift Frau de Brún in der Regel auf die irische Sprache zurück, die in diesem Parlament noch keine Amtssprache ist. Das wird sich im nächsten Jahr ändern.
Georgios Karatzaferis (IND/DEM). – (EL) Herr Präsident! Ich möchte den beiden Kommissaren und dem Parlament dazu gratulieren, dass sie einen erstaunlichen Rekord aufgestellt haben: Mit diesem Bericht, also mit dem Gesetzesentwurf, ist es ihnen gelungen, mehr Lobbyisten um sich zu versammeln als je zuvor.
Ein Reporter hat mir außerhalb des Saales gesagt, er habe noch nie zuvor so viele Lobbyisten in Straßburg gesehen. Ich für meinen Teil werde diese Lobbyisten nicht mit meiner Stimme unterstützen. Sie werden Mittwochabend nach der Abstimmung eine Party feiern. Das ist die Wahrheit. Können wir dieses Produkt der Lobbyisten, das allein ihren Bedürfnissen dient, einfach so hinnehmen? Wer profitiert denn im Grunde davon? Nur die großen Industriebetriebe der großen Länder. Können Griechenland und die Tschechische Republik die Bedingungen erfüllen, die durch diesen Gesetzesentwurf festgelegt worden sind?
Ich bin sehr beunruhigt über das Schreiben, das Herr Verheugen vor 25 Tagen an Herrn Barroso geschickt und in dem er sich in den Zuständigkeitsbereich von Herrn Dimas eingemischt hat. Ich war von jeher misstrauisch, ob diese ganze Sache ernsthafter Kritik standhalten kann. Und sie kann es nicht.
Werner Langen (PPE-DE). – Wer sich daran erinnert, als wir am 13. Februar 2001 von Frau Wallström und Herrn Liikanen das Weißbuch präsentiert bekamen, der ahnt, wie weit wir heute gekommen sind. Ich möchte den beiden Kommissaren ausdrücklich danken, dass sie in ihrer Zeit und Verantwortung die Wettbewerbsfähigkeit unserer eigenen Wirtschaft und unsere Arbeitsplätze stärker in den Vordergrund gestellt haben. Ich war immer davon ausgegangen, dass auch der Ratspräsident weitestgehend an den Gemeinsamen Standpunkt gebunden ist. Wenn man die Redebeiträge hier hört – und Herr Sacconi hat glänzende Arbeit geleistet –, könnte man den Eindruck gewinnen, die Kommunistische Fraktion und die Grünen hätten eine Mehrheit. Pustekuchen! Sie haben im Europäischen Parlament keine hundert Stimmen. Deshalb ist dieser Kompromiss, den mehrere Fraktionen mittragen, ein guter Kompromiss, obwohl er nicht in allen Punkten dem entspricht, was ich mir vorgestellt habe.
Es ist wichtig, Herr Verheugen und Herr Dimas, dass die Umsetzung dieser Verordnung nicht zu einem gewaltigen bürokratischen Monster gerät, sondern dass sie wirklich ein Beispiel für bessere Rechtsetzung wird, und dafür ist eine einfache Handhabung unbedingt notwendig. Frau Roth-Behrendt hat darauf hingewiesen.
Wenn wir uns heute fragen, was nicht erreicht wurde, dann ist für mich die Behandlung der Stoffe in importierten Erzeugnissen das schwierigste Thema. Niemand hat eine Lösung für diese Frage. Was nutzt eine ungeheuer scharfe Gesetzgebung, wenn die Stoffe in importierten Erzeugnissen in die Europäische Union gelangen kommen und wir eine Betriebsverlagerung weg aus der Europäischen Union haben? So wie der Kompromiss gestrickt wurde, ist er verantwortbar. Wir hätten nicht alle Tests für kleine und mittlere Unternehmen gebraucht, und es wäre auch sinnvoll gewesen, das System durch Expositions- und Verwendungskategorien zu vereinfachen. Dass es dazu nicht gekommen ist, ist bedauerlich. Wir werden diesem Kompromiss trotzdem zustimmen, und ich hoffe, dass diese europäische Chemikaliengesetzgebung ein Richtwert für die Chemikaliengesetzgebung weltweit wird. Das ist unsere Aufgabe. Dann haben wir unsere Arbeitsplätze gesichert und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie verbessert und nicht geschwächt.
Gyula Hegyi (PSE). – (EN) Herr Präsident! Zunächst einmal möchte ich Herrn Sacconi Anerkennung zollen, der sein Bestes getan hat, um diese gute Rechtsvorschrift vorlegen zu können. Ich habe vor drei Jahren als Beobachter angefangen, die REACH-Debatte zu verfolgen. Es ist äußerst ermutigend zu sehen, dass dieses langwierige Verfahren nun zu einem akzeptablen Ergebnis geführt hat. Da ich aus einem neuen Mitgliedstaat komme, freue ich mich ganz besonders, dass meine Änderungsanträge in den Text übernommen wurden. An dieser Stelle sollte außerdem die ungarisch-britische Initiative erwähnt werden, die einen beachtlichen Erfolg für meine Landsleute darstellt.
Es bleibt zu hoffen, dass das Parlament und der Rat die endgültige Fassung im Dezember verabschieden. Aber das ist noch nicht das Ende des Verfahrens. Nach sieben Jahren steht eine Überarbeitung der Verordnung an. Dies wird eine gute Gelegenheit sein, um – wie ich und andere Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion bereits vorgeschlagen haben – für Stoffe aus der Mengenklasse 1-10 Tonnen ebenfalls einen Stoffsicherheitsbericht zu verlangen, damit der sichere Umgang mit solchen Stoffen gewährleistet wird.
Miloslav Ransdorf (GUE/NGL). – (CS) Der frühere russische Ministerpräsident Viktor Tschernomyrdin sagte einmal: „Wir wollten es besser machen, aber das Ergebnis sieht so aus wie immer.“ Dies hier ist ein ganz typisches Beispiel dafür. Diese Bestimmungen, die in ihrer jetzigen Form gegen die Lissabon-Strategie und für die großen Konzerne arbeiten, die sich in der Hoffnung auf eine marktbeherrschende Stellung mit ihnen arrangieren, schaden den KMU. Darüber hinaus wird der Grundsatz der gemeinsamen Nutzung von Daten, der an sich gut ist, dadurch eingeschränkt, dass es in diesem Bereich keinerlei Sanktionen gibt. Diese Bestimmungen werden in Ländern wie meinem Heimatland Arbeitsplätze gefährden und sich auch auf andere Sektoren nachteilig auswirken. Meiner Ansicht nach werden einige in diesem Hohen Haus mit diesen Bestimmungen sehr zufrieden sein.
Aldous Huxley hat einmal gesagt, dass Glück wie Kokain ist – etwas, das als Nebenprodukt entsteht, wenn eigentlich etwas ganz Anderes hergestellt wird. Etwas Ähnliches wird auch hier geschehen, und zwar in dem Sinne, dass, obwohl unsere Fraktion, wie Herr Langen sagte, zwar dem Anschein nach die Mehrheit hinter sich hatte, wir nur einige wenige weitere Bestimmungen dieser Art brauchen, bis wir tatsächlich die Mehrheit haben.
Godfrey Bloom (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Da hätten wir es mal wieder. Meiner Meinung nach schüttet Herr Sacconi nicht unbedingt einen Berg auf, sondern gräbt sich eine große Grube. Gestatten Sie mir, zu dieser feierlichen Stunde zu sagen, dass er hoffentlich seine Martinis genauso enthusiastisch mischt wie seine Metaphern. Wie immer er es auch formuliert, wir sprechen hier von einer Verordnung, die mehr als 30 000 Stoffe umfasst und von einer weiteren Armee wichtigtuerischer Inspektoren überwacht wird, die bereits an der Brust des übermäßig besteuerten und gegängelten Steuerzahlers hängen.
Der Umfang der Verordnung wird zwangsläufig dazu führen, dass die wenigen Bereiche, in denen ernsthafte Maßnahmen vonnöten sind, aus dem Blickwinkel geraten. Doch für uns Briten ist diese Richtlinie nur ein weiteres Beispiel für die zunehmende Abkehr von der Unschuldsvermutung, mit keinerlei Entschädigungen für die britischen Unternehmen, ganz zu schweigen von den grausamen Versuchen an Millionen von Tieren, so sehr Sie sich auch vom Gegenteil zu überzeugen suchen.
