Index 
Ausführliche Sitzungsberichte
PDF 1348k
Dienstag, 12. Dezember 2006 - Straßburg Ausgabe im ABl.
1. Eröffnung der Sitzung
 2. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit (Bekanntgabe der eingereichten Entschließungsanträge): siehe Protokoll
 3. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
 4. Mittelübertragungen: siehe Protokoll
 5. Gesetzgebungs- und Arbeitsprogramm der Kommission 2007 (eingereichte Entschließungsanträge): siehe Protokoll
 6. Russland/EU-Gipfel (eingereichte Entschließungsanträge): siehe Protokoll
 7. Beschluss über die Dringlichkeit
 8. Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit — Finanzierungsinstrument für die Zusammenarbeit mit industrialisierten Ländern und Gebieten sowie mit anderen Ländern und Gebieten mit hohem Einkommen(Aussprache)
 9. Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (Aussprache)
 10. Begrüßung
 11. Abstimmungsstunde
  11.1. Benennung des bulgarischen Mitglieds der Kommission (Abstimmung)
  11.2. Benennung des rumänischen Mitglieds der Kommission (Abstimmung)
 12. Feierliche Sitzung – Verleihung des Sacharow-Preises 2006
 13. Tagesordnung: siehe Protokoll.
 14. Abstimmungsstunde (Fortsetzung)
  14.1. Ernennung des bulgarischen Mitglieds des Rechnungshofs (Abstimmung)
  14.2. Ernennung des rumänischen Mitglieds des Rechnungshofs (Abstimmung)
  14.3. Modalitäten der Beteiligung Islands und Norwegens an der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (Abstimmung)
  14.4. Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich Verbraucherpolitik (2007–2013) (Abstimmung)
  14.5. Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (Abstimmung)
  14.6. Statistische Daten über die Anlandungen von Fischereierzeugnissen in den Mitgliedstaaten (Abstimmung)
  14.7. Wettbewerbsfähigkeit der audiovisuellen Dienste und Informationsdienste: Schutz von Minderjährigen und der Menschenwürde (Abstimmung)
  14.8. Programm Zoll 2013 (Abstimmung)
  14.9. Ein papierloses Arbeitsumfeld für Zoll und Handel (Abstimmung)
  14.10. Erhebungen über die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe (Abstimmung)
  14.11. Zusammenarbeit zwischen den Vermögensabschöpfungsstellen (Abstimmung)
  14.12. Ausgaben im Veterinärbereich (Abstimmung)
  14.13. Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (Abstimmung)
  14.14. Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit (Abstimmung)
  14.15. Zollkodex der Gemeinschaft (Abstimmung)
  14.16. Verkehr mit Mischfuttermitteln (Abstimmung)
  14.17. Statistiken über die Struktur und Tätigkeit von Auslandsunternehmenseinheiten (Abstimmung)
  14.18. Europäisches Instrument für Demokratie und Menschenrechte (Abstimmung)
  14.19. Prävention von Verletzungen und Förderung der Sicherheit (Abstimmung)
  14.20. Finanzierungsinstruments für die Zusammenarbeit mit industrialisierten Ländern und Gebieten sowie mit anderen Ländern und Gebieten mit hohem Einkommen (Abstimmung)
 15. Stimmerklärungen
 16. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 17. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 18. Koordinierung bestimmter Vorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (Aussprache)
 19. Jahresbericht der Europäischen Union über die Menschenrechte (Aussprache)
 20. Haushaltsverfahren 2007: zweite Lesung — Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan — Berichtigungshaushaltsplan 6/2006 (Aussprache)
 21. Tagesordnung: siehe Protokoll.
 22. Fragestunde (Anfragen an die Kommission)
 23. Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (Aussprache)
 24. Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen (Aussprache)
 25. Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich ihrer Emissionen und Zugang zu Reparaturinformationen für Kraftfahrzeuge (Aussprache)
 26. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
 27. Tagesordnung der nächsten Tagung: siehe Protokoll
 28. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: MIROSLAV OUZKÝ
Vizepräsident

 
1. Eröffnung der Sitzung
  

(Die Sitzung wird um 9.00 Uhr eröffnet.)

 

2. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit (Bekanntgabe der eingereichten Entschließungsanträge): siehe Protokoll

3. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll

4. Mittelübertragungen: siehe Protokoll

5. Gesetzgebungs- und Arbeitsprogramm der Kommission 2007 (eingereichte Entschließungsanträge): siehe Protokoll

6. Russland/EU-Gipfel (eingereichte Entschließungsanträge): siehe Protokoll

7. Beschluss über die Dringlichkeit
  

Geänderter Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Auflegung des Programms „Bekämpfung von Gewalt (DAPHNE)“ für den Zeitraum 2007-2013 als Teil des Rahmenprogramms „Grundrechte und Justiz (KOM(2006)0230 – C6-0095/2005 – 2005/0037B(COD))

Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Auflegung des Programms „Grundrechte und Unionsbürgerschaft“ für den Zeitraum 2007-2013 als Teil des Rahmenprogramms „Grundrechte und Justiz“ (KOM(2005)0122 – C6-0236/2005 – 2005/0038(CNS))

Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Auflegung des Programms „Strafjustiz“ für den Zeitraum 2007-2013 als Teil des Rahmenprogramms „Grundrechte und Justiz“ (KOM(2005)0122 – C6-0237/2005 – 2005/0039(CNS))

Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Auflegung des Programms „Ziviljustiz“ für den Zeitraum 2007-2013 als Teil des Rahmenprogramms „Grundrechte und Justiz“ (KOM(2005)0122 – C6-0096/2005 – 2005/0040(COD))

Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008-2013 innerhalb des generellen Programms „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“ (KOM(2005)0123 – C6-0124/2005 – 2005/0046(COD))

Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Außengrenzenfonds für den Zeitraum 2007-2013 innerhalb des generellen Programms „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“ (KOM(2005)0123 – C6-0125/2005 – 2005/0047(COD))

Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Einrichtung des Europäischen Fonds für die Integration von Drittstaatsangehörigen für den Zeitraum 2007-2013 innerhalb des generellen Programms „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“ (KOM(2005)0123 – C6-0238/2005 – 2005/0048(COD))

Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Rückkehrfonds für den Zeitraum 2008-2013 innerhalb des generellen Programms „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“ (KOM(2005)0123 – C6-0126/2005 – 2005/0045(COD))

Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Aufstellung des Programms „Prävention, Abwehrbereitschaft und Folgenbewältigung im Zusammenhang mit Terrorakten“ für den Zeitraum 2007-2013 – Rahmenprogramm „Sicherheit und Schutz der Freiheitsrechte“ (KOM(2005)0124 – C6-0241/2005 – 2005/0034(CNS))

Vorschlag für eine Beschluss des Rates über die Auflegung des Programms „Kriminalprävention und Kriminalitätsbekämpfung“ für den Zeitraum 2007-2013 Rahmenprogramm „Sicherheit und Schutz der Freiheitsrechte“ (KOM(2005)0124 – C6-0242/2005 – 2005/0035(CNS))

 
  
MPphoto
 
 

  Jean-Marie Cavada (ALDE), Vorsitzender des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres. – (FR) Herr Präsident! Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres hat dem Plenum bereits die Berichte von Frau Kudrycka, Frau Segelström und Herrn La Russa betreffend die Legislativvorschläge, zu denen die Kommission die Anwendung des Dringlichkeitsverfahrens verlangt, vorgelegt. Wir halten den mit den anderen Organen erzielten Kompromiss aus politischer Sicht für akzeptabel und stimmen also zu, dass das Plenum sie im Verlaufe dieser Tagung annimmt.

 
  
MPphoto
 
 

  Ewa Klamt, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte für die PPE-DE-Fraktion erklären, dass wir dem voll und ganz zustimmen, und ich denke, dass auch die Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen hier ihre Zustimmung geben können.

 
  
  

(Das Parlament beschließt die Dringlichkeit.)(1)

 
  

(1) Weitere Einzelheiten: siehe Protokoll.


8. Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit — Finanzierungsinstrument für die Zusammenarbeit mit industrialisierten Ländern und Gebieten sowie mit anderen Ländern und Gebieten mit hohem Einkommen(Aussprache)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

- die Empfehlung für die zweite Lesung von Herrn Mitchell im Namen des Entwicklungsausschusses betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit (11944/2/2006 – C6-0357/2006 – 2004/0220(COD)) (Berichterstatter: Gay Mitchell) (A6-0448/2006)

und

- den Bericht von Herrn Martin im Namen des Ausschusses für internationalen Handel über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Schaffung eines Finanzierungsinstruments für die Zusammenarbeit mit industrialisierten Ländern und Gebieten sowie mit anderen Ländern und Gebieten mit hohem Einkommen (11877/2006 – C6-0265/2006 – 2006/0807(CNS)) (A6-0430/2006).

 
  
MPphoto
 
 

  Gay Mitchell (PPE-DE), Berichterstatter. – (EN) Herr Präsident! Mit dieser Verordnung beschäftigen wir uns seit nunmehr zwei Jahren. Bisweilen war der auf dem Parlament lastende Druck nachzugeben, zu teilen, unsere rechtsetzende Rolle aufzugeben, kaum zu ertragen. Überrascht hat mich manchmal, wie bereitwillig einige Abgeordnetenkollegen anderen Institutionen in diesem wichtigen Bereich freie Hand lassen wollen, solange ein kleiner Teil ihrer Interessen oder ihres Einflusses gewahrt bleibt. Ich möchte jedoch meinen Kollegen im Entwicklungsausschuss meine Anerkennung aussprechen. Sie haben – fraktionsübergreifend – nicht zugelassen, dass ein Keil zwischen uns getrieben wird, und sie haben sich schließlich durchgesetzt. Ich möchte außerdem dem Sekretariat des Entwicklungsausschusses und den Sekretariaten jener Fraktionen, die in diesen Verhandlungen konstruktiv mit uns zusammengearbeitet haben, meine Anerkennung aussprechen.

Nachdem wir mit der Ablehnung des Instruments für die Entwicklungszusammenarbeit und die wirtschaftliche Zusammenarbeit (DCECI), wie es ursprünglich genannt wurde und mit dem durch Änderung der Rechtsgrundlage von Artikel 179 auf Artikel 181 Buchstabe a dem Parlament die Mitentscheidungsbefugnisse entzogen sowie entwickelte Länder und Ausgaben für nicht entwicklungsspezifische Maßnahmen in ein Entwicklungsinstrument aufgenommen werden sollten, gedroht hatten, ist es uns gelungen, mit Rat und Kommission ein Instrument auszuhandeln, das vor zwölf Monaten wenige für möglich gehalten hätten, ein Instrument, das die Aktivitäten der EU für die Entwicklungsländer straffen und gleichzeitig die Verantwortlichkeit und Transparenz wahren wird.

Ich möchte mich vor allem bei dem Verhandlungsteam bedanken, das mich zu jenen Gesprächen begleitet hat. Gleichzeitig gilt mein Dank den letzten Ratsvorsitzen für die von ihnen geleistete Arbeit sowie der Kommission für ein gutes Ergebnis. Ich muss jedoch eine Einschränkung machen. Ich glaube, es war Voltaire, der sagte: „Ich missbillige, was Sie sagen, aber ich werde – bis in den Tod – Ihr Recht verteidigen, es zu sagen.“ Ich habe während der gesamten Verhandlungen einen entgegenkommenden Standpunkt vertreten und war deshalb sehr enttäuscht, dass man mir in einem speziellen Punkt nicht entgegengekommen ist.

Es geht nicht darum, die gesundheitlichen Leistungen für bedürftige Frauen abzubauen. Doch wenn man meinen – recht bescheidenen – Änderungsanträgen zugestimmt hätte, hätte dies der Konferenz von Kairo und den damit zusammenhängenden Fragen Rechnung getragen. Angesichts dessen, wie sehr ich mich für einen Kompromiss eingesetzt und andere gesucht und unterstützt habe, hat es mich schon überrascht, dass meine bescheidenen Vorschläge nicht die entsprechende Beachtung erhalten haben. Das war, wie mir scheint, u. a. auf eine schriftliche Empfehlung zurückzuführen, die im Vorfeld meiner Vorschläge die Runde gemacht hat und derzufolge die Politik der PPE feststehe. Wie die Unterschriften zu den Änderungsanträgen heute hier zeigen, ist das nicht der Fall und hätte nicht behauptet werden dürfen, vor allem nicht zu einem derartig heiklen Zeitpunkt kurz vor Abschluss der Verhandlungen.

Ich kann den Inhalt des Gemeinsamen Standpunktes mit dieser einen Einschränkung generell befürworten. Meines Erachtens ist das Ergebnis für uns sehr günstig ausgefallen: Das Parlament hat insofern profitiert, als wir die Mitentscheidung nach Artikel 179, die für uns einen sehr wichtigen Grundsatz darstellt, aufrechterhalten konnten. Es wird sich um befristete Rechtsvorschriften handeln. Dieses Instrument wird das Instrument speziell für Entwicklungspolitik sein; es wird keinen anderen Inhalt haben. Es wird detailliertere Finanzvorschriften geben: Die Finanzvorschriften des Vorschlags stellten für den Ausschuss einen weiteren sehr besorgniserregenden Aspekt dar, denn sie waren extrem allgemein und sehr weit von dem Grad der Detailliertheit entfernt, an den das Parlament als Teil der Haushaltsbehörde gewöhnt war. Das hat sich geändert, und der Gemeinsame Standpunkt sieht nun eine Aufteilung der Mittel auf die einzelnen Programme und in einzelnen Fällen sogar eine Aufteilung innerhalb einzelner Programme vor.

Wir betreten auch Neuland. Das neue DCI wird zum ersten Mal in einem Rechtstext die international anerkannte Definition der Entwicklungspolitik übernehmen, die der Entwicklungshilfeausschuss der OECD festgelegt hat. Eine dem neuen DCI beigefügte Erklärung der Kommission wird ebenfalls zum ersten Mal den Richtwert (Benchmark) enthalten, den der Entwicklungsausschuss seit 2003 anwendet und der bewirken soll, dass der Schwerpunkt verstärkt auf die wichtigen MDG-Sektoren Grundbildung und medizinische Grundversorgung gelegt wird. Die Kommission hat den Richtwert des Ausschusses von 20 % für diese Sektoren nie zuvor akzeptiert und tut das hiermit zum ersten Mal.

Was die demokratische Kontrolle betrifft, so wurden weitere Fortschritte in der Frage des Dialogs zwischen Parlament und Kommission über die Entwürfe von Strategiepapieren erzielt, die jetzt eine wirksame parlamentarische Kontrolle der Umsetzung des DCI ermöglichen sollen. Ich möchte Kommissarin Ferrero-Waldner und Kommissar Michel dafür danken, dass sie dies mir und dem Ausschussvorsitzenden gegenüber schriftlich bestätigt haben. Das Parlament möchte und braucht sich nicht am Mikromanagement zu beteiligen, aber es gibt uns die Möglichkeit, uns im Rahmen der von uns gewählten Strukturen frühzeitig einzuschalten. Das trägt wesentlich zur Verbesserung der Rolle des Parlaments im gesamten Bereich der Transparenz und Verantwortlichkeit bei.

Mit der von mir erwähnten Ausnahme halte ich den Gemeinsamen Standpunkt des Rates für ein sehr gutes Ergebnis für das Europäische Parlament. Wie ich bereits eingangs sagte, bezweifle ich stark, dass noch vor zwölf Monaten irgendjemand gedacht hätte, dass wir so viel erreichen würden. Aber das macht deutlich, dass wir gemeinsam mit den anderen Institutionen ein sehr gutes Instrument erarbeiten können, das zudem den Schutz der Vorrechte dieses Hauses gewährleistet, wenn das Parlament zusammenhält, wenn die verschiedenen Fraktionen nicht zulassen, dass man einen Keil zwischen sie treibt, und wenn sie entschlossen sind, die Befugnisse dieses Hauses nicht aus der Hand zu geben.

 
  
MPphoto
 
 

  David Martin (PSE), Berichterstatter. – (EN) Herr Präsident! Bevor ich mich meinem Bericht zuwende, möchte ich Herrn Mitchell zu seinem Bericht gratulieren. Bekanntlich waren diese beiden Instrumente ursprünglich ein einziges Instrument, und der Entwicklungsausschuss argumentierte zu Recht für eine Trennung dieser beiden Bereiche, denn wir haben hier Birnen mit Äpfeln vermischt. Das Entwicklungsinstrument zielt im Wesentlichen auf die Förderung der Interessen von Entwicklungsländern ab. Bei dem wirtschaftlichen Instrument, für das ich zuständig bin, geht es – nicht ausschließlich, aber doch hauptsächlich – um die Förderung der Interessen der Europäischen Union. Folglich war es falsch, diese beiden Ziele in einem Instrument zusammenzufassen. Der Entwicklungsausschuss hatte Recht mit seiner Forderung nach zwei getrennten Instrumenten, und er hatte auch Recht mit seiner Forderung, dass das Europäische Parlament zumindest im gleichen Maße wie im Rahmen der zahlreichen bereits existierenden Instrumente involviert sein sollte. Ich möchte Herrn Mitchell demzufolge zu seinem Bericht beglückwünschen.

Ich komme jetzt zu meinem Bericht, der sich im Vergleich zu den anderen externen Instrumenten unbedeutend ausnimmt, aber dennoch ein äußerst wichtiges Instrument dieser Europäischen Union darstellt. Es erweitert erstens den Rahmen der bereits existierenden Instrumente in geografischer Hinsicht: Die jetzigen Instrumente erstrecken sich auf lediglich sechs Länder. Das neue Instrument wird sich auf 17 Länder erstrecken. Es stellt auch in Bezug auf die Ziele eine Ausweitung dar, und angesichts der Ausweitung im Hinblick auf die Ziele und den geografischen Geltungsbereich sollte es auch einen höheren Haushalt aufweisen. Es ist zwar das kleinste der externen Instrumente, aber es ist dennoch ein sehr wichtiges Instrument.

Im Mittelpunkt steht die Förderung der Interessen der EU in Industrieländern, und es baut auf dem sehr erfolgreichen Schulungsprogramm für japanische und koreanische Führungskräfte „Executive Training Programme“ (ETP) und das EU-Programm „Gateway to Japan“ auf. Beide Programme waren Gegenstand einer von der Kommission finanzierten Studie, die ergab, dass sie den Zugang für europäische Unternehmen in Japan und Korea verbessert und das Profil der Europäischen Gemeinschaft in diesen beiden Ländern gestärkt haben. Damit allein haben sie sich schon gelohnt.

Das neue Programm wird vor allem die folgenden fünf Zielsetzungen verfolgen: Fortsetzung der öffentlichen Diplomatie und Sensibilisierung; Förderung von Wirtschaftspartnerschaften und Unternehmenskooperationen; Kontakte zwischen Bürgern, vor allem durch Kooperation im Bildungswesen; Förderung des Dialogs und schließlich die Evaluierung kleinerer Kooperationsprojekte, um kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zu Märkten in Drittländern zu erleichtern. All das sind sehr lohnende Zielsetzungen.

Der Ausschuss für internationalen Handel hat sich bei seinem Ansatz auf drei Dinge konzentriert. Erstens haben wir in Anbetracht der Tatsache, dass der Geltungsbereich des Programms von sechs auf 17 Länder ausgedehnt wurde, darauf bestanden, dass es innerhalb des Programms Differenzierungsmöglichkeiten gibt. Man kann bei einem Programm wie diesem nicht alle über einen Kamm scheren. Ich freue mich feststellen zu können, dass die Kommission die Ansicht teilt, dass das Programm länderspezifisch angelegt werden sollte, anstatt ein Einheitsprogramm für 17 Länder zu verfolgen.

Wir haben ferner Änderungsanträge vorgelegt, um zu gewährleisten, dass dieses Programm die anderen Instrumente, die wir entweder heute oder zu einem späteren Zeitpunkt verabschieden werden, ergänzt.

Außerdem haben wir angesichts der Ausweitung des Programms auf der Aufnahme einer Menschenrechtsklausel und einer Rechtsstaatlichkeitsklausel in diese Instrumente bestanden. Auch diesbezüglich haben Rat und Kommission ihre Bereitschaft signalisiert, diese Änderungsanträge zu akzeptieren.

Ferner stelle ich mit Freude fest, dass sich der Rat bereit erklärt hat, die beiden interinstitutionellen Vereinbarungen zur Haushaltsdisziplin und zur demokratischen Kontrolle beizufügen, obwohl es sich im Gegensatz zu Herrn Mitchells Bericht lediglich um ein Verfahren der Konsultation und nicht der Mitentscheidung handelt. Außerdem stimmt er einer stärker als ursprünglich vorgesehenen Einbeziehung des Parlaments zu und akzeptiert, dass das Parlament in vollem Umfang konsultiert wird, sollte das Programm in Bezug auf seinen geografischen Geltungsbereich oder seine Zielsetzungen geändert werden. Die Kommission hat sich ferner bereit erklärt, die mehrjährige Planung zum Zwecke der Konsultation des Parlaments vorzuziehen. Die Einbeziehung des Parlaments wurde also beträchtlich ausgebaut.

Abschließend möchte ich feststellen, dass es durchaus möglich ist, dass der Rat dieses Instrument in exakt der Form annimmt, in der es das Parlament verlässt, wenn wir heute sämtliche Änderungsanträge annehmen. Das wäre eine bemerkenswerte Leistung, wenn man bedenkt, dass es sich lediglich um ein Konsultationsverfahren handelt. Ich möchte mich bei der Kommission für die ausgezeichnete Zusammenarbeit bedanken. Vor allem danke ich dem finnischen Ratsvorsitz, der bei diesem im Vergleich zu anderen Instrumenten relativ unbedeutenden Instrument umfassend mit dem Parlament zusammengearbeitet, uns stets über seinen Standpunkt auf dem Laufenden gehalten und Kompromisse geschlossen hat. Wir haben Kompromisse mit dem Ratsvorsitz geschlossen. Meines Erachtens liegt uns nunmehr ein sehr funktionsfähiges Instrument vor, und ich bedanke mich bei allen Institutionen für ihre Zusammenarbeit.

 
  
MPphoto
 
 

  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Diese Dezembertagung stellt einen Meilenstein für die Erarbeitung eines effektiven und gestrafften Rechtsrahmens für die externen Ausgaben der Gemeinschaft dar. Ich muss sagen, dass es mir eine Ehre ist, die Kommission bei dieser Tagung zu vertreten, zumal wir kurz vor dem Abschluss der Verhandlungen über die vier verbleibenden Instrumente für den Einsatz der externen Ausgaben für den Zeitraum von 2007 bis 2013 stehen.

Wir sind seit Vorlage dieser Vorschläge durch die Kommission vor zwei Jahren ein gutes Stück vorangekommen. Die neue vereinfachte Architektur war der erste Versuch, sämtliche Instrumente für die externen Ausgaben zu straffen. Das hatte für die Kommission höchste Priorität, denn es galt, unsere Effizienz und Kohärenz sowie die unserer externen Aktionen insgesamt zu erhöhen.

Obwohl sowohl das Parlament als auch der Rat den Vereinfachungsprozess begrüßten, lösten diese Vorschläge eine sehr lebhafte Debatte aus. Schon bald, nachdem das Parlament seine Arbeit aufgenommen hatte, wurden wichtige Fragen aufgeworfen. Ich weiß die Bemühungen des Parlaments und aufeinander folgender Ratsvorsitze um konstruktive Lösungen für die Probleme, auf die wir mit diesen innovativen Vorschlägen gestoßen sind, sehr zu schätzen. Höhepunkt dieser Bemühungen war ein erfolgreicher Trilog im Juni 2006, als eine generelle Einigung über die Architektur der externen Finanzierungsinstrumente erzielt wurde.

Wir haben Ihrem Bemühen um die Erhaltung eines ausgeprägten Entwicklungsschwerpunkts für das Instrument der Entwicklungszusammenarbeit Rechnung getragen, indem wir der Herauslösung des Instruments für die Zusammenarbeit mit den Industrieländern zugestimmt haben. Außerdem wurde ein spezielles Menschenrechtsinstrument geschaffen.

Mit Blick auf weitere Bedenken Ihrerseits haben wir einer Annahme der Instrumente, soweit der Vertrag dies zulässt, im Rahmen der Mitentscheidung zugestimmt, und es wurde ein gesondertes Instrument für die Zusammenarbeit im Bereich der nuklearen Sicherheit geschaffen, sodass das Stabilitätsinstrument aus der Konsultation in die Mitentscheidung überführt werden kann. Damit fallen insgesamt vier der sieben neuen Instrumente in den Bereich der Mitentscheidung, und das Parlament erhält mehr Regelungsbefugnisse im Bereich der externen Ausgaben als je zuvor.

Was das Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit angeht, das das Fundament dieser Architektur bildet, so weiß ich die fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Parlament vor allem während der letzten fünf Monate sehr zu schätzen. Ich danke Herrn Mitchell, dem Berichterstatter, für die zentrale Rolle, die er in Bezug auf den positiven und rechtzeitigen Abschluss der Verhandlungen gespielt hat. Mein Dank gilt ferner dem Verhandlungsteam des Entwicklungsausschusses. Der Kompromiss stellt so, wie er sich im ausgehandelten Gemeinsamen Standpunkt des Rats widerspiegelt, eine äußerst ausgewogene Lösung dar. Ich freue mich, dass der Entwicklungsausschuss diesen Kompromiss gebilligt und empfohlen hat, den ausgehandelten Gemeinsamen Standpunkt des Rates in zweiter Lesung zu billigen.

Wie vom Parlament gefordert, sieht das Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit nunmehr indikative Mittelzuweisungen, eine Halbzeitüberprüfung und einen Zeitpunkt für das Auslaufen der Regelung vor. In Bezug auf die neuen unter die Mitentscheidung fallenden Instrumente haben wir uns zudem darauf geeinigt, dass das Parlament vor unserer Überprüfung die Funktionsweise der Instrumente prüfen sollte, um potenzielle Schwachstellen in der Anwendung zu ermitteln. Die Kommission würde dann den Bericht des Parlaments bei der Überprüfung der Instrumente berücksichtigen. Diese Überprüfung sollte 2009 stattfinden. In Erwiderung auf das Schreiben der Vorsitzenden des Entwicklungsausschusses, Frau Morgantini, freue ich mich bestätigen zu können, dass dieser Überprüfungstermin auch für das Instrument für Entwicklungszusammenarbeit gilt.

Im Vergleich zum Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit bleibt das Instrument für die Zusammenarbeit mit industrialisierten Ländern – wenn man die haushaltspolitische Bedeutung als Maßstab ansetzt – hinter anderen Instrumenten in diesem Bereich zurück. Dennoch sollten seine Bedeutung und sein Nutzen im Hinblick auf die Stärkung der Rolle der Europäischen Union in der Welt nicht unterschätzt werden. Dieses Instrument wird sogar das Bestreben der EU, sich zu einem einflussreicheren Akteur auf der Weltbühne zu entwickeln, direkt befördern, indem es nämlich einen Rahmen schafft, innerhalb dessen wir mittels konkreter Initiativen unsere Beziehungen zu führenden Industrienationen ausbauen, Gemeinschaftsinteressen fördern und über die EU informieren können.

Seit Juni arbeiten der Berichterstatter, der finnische Ratsvorsitz und die Kommission eng zusammen, um eine rechtzeitige Verabschiedung des Instruments zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die Ansichten jeder Institution ordnungsgemäß berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang möchte ich David Martin, dem Berichterstatter, sowie dem Ausschuss für internationalen Handel meinen Dank für ihre Mühe und den Kooperationsgeist aussprechen, den sie bei der zügigen Bearbeitung des Dossiers bewiesen haben.

Dank dieses kontinuierlichen Dialogs war es möglich, die Ansichten des Parlaments in die vorbereitenden Diskussionen im Rat einfließen zu lassen, die parallel zur parlamentarischen Arbeit stattfanden, und – dank dieses kooperativen Ansatzes – ohne die Ansichten der Kommission zu berühren oder die Zuständigkeiten des Rates zu beeinträchtigen.

Ich bin recht zuversichtlich, dass sich Schlüsseländerungsanträge im endgültigen Text wiederfinden werden, und zwar vor allem Verweise auf die Kernwerte der Gemeinschaft wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte; Schutz der Gemeinschaftsinteressen; strengere Evaluierungs- und Berichterstattungsbestimmungen für die genaue Festsetzung eines indikativen Finanzrahmens für den Zeitraum 2007-2013 oder die Aufnahme einer Überprüfungsklausel. Zusätzliche redaktionelle Änderungen werden den endgültigen Text stärker an die vom Parlament vorgeschlagenen Formulierungen und die bereits in anderen Instrumenten über externe Aktionen vereinbarten Formulierungen anpassen, um einen einheitlichen Stil zu gewährleisten.

Ich hoffe, dass die heutigen Abstimmungen über das Instrument für Entwicklungszusammenarbeit zu einem positiven Ergebnis kommen werden. Das würde der Kommission die Aufnahme ihrer Arbeit ab 1. Januar sowie die unverzügliche Bereitstellung der so dringend benötigten Außenhilfe ermöglichen. Mit einer Einigung über die verbleibenden Legislativvorschläge kann die Europäische Union die Wirksamkeit ihrer externen Ausgaben erheblich verbessern und vor allem ihre Präsenz in der Welt unterstreichen und damit ihrer Rolle als einer der wichtigsten Geber im Bereich Entwicklungshilfe gerecht werden.

Ich begrüße ferner die positive Haltung zum Instrument für die Zusammenarbeit mit industrialisierten Ländern, die in dem heute dem Parlament vorgelegten Bericht zum Ausdruck kommt. Ich kann Ihnen zusichern, dass der endgültige Text, den der Rat demnächst beschließen wird, den Tenor der Entschließung des Parlaments widerspiegeln wird. Das ist Ausdruck unserer Bereitschaft, konstruktiv mit dem Parlament an diesem Dossier zu arbeiten. Davon wird auch die Umsetzung der Zusammenarbeit mit industrialisierten Ländern gekennzeichnet sein.

 
  
MPphoto
 
 

  Syed Kamall, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte der Kommissarin wie auch dem Berichterstatter für seine Arbeit an diesem Bericht und seine Kooperationsbereitschaft danken.

Der Berichterstatter und ich scherzen oft, dass es im Bereich des internationalen Handels kaum Punkte gibt, in denen wir gegensätzlicher Meinung sind. Und auch im Rahmen der Schattenberichterstattung gab es kaum Reibungspunkte, was u. a. darauf zurückzuführen ist, dass der Berichterstatter ein wahrer Experte auf diesem Gebiet ist und sich mit dieser Thematik bereits in einer Reihe anderer Berichte befasst hat. Ich möchte ebenfalls betonen, wie gut die Zusammenarbeit war und dass ich im Verlaufe dieses Prozesses eine Menge vom Berichterstatter gelernt habe. Eines Tages werde ich einen Punkt finden, in dem ich ihm widersprechen kann, aber vorerst sollten wir uns auf die Sache selbst konzentrieren.

Wir alle sind uns darin einig, dass der Vorschlag gestrafft und präzisiert werden sollte. Es ist unbedingt erforderlich, die strategischen Interessen der EU zu definieren, und ich begrüße die dazu im Ausschuss angenommenen Änderungsanträge. Wir müssen ferner für Einheitlichkeit bei den Finanzierungsinstrumenten sorgen. Ich habe dazu eine Reihe von Gesprächen mit dem Berichterstatter geführt und freue mich sehr, dass diese angenommen wurden.

Der andere Bereich ist die Überprüfungsklausel. Es ist sehr wichtig zu entscheiden, ob dieses Instrument vor Ablauf der laufenden Wahlperiode des Parlaments oder nach den Europawahlen 2009, wenn sich die Zusammensetzung des Parlaments ändern wird, geprüft werden soll. Die neuen Abgeordneten werden nicht über unsere Sachkenntnis in dieser Angelegenheit verfügen, und deshalb wäre mir eine Überprüfung vor Ablauf der laufenden Wahlperiode lieber gewesen.

Abschließend ein Wort zu Menschenrechten und Demokratie. Hier liegt der Bericht absolut richtig, und zwar gerade in Bezug auf unsere Zusammenarbeit mit entwickelten Ländern. Bleibt zu hoffen, dass wir diese Ziele im Rahmen unserer Handelsabkommen weiterverfolgen und unsere Zusammenarbeit mit unseren Partnern fortsetzen können.

 
  
MPphoto
 
 

  Margrietus van den Berg, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Mit dem neuen Entwicklungsinstrument erhalten wir endlich ein Entwicklungsgesetz, das die Millenniums-Ziele in den Mittelpunkt stellt, die ein Versprechen darstellen, das wir Millionen von Kindern in Afrika gegeben haben, ein Versprechen auf Bildung und Gesundheitsversorgung. Leider sieht die bittere Realität so aus, dass die Millenniums-Ziele in Afrika in den vergangenen Jahren eher aus dem Blick geraten als näher gekommen sind. Und aus eben diesem Grund waren wir in der Debatte über das vorliegende Finanzierungsinstrument derart hartnäckig.

Anderthalb Jahre haben wir lang und hart über dieses neue Rechtsinstrument verhandelt; das war eine beachtliche Leistung und, wie sich herausgestellt hat, nicht vergebens. In den nächsten sieben Jahren verfügen wir über ein eindeutiges Europäisches Entwicklungsgesetz, das mit einem klaren thematischen Programm und einem geografischen Programm, die sich zusammen auf fast 70 Milliarden belaufen, die Richtung vorgibt. Damit setzen wir 16 verschiedenen Regelungen, die sich kaum durchführen und überwachen lassen, ein Ende. Das neue Gesetz setzt zwei klare Prioritäten, die Millenniums-Ziele, und innerhalb dieser Ziele Bildung und Basisgesundheitsversorgung, kurzum, Gebiete, auf die es tatsächlich ankommt.

Die Kampagnen, die wir initiiert haben, um dies zu erreichen, waren nicht vergebens. Wir haben Aktionen mit Schulgewerkschaften und zahlreichen anderen Organisationen aus dem Bildungsbereich, einschließlich Education International, geführt, um Bildung in den Europäischen Entwicklungsprogrammen stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Gleiches gilt für unsere Kampagnen mit Gesundheitsarbeitern zur Verdopplung der Ausgaben für die Basisgesundheitsversorgung. Endlich hat die Kommission jetzt offiziell mindestens eine Verdopplung der Ausgaben bis 2008 zugesagt, wobei mindestens 20 % des geografischen Budgets für Bildung und Basisgesundheitsversorgung verwendet werden. Einschließlich der thematischen Dimension des Gesetzes beläuft sich der Betrag auf mehr als 2,5 Milliarden Euro.

Mit diesem neuen Finanzierungsinstrument kann Europa mit seinen Mitgliedstaaten jetzt etwas in Afrika bewegen. Nach wie vor können dort mehr als 45 Millionen Kinder keine Schule besuchen, und Millionen von Patienten, vor allem Mädchen, müssen ohne Basisgesundheitsversorgung auskommen. 2015 werden sie in den Genuss der Bildung und Gesundheitsversorgung kommen, auf die sie Anspruch haben. Damit endet der Kampf, den ich gemeinsam mit meiner Fraktion von dem Augenblick an geführt habe, an dem ich 1999 in das Europäische Parlament einzog. Mein Dank gilt allen europäischen Bürgern und Organisationen, die mir hierbei geholfen haben, von „STOP AIDS Alliance“ bis „Bono“ – vielen Dank!

Am 1. Januar 2007 beginnen wir ein neues Kapitel, nämlich die Durchführung dieser Rechtsvorschrift mit all ihren Grundsätzen und Zusagen. Der Entwicklungsausschuss wird dem einen erheblichen Teil seiner Parlamentszeit widmen, und zwar sowohl bei der Planung nationaler Maßnahmenprogramme als auch bei der Überwachung ihrer Implementierung. Wir wollen keine Unverbindlichkeit, sondern hundertprozentiges Engagement aller Parteien. Deshalb nehmen wir nicht hin, dass die Programmplanung bis 2008 bereits abgeschlossen sein soll. Konsultationen mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und Parlamenten dort sowie NRO und dem Europäischen Parlament hier müssen gemäß den neuen Vereinbarungen stattfinden. Dazu ist die Kommission ab 1. Januar gesetzlich verpflichtet. Ich nehme an, die Kommissarin geht mit mir darin konform und ist bereit, dies vorbehaltlos zu bestätigen.

Vor zehn Tagen drohte die Finanzierung des Globalen Fonds wieder einmal die getroffenen Vereinbarungen über den thematischen Teil des Gesetzes von 2007 zu gefährden. Erfreulicherweise erklärte die Kommission in einem Brief vom 8. Dezember, an der Vereinbarung hinsichtlich der thematischen Programmplanung für 2007 festhalten zu wollen. Es wäre schön, wenn die Kommissarin dies bestätigen und damit die Gemüter der 23 NRO beruhigen würde, die Präsident Barroso dieses Wochenende einen Dringlichkeitsbrief in dieser Angelegenheit überreichen werden. Ich wünsche dem Präsidenten, Herrn Mitchell, dem Rat und der Kommission viel Glück mit diesem Erfolg. Außerordentlich dankbar bin ich ihnen auch für die intensive Zusammenarbeit. Ich hoffe, das Parlament wird den Änderungsantrag zur Annullierung ablehnen, denn meines Erachtens haben wir deutlich gemacht, dass wir keine weiteren Änderungsanträge akzeptieren. Dieses Gesetz ist es, lassen Sie es uns zu einem Erfolg machen.

 
  
MPphoto
 
 

  Danutė Budreikaitė, im Namen der ALDE-Fraktion. (LT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit und die wirtschaftliche Zusammenarbeit, den die Europäische Kommission dem Europäischen Parlament vor zwei Jahren vorgelegt hatte, war das Parlament nicht zufrieden. Die Verordnung sah eine Beschneidung der allgemeinen Entscheidungsbefugnisse des Europäischen Parlaments vor, und die Grundsätze der Politik im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit wurden nicht beachtet, denn Maßnahmen für Entwicklungsländer wurden mit Maßnahmen für Industriestaaten vermischt.

Heute erörtern wir in zweiter Lesung ein umbenanntes Dokument betreffend eine Verordnung des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission zur Schaffung eines Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit.

Der Entwicklungsausschuss legte besonderen Wert auf ein Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit ausschließlich für Entwicklungsländer.

Das für die zweite Lesung vorgelegte Dokument stellt wirklich einen zwischen Europäischem Parlament, Europäischem Rat und Europäischer Kommission erzielten Kompromiss dar, der in trilateralen Gesprächen ausgehandelt wurde. In den neuen Vorschlag wurden sowohl die Konsensregel als auch die Forderung nach Haushaltstransparenz und Rechenschaftspflicht gegenüber dem Parlament wieder aufgenommen; frühere Haushaltspositionen wurden ebenso wieder einbezogen wie detaillierte Finanzleitlinien und spezifische Bestimmungen zur Entwicklungszusammenarbeit.

Hervorzuheben ist, dass wir uns auf Artikel 179 EG-Vertrag als Rechtsgrundlage verständigt haben, da eine allgemeine Definition der Zusammenarbeit zum Zweck der Entwicklungsförderung und eine allgemeine Auswahl von Maßnahmen entsprechend den geografischen und thematischen Programmen durch Konsens gewährleistet ist.

Die geografischen Programme gelten für Lateinamerika, Asien, Zentralasien, den Nahen Osten und Südafrika.

Zu den thematischen Programmen gehören zum Beispiel Maßnahmen in den Bereichen Investitionen in Menschen, Umwelt und nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen einschließlich Energie, Beteiligung nichtstaatlicher Organisationen und lokaler Behörden am Entwicklungsprozess, Ernährungssicherheit sowie Migration und Asyl.

Erfreulicherweise wurde eine Einigung über die Finanzierung von Grundbildung und medizinischer Grundversorgung erzielt und vereinbart, mehr als 20 % der Mittelzuweisungen für die Entwicklung für diese Zwecke einzusetzen, die zu den Prioritäten des Entwicklungsausschusses gehören.

Die Kommission hat sich verpflichtet, die Umsetzung intensiver und genauer zu überwachen. Wir hatten regelmäßig den Eindruck, dass es in dieser Hinsicht bei der Bestätigung der Haushaltsausführung Defizite gibt.

Die Verordnung über ein Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit ersetzt 16 Rechtsakte; damit kommen wir der Verbesserung und Vereinfachung des EU-Rechts ein gutes Stück näher.

Ich empfehle, die Verordnung ohne Zusätze oder Änderungen anzunehmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Gabriele Zimmer, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident, meine Damen und Herren, Herr Berichterstatter! Parlament, Rat und Kommission haben lange Zeit um das künftige Instrument zur Entwicklungsfinanzierung gerungen. Am Ende wurde tatsächlich ein weitgehend tragfähiger Kompromiss gefunden. Das neue Instrument soll uns beim Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele weiterhelfen. Damit kann ein sehr wichtiges Ziel, das wir hier im Europäischen Parlament und auch im Ausschuss immer wieder vertreten haben, tatsächlich weitergebracht werden. Das halte ich angesichts der kürzlich von der UNO veröffentlichten Einschätzung über die bisherige Wirksamkeit, vor allem im Kampf gegen die Armut, für ein sehr wichtiges Zeichen der Europäischen Union.

Es zeigt sich, dass sich das Engagement des Berichterstatters, des Kollegen Mitchell, und auch des gesamten Entwicklungsausschusses zur Veränderung der ursprünglich vorgelegten Verordnung sehr wohl gelohnt hat. Mit Änderungsanträgen haben sich demzufolge auch im Sinne des Kompromisses alle Fraktionen zurückgehalten, nur der Berichterstatter nicht. Leider muss ich hier am Berichterstatter heftig Kritik üben. Herr Mitchell, Sie unterstützen nicht nur Bemühungen um den Wortlaut des erzielten Kompromissantrages, wie Sie es angekündigt haben, sondern Sie stellen gleich selbst die entsprechenden Anträge. Ihre Änderungsanträge sind für mich gleich in mehrfacher Hinsicht sehr schwierig und empörend: Sie fordern nichts Geringeres als die Streichung der Reproduktionsgesundheit von Frauen als Ziel der Entwicklungszusammenarbeit. Mit Ihren Anträgen zur Streichung der Erwägung 18 und von Passagen der Artikel 5 und 12 streichen Sie nicht nur die Ihnen unliebsamen Formulierungen, wie Sie es angekündigt haben, sondern Sie streichen damit gleichzeitig auch weitere Ziele: das Recht auf eine risikofreie Mutterschaft und auf einen allgemeinen Zugang zu umfassender, sicherer und zuverlässiger Fürsorge und Dienstleistung im Bereich der reproduktiven sexuellen Gesundheit, die Verringerung der Kindersterblichkeit sowie die Bekämpfung armutsbedingter Krankheiten, insbesondere HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria. Damit setzen Sie sich nicht nur über den gefundenen Kompromiss hinweg. Sie ignorieren damit auch die Weltmeinung, wie sie auf den UN-Konferenzen zur Bevölkerungsentwicklung in Kairo und auch zur Situation von Frauen in Beijing formuliert wurde, und damit auch die Definition der WHO. Das halte ich für einen Skandal, und meiner Meinung nach wäre es eine absolute Blamage, wenn das Parlament morgen Ihren Änderungsanträgen folgen sollte. Meine Fraktion wird sie aus tiefster Überzeugung ablehnen.

Die Zusammenfassung der bisher sehr wirren Förderungsmöglichkeiten der EU in einem einzigen Instrument halte ich für sehr sinnvoll. Das Ergebnis darf jedoch nicht sein, dass wichtige Themen einfach wegfallen. Da Sie nun von Ihrer Seite den Kompromiss in Frage stellen, kann ich Ihnen bereits ankündigen, dass meine Fraktion künftig insbesondere einen Aspekt des neuen Finanzierungsinstruments immer wieder hinterfragen wird: die Finanzierung der Abwehr illegaler Migration und verstärkter Grenzkontrollen aus Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit.

Was unter Artikel 16 Ziffer 2 Buchstabe c in diesen Kompromiss hineingemogelt wurde, pervertiert nahezu den gesamten positiven Ansatz der thematischen Linie der Migrations- und Asylpolitik, wie er in den anderen Passagen von Artikel 16 formuliert ist.

Meine Fraktion wird dabei sicherlich einen besonders positiven Aspekt des neuen Instruments nutzen, nämlich die verbesserte Mitwirkungsmöglichkeit des Parlaments gegenüber Rat und Kommission. Auf Drängen von Rat und Kommission wird der Entwicklungsfinanzierung künftig ein bedeutender Aspekt hinzugefügt, nämlich der Handel. Auch wenn bereits der Einleitungstext des neuen Instruments die Bedeutung von Handelskapazitäten der Entwicklungsländer hervorhebt, werden wir doch genau darauf achten, nicht wieder in eine neue Dekade der verdeckten Außenwirtschaftsforderung zu kommen. Wenn Sie dabei den Ländern des Südens nur helfen wollen, die in Europa benötigten Rohstoffe störungsfrei an Europa zu verkaufen, werden wir das hinterfragen und auch kritisieren. Nicht der Ausverkauf der Rohstoffe, sondern der faire Handel mit verarbeiteten Gütern bietet den Gesellschaften des Südens eine Chance zur Überwindung der Armut. Der Präsident der Europäischen Investitionsbank, Philippe Maystadt, warnte vor zwei Wochen in der Financial Times, dass im Wettbewerb mit chinesischen oder russischen Unternehmen um die Rohstoffe in Afrika die politischen Bedingungen, die Europa an Finanzierungen stellt, zu hoch seien. Wohin führt dieses Argument? Dulden wir dann nicht auch wieder Sklavenarbeit, nur um den Kampf um die Rohstoffe nicht zu verlieren? Ich finde es sehr bemerkenswert und begrüße es außerordentlich, dass im jetzigen Finanzierungsinstrument und in unserem Kompromiss festgeschrieben ist, dass Kriterien wie „decent work“, zu denen sich auch das Europäische Parlament in Kürze mit einem Bericht äußern wird, eingehalten werden müssen. Ich glaube, dass dies auch ein sehr wichtiges Zeichen in Bezug auf Forderungen ist, die Europäische Union solle künftig nicht mehr so hohe politische Ansprüche stellen, um die Armut zu bekämpfen und die Entwicklung voranzutreiben, denn dies halte ich für einen falschen Weg.

Nutzen wir stattdessen das neue Instrument und die Erkenntnisse bezüglich der Bedeutung von Kohärenz und der Politik, um bessere Angebote zu machen. Aus Bauxit soll vor Ort Aluminium werden, aber nach ökologisch vertretbarer Methode und zu würdigen Arbeitsbedingungen und Löhnen. Das neue Instrument taugt dann etwas, wenn es auf den Gebieten Bildung und Gesundheit die Rahmenbedingungen schafft, ohne die eine produktive Wirtschaftsleistung im Dienste der örtlichen Gesellschaft gar nicht mehr möglich ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Konrad Szymański, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Unser privilegierter und reicher Teil der Welt trägt eine große Verantwortung für jene Menschen, die Hunger leiden und keine Aussicht auf Entwicklung haben. Natürlich kann die von uns für diese Menschen bereitgestellte Hilfe nicht alle ihre Probleme lösen, die zum Teil tiefere, politische Ursachen haben. Sie kann jedoch zur Lösung von Krisen beitragen.

Ich denke, wir alle wissen um unsere humanitären Pflichten, und das verleiht uns sehr viel Kraft. Umso energischer lehne ich die Einführung von Regelungen im Zusammenhang mit den so genannten reproduktiven und sexuellen Rechten ab, die einer politischen und finanziellen Unterstützung der Abtreibung durch uns gleichkommen. Dieser Vorschlag war im ursprünglichen Entwurf der Europäischen Kommission nicht enthalten und wurde erst durch dieses Parlament eingeführt.

Das sendet ein sehr negatives Signal an all jene Europäer aus, die Abtreibungen aus moralischen Gründen ablehnen und nicht für Aktivitäten aufkommen wollen, die sich hinter der Fassade von Fachbegriffen wie „reproduktive Rechte“ verstecken. Damit wird doch allenfalls die gemeinsame Front gegen Armut unterminiert und die europäische Integration geschwächt. Wollen wir das wirklich? Können wir wirklich das Gewissen vieler Christen ignorieren, nur weil wir gegenwärtig in der Minderheit sind? Wir lassen sie heute eindeutig wissen, dass sie beim europäischen Projekt keine Rolle mehr spielen. Deshalb fordere ich Sie auf, die Änderungsanträge 1, 2 und 3 zu unterstützen. Ohne diese Änderungsanträge bin ich nicht in der Lage, für diesen Bericht zu stimmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Hélène Goudin, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Meiner Meinung nach gibt es hier im Parlament einen großen Eifer, sich zu allem zwischen Himmel und Erde zu äußern. Die Spannweite der zu bearbeitenden Themen reicht von bedeutenden Fragen wie der Chemikaliengesetzgebung bis hin zu weniger wichtigen Angelegenheiten wie der Standardisierung von Scheibenwischern. Jetzt diskutieren wir also das Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit der EU. Ich bin davon überzeugt, dass alle meine Kollegen im Entwicklungsausschuss eine Verringerung der Armut in der Welt anstreben, damit die betroffenen Menschen weltweit ein erträgliches Leben führen können. Das trifft, glaube ich, auch auf die meisten Kollegen in diesem Hohen Hause zu. Ich möchte Sie jedoch bitten, einmal einen Augenblick innezuhalten und nachzudenken.

Tut die EU wirklich alles in ihrer Macht Stehende, um die Armut weltweit zu verringern? Es fällt mir sehr schwer, zu verstehen, wie man einerseits hier sitzen und Entwicklungshilfe unter EU-Regie empfehlen und andererseits Subventionen für die europäische Landwirtschaft oder ein unannehmbares Fischereiabkommen mit einem armen afrikanischen Land befürworten kann, in dem Korruption ein großes Problem darstellt. Wenn wir den Armen und Bedürftigen in der Welt wirklich helfen wollen, sollten wir am anderen Ende beginnen. Lassen Sie uns die Gemeinsame Agrarpolitik und die protektionistische Handelspolitik der EU abschaffen und aufhören, die nicht wettbewerbsfähige Produktion in Europa zu schützen. Mit meinen Vorschlägen würden zwar nicht sämtliche Probleme gelöst, aber meiner Meinung nach wären sie ein guter Anfang.

 
  
MPphoto
 
 

  Irena Belohorská (NI).(SK) Zunächst möchte ich betonen, dass die wirtschaftliche und die Entwicklungszusammenarbeit meiner Ansicht nach in einem Finanzierungsinstrument, gestützt auf eine duale Rechtsgrundlage in Form der Artikel 179 und 181(a), vereint werden sollten. Ich respektiere jedoch die Schlussfolgerungen der trilateralen Treffen, die dazu führten, dass das ursprüngliche Finanzierungsinstrument in die Entwicklungszusammenarbeit und die wirtschaftliche Zusammenarbeit aufgeteilt wird.

Das Instrument für die Finanzierung der Zusammenarbeit mit Industriestaaten und anderen Ländern und Territorien mit hohem Einkommen ist finanziell flexibel gestaltet, was die gegenwärtige Situation anhand der großen geografischen Ausdehnung widerspiegelt. Berücksichtigt werden auch Ländern, die noch immer auf der DAC-Liste als Entwicklungsländer eingeordnet werden, obwohl sie schon längst nicht mehr dazu gehören. Dazu zählen Länder wie Brunei, Taiwan, Singapur, Saudi-Arabien, Bahrain, Katar usw. Bei diesen Ländern handelt es sich um wichtige Handelspartner der Europäischen Union. Deshalb ist es bedeutsam, die bestehende Zusammenarbeit mit Japan, Südafrika und Australien auszubauen, um die genannten neuen Länder einzubeziehen.

Da sehr unterschiedliche Länder unter das Finanzierungsinstrument fallen, ist es unerlässlich, dass alle Verträge Klauseln zu den Menschenrechten und zur Achtung demokratischer Grundsätze enthalten. In meinen Änderungsvorschlägen zum Bericht habe ich darauf hingewiesen, dass die Rolle des Europäischen Parlaments gestärkt werden muss.

Erlauben Sie mir abschließend noch hinzuzufügen, dass ich dafür bin, dass das Europäische Parlament alle Änderungen auf der Liste der Industriestaaten bestätigt und dass die Kommission die Erreichung der ursprünglichen Ziele und die Einhaltung der Kosten regelmäßig überprüfen soll. Zum Schluss möchte ich Ihnen, Frau Kommissarin, meine Hochachtung für Ihre Arbeit aussprechen.

 
  
MPphoto
 
 

  Maria Martens (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident! Die Entwicklungszusammenarbeit gilt mit ihrem eigenen Kommissar, ihrem eigenen Budget und ihrem eigenen Ausschuss im Europäischen Parlament sowie der Mitentscheidungsbefugnis, die das Parlament auf diesem Gebiet besitzt, von Beginn der europäischen Zusammenarbeit an als wichtiges Tätigkeitsfeld. Die Europäische Union fühlt sich zu Recht verantwortlich, zu Frieden und Wohlstand in Ländern außerhalb der Union beizutragen. Die Tatsache, dass sich die Kommission um Verbesserungen bemüht hat, ist positiv zu werten. Obgleich wir eine Menge investieren, sind die Ergebnisse manchmal bei weitem nicht zufrieden stellend. In Afrika beispielsweise scheint die Armut sogar zuzunehmen. Zum Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele muss noch eine Menge geschehen.

Der ursprüngliche Kommissionsvorschlag sollte zwar die Dinge verbessern, war jedoch außerordentlich enttäuschend und kaum vertrauenerweckend. Sowohl das Budget für die Entwicklungszusammenarbeit als auch das Mitspracherecht des Parlaments waren gefährdet. Die Verhandlungen gestalteten sich deshalb auch nicht eben einfach. Mein Kompliment gebührt Herrn Mitchell, der hervorragende Arbeit geleistet hat. Letzten Endes bleibt auf jeden Fall ein spezielles Instrument für die Entwicklungspolitik mit Mitentscheidung und Artikel 179 als einzige Rechtsgrundlage erhalten. Übereinstimmung wurde über die Prioritäten der Millenniums-Entwicklungsziele erzielt, in denen Bildung und Basisgesundheitsversorgung Vorrang genießen.

Dazu gehört auch die reproduktive Gesundheit, und ich möchte auch als Reaktion auf Frau Zimmer hinzufügen, dass die Änderungsanträge eingebracht wurden, um die Bedeutung dieser Thematik herauszustellen. Es ist falsch zu sagen, Herrn Mitchells Änderungsanträge richteten sich gegen die reproduktive Gesundheit. Er erklärt und ich zitiere aus seiner Begründung zu den Änderungsanträgen –, dieses Thema sei zu wichtig, um es in zwei Sätzen abzutun. Und das ist etwas völlig anderes. Mit dem neuen Finanzierungsinstrument für Entwicklungszusammenarbeit wird sich die Arbeit des Parlaments ändern. Wir werden uns vermehrt auf die Kontrolle und die Durchführung von Programmen konzentrieren müssen. Ich hoffe, wir können auf die von der Kommission zugesagte Zusammenarbeit und Offenheit in dieser Angelegenheit zählen.

 
  
MPphoto
 
 

  Miguel Angel Martínez Martínez (PSE).(ES) Herr Präsident! Diese Debatte ist wichtig, da wir das Instrument annehmen werden, das als Rechtsgrundlage für die Verwendung der von der Europäischen Union für die Entwicklungszusammenarbeit und die humanitäre Aktion bereitgestellten Mittel dienen wird.

Während die Finanzielle Vorausschau für 2007-2013 die Handlungsfähigkeit der Union in fast allen Bereichen einschränkt, wird das Geld, über das wir für unsere Solidarität mit den Entwicklungsländern verfügen, paradoxerweise nicht reduziert, sondern leicht erhöht.

Diese Aussprache bringt einen Prozess zu einem zufrieden stellenden Abschluss, der außerordentlich lange gedauert hat und in dem ernste Schwierigkeiten zu überwinden waren. Aber das Instrument, das wir annehmen werden, hat den Vorzug, in dieses Hohe Haus als Konsens zwischen dem Parlament, der Kommission und dem Rat zu kommen.

Die Suche nach diesem Konsens war der Grund dafür, dass sich der Prozess so lange hinzog. Die Aufgabe war kompliziert, denn es galt, in einem einzigen Rechtsinstrument die mehr als 15 vorher gültigen Dokumente zusammenzufassen, über die sich die Grundlagen für unsere Entwicklungszusammenarbeit verteilen.

Es ging um die Rationalisierung dieser Aufgabe, und das Parlament war damit einverstanden. Dennoch musste es den ursprünglichen Vorschlag der Kommission ablehnen, als angeblich um einer höheren Effizienz willen versucht wurde, die Rolle des Hauses zu beschneiden, das heißt, die Demokratie einzuschränken. Das konnte vom Parlament nicht akzeptiert werden, und unser Entwicklungsausschuss handelte mit einem Verantwortungsbewusstsein, auf das wir stolz sein sollten.

Entgegen anders lautenden Behauptungen ging es nicht darum, die Rolle unseres Ausschusses herauszustreichen, sondern um die Wahrung und Stärkung der Rolle des Parlaments, das heißt, um die demokratische Verantwortung unseres Hauses in einem aus politischer und Haushaltssicht wichtigen Bereich.

Viele von uns mussten sich mit totalitären Regimes auseinander setzen, die ihren Autoritarismus damit begründeten, dass die Demokratie die Verfahren komplizieren und die Effizienz der Verwaltung mindern würde. Wir alle wissen jedoch, dass dies ein Trugschluss ist und dass es keine Effizienz ohne demokratische Regeln geben kann, weder wenn Maßnahmen beschlossen noch wenn die Handlungen der Exekutive der Kontrolle unterliegen.

Dank unserer Konsequenz im Zusammenhang mit der Arbeit des Berichterstatters, Herrn Mitchell, und dank der Tatsache, dass alle Fraktionen geschlossen handelten, hatten unsere Anstrengungen schließlich Erfolg. Wir müssen der britischen, österreichischen und finnischen Präsidentschaft für das Verständnis danken, das sie unseren Standpunkten entgegenbrachten, und auch der Kommission, die nach Wegen gesucht hat, um die Forderungen des Parlaments zu berücksichtigen.

Der Text des Instruments steht im Einklang mit dem europäischen Konsens zur Entwicklung und den verschiedenen von uns beschlossenen Strategien, insbesondere der europäischen Strategie für die Entwicklung Afrikas. Ebenso steht er im Einklang mit dem Verfassungstext, der die Solidarität mit den Ländern des Südens zu einer konstitutionellen Priorität der Europäischen Union erhebt.

Meine Sorge ist, dass es uns, nachdem die Kompetenzen des Parlaments gestärkt wurden, jetzt nicht gelingt, der Verantwortung nachzukommen, die uns durch das Instrument übertragen wurde und die seitens des Hauses, seines Entwicklungsausschusses und seines Personals, das im Übrigen aufgestockt werden muss, wenn wir in der Lage sein wollen, die Arbeit zu bewältigen, und vor allem seitens der Fraktionen einen großen Arbeitsumfang erfordern. Denn gerade die Fraktionen werden stärker in der Pflicht stehen, da sie an den Strategiedokumenten für jedes Land, auf das sich die Entwicklungszusammenarbeit der Europäischen Union richtet, und an der Überwachung der von uns angenommenen Programme mitwirken müssen.

Wir dürfen nicht in die lächerliche Lage geraten, unserer Verantwortung, für deren Übertragung durch die institutionellen Partner der Gemeinschaft wir hart gearbeitet haben, nicht gerecht werden zu können.

 
  
MPphoto
 
 

  Thierry Cornillet (ALDE).(FR) Herr Präsident! Es ist stets angenehm, wenn man einen Konsens und ein gutes Ergebnis begrüßen kann, da schließe ich mich meinen Kollegen an. Endlich wurde das Gleichgewicht wiederhergestellt: Wir verfügen über ein Rechtsinstrument, das bis 2013 befristet ist, und wir nehmen eine Halbzeitbewertung vor. Endlich besitzen wir ein adäquates Instrument. Wir haben es vermieden, die Dinge miteinander zu vermischen. Es ist nicht von Industrieländern oder Menschenrechten die Rede, sondern nur von Entwicklung. Wir können klare Ziele festlegen und unsere politischen Prioritäten definieren.

Schließlich verfügen wir über ein Rechtsinstrument, das sich, wie die Kollegen unterstrichen haben, auf Artikel 179 gründet, der das Verfahren der Mitentscheidung vorsieht: Das Europäische Parlament wird nie wieder von der Mitentscheidung in der Entwicklungspolitik ausgeschlossen sein.

Schließlich haben wir erreicht, dass die Mittelzuweisungen programmgebunden erfolgen, um unsere Kontrolle zu erleichtern. Lassen Sie mich daher die Arbeit unseres Berichterstatters Mitchell sowie die Aufmerksamkeit, die die Kommission und der Rat dieser Frage gewidmet haben, hervorheben.

Frau Ferrero-Waldner, wir haben die Zusagen der Kommission bezüglich unserer Rolle bei der Halbzeitüberprüfung zur Kenntnis genommen, die eine konsequente finanzielle Ausrichtung und den Dialog für die Strategiedokumente sowie, wie ich erinnern möchte, unsere Prioritäten, Gesundheit und Bildung, beinhalten.

Lassen Sie mich abschließend sagen, dass meiner Meinung nach unser Parlament diesen Bericht ohne Probleme und ohne Änderungen annehmen wird. Ich will Ihre Zeit nicht damit verschwenden, diese Änderungsanträge zu diskutieren, die gewiss nicht sachgerecht und auf jeden Fall rückwärts gewandt und absurd sind.

 
  
MPphoto
 
 

  Witold Tomczak (IND/DEM).(PL) Herr Präsident! Der Gedanke, dass die Europäische Union bedürftigen Völkern und Ländern hilft, verdient unsere Unterstützung. Es gibt jedoch Zweifel, ob politische Probleme als Bedingungen für die Gewährung dieser Hilfe in die Kooperationspolitik aufgenommen werden sollten.

Ich verstehe den Grundsatz, Ländern, die Menschenrechte verletzen oder andere Verbrechen begehen, keine Hilfe zu gewähren. Aber wenn wir die Kooperationspolitik als Instrument benutzen, um bedürftige Länder als Bedingung für die Gewährung der Hilfe zu Lösungen zu zwingen, die in der Europäischen Union zum Einsatz kommen, dann üben wir unrechtmäßigen Druck auf diese Völker aus, der dem Gedanken der Solidarität widerspricht.

Wir dienen den demokratischen Prozessen mehr, wenn wir nachweisen, dass wir unser eigenes Haus in Ordnung halten und die bürgerlichen Rechte und Freiheiten schützen und für die Gewährleistung der Achtung und Entwicklung der Werte sorgen können, die seit jeher Teil der europäischen Identität sind. Wenn wir aus der Kooperationspolitik beispielsweise eine Waffe des militanten Feminismus machen, der schon in Europa für heftige Kontroversen sorgt, dann unterminieren wir damit unseren Status und unsere Handlungsfähigkeit in anderen Teilen der Welt.

 
  
MPphoto
 
 

  Andreas Mölzer (NI). – Herr Präsident, Frau Kommissarin! Wir haben uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, die öffentliche Entwicklungshilfe zu erhöhen und die weltweite Armut bis 2015 um die Hälfte zu verringern. Von der Erreichung dieser Ziele sind wir allerdings noch sehr weit entfernt. Entwicklungshilfe muss meines Erachtens kurzfristig dort erbracht werden, wo es an allem fehlt, etwa in Flüchtlingsregionen oder Krisenländern. Langfristig jedoch kann sie kein Ersatz für funktionierende Systeme sein.

Es gilt daher, die Souveränität der Empfänger zu verstärken und im Hinblick auf Korruption und dergleichen so etwas wie eine Rechenschaftspflicht einzuführen. Gerade das Beispiel Afrika zeigt, dass Entwicklungszusammenarbeit nicht immer so greift, wie es im Idealfall sein sollte. Kein Wunder, wurde sie doch vielfach dazu benutzt, Exporte der Geberländer zu fördern, Diktatoren zu stützen oder Staaten durch Schulden abhängig zu machen. Es geht deshalb nicht an, dass etwa China frisch entschuldete Staaten zur Schuldenaufnahme und zum Aufbau neuer Abhängigkeiten animiert, nur um Rohstofflieferungen zu sichern. Es kann aber auch nicht sein, dass Staaten eifrig die Hand aufhalten, um Entwicklungsgelder zu erhalten, jedoch nicht einmal bereit sind, die eigenen Bürger nach einer Flüchtlingswelle zurückzunehmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Nirj Deva (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich habe mich zu Wort gemeldet, um meinen Kollegen im Entwicklungsausschuss sowie vor allem dem Berichterstatter, Gay Mitchell, und Frau Martens, meiner Koordinatorenkollegin, sowie allen Koordinatoren der Fraktionen dazu zu gratulieren, dass sie nach zweijähriger Arbeit in dieser Angelegenheit dieses Ergebnis vorweisen können.

Wieso hat das zwei Jahre gedauert, könnte man fragen, zumal das jetzt von uns vorgelegte Ergebnis auch innerhalb von drei Monaten möglich gewesen wäre. Es hat deshalb so lange gedauert, weil ein Mitglied der Kommission in leitender Position in der GD Außenbeziehungen – vielleicht wäre „Kommissar“ hier das richtige Wort – so starrköpfig war. Es war nur möglich, weil die Kommissionsmitglieder und der Rat erkannt haben, dass das Europäische Parlament eine demokratische Institution ersten Ranges ist, die die Möglichkeit haben muss, die Rechtsetzung zu kritisieren und Rechenschaft zu fordern.

Es war ungeheuerlich, dass die Kommission in ihrer damaligen Form zu einer Zeit, da das Europäische Parlament und die Kommission als wenig bürgernah galten, ein Dokument vorgelegt hat, mit dem dem Entwicklungsausschuss und dem Europäischen Parlament die Befugnisse zur Gestaltung der Entwicklungspolitik entzogen wurden. Es ist uns nur deshalb gelungen, diesen Bericht vorzulegen, weil das Parlament trotz der Versuche bestimmter Personen, das Parlament zu spalten und uns gegeneinander auszuspielen, zusammengehalten hat. Ich möchte, dass das zu den Unterlagen genommen wird, denn als Koordinator des Entwicklungsausschusses kann ich sagen, dass wir durch die Hölle gegangen sind, um dieses Dokument in einer Weise zu verabschieden, die der parlamentarischen Prüfung, der parlamentarischen Kontrolle der Politik, der parlamentarischen Kontrolle von Strategiepapieren, der parlamentarischen Kontrolle von Fristen für Rechtsakte und der parlamentarischen Kontrolle spezifischer Instrumente für die Entwicklungspolitik in vollem Umfang gerecht wird.

Wir müssen unsere Menschen, unsere Bürger, unsere Wähler erreichen. Das Verhalten der Kommission, das an eine kommunistische Diktatur erinnerte, war absurd. Ich möchte den Kommissionsmitgliedern, Herrn Michel und vor allem Frau Ferrero-Waldner, für ihr Verständnis für unsere demokratische Rolle danken.

 
  
MPphoto
 
 

  Marie-Arlette Carlotti (PSE).(FR) Herr Präsident! Eine gemeinsame Erklärung zur Entwicklung, eine Strategie für Afrika, Verpflichtungen hinsichtlich der Höhe der Entwicklungshilfe: Die Union hat in den letzten Jahren ihre politischen Ambitionen hinsichtlich der Entwicklungszusammenarbeit unbestreitbar nach oben revidiert, und mit diesem neuen Finanzierungsinstrument verfügen wir über ein Werkzeug, das diesen Ambitionen entspricht. Ein Finanzierungsinstrument für sieben Jahre, das ausschließlich der internationalen Solidarität gewidmet ist, stellt einen großen Sieg für unsere Partner im Süden und ein großer Sieg für uns als Parlamentsmitglieder dar, denn nach zwei Jahren harten Ringens mit dem Rat und der Kommission wurden unsere wichtigsten Forderungen berücksichtigt. Es ist ein Sieg im Hinblick auf die Verpflichtung, mindestens 20 % der vorgesehenen Mittel für Bildung und gesundheitliche Grundversorgung aufzuwenden, um auf dem Weg zur Erfüllung der Millenniumsziele schneller voranzukommen; es ist ein Sieg für die Schaffung eines speziellen Instruments zur Finanzierung der Förderung der Menschenrechte und der Demokratie in den Ländern des Südens; ein Sieg auch in der Hinsicht, dass der Anwendungsbereich des neuen Instruments auf die Länder des Südens begrenzt ist, um zu vermeiden, dass Mittel für Entwicklungszwecke zugunsten anderer Politikbereiche abgezogen werden.

Schließlich eröffnet uns die Möglichkeit einer Halbzeitrevision dieses wichtigen Instruments die Chance, es schon bald zu überarbeiten und eventuell notwendige Verbesserungen vorzunehmen. Das ist eine gute Perspektive, die uns heute ermöglicht, die Prüfung dieses Textes in aller Ruhe abzuschließen. Diese Siege werden weitere Erfolge ermöglichen, beispielsweise bei den laufenden Verhandlungen über die Programmplanung für den Europäischen Entwicklungsfonds (EEF), für die ich mich als Berichterstatterin bemühen werde, die gleichen Prioritäten durchzusetzen.

Zwar konnten wir trotz aller Anstrengungen nicht erreichen, dass der EEF in den Haushaltsplan aufgenommen wird oder dass wir offiziell in das Komitologieverfahren einbezogen werden, um die Umsetzung der Entwicklungspolitik aus größerer Nähe kontrollieren zu können, dennoch können wir uns über zahlreiche Siege freuen, deren größter in der Förderung einer großzügigen Auffassung der Entwicklungspolitik besteht. Mit diesem Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit spielt die Union mehr denn je eine führende Rolle auf diesem Terrain. Sie war bereits zuvor mit Abstand weltweit der größte Geber in diesem Bereich und leistete hinsichtlich der Solidarität mehr als alle anderen. Künftig wird sie noch mehr leisten!

Heute kann Europa meiner Meinung nach stolz darauf sein, dass es seinen Werten der Freigebigkeit und Solidarität treu geblieben ist. Auch ich möchte mich meinen Vorrednern anschließen und dem Berichterstatter, Herrn Mitchell, sowie allen, die an diesem Ergebnis mitgearbeitet haben – insbesondere meinem Kollegen Max van den Berg –, und allen, die wertvolle Beiträge geleistet haben, aufrichtig danken. Ich wünsche mir, dass dieser Bericht ohne Änderungen angenommen wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Toomas Savi (ALDE).(ET) Das Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit ist das Ergebnis eines äußerst brüchigen Kompromisses zwischen Kommission, Rat und Parlament. Wir müssen zudem anerkennen, dass die Ansichten des Parlaments im Zuge des Mitentscheidungsverfahrens weitgehend berücksichtigt wurden.