Ich beschwöre meine föderalistisch gesinnten britischen Kolleginnen und Kollegen, die alle diese verfehlte Richtlinie unterstützen, sich endlich aus ihren Sesseln zu erheben, um eine Lanze für unser eigenes nationales Zivilrecht zu brechen und zum Schlag gegen die hier herrschende Sowjetdoktrin auszuholen. Wir alle wissen ja um die Auswirkungen, die die russische Sowjetdoktrin auf Russlands Umwelt und das globale Ökosystem hat.
Bogusław Sonik (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Chemische Stoffe sind Teil unserer Umwelt und überall in unserem Umfeld zu finden. Mit der raschen industriellen Entwicklung im 20. Jahrhundert wurde der tägliche Gebrauch dieser Stoffe jedoch nicht nur zu einer Notwendigkeit, sondern er brachte auch Annehmlichkeiten. Viele dieser Stoffe tragen jedoch nur scheinbar zur Verbesserung unserer Lebensqualität bei; sie sind vielmehr gefährlich und gesundheitsschädigend.
Ein Leben ohne chemische Stoffe ist nur schwer vorstellbar. Gerade deshalb müssen wir auf größerer Transparenz bestehen und verlangen, dass über die Stoffe, die in für den menschlichen Gebrauch bestimmten Produkten enthalten sind, informiert wird. Das REACH-System muss auf dem Prinzip der Vermeidung und Vorsorge beruhen. Im Mittelpunkt der neuen Rechtsvorschriften sollte die Gewähr für den Verbraucher stehen, dass ein bestimmtes Produkt unbedenklich ist, und die Verantwortung hierfür muss bei der Industrie liegen.
Jeder Hersteller, der ein neues Produkt auf den Markt bringen oder eine bestehende Zulassung aufrechterhalten will, muss nachweisen können, dass seine Produkte für Mensch und Umwelt sicher sind.
Der erzielte Kompromiss trägt diesen Erwartungen in hohem Maße Rechnung und verdient deshalb unsere Unterstützung. Dennoch bietet er – wie alle Kompromisse – auch Anlass zur Sorge. Bedenken habe ich vor allem im Hinblick auf die Regelungen zur gemeinsamen Nutzung von Daten, da die Position der etwa 25 000 kleinen und mittleren Unternehmen in der Europäischen Union dadurch geschwächt wird.
Die Versuche, die Patentfrist ursprünglich auf 15 und schließlich auf 12 Jahre auszudehnen, sind innovationsfeindlich, weil sie das wirtschaftliche Übergewicht der reichen Unternehmen stärken. Je länger die Fristen, desto weniger sind die Unternehmen gefordert, nach neuen Lösungen zu suchen und neue Richtungen in der Forschung einzuschlagen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ungeachtet der vielen Vorzüge der REACH-Verordnung vor allem im Bereich Gesundheit die Unternehmen dort nicht gleichberechtigt behandelt werden. Dennoch verdient dieser Kompromiss unsere Unterstützung.
Åsa Westlund (PSE). – (SV) Herr Präsident! Lassen Sie mich zunächst unserem Berichterstatter und meinem Kollegen, Herrn Sacconi, recht herzlich danken. Ich glaube, ich habe ihm im Laufe der Arbeit nicht wenige Probleme bereitet, indem ich immer noch mehr gefordert habe: mehr Substitution, mehr Information, die Registrierung von mehr chemischen Stoffen und mehr Sicherheitsdatenblätter für Chemikalien. Guido, ich danke Ihnen für Ihre Arbeit und dafür, dass Sie nicht Ihren Humor verloren haben, wenn ich immer wieder mit meinen Forderungen gekommen bin. Ferner möchte ich auch allen anderen danken, mit denen ich während der Behandlung von REACH zusammengearbeitet habe. Gemeinsam haben wir uns für ein starkes REACH eingesetzt.
Allerdings gab es einen ausgesprochen harten Widerstand, vor allem von der politischen Rechten hier im Parlament sowie seitens der chemischen Industrie. Der jetzt erzielte Kompromiss muss angesichts dieses starken Gegendrucks als Erfolg gewertet werden, obwohl er nicht den Ansprüchen genügt, die meines Erachtens eigentlich an die Substitution und Information gestellt werden müssen. Denn, meine Damen und Herren, Politik ist die Kunst des Möglichen. Man kann nicht alles haben, was man möchte. Es geht vielmehr darum, auf dem eingeschlagenen Weg so weit wie möglich voranzukommen, und genau das erreichen wir mit dem vorliegenden Kompromiss. Er ist das Beste, was wir zuwege bringen können, und er enthält wesentlich bessere Vorschriften als die, die gegenwärtig in Schweden und der EU existieren.
Mit REACH wird die Verantwortung für die Prüfung chemischer Stoffe den Importeuren und Herstellern auferlegt. Wir erhalten mehr Kenntnisse und Informationen über Chemikalien, und die geforderte Substitution gefährlicher Stoffe wird zu Verbesserungen gegenüber der gegenwärtigen Rechtslage führen. Nichts deutet darauf hin, dass wir durch eine Verzögerung des Prozesses ein stärkeres REACH erhalten würden. Dagegen spricht, dass Deutschland mit Jahresbeginn die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt und die deutsche Regierung, eifrig unterstützt durch die deutsche Chemieindustrie, ein mächtiger Gegner eines starken REACH ist. Darum werden wir schwedischen Sozialdemokraten morgen unseren Teil der Verantwortung tragen und für den Kompromiss stimmen. Wir sind so weit gekommen, wie das jetzt möglich war, und dürfen das Erreichte nicht durch ein Verschleppen des Prozesses gefährden. In sieben Jahren, wenn REACH in Gang gekommen ist, können wir dann unsere Forderungen nach einer weiteren Verschärfung erneut stellen.
Jens-Peter Bonde (IND/DEM). – (DA) Herr Präsident! Die Reform der Chemikalienpolitik wird nun auf eine vollständige Harmonisierung ausgerichtet, was die Mitgliedstaaten daran hindert, die Gesundheit der Bevölkerung und die Umwelt besser zu schützen. Achtunddreißig Abgeordnete haben Änderungsanträge eingereicht, in denen stattdessen eine Mindestrichtlinie gefordert wird, damit die Mitgliedstaaten den Menschen den besseren Schutz bieten können, den die Wähler sich wünschen. Wir haben eine namentliche Abstimmung gefordert, um zu sehen, wer die Verantwortung für beispielsweise ein häufigeres Auftreten von Krebs und Allergien übernimmt.
Wir haben in Dänemark gegenwärtig eine Liste von 150 unerwünschten gesundheits- und umweltschädlichen Stoffen, die in einem System der vollständigen Harmonisierung wohl kaum beibehalten werden kann. Der Umwelt- und Gesundheitsschutz gilt im Binnenmarkt als wettbewerbsverzerrend. REACH untersagt es uns nicht nur, gefährliche Stoffe zu verbieten, sondern auch, vor ihnen zu warnen. Darüber hinaus wird es für Stoffe, von denen wir bereits wissen, dass sie gefährlich oder überflüssig sind, weitere Tierversuche nach sich ziehen. Worüber wir daher am Donnerstag abstimmen werden, ist eine Reform, die auch das Töten von Tieren mit sich bringt. Der Kompromiss kann nur verteidigt werden, wenn er zu Mindestvorschriften führt. Im Hinblick auf eine vollständige Harmonisierung formuliert, ist der Vorschlag uns zu dürftig.
Avril Doyle (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Politik ist die Kunst des Möglichen. Wir sollten das vorliegende hart erkämpfte Kompromisspaket unterstützen, das in der Überprüfungsphase nach Ablauf von sieben Jahren einer offenen und sehr ehrlichen Bewertung unterzogen werden sollte. Nach dreieinhalb Jahren, 700 Seiten mit Entwürfen für Vorschläge und Tausenden Abänderungen war klar, dass es bei einem solch komplexen Rechtsakt nie leicht sein würde, das richtige Gleichgewicht zwischen gesundheits- und umweltpolitischen Zielen zu finden und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu erhalten.
Das geltende Chemierecht ist sehr verwirrend und ineffizient, da sie sich auf 40 verschiedene Richtlinien erstreckt, die kaum ineinander greifen. Denken Sie nur an die unendliche Geschichte der Zinkrisikobewertung, die schon vor 15 Jahren ihren Anfang nahm und immer noch nicht abgeschlossen ist. REACH wird dazu beitragen, dieses System zu rationalisieren und chemische Stoffe, deren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit noch nie zuvor getestet wurden, zu registrieren, zu bewerten und zuzulassen.
Während sich die Gesetzgebungsdebatte ihrem Ende entgegen neigt, fängt die schwierige Aufgabe der Umsetzung der REACH-Verordnung und der Einrichtung der Agentur jetzt erst an. Wenn die Verordnung im nächsten Jahr in Kraft tritt, werden den Unternehmen neue und oftmals schwere Pflichten obliegen, was die von ihnen hergestellten, importierten, vertriebenen oder genutzten Stoffe anbelangt. Dies wird vor allem für solche Unternehmen eine Herausforderung sein, die noch keine Erfahrungen mit der Umsetzung von Chemikalienvorschriften haben. Damit meine ich insbesondere die nachgeschalteten Chemiekalienanwender und die Tausenden KMU, die, Kommissar Verheugen, unter REACH nicht nur leben und überleben, sondern – und das möchte ich dieser Aufzählung noch hinzufügen – auch florieren müssen.
Allerdings müssen die Kommission, die zuständigen Behörden, die Mitgliedstaaten, die Agentur und wir hier im Europäischen Parlament unseren Beitrag leisten, um eine reibungslose und wirksame Umsetzung der REACH-Verordnung sicherzustellen. Die Kommission arbeitet noch immer an der Entwicklung von technischen Leitlinien und IT-Instrumenten, um der Industrie und den Behörden dabei zu helfen, die neuen Vorschriften von Anfang an effektiv umzusetzen. Außerdem müssen nationale Helpdesks eingerichtet werden, entweder von den zuständigen Behörden allein oder in Zusammenarbeit mit der Industrie. Diese Vorbereitungsarbeiten müssen geraume Zeit vor dem Umsetzungstermin für REACH abgeschlossen sein, damit alle notwendigen Unterstützungsinstrumente voll einsatzfähig sind. Ich teile die Ansicht, dass die REACH-Richtlinie international Maßstäbe setzen wird. Mein Dank an alle Beteiligten.
Karin Scheele (PSE). – Herr Präsident! Ich möchte mich sehr herzlich bei Guido Sacconi für seine hervorragende Arbeit bedanken. REACH ist sicherlich mit Abstand das schwierigste Dossier in dieser Legislaturperiode. Ich bin überzeugt, dass unser Berichterstatter bei den Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission das bestmögliche Ergebnis erreichen konnte, und auch die Verhandlungen innerhalb des Europäischen Parlaments waren eine sehr schwierige Aufgabe. Wer genau zugehört hat, hat gemerkt, dass fast keine der politischen Gruppierungen in ihren eigenen Reihen einer Meinung ist, eine klare Linie vertritt. Anhand der Kritik hat man gemerkt, wie schwierig es sein muss, auch innerhalb des Parlaments einen Kompromiss durchzusetzen.
Wie Guido Sacconi und viele andere Mitglieder dieses Hauses habe ich mich immer für einen starken Arbeitnehmerschutz und einen starken Umwelt- und Verbraucherschutz eingesetzt. Ein strengerer Kompromiss wäre mir lieber. Die gleiche Bemerkung habe ich übrigens schon nach der ersten Lesung und bei der Diskussion während der ersten Lesung gemacht. Jetzt geht es aber darum abzuwägen, ob wir dem Kompromiss zustimmen – was ich und meine Fraktion tun werden – oder den Gemeinsamen Standpunkt übernehmen. Ich glaube nicht, dass die Änderungsanträge, die zur Verschärfung des Gemeinsamen Standpunkts eingereicht wurden, eine Chance haben, die qualifizierte Mehrheit zu erreichen. Wir haben bereits in der ersten Lesung einen Versuch gestartet, über den Kompromiss von Guido Sacconi hinauszugehen, und wir haben nicht einmal die einfache Mehrheit erreicht.
Wenn ich die Positionen mancher Mitgliedstaaten zur Kenntnis nehme, stelle ich mir die Frage, was jene Kolleginnen und Kollegen erwarten, die sagen, dass dieser Kompromiss ein Geschenk an die deutsche Chemikalienindustrie ist. Wenn wir die Mehrheitsverhältnisse im Rat zur Kenntnis nehmen und uns der Tatsache bewusst sind, dass Deutschland ab 1. Jänner 2007 die Ratspräsidentschaft übernimmt, dann frage ich mich, welche Erwartungen wir an eine Vermittlung unter Führung der deutschen Ratspräsidentschaft überhaupt haben können. Ich möchte dem Berichterstatter und dem Parlament nochmals zum Ergebnis gratulieren und glaube, dass der Kompromiss ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist.
Antonios Trakatellis (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Nach vielen Jahren der Verhandlungen und Verfahren stehen wir jetzt endlich kurz vor der Annahme einer Chemikalienverordnung.
Natürlich mag die Verordnung nicht perfekt sein, aber sie ist doch sehr gut. In Zukunft kann sie ja noch verbessert werden, wie dies mit verschiedenen Richtlinien und Verordnungen der Gemeinschaft geschehen ist. Ich möchte Herrn Sacconi gratulieren, da diese Verordnung im Wesentlichen den Schutz der menschlichen Gesundheit und Umwelt gewährleistet und dieser Schutz mit der Zeit verstärkt werden wird. Und ich kann mir vorstellen, dass in Zukunft alle Stoffe, die heute den meisten meiner Kollegen Anlass zur Sorge geben, über die Jahre ersetzt werden.
Es ist außerordentlich begrüßenswert, dass in der Verordnung vorgesehen ist, gefährliche Stoffe zu kontrollieren, wo diese Möglichkeit besteht. Auch hat gemäß der Verordnung eine zwingende Substitution stattzufinden. Und in all den Fällen, wo es keine Ersatzstoffe gibt, sind Forschungsprogramme vorgeschrieben, was ebenfalls ganz wichtig ist.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass die chemische Wissenschaft eine Menge zur Verbesserung des menschlichen Lebens auf der Erde beigetragen hat. Und das haben wir Innovationen zu verdanken. Im Grunde stellt diese Verordnung auf lange Sicht dieselbe Forderung, nämlich die Forderung nach Innovation, damit neue, bessere und weniger gefährliche bzw. vollkommen harmlose Stoffe hergestellt werden können, die dem Menschen zugute kommen.
Ich möchte Herrn Sacconi noch einmal beglückwünschen, denn ihm ist die Schaffung einer Chemikalienverordnung gelungen, die nicht mit Ungeduld beurteilt werden sollte. Erwarten Sie nicht, dass sie schon morgen perfekt ist! Mit der Zeit werden wir sehen, dass bei der öffentlichen Gesundheit und der Umwelt eine wesentliche Verbesserung eintritt.
Adam Gierek (PSE). – (PL) Herr Präsident! Eine der entscheidenden Regelungen des Entwurfs der REACH-Verordnung ist das Substitutionsprinzip, für dessen Umsetzung nach wie vor die Industrie zuständig ist. Dank dieses Prinzips könnte das enorme Innovationspotenzial freigesetzt werden, über das sowohl die überaus wichtige chemische Industrie als auch die Endnutzer ihrer Produkte verfügen.
Allerdings lassen einige Festlegungen wie die zu den „geeigneten sichereren Alternativen“ viel Raum für Interpretation. Als problematisch könnte sich auch die Festlegung zu den Forschungs- und Entwicklungsplänen der Unternehmen erweisen, da Unternehmen, die nicht über eigene Forschungseinrichtungen verfügen, von der Erarbeitung solcher Pläne ausgenommen werden können.
Damit besteht die Gefahr, dass einige der kleinen und mittleren Unternehmen mit eigenen Forschungseinrichtungen diese schließen könnten und so diese Pläne nicht vorlegen müssten.
Es erhebt sich die Frage, wer für die Suche nach Ersatzstoffen zuständig ist – die chemische Industrie oder der Endnutzer oder beide gleichermaßen. Das wiederum weckt Bedenken hinsichtlich der Beschaffenheit des Rechts an geistigem Eigentum im Zusammenhang mit dem geltenden Patentrecht, das leider nicht das beste ist.
Das sorgfältig formulierte Substitutionsprinzip ist die logischste Reaktion auf den Umgang mit gefährlichen Stoffen. Die in der Verordnung festgelegten Verfahren, die auf die Förderung von Innovation bei der Suche nach neuen und sicheren Stoffen abzielen, sind mit Sicherheit notwendig.