Jeder Vorschlag, ein neues Instrument aufzunehmen, würde bedeuten, dass dieses nicht ab Anfang kommenden Jahres angewendet würde und die Hilfe vielleicht überhaupt nicht bei denen ankäme, die sie brauchen. Das Instrument wird für viele Entwicklungsländer gelten und die am wenigsten entwickelten Länder ebenso betreffen wie Länder mit hohen Einkommen. Es deckt auch eine breite Palette von Themen ab und schließt Aktivitäten ein, die bislang aus dem Umwelthaushalt finanziert wurden.

Mit dem Verlauf der Verhandlungen bin ich zufrieden, ist es doch der Europäischen Volkspartei gelungen, die Änderungsanträge zu verhindern, die Verweise auf politische Institutionen enthielten. Ich werde daher ein kurzes Fazit ziehen. Ich möchte nochmals betonen, dass das Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit ein Kompromiss zwischen den Institutionen ist; eine langsamere Behandlung würde Verzögerungen und Störungen bei der Bewilligung von Hilfe bedeuten, und dies würde bestimmt nicht dem Zweck des Instruments, d. h. Förderung der Demokratie und der Menschenrechte, dienen. Daher befürworte ich die Annahme des Berichts ohne jegliche Abänderungen.

 
  
MPphoto
 
 

  Georgios Papastamkos (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! In meinem Redebeitrag beziehe ich mich auf den Bericht von Herrn Martin, dem ich zu seinem kreativen Beitrag gratulieren muss. Sein Bericht befasst sich mit dem Finanzierungsinstrument für die Entwicklung der Zusammenarbeit mit industrialisierten Ländern und Gebieten.

Die Debatte über die Schaffung dieses Finanzierungsinstruments ist Teil eines allgemeinen Problems, das hauptsächlich die Harmonisierung der Aktivitäten der Europäischen Union in foro interno und in foro externo und zum anderen die Kohärenz der gesamten nach außen gerichteten Aktivitäten, seien sie politischer, finanzieller oder handelspolitischer Art, betrifft.

Genauer gesagt, die vorgeschlagene Verordnung vereinigt eine heterogene Gruppe von Ländern sowie ein breites Spektrum an Tätigkeiten in Bereichen wie Wirtschaft, Handel, Forschung und wissenschaftliche Zusammenarbeit. Die Aufteilung der Mittel nach Tätigkeitsbereichen einerseits und nach Ländern bzw. Ländergruppen andererseits sollte die strategischen, politischen, finanziellen und handelspolitischen Ziele der Europäischen Union widerspiegeln.

Meine Damen und Herren, was die Kohärenz der außenpolitischen Aktivitäten der Europäischen Union angeht, so möchte ich auf die neue Handelsstrategie verweisen, die das für internationalen Handel zuständige Kommissionsmitglied angekündigt hat. Angesichts der Tatsache, dass diese Strategie die nächsten Schritte betrifft, die wir mit wichtigen Handelspartnern der Europäischen Union unternehmen, muss die Frage beantwortet werden, ob sie mit den politischen Prioritäten der Europäischen Union vereinbar ist. Verknüpft sie das Spektrum an Bereichen, die durch das vorgeschlagene Finanzierungsinstrument abgedeckt sind, mit den internen politischen Optionen der Europäischen Union? Und sollte sie nicht die aktive Rolle des Europäischen Parlaments bei der Festlegung von Prioritäten und der Bewertung der Wirksamkeit der Programme in noch stärkerem Maße fördern?

 
  
  

VORSITZ: SYLVIA-YVONNE KAUFMANN
Vizepräsidentin

 
  
MPphoto
 
 

  Erika Mann (PSE). – Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Diese gemeinsame Aussprache hier ist gut, da wir künftig eine gemeinsame Rechtsgrundlage mit Unterschieden haben werden, je nach dem, ob man sich auf die Entwicklungsländer oder auf die reicheren, industrialisierten Länder bezieht. Deshalb ist es gut, dass wir diese Aussprache zusammen führen.

Der Berichterstatter, David Martin, hat mit Recht darauf hingewiesen, dass wir eine größere Logik und eine größere Systematik anstreben müssen, wenn es darum geht, die Interessen der Europäischen Union bei unseren Außenkooperationen zu vertreten. Er hat dafür plädiert – und ich bin froh, dass die Kommission dies auch respektiert –, dass wir eine weitere Differenzierung brauchen, und die spezifischen Interessen von Ländern im Auge haben müssen, dass wir eine stärkere Evaluierung ebenso wie eine vorgezogene Überprüfung benötigen.

Ich würde gerne noch einige Punkte anfügen, die Kollege Papastamkos bereits angesprochen hat. Wenn wir die Überprüfung vornehmen, müssen wir diese Differenzierung dann auch nach einer größeren Logik in unseren außenpolitischen und außenwirtschaftlichen Beziehungen gestalten. Was meine ich damit? Wir unterhalten bereits heute sehr intensive Beziehungen zu bestimmten Ländern, wir haben Freihandelsabkommen und Partnerschaftsabkommen, aber die Logik unserer Kooperation mittels unserer Finanzinstrumente folgt nicht unbedingt immer unserer politischen Logik.

Wir sollten uns daher bemühen, auch bei der Finanzkooperation eine strategische Intensivierung zu erreichen. Es macht ja keinen Sinn, dass wir Freihandelsabkommen haben, wie etwa mit Mexiko oder Chile, dass wir zukünftig weitere Freihandelsabkommen ins Auge fassen, dann aber in der Kooperation keinerlei Logik verfolgen. Ebenso wenig Logik liegt darin, die am wenigsten entwickelten Länder nicht intensiver zu unterstützen als diejenigen, die sich schon im Aufschwung befinden und im Englischen mit emerging countries bezeichnet werden. Wir brauchen in Zukunft eine solche stärkere Spezifizierung. Dazu gehört im Übrigen auch, dass wir das Parlament nicht nur bei den Finanzinstrumenten im Mitentscheidungsverfahren entsprechend berücksichtigen, sondern dass bereits dann, wenn wir in den Dialog einsteigen, um bilaterale Abkommen abzuschließen, das Parlament entsprechend beteiligt wird und es auch seine Zustimmung geben muss. Ansonsten wird eine Beteiligung des Parlaments letztendlich nur dazu führen, dass eine Kluft zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten entsteht, womit eine volle und demokratische Unterstützung einfach nicht gegeben ist.

Ich würde die Frau Kommissarin dringend bitten, dass sie in den Aussprachen mit der Kommission und den Mitgliedstaaten Wert darauf legt, dass das Parlament in allen Bereichen seine Zustimmung geben muss, damit unser Wertesystem, von dem wir immer reden, nicht nur gewährleistet ist, wenn wir über andere Länder reden, sondern dass wir es auch pflegen, wenn wir selber Politik machen.

 
  
MPphoto
 
 

  Jana Hybášková (PPE-DE).(CS) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Ich möchte Herrn Mitchell und den Koordinatoren danken und ihnen gratulieren, ist es ihnen doch gelungen, auf der Grundlage gemeinsamer moralischer Werte den Willen des direkt gewählten Parlaments durchzusetzen, teilweise dank unserer Unterstützung. Entwicklungszusammenarbeit muss Entwicklung und nicht Stillstand bewirken. Sie muss zur Rechtsstaatlichkeit führen, zur Entfaltung einer freien Wirtschaft und dies wiederum zu Pluralismus in der Entscheidungsfindung und zur Achtung der Menschenrechte.

In vielen Ländern der Welt hat sich gezeigt, dass wirtschaftliche Entwicklung allein nicht genügt. Das Streben nach wirtschaftlicher Offenheit und rascher wirtschaftlicher Entwicklung reicht nicht aus, wenn es aufgrund fehlender Rechtsstaatlichkeit zum politischen Stillstand kommt, sich eine geschlossene Gesellschaft herausbildet, Korruption und Machtergreifung auftreten. Eine derartige wirtschaftliche Entwicklung führt zu schweren politischen Fehlern und gravierenden Sicherheitsproblemen und endet im Terrorismus.

Uns Parlamentariern steht ein Instrument zur Verfügung, das wir nutzen können, um an die Gewährung von Entwicklungshilfe Bedingungen knüpfen, die Maßstäbe setzen und als Richtschnur dienen, sodass die Kriterien ordnungsgemäß erfüllt werden und eine echte Entwicklung stattfindet. In diesem Instrument sind konkrete finanzielle Bedingungen festgelegt, und es wird dafür gesorgt, dass die Mittelzuweisung für Entwicklungsprogramme genau kontrolliert wird, wobei sich die Kontrolle auch auf nichtstaatliche Begünstigte und Gebietskörperschaften erstreckt. Wenn es allen besser geht, kann das Parlament auf die endgültige Form nationaler Strategiepapiere Einfluss nehmen und ihre Umsetzung bewerten. Als Mitglied im Lenkungsausschuss der Weltbewegung für Demokratie begrüße ich die Möglichkeit, echte Demokratie durch unser demokratisch gewähltes Parlament zu fördern. Ich verspreche, dass ich gemeinsam mit den anderen Mitgliedern dieses Hohen Hauses alles in meinen Kräften Stehende tun werde, um sicherzustellen, dass wir gemeinsam mit der Kommission und dem Rat gezielt darauf hinarbeiten, Entwicklung überall auf der Welt zu erreichen.

 
  
MPphoto
 
 

  Proinsias De Rossa (PSE).(EN) Frau Präsidentin! Ich möchte Herrn Mitchell und Herrn van den Berg zu ihrer ausgezeichneten Arbeit am Instrument für Entwicklungszusammenarbeit beglückwünschen. Ich muss allerdings sagen, dass ich die von Herrn Mitchell zu Erwägung 18, Artikel 5 und Artikel 12 vorgelegten Änderungsanträge nachdrücklich ablehne.

In einigen Tagen wird es keine gesonderte Linie für die Finanzierung der Rechte im Bereich der reproduktiven und sexuellen Gesundheit mehr geben, und die Streichung dieser Verweise wäre meines Erachtens eine große Ungerechtigkeit vor allem gegenüber den Frauen, die im Ergebnis ihrer Mutterschaft der Gefahr einer sehr schweren Erkrankung ausgesetzt sind. Wir sind im Rahmen verschiedener Vereinbarungen, die das Europäische Parlament bereits mit der Kommission und dem Rat abgeschlossen hat, sowie internationaler Abkommen an genau die Formulierungen gebunden, die in diesem Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit enthalten sind, und ich halte die Behauptung von Herrn Mitchell, diese Fragen könnten nicht über zwei Linien abgewickelt werden, als Erklärung für diese Änderungsanträge für unaufrichtig.

Diese Fragen wurden in diesem Haus und den meisten nationalen Parlamenten bis zum Erbrechen diskutiert, und dieses Parlament ist stets zu demselben Ergebnis gekommen. Dieses Parlament setzt sich dafür ein, dass die Menschen selbst über ihre sexuellen Aktivitäten und Neigungen entscheiden können, und verteidigt ihr Recht auf eine angemessene Gesundheitsfürsorge sowie die Vermeidung der erschreckend hohen Zahl von Frauen, die jährlich durch unsachgemäße Abtreibungen sterben (etwa 90 00 Frauen pro Jahr). Dem müssen wir einen Riegel vorschieben, und meines Erachtens sollten wir an der jetzigen Fassung des Berichts nichts ändern.

 
  
MPphoto
 
 

  Justas Vincas Paleckis (PSE).(LT) Heute gelten die Glückwünsche insbesondere dem Berichterstatter Herrn Mitchell, der nach zweijährigen Verhandlungen mit dem Rat über eine sehr wichtige Angelegenheit einen guten Kompromiss erreicht hat. Zum ersten Mal ist die Entwicklungspolitik so definiert worden, dass Ressourcen für die Förderung der Entwicklungszusammenarbeit nur denjenigen Ländern zukommen, die sie am dringendsten benötigen. Ein Fünftel der finanziellen Mittel wird in die Bereiche medizinische Versorgung und Bildung fließen; dies ist eine aus sozialer Sicht gerechte Hilfe für Länder, die eigene Anstrengungen unternehmen, um sich aus dem Würgegriff von Armut, Krankheit und unzureichender Bildung zu befreien.

Das Parlament muss unbedingt die Möglichkeit zur laufenden Kontrolle und Einflussnahme auf die Mittelzuweisung haben. Der erzielte Kompromiss zeigt, dass dies von entscheidender Bedeutung ist.

Nach meiner Überzeugung werden die Entwicklungsländer diesen konstruktiven Schritt des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission begrüßen, können wir doch jetzt hoffen, dass die Mittelzuweisungen in Höhe von 17 Milliarden Euro sinnvoll und zum größtmöglichen Nutzen für die Menschen eingesetzt werden, die am stärksten Not leiden. Diese Neuigkeit muss in den Ländern der Europäischen Union und insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten verbreitet werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Eoin Ryan (UEN).(EN) Frau Präsidentin! Auch ich möchte Herrn Mitchell und Herrn van den Berg zum Erfolg dieses Bericht gratulieren, bei dem es um die Vereinfachung der Verwendung von EU-Hilfe in Entwicklungsländern geht. Ich möchte außerdem feststellen, dass ich mich aus denselben Gründen, die Herr de Rossa erläutert hat, leider außerstande sehe, die von Herrn Mitchell vorgelegten Änderungsanträge zu befürworten. Wie er sagte, ist das eine Frage, mit der sich das Parlament wie auch andere internationale Institutionen schon sehr oft befasst haben. Meines Erachtens sollten wir uns an die in Kairo erzielten Vereinbarungen halten.

„The US fights, the UN feeds and the EU funds“, wie ein französischer Student der internationalen Politik einmal sagte. Wie ungerecht diese Feststellung auch sein mag, sie vermittelt einen Eindruck von der Bedeutung der EU für die Entwicklungsländer. In den letzten Jahren wurde die Welt wiederholt von tragischen Ereignissen wie Tsunamis, Erdbeben in Pakistan und der jüngsten Flutkatastrophe in Bangladesch erschüttert. Der ständige Nothilfefonds der UNO, CERF, wurde eingerichtet, um weltweit rasch auf plötzlich eintretende Notsituationen reagieren zu können und dringend benötige Mittel auszuzahlen, die von internationalen Gebern schon bereitgestellt wurden. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres hat der CERF 200 Millionen Euro für über 320 Projekte in 26 Ländern bereitgestellt. ECHO hat sich jedoch bisher mit der Begründung, man habe einen eigenen Mechanismus für die rasche und ausgewogene Finanzierung in Notsituationen, geweigert, einen Beitrag zum CERF zu leisten. Mein Argument wäre: Wozu braucht man zwei Fonds, die anscheinend dieselben Ziele verfolgen? Warum nicht einen zentralen Fonds einrichten, der sich dieser Notsituationen annimmt?

Ich würde Herrn Michel, den EU-Kommissar für humanitäre Hilfe, auffordern, Gespräche mit der UNO aufzunehmen, um die weltweite Reaktion auf internationale Katastrophen zu straffen. Bürokratie darf nicht die Rettung von Menschenleben behindern, denn genau darum geht es. Wir sollten uns nicht wegen zwei Finanzierungsblöcken miteinander streiten, wenn das eigentliche Ziel darin besteht, Menschen in Katastrophengebieten schnellstmöglich mit Lebensmitteln und anderen Hilfsgütern zu versorgen.

 
  
MPphoto
 
 

  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte Ihnen nochmals für diese abschließende Aussprache danken. Die Verhandlungen waren langwierig und bisweilen nicht einfach, und wir hatten zahlreiche formelle und informelle Triloggespräche. Wie stets muss jede Seite ihren Standpunkt deutlich machen, und das kostet manchmal Zeit. Wichtig ist jedoch, dass wir letztlich ein gutes Ergebnis erzielen. Ich habe Ihnen allen sehr aufmerksam zugehört, und ich denke, dass wir alle mit diesem Ergebnis leben und nach vorn blicken können. Wir verfügen nunmehr über ein neues Paket von Finanzierungsinstrumenten, mit denen wir unsere externen Aktionen verbessern und die Öffentlichkeitswirksamkeit im Dienste von Entwicklung, Stabilität und Menschenrechten erhöhen wollen.

Ich möchte jetzt kurz auf einige konkrete Dinge eingehen, die in der Debatte angesprochen wurden. Was die Frage der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte angeht, so weiß ich, dass sie stets ein Reizthema ist, ganz gleich, welches Forum sich mit dieser Thematik befasst. Noch komplexer ist die diesbezügliche Situation in einer aus 25 Mitgliedstaaten bestehenden Union, in der jedes Land andere Traditionen hat. Deshalb sorgen die entsprechenden Bestimmungen im Instrument für Entwicklungszusammenarbeit (DCI) für einen sehr ausgewogenen Kompromiss, der, das gebe ich zu, nur unter Schwierigkeiten zustande kam, und das Verfahren dazu sollte nicht wieder neu aufgerollt werden. Diese Bestimmungen wurden größtenteils aus der alten Verordnung über Unterstützung für Maßnahmen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte in Entwicklungsländern übernommen. Damit stellen diese Bestimmungen bereits einen gewissen Konsens dar, da das Parlament der alten Verordnung im Rahmen der Mitentscheidung zugestimmt hat. Die Verlagerung dieser Problematik vom Instrument für Entwicklungszusammenarbeit in eine gesonderte Verordnung wäre der Sache nicht dienlich, sondern würde die Diskussionen in dieser heiklen Frage nur weiter in die Länge ziehen. Eine solche Lösung würde zudem dem Ziel der Vereinfachung zuwiderlaufen, das das Leitprinzip für die Reform der Instrumente im Bereich der externen Aktionen war. Die entsprechenden Bestimmungen zum Instrument für Entwicklungshilfe sind Ausdruck eines ausgewogenen Kompromisses, dem eine gesonderte Regelung der Fragen in Bezug auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit höchstwahrscheinlich nicht dienlich wäre.

Ich möchte auch etwas zur Frage der Hauptstoßrichtung sagen. Die Kommission bestätigt, dass die Beseitigung der Armut und die Verfolgung der Millenniums-Entwicklungsziele im Mittelpunkt des Hauptziels ihrer Entwicklungshilfe stehen. Die Kommission verpflichtet sich, der medizinischen Grundversorgung, der Bildung und dem sozialen Zusammenhalt als Ganzes bei der Planung und Umsetzung der Länderprogramme Vorrang einzuräumen. Darüber hinaus wird sich die Kommission darum bemühen, dass als Richtwert 20 % ihrer veranschlagten Zuwendungen im Rahmen länderspezifischer DCI-Programme bis 2009, dem Jahr der Überprüfung, für Grundbildung, Sekundarbildung und gesundheitliche Grundversorgung bereitgestellt werden.

Erwähnen möchte ich aber auch, dass das DCI ein thematisches Programm zu Migration und Asyl umfasst, das der Nachfolger des alten AENEAS-Programms ist. Auch der Inhalt dieses Programms ist Ausdruck eines fein abgestimmten Kompromisses, und zwar vor allem mit den Mitgliedstaaten im Rat. Die thematischen Programme werden zur Lösung der enormen Probleme beitragen, denen sich die Europäische Union derzeit im Bereich der Migration gegenübersieht. So werden wir die Grundursachen der Migration vor allem im Rahmen unserer geografischen Zusammenarbeit, über die ich eben gesprochen habe, angehen. Menschen mit einer Perspektive wandern nicht aus, aber es gibt viele andere Menschen. Es geht darum, einerseits die illegale Migration zu bekämpfen, und andererseits die legale Migration zu regeln. Wir dürfen nicht die Augen vor der Tatsache verschließen, dass die Migration und insbesondere die illegale Migration eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist, der wir uns stellen müssen.

Ich freue mich darauf, diese Instrumente gemeinsam mit Ihnen in die Praxis umzusetzen. Wir müssen nach vorn schauen. Eine der schwierigsten Fragen im Verlaufe der Verhandlungen über diese neuen im Mitentscheidungsverfahren zu beschließenden Instrumente betraf die Rolle des Parlaments bei der Strategieplanung, wie sie in den Strategiepapieren zum Ausdruck kommt. Ausgehend von den Erklärungen, die der institutionellen Vereinbarung zur neuen Finanziellen Vorausschau beigefügt sind, wurden die Modalitäten eines Dialogs im Rahmen der demokratischen Kontrolle mittels eines Briefwechsels mit den betreffenden Ausschüssen konkretisiert. Das erste Pilot-Länderstrategiepapier wird dem Parlament in Bälde zugehen. Wir freuen uns auf den Dialog im Rahmen der demokratischen Kontrolle.

Was das Instrument für die Zusammenarbeit mit industrialisierten Ländern (ICI) betrifft, so möchte ich an die Adresse von Herrn Martin und Frau Mann sagen, dass Artikel 181 Buchstabe a EG-Vertrag ja bekanntlich die Rechtsgrundlage bildet und das Konsultationsverfahren mit dem Parlament im Rechtsetzungsprozess vorsieht. Aber natürlich ist die Kommission immer bereit, auch einen Meinungsaustausch mit dem Parlament zu Aspekten der Zusammenarbeit mit industrialisierten Ländern zu führen. Wir werden jegliche Entschließung, die das Parlament diesbezüglich gegebenenfalls verabschiedet, eingehend berücksichtigen.

Wenn wir in den Entwicklungsländern nicht immer die erhofften Ergebnisse sehen konnten, dann ist das in einigen Fällen auch darauf zurückzuführen, dass es noch an der verantwortungsvollen Staatsführung mangelt. Das ist ein weiterer sehr wichtiger Faktor, den ich betonen möchte, denn wir stellen sehr hohe Beträge zur Verfügung und versuchen, unser Bestes zu tun. Doch leider fehlt es bisweilen an der verantwortungsvollen Staatsführung.

Abschließend sei festgestellt, dass Verhandlungen immer schwierig sind, aber wir waren an einer Vereinfachung interessiert. Die Vereinfachung ist so wichtig, weil wir damit die öffentliche Wahrnehmung und Effizienz verstärken. Die Reduzierung von 40 verschiedenen legislativen Instrumenten auf sieben an eine Politik gekoppelte Instrumente war ein schwieriges Unterfangen, das sich meines Erachtens aber letztlich gelohnt hat. Drei neue Instrumente sind bereits in Kraft, und zwar das Heranführungsinstrument, das Nachbarschaftsinstrument und das Stabilitätsinstrument. Vier weitere Instrumente werden in Kürze angenommen werden, und zwar das DCI und das ICI, das Instrument für nukleare Sicherheit und das Instrument für Menschenrechte und Demokratie. Das weiß auch jeder, der heute über die positiven Ergebnisse unserer Verhandlungen über das DCI und das ICI gesprochen hat.

Eines ist während dieses gesamten Prozesses deutlich geworden, nämlich dass wir, die drei Organe – die Kommission, der Rat und das Parlament – anspruchsvolle Ergebnisse erzielen können, wenn wir konstruktiv zusammenarbeiten. Ich möchte nochmals betonen, dass ich mich darauf freue, das Erreichte gemeinsam mit Ihnen in hoher Qualität, effizient und öffentlichkeitswirksam umzusetzen.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet heute Mittag statt.

 

9. Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Frau Christa Klaß im Namen der Delegation des Europäischen Parlaments und des Rates im Vermittlungsausschuss zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung

(KOM(2004)0391 – C6-0080/2004 – 2004/0127(COD)) (A6-0188/2005).

 
  
MPphoto
 
 

  Christa Klaß (PPE-DE), Berichterstatterin. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, Herr Kommissar, sehr geehrte Herren der Europäischen Kommission, meine Damen und Herren! Die Umwelt ist ein weites Feld. Luft und Wasser sind gleichermaßen Grundvoraussetzungen für alles menschliche Leben auf unserem Kontinent. Das Grundwasser ist dabei eines der wichtigsten und empfindlichsten Ressourcen, die wir Menschen haben. Grundwasser regeneriert sich nur sehr langsam, das gilt für die Menge ebenso wie für die Verschmutzung. Eine Reinigung verschmutzten Grundwassers ist nur mit enorm hohen Kosten und mit hohem technischem Aufwand möglich, wenn überhaupt.

Im Zusammenhang mit der Luft erleben wir gerade, dass alle Maßnahmen, die wir im letzten Jahrzehnt getroffen haben, nicht ausreichen, um einen Klimawandel zu verhindern – mit allen negativen Folgen. Bei der Luft können wir in Europa alleine nicht viel ausrichten, wenn andere Industriestaaten weltweit nicht mitziehen. Beim Grundwasser liegt es hier in Europa allein in unserer Macht, dieses kostbare Gut für künftige Generationen zu sichern. Dafür sind die Vorsorge und der Schutz des Ökosystems Grundwasser extrem wichtig.

Für dieses zentrale Anliegen habe ich als Berichterstatterin gekämpft und ich danke allen, die mich dabei unterstützt haben. Das sind in erster Linie Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ohne die überzeugenden Voten des Europäischen Parlaments in der ersten und in der zweiten Lesung wäre das Ergebnis, das wir mit großer Unterstützung der Europäischen Kommission in den Vermittlungsverhandlungen mit dem Rat erreicht haben, nicht möglich gewesen. Ich danke dem Rat und den Vertretern der Europäischen Kommission für die konstruktive Zusammenarbeit und die Unterstützung bei der Suche nach Kompromissen.

Was haben wir erreicht? Der Schutz des Ökosystems Grundwasser und der Vorsorgeansatz wurden ausdrücklich aufgenommen. Vorsorge beim Grundwasser bedeutet, dass noch sauberes Wasser in gutem oder sehr gutem Zustand geschützt werden muss. Es bedeutet, nicht erst tätig zu werden, wenn der schlechte, durch die Grenz- und Schwellenwerte definierte Zustand bereits erreicht ist. Trendumkehr und Verschlechterung sind so geregelt, dass nicht nur der Übergang vom guten in den schlechten Zustand, sondern auch andauernd steigende Werte innerhalb einer Zustandsklasse beachtet werden und Maßnahmen auslösen müssen. Bei den von den Mitgliedstaaten noch festzulegenden Schwellenwerten für die Stoffe des Anhangs 2 Teil B sind humantoxikologische und ökotoxikologische Erkenntnisse ebenso zu berücksichtigen wie die hydrologischen Bedingungen. Also die Hintergrundwerte, um den unterschiedlichen Bedingungen in den einzelnen Regionen Europas besser Rechnung tragen zu können.

Zur Überprüfung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen war die Einführung einer Revisionsklausel besonders wichtig. Die Bemerkung zur Nitrat-Richtlinie im Anhang 1 wurde gestrichen, der Hinweis auf die Nitrat-Richtlinie im Anhang 4 ergänzt. Die Nitrat-Richtlinie und die Wasserrahmenrichtlinie in Verbindung mit dieser Grundwasser-Tochterrichtlinie geben vergleichbar strenge Schutz- und Sanierungsziele vor. Wichtig in diesem Zusammenhang ist der neue Artikel 11 zur Evaluierung. Die Berichte der Europäischen Kommission müssen für Grundwasser eine Bewertung der vorliegenden Richtlinie im Zusammenhang mit anderen einschlägigen Umweltvorschriften, also auch die Nitratrichtlinie einschließlich der Übereinstimmung mit diesen Vorschriften beinhalten. Der Text der Richtlinie wird nun eindeutiger und klarer. Begriffe wie Hintergrundkonzentration, Ausgangspunkt oder signifikanter, steigender Trend wurden definiert. Unklare und interpretationsfähige Forderungen wurden gestrichen. Den Mitgliedstaaten wird bei der Umsetzung größerer Gestaltungsspielraum eingeräumt, auch vertragliche Absprachen sind möglich, z. B. zwischen den Landwirten, den Wasseraufbereitern und den Kommunen. Das Europäische Parlament erhält bei künftigen Anpassungen der Richtlinie mehr Mitwirkungsmöglichkeiten. Bei Änderung der Listen der Schadstoffe, Indikatoren und Grenzwerte kann das Parlament im Rahmen des neuen Komitologieverfahrens Einspruch erheben und die Streichung einzelner Stoffe von der Liste kann nur im Mitentscheidungsverfahren mit dem Parlament erfolgen.

Einkommensverluste in der Landwirtschaft, die durch Bewirtschaftungsauflagen zum Schutz des Grundwassers entstehen, können im Rahmen der Verordnung über die Entwicklung des ländlichen Raums ausgeglichen werden. Wir haben Kompromisse gesucht und wir haben sie gefunden. Ich bin der festen Überzeugung, wir können das alles mittragen und verteidigen. Ich bitte die Übersetzungsdienste, letzte Ungereimtheiten in der sprachlichen Version noch auszugleichen. Die neue Grundwasserrichtlinie wird wirkungsvoll zum Schutz unseres Grundwassers beitragen, und deshalb bitte ich alle Kolleginnen und Kollegen: Stimmen Sie dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses zu!

 
  
MPphoto
 
 

  Stavros Dimas, Mitglied der Kommission. – (EL) Herr Präsident! Ich möchte der Delegation des Parlaments, die an der Sitzung des Vermittlungsausschusses am 17. Oktober teilgenommen hat, gratulieren und ihr meinen Dank aussprechen. Besonders möchte ich Frau Roth-Behrendt, die an der Spitze der Delegation des Parlaments stand, sowie Frau Klaß für ihre hervorragende Arbeit und das Ergebnis, das sie erreicht haben, danken.

Die Gespräche im Vermittlungsausschuss waren konstruktiv. Wie bereits von Frau Klaß gesagt, hat das Parlament bei einer Reihe wichtiger Punkte, wie beispielsweise den entscheidenden Fragen der Verhütung der Verschlechterung des Zustands des Grundwassers und der Festlegung von Qualitätsstandards für das Grundwasser, positive Resultate erzielt. Ich bin sicher, dass das Parlament die guten Ergebnisse, die von seiner Delegation erreicht wurden, billigen wird.

Die Europäische Kommission unterstützt den Text, auf den sich der Vermittlungsausschuss geeinigt hat.

 
  
MPphoto
 
 

  Péter Olajos, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (HU) Als ich vor zweieinhalb Jahren Abgeordneter des Europäischen Parlaments wurde, befürchteten meine Parlamentskollegen und ich zugegebenermaßen, wir würden Teil einer babylonischen Sprachverwirrung und kaum in der Lage sein, Entscheidungen für eine halbe Milliarde Bürger in Europa zu treffen.

Jetzt stehe ich hier und kann berichten, dass wir gestern bei der Verabschiedung des neuen EU-Chemikaliengesetzes Pate gestanden haben. Heute kann ich vielleicht zur Verabschiedung eines weiteren viel versprechenden Gesetzestextes beitragen: dem Entwurf einer Richtlinie zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung. Ich habe mich lange mit Frau Klaß ausgetauscht, der ich an dieser Stelle für ihre selbstlosen Anstrengungen danken möchte. Sie hat versucht aufzuzeigen, welche Bedeutung dieses Gesetz hat und dass wir nicht zulassen dürfen, dass unser Trinkwasser verschmutzt wird, denn ohne Wasser ist das Leben auf der Erde unmöglich.

Grundsätzlich hat zwar niemand dagegen argumentiert, aber als es um Detailfragen wie Grenzwerte für Nitrate und Schutzgebiete ging, die die eigentliche Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten betreffen, begannen einige Länder ihre eigenen Interessen über die der Gemeinschaft zu stellen.

Letztlich hat sich der gesunde Menschenverstand durchgesetzt, sodass der Kompromiss angenommen wurde. Im Ergebnisse der erfolgreichen „Triloge“ stehen jetzt alle Bürger Europas auf derselben Stufe, unabhängig davon, ob ihr Heimatland eine Grundwassersohle mit einem anderen Land teilt oder nicht. Allen steht damit Wasser in wesentlich höherer Qualität zur Verfügung, das auch deutlich sicherer ist.

Nun liegt es an den Mitgliedstaaten, wie sie das Gesetz umsetzen, den Grundwasserschutz in ihre Politik zur Entwicklung des ländlichen Raumes integrieren und die Anpassung landwirtschaftlicher Praktiken an die neue Richtlinie fördern. Ich gratuliere Frau Klaß, der Kommission und dem Rat zum Gesetz über den Schutz des Grundwassers, das von großer Bedeutung für Europa ist.

 
  
MPphoto
 
 

  María Sornosa Martínez, im Namen der PSE-Fraktion.(ES) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Frau Klaß und die übrigen Abgeordneten zu ihrer Arbeit an diesem Bericht beglückwünschen. Dank der Mitwirkung dieses Hauses, die ihn wesentlich verbessert hat, und dank der Bemühungen der Kommission, uns zu helfen, sowie dem Verständnis des Rates im Vermittlungsausschuss haben wir meiner Ansicht nach ein positives Ergebnis erreicht.

Aus dem Grundwasser kommen 65 % des gesamten Trinkwassers Europas. Dass wir eine Definition für die Verschlechterung festlegen konnten und dass die Vorsorge und Prävention jetzt als Prinzip betrachtet werden, ist ein wirklicher Erfolg. Um die Umwelt im Allgemeinen und die menschliche Gesundheit im Besonderen zu schützen, müssen wir die gefährliche Konzentration von Schadstoffen im Grundwasser verhindern und reduzieren, und ich glaube, dass diese Richtlinie genau in die richtige Richtung geht.

Die Qualität des Wassers und somit die Gesundheit der Menschen werden durch hohe Konzentrationen von Nitraten, Pestiziden, Schwermetallen, Kohlenwasserstoffen und einer langen Liste von Schadstoffen bedroht. Deshalb freue ich mich besonders über die Vereinbarung, die wir mit dem Rat erzielt haben und die es ermöglicht, eine ganze Reihe von Vorschriften zur Verhütung der Verunreinigung und zum Schutz des Grundwassers in Gang zu setzen.

Diese Vorschriften werden die Mitgliedstaaten verpflichten, den Eintrag schädlicher Substanzen in das Grundwasser zu verhüten bzw. einzuschränken. Hierbei ist es auch sehr wichtig, dass wir die unterschiedlichen hydrogeologischen Bedingungen in den verschiedenen Regionen Europas berücksichtigen, weil ein Boden, der ständig Wasser aufnimmt, und ein trockener Boden, der unter andersartigen Problemen leidet, nicht das Gleiche sind.

Weiterhin möchte ich auf die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten hinweisen, Schutzzonen in der Größe einzurichten, die die Wasserbehörde oder eine andere zuständige nationale Behörde für notwendig erachtet, um die Trinkwasserversorgung zu schützen. Dies ist meiner Meinung nach eines der wichtigsten Elemente, die eingeführt worden sind.

Abschließend rufe ich die Mitglieder auf, für diesen Bericht zu stimmen, und ich hoffe, dass die Staaten diese Maßnahmen schnellstmöglich umsetzen, um die Umwelt zu erhalten und die menschliche Gesundheit zu schützen, damit wir uns in Richtung eines nachhaltigen Europas entwickeln, das wir uns alle wünschen.

 
  
MPphoto
 
 

  Marios Matsakis, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Mein Glückwunsch an die Berichterstatterin, Frau Klaß, die Vorsitzende der Delegation des Europäischen Parlaments, Frau Roth-Behrendt, an Kommissar Dimas, den Rat und all jene, die dazu beigetragen haben, dass die Richtlinie das Vermittlungsverfahren erfolgreich durchlaufen konnte.

Viele werden sagen, dass diese Richtlinie seit langem überfällig ist, und sie haben höchstwahrscheinlich Recht. Doch wie meine englischen Kollegen ganz richtig sagen: „Better late than never“. Viele werden außerdem sagen, dass diese Richtlinie im Hinblick auf den bestmöglichen Schutz unseres Grundwassers nicht weit genug geht, und auch sie haben wahrscheinlich Recht. Doch wenn die Thematik derart kompliziert ist, so viele wichtige Dinge auf dem Spiel stehen und die Palette der Akteure derart breit gefächert ist, dann kommt es in erster Linie darauf an, sich auf einen Kompromiss zu einigen. Es wurden auch einige Kompromisse eingegangen, so beispielsweise in Bezug auf Nitrate und den Revisionszeitraum, doch sie waren Bestandteil einer insgesamt ausgewogenen und fairen Vereinbarung.

Andererseits wird in der Richtlinie erneut ganz richtig darauf verwiesen, dass Fragen wie der Schutz der öffentlichen Gesundheit als Rechtfertigung für strengere Grenzwerte für Schadstoffe wie Pestizide ausreichen. Außerdem wurde vor allem auch ganz zu Recht ein Hinweis auf die Wasserrahmenrichtlinie in einen Erwägungsgrund aufgenommen. Doch das vielleicht allerwichtigste Ergebnis ist das größere Mitspracherecht, das sich das Parlament für die künftige Entscheidungsfindung und damit bei der Gesamtüberwachung der ordnungsgemäßen und angemessenen Umsetzung sichern konnte. Die Umsetzung ist meines Erachtens ein Bereich, in dem sich Schwächen zeigen könnten, und es kann gar nicht genug betont werden, dass es auf eine sorgfältige Kontrolle und strenge Einhaltung der Vorschriften und Bestimmungen ankommt, wenn wir für uns und künftige Generationen von Europäern eine hohe Qualität unserer wertvollen Grundwasserressourcen sichern wollen.

Abschließend sei festgestellt, dass uns ein ausgewogener und höchst zufrieden stellender Kompromiss vorliegt, der unsere volle und ungeteilte Unterstützung verdient.

 
  
MPphoto
 
 

  Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Berichterstatterin Klaß, lieber Herr Kommissar! Es ist ein Riesenerfolg, dass die Grundwasserrichtlinie nicht verwässert worden ist. Die jetzt gemachten Vorschläge sind wirklich ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn wir uns natürlich noch mehr erwartet hätten.

Wir wissen: 80 % des Trinkwassers wird aus Grundwasser gewonnen, aber 40 % des Grundwassers in Europa ist aber bereits verschmutzt. In Deutschland hat die Verseuchung der Flüsse durch perfluorierte Tenside in Nordrhein-Westfalen und Bayern mehr als deutlich gemacht, in welche Gefahr unser Lebensmittel Nummer eins geraten ist. Es ist ein Erfolg, dass die Grundwasserrichtlinie nun die rechtsverbindliche Forderung enthält, den Eintrag von Schadstoffen ins Grundwasser zu verhindern. Dies ist hoffentlich ein Ausgangspunkt für strikte und effiziente Maßnahmen für nachhaltigen Wasserschutz.

Erfreulicherweise hat das Europäische Parlament die „Einkaufsliste“ der Ausnahmen aus der zweiten Lesung zusammengestrichen. Die faulen Ausreden für die Landwirtschaft bei Obergrenzen für Nitrat sind glücklicherweise vom Tisch. Auch die Landwirte müssen den eigentlich unambitionierten Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Liter einhalten. In Deutschland wurde das mit Krebs in Verbindung gebrachte Nitrat im Grundwasser bis zum Siebenfachen des zulässigen Grenzwertes gefunden. Das macht mehr als deutlich, wie Besorgnis erregend die Situation ist.

Damit unsere kostbarste Ressource wirksam geschützt ist, bräuchten wir eigentlich einen Grenzwert von unter 25 Mikrogramm pro Liter. Die Verschmutzung durch Nitrate ist weiterhin das größte und kostspieligste Problem für den europäischen Gewässerschutz. Es ist von daher meines Erachtens ein schweres Versäumnis, dass weder das Europäische Parlament noch der Rat einen Vorstoß für Nitratschutz machen wollten, um hier ambitioniertere Ziele zu setzen. Es ist aber ein großer Erfolg, dass jetzt bestätigt und festgeschrieben wurde, dass das Grundwasser an sich zu schützen ist.

Wir wissen noch immer zu wenig über die Eigenschaften unseres Ökosystems. Denn vorsorgender Grundwasserschutz ist zehnmal günstiger als nachsorgende Maßnahmen, die in vielen Fällen unmöglich sind. Die zu verabschiedende Grundwasserrichtlinie muss Ausgangspunkt für weitere Umweltschutzmaßnahmen sein. Als Berichterstatterin des Umweltausschusses werde ich im anstehenden Gesetzgebungsverfahren zu den Pestiziden ein ganz besonderes Augenmerk auf Pestizidhöchstmengen im Grundwasser legen, denn auch das wird eine wichtige Etappe sein, um zu mehr Schutz des Grundwassers zu kommen.

 
  
MPphoto
 
 

  Leopold Józef Rutowicz, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Die Richtlinie zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung ist ein notwendiges Dokument. Sie wird sich positiv auf den Zugang zu Trinkwasser und die Verwendung von Wasser in Industrie und Landwirtschaft, das in vielen Regionen der Europäischen Union knapp ist, auswirken.

Das Wasser ist in diesen Regionen eine Angelegenheit von wirtschaftlicher und humanitärer Bedeutung. Wassermangel und die schlechte Qualität des verfügbaren Wassers bedeuten, dass Wasser häufig über zum Teil beträchtliche Entfernungen dorthin transportiert werden muss, wo Menschen arbeiten und leben.

Die Richtlinie behindert nicht die Umsetzung von einzelstaatlichen Maßnahmen, die auf die konkreten Bedingungen in den einzelnen Ländern abgestimmt sind. Sie ist ein Dokument, das einen Kompromiss zwischen unseren Wünschen und der Realität darstellt. In der gebilligten Fassung ist sie ein Dokument, das es verdient, angenommen zu werden. Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Klaß, für ihre Arbeit danken. Die Fraktion Union für das Europa der Nationen wird den gemeinsam gebilligten Text der Richtlinie befürworten.

 
  
MPphoto
 
 

  Johannes Blokland, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Frau Präsidentin! Auch ich möchte Frau Klaβ herzlich zu dem erzielten Ergebnis beglückwünschen. Obgleich die Umstände hinsichtlich des Grundwassers recht verschieden sein können und die Auswirkungen nicht immer grenzüberschreitend sind, halte ich es nicht für unnütz, eine vernünftige Grundwasser-Richtlinie in Aussicht zu haben. Uns ist es sogar gelungen, die ambitioniertere Forderung unterzubringen, der zufolge sich die Grundwasserqualität nicht verschlechtern sollte. Anstatt einen Kleinkrieg zu führen, sagen wir also der Umweltverschmutzung tatsächlich den Kampf an.

Zu meiner Freude wird in der Richtlinie den speziellen Schutzmaßnahmen, die bereits in einigen Mitgliedstaaten gelten, Rechnung getragen. Ich beziehe mich hier insbesondere auf Dänemark, das wegen der unmittelbaren Gewinnung von Trinkwasser aus Grundwasser strenge Normen für Pestizide festgelegt hat.

Obgleich bereits im Vertrag vorgesehen, bestätigt diese Richtlinie zu Recht explizit, dass die Mitgliedstaaten weiter gehende Maßnahmen ergreifen dürfen.

Abschließend möchte ich hinzufügen, dass die Möglichkeit zum Zurückziehen der derzeitigen Nitrat-Richtlinie ernsthaft erwogen werden sollte. Die Zielsetzung, ein Grenzwert für Nitrat, wurde bereits festgelegt. Das Messverfahren ist jetzt auch wirksam geregelt. Die Nitrat-Richtlinie handelt nunmehr nur noch von den Instrumenten zum Erreichen dieses Ziels. Meiner Auffassung nach sollten die Mittel dem Ziel untergeordnet sein. Die Mutter kann nun beruhigt das Badewasser ausschütten, weil das Kind jetzt gewaschen ist. Die Mutter steht selbstverständlich für die Wasserrahmenrichtlinie, das Badewasser für die Nitrat-Richtlinie und die Tochter für die Grundwasser-Richtlinie.

 
  
MPphoto
 
 

  James Hugh Allister (NI).(EN) Frau Präsidentin! Die Kommission, der Rat und das Parlament haben sich alle weitschweifig zur besseren Rechtsetzung und zum Abbau von Überschneidungen geäußert. Trotzdem liegt uns eine neue Grundwasserrichtlinie vor, die nicht etwa die bereits existierenden Richtlinien – die Wasserrahmenrichtlinie und die Nitratrichtlinie – konsolidieren oder ersetzen, sondern ergänzen soll.

Anstatt an die klaren Vorgaben nur einer Richtlinie gebunden zu sein, muss der mit Überregulierung gestrafte Landwirt mit den Aspekten von vier Richtlinien zu diesem Thema klarkommen. Statt der versprochenen Vereinfachung der Gesetzgebung werden wir offenbar Zeuge einer weiteren Ausuferung. Was die Zusicherung angeht, dass durch Bewirtschaftungsauflagen entstehende Einkommensverluste der Landwirte im Rahmen der Verordnung über die Entwicklung des ländlichen Raums ausgeglichen werden können, so ist das in einem Land wie dem Vereinigten Königreich auch kein Trost, denn die Mittel für die ländliche Entwicklung stammen zu großen Teilen von den Landwirten selbst, nämlich aus der Kürzung der einheitlichen Betriebsprämie mittels der zu Unrecht als „freiwillige Modulation“ bezeichneten Regelung.

 
  
MPphoto
 
 

  Richard Seeber (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Ich möchte mich ebenfalls bei Christa Klaß für die ausgezeichnete Arbeit bedanken, die sie geleistet hat. Auf den ersten Blick stellt man sich verwundert die Frage, wer denn eigentlich gegen Grundwasserschutz sein kann. Man müsste sie natürlich sofort mit „niemand“ beantworten, aber wie wir sehen, sind manche Kollegen aus dem Vereinigten Königreich immer noch der Ansicht, dass hier Regelungen getroffen werden, die wir nicht brauchen.

Es muss doch jedem klar sein, dass unser erstes Lebensmittel, unsere wichtigste Lebensgrundlage, geschützt gehört. Es hat sich vielleicht sogar bis ins Vereinigte Königreich herumgesprochen, dass Grundwasser nicht an nationalen Grenzen Halt macht. Deshalb haben wir auch die Aufgabe, Regelungen für ganz Europa zu treffen. Es ist ein erster Schritt, der hier erreicht wurde; insofern ist der Kollegin Breyer teilweise zuzustimmen. Wir müssen weiter daran arbeiten. Aber halten wir doch einmal fest: Wir haben einheitliche Werte für Pestizide und für Nitrate festgelegt. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, je nach ihren nationalen Gegebenheiten auch für 10 weitere Schadstoffe Grenzwerte festzulegen. Es ist uns in zähen Verhandlungen gelungen, ein Verschlechterungsverbot einzuführen. All das sind doch Meilensteine in die richtige Richtung. Hier zu sagen, Europa leistet nichts, wäre wirklich ein komplett falscher Ansatz.

Ich darf auch daran erinnern, dass jetzt sogar die Möglichkeit besteht, die Einkommensverluste, von denen geredet wurde, über europäische Fonds auszugleichen. Also auch hier hilft die Europäische Union den Landwirten, die bei der Umsetzung teilweise sicher Schwierigkeiten haben, indem sie entsprechende Geldmittel bereitstellt. Die Mitgliedstaaten werden auch aufgefordert, über einheitliche Mess- und Prüfverfahren vergleichbare Regelungen zu erzielen. Meiner Ansicht nach haben wir einen sehr guten Schritt in die richtige Richtung gemacht, aber es ist eben nur ein erster Schritt, und wir müssen weiter daran arbeiten. Hier weniger Europa zu fordern, wäre meiner Ansicht nach grundfalsch.

 
  
MPphoto
 
 

  Karin Scheele (PSE). – Frau Präsidentin! Auch ich möchte mich den vielen Glückwünschen an die Berichterstatterin Christa Klaß anschließen. Mit der Annahme dieses Kompromisses des Vermittlungsausschusses kommen wir also zum Ende des Gesetzgebungsverfahrens dieses äußerst wichtigen Themas.

Grundwasser ist das empfindlichste Süßwasservorkommen der Europäischen Union, und es ist eine der Hauptquellen der öffentlichen Trinkwasserversorgung, nicht nur in meinem Land, sondern in vielen europäischen Regionen. Wesentlich für den Schutz unseres Grundwassers sind europaweit einheitliche Standards für die wichtigsten Schadstoffe. Nur so können Wettbewerbsverzerrungen und Umweltdumping verhindert werden. Grenzwerte für Nitrate und Pestizide werden durch diese Richtlinie europaweit festgelegt, für weitere Schadstoffe wie Arsen, Quecksilber, Blei und Chlorid müssen die Mitgliedstaaten eigene Schwellenwerte einführen.

Als Nitratgrenzwert werden 50 mg festgelegt. Die Ausnahmen für die landwirtschaftlichen Aktivitäten, wie sie im Gemeinsamen Standpunkt vorgesehen waren, konnten auf Verlangen und auf Druck des Europäischen Parlaments glücklicherweise gestrichen werden. Landwirtschaftliche Aktivitäten sind in vielen Regionen Europas noch immer hauptverantwortlich für die Verschmutzung unseres Grundwassers. Um das Grundwasser besser zu schützen, müssen in vielen Gebieten die land- und forstwirtschaftlichen Praktiken geändert werden.

Die Richtlinie zum Schutz des Grundwassers verpflichtet die Mitgliedstaaten, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um Einträge gefährlicher Stoffe in das Grundwasser zu verhindern. Die Mitgliedstaaten sind in Zukunft verpflichtet, diese Maßnahmen tatsächlich zu treffen und müssen nicht mehr nur darauf abzielen. Auch das ist ein wesentlicher Erfolg des Vermittlungsverfahrens.

Das Recht der Mitgliedstaaten auf das Ergreifen strengerer Maßnahmen ist schon in den Verträgen festgelegt. Trotzdem freut es mich, dass dieses Prinzip explizit in der Grundwasserrichtlinie nochmals verankert wurde.

 
  
MPphoto
 
 

  Anne Laperrouze (ALDE).(FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Wasser gehört zu den reichhaltigsten Ressourcen unseres Planeten: Die Meere und Ozeane bedecken 70 % der Erdoberfläche und produzieren drei Viertel des Sauerstoffs, den wir einatmen. Dennoch können wir heute nur 1 % der Wasservorräte nutzen. Durch zahlreiche menschliche Aktivitäten wird ein gewaltiger Druck auf diese Ressource ausgeübt. Verschmutztes Wasser kehrt unabhängig von der Art der Verschmutzung auf die eine oder andere Weise in die Natur zurück, was sich schädlich auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt auswirken kann.

Dieser Richtlinienvorschlag ist ein Fortschritt für den Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung, indem er vor allem in Artikel 6 das Vorsorgeprinzip festschreibt. Künftig wird es den Mitgliedstaaten obliegen, die notwendigen Maßnahmen zur Verhütung und Begrenzung der Einträge gefährlicher Stoffe zu ergreifen, indem sie Zonen festlegen, in denen der Schutz der Grundwasservorkommen garantiert ist. Die Landwirte können Entschädigungen für Einkommensverluste erhalten, die auf die in den Schutzzonen, vor allem in Trinkwasserschutzgebieten, geltenden Einschränkungen zurückzuführen sind. Das Europäische Parlament wird ebenfalls stärker in künftige Entscheidungen eingebunden, denn es kann bei einer Änderung der Schadstofflisten Einspruch erheben.

Ich möchte unserer Berichterstatterin, Frau Klaß, sowie Herrn Florenz und Frau Roth-Behrendt zu ihrer Beharrlichkeit in den Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission beglückwünschen. Die Delegation des Europäischen Parlaments hat erreicht, dass den Mitgliedstaaten strengere Verpflichtungen bezüglich des Schutzes des Grundwassers auferlegt wurden. Unter diesen Bedingungen empfehle ich die Annahme des gemeinsamen Entwurfs in dritter Lesung.

 
  
MPphoto
 
 

  Carl Schlyter (Verts/ALE).(SV) Frau Präsidentin! Nachdem wir nun eine Übereinkunft erreicht haben, ist es wichtig, dass diese vernünftig umgesetzt wird. Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass die Mitgliedstaaten gezwungen wären, immer dann Maßnahmen zu ergreifen, wenn sich eine Überschreitung der Grenzwerte andeutet, und nicht erst, wenn das Grundwasser bereits unwiderruflich geschädigt ist. Dennoch birgt dieser Kompromiss Vorteile in sich. Besonders freue ich mich, dass damit Länder die Möglichkeit erhalten, gefährliche Chemikalien in ihrem gesamten Territorium zu verbieten, um ihr Trinkwasser zu schützen. Das halte ich für einen guten Zusatz.

Wir dürfen nicht vergessen, dass der Klimawandel künftig ein weiterer Faktor bei der Verschmutzung des Grundwassers sein kann. Wir müssen etwas gegen den Klimawandel tun, denn es werden weitere Probleme entstehen, wenn Überschwemmungen beispielsweise Giftlager in Fabriken überspülen und die Giftstoffe in unsere Wasserläufe gelangen und dann in das Grundwasser sinken. Als Erstes brauchen wir also die Grundwasserrichtlinie, aber wir müssen auch die Klimaprobleme lösen, wenn wir in der Zukunft eine Chance haben wollen, das Grundwasser zu schützen.

 
  
MPphoto
 
 

  Kathy Sinnott (IND/DEM).(EN) Frau Präsidentin! Auch ich möchte Frau Klaß und dem Team des Parlaments danken. An diesem Punkt des Prozesses wurde bereits soviel gesagt, dass ich meine Redezeit nutzen will, um nochmals an einige grundlegende Merkmale des Grundwassers zu erinnern.

Wir dürfen nicht vergessen, dass sich Grundwasser erheblich von Oberflächenwasser unterscheidet, das einen sich ständig erneuernden Zyklus aus Abfluss, Verdunstung, Niederschlag und Abfluss durchläuft. Nur ein Teil des Grundwassers ist erneuerbar, und es kann sehr lange dauern, bis das Wasser durch die Schichten der Erdkruste durchgesickert ist, um die unterirdische Quelle aufzufüllen, der wir ganz schnell zu viel Wasser entnehmen können. Einige Grundwasserquellen können nicht aufgefüllt werden. Wir legen Brunnen an, die, einmal erschöpft, austrocknen.

Abschließend ein Wort zur Verschmutzung. Sie ist keine Einbahnstraße. Grundwasser ist entweder unbedenklich oder es ist es nicht. Während der internationalen UNO-Dekade für Wasser in den 80er-Jahren wurden in einigen Teilen des an Wasser armen Indiens Brunnen gebohrt. Gegen Ende der Dekade wiesen viele Menschen erste Symptome der Skelettsklerose auf. Inzwischen leiden sechs Millionen Menschen an einer schweren und 66 Millionen Menschen an einer leichteren Skelettsklerose, die auf natürlich verschmutztes Wasser zurückzuführen ist. Natürlich dürfen wir bei unserer Suche nach neuen Wasserquellen nicht vergessen, dass das Grundwasser vor Verschmutzung geschützt werden muss, aber wir sollten auch bedenken, dass die Verschmutzung keine Einbahnstraße ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Proinsias De Rossa (PSE).(EN) Frau Präsidentin! Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Klaß, sowie Frau Roth-Behrendt, der Vorsitzenden des Vermittlungsausschusses, für diesen sehr guten Bericht und die Einigung danken, die mit dem Rat erzielt wurde. Sauberes Wasser ist von entscheidender Bedeutung für unser Leben, und wir hier in Europa sind in der glücklichen Lage, dass wir, relativ gesehen, über reichliche Vorräte verfügen. Wir müssen die Qualität dieser Vorräte erhalten, ja verbessern und die bereits angerichteten Schäden revidieren. Meines Erachtens wurde gerade in Irland durch illegale Mülldeponien und das Ausbringen großer Mengen Schweinegülle durch die Landwirtschaft beträchtlicher Schaden angerichtet.

Trotz der Zugeständnisse an den Rat erzielen wir meines Erachtens noch immer ein hohes Maß an Schutz für die Umwelt und unsere Wasservorräte. Die wichtigsten Punkte betreffen die Auflage für die Mitgliedstaaten, das Wasser vor Verschlechterung zu schützen, dafür zu sorgen, dass sich die Qualitätsstandards für Nitrate an der Wasserrahmenrichtlinie orientieren, sowie die Forderung nach Durchführung einer Überprüfung alle sechs Jahre.

Abschließend möchte ich auf die verbesserte Rolle des Parlaments im Rahmen des neuen Komitologieverfahrens verweisen.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet heute Mittag statt.

(Die Sitzung wird um 11.00 Uhr unterbrochen und um 11.30 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: JOSEP BORRELL FONTELLES
Präsident

 

10. Begrüßung
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Ich möchte eine Delegation des afghanischen Parlaments unter der Leitung des Präsidenten der Nationalversammlung von Afghanistan, Herrn Mohammad Yonus Qanoni, auf der Ehrentribüne begrüßen.

(Lebhafter Beifall)

Herr Mohammad Yonus Qanoni wird begleitet von vier weiteren Mitgliedern des afghanischen Parlaments. Morgen werde ich die Freude haben, mit dieser Delegation persönlich zusammenzutreffen. Sie hat bereits einen Meinungsaustausch mit dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und dem Entwicklungsausschuss geführt.

Wir heißen Sie herzlich willkommen und laden Sie ein, auf der Ehrentribüne der Verleihung des Sacharow-Preises an Herrn Milinkewitsch und danach der wichtigen Debatte über den Jahresbericht der Europäischen Union über die Menschenrechte beizuwohnen.

 

11. Abstimmungsstunde

11.1. Benennung des bulgarischen Mitglieds der Kommission (Abstimmung)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die Abstimmungsstunde.

(Abstimmungsergebnisse und sonstige Einzelheiten der Abstimmung: siehe Protokoll)

Wir werden mit den Vorschlägen für Beschlüsse zur Benennung der von Bulgarien bzw. Rumänien designierten neuen Mitglieder der Kommission beginnen. Im Namen der Kommission wird ihr Präsident, Herr Barroso, das Wort ergreifen.

 
  
MPphoto
 
 

  José Manuel Barroso, Präsident der Kommission. (EN) Herr Präsident! Sie sind heute aufgerufen, Ihre Meinung zur Ernennung der beiden von Bulgarien und Rumänien nominierten Kommissare, Frau Meglena Kunewa und Herr Leonard Orban, zu äußern. Das ist das erste Mal, dass ein Beitrittsvertrag ausdrücklich die Anhörung des Europäischen Parlaments zur Ernennung von Kommissionsmitgliedern aus den neuen Mitgliedstaaten vorsieht. Ich begrüße diese neue wichtige Rolle Ihrer Institution von Herzen, denn sie stärkt sowohl die demokratischen Rechte des Parlaments als auch die Rechenschaftspflicht der Kommission.

Ich stehe vor Ihnen und bitte Sie, unseren beiden neuen Kollegen Ihre Zustimmung zu geben. Ich tue dies, weil ich aufrichtig glaube, dass sie beide den höchsten Anforderungen genügen. Die Billigung der Ernennung der beiden designierten Kommissare durch das Parlament wird dem Rat deren offizielle Ernennung ermöglichen. Damit werden Frau Kunewa und Herr Orban ab 1. Januar 2007 Vollmitglieder der Kommission sein.

Als Präsident der Kommission erfüllt es mich mit Freude und Stolz, Frau Kunewa und Herrn Orban – zwei bemerkenswerte Persönlichkeiten – in meinem Team begrüßen zu können. Beide haben sich mit enormem Engagement dafür eingesetzt, dass ihre Länder die letzten Vorbereitungen für den Beitritt erfolgreich abschließen können. Mit ihren Erfahrungen und ihrer europäischen Überzeugung werden beide einen wertvollen Beitrag zu den kollektiven Anstrengungen der Kommission um die europäische Zukunft leisten. Dazu zählt auch die Lösung der institutionellen Frage, die für ein demokratischeres, transparenteres und effizienteres Europa notwendig ist.

Im Verlaufe der letzten Wochen hatten viele von Ihnen Gelegenheit, die beiden designierten Kommissare auf bilateraler Ebene oder im Rahmen von Anhörungen kennen zu lernen. Frau Kunewa und Herr Orban haben die jeweiligen Verfahren in den entsprechenden Ausschüssen erfolgreich absolviert. Ich bin der festen Überzeugung, dass beide Kandidaten im Verlaufe der Anhörungen ihre persönliche Integrität und Unabhängigkeit, ihre allgemeine Kompetenz und professionelle Erfahrung sowie ihr tiefes und aufrichtiges Engagement für Europa nachgewiesen haben.

Die Förderung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt in der Europäischen Union berührt den Kern unserer europäischen Werte und Identität und bildet eine Voraussetzung für die Vermittlung des europäischen Gedankens und den multikulturellen Dialog. Ich bin sicher, dass Herr Orban der richtige Mann für diese Aufgabe ist.

Der Schutz der Verbraucherrechte zählt zu den wichtigsten Interessen jedes einzelnen Bürgers. Ich bin sicher, dass Frau Kunewa die beste Person für diese Aufgabe ist.

Der 1. Januar 2007 wird ein Tag von wahrhaft historischer Tragweite sein. Der Beitritt von Bulgarien und Rumänien wird die fünfte Erweiterung der Europäischen Union abschließen. Die Erweiterung hat nicht nur zu Frieden, Wohlstand und Stabilität in ganz Europa beigetragen, sondern stellt auch für jeden von uns eine soziale, ökonomische und kulturelle Bereicherung dar. Mit dem bulgarischen und rumänischen Beitritt zur Europäischen Union werden sich die Bestrebungen und Hoffnungen so vieler Menschen erfüllen, die seit langem für Freiheit in Europa kämpfen.

Die neuen Mitgliedstaaten werden damit fest in der europäischen Wertegemeinschaft verankert sein, die die Grundlage allen Tuns der Europäischen Union bildet. Ihr rechtmäßiger Platz im Herzen dieser Gemeinschaft wird ihnen neues Selbstvertrauen und dynamische Impulse verleihen, die sie, da bin ich mir sicher, zum Wohle der gesamten Union einsetzen werden.

(Beifall)

 
  
MPphoto
 
 

  Hans-Gert Poettering, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident! Um ehrlich zu sein, bin ich etwas überrascht, dass ich hier sprechen soll. Aber das Leben ist immer voller Überraschungen. Ich habe mit Freude gehört, was der Kommissionspräsident gesagt hat. Die Anhörungen haben stattgefunden, und die Ergebnisse waren so, dass sowohl Frau Kunewa als auch Herr Orban die Zustimmung der zuständigen Ausschüsse bekommen haben. Es ist für mich eine Ehre und eine Freude, unser Ja zu diesen beiden Kommissaren geben. Wir werden als EVP-ED-Fraktion bemüht sein, sehr gut mit beiden zusammenzuarbeiten. Unser guter Wille ist da, und wir sagen ja zur Benennung dieser beiden Persönlichkeiten!

(Beifall)

 
  
MPphoto
 
 

  Martin Schulz, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Anhörung von Kommissionsmitgliedern ist ein wichtiges Recht des Europäischen Parlaments, das dieses Parlament ernst nimmt. Wir stellen fest, dass die Kommission dieses Recht des Europäischen Parlaments auch ernst nimmt. Das ist der Grund, weshalb Herr Vosgenian als erster Bewerber aus Rumänien gar nicht erst den Weg bis zu Anhörung gefunden hat, denn die hätte er nicht überstanden. Dass Sie, Herr Kommissionspräsident, die Konsequenzen gezogen und aktiv geworden sind, um einen anderen Bewerber zu bekommen, war ein richtiger Schritt, und es zeigt, dass die demokratischen Strukturen in Europa funktionieren, wenn die Institutionen ihre Aufgaben ernst nehmen.

Dieses Anhörungsverfahren ist keine Formalität, sondern ein echtes Prüfverfahren. Beide Kandidaten, Frau Kunewa und Herr Orban haben dieses Prüfverfahren nach Ansicht der Sozialdemokratischen Fraktion gut durchlaufen. Sie sind nach unserer Einschätzung den Aufgaben, die man ihnen zuweist, gewachsen. Deshalb werden wir in der Abstimmung für die Benennung dieser beiden Bewerber stimmen.

Dennoch bleibt zu sagen, dass das Portfolio, das der Kommissionspräsident Herrn Orban übertragen hat, auch durch den Brief, den Sie, Herr Barroso, als Antwort auf die aufgeworfenen Fragen geschrieben haben, nicht klarer wird. Das zeigt, dass die Suche nach dem Portfolio bei einer Kommission von 27 Mitgliedern nur eine Interpretation zulässt: Diese Kommission wird auf der Grundlage des Vertrags von Nizza gebildet. Dieser Vertrag war nach der Einschätzung derjenigen, die ihn verfasst haben, schon für fünfzehn Staaten nicht geeignet. Er ist erst recht nicht geeignet für 27 Staaten.

(Beifall)

Deshalb befinden wir uns institutionell an einer Grenze. Man darf diese Kritik nicht verschweigen, aber sie geht nicht zu Lasten von Frau Kunewa und Herrn Orban, denen man das auch nicht negativ anrechnen darf.

Nun, Herr Orban und Frau Kunewa, wir wissen nicht erst seit den Anhörungen, dass Sie keine glühenden Anhänger der sozialdemokratischen Bewegung sind. Das sei Ihnen verziehen, das Recht auf Irrtum hat jeder Mann und jede Frau. Dennoch appellieren wir an Sie, dass Sie, wenn Sie Mitglieder des gesamten Kollegiums sind, darauf achten, dass dieses Kollegium die in Europa notwendige politische Balance zwischen dem ökonomischen und dem sozialen Verantwortungsbereich nicht aus den Augen verliert. Wir vertrauen mit unserer Stimme, die wir für Sie abgeben, auf diese Ihre Einsicht.

(Beifall)

 
  
MPphoto
 
 

  Graham Watson, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Die heutige Abstimmung über die Kandidaten für die Positionen von zwei Kommissaren und zwei Mitgliedern des Rechnungshofs unterstreicht die Tatsache, dass der Beitritt von Rumänien und Bulgarien unmittelbar bevorsteht.

Sowohl Meglena Kunewa als auch Leonard Orban waren umfassend an den Beitrittsverhandlungen ihres jeweiligen Landes beteiligt. Beide Länder standen vor einer sehr schwierigen Aufgabe, zumal wenn man bedenkt, welche Wegstrecke jedes der beiden Länder bis zum Beitritt zurückgelegt hat. Der Weg war schwieriger als erwartet und nahm zwei Jahre mehr in Anspruch als bei den anderen Ländern, die aus dem ehemaligen Europa hervorgegangen sind.

Wir müssen jetzt lernen, unsere Union einer größeren Mitgliedschaft – einem volleren Haus –anzupassen, in der familiäre Streitereien nicht ausbleiben werden. Alle müssen lernen, dass man nur nehmen kann, wenn man auch gibt. Ob wir nun ein volles Haus haben, darüber lässt sich natürlich streiten, und vielleicht könnte uns Herr Brok gegen Wochenende diesbezüglich einige Erläuterungen geben.

Es ist nur gerecht, dass diejenigen, die die Bürde der Beitrittsverhandlungen getragen haben, auch einige Früchte ihrer Arbeit ernten. Frau Kunewa und Herr Orban stellen eine Bereicherung für Europa dar. Das umfassende Wissen, das sie im Rahmen der Gespräche erworben haben, dürfte ihnen bei der kollektiven Entscheidungsfindung in den oberen Etagen des Berlaymont-Gebäudes zugute kommen.

Ob sie in Präsident Barrosos Kartenhaus nun lieber die Herzkönigin oder Pikass sein wollen, das müssen sie selbst entscheiden, aber ich bin überzeugt davon, dass Rumänien und Bulgarien eine Bereicherung für die Union sein werden und keine Belastung, wie uns einige glauben machen wollen.

Ich weiß, dass sich einige in diesem Haus mit dem Gedanken tragen, gegen einen der Kandidaten für den Rechnungshof zu stimmen. Wenn es uns mit der Aufnahme von zwei Ländern in die Union ernst ist, dann sollten wir sie auch richtig aufnehmen und keine Spielchen mit den Kandidaten spielen.

Ich möchte Präsident Barroso, der überlegt, wie er die Talente seiner zwei neuesten Mitstreiter nutzen kann, daran erinnern, dass es nicht genügend Aufgabenbereiche für 27 Kommissare gibt. Deshalb haben wir die Bestimmungen der Verfassung zur Verkleinerung des Kollegiums befürwortet. Bitte sorgen Sie dafür, dass die Mitglieder der Kommission im Interesse der Gemeinschaft handeln und nicht als Vertreter ihrer Heimatländer; nehmen Sie eine Definition der jeweiligen Aufgaben vor, und zwar präziser als in Ihrem Schreiben an Präsident Borrell, in dem Sie angeblich die Rolle des interkulturellen Dialogs „präzisieren“. Das hat bei vielen von uns für mehr Fragen als Antworten gesorgt. Wir wünschen Ihnen jedoch Erfolg. Wir wünschen den beiden neuen Kommissionsmitgliedern Erfolg, und wir erwarten, dass Sie tun, was erforderlich ist, um die europäische Sache voranzubringen.

(Beifall)

 
  
MPphoto
 
 

  Monica Frassoni, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Vorsitzende der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz wird der Aufnahme von Frau Kunewa und Herrn Orban in die Kommission zustimmen.

Wir möchten sie zu ihrer Benennung beglückwünschen, und wir hoffen, dass sie sich in ein Team einzubringen vermögen, dessen innere Geschlossenheit, Motivation und Vision von Europa leider weder unseren Vorstellungen noch den Erfordernissen der Union genügen.

Daher ist unsere heutige Zustimmung eher ein Willkommensgruß an die beiden neuen Mitgliedstaaten, die hier durch die beiden neuen Kommissionsmitglieder vertreten werden, als ein Zeichen unserer Unterstützung für die gegenwärtige Kommission und deren Politik.

Frau Kunewa, Sie werden sehr schnell feststellen, dass in der Kommission, deren Mitglied Sie heute werden, die Industrielobby viel leichteren Zugang und ein wesentlich leichteres Leben hat als die Verbraucherbewegungen. Ich hoffe, dass Sie frischen Wind bringen und fähig sein werden, sich dem in gewisser Weise entgegenzustellen.

Herr Orban, Sie werden schnell erkennen, dass der Schutz der kulturellen Dimension der Europäischen Union ein sehr schwieriges Unterfangen ist, in einer Kommission, die vielleicht einem Teil unserer Welt mehr Offenheit entgegenbringt als anderen.

Herr Präsident, unser heutiges Zustimmungsvotum bedeutet für uns zugleich, in gewisser Weise einen Präzedenzfall zu schaffen, indem wir über die einzelnen Kommissionsmitglieder abstimmen; das haben wir oft gefordert und können es hoffentlich in Zukunft durchsetzen.

(Beifall)

 
  
MPphoto
 
 

  Francis Wurtz, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(FR) Herr Präsiden, Herr Kommissionspräsident! Im Namen der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke heiße ich die beiden neuen Kommissionsmitglieder, Frau Kunewa und Herrn Orban, willkommen. Meine Fraktion wird diesen beiden Ernennungen zustimmen.

Ich hätte es vorgezogen, dass der Kommissionspräsident den Abschluss dieser Erweiterungsetappe nutzt, um eine Grundsatzdebatte über eine Zwischeneinschätzung seines Kollegiums zu führen, um gegebenenfalls die Karten in der erweiterten Kommission neu zu mischen und letztlich sein gesamtes Team dem Votum der Abgeordneten zu unterziehen. Zu einem Zeitpunkt, da sich so viele Fragen zur Funktionsweise, zu den Orientierungen und zur Zukunft der Union stellen, hätte das weder der Autorität der Kommission noch der parlamentarischen Demokratie geschadet. Es wurde anders entschieden, das nehmen wir zur Kenntnis. Dennoch alles Gute für Frau Kunewa und Herrn Orban.

(Beifall)

 
  
MPphoto
 
 

  Brian Crowley, im Namen der UEN-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Der heutige Tag stellt einen weiteren Schritt auf dem Weg von Bulgarien und Rumänien zurück in die Familie der demokratischen Nationen innerhalb der Europäischen Union dar. Ich begrüße die Ernennung der designierten Kommissarin Kunewa und des designierten Kommissars Orban, und ich hoffe, dass keiner der Kollegen hier in diesem Saal versucht, politisch gegen sie und die wichtige Rolle, die sie übernehmen werden, zu punkten.

Das gilt vor allem für die Achtung der Vielfalt, die in der Europäischen Union des 21. Jahrhunderts notwendig ist und die den Kern des Aufgabenbereichs von Kommissar Orban bilden wird, und ich fordere alle Kollegen auf, sich ihm sowie allen Kommissaren gegenüber möglichst großzügig zu zeigen. Vor allem bitte ich Sie, Herrn Orban gegenüber hilfsbereit zu sein und neue Wege für den Schutz dieser Vielfalt in der Europäischen Union vorzuschlagen.

An diesem wichtigen Punkt kommt es darauf an, dass sich alle Völker Europas zusammenschließen und verstehen, dass ganz gleich, was uns aufgrund unterschiedlicher Ideologien, unterschiedlicher politischer Ansichten oder gar unterschiedlicher Religionen trennt, die Dinge, die uns verbinden, die uns einen, viel mächtiger und bedeutender sind, sodass wir eine Wendung hin zum Guten bewirken können, und zwar nicht nur in Europa, sondern weltweit. Anstatt uns in die Politik zu verbeißen, sollten wir an das große Ganze denken. Lassen Sie uns die Chancen nutzen, die sich Rumänien und Bulgarien heute bieten, aber lassen Sie uns vor allem die Chancen nutzen, die sich der Europäischen Union bieten, sich zu einem Leuchtfeuer der Hoffnung, der Demokratie, der Freiheit, der Achtung der Menschenrechte in der ganzen Welt zu entwickeln. Insbesondere sollten wir dafür Sorge tragen, dass wir dies gemeinsam zum Wohle der Menschheit tun können.

(Beifall)

 
  
MPphoto
 
 

  Jeffrey Titford, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Wir sind heute aufgefordert, der Ernennung der Mitglieder der Europäischen Kommission aus Bulgarien und Rumänien zuzustimmen. Nun, ich bin dagegen. Ich habe wie viele meiner Kollegen in der Fraktion Unabhängigkeit und Demokratie gegen den Beitritt von Bulgarien und Rumänien gestimmt.

Meine Kollegen und ich von der UK Independence Party wurden 2004 verleumdet, weil wir den Beitritt abgelehnt haben, aber dafür hatten wir mehrere Gründe. Nicht zuletzt sind wir strikt gegen das Streben der Europäischen Union nach immer mehr Macht, weil sie eine durch und durch undemokratische Organisation ist, die die Selbstverwaltung unterminiert. Wir haben auch deshalb dagegen gestimmt, weil wir wussten, dass eine Massenmigration aus einigen der neuen Mitgliedstaaten nach Großbritannien einsetzen würde – eine Massenmigration, der die Infrastruktur meines Landes nicht gewachsen sein würde. Zwei Jahre später geben uns die Ereignisse Recht: Im ersten Jahr der Mitgliedschaft sind schätzungsweise 650 000 Menschen aus den Beitrittsländern nach Großbritannien gekommen. Außerdem hat die Abwanderung qualifizierter Kräfte ein solches Ausmaß angenommen hat, dass der polnische Präsident jetzt seine Landsleute auffordert, in ihr Heimatland zurückzukehren. Das ist eine lächerliche Situation.

Stellen die machtbesessenen EU-Bürokraten eigentlich je die Frage nach dem immensen sozialen Preis ihres Tuns? Wir stehen jetzt an der Schwelle einer Tragödie: Zwei weitere Länder, die erst kürzlich das Joch des Kommunismus abgeworfen und ihre Freiheit erkämpft haben, sind drauf und dran, diese wegzuwerfen und sich dem Joch von Brüssel zu unterwerfen, das sie mit seiner Bürokratie und seinem erbarmungslosen Streben nach Macht erdrücken wird. Es wird nicht lange dauern, bis Bulgarien und Rumänien erkennen, was für ein Fehler es war, sich dem Willen einer intoleranten Europäischen Kommission zu unterwerfen. Das wird so sein, als ob sie den eisernen Vorhang gegen einen riesigen Vorhang aus Papier tauschen, der möglicherweise eine ebenso große Gefahr für die bürgerlichen Freiheiten und den Wohlstand darstellt wie sein Vorgänger.

Freiheit ist unteilbar. Man sollte sie nie dem Streben nach wirtschaftlichen Vorteilen opfern, vor allem dann nicht, wenn sie zu einem derart hohen Preis errungen wurde.

(Beifall)

 
  
MPphoto
 
 

  Bruno Gollnisch (NI).(FR) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zwei kurze Bemerkungen zu dem hinzufügen, was Herr Titford soeben bezüglich der beiden Kommissare gesagt hat, die aus zwei befreundeten Nationen stammen – einer slawischen und einer romanischen –, die sich erst unlängst vom Joch des Kommunismus befreit haben und denen wir wünschen, dass sie nicht unter ein anderes Joch geraten.

Die erste Bemerkung ist, dass das Portefeuille von Herrn Orban, die Mehrsprachigkeit, vorrangig dem Erlernen und dem Gebrauch der Nationalsprachen der Mitgliedstaaten, auch innerhalb der europäischen Institutionen, dienen muss. Werte Kolleginnen und Kollegen, wir werden nachher über die Ernennung von zwei Mitgliedern des Rechnungshofs abzustimmen haben. Ich habe hier die französische Version der entsprechenden Berichte vorliegen: Der eine über den bulgarischen Kandidaten wurde von einem spanischen Berichterstatter, Herrn Pomés Ruiz, erstellt; der andere über den rumänischen Kandidaten von einem ungarischen Berichterstatter! In diesen französischen Fassungen sind die Lebensläufe der Mitglieder des Rechnungshofs und die Fragebogen in Englisch abgefasst. Da haben wir ein wichtiges Betätigungsfeld für Herrn Orban, das darin besteht, zu gewährleisten, dass die sprachliche Vielfalt in unseren Institutionen respektiert wird!

Viel Glück möchte ich auch Frau Kunewa wünschen. Es war für sie sehr schwer, während der Verhandlungen die Interessen ihrer bulgarischen Landsleute zu verteidigen: Ich hoffe, es wird ihr leichter fallen, die Interessen der europäischen Verbraucher zu verteidigen.

Abschließend möchte ich feststellen, dass wir gegen die Anwendung des dem Vertrag von Nizza beigefügten Protokolls sind, das vorsieht, dass von dem Zeitpunkt an, da die Europäische Union 27 Mitglieder zählt, die Zahl der Kommissare unter der Zahl der Mitgliedstaaten liegen wird, was darauf hinausläuft, dass einige von ihnen nicht in dieser Institution vertreten sein werden. Uns bleiben noch zweieinhalb Jahre, um nachzuweisen, dass diese Maßnahme vollkommen unnütz ist und im Gegensatz zur Gleichheit der Nationen steht, von der sich unsere internationale Organisation leiten lassen muss.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Wir kommen nun zur Abstimmung über den Vorschlag für einen Beschluss zur Benennung des von der Republik Bulgarien vorgeschlagenen neuen Kommissionsmitglieds, Frau Meglena Kunewa. Die Abstimmung erfolgt namentlich gemäß Artikel 99 Absatz 4 der Geschäftsordnung.

(Das Parlament nimmt den Beschluss an.)

(Lebhafter Beifall)

Vielen Dank. Herzlichen Glückwunsch, Frau Kunewa. Nur wenige Kommissionsmitglieder haben solch einen anhaltenden und lebhaften Beifall erhalten wie Sie.

 

11.2. Benennung des rumänischen Mitglieds der Kommission (Abstimmung)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Wir setzen die Abstimmung fort und stimmen über den Vorschlag für einen Beschluss zur Benennung des von Rumänien vorgeschlagenen neuen Kommissionsmitglieds, Herrn Leonard Orban, ab.

(Das Parlament nimmt den Beschluss an.)

(Lebhafter Beifall)

Vielen Dank und auch Ihnen herzlichen Glückwunsch, Herr Orban.

(Die Sitzung wird kurz unterbrochen und mit der feierlichen Verleihung des Sacharow-Preises um 12.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 

12. Feierliche Sitzung – Verleihung des Sacharow-Preises 2006
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Meine Damen und Herren, Herr Präsident der Kommission, meine Damen und Herren Kommissionsmitglieder! Es ist für das Europäische Parlament eine große Freude, den Träger des Sacharow-Preises 2006, Herrn Milinkewitsch, Führer der Opposition der Vereinigten Demokratischen Kräfte in Belarus, willkommen zu heißen.

Glauben Sie mir, Herr Milinkewitsch, wenn ich sage, dass wir besonders glücklich sind, Sie heute bei uns zu empfangen.

(Beifall)

Es gab Zeiten, da wir dachten, dass es Ihnen nicht möglich sein würde zu kommen. Die Träger unseres Sacharow-Preises sind häufig nicht in der Lage, den Preis hier in Empfang zu nehmen. Aung San Suu Kyi, Wei Jingsheng und die Damen in Weiß konnten an dieser Zeremonie leider nicht teilnehmen.

Wir sollten dessen eingedenk sein, dass wir Europäer, die wir in gefestigten Demokratien leben, die Menschenrechte oft als gegeben hinnehmen und als etwas Selbstverständliches und Unbestreitbares betrachten, wie die Luft zum Atmen. Wir erfreuen uns unserer politischen und bürgerlichen Freiheiten und vergessen zuweilen, welchen Preis es kostet, sie zu erringen, und es ist für uns normal, sie in Anspruch zu nehmen. Wir gewöhnen uns sehr schnell an die guten Dinge, und selbst Länder, die ihre Freiheit später errungen haben, genießen sie, als wäre es nie anders gewesen und als lebten alle so.

Wir dürfen aber nicht vergessen, dass Milliarden von Menschen auf unserem Planeten die Freiheit, der wir uns erfreuen, nicht haben.

Unsere Union basiert auf der Achtung der Menschenrechte. Sie zu verteidigen und sie in der ganzen Welt zu fördern, ist Teil unseres Daseinszwecks. Nicht nur aus moralischen Gründen, sondern auch in unserem eigenen Interesse. Es ist der innigste Wunsch Europas, dass die gesamte Menschheit in einer Freiheit wie der unseren leben kann.

Deshalb ist der Sacharow-Preis ein Ausdruck des Eintretens und des Engagements der Europäischen Union für die Menschenrechte, und dieses Jahr wird er jemandem verliehen, der sein Leben dem Kampf für die Freiheit in seinem Land gewidmet hat.

Jeder weiß, dass die Präsidentschaftswahlen vom März in Belarus weder frei noch fair waren und dass die Europäische Union keine Beobachter entsenden konnte, da ihnen die Einreise in das Land verweigert wurde.

Herr Milinkewitsch hatte den Mut, die letzte Diktatur in Europa herauszufordern; es ist ihm gelungen, die demokratischen Oppositionskräfte zu vereinen, um die politischen Rechte und Freiheiten in seinem Land wiederherzustellen.

Er stand an der Spitze von Massendemonstrationen und wurde inhaftiert, weil er seine Landsleute zur Verteidigung ihrer Grundrechte aufrief.

Herr Milinkewitsch, Sie sind zu einem Symbol des Widerstands gegen die Unterdrückung und der Hoffnung auf eine demokratische Zukunft geworden.

Wir teilen Ihr Bestreben, für die belarussische Gesellschaft das Recht auf eine demokratische Wahl ihrer Führer, das Recht auf unabhängige Informationen, das Recht auf die Bildung von Nichtregierungsorganisationen und das Recht auf eine unabhängige und unparteiische Gerichtsbarkeit zu erkämpfen.

Dafür ist das Europäische Parlament stets eingetreten. Wir haben gegen die Gewalt, die willkürlichen Festnahmen und die politisch motivierten Urteile des belarussischen Regimes gegen Menschen, die für die Grundrechte in diesem Land kämpfen, unseren Protest zum Ausdruck gebracht.

Der Preis, der Ihnen heute verliehen wird, ist ein Zeichen unserer Unterstützung für alle Menschen, die Seite an Seite mit Ihnen kämpfen.

Es ist nicht das erste Mal, dass wir diesen Preis an Personen aus Belarus vergeben. 2004 verlieh dieses Parlament den Sacharow-Preis an den belarussischen Journalistenverband, an Journalisten, die bei der Ausübung ihres Berufs ihr Leben riskierten, um die Wahrheit aufzudecken und sie zu verbreiten.

Heute, zwei Jahre später, bringen wir erneut unsere vorbehaltlose Unterstützung für den Kampf um die Demokratie in Belarus zum Ausdruck, denn die Lage hat sich seit damals nicht verbessert.

Noch immer wird die Todesstrafe in diesem Land regelmäßig vollstreckt. Ich möchte die Verhaftung und Verurteilung von Alexander Kosulin anprangern, der sich zurzeit im Gefängnis im Hungerstreik befindet, und möchte Ihnen gegenüber unsere Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass die Zukunft von Belarus in einem Leben in Freiheit und Wohlstand gemeinsam mit dem demokratischen Europa liegt.

Sie sind Wissenschaftler, Herr Milinkewitsch, wie es auch Andrej Sacharow war. Beide vertreten Sie die gleichen Ansichten, die gleichen Werte, haben Sie die gleiche Ausbildung, und Sie mussten die gleichen tragischen Folgen erfahren, die die Konfrontation mit einem totalitären Regime bedeutet.

Heute wird der Preis, der den Namen des Wissenschaftlers Sacharow trägt, einem anderen Wissenschaftler überreicht, aber vor allem steht er für die Hoffnung auf ein demokratisches Belarus und ist allen Menschen gewidmet, die gemeinsam mit Ihnen dafür kämpfen, dass es Wirklichkeit wird.

Sie haben das Wort, Herr Milinkewitsch.

(Anhaltender Beifall)

(Der Präsident überreicht den Sacharow-Preis.)

 
  
MPphoto
 
 

  Alexander Milinkewitsch, Führer der demokratischen Opposition in Belarus.(FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich werde in meiner Muttersprache sprechen, denn ich möchte sagen, was ich denke, und ich denke stets auf Belarussisch. Deshalb werde ich mich der Sprache bedienen, die es mir ermöglicht, meine Gefühle am besten zum Ausdruck zu bringen.

(Die Mitglieder des Parlaments erheben sich und spenden Herrn Milinkewitsch lebhaften Beifall.)

(Der Redner setzt seine Ansprache in seiner Muttersprache fort, bei dem nachstehenden Text handelt es sich um eine Übersetzung.)

Zunächst möchte ich dem Europäischen Parlament aufrichtig für die Verleihung dieser hohen Auszeichnung, des Sacharow-Preises, danken, der benannt ist nach dem genialen Physiker und glühenden Verfechter der Menschenrechte. Zugleich danke ich Ihnen, dass Sie mir Gelegenheit geben, vor Ihnen das Wort zu ergreifen.

Dieser Preis gehört nicht mir allein! Mit mir wird dieser Preis allen Belarussen verliehen, all jenen, die im März dieses Jahres auf dem zentralen Platz von Minsk waren, die ins Gefängnis geworfen und aus den Universitäten und von ihren Arbeitsplätzen verjagt wurden. Dieser Preis ist für all jene bestimmt, die den Kampf fortsetzen. Wir sind sehr zahlreich! Wir sind diejenigen, die wollen, dass Belarus in die Familie der europäischen Demokratien zurückkehrt, und die bereit sind, hierfür ihren persönlichen Wohlstand, ihre Freiheit und sogar ihr Leben zu opfern.

Belarus war immer ein europäisches Land. Es hat Europa viel gegeben und viele Opfer gebracht. Im 19. Jahrhundert schenkte es Europa den Prototyp einer ersten demokratischen Verfassung, das Statut des Großherzogtums Litauen. Es gab der Welt zahlreiche große Persönlichkeiten wie Guillaume Apollinaire, Marc Chagall, Fjodor Dostojewski, Dimitri Schostakowitsch, Tadeusz Kościuszko. Die Belarussen waren das zweite Volk in Europa, das die Bibel in seine Muttersprache übersetzte. Während des zweiten Weltkrieges entwickelte sich in Belarus die mächtigste Widerstandsbewegung in Europa, was jeden dritten Einwohner das Leben kostete. Von den sechs Millionen Juden, die durch den Holocaust ihr Leben lassen mussten, kam eine Million aus Belarus.

Wenn man sich die Freiheit verdienen muss, so haben wir sie verdient! Durch unsere ganze Geschichte und die in ihrem Namen gebrachten Opfer haben wir sie verdient. In jedem Jahrhundert verlor Belarus aufgrund nicht enden wollender Kriege ein Drittel bis ein Viertel seiner Söhne und Töchter, es verlor seine Elite. Unser Volk durchlebte die gewaltsame Zerstörung seiner nationalen Identität, die Auslöschung seines historischen Gedächtnisses. Im Jahr 1991 konnten wir zu unserer Freude endlich unsere Unabhängigkeit erlangen. Jedoch haben wir nicht sofort begriffen, dass Freiheit und Unabhängigkeit nicht dasselbe sind.

Heute kämpfen wir erneut für die Freiheit und verteidigen die Unabhängigkeit. Wir tun dies nicht nur für uns selbst, sondern auch für unsere Kinder, die ebenso wie die französischen, litauischen, polnischen und britischen Kinder das Recht haben, in einem freien Land zu leben. Unsere Kinder harrten nach den Wahlen vom 19. März die ganze Nacht auf dem zentralen Platz von Minsk aus, als die Erwachsenen die Kälte nicht mehr ertragen konnten und nach Hause gingen. Unsere Kinder wurden in geschlossene Lastwagen geworfen, wo man fast erstickte, und ins Gefängnis gesteckt, während ihre Eltern Tage brauchten, um sie wieder zu finden. Unsere Kinder wurden nach ihrer Freilassung aus dem Gefängnis wegen ihrer Gewissensentscheidung von den Universitäten verjagt. Aber nicht einen Augenblick lang haben sie die Richtigkeit unserer gemeinsamen Entscheidung in Zweifel gezogen. Ich bin stolz auf sie.

In der Woche nach den Wahlen, während wir auf dem zentralen Platz ausharrten und gegen die grobe Verfälschung der Wahlergebnisse protestierten, verhafteten die Behörden über tausend Menschen. Die Gefängnisse von Minsk waren niemals so brechend voll wie in jener Woche. Das Regime begriff, dass es diese Protestbewegung auch mit der Kraft seiner Truppen nicht zum Schweigen bringen kann. Deshalb verhafteten die Behörden in diesen wenigen Tagen alle, die auf den Platz kamen, auch diejenigen, die den Bewohnern der „Zeltstadt“ einfach nur Wasser, etwas zu essen oder warme Kleidung brachten.

Am 19. März rechneten die Behörden nicht damit, dass trotz der Androhung von Repressalien Zehntausende Menschen auf die Straße gehen würden. Das war unser erster Sieg. Mir ist klar, dass wir noch viele solcher Siege brauchen, um diesem illegalen Regime ein Ende zu setzen.

Heute befindet sich der ehemalige Präsidentschaftskandidat Alexander Kazulin im Gefängnis; er wurde zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Derzeit befindet er sich seit mehr als fünfzig Tagen im Hungerstreik. Sein Gesundheitszustand ist sehr ernst, er hat 40 Kilo verloren, sein Leben ist in Gefahr. Dieser Preis gilt auch ihm, ebenso wie Smitser Daschkewitsch, Pawel Severinets, Nikola Statkewitsch und Andrej Klimaǔ und all den anderen politischen Gefangenen in meinem Land. Dieser Preis ist ein Zeichen dafür, dass sich Europa der Lage in Belarus bewusst wird. Dieser Preis ist ein großartiges Beispiel für eine moralische Politik. Dieser Preis ist ein Zeichen der Anerkennung der europäischen Zukunft von Belarus.

Diese hohe Auszeichnung hätte heute auch von Professor Hienadź Karpienka entgegengenommen werden können, der mehrere Jahre lang die belarussische demokratische Bewegung geführt hat. Oder von dem ehemaligen Innenminister Juri Sacharenko. Oder von Viktar Hantschar, dem Vizepräsidenten des letzten rechtmäßigen Parlaments von Belarus. Diese Persönlichkeiten sind Helden, Kämpfer für die Freiheit von Belarus. Aber sie sind spurlos verschwunden oder wurden ermordet. Mit diesen Mitteln, die so alt sind wie der menschliche Hass und hoffnungslos veraltet wie die Inquisition, gehen die belarussischen Machthaber von heute gegen die Opposition vor.

In seiner Rede bei der Verleihung des Friedensnobelpreises erklärte Andrej Sacharow: „Ich bin überzeugt, dass internationales Vertrauen, gegenseitiges Verständnis, Abrüstung und internationale Sicherheit nicht denkbar sind ohne eine offene Gesellschaft mit Informationsfreiheit, Gewissensfreiheit, Glasnost, das Recht zu reisen und sein Wohnsitzland frei zu wählen“. Ich teile diesen Standpunkt. Der Wissenschaftler Sacharow hat stets den gewaltfreien Widerstand gepredigt. Auch hier schließe ich mich ihm an. Und wir haben alle Voraussetzungen, um zu siegen: den Glauben an die europäische Zukunft von Belarus, Solidarität, Mut und Erfahrung. Für viele junge Menschen ist Blau – die Farbe der Europaflagge – zum Symbol geworden. Im März wurde diese Flagge an der Seite unserer weiß-rot-weißen Nationalflagge gehisst. Als Zeichen der Solidarität dieser Länder mit uns waren auch die Fahnen Litauens, der Ukraine, Polens, Russlands, Estlands, Aserbaidschans und Georgiens aufgezogen.

Wir müssen die Angst überwinden, die das Bewusstsein der Menschen aufgrund der ständigen Propaganda in den letzten zehn Jahren geprägt hat. Andrej Sacharow warnte: „Die Gedankenfreiheit ist die einzige Garantie gegen die Ansteckung der Menschen durch kollektive Mythen, die sich in den Händen perfider Heuchler und Demagogen in eine blutige Diktatur verwandeln können“.

Das geschieht heute in Belarus. Man errichtet neue Denkmäler zum Ruhme Stalins. In Fortführung der „besten“ Traditionen des Sowjetsystems verbreiten die offiziellen Medien unaufhörlich Ströme von Lügen und Verleumdungen, ebenso wie zu Zeiten Sacharows. Der Hauptfeind ist der Westen, und die einheimischen Demokraten werden als seine Agenten dargestellt.

Das Regime befindet sich heute in einer schwierigen Situation. Seine Planwirtschaft ist nicht effizient, Russland droht mit der Einstellung der Wirtschaftspräferenzen. Aus diesem Grunde verlieren die Machthaber die Nerven und versuchen, die Verantwortung der politischen Opposition zuzuschieben. Ende November erklärte Lukaschenko, dass „diese Opposition ins Ausland flüchtet, wo sie fordert, dass Wirtschaftssanktionen gegen das Land verhängt werden, und sie frohlockt darüber, dass morgen die Gaspreise steigen“.

Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, um von dieser europäischen Tribüne aus in vollem Verantwortungsbewusstsein und vor aller Welt, vor allem dem belarussischen Volk, zu erklären, dass dies Lügen sind! Wir haben niemals Wirtschaftssanktionen gegen unser Land gefordert, denn uns ist vollkommen klar, dass diese Sanktionen in erster Linie die einfachen Bürger von Belarus treffen würden. Die herrschenden Machthaber werden immer Wege finden, um ihren Funktionären Unterstützung zukommen zu lassen. Wir haben ständig erklärt, dass das russische Gas künftig nicht mehr billig für Belarus sein würde, dass es auch in Russland selbst teuer werden würde. Es ist bedauerlich, dass die belarussischen Führer nicht die Chance ergriffen haben und nicht die Möglichkeiten genutzt haben, die sich ihnen lange Zeit boten, um echte Wirtschaftsreformen durchzuführen. Jetzt wird das belarussische Volk die Konsequenzen zu tragen haben.

Zu den Hauptbedingungen, die Moskau gegenwärtig Lukaschenko stellt, um ihm langfristig wirtschaftliche und politische Unterstützung zu gewähren, gehört die Einführung einer einheitlichen Währung, de facto des russischen Rubels, und die Annahme des Verfassungsakts eines – wie es im Russischen heißt – „Unionsstaates“. Die Annahme dieser Bedingungen würde bedeuten, dass Belarus unausweichlich seine Souveränität einbüßt.

Im Augenblick widersetzen sich die führenden belarussischen Politiker noch einer Entwicklung in diese Richtung. In letzter Zeit bringt Lukaschenko offen seine Beunruhigung hinsichtlich der Unabhängigkeit des Landes zum Ausdruck. Er spricht von dem Zusammenhang zwischen Unabhängigkeit und Wohlstand, auf den die demokratischen belarussischen Kräfte bereits seit langem verweisen. Aber im Falle Lukaschenkos darf man die Verteidigung der Unabhängigkeit nicht mit der Verteidigung seiner persönlichen Interessen und seinem Willen, seine Macht um jeden Preis zu erhalten, verwechseln. Er selbst und seine Umgebung sind sich vollkommen darüber im Klaren, dass mit dem Verlust der Unabhängigkeit und dem Eindringen des russischen Kapitals in das Land nur wenige von ihnen ihre Posten und ihre Reichtümer bewahren könnten. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass die belarussischen Machthaber aus Selbsterhaltungstrieb die Bedingungen Moskaus akzeptieren und eine Volksabstimmung organisieren könnten, um die Zustimmung dafür zu erlangen. Es besteht jedoch kein Zweifel daran, dass allein die Demokratie, nicht aber die Diktatur die belarussische Unabhängigkeit garantieren kann.

Die Tatsache, dass wir gegenwärtig keine gemeinsame Sprache mit Moskau finden, bedeutet nicht, dass die belarussischen demokratischen Kräfte gegen Russland eingestellt sind. Wir wollen in einem souveränen Staat leben und die bestmöglichen Beziehungen zu Russland aufbauen. Wir sind bereit, seine Interessen zu berücksichtigen, aber unter der Bedingung, dass sie nicht unseren eigenen zuwiderlaufen. Russland ist für uns wie auch für die EU ein strategischer Partner. Ein demokratisches Belarus wird ein glaubwürdiger und berechenbarer Partner für Russland sein.

Wir sehen in dem Einreiseverbot in die EU-Länder für Personen, die die Verfassung verletzen und an Repressionsmaßnahmen beteiligt sind, eine sehr wirksame Maßnahme. Die Liste der Feinde der Demokratie sollte erweitert werden.

Gleichzeitig appelliere ich an Sie, die Gebühren für die Schengen-Visa für belarussische Bürger nicht zu erhöhen. Es ist vorgesehen, dass ab 1. Januar 2007 die Gebühren für ein Schengen-Visum 60 Euro betragen. Für die überwiegende Mehrheit der Belarussen, die einen enormen Bedarf an freien Kontakten mit dem Westen haben, wären diese Gebühren unerschwinglich. Von dieser Entscheidung würde die Gefahr ausgehen, dass ein neuer „eiserner Vorhang“ entsteht. Diese Maßnahmen kämen also Lukaschenko zugute, der dem belarussischen Volk ständig einredet, dass „uns im Westen niemand will“.

Wir sind sehr erfreut über die Vorschläge, die die Europäische Kommission im vergangenen Monat gemacht hat. Sie bieten der Regierung Lukaschenko eine gute Gelegenheit, aus der internationalen Selbstisolierung und der wenig beneidenswerten wirtschaftlichen Situation herauszukommen, in die sie sich gebracht hat. Alexander Lukaschenko selbst musste auf einer Kabinettssitzung einräumen, dass das nächste Jahr „katastrophal hart“ werden wird. Wenn diese Vorschläge durch das Regime akzeptiert werden, könnte Belarus eine beträchtliche Unterstützung erhalten, um die seit langem anstehenden politischen und sozioökonomischen Reformen einzuleiten und mit einer echten Annäherung an Europa zu beginnen, einschließlich einer schrittweisen Wirtschaftsintegration.

Aber die Hoffnungen, dass die belarussische Regierung den Weg der Annährung an die Europäische Union akzeptiert, sind fast gleich null. Es gab genug ähnliche Vorschläge, aber das Regime hat niemals eine konkrete positive Antwort gegeben. Seine Anhänger begreifen sehr wohl, dass die Demokratisierung, wenn sie einmal begonnen hat, unausweichlich und sehr rasch das Ende ihres Einflusses zur Folge haben wird. Der derzeitige Führer von Belarus würde niemals echte freie Wahlen gewinnen.

Gleichzeitig bietet uns dieses Angebot der Europäischen Union die Möglichkeit, den Bürgern unseres Landes klar zu machen, dass entgegen der staatlichen Propaganda Europa die Tür für Belarus offen hält, allerdings für ein freies und demokratisches Belarus. Diese Vorschläge kamen zu einem sehr günstigen Zeitpunkt, zur Zeit des Wahlkampfes für die Gemeindewahlen. Es wird keine wirklichen Wahlen geben, wie es keine wirklichen Kommunalvertretungen in Belarus gibt. Im Rahmen dieses Wahlkampfes informieren wir über die Vorschläge der Europäischen Union.

Wir schätzen Ihre Hilfe sehr und danken Ihnen von ganzem Herzen dafür. Ich möchte dennoch an Sie appellieren, diese Hilfe noch auszuweiten und flexibler zu handhaben. Es geht um Dinge, die bereits bekannt sind: Hilfe für die freien Medien, Hilfe für die Zivilgesellschaft und unterdrückte Personen. Die derzeitigen Programme der Europäischen Union werden für Länder ausgearbeitet, die sich bereits auf dem Wege der Demokratisierung und der Reformen befinden, doch sie können im Falle von Belarus nicht funktionieren. Für die Unterstützung der Demokratie in Ländern wie dem meinen muss unbedingt ein Europäischer Fonds für Demokratie geschaffen werden, der über reale Mittel verfügt, um auf Länder mit einem diktatorischen Regime einzuwirken. Europa darf nicht untätig bleiben und sagen: Was können wir hier tun? Sie können viel tun! Sie können uns helfen, die Informationsblockade zu durchbrechen, die beschränkte Weltsicht zu beseitigen, die meinen Landsleuten durch die Regierungspropaganda aufgezwungen wird, einen öffentlichen Raum für eine offene Bürgerdebatte zu schaffen, in dem sich unabhängige Autoren, Intellektuelle und moralische Instanzen begegnen. Das wird zweifellos zur rascheren Entwicklung der Zivilgesellschaft in Belarus beitragen.

Die jüngste Botschaft Europas an das belarussische Volk war zugleich eine Demonstration Ihrer Solidarität mit uns und eine Mahnung an das gegenwärtige Regime, sich der Verantwortung für seine Verbrechen zu stellen. Am wichtigsten aber ist, dass diese Botschaft klarstellt, dass unseres Land zu Europa gehört. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Europa ohne Belarus nicht vollständig sein kann. Deshalb wiederholen wir die gleichen Losungen wie unsere Ahnen, die sich gegen die Tyrannei und für die Freiheit erhoben: „Für eure und für unsere Freiheit“.

Als Belarusse und Bürger eines europäischen Landes danke ich Ihnen von ganzem Herzen, auch im Namen all derer, die im März dieses Jahres auf dem zentralen Platz versammelt waren, und all derer, die im Gefängnis waren oder sind, weil sie das Grundrecht auf ein Leben in einem freien Land verteidigt haben oder noch verteidigen. Ich danke Ihnen, dass Sie an unseren Sieg glauben. Ich verspreche Ihnen, dass unser Sieg kommen wird. Mein Land hat sich verändert, es hat weniger Angst, es glaubt an den Wandel.

Bald wird Belarus in die europäische Familie zurückkehren und wieder ein freier und demokratischer Staat sein. Diktaturen haben keine historische Perspektive und enden, wie die Geschichte beweist, traurig für die Tyrannen. Unter den Bedingungen einer Diktatur ist die einzige wirkliche Alternative der Kampf, ganz einfach weil keine andere Wahl besteht. Danke für Ihre Unterstützung. Es lebe Belarus!

(Die Mitglieder des Parlaments erheben sich und spenden dem Redner lebhaften Beifall.)

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Vielen Dank, meine Damen und Herren. Vielen Dank, Herr Milinkewitsch.

Das Europäische Parlament ist stolz darauf, Ihnen diesen Preis verliehen zu haben, und ist sicher, dass Ihre heutigen Worte in die Geschichte eingehen werden.

(Beifall)

(Die Sitzung wird kurz unterbrochen und mit der Fortsetzung der Abstimmungsstunde wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 

13. Tagesordnung: siehe Protokoll.
MPphoto
 
 

  Hannes Swoboda (PSE). – Herr Präsident! Die heutige Vormittagssitzung war wieder eine halbe Stunde früher zu Ende, und Frau Vizepräsidentin Kaufmann, die den Vorsitz geführt hat, hat sich dankenswerterweise bei den gerade hereinstürmenden Besuchern entschuldigt.

Ich würde darum bitten, dem oder der jeweiligen Vorsitzenden etwas mehr Redezeit zu geben, wenn ohnedies klar ist, dass wir die Sitzung früher beenden. Es ist nicht gut für die Besucher, in einen Saal zu kommen mit der Hoffnung, eine einigermaßen interessante Debatte zu hören, und dann einen leeren Saal vorzufinden. Ein bisschen mehr Flexibilität wäre hier möglich, und die Abgeordneten wären auch zufrieden.

(Beifall)

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Ich teile Ihren Wunsch nach Flexibilität, Herr Swoboda. Ich bin sehr konsequent, wenn die Zeit knapp bemessen ist. Wenn dies möglich ist, dehne ich die Redezeit maximal aus. Was soll man aber tun, wenn die Tagesordnung erschöpft ist und die Kollegen es ebenfalls sind?

 
  
MPphoto
 
 

  Richard Corbett (PSE).(EN) Herr Präsident! Darf ich Sie in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass Sie nicht nur die Möglichkeit haben, Redner länger sprechen zu lassen, sondern auch zusätzlichen Rednern nach dem Verfahren der freien Wortmeldung das Wort zu erteilen. Das ist durchaus im Sinne der Geschäftsordnung.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Selbstverständlich, Herr Corbett, vorausgesetzt, dass die fraglichen Redner da sind, denn ein Präsident kann abwesenden Abgeordneten nicht das Wort erteilen!

 

14. Abstimmungsstunde (Fortsetzung)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Wir setzen nun die Abstimmungsstunde fort.

 

14.1. Ernennung des bulgarischen Mitglieds des Rechnungshofs (Abstimmung)
MPphoto
 
 

  Bruno Gollnisch (NI).(FR) Herr Präsident. Ich möchte eine Bemerkung zur Geschäftsordnung machen. Ich muss feststellen – wie ich vorhin bereits sagte, – dass der Bericht von Herrn Pomés Ruiz nicht in Französisch vorliegt, oder genauer gesagt, dass die Version dieses Berichts, die als die französische Fassung vorgelegt wurde, den Lebenslauf der Kandidatin sowie die Antwort auf Fragen ausschließlich auf Englisch enthält, was mir unserer Geschäftsordnung zu widersprechen scheint.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Herr Gollnisch, Sie nehmen es mit der Geschäftsordnung stets peinlich genau, ich werde Ihnen daher die einzig wahre Information geben: Sie haben vollkommen Recht, wir müssen die vollständigen Übersetzungen aller zur Abstimmung stehenden Texte vorlegen. Und dies ist auch der Fall, denn alle zur Abstimmung stehenden Texte sind in allen Sprachen verfügbar. Die Dokumente im Anhang stehen gemäß unserer Geschäftsordnung nicht zur Abstimmung und müssen also auch nicht vollständig übersetzt werden. Nun sind Sie korrekt informiert!

 

14.2. Ernennung des rumänischen Mitglieds des Rechnungshofs (Abstimmung)

14.3. Modalitäten der Beteiligung Islands und Norwegens an der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (Abstimmung)

14.4. Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich Verbraucherpolitik (2007–2013) (Abstimmung)
  

- Vor der Abstimmung

 
  
MPphoto
 
 

  Marianne Thyssen (PPE-DE), Berichterstatterin. – (NL) Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nur anmerken, dass wir diesen Bericht, da wir frühzeitig Übereinstimmung mit dem Rat und der Kommission erzielt haben, in zweiter Lesung abschließen können, so dass das betreffende Aktionsprogramm rechtzeitig, das heißt am 1. Januar nächsten Jahres, in Kraft treten kann.

Zweitens möchte ich herausstellen, dass wir es letzten Endes vermocht haben, ein spezielles Verbraucherschutzprogramm zustande zu bringen, das sein eigenes Budget hat und das seine eigene Dynamik entfalten kann, und ich denke, die Verbraucher werden dies zu schätzen wissen.

Schließlich haben wir drei wichtige neue Schwerpunkte festgelegt:

Erstens, wir haben mehr Aufmerksamkeit für die neuen Mitgliedstaaten gefordert, die nicht auf eine derart lange Tradition auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes zurückblicken können. Zweitens, es ist uns gelungen, das Augenmerk auf den älteren Verbraucher zu lenken, denn das Verbraucherrecht sollte die demografischen Entwicklungen gebührend berücksichtigen. Drittens, in diesem Aktionsprogramm haben wir es geschafft – und dem messe ich außerordentliche Bedeutung bei –, dass die anfälligen Verbrauchergruppen, die im Verbraucherrecht, wo wir mit dem Begriff des durchschnittlichen Verbrauchers arbeiten müssen, nicht so recht zum Zuge kommen können, besondere Berücksichtigung finden.

Ich erachte dies für nicht unwichtig. Obgleich wir keine Aussprache geführt haben, hielt ich es trotzdem für angebracht, Ihnen diese Informationen mit auf den Weg zu geben und diese wichtigen Punkte darzulegen. Ich kann Sie nur nachdrücklich auffordern, für den Gemeinsamen Standpunkt zu stimmen, spiegelt er doch exakt unsere Vereinbarung im Parlament und zwischen den Institutionen wider.

 

14.5. Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (Abstimmung)

14.6. Statistische Daten über die Anlandungen von Fischereierzeugnissen in den Mitgliedstaaten (Abstimmung)

14.7. Wettbewerbsfähigkeit der audiovisuellen Dienste und Informationsdienste: Schutz von Minderjährigen und der Menschenwürde (Abstimmung)

14.8. Programm Zoll 2013 (Abstimmung)

14.9. Ein papierloses Arbeitsumfeld für Zoll und Handel (Abstimmung)

14.10. Erhebungen über die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe (Abstimmung)

14.11. Zusammenarbeit zwischen den Vermögensabschöpfungsstellen (Abstimmung)

14.12. Ausgaben im Veterinärbereich (Abstimmung)

14.13. Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (Abstimmung)

14.14. Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit (Abstimmung)

14.15. Zollkodex der Gemeinschaft (Abstimmung)

14.16. Verkehr mit Mischfuttermitteln (Abstimmung)

14.17. Statistiken über die Struktur und Tätigkeit von Auslandsunternehmenseinheiten (Abstimmung)

14.18. Europäisches Instrument für Demokratie und Menschenrechte (Abstimmung)
  

- Vor der Abstimmung

 
  
MPphoto
 
 

  Hélène Flautre (Verts/ALE), Berichterstatterin. – (FR) Herr Präsident! Lassen Sie mich kurz sagen, dass ich hoffe dass wir dieses europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte mit großer Mehrheit annehmen können, denn es ist das einzige Instrument, das es ermöglichet, Projekte für die Förderung der Demokratie in Drittländern ohne die Zustimmung der Regierungen zu unterstützen, also das einzige Instrument, das es ermöglicht, die Fragen zu beantworten, die Herr Milinkewitsch vorhin gestellt hat: Wie unterstützen wir die freien Medien, wie unterstützen wir die unabhängige Zivilgesellschaft, wie verteidigen und schützen wir die Verteidiger der Menschenrechte in Drittländern ohne die Zustimmung der Regierungen? Die Antwort liegt in diesem Instrument.

(Beifall)

 
  
MPphoto
 
 

  Edward McMillan-Scott (PPE-DE), Berichterstatter. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte lediglich das Haus davon in Kenntnis setzen, dass es uns nicht nur gelungen ist, gegen den ursprünglichen Willen des Rates und der Kommission ein separates Instrument für die Förderung der Demokratie und der Menschenrechte als Nachfolger der diesbezüglichen Europäischen Initiative durchzusetzen, sondern dass wir auch sämtliche vom Europäischen Parlament gesetzten Ziele erreicht haben.

Bezug nehmend auf das, was Herr Milinkewitsch heute Morgen sagte, möchte ich feststellen, dass es stimmt, dass das vorliegende Instrument nunmehr ohne die Zustimmung seines Landes, wie Frau Flautre sagte, in seinem Land zur Anwendung kommen kann. Ich habe in diesem Jahr eine Reihe von Ländern besucht, die wir als „schwierig“ bezeichnen – China, Kuba, selbst das heutige Russland, Teile der arabischen Welt – wo eine Reaktion gegen die Demokratie zu verzeichnen ist.

Ich möchte aus dem Schreiben zitieren, dass Frau Ferrero-Waldner letzten Freitag an die Berichterstatter und den Vorsitzenden des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Herrn Brok, gesandt hat: „Diese Bestimmung kann auch die Zusammenarbeit mit demokratischen politischen Partnern in Drittländern umfassen, vorausgesetzt, dass der Grundsatz der Neutralität gegenüber derartigen Partnern gewahrt bleibt. Andererseits bleibt die Finanzierung politischer Parteien als solche auch künftig vom Anwendungsbereich des Verordnungsentwurfs ausgenommen.“

Damit, Herr Präsident, ist dies Teil des Prozesses der Moralpolitik, von dem Herr Milinkewitsch sprach, aber eben nur ein Teil. Wir müssen in dieser Hinsicht wesentlich aktiver werden und dürfen dieses Feld nicht den Amerikanern überlassen.

(Beifall)

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Wenn ich richtig verstanden habe, schlagen Sie eine mündliche Änderung zu Änderungsantrag 147 vor.

 
  
MPphoto
 
 

  Hélène Flautre (Verts/ALE), Berichterstatterin. – (FR) Herr Präsident, Sie haben richtig verstanden. Es handelt sich um eine mündliche Änderung zu Änderungsantrag 147, mit der, um genau den mit dem Rat ausgehandelten Wortlaut zu verwenden, folgender Satzteil ersetzt werden soll:

(EN) „einschließlich der Rechte von Migranten, Asylbewerbern und Binnenvertriebenen“ durch „einschließlich der Menschenrechte von Migranten, der Rechte von Asylbewerbern und Binnenvertriebenen“.

 
  
  

(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)

 

14.19. Prävention von Verletzungen und Förderung der Sicherheit (Abstimmung)
  

- Vor der Abstimmung

 
  
MPphoto
 
 

  Kathy Sinnott (IND/DEM), Berichterstatterin. – (EN) Herr Präsident! Ich werde mich kurz fassen. Ich möchte den Schattenberichterstattern sowie dem Sekretariat danken und feststellen, dass Sicherheit eine Sache ist, die uns alle angeht. Im Bruchteil einer Sekunde kann sich unser Leben verändern, und es geht in allererster Linie darum, Leben zu retten und die Gesundheit zu erhalten.

 

14.20. Finanzierungsinstruments für die Zusammenarbeit mit industrialisierten Ländern und Gebieten sowie mit anderen Ländern und Gebieten mit hohem Einkommen (Abstimmung)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Damit ist die Abstimmungsstunde beendet.

 

15. Stimmerklärungen
  

Entwurf eines Beschlusses (B6-0644/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  David Martin (PSE), schriftlich. – (EN) Ich habe für die Benennung von Frau Meglena Kunewa, des designierten bulgarischen Mitglieds der Kommission, gestimmt. Zwar habe ich kein Problem mit der Person selbst oder der Benennung eines bulgarischen Kommissars, doch bezweifle ich ernsthaft, dass es genügend Aufgabenbereiche für 27 Kommissare gibt. Ich hoffe, dass die Zahl der Kommissare durch eine Vertragsänderung möglichst bald signifikant reduziert wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Alyn Smith (Verts/ALE), schriftlich. – (EN) Herr Präsident! Meine Partei ist stark an der Fortsetzung der Erweiterung der Union interessiert, und wir freuen uns auf unsere bulgarischen und rumänischen Kollegen. Wir haben den Prozess zur Bestätigung unserer beiden neuen Kommissare aufmerksam verfolgt und sind davon überzeugt, dass beide eine willkommene Bereicherung des Kollegiums darstellen. Ich gebe Frau Kunewas heutiger Benennung gern meine Unterstützung.

 
  
  

Entwurf eines Beschlusses (B6-0645/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  David Martin (PSE), schriftlich. – (EN) Ich habe für die Benennung von Herrn Leonard Orban als rumänischen Kommissar gestimmt. Ich bedauere allerdings sehr, dass uns der Vertrag von Nizza zu einem Kommissar je Mitgliedstaat verpflichtet. Ich glaube einfach nicht, dass es genügend echte Aufgabenbereiche für 27 Kommissare gibt, und hoffe auf eine Reform des Vertrags, wie sie der Verfassungsentwurf vorsieht und die die Zahl der Kommissionsmitglieder drastisch reduzieren würde.

 
  
MPphoto
 
 

  Alyn Smith (Verts/ALE), schriftlich. – (EN) Herr Präsident! Meine Partei ist stark an der Fortsetzung der Erweiterung der Union interessiert, und wir freuen uns auf unsere bulgarischen und rumänischen Kollegen. Wir haben den Prozess zur Bestätigung unserer beiden neuen Kommissare aufmerksam verfolgt und sind davon überzeugt, dass beide eine willkommene Bereicherung des Kollegiums darstellen. Ich gebe Herrn Orbans heutiger Benennung gern meine Unterstützung.

 
  
  

Bericht Pomés Ruiz (A6-0442/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  David Martin (PSE), schriftlich. – (EN) Ich begrüße die Ernennung des bulgarischen Mitglieds des Rechnungshofs und freue mich, dass sie angesichts anderer Schwierigkeiten so unproblematisch verlief.

 
  
  

Bericht Fazakas (A6-0443/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe trotz der Korruptionsbehauptungen rumänischer Medien im Zusammenhang mit Herrn Ispir für ihn gestimmt. Der Haushaltskontrollausschuss konnte bei seiner Anhörung keinerlei Hinweise finden, die diese Behauptungen bestätigen würden. Zudem hat Herr Ispir jegliches Fehlverhalten strikt verneint. Die vorliegenden Informationen deuten darauf hin, dass die gegen ihn erhobenen Behauptungen politisch motiviert sind. Sollten jedoch Beweise für ein etwaiges Fehlverhalten auftauchen, so erwarte ich, dass Herr Ispir von seinem Amt im Rechnungshof zurücktritt.

 
  
  

Bericht Thyssen (A6-0408/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  Andreas Mölzer (NI). – Herr Präsident! Wir brauchen eine schonungslose Information der Verbraucher, um Fleischskandale und die Benutzung von Gentechnik über die Hintertür einzudämmen. Es kann aber nicht angehen, dass wir unseren eigenen Landwirten und Produzenten strenge lebensmittelrechtliche Vorschriften auferlegen, die jedoch bei Importen aus Drittstaaten regelmäßig umgangen werden. Dieser Zustand ist meines Erachtens unfair gegenüber unseren Bauern. Er ist im Sinn des Verbraucherschutzes kontraproduktiv und daher umgehend zu beseitigen. Daher habe ich gegen den Bericht Thyssen gestimmt.

 
  
MPphoto
 
 

  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. (SV) Nach Ansicht der Juniliste ist ein angemessener Verbraucherschutz innerhalb der EU von entscheidender Bedeutung. Die Finanzierung der erforderlichen Maßnahmen ist jedoch in erster Linie eine nationale Frage. Daher sind wir der Ansicht, dass der Finanzrahmen von 156,8 Millionen Euro im aktuellen Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich Verbraucherschutz nicht gerechtfertigt ist.

Ferner stehen wir dem Vorschlag äußerst kritisch gegenüber, Maßnahmen zur Entwicklung von Masterstudiengängen im Bereich Verbraucherschutz im Rahmen des integrierten europäischen Examens finanziell zu unterstützen. Es ist natürlich nicht Sache der EU-Institutionen, über die Art der in den Mitgliedstaaten einzurichtenden Ausbildungen zu entscheiden oder diese zu finanzieren. In diesem Fall würden wir gegen den Bericht stimmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Mary Lou McDonald (GUE/NGL), schriftlich. (EN) Die irischen Verbraucher sind nur allzu gut mit der irischen Realität vertraut, bei der sie regelmäßig über den Tisch gezogen werden. Irische Verbraucher leiden nach wie vor unter explodierenden Kosten für elementare Leistungen wie die Gas- und Stromversorgung oder unverschämt hohe Handy- und Roaming-Gebühren. Am stärksten sind davon natürlich diejenigen betroffen, die in oder am Rande der Armut leben.

Nur durch eine stärkere Regulierung und bessere Ausstattung der jeweiligen Verbraucherschutzagenturen kann die Regierung etwas gegen diese unvertretbare Situation unternehmen.

Ausgehend davon begrüße ich den heutigen Bericht der Europaabgeordneten Marianne Thyssen. Ziel des Berichts ist es, die Annahme eines Aktionsprogramms im Bereich Verbraucherschutz für den Zeitraum 2007 bis 2013 anzuregen. Das Programm zielt darauf ab, die Politiken der Mitgliedstaaten zu ergänzen, zu unterstützen und zu überwachen und zum Schutz der Interessen der Verbraucher in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Wirtschaft und Recht beizutragen. Ferner geht es darum, deren Rechte auf Information, Aufklärung und Eigeninitiative zur Wahrung ihrer Interessen zu fördern.

Nach Ansicht von Sinn Fein sollte sich die irische Regierung an die Spitze von Bemühungen zur Stärkung der Rechte und zum Ausbau des Schutzes der Verbraucher stellen. Doch hier ist auch die EU gefragt. Sie sollte die Agenturen der Mitgliedstaaten beim Austausch bewährter Verfahren unterstützen und für ein einheitliches Niveau in der gesamten Europäischen Union sorgen.

 
  
MPphoto
 
 

  Bernadette Vergnaud (PSE), schriftlich.(FR) Das Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich Verbraucherpolitik für den Zeitraum 2007-2013 zielt darauf ab, die Politiken der Mitgliedstaaten zu ergänzen, zu unterstützen und zu überwachen.

Es wird zum Schutz der Interessen der Verbraucher in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Wirtschaft und Recht beitragen sowie deren Rechte auf Information, Aufklärung und Eigeninitiative zur Wahrung ihrer Interessen fördern. Die Maßnahmen sollen dazu beitragen, ein gleich hohes Schutzniveau für alle Verbraucher in der EU und die wirksame Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften zu gewährleisten.

Im Übrigen freue ich mich, dass dieses Programm in zwei Teile untergliedert wurde, so dass Gesundheit und Verbraucherschutz getrennt behandelt werden.

Wenngleich ich bedauere, dass die Kommission die Mittelzuweisung von 233,46 Millionen Euro – in erster Lesung – auf 156,8 Millionen Euro gekürzt hat und dass die Zahl der Maßnahmen auf dem Gebiete des Verbraucherschutzes von 20 auf 11 gesenkt wurde, habe ich für den Bericht von Frau Thyssen gestimmt, damit die Verbraucherorganisationen von diesem Programm im Interesse unserer europäischen Mitbürger profitieren können.

 
  
  

Bericht Roth-Behrendt (A6-0445/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  Carlos Coelho (PPE-DE), schriftlich. (PT) Diese Verordnung enthält Einzelheiten zum Vorgehen bei und zur Bekämpfung von Seuchen wie BSE und Scrapie, die Wiederkäuer insgesamt befallen.

Zum einen wird, entsprechend den Empfehlungen des Internationalen Tierseuchenamtes, die Zahl der Kategorien für den BSE-Status von fünf auf drei gesenkt.

Die Verordnung untersagt die Verfütterung von tierischem Eiweiß an Wiederkäuer, enthält aber Angaben zu den Mengen, bis zu denen die Kontaminierung mit solchen Eiweißen als unbedeutend angesehen wird.

Im Bericht wird auch eine Überprüfung der Vorschriften für die Verwendung von Separatorenfleisch für den menschlichen Verzehr gefordert, und es werden neue Vorschriften für eine bessere Information der Verbraucher festgelegt.

Um massenhafte, wahllose Schlachtungen und die damit verbundenen Verluste für die Erzeuger zu vermeiden, wird im Bericht ferner die Verwendung von Tieren bis zum Ende ihres produktiven Lebens definiert. Dies wird selbstverständlich sehr aufmerksam überwacht werden, da es keine wissenschaftlichen Daten gibt, die die Übertragung von BSE durch Milch oder von Rindern auf ihre Nachkommen belegen.

Die Durchführung von Programmen zur Verhütung transmissibler spongiformer Enzephalopathien ist freiwillig, und die wissenschaftlichen Ergebnisse dieser Programme sind regelmäßig zu bewerten.

Die portugiesischen sozialdemokratischen EP-Abgeordneten unterstützen deshalb den Bericht Roth-Berendt.

 
  
  

Bericht Morillon (A6-0400/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  Duarte Freitas (PPE-DE), schriftlich. (PT) Dieser Vorschlag, der zur zweiten Lesung vorliegt, unterscheidet sich von den derzeit geltenden Vorschriften in drei wesentlichen Punkten.

Zum einen wird eine jährliche anstelle der monatlichen Übermittlung von Daten vorgeschlagen. Neueren Untersuchungen zufolge haben sich die monatlichen Daten, die bis zu sechs Monate nach dem Berichtsmonat übermittelt werden, als wenig nützlich für die tägliche Marktverwaltung erwiesen, während jährliche Daten für die mittel- und langfristige Analyse des Marktes verwendet werden könnten und dazu beitragen würden, die Belastung der einzelstaatlichen Behörden mit der Übermittlung der Daten zu verringern.

Laut Vorschlag soll die Datenübermittlung anhand der Flagge (oder Staatsangehörigkeit) der Fischereifahrzeuge, die anlanden, erfolgen. Im Gegensatz zur derzeitig geforderten Übermittlung anhand der großen Gruppen „EU-Fahrzeuge“, „EFTA-Fahrzeuge“ und „sonstige Fahrzeuge“ sind so genauere Analysen der Daten möglich, ohne die Belastung der einzelstaatlichen Behörden, die diese Daten bereits erheben, wesentlich zu erhöhen.

Schließlich sieht dieser Vorschlag für eine Verordnung noch eine flexiblere Vorgehensweise beim Einsatz von Stichprobenverfahren zur Schätzung der Anlandungen insgesamt vor. Die einzelstaatlichen Behörden können eine geeignete Stichprobentechnik für die Datenerhebung verwenden, vorausgesetzt, sie begründen deren Einsatz und analysieren die Qualität der erhobenen Daten in einem Methodenbericht…

(Erklärung zur Abstimmung gekürzt gemäß Artikel 163 Absatz 1 GO)

 
  
  

Bericht De Sarnez (A6-0433/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien haben angesichts des Umfangs an illegalen, schädlichen und unerwünschten Inhalten, die problemlos im Internet gefunden werden können, entsprechende Fragen zum Schutz von Jugendlichen und der Menschenwürde aufgeworfen. Offenbar besteht trotz technischer und rechtlicher Schwierigkeiten der Wunsch nach einer Regelung zu dieser Problematik.

Maßnahmen zum Schutz von Minderjährigen und der Menschenwürde sind ohne Zweifel notwendig. Deshalb muss man mehr über diese neuen Technologien herausfinden und sie einschätzen und darf den Fortschritt, den sie für unsere Gesellschaften gebracht haben und der im Großen und Ganzen die Lebensqualität der ärmeren wie auch der wohlhabenderen Schichten der Gesellschaft steigert, nicht herunterspielen. Ein universeller Zugriff auf Informationen ermöglicht auch den Ärmsten, rascher Lösungen für tagtägliche Probleme zu finden.

Deshalb sind aus Sicht des Schutzes von Minderjährigen die hier vorgelegten Empfehlungen überaus sinnvolle Kriterien, die wir in unseren Gesellschaften verbreiten müssen, indem wir Eltern und Lehrer sensibilisieren und indem wir dafür Sorge tragen, dass Regulierungsgremien Erfahrungen mit der Klassifikation audiovisueller Inhalte austauschen. Kinder sind schon ab einem sehr frühen Alter Verbraucher und gewöhnen sich schnell an diese Technologien.

 
  
  

Bericht Heaton-Harris (A6-0407/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich begrüße diesen Bericht, der auf die Einführung automatisierter Zollsysteme und koordinierter Arbeitsabläufe und Dienstleistungen sowohl im Rahmen des derzeitigen als auch des künftigen modernisierten Zollkodex abzielt. Vor allem soll mit der Entscheidung festgelegt werden, welche Maßnahmen zu treffen sind, um das Ziel eines einfachen und papierlosen Arbeitsumfelds für Zoll und Handel zu erreichen. Das ist höchst lobenswert, aber ich hoffe, dass sich das nicht als frommer Wunsch erweist.

 
  
  

Bericht Brejc (A6-0388/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. (SV) Die Juniliste ist für eine grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit. Es ist notwendig, der modernen internationalen Kriminalität zu begegnen. Das aber wird seit Jahrzehnten erfolgreich durch die internationale Polizeibehörde Interpol getan. Die Juniliste ist äußerst skeptisch, wenn die Verbrechensbekämpfung auf supranationaler Ebene erfolgen soll. Wir sind für eine zwischenstaatliche Zusammenarbeit und gegen Gemeinschaftsvorschriften. Die Kommission empfiehlt die Errichtung von Vermögensabschöpfungsstellen in den Mitgliedstaaten, die direkt dem Gemeinschaftsrecht und der Verwaltung durch die EU unterstehen. Dies bedeutet einen weiteren Eingriff in die nationalen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten und eine Schwächung der Respektstellung Interpols.

Die Juniliste stimmt somit gegen den Bericht in seiner Gesamtheit.

 
  
  

Bericht Figueiredo (A6-0409/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. (SV) Nach Ansicht der Juniliste sind grenzüberschreitende Tierkrankheiten ein wichtiger Bereich für eine Zusammenarbeit innerhalb der Union, aber eine routinemäßige Finanzierung der Bekämpfung von Tierseuchen ist nicht Sache der EU.

Wir möchten unterstreichen, dass es letztendlich in der finanziellen und praktischen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegt, Tierseuchen und Zoonosen auf ihrem jeweiligen Territorium zu bekämpfen.

Wir wenden uns daher insbesondere gegen Änderungsantrag 6 des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, dem zufolge die Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten sollen, in Abhängigkeit von ihren besonderen Gegebenheiten nationale Programme vorzulegen, die von der Europäischen Union kofinanziert werden.

Wir stimmen gegen den Bericht in seiner Gesamtheit, da er davon ausgeht, dass die Europäische Union eine erhebliche finanzielle Verantwortung für die Bekämpfung von Tierseuchen übernimmt. Die Kassen der Union sind kein Füllhorn, aus dem ständig Maßnahmen im Agrarbereich finanziert werden können. Schweden beispielsweise hat einen langen und erfolgreichen Kampf gegen Salmonellen innerhalb seiner Landesgrenzen geführt und ist ein Beweis dafür, dass die Mitgliedstaaten solche Kämpfe selbst führen können, ohne dafür eine Finanzierung durch die Europäische Union zu benötigen.

 
  
  

Bericht Klaß (A6-0446/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  Andreas Mölzer (NI). – Herr Präsident! Die Natur hat ein langes Gedächtnis. So werden etwa dank dem EU-Programm Grundwasser 2010 in Österreich nunmehr Verschmutzungen des Grundwassers aus dem vergangenen 20. Jahrhundert mühsam aufgearbeitet. Der Nitratgehalt aufgrund der Landwirtschaft macht einigen Regionen große Probleme, so dass der nun vorgeschriebene chemische Zustand nur schwer eingehalten werden kann. Dies unterstreicht einmal mehr die Bedeutung biologischer und ökologisch sinnvoller Bewirtschaftungsweisen, die richtig eingesetzt einen wichtigen Beitrag leisten können. Deshalb ist es meines Erachtens auch wichtig, die Förderung solcher Bewirtschaftungsweisen massiv zu erhöhen. Daher habe ich für den Bericht Klaß gestimmt.

 
  
MPphoto
 
 

  Richard Seeber (PPE-DE). – Herr Präsident! Auch ich habe für den Kompromiss gestimmt, obwohl ich ebenfalls der Auffassung bin, es wäre wünschenswert gewesen, für alle gefährlichen Stoffe einheitliche europäische Regeln zu haben, weil das Grundwasser als erstes Lebensmittel extrem wichtig ist. Bedenken wir auch, dass unsere Gesundheit und jene unserer Kinder hier auf dem Spiel stehen. Kurzfristig zu sparen wird langfristig sowohl für den Staat als auch für die Gesundheitssysteme ein Problem. Deshalb fordere ich alle Mitgliedstaaten auf, jetzt alles streng umzusetzen und gleichzeitig an einem weiteren Gesetzespaket mit ambitionierteren Grenzwerten mitzuarbeiten.

 
  
MPphoto
 
 

  Ian Hudghton (Verts/ALE), schriftlich. (EN) Grundwasser ist eine wertvolle natürliche Ressource, die unbedingt geschützt werden muss. Außerdem ist die Aufarbeitung von Verschmutzungen selbst dann noch extrem schwierig, wenn die Schadstoffquelle längst beseitigt ist.

Generell befürworte ich die Intentionen der neuen Richtlinie, die zur Erhaltung von Schottlands gutem Ruf wegen seiner sauberen und ursprünglichen Umwelt beitragen würde.

Dabei muss jedoch auf Ausgewogenheit geachtet werden, so dass neue Richtlinien keine unnötige Belastung für Landwirte und das Agrargeschäft darstellen. So mussten beispielsweise schottische Landwirte im Gegensatz zu Landwirten in England 2003 Grundwassergebühren entrichten.

Diese Richtlinie ist meines Erachtens sinnvoll, solange dieser Vorschlag nicht mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand oder unpraktischen Auflagen für jene, die beruflich mit Grundwasser zu tun haben, verbunden ist.

 
  
MPphoto
 
 

  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe für den Bericht Klaß zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung gestimmt. Meines Erachtens ist der Bericht in seiner jetzigen Fassung viel schlagkräftiger als der ursprüngliche Vorschlag der Kommission. Wir verfügen jetzt über strengere Vorschriften für die Vermeidung und Einschränkung der Einleitung von gefährlichen Substanzen in das Grundwasser, wobei die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, strengere nationale Maßnahmen zu ergreifen. Bei den Nitraten befinden sich die Bestimmungen nunmehr im Einklang mit der Wasserrahmenrichtlinie.

 
  
MPphoto
 
 

  Peter Skinner (PSE), schriftlich. (EN) Diese Richtlinie ist in Anbetracht der Tatsache, dass in Südostengland in jüngster Vergangenheit aufgrund anhaltender Trockenheit häufig strenge Vorschriften für die Verwendung von Wasser erlassen wurden, von extrem hoher Bedeutung. In Südostengland stammen etwa 70 % des Wassers aus Grundwasserressourcen. Folglich müssen diese Ressourcen unbedingt geschützt werden, damit sie sich erholen können und um nach Möglichkeit zu verhindern, dass Nitrate und andere Chemikalien in das britische Trinkwasser gelangen.

Das Parlament hat konsequent an seiner Meinung festgehalten, dass die Mitgliedstaaten weit mehr tun müssen, um diese Art der Verschmutzung beispielsweise mit Arsen, Bioziden und Zyanid zu verhindern. Das Bemühen des Parlaments, die Gesetzgebung in diesem Bereich zu verschärfen, ist sehr zu begrüßen.

 
  
MPphoto
 
 

  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. (NL) Wasser ist die Grundlage allen Lebens, und in diesem Sinne geht es hier um Leben und Tod. Der Europäischen Umweltagentur zufolge ist die Lage ernst: 87 % des Grundwassers in landwirtschaftlichen Gebieten entsprechen nicht den EU-Standards für die Anwesenheit von Nitraten, und die meisten Mitgliedstaaten berichten von der Gefahr der Verschmutzung durch Pestizide. Einer strengen neuen Grundwasser-Richtlinie kommt daher außerordentliche Bedeutung zu.

Der vom Vermittlungsausschuss verabschiedete Text verdient unsere Unterstützung. Dem Parlament ist es gelungen, den Begriff „Schutz vor Verschlechterung“ rechtsverbindlich zu machen. Außerdem wurde sichergestellt, dass sich die Maßnahmen für die Erreichung der Qualitätsstandards betreffend Nitrate an der Wasserrahmenrichtlinie orientieren sollen. Die Mitgliedstaaten und Regionen werden nachdrücklicher verpflichtet, die Einträge gefährlicher Stoffe in das Grundwasser zu verhindern und zu beschränken. Sie sind nun verpflichtet, alle dafür erforderlichen Maßnahmen zu „treffen“ und nicht bloß „darauf abzuzielen“. Das Ergebnis in erster Lesung war aus ökologischer Sicht eine gewaltige Enttäuschung, und auch der Gemeinsame Standpunkt des Rates war eine absolute Katastrophe. In der zweiten Lesung des Parlaments und dem anschließenden Vermittlungsverfahren wurde dies geradegerückt. Da wir mit dem Ergebnis zufrieden sein dürfen, habe ich die erzielte Vereinbarung gebilligt.

 
  
  

Bericht Mitchell (A6-0448/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  Vytautas Landsbergis (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Bei all den Debatten über abgetriebenes Leben wird eine sehr individuelle Erscheinung mit einer scheinbar neutralen Formel beschrieben: reproduktive Gesundheitsfürsorge, einem sehr allgemeinen und dabei etwas verwirrenden Begriff. Deshalb sollten wir ganz offen über die nicht reproduktive Gesundheit sprechen und überlegen, wie wir die Reproduktivität in der europäischen Gesellschaft begrenzen bzw. senken können, ohne Frauen körperlichen Schaden zuzufügen.

Ein derartiger Schaden wäre sehr schlimm, aber es ist an der Zeit zu erkennen, dass sich das Problem nicht darauf beschränkt, denn es kommen psychologische und soziale Aspekte hinzu. Ferner müssen wir uns mit dem mangelnden Mitgefühl und der zunehmenden Grausamkeit in unserer Gesellschaft auseinander setzen, die einen demografischen Suizid zur Folge haben.

Aus diesen Gründen habe ich für die von Herrn Mitchell vorgeschlagenen Streichungen gestimmt.

 
  
MPphoto
 
 

  Sérgio Marques (PPE-DE), schriftlich. (PT) Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission für eine Verordnung zur Schaffung eines Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit war für das Parlament inakzeptabel, da durch ihn die Mitentscheidungsbefugnisse des Parlaments und gerade die Grundsätze der Entwicklungspolitik gefährdet wurden.

Nach den vom Parlament eingebrachten Abänderungen unterstütze ich jetzt jedoch den endgültigen Text der Verordnung, der befristete Rechtsvorschriften (bis 2013) und eine Halbzeitüberprüfung (2009), die Schaffung eines speziellen Instruments für die Entwicklungspolitik – das Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit (Development Cooperation Instrument – DCI) – im Unterschied zur Politik der Zusammenarbeit mit Industrieländern, eine einzige Rechtsgrundlage und die Ausarbeitung detaillierterer Finanzvorschriften vorsieht. Außerdem wird das Recht des Parlaments gesichert, die Entwicklungspolitik im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens zu gestalten.

 
  
MPphoto
 
 

  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Das Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit umfasst Entwicklungsausgaben in Höhe von über 16 Milliarden Euro für den Zeitraum der nächsten Finanziellen Vorausschau. Das Instrument besteht aus zwei Hauptteilen – dem geografischen und dem thematischen Teil. Bei den geografischen Ausgaben in Höhe von fast 11 Milliarden Euro handelt es sich um Gelder, die im Rahmen der Länderstrategiepapiere (LSP) zwischen der Kommission und den Partnerländern ausgehandelt werden. Ich begrüße die Tatsache, dass sich das Parlament bei den Verhandlungen konsequent dafür eingesetzt hat, dass soziale Leistungen – vor allem in den Bereichen Gesundheit und Bildung – bei der Erarbeitung der LSP durch die Kommission Vorrang erhalten. Das Parlament konnte die Kommission zudem zu der Verpflichtung bewegen, 20 % der Ausgaben für geografische Programme für die medizinische Grundversorgung sowie die allgemeine Grund- und Sekundarbildung vorzusehen – einem wichtigen Schwerpunkt, zu dem sich die sozialdemokratische Fraktion seit vielen Jahren bekennt.

 
  
MPphoto
 
 

  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die Förderung von Entwicklung spielt, mutatis mutandis, in der Außenpolitik der EU eine ebenso wichtige Rolle wie die Förderung von Menschenrechten und Demokratie.

Immer, wenn die EU das Wachstum und die Entwicklung von Drittländern im Rahmen der externen Zusammenarbeit voranbringt, tut sie das für eine bessere Welt und im Grunde auch für ihre eigenen Interessen, eine Tatsache, die man eingestehen muss, die die diesbezüglichen Verdienste der EU aber in keinster Weise schmälert. Ganz im Gegenteil.

Im Bereich der illegalen Einwanderung etwa wäre darauf hinzuweisen, dass diese Politik eine der mächtigsten Waffen ist, die uns zur Verfügung stehen, vor allem, wenn sie im Zusammengehen mit unseren Nachbarn eingesetzt wird.

Entwicklung ist – wie die Demokratie und die Menschenrechte – ein universelles Gut.

 
  
MPphoto
 
 

  Konrad Szymański (UEN), schriftlich. (EN) Unser Teil der Welt, der das Privileg hat, in Wohlstand zu leben, hat all jenen Menschen gegenüber eine große Verantwortung, die Hunger leiden oder einer ungewissen Zukunft entgegensehen.

Ich glaube, dass wir gemäß unserer humanitären Verantwortung mit einer Stimme sprechen können. Durch dieses hehre Ziel vereint, können wir viel verändern.

Deshalb lehne ich Absätze, mit denen so genannte „reproduktive und sexuelle Rechte“ eingeführt werden sollen, ab, weil wir damit lediglich überredet werden sollen, Abtreibungen zu befürworten. Diese Problematik war nicht Bestandteil des ursprünglichen Kommissionsvorschlags. Sie tauchte im Parlament auf. Das ist eine sehr bedauerliche Botschaft für jene Europäer, die Abtreibungen ablehnen und nicht für derartige Praktiken zahlen wollen, die sich in diesem Dokument hinter dem Fachbegriff „reproduktive Rechte“ verbirgt.