Richard Seeber (PPE-DE). – Herr Präsident! Der französische Philosoph Voltaire hat einmal gesagt: „Jeder Fanatismus ist gefährlich.“ Ich glaube, diese Debatte ist ein gutes Beispiel dafür, dass dem wirklich so ist. Wenn ich meine grünen Kollegen, die Kollegen von der Union für das Europa der Nationen oder auch die extreme Linke anhöre, so gewinne ich den Eindruck, als könnten nur Verlierer einem solchen Paket zustimmen. Vergleichen wir doch die Vorteile von REACH mit seinen Nachteilen. Da muss man doch eindeutig sagen, mit REACH machen wir alle einen Schritt in die richtige Richtung: mehr Umweltschutz, mehr Verbraucherschutz, aber auch mehr Wettbewerbsfähigkeit.
REACH abzulehnen, wäre also sicher für alle Teile schlecht. Darum wird es nun von uns abhängen, dies auch richtig zu kommunizieren. Denn wenn man die Medien betrachtet, so hat man den Eindruck, alle verlieren. Unser Geschick wird nun daran gemessen werden, wie wirkungsvoll wir diesen Eindruck ändern können. Denn im Endeffekt sind die Menschen, die Tiere und auch die Umwelt die großen Gewinner dieser Gesetzgebung. Darum sollten wir auch weiter an ihr arbeiten. Hier muss ich auch die Medien in die Pflicht nehmen, deren Aufgabe es ist, gerade in der jetzigen Phase ein richtiges Bild dieser neuen Gesetzgebung zu vermitteln. In einer zweiten Phase wird es dann darum gehen, dieses Bild richtig umzusetzen. Das wird auch noch sehr schwierig werden, denn wir kennen ja das übliche Spiel: Schuld ist immer die Union.
Der Gesetzesform nach handelt es sich aber um eine Richtlinie, welche die Mitgliedstaaten umsetzen müssen und es wird darum gehen, dass sie korrekt umgesetzt und auch angewandt wird. Hier stehen wir wirklich vor großen Aufgaben, die von allen Teilen zu erledigen sind. An uns selbst sei auch der Appell gerichtet: Statten wir das Ganze mit einer starken Agentur aus, damit wir einheitliche Regeln haben und nicht wieder einen Flickenteppich von 25 bzw. 27 verschiedenen Regelungen. Es liegt also ein großes Stück Arbeit vor uns und der Wunsch, ein REACH-freies Jahr 2007 zu haben, wird wohl nicht in Erfüllung gehen.
Marie-Noëlle Lienemann (PSE). – (FR) Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns einschätzen, wie weit wir mit diesem Projekt bereits gekommen sind, das uns heute vorliegt. REACH wird unsere Einstellung zu chemischen Verunreinigungen beträchtlich verändern – zunächst durch die Umkehr der Beweislast und dann durch regelmäßige Informationen entlang der gesamten Herstellungskette. Ich hörte gerade, dass vom Asbestskandal gesprochen wurde. Uns ist sehr wohl bewusst, dass heute mit dem Text, über den wir abstimmen, ein Skandal dieser Art nicht mehr möglich wäre. Das müssen wir der Öffentlichkeit mitteilen.
Zwar gibt es alle diese Errungenschaften, aber es gibt natürlich auch Dinge, mit denen wir nicht oder nicht zufrieden genug sind. Da wären zunächst die natürlichen Stoffe. Mir wäre etwas mehr Klarheit lieber gewesen, da sonst Probleme entstehen können. Ich bin nicht der Ansicht, dass ein natürlicher Stoff wirklich ein chemischer Stoff ist. Dann die Einfuhren: hier hätte ich mehr Garantien gewünscht, damit wir den Importeuren vergleichbare Normen vorgeben können.
Weiterhin geht es natürlich um das große Anliegen der Substitution. Ich hätte, wie viele andere auch, gewollt, dass die Substitution automatisch, gezielt und unverzüglich erfolgt. In der ersten Lesung habe ich für alle Änderungsanträge gestimmt, die in diese Richtung gingen, ich habe jedoch beobachtet, dass wir über keine qualifizierte Mehrheit verfügen. Und wenn es unserem Kollegen Sacconi nicht gelungen wäre, diesen Kompromiss zu erzielen, würden wir Gefahr laufen, bei der Abstimmung in zweiter Lesung dazustehen, ohne dass dieses Prinzip umgesetzt worden wäre. Denn man muss sagen, dass der Kompromiss das Prinzip einschließen muss. Nicht das Prinzip wird in Frage gestellt, sondern seine allmähliche, gestaffelte, meines Erachtens unzureichende Anwendung. Das Prinzip dagegen gilt für alle gefährlichen Stoffe. Unterschätzen wir also nicht die Bemühungen, die unser Kollege unternommen hat, und den Sieg, den wir an dieser Front errungen haben.
Wir werden nun über das Prinzip hinaus dafür sorgen müssen, dass es angemessen umgesetzt wird. Das wird von den Mitteln der Agentur – den finanziellen Mitteln, den menschlichen Ressourcen –, dem Druck der Öffentlichkeit und auch von den Mitteln abhängen, die für die Forschung zur Verfügung gestellt werden, und in diesem Punkt wünschen wir, dass die Kommission besonders offensiv auftritt, um diesen Kompromiss so fortschrittlich zu gestalten, wie wir es uns vorstellen.
Péter Olajos (PPE-DE). – (HU) Nach drei Jahre währenden Diskussionen haben wir jetzt den Punkt erreicht, an dem wir über den als REACH bezeichneten Gesetzesentwurf ein abschließendes Urteil fällen können.
Für die Abstimmung am Mittwoch sind mehrere Optionen im Angebot. Option eins: Wir könnten den gemeinsamen Standpunkt des Rates unterstützen. Option zwei: Wir können den gesamten Vorschlag ablehnen. Option drei: Wir können das Kompromisspaket annehmen und REACH somit zum Durchbruch verhelfen.
Die erste und wichtigste Frage lautet, ob wir überhaupt neue Rechtsvorschriften brauchen oder ob die derzeit geltenden Gesetze zur Lösung unserer Probleme im Bereich Umwelt-, Gesundheits- und Tierschutz ausreichen und gewährleisten, dass die gewünschten Informationen in ausreichender Form zur Verfügung stehen. Mit anderen Worten: Brauchen wir neue Rechtsvorschriften, um mehr über die 30 000 Chemikalien herauszufinden, mit denen wir täglich zu tun haben? Die Antwort ist ein deutliches „Ja“. Wir brauchen neue, umfassende Verordnungen, in deren Rahmen die groß angelegte und schon so oft aufgeschobene Überprüfung der chemischen Stoffe vorgenommen werden kann.
Die andere wichtige Frage lautet, ob der erzielte Kompromiss gut genug ist. Sind die erreichten Lösungen besser als die der ersten Lesung oder wurden die Rechtsvorschriften im Laufe der sechs Triloge lediglich verwässert und weiter abgeschwächt? Beantworten wir diese Fragen der Reihe nach: Worin bestanden unsere wichtigsten Ziele nach der ersten Lesung? Wir wollten eine stärkere und strenger geregelte Substitution, und die haben wir jetzt. Wir wollten strengere Regelungen für die Verantwortung der Hersteller, und die haben wir. Wir wollten die Tierversuche einschränken, und das haben wir getan. Wir wollten eine strengere, aber praktikablere Registrierung, und die haben wir erreicht. Wir wollten, dass das OSOR-Prinzip sich durchsetzt und die KMU fördern, und auch das haben wir erreicht.
Alles in allem können wir sagen, dass das Kompromisspaket viel besser ist als das der ersten Lesung; wir haben uns mit Erfolg für ein stärkeres und auch strengeres REACH eingesetzt. Meine Damen und Herren, aus diesen Gründen kann die Schlussfolgerung nur so lauten: Unterstützen wir den Kompromiss.
Dan Jørgensen (PSE). – (DA) Herr Präsident! Es sind rund 100 000 Chemikalien auf dem Markt. Von der überwiegenden Mehrheit dieser Stoffe wissen wir derzeit überhaupt nichts. Wir wissen nicht, wie sie sich auf die Umwelt und die Gesundheit auswirken. Das ist natürlich ganz und gar inakzeptabel, aber ein Umstand, dem wir jetzt mit Hilfe von REACH begegnen, da durch REACH zwei Grundprinzipien eingeführt werden. Erstens kehren wir die Beweislast um, damit künftig die Industrie die Sicherheit eines Stoffes beweisen muss, bevor sie ihn vermarkten darf, während es momentan so ist, dass die Behörden vor einem Verbot beweisen müssen, dass ein Stoff gefährlich ist.
Das zweite und wichtigste Grundprinzip lautet, dass die gefährlichsten aller Stoffe – die krebserregend sind, Allergien hervorrufen, die Reproduktionsfähigkeit beeinträchtigen usw. – ersetzt werden müssen. Wenn es eine sicherere Alternative gibt, muss diese anstelle des gefährlichen Stoffes verwendet werden – ein äußerst wichtiges Grundprinzip.
Es ist auch erfreulich, dass künftig weniger Tierversuche durchgeführt werden. Die Umsetzung von REACH würde weit weniger Tierversuche bedeuten. Auf kurze Sicht gäbe es relativ viele Tierversuche, weil wir bestimmte Daten, über die wir zurzeit nicht verfügen, nutzen müssen, aber auf lange Sicht würde REACH aufgrund der obligatorischen gemeinsamen Nutzung von Daten – definitiv ein ebenfalls fruchtbarer Aspekt – weit weniger Tierversuche nach sich ziehen.
Wir alle wurden hier von vielen verschiedenen Interessengruppen beeinflusst – so viel ist klar. Es geht um wirklich bedeutende Interessen, und da ist das ganz logisch. Einerseits gab es die grünen Organisationen, andererseits die Organisationen im Bereich Chemie sowie die Industrie. Die Frage lautet: Wie sieht der von uns erzielte Kompromiss aus? Ist das Spiel unentschieden ausgegangen, wie es in einem Zeitungsartikel behauptet wurde? Nein, es gab kein Unentschieden, sondern einen Kompromiss, bei dem die grünen Interessen ganz klar gewonnen haben. Es haben eindeutig die ökologischen und gesundheitspolitischen Überlegungen gesiegt. Bisher standen bei uns sämtliche Türen offen, was bedeutete, dass zahlreiche Chemikalien ohne großes Aufheben in Verkehr gebracht und verwendet werden konnten. Diese Türen sind jetzt fast verschlossen. Sie bieten aber insofern keine uneingeschränkte Sicherheit, dass sie noch einen kleinen Spalt offen stehen. In einer idealen Welt hätten wir diesen Spalt natürlich schließen müssen, aber unsere Welt ist nicht ideal. Wir haben einen Kompromiss erzielt, der gut für die Umwelt und die menschliche Gesundheit ist.
Thomas Ulmer (PPE-DE). – Herr Präsident, verehrte Kommissare und Ratsmitglieder, Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns mitten in einer langen Debatte um das größte Gesetzgebungsvorhaben, das dieses Parlament je zu meistern hatte. Ein Kompliment an Guido Sacconi für seine Arbeit. Dass nach wie vor, obwohl ein umfangreicher Text vorliegt, eine sehr breite Auslegung möglich ist, haben meine Vorredner bewiesen.
Das Parlament hat diesem Vorschlag eindeutig seine Handschrift gegeben. Die Welt der Chemikalien und der Glaube an die Sicherheit haben sich seit Seveso und Bhopal deutlich geändert. Da alle Vorredner nur bedingt mit dem Kompromiss zufrieden sind, ist er mit Sicherheit relativ ausgewogen. Jetzt sind allerdings Rat und Kommission gefordert, schnellstens eine funktionsfähige und schlagkräftige Agentur aus der Taufe zu heben. Das wird Geld kosten und Bürokratie mit sich bringen. Die Agentur ist der Schlüssel zu einem funktionsfähigen REACH. Die Rekrutierung entsprechender Fachleute in ausreichend großer Zahl ist eine Herausforderung.
Die Agentur muss schnell, präzise und fehlerfrei arbeiten, um die Reputation von REACH als Modell auch für andere Staaten und Staatengemeinschaften zu verbessern. Die Frage des geistigen Eigentums halte ich für ausreichend geregelt. Ob wir auf Dauer mit der jetzigen Form der Substitution leben können, werden wir sorgfältig beobachten müssen. Genauso sorgfältig werden wir beobachten müssen, wie der Mittelstand durch das Gesetzgebungsverfahren belastet wird.
Nur wenn alle Punkte ausgewogen gelingen, wird REACH unserem Anspruch nach dem Prozess von Lissabon gerecht. REACH darf nicht zu einem Setzkasten verkommen, der auch nach zwei oder drei Jahrzehnten noch nicht gefüllt ist. An dieser Umsetzbarkeit wird sich Europa messen lassen müssen.
Bei den überlappenden Bereichen plädiere ich dafür, die medizinischen Geräte herauszunehmen, da dieses Regelwerk in sich kongruent und ausreichend geregelt ist und anderenfalls unkalkulierbare Verzögerungen bei der Zulassung von medizinischen Produkten auftreten werden.
Wir werden zu gegebener Zeit prüfen, ob REACH in seiner jetzigen Funktion ausreichend ist, ob die Vorschriften zu streng oder zu lasch sind. Wir dürfen uns nicht durch die Komitologie aus der Weiterentwicklung verabschieden, wir müssen die Anwendung regelmäßig und kritisch beobachten.
VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS Vizepräsident
Andres Tarand (PSE). – (ET) Ich möchte unseren Berichterstatter Guido Sacconi grüßen und ihm zu seiner hervorragenden Arbeit und Überzeugungskraft während der zahlreichen Verhandlungen gratulieren.
Der Weg, der uns zu diesem Ergebnis geführt hat, war alles andere als leicht, doch letzten Endes wurden alle unsere Wünsche erfolgreich umgesetzt, womit ich nicht nur die Instrumente für die Zulassung und Substitution, sondern in gewisser Hinsicht auch die Registrierungspflicht meine.
Der Rechtsrahmen von REACH ist einer der substanziellsten, den die Europäische Union je geschaffen hat; vielleicht ist er sogar einer der umfangreichsten, der je in einem Parlament diskutiert wurde. REACH dient einem höheren Ziel in Europa und wird künftig weltweit mit gutem Beispiel vorangehen. Wenn wir uns die Empfehlung der Kommission und den ursprünglichen Standpunkt des Rates ansehen, ist der Bericht des Parlaments wirklich weit gekommen.
Vielleicht am allerwichtigsten ist, dass der Substitutionsprozess alle gefährlichen Stoffe umfassen wird, die verboten oder nur beschränkt zugelassen sind und deren Substitution geplant werden muss, oder, sollte das nicht möglich sein, für die Alternativen entwickelt werden müssen.
Die Errungenschaften dieses Gesetzes sind das Ergebnis der dreieinhalb Jahre währenden aktiven Arbeit des Parlaments. Mein Heimatland Estland gehörte in der Anfangsphase nicht mit zu den Verhandlungsbeauftragten, aber ich habe den Prozess, an dessen Ende die Kompromisse standen, mit großem Interesse verfolgt. Ich möchte also dem Hohen Haus zu seinem Kompromiss gratulieren und hoffe wirklich dass die Parlamente der Mitgliedstaaten unserem Beispiel folgen.
Hoffentlich wird das Kompromisspaket bei der Abstimmung am Mittwoch in derselben Form angenommen, auf die wir uns bei den Vorarbeiten geeinigt haben. Dies würde die Lebensqualität der Unionsbürger verbessern und den kleinen und mittleren Unternehmen als Anreiz zur Schaffung von Arbeitsplätzen mit neuen und hohen Standards in Bezug auf die ökologische Nachhaltigkeit dienen, wodurch unsere Industrie innovativer und konkurrenzfähiger würde.
Erna Hennicot-Schoepges (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr Borrell! Ich möchte den Berichterstatter, die Schattenberichterstatter und alle Akteure beglückwünschen, die an der langen und schwierigen Ausarbeitung dieses Textes beteiligt waren. Er beinhaltet sicherlich mehr positive als negative Punkte, aber ich möchte dennoch mein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, dass zu den 17 000 Stoffen, die in geringen Mengen – 1 bis 10 Tonnen – hergestellt werden, kein Stoffsicherheitsbericht vorgelegt werden soll. Es steht außer Zweifel, dass der Kompromiss, den wir zum Kapitel „Zustimmung“ erzielt haben, das letzte Mittel war, um zu einer Einigung zu gelangen.