Wollen wir wirklich eine solche Botschaft übermitteln? Wir können nicht die Überzeugungen von Katholiken ignorieren, nur weil sie heute eine Minderheit darstellen. Unsere Botschaft für sie ist eindeutig: Sie besagt, dass Europa sie nichts mehr angeht!

Damit schwächen wir unseren Kampf gegen Armut, und wir schwächen die europäische Integration.

Deshalb habe ich zur Unterstützung der Änderungsanträge 1, 2 und 3 aufgerufen. Ohne sie konnte ich nicht für diesen Bericht stimmen.

 
  
  

Bericht Fourtou (A6-0429/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich. (EL) Die Gruppe der Kommunistischen Partei Griechenlands im Europäischen Parlament hat gegen den Bericht über den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über einen „Modernisierten Zollkodex“ gestimmt, weil er den Weg für das Eindringen monopolistischer Unternehmen (insbesondere von Logistikunternehmen) in den Bereich der Zollverfahren ebnet. Die Einsetzung von „zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten“ in Kombination mit dem Ersetzen von Artikel 5 der Verordnung 2193/92, der die Zollvertreter betrifft, wird zu einem Verlust der Arbeitsplätze aller Zollagenten in Griechenland und zahlreichen EU-Mitgliedstaaten führen, an deren Stelle Monopole treten werden, was zu Lasten der Sicherheit der Zollverfahren gehen wird.

Der neue Zollkodex folgt dem von der Lissabon-Strategie gesetzten Rahmen, die darauf abzielt, den Wohlstand der Kapitalisten zu mehren. Diese Politik wird neben dem radikalen Abbau von Arbeits-, Lohn-, Versicherungs- und sozialen Rechten der Arbeitnehmer, die ihr Hauptangriffsziel sind, katastrophale Folgen für die Selbständigen sowie die kleinen und mittleren Unternehmen haben.

Diese reaktionäre Politik der EU richtet sich gegen alle Volksschichten.

Deshalb ist es zwingend notwendig, eine Allianz zwischen den kleinen und mittleren Unternehmen und der Arbeiterklasse zu bilden, eine Allianz des Volkes, die den Bestrebungen der Monopole und des Imperialismus Einhalt gebieten wird und die ihren eigenen Machtanspruch erheben und den Weg zu sozialem Wohlstand eröffnen wird.

 
  
  

Bericht Graefe zu Baringdorf (A6-0411/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  Diamanto Manolakou (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Die Landwirte und Verbraucher haben das Recht und die Pflicht, auf ihre Gesundheit und Sicherheit zu achten und sich über die Zusammensetzung eines jeden Produkts, einschließlich des Tierfutters, zu informieren. Deshalb stimmen wir den Änderungsanträgen und dem Änderungsvorschlag zur Richtlinie über den Verkehr von Mischfuttermitteln zu.

Einige Unternehmen haben jedoch den Europäischen Gerichtshof unter dem Vorwand angerufen, dass die „finanziellen Interessen der Hersteller erheblich beeinträchtigt würden“ und das geistige Eigentum nicht gewährleistet sei, um ihre Verpflichtung zu umgehen, die Verbraucher über die Zusammensetzung von Futtermitteln zu informieren, was den Landwirten und Verbrauchern ermöglichen würde, eine Auswahl zu treffen und ihre Gesundheit zu schützen.

Gleichzeitig würde bei jedem Hersteller kontrolliert werden, ob das Produkt, das er verkauft, den auf dem Etikett aufgedruckten Inhaltsstoffen sowie den Verordnungen über den Schutz der öffentlichen Gesundheit entspricht.

Wir sollten uns jedoch nicht davon täuschen lassen, dass rechtliche und andere Hindernisse Unternehmen, die im Tierfuttersektor ein Monopol innehaben, von skrupellosen Aktivitäten abhalten könnten, zumal diese Unternehmen für die Skandale um Dioxin und Rinderwahnsinn verantwortlich sind. Für diese Unternehmen stellt der Profit und nicht der Schutz der öffentlichen Gesundheit die höchste Priorität dar. Und solange es an staatlichen Kontrollorganen fehlt und Kontrollen der Verantwortung von Privatleuten überlassen werden, sollten wir uns große Sorgen über den Schutz der öffentlichen Gesundheit und die Sicherheit der Nahrungskette machen.

 
  
MPphoto
 
 

  Mairead McGuinness (PPE-DE), schriftlich. (EN) Ich habe diesen Bericht befürwortet, um gemäß einem Urteil des Gerichtshofs durch Streichung der Auflage für Futtermittelhersteller, auf Anfrage des Kunden Angaben über die exakte Zusammensetzung des Mischfuttermittels zu machen, eine rasche Berichtigung der Richtlinie 2002/2/EG zu ermöglichen.

Laut Urteil des Gerichtshofs bewirkt diese Bestimmung angesichts der schweren Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen der Hersteller zu wenig an zusätzlichem Gesundheitsschutz.

Ich bin jedoch beunruhigt und enttäuscht darüber, dass gewählte Europaabgeordnete von den juristischen Diensten der Institutionen daran gehindert wurden, weiter reichende Änderungsanträge für diesen umstrittenen Rechtsakt vorzulegen.

Es ging darum, die Regeln zu ändern, die derzeit die Deklaration aller Ausgangserzeugnisse eines Mischfuttermittels mit Angabe ihres Gewichtsanteils in Prozent vorschreiben.

Die Angabe exakter prozentualer Gewichtsanteile für Futtermittel geht über das hinaus, was in analogen Bestimmungen für Lebensmittel, die für den menschlichen Verbrauch bestimmt sind, gefordert wird.

In den meisten Fällen reicht eine Angabe der Zutaten nach Gewicht aus, um die Interessen von Landwirten und Verbrauchern sowie die Rezepturen der Hersteller zu schützen. Ich erwarte, dass die Kommission diese Bedenken bei der für nächstes Jahr vorgesehenen Überprüfung der Futtermittelgesetzgebung in Betracht zieht.

 
  
MPphoto
 
 

  Neil Parish (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Die konservativen Europaabgeordneten haben diesen Bericht befürwortet, um gemäß einem Urteil des Gerichtshofs durch Streichung der Auflage für Futtermittelhersteller, auf Anfrage des Kunden Angaben über die exakte Zusammensetzung des Mischfuttermittels zu machen, eine rasche Berichtigung der Richtlinie 2002/2/EG zu erleichtern. Laut Urteil des Gerichtshofs bewirkt diese Bestimmung angesichts der schweren Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen der Hersteller zu wenig an zusätzlichem Gesundheitsschutz.

Wir bringen jedoch unsere Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass gewählte Europaabgeordnete von den juristischen Diensten der Institutionen daran gehindert wurden, weiter reichende Änderungsanträge für diesen umstrittenen Rechtsakt vorzulegen. Uns ging es darum, die Regeln zu ändern, die derzeit die Deklaration aller Ausgangserzeugnisse eines Mischfuttermittels mit Angabe ihres Gewichtsanteils in Prozent vorschreiben. Unseres Erachtens ist es nicht notwendig, exakte prozentuale Anteile offenzulegen, und wir meinen, dass das über die Auflagen hinausgeht, die für Lebensmittel gelten, welche für den menschlichen Verbrauch bestimmt sind. In den meisten Fällen reicht eine Angabe der Zutaten nach Gewicht aus, um die Interessen von Landwirten und die Geschäftsgeheimnisse der Hersteller zu schützen. Wir erwarten, dass die Kommission diese Bedenken bei der für nächstes Jahr vorgesehenen Überprüfung der Futtermittelgesetzgebung in Betracht zieht.

 
  
  

Bericht Flautre (A6-0376/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  Marco Cappato (ALDE), schriftlich. – (IT) Ich unterstütze den Bericht von Herrn McMillan-Scott und Frau Flautre über das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte, weil die Demokratie ein universelles Grundrecht ist und als solches von den transnationalen Institutionen geschützt werden muss.

Die Abgeordneten der Radikalen in diesem Parlament haben jahrelang für die „Demokratieklauseln“ gekämpft, die in vielen Abkommen der EU mit autoritären Staaten wie Laos, Vietnam und Usbekistan enthalten sind. Diese Abkommen müssen buchstabengetreu umgesetzt werden, doch darf die Förderung von Recht und Demokratie kein bloßes Nebenprodukt der Politik in den Bereichen Kooperation, internationaler Handel oder humanitäre Hilfe sein. Es besteht Handlungsbedarf, und es muss eine echte europäische Politik für weltweite Demokratie entwickelt werden, denn das Recht auf Demokratie darf nicht bei den „Nachbarn“ Europas Halt machen.

Es muss uns gelingen, weltweit ein Bündnis zwischen Europa und den pro-demokratischen Kräften zu schließen: Das war das Ziel der Berichterstatter. Die zukünftige Handlungsfähigkeit der EU wird uns zeigen, ob dieses Ziel erreicht worden ist oder ob wir neue, flexiblere und effizientere Instrumente brauchen werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Kartika Tamara Liotard und Erik Meijer (GUE/NGL), schriftlich. (NL) Die Sozialisten können auf eine lange Tradition der internationalen Solidarität zurückblicken. Sie treten für die Menschenrechte, für Frieden, Demokratie, soziale Sicherheit, gerechtes Teilen, öffentliche Dienstleistungen und eine saubere Umwelt nicht nur für die Menschen in ihren eigenen Städten, Regionen oder Ländern ein, sondern auch für die Menschen in ihren Nachbarländern und in anderen Teilen der Welt.

Menschenrechte für andere sind wichtiger als eigene wirtschaftliche Vorteile durch Billigimporte aus Ländern, in denen die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Von dieser Überzeugung aus haben wir Boykottaktionen gegen diktatorische Minderheitenregimes in Südafrika, dem ehemaligen Rhodesien, den ehemaligen portugiesischen Kolonien und Pinochets Chile unterstützt. Indem wir uns mit den Oppositionsbewegungen in diesen Ländern zusammengeschlossen haben, konnten wir zu tief greifenden Veränderungen beitragen.

Deshalb unterstützen wir, die Vertreter der Sozialistischen Partei der Niederlande, den Bericht Flautre/McMillan-Scott über die Menschenrechte in internationalen Verträgen und den Beziehungen mit diktatorischen Staaten. Uns ist bewusst, dass dieser Bericht für Maßnahmen gegen Venezuela oder andere Staaten, in denen sich die Bevölkerung für radikale Schritte in Richtung Gleichheit der Menschen entschieden hat, und vielleicht sogar als Rechtfertigung für militärische Interventionen aus angeblich humanitären Gründen missbraucht werden kann. Zu unserem Leidwesen scheint sich ein Teil unserer Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke jetzt aus Furcht davor für ein Nichteinmischungsprinzip zu entscheiden und damit, wenn auch unbeabsichtigt, dafür, bei nicht hinnehmbaren Diktaturen ein Auge zuzudrücken.

 
  
MPphoto
 
 

  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die Tatsache, dass die EU ihre Außenpolitik ausdrücklich mit der Förderung der Menschenrechte und der Demokratie verknüpft, sollte unterstrichen und gelobt werden. Doch nicht alle im Parlament und in anderen Gemeinschaftsorganen sind wohl der gleichen Ansicht, welche Menschenrechte verletzt werden und wo Demokratie herrscht und wo nicht. Vielleicht wäre es besser, diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt zu vermeiden, auch wenn wir damit die Dinge unter den Teppich kehren würden, statt uns mit ihnen auseinander zu setzen.

Davon abgesehen sollte der erste Punkt betont werden. Die Ausdehnung der Demokratie und der Schutz der Menschenrechte ist grundsätzlich eine gute Sache, die den Menschen in Ländern zugute kommt, wo weder Demokratie herrscht noch die Menschenrechte geachtet werden, sowie auch den Menschen in Nachbarländern (weshalb es so wichtig ist, diese Werte in unserer Nachbarschaft zu fördern) und der Welt als Ganzes.

Aus diesen Gründen unterstütze ich – wenn auch mit den genannten Vorbehalten – den vorliegenden Bericht.

 
  
MPphoto
 
 

  Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Das „Finanzierungsinstrument für die weltweite Förderung der Demokratie und der Menschenrechte“ ist ein offenkundiges Eingeständnis, dass wir im Namen „der Demokratie und der Menschenrechte“ das Recht der EU verankern, imperialistische Interventionen zu Lasten der Völker auf der ganzen Welt vorzunehmen.

Der Bericht der Kommission bewegt sich in eine noch inakzeptablere und reaktionärere Richtung, da dort festgestellt wird, dass es „ohne die Zustimmung der Regierung des Gastlandes“ angewandt werden wird, um dem langen Arm der imperialistischen Politik der EU, verschiedenen Nichtregierungsorganisationen und Organisationen, die in ihrem Land nicht offiziell registriert sind, also illegalen Organisationen, enorme Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Er sieht vor, ein produktives Arbeitskräftepotenzial für unabhängige zivilgesellschaftliche Organisationen zu schaffen, das heißt mit anderen Worten Ausbildung von Geheimagenten. Zu seinen Zielsetzungen gehört auch die Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofs sowie anderer spezieller internationaler Strafgerichtshöfe.

Die EU ernennt sich selbst zum weltweiten Schützer der Demokratie und der Menschenrechte, ganz im Sinne eines „Trojanischen Pferdes“, das dazu benutzt werden wird, die nationale und gesellschaftliche Souveränität der Staaten, die sich gegen die Beschlüsse der EU stellen, zu untergraben und Regierungen zu stürzen, die nicht mit ihr konform gehen.

Die Völker sollten ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen. Sie sollten ihren Kampf gegen diese barbarische imperialistische Union von Monopolkapitalisten intensivieren und das Bestreben der Imperialisten, die Position eines Weltgendarmen einzunehmen, auf den Müllhaufen der Geschichte werfen.

 
  
  

Bericht Sinnott (A6-0398/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Die hohe Zahl von Verletzungen infolge von Unfällen oder Gewalt gibt nach wie vor Anlass zur Sorge. Deshalb begrüßen wir, dass den Ursachen dieser Verletzungen, unter welchen Umständen sie auftreten und warum, wann und wo sie geschehen, besonderes Augenmerk gilt. Für die Verletzungen gibt es zahlreiche Faktoren, einschließlich sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Faktoren. Je besser wir diese Aspekte verstehen, desto umfassender und vor allem besser werden die Maßnahmen sein, die zu ihrer Vermeidung ergriffen werden. Deshalb liegt in dem heute angenommenen Bericht die Betonung auf der Prävention.

Der erste Schritt ist daher das Sammeln von Informationen. Im Endeffekt kommt es aber darauf an, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern, wozu beispielsweise die Aufrechterhaltung einer öffentlichen Gesundheitspolitik mit einem garantierten Zugang zu medizinischer Versorgung für alle unabhängig von den wirtschaftlichen Umständen, die Gewährleistung einer hochwertigen öffentlichen Bildung und die Verringerung bzw. Beseitigung von Ungleichbehandlungen gehören. Unfälle und Verletzungen fordern unter den Menschen einen sehr hohen Preis – vorzeitige Todesfälle, ein jahrelanges Leben mit Invalidität – und verursachen sehr hohe Kosten für die medizinische Versorgung und Verluste für die Gesellschaft aufgrund von Produktivitätsausfällen. Doch Verletzungen können vermieden werden. Deshalb ist es unbedingt notwendig, sich gesündere Lebensweisen anzueignen und öffentliche Politikmaßnahmen einzuführen, die dazu beitragen, die Lebensbedingungen sicherer zu gestalten. Vorbeugen ist besser als heilen.

 
  
MPphoto
 
 

  Diamanto Manolakou (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Der Hauptbeweggrund des „Bemühens um die Prävention von Verletzungen“ besteht darin, in Bereiche zu investieren, die sich auszahlen werden. Anstelle der Gesundheit werden gewinnbringende Konzepte gefördert. Wir lehnen diese Anreize des freien Marktes, von denen dieses so genannte Bemühen um Prävention von Verletzungen geprägt ist, ab.

Ungleiche Vorfälle werden zusammengewürfelt und im Rahmen der persönlichen Verantwortung behandelt, mit der Begründung, dass sie alle in die Kategorie von Verletzungen fallen. Die wahren Unfallursachen werden verschleiert, und die Strategie zur Prävention und Bekämpfung von Verletzungen wird in die falsche Richtung gelenkt.

Die persönliche Verantwortung wird als die Hauptursache dieser „Verletzungen“ bezeichnet, um die Verantwortung der Arbeitgeber für Unfälle am Arbeitsplatz nicht erkennbar werden zu lassen.

Die Propagierung „sicherer Verhaltensweisen“ verschleiert die Tatsache, dass eine Präventionsstrategie darauf gerichtet sein sollte, kollektive Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit an Orten zu ergreifen, wo die Arbeitnehmer leben und arbeiten.

Das Ziel besteht darin, den Arbeitnehmern direkt oder indirekt die Verpflichtung der Arbeitgeber sowie die Kosten zur Verhütung von Unfällen am Arbeitsplatz aufzubürden.

Und letztendlich besteht das Ziel darin, die weitere Intensivierung der Arbeit und die Senkung der Arbeitskosten voranzutreiben.

Die Schuld liegt zum großen Teil beim Staat. Um der freien Wirtschaft zu dienen, unterlässt er dringend notwendige Kontrollen und nimmt verbrecherische Versäumnisse und Mängel bei unternehmerischen Projekten hin, die wiederum das Unfallrisiko erhöhen. Der Staat sollte regelmäßig die Notwendigkeit der Unfallprävention unterstreichen, indem er über die tatsächlichen Unfallursachen informiert; zudem sollten die Stellen, die diese Unfälle registrieren und untersuchen, unter staatlicher Kontrolle stehen. Die Abdeckung beruflicher Gefahren durch die Versicherung, die Einrichtung einer staatlichen Behörde von Betriebsärzten und Sicherheitstechnikern werden die Grundlage für eine systematische Prävention von Unfällen am Arbeitsplatz bilden.

 
  
MPphoto
 
 

  Andreas Mölzer (NI), schriftlich. Wir sind es unserer Bevölkerung und der Umwelt schuldig, die Förderpolitik der Transporte kreuz und quer durch Europa umgehend einzustellen. Wenn Krebs und Atemwegserkrankungen zur vierthäufigsten Todesursache in der EU aufgestiegen sind, dann ist es dafür schon fünf nach zwölf.

Zur Förderung der Sicherheit gehört es aber auch, eine Lösung des multikulturellen Irrwegs zu suchen. Schließlich verdichten sich in immer mehr europäischen Städten Problemzonen, in welchen Ordnungs- und Sicherheitskräfte als Eindringlinge aufgefasst werden, in denen ein massiver Werteverfall herrscht und die staatliche Ordnung nicht mehr akzeptiert wird.

Nicht nur in Paris, sondern beispielsweise auch in Berlin gibt es Stadtteile, in denen ein Brand nicht rechtzeitig gelöscht oder Verletzte nicht abtransportiert werden können, weil Kommunikation mit der wütenden ausländischen Menge nicht möglich ist, wo helfende Hände Gefahr laufen, angegriffen oder bestohlen zu werden. So genannte No-Go-Areas, in die sich selbst die Polizei nur mehr im Großaufgebot hineintraut.

Genau so hat es in Frankreich begonnen und wohin dies geführt hat, ist uns allen bekannt. Wenn wir schon von Prävention und mehr Sicherheit reden, dann müssen wir auch diese Probleme endlich in Angriff nehmen, bevor die Situation eskaliert.

 
  
  

Bericht David Martin (A6-0430/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe natürlich für meinen Bericht über ein Finanzierungsinstrument für die Zusammenarbeit mit industrialisierten Ländern und Gebieten gestimmt. Wie ich in der Aussprache bereits sagte, mag dies in finanzieller Hinsicht das am wenigsten bedeutende der neuen Außenhilfeinstrumente sein, obwohl es immerhin einen Haushalt von ca. 22 Millionen Euro pro Jahr umfasst und sich auf unsere externen Aktionen in 17 wichtigen Ländern erstreckt. Meines Erachtens werden die vom Parlament gebilligten Änderungen dazu beitragen, das Instrument besser auf die wirksame Förderung der Interessen und Werte der EU in diesen 17 heterogenen Ländern abzustimmen. Ich möchte den Kollegen aller Fraktionen für ihre Unterstützung danken, durch die es uns gelungen ist, einen so breiten Konsens zu finden.

 

16. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
  

(Die Sitzung wird um 13.05 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: DAGMAR ROTH-BEHRENDT
Vizepräsidentin

 

17. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll

18. Koordinierung bestimmter Vorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Frau Ruth Hieronymi im Namen des Ausschusses für Kultur und Bildung über die Koordinierung bestimmter Vorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit

KOM(2005)0646 – C6-0443/2005 – 2005/0260(COD) (A6-0399/2006)

 
  
MPphoto
 
 

  Viviane Reding, Mitglied der Kommission. – (FR) Frau Präsidentin, werte Abgeordnete, meine Damen und Herren! Mein Dank gilt allen, die in diesem Hause an dem Vorschlag für eine Richtlinie über die verschiedenen audiovisuellen Mediendienste mitgearbeitet haben. Besonders möchte ich die Berichterstatterin, Frau Hieronymi, sowie die Koberichterstatter und die Schattenberichterstatter beglückwünschen, die weder an Zeit noch an Energie gespart haben, um die Stellungnahme des Parlaments zu erarbeiten.

Ihre Anstrengungen haben sich gelohnt, denn zahlreiche Änderungsvorschläge, mit denen wir uns heute beschäftigen, tragen zur Verbesserung des am 13. Dezember 2005 vorgelegten ursprünglichen Vorschlags der Kommission bei. Hervorzuheben ist gleichfalls die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen dem Parlament, meinen Dienststellen und dem Rat, dessen finnische Präsidentschaft eine ausgezeichnete Arbeit geleistet hat.

Der Richtlinienvorschlag zur Ausübung der Fernsehtätigkeit, mit dem die Richtlinie Fernsehen ohne Grenzen modernisiert wird, wird zu den bedeutenden Rechtsvorschriften gehören, die während dieser Wahlperiode verabschiedet wurden. Er kommt zweierlei Forderungen nach: Erstens ermöglicht er die Anpassung unserer audiovisuellen Unternehmen an die beträchtlichen technologischen und kommerziellen Entwicklungen, die stattgefunden haben; weiterhin ist er Ausdruck des politischen Willens, das Fortbestehen der wesentlichen Werte für unser gesellschaftliches Leben und die öffentliche Meinungsbildung zu gewährleisten.

Einerseits gilt es, die technischen und kommerziellen Aspekte zu berücksichtigen: die neuen Formen des Fernsehkonsums wie das Internet-Protokoll-Fernsehen (IPTV) oder Video on demand (VOD), der Übergang zu digitalen Technologien, der eine Vervielfachung des Angebots nach sich zieht, der Markteintritt neuer Akteure wie Telekommunikationsunternehmen, Internetprovider und große internationale Investoren. Andererseits geht es darum, Werte zu berücksichtigen wie den Verbraucherschutz, die Menschenwürde, den Jugendschutz, die Förderung der kulturellen Vielfalt und des Medienpluralismus.

Darüber hinaus wird es der Vorschlag der Kommission allen Unternehmen, die in den audiovisuellen Sektor investieren wollen, ermöglichen, dies zu fairen Wettbewerbsbedingungen und auf europäischer Ebene, d. h. auf der Ebene des Binnenmarktes, zu tun. Der Grundsatz, dass allein die Rechtsvorschriften des Niederlassungslandes als Voraussetzung für die volle Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs im Binnenmarkt gelten, auf den sich die Richtlinie von 1989 gründet, bleibt auch in der modernisierten Richtlinie ohne grundsätzliche Änderung erhalten.

Ich danke dem Parlament für die Unterstützung bei dieser grundlegenden Forderung, die, indem sie die nationalen Märkte für den europäischen Wettbewerb öffnet, nicht nur zur Stärke unserer audiovisuellen Industrie, sondern auch zum Medienpluralismus beiträgt.

Die wesentlichen Punkte des Vorschlags der Kommission sind folgende: Erstens, die Richtlinie muss auf die audiovisuellen Dienste anwendbar sein, wobei die Definition dieser Dienste hinreichend flexibel sein muss, um den Erfordernissen der Zeit standzuhalten, und präzise genug, um dem Sektor die Rechtssicherheit zu geben, die er braucht. Zweitens sind die verschiedenen Dienste nach den beiden Differenzierungskriterien Auswahl- und Steuerungsmöglichkeiten der Nutzer sowie Wirkung dieser Dienste auf die öffentliche Meinungsbildung in zwei Kategorien zu unterteilen.

Die linearen Dienste, die die erste Gruppe bilden, entsprechen der Fernsehausstrahlung in chronologischen Programmsequenzen. Dabei handelt es sich um Push-Inhalte, unabhängig davon, ob es sich um eine traditionelle Plattform, IPTV oder Mobilfernsehen handelt.

Die andere Gruppe – die nicht-linearen Dienste – werden auf Anfrage des Verbrauchers bereitgestellt. Dabei handelt es sich um Pull-Inhalte, die nach einem Katalog ausgewählt werden, wie beispielsweise Video on demand.

Was die Regeln betrifft, so müssen für die audiovisuellen Inhalte der ersten Kategorie – des herkömmlichen Rundfunks und Fernsehens – Regeln gelten, die den derzeitigen Regeln vergleichbar, aber modernisiert und vereinfacht sind, um den soeben genannten Entwicklungen Rechnung zu tragen. Im Übrigen sollte im Falle des audiovisuellen Inhalts der zweiten Kategorie die Anwendung des Herkunftslandsprinzips zulässig sein, vorausgesetzt die harmonisierten Basisregeln werden eingehalten, insbesondere was den Jugendschutz und das Verbot des Aufrufs zu Rassenhass betrifft.

Schließlich gilt es, die Zugangsbarrieren zum audiovisuellen Sektor abzubauen, indem – bei gleichem Niveau für den Schutz des Allgemeininteresses – die derzeitigen Regeln vereinfacht werden, vor allem im Bereich der kommerziellen Kommunikation.

Frau Präsidentin, ich bin mir sehr wohl bewusst, dass zahlreiche Abgeordnete bei diesem Thema sehr empfindlich sind und dass einige von ihnen strengere Regeln für die Werbung verlangen. Ich möchte mich in dieser Frage ganz klar äußern. Ebenso wie Sie will auch ich kein Fernsehen auf amerikanische Art, das heißt Programme, die jederzeit durch einzelne Werbespots unterbrochen werden. Deshalb bekräftigt die Kommission den Grenzwert von maximal zwölf Minuten je Stunde und hält außer beim Sport am Ausnahmeprinzip für einzeln gesendete Spots fest. Gleichzeitig müssen wir uns, offen gesagt, darüber im Klaren sein, dass die Fernsehsender Werbeeinnahmen brauchen, um qualitätvolle Inhalte erwerben zu können, wie Sportereignisse, Spielfilme oder Dokumentarfilme. Wenn man will, dass die Europäer auch weiterhin zwischen kostenlosem Fernsehen und Bezahlfernsehen wählen können, muss man akzeptieren, dass es Werbung gibt.

Darüber hinaus muss die Nutzung der Koregulierung und der Selbstregulierung als zusätzliche Form für die Umsetzung der Richtlinie gefördert werden. Es ist das erste Mal, dass diese Möglichkeit in einen Legislativtext aufgenommen wird. Unterstrichen werden sollten auch das allgemeine Interesse hinsichtlich des Schutzes von Kindern vor schädlichen Inhalten, des Schutzes der Menschenwürde, das Recht der Verbraucher auf Transparenz und die Förderung europäischer Werke, die Ausdruck unserer kulturellen Vielfalt sind.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, Sie haben heute die Möglichkeit, der sehr erfolgreichen europäischen Inhalteindustrie bei gleichzeitiger Beibehaltung hoher ethischer Anforderungen zu ermöglichen, dass sie ihre Wettbewerbsfähigkeit und Integration auf der Ebene des europäischen Binnenmarktes weiter steigert. Ich fordere Sie auf, bei der Aussprache und der Abstimmung die Chance zu nutzen, zwei Botschaften zu vermitteln: eine an die Europäer, um sie zur Nutzung der Neuentwicklungen beim Fernsehen zu ermutigen, und eine an die Branche, um sie anzuregen, nicht nur in die Wertschöpfung zu investieren, sondern auch, damit die kreativen Inhalte von morgen europäische Inhalte sind. Das lässt sich nur realisieren, wenn der Rechtsrahmen besser an das Fernsehen des 21. Jahrhunderts angepasst ist. Die Kommission lässt sich bei der Prüfung der Abänderungen des Parlaments ausschließlich von diesen Erwägungen leiten.

Frau Präsidentin, ich werde Gelegenheit haben, am Schluss der Aussprache die Position der Kommission zu den Änderungsvorschlägen näher zu erläutern. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Ich kann Ihnen bereits jetzt ankündigen, dass die Kommission beabsichtigt, eine Vielzahl der von der Berichterstatterin vorgelegten Änderungsvorschläge zu akzeptieren.

 
  
MPphoto
 
 

  Ruth Hieronymi (PPE-DE), Berichterstatterin. – Frau Präsidentin! Mein Dank gilt zunächst der Kommission, Frau Kommissarin, und dem Rat, sowohl der österreichischen als auch der finnischen Präsidentschaft für die hervorragende Zusammenarbeit mit dem Parlament. Ganz besonderer Dank gilt aber meinen Kolleginnen und Kollegen Berichterstattern und Schattenberichterstattern. Ihnen ist es zu verdanken, dass der Ausschuss für Kultur und Bildung als federführender Ausschuss hervorragend mit den Ausschüssen für Binnenmarkt, Wirtschaft, Industrie, bürgerliche Freiheiten und Gleichstellung von Männern und Frauen zusammenarbeiten konnte.

Unser gemeinsames Ziel war und ist, dass Fernsehen als audiovisuelles Massenmedium auch in Zukunft gleichermaßen Kultur- wie Wirtschaftsgut bleibt. Informationsfreiheit und Meinungsvielfalt kann in einem gemeinsamen europaweiten Binnenmarkt nicht der Markt alleine regeln. Deshalb ist es wichtig, dass wir heute zu einer Revision der Fernsehrichtlinie kommen. Die Fernsehrichtlinie umfasst bisher die analogen Fernsehdienste; ihr fehlen aber damit die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für die neuen digitalen Dienste. Hier ist es der ausdrückliche Wunsch des Parlaments und seiner Ausschüsse, dass Fernsehen und fernsehähnliche Dienste in Zukunft unabhängig von der technologischen Plattform nach ihrem Inhalt beurteilt werden. Entscheidend ist der Hauptzweck des audiovisuellen Massenmediums, bei dem Inhalte zur Information, Bildung und Unterhaltung unter redaktioneller Verantwortung erarbeitet und zusammengestellt werden, die dann an die allgemeine Öffentlichkeit gerichtet und über elektronische Netze verbreitet werden. Dies bedeutet eine klare Abgrenzung zu den übrigen Diensten der Informationsgesellschaft und insbesondere der Richtlinie für den elektronischen Handel. Diese Rechtsklarheit brauchen die neuen audiovisuellen Dienste, und sie sind mit dieser Richtlinie erfüllt und berücksichtigt worden. Nur wenn der Hauptzweck dieser Richtlinie erfüllt ist, gilt sie auch. Um es hier noch einmal klar und deutlich zu sagen: Private oder nicht öffentliche E-Mails, elektronische Ausgaben von Zeitungen, die alle nicht diesen Hauptzweck erfüllen, werden mit der Richtlinie auch nicht abgedeckt.

Medienfreiheit basiert in der Europäischen Union auf dem Herkunftslandprinzip. Auch in der neuen Richtlinie gilt ein starkes Herkunftslandprinzip. Allerdings war es dafür notwendig, die Sorgen jener Mitgliedstaaten aufzugreifen, die Missbrauchs- oder Umgehungstatbestände sehen oder in Sorge vor solchen Tatbeständen sind. Hier ist der Kompromiss des Europäischen Parlaments mittlerweile sehr ausgewogen; er berücksichtigt beide Gesichtspunkte mit dem Ziel, den Prozess von Lissabon und damit die wirtschaftlichen Stärken der neuen elektronischen Mediendienste optimal ausschöpfen zu können. Vor diesem Hintergrund haben wir eine breite Übereinstimmung zum Anwendungsbereich und zum Herkunftslandprinzip erreicht, darüber hinaus auch zu Fragen der Ko- und Selbstregulierung des Jugend- und Verbraucherschutzes, des Rechts auf Kurzzeitberichterstattung, der Förderung europäischer Inhalte und des besseren Zugangs von Behinderten.

Unterschiedlicher Position sind wir – und das wird die Diskussion noch zeigen – bei der Werbung. Ich spreche mich wie die Kommissarin dafür aus: nicht mehr Werbung – 12 Minuten – aber größere Flexibilität. Einem schmerzhaften Kompromiss musste allerdings auch ich zustimmen, nämlich in der Frage der Produktplatzierung. Ich hoffe sehr, dass wir hier durch eine bessere Kennzeichnung möglichst rechtssichere und klare Verhältnisse für die Verbraucher erreichen. Insgesamt ist die Revision der EU-Fernsehrichtlinie ein echtes Fitnessprogramm für ein zukunftsorientiertes europäisches Fernsehen, und ich bitte Sie herzlich um Ihre Unterstützung!

(Beifall)

 
  
MPphoto
 
 

  Karsten Friedrich Hoppenstedt (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und Währung. – Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Berichterstatter des Wirtschaftsausschusses bin ich darüber erfreut, dass unsere mit nur zwei Gegenstimmen gefundene Linie in weiten Teilen im abgestimmten Bericht des Kulturausschusses Eingang gefunden hat. Herzlichen Dank, Frau Berichterstatterin, dass das gelungen ist.

Gerade in den letzten Wochen haben wir erfolgreich daran gearbeitet – und da gilt der Dank natürlich allen Beteiligten –, ein starkes Herkunftslandsprinzip zu erhalten. Dies ist die Basis der Richtlinie und sollte im Interesse eines funktionierenden Binnenmarktes nicht aufgeweicht werden.

Meines Erachtens ist die Öffnung in Richtung Werbeliberalisierung essenziell, um das duale System unserer Medienlandschaft zu erhalten und das frei empfangbare, werbefinanzierte Fernsehen zu sichern. Verwirklicht werden sollte die Liberalisierung durch die Aufhebung des Blockwerbegebotes, die 30minütige Abstandsregelung für Werbeeinblendungen bei Fernsehfilmen, Kinofilmen, Kinder- und Nachrichtenprogrammen und die Zulassung von Produktplatzierung.

In Bezug auf das kontrovers diskutierte Thema der Produktplatzierung sehe ich deren Zulässigkeit in engen Grenzen als einzig gangbaren Weg. Ein Verbot wäre realitätsfern. Wie eine wissenschaftliche Studie belegt, wird Produktplatzierung trotz der Untersagung in vielen Mitgliedstaaten gleichwohl praktiziert. Des Weiteren würde ein Verbot europäische Investitionen in den amerikanischen Markt drängen.

Ich glaube, dass unter Berücksichtigung der aktuellen Situation mit der Positivliste eine ausgewogene Lösung angeboten werden kann. Neben der Liberalisierung der Werbevorschriften ist die Neuregelung des Anwendungsbereichs einer der Kernpunkte der Richtlinie. Fernsehinhalte können mittlerweile, wie wir wissen, auch über Internet oder Mobilfunk empfangen werden. Hier haben wir einen technologischen Ansatz gewählt, der die Einbeziehung zukünftiger Entwicklungen und Plattformen gewährleistet.

Soweit diese essenziellen Punkte in der Plenarabstimmung entsprechend berücksichtigt werden, können wir mit Zuversicht den Herausforderungen des digitalen Medienzeitalters entgegensehen und gleichzeitig das hohe Gut der europäischen Fernsehkultur erhalten.

 
  
MPphoto
 
 

  Heide Rühle (Verts/ALE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. – Frau Präsident, Frau Kommissarin! Mein besonderer Dank gilt Frau Hieronymi und den Schattenberichterstattern meines Ausschusses, speziell Herrn Kamall, Frau Hedh und Frau Wallis. Frau Hieronymi hat sich im Rahmen der intelligenten Zusammenarbeit energisch um die Kooperation mit den anderen fünf Ausschüssen bemüht, und der Binnenmarktausschuss hat im Vorfeld einige Kompromisse erarbeitet, die auch in das Abstimmungsergebnis des Kulturausschusses eingeflossen sind und berücksichtigt wurden. Das gilt vor allem für den für uns wichtigen Bereich des Anwendungsbereiches der Richtlinie. Neue Techniken fördern neue Angebote und neues Verbraucherverhalten. Durch die Digitalisierung drängen neue, starke Akteure, wie die Telekommunikationsgesellschaften, auf den Markt. Um die Richtlinie zukunftstauglich zu gestalten, war es notwendig, eine Verbreiterung des Anwendungsbereichs vorzunehmen. Wir haben aber auch erreicht, dass dieser Anwendungsbereich klarer und restriktiver gefasst worden ist als in dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag, und das ist ohne Zweifel ein gemeinsamer Erfolg der Ausschüsse.

(Die Präsidentin entzieht der Rednerin das Wort.)

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Ich kann Sie gerne aufklären, Frau Rühle. Sie haben in der Tat nachher als Rednerin Ihrer Fraktion noch einmal eine Minute. Aber als Berichterstatterin für einen Ausschuss steht Ihnen nur eine Minute zur Verfügung. Ich überlasse es Ihnen, das innerhalb Ihrer Fraktion befriedigend zu klären. Sie können also die wesentlichen Punkte danach, als Rednerin Ihrer Fraktion, noch einmal zusammenfassen.

 
  
MPphoto
 
 

  Jean-Marie Cavada (ALDE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres. – (FR) Frau Präsidentin! Eine Minute Redezeit, das entspricht einem Werbespot. Gut, wir werden trotzdem versuchen, etwas daraus zu machen.

Reden wir zuerst von der Politik. Ich möchte der Frau Kommissarin danken. Ich erinnere mich an die Konferenz von Liverpool: Der Text, den Sie uns seinerzeit vorgelegt haben, war bereits ein guter mittelfristig angelegter Vorschlag. Mein Dank gilt Frau Hieronymi, deren Verhandlungsgeschick als Berichterstatterin wir zu verdanken haben, dass in den dem Plenum vorgelegten Bericht der größte Teil der Änderungsvorschläge des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres eingeflossen ist.

Gestatten Sie mir, zwei Vorbehalte zu äußern. Zunächst möchte ich im Namen einer Reihe von Delegationen mein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, dass die im Ausschuss für Kultur gebilligten Kompromisse, die ein wirkliches Gleichgewicht zwischen dem Finanzbedarf der Sendeanstalten einerseits und der Achtung vor den Fernsehzuschauern andererseits geschaffen haben, heute in Frage gestellt werden. Das ist eine äußerst schlechte Idee, die dem gesamten audiovisuellen Sektor schadet, weil eine Industrie, die ihre Konsumenten nicht achtet, längerfristig keine Überlebenschancen hat. Was also die Regeln für Werbespots betrifft, so erachte ich es als unerlässlich, die Integrität der kulturellen Werke zu respektieren, und was mich betrifft, so werde ich, bis ich weitere Informationen erhalte, weiterhin für einen Zeitraum von 45 Minuten, der nicht unterbrochen werden darf, eintreten.

Was die Produktplatzierung betrifft, so hat der Ausschuss für Kultur und Bildung diese Frage sehr genau ausgelotet, daher unterstütze ich seinen Änderungsvorschlag.

Schließlich bedauere ich, Frau Präsidentin, dass dieser Bericht und die politischen Bedingungen, unter denen er vorgelegt wird, es nicht ermöglichen, mittelfristig über das Gleichgewicht zwischen dem öffentlichen und dem privaten Fernsehen nachzudenken: Dieser Frage müssen wir uns mittelfristig gemeinsam annehmen, wenn wir das Überleben dieses Berichts sichern wollen.

 
  
MPphoto
 
 

  Lissy Gröner (PSE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. – Frau Präsidentin! Auch der Frauenausschuss bedankt sich für die gute Kooperation und die Bereitschaft der Berichterstatterin der Kommission. Wir möchten natürlich europäisches Qualitätsfernsehen, d. h. die Vielfalt und Unabhängigkeit der Medien, sichern.

Die Neuregelung der Richtlinie darf aber keine neuen Grauzonen eröffnen. Gerade bei der umstrittenen Produktplatzierung befürchten wir das. Früher war sie als Schleichwerbung verpönt. Jetzt wird zwar ein grundsätzliches Verbot von Produktplatzierung ausgesprochen, aber zahlreiche Ausnahmen ermöglichen es den Mitgliedstaaten, die klare Trennung zwischen redaktioneller Unabhängigkeit und kommerziellen Werbeeinflüssen aufzuweichen.

Wir haben im Frauenausschuss der Produktplatzierung eine klare Absage erteilt, und wir wollen auch verstärkten Jugendschutz. Wir wollen Pornografie, grundlose Gewalt und die Menschenwürde verletzende Bilder aus den audiovisuellen Programmen verbannen. Wir wollen auch die Werbung einschränken. Werbung darf nicht alles. Wir müssen dafür sorgen, dass die Werbezeiten nicht ausgedehnt werden. Ich bin für die Beibehaltung der 45-Minuten-Regelung, und außerdem bin ich dafür, dass Alkohol nicht im Tagesprogramm erscheint, um Kinder und Jugendliche besser zu schützen.

 
  
MPphoto
 
 

  Erna Hennicot-Schoepges, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Lassen Sie mich im Namen der PPE-Fraktion und in meinem eigenen Namen Frau Hieronymi beglückwünschen, der es gelungen ist, uns sowohl in menschlicher als auch in technischer Hinsicht trotz einer sehr kontroversen Debatte in einen sicheren Hafen zu steuern.

Es ist nicht leicht, in einem vom Wesen her sehr veränderlichen technologischen Umfeld präzise Regeln festzulegen. Im Übrigen stellt sich die Frage, bis zu welchem Punkt eine Regulierung überhaupt möglich ist. Man musste einen angemessenen und fairen Rahmen finden mit starken und verbindlichen Grundsätzen für die sensiblen Fragen wie beispielsweise den Jugendschutz, und gleichzeitig darauf achten, dass die Akteure des Sektors nicht benachteiligt werden. Als starkes und grundlegendes Prinzip wurde das Herkunftslandprinzip berücksichtigt. Der derzeitige Kompromiss ermöglicht es den Behörden der Mitgliedstaaten, im Falle eines betrügerischen und missbräuchlichen Verhaltens seitens des Sendestaates ihre Meinungsverschiedenheiten nach den Vorgaben des Textes zu regeln.

Was die Werbung betrifft, schließt sich die PPE-DE-Fraktion den von der Berichterstatterin genannten Modalitäten an, möchte jedoch hinzufügen, dass die Werbung mit gleicher Lautstärke ausgestrahlt werden muss wie die vorangehenden Programmteile, wie in einem Änderungsantrag des Kulturausschusses gefordert wird.

Lassen Sie mich noch anmerken, dass man bei den ideologischen Debatten über die Werbung auch nicht außer Acht lassen darf, dass dies ein lebendiger und kreativer Sektor ist, der Arbeitsplätze schafft und auch eine kulturelle Dimension hat. Die Polemik um die Produktplatzierung veranlasst mich zu folgender Bemerkung: Die vorgeschlagene Lösung – prinzipielles Verbot der Produktplatzierung, wobei es jedem Mitgliedstaat überlassen bleibt, sie zu genehmigen – ist eine deutliche Aussage, die an die Mitgliedstaaten appelliert, Verantwortung für die Finanzierung eines qualitätvollen Fernsehens zu übernehmen.

Schließlich ist festzustellen, dass die Zuschauer etwas stiefmütterlich behandelt werden, als hätte die Richtlinie nichts mit ihnen zu tun. Man sollte wirklich auch darauf achten, dass dem Fernsehen keine Grenzen gesetzt werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Henri Weber, im Namen der PSE-Fraktion.(FR) Frau Präsidentin! Lassen Sie mich auch meinerseits Frau Hieronymi für die Qualität und die Quantität ihrer Arbeit danken. Die uns vorgeschlagene Richtlinie ermöglicht es, das europäische audiovisuelle Modell unter den neuen technologischen und wirtschaftlichen Bedingungen beizubehalten.

Die Werbung bleibt auf zwölf Minuten pro Stunde beschränkt. Der Ausschuss für Kultur und Bildung hat dafür gestimmt, dass die Sendedauer zwischen zwei Werbespots bei 45 Minuten bleibt und nicht auf 35 oder sogar auf 30 Minuten reduziert wird, wie es die Kommission will. Ich hoffe, dass dieser Änderungsantrag, der von der Sozialdemokratischen Fraktion unterstützt wird, im Plenum angenommen wird. Die Werbeeinnahmen der Fernsehsender dürften darunter nicht leiden, denn im Kontext der Globalisierung und der Zunahme der transnationalen Unternehmen steigt die Werbenachfrage und wird es auch weiterhin tun.

Die Produktplatzierung ist verboten, das ist als erster Punkt festzuhalten. Gewiss sind Ausnahmeregelungen für Kino- und Fernsehfilme sowie Sportsendungen möglich, jedoch ist die Produktplatzierung in diesen Fällen strikt reglementiert, um Missbrauch und schädliche Effekte zu vermeiden, die in zahlreichen Ländern, vor allem den USA, feststellbar sind.

Die Regelungen werden in geeigneter Form auf die neuen audiovisuellen Dienste ausgedehnt. Ich denke dabei besonders an Video on demand, dem eine große Entwicklung bevorsteht. Der Jugend- und Verbraucherschutz sowie der Schutz der Zuschauer im Allgemeinen vor Aufrufen zu allen Formen von Diskriminierung und Hass sind gesichert. Die neuen Dienste sollen, wie wir mit Befriedigung feststellen, ihren Teil zur Förderung der Produktion und des Vertriebs europäischer Werke beitragen.

Was die Umgehung der Regelungen der Mitgliedstaaten durch bestimmte audiovisuelle Unternehmen betrifft, schlagen die Sozialdemokraten einfachere, raschere und gerechtere Bestimmungen vor, damit die Länder, die Opfer betrügerischer Programme oder Dienste sind, sich besser verteidigen können. Dieser im Kulturausschuss verabschiedete Kompromisstext bewahrt das Wesentliche. Er kann und muss verbessert werden. Das ist Gegenstand unserer Änderungsanträge.

 
  
MPphoto
 
 

  Ignasi Guardans Cambó, im Namen der ALDE-Fraktion.(ES) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich Frau Hieronymi zu ihrer ausgezeichneten Arbeit beglückwünschen. Gratulation auch an das Sekretariat des Ausschusses für die Bearbeitung so vieler Änderungsanträge.

Ich glaube, dass wir mit allseitiger Unterstützung in der Lage sein werden, eine Richtlinie anzunehmen, die eine effektive Anwendung finden kann und, da wir uns in der Vorweihnachtszeit befinden, kein Wunschzettel an den Weihnachtsmann ist, sondern eine Rechtsvorschrift darstellt, die in die Praxis umgesetzt werden kann, ohne bereits nach sechs Monaten veraltet zu sein, da sie die technische Realität, von der wir sprechen, in ihre Überlegungen einbezieht und nicht auf der Philosophie einer Einzelperson beruht, sondern den Bedingungen der heutigen Welt Rechnung trägt.

Gleichzeitig handelt es sich um eine Richtlinie, die meiner Ansicht nach zwei Extreme vermeiden kann, wenn die Änderungsanträge angenommen werden, wie einige von uns hoffen. Ein Extrem wäre ein von der Werbung kontrolliertes und dominiertes Fernsehen amerikanischer Art. Es gibt auch das Extrem, das von jenen vertreten wird, die der Meinung sind, alles müsse gesetzlich geregelt werden, die die Gesellschaft nur per Gesetz ändern wollen, manchmal auf der Grundlage von Werten, die wir sogar teilen können, oder unter dem Vorwand, die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft zu schützen, Minderjährige und andere, um die wir uns alle sorgen. Solche Personen glauben, dass dies einzig und allein durch das Gesetz erfolgen kann, indem Auflagen verordnet werden, die ein offenes kommerzielles Fernsehen unmöglich und undurchführbar machen oder die legitime unternehmerische Freiheit in unseren Marktsystemen und im europäischen Binnenmarkt einschränken.

Ich glaube, dass wir dieses Gleichgewicht zwischen den beiden Extremen erreichen. Einige Extreme werden bleiben. Beispielsweise gibt es noch einen Änderungsantrag zum Verbot von Pornografie im Internet, was ein sehr löbliches Ziel darstellt. Ich weiß nicht, ob es Aufgabe des Europäischen Parlaments ist, beispielsweise Pornografie im Internet zu untersagen. Dies hat nichts mit den Werten zu tun, für die wir alle uns einsetzen, sondern mit der Realität auf einem Gebiet, für das wir Gesetze erarbeiten.

Abschließend möchte ich meine Unterstützung und meine Anerkennung für die Arbeit der Kommission und all derer zum Ausdruck bringen, die sich um einen Text bemüht haben, der eindeutig in Richtung Selbstregulierung und Koregulierung geht. Es ist ein Instrument, das sehr gute Ergebnisse hervorgebracht hat und dies in Anwendung dieser Richtlinie auch künftig tun wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Helga Trüpel, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin, Frau Kommissarin Reding, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich bin der Meinung, dass die Überarbeitung der Fernsehrichtlinie richtig ist, da sich unsere Wirklichkeit in so verändert hat. Wir antworten mit der Revision der Fernsehrichtlinie auf die Digitalisierung der Medien. Wir haben jetzt video on demand, Internetfernsehen, webstreaming und ganz neue Plattformen. Also ist es wichtig, dass alle audiovisuellen Mediendienste unter diese Richtlinie fallen. Deshalb haben wir auch den Namen der Richtlinie geändert.

Aber wir regeln nicht das Internet als solches; keine von privaten Verbrauchern produzierten Inhalte, keine privaten Homepages fallen in den Anwendungsrahmen der revidierten Richtlinie. Presse- und Meinungsfreiheit im Internet ist nicht bedroht von klassischen Rundfunkregeln, wie zum Beispiel vorheriger Inhaltskontrolle. Drei Erfolge sprechen wir Grünen uns zu, was die Veränderung der Richtlinie angeht, nämlich dass unabhängige Produzenten mehr Chancen bekommen, wobei auch klar definiert wird, was wir darunter verstehen; dass es mehr Zugang für Behinderte geben soll und dass es ein europaweites Recht auf Kurzberichterstattung geben soll, denn das ist eine Frage von Vielfalt und demokratischem Zugang zur Information für unsere Bürgerinnen und Bürger.

Aber es gibt zwei große Kritikpunkte. Wir Grünen wollen keine Amerikanisierung des europäischen Fernsehens. Ich bin keine prinzipielle USA-Gegnerin, aber ich will europäisches Qualitätsfernsehen fördern und erhalten. Alle Befürworter des Kommissionsvorschlags – auch Frau Hieronymi – glauben, nur in der Amerikanisierung mit Produktplatzierung und einzelnen Spots habe das europäische Fernsehen noch eine Zukunftschance. Wir müssten uns alle den Zwängen des Werbemarktes beugen. Ich teile diese Haltung explizit nicht. Ich will weiterhin die Trennung von Inhalt und Werbung. Ich will keine Vermischung. Ich will keine single spots alle paar Minuten, keine 6 Minuten Werbung innerhalb von 36 Minuten, wie es PPE und PSE für alle Formate wollen. Ich will ein Fernsehspiel ungestört sehen können. Die bestehenden Werbemöglichkeiten reichen aus.

Ich frage Herrn Schulz – auch wenn er nicht anwesend ist –: Wollen Sie bei einem „Tatort“ aus München, dass die Kommissare BMW fahren und erkennbar Löwenbräu trinken? Oder ich frage Frau Prets und Herrn Poettering: Wollen Sie Produktplatzierung in einem Fernsehspiel erlauben, um den Verkauf von VW anzukurbeln? Und ich fordere Bundeskanzlerin Merkel und Kulturstaatsminister Neumann auf, mit der jetzt beginnenden deutschen Ratspräsidentschaft ein deutliches Zeichen gegen Produktplatzierung zu setzen und es nicht beim halbherzigen Widerstand zu belassen.

Der Bericht von Ihnen, Frau Hieronymi, ist aus meiner Sicht politisch falsch. An der Oberfläche gibt es ein Verbot von Produktplatzierung, um dann den Mitgliedstaaten zu erlauben, sie einzuführen. Damit wird für bestimmte Formate Produktplatzierung in allen europäischen Ländern Realität werden.

Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wollen Sie das wirklich? Ich halte es auch für Selbstbetrug. Einerseits soll es Produktplatzierung geben dürfen, andererseits sollen die Menschen – so ist es in der Richtlinie formuliert – die Produkte nicht kaufen. Das ist doch lächerlich! Für dumm verkaufen können wir uns auch selbst. Für mich ist dies ein typischer fauler Kompromiss. Ich fordere Sie auf: Seien Sie mutig! Stimmen Sie gegen Produktplatzierung und single spots! Verteidigen Sie europäisches Qualitätsfernsehen! Stimmen Sie für unentgeltliche Produktionshilfen! Das sind die Änderungsanträge von uns Grünen. Wir sollten stolz auf unser Qualitätsfernsehen sein und uns vor allem in diesem Punkt von den USA unterscheiden. Ich bedanke mich für die Mitarbeit der anderen Kollegen und bei der Kommission.

 
  
MPphoto
 
 

  Umberto Guidoni, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (IT) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, hinter der – als natürliche Rechtsanpassung an die neuen Technologien betrachteten – Überarbeitung der bisherigen Rechtsvorschriften verbirgt sich die Absicht zur unkontrollierten Liberalisierung des Werbemarktes: keine tägliche Begrenzung des Teleshopping, keine Anrechnung der Telepromotion beim Stundenlimit, keine Regelung für kleine Werbespots sowie die Einführung der Produktplatzierung, einer Werbemethode, die so eng mit den Programminhalten verwoben ist, dass sie weder quantitativ noch qualitativ reglementiert werden kann.

In dem Richtlinientext fehlt es zudem an verbindlichen Hinweisen auf die Grundsätze des Pluralismus, der Unabhängigkeit und des freien Wettbewerbs, die doch die Grundlagen eines jeden Rundfunk- und Fernsehsystems in einer modernen Demokratie bilden sollten, wie das Parlament selbst wiederholt bekräftigt hat.

Eng verbunden mit dem demokratischen wie auch mit dem kulturellen Leben eines Landes, ist das Fernsehen zweifellos der wichtigste Kulturträger unserer Zeit. Deshalb ist es gefährlich, seine Inhalte und seine Funktionsweise nur von Marktüberlegungen abhängig zu machen, ohne die Rechte der Zuschauer, beispielsweise auf unparteiische Information und den Schutz ihrer Kinder, zu wahren. Wie können wir die Kinder schützen, wenn Werbespots ihre Ernährungsgewohnheiten verändern? Es ist eine objektive Tatsache, dass die meisten Kinder heute nur zucker- und fettreiche Produkte essen.

In diesem Kommissionsvorschlag gilt „ohne Grenzen“ im Sinne von „ohne Einschränkungen“ nur für die Werbung. Ohne einen Kurswechsel, wie er mit den Änderungsanträgen der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke, aber auch einer fraktionsübergreifenden Gruppe von Abgeordneten, die keinen politischen Zwängen unterliegen, vorgeschlagen wurde, droht das Fernsehen der Zukunft einzig zum Sklaven der Gesetze der Werbung zu werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Zdzisław Zbigniew Podkański, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Wir sollten in einer Ära des rasanten technologischen Fortschritts, der sich weltweit vollzieht und einen Wandel bewirkt, dafür Sorge tragen, dass dieser Wandel die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung in ganz Europa wie auch in den einzelnen Ländern fördert. Aus diesem Grund begrüße ich den Bericht von Frau Hieronymi, dem das Ursprungslandprinzip zugrunde liegt.

Dank der Unterscheidung zwischen linearen und nicht-linearen Diensten wird eine Anpassung der Vorschriften und Bedingungen auf nationaler Ebene die Vermarktung nationaler Produkte, einschließlich unabhängiger Produkte, in einer Weise ermöglichen, die produktiver und für den Verbraucher attraktiver ist. Ich möchte außerdem meine Dankbarkeit und Unterstützung für die Vorschläge der Berichterstatterin für den Jugendschutz, gegen die Aufstachelung von Rassenhass, für die Verhinderung von Schleichwerbung und für die Unterscheidung, die im Dokument zwischen Sponsoring und Produktplatzierung getroffen wird, aussprechen.

Ich freue mich zudem, dass der Vorschlag, die Abstände zwischen Werbepausen bei Filmen auf 30 Minuten zu verkürzen, abgelehnt wurde, da damit eine Verzerrung der Filmproportionen bzw. der Verlust des künstlerischen Wertes vermieden wird.

Frau Hieronymis Bericht ist ein gutes Dokument und schafft die Voraussetzungen für weitergehende Maßnahmen zur Regulierung linearer und nicht-linearer Dienste.

 
  
MPphoto
 
 

  Thomas Wise, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Der Kommission und der Berichterstatterin ging es um eine geringfügige Liberalisierung des Werberechts. Ich glaube jedoch, dass dabei die Extremisten die Oberhand gewonnen haben. Im Folgenden werde ich auf einige der Elemente eingehen, die den größten Schaden anrichten werden.

Ein Werbeverbot für Kindersendungen bedeutet, dass es davon weniger geben wird, und der Rest wird von schlechterer Qualität sein. Es werden Arbeitsplätze in den Medien und der Spielzeugindustrie verloren gehen.

Das Verbot erstreckt sich auch auf Nachrichtensendungen, Dokumentarfilme, Ratgebersendungen, Theateraufführungen und Opern, jegliche Form von Sponsoring und Produktplatzierung. Das hat einen Einbruch der Einnahmen für die kommerziellen Medien zur Folge und gefährdet deren Zukunft.

Das Kurzberichterstattungsrecht – 90 Sekunden kostenlos aus Fremdsendungen – wird der kommerziellen Nachrichten- und Sportberichterstattung den Todesstoß versetzen. Wie Sie sehen werden, stehen mir hier lediglich 90 Sekunden zur Verfügung.

Was das Verbot für einige Nahrungsmittel betrifft, so wäre es sinnvoller, mit der Nahrungsmittelindustrie zusammenzuarbeiten, um deren Produkte zu verbessern und Arbeitsplätze zu erhalten, anstatt der Werbeindustrie die Schuld für etwas zu geben, worüber sie keine Kontrolle hat.

Ein Werbeverbot für Alkohol wird niemanden vom Trinken abhalten. Das hat selbst die Prohibition in den USA nicht zustande gebracht.

Die Richtlinie versucht, die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten mittels des Ursprungslandprinzips zu lösen, und untergräbt gleichzeitig eben dieses Prinzip. Das wird nicht funktionieren. Ich habe gerade genug Zeit für ein Beispiel. Zahlreiche schwedische Medienunternehmen haben ihren Sitz in Großbritannien, weil sie unsere Arbeitsgesetzgebung bevorzugen. Damit unterliegen sie britischem Recht, aber sie strahlen ihre Sendungen in Schweden aus. Schweden verfügt über strengere Gesetze zum Schutz des Kindes als das Vereinigte Königreich. Es ist ganz zu Recht unzufrieden. Die Fraktion Unabhängigkeit und Demokratie und die UKIP unterstützen das Recht Schwedens, selbst zu entscheiden, was auf schwedischem Territorium geschieht, und analog dazu das Recht Großbritanniens zu entscheiden, was auf britischem Boden geschieht. Die Richtlinie bietet keine Lösung an, sondern nur die Fortsetzung eines Problems. Ich habe Änderungsanträge zur Ablehnung des Kommissionsvorschlags vorgelegt, die die Zustimmung der gemäßigten Abgeordneten finden sollten.

 
  
MPphoto
 
 

  Roger Helmer (NI).(EN) Frau Präsidentin! Bekanntlich sagte Präsident Reagan über die Wirtschaft einst: „Besteuern, wenn sie floriert. Regulieren, wenn sie immer noch floriert. Subventionieren, wenn sie nicht mehr floriert.” Ich muss Ihnen sagen, dass das genau der wirtschaftsfeindliche Ansatz ist, den die Europäische Union in Bezug auf die Fernsehbranche verfolgt, und zwar vor allem hinsichtlich deren Regulierung.

Die Fernsehbranche ist eine der wettbewerbsfähigsten Branchen überhaupt. Die Leute dieser Branche kämpfen um mehr Zuschauer, sie kämpfen darum, die Zuschauer zu halten. Deshalb besteht außer in einigen Sonderfällen, was beispielsweise Kinder betrifft, einfach kein Regulierungsbedarf. Die Betreiber tun jetzt schon alles, um den Zuschauern ein attraktives Produkt anzubieten.

Zweitens wird dieser Vorschlag Schaden im Bereich der Innovation anrichten. Denn wir schreiben mit unseren Regelungen zwangsläufig die heutige Technologie fest. Niemand von uns hier in diesem Saal weiß, was nächstes Jahr oder im Jahr danach passieren wird. Wir legen der Innovation folglich Steine in den Weg, und wir sollten daher den gesamten Vorschlag ablehnen.

 
  
MPphoto
 
 

  József Szájer (PPE-DE).(HU) Frau Präsidentin! Ich möchte mich ebenfalls den Glückwünschen für Frau Hieronymi für ihre ausgezeichnete Arbeit anschließen.

Der Medienmarkt der neuen Mitgliedstaaten stellt eine besondere Herausforderung dar. Ich bin fest davon überzeugt, dass der von uns angenommene, gangbare Kompromiss im Ergebnis zur Schaffung eines Medienmarktes mit einer einheitlicheren Struktur sowie zu mehr Wettbewerb in den neuen Mitgliedstaaten beitragen kann. In einigen der neuen Mitgliedsländer entwickelten sich Mediensystem und Medienmarkt nicht organisch, sondern entstanden in erster Linie aus den in der Zeit der Diktatur vom Parteiapparat kontrollierten Medien und der alten Infrastruktur. In diesen Staaten haben aufgrund der etablierten Monopole regelrechte Medienkriege stattgefunden, so z. B. auch in meinem Heimatland Ungarn. Die erforderliche Infrastruktur und ordnungspolitische Bedingungen, die Pluralität fördern, fehlten bislang. Genau aus diesem Grund spielt das Thema meiner Ansicht nach eine wichtige Rolle, und ich hoffe sehr, dass dadurch etwas zur Lösung des Problems beigetragen wird.

Aus meiner Sicht als gewählter Volksvertreter ist es darüber hinaus wichtig, dass unsere Grundwerte wie unser Verständnis von Minderheitenschutz, Grundfreiheiten, kultureller und sprachlicher Vielfalt und Minderheiten in diesen Bestimmungen einen hohen Stellenwert genießen. Schließlich handelt es sich nicht nur um unsere gemeinsamen Werte, sondern sie sind auch in allen Grundsatzdokumenten der EU festgeschrieben. Um dieses Ziel zu erreichen, dürfen wir nicht unnötige Hindernisse schaffen, die die Entwicklung des Medienmarktes in Europa behindern. Darum bin ich zuversichtlich, dass der erzielte Kompromiss dafür sorgen wird, dass Europa im Wettbewerb mit der übrigen Welt bestehen kann. Vielen Dank für Ihre Anstrengungen. Ich hoffe, der Vorschlag wird erfolgreich umgesetzt.

 
  
MPphoto
 
 

  Catherine Trautmann (PSE).(FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, Frau Berichterstatterin! Die Verabschiedung dieser abgeänderten Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ wird es den verschiedenen Akteuren ermöglichen, sich in einem klaren Rahmen weiterzuentwickeln, der den Anforderungen der digitalen Revolution und der wissensbasierten Wirtschaft gerecht wird.

Bezüglich des Geltungsbereichs möchte ich als positiv hervorheben, dass die nicht-linearen Dienste einbezogen sind, während private Websites eindeutig ausgeschlossen bleiben. Es gilt ein Gleichgewicht zu finden zwischen der Meinungsfreiheit, dem freien Informationsverkehr und dem freien Zugang zu neuen Diensten wie VOD – sowie zu wertvollen kulturellen als auch wirtschaftlichen Informationen. Indem die europäische Produktion das Schwergewicht auf Qualität legt, wird sie ihre Position stärken können. Das gilt auch für die Förderung der europäischen Inhalte.

Die Richtlinie bietet echte Fortschritte hinsichtlich des Jugendschutzes und setzt der Werbung ethische Grenzen, muss aber vor allem hinsichtlich der Frage der Gesundheit und der Bekämpfung von Übergewicht noch verstärkt werden. Ich hoffe, dass unser Parlament seine Unterstützung für meinen Vorschlag bekräftigt, Werbung für Produkte zu verbieten, die nicht den für Kinderarbeit geltenden Normen entsprechen.

 
  
MPphoto
 
 

  Karin Resetarits (ALDE). – Frau Präsidentin! Herzlichen Glückwunsch an Frau Hieronymi und an Frau Reding. Fernsehen steht vor einer Revolution. Wie diese Revolution ausgehen wird, darüber gehen die Meinungen auseinander, doch eines steht fest: Fernsehen wird demokratischer. In Zukunft wird es nicht nur einigen großen Sendern vorbehalten sein, Fernsehen zu machen und über den Inhalt zu bestimmen. Das Beispiel YouTube zeigt bereits, wohin der Hase läuft. Das Internet als neue Abspielplattform, der Konsument als sein eigener Fernsehdirektor.

Fernsehen ist eine lebendige Industrie, die wir in Europa stärken müssen, insbesondere damit wir diesen Sektor kreativen Menschen als Arbeitsmarkt weit öffnen. Sämtliche neue Ideen im audiovisuellen Bereich gehen in den USA in jüngster Zeit vom Fernsehen aus, nicht mehr vom Hollywoodfilm, nehmen Sie z. B. die Serie „24“ als Beispiel. Lassen wir uns nicht von Vorurteilen leiten, sonst wird es ein böses Erwachen geben. Wir brauchen hier in Europa eine kreative Industrie. Zu viele Einschränkungen – vor allem bei der Werbung, der einzigen Einnahmequelle außer Gebühren – schaden vor allem den Kreativen und führen letztendlich zu mehr Trash bzw. Billigimporten und zu weniger europäischen Produktionen.

 
  
MPphoto
 
 

  Miguel Portas (GUE/NGL).(PT) Das Fernsehen lebt davon, dass es die Schnittstelle zwischen drei miteinander in Konflikt stehenden Interessen bildet, nämlich denen der Programmgestalter, der Betreiber und der Zuschauer. Der Ausschuss für Kultur und Bildung hat für eine Lösung gestimmt, die ich im Großen und Ganzen für ausgewogen halte. Es ist kein Fernsehen, wie ich es mir wünsche, aber es wird zumindest durch Vorschriften geregelt. Leider sind auf Druck der Kommission und einiger Betreiber in dieser Plenarsitzung Vorschläge geäußert worden, die diese Ausgewogenheit gefährden, und zwar zum Nachteil der Zuschauer.

Was die Produktplatzierung betrifft, so ist die derzeitige Formulierung angemessen. Produktplatzierung als solche ist verboten, aber Ausnahmen können von den Mitgliedstaaten genehmigt werden. Bedrängt in letzter Minute haben die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten und die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa Änderungsanträge eingereicht, die dem zuwiderlaufen, was akzeptiert worden ist, und das lehnen wir ab. Der Kulturausschuss hat ferner für einen Vorschlag gestimmt, wonach die Zuschauer aus Gründen des Verbraucherschutzes eindeutig auf Programme mit Produktplatzierung hingewiesen werden müssen, aber ein Signal, das nur alle 20 Minuten erscheint, ist weder informativ noch schützt es. Bei Filmen mit Gewaltdarstellungen beispielsweise erwartet doch niemand, dass der Warnhinweis nur zu Beginn des Films oder vor der Pause erscheint. Bei Werbeunterbrechungen würden wir je nach Art des Programms zwischen 45 und 30 Minuten unterscheiden. Das ist der richtige Weg. Das ist eine Lösung, die den Kurs der Politik nicht ändert und die Auswüchse von moralischem Prohibitionismus vermeidet, wie Herr Guardans Cambó ganz richtig festgestellt hat.

 
  
MPphoto
 
 

  Johannes Blokland (IND/DEM). – (NL) Frau Präsidentin! Die Tatsache, dass immer mehr Zeit mit dem Konsumieren audiovisueller Produkte verbracht wird, lässt sich unter anderem mit der großen Anziehungskraft, die bewegte Bilder auf die Menschen ausüben, erklären. Und es ist allgemein bekannt, dass ein solches Sehverhalten Einfluss auf die menschlichen Verhaltensmuster hat. Der Inhalt der angebotenen Produkte kann nützlich, aber auch so bedrückend sein, dass solche Produkte von vielen Bürgern aus ethischen Gründen gemieden werden. Den Behörden obliegt es, die Schwachen in der Gesellschaft zu schützen. Das ist möglich, indem sie Sicherheit nicht nur im physischen, sondern auch im mentalen Sinn bieten. Mich stimmen zwei Abschnitte dieses Berichts froh.

Zunächst freue ich mich über die strengeren Vorschriften für die Rechtsprechung. Meines Erachtens erhalten die Mitgliedstaaten zu Recht mehr Einfluss auf das Angebot an audiovisuellen Diensten, die in ihrem Hoheitsgebiet ausgesendet werden, denn jeder Mitgliedstaat hat seine eigene Identität, und die angebotenen audiovisuellen Dienste sollten damit in Einklang stehen. Es reicht nicht aus, die Vorschriften des Landes zu erfüllen, in dem der Anbieter niedergelassen ist.

Mein zweiter Punkt betrifft die Position von Minderjährigen und gefährdeten Personen; beide Gruppen lassen sich relativ leicht zu einem Verhalten verleiten, das für sie selbst und mitunter auch für ihre Umgebung gefährlich ist. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, die Schadenswahrscheinlichkeit möglichst gering zu halten.

 
  
MPphoto
 
 

  Syed Kamall (PPE-DE).(EN) Zunächst möchte ich Frau Hieronymi, Frau Rühle und Herrn Greg Paulger von der Kommission für ihre ausgezeichnete Arbeit danken. Vielleicht bringe ich Greg damit in Schwierigkeiten, aber ich möchte ihm für all seine Arbeit danken.

Ganz zu Beginn gab es einige Probleme, die mir beträchtliche Sorgen bereiteten. Eines betraf die Erweiterung des Anwendungsbereiches. Mir wäre es lieber, wenn der Anwendungsbereich nicht erweitert würde, weil mir bei dem Gedanken an die Regulierung von Diensten, die es noch gar nicht gibt, unwohl ist. Aber ich bin mit dem von uns erzielten Kompromiss sehr zufrieden. Sehr zufrieden bin ich auch mit der Arbeit der Berichterstatterin, was die Anerkennung der Bedeutung der Selbstregulierung betrifft. Wir müssen erkennen, dass die Produktplatzierung existiert. Da sind z. B. deutsche Autohersteller, die ihre Autos in amerikanischen Produktionen untergebracht haben, welche dann in Deutschland ausgestrahlt werden. Das war mit hohen Einnahmen verbunden, und zwar nicht nur für die europäischen Hersteller, sondern auch für europäische Agenturen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Welt nicht an den Grenzen der EU endet.