Was allerdings die CMR, also die krebserzeugenden, erbgutverändernden oder die Fortpflanzung gefährdenden Stoffe anbelangt, so ist der Weg zur angemessenen Beherrschung der Risiken, den wir uns vorgenommen haben, akzeptabel, wobei das Abkommen, wonach die Vorlage eines Substitutionsplans in Forschung und Entwicklung verbindlich ist, ohne dass diese Vorschrift auf die Umsetzung dieses Plans ausgedehnt wird, eine Schwächung des Textes darstellt. Daher sollte in sechs Jahren eine erste Korrektur angesetzt werden. Sind wir vor dem allgemeinen Hintergrund der Zunahme bestimmter Krebsarten und der nachlassenden Fruchtbarkeit nicht gemeinsam im Sinne der Ethik dafür verantwortlich, dass das Vorsorgeprinzip angewendet wird, vor allem, was die Chemikalien mit endokriner Wirkung anbelangt?
Trotz der Verbesserungen, die am Text der Kommission vorgenommen wurden, sollten wir festhalten, dass es REACH der chemischen Industrie Europas erlaubt, weiterhin den ersten Platz auf dem Weltmarkt einzunehmen, dass REACH auf ganz neue Art und Weise dazu beitragen wird, das Vertrauen der Verbraucher wiederherzustellen, und dass die Änderungen von REACH es erlauben werden, die Schwächen des Systems zu korrigieren. Herr Präsident, der Ball ist nun im Feld der Kommission und der Mitgliedstaaten, die dafür sorgen sollen, dass die Agentur möglichst bald funktionsfähig sein wird.
Proinsias De Rossa (PSE). – (EN) Herr Präsident! Im Laufe dieser Aussprache sind einige Redner der GUE/NGL-Fraktion und der Verts/ALE-Fraktion ziemlich hart mit Herrn Sacconi, Mitgliedern der PSE-Fraktion und Anderen ins Gericht gegangen. Daher sehe ich mich gezwungen, diese Redner auf einige politische Realitäten aufmerksam zu machen.
Erstens ist das Paket von Herrn Sacconi besser als der ordnungspolitische Rahmen, den wir zurzeit haben. Es ist besser als der Gemeinsame Standpunkt des Rates. Wenn es den Abgeordneten der GUE/NGL-Fraktion und der Verts/ALE-Fraktion gelingen sollte, diesem Rechtsakt durch ihre Änderungsanträge den Garaus zu machen, so dass wir dann möglicherweise wieder von Null anfangen müssen, dann sind sie keinen Deut besser als die schlimmsten und rückständigsten Chemiebetriebe in Europa. Wir wollen hier im Parlament keine Rückschritte, sondern Fortschritte machen.
Die Stärke Europas und des Parlaments besteht darin, die Konsenslinien in einem Themenbereich zu ermitteln. Meines Erachtens ist es Herrn Sacconi, seinen Mitarbeitern und allen anderen Abgeordneten dieses Parlaments, die an diesem Prozess beteiligt waren, bestens gelungen, die Konsenslinie herauszuarbeiten und darauf aufzubauen, so dass wir bei der Regulierung der chemischen Industrie in Europa Fortschritte machen konnten. Es ist nicht alles so, wie wir es gern hätten, doch so lange es unterschiedliche Ansichten darüber gibt, wie wir eine saubere und gesunde Umwelt in Europa erreichen und diese Probleme in den Griff bekommen können, werden wir über den demokratischen Prozess Lösungen finden können. Ich möchte Ihnen das Paket von Herrn Sacconi nachdrücklich empfehlen und dem Berichterstatter sowie allen Beteiligten meinen Glückwunsch aussprechen.
Evangelia Tzampazi (PSE). – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Nach einem langen und außerordentlich schwierigen Verfahren stehen wir jetzt endlich kurz vor einer Kompromisslösung für die Verordnung über die Registrierung, Bewertung und Zulassung chemischer Stoffe.
Diese Verordnung stellt für uns alle eine einzigartige Gelegenheit dar, um sowohl für uns als auch für künftige Generationen ein hohes Schutzniveau in den Bereichen Volksgesundheit und Umwelt zu erreichen.
Ich möchte meine Unterstützung für das Ergebnis zum Ausdruck bringen, das Herr Sacconi erreicht hat, dem wir zu gratulieren haben.
Es kann schon sein, dass wir strengere Vorschriften bzw. eine Verordnung mit einem breiteren Anwendungsbereich wollten. Allerdings müssen wir bedenken, dass es jetzt hauptsächlich darauf ankommt, das Kontrollsystem für gefährliche Stoffe schnellstmöglich zum Laufen zu bringen, auch wenn es nach wie vor Punkte gibt, die in Zukunft noch einmal überarbeitet werden müssen.
Mit der Einführung von REACH wird der bestehende Rechtsrahmen zur Kontrolle gefährlicher chemischer Stoffe gestärkt, um somit die Gesundheit der europäischen Bürger zu schützen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie auszubauen, indem Innovationen und Forschungsarbeiten im Hinblick auf die Entwicklung sicherer chemischer Stoffe gefördert werden.
REACH ist ein neuer, realistischer Vorschlag, den wir alle unterstützen sollten, indem wir weiterhin an seiner Verbesserung arbeiten. Um REACH umweltfreundlicher und sozialdemokratischer zu gestalten, sollten wir die Verordnung nicht wieder in die Amtsstuben abschieben, wo sie über so viele Jahre hinweg gewesen ist.
Zuzana Roithová (PPE-DE). – (CS) Der ausgehandelte Kompromiss ist weder eine Katastrophe für die europäische Industrie noch eine vertane Chance, die medizinische Versorgung einer halben Milliarde Europäer zu verbessern. Er ist ein Beispiel für den Wunsch von uns Abgeordneten und der EU-25, ausgewogene Lösungen zu finden, die anstelle von Schranken Möglichkeiten darstellen, wofür sie Lob und nicht Kritik verdienen. Die Verordnung wird in dieser administrativ modernisierten Fassung zweifelsohne neue Bürokratie mit sich bringen, für die die Union kritisiert werden wird. Das ist ganz klar der Preis, den die Europäer dafür zahlen müssen, dass sie ihren Willen durchgesetzt haben, genauer gesagt dafür, dass sie detailliertere Informationen über die in den Produkten enthaltenen chemischen Stoffe bekommen. Wir werden sehen, wie sich dies auf das Verbraucherverhalten auswirkt.
Ich bin davon überzeugt, dass diese Informationen, die recht teuer sind, der europäischen Forschung neuen Schwung verleihen werden, damit sie sinnvolle Ersatzstoffe entwickelt und dort, wo die Verordnung diese nicht vorsieht, die schrittweise natürliche Beseitigung verschiedener schädlicher Stoffe aus den Erzeugnissen sichert. In der Medizin werden die gefährlichen Stoffe weiterhin streng kontrolliert – und das zu Recht. Aber, nichts ist umsonst, weswegen die Industrie sich zu Recht gegen höhere Kosten zur Wehr setzt. Wir können noch nicht die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit und die Arbeitslosigkeit in der Union überblicken, für den wir Politiker – und nicht die Ärzte oder die Unternehmer – verantwortlich sind.
Ein gravierender Mangel, den ich noch einmal herausstreichen möchte, besteht darin, dass das neue System nur in Europa und nicht auf der ganzen Welt gilt. Dementsprechend wird REACH trotz seiner unbestrittenen Vorteile die streng regulierte europäische Wirtschaft im Hinblick auf den liberalisierten Welthandel benachteiligen. Genau aus diesem Grund schützt es die Verbraucher nicht vor den Gefahren, die sich in Erzeugnissen aus Drittländern verbergen, vor allem dann nicht, wenn Arbeitslose legal oder auf andere Art und Weise billige Produkte kaufen.
Daher fordere ich die Kommission und die 27 Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass die europäischen Verordnungen unseren globalen Zielen entsprechen, weil wir dafür politisch verantwortlich sind. Es ist unsere Pflicht, die ökologischen, sicherheitspolitischen und sozialen Standards in der Herstellung anzuheben, sowohl in der Union als auch in Drittländern.