Was Werbepausen betrifft, so sollten wir diese in einer Fernsehwelt mit Tausenden von Kanälen und Hunderten von Geräten dem Markt überlassen. Bei zu viel Werbung schalten die Leute ab.

Abschließend möchte ich unterstreichen, dass wir für die Stärkung des Ursprungslandprinzips sorgen müssen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Gegner des Binnenmarkts als Sieger aus der Debatte hervorgehen.

 
  
MPphoto
 
 

  Christa Prets (PSE). – Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Vor einem Jahr haben Sie, Frau Kommissarin, das Dokument vorgelegt. Ich denke, dass sich in dieser Zeit sehr viel getan hat. Der Bericht ist sehr ausgereift, und es liegen viele annehmbare Kompromisse auf dem Tisch. Wie die Diskussion zeigt, zeichnet sich hier ein Hauptschwerpunkt ab, die Werbung, mit der viele ein Problem haben, weswegen wir auch darüber diskutieren müssen. Aber wie müssen wir Werbung dosieren, um einerseits den Konsumenten zu schützen, andererseits aber den Kunstschaffenden die Möglichkeit zu geben, gute und qualitativ hochwertige Produkte auf den Markt zu bringen, ohne zusätzlich die Gebühren zu erhöhen? Da wird man um die Werbung nicht herumkommen. Wir haben uns sehr lange mit Produktplatzierungen beschäftigt und haben diese generell – mit einigen Ausnahmen – untersagt. Da wird darauf zu achten sein, wie die Länder damit umgehen und wie dies angewendet wird. Es darf auf keinen Fall dazu führen, dass das Werbeprodukt den Inhalt bestimmt. Da müssen die Grenzen eindeutig gesetzt sein, und ich denke, dass BMW schon lange fährt, wenn bayrische Kriminalserien abgespielt werden und das hat bis jetzt noch niemanden gestört.

Ich möchte auch noch ganz kurz das Herkunftslandprinzip ansprechen, denn auch das ist sehr wichtig und darf nicht dazu führen, dass Medienanbieter bewusst ihre Produktion in andere Länder verlegen, um damit geringeren Auflagen entgegenzuwirken. Dagegen müssen wir ebenfalls etwas unternehmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Sharon Bowles (ALDE).(EN) Frau Präsidentin! Wir wissen, dass die Werbeeinnahmen der traditionellen Medien zurückgegangen sind. Daraus ergibt sich eine einfache Gleichung: Wenn wir nicht zulassen, dass das traditionelle Fernsehen seine Einnahmen erhöht, werden sämtliche Hoffnungen auf anspruchsvolle Produktionen, Dokumentarfilme und kulturelle Dynamik schwinden.

Ich glaube an die Marktkraft des Ausschaltknopfes. Werber werden nicht für Werbung bezahlen, die keiner sieht, und Zuschauer werden kein unzumutbares Fernsehen schauen. Aber die Unzumutbarkeit bezieht sich auf die Qualität von Sendungen ebenso wie auf zu viel Werbung, und damit sind wir wieder bei meiner ursprünglichen Gleichung. Insgesamt ist es sowohl praktisch als auch notwendig, Werbepausen in Sendungen mit einer geplanten Laufzeit von 30 Minuten zuzulassen. Gleiches gilt für eine zurückhaltende Produktplatzierung.

Bezüglich der Kurzberichterstattung haben wir dank zahlreicher Sportereignisse schon sehr viel Übung. Wir müssen hier sehr sorgfältig formulieren, um die Verwendung entsprechender Ausschnitte in allgemeinen Nachrichtensendungen zu zumutbaren Bedingungen zu ermöglichen. Dabei sollten wir bedenken, dass das öffentliche Interesse nicht so weit geht, dass es den Wert von Urheber- oder anderen Exklusivrechten, die erworben wurden, im Alltag unterminieren würde.

 
  
MPphoto
 
 

  Giusto Catania (GUE/NGL). – (IT) Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Ziel dieser Richtlinie ist die vollständige Liberalisierung des Werbemarktes, und die bedeutet ein einziges Fernsehmodell, ein ausschließliches Unterhaltungsfernsehen. Somit wird es unmöglich, Qualitätsfernsehen mit hohem pädagogischem und kulturellem Anspruch zu machen. Das europäische Kulturschaffen wird erheblich beeinträchtigt, und durch diese Richtlinie wird den Tageszeitungen schwerer Schaden zugefügt, denn sie werden keine Möglichkeit mehr haben, sich Werbeaufträge zu verschaffen.

Das Fernsehen ruft oft überflüssige Bedürfnisse hervor, und die Werbung produziert auf diese Weise induzierte Bedürfnisse wie am Fließband: Deshalb müssen die gefährdeten Mitglieder der Gesellschaft, insbesondere die Kinder, stärker geschützt werden.

Frevelhaft wie sie ist, verändert die Produktplatzierung faktisch den Charakter der Werbung an sich, die von einem Wesensmerkmal des Handels zu einem Wesensmerkmal der Fernsehübertragung selbst mutiert.

Der bedeutende liberale Philosoph Karl Popper bezeichnete das Fernsehen als „schlechten Lehrer“. Heute, mit dieser Richtlinie, werden die Erklärungen des schlechten Lehrers zu Erklärungen „ohne Grenzen“.

 
  
MPphoto
 
 

  Manolis Mavrommatis (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Ein olympischer Marathon nähert sich seinem Ende. Die überarbeitete Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ kommt auf der Tagung des Europäischen Parlaments zur Abstimmung, in der Hoffnung darauf, dass sie angenommen und dadurch Ordnung in das weithin bekannteste Massenmedium, das Fernsehen, gebracht wird.

Es war keine leichte Aufgabe für die Kommission und besonders für die Berichterstatterin, Frau Hieronymi, der ich zu ihren Anstrengungen gratulieren muss, sowie für meine Kollegen, die dazu beigetragen haben, dass diese Richtlinie in ihr Endstadium treten kann. Wir werden das Ergebnis morgen um diese Zeit kennen. Sicher ist allein, dass dieses Rennen keine Verlierer haben wird, da wir alle unser Bestes gegeben haben, damit die Bürger davon profitieren können.

In einem Europa ohne Grenzen wird diese Richtlinie den grundlegenden Rechtsrahmen für die Massenmedien harmonisieren und Mindeststandards festlegen, um den Zuschauer, der permanent unter „Beschuss“ steht, noch mehr zu schützen. Das Fernsehen ist ein Medium, das die Macht hat, zu bilden, zu propagieren, zu informieren, zu unterhalten, Zivilisation zu verbreiten, zu lehren und einen Dialog mit den Bürgern zu führen. Das ist die Rolle bzw. das ist zumindest das Fernsehen, das wir wollen. Ein pluralistisches Fernsehen. Für alle zugänglich. Ein Fernsehen ohne Grenzen.

Die Richtlinie, über die wir abstimmen sollen, muss verständlich sein und unverzüglich umgesetzt werden. Das ist unser Hauptanliegen und darum bemühen wir uns. Der Rat muss davon überzeugt werden, dass er gegenüber der Gesellschaft und den nachfolgenden Generationen verpflichtet ist, die Vorschriften zur Einhaltung und zur Anpassung der Richtlinie an nationales Recht zu überwachen, etwas, das einer jeden zivilisierten Nation würdig ist und was 450 Millionen Bürger, deren Blicke jetzt auf uns gerichtet sind, fordern.

 
  
MPphoto
 
 

  Åsa Westlund (PSE). – (SV) Frau Präsidentin! Die durch Alkohol verursachten Schäden kosten die EU jährlich 125 Milliarden Euro, was 1,3 Prozent des BIP der EU entspricht. Alkohol ist also nicht einfach irgendeine Ware, weshalb die Fernsehwerbung für Alkohol eingeschränkt werden muss. Kinder, die tagsüber fernsehen, sollten nicht mit Werbung für alkoholhaltige Getränke konfrontiert werden. Darum hoffe ich, dass das Parlament morgen Änderungsantrag 169 unterstützt.

Die hier diskutierte Richtlinie ist eine Mindestrichtlinie, hinter der die Idee steckt, dass jedes Land eigene restriktivere Vorschriften für die Werbung haben kann – was in der Praxis jedoch nicht möglich ist. In Schweden beispielsweise ist an Kinder gerichtete Werbung verboten, aber die Fernsehsender TV 3 und Kanal 5 können diese Vorschriften umgehen, indem sie von Großbritannien aus senden. Das ist absurd – Sendungen, die sich an ein schwedisches Publikum richten, sollten schwedischen Vorschriften folgen, so wie Programme, die sich an britische Zuschauer wenden, britischen Regeln folgen müssen. Darum hoffe ich, dass das Parlament morgen für die Änderungsanträge stimmt, die dem Empfangsmitgliedstaat die Möglichkeit geben, den Werbeinhalt der Sendungen zu beeinflussen, wie in Änderungsantrag 246 und 153 vorgesehen.

 
  
MPphoto
 
 

  Patrizia Toia (ALDE). – (IT) Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Richtlinie hat enorme Auswirkungen auf zwei Ebenen: einmal auf industrieller und technologischer Ebene, weil es sich um einen hochentwickelten Sektor der europäischen Industrie handelt, und zum anderen auf der Ebene der öffentlichen Meinung, der Meinungsbildung, anders gesagt, der kulturellen Ebene der europäischen Gesellschaft.

Deshalb kommt es unserer Auffassung nach darauf an, die Gratwanderung zwischen diesen beiden Elementen zu schaffen, der technologischen und der inhaltlichen Ebene, die die Besonderheiten des Produkts betrifft. Aus diesem Grund haben wir verlangt, dass der Frage der Auswirkungen auf die Kinder große Aufmerksamkeit gewidmet wird, damit die Medien als Wachstumsinstrument nicht zu einem Manipulationsmittel werden.

Frau Kommissarin, wir haben nichts dagegen, hohe Investitionssummen durch Werbung und andere Finanzierungswege aufzutreiben, doch wir wollen klare Regeln, damit die Werbung nicht die Kreativität des Schaffens, die künstlerische Freiheit und die Bedeutung des europäischen Kulturschaffens, das gefördert werden muss, erstickt und zerstört.

Deshalb sage ich Nein zu einer Werbung, die außer Kontrolle gerät. Ich bin für 45-Minuten-Intervalle für Werbeunterbrechungen, doch nicht für eine Werbung, die über das Produkt und dessen Qualität allmählich die Oberhand gewinnt.

Die Diskussion über audiovisuelle Medien schließlich zieht unweigerlich die Frage nach der Qualität nach sich, und auch in diesem Falle appelliere ich an Ihre Sensibilität, Frau Kommissarin: Es geht nicht nur ums Geschäft, es geht auch um die Vielfalt, denn eine Richtlinie wie diese muss unbedingt auch die Belange der Vielfalt berücksichtigen. Denn mit diesem Thema hängt nicht nur die Kultur, sondern auch unsere Demokratie in Europa zusammen.

 
  
MPphoto
 
 

  Marie-Hélène Descamps (PPE-DE).(FR) Frau Präsidentin! Das Fernsehen ist die wichtigste Quelle für Information und Unterhaltung in Europa; es erreicht täglich jeden Einzelnen jeder Altersklasse. Seit über 15 Jahren ist die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ der Bezugsrahmen für die Regulierung des Fernsehens in Europa. Dank dieser Richtlinie konnte ein gemeinsames Schutzniveau für wichtige allgemeine Politikziele gesichert und die grenzüberschreitende Ausstrahlung der Fernsehdienste erleichtert werden, vor allem dank des Herkunftslandprinzips. Sie hat zugleich die Meinungs- und Informationsfreiheit gefördert und in starkem Maße dazu beigetragen, den kulturellen Identitäten Ausdruck zu verleihen.

Jedoch erweist sich angesichts des digitalen Zeitalters, der Konvergenz und der Entstehung neuer audiovisueller Mediendienste eine erneute Revision dieses Regelungsrahmens als notwendig.

Der uns heute vorliegende Text stellt einen wichtigen Schritt nicht nur für den Sektor der audiovisuellen Medien, sondern auch für die europäischen Bürger dar. Er ist das Ergebnis eines wirklichen Bemühens um Kooperation und Meinungsaustausch, das seit mehreren Monaten von unserer Berichterstatterin ausging. Ich möchte sie zur Qualität ihrer Arbeit und zu den beträchtlichen Anstrengungen beglückwünschen, die sie unternommen hat, um diese sehr heiklen Themen zu bewältigen.

Unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen und kulturellen Charakters der audiovisuellen Dienste ermöglicht es die Revision der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“, die Konsequenzen aus den gegenwärtigen technologischen Entwicklungen zu ziehen und den gemeinschaftlichen Rechtsrahmen an die künftigen Entwicklungen anzupassen. In dieser Hinsicht ist das Prinzip der Ausdehnung der Richtlinie auf die neuen audiovisuellen Mediendienste von wesentlicher Bedeutung. In dem Maße, wie die nicht-linearen Dienste zunehmend in Konkurrenz zu den herkömmlichen Diensten treten, wächst ihr Beitrag zur Förderung der kulturellen Vielfalt entsprechend den Zielen der UNESCO-Konvention.

Eine wichtige Etappe wurde darüber hinaus für die linearen Dienste mit der Anerkennung eines Rechts auf Zugang zu Kurzfassungen zurückgelegt. Dieses Recht muss allerdings unter angemessenen Bedingungen und unter Achtung der Exklusivrechte ausgeübt werden.

Schließlich verfügen wir im Werbebereich erstmals über klare Regeln zur Produktplatzierung: Mit den vorgeschlagenen Garantien wird die Produktplatzierung neue Möglichkeiten für die europäische audiovisuelle Produktion und das audiovisuelle Schaffen eröffnen, während gleichzeitig der Verbraucherschutz und die Verbraucherinformation gewährleistet werden.

 
  
  

VORSITZ: JANUSZ ONYSZKIEWICZ
Vizepräsident

 
  
MPphoto
 
 

  Anna Hedh (PSE). – (SV) Herr Präsident! Ich erkenne an, dass wir angesichts der Entwicklungen auf audiovisuellem Gebiet in den letzten zwanzig Jahren, vor allem im technischen Bereich, eine Überarbeitung der Richtlinie benötigen. Sowohl der Vorschlag der Kommission als auch die Änderungsanträge zur Richtlinie enthalten jedoch negative Aspekte. Damit besteht die Gefahr, dass die Richtlinie in mehrfacher Hinsicht eine Verschlechterung in Bezug auf den Verbraucherschutz im Allgemeinen und die negativen Auswirkungen des Fernsehens auf Minderjährige im Besonderen darstellt. So wie die technische Entwicklung vorangeschritten ist, haben sich auch Menge und Vielfalt der Werbung in den vergangenen zwei Jahrzehnten erhöht. Werbung gibt es heutzutage überall und sie richtet sich sogar an Minderjährige und Kinder.

Wir brauchen Vorschriften, die ein Gleichgewicht schaffen, was die zulässige Menge an Werbung sowie die Verbrauchergruppen betrifft, an die die Werbung gerichtet werden darf. Auch wenn es sich hier um eine Mindestrichtlinie handelt, sprechen sich viele Abgeordnete der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament für strengere Regeln im Hinblick auf Werbung in Kinderprogrammen und an Kinder gerichtete Werbung aus. Wir verstehen, warum die Kommission Werbung in religiösen Programmen verboten hat, stellen uns aber die Frage, warum es weniger wichtig ist, Kinder vor kommerziellen Einflüssen zu schützen als diejenigen, die diese Art von Programmen sehen. Kinder können Werbung nicht von anderen Programmen unterscheiden und verstehen daher nicht die der Werbung zugrunde liegenden Interessen. Wie viele andere auch, bin ich gegen speziell an Kinder gerichtete Werbung.

 
  
MPphoto
 
 

  Ivo Belet (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die neue Richtlinie ist zu begrüßen, gestattet sie uns doch zu gewährleisten, dass die traditionellen Fernsehsender im öffentlichen Netz im digitalen Zeitalter eine reelle Chance haben. Wie sie wissen, hat es keinen Zweck, dem traditionellen öffentlichen Fernsehen strengere Anforderungen aufzuerlegen, wenn diese Regeln für das enorm expandierende Fernsehen auf Abruf nicht gelten. Deshalb möchte ich die Berichterstatterin, Frau Hieronymi, und Kommissarin Reding herzlich beglückwünschen.

Gestatten Sie mir dennoch zwei Bemerkungen. Zunächst zur Produktplatzierung: natürlich ist es begrüßenswert, dass eine solche Möglichkeit besteht, da sie auch der Fernsehindustrie zugute kommt, indem sie ein neues Instrument anzapfen und Werbende anlocken kann, um so sinkende Einkünfte aus Werbespots auszugleichen. Selbstverständlich muss hierfür ein tragfähiger Rahmen ausgearbeitet werden, der die redaktionelle Autonomie einerseits sowie eine Ankündigung vor und nach dem Programm andererseits gewährleistet. Damit weiß der Zuschauer, woran er ist.

Zweitens, Frau Hieronymi, Kommissarin Reding, wir in Flandern wären dafür, dass Europa ein allgemeines Werbeverbot in Kinderprogrammen verabschiedet. Obgleich diese Ansicht in Flandern und auch in Schweden breite Unterstützung findet, scheint der Enthusiasmus für die Idee im restlichen Europa bedauerlicherweise geringer zu sein. Wir dürfen zwar strengere Regeln als die europäischen Mindestvorschriften, die wir morgen verabschieden, auferlegen, wie Sie wissen, besteht jedoch die Gefahr, dass diese Regeln von Sendern umgangen werden, die aus anderen Mitgliedstaaten an die Zuschauer in Flandern übertragen.

Was uns jetzt vorliegt, reicht leider nicht aus, um dies zu verhindern. Ich hoffe daher, dass wir den Kompromiss des Rates morgen nicht weiter verwässern und dass schließlich unsere Nachbarländer einen Verhaltenskodex für Werbung, beispielsweise für Fast Food, einführen, was begrüßenswert wäre. Gleichwohl täten wir besser daran, diese Art von Werbung ganz und gar von unserem Bildschirm, und sicherlich aus Kinderprogrammen, zu verbannen. Die Entscheidung darüber obliegt übrigens nach wie vor den Mitgliedstaaten. Dieses Instrument wäre im Kampf gegen Adipositas, den wir selbstverständlich alle befürworten, am besten geeignet.

 
  
MPphoto
 
 

  Giovanni Berlinguer (PSE). – (IT) Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Kommission hat hauptsächlich die wirtschaftliche und industrielle Bedeutung des Fernsehens hervorgehoben , die in der Tat erheblich ist, doch ist das Fernsehen aufgrund seiner allgemeinen Zugänglichkeit vor allem das wichtigste Informationsmittel und der Hauptkulturträger, und es ist nicht zuletzt ein Machtinstrument.

Gegenwärtig besteht eine Tendenz, der Werbung im Fernsehen mehr Raum zu geben, was die Rolle der Presse und ihre Freiheit bei der Mittelbeschaffung beschränken würde. Der Absatz, der die „Produktplatzierung“ erlaubt, ist pure Heuchelei, denn zuerst wird dieser Grundsatz negiert und dann auf tausend verschiedenen Wegen sanktioniert. Das würde dazu führen, dass die Gestalter sämtlicher fiktionaler Programme und anderer Veranstaltungen mit ansehen müssten, wie ihre Kreativität nicht nur genutzt, sondern auch verdorben wird.

Deshalb verstehe ich den mühevollen Kompromiss, der von der Berichterstatterin, Frau Hieronymi, erzielt wurde, die ausgezeichnete Arbeit geleistet hat. Gleichwohl habe ich gemeinsam mit vielen anderen einen Änderungsantrag eingebracht, der darauf abzielt, den Gedanken der Produktplatzierung zu streichen – zusätzlich zu anderen Änderungsanträgen.

 
  
MPphoto
 
 

  Luis Herrero-Tejedor (PPE-DE).(ES) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir alle wissen, dass die Demokratie ein System der öffentlichen Meinung ist, und je freier die Medien sind, desto besser ist die Demokratie.

Diese Richtlinie reguliert die Medien im audiovisuellen Sektor, und die Frage, die meiner Ansicht nach gestellt werden sollte, lautet: Macht sie sie freier oder weniger frei als zuvor?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir folgende Gleichung berücksichtigen: Je größer der Interventionismus der Behörden, desto weniger frei sind die Medien, und umgekehrt, je weniger die Behörden intervenieren, desto größer ist die Freiheit der Medien.

Meiner Ansicht nach, meine Damen und Herren, ist diese Richtlinie leider zu interventionistisch: im Hinblick auf die Werbung, auf die Quoten der audiovisuellen Produktion, auf die unnötige Ausweitung des Geltungsbereichs auf die nicht-linearen Dienste, aber vor allem in Bezug auf die Übertragung der Befugnis an die nationalen Regulierungsbehörden, das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung zu schützen.

Alle Demokraten wissen, dass der Schutz der Grundrechte ausschließlich den Gerichtshöfen obliegt. Diese Richtlinie jedoch – nicht durch Schuld der Berichterstatterin, die sich äußerst tapfer geschlagen hat, und ich danke Ihnen dafür, Frau Hieronymi – ermächtigt die nationalen Regulierungsbehörden zu entscheiden, was richtig ist und was nicht, was gesendet werden darf und was nicht oder, wie es in Katalonien geschehen ist, einer der europäischen Regionen mit dem geringsten Grad an Demokratie in der gesamten Europäischen Union, welche Betreiber senden dürfen und welche nicht.

Auf diese Weise öffnen wir der Vorzensur die Tür. Ich möchte Sie bitten, Frau Reding, dies ernst zu nehmen, zu sehen, ob es vermeidbar ist, unter anderem weil wir aufmerksam darauf hören müssen, was Organisationen wie Reporter ohne Grenzen, der Weltverband der Zeitungen oder das World Press Freedom Committee zu diesem Thema zu sagen haben. Es wird uns die Schamröte ins Gesicht treiben.

Ich hoffe, dass uns diese Peinlichkeit zumindest zwingen wird, unseren Fehler rechtzeitig zu korrigieren.

 
  
MPphoto
 
 

  Viviane Reding, Mitglied der Kommission. – (FR) Herr Präsident! Da ich weiß, dass die Zeit drängt, werde ich Ihnen jetzt nicht die lange Liste der Änderungsanträge, die die Kommission zu akzeptieren bereit ist, und der Änderungsanträge, die sie ablehnen muss, verlesen. Ich kann Ihnen auch leider keine Argumente vortragen. Daher werde ich Ihnen und den Fraktionen diese Liste schriftlich zukommen lassen.

Gestatten Sie mir jedoch anzumerken, dass die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“, die seit vielen Jahren in Kraft ist, sich bewährt hat, indem sie zur Entwicklung des Fernsehsektors in Europa beigetragen und dem europäischen Inhalt eine echte Chance eröffnet hat. Wir stehen heute vor einem grundlegenden Wandel im Technologiebereich: Es gilt also, die Richtlinie an die moderne Welt anzupassen, mit neuen Definitionen, die flexibel genug sind, um den Herausforderungen der Zeit und der Entwicklung der Technologie standzuhalten.

In seiner großen Mehrzahl teilt das Parlament diese Auffassung. Das ist der Weg zu einem qualitätvollen Fernsehen, wo eine reglementierte Werbung dazu dient, europäische Programme zu finanzieren und wo die Mediendienste das Herkunftslandprinzip und damit den Binnenmarkt nutzen können: Beide müssen die Grundwerte respektieren, die in Jugendschutz und dem Verbot der Anstachelung zu Rassenhass bestehen, und dabei gleichzeitig die Produktion europäischer Werke unterstützen. Wenn man auf diese Weise in wenigen Sätzen zusammenfassen will, worüber das Parlament abzustimmen hat, so ist dies sicherlich eine unvollkommene Zusammenfassung, doch haben wir immerhin den Versuch dazu gemacht.

Die ganze Kompliziertheit dieses Unterfangens zeigt sich in der Fülle der eingegangenen Änderungsanträge. Lassen Sie mich sagen, dass von den Änderungsvorschlägen des Berichts des Ausschusses für Kultur und Bildung – nochmals ein großes Dankeschön für die beispielhafte Arbeit der Berichterstatterin, Frau Hieronymi –, die Kommission 44 ganz und 59 teilweise akzeptieren kann – mit anderen Worten zwei Drittel der Änderungsvorschläge, die der Bericht Hieronymi enthält. Das zeugt von der Qualität der positiven Arbeit, die das Parlament geleistet hat, wozu wir es beglückwünschen.

Was die im Plenum vorgetragenen Änderungsvorschläge betrifft, so kann die Kommission acht vollständig und 24 teilweise akzeptieren: Herr Präsident, da die Zeit drängt, wird Ihnen die Aufstellung übergeben. Abschließend möchte ich den Abgeordneten, der Berichterstatterin und den Schattenberichterstattern danken, die wirklich Präzisionsarbeit geleistet haben, die sehr kompliziert war, aber im Interesse unserer Fernsehdienste und unserer europäischen Medien lag. Der europäische Inhalt, dem Sie eine Chance eröffnet haben, verdankt Ihnen viel!

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Mittwoch um 12.00 Uhr statt.

 
  
  

Anhang – Standpunkt der Kommission

Bericht Hieronymi (A6-0399/2006)

Die Kommission kann die Änderungsanträge 6, 11, 12, 14, 16, 20, 25, 30, 32, 41, 42, 43, 48, 49, 56, 62, 67, 78, 79, 81, 84, 85, 86, 88, 89-92, 99, 115, 117, 120-125, 128-130, 132, 133, 138, 144, 154, 212, 213, 215, 221, 222, 224 und 226 akzeptieren.

Die Änderungsanträge 1, 3, 4, 7, 8, 10, 13, 17, 18, 19, 23, 27, 28, 33, 34, 35, 36, 38, 39, 40, 46, 50, 57, 58, 60, 63-65, 66, 68-71, 73, 77, 82, 83, 87, 94-98, 104, 107-110, 114, 126, 127, 131, 135, 137, 141, 147, 149, 150, 151, 157, 178, 183, 184, 186, 191, 193, 200, 203-205, 208, 214, 216, 218-220, 223, 225, 227-229, 235 und 236 können dem Grundsatz nach akzeptiert werden.

Die Kommission kann die Änderungsanträge 2, 5, 9, 15, 21, 22, 24, 26, 29, 31, 37, 44, 45, 47, 51-55, 59, 61, 72, 74-76, 80, 93, 100-103, 105, 106, 111, 112, 113, 116, 118, 119, 134, 136, 139, 140, 142, 143, 145, 146, 148, 152, 153, 155, 156, 158-163, 166-177, 179-182, 185, 187-190, 192, 194-199, 201, 202, 206, 207, 209-211, 230-234 und 237-246 nicht akzeptieren.

 
  
  

Schriftliche Erklärung (Artikel. 142)

 
  
MPphoto
 
 

  Marianne Mikko (PSE).(ET) Die baltischen Staaten haben sich fast ohne Blutvergießen von der sowjetischen Besatzung befreit. Die meisten Menschen gaben ihr Leben für die Verteidigung der Freiheit und Objektivität der Presse.

Am 20. August 1990 leisteten zwanzig estnische Patrioten bei der Verteidigung des Fernsehturms in Tallinn Widerstand gegen Spezialeinsatzkräfte der Moskauer OMON. Am 13. Januar 1991 starben fünfzehn Menschen, die den Fernsehturm in Vilnius verteidigten. Dutzende weitere Litauer wurden bei Gasangriffen gegen das Fernseh- und Rundfunkgebäude und das Übertragungszentrum verletzt.

Bei Diskussionen über die Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste denken die Menschen in den Staaten des Baltikums eher an objektive Medien und nicht so sehr an Werbeanzeigen.

Es gibt keinen Zweifel daran, dass der Kreml jetzt erneut in die Medien hineinregiert. Weniger bekannt ist hingegen, dass Medien der Europäischen Union teilweise zu willfährigen Helfern Moskaus umfunktioniert wurden.

Dank unserer liberalen Einstellungen darf der Erste Baltische Kanal („Pervyj Baltiski Kanal“) mit Sitz in Riga die russischsprachige Bevölkerung in den drei baltischen Staaten gegen die rechtmäßigen Regierungen unserer Länder aufhetzen.

Der Kanal wird nicht von russischen Geschäftsleuten, sondern von russischen Propagandisten finanziert. Ihre Fähigkeiten haben eine neue Stufe erreicht, und die ideologische Botschaft des Senders wird geschickt in Unterhaltung verpackt. Damit lassen sich Medienexperten aber nicht hinters Licht führen.

Jeder Mitgliedstaat muss die Möglichkeit haben, sich gegen solche feindliche Auslandspropaganda zur Wehr zu setzen.

Mein Änderungsantrag wurde von den Abgeordneten aller Fraktionen aus den baltischen Staaten unterschrieben. Wir haben bereits Erfahrungen mit der ideologischen Manipulation des Kremls gemacht und möchten das nicht noch einmal erdulden müssen.

 
  
MPphoto
 
 

  Jules Maaten (ALDE). – (NL) Es ist wichtig, dass der freie Verkehr von europäischen Fernsehprogrammen gefördert wird und dass die Produktion dieser Programme nicht durch übertrieben strenge Vorschriften für die Werbung behindert wird. Die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa setzt sich für einen realistischen Blick auf Produktplatzierung ein. Information ist nützlich, aber die Verbraucher warten nicht auf einen Warnhinweis während eines Fernsehprogramms. Ein Hinweis vor und nach einer Sendung reicht aus. Die Einnahmen aus Werbung und Produktplatzierung sind notwendig, um europäische Produktionen mitfinanzieren zu können. Die Alternative dazu sind noch mehr billige amerikanische Produktionen, vollgestopft mit Produktplatzierung.

Kinderprogramme sind strengeren Normen zu unterwerfen, denn Adipositas ist ein wachsendes Problem. Angesichts des immensen Einflusses von Werbung für ungesunde Lebensmittel auf den Speisezettel von Kindern sollte auf diese Zielgruppe ausgerichtete Werbung begrenzt werden. Ich plädiere deshalb für die Entwicklung eines wirksamen Verhaltenskodexes für Werbung, Produktplatzierung und andere Marketingmaßnahmen für ungesunde Getränke und Nahrungsmittel für Kinder.

Schließlich trete ich nach wie vor für ein starkes Herkunftslandprinzip ein. Den Fernsehmachern sollten keine zusätzlichen Gesetze und Regeln auferlegt werden, wenn sie ihre Programme andernorts in der Europäischen Union anbieten wollen. Wir müssen den Absatz europäischer audiovisueller Produkte steigern.

 
  
MPphoto
 
 

  Alessandro Battilocchio (NI). – (IT) Das Ergebnis der Abstimmung über die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ zeugt von einer großen Reife des Parlaments. Dank der ausgezeichneten Arbeit der Berichterstatterin, Frau Hieronymi, aller Verfasser der Stellungnahmen, des Rates und der Kommission bietet die Richtlinie in der Tat ein wirksames Instrument zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen audiovisuellen Industrie, indem sie genügend Raum für private Finanzierungen lässt (dass ist nichts Neues, denn die audiovisuellen Dienste leben von der Werbung) und zugleich ein angemessenes Schutzniveau für die Verbraucher und vor allem für die besonders schutzbedürftigen Mitglieder der Gesellschaft (wie Kinder und Behinderte) gewährleistet. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass man mehr Mut gezeigt hätte, beispielsweise im Zusammenhang mit der Einführung der Produktplatzierung. Obwohl ich mit denjenigen übereinstimme, die die Kreativität und Unabhängigkeit der Autoren sowie die Qualität der Produktionen bewahren wollen, muss ich darauf hinweisen, dass 2007 diese Praxis auf dem Weltmarkt gang und gäbe ist, und diese Tatsache zu leugnen bedeutet, dass wir Gefahr laufen, Wettbewerbsfähigkeit, Finanzierungsmöglichkeiten und Marktanteile zu verlieren. Ich hoffe, die meisten Mitgliedstaaten sind fähig, mehr Mut und Aufgeschlossenheit zu zeigen, als sie bisher diese Organe an den Tag gelegt haben.

 
  
MPphoto
 
 

  Nils Lundgren (IND/DEM). – (SV) Dieses komplizierte Thema der modernen Technik erzeugt einen Zielkonflikt zwischen der Freiheit und dem Verlangen nach bestimmten Formen des Schutzes.

Einerseits ist es schwierig, gegenüber von anderen Mitgliedstaaten aus gesendeten Programmen Zensur auszuüben, aber andererseits sind wir der Ansicht, dass jeder Mitgliedstaat in kulturellen und moralischen Fragen ein Recht auf Selbstbestimmung hat, beispielsweise in Bezug auf Alkohol- und Tabakwerbung, an Kinder gerichtete Werbung, die Regelungen zu Diskriminierung und Pornografie usw. Jeder Mitgliedstaat muss die Möglichkeit haben, auf diesen Gebieten eigene Gesetze zu erlassen.

Die technische Entwicklung macht es heutzutage möglich, mit schnellem Breitband-Internet und über Mobiltelefone fernsehähnliche Mediendienste anzubieten, bei denen die Einhaltung ethischer Regeln schwer zu überwachen ist. Aber auch hier muss es den Mitgliedstaaten möglich sein, Gesetze zu erlassen, die die Kinderpornographie und das Urheberrecht regeln.

Hierbei handelt es sich zweifellos um ein sehr komplexes Thema, aber wir meinen, dass die von Schweden im Rat vertretene Position auf der Ratstagung im November größeres Gehör verdient gehabt hätte. Allerdings sind wir der Ansicht, dass der Vorschlag des Ausschusses für Kultur und Bildung besser als der des Rates ist, und unterstützen darum diesen Bericht.

 

19. Jahresbericht der Europäischen Union über die Menschenrechte (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zum Jahresbericht der Europäischen Union über die Menschenrechte.

 
  
MPphoto
 
 

  Paula Lehtomäki, amtierende Ratspräsidentin. – (FI) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist mir eine Freude, Ihnen hier heute den Jahresbericht der Europäischen Union über die Menschenrechte vorstellen zu können. Der erste Bericht über die Menschenrechte wurde 1999 veröffentlicht, als Finnland, wie dieses Mal auch, in der Rolle als Vorsitz der Europäischen Union an der Ausarbeitung des Berichts beteiligt war. Der Zweck dieses Berichts hat sich seit damals nicht geändert. Er befasst sich nach wie vor auf eine einzigartige Weise mit der Menschenrechtspolitik der Europäischen Union und damit, was in deren Rahmen erreicht worden ist. Der jetzt vorliegende Bericht bezieht sich auf Maßnahmen und Politiken der EU für die weltweite Anerkennung und Förderung der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2006.

Der Bericht folgt sieben früheren Jahresberichten, die in Übereinstimmung mit der Erklärung des Europäischen Rates von 1998 zwischen 1999 und 2005 veröffentlicht worden sind. In dieser anlässlich des 50. Jahrestages der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte herausgegebenen Erklärung wurde an die Europäische Union appelliert, ihre Aktivitäten im Bereich der Menschenrechte zu forcieren. Außerdem wurde die EU aufgerufen, jährlich Berichte über die Menschenrechtslage zu erstellen.

Der Bericht über die Menschenrechte gibt einen Überblick über die von den Organen der Europäischen Union geleistete Arbeit zur Förderung der Menschenrechte und der Demokratie. Die auswärtigen Politiken der EU und die Situation im Innern sind ebenfalls Gegenstand der Untersuchung. Darüber hinaus enthält der Bericht einen separaten Abschnitt, der sich mit der Überprüfung der Tätigkeiten des Europäischen Parlaments zur Förderung der Menschenrechte und der Demokratie beschäftigt. Dankenswerterweise befasst sich das Europäische Parlament mit Fragen der Menschenrechte, und es sorgt dafür, dass diese auch in den anderen Organen der Union die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdienen.

Der Bericht hebt die speziellen Prioritäten der Menschenrechtspolitik der EU wie die durchgehende Einbeziehung, das Mainstreaming, der Menschenrechte hervor. In der Praxis bedeutet dieses Mainstreaming ein verstärktes Zusammenwirken von Experten für Menschenrechte und nationalen Expertengremien sowie die Einbeziehung von Menschenrechtsaspekten in die unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche der EU, beispielsweise beim Krisenmanagement oder bei Waffenexporten. Die Europäische Union hat Methoden entwickelt, sich mit speziellen Problemen wie den Rechten von Frauen, der Sicherheit und der Situation von Kindern im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten zu befassen. Der Persönliche Beauftragte des Generalsekretärs/Hohen Vertreters für Menschenrechte ist aktiv in das Mainstreaming der Menschenrechte im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und in die Sensibilisierung für die EU-Leitlinien zu den Menschenrechten einbezogen gewesen.

Die Europäische Union hat spezielle Leitlinien zu bestimmten Fragen angenommen und so die vorrangigen Bereiche ihrer Menschenrechtspolitik festgelegt. Die Union ist gegen die Todesstrafe in allen Fällen und hat einzelne Fälle herausgestellt, in denen die Mindestnormen des Völkerrechts nicht eingehalten wurden. Im Berichtszeitraum hat die Union ihr besonderes Augemerk auf jene Länder gerichtet, in denen sich die Politik im Hinblick auf die Todesstrafe geändert hat.

Die Europäische Union hat verschiedene Länder ermuntert, dem internationalen Abkommen gegen Folter beizutreten und damit die Bemühungen für deren Abschaffung zu unterstützen.

Darüber hinaus hat die Union bestimmte vorrangige Zielländer aufgeführt, für die sie vorschlägt, die Situation der Menschenrechte zu verbessern, indem auf verschiedene Art und Weise versucht wird, das Leiden von Kindern, die in bewaffnete Konflikte geraten sind, zu lindern. Es ist wichtig gewesen, diese Frage in multilateralen internationalen Foren anzusprechen und die entsprechenden Fähigkeiten der EU im Zusammenhang mit Operationen im Rahmen ihrer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu verbessern.

Hinsichtlich der Leitlinien der EU in Bezug auf Menschenrechtsverteidiger hat die Union globale Kampagnen zur Freiheit der Meinungsäußerung und der Menschenrechte von Frauen gestartet. Da Menschenrechtsverteidiger sehr häufig selbst Ziel von Angriffen werden, stellen deren Rechte nach wie vor eine der Prioritäten der EU dar.

Der Rat würdigt die zentrale Rolle des Europäischen Parlaments in unseren gemeinsamen Anstrengungen, die Verwirklichung der Menschenrechte zu verteidigen und zu fördern. Der Sacharow-Preis, der jährlich an Menschen verliehen wird, die sich für die Meinungsfreiheit einsetzen, spielt hier eine Schlüsselrolle. Über Jahre hinweg hat das Parlament die Leistungen so herausragender Persönlichkeiten wie Nelson Mandela und Kofi Annan gewürdigt. Wir begrüßen die Tatsache, dass der diesjährige Sacharow-Preis an den weißrussischen Oppositionsführer Alexander Milinkewitsch gegangen ist. Es gibt Grund zu der Annahme, dass diese internationale Ehre Herrn Milinkewitsch und andere beflügeln wird, ihre wichtige Arbeit zur Stärkung der demokratischen Kräfte in Belarus fortzusetzen.

Während des Berichtszeitraums, also zwischen Sommer 2005 und Sommer 2006, hat es wesentliche Änderungen in den Strukturen der UNO gegeben. Die Verhandlungen über die Errichtung eines Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen und später die erste Tagung des neuen Rates, bildeten einen äußerst wichtigen Rahmen für die Tätigkeit der EU im Bereich der multilateralen Menschenrechtspolitik. Es ist die ganze Zeit über Ziel der EU gewesen, einen Rat zu schaffen, der den Menschenrechten jenen Status verschafft, der ihnen in der UNO-Charta garantiert worden ist. Auch wenn wir nicht alles durchbekommen haben, was wir für den abschließenden Text, der im März 2006 angenommen wurde, vorgeschlagen hatten, ist die Union dennoch der Überzeugung, dass die Einrichtung des UNO-Menschenrechtsrates ein wesentliches Element zur Stärkung des Systems der Menschenrechte der Vereinten Nationen sein wird. Sie stellt auch einen wichtigen Fortschritt bei der Reform der Vereinten Nationen insgesamt dar.

Der Förderung von Menschenrechten, Demokratie und Fortschritten im Bereich der Rechtsstaatlichkeit kommt eine entscheidende Bedeutung beim Kampf gegen den Terrorismus und verschiedene extremistische Bewegungen zu. In Erklärungen bei verschiedenen Foren innerhalb und außerhalb der UNO hat die EU ihre Auffassung wiederholt, dass die Achtung der Menschenrechte einen zentralen Stellenwert bei den Anstrengungen zur Bekämpfung des Terrorismus hat. Der Ratsvorsitz hat bei verschiedenen Anlässen hervorgehoben, dass wirksame Maßnahmen gegen den Terrorismus und der Schutz der Menschenrechte einander ergänzen und sich gegenseitig unterstützen.

Der politische Dialog ist durchaus eines der Schlüsselwerkzeuge bei der Förderung der Menschenrechte. Teil des Mainstreamings der Menschenrechte waren auch die Bemühungen sicherzustellen, dass Fragen der Menschenrechte bei den Kontakten zwischen der EU und Drittländern auf den verschiedenen Ebenen konsequent angesprochen werden. Dies betrifft auch Länder, mit denen die EU einen besonderen Menschenrechtsdialog unterhält, wie China und Russland. Der diesjährige Bericht über die Menschenrechte stellt erstmalig das Bekenntnis der EU zur Förderung des Dialogs zwischen den Kulturen, sowohl innerhalb der Union als auch mit Drittländern, heraus.

Die Opfer von Menschenrechtsverletzungen und die Verteidiger der Menschenrechte weltweit erwarten viel von der Europäischen Union, und das aus gutem Grund. Von der Europäischen Union als einer Wertegemeinschaft kann erwartet werden, dass sie danach strebt, Menschenrechte und Demokratie mit klaren Zielen zu fördern. Dieser Bericht hilft uns zu beurteilen, inwieweit die Union in der Lage gewesen ist, dieser Herausforderung gerecht zu werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission.(EN) Herr Präsident! Ich begrüße nachdrücklich die Veröffentlichung des Jahresberichts über die Menschenrechte 2006. Zum ersten Mal wurde dieser Bericht wirklich gemeinsam erstellt. Dafür haben wir gekämpft. Im vergangenen Jahr haben wir hier im Plenum darüber diskutiert, und ich sagte, ich wäre sehr glücklich, wenn wir den Bericht gemeinsam erarbeiten könnten. Ich hätte mir gewünscht, eines der Vorworte verfassen zu dürfen, doch anscheinend war es leider zu spät. Aber ich denke, die Kommission hätte schon in Erscheinung treten müssen.

Es scheint jetzt zu einer bewährten Praxis zu werden, vor Weihnachten immer eine Sondersitzung zu Menschenrechten und Demokratie durchzuführen. Das ist eine gute Tradition; es ist eine ausgezeichnete Tradition zu prüfen, was verwirklicht wurde, und welche neuen Entwicklungen sich vollzogen haben.

Der diesjährige Jahresbericht ist wiederum ein wertvoller Beleg für die gemeinsamen Anstrengungen von uns allen, die Menschenrechte in der ganzen Welt zu fördern und zu schützen, und ist Ausdruck des hervorragenden Zusammenwirkens der Europäischen Union bei seiner Erarbeitung.

Diese Aussprache gibt mir die Möglichkeit, kurz einige Aktivitäten im Jahre 2006 zu beleuchten.

Erstens. Dank des österreichischen und des finnischen Ratsvorsitzes stand die Einbeziehung der Menschenrechte in die Außenpolitik ganz oben auf der Prioritätenliste des Jahres 2006. Wir können in der Tat stolz darauf sein, dass sich alle Akteure in der EU immer stärker für diesen so wichtigen Aspekt unserer Politik engagieren. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass das „Mainstreaming“ oder wie ich es gerne nenne, die „Einbindung“ der Menschenrechte in alle Politikbereiche kein Selbstzweck ist, sondern ein Konzept für die Erreichung übergreifender Ziele. Die eindeutige Grundlage dieser Ziele ist für die Europäische Union der Vertrag, der uns auffordert, mittels unserer verschiedenen außenpolitischen Maßnahmen die Demokratie und den Rechtsstaat fortzuentwickeln und zu festigen und die Menschenrechte und Grundfreiheiten zu wahren. In diesem Zusammenhang sind wir besonders froh darüber, dass Fragen der Menschenrechte und der Demokratie in die Rechtstexte aller neuen Finanzierungsinstrumente im Rahmen der Finanziellen Vorausschau 2007-2013 aufgenommen wurden.

Zweitens. Das Meinstreaming ist ein Prozess, der nie aufhört; wir müssen uns ständig weiter bemühen und neue Instrumente einführen. Ich freue mich, Ihnen in diesem Zusammenhang mitteilen zu können, dass die Kommission im vergangenen Juni im Nachgang zu dem Bericht von Herrn Agnoletto die Mandate ihrer Delegationsleiter überarbeitet hat. In der Aufgabenstellung werden jetzt konkret die Themen Menschenrechte und Demokratie genannt, und daher erhalten auch die Berichterstattung darüber und das Handeln in diesem Bereich größeres Gewicht.

Im Zusammenhang mit den „Menschenrechtsklauseln“ in unseren Vereinbarungen wurden die neuen Foren für den Dialog oder den Meinungsaustausch mit Drittländern geschaffen. Die Zahl der Möglichkeiten, über die Förderung und die Achtung der Menschenrechte zu sprechen, hat zugenommen – von Argentinien und Bangladesh über Indien, Jordanien, Marokko bis hin zu Turkmenistan und Vietnam. Diese Gespräche finden zusätzlich zu den institutionalisierten Menschenrechtsdialogen und Konsultationen sowie den verschiedenen politischen Dialogen statt, bei denen Menschenrechtsfragen regelmäßig zur Sprache kommen.

Schließlich möchte ich noch erwähnen, dass die Kommission die Klausel über die wesentlichen Bestandteile der Menschenrechte und Demokratie auch weiterhin in die Verhandlungen über die neuen bilateralen Partnerschafts- und Kooperationsabkommen einbeziehen wird. Das trifft beispielsweise auf die Vereinbarung mit sechs ASEAN-Ländern zu. Außerdem werden Vorbereitungen für Verhandlungen über ein Abkommen mit China getroffen, und die Kommission ist nach wie vor entschlossen, diese Klausel entsprechend unserer üblichen Praxis mit aufzunehmen.

Drittens müssen wir neben dem Mainstreaming bzw. der Einbindung von Menschenrechtsfragen in all unsere Politikbereiche unser Augenmerk auch auf einige spezielle Gesichtspunkte der Menschenrechtspolitik richten. In diesem Zusammenhang möchte ich zwei Mitteilungen der Kommission anführen: die eine trägt den Titel „Ein Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern“, und bei der anderen handelt es sich um eine Mitteilung der Kommission im Hinblick auf eine EU-Kinderrechtsstrategie.

Kennzeichnend für das Jahr 2006 waren weiterhin die grundlegenden Veränderungen im Menschenrechtsmechanismus der Vereinten Nationen in Form des neuen Menschenrechtsrates, der bereits erwähnt wurde. Zwar herrschte ursprünglich großer Optimismus in dem Sinne, dass beispielsweise NRO aktiv in die Aussprachen einbezogen bzw. nicht die gleichen Fehler wie bei der Vorgängereinrichtung, der Menschenrechtskommission, gemacht würden, doch am Ende des Jahres sieht die ganze Sache problematisch aus, nicht zuletzt deshalb, weil entmutigende Anzeichen einer Politisierung dieses neuen Forums zu erkennen sind. Die Europäische Union muss neue Anstrengungen unternehmen und sich entschlossen mit einer Reihe von Akteuren in Genf zusammensetzen, um sie zu überzeugen, dass die Völkergemeinschaft einen tatkräftigen Menschenrechtsrat braucht. Noch haben wir die Möglichkeit, dieses neue Gremium arbeitsfähig zu machen und dafür zu sorgen, dass es seine Aufgaben erfüllt. So dürfen wir die Hoffnung nicht verlieren, dass die heutige Sondersitzung zu Darfur einige positive Ergebnisse hervorbringt.

Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich nochmals meine persönliche Genugtuung und die der Kommission über die Abstimmung zum Ausdruck bringen, die am heutigen Tage über den Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines Finanzierungsinstruments für die weltweite Förderung der Demokratie und der Menschenrechte stattfand. Mithilfe dieses Instruments wird es für die Kommission leichter sein, bei der Durchsetzung der in dieser Verordnung festgelegten Ziele entsprechend ihres Geltungsbereichs Prioritäten zu setzen.

Allerdings wissen wir nur zu gut, dass zahlreiche multisektorale und horizontale Maßnahmen zur Förderung der Menschenrechte und der Demokratie möglichst weltweit ergriffen werden müssen. Auch muss der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die Zahl der Begünstigten zugenommen hat. Zu begrüßen ist jedoch die verbesserte Komplementarität zwischen den einzelnen Instrumenten, die vom politischen Dialog und diplomatischen Vorstößen bis zu den verschiedenen Maßnahmen der finanziellen und technischen Zusammenarbeit einschließlich geographischer und thematischer Programme reicht.

Wir freuen uns, im Rahmen des neuen Instruments noch besser integrierte Konzepte für Menschenrechte und Demokratie entwickeln zu können. Über Menschenrechte und Demokratie wird nach wie vor gesprochen, als handle es sich um zwei unterschiedliche Dinge. Wir sind jedoch der Meinung, dass Menschenrechte die Grundlage für Demokratie bilden und dass Demokratie notwendig ist, um die Menschenrechte weiter auszugestalten und zu schützen. Lassen Sie uns daher keine künstlichen Grenzen ziehen. Auf jeden Fall halten wir dies für einen guten Ausgangspunkt, um unsere Arbeit im kommenden Jahr fortzusetzen.

 
  
MPphoto
 
 

  Gerardo Galeote, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(ES) Herr Präsident! Frau Lehtomäki hat den Sacharow-Preis in Frage gestellt, und ich möchte ihr sagen, dass die Frauen in Weiß wehrlose Frauen, Witwen, Mütter und Töchter kubanischer politischer Dissidenten sind, die große Anstrengungen unternehmen, um aus vielen verschiedenen kubanischen Städten anzureisen, sich sonntags friedlich und still zu treffen und in weißer Kleidung gemeinsam durch die Straßen Havannas zu gehen. So haben sie es auch am vergangenen Sonntag getan, als sie von Leuten belästigt, bedroht und beleidigt wurden, die es für angebracht hielten, so den Tag der Menschenrechte zu begehen. Ich finde es absurd, darauf hinweisen zu müssen, dass diese Frauen keine von der CIA finanzierten, gefährlichen konterrevolutionären Terroristen sind, sondern einfach Frauen, die der Ungerechtigkeit und der Missachtung ihrer ureigensten Grundrechte als Menschen nicht nachgeben wollen.

Deshalb ist es auch lächerlich, dass das kubanische Regime einigen ihrer Vertreter nach wie vor die Ausreise untersagt, um den Sacharow-Preis entgegenzunehmen, den ihnen das Europäische Parlament im letzten Jahr verliehen hatte.

Wir wissen nicht, was aus den Bemühungen geworden ist, die der Präsident dieses Parlaments, wie er versprochen hatte, vor nunmehr einem Jahr unternehmen wollte, doch wenn er etwas getan hat, dann liegen die Ergebnisse auf der Hand.

Deshalb freue ich mich über die Initiative von Frau Flautre und Herrn Brok, eine Delegation auf die Insel zu entsenden. Ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn diese Delegation die Reise auch nutzen würde, um mit den Behörden des Landes zu sprechen und so das sich verändernde politische Klima auszuloten.

Ich möchte allerdings die Dienste des Europäischen Parlaments auffordern, unverzüglich mit den Formalitäten für die Beantragung der entsprechenden Einreisegenehmigungen in das Land zu beginnen. Weiterhin rufe ich die Kommission und den Rat auf, größtmöglichen Druck auszuüben, damit diese Genehmigungen erteilt werden.

Wenn die Antwort positiv ist, wie ich hoffe, könnten wir eine kleine aber wirksame Solidaritätsbekundung zum Ausdruck bringen. Fällt sie jedoch negativ aus, Herr Präsident, würde dies die Haltung der gegenwärtigen kubanischen Regierung offenbaren, was von den europäischen Institutionen sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen werden sollte.

 
  
MPphoto
 
 

  Elena Valenciano Martínez-Orozco, im Namen der PSE-Fraktion.(ES) Herr Präsident! Im Namen der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament möchte ich dem Rat danken, denn schon im zweiten Jahr ist er zu uns gekommen, um den Jahresbericht über die Menschenrechte auf dieser vom Parlament den Menschenrechten gewidmeten Dezember-Tagung zu präsentieren.

Natürlich begrüße ich die Arbeit des Rates an diesem achten Bericht, und ich möchte ihm insbesondere zu dem Punkt meinen Glückwunsch aussprechen, der sich auf die Tätigkeit des Europäischen Parlaments bezieht. Es sieht so aus, als schenke man uns allmählich Gehör.

Ich teile ebenfalls die Ansicht des Rates, dass ein einheitliches Vorgehen der Gemeinschaft wichtig ist. Dieses Prinzip gilt für alle Bereiche, doch es hat eine besondere Bedeutung, wenn es um die Menschenrechte geht.

Die Europäische Union muss in der Erfüllung ihrer internationalen Pflichten nicht nur kohärent, sondern beispielgebend sein. Es ist unsere moralische Verpflichtung, unsere Werte konsequent zu verteidigen und die Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit und das Völkerrecht in den Mittelpunkt unserer Aktionen zu stellen, vor allem in Zeiten, wenn einer dieser Grundsätze in Frage gestellt wird, gelegentlich sogar von demokratischen Regierungen.

Wir müssen klarstellen, dass Verletzungen der Menschenrechte auf dem Territorium der Europäischen Union nicht geduldet werden dürfen, und es gilt konsequent zu sein, um einer Verschlechterung entgegenzuwirken, die sich bei der Achtung der Schutz und Garantien bietenden Instrumente vollzogen hat.

Ich vermisse ein größeres Engagement des Rates im Hinblick auf dieses Anliegen und möchte diese Gelegenheit nutzen, um den Bezug zu korrigieren, den der Bericht auf den Nichtständigen Ausschuss zur behaupteten Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechtswidrige Festhalten von Gefangenen nimmt, da der Rat die vom Europarat durchgeführten Untersuchung mit der verwechselt hat, die wir in diesem Parlament vornehmen.

Es besteht eine immer größere Verbindung zwischen den Menschenrechten in der Außenpolitik der Union und ihrer Innenpolitik, und eines der Beispiele dafür ist die immer enger werdende Verknüpfung zwischen Sicherheit, Entwicklungszusammenarbeit und Menschenrechten.

Die Europäische Union muss ihre Verantwortung als globaler Akteur übernehmen und zu diesem Zweck eine klare Stellung beziehen sowie auf der internationalen Bühne mit einer Stimme sprechen.

Eine größere Sichtbarkeit und ein entschlosseneres Vorgehen seitens der Europäischen Union in Bezug auf andauernde Konflikte, wie den Palästinenserkonflikt oder die Darfur-Krise, werden ohne Zweifel ein Weg für Europa sein, seinen Beitrag zu diesen Menschenrechten zu leisten, für die wir alle heute hier eintreten.

 
  
MPphoto
 
 

  Elizabeth Lynne, im Namen der ALDE-Fraktion.(EN) Herr Präsident! Ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich die mir zustehende Zeit an die Redezeit anhängen könnte, die mir vorhin gewährt wurde, so dass die ALDE-Fraktion zwei Minuten zur Verfügung hätte. Ich möchte mich für das Fehlen von Herrn Cappato entschuldigen. Er muss dringend eine persönliche Angelegenheit erledigen, sodass ich im Namen der Fraktion das Wort ergreife.

Ich möchte dem Rat und der Kommission für die geleistete gute Arbeit meinen Dank aussprechen. Ich bin froh, dass wir davon abgekommen sind, lediglich die Länder aufzuzählen, in denen die Menschenrechte verletzt wurden. Es freut mich, dass dieses Mal ein Abschnitt dem Euopäischen Parlament gewidmet ist. Für mich ist es schwer zu verstehen, dass uns immer, wenn wir im Unterausschuss über Menschenrechte sprechen, gesagt wird, wir könnten uns mit Verletzungen innerhalb der EU nicht befassen. Ich weiß, dass das in die Zuständigkeit des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres fällt, doch müssen wir einen Weg finden, unsere Arbeit im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten und im Unterausschuss Menschenrechte miteinander in Einklang zu bringen.

Ein Gebiet, auf dem wir aktiver werden müssen, ist die Verwendung von Splitterbomben. Ich weiß, dass viele sagen, dies sei eine verteidigungspolitische Frage, doch meiner Meinung nach ist dies auch eine Menschenrechtsfrage. Auch wenn sie nicht im Minenverbotsvertrag von 1997 erwähnt werden, haben sie dennoch die gleiche verheerende Wirkung gegen Zivilisten. Ich rufe den Rat und die Kommission auf, sich der zunehmenden Meinung anzuschließen, dass Splitterbomben ganz und gar verboten werden müssen, und ich hoffe, es ist nur ein Gerücht, dass die Kommission die Mittel für Minenräumung kürzen will, denn die Menschenrechte werden durchaus tangiert, wenn sich Menschen nicht ungehindert bewegen können.

Ein weiteres Problem, dass allerdings im Bericht Erwähnung findet – und darüber bin ich sehr erfreut –, ist das Fortbestehen des Internierungslagers Guantánamo, ein Thema, das im vergangenen Jahr mehrfach angesprochen wurde. Kann der Rat vor allem zusichern, dass er seine Bemühungen verstärken und auf die amerikanische Regierung dahin gehend Druck ausüben wird, dieses Lager ein für alle Mal zu schließen, denn das hat das Parlament nämlich gefordert? Mit Freude kann ich außerdem feststellen, dass das Thema Menschenhandel recht weit oben auf der Tagesordnung der EU steht, doch muss auf jene Mitgliedstaaten Druck ausgeübt werden, die noch nicht das Übereinkommen des Europarats über Maßnahmen gegen den Menschenhandel unterzeichnet haben.

Ich bin sehr zufrieden, dass der Bericht einen Abschnitt über die Rechte von Behinderten enthält. Das kommt zur rechten Zeit, denn morgen wird – wie Sie alle wissen – die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen unterzeichnet. Hoffen wir, dass sie recht schnell ratifiziert wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Raül Romeva i Rueda, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(ES) Herr Präsident! Am vergangenen Sonntag ist der ehemalige chilenische Diktator, Augusto Pinochet, verstorben, durch einen seltsamen Zufall genau 58 Jahre nach der Unterzeichnung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Staats- und Regierungschefs der Welt im Jahr 1948.

Wie wir häufig feststellen, ist die Europäische Union ein Projekt, das auf Werten beruht, von denen die wichtigsten die Achtung und die Förderung der Menschenrechte sind. Viele von uns halten das für richtig. Der Kampf für die Menschenrechte muss immer stärker Querschnittsaspekte einbeziehen, wie die Stärkung der Demokratie, Regierbarkeit, Krisenmanagement, Völkerrecht usw. Wichtig ist auch, den universellen und unteilbaren Charakter dieser Rechte hervorzuheben.

Gerade deshalb stimmt es so traurig zu beobachten, dass einige Prinzipien und Werte in erschreckender Weise untergraben werden. Insbesondere müssen wir daran erinnern, wie notwendig es ist, sich mit den Auswirkungen der innenpolitischen Maßnahmen der Europäischen Union, wie des Kampfes gegen den Terrorismus oder des Managements der Migration, auf die Menschenrechte in Drittländern auseinanderzusetzen und sie zu korrigieren.

Ferner muss anerkannt werden, dass der Rat erhebliche Anstrengungen unternimmt, um die Transparenz in den Menschenrechtsdialogen der EU mit China, Iran und Russland zu gewährleisten, doch es bereitet noch immer Sorge zu sehen, dass bei der Bewertung von Aktionen und Verhaltensweisen mit zweierlei Maß gemessen wird, je nachdem, ob das betreffende Land ein potenzieller Wirtschaftspartner ist oder nicht. Dies ist auch bedenklich, wenn es um die Evaluierung der Einhaltung der demokratischen Klauseln bestimmter Assoziierungsabkommen geht.

Schließlich muss sich die Europäische Union nachdrücklich mit der ernsten Legitimitäts- und Glaubwürdigkeitskrise befassen, die sich auf unsere Argumente zur Unterstützung der Menschenrechte auswirken, insbesondere nach den bedauerlichen Fällen der Mitwirkung oder stillschweigenden Kollaboration bei illegalen Festnahmen und Überführungen, die verschiedentlich einer direkten Duldung von Folter gleichkamen.

 
  
MPphoto
 
 

  Hanna Foltyn-Kubicka, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Eines der wichtigsten Elemente der Tätigkeit der Europäischen Union im kommenden Jahr dürfte die Fortsetzung der Unterstützung des Kampfes für Demokratie in Belarus sein. Initiativen wie die Unterstützung von Studenten, die Opfer von Repressalien sind, sowie die Bereitstellung von Mitteln für unabhängige Bildungseinrichtungen oder Rundfunksendungen sind ausgezeichnete Ideen, aber es könnte noch mehr getan werden.

Etwa 20 % der Belarussen schauen Euronews, und 40 % haben Zugang zum Internet. Das sind Möglichkeiten, die wir nutzen sollten. Es sollte ein Internetdienst eingerichtet werden, der sich speziell an diese Menschen wendet. Im Rahmen von Euronews sollte eine Reihe von Sendungen entwickelt werden, die nach Möglichkeit in belarussischer Sprache ausgestrahlt werden.

Ich würde mir wünschen, dass die Kommission diesen Vorschlag im Rahmen des heute angenommenen europäischen Finanzierungsinstruments zur Förderung der Demokratie und Menschenrechte in der Welt prüfen würde. Es ist dringend erforderlich, dass auch weiterhin mit allen verfügbaren Mitteln Druck auf das Lukaschenko-Regime ausgeübt wird. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Druck eines Tages dazu führen wird, dass das Europäische Parlament den Präsidenten eines demokratischen Landes anstelle des Führers der belarussischen Opposition begrüßen kann.

 
  
MPphoto
 
 

  Kathy Sinnott, im Namen der IND/DEM-Fraktion.(EN) Herr Präsident! Dieser Bericht enthält viel Positives über die EU – beispielsweise ihre Arbeit zur Förderung der Menschenrechte und der Demokratie. Aber er hat auch einige krasse Schwächen, mehr als ich aufzählen kann, sodass ich mich auf China beschränken möchte. China ist das einzige Land der Welt, in dem die Suizidrate bei Frauen höher als bei Männern ist. Jeden Tag begehen ungefähr 500 Frauen in China Selbstmord, doch im Bericht wird kein Wort zu Chinas „Ein-Kind-Politik“ gesagt, die den Frauen das Recht verwehrt, in ihrem Leben eine echte Wahl zu treffen. Mehr noch, Menschen mit Behinderungen in China werden nicht einmal erwähnt.

Als ich letztes Jahr China besuchte, bin ich mit einer Gruppe von Behinderten zusammengetroffen. Alles deutet darauf hin, dass Menschen mit Behinderungen wie dem Down-Syndrom vor bzw. nach der Geburt einfach getötet werden. In China werden die Kinder von Gefangenen von der Regierung geächtet und von der Gesellschaft ausgestoßen, und sie haben oftmals – eigentlich fast immer – schlechtere Überlebenschancen als ihre Eltern im Gefängnis. Und der Grund für die Inhaftierung ihrer Eltern spielt da keine Rolle.

Wenn man dies ausblendet und gleichzeitig mit China freundlich über Handelsbeziehungen verhandelt, dann läuft man Gefahr, Zustimmung der EU zu signalisieren.

 
  
MPphoto
 
 

  Simon Coveney (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Am heutigen Tag standen mit dieser Aussprache und mit der Verleihung des Sacharow-Preises zuvor die Menschenrechte im Mittelpunkt der Arbeit des Parlaments, und das begrüße ich.

Der Bericht des Rates befasst sich mit der Außen- und Innenpolitik der EU sowie mit der Menschenrechtspolitik der EU in ihren bilateralen Beziehungen zu Drittländern, außerdem mit ihrem Auftreten auf multilateralen Foren. Darüber hinaus wird eine Reihe von thematischen Fragen analysiert.

In Bezug auf die Erstellung des Berichts bin ich nach wie vor nicht überzeugt, dass zwischen Rat und Parlament und vor allem mit dem Unterausschuss Menschenrechte ausreichende Konsultationen stattgefunden haben. Im vergangenen Jahr wurde der finnische Ratsvorsitz im Jahrsbericht des Parlaments aufgefordert, sich bei der Erarbeitung seines eigenen Jahresberichts aktiv mit dem Parlament zu beraten. Diese Beratung erfolgte allerdings nicht auf so aktive Weise, wie wir erwartet hatten.

Wie im vergangenen Jahr vereinbart, befürwortet das Parlament einen einzigen EU-Bericht zu Menschenrechten, in den die Standpunkte der drei Organe einfließen, um unnötige Doppelarbeit zu vermeiden. Das kann jedoch nur erreicht werden, wenn die Konsultation zwischen Rat und Parlament verbessert wird. Ideal wäre es, wenn der Rat dem maßgeblichen Ausschuss einen Entwurf vorlegen würde, damit wir vor der endgültigen Annahme einen Meinungsaustausch dazu führen können.

Als Berichterstatter über den Bericht des Europäischen Parlaments für 2006 werde ich den Rat auch weiterhin dringend ersuchen, einen umfassenden institutionenübergreifenden Bericht vorzulegen. Ich werde die beschränkte Sicht des Berichts aus dem vergangenen Jahr beibehalten und die Leistung der drei Organe auf dem Gebiet der Menschenrechte kritisch bewerten.

Heute wurde der Sacharow-Preis einem hervorragenden Kandidaten verliehen. Er ist Oppositionsführer in Belarus, und es ist unsere Pflicht, ihn auch weiterhin zu unterstützen. Ich möchte den Rat und die Kommission auffordern, die Bedeutung des Sacharow-Preises generell aufzuwerten. In dieser Hinsicht ist es bedauerlich, dass zwei Preisträger vergangener Jahre, Aung San Suu Kyi aus Burma und die kubanische Frauenbewegung „Damen in Weiß“, bisher nicht in der Lage waren, im Parlament ihre Auszeichnung in Empfang zu nehmen. Ich hoffe, dass es uns gelingen wird, mit einer EP-Delegation in diese beiden Länder zu reisen, um den Preis zu übergeben.

 
  
MPphoto
 
 

  Józef Pinior (PSE).(PL) Herr Präsident! Mein heutiger Beitrag im Europäischen Parlament fällt mit dem 25. Jahrestag der Verhängung des Kriegsrechts in meinem Heimatland Polen zusammen. Das Kriegsrecht zog Gewalt und Verhaftungen nach sich, und Tausende von Menschen wurden eingesperrt. Ich habe gestern zu diesem Thema im Parlament gesprochen, und ich möchte diese Worte heute wiederholen, passenderweise nur wenige Tage nach dem Tod von General Augusto Pinochet, einem der grausamsten Diktatoren in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Der Jahresbericht der Europäischen Union zur Menschenrechtslage zählt zu ihren bedeutendsten Dokumenten. Das Europäische Parlament spielt eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung der Menschenrechtspolitik der Europäischen Union. Meines Erachtens sollte die Arbeit an diesem Bericht künftig besser mit der Arbeit des Europäischen Parlaments in diesem Bereich koordiniert werden. Ich beziehe mich insbesondere auf die Abstimmung der Arbeit an diesem Bericht mit den Aktivitäten des Unterausschusses Menschenrechte des Ausschusses des Europäischen Parlaments für auswärtige Angelegenheiten.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die Frage der Koordinierung der Menschenrechtspolitiken der Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit sämtlichen europäischen Institutionen lenken. Die Maßnahmen in diesem Bereich sollten besser aufeinander abgestimmt werden, um Überschneidungen der Menschenrechtspolitik auf europäischer Ebene und der diesbezüglichen Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten zu vermeiden. Die Menschenrechtslage außerhalb der Europäischen Union sollte systematisch und transparent überwacht werden, damit in Bezug auf Länder, die diese Rechte verletzen, geeignete Maßnahmen ergriffen werden können.

Die Menschenrechtspolitiken sollten synchronisiert und an sämtliche Finanzierungsinstrumente, die Bestandteil des Haushalts der Europäischen Union sind, gebunden werden. Eine Klausel zur Achtung der Menschenrechte sollte in sämtliche Abkommen, die die Europäische Union mit anderen Ländern abschließt, aufgenommen werden.

Abschließend möchte ich auf die Bedeutung der Entsendung von Delegationen des Europäischen Parlaments in Länder, in denen die Menschenrechte verletzt werden, verweisen. Besonders hervorheben möchte ich dabei den Besuch einer Delegation des Europaparlaments in Kuba, der angesichts der Veränderungen, die derzeit dort stattfinden, besondere Bedeutung erlangt.

 
  
MPphoto
 
 

  Marios Matsakis (ALDE).(EN) Britisches Antarktis-Territorium, Britisches Territorium im Indischen Ozean, Britische Jungferninseln, Kaimaninseln, Gibraltar, Montserrat, Pitcairninseln, St. Helena, Südgeorgien und die Südlichen Sandwichinseln, Turks- und Caicosinseln sowie die Militärbasen Akrotiri und Dhekelia auf Zypern – 14 an der Zahl – werden als britische Überseegebiete geführt und liefen früher unter der Bezeichnung „Britische Kronkolonien“. Sie liegen – mit einer Ausnahme – durchweg außerhalb der EU. Es sind Kolonien des 21. Jahrhunderts, die sich überall auf dem Erdball an strategisch wichtigen Punkten befinden. Insgesamt wohnen dort einige Tausend Menschen. Es gibt keine gewählten Regierungen, und fast nirgendwo findet man ein gesetzgebendes gewähltes Parlament. Sie sind nicht in der UNO vertreten. Ihr Staatsoberhaupt ist die Königin von England, und die meisten werden von einem Gouverneur oder einem von der britischen Regierung ernannten Verwalter verwaltet. Sie stehen unter britischer Oberhoheit und sind von der britischen Armee besetzt. Doch in diesem 250 Seiten umfassenden Bericht über Menschenrechte und Demokratie steht – wie in allen früheren Berichten – kein einziges Wort über sie. Ich möchte den amtierenden Ratspräsidenten sowie Kommissarin Ferrero-Waldner die Frage stellen, weshalb das so ist. Ich sehe ihrer Antwort mit großem Interesse entgegen.

 
  
MPphoto
 
 

  Eoin Ryan (UEN).(EN) Herr Präsident! Auch ich möchte der Kommission meinen Dank aussprechen. Dies ist eine äußerst bedeutsame Aussprache, die das wichtigste Anliegen Europas betrifft und all das, wofür dieses Parlament steht.

Es ist ein guter Bericht, allerdings eben nur ein Bericht. In solchen Situationen brauchen wir jedoch noch häufiger Taten. Ich möchte alle Anwesenden bitten, sich die Frage ganz ehrlich zu beantworten, ob sie tatsächlich alles Erdenkliche getan haben, um der ungeheuren Verletzung der Menschenrechte in Darfur ein Ende zu setzen, die auch jetzt während unserer Debatte anhält. Mehr als 200 000 Menschen haben ihr Leben und zweieinhalb Millionen Menschen ihre Heimat verloren. Und es geht immer weiter.

Meiner Meinung nach können wir nicht ehrlichen Herzens sagen, dass wir alles in unseren Kräften Stehende getan haben und dass sich das Parlament mit aller Kraft für diplomatische Initiativen eingesetzt hat, um dem Geschehen ein Ende zu setzen und die sudanesische Regierung unter Druck zu setzen, damit sie endlich einlenkt. Sie spielt Katze und Maus, während Hunderttausende sterben.

Es ist ein guter Bericht, und ich unterstütze ihn. Im Zusammenhang mit der Aussprache über die Menschenrechte und der Haltung der EU dazu muss ich jedoch sagen, dass wir meines Erachtens nicht genug unternehmen, um dem, was sich in Darfur abspielt, Einhalt zu gebieten.

 
  
MPphoto
 
 

  Richard Howitt (PSE).(EN) Herr Präsident! Zu Beginn möchte ich die finnische Präsidentschaft sowohl zu ihrer Arbeit in Sachen Menschenrechte als auch zu ihrer Teilnahme an dieser Plenarsitzung beglückwünschen. Eines unserer Ziele bestand immer darin, diese Sitzung alljährlich zu einem „Menschenrechtsplenum“ zu machen. Der finnische Ratsvorsitz ist an dem Tage, an dem der Sacharow-Preis verliehen wird, seiner Rolle gerecht geworden, und ich denke, dass jede weitere Präsidentschaft diesem Beispiel folgen wird.

Außerdem möchte ich dem Ratsvorsitz meinen Dank dafür aussprechen, dass er sich mit einer Reihe von Punkten befasst hat, die ich als ehemaliger Berichterstatter zu den Menschenrechten vorgeschlagen habe. Mit dem Europäischen Parlament wurde in diesem Jahr viel öfter Rücksprache genommen, und es wurde stärker einbezogen. Ich hoffe, dass wir in Zukunft hier noch weitere Fortschritte machen werden. Die in Ihrem Bericht enthaltene Liste der Länder, in denen prioritärer Handlungsbedarf besteht, entspricht in starkem Maße meinen Vorschlägen für die Liste der europäischen Länder, die besonderen Anlass zu Besorgnis geben und von denen einige behaupteten, sie sei befremdlich, die jedoch von Ihnen angenommen wurde. Auch dafür möchte ich dem Ratsvorsitz danken.

Zwar hätte ich gern mehr über die Auswirkungen und die Umsetzung der EU-Leitlinien für Menschenrechte erfahren – damit befasst sich lediglich eine von 260 Seiten –, doch ich begrüßte sehr die Transparenz, die darin besteht, dass eine Liste der Demarchen im Zusammenhang mit verschiedenen Ländern vorgelegt wird. Allerdings möchte ich den Ratsvorsitz ersuchen, sich an den in meinem Bericht enthaltenen Vorschlag des Parlaments zu erinnern, nämlich dass eine Gruppe von Abgeordneten für vertrauliche Konsultationen im Zusammenhang mit diesen Demarchen in gleichem Maße wie bei Sicherheitsfragen zur Verfügung steht. Ich bitte den Ratsvorsitz, diese Angelegenheit nochmals zu prüfen.

Abschließend möchte ich die gegenwärtige und zukünftige Präsidentschaften ersuchen, gemeinsam mit der Kommission unbedingt darauf zu achten, dass Folgenabschätzungen durchgeführt werden und nicht nur die unmittelbare Tätigkeit auf dem Gebiet der Menschenrechte betrachtet wird, sondern auch die Auswirkungen anderer außenpolitischer Maßnahmen, vor allem im Bereich Handel und Entwicklung, auf die Menschenrechte, damit wir die Menschenrechte zum Bestandteil unserer gesamten Arbeit in der Europäischen Union machen können. Hier geht es nicht nur um einen Bericht, sondern um seine Aussage.

 
  
MPphoto
 
 

  Jan Tadeusz Masiel (UEN).(PL) Herr Präsident! Die Europäische Union setzt sich weltweit engagiert für die Menschenrechte ein, und darauf sind wir alle stolz. Manchmal scheint es jedoch, als würden wir darüber die Rechte der Bürger in der Europäischen Union selbst vergessen. Damit meine ich das Recht auf religiösen Glauben und das Recht auf Selbstbestimmung. Der Mensch ist auch ein religiöses Wesen, und zum Schutz der Menschenrechte gehört auch die Achtung dieses Wesenszugs. Einige unserer Mitgliedstaaten reagieren in Sachen Religion sensibler als andere. Ich habe bisweilen den Eindruck, dass uns die Achtung des Atheismus wichtiger ist als die Achtung religiöser Glaubensbekenntnisse.

Ein weiteres Problem betrifft das Recht darauf, die eigene Zukunft zu bestimmen. Ich habe den Eindruck, dass die Mehrzahl der Europäer nicht an einem Beitritt der Türkei zur Europäischen Union interessiert ist. Trotzdem führen wir mit diesem Land entsprechende Verhandlungen. Meines Erachtens stellt dies eine Gefahr dar, wenn nicht für die religiöse Identität der Bürger der Europäischen Union, dann für ihre kulturelle Identität.

 
  
MPphoto
 
 

  Paula Lehtomäki, amtierende Ratspräsidentin. – (FI) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen für diese ausgezeichnete Aussprache, bei der wir uns von verschiedenen Parlamentsmitgliedern einige Kritik im Hinblick auf das Verfahren der Ausarbeitung dieses Berichts anhören mussten. Diese Kritik nehmen wir selbstverständlich zur Kenntnis, und wir werden zukünftig versuchen, unsere Konsultationsverfahren auch mit dem Europäischen Parlament zu verbessern. Möglicherweise hat das Verfahren aufgrund dessen, dass dieser Bericht auf eine Entscheidung des Europäischen Rates aus dem Jahr 1998 zurückgeht, ebenfalls innerhalb des Rates stattgefunden. Aber natürlich können wir die Art und Weise, wie wir mit diesen Dingen umgehen, künftig verbessern. Es sei aber auch daran erinnert, dass in dem Bericht nicht der Versuch unternommen wird, alle erdenklichen Menschenrechtsprobleme, die weltweit bestehen, zu erfassen, sondern das Augenmerk in erster Linie auf eine Darstellung der Menschenrechtsarbeit seitens der Organe der Europäischen Union gerichtet wird.

Wie ich bereits in meiner Eröffnungsrede gesagt habe, ist die Hauptpriorität in letzter Zeit das Mainstreaming, also die durchgängige Berücksichtigung der Menschenrechte in anderen Politikbereichen gewesen, und die Verbesserung der externen Aktivitäten der Europäischen Union ist natürlich ein sehr wichtiger Teil davon, Menschenrechte vollständig in die auswärtigen Beziehungen und in die Entwicklungszusammenarbeit zu integrieren, damit uns beispielsweise der enge Zusammenhang zwischen Menschenrechten und Sicherheit ganz offensichtlich wird.

Mit der Einigung über die Errichtung einer Europäischen Agentur für Grundrechte im vergangenen Jahr haben wir einen bedeutenden Fortschritt erzielt. Dies wird auch viel zur Stärkung der Menschenrechtsarbeit innerhalb der Europäischen Union beitragen. Der Kommissar hat erwähnt, dass über das Instrument für Menschenrechte Einigung erzielt worden ist. Ich möchte dem Parlament herzlich für die gute Zusammenarbeit dabei danken. Dieses Instrument wird ohne Zweifel einen Beitrag dazu leisten, die Menschenrechtsarbeit innerhalb der Europäischen Union wirksamer zu gestalten.

Es sei daran erinnert, dass es bei der Menschenrechtsarbeit nicht nur darum geht, sich mit aktuellen, deutlich sichtbaren Dingen zu befassen; vor allem geht es dabei um eine mühsame Arbeit über lange Zeiträume, die auch Geduld erfordert, um zu Ergebnissen zu gelangen.

In dieser Diskussion wurde auch die fast philosophische Frage aufgeworfen, ob wir wirklich alles getan haben, um die Situation der Menschenrechte zu verbessern. Dabei geht es häufig darum, das richtige Verhältnis zwischen Überzeugungsarbeit und drastischen Maßnahmen sowie zwischen Ermutigung und restriktiven Maßnahmen zu finden. Es ist ganz offensichtlich, dass der Dialog normalerweise zu besseren Ergebnissen führt als ein Abbruch der Beziehungen.

Es ist wichtig zu zeigen, dass die Europäische Union in ihrer Menschenrechtsarbeit bei allen ihren Partnern die gleichen Normen ansetzt. Wir müssen uns aber sicherlich auch eingestehen, dass, selbst wenn wir alles in unserer Macht Stehende getan haben, unsere Ressourcen dennoch möglicherweise nicht ausreichen, um die Situation in der ganzen Welt zu verbessern. An Herausforderungen im Bereich der Menschenrechte fehlt es also nicht, und diese Debatte bietet zweifellos eine gute Grundlage, auf der die Organe der Europäischen Union ihre Arbeit weiter fortsetzen können.

 
  
MPphoto
 
 

  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission.(EN) Herr Präsident! Infolge der Kürze der Zeit werde ich nur auf bestimmte Anfragen antworten. Ich möchte mit den von Herrn Galeote erwähnten „Damen in Weiß“ beginnen. Der beabsichtigte Besuch von Vertretern des Parlaments bei den „Damen in Weiß“ ist eine gute Sache, und wir hoffen, gewährleisten zu können – und werden unser Bestes tun –, dass die EP-Delegation mit einem Vertreter der kubanischen Regierung zusammentreffen kann.

Im Rahmen der Europäischen Initiative für Demokratie und Menschenrechte war Kuba eines der Länder, auf die Kampagne 3 zur Förderung des demokratischen Prozesses abzielte. Wir werden versuchen, hier weiter voranzukommen. Wir haben uns ferner stets und ständig für die Freilassung politischer Gefangener und die Beendigung der Unterdrückung von Anhängern der politischen Opposition sowie von Menschenrechtsaktivisten eingesetzt.

Ein anderer Abgeordneter stellte die Frage, was die Europäische Union und die Kommission in Palästina unternehmen. Wenn man davon ausgeht, dass die menschliche Sicherheit, d. h. die Freiheit von Not und Freiheit von Angst, das Fundament der Menschenwürde darstellt, hat niemand mehr als wir getan, um den Palästinensern bei der Grundversorgung mit medizinischen Leistungen und Energie zu helfen und diese Grundversorgung über den zeitweiligen internationalen Mechanismus und zusätzliche Maßnahmen unter sehr schwierigen Umständen aufrechtzuerhalten. Insbesondere haben wir zwei Wahlen – die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen – finanziert und zudem Wahlbeobachter entsandt, damit die Voraussetzungen für demokratische Verhältnisse geschaffen werden.

Alles in allem haben Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einen zentralen Platz in all unseren ENP-Aktionsplänen. Sie werden dort nicht bloß festgeschrieben, sondern auch realisiert, und wir bemühen uns, die Realisierung zu kontrollieren.

Zu China möchte ich lediglich anmerken, dass künftig die Einbeziehung der Menschenrechte – die eine wesentliche Klausel das mit China auszuhandelnden neuen Abkommens bilden – hoffentlich auch den seit 11 Jahren andauernden Menschenrechtsdialog voranbringt und damit unser Festhalten an den Grundsätzen der Menschenrechte und Demokratie in der Außenpolitik der EU unterstreicht.

Wie heute der neue Träger des Sacharow-Preises deutlich macht, setzen wir uns mit Nachdruck für eine demokratische Gesellschaft in Belarus ein. Am 21. November legten wir ein inoffizielles Arbeitsdokument vor, in dem wir dem belarussischen Volk die Möglichkeiten aufzeigen, die sich bei einem Regimewechsel und bei einer verstärkten Demokratisierung, Verbesserung der Menschenrechtslage und Schaffung rechtsstaatlicher Verhältnisse ergeben würden.

Dies sind lediglich ein paar Beispiele, aber da die Zeit drängt, kann ich nicht auf alle hier gestellten Fragen eingehen. Ich möchte Ihnen für die Aussprache danken. Sie hat uns allen Chancen eröffnet, die wir ergreifen sollten. Ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr bereit sein werden, zusammen einen gemeinsamen Menschenrechtsbericht des Rates, der Kommission und des Europäischen Parlaments zu erarbeiten.

 
  
  

VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS
Vizepräsident

 
  
MPphoto
 
 

  Marios Matsakis (ALDE).(EN) Herr Präsident! Diese Aussprachen sind, mit Verlaub gesagt, dann hilfreich, wenn sie auf unsere Fragen eine Antwort geben. Ich habe eine sehr wichtige Frage zu den Menschenrechten und zur Demokratie in den britischen Kolonien gestellt, jedoch keine Antwort erhalten.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Zum Abschluss der Aussprache wurde gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung ein Entschließungsantrag(1) eingereicht.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag um 11.00 Uhr statt.

 
  

(1)Siehe Protokoll.


20. Haushaltsverfahren 2007: zweite Lesung — Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan — Berichtigungshaushaltsplan 6/2006 (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

- den Bericht von James Elles und Louis Grech im Namen des Haushaltsausschusses über den Entwurf des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2007 in der vom Rat geänderten Fassung (alle Einzelpläne) (15637/2006 – C6-0442/2006 – 2006/2018(BUD)2006/2018B(BUD))

und die Berichtigungsschreiben Nr. 1/2007 (SEK(2006)0762), 2/2007 (13886/2006 – C6-0341/2006) und 3/2007 (15636/2006 – C6-0443/2006) zu dem Entwurf des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2007

Einzelplan I – Europäisches Parlament

Einzelplan II – Rat

Einzelplan III – Kommission

Einzelplan IV – Gerichtshof

Einzelplan V – Rechnungshof

Einzelplan VI – Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss

Einzelplan VII – Ausschuss der Regionen

Einzelplan VIII(A) – Europäischer Bürgerbeauftragter

Einzelplan VIII(B) – Europäischer Datenschutzbeauftragter (2006/2018(BUD)) (A6-0451/2006),

- den Bericht von Ingeborg Gräßle im Namen des Haushaltsausschusses über die gemeinsame Ausrichtung des Rates im Hinblick auf die Annahme einer Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (KOM(2006)0213 – C6-0207/2006 – 2005/0090(CNS)) (A6-0447/2006) und

- den Bericht von Giovanni Pittella im Namen des Haushaltsausschusses über den Entwurf des Berichtigungshaushaltsplans Nr. 6/2006 der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2006, Einzelplan III – Kommission (15635/2006 – C6-0441/2006 – 2006/2265(BUD)) (A6-0444/2006).

 
  
MPphoto
 
 

  James Elles (PPE-DE), Berichterstatter.(EN) Herr Präsident! Ich möchte das Verfahren zusammenfassen, da dies hoffentlich unsere letzte Aussprache über den Haushaltsplan 2007 ist. Ferner möchte ich den Rat und seine Vertreter willkommen heißen. Einige Aspekte unseres Verfahrens waren ihnen nicht ganz klar, was wiederum zu Missverständnissen geführt hat, die wir hoffentlich noch vor der Endabstimmung ausräumen können.

Ich möchte der Frau Kommissarin vielmals für die Unterstützung danken, die sie den meisten der vom Parlament geäußerten Gedanken hat angedeihen lassen. Ihre Unterstützung war bei diesem Verfahren sehr hilfreich. Ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss für ihre große Hilfe und Zuarbeit bei diesem Verfahren. Vor allem gilt mein Dank jedoch den Mitarbeitern des Haushaltsausschusses, die die Erstellung des Gesamthaushaltsplans erst ermöglicht haben. Ich glaube, ohne sie wären wir noch nicht so weit gekommen.

Als Hauptberichterstatter möchte ich an dieser Stelle eine Reihe von Fragen ansprechen. Es ist uns nicht nur gelungen, die grundlegenden Verhandlungen über die Haushaltsordnung abzuschließen – ich denke doch, dass klargestellt wird, dass wir dies erreicht haben –, und meine Kollegin, Frau Gräßle, wird sich in wenigen Minuten damit befassen. Vor allem aber sind wir beim Haushaltsplan für 2007 mit Blick auf die 1 %-Grenze sehr behutsam vorgegangen, denn für die Finanzielle Vorausschau liegen größtenteils neue Programme vor. Weder die Fraktionen noch die Ausschüsse haben besondere Anträge oder Forderungen gestellt. Das wird jedoch zweifelsohne in den kommenden Jahren der Fall sein. So bleiben wir im Grunde genommen beim HVE, jedoch liegt die Betonung auf unseren politischen Prioritäten im Bereich Forschung und Innovation, wo wir zusätzliche Mittel bereitgestellt hatten.

Zweitens haben wir meines Erachtens ein vernünftiges Konzept für die Verwendung der Reserve. Wir haben im Parlament hier oftmals bei der ersten Lesung bestimmte Mittel in die Reserve eingestellt, doch die Bedingungen für die Freigabe oder die Art und Weise, wie an diese herangegangen wurde, waren weder vernünftig noch einheitlich. Ich möchte hier drei Beispiele anführen, wo nach meinem Dafürhalten die Bedingungen für die Freigabe und die Strategie für die Verwendung der Reserve in der Tat zur Stärkung der Position des Parlaments beim Haushaltsverfahren beigetragen haben.

Zuerst möchte ich die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nennen. Hier wird wesentlich klarer dargelegt, was wir bei der interinstitutionellen Vereinbarung erreicht haben. Wir hoffen nun sehr stark, dass sich der Rat auch daran hält, denn es gab einen eindeutigen Briefwechsel, und beim Haushaltsplan 2008 sollte es daher eine solche falsche Auslegung nicht wieder geben.

Zweitens die Personalfrage. Auch hier ist es dem Parlament gelungen, eine vernünftige Vorgehensweise zu finden anstatt einer möglicherweise sprunghaften Produktivitätssteigerung – wie vom Rat gewollt –, die jedoch eventuell nicht sehr viel gebracht hätte. Wir haben die Kommission ersucht, bis zum 30. April 2007 eine wirkliche Überprüfung vorzunehmen – und die Kommission hat dies zugesagt –, damit eine Erhöhung des Personalbestands in den kommenden Jahren auch voll und ganz gerechtfertigt werden kann. Wir begrüßen es, dass die Kommission im Februar des kommenden Jahres eine Erklärung über die Bedingungen für die Freigabe der in die Reserve eingestellten Beträge für das Personal abgeben wird. Dann werden wir im Februar 2007 genau wissen, wie das Legislativprogramm für die Union aussehen wird.

Bei der Verwendung der Reserve spielt letzten Endes auch die Frage des Gegenwerts im Sinne der Bürger eine wichtige Rolle. Wir hatten eine hervorragende Diskussion und Aussprache am 15. November bei unserer letzten Sitzung mit der Kommissarin und dem Generalsekretär, der uns genau erklärte, wo Haushaltslinien in die Reserve eingestellt wurden und wo wir diese jetzt freigeben könnten. Gegenwärtig sind nur noch wenige dieser Haushaltslinien übrig. Es war recht nützlich, einen besseren Überblick darüber zu erhalten, welche Haushaltslinien unzulänglich sind und wo die Ausführung zu wünschen übrig lässt. Wir begrüßen die Mitwirkung der Kommission dabei.

Jetzt gilt es, diese Entschließung über die ordnungsgemäße Ausführung des Haushalts auch umzusetzen. Vielleicht sollte sich der Rat jetzt bereit finden und die Entschließung zu einem angemessenen Gegenwert unterschreiben. Wenn er das jetzt nicht tut, dann wird das hoffentlich unter der deutschen Präsidentschaft geschehen.

Wir müssen bei unseren Prioritäten bleiben. Wir haben keinen Zweifel gelassen. Wir haben die Prioritäten der Finanziellen Vorausschau übernommen. Mit Blick auf die Haushaltsjahre 2008 und 2009 bleibt noch viel zu tun.

Dem Tempo der Globalisierung können wir uns nicht entziehen. Das haben wir als Erstes klargestellt, als wir uns im Mai mit der jährlichen Strategieplanung befasst haben. Wir müssen die Programme für die Finanzierung anpassen und prüfen, wofür wir unser Geld am besten ausgeben können.

(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
MPphoto
 
 

  Louis Grech (PSE), Berichterstatter. – (MT) Herr Präsident! In diesem Jahr wurde jeder Haushaltsantrag für sich unter Berücksichtigung der tatsächlichen Bedürfnisse und Prioritäten der Institutionen geprüft. Gleichzeitig wurden sämtliche Ausgabenarten kritisch unter die Lupe genommen, um gegen Verschwendung und ungeeignete Verfahren vorzugehen. Für ebenso wichtig hielt ich es aber auch, dafür Sorge zu tragen, dass den Institutionen die für ein effizientes Funktionieren und Arbeiten erforderlichen Werkzeuge und Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Ich möchte hier die allgemeine Feststellung anbringen, dass die Institutionen nicht genug unternehmen, um eindeutigere, genauere und stärker analytisch geprägte Schätzungen vorzulegen. Wenn dem so wäre, würden die in die Reserve eingestellten Summen deutlich geringer ausfallen und man könnte auf überhöhte Margen verzichten, führt dies doch dazu, dass zum Jahresende Mittel annulliert werden und auf den letzten Drücker Mittelübertragungen erfolgen. Ich möchte nochmals hervorheben, dass alle Institutionen unbedingt in jedem Jahr genauere und aussagekräftigere Berichte über ihre Tätigkeit einreichen müssen, in denen sie angeben müssen, ob sie ihre Ziele erreicht haben und wie die bereitgestellten Mittel verwendet wurden.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt in diesem Haushaltsverfahren war die in Bezug auf das Referat Einstellungen verfolgte Linie, die verbesserungsbedürftig ist. Sowohl das Parlament als auch der Rat haben im Prinzip jedem Antrag auf Bewilligung von Stellen im Zusammenhang mit der Erweiterung der Union stattgegeben. Dennoch wird es zunehmend schwieriger, die Verzögerungen beim Auswahlverfahren im Zuge der Erweiterungsrunde 2004 nachzuvollziehen oder zu rechtfertigen. Dieser Fehler sollte abgestellt werden, und die Institutionen sollten gemeinsam mit dem EPSO das drängende Problem der Besetzung freier Stellen lösen. Daraus ergibt sich, dass die von Parlament und Rat beschlossene engmaschige Überwachung des Personalauswahlverfahrens ein Muss ist.

Der Haushaltsrahmen 2007 stellt auch einen weiteren wichtigen Aspekt in den Mittelpunkt, nämlich die Zusammenarbeit zwischen dem Ausschuss der Regionen und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss. Im nächsten Haushaltsjahr sollte eine realistische Einschätzung erfolgen, um sicherzustellen, dass die Vereinbarung zwischen den beiden Ausschüssen erneuert wird und gegebenenfalls andere Formen der Zusammenarbeit ausgelotet werden. Die Grundlage aller Bemühungen sollte eine Zusammenarbeit sein, die der Eigenständigkeit Rechnung trägt. Darüber hinaus muss eine ausgewogenere Verwaltung des gemeinsamen Dienstes gewährleistet sein. Es wäre also ratsam, einen Arbeitsausschuss zu bilden, der sich mit dieser Frage befasst und den Einfluss der von diesen beiden Ausschüssen verfassten Stellungnahmen und ihrer anderen Tätigkeiten untersucht. 2007 dürften wir weniger Probleme im Bereich der Unterstützung der Mitglieder und beim Besucherprogramm haben. Meines Erachtens haben wir spürbare Fortschritte bei diesen beiden Diensten erzielt; dies sollte sich in den Jahren 2007 und 2008 bemerkbar machen. Allerdings sollten die Mitglieder besser über die verfügbaren Dienste unterrichtet werden.

Im kommenden Jahr steht eine Verbesserung der institutionellen Struktur an, die auf eine stärkere Vereinfachung und eine entschlossenere Umsetzung der Umschichtungspolitik abzielt. Dies wird nach meinem Dafürhalten in den nächsten Jahren eine positive Wirkung entfalten. Was hingegen die Mehrsprachigkeit betrifft, macht sich Enttäuschung breit. In diesem Zusammenhang bekräftigen wir unsere Unterstützung für die Initiative des Präsidiums, einen Leitfaden für bewährte Verfahren auszuarbeiten, der Sanktionen und Strafen enthalten sollte. Eine gute Leitung dieses nützlichen, wenn auch kostspieligen Dienstes sollte im nächsten Jahr bei allen Institutionen auf der Tagesordnung stehen.

Herr Präsident! Die Zeit reicht nicht aus, um auf andere Prioritäten in diesem Haushaltsplan einzugehen. Dies gilt zum Beispiel für die Informationspolitik, wo wir 2007 mit weiteren Fortschritten rechnen, und den Erwerb von Gebäuden – insbesondere von gemeinsam mit der Kommission genutzten Immobilien –, wo wir von erheblichen Verbesserungen ausgehen, sowie die Informationspolitik, Sicherheit, Ausbildung, Vereinfachung des Regelungsumfelds und eine Vielzahl weiterer Themen. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass uns während der Planung und Entwicklung dieses Haushaltsplans Kontakte zu allen Institutionen wichtig waren.

Die in der ersten Lesung erreichte Mittelausstattung war ein Ergebnis dieses Prozesses. Im Übrigen bemühten sich die Vertreter des Parlaments während des Vermittlungsverfahrens zwischen Rat und Kommission nach Kräften, eine ausgewogene Formel zu finden. Wir gehen davon aus, dass alle Beteiligten einschließlich des Rates die getroffenen Absprachen einhalten werden. Andernfalls würden wir den vorrangigen Zweck dieser Triloge und Konzertierungssitzungen verfehlen. Für uns wäre eine Situation, in der Verfahren keinen Sinn mehr ergeben oder sogar – was noch schlimmer sein würde – für dieses Hohe Haus kontraproduktiv wären, unannehmbar. Daher sollte sich der Haushaltsausschuss meiner Meinung nach in den nächsten Monaten schnellstens mit diesen Fragen befassen.

 
  
MPphoto
 
 

  Ingeborg Gräßle (PPE-DE), Berichterstatterin. – Herr Präsident, Frau Ratspräsidentin, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist ein großer Tag für dieses Haus. Volle zwei Jahre haben wir gemeinsam an der Haushaltsordnung gearbeitet, zuletzt in ganz hervorragender Zusammenarbeit mit der Kommission.

Dieses Parlament hat allen klar gemacht, dass die Haushaltsordnung für uns ein wichtiges Gesetzgebungsverfahren ist. Die Verbesserung der Haushaltsausführung, die Korrektur von Auswüchsen der Reform von 2002 und das Aufnehmen berechtigter Kritik an stark bürokratisierten Verfahren und schwerfälligen Abläufen, das war unser Ziel. Wir haben dieses Ziel erreicht. Daran mitgewirkt haben die Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss und im Haushaltskontrollausschuss, allen voran mein lieber Kollege Pahor, die Mitglieder unserer Arbeitsgruppe, die Sekretariate und mein persönlicher Assistent. Ihnen allen danke ich sehr herzlich. Die Generaldirektion Haushalt, an der Spitze Frau Kommissarin Grybauskaitė, hat eine äußerst glückliche und verständige Rolle gespielt. Auch dafür herzlichen Dank.

Auch der Rat hat anfangs gut mitgespielt, um dann vor seiner eigenen Courage zu erschrecken. Schade eigentlich. So sollten Sie mit Ihren Freunden nicht umgehen! Nur Mut bei den Durchführungsbestimmungen! Dieses Europa braucht mehr Engagement des Rates bei dem Dauerthema einer verbesserten Kontrollqualität in den Mitgliedstaaten. Frau Ministerin Wideroos, bitte erklären Sie, dass der Rat das am 21. November mit dem Parlament erreichte Vermittlungsergebnis akzeptiert. Wenn nicht, wird das Parlament am Donnerstag nicht über den Haushalt 2007 abstimmen.

Sie haben in das interinstitutionelle Gleichgewicht auf fahrlässige und mutwillige Art und Weise eingegriffen. Die finnische Präsidentschaft hinterlässt in diesem Haus einen wirklich bitteren Beigeschmack und bringt sich selbst um einen großen Erfolg ihrer Ratspräsidentschaft, der darin bestünde, eine wirkliche Entbürokratisierung in Europa zu erreichen, die meistens auf unsere Änderungsanträge zurückgeht. Wir sind aber sehr dankbar, dass der Rat sie mitgetragen und mit vorangebracht hat, vor allem, was die Frage nach mehr Kundennähe in der Verwaltung betrifft, mehr Transparenz, bessere Kontrollbedingungen zum Schutz der europäischen Gelder und die Datenbank, in die Kriminelle, die zum Schaden der EU gehandelt haben, aufgenommen und zehn Jahre von den EU-Geldern ausgeschlossen werden. Das sind Meilensteine auf dem Weg zu einem besseren Management der EU-Gelder, und darauf könnten Sie eigentlich mit uns stolz sein.

Wir werden diese Punkte bei den Durchführungsbestimmungen konkretisieren und handhabbar machen. Dabei orientieren wir uns an der Haushaltsordnung und der Notwendigkeit, diese ganz neuen Punkte auch im Einzelnen zu behandeln. Lassen Sie es mich klarstellen: Der Erlass der Durchführungsverordnung obliegt allein der Kommission. Parlament und Rat werden nur angehört. Es ist unakzeptabel für uns, die Kommission derart billig unter Druck zu setzen, wie Sie es in den letzten Tagen versucht haben, denn dadurch beschneiden Sie letztendlich die Anhörungsrechte dieses Hauses. Weil die Kontrolle von EU-Geldern, die Wiedereinziehung und die Umsetzung einheitlicher Transparenzvorgaben ein Problem sind, nur deshalb haben wir dazu Änderungsanträge für die Haushaltsordnung formuliert.

Verehrte Damen und Herren aus den Mitgliedstaaten, geben Sie endlich Antworten auf diese Probleme, statt das Drei-Affen-Modell zu pflegen: Nichts hören, nichts sagen, nichts sehen. Das Parlament lässt sich sein Recht auf Stellungnahme nicht nehmen. Uns geht es dabei um eine konstruktive Rolle beim Umgang mit EU-Geldern. Wir haben unsere Lektion aus der Vergangenheit gelernt und reichen allen die Hände, die es uns gleichtun wollen.

 
  
MPphoto
 
 

  Ulla-Maj Wideroos, amtierende Ratspräsidentin. – (FI) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist mir eine Ehre, hier im Parlament bei der Aussprache über den Haushalt 2007 dabei sein zu dürfen, in einer Situation, in der das Ende eines sehr langen Prozesses der Haushaltsaufstellung deutlich in Sichtweite ist. Ich bin erleichtert, dass die Haushaltsbehörden eine Einigung über den Haushalt für 2007 erzielt haben. Das ist auch die Aufgabe von Rat und Parlament.

Ich danke den Mitgliedern des Parlaments für die gute Zusammenarbeit in den letzten sechs Monaten. Es hat mehr offenen Dialog unter den Haushaltsbehörden gegeben als in der Vergangenheit, und das ermöglicht es uns, unsere unterschiedlichen Auffassungen leichter miteinander in Einklang zu bringen. Mein besonderer Dank gilt dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Herrn Lewandowski, sowie den Berichterstattern, Herrn Elles und Herrn Grech.

Dieses vorausgeschickt, denke ich, dass es nur angemessen ist, wenn ich das Paket aus Sicht des Rates bewerte.

Die Aufstockung des Haushalts 2007 wird den Zielen der Mitgliedstaaten ziemlich gut gerecht, und sie bürdet auch den Steuerzahlern keine allzu großen Lasten auf. Glücklicherweise haben Rat und Parlament eine Einigung über einen realistischen Betrag für die Zahlungsmittel gefunden. Eine strenge Haushaltsdisziplin ist dafür jetzt als Schlüsselprinzip eingeführt worden, und dies sollte auch in den kommenden Jahren der Ansatz sein.

Alles in allem stellt die Änderung der Haushaltsverordnung in einer Situation, in der der Druck in Richtung auf eine effizientere Mittelverwaltung ständig zunimmt, einen großen Erfolg dar. Im Zusammenhang mit der Haushaltsverordnung kann ich Ihnen mitteilen, dass der Rat heute Morgen ein schriftliches Verfahren eingeleitet hat. Damit kann diese Verordnung des Rates bereits am Mittwoch, also am 13. Dezember, nachdem das Parlament seine Stellungnahme dazu abgegeben hat, angenommen werden. In diesem Zusammenhang hätte ich gern noch von der Kommission das Bekenntnis zu dem gestrigen Schreiben des Generaldirektors der Generaldirektion Haushalt zu den Durchführungsbestimmungen für die Haushaltsverordnung gehört.

Im Namen des Rates danke ich dem Parlament dafür, dass es beiden Haushaltsbehörden die Zustimmung gegeben hat, jetzt gemeinsam über die Pilotprojekte zu entscheiden. Der Rat wird auch in den kommenden Jahren verantwortungsbewusst handeln. Ebenso verdient auch die Einhaltung der Interinstitutionellen Vereinbarung, besonders im Hinblick auf die Mittel für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, unseren Beifall.

Die Haushaltsbehörden zeigen Verantwortungsbewusstsein und Realitätssinn, indem sie im Jahr 2007 auf den Einsatz des Flexibilitätsinstruments verzichten. Das schafft eine solide Grundlage für die Haushaltspraxis in den kommenden Jahren. Haushalte müssen innerhalb eines jeweils gesetzten Rahmens aufgestellt werden.

Der Haushalt für 2007 enthält klare Prioritäten. Die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, die Schaffung und Überwachung von Stellen in Verbindung mit der Erweiterung sowie das Anlaufen der Programme der neuen Generation sind praktische Beispiele dafür.

Dieses Haushaltverfahren hat jedoch leider auch einige ernste Befürchtungen für die Zukunft aufgezeigt. Es ist uns nicht ausreichend gelungen, die Verwaltung effizienter zu gestalten. Die Kommission und das Parlament können ihre Verantwortlichkeit dafür, dass die Verwaltung der Union effizienter wird, nicht leugnen. Wenn die Menschen in den Mitgliedstaaten doch so stark von Stellenkürzungen betroffen sind, warum befürwortet man dann nicht die gleichen Maßnahmen auf Unionsebene, zumal dabei niemand persönlich zu leiden hat? Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit der Tätigkeit der EU insgesamt in den Augen der Öffentlichkeit, und das betrifft auch den Haushalt, der von den Bürgerinnen und Bürgern der Mitgliedstaaten finanziert wird.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist wichtig, dass der Rat und das Parlament das im Rahmen dieses Haushaltsverfahrens einvernehmlich angenommene Paket jetzt zum Abschluss bringen. Ich möchte noch einmal wiederholen, dass ich sehr froh darüber bin, dass der angenommene Haushalt für 2007 ausreichende Spielräume in nahezu allen Rubriken enthält.

 
  
MPphoto
 
 

  Dalia Grybauskaitė, Mitglied der Kommission.(EN) Herr Präsident! Heute bringen wir unsere Arbeit und unsere Aussprache über den Haushaltsplan 2007 zum Abschluss. Das ist für uns alle sehr bedeutsam, dann es handelt sich um den ersten Haushaltsplan für das „neue Europa“ der 27 Mitgliedstaaten. Es ist der Haushaltsplan eines neuen Finanzrahmens; es ist der Haushaltsplan der neuen Haushaltsordnung; es ist der Haushaltsplan neuer finanzieller Rechtsvorschriften, die wir ab 1. Januar anwenden wollen. Das bedeutet also, dass es bei diesem Haushaltsplan nicht nur um Zahlen geht, sondern um einen Haushaltsplan für viele Dinge, die wir in diesem Jahr gemeinsam mit dem Parlament und dem Rat erreicht haben.

Für die Erstellung des uns vorliegenden Haushaltsplans waren in unseren Verhandlungen gewaltige Anstrengungen von allen Seiten und hohe Kompromissbereitschaft vonnöten. Bei unserem Treffen am 21. November im Rahmen des Vermittlungsverfahrens kamen wir zu einem Ergebnis, das innerhalb einer Woche zum Abschluss gebracht wurde. Zur Gewährleistung dieses Pakets wird die Kommission immer zu ihrem Wort stehen und den im Vermittlungsverfahren erzielten Standpunkten immer treu bleiben.

Ich möchte dem gesamten Verhandlungsteam des Parlaments sowie dessen Mitarbeitern danken, die uns geholfen haben, zu einer Lösung zu kommen. Außerdem gilt mein Dank allen Abgeordneten, vor allem den Berichterstattern des Haushaltsausschusses, die uns bei der Erreichung dieses Pakets unterstützt haben. Dabei denke ich nicht nur an das Paket für den Haushaltsplan 2007, sondern auch an das Paket für die neue Haushaltsordnung. Ferner möchte ich dem heute nicht anwesenden Berichterstatter, Herrn Pittella, für seine Unterstützung bei der Überprüfung des Haushaltsvollzugs 2006 danken.

Die Diskussion heute ist meines Erachtens äußerst wichtig als letzte Etappe vor der Abstimmung am Donnerstag, und ich bin allen, die diesen Tag ermöglicht haben, von Herzen dankbar. Ich wünsche Ihnen eine gute Aussprache und am Donnerstag eine äußerst fruchtbare und positive Abstimmung über den Haushaltsplan 2007.

 
  
MPphoto
 
 

  Borut Pahor (PSE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden

es. – (SL) Obwohl mir nur eine kurze Redezeit von einer Minute zur Verfügung steht, liegt mir sehr daran, Frau Gräßle für ihren Beitrag zur Haushaltsdebatte meine außerordentliche Bewunderung auszusprechen. Warum?

Aus meiner Sicht weist der europäische Haushalt mindestens drei große Probleme auf. Vor dem Hintergrund der Lissabon-Strategie ist der Haushalt erstens schlecht strukturiert, zweitens zu klein und drittens nicht wirksam genug. Frau Gräßles Bericht hat zumindest eines dieser Probleme gelöst, nämlich das dritte, d. h. die Frage der geringen Wirksamkeit.

Im Ergebnis der in diesem Bericht vorgeschlagenen Reform sollen Finanzverfahren weniger bürokratisch, verständlicher, einfacher und vor allem benutzerfreundlicher gestalten werden. Aus diesen Gründen sind wir Ingeborg Gräßle für ihre Arbeit großen Dank schuldig.

 
  
MPphoto
 
 

  Ville Itälä, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FI) Herr Präsident! Zunächst möchte ich beiden Berichterstattern, Herrn Elles und Herrn Grech, für ihre ausgezeichnete Arbeit und die gute Zusammenarbeit danken. In Bezug auf Herrn Elles möchte ich nur in aller Kürze sagen, dass ich insbesondere von seiner Idee des „Gegenwerts im Sinne der Bürger“ angetan bin. Sie wird auch in den kommenden Jahren ein enorm wichtiges Werkzeug sein und uns beim Aufstellen der Haushalte helfen. Zu Herrn Grech möchte ich sagen, dass die Zusammenarbeit mit ihm ausgezeichnet war und wir schließlich Einigung über sämtliche wichtigen Haushaltlinien erzielt haben.

Ich möchte nur einen Punkt ansprechen, der mit dem Bericht zu tun hat, um den wir den Ausschuss der Regionen und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gebeten hatten. Es geht hier nicht darum, diese zu kritisieren, aber sie dürfen den Ansatz des „Gegenwerts im Sinne der Bürger“ – des „value for money“ – nicht außer Acht lassen. Wir werden sehen, was uns der Bericht schließlich bringen wird.

Was bei diesem Gesamtpaket zum Haushalt ganz besonders wichtig ist, ist die Tatsache, dass wir damit die Haushaltsverordnung, für die sich Frau Gräßle so hervorragend eingesetzt hat, verabschieden können. Es ist wirklich so, wie sie es gesagt hat: Die Verhinderung der kriminellen Mittelverwendung, die Transparenz und viele andere gute Dinge werden Wirklichkeit werden, wenn es gelingt, diese Haushaltsverordnung einvernehmlich anzunehmen. Dies stellt einen wesentlichen Fortschritt bei den Beschlüssen über den diesjährigen Haushalt dar.

Frau Ministerin Lehtomäki! Es ist hier bereits erwähnt worden, dass dieser Prozess im Parlament möglicherweise ein wenig verwirrend gewesen ist. Wichtig ist es jetzt, einen Konsens zu finden, damit der Haushalt am Donnerstag unterzeichnet werden kann. Dieser Vorschlag zu den Personalkürzungen war jedoch unrealistisch. Ich selbst denke immer, dass es ratsam ist, Institutionen und die Bürokratie zu hinterfragen und zu fragen, was denn jeder tut. Die Idee war nicht schlecht, aber möglicherweise war der von Finnland unterbreitete Vorschlag einfach zu allgemein gefasst. Aber die Hauptsache ist doch, dass es eine gute Zusammenarbeit gegeben hat und dass der Haushalt am Donnerstag unterzeichnet wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Catherine Guy-Quint, im Namen der PSE-Fraktion. (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Frau Ratspräsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich allen am Haushaltsverfahren Beteiligten danken, insbesondere unseren Berichterstattern Louis Grech, James Elles, nicht zu vergessen Ingeborg Gräßle und Giovanni Pittella, sowie den Sekretariaten. Ihnen allen haben wir es zu verdanken, dass wir einen Haushaltsplan aufstellen konnten, der den Haushaltsbefugnissen des Parlaments vollständig Rechnung trägt.

Dieser Haushaltsplan zur Finanziellen Vorausschau ist ein sehr sensibles Thema. Wir haben die Zeit berücksichtigt, die für die Einführung der neuen Programme benötigt wird, und den Bereichen Vorrang gegeben, die für die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament besonders wichtig sind. Es sind dies Forschungspolitik, Verkehr, Innovation, ein soziales Europa, ein Europa der Umwelt und des Wissens – kurz gesagt, ein bürgernahes Europa. Mit dem Haushaltsinstrument des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung wird ein neues Instrument für die Solidarität in Europa eingerichtet.

Was die auswärtigen Angelegenheiten betrifft, folgen wir den Leitlinien der Fachausschüsse, die das Gleichgewicht zwischen themenspezifischem und geografischem Ansatz wahren. Wir hofften, durch die neue Finanzielle Vorausschau bessere interinstitutionelle Beziehungen zu erreichen, und ich werde meine Enttäuschung diesbezüglich nicht verbergen. Selbst unsere Beziehungen zum Rat werden schlechter.

Frau Wideroos, Sie haben uns eben noch einmal beruhigt, was die Verpflichtungen des Rates in Bezug auf das Vermittlungsverfahren angeht, und in der Tat schätzen wir diese Einigung zur Haushaltsordnung. Sie haben jedoch vielfach die Befugnisse des Parlaments vergessen, und wir hatten oft den Eindruck, dass unsere Rechte nicht gewahrt werden. Außerdem kritisieren wir die Geringschätzung, die den neuen Mitgliedstaaten entgegengebracht wird; Sie beabsichtigten, diesen in den Bereichen Neueinstellung und Strukturpolitik Mittel zu entziehen. Wir hatten daher einige Schwierigkeiten zu überwinden, bevor wir ein angemessenes Programm für 2007 vorlegen konnten.

Frau Kommissarin, das Parlament gibt Ihnen alle Mittel an die Hand, die Sie gefordert haben: vernünftige Verpflichtungsermächtigungen, ein niedriges Volumen an Zahlungsermächtigungen – 0,99 % des BNE –, das Sie trotzdem als ausreichend betrachten, und vor allem sehr geringe Reserven. Wir werden die Dinge sehr genau verfolgen, um sicherzugehen, dass unser Votum während der Umsetzung nicht umgangen wird. Um es klar zu sagen: Globale Übertragungen oder Berichtigungs- und Nachtragshaushaltspläne in dem Ausmaß, wie es in der Vergangenheit der Fall war, sind ausgeschlossen. Wir werden der Kommission bei der Ausübung ihrer Vorrechte nicht im Weg stehen.

Stattdessen sollten wir überdenken, ob die Mittel im Bereich Personal angemessen sind, um die Politiken, die wir fördern wollen, auch umsetzen zu können. Wenn wir den Haushalt zu knapp halten, können wir in Zukunft keine dieser Politiken mehr weiterentwickeln, die die Bürger erwarten. Die Union kommt bei ihrem Projekt nicht vorwärts, sie kränkelt vor sich hin, und wir statten sie für 2007 mit einem besonders bescheidenen Haushalt aus! Bei den künftigen Haushaltsplänen müssen wir einen konstruktiven, zukunftsorientierten Ansatz verfolgen und nicht länger eine defensive Haltung einnehmen, die sich auf die Eindämmung nationaler Eigeninteressen konzentriert. Für das Parlament, für die Sozialdemokraten geht es bei dem europäischen Projekt um echte finanzielle Solidarität, was der Rat leider immer wieder vergisst.

 
  
MPphoto
 
 

  Anne E. Jensen, im Namen der ALDE-Fraktion.(DA) Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Kommissarin! Sehr geehrte Frau Ratspräsidentin! Das aktuelle Haushaltsverfahren verlief im Wesentlichen komplikationslos. Vor weniger als einem Jahr haben wir uns auf den Haushalt für die kommenden sieben Jahre geeinigt. Der am kommenden Dienstag zu verabschiedende Haushaltsplan passt wunderbar in den vorgegebenen Rahmen. Die Einigung über den EU-Haushalt hat einige wichtige Ergebnisse gebracht. So ist es uns gelungen, eine Haushaltsordnung zu verabschieden, die weniger Bürokratie und mehr Transparenz aufweist, was die Vergabe landwirtschaftlicher Beihilfen betrifft. Außerdem umfasst sie eine schwarze Liste der Firmen, die EU-Mittel missbräuchlich verwendet haben. Wir haben einen Haushalt erstellt, der innerhalb des gesteckten Rahmens unseren politischen Vorstellungen entspricht.

Der Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2007 bildet den Auftakt innerhalb des Sieben-Jahres-Rahmens. Er ist durch den Start einer Vielzahl neuer Programme, beispielsweise für Strukturfonds, Forschung, Ausbildung und Bildung, gekennzeichnet. Erstmals fallen Ausgaben für landwirtschaftliche Beihilfen geringer aus als die Fördermittel für die Entwicklung strukturarmer Regionen. Landwirtschaftliche Beihilfen machen etwa ein Drittel der fast 126 Milliarden Euro des Gesamthaushalts aus. Ein Großteil des Haushalts 2007 wird folglich für Wachstum und Solidarität innerhalb der EU verwendet. Es ist uns gelungen, weitere Mittel für die Gemeinsame Flüchtlingspolitik und die Außenpolitik zur Verfügung zu stellen und mehr Transparenz im Hinblick auf die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu schaffen. Was die Verwaltung betrifft, war das Parlament sogar eher als der Rat gewillt, die notwendigen Mittel bereitzustellen. Selbstverständlich herrscht Einigkeit darüber, dass die Verwaltung der EU flexibel und effizienter gestaltet und besser auf neue Erfordernisse abgestimmt werden muss.

Bedauerlicherweise sind uns Rat und Kommission noch immer eine Erklärung schuldig, damit die Mittelbindung für die Entwicklung von Landkreisen abgeschafft werden kann. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass die freiwillige Modulation keinesfalls die Haushaltsbefugnisse des EU-Parlaments beschneiden darf.

Abschließend möchte ich den Berichterstattern James Elles, Louis Grech, Giovanni Pittella und Ingeborg Gräßle für die von ihnen geleistete solide, konstruktive und umfangreiche Arbeit danken, die nach meinem Dafürhalten von positiven Ergebnissen gekrönt ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Gérard Onesta, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (FR) Herr Präsident! Nachdem ich Rat und Kommission gehört habe, freue ich mich, dass eine Einigung in Sicht ist. Ich erinnere Sie daran, dass das Parlament bereit ist, die Mittel für die GASP von 102 Millionen Euro auf 159 Millionen Euro anzuheben, und zwar weil der Rat dessen Änderungsanträge zur Haushaltsordnung – zumindest zum großen Teil – annimmt. Dies ist ein Gesamtpaket, das nicht in letzter Minute wieder aufgeschnürt werden darf!

Was die Finanzielle Vorausschau angeht, wissen Sie, dass unsere Fraktion dagegen gestimmt hat, weil sie der Meinung war, dass der Rahmen zu knapp gefasst war. Wir werden nun unser Bestes tun, um Änderungen anzubringen. Dazu gehört die Unterstützung von Studien zum Mehrwert der Programme, aber was uns anbelangt, stellen wir uns schon auf die umfassende Revision ein, die für 2008 und 2009 angekündigt wurde. Vorsicht: Wenn wir davon reden, es „besser“ zu machen, dann meinen wir damit nicht, „weniger zu tun“! Es kommt nicht in Frage, dass wir uns unseren Verpflichtungen entziehen. Deshalb sprechen wir uns dafür aus, dass diese Reserven aufgehoben werden.

Was die Haushaltsordnung anbelangt, teilen wir die Ansicht, dass die Verfahren einfacher gestaltet werden müssen, damit jeder sich stärker in das europäische Projekt einbringen kann, und wir denken, dass man die Verfahren vereinfachen und gleichzeitig Transparenz und Kontrolle streng einhalten kann. Beides scheint uns möglich.

Schließlich hat unsere Fraktion ein alternatives Paket mit Aufstockungen für außenpolitische Programme vorgelegt, weil wir der Meinung sind, dass beim Stabilitätsinstrument, das eine Abteilung für Prävention umfasst, im Rahmen der Finanziellen Vorausschau zu viele Kürzungen vorgenommen wurden. Wir müssen aufpassen, dass wir unsere Aufmerksamkeit nicht nur auf Themen konzentrieren, die im Scheinwerferlicht der Medien stehen! Es stimmt, dass der Nahe Osten derzeit sehr stark betroffen ist, aber auf dem Balkan schwelt die Glut auch noch...

Abschließend möchte ich den vier Musketieren vom Haushaltsausschuss, James Elles, Louis Grech, Ingeborg Gräßle und Giuseppe Pittella, ohne die das alles nicht möglich gewesen wäre, meinen Dank aussprechen.

 
  
MPphoto
 
 

  Esko Seppänen, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (FI) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Frau Ministerin! Der Haushalt des kommenden Jahres ist kleiner als 1 % des gemeinschaftlichen BIP. Die Mehrheit in unserer Fraktion ist mit dieser Zahl und mit der Tatsache unzufrieden, dass der Rat kein sozialeres Europa errichten möchte. Stattdessen will er die EU militarisieren und schlägt höhere Ausgaben für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik vor. In den Haushaltsverhandlungen war das Parlament bereit, die Aufwendungen für die Militarisierung zu erhöhen, während der Rat seinerseits dem Kompromiss beim Wortlaut der neuen Haushaltsverordnung zugestimmt hat.

Im Vermittlungsprozess hat der finnische Vorsitz Mängel in der Verhandlungsführung gezeigt, und die Einigung über den Haushalt wurde erst nach zusätzlichen Verhandlungen erreicht. Es bleibt zu hoffen, dass das Parlament nicht noch weitere Ausfälle seitens des Vorsitzes erleben muss, da das Vermittlungsergebnis, was die Haushaltsverordnung angeht, vom Rat noch nicht genehmigt worden ist. Bislang ist unklar geblieben, ob es angenommen wird. Angesichts dieser Situation käme es unserer Fraktion sehr gelegen, wenn das Parlament seine Haushaltsmacht einsetzen und die Ausgaben für die Militarisierung kürzen würde, die der Rat zum Schwerpunktbereich erklärt hat.

Im kommenden Jahr werden besondere Bedingungen vorherrschen. Es ist das erste Jahr der neuen Finanziellen Vorausschau, und noch liegen nicht alle strukturellen oder sonstigen Programme vor. Ebenso sind auch die neuen Mitgliedstaaten möglicherweise noch nicht so weit, alle ihnen zugewiesenen Mittel zu verausgaben. Wenn das niedrige Niveau der Haushaltsausgaben beschlossen wird, dann wird es nicht hinnehmbar sein, dass die Kommission erneut sieben Milliarden Euro nicht verausgaben kann, wie es in diesem Jahr der Fall gewesen ist. Wir hoffen auf eine verbesserte Haushaltsausführung, sehr geehrte Kommission!

 
  
MPphoto
 
 

  Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Ich möchte Sie im Namen der Fraktion Union für das Europa der Nationen im Rahmen der Aussprache über den Haushalt 2007 daran erinnern, dass dieser Haushalt aus mindestens zwei Gründen einen äußerst wichtigen Finanzplan für die Europäische Union darstellt. Erstens ist er der erste Haushalt im Rahmen der Finanziellen Vorausschau für den Zeitraum 2007-2013, was für die neuen Mitgliedstaaten von besonderer Bedeutung ist. Zweitens ist er der erste Haushalt einer erweiterten Union, einer Union von 27 Mitgliedstaaten. Allein aufgrund dieser beiden Tatsachen sollte das vorgeschlagene Ausgabenniveau so hoch wie möglich sein.

Das Europäische Parlament hat bewiesen, dass es seiner Aufgabe gewachsen ist, und Ausgaben in Höhe von 122 Milliarden Euro oder 1,04 % des BIP der Europäischen Union vorgeschlagen. Trotz langer Verhandlungen mit Kommission und Rat stimmte Letzterer bedauerlicherweise einem Betrag von lediglich 115,5 Milliarden Euro zu. Das sind 0,99 % des BIP der Europäischen Union. Damit konnten die Wünsche der reichsten Mitgliedstaaten, des so genannten Ein-Prozent-Klubs, erfüllt werden, der nicht wollte, dass der Haushalt 1 % des BIP der Europäischen Union übersteigt.

Zum Glück waren die neuen Mitgliedstaaten nur begrenzt von den unvermeidlichen Kürzungen aufgrund der Senkung des Ausgabenniveaus durch den Rat betroffen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass die vom Europäischen Parlament vorgeschlagene Lösung, die eine Umschichtung von 30 % der Mittel – insgesamt 400 Millionen Euro – für viele Haushaltslinien vorsieht, maßgeblich zur Rationalisierung der Haushaltsausgaben beitragen möge. Als Gegenleistung für seine Bereitschaft, bei den Ausgaben für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik den ursprünglich vorgesehenen Betrag von fast 160 Millionen Euro wieder einzusetzen, erwartet das Europäische Parlament, dass Rat und Kommission stärker als bisher die Vorschläge des Parlaments bezüglich Richtung und Umsetzung der Außenpolitik berücksichtigen.

 
  
MPphoto
 
 

  Nils Lundgren, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Die Mitgliedstaaten erhalten laufend Ermahnungen von verschiedenen EU-Institutionen, wie wichtig die Senkung ihrer öffentlichen Ausgaben ist. Gleichzeitig fordert dieses Hohe Haus fortwährend steigende Ausgaben auf Gemeinschaftsebene. Das Ganze ist völlig absurd. Mit den öffentlichen Ausgaben der Mitgliedstaaten werden Schulen, Gesundheitseinrichtungen, Forschung, Infrastruktur und die Unterstützung bedürftiger Gesellschaftsgruppen finanziert, während die Mittel der EU größtenteils in eine wahnsinnige Agrarpolitik, fehlgerichtete Strukturfonds und die Finanzierung von EU-Institutionen fließen, die schon lange hätten abgeschafft werden sollen.

Die Ausgaben der Mitgliedstaaten stehen unter ständiger demokratischer Kontrolle. Staatsbeamte, die sich der Ineffizienz, Sorgfaltspflichtverletzung, Betrügerei oder Korruption schuldig machen, erhalten keine Entlastung und werden oftmals entlassen. Politiker, die nicht so ehrlich und effektiv sind, wie die Wähler es von ihnen verlangen, werden in demokratischen Wahlen abgesetzt. Die Ausgaben der EU werden vom Rechnungshof geprüft, der jedoch immer noch keinen sauberen Prüfbericht abgeben konnte. Wenn OLAF kriminelle Handlungen aufdeckt, werden die Betreffenden nicht vor Gericht gestellt. Dieses Hohe Haus erteilt immer Entlastung, unabhängig davon, was über die Anwendung der EU-Haushaltsmittel bekannt wird, und Politiker verlieren in ihren Heimatländern nie eine Wahl aufgrund von Misswirtschaft mit EU-Geldern. Kurz gesagt, die Mitgliedstaaten haben eine recht effektive demokratische Kontrolle über die Verwendung der Gelder der Steuerzahler, während das bei den EU-Institutionen und diesem Hohen Haus nicht der Fall ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Sergej Kozlík (NI).(SK) Allgemein gilt, dass sich alles, was auf der Grundlage einer demokratischen Abstimmung mit großer Stimmenmehrheit verabschiedet wird, als gut erweist. Ich gehe davon aus, dass diese Prämisse auch zutrifft, wenn wir am kommenden Donnerstag über den Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2007 entscheiden. In diesem Zusammenhang möchte ich den Berichterstattern und dem ganzen Team, das die Verhandlungen über den Haushaltsplan geführt hat, schon im Vorhinein gratulieren.

Andererseits weisen die Haushaltsparameter auf fortdauernde Probleme. Die Kluft zwischen Verpflichtungen und Zahlungen sowie die Lücke zwischen den zur Verfügung stehenden Mitteln und den vorgesehenen Ausgaben ist zu groß. Dies lässt vermuten, dass die Inanspruchnahme und Ausschöpfung von Mitteln paradoxerweise gerade in solchen Ländern stark verbesserungswürdig erscheint, die die umfangreichsten Entwicklungshilfen benötigen. Dies gilt auch für die neuen Mitgliedstaaten der EU, deren reale Inanspruchnahme von Mitteln sich gegenwärtig zwischen 20 und 30 % bewegt.

Wenn einzelne Länder berichten, die ihnen zur Verfügung gestellten Mittel entsprächen voll und ganz dem Aufwand für die bewilligten Projekte, dann läge das eigentliche Problem momentan offensichtlich in der Umsetzung der betreffenden Projekte und deren Finanzierung. Die Regierungen der Mitgliedstaaten verfügen über die Schlüsselinstrumente zur Lösung dieser Problematik. Solange sich keine Wende abzeichnet, begrenzen sie ihr Potenzial für die wirtschaftliche Entwicklung. Die Ziele des langfristigen Finanzrahmens sind dann nicht mehr als leeres Gerede.

 
  
MPphoto
 
 

  Giovanni Pittella (PSE), Berichterstatter. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich danke Ihnen, dass Sie mir die Möglichkeit gegeben haben, das Wort zu ergreifen, obwohl ich zu Beginn der Aussprache nicht anwesend war. Ich möchte der Frau Kommissarin und meine Kolleginnen, Frau Quint und Frau Jensen, für ihre anerkennenden Worte gegenüber meiner Person danken, und ebenso Herrn Elles und Herrn Grech für die positive Haltung, mit der sie dieses Haushaltsverfahren durchgeführt haben.

Mit diesem Berichtigungshaushaltsplan geben wir den Mitgliedstaaten mehr als 7 Milliarden Euro zurück. Dieser Betrag resultiert teilweise aus der Verbuchung einer beträchtlichen Erhöhung der Einnahmenansätze und teilweise aus einer zu geringen Verwendungsrate bei den im Rahmen des Haushaltsverfahrens bewilligten und somit verfügbaren Zahlungsermächtigungen, d. h. 4 Milliarden Euro. Diese unzureichende Mittelinanspruchnahme betrifft hauptsächlich die Ausgabenrubriken für die Landwirtschaft, die Strukturfonds und die Heranführungsstrategie.

Wir wollten diese Aussprache im Rahmen der allgemeinen Haushaltsdebatte durchführen, weil die Erstattung von 7 Milliarden Euro keine Bagatelle ist, sondern ein Problem, das uns beunruhigen muss.

Dieses Problem hat zwei Seiten: Zum einen setzten die Mitgliedstaaten die Einnahmen stetig zu niedrig an, was die Vorstellungen der Bürger von dem Prozentsatz des Vermögens, das die Mitgliedstaaten an Europa abführen, verzerrt – im Lichte dieser Angaben und der vorangegangenen Berichtigungshaushaltspläne wird nämlich klar, dass der Anteil der Mittel, die die Mitgliedstaaten für die europäischen Kassen bereitstellen, sogar unter den 1 % liegt, die den geizigen Buchhaltern der Mitgliedstaaten abgerungen wurden. Das ist so, als würde ich versprechen, jedes Jahr 1 % von 100 Euro für gute Zecke zu spenden, um dann in Wahrheit am Jahresende systematisch mehr daran zu verdienen. Deshalb werden auch Sie zugeben müssen, dass diese Operation der Mitgliedstaaten nicht so großzügig ist wie sie scheinen mag.

Zum anderen werden selbst die Mittel, die wirklich bereitstehen, nicht vollständig ausgeschöpft: Wenn wir die Arten der Haushaltsmittel, die nicht voll in Anspruch genommen wurden, analysieren, so werden wir feststellen, dass die Verantwortung für diese unzulängliche Haushaltsausführung einzig und allein bei den Mitgliedstaaten liegt und nicht bei der Kommission. Ich bin Herrn Barrosos Kommission gegenüber nicht besonders entgegenkommend, doch der Fairness halber muss ich sagen, dass die Kommission in dieser Frage keine unmittelbare Verantwortung trifft, sondern vielmehr die Hauptschuld bei den Mitgliedstaaten zu suchen ist. Wir müssen die sich mit dieser Aussprache bietende Gelegenheit ergreifen, um die Mitgliedstaaten aufzufordern, ihre Überwachung und Kontrolle zu verbessern und dafür Sorge zu tragen, dass die bewilligten Zahlungsermächtigungen auch ordentlich ausgeführt werden.

Anstatt uns also auf die inzwischen langweilige Übung der Schuldzuweisung an den europäischen Verwaltungsapparat – die so genannte Brüsseler Eurokratie – zu beschränken, sollten wir uns lieber die Lage in unseren jeweiligen Ländern ansehen, denn wenn wir die Arbeitsweise unserer nationalen öffentlichen Apparate sorgfältiger analysieren und die Regierungen dazu anhalten, sich gemeinsam für eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung einzusetzen, werden wir vielleicht im nächsten Jahr nicht wieder 7 Milliarden Euro erstatten müssen.

 
  
MPphoto
 
 

  Salvador Garriga Polledo (PPE-DE).(ES) Herr Präsident! Seit zwölf Jahren nehme ich an den Haushaltsdebatten teil und habe nie erlebt, dass ein Parlamentspräsident einem Hauptberichterstatter das Mikrofon entzogen hat. Meiner Meinung nach war, wie Sie den Vorsitz führten, in diesem Fall ziemlich unglücklich.

Ich möchte den vier Berichterstattern zu ihrer Arbeit und den Konsensen, die sie unter besonders schwierigen Bedingungen erreicht haben, meinen Glückwunsch aussprechen.

Meine Fraktion legt besonderes Gewicht auf die Qualität der Ausgaben – das Kosten-Nutzen-Verhältnis – und auf die parallele Verhandlung über eine Revision der Haushaltsordnung. In beiden Fällen hoffen wir auf eine zufrieden stellende Lösung nach der Abstimmung am Donnerstag.

Zu einem Zeitpunkt großer Haushaltsbeschränkungen, mit Haushaltsplänen von etwa 1 %, kann dieses Parlament die Effizienz der Politikbereiche der Gemeinschaft nur verbessern, wenn es eine gründliche Bewertung der verwendeten Mittel und der erzielten Ergebnisse vornimmt.

Ich glaube, dass die Methode des „Kosten-Nutzen-Verhältnisses“ künftig breite Anwendung findet. Als Ergänzung dazu haben wir die Revision der Haushaltsordnung, die notwendig ist, um die Ausgabendisziplin der Mitgliedstaaten und der Kommission selbst zu erhöhen.

Was die Zahlungen angeht, so sei darauf hingewiesen, dass dieser Haushaltsplan für den Rat sehr billig ist und für die Europäische Union vielleicht nicht ausreicht, aber ganz sicher wird das Parlament in den kommenden Jahren viel höhere Ansprüche an ein hinlängliches Zahlungsniveau stellen, um unseren Verpflichtungen nachzukommen.

Ich möchte mit einer Überlegung darüber abschließen, was die Ratsvorsitzende über die Effektivität und die Verantwortung jeder einzelnen Institution sagte: Wir stellen sie unter Beweis. Wir sind eine besonders verantwortungsvolle Institution und haben daher von Anfang an die Stellen in der Kommission unterstützt und das Konzept der Präsidentschaft abgelehnt.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Ich bedauere ebenfalls, den Vorsitz in dieser Aussprache unter so restriktiven Bedingungen führen zu müssen. Ich kann dazu nur sagen, dass Herr Elles noch einmal ums Wort bitten kann, falls am Ende der Aussprache noch Zeit ist.

Ich weiß, dass ich Herrn Elles das Wort gegen Ende seines Redebeitrags entzogen habe, und ich glaube nicht, dass er noch etwas Wesentliches zu sagen hatte.

 
  
MPphoto
 
 

  Jutta Haug (PSE). – Herr Präsident! Ich möchte, bevor ich meinen Redebeitrag halte, dem lieben Kollegen Salvador Folgendes sagen: Ich habe auch schon 12 Jahre Haushaltsberatungen in diesem Haus hinter mir und ich habe in diesen 12 Jahren noch nie einen Haushaltsberichterstatter gesehen, der, nachdem er seinen Redebeitrag gehalten hat, aufgestanden ist und sich nicht mehr angehört hat, was die Kolleginnen und Kollegen hier zu sagen haben!

Das Europäische Parlament als Versammlung politisch denkender Köpfe trägt im Laufe eines Haushaltsverfahrens etliche Auseinandersetzungen intern aus. Bei dem Thema Agenturen aber gab es keine Differenzen zwischen den unterschiedlichen Fraktionen. Da sind wir uns einig, dass die Zusammenarbeit mit den Agenturen in den letzten zwei Jahren verbessert wurde, was aber nicht heißt, dass Gutes nicht noch besser werden kann! Deshalb haben wir den Agenturen Hausaufgaben aufgegeben, die sie zu erledigen haben, bevor sie über das gesamte ihnen zugedachte Geld verfügen können. Sie müssen uns ihr Arbeitsprogramm mit einer Aufgabenliste und der Information schicken, was sich bei den Aufgaben im Vergleich zum Vorjahr verändert hat und warum. Sie haben auch die bereits verabredeten personalpolitischen Leitlinien umzusetzen. Das sind die Aufgaben für die Agenturen, deren Erledigung sie auch selbst in die Hand nehmen können.

Es gibt aber auch andere, die tätig werden müssen. Da ist zum einen die Kommission, die zügig – und ich betone: zügig – die eingereichten Personalpläne abzustimmen und uns vorzulegen hat. Da sind zum anderen unsere Kolleginnen und Kollegen in den Fachausschüssen, die aufgefordert sind, die Arbeit der jeweiligen Agenturen auf der Basis der Arbeitsprogramme zu bewerten. Auch das muss recht zügig gehen, damit die Agenturen nicht für etwas bestraft werden, das sie nicht zu verantworten haben. Also keine Klüngeleien bitte! Mit zügig meine ich, dass im ersten Vierteljahr des nächsten Jahres alles erledigt sein muss!

 
  
MPphoto
 
 

  Kyösti Virrankoski (ALDE).(FI) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Frau Ministerin! Zunächst möchte ich den allgemeinen Berichterstattern, Herrn Elles und Herrn Grech, für ihre gute Arbeit danken. Der Haushalt des kommenden Jahres ist Ausdruck der Haushaltsdisziplin; der Umfang der Ausgaben liegt unter 1 % des BIP und deutlich unterhalb der Finanziellen Vorausschau. Die Debatte wurde in diesem Jahr von gewissen Schwierigkeiten mit dem Rat überschattet. Es gab keine große Meinungsverschiedenheit über die Ausgaben des Haushalts. Es ging weniger um Geld als vielmehr um das Verfahren. Der Rat hat die Aussprache über längst vereinbarte Details einige Male neu eröffnet. Die Entscheidung über die neue Haushaltsverordnung ist derzeit noch immer offen. Einmal hatte man ihrem Wortlaut bereits bis auf den i-Punkt zugestimmt, aber der Rat hat dies bis dato noch nicht bestätigt. Das jetzt eingeleitete schriftliche Verfahren zu ihrer Annahme wird die Situation morgen noch retten können.

Es ist wichtig, dass der Rat alles in seiner Macht Stehende tut, um es dem Parlament zu ermöglichen, den Haushalt des kommenden Jahres in der ausgehandelten Form am Donnerstag anzunehmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Hans-Peter Martin (NI). – Herr Präsident! Ich kann direkt an das anschließen, was mein Vorredner schon gesagt hat. Ich denke, dass die Haushaltsordnung wirklich eine wichtige Angelegenheit wäre. Außerdem möchte ich mich nochmals ausdrücklich bei der finnischen Ratspräsidentschaft dafür bedanken, dass sie ein ganz heißes Eisen angefasst hat, indem sie zumindest den Vorschlag gemacht hat, sich anzusehen, was aufgrund der Entwicklung, die wir hier in der Europäischen Union durchgemacht haben, vielleicht an Arbeitsstellen im Bereich der Institutionen in Brüssel eingespart werden könnte. Dass Sie sich damit nicht durchsetzen konnten, zeigt leider Gottes, mit welcher Beharrlichkeit hier alles funktioniert. Aber Sie geben ja die Staffel an die deutsche Ratspräsidentschaft weiter und damit ist jetzt erst recht die Hoffnung verbunden, dass deren Ankündigung, sich um red tape zu kümmern – also Bürokratie, unnötige Vorschriften und die Schwierigkeiten, überhaupt an Förderungen zu gelangen – bei gleichzeitiger Reduktion der Beamtenschaft vorangebracht werden kann. Hier kann man viel Geld sparen, und so lässt sich auch die Glaubwürdigkeiten der Institutionen wiederherstellen.

 
  
MPphoto
 
 

  Janusz Lewandowski (PPE-DE).(PL) Herr Präsident! Letztes Jahr, als wir das jährliche Verfahren abgeschlossen haben, schien das Schicksal der mehrjährigen Finanziellen Vorausschau ungewiss. Dieses Jahr war erneut nicht ganz klar, ob alle Elemente unserer Vereinbarung mit dem Rat umgesetzt werden würden. Ich beziehe mich hier natürlich auf die Haushaltsordnung und möchte im Namen des Haushaltsausschusses und im Beisein der Ministerin ganz klar feststellen, dass wir eine Garantie brauchen und dass die Billigung des Haushalts am kommenden Donnerstag davon abhängt, ob wir eine solche Garantie erhalten.