Genowefa Grabowska (PSE). – (PL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Herrn Sacconi dafür danken, dass er eine solch umfangreiche und dazu noch schwierige Aufgabe so gut bewältigt hat. Mein Dank gilt auch dem finnischen Ratsvorsitz. Ich freue mich, dass es uns unter dieser Ratspräsidentschaft schließlich gelungen ist, die intensive Arbeit an dieser Verordnung abzuschließen. Es hat sehr lange gedauert – acht Jahre, um genau zu sein –, und die Tatsache, dass niemand mit dem Ergebnis völlig zufrieden ist, bedeutet letztendlich, dass die REACH-Verordnung verabschiedet werden kann.
Für die chemische Industrie ist REACH zu stark ökologisch ausgerichtet. Die Umweltschützer wiederum behaupten, die Verordnung richte sich nach dem Diktat der Industrie. Das heißt, wir haben einen Kompromiss erzielt, der sich unter den gegebenen gesellschaftspolitischen Bedingungen umsetzen lässt.
Ich möchte nur noch auf zwei weitere Punkte eingehen. Erstens: Wenn wir die REACH-Verordnung kritisch betrachten, stellen wir fest, dass dies ein einheitliches Dokument ist, das die derzeit geltenden 40 verschiedenen Verordnungen ersetzt und es uns ermöglicht, Leben und Gesundheit der Menschen wirksam zu schützen. Zweitens stellt diese Verordnung eine wesentliche Verbesserung gegenüber den bisherigen Vorschriften dar. Wenn wir uns dazu entschließen, sie künftig weiter zu verbessern und zu ändern, dann sollten wir sie, wie ich meine, annehmen.
Libor Rouček (PSE). – (CS) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die EU wird häufig als inkompetente, sinnlose Einrichtung betrachtet, die seit der Erweiterung nicht mehr in der Lage ist, die wichtigen, effektiven gemeinsamen Entscheidungen zu treffen, die für Europa unerlässlich sind. Ich bin fest davon überzeugt, dass die heutige Aussprache über die REACH-Richtlinie sowie die entsprechende Abstimmung am Mittwoch beweisen werden, dass genau das Gegenteil der Fall ist.
Der Erarbeitung und die Annahme der REACH-Verordnung stellen einen Schritt von europa- und weltweiter Bedeutung dar. Mit dieser Rechtsvorschrift schafft Europa klare, transparente und gerechte Bestimmungen für die Registrierung, Bewertung, Zulassung und gegebenenfalls Beschränkung chemischer Stoffe. In ihrer endgültigen Fassung werden diese Bestimmungen zu einem größeren Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Umwelt führen und der europäischen Chemieindustrie nicht nur das Überleben, sondern meines Erachtens auch die Stärkung ihrer Stellung in der Welt ermöglichen, denn durch die REACH-Verordnung wird Europa künftig die Regeln, Standards und Trends für die chemische Industrie weltweit bestimmen.
Wie alle Rechtsvorschriften stellt auch REACH einen Kompromiss dar, in diesem Fall zwischen Vertretern der Chemieindustrie sowie Verbrauchern, Umweltschützern und Tierschutzvereinigungen. Zudem ist REACH ein Kompromiss zwischen den Vertretern großer Chemiekonzerne und KMU. Als Abgeordneter der Tschechischen Republik, eines mittelgroßen Landes, in dem KMU die Chemieproduktion beherrschen, bin ich davon überzeugt, dass die REACH-Verordnung, wenn die anfänglichen Kosten erst einmal gezahlt sind, die Festigung und Weiterentwicklung dieser KMU sowie die Schaffung von immer mehr Arbeitsplätzen ermöglichen wird. Daher werde ich bei der Abstimmung am Mittwoch für die REACH-Richtlinie stimmen.
Edit Herczog (PSE). – (HU) Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst dem Berichterstatter und all denen gratulieren, die ihn in den letzten Jahren bei seiner Arbeit unterstützt und mit ihren Fragen und ihrer Hilfe zum Abschluss des Berichts beigetragen haben. Ich möchte hervorheben, dass es sich für uns Vertreter der osteuropäischen Länder hier um ein Gesetzgebungsvorhaben handelt, das in zwei bedeutenden Fragen unsere eigenen Vorschläge zum Ausdruck bringt, die wir bei Diskussionen im Ausschuss vorgebracht und auch erfolgreich im Parlament durchgesetzt haben.
Der eine ist der Vorschlag Maltas und Sloweniens, der andere der Ungarns und des Vereinigten Königreichs, die so genannte OSOR-Initiative. Dadurch können die kleinen und mittleren Unternehmen in Ungarn 10 Milliarden Forint einsparen, was ein weiterer Beweis dafür ist, dass es uns gelungen ist, die Überlegungen in Bezug auf den Gesundheits- und Umweltschutz mit der Kosteneffizienz für Kleinunternehmen in Einklang zu bringen.
Aus diesem Grund möchte ich den Kompromiss begrüßen. Als Mitglied des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz freut es mich ganz besonders, dass die Forderung nach Information der Verbraucher letzten Endes in den Kompromissvorschlag aufgenommen wurde. Dies wird meines Erachtens für alle Beteiligten sehr große Bedeutung haben, da wir so die Ergebnisse von REACH beurteilen können. Ich hoffe sehr, dass all das, was wir im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erreicht haben, während der Umsetzung nicht wieder rückgängig gemacht wird. Herzlichen Glückwunsch.
Guido Sacconi (PSE), Berichterstatter. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu all den Auffassungen, auch den kritischsten, die hier geäußert wurden, und zu denjenigen, die für den Gemeinsamen Standpunkt stimmen wollen, ohne das Paket zu unterstützen, durch das er verbessert wird, möchte ich lediglich sagen, dass in diesem Parlament Meinungsfreiheit herrscht und dass wir trotzdem Freunde bleiben werden.
Es gibt jedoch ein Argument, das ich widerlegen muss. Einige sprachen von Hunderten gefährlicher Stoffe, die ungehindert in den Verkehr gebracht werden könnten, und jemand hat sogar behauptet, 90 % der gefährlichen Stoffe würden zugelassen werden, oder anders gesagt, der Kompromiss würde eine Art Lizenz zum Töten erteilen. Diese ganze Verzerrung soll angeblich in der letzten Verhandlungsnacht geschehen sein. Das ist schlicht und ergreifend nicht wahr. Es können lediglich Schätzungen vorgenommen werden, denn erst REACH wird uns die tatsächlichen Zahlen liefern, und den glaubhaftesten Schätzungen zufolge werden etwa 2 500 Stoffe dem Zulassungsverfahren unterzogen werden.
Laut Kompromiss dürften weniger als 200 Stoffe auf der Grundlage der angemessenen Kontrolle zugelassen werden können – die keine Lizenz zum Töten ist, sondern eine Risikobeurteilung voraussetzt. In jedem Falle muss gemäß unserem Kompromiss auch für diese Stoffe, sofern es eine Alternative gibt, ein Substitutionsplan bzw. bei Fehlen einer Alternative ein Forschungs- und Entwicklungsplan vorgelegt werden.
Niemand kann daher bestreiten, dass alle Stoffe, die zugelassen werden, einem Verfahren unterworfen werden, das früher oder später zu ihrer Substitution führen wird. Wenn jemand eine verordnete Substitutionspflicht im Hinterkopf hatte, so wird er wohl über etwas abgestimmt haben, was ich niemals vorgeschlagen habe, und zwar weder in der ersten Lesung noch im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit.
Was ich wirklich nicht hinnehmen kann, ist die Behauptung, der Verhandlungsprozess sei nicht transparent und demokratisch abgelaufen. Ich habe mich vor und nach jeder Verhandlungsrunde mit den Schattenberichterstattern getroffen und sie informiert; und bis zur letzten Runde herrschte ein sehr breites Einvernehmen in Bezug auf das Verhandlungsmandat, das ich am Verhandlungstisch wahrgenommen habe.
Abschließend möchte ich meinem Freund Carl Schlyter dafür danken, dass er mir den Apfel vom vorigen Jahr zurückgegeben hat. Ich werde ihn morgen essen. Er hingegen hat seinen aufbewahrt und er hat mir etwas in einem Glasbehälter gezeigt, was eine regelrechte ökologische Bombe ist. Um beim Obst und Gemüse zu bleiben, möchte ich Ihnen eröffnen, was mich mein alter Lehrer bei den Tarifverhandlungen lehrte. Er war ein alter Arbeiter, der schon viele solcher Verhandlungen hinter sich hatte und dabei viele Opfer bringen musste. Er sagte zu mir: „Du darfst nicht wie eine Nuss sein, außen hart und innen weich; du musst wie ein Pfirsich sein, außen weich und innen hart.“ Das ist die Verhandlungsstrategie, die ich verfolgt habe.