2007 wird eine neue Generation von mehrjährigen europäischen Programmen für die 27 Mitgliedstaaten anlaufen, und dieser Haushalt wird eine Reihe spezifischer Merkmale aufweisen. Da wäre zunächst die Bedeutung, die der Haushaltsordnung beigemessen wird, die „nutzerfreundlicher“ und gleichzeitig transparenter sein soll. Das zweite Merkmal betrifft die Nutzung immer umfangreicherer Informationsquellen über die Verwendung bestimmter Haushaltslinien, um die Planung zu verbessern und um zu erreichen, was James Elles als „value for money“ bezeichnet.

Drittens geht es um die sorgfältige Planung der Ausgaben für das nächste Jahr, wobei potenzielle Verzögerungen zu berücksichtigen sind. Viertens soll die demokratische Kontrolle im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik verbessert werden, wobei gleichzeitig der spezifische Charakter dieses Bereichs respektiert werden muss. Fünftens gibt es Bestrebungen zur Beendigung der Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Beschäftigung in der Kommission. Nachdem wir zusätzliche Informationen erhalten haben, sind wir bereit, die in die Reserve eingestellten Beträge für Gehälter für Mitarbeiter der Kommission freizugeben. Wir bestehen allerdings auf einer Überprüfung des Personalbedarfs. Wir erwarten, dass das die Einstellung von Mitarbeitern vor allem aus den neuen Mitgliedstaaten erleichtern wird. Das sind die Hauptpunkte der Strategie für 2007.

Ich hoffe aufrichtig, dass dieses Verfahren erfolgreich abgeschlossen und damit die Unsicherheit in Bezug auf die Haushaltsordnung beseitigt werden kann. Ich möchte den Berichterstattern, den Koordinatoren der Fraktionen und dem Sekretariat meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Ich möchte Frau Grybauskaitė für ihre Zusammenarbeit mit der Kommission danken, die unserer Ansicht nach besser war als im letzten Jahr, und ich möchte mich auch bei Ministerin Wideroos bedanken. Ich bin sicher, dass ein erfolgreicher Abschluss dieses Verfahrens am Donnerstag für gewisse verständliche Spannungen entschädigen wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Neena Gill (PSE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte die beiden Berichterstatter zu der geleisteten Arbeit beglückwünschen. Ungeachtet dieser Bemühungen kann nicht behauptet werden, dass das Parlament im Rahmen des diesjährigen Haushaltsverfahrens viel erreicht hat. Zu beklagen ist die Tatsache, dass der Rat durchweg einen betrüblichen Mangel an Respekt für die Ansichten des Parlaments gezeigt hat. Wir sind das einzige demokratisch gewählte Organ, dessen Aufgabe es ist, der Meinung der EU-Bürger Ausdruck zu verleihen. Deshalb frage ich mich, ob sich der Rat auch nur im Geringsten bemühen wird, seiner Verpflichtung nachzukommen, die sich aus der schließlich erreichten Vereinbarung mit dem anderen Zweig der Haushaltsbehörde ergibt. Ich hoffe es von ganzem Herzen. Ich möchte nur ganz kurz einige Anmerkungen nicht nur mit Blick auf den Haushaltsplan 2007, sondern auch im Zusammenhang mit der Überprüfung 2008 machen.

Erstens besteht unser wichtigstes Ziel für den EU-Haushaltsplan darin, den Prioritäten Rechnung zu tragen, die von uns und den politisch Verantwortlichen festgelegt wurden. In diesem Zusammenhang stelle ich jedoch mit Bedauern fest, dass wir zwar eine gewisse Aufstockung bei den Programmen zu verzeichnen haben, beispielsweise beim Siebten Rahmenprogramm für Forschung, doch nirgends auch nur näherungsweise um den Betrag, den Kommission und Parlament gefordert haben.

Hier handelt es sich um einen außerordentlich wichtigen Politikbereich, der sich unmittelbar darauf auswirkt, wie die EU ihre Wirtschaft insgesamt entwickelt und wie uns die übrige Welt sieht. Das weiß auch der Rat, und er hat sich lautstark für eine Erhöhung der Ausgaben für FuE eingesetzt, doch die liegen nach wie vor bei 1,5 %. Es ist wirklich höchste Zeit, dass der Rat Nägel mit Köpfen macht.

Zweitens muss die EU, wenn sie als globaler Akteur ernst genommen werden will, auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen, damit sie diese Rolle spielen kann – beispielsweise in Asien, dem größten und bevölkerungsreichsten Kontinent, auf dem 60 % der Weltbevölkerung in einigen der ärmsten Ländern der Welt leben. Deshalb hat der anhaltende Trend, die Mittel für diese Region zu kürzen, katastrophale Auswirkungen.

 
  
MPphoto
 
 

  Markus Ferber (PPE-DE). – Herr Präsident, Frau Ratspräsidentin, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur einige wenige Stichworte zum Haushalt 2007, dem ersten Haushalt der neuen Finanziellen Vorausschau. Ich glaube, wir müssen uns sehr ernsthaft die Frage stellen, ob es klug ist, dass wir zunächst in einem schwierigen bürokratischen Verfahren den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen in mühsamen Prozeduren das Geld aus der Tasche ziehen, es mit viel bürokratischem Aufwand nach Brüssel transferieren und dann mit noch größerem bürokratischen Aufwand auf die Mitgliedstaaten verteilen.

Hier wurde eine große Chance vertan durch den Schnitt der Finanziellen Vorausschau und den Schnitt der Neuformulierung einer Vielzahl von Rechtsgrundlagen, da ja fast alle Mehrjahresprogramme neu verabschiedet werden mussten. Ich kann nur insbesondere die Kommission auffordern, Frau Grybauskaitė, dass sie die Initiative 2008-2009 ergreift, wenn wir darüber nachzudenken haben, wie wir für die nächste Finanzielle Vorausschau entsprechende Vorarbeiten leisten können.

Ich möchte ein zweites Stichwort nennen. Die Europäische Kommission delegiert immer mehr Aufgaben an Agenturen, auch an Exekutivagenturen. Ich warte darauf, dass die Kommission einmal Vorschläge unterbreitet, die ihre Bereitschaft zeigen, auch Personal zurückzunehmen. Wir haben jetzt die größte Erweiterungsrunde in der Geschichte der Europäischen Union abgeschlossen. Zwölf Mitgliedstaaten werden am 1. Januar 2007 der Europäischen Union beigetreten sein. Wir brauchen da weniger Personal, eine Vielzahl von bisherigen Aufgaben der Kommission sind an Agenturen übergeben worden. Ich warte auch hier auf sehr konkrete Vorschläge, wenn es darum geht, Europa zu entbürokratisieren. Das macht man nicht, wie Herr Verheugen das macht, indem er Gesetze anschaut, sondern das macht man, indem man Personal abbaut, dann entsteht gar nicht erst Bürokratie.

Was ich uns zum Schluss noch selbstkritisch mit auf den Weg geben möchte: Wir müssen uns auch, was unsere eigene Strategie betrifft, etwas mehr Gedanken machen. Ich bedauere es sehr, dass dies im Vorfeld der Beratungen innerhalb dieses Hauses nicht in dem Maße erfolgt ist, wie es eigentlich wünschenswert gewesen wäre.

 
  
MPphoto
 
 

  Paulo Casaca (PSE).(PT) Ich danke Frau Gräßle, Frau Grybauskaitė und natürlich dem Rat für die erfolgreichen Verhandlungen zur neuen Haushaltsordnung. Glückwünsche verdient vor allem unsere Berichterstatterin für ihre harte Arbeit, Beharrlichkeit und Hartnäckigkeit. Ich muss allerdings sagen, dass wir in den nächsten Jahren die Wirksamkeit dieser Haushaltsordnung gründlich prüfen müssen, um zu ermitteln, inwieweit die darin enthaltenen Vorschriften vielleicht übertrieben sind und ob sie die Ursache für die ungewöhnlich hohe Zahl erheblicher Fehler sind, die der Rechnungshof jedes Jahr entdeckt.

Wir brauchen eine Haushaltsordnung, die natürlich für Haushaltsdisziplin und die effektive Verwendung der Haushaltsmittel sorgt. Wir können aber keine Haushaltsordnung gebrauchen, die endlose Fehler verursacht und den Rechnungshof veranlasst, uns die Genehmigung unserer Rechnungsabschlüsse systematisch zu verweigern, und die uns damit in die momentane, äußerst peinliche Lage bei der Entlastung bringt.

Abschließend möchte ich aber einfach die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass die Kommission und unsere Berichterstatterin auf der bisher von ihnen geleisteten Arbeit aufbauen werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Antonis Samaras (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube fest an die Entwicklung. Im Jahre 2007 werden die Zahlungen des Gemeinschaftshaushalts weniger als 1 % des BNE betragen. Ist das eine Errungenschaft, auf die wir stolz sein sollen? Einige meiner Kollegen sind stolz darauf. „Wenigstens ist es uns gelungen, Haushaltsdisziplin durchzusetzen“, sagen sie. Es tut mir leid, wenn ich ihr Gefühl einer großen Errungenschaft, das sie ergriffen hat, nicht teilen kann. Während die Europäische Union expandiert, kürzen wir gleichzeitig unseren Gemeinschaftshaushalt, und das macht uns in haushaltspolitischer Hinsicht nicht etwa disziplinierter, sondern führt nur dazu, dass wir für die europäischen Bürger weniger sichtbar werden.

Ich möchte nicht missverstanden werden, ich bin zutiefst vom Konzept der Haushaltsdisziplin überzeugt. Wenn sinnlose Ausgaben getätigt werden, dann sollten wir sie einstellen. Sinnlose Ausgaben gibt es aber nur in den nationalen Haushalten der Mitgliedstaaten, nicht in unserem schmalen Gemeinschaftshaushalt. Nichtsdestotrotz liegen die nationalen Ausgaben außerhalb der Zuständigkeit des Europäischen Parlaments, und weil wir keine Ausgabenkürzungen bei den nationalen Haushalten vornehmen können, sind wir gezwungen, notwendige Ausgaben unseres Gemeinschaftshaushalts zu kürzen.

Was Fragen der Disziplin betrifft, so nimmt uns allerdings niemand ernst, und das gilt auch für die europäische Integration. Wie sollen wir so nach Lissabon kommen? Die Vereinigten Staaten geben mehr als 20 % ihres BNE für ihren Bundeshaushalt aus. Und wir weniger als 1 %! Wie sollen wir da mit ihnen konkurrieren? Die Wahrheit ist, dass wir nicht mit ihnen konkurrieren können. Ein stetig schrumpfender europäischer Haushalt untergräbt ernstlich unser Ansehen, unsere Glaubwürdigkeit und unsere Fähigkeit, Veränderungen durchzusetzen.

Die Unzulänglichkeiten des finnischen Ratsvorsitzes, die wir alle im Haushaltsausschuss erlebt haben, machten die Dinge nur noch schlimmer. Daher fürchte ich, dass wir insgesamt weit unter 1 % der Möglichkeiten liegen, die wir als Europäer haben. Ich bedauere, das sagen zu müssen, doch ich glaube, wir bewegen uns in die falsche Richtung.

 
  
  

VORSITZ: SYLVIA-YVONNE KAUFMANN
Vizepräsidentin

 
  
MPphoto
 
 

  Vladimír Maňka (PSE).(SK) Der Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2007 ist der erste seiner Art innerhalb eines Sieben-Jahres-Planungsrahmens. Zweifellos hat er daher auch für die nächsten Jahre strategische Bedeutung. Darum ist es auch außerordentlich wichtig, wohl überlegt und festen Schrittes in den neuen Finanzzeitraum eintreten.

Den Berichterstattern, den Mitgliedern des Haushaltsausschusses und allen Verhandlungsführern möchte ich für ihren Beitrag zur Einigung über den EU-Haushalt für das Haushaltsjahr 2007 meinen Dank aussprechen. Insbesondere würdige ich die Unterstützung der Mitglieder der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament für die von den neuen Mitgliedstaaten unternommenen Bestrebungen, die Verwaltungsrücklagen um 50 Millionen Euro zu kürzen. Diese Frage betrifft vor allem die neuen Mitgliedstaaten. Das eigentliche Problem besteht jedoch darin, dass die Beibehaltung umfangreicher finanzieller Reserven die Einstellung neuer Mitarbeiter ernsthaft gefährdet. Dies gilt vor allem für die neuen Mitgliedstaaten, deren Quoten bei weitem noch nicht erschöpft sind.

Frau Kommissarin! Im Rahmen der Treffen mit Mitgliedern des Haushaltsausschusses haben Vertreter Ihres Organs wiederholt die Probleme angesprochen, die die Rekrutierung von Mitarbeitern für Organe der Europäischen Union gefährden. Dank ihrer Hinweise und der geschlossenen Haltung der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament haben sich die Dinge entwickelt. Jetzt stehen wir kurz vor einer drastischen Kürzung dieser unnötigen Rücklagen. Wenn es uns gelingt, das angesprochene Problem gemeinsam zu lösen, wäre dies gegenüber den neuen EU-Mitgliedern, zu denen nun auch Rumänien und Bulgarien zählen, eine herausragende Geste.

Die Bürger unserer Länder achten sehr empfindsam auf das Zusammenspiel von Worten und Taten innerhalb der europäischen Institutionen. Deshalb möchte ich Sie auffordern, unsere Bemühungen zur Erreichung dieses gemeinsamen Ziels zu unterstützen.

 
  
MPphoto
 
 

  Jean-Claude Martinez (NI).(FR) Frau Präsidentin! Anfang Dezember hat die NASA bekannt gegeben, dass sie einen Haushalt verabschiedet hat, der darauf abzielt, 2020 eine Station auf dem Mond einzurichten.

Wir haben für 2020 einen Haushaltsentwurf, der es möglich macht, dass ein Zug von Hendaye in Frankreich nach Irún in Spanien fahren kann. Das heißt, die USA haben einen Haushalt, um mit einer Rakete zum Mond zu fliegen, und wir haben einen Haushalt, um mit dem Zug über die Pyrenäen zu fahren! Wie können wir diesen Unterschied erklären? Die USA machen eine Haushaltspolitik im Umfang von 2 500 Milliarden Dollar pro Jahr, während wir mit 122 Milliarden Euro herumspielen. Wir spielen mit 1 260 Änderungsanträgen, wir spielen mit Partnerschaften auf internationaler Ebene, mit Europalia, Daphne, Plan D – kurz, wir verzetteln uns.

Wir haben nur zwei seriöse Haushaltspolitiken: die Agrarpolitik und die Regionalpolitik. Die übrigen Haushaltslinien, insbesondere die Rubrik 3 „Unionsbürgerschaft“, umfassen einen Haushalt für Kommunikation, für Frauen, Jugendliche, Verbraucher, Arbeitslose, Entlassene, Opfer von Gewalt…

Der wahre Grund für diese Situation ist nicht der Mangel an Eigenmitteln: Wo echter Stillstand herrscht, liegt es an der Ideologie des ausgeglichenen Hauhalts, die verhindert, dass außerordentliche Kosten von außerordentlichen Mitteln gedeckt werden, das heißt, von Darlehen – dem Darlehen für die wichtigsten europäischen Netze, das Eisenbahnnetz, beispielsweise. Bei der echten Haushaltsdebatte, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es nicht um eine Stellungnahme für oder gegen eine europäische Steuer im Jahr 2014, sondern für oder gegen ein europäisches Darlehen, um die Zukunft der Forschung, des Verkehrs, der Gesundheitsversorgung und der Bildung zu finanzieren.

 
  
MPphoto
 
 

  Ingeborg Gräßle (PPE-DE), Berichterstatterin. – Frau Präsidentin! Ich muss jetzt unseren James Elles sozusagen „rächen“, deswegen nehme ich die Redezeit gerne an und möchte mich – auch in seinem Namen – für das Lob und die Anregungen der Kolleginnen und Kollegen bedanken. Ich möchte für die Haushaltsordnung darum bitten, dass wir für den Abschluss der Reformen genauso einig zusammenstehen, wie wir dies bisher taten. Ich nehme als Berichterstatterin den Arbeitsauftrag des Kollegen Paulo Cassaca gerne an, an dem Thema dran zu bleiben. Es gibt zur Frage der Erfahrungen mit der Haushaltsordnung auch eine von mir geschaltete Homepage, auf der die Institutionen oder auch Hinweisgeber von anderen Institutionen der EU uns ihre Informationen darüber geben können, wie sich der Ablauf mit der veränderten Haushaltsordnung jetzt darstellt. Ich glaube, dass es uns mit diesem Haushalt erstmals gelungen ist – und das ist der große Verdienst des Berichterstatters James Ellis – die Planaufstellung und die Ausführung sowie die Frage der Kontrolle enger zusammenzubringen. Das ist ein Arbeitsauftrag, den wir in den kommenden Jahren sehr ernst nehmen sollten.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Bevor die Kommissarin das Wort hat, möchte ich noch einmal fragen, ob es möglicherweise Anfragen an die Kommissarin gibt, die sie noch mitbeantworten könnte.

 
  
MPphoto
 
 

  Catherine Guy-Quint (PSE).(FR) Frau Präsidentin! Ich wollte eigentlich nur sagen, dass wir sehr bedauern, wie die Aussprache zur zweiten Lesung derzeit organisiert ist. Denn es ist immer so, dass der Haushaltsausschuss eine enorme Arbeit leistet, und dann werden wir bestraft durch die Zeit, die uns gegeben wird, um unsere Arbeit darzulegen und zu erklären, wie wir vorgegangen sind und warum wir zu welchem Ergebnis gekommen sind.

Es wäre äußerst interessant gewesen, wenn sich auch andere Kollegen an dieser Aussprache beteiligt hätten und wir die Antwort der Kommissarin und vielleicht auch die des Rates gehört hätten. Allzu häufig werden wir bei der Gestaltung der Plenartagungen vergessen. Wir stellen wieder einmal fest, dass noch über zehn Minuten bleiben, die einige unserer Kollegen hätten nutzen können, um die Arbeit vorzustellen, die sie dieses Jahr geleistet haben.

 
  
MPphoto
 
 

  Paul Rübig (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Der finnische Ratsvorsitz hat gezeigt, dass die Haushaltsordnung beim siebten Forschungsrahmenprogramm funktionieren kann. Deshalb möchte ich unsere Kommissarin bitten, nochmals ausdrücklich auf die Haushaltsvorschriften einzugehen, weil das für uns eine ganz besondere Bedeutung hat. Es besteht sehr viel berechtigte Kritik an der Europäischen Union. Hier wollen wir einen deutlichen Fortschritt innerhalb kurzer Frist sehen. Deshalb bitte ich, diese Fragen besonders auf der technischen Ebene ernst zu nehmen, weil sie uns politisch von besonderer Dringlichkeit erscheinen.

 
  
MPphoto
 
 

  Richard Corbett (PSE).(EN) Frau Präsidentin! Dies ist kein inhaltlicher Beitrag, vielmehr möchte ich Ihnen dazu gratulieren, dass Sie genau das praktizieren, was ich heute Morgen in der Abstimmungsstunde vorgeschlagen habe, nämlich am Ende der Aussprache freie Wortmeldungen zu berücksichtigen. Ich denke, wir sollten das am Ende jeder Debatte für kurze Zeit tun, jedoch nur, wenn dafür Zeit bleibt, so wie das jetzt der Fall ist. Das ist eine hervorragende Initiative. Gut so!

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Sie wissen, dass das tatsächlich nur geht, wenn ein wenig Zeit übrig ist. Man kann in der Tat Plenardebatten nicht bis zur letzten Minute durchplanen.

 
  
MPphoto
 
 

  Dalia Grybauskaitė, Mitglied der Kommission. (LT) Ich möchte allen Teilnehmern der heutigen Aussprache danken. Wir haben wirklich eine große Leistung vollbracht. Alle Fraktionen und der Haushaltsausschuss haben ziemlich intensiv gearbeitet, daher möchte ich auch ihnen meinen Dank aussprechen, denn dieses Vorhaben erforderte politisches Verantwortungsbewusstsein. Politischer Opportunismus wurde vermieden und alle Entscheidungen wurden mit Blick auf die Interessen Europas und aller Menschen in Europa getroffen.

Meinen Mitarbeitern, meiner Direktion, die heute hier anwesend ist und große Anstrengungen unternommen hat, damit wir heute darüber diskutieren können, wie es weitergehen soll, möchte ich ebenfalls danken. Mein Dank gilt auch dem Sekretariat, dem Haushaltsausschuss (Französisch: COBU) sowie den Ratsmitarbeitern, denen es gelungen ist, über ihren eigenen Tellerrand zu blicken und Fehler abzustellen, so dass wir letztlich die Lösung erzielen konnten, die uns heute vorliegt.

Daher appelliere ich dringend an Sie wie auch an die für den Haushaltsplan und die Finanzen Europas Verantwortlichen, die sich an der heutigen Aussprache beteiligt haben, alles zu unternehmen und wie gewohnt auf ihre Kollegen im Europäischen Parlament einzuwirken, damit sie dafür stimmen und am Donnerstag den Haushaltsplan für das neue Europa, die erweiterte Union der 27, annehmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Die gemeinsame Aussprache ist damit geschlossen.

Die Abstimmung über den Bericht James Elles und Louis Grech findet am Donnerstag statt. Die Berichte Gräßle und Pittella werden morgen abgestimmt.

Schriftliche Erklärung (Artikel 142)

 
  
MPphoto
 
 

  László Surján (PPE-DE).(HU) Offensichtlich haben wir den EU-Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2007 ohne heftige Auseinandersetzungen aufgestellt, obgleich im Juli beispielsweise noch keine Einigung über die Haushaltsordnung erzielt worden war. Ohne gültige Haushaltsordnung funktioniert der Haushalt nicht. Darum unterschreibt das Parlament den Haushalt bis zum Inkrafttreten der neuen Haushaltsordnung nicht.

Für das Haushaltsjahr 2007 hat das Parlament in Übereinkunft mit dem Rat die Ausgaben erhöht. Im Gegenzug dazu übersteigen die Zahlungen ein Volumen von einem Prozent des BNE der EU nicht. Warum haben wir nicht härter gekämpft? Im Jahr 2007 tritt ein neuer mehrjähriger Finanzrahmen in Kraft, verschiedene Programme werden gestartet, weshalb nur geringe Auszahlungen erforderlich sind. Jetzt ist auch bekannt geworden, dass Mitgliedstaaten sechs Milliarden der im vergangenen Jahr nach harten Auseinandersetzungen erhöhten Gesamtmittel nicht ausgegeben haben.

In diesem Jahr führte das Parlament ein neues Element in Form einer Kosten-Nutzen-Analyse ein, mit der belegt wird, dass die Union die Gelder für sinnvolle Zwecke verwendet. Bedauerlicherweise nimmt die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten von Jahr zu Jahr weiter ab, wobei die Beitragszahler Schwierigkeiten mit ihrem eigenen nationalen Haushalt vorschieben, während sie verschweigen, dass ihnen aus der Marktöffnung auch Vorteile erwachsen sind. Wir sollten den Haushalt nicht weiter beschneiden. Stattdessen sollten wir aber mehr Mittel für Zusammenarbeit vorsehen, wenn diese mit der Erzielung eines Mehrwerts gepaart ist. Diese Bereiche umfassen unter anderem Forschung und Entwicklung sowie Kohäsion. Wir können im globalen Wettbewerb nur erfolgreich bestehen, wenn wir zusammenarbeiten. Aber der Wille des Parlaments reicht nicht aus, damit die Europäische Union ihr Leistungspotenzial ausschöpft. Wir brauchen Führungspersönlichkeiten an der Spitze unserer Mitgliedstaaten, nicht Politiker, die nur für den Augenblick leben.

 

21. Tagesordnung: siehe Protokoll.
  

(Die Sitzung wird um 18.25 Uhr unterbrochen und um 18.30 Uhr wieder aufgenommen.)

 

22. Fragestunde (Anfragen an die Kommission)
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgt die Fragestunde (B6-0448/2006).

Wir behandeln die folgenden Anfragen an die Kommission.

Erster Teil

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 37 von Sharon Bowles (H-0963/06)

Betrifft: Arbeitnehmer aus Rumänien und Bulgarien

Aus dem Bericht der Kommission über die Anwendung der im Beitrittsvertrag 2003 festgelegten Übergangsregelungen geht hervor, dass sich die Mobilität der Arbeitnehmer aus denjenigen EU-Mitgliedstaaten, die 2004 der EU-15 beitraten, insgesamt positiv ausgewirkt hat. Ist die Kommission daher enttäuscht darüber, dass einige Mitgliedstaaten, etwa das Vereinigte Königreich und Irland, beschlossen haben, die Rechte von Rumänen und Bulgaren, in diesen Ländern zu arbeiten, sobald Rumänien und Bulgarien am 1. Januar 2007 Vollmitglieder der EU werden, zu beschneiden?

Ist die Kommission der Auffassung, dass sich dies sowohl in diesen Mitgliedstaaten als auch in der EU insgesamt in irgendeiner Weise negativ auf die Wirtschaft auswirken wird oder dass sich in der Folge mehr Menschen gezwungen sehen, illegal zu arbeiten? Ist die Kommission in Anbetracht der Tatsache, dass das Vereinigte Königreich, Irland und Schweden (die nach dem Mai 2004 keine Beschränkungen anwendeten) einen Rückgang der Arbeitslosigkeit, steigende Beschäftigung und ein großes Wirtschaftswachstum erfuhren, der Auffassung, dass die von einigen Mitgliedstaaten geäußerte Besorgnis über einen „Zustrom“ an Wanderarbeitnehmern eine echte Sorge darstellt?

 
  
MPphoto
 
 

  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Grundsätzlich ist die Kommission für die uneingeschränkte Anwendung der vier Freiheiten, einschließlich der Freizügigkeit von Arbeitnehmern in der Europäischen Union. Man sollte nicht vergessen, dass diese Freiheit eines der Grundprinzipien des Vertrags von Rom ist.

Wie bei der vorhergehenden Erweiterung sind jedoch im Beitrittsvertrag mit Bulgarien und Rumänien Übergangsregelungen zum Recht auf Freizügigkeit von Arbeitnehmern festgelegt. Diese Regelungen überlassen es im Wesentlichen allen derzeitigen Mitgliedstaaten, ob sie während eines Übergangszeitraums bulgarischen und rumänischen Staatsangehörigen Zugang zu ihren Arbeitsmärkten gewähren wollen. Es ist damit das Vorrecht jedes einzelnen Mitgliedstaates.

Die Kommission hat vor, an alle Mitgliedstaaten ein Schreiben zu senden, in dem sie diese an ihre sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergebenden Pflichten erinnert und auffordert, Einzelheiten zu allen nationalen Maßnahmen mitzuteilen, die in den ersten beiden Jahren nach dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens eingeführt werden könnten.

Parallel dazu möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf den Bericht der Kommission über die Anwendung der Übergangsregelungen für die Erweiterung vom 1. Mai 2004 und insbesondere auf die Feststellung lenken, dass die Zuwanderung von Arbeitnehmern aus den neu beigetretenen Mitgliedstaaten positive Auswirkungen zeigt und sogar mitgeholfen hat, Engpässe auf den nationalen Arbeitsmärkten auszugleichen, ohne dass die Neuzugänge generell die einheimischen Arbeitsuchenden verdrängt hätten. Dies gilt natürlich für diejenigen Mitgliedstaaten, die die Freizügigkeit von Arbeitnehmern erleichtern haben.

Ferner wird in diesem Bericht festgestellt, dass alles in allem positive Auswirkungen für die Volkswirtschaften der EU15-Mitgliedstaaten zu verzeichnen sind: Arbeitnehmer aus den neuen Mitgliedstaaten tragen zu einem besseren Funktionieren des Arbeitsmarktes, zu nachhaltigem Wachstum und zur Solidität der öffentlichen Finanzen bei. Eine weitere Erkenntnis lautet, dass Beschränkungen auf dem Arbeitsmarkt das Auftreten von nicht gemeldeter Arbeit verstärken können.

Die Kommission ist der Meinung, dass diese Ergebnisse nach wie vor zutreffen und vertraut darauf, dass die Mitgliedstaaten dies sorgfältig in Erwägung ziehen, wenn sie darüber entscheiden, ob sie Übergangsmaßnahmen in Bezug auf Bulgarien und Rumänien einführen sollen.

 
  
MPphoto
 
 

  Sharon Bowles (ALDE). – (EN) Wir wissen, dass in Zukunft eine schrumpfende Zahl von Erwerbstätigen versuchen muss, immer mehr Rentner zu unterstützen. Glauben Sie angesichts dieses Szenariums, das nicht in allzu weiter Ferne liegt – im Grunde erleben wir es zum großen Teil schon jetzt –, dass die Länder, die ihre Erwerbstätigen aufgestockt haben, indem sie liberaler waren und Freizügigkeit und Migration zugelassen haben, den anderen Länder voraus sind, die restriktiver vorgehen?

 
  
MPphoto
 
 

  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Vielen Dank für Ihre Frage. Es ist durchaus möglich, dass dies eintritt, aber das wird sich erst mit der Zeit zeigen, weshalb wir die Entwicklung auf den Arbeitsmärkten in der EU und ihren Mitgliedstaaten auch laufend analysieren.

Es gibt zwei Hauptszenarien, die sich von Land zu Land unterscheiden können. Zum einen kann es für einen Mitgliedstaat aufgrund seines demografischen Profils und von Schwierigkeiten infolge einer alternden Bevölkerung von Vorteil sein, wenn er die Möglichkeit hat, Arbeitnehmer aus den neuen Mitgliedstaaten aufzunehmen. Gleichzeitig hat vielleicht ein anderer Mitgliedstaat Arbeitsmarktprobleme und eine höhere Arbeitslosigkeit, weshalb seine Regierung beschließt, dass angesichts der Umstände für ihn die Übergangsregeln von Vorteil wären. Deshalb haben wir beschlossen, den Mitgliedstaaten die Entscheidung in dieser Frage zu überlassen, und ihnen die Option zu geben, die Übergangsmaßnahmen anzuwenden.

 
  
MPphoto
 
 

  Richard Corbett (PSE). – (EN) In der ursprünglichen schriftlichen Anfrage der Fragestellerin ging es um die vergleichsweise geringfügige Übergangsbeschränkung, die Irland und das Vereinigte Königreich lediglich in Bezug auf die beiden jüngsten Mitgliedstaaten eingeführt haben. Herr Kommissar, stimmen Sie zu, dass es doch viel wichtiger wäre, sich mit den fortgesetzten Beschränkungen gegen alle neuen Mitgliedstaaten zu befassen, die auch jetzt noch in der Mehrzahl der alten Fünfzehn in Kraft sind?

 
  
MPphoto
 
 

  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Ich habe die Entscheidungen des Vereinigten Königreichs und Irlands zur Kenntnis genommen. Das ist ohne Zweifel das Vorrecht dieser Länder, ebenso wie für jeden anderen Mitgliedstaat. Vor diesen Entscheidungen habe ich das Vereinigte Königreich und Irland als Maßstab benutzt, wenn ich für die Öffnung der Arbeitsmärkte der anderen Mitgliedstaaten für die Kandidatenländer plädiert habe. Ich bin stolz, in meiner früheren Funktion dem Ministerpräsidenten des Mitgliedstaates, den ich am besten kenne, bei der Formulierung seiner Rede am 1. Mai 2004 geholfen zu haben, als er erklärte, dass dieser Mitgliedstaat – Finnland – vermutlich seine Beschränkungen der Freizügigkeit von Arbeitnehmern aus den neuen Mitgliedstaaten aufheben würde. Dieser spezielle Mitgliedstaat wendet die gleiche liberale Praxis gegenüber Bulgarien und Rumänien an.

Die Sache ist die, dass sehr zuverlässigen Untersuchungen zufolge insgesamt positive Auswirkungen zu verzeichnen sind, aber andererseits wollen wir es den Mitgliedstaaten überlassen, und wir müssen es den Mitgliedstaaten überlassen, weil der Rat der Europäischen Union das so beschlossen hat, der ja das höchste Entscheidungsgremien für Fälle dieser Art in der Union ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Alexander Stubb (PPE-DE). – (EN) Ich möchte nur Herrn Corbett antworten. Interessanterweise wird man, wenn man heutzutage im Vereinigten Königreich in ein Restaurant oder eine Gaststätte geht, nicht in der englischen Hochsprache bedient. Wir Finnen würden es sehr aufregend finden, wenn 500 000 Menschen auch nur ein wenig ungewöhnliches Finnisch sprechen würden.

Zuerst möchte ich der Kommission zu ihren Bemühungen im Bereich der Freizügigkeit gratulieren. Zweitens möchte ich den Mitgliedstaaten gratulieren, die ihre Grenzen für den freien Personenverkehr von Arbeitskräften aus den neuen Mitgliedstaaten geöffnet haben. Meine Frage ist einfach und direkt. Was wird die Kommission tun, um weiter Druck auf alle alten Mitgliedstaaten auszuüben, ihre Grenzen für die Freizügigkeit von Arbeitskräften zu öffnen, wie es das Vereinigte Königreich, Irland, Schweden, Dänemark, Finnland, die Niederlande und ein paar andere bereits getan haben?

 
  
MPphoto
 
 

  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Ich stelle mit Freude fest, dass Herr Stubb hier schnell Karriere von den hinteren zu den vorderen Bänken gemacht hat. Das ist beeindruckend und bemerkenswert.

Ich will Ihnen sagen, dass wir auch weiterhin die Entwicklungen auf den Arbeitsmärkten in der Europäischen Union analysieren werden, und alles weist darauf hin, dass die Länder, die eine liberale Praxis im Hinblick auf die Aufnahme von Arbeitnehmern aus den neuen Mitgliedstaaten angewendet haben, wie etwa das Vereinigte Königreich und Irland, davon mit einem allgemeinen Wirtschaftswachstum und einem ausgeglicheneren Arbeitsmarkt profitiert haben. Deshalb können wir weiter darüber diskutieren, denn es gibt ja positive Vergleichswerte, wie diese beiden und auch andere Länder zeigen, sowie der Mitgliedstaat, den Sie am besten kennen. Wir können über diese Frage diskutieren, doch dann ist es das Vorrecht jedes einzelnen Mitgliedstaates. Natürlich müssen wir dem Urteil jeder einzelnen Nationalregierung vertrauen, denn sie dürften die Gegebenheiten im Lande wohl am besten kennen und wissen, was das Beste für das Land und seine Bürger ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 38 von David Martin (H-1022/06)

Betrifft: Zollfreie Verkäufe vor dem Hintergrund der neuen Vorschriften zur Flugsicherheit

Nach der Einführung der neuen Vorschriften der EU zur Flugsicherheit am 6. November 2006 wurden Befürchtungen über Auswirkungen dieser neuen Vorschriften auf den weltweiten Markt für zollfreie Produkte geäußert. Dieser Markt ist von entscheidender Bedeutung für viele europäische Hersteller von Luxusartikeln, so u. a. für die Hersteller schottischen Whiskys im Wahlkreis des Verfassers. Die neuen Vorschriften beinhalten Bestimmungen für Passagiere, die ihnen auch weiterhin erlauben, Flüssigkeiten (verpackt in manipulationssicheren Tüten) in Verkaufsstellen im luftseitigen Bereich von Flughäfen zu erwerben. Diese Bestimmungen gelten jedoch nur für gemeinschaftliche Flughäfen und Luftfahrtunternehmen. Infolgedessen können weder Einzelhändler, die zollfreie Produkte auf internationalen Flughäfen außerhalb Europas anbieten, noch Luftfahrtunternehmen aus Nicht-EU-Ländern begehrte Waren wie hochwertigen schottischen Whisky an Europareisende verkaufen, die auf EU-Flughäfen oder auf Flughäfen im EWR zwischenlanden.

Welche Schritte beabsichtigt die Kommission zu unternehmen, um zollfreie Verkäufe an zwischenlandende Europareisende zu ermöglichen und den für die Hersteller schottischen Whiskys sowie deren Angestellte und die regionale Wirtschaft äußerst wichtigen Markt zu sichern?

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Ich danke Herrn Martin für seine Anfrage. Ziel der Verordnung (EG) Nr. 1546/2006 der Kommission ist es, der neuen Gefahr für die Zivilluftfahrt durch selbst gemachte Flüssigsprengstoffe zu begegnen. So ist es Fluggästen untersagt, auf Flügen, die von einem Flughafen der Europäischen Union aus starten, im Handgepäck Flüssigkeiten in Einzelmengen von mehr als 100 ml mitzuführen. Eine Ausnahme wird jedoch für Flüssigkeiten gewährt, die in Flughafen-Shops und an Bord des Flugzeugs verkauft werden, wenn bestimmte Sicherheitsauflagen erfüllt sind, wozu auch manipulationssichere Tüten gehören.

Da Gemeinschaftsrecht in Drittländern nicht gilt, kann gegenwärtig nicht gewährleistet werden, dass Flughäfen in Drittländern oder Fluggesellschaften aus Drittländern Sicherheitsvorschriften anwenden, die den in der Europäischen Union und im Europäischen Wirtschaftsraum geltenden gleichwertig sind. Deshalb können diese Flughäfen und Fluggesellschaften nicht in den Genuss dieser Ausnahmeregelung kommen. Die Kommission wird prüfen, ob es möglich ist, mit Drittländern einen Weg zu erarbeiten, gleichwertige Sicherheitsmaßnahmen anzuwenden.

 
  
MPphoto
 
 

  David Martin (PSE). – (EN) Vielen Dank für Ihre Antwort, Herr Kommissar. Ich frage mich allerdings, ob Sie den Ärger verstehen, den viele EU-Bürger und Bürger aus anderen Ländern der Welt empfinden, die jetzt zu Weihnachten in die Europäische Union reisen und die, wenn sie hochwertigen schottischen Whisky und andere Erzeugnisse in einen Flughafen wie Frankfurt oder London mitbringen, von wo aus sie zu anderen Flughäfen wie Edinburgh oder Glasgow weiterreisen, feststellen, dass ihre zollfreien Waren auf diesem Flughafen beschlagnahmt werden. Darüber werden viele unglücklich und sehr unzufrieden sein.

Herr Kommissar, würden Sie zustimmen, dass wir eine Öffentlichkeitskampagne in Drittländern brauchen, um die Menschen über diese Sachlage aufzuklären? Zweitens, werden Sie zügig Beratungen mit internationalen Luftfahrtorganisationen aufnehmen, um herauszufinden, ob wir zu einem gemeinsamen globalen Standard finden können, damit dieses Problem nicht eintritt?

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Vielen Dank für diese Frage.

Ich möchte zunächst hervorheben, dass wir bei der Sicherheit keine Kompromisse eingehen dürfen. Die Kommission und die Gemeinschaft tun ihr Bestes, um die bestehende Regelung in Bezug auf die Europäische Union weiter zu öffnen, obwohl es wahrscheinlich ziemlich schwierig sein wird, ganz kurzfristig – und damit vor Weihnachten – spürbare Resultate zu erzielen, da hierfür Verhandlungen mit Drittländern notwendig sind, um dort zu ähnlichen Positionen wie unseren zu gelangen.

Was die von Ihnen angesprochene Öffentlichkeitskampagne anbelangt, so hat sich die Kommission mit entsprechenden internationalen Organisationen von Interessenvertretern von Flughäfen und Fluggesellschaften zusammengesetzt, damit diese ihre Mitglieder in Drittländern über die neuen EU-Vorschriften informieren können. Darüber hinaus leistet die Kommission diesen Interessenvertretern bei deren Kampagne zur Information der Fluggäste Hilfestellung, indem sie einheitliche Informationsplakate und –faltblätter entwickelt, die deren Mitglieder im Rahmen ihrer eigenen Informationskampagnen verwenden können.

 
  
MPphoto
 
 

  Reinhard Rack (PPE-DE). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Ich weiß, dass Flugsicherheitsfragen nicht in Ihr unmittelbares Ressort gehören, aber die Zusatzfrage lässt sich wahrscheinlich trotzdem leicht beantworten. Wir bekommen tagtäglich zahllose Beschwerden von Flugpassagieren. Wir erfahren all dies selbst am eigenen Leib. Sehr viele von uns sehen die getroffenen Maßnahmen als reine Alibimaßnahmen an, die keine zusätzliche Sicherheit bringen, aber sehr viele zusätzliche Schwierigkeiten für die Passagiere. Vor allem bedeuten sie mehr Geschäft für die Zahnpastafirmen und die Kontaktlinsenflüssigkeitsfirmen. In Wirklichkeit wird hier keine Sicherheit geschaffen.

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Die Kommission ist der Auffassung, dass sie doch zu einer wirklichen Erhöhung der Sicherheit beitragen, weil natürlich physische Kontrollen bei den Fluggästen durchgeführt werden, um nachzuprüfen, dass da keine solchen Flüssigkeiten sind. Alle Flüssigkeiten würden in durchsichtigen Beuteln befördert werden.

Zweitens ist da auch die Frage der Wahrnehmung: Die Fluggäste merken, dass etwas getan wird und dass man es sich zweimal überlegt, ob man versuchen sollte, Dinge mit an Bord zu nehmen, die verdächtig sein und gefunden werden könnten.

 
  
MPphoto
 
 

  Jörg Leichtfried (PSE). – Frau Präsidentin! Ich habe eine Nachfrage, die mich zu einer Substanz führt, die zur ursprünglichen Frage gehört. Whisky wird ja aus Wasser hergestellt, und zu Wasser habe ich eine Frage. Ich wohne in einem Land, wo man es nicht gewohnt ist, Wasser teuer kaufen zu müssen. Wasser steht überall zur Verfügung. Sieht man sich jedoch auf europäischen Flughäfen um, so sind dort geringste Mengen Wasser unglaublich teuer zu erwerben. Eine kleine Flasche Wasser kostet 3 bis 4 Euro. Das ist meines Erachtens nicht hinzunehmen. Es ist vielmehr bedingt durch das Sicherheitssystem, das jetzt angewandt wird. Herr Kommissar, was gedenkt die Kommission gerade in dieser speziellen Frage zum Schutz der europäischen Konsumentinnen und Konsumenten zu unternehmen?

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Das fällt nicht in meinen unmittelbaren Zuständigkeitsbereich, und deshalb lautet meine Antwort, dass ich Ihre Bemerkungen zur Kenntnis nehme und an Vizepräsident Barrot und Kommissar Kyprianou weiterleite, der für den Verbraucherschutz zuständig ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 39 von Reinhard Rack (H-1048/06)

Betrifft: Entschädigungen für Verspätungen im Flugverkehr

Im innereuropäischen Flugverkehr kommt es zunehmend zu langen Verspätungen mit großen Unannehmlichkeiten für die Passagiere. Sieht die Kommission die Möglichkeit, eine Revision der Verordnung (EG) Nr. 261/2004(1) vorzunehmen, so dass ähnlich wie bei den Bahnpassagieren, auch im Flugverkehr je nach Dauer der Verspätung Geldentschädigungen gezahlt werden müssen?

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Laut Verordnung (EG) Nr. 261/2004 über die Fluggastrechte sind Fluggesellschaften nicht verpflichtet, Fluggästen bei großen Verspätungen Geldentschädigungen anzubieten. Allerdings verlangt die Verordnung, dass die Fluggäste Unterstützungsleistungen von der Fluggesellschaft erhalten, beispielsweise Lebensmittel und Getränke sowie gegebenenfalls eine Unterkunft.

Darüber hinaus sieht das Übereinkommen von Montreal, die aktualisierte Fassung des Warschauer Abkommens, die mit der Verordnung (EG) Nr. 889/2002 umgesetzt wurde, das die Vorschriften für die Haftung internationaler Luftfahrtunternehmen regelt, bestimmte Rechte im Falle von Verspätungen vor, wonach die Haftung der Fluggesellschaft auf 4150 Sonderziehungsrechte begrenzt ist, also ungefähr 5000 Euro. In diesem Falle muss der Fluggast einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Schaden, der ihm entstanden ist, und dem von der Fluggesellschaft verursachten Vorfall nachweisen.

Gemäß Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 wird die Kommission dem Parlament und dem Rat einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung in den EU-Mitgliedstaaten vorlegen. Eine Ausschreibung ist veröffentlicht worden, um einen externen Berater damit zu beauftragen, quantitative und qualitative Daten hierzu beizubringen. In der Untersuchung wird es insbesondere um Fragen in Verbindung mit Verspätungen und Annullierungen sowie um die Durchsetzung der betreffenden Richtlinie gehen.

Gegenwärtig kann die Kommission nicht beurteilen, ob zusätzliche Maßnahmen vorgeschlagen werden, um den Schutz von Fluggästen zu verbessern. Die Kommission muss die endgültigen Ergebnisse der Einschätzung durch die externen Berater abwarten.

 
  
MPphoto
 
 

  Reinhard Rack (PPE-DE). – Ich möchte auf zwei Dinge hinweisen. Die Entschädigungsregelung im internationalen Recht, die Sie ansprechen, ist genau jene Form der Entschädigung, die wir unseren Bürgern nicht zumuten wollen: Sie sollen keine großen Gerichtsverfahren auf sich nehmen müssen, um zu ihrem Recht zu kommen. Daher folgende Frage: Kann es hier Veränderungen geben, und können wir auch eine klarere Definition des Begriffs „höhere Gewalt“ erhalten? Die Fluglinien sagen, es sei höhere Gewalt, wenn eine Maschine kaputt ist. In Wirklichkeit ist die Maschine kaputt, weil die Fluggesellschaften immer häufiger mit altem Material fliegen.

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Ich möchte darauf hinweisen, dass der maßgebliche Unterschied zwischen der vorhergehenden und der jetzigen Verordnung, die auf dem Übereinkommen von Montreal basiert, darin besteht, dass die Fluggäste Anspruch auf eine direkte Information an Ort und Stelle, Unterstützungsleistungen und anderweitige Beförderungsmöglichkeiten haben, während das Übereinkommen von Montreal nur Ad-hoc-Ansprüche wegen möglicher Schäden infolge einer Verspätung abdeckt, die eingeklagt werden müssen, wie Sie richtig bemerkten. Ich werde aber Ihre Bemerkungen an Vizepräsident Barrot weiterleiten, um festzustellen, was man sonst noch tun könnte, obwohl ich ja in meiner Antwort auf die Anfrage schon darauf hingewiesen habe, dass die Kommission nicht davon ausgeht, dass sie zusätzliche Maßnahmen ins Auge fassen wird, bevor die endgültigen Ergebnisse der Einschätzung – die derzeit von einem externen Berater vorgenommen wird – vorliegen.

 
  
MPphoto
 
 

  Robert Evans (PSE). – (EN) Vielen Dank für diese Hinweise, Herr Kommissar. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, dass Air France gestern Abend den Abendflug von Gatwick nach Straßburg unter Hinweis auf technische Gründe annulliert hat, sich aber weigerte, den Fluggästen Unterstützungsleistungen zu gewähren, und sich weigerte, sie in einem Hotel unterzubringen. Werden Sie, Herr Kommissar, diese Gelegenheit zum Anlass nehmen und Air France und auch anderen Fluggesellschaften ganz deutlich zu verstehen geben, dass die derzeitigen EU-Rechtsvorschriften – diese Rechtsvorschriften – auch für sie gelten und dass sie nicht nach Schlupflöchern suchen und versuchen sollten, sich herauszuwinden, sondern das EU-Recht einhalten und den Fluggästen Unterstützungsleistungen anbieten müssen, wenn Flüge annulliert werden, wie es gestern geschehen ist?

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Generell gesagt, enthält die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 keine Vorkehrungen für außergewöhnliche Umstände bei einer Nichtbeförderung. Wenn eine Fluggesellschaft aufgrund technischer Probleme das ursprüngliche Flugzeug durch eine kleinere Maschine ersetzt und einige Fluggäste nicht befördert werden, weil in diesem Flugzeug nicht alle mitgenommen werden können, und sie dann auf dem Flughafen zurückbleiben müssen, dann muss diesen zurückgebliebenen Fluggästen Unterstützung und eine finanzielle Entschädigung angeboten werden, wie es in der Verordnung vorgesehen ist.

Eine Beförderung von Fluggästen darf nur aus Gründen der Gesundheit oder der allgemeinen oder betrieblichen Sicherheit bzw. wenn die Reisedokumente unzulänglich sind verweigert werden. Ich werde Vizepräsident Barrot auch über Ihre speziellen Anmerkungen zu den Vorfällen betreffend Air France von gestern Abend unterrichten.

 
  
MPphoto
 
 

  Richard Seeber (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Aufgrund der extremen Sicherheitsvorkehrungen, die die Terrorgefahr nach sich zieht, kommt es jetzt immer öfter zu extremen Verspätungen. Diese Sicherheitsmaßnahmen kosten natürlich auch sehr viel Geld. Denkt die Kommission daran, diese Kosten, die derzeit von der Gesamtheit getragen werden, effektiv auf die Fluglinien oder Passagiere umzulegen, oder will man weiterhin sozusagen dem Staat diese allgemeinen Kosten anlasten?

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Sie haben Recht damit, dass Sicherheitsmaßnahmen und die zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen – und das knüpft an die vorherige Frage an – ihren Preis haben. Doch man muss unterstreichen, dass Kostenerwägungen nur zweitrangig sein können, wenn wir die Frage der Sicherheit an Bord von Flugzeugen wirklich in Angriff nehmen wollen.

Aber abgesehen davon werde ich auch diese Hinweise an Vizepräsident Barrot übermitteln, damit festgestellt werden kann, ob da nicht Möglichkeiten einer Kostenbeteiligung in diesem Zusammenhang bestehen.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Wir kommen damit zum zweiten Teil unserer Fragestunde. Da wir nur noch ungefähr eine halbe Stunde Zeit haben, kann ich pro Kommissionsmitglied nur zehn Minuten Fragezeit insgesamt zulassen. Ich bitte alle Fragestellerinnen und Fragesteller, sich ein wenig darauf einzustellen.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 40 von Chris Davies (H-0991/06)

Betrifft: Maßnahmen der EU zur Beendigung der Rückwürfe von Beifängen

Wann wird die Kommission Maßnahmen einführen, um Rückwürfe von Beifängen durch Fischereifahrzeuge zu beenden?

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Ich hoffe, es gelingt mir.

Zur Beantwortung der Anfrage von Herrn Davies, wann die Kommission Maßnahmen einführen wird, um Rückwürfe von Beifängen durch Fischereifahrzeuge zu beenden, möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass die Kommission Rückwürfe als ernstes Problem in der europäischen Fischereiwirtschaft ansieht und entschlossen ist, hierzu vorrangig etwas zu unternehmen.

Rückwürfe sind darin begründet, dass in europäischen Fanggründen oft ungewollte Beifänge an Bord geholt und dann zurückgeworfen werden. Die Rückwürfe können in erster Linie verringert und letztlich ausgeschlossen werden, wenn die ungewollten Beifänge verringert werden. Dies kann durch eine gesetzliche Regelung oder durch die Bereitstellung von Anreizen für die Entwicklung von Fangtechnologien und Fangpraktiken geschehen, bei denen wenig Beifänge und damit wenig Rückwürfe anfallen.

Anfang 2007 wird die Kommission eine Mitteilung zur Verringerung von Beifängen vorlegen. Als Instrumente werden in diesem Zusammenhang selektive Fanggebiete, abgeschlossene Gebiete, Vorschriften für einen Wechsel des Fanggebiets, wenn erhebliche Beifänge vorkommen, und Wirtschaftssanktionen bei Beifängen geprüft.

Die Kommission wird die Hauptbestandteile einer neuen Strategie zu Rückwürfen darlegen und eine Debatte über die Umsetzung dieser Strategie einleiten. Nach einer Debatte Anfang 2007 wird die Kommission Durchführungsbestimmungen je nach Fischerei erarbeiten, und die ersten werden 2008 auf den Tisch kommen.

 
  
MPphoto
 
 

  Chris Davies (ALDE). – (EN) Ich danke dem Herrn Kommissar. Vor kurzem hatte ich ein Treffen mit dem Erzeugerverband Fleetwood Fish Producers' Association. Dessen Vertreter sagten mir, dass bei ihrer Küstenfischerei auf Fahrzeugen von mehr als 10 Metern die Rückwurfrate bei etwa 70-80 % liegt. Sie erklärten: „Die Irische See ist reich an Fisch, aber wir bringen ihn um, indem wir Fisch fangen, der zur Fortpflanzung zu klein ist“. Sie sagen, wenn sie größere Netze verwenden, würde davon ausgegangen, sie wollten Kabeljau fangen, und deshalb müssten sie an weniger Tagen auslaufen, sie verdienten weniger, und das Ganze sei ein Teufelskreis.

Herr Kommissar, ich weiß, Sie wollen hier etwas unternehmen. Ich habe mit Ihnen im Verlaufe der Jahre darüber gesprochen. Doch inzwischen sind Sie seit über zwei Jahren Kommissar und reden jetzt davon, dass 2008 etwas geschehen soll! Sind Sie denn zufrieden mit diesem Tempo? Das ist doch ein Frevel, und man muss dem ein Ende setzen!

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Wie bei allen die Fischerei betreffenden Aspekten bin ich ganz und gar nicht zufrieden. Das Tempo, in dem wir vorankommen, ist nicht auf mangelnde Bereitschaft unsererseits oder fehlende Mittel für Bemühungen um Ergebnisse oder mangelnde Entschlossenheit vonseiten der Kommission zurückzuführen. Häufig liegt es daran, dass die Fischerei in den Gemeinschaftsgewässern sehr komplex ist.

Es ist viel einfacher, eine ordentliche Rückwurfregelung weiter im Norden anzuwenden, wo die Fischerei relativ eindeutig ist, wo man auf Makrelenfang geht und praktisch auch nur Makrelen fängt. In Gemeinschaftsgewässern will man meist eine bestimmte Art fangen, aber man hat es im Wesentlichen mit gemischten Fischbeständen zu tun, und die sind viel komplizierter zu steuern.

Wir prüfen Mittel und Wege zur Einführung von Maßnahmen, mit deren Hilfe die Rückwürfe deutlich verringert werden. Dieses Jahr haben wir versucht, für das Kattegat eine Regelung zur Aufwandsteuerung einzuführen. Der Regionale Beirat für die Nordsee war daran umfassend beteiligt. Wir hatten gehofft, ich könnte auf der Ratstagung im Dezember bekannt geben, dass sie 2007 anlaufen würde. Doch nach Prüfung der verschiedenen Vorschläge zur Umsetzung einer solchen Regelung haben uns die Vertreter der Betreiber um mehr Zeit gebeten, weil ihnen klar ist, dass sich daraus erhebliche Auswirkungen für die Fischerei ergeben könnten.

Der Regionale Beirat für die Nordsee ist der gleichen Meinung, und deshalb werde ich nicht empfehlen, dass sie 2007 anläuft. Ich hoffe, sie kommt im Laufe des nächsten Jahres zustande und dann mit einer wesentlich allgemeineren Position zur Steuerung der Fischerei, wodurch Beifänge so weit wie möglich ausgeschlossen werden.

Die Fischer, mit denen Sie sprachen, mögen zum Teil Recht haben, aber es ist auch viel Übertreibung im Spiel.

 
  
MPphoto
 
 

  James Hugh Allister (NI). – (EN) In den Dokumenten der Kommission, die für die bevorstehende Ratstagung Fischerei veröffentlicht wurden, findet sich ein Verweis auf eine eventuelle Einbeziehung der Kabeljaufischerei in eine „Kabeljau-Beifang-Fischerei“. Könnte der Herr Kommissar Genaueres dazu sagen, und könnte er erklären, was mit „Kabeljau-Beifang-Fischerei“ gemeint ist? Was würde das in der Praxis bedeuten? Wird es da einen Grenzwert für den Anteil geben, und wird der Wahnsinn der Rückwürfe von wertvollem Fisch weitergehen? Könnte der Herr Kommissar bitte erläutern, was mit der Formulierung „Kabeljau-Beifang-Fischerei“ beabsichtigt ist?

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Es ist etwas verfrüht, über Einzelheiten zu sprechen, denn wenn man jetzt ins Detail geht, bevor das mit den Interessenvertretern diskutiert wurde, könnte eine gewisse Panik aufkommen, wie das in der Fischereiwirtschaft so oft geschieht. Wir haben die Absicht, die regionalen Beiräte umfassend einzubeziehen und die Interessenvertreter zu beteiligen, um zu ermitteln, wie die Fischerei so gesteuert werden kann, dass das Kabeljauproblem wirksam in Angriff genommen wird.

Wie wir alle wissen, gibt es ein ernsthaftes Problem mit der Nachhaltigkeit der Kabeljaubestände. In den meisten, wenn nicht allen, Gemeinschaftsgewässern sind sie praktisch erschöpft. Sie können sich erholen, aber dazu müssen wir uns etwas einfallen lassen. Der Kabeljau-Beifang-Fischerei liegt im Wesentlichen der Gedanke zugrunde, Kabeljau nicht gezielt zu fangen, solange sich die Kabeljaubestände nicht erholt haben. Die Fischer würden also nicht gezielt Kabeljau fischen, aber sie dürften Kabeljau als Beifang innerhalb bestimmter Grenzen anlanden. Auf diese Weise könnte man einen Anreiz für die Diversifizierung der Fischereiwirtschaft um andere Fischarten bieten. Kabeljau würde also nicht gezielt gefangen, doch gleichzeitig würden die unnötigen und sehr kostspieligen Rückwürfe von Kabeljau verringert.

Das sind erste gedankliche Anstöße, über die wir noch weiter nachdenken müssen und die wir vor allem mit den Interessenvertretern diskutieren müssen, um festzustellen, ob es einen Weg gibt oder ob wir – wie in vielen anderen Fällen – letztlich zu dem Schluss kommen, dass die bestehende Regelung in einigen Punkten bessere Resultate bringt. Aber ich hoffe, es gelingt uns, ein System auszutüfteln, das wesentlich bessere Ergebnisse bringt als die Regelungen, die wir momentan bei Kabeljau und speziell zur Erholung der Kabeljaubestände haben.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Die Anfrage 41 wurde zurückgezogen.

Anfrage Nr. 42 von Teresa Riera Madurell (H-1040/06)

Betrifft: Maßnahmen der Kommission im Anschluss an die in der Entschließung des Parlaments zu Frauennetzwerken: Fischerei, Landwirtschaft und Diversifizierung enthaltenen Empfehlungen

Die am 15. Dezember 2005 angenommene Entschließung des Parlaments zu Frauennetzwerken: Fischerei, Landwirtschaft und Diversifizierung enthält Empfehlungen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter.

Diese Entschließung forderte unter anderem Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Frauen im Fischereisektor und ihrer Familien und Gemeinden.

Welche Maßnahmen plant die Kommission zur Unterstützung der Bemühungen dieser Frauen um die Gewährleistung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Rechte sowie ihrer besseren rechtlichen und sozialen Anerkennung?

Plant die Kommission Maßnahmen zur uneingeschränkten Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und der Chancengleichgleichheit von Frauen und Männern im Bereich der Bildung sowie des Zugangs zu Finanzierungen und Krediten einschließlich Mikrokrediten?

Wie gedenkt die Kommission die tatsächliche Mitwirkung der Frauen in den Vertretungs-, Entscheidungs- und Beratungsgremien des Fischereisektors auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene zu verbessern?

Hat die Kommission eine spezielle Initiative zur Verbesserung der besonderen Lage der Muschelzüchterinnen auf den Weg gebracht?

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Ich danke der Frau Abgeordneten für ihre Anfrage zu Maßnahmen der Kommission im Nachgang zu den Empfehlungen im Bericht zu Frauennetzwerken: Fischerei, Landwirtschaft und Diversifizierung, den das Parlament am 15. Dezember 2005 angenommen hat.

Die Kommission betrachtet die Lage der im Fischereisektor arbeitenden Frauen, und insbesondere deren rechtliche und soziale Anerkennung, als ein sehr wichtiges Thema. Sie setzt das gesamte ihr zur Verfügung stehende Instrumentarium ein, um die Gleichbehandlung und Chancengleichheit für Frauen und Männer in diesem Sektor zu erreichen.

Zu den vier konkreten Fragen der Frau Abgeordneten möchte die Kommission Folgendes feststellen.

Erstens, der Europäische Fischereifonds, das neue strukturpolitische Instrument für die Fischereiwirtschaft für den Zeitraum 2007-2013, erklärt in Artikel 4 Buchstabe g ausdrücklich als eines seiner Ziele, im Rahmen der Entwicklung des Fischereisektors und der Fischereigebiete die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern. Der EFF basiert auf dem Grundsatz der Partnerschaft mit allen Interessengruppen im Fischereisektor, und das schließt ausdrücklich die Partnerschaft mit Gremien ein, die für die Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen zuständig sind. Der EFF enthält spezielle Bestimmungen zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter, sowohl durch eine bessere Vertretung von Frauen in Entscheidungsverfahren als auch in den von den Mitgliedstaaten umzusetzenden Programmen. Insbesondere unterstützt die Kommission die Beteiligung von Frauen an den verschiedenen Stufen der Durchführung des Europäischen Fischereifonds, einschließlich der Planung, Begleitung und Evaluierung der operationellen Programme der Mitgliedstaaten für den nächsten Programmplanungszeitraum.

Der Fonds kann zudem Maßnahmen unterstützen, die zur Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen durch Vernetzung und den Austausch guter Praktiken zwischen den relevanten Organisationen dienen. Die Kommission wird sich bemühen, dafür zu sorgen, dass die Mitgliedstaaten diese Bestimmungen und Prioritäten in ihren operationellen Programmen berücksichtigen.

Zweitens, die Kommission anerkennt die Bedeutung einer Ausbildung im Fischereisektor, und allgemeine und berufliche Bildung können durch den Europäischen Fischereifonds gefördert werden. Fortbildungsmaßnahmen dürften auch die Beschäftigungschancen von Frauen verbessern. Darüber hinaus kann im Rahmen des neuen Schwerpunkts 4 des Fonds zur nachhaltigen Entwicklung der Fischereigebiete Unterstützung für die Diversifizierung von Wirtschaftstätigkeiten und Beschäftigungsalternativen für Fischer über eine große Bandbreite von Maßnahmen gewährt werden. Im Rahmen dieses Schwerpunkts können auch spezielle Maßnahmen zur Verbesserung der beruflichen Fähigkeiten, Einsetzbarkeit der Arbeitskräfte und Beschäftigungschancen für Frauen gefördert werden. Ich möchte betonen, dass die Kommission die Mitwirkung von Frauen in örtlichen Gremien fördert, die die im Rahmen des Schwerpunkts 4 geförderten Maßnahmen verwalten.

Drittens, wie bereits erwähnt, verlangt der EFF von den Mitgliedstaaten, dass sie eine breite und wirksame Einbeziehung aller relevanten Partner in die unterschiedlichen Stufen der Programmplanung gewährleisten, und dazu zählen auch Gremien, die für die Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen zuständig sind. Ferner verlangt der Fonds, dass die operationellen Programme Angaben dazu enthalten, wie der Partnerschaftsgrundsatz umgesetzt wird, ferner eine Liste der konsultierten Partner, die Ergebnisse dieser Konsultationen und wie sie berücksichtigt wurden. Die Umsetzung des neuen Schwerpunkts 4 zur nachhaltigen Entwicklung der Fischereigebiete, die im Rahmen des Fonds gefördert wird, erfolgt durch einen Bottom-up-Ansatz. So werden die lokalen Akteure, darunter auch die Frauenverbände, zum Motor für die Planung und Durchführung lokaler Entwicklungsstrategien. Auf diese Weise können Frauenorganisationen an der Entscheidungsfindung auf örtlicher Ebene teilhaben und sicherstellen, dass ihre speziellen Anliegen und Vorschläge in den lokalen Entwicklungsstrategien Berücksichtigung finden. Frauen und ihre Vertreter sind auch angehalten, in den regionalen Beiräten mitzuwirken, die eingesetzt wurden, um die Verwaltung der reformierten Gemeinsamen Fischereipolitik zu verbessern. So haben Frauenverbände beispielsweise schon einen Sitz im Nordsee-Beirat, dem ersten, der gebildet wurde. Auch im Beirat für die Nordwestlichen Gewässer sind Frauen vertreten.

Im gegenwärtigen Programmplanungszeitraum schließlich können die Mitgliedstaaten im Rahmen des Finanzinstruments für die Ausrichtung der Fischerei Studien und innovative Projekte kofinanzieren, die die spezielle Situation der Frauen betreffen, die als Muschelsammlerinnen arbeiten. Diese Möglichkeit besteht auch im Rahmen des Europäischen Fischereifonds unter dem Schwerpunkt 3 zu Maßnahmen von allgemeinem Interesse. Die Kommission hat seit 2003 eine Reihe von Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen für innovative Maßnahmen im Fischereisektor veröffentlicht. Diese Maßnahmen sind jetzt fast abgeschlossen. Im Jahre 2005 hat die Kommission eine Ex-post-Evaluierung dieser Maßnahmen vorgenommen, um deren Wirkung und Mehrwert zu ermitteln. Aus den Ergebnissen dieser Evaluierung geht klar hervor, dass solche Maßnahmen keinen Mehrwert aufweisen, während innovative Maßnahmen, die in den operationellen Programmen der Mitgliedstaaten enthalten sind und aus diesen finanziert werden, erfolgreicher waren und besser begleitet wurden.

Ausgehend von diesen Schlussfolgerungen hat die Kommission beschlossen, die Durchführung dieser Maßnahmen in die Verordnung über den Europäischen Fischereifonds aufzunehmen und ihre Umsetzung über die operationellen Programme der Mitgliedstaaten zu fördern.

 
  
MPphoto
 
 

  Teresa Riera Madurell (PSE).(ES) Herr Kommissar! Vielen Dank für Ihre Erläuterungen. Ich möchte jedoch die ganz konkrete Situation der Muschelsammlerinnen ansprechen. Die meisten von ihnen sind über 50 Jahre alt, leiden aufgrund ihrer Arbeit an gesundheitlichen Problemen und haben in vielen Fällen keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung, Gesundheitsfürsorge und Sicherheit am Arbeitsplatz.

In unserem Bericht fordern wir die Kommission daher auf, ein Pilotprojekt zu erarbeiten, das sich der konkreten Lage der Muschelsammlerinnen widmet.

Stimmt die Kommission der Umsetzung dieses Pilotprojekts zu, wie vom Parlament angeregt wurde? Wir würden gern wissen, was die Kommission in dieser Frage zu tun gedenkt.

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Ich werde die Machbarkeit der Einrichtung eines solchen Pilotprojekts prüfen, das speziell die Muschelsammlerinnen und Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Lage in jeder Hinsicht betrifft. Im Moment kann ich nur sagen, dass ich das befürworten würde, aber ich muss mich näher damit befassen, ehe ich eine verbindliche Aussage treffen kann.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. – Wir kommen zum nächsten Abschnitt der Fragestunde und dazu begrüße ich Herrn Kommissar Špidla.

Die Anfragen 43 bis 45 werden schriftlich beantwortet.

Anfrage Nr. 46 von Lambert van Nistelrooij (H-0972/06)

Betrifft: Mit dem demografischen Wandel verbundene wirtschaftliche und innovative Chancen

Die Alterung der Bevölkerung und der damit verbundene demografische Wandel gelten als Bedrohung für den Arbeitsmarkt und die „wissensbasierte Wirtschaft“ der EU, ihrer Mitgliedstaaten und Regionen. Sie kann jedoch auch als Chance für neue Arbeitsplätze in einem wachsenden Markt mit neuen Produkten und Dienstleistungen, die die Lebensqualität älterer Menschen verbessern, sowie für Wirtschaftswachstum und für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Europas verstanden werden. Dies ist der Ansatz der so genannten „Silver Economy“ (Seniorenwirtschaft). Jüngste Berechnungen in Deutschland haben gezeigt, dass eine entschlossene Reaktion auf den Bedarf und die Interessen der mitunter immer reicher werdenden älteren Menschen in den nächsten zwei Jahrzehnten zu 900 000 neuen Arbeitsplätzen führen könnte. Es gibt keine anderen Sektoren oder Geschäftszweige mit einem höheren Wachstumspotenzial.

Bisher wurden die sich durch die Alterung der Bevölkerung stellenden Herausforderungen in den Mitteilungen der Kommission über „Die demografische Zukunft Europas – Von der Herausforderung zur Chance“ (KOM(2006)0571 endg.) und „Europäische Werte in der globalisierten Welt“ (KOM(2005)0525 endg.), im Grünbuch „Demografischer Wandel“ und den wichtigsten an der Lissabon-Strategie ausgerichteten politischen Programmen wie den Strukturfonds, dem Siebten Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung und dem Rahmenprogramm für Wettbewerb und Innovation nicht klar horizontal dargelegt. Ausnahmen sind die innovativen Maßnahmen der Kommission „Ambient Assisted Living“ (Betreutes Wohnen), die Initiative i2010 und die Mitteilung der Kommission zum Thema eAccessibility, die nun Teil des Programms eInclusion im Rahmen des dritten Pfeilers von „i2010“ ist.

Was gedenkt die Kommission zu tun, um die Mitgliedstaaten und die Regionen anzuhalten, als horizontale politische Maßnahme das Konzept „Silver Economy“ in ihre Innovationen fördernden Reformprogramme im Zuge der Lissabon Strategie für 2007 und darüber hinaus aufzunehmen?

Plant die Kommission, die Konzeption ihrer politischen Maßnahmen für die verschiedenen Fragen der „Silver Economy“ zu koordinieren?

 
  
MPphoto
 
 

  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Kommission gibt dem Herrn Abgeordneten absolut Recht: Die so genannte „Silver Economy“ (Seniorenwirtschaft) bietet viel Entwicklungsspielraum und sollte auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene gefördert werden. Sie ist ein Beispiel dafür, wie wir den größten Nutzen aus dem Umstand ziehen können, dass die Menschen länger leben. In ihrer neuen Mitteilung 2006/571 mit dem Titel „Die demografische Zukunft Europas – Von der Herausforderung zur Chance“ nennt die Kommission die Seniorenwirtschaft als Beispiel für positive Auswirkungen der Alterung in dem Sinne, dass sie Chancen für ein erneutes Wirtschaftswachstum eröffnet.

Die Kommission begrüßt Initiativen wie das „Seniorenwirtschaftsnetzwerk der europäischen Regionen“ (SEN@ER). Beim ersten europäischen Demografie-Forum, das vor kurzem stattfand, stellte ein Politiker aus Nordrhein-Westfalen in einem der Workshops Aktivitäten vor, die Deutschland im Bereich der Seniorenwirtschaft im Rahmen des Netzwerks SEN@ER durchführt. Am 25. und 26. Januar 2007 richtet die Kommission eine Konferenz zum Thema regionale Reaktionen auf den demografischen Wandel aus; dort wird eine Auswahl erfolgreicher regionaler „Silver-Economy“-Projekte vorgestellt, die vielfach mit Mitteln aus den Strukturfonds gefördert werden.

Ich möchte auch erwähnen, dass die deutsche Präsidentschaft am 17. und 18. April 2007 mit Unterstützung der Kommission eine wichtige Konferenz in Berlin veranstalten wird, die unter dem Motto „Demografischer Wandel: Chancen erkennen – Potenziale nutzen – Wachstum fördern“ stehen und sich mit potenziellen Synergien zwischen dem Altern und der Wirtschaft befassen wird. Das Thema Seniorenwirtschaft ist neu und berührt verschiedene Politikbereiche aus dem Aufgabenfeld der Kommission. Die Kommission hat eine interne Arbeitsgruppe gebildet, die die verschiedenen europäischen Maßnahmen zum demografischen Wandel koordinieren soll; in diesem Zusammenhang wird sich die Kommission weiterhin mit der Demografieproblematik im Allgemeinen und konkreter mit der Seniorenwirtschaft befassen. Im Ergebnis dieser Arbeit könnten mehrere Kommissionsinitiativen entwickelt werden, beispielsweise zu den Folgen der Bevölkerungsalterung und den Chancen, die die „Silver Economy“ eröffnet.

Auf die zunehmende Alterung der Bevölkerung hat die Kommission unter anderem mit der Schlüsselinitiative „i2010“ reagiert; darin werden ein ganzheitlicher Ansatz und praktische Maßnahmen im Hinblick auf die Entwicklung sowie die innovative und intensivere Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien vorgeschlagen. Für diese Initiative werden alle verfügbaren Instrumente genutzt, darunter Initiativen im Rahmen des Siebten Forschungsrahmenprogramms gemäß Artikel 169 auf dem Gebiet des umgebungsunterstützten Lebens, das neue Programm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation im Bereich der bestmöglichen Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien in Bezug auf das Altern, einschließlich Sensibilisierungs- und politische Maßnahmen. Die Mitteilung der Kommission zu diesem Thema wird voraussichtlich Anfang 2007 veröffentlicht.

 
  
MPphoto
 
 

  Lambert van Nistelrooij (PPE-DE). – (NL) Frau Präsidentin! Ich danke Kommissar Špidla für seine aktive Haltung in dieser Angelegenheit. Dennoch sind die Möglichkeiten des Marktes der „Silver Economy“ für Dienstleistungen und Produkte derzeit noch ein wenig vage. Neben den fünf in der Mitteilung „Die demografische Zukunft Europas Von der Herausforderung zur Chance“ erwähnten Instrumenten muss der Ansatz der „Silver Economy“ als sechster gesonderter Weg hinzukommen. Sind Sie diesem Gedanken zugänglich? Zudem möchte ich Folgendes anregen. Wie Sie bereits erwähnten, kommen am 25. und 26. Februar die Regionen in Verbindung mit diesem Seniorennetzwerk zusammen. Sind Sie bereit, auf dieser Grundlage zu prüfen, was dies möglicherweise für die künftigen Anpassungen im Parlament bedeutet, indem Sie beispielsweise im Laufe des Jahres 2007 gemeinsam mit dem Parlament eine Anhörung organisieren?

 
  
MPphoto
 
 

  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Meine Damen und Herren! Die zunehmende Alterung der Bevölkerung, deren Folgen und die Seniorenwirtschaft – anders gesagt, das vollständige Erfassen der damit einhergehenden Veränderungen sowohl im Konsum als auch in der Produktion – sind so wichtige Aspekte, dass – sollte das Parlament diese Initiative beschließen – ich nur sagen kann: Ich werde das Geschehen aufmerksam verfolgen und die Initiative in vollem Umfang unterstützen.

Was die Suche nach Organisationsstrukturen betrifft, können wir uns meines Erachtens im Moment nicht auf eine bestimmte Struktur festlegen, doch was auch immer geschieht, wir werden die Entwicklung im „Seniorenwirtschaftsnetzwerk der europäischen Regionen“ beobachten und uns auch ansehen, wie wirksam die zuständigen nationalen Koordinierungsstrukturen funktionieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! In der Mitteilung der Kommission zur zunehmenden Alterung der Bevölkerung wird klipp und klar darauf hingewiesen, dass der demografische Wandel eine der wichtigsten Veränderungen ist, denen sich unsere Gesellschaft stellen muss; er betrifft alle Bereiche der Gesellschaft und hat bereichsübergreifende Folgen. Die Kommission hat sich daher für die durchgängige Berücksichtigung, d. h. die Einbeziehung in alle Politikbereiche einschließlich der Verbraucherpolitik und der Verbraucherschutzpolitik sowie der Wirtschaft insgesamt entschieden.

 
  
MPphoto
 
 

  Danutė Budreikaitė (ALDE).(LT) Herr Präsident, Herr Kommissar! Schon in der Lissabon-Strategie war vorgesehen, Wettbewerbsfähigkeit durch eine Anhebung des Rentenalters auf 65 Jahre zu erreichen. In Deutschland wurde das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre heraufgesetzt. Im 21. Jahrhundert führen wir nicht etwa neue Technologien ein, sondern erhöhen das Rentenalter und die Arbeitszeit. In welchem Alter sollte denn ein Mensch Ihrer Meinung nach in den wohlverdienten Ruhestand gehen können?

 
  
MPphoto
 
 

  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Das Renteneintrittsalter ist ein höchst heikles Thema und wir können nicht den bequemen Weg wählen und einfach ein bestimmtes Alter auf der Grundlage eines auf europäischer Ebene gefassten Beschlusses festlegen, denn dafür sind allein die Mitgliedstaaten zuständig. Ich möchte auf die Tatsache verweisen, dass es sich um eine berechtigte Frage handelt und dass die Kommission nicht die Absicht hat, ein bestimmtes Alter festzulegen. Der Kommission schwebt vor, dass die Menschen länger wirtschaftlich aktiv bleiben und länger einer Erwerbstätigkeit nachgehen, und ich gehöre zu den entschiedenen Befürwortern dieses Anliegens. Die Festlegung einer Altersgrenze auf administrativer Ebene spielt dabei keine allzu große Rolle. Viel wichtiger ist, dass Bedingungen geschaffen werden, die es den Menschen ermöglichen, länger wirtschaftlich aktiv zu bleiben und länger am Erwerbsleben teilzunehmen. In vielen Fällen liegt das vom Gesetzgeber festgelegte Renteneintrittsalter bei 65 Jahren, doch das durchschnittliche Erwerbsleben in Europa endet zurzeit mit 59 Jahren.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Lebenserwartung bei guter Gesundheit steigt und derzeit in Europa durchschnittlich 62 Jahre beträgt, wobei es große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gibt. Auch dieser Aspekt muss in die Diskussion einbezogen werden.

Ich möchte betonen, dass die Vorstellung von der integrativen Gesellschaft auf der Annahme beruht, dass Arbeit nicht nur wirtschaftliche Aspekte hat, sondern dass es dabei auch um die aktive Teilhabe an der Gesellschaft geht. Wissenschaftliche Untersuchungen haben eindeutig ergeben, dass eine Frühverrentung von denen, die ihre Möglichkeiten nicht voll ausgeschöpft haben, eher als Belastung denn als Segen empfunden wird.

Lassen Sie mich auf Ihre eigentliche Frage zurückkommen. Die Kommission beabsichtigt nicht, ein bestimmtes Rentenalter auf administrativer Ebene festzulegen oder zu empfehlen, hält aber eine Verlängerung des Erwerbslebens angesichts der zunehmenden Alterung der Bevölkerung und der längeren Rentenbezugszeiten für richtig. Zu diesem Zweck sollten verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, wobei die Anhebung des Renteneintrittsalters zumindest meiner Meinung nach zu den weniger wichtigen Punkten gehört.

 
  
MPphoto
 
 

  Andreas Mölzer (NI). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Gerade bei der älteren Generation ist man zunehmend daran interessiert, sie zum Geldausgeben, also zum Konsum anzuregen. Im Gegensatz dazu wird es jedoch bereits für 40- oder 50-Jährige immer schwieriger, Arbeit zu bekommen. Das schlägt sich natürlich auch in niedrigen Renten nieder. Vor allem für die Frauen steigt die Gefahr der Altersarmut. Wie gedenkt die Kommission, diesen Widerspruch zu lösen?

 
  
MPphoto
 
 

  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Erstens muss unbedingt die Gesamtkapazität des europäischen Arbeitsmarkts durch Maßnahmen verbessert werden, die nach unserem Dafürhalten ergebnisorientiert und wichtig für den Arbeitsmarkt sind. Dazu gehören die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit, die berufliche Bildung, Umschulungen, Hilfe für Menschen, die arbeitslos geworden sind, und die so genannte Flexicurity, d. h. die aktive Unterstützung von Menschen in Übergangsphasen, wobei Letzteres nicht unbedingt bedeutet, dass jemand seinen Arbeitsplatz verloren hat. Es kann sich auch um einen Berufswechsel handeln. All dies sind wichtige Punkte, und sie sollten bei der Lösung des von Ihnen angesprochenen Problems berücksichtigt werden, das heißt bei der Aktivierung des europäischen Arbeitsmarkts.

Das zweite Ziel ist die Bewertung und Beseitigung aller diskriminierende Elemente bzw. von Elementen, die zu einer Ungleichbehandlung in den Renten- und Sozialversicherungssystemen führen. Die Kommission hält all dies für sehr wichtig, und in dieser Richtung geht sie vor.

Eine weitere Maßnahme, die ebenfalls Bestandteil der Lissabon-Strategie ist, betrifft die Erhöhung der Beschäftigungsquote der über 50-Jährigen. Eines der wichtigsten aktuellen Ziele ist die Abschaffung der geschlechterspezifischen Einkommensunterschiede, denn sie sind eine der Hauptursachen für Unterschiede im Rentenalter. In diesem Fall hat die Kommission viele Facetten im Blick; sie denkt an den Arbeitsmarkt, die Sozialversicherungssysteme und die ungleiche Bezahlung. Meines Erachtens gehen diese Sichtweise und dieser Ansatz in die richtige Richtung.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 47 von Bernd Posselt (H-0982/06)

Betrifft: Demographie und Erziehungsgehalt

Hat sich die Kommission bei ihren jüngsten Studien zum Thema Demographie auch mit der Auswirkung des so genannten Erziehungsgehaltes auf die Bevölkerungsentwicklung in Norwegen befasst, und beabsichtigt sie, ähnliche Modelle in Nicht-Mitgliedstaaten wie Norwegen und Mitgliedstaaten wie Frankreich miteinander zu vergleichen?

 
  
MPphoto
 
 

  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bislang hat die Kommission die Auswirkungen der verschiedenen Leistungssysteme auf die Geburtenrate noch nicht untersucht. Demografieexperten sind sich im Allgemeinen einig, dass eine Abgrenzung der Effekte verschiedener finanzieller Leistungen von anderen, möglicherweise entscheidenden Faktoren, die die Geburtenrate beeinflussen, schwierig ist. Die Kommission meint jedoch, dass sich die Suche nach erprobten und bewährten Konzepten nicht nur auf die EU-Mitgliedstaaten beschränken sollte; zweifellos könnten wir aus dem lernen, was die nicht zur Europäischen Union gehörenden nordeuropäischen Länder, also Norwegen und Island, unternommen haben, um den demografischen Wandel zu bewältigen.

Nach der Annahme ihrer Mitteilung „Die demografische Zukunft Europas – Von der Herausforderung zu Chance“ am 12. Oktober 2006 beschloss die Kommission die Bildung einer Gruppe von Regierungsfachleuten auf den Gebieten Demografie und Familienangelegenheiten, die sie bei künftigen Aktivitäten unterstützen und als Plattform für den Austausch über bewährte und erprobte Konzepte fungieren wird. Ich möchte ferner darauf hinweisen, dass die Kommission nicht nur die Mitteilung zur Demografie angenommen, sondern auch beschlossen hat, mit den europäischen Sozialpartnern über die Frage zu beraten, wie sich Berufs-, Privat- und Familienleben besser miteinander vereinbaren lassen. Die Sozialpartner wurden aufgefordert einzuschätzen, ob weitere Verbesserungen erforderlich sind, insbesondere im Hinblick auf die Arbeitszeit, flexible Arbeitsbedingungen, die neuen Möglichkeiten, die die Informationstechnologie eröffnet, den Zugang zur Kinderbetreuung und die Qualität der Betreuung, die Betreuung älterer und anderer pflegebedürftiger Personen und den Urlaub, einschließlich des Elternurlaubs bzw. der Freistellung zur Betreuung von pflegebedürftigen Personen, Kindern oder behinderten Familienmitgliedern.

Da die norwegischen Sozialpartner Mitglieder in den europäischen Organisationen sind, die ihre Interessen vertreten, werden ihre Erfahrungen mit den von Familien erbrachten Leistungen berücksichtigt.

Darüber hinaus wird die Kommission die deutsche Präsidentschaft bei der Gründung einer Europäischen Allianz für Familien unterstützen. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass eine solche Allianz zur Ermittlung bewährter und erprobter Konzepte beitragen und den diesbezüglichen Austausch zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen kann, wobei das Ziel darin besteht, bessere Rahmenbedingungen für Familien in der EU zu schaffen und den Europäern die Möglichkeit zu geben, sich für die von ihnen jeweils gewünschte Kinderzahl zu entscheiden. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wie Sie meinen langen Ausführungen vielleicht entnehmen konnten, muss die Kommission die Frage der finanziellen Zuwendungen erst noch bewerten; damit werden wir uns zu einem späteren Zeitpunkt befassen.

 
  
MPphoto
 
 

  Bernd Posselt (PPE-DE). – Vielen Dank, Herr Kommissar, für Ihre sehr gute Antwort und für den Mut, mit dem Sie an dieses Thema herangehen, vor dem viele Ihrer Vorgänger zurückgescheut sind. Ich möchte nur noch nachfragen: Planen Sie auch Maßnahmen, um im immateriellen Bereich die Kinder- und Familienfreundlichkeit in den europäischen Gesellschaften zu fördern, und denken Sie auch daran, dabei Nichtregierungsorganisationen, private Verbände und Privatpersonen miteinzubeziehen, um hier auch die Zivilgesellschaft in diese Arbeit zu integrieren?

 
  
MPphoto
 
 

  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Da die Zeit sehr knapp ist, werde ich mich kurz fassen. Weil bekanntlich die materiellen Bedingungen ein wesentlicher Aspekt unseres Lebens, der Lebensqualität und des Lebens- und Familienunterhalts sind, werden wir in dieser Frage natürlich nur vorankommen, wenn wir die Kapazitäten von Nichtregierungsorganisationen nutzen. Also setzen wir, wie Herr Posselt in seiner Frage bemerkt, auf die umfassende Einbeziehung verschiedener Nichtregierungsorganisationen und Verbände.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. – Die Fragen 48-53 werden schriftlich beantwortet.

Anfrage Nr. 54 von Marc Tarabella (H-0955/06)

Betrifft: Scheitern der Verbraucherpolitik im Binnenmarkt

Die jüngste Eurobarometer-Umfrage vom März 2006 hat erneut das totale Misstrauen der Verbraucher gegenüber dem Binnenmarkt sowie ihre vollständige Unkenntnis ihrer Rechte und der Möglichkeiten zur Lösung ihrer Probleme aufgezeigt.

Kann die Kommission erklären, warum das bestehende Rechtsinstrumentarium ungeeignet ist und/oder so schlecht umgesetzt wurde, dass die Verbraucher abgeschreckt werden und auf grenzüberschreitende Käufe verzichten? Wie gedenkt sie, die Verbraucher gegen die zunehmenden Missstände zu schützen, durch die diese infolge der explosionsartigen Vermehrung der Kaufangebote im Internet benachteiligt werden? Warum berücksichtigt sie nicht die Tausenden von Beschwerden, die sie aus ihren eigenen Netzen bezüglich der grenzüberschreitenden Käufe, der Reisen, der Gesundheitsdienste usw. erhält?

 
  
MPphoto
 
 

  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. – (EL) Frau Präsidentin! Die Umfrage, die der Parlamentsabgeordnete angesprochen hat, bestätigt die Ansicht der Kommission, dass viel getan werden muss, um das Vertrauen der Verbraucher in den Binnenmarkt zu stärken. Wenn wir jedoch daran denken, wo wir angefangen haben, wo wir begonnen haben und wo wir jetzt stehen, dann sollten wir nicht solch einen absolut negativen Standpunkt einnehmen.

Es sind erhebliche Fortschritte erzielt worden, und wir können das anhand der Maßnahmen sehen, die wir während der letzten Jahre ergriffen und umgesetzt haben. Die Kommission legt die Hände jedoch nicht in den Schoß, sondern setzt sich weiterhin für die Stärkung des Verbrauchervertrauens ein, den Mitgliedstaaten aber kommt ebenfalls eine bedeutende Rolle zu. Das geringe Vertrauen ist zwar auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, einer der wichtigsten besteht jedoch darin, dass es kein harmonisiertes Verbraucherschutzsystem gibt; dass die Verbraucher also nicht wissen, was sie zu erwarten haben, wenn sie außerhalb der Grenzen ihres Landes einkaufen. Die Verbraucher sollten allerdings anerkennen, dass im Hinblick auf die Lösung dieser Probleme in den letzten Jahren viel erreicht worden ist. Aber zweifellos muss noch sehr viel mehr getan werden, um das Verbrauchervertrauen zu stärken, insbesondere was die Einhaltung und Umsetzung bestehender Rechtsvorschriften betrifft. Sowohl die Maßnahmen, die bereits ergriffen worden sind, als auch diejenigen, die sich in Planung befinden, zielen darauf ab, die zunehmende Zahl unlauterer bzw. illegaler Praktiken zu bekämpfen.

Ist auf Ebene der Europäischen Union etwas unternommen worden? Zunächst einmal möchte ich Ihnen versichern, dass die Kommission niemals eine Beschwerde ignoriert, die sie aus ihren Netzen erhalten hat oder erhält. Im Gegenteil, in der Vergangenheit haben solche Beschwerden die Dinge ins Rollen gebracht, ein Beispiel dafür ist die Einführung von Rechtsvorschriften gegen unlautere Geschäftspraktiken. Zudem stellen sie einen wichtigen Bestandteil der Daten- und Informationsbanken dar und werden für künftige Maßnahmen herangezogen, wie beispielsweise das Timesharing. Die Timesharing-Rechtsvorschriften werden für Reiseprodukte gelten, die nicht durch das Gesetz abgedeckt sind und daher kein ausreichendes Verbraucherschutzniveau bieten.

Die andere Rechtsvorschrift, die ich erwähnt habe, nämlich die Richtlinie 2005/29 über unlautere Geschäftspraktiken, untersagt aggressive Praktiken wie Verkauf unter Ausübung von Druck, irreführende Marketingmethoden und unlautere Werbung. Die Verbraucher in der Europäischen Union sind unabhängig davon, ob sie nun in ihrem Heimatland, in anderen Mitgliedstaaten oder im Internet einkaufen, gleichermaßen geschützt. Durch den horizontalen Charakter dieser Schutzmaßnahmen wird es zudem möglich sein, neue Praktiken zu überwachen, die sich im Zuge der Marktentwicklung herausbilden.

Darüber hinaus wurden mit der Richtlinie 2000/31 über den elektronischen Geschäftsverkehr Informationsanforderungen vorgeschrieben, um eine umfassende Unterrichtung der Verbraucher über die Identität des Händlers, den kommerziellen Charakter der Internetkommunikation, den tatsächlichen Preis und die technischen Mittel zu gewährleisten.

Die Verordnung 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz wird den zuständigen nationalen Behörden ein rasches Handeln bei der Bekämpfung skrupelloser und unlauterer Händler, die grenzüberschreitend tätig sind, ermöglichen, unabhängig davon, wo sich diese in der Europäischen Union befinden.

In dem Vorschlag für eine Verordnung über das Vertragsrecht, also die „Rom-I-Verordnung“, wird der Vorschlag der Kommission einen erheblichen Beitrag zur Stärkung des Vertrauens der Verbraucher leisten, da sie den Nutzen ihnen bereits vertrauter Rechtsvorschriften aufzeigt. Außerdem haben wir die Netzwerke der Europäischen Verbraucherzentren und das Europäische Netz für außergerichtliche Streitbeilegung im Bereich der Wirtschaft, die die Verbraucher über ihre Rechte informieren und sie dabei unterstützen, in grenzüberschreitenden Fällen ihre Rechte durch Anrufung von Gerichten bzw. durch außergerichtliche Einigung zu wahren.

Wie dem Parlament bekannt ist, wird die Kommission sich auch in Zukunft damit befassen, die Verbraucherschutzgesetzgebung zu überarbeiten. In Kürze erfolgt die Annahme eines Grünbuchs, das der breiten Öffentlichkeit zur Konsultation vorgelegt wird. Sein Ziel besteht darin, Methoden zur Modernisierung und Verbesserung bestehender Rechtsvorschriften zu finden, um das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen zu stärken, damit innerhalb der Grenzen des Binnenmarkts Käufe und Verkäufe getätigt werden können. Das Thema Verbraucherschutz wird außerdem im Rahmen der geplanten Strategie zur Verbraucherpolitik erörtert werden.

Wie Sie sehen können, zeigen unsere Untersuchungen einerseits, dass es nach wie vor ernste Probleme gibt, andererseits machen sie jedoch deutlich, dass die Kommission die Hände nicht in den Schoß legt bzw. untätig ist. Im Gegenteil, sie ergreift Maßnahmen, die Bestandteil eines umfassenden Programms zur Bekämpfung der im Zuge unserer Untersuchung festgestellten Mängel sind.

 
  
MPphoto
 
 

  Marc Tarabella (PSE).(FR) Vielen Dank für Ihre Antwort, Herr Kommissar. Sie überrascht mich nicht, da sie genau der Position der Kommission entspricht, die im Aktionsprogramm zum Ausdruck kam, das gerade für den Zeitraum 2007-2012 angenommen wurde und das das einzige Ziel verfolgt – ich zitiere – ein gleich hohes Schutzniveau für alle Verbraucher in der EU und die wirksame Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften zu gewährleisten.

Wie gedenkt die Kommission in der Praxis gegen Mitgliedstaaten vorzugehen, die beispielsweise im Hinblick auf Garantien oder den Versandhandel die vorhandenen Richtlinien nicht vollständig einhalten und damit Verbraucher, die versuchen, aus dem Binnenmarkt Vorteile zu ziehen, ernsthaften Gefahren aussetzen? Und schließlich: Sind Sie nicht auch der Ansicht, dass die Politik dieser Kommission, entgegen dem Geist des Vertrags, die Bürger als Verbraucher zu Verlierern und Leidtragenden des Binnenmarktes gemacht hat?

 
  
MPphoto
 
 

  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Wir werden prüfen, wie all die Rechtsvorschriften umgesetzt worden sind, und das werden wir über unsere Überprüfung des Acquis tun. Zuallererst werden wir uns vergewissern, ob die Mitgliedstaaten diese Rechtsvorschriften ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt haben. Wenn sich zeigt, dass trotz ordnungsgemäß erfolgter Umsetzung immer noch Probleme auf dem Binnenmarkt oder Handelsschranken oder Unterschiede im Verbraucherschutz zwischen den Mitgliedstaaten bestehen, dann werden wir dafür Sorge tragen, dass diese durch zusätzliche Maßnahmen behoben werden. Wir verfolgen das also sehr gewissenhaft und werden darauf achten, dass die Mitgliedstaaten alle europäischen Rechtsvorschriften im Bereich des Verbraucherschutzes korrekt anwenden.

Wie Sie wissen, wird meine Kollegin, Frau Kunewa, den Verbraucherschutz am 1. Januar übernehmen, und sie ist bei diesem Thema ebenfalls sehr engagiert.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 55 von Sarah Ludford (H-0965/06)

Betrifft: Genetisch veränderter Reis

Die Entscheidung der Kommission vom 23. Oktober über die obligatorische Überprüfung von Reiseinfuhren auf genetisch veränderte Organismen ist zwar zu begrüßen, doch geben viele Aspekte in diesem Zusammenhang Anlass zu großer Beunruhigung.

Die zuständigen Behörden der Vereinigten Staaten haben immer wieder bescheinigt, dass ihr Reis frei von der ungenehmigten Reissorte GMO LLRICE 601 ist; trotzdem wurde diese in den Lieferungen festgestellt. Wie sollen die EU-Verbraucher angesichts dieser Tatsache Vertrauen in die Zuverlässigkeit dieser Zertifizierungsregelungen haben?

Meldungen zufolge wurde in britischen Supermärkten genetisch veränderter Reis aus den USA mit der Genehmigung der offiziellen britischen Lebensmittelaufsichtsbehörde Food Standards Agency (FSA) verkauft. Schafft dies Vertrauen in die FSA? Wie konnte die Entscheidung der Behörde mit den EU-Rechtsvorschriften im Einklang stehen?

Die Regierung des Vereinigten Königreichs hat vorgeschlagen, den gemeinsamen Anbau von GMO-Kulturen und konventionellen und biologischen Nutzpflanzen zuzulassen. Wie wird die Kommission Verstöße gegen die EU-Rechtsvorschriften, die die Kontamination betreffen, verhindern?

 
  
MPphoto
 
 

  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Es stimmt, dass dies ein sehr wichtiges Thema für uns ist, und fest steht auch, dass kein ungenehmigtes Produkt auf den Markt der Europäischen Union gelangen kann. Wir haben ein sehr strenges System, um zu gewährleisten, dass kein Produkt durch das Bewertungsverfahren mit seinem sehr hohen Standard rutscht.

Die Frage der Kontamination von US-amerikanischem Langkornreis mit der ungenehmigten genetisch veränderten Reissorte GM LLRICE 601 beweist doch, dass dies keine bloße Behauptung, sondern eine Tatsache ist. Unsere Reaktion hat gezeigt, dass wir beabsichtigen, unsere Rechtsvorschriften in jedem möglichen Fall anzuwenden.

Unmittelbar nachdem die Kommission von dieser Kontamination von US-amerikanischem Reis Kenntnis erhielt, haben wir alle erdenklichen Maßnahmen getroffen, um zu verhindern, dass ungenehmigte Produkte in Verkehr gelangen können. Zuerst haben wir eine obligatorische Zertifizierung jeder einzelnen Lieferung, die in der Europäischen Union ankommt, eingeführt. Als wir jedoch erfuhren, dass bei Sendungen von US-amerikanischem Reis, die als GVO-frei zertifiziert waren, die Kontrollen am Ankunftshafen in der Europäischen Union positiv ausfielen, wurde die Zertifizierungsregelung durch eine systematische Gegenkontrolle jeder Sendung mit Ursprung in den USA verstärkt.

Wichtig ist auch, dass diese Gegenkontrolle auf der Grundlage eines harmonisierten und peinlich genauen Probenahme- und Prüfverfahrens durchgeführt wird, das zuverlässige und vergleichbare Ergebnisse gewährleistet, damit unsere Verbraucher sicher sein können, dass jede Lieferung von US-amerikanischem Langkornreis zweimal kontrolliert wird – einmal in den USA sowie bei der Ankunft in der Europäischen Union.

Ich muss Sie daran erinnern, dass in erster Linie die Mitgliedstaaten dafür verantwortlich sind, dass diese Regelungen durchgesetzt werden und dass nachgeprüft wird, ob sich die Wirtschaftsakteure daran halten. Die Kommission hat die nationalen Behörden regelmäßig an ihre Pflicht erinnert, angemessene Überprüfungen durchzuführen und kontaminierte Produkte einzuziehen.

Die britische Lebensmittelaufsichtsbehörde Food Standards Agency hat ihr Vorgehen klargestellt, indem sie den Schlussfolgerungen des Ständigen Ausschusses vom 11. September 2006 zugestimmt hat. Hier verpflichten sich die Mitgliedstaaten, alle gelagerten Massengutsendungen von US-amerikanischem Reis zu überprüfen, die sich bereits auf dem Markt der Europäischen Union befinden.

In Bezug auf Produkte in den Geschäften sehen unsere Rechtsvorschriften vor, dass die Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass diese kontrolliert und gegebenenfalls vom Markt genommen werden. Ziel ist aber, die Rechtsvorschriften bereitzustellen. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass die Maßnahmen möglichst wirksam durchgeführt werden.

In der Frage der Kreuzkontamination sollte man nicht vergessen, dass in der Europäischen Union keine genetisch veränderten Kulturen angebaut werden dürfen, die nicht als sicher für die Umwelt und für die Gesundheit von Menschen und Tieren bewertet und für den Anbau genehmigt wurden. Die Mitgliedstaaten entwickeln Koexistenzstrategien, um zu gewährleisten, dass sie die etwaige Vermischung von genetisch veränderten und nicht genetisch veränderten Kulturen so weit wie möglich begrenzen und die wirtschaftlichen Folgen klären können. Die Zuständigkeit dafür liegt bei den Mitgliedstaaten ausgehend von den Empfehlungen und Leitlinien der Europäischen Union. Aufgrund der besonderen Merkmale jedes einzelnen Mitgliedstaates – Landschaft, Umwelt, klimatische Verhältnisse – ist es jedoch wichtig, dass sie die geeignetsten Maßnahmen treffen.

Wir wissen, dass viele Mitgliedstaaten, auch das Vereinigte Königreich, Konzepte aufgestellt haben bzw. derzeit aufstellen, mit denen sie gewährleisten wollen, dass genetisch veränderte Kulturen mit konventionellen und ökologischen Kulturen koexistieren können. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, der Kommission nationale Koexistenzmaßnahmen mitzuteilen, und die Kommission verfolgt dies sehr aufmerksam.

 
  
MPphoto
 
 

  Sarah Ludford (ALDE). – (EN) Herr Kommissar, Sie mögen ja sagen, dass kein ungenehmigtes Produkt auf den EU-Markt gelangen kann, aber das ist einfach nicht der Fall. Die USA haben diesen Reis als GVO-frei zertifiziert, das hat sich als unwahr herausgestellt, und jetzt verlangen Sie Kontrollen.

Sie sagen, die FSA habe ihre Position klargestellt, aber können Sie sagen, welche Erklärung Sie von der FSA erhalten haben? War es richtig, dass sie den Geschäften mitgeteilt hat, sie brauchen diesen Reis nicht aus dem Verkehr zu ziehen?

Wenn es ungesetzlich ist, genetisch veränderten Reis zu verkaufen, wie kann denn dann das von der FSA empfohlene Verhalten rechtmäßig sein? Haben Sie sie gerügt?

Zeigt denn dieser ganze Vorfall nicht, dass die Versuche, so zu tun, als könnten ökologische und konventionelle Nahrungsmittel vor einer GV-Kontamination geschützt werden, keineswegs überzeugend sind?

 
  
MPphoto
 
 

  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Solange es weltweit genetisch veränderte Produkte gibt, die nicht von uns genehmigt sind, werden wir immer wachsam sein und alle verfügbaren Maßnahmen treffen müssen. Ich denke, der Umstand, dass wir frühzeitig herausgefunden haben, dass wir uns auf die US-amerikanische Zertifizierung nicht verlassen können, und dass wir unser eigenes Kontrollsystem eingeführt haben, beweist doch, wie ernst es uns damit ist.

Was nun das Problem im Vereinigten Königreich betrifft, so muss jedes Produkt, das einen nicht genehmigten GV-Bestandteil enthält, aus dem Verkehr gezogen werden, weil es sich unrechtmäßigerweise auf dem Markt befindet. Diese Pflicht besteht für alle Mitgliedstaaten, auch für das Vereinigte Königreich; das wurde ihnen gegenüber klargemacht, und sie haben das verstanden.

Es stimmt, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit erklärt hat, es bestehe keine unmittelbare gesundheitliche Gefahr für den Menschen, und das Vereinigte Königreich hat das wiederholt, aber die Kommission vertritt den Standpunkt, dass jedes Produkt dieser Art, das nicht nach unseren Verfahren genehmigt wurde, unrechtmäßig auf dem Markt ist und entfernt werden muss. Nachdem wir gegenüber den britischen Behörden klargestellt haben, dass dies die Rechtslage ist, haben sie ihre Haltung korrigiert. In dieser Hinsicht tragen wir dafür Sorge, dass die Mitgliedstaaten die Rechtsvorschriften auch anwenden, die sehr streng sind, damit kein ungenehmigtes Produkt zum Verbraucher gelangen kann. Nach einigen Beratungen hat das Vereinigte Königreich seine Haltung korrigiert.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. Die Anfragen, die aus Zeitgründen nicht behandelt wurden, werden schriftlich beantwortet (siehe Anlage).

Die Fragestunde ist geschlossen.

(Die Sitzung wird um 19.50 unterbrochen und um 21.00 wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: EDWARD McMILLAN-SCOTT
Vizepräsident

 
  

(1) ABl. L 46 vom 17.2.2004, S. 1.


23. Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Roselyne Bachelot-Narquin im Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (KOM(2006)0091 – C6-0082/2006 – 2006/0033(COD)).

 
  
MPphoto
 
 

  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Herr Präsident! Ich möchte dem Parlament und vor allem Frau Bachelot für ihre unermüdlichen Bemühungen um Fortschritte bei den Verhandlungen über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) danken. Zugleich möchte ich die Gelegenheit nutzen, um der finnischen Präsidentschaft meinen Dank für die mühevolle Arbeit auszusprechen, die sie geleistet hat, um die Annahme des EGF-Vorschlags in erster Lesung zu gewährleisten. Von der Annahme des Fonds wird das klare politische Signal ausgehen, dass die EU auf ihre Bürger angewiesen ist.

Wir sollten die Gründe für die Einrichtung dieses Fonds nicht vergessen. Niemand hat auch nur den geringsten Zweifel daran, welchen Anteil der Welthandel an unseren Arbeitsmärkten und unserer Wirtschaft hat. In einigen Bereichen hat die Öffnung des internationalen Handels jedoch zu Veränderungen in der Struktur unserer Volkswirtschaften geführt, die wiederum erhebliche Arbeitsplatzverluste zur Folge hatten. Oftmals sind Veränderungen absehbar, und wir können auf eine bestimmte Situation mit der Schaffung von Fördermechanismen wie dem Europäischen Sozialfonds reagieren. Gelegentlich lässt sich jedoch nicht vorhersagen, wo und wann Arbeitsplätze verloren gehen und welches Ausmaß die Folgen haben werden. Mit dem EGF können wir jetzt auf derartige Krisen reagieren.

Die Kommission hat von Anfang an die Bedeutung dieses Fonds für die Unionsbürger herausgestellt, der ein sichtbares Zeichen der europäischen Solidarität ist. In den letzten Jahren hat der EGF beispielsweise beim Ausgleich für die hohen Arbeitsplatzverluste eine Rolle gespielt, die durch die Veränderungen in der Textilindustrie eingetreten sind. Als Ende 2004 die Quoten im Textil- und Bekleidungssektor als Teil der WTO-Textil- und –Bekleidungsabkommen abgeschafft wurden, bestand für viele in diesem Sektor beschäftigte Arbeitnehmer die Gefahr der Entlassung. Zu den betroffenen Regionen gehörten Valencia und Katalonien in Spanien sowie der Südwesten der Tschechischen Republik. Arbeitsplätze wurden in erheblichem Umfang auch in der Schuhbranche abgebaut, zum Beispiel in der französischen Region Pas de Loire und der ungarischen Region Westtransdanubien. In diesem Fall konnte den Arbeitnehmern mit Mitteln aus dem EGF geholfen werden, neue Arbeitsplätze zu finden, neue Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entwickeln, Abschlüsse zu erwerben oder den großen Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Der Grund für den Vorschlag der Kommission war das vom Rat erteilte Mandat, einen Fonds speziell für die Bereitstellung von zusätzlicher Hilfe für Beschäftigte einzurichten, die ihre Arbeitsplätze aufgrund erheblicher struktureller Veränderungen im Welthandeln verloren haben. In den von der Kommission vorgeschlagenen Kriterien für die Gewährung von Hilfe findet die Forderung des Rates ihren Niederschlag, dass eindeutige Kriterien hinsichtlich des Ausmaßes der wirtschaftlichen Störung und ihres Einflusses auf die lokalen, regionalen und nationalen Volkswirtschaften erfüllt sein müssen, damit Hilfszahlungen aus dem Fonds geleistet werden.

Im angenommenen Text in der vorliegenden Fassung werden die Standpunkte des Parlaments und des Rates gleichermaßen berücksichtigt. Rat und Parlament begrüßten die Kriterien für die Gewährung von Hilfe für große Unternehmen einerseits und KMU andererseits. Auch der Änderungsantrag zur Flexibilität, mit dem den Befürchtungen von Mitgliedstaaten mit kleineren Arbeitsmärkten Rechnung getragen werden sollte und der für Ausnahmefälle gelten sollte, traf auf breite Zustimmung.

Überdies erhalten die Mitgliedstaaten durch die Verordnung die Möglichkeit, umfassendere Hilfe aus dem Fonds in Anspruch zu nehmen, wobei die Maßnahmen von der Art der Krise und der tatsächlichen Lage in den einzelnen Ländern abhängig sind.

Ich möchte Ihnen und insbesondere Frau Bachelot nochmals für Ihre Bemühungen danken, die darauf abzielten, diesen Fonds ab Anfang 2007 zum Laufen zu bringen. Wir müssen jetzt gemeinsam daran arbeiten, dass all unsere Instrumente und Maßnahmen den Menschen in Europa zugute kommen. Nach meiner Überzeugung wird die Kombination aus Maßnahmen und Anstrengungen auf nationaler wie auch EU-Ebene sowie aus dem Europäischem Sozialfonds und dem neuen Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung Vorteile für unsere Bürger mit sich bringen.

 
  
MPphoto
 
 

  Roselyne Bachelot-Narquin (PPE-DE), Berichterstatterin.(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Morgen werden wir zum dritten Mal unser Urteil über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung abgeben. Die Anfänge dieses Projekts gehen auf die Annahme des Berichts Böge zur Finanziellen Vorausschau 2007-2013 zurück. Neben dem Vorschlag zum Fonds werden in Ziffer 28 der Interinstitutionellen Vereinbarung die jährliche Mittelausstattung des Fonds auf 500 Millionen Euro, die im Rahmen des Haushaltsverfahrens für die nächsten sieben Jahre vorgesehen sind, sowie ein Teil des Haushaltsverfahrens festgelegt.

Die zweite Bestätigung erfolgte im Kontext des im März angenommenen Initiativberichts über Umstrukturierung und Beschäftigung von Herrn Cottigny. Die jüngsten Ereignisse in der Automobilindustrie haben unsere Aufmerksamkeit auf die Frage der Zukunft geschwächter oder rückläufiger Wirtschaftszweige gerichtet. Ich möchte diese Aussprache zum Anlass nehmen, um die von der sozialen Katastrophe betroffenen Arbeiter im Volkswagenwerk in Forest meines Mitgefühls und meiner Unterstützung zu versichern.

Somit hat das Parlament zweimal seine Unterstützung für die Schlussfolgerungen des Gipfels in Hampton Court zum Ausdruck gebracht, der den von Kommissionspräsident Barroso unterbreiteten Vorschlag für den Fonds bestätigte. Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten hat dann am Donnerstag, dem 26. Oktober, den Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung mit großer Mehrheit angenommen. Dies diente als Grundlage für die Trilog-Verhandlungen, deren Ziel es war, in erster Lesung eine Einigung zu erreichen, damit – wie Sie ja bereits ausgeführt haben, Herr Kommissar – der Fonds am 1. Januar in Kraft treten kann. Die Trilog-Verhandlungen wurden am Donnerstag, dem 30. November erfolgreich abgeschlossen und fanden meine Zustimmung sowie die von Herrn Andersson und Herrn Lewandowski. Außerdem stimmte der Verfasser der Stellungnahme, Herr Seppänen, bezüglich der Haushaltsfragen zu, wobei er Zugang zur verstärkten Zusammenarbeit hatte.

Ich möchte den Schattenberichterstattern für ihre konstruktive Zusammenarbeit danken – dieser Bericht ist auch Ihr Werk Herr Cottigny, Herr Beaupuy und Frau Schroedter – sowie auch den Fraktionskoordinatoren. Mein Dank gilt auch den Vertretern der Kommission und der finnischen Ratspräsidentschaft.

Am Tag nach dem Trilog wurde das Übereinkommen im Rat durch den Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) bestätigt: ein Übereinkommen über die Einrichtung des EGF in erster Lesung liegt nun in den Händen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments, die morgen darüber abstimmen werden.

Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten hat sich bei seiner Arbeit von vier Grundsätzen leiten lassen, die wir auch während der Aussprache aufrechterhalten haben. Der erste Grundsatz ist der europäische Mehrwert. Es geht keinesfalls darum, Aufgaben der Mitgliedstaaten zu übernehmen, was die Abfederung der sozialen Auswirkungen von Industriekatastrophen betrifft. Der Einsatz des EGF wird sich auf Fälle konzentrieren, die europaweite soziale Katastrophen infolge von Veränderungen in den internationalen Handelsstrukturen symbolisieren. Das Europäische Parlament hat daher besonderen Wert darauf gelegt, dass die Regel der Kofinanzierung von 50 Prozent in Artikel 10 der Verordnung verankert wird, um so die europäische Ambition zu betonen und nicht die Bereitstellung europäischer Hilfe für internationale Angelegenheiten. Ebenso haben wir das transnationale Element bestimmter Ereignisse eingeführt.

Der zweite Grundsatz ist Verantwortung. Da die Europäische Union mit der Verhandlungsführung in Fragen des internationalen Handels betraut ist, muss sie für die potenziellen Folgen ihrer strategischen Entscheidungen aufkommen. Unsere Verantwortung liegt darin, die positiven Aspekte der Globalisierung anzunehmen, aber gleichzeitig auch ihre möglichen negativen Auswirkungen einzukalkulieren.

Der dritte Grundsatz ist Gerechtigkeit. Das bedeutet zum einen Gleichstellung, denn wir wenden uns an Männer wie an Frauen. Zum anderen geht es um territoriale Gerechtigkeit, denn es werden alle Mitgliedstaaten einbezogen. Wir haben eine Diskriminierung kleinerer Arbeitsmärkte abgelehnt, die jetzt durch die Schutzklausel und die Ausweitung der Bestimmungen in Artikel 2 Buchstabe b ebenfalls förderfähig sind.

Der vierte Grundsatz ist Effektivität. In Artikel 3, wo es um zuschussfähige Maßnahmen geht, haben wir ausdrücklich passive Sozialschutzmaßnahmen untersagt. Wir wollen aktive Maßnahmen, die darauf abzielen, dass Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt bleiben, insbesondere ältere Arbeitnehmer, die nicht zum Zwangsruhestand oder zur Langzeitarbeitslosigkeit verurteilt werden dürfen. Somit hat das EGF-Programm einen Platz in der Lissabon-Strategie, indem er zur europäischen Wettbewerbsfähigkeit beiträgt. Effektivität bedeutet auch die Steuerung und Auswertung des Prozesses, die von unserem Parlament besondert betont wurde. Unser Ziel besteht darin, Europa mittels des EGF mit einem ähnlichen Instrument auszustatten, das es in den USA in Form des Trade Adjustment Act bereits seit 40 Jahren gibt. Mit diesem wurde allein im letzten Jahr mehr als 170 000 US-amerikanischen Arbeitnehmern geholfen, von denen über 70 Prozent feste Arbeitsplätze gefunden haben.

Viele meiner Kolleginnen und Kollegen unterstützen die Idee des Fonds, bedauern aber die dafür bereit gestellten geringen Finanzmittel. Ich kann sie verstehen. Dennoch möchte ich unterstreichen, dass dies zunächst ein Versuch ist, der dann analysiert, verbessert und weiterentwickelt werden soll. Dieser Versuch stellt die erste Phase für die Schaffung einer echten umfassenden europäischen Strategie für die Globalisierung dar. Gegenwärtig verfügen wir über keine solche Strategie, aber wir werden nicht mehr lange der einzige strategische Akteur im Welthandel ohne einen solchen Fahrplan bleiben können.

 
  
MPphoto
 
 

  Giulietto Chiesa (PSE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für internationalen Handel. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Globalisierung fordert nicht nur Opfer in den Entwicklungsländern, sondern auch in Europa.

Die hauptsächlichen Globalisierungsopfer waren die Bevölkerungen jener Entwicklungsländer, in denen die Aufhebung der Zölle durch die WTO keine spürbaren Auswirkungen hatte. Doch leider gibt es auch Leidtragende in Europa, wo sich die Lebensbedingungen vieler Europäer dramatisch verschlechtert haben. Es gibt keine Arbeitsplätze oder sie werden nicht angemessen bezahlt bzw. sie sind nicht mehr sicher.

Der Wohlfahrtsstaat und die soziale Sicherheit befinden sich in der Krise. Der Fonds für die Anpassung an die Globalisierung ist insofern bedeutsam, als er eine positive Botschaft vermittelt, auch wenn es sich leider nur um eine gleichsam symbolische Botschaft handelt. Die bereitgestellten Mittel reichen nämlich nicht aus, um die verkündeten ehrgeizigen Ziele zu verwirklichen, und die Zahl der Arbeitnehmer, denen geholfen werden kann – zwischen 35 000 und 50 000 – ist ebenfalls mehr oder weniger symbolisch. Es ist daher zu erwarten, dass die Fondsmittel nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden und die vielen Antragsteller letztendlich mit leeren Händen dastehen.

 
  
MPphoto
 
 

  Esko Seppänen (GUE/NGL), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Haushaltsausschusses. – (FI) Herr Präsident! Wir im Haushaltsausschuss sind besonders interessiert daran, wie Gelder, die in anderen Ausgabenbereichen eingespart worden sind, auf diesen Fonds übertragen werden sollen. Bei der Aufstellung des Haushalts für das Jahr N wollte der Rat die Mittel nach dem folgenden Verfahren verwenden: Zuerst sollten die nicht ausgegebenen Margen aus dem Jahr N-1 auf den Europäischen Globalisierungsfonds übertragen werden und erst danach die annullierten Verpflichtungsermächtigungen aus dem Jahr N-2. Das Parlament konnte der Logik dieser Reihenfolge jedoch nicht zustimmen. Wir wollten zuerst die bekannten Verpflichtungsermächtigungen aus dem Jahr N-2 einsetzen und erst danach die frei gewordenen Mittel aus dem Jahr N-1.

Die Kommission hat die Position des Parlaments unterstützt; ein starkes Indiz dafür ist jenes Schreiben zur Mittelübertragung, den das Parlament von Frau Kommissarin Grybauskaitė erhalten hat. Der Rat hat dieser Regelung bei der Trilogsitzung zugestimmt. Frau Bachelot-Narquin danke ich für die vorzügliche Zusammenarbeit. Der Haushaltsausschuss kann somit das Ergebnis der Trilogverhandlungen annehmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Vladimír Remek (GUE/NGL), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie. – (CS) Meine Damen und Herren! Obwohl der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie in der Frage der Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) andere Ansichten vertritt, ist er zu der Auffassung gelangt, dass der Fonds als Zeichen der Solidarität der EU mit Arbeitnehmern fungieren könnte, die aufgrund von strukturellen Veränderungen im Welthandelsgefüge ihre Arbeitsplätze verloren haben. Meines Erachtens wurden sowohl die Belange der meisten Mitgliedstaaten, einschließlich der kleineren, als auch die Bedingungen, mit denen sich KMU konfrontiert sehen, im ursprünglichen Vorschlag der Kommission, der auf den im Ausschuss geführten Diskussionen und erarbeiteten Kompromissvorschlägen beruhte, besser berücksichtigt. Der Knackpunkt bleibt der Zugang zum Fonds.

Bedauerlicherweise werden in dem uns heute vorliegenden Dokument betreffend die Einrichtung des Fonds die einstimmig angenommenen Schlussfolgerungen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie nicht ausreichend berücksichtigt. So hängt beispielsweise die Bereitstellung eines Finanzbeitrags weiterhin von der Erreichung einer Mindestzahl von 1000 Entlassungen ab. Der EGF sollte eine Quelle schneller Hilfe sein. In meiner Heimat heißt es: „Schnelle Hilfe ist doppelte Hilfe“. Dennoch werden keine Fristen gesetzt, innerhalb derer die Kommission über die Bereitstellung von Mitteln aus dem Fonds entscheiden muss. Der Umstand, dass der EGF nur bei Produktionsverlagerungen in Drittländer in Anspruch genommen werden kann, ist meiner Meinung nach auch nicht gerade ein ermutigendes Zeichen, obwohl mir natürlich bewusst ist, dass andere Optionen nach dem Gemeinschaftsrecht nicht möglich sind. Gleichwohl habe ich während der Verhandlungen im Parlament und in der Kommission immer wieder ähnliche Meinungsäußerungen vernommen, und die europäischen Gewerkschaftsverbände haben ebenfalls die unterschiedliche Behandlung Entlassener gerügt.

Der uns heute vorliegende Vorschlag betreffend die Einrichtung des EGF spiegelt anders als die vom Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie angenommene Fassung nicht die Bedingungen wider, mit denen sich die kleinen Mitgliedstaaten oder die KMU, die das Rückgrat der europäischen Wirtschaft bilden, konfrontiert sehen. Aus diesem Grund werde ich nicht der Einzige sein, dem es schwer fällt, diese Fassung des EGF-Vorschlags ohne jedes Wenn und Aber zu unterstützen.

 
  
MPphoto
 
 

  Jamila Madeira (PSE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für regionale Entwicklung. – (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung entstand als Versuch, etwas zur Linderung sozialer Notsituationen zu unternehmen, die in EU-Mitgliedstaaten entstanden sind. Die wirtschaftliche Geißel der Arbeitslosigkeit, die durch globalisierungsbedingte Erscheinungen verursacht wird, ist eindeutig eine solche Notsituation, und in Anbetracht von 19 Millionen Arbeitslosen müssen Lösungen gefunden werden.

Dieser Fonds soll aus ungenutzten Geldern anderer Rubriken gespeist werden, und zwar bis zu maximal 500 Millionen Euro pro Jahr. Er wird keine eigene Finanzierungslinie haben, und es können auch keine Mittel aus dem Folgejahr vorgetragen werden, wie es beim Solidaritätsfonds der Fall ist. Das ist ein ernstes Problem, weil wir möglicherweise aus Mangel an verfügbaren Finanzmitteln in eindeutig berechtigten Fällen eine Intervention ablehnen müssen. Im Großen und Ganzen begrüße ich diese Verordnung. Allerdings bin ich skeptisch, was die strengen Interventionskriterien in Artikel 2 angeht. Es ist uns gelungen, eine Klausel für einen flexiblen Ansatz einzufügen, aber ich fürchte, dass das eventuell nicht ausreicht, um kleinere Länder und Regionen zu schützen, die vielleicht nicht das quantitative Kriterium erfüllen, aber in denen die Auswirkungen der Globalisierung möglicherweise äußerst schwer wiegend sind.

Wir müssen unbedingt ein Instrument beisteuern, das darauf abstellt, das europäische Sozialmodell zu erhalten, das doch den Grundgedanken Europas ausmacht. Damit das geschehen kann, müssen wir den Fonds für die Anpassung an die Globalisierung nutzen, um unsere Arbeitnehmer zu unterstützen und die Arbeitnehmer in der übrigen Welt zu unterstützen, indem wir die Einfuhr bestimmter Produkte in europäisches Hoheitsgebiet von sozialen Kriterien abhängig machen. Nur auf diese Weise und über die Förderung eines faireren Handels werden wir unser Sozialmodell schützen und für die Interessen von Millionen von Bürgern in der ganzen Welt eintreten.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass wir dringend und bevor es zu spät ist auf diese ernsten wirtschaftlichen und sozialen Probleme reagieren müssen, die durch die Globalisierung hervorgerufen werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Ria Oomen-Ruijten, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! In seiner unendlichen Weisheit hat der Rat auf Herrn Barrosos Anregung hin die Einrichtung des Globalisierungsfonds, den wir heute erörtern, beschlossen. Wir hätten uns beispielsweise auch für die Umwandlung des ESF entscheiden können, was jedoch nicht geschehen ist. Positiv finde ich, dass wir mit diesem Vorschlag anerkennen, dass die Globalisierung Auswirkungen hat. Sie hat insofern positive Auswirkungen, als sie die beste Entwicklungshilfe darstellt, während die negativen Folgen auf unseren eigenen Arbeitsmärkten zu spüren sind. Jetzt versuchen wir, dies mit 500 Millionen Euro pro Jahr abzufedern, was nicht ausreichen wird.

Gleichwohl gilt mein Dank der Berichterstatterin für eine Vielzahl von Verbesserungen, die sie in den vergangenen Monaten an diesem Vorschlag angebracht hat und die ich kurz aufzählen möchte. Zunächst einmal können jetzt auch die Arbeitslosen auf den etwas kleineren Arbeitsmärkten von diesem Fonds Gebrauch machen, 15 % werden dafür bereitgestellt. Zweitens, wenn Tausende innerhalb der nächsten neun Monate entlassen werden, können sie auch in den Genuss der Vorteile dieses Fonds kommen, und das ist für die KMU nicht eben unwichtig. Drittens, die 50 %-Kofinanzierung wurde beseitigt, und das ist ausgezeichnet. Viertens, die Definition der KMU wurde erweitert. Fünftens, von passiven Sozialschutzmaßnahmen, wie es in dem Vorschlag heißt, ist nicht mehr die Rede, stattdessen wird mit den Mitteln dieses Fonds eine aktive Beschäftigungspolitik verfolgt.

Schließlich können wir gemeinsam mit dem Rat über die Ausgaben entscheiden. Summa summarum bin ich mit der Art und Weise der Anpassungen zufrieden. Selbst wenn es in meiner Region zu einer Katastrophe kommen würde, kann dieser Fonds zum weiteren Aufbau von Beschäftigung verwendet werden. Mein Dank gebührt hierfür Frau Bachelot sowie dem Haushaltsausschuss und meinem eigenen Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.

 
  
MPphoto
 
 

  Jean Louis Cottigny, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, Frau Bachelot-Narquin, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst unserer Berichterstatterin, Frau Bachelot-Narquin, gratulieren, nicht weil es so üblich ist, sondern, weil sie diesem Bericht ihren Stempel aufdrücken konnte. Während unserer Arbeit ist es ihr gelungen, bei allen Verfassern der Stellungnahmen und bei den Fraktionen eine konstruktive Geisteshaltung zu erzeugen, was uns jetzt in die Lage versetzt, einen Bericht in erster Lesung zu behandeln. Noch vor kurzem hätten wir das nicht zu hoffen gewagt.

Ja, meine Damen und Herren, zum großen Missfallen derjenigen, für die Europa nichts als ein großer Markt ohne politische Zielstellung ist, kommt der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung nun zustande. Es stimmt, dass dies eine schwere Geburt war und dass, so traurig dies ist, der Fall der Arbeiter von Volkswagen-Forest, an die ich heute Abend denken muss, lange in der Schwebe hing. Durch ihn konnten die Kritiker dieses Projekts erkennen, wie sinnvoll und vor allem notwendig dieser Fonds ist. Die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament war nicht bereit, jeden beliebigen Kompromiss zu akzeptieren, um bei der ersten Lesung zu einer Einigung zu kommen. Wir sind aber voll und ganz zufrieden mit dem Ergebnis des Trilogs.

Insbesondere begrüßen wir die Integration der Fondsverordnung und die Zusicherungen, die wir dank der Hartnäckigkeit der Mitglieder des Haushaltsausschusses erhalten haben. Ferner befürworten wir die Aufnahme der Schutzklauseln, durch die wir in der Lage sein werden, freigesetzte Arbeitnehmer zu unterstützen, sowie die Schaffung einer europäischen Anlaufstelle, die alles aus einer Hand bietet, was jedermann den gleichen Zugang zu Informationen ermöglicht. Lobenswert ist auch die Validierung des Erfahrungswissens, die Arbeitnehmer anerkennt, die nach langen Jahren der Berufstätigkeit ohne Arbeit dastehen, sowie die Finanzierung genossenschaftlicher Projekte und von Mikrokrediten. Ein wichtiger Punkt ist auch die Beibehaltung von Artikel 10, der den Finanzbeitrag des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung auf 50 Prozent festlegt, was dieses Instrument zu einem durch und durch europäischen Fonds macht. Eine Übereinkunft ist natürlich nie perfekt, denn sie ist das Ergebnis eines Kompromisses.

Die Sozialdemokraten bedauern beispielsweise, dass, angesichts der für diesen Fonds heute vorgesehenen Mittel, der europäische Haushalt nicht mehr als 115,5 Milliarden Euro beträgt. Es ist schade, dass nicht mehr Geld in diesen Haushalt geflossen ist.

Dank der in erster Lesung erzielten Übereinkunft wird der Fonds ab 1. Januar in Kraft treten. Das gibt Anlass zu der Hoffnung, dass die Arbeiten an einem sozialen Europa endlich beginnen. Wir sollten nicht vergessen, dass die Unsicherheit der Arbeitsplätze und das Ausspielen der europäischen Arbeiter gegeneinander nicht die Norm ist. Es ist Sache Europas, den Arbeitnehmerschutz zu sichern. Ein soziales Europa ist das einzige Europa, das die Bürgerinnen und Bürger jetzt ihren Institutionen näher bringen kann.

Dieser Fonds ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem geeinteren Europa. Heutzutage erwarten die Europäer von der EU, dass sie zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze und ihrer Lebensweise beiträgt, so wie sie in der Lage ist, seit fast 50 Jahren Frieden und Stabilität zu sichern.

 
  
MPphoto
 
 

  Jean Marie Beaupuy, im Namen der ALDE Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen für Ihre Anwesenheit, und vor allem möchte ich Frau Bachelot-Narquin danken, die ebenso wie mein Kollege Cottigny eine so hervorragende Arbeit geleistet hat, indem es ihr gelungen ist, die Ideen der verschiedenen Parteien innerhalb des Parlaments zu vereinen. Nicht dass es ihr an eigenen Ideen mangeln würde, aber durch die Zusammenführung ihrer Gedanken mit denen der anderen Parteien, hat sie die Debatte bereichert. Ich möchte auch Ihnen danken, Herr Kommissar, für den Beitrag der Kommission, die in Übereinstimmung mit den Wünschen des Rates einen Text vorgeschlagen hat, auf dessen Grundlage wir arbeiten konnten. Ich sehe, dass der Rat heute Abend nicht sehr gut vertreten ist: De geringe Teilnehmerzahl wird zweifellos wieder wettgemacht durch die Qualität der Anwesenden.

Wir haben schließlich eine Übereinkunft erzielt. Das ist der springende Punkt. Um es noch einmal zu sagen: Falls jemand Zweifel an der Fähigkeit des Parlaments haben sollte, die Vorschläge der Kommission zu bereichern, so ist dies heute ein Abend, an dem wir den Beweis dafür erbringen können!

Ich möchte nicht noch einmal das wiederholen, was Frau Bachelot-Narquin so gekonnt zusammengefasst hat. Lassen Sie mich vielmehr einen Punkt ansprechen, den ich im Zusammenhang mit den positiven Aspekten des uns vorliegenden Textes für außerordentlich wichtig halte. Übrigens hege ich keine Zweifel, dass wir diesen Bericht morgen annehmen werden. Ich spreche von der aktiven Rolle, die wir in den Bereichen Umschulung und Wiederbeschäftigung spielen sowie bei der Neuanstellung von Arbeitnehmern, die von diesen mit der Globalisierung in Zusammenhang stehenden Entwicklungen betroffen sind, wenn sie ihre Arbeitsplätze verlieren. Wir haben in unseren zahlreichen Diskussionen darauf bestanden, dass die Arbeitnehmer durch Umschulungspläne, Beihilfe zur Unternehmensgründung und Validierung des Erfahrungswissens, um nur einige Beispiele zu nennen, sofort von diesem Geld profitieren können, um eine neue Arbeit zu finden.

Neben diesen Gratulationen möchte ich uns jedoch auch gegen eine große Gefahr im Zusammenhang mit der Information über diesen Fonds wappnen. Herr Cottigny, der offensichtlich hoch motiviert ist durch Nächstenliebe und seinen Wunsch nach Schaffung eines sozialen Europas usw., hat uns gerade in hervorragender Weise alle mit dem Fonds verbundenen Hoffnungen aufgezeigt. Ich würde dabei aber eher zur Vorsicht raten: Wir haben nur 500 Millionen Euro, und auch wenn wir mehr hätten: Ist es wirklich Sache der Europäischen Union die Aufgaben der Ausbildungseinrichtungen, des Staates, der Regionen, der lokalen Verwaltungen und aller anderer Akteure zu übernehmen, von denen es sehr viele gibt?

Hinzu kommt, dass wir verstehen müssen, dass dieses System nur dann in Kraft tritt, wenn ein Unternehmen bedauerlicherweise in Liquidation geht und Konkurs anmelden muss, wenn es also die Geschäftstätigkeit einstellt. Das gleiche gilt für seine Zulieferer und seine verschiedenen Dienstleister. In der vergangenen Woche fand in Brüssel unter Leitung und auf Initiative von Kommissar Špidla ein zweitägiges Forum über Umstrukturierungen statt. An dieser Stelle möchte ich sagen, dass die von der Europäischen Union geleistete Arbeit bei den Umstrukturierungsprogrammen von großer Bedeutung ist, da sie uns einen dynamischen Ansatz ermöglichen, um einige der negativen Auswirkungen wie Werksschließungen zu vermeiden.

Meiner Ansicht nach sollten wir, und insbesondere Sie, Herr Kommissar, gemeinsam mit unseren Kommissionsdienststellen im Allgemeinen signalisieren, dass einerseits der menschliche Wunsch besteht, mit diesem Globalisierungsfonds neue Mittel zur Verfügung zu stellen, und dass andererseits die Europäische Union mit dem Großteil des Gemeinschaftshaushalts die Modernisierung von Europa anstrebt, damit unsere Wirtschaft – und damit auch unsere Arbeitnehmer – besser in der Lage ist, die Entwicklung in der Welt zu beherrschen. Diese Botschaft müssen wir vermitteln, damit wir keine extrem vereinfachte Kommunikation erhalten, die der gesamten Europäischen Union abträglich wäre.

 
  
MPphoto
 
 

  Elisabeth Schroedter, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie liegen falsch, wenn Sie von mir erwarten, dass ich auch in die Lobeshymnen für diesen globalen Anpassungsfonds einstimme. Denn wie wir uns erinnern, ist der Fonds notwendig geworden, weil Kommission und Rat nicht bereit sind, soziale Aspekte von vornherein in ihre internationale Handelspolitik einzubeziehen.

Der Fonds ist im Grunde ein Feuerlöscher, wenn die europäische Wirtschaftspolitik nicht mit sozialer Kohäsion Hand in Hand geht. Er basiert auf bescheidenen und minimalen Mitteln einer Reserve, bei der das Geld erst einmal zusammengesucht werden muss, wenn europäische Politik nicht sozial ausgewogen ist und demnach versagt hat. An dieser Stelle blieb dem Parlament nichts weiter übrig, als diesen Fonds mitzugestalten. Es wäre besser gewesen, der Rat hätte für die langfristige regionale und sektorielle Umstrukturierung, Modernisierung und Beschäftigung mehr Geld in den Haushalt eingestellt. Da ist es wirklich der Berichterstatterin, Frau Bachelot-Narquin, zu verdanken, dass sie gegen den Widerstand im Parlament und im Rat dafür gesorgt hat, dass eine wirklich verbesserte Vorlage jetzt in einer einzigen Lesung Rechtsgrundlage für diesen Fonds wird.

Es ist wirklich gut, dass sie unsere Änderungsanträge mit aufgenommen hat. Das Europäische Parlament hat die Diskriminierung von älteren Arbeitnehmern gestrichen und ihnen die gleichen Chancen auf Weiterbeschäftigung wie den jüngeren Kollegen ermöglicht. Es hat das Prinzip des gender mainstreaming in ein gleiches Gewicht gebracht, wie wir es im Europäischen Sozialfonds haben, und – das ist sehr entscheidend – es ist dazu gekommen, dass dieser Fonds auch für Mikrokredite zur Verfügung steht, damit Arbeitnehmerinnen eine ihnen angemessene Kapitalgrundlage bekommen können, wenn sie sich aus der drohenden Arbeitslosigkeit heraus selbständig machen müssen, weil ihnen keine andere Chance bleibt. Das ist genau der Punkt: Ihnen bleibt eben keine andere Chance, weil Europa von vornherein eine verfehlte Handelspolitik betreibt.

Wir haben die Berichterstatterin auch in diesem Bereich unterstützt, da sie an dieser Stelle die Möglichkeit, diesen Fonds zu nutzen, mit verbessert hat.

 
  
MPphoto
 
 

  Ilda Figueiredo, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Der Vorschlag der Kommission ist nichts weiter als ein Mittel, um die ernsten Probleme der Folgen der Globalisierung in einer Reihe von Mitgliedstaaten zu lindern.

Allein die Umstrukturierungen und Verlagerungen von multinationalen Konzernen haben doch bekanntlich zu Tausenden Entlassungen geführt und die Entwicklung in weiten Teilen mehrerer Länder beeinträchtigt, in denen es keine Beschäftigungsalternativen gibt. Abgesehen davon, dass die geplante Summe offensichtlich unzureichend ist, sind auch noch Beschränkungen festgelegt worden, die praktisch verhindern, dass der Fonds in Ländern wie Portugal genutzt werden kann, das ernste Probleme hat, weil multinationale Konzerne ihre Betriebe verlagern.

Wenn wir die Nutzung des Fonds nicht ermöglichen, wenn Unternehmen innerhalb der EU umstrukturieren und verlagern, dann verhindern wir, dass Arbeitnehmer wie im allgemein bekannten Fall von Opel in Azambuja, wo eine Verlagerung nach Spanien geplant ist, Unterstützung erhalten. Das gleiche könnte auch in anderen Fällen passieren, wie etwa bei Johnson Controls, das droht, nach Rumänien umzuziehen, bei Lear und vielen anderen Firmen, die Betriebsstätten nach Polen und in andere EU-Länder verlegen.

In Wahrheit ist dieser Fonds also eine symbolische Maßnahme, die keine Lösungen bietet. Sein Budget ist begrenzt und die Finanzierungskriterien sind restriktiv. Die Kommission schätzt, dass 35 000 bis 50 000 Arbeitnehmer Fondsmittel erhalten könnten, aber allein bis 2005 belief sich die Zahl der infolge von Umstrukturierungen entlassenen Arbeitnehmer auf über 570 000, und die meisten Entlassungen waren auf Verlagerungen innerhalb der EU zurückzuführen. Trotz seines bombastischen Namens ist der Fonds für die Anpassung an die Globalisierung nichts weiter als ein Deckmantel für die ernsten Auswirkungen der neoliberalen Politik, die von der EU verfolgt und umgesetzt wird, für die Arbeitnehmer.

Der Fonds ist nicht dazu gedacht, Entlassungen, die Schließung von Betriebsstätten, Verlagerungen und die Suche nach maximalem Profit zu minimalen Kosten aufzuhalten, bei denen die Arbeitnehmer nur als Zahlen behandelt werden, die man streichen kann. Es geht einzig darum, das Gewissen derjenigen zu beruhigen, die für solche Handlungen verantwortlich sind.

 
  
MPphoto
 
 

  José Albino Silva Peneda (PPE-DE).(PT) Herr Präsident! Die Globalisierung ist eines der bestimmenden Merkmale unserer Zeit und sollte als etwas Positives angesehen werden, denn in erster Linie bringt sie jeden mit jedem in Verbindung, und das ist gut. Die Globalisierung hat bereits Millionen von Menschen aus der Armut geholt, und auch das ist gut. Im Zuge der Anpassung an die Globalisierung tut Europa, was es schon immer gut konnte: Es öffnet sich für andere Kulturen. Doch wir müssen uns bewusst sein, dass einige Aspekte der Globalisierung auch Besorgnis erregend sind, insbesondere für bestimmte Regionen in Europa.

Die Entscheidung zur Einrichtung des Globalisierungsfonds, die von den drei wichtigsten EU-Organen gleichzeitig getroffen wurde, ist auch politisch motiviert. Dies war das erste Mal, dass die drei Organe das Vorhandensein der negativen Seiten der Globalisierung im europäischen Raum anerkannt haben. Die Schließung von Betriebsstätten löst in einigen Schichten unserer Gesellschaften klar erkennbar große Sorge aus. Momentan geht es den Menschen nicht so sehr darum, für mehr Rechte zu kämpfen, sondern eher darum, wenigstens das Bestehende zu bewahren. In breiten Kreisen unserer Gesellschaft herrscht ein Gefühl, dass ich ohne Zögern als eine gewisse Angst bezeichnen würde, Angst vor der Zukunft, die meiner Meinung nach nur überwunden werden kann, wenn die Menschen für den Wandel bereit sind. Wenn die Menschen besorgt und angsterfüllt sind, dann ist es sehr schwer, irgendeinen Wandel zu akzeptieren.

Ich sehe diesen Fonds vor allem als eine Möglichkeit, den am meisten gefährdeten Arbeitnehmern dabei zu helfen, den Mut zur Veränderung zu finden. Er ist kein Wundermittel gegen Entlassungen und die Folgen von Unternehmensumstrukturierungen, -schließungen und –verlagerungen und will das meines Erachtens auch nicht sein. Die Daseinsberechtigung des Fonds resultiert einzig und allein daraus, dass wir Menschen in einer sehr unsicheren Lage helfen wollen, so schnell wie möglich wieder zu einem starken Selbstwertgefühl zu finden. Ich möchte der Berichterstatterin gratulieren und erklären, dass ich diesen Bericht unterstütze.

 
  
MPphoto
 
 

  Jan Andersson (PSE). – (SV) Herr Präsident! Ich möchte zunächst der Berichterstatterin Bachelot-Narquin für ihre ausgezeichnete Arbeit danken, aber auch den Schattenberichterstattern Schroedter und anderen. Ferner möchte ich auch dem Rat, der jetzt nicht anwesend ist, für seine Aufmerksamkeit danken sowie der Kommission für ihr konstruktives Herangehen an den Trilog. Einige meiner Vorredner haben die Verbesserungen erwähnt, beispielsweise bei der Kofinanzierung, kleinen Arbeitsmärkten und Ähnlichem. Es gab dabei eine Reihe von Verbesserungen. Ich möchte das betonen, was auch die Kollegin Bachelot-Narquin angesprochen hat, dass der Fonds nicht alle Probleme lösen wird, dass dies ein europäischer Mehrwert ist und dass die Mitgliedstaaten, Regionen oder Unternehmen damit nicht aus ihrer Verantwortung entlassen sind, sondern sich ebenfalls der Globalisierung stellen müssen. Es handelt sich hier um einen Mehrwert. Glauben Sie nicht, mit diesem Fonds würden sämtliche Probleme gelöst, denn ein Großteil davon muss in den Mitgliedstaaten angepackt werden. Dennoch leistet der Fonds einen wichtigen Beitrag.

Zweitens geht es bei dem Fonds nicht darum, Unternehmen oder bestimmte Regionen zu unterstützen. Dafür haben wir andere Beihilfen. Es geht hier um die Wiedereingliederung von Arbeitnehmern, die unverschuldet von der Globalisierung betroffen sind, damit diese so schnell wie möglich wieder auf den Arbeitsmarkt kommen. Glücklicherweise treten die Vorschläge bereits am 1. Januar in Kraft. Ich danke allen für eine konstruktive Zusammenarbeit.

 
  
MPphoto
 
 

  Ona Juknevičienė (ALDE).(LT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Frau Bachelot für diesen umfassenden Bericht