Mauri Pekkarinen, amtierender Ratspräsident. – (FI) Herr Präsident! Ich danke den Abgeordneten für eine sehr interessante und auch sehr offene Aussprache. Es hat hier einige ziemlich deutliche Worte gegeben. Die Diskussion hat gezeigt, dass es im Parlament doch eine Bandbreite von Ansichten über REACH gibt, und warum sollte das auch nicht so sein? Meiner Meinung nach ist dies absolut verständlich und natürlich.
Andererseits hat die Debatte aber auch gezeigt, dass sehr viele Abgeordnete bereit sind, nach dem in dieser Situation bestmöglichen Ergebnis in Form eines Kompromisses zu suchen. Es scheint, als würde der Wunsch, den ich in meinem ersten Redebeitrag ausgesprochen habe, bei der Abstimmung übermorgen, am Mittwoch, wahr werden. Es hat den Anschein, als gäbe es jetzt eine ausreichend große Zahl von Mitgliedern dieses Hohen Hauses, die einen Kompromiss anstreben.
Ich bin sicher und überzeugt, dass der Erfolg dieser Kompromisse darin besteht, dass wir in der Europäischen Union ab jetzt über die progressivsten Rechtsvorschriften für Chemikalien weltweit verfügen. Nach der Abstimmung fängt dann die wirkliche Arbeit an: die Umsetzung der Verordnung. Die praktische Tätigkeit beginnt mit der Prüfung der 30 000 Chemikalien, die es derzeit auf den europäischen Märkten gibt. Ich bin der Überzeugung, dass wir mit dieser Arbeit unseren Kindern, unseren Enkelkindern, der Natur, der Umwelt und unserem gesamten Lebensumfeld einen großen Dienst erweisen.
Mit diesen Worten möchte ich noch einmal allen Mitgliedern des Parlaments, insbesondere dem Berichterstatter, sowie dem Vorsitzenden des Ausschusses und ganz allgemein unseren Partnern im Parlament und in der Kommission danken.
Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte nur zwei kurze Bemerkungen machen. Einige Teilnehmer an der Debatte, die ich im Augenblick aber nicht mehr sehe, haben kritisiert, dass das REACH-Projekt das Schutzniveau für die in der Chemieindustrie Beschäftigten beeinträchtigen würde. Ich muss mit aller Entschiedenheit sagen, dass dies einfach Unsinn ist. REACH kann das Schutzniveau in der Chemieindustrie nicht herabsetzen. Die entsprechenden Arbeitsschutzbestimmungen bleiben vollständig in Kraft. Durch REACH wird nichts erlaubt, was bisher verboten war. Es wird ganz im Gegenteil dazu kommen, dass eine ganze Reihe von Stoffen, mit denen Beschäftigte bisher zu tun hatten, ihnen nicht mehr zugemutet werden. REACH bringt also in jedem Fall für die Sicherheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz eine deutliche Verbesserung. Darum muss ich dieses Argument von Mitgliedern des Hauses, die so tun, als würden sie Arbeitnehmerinteressen vertreten, doch sehr deutlich zurückweisen.
Als zweiten Gesichtspunkt möchte ich erwähnen, dass viele Rednerinnen und Redner mit Recht darauf hingewiesen haben, dass es jetzt darauf ankommt, REACH unbürokratisch, transparent, entschlossen, aber auch vollständig umzusetzen. Das verlangt eine unendliche Zahl von Initiativen, Projekten und Maßnahmen. Ich könnte sie Ihnen aufzählen, aber dazu reicht die Zeit nicht. Ich habe dem Vorsitzenden des Umweltausschusses bereits angeboten, im Februar in den Ausschuss zu kommen und dort ausführlich über die Maßnahmen zu berichten, die die Kommission im Hinblick auf die Umsetzung von REACH entweder bereits unternommen hat oder zu unternehmen plant. Dabei möchte ich ganz besonderen Wert auf die Beantwortung all der Fragen legen, die hier gestellt worden sind und die sich auf Erleichterungen und Hilfestellung für die kleinen und mittleren Unternehmen in Europa beziehen sowie die vielen Hunderttausende von Beschäftigten, die davon betroffen sind.
Stavros Dimas, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich habe die Redebeiträge der Damen und Herren Abgeordneten des Europäischen Parlaments aufmerksam verfolgt und weiß die positiven und konstruktiven Äußerungen und die gut gemeinten Kritikpunkte zu schätzen.
Die Kommission befürwortet die Kompromissänderungsanträge, die einerseits auf erhebliche Verbesserungen beim Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt sowie andererseits auf die Förderung von Innovationen und die Aufrechterhaltung des Wirtschaftswachstums abzielen.
Einer der Kernpunkte der vorliegenden Vereinbarung besteht meines Erachtens – und wie auch Frau Corbey unterstrichen hat – in der Substitution der gefährlichsten Stoffe durch sicherere Alternativen, soweit diese zur Verfügung stehen. Dieser Kompromiss stellt – das kann ich wohl sagen – in gewissen Punkten eine Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission dar. So wird jetzt beispielsweise die Zulassung im Allgemeinen strenger geregelt.
Ich kann voll und ganz befürworten, dass die Unternehmen ihren Zulassungsanträgen auch einen obligatorischen Substitutionsplan für besonders Besorgnis erregende Stoffe – hergestellt oder importiert werden – beifügen müssen, soweit die Unternehmen verfügbare, geeignete Alternativen gefunden haben. Auch stimme ich rückhaltlos zu, dass diese Substitutionspläne maßgebende Faktoren sein sollten, wenn über Zulassungsanträge entschieden wird und derartige Zulassungen dann später überprüft werden.
Die Abstimmung im letzten Oktober im Ausschuss für Umwelt, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit hat vielleicht – wie Herr Bowis meinte – Hoffnungen auf ein noch ehrgeizigeres Ergebnis geweckt. Wie viele andere Redner heute Abend würde auch ich gern auf dem Gipfel des Berges verweilen und hätte mir gewünscht, dass gewisse Fragen in dem Schlusspaket anders geregelt worden wären. So hätten beispielsweise – wie Herr Davies und Frau Hassi unterstrichen – die Bestimmungen für Umweltstoffe, die so genannten endokrinen Hormone, strenger gefasst werden können.
Frau Lucas und andere sehen nicht ein, dass die Möglichkeit, die wissenschaftlichen Bezeichnungen neuer gefährliche Stoffe für sechs Jahre geheim zu halten, vorteilhaft für das Gesamtpaket wäre. Damit wird den Verbrauchern das Recht abgesprochen zu wissen, mit welchen Stoffen sie es zu tun haben, und es macht es auch für die Anwender schwieriger, die Stoffe in den verschiedenen Datenbanken zu finden.
Nicht zuletzt hätte – wie Frau Ek, Frau Ferreira und Andere empfohlen haben – die Verpflichtung, einen Stoffsicherheitsbericht für die gefährlichsten Stoffe aus der unteren Mengenklasse zu erstellen, dazu beitragen können, den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter zu verbessern. Aber, wie Frau Roth-Behrendt betont hat, ein Kompromiss ist nun einmal ein Kompromiss, und dieses Kompromisspaket stellt im Vergleich zur aktuellen Rechtslage eine beträchtliche Verbesserung im Bereich Gesundheits- und Umweltschutz dar.
Die Kommission kann das Kompromisspaket ohne Wenn und Aber unterstützen, und ich hoffe sehr, dass sich das Parlament bei der Abstimmung am Mittwoch für dieses Paket aussprechen wird.
Während des gesamten Verfahrens hat die Kommission alles unternommen, um eine Einigung zwischen dem Rat und dem Parlament zu ermöglichen und ausgewogene Kompromisse zu finden. Wir begrüßen die Annäherung zwischen dem Parlament und dem Rat nachdrücklich und geben dieser Vereinbarung unsere volle Unterstützung, so dass REACH bis Juni 2007 umgesetzt werden kann. Ich möchte Herrn Sacconi und den Schattenberichterstattern nochmals meinen Dank dafür aussprechen, dass sie sich so unermüdlich um diesen Kompromiss bemüht haben.
Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch um 12.00 Uhr statt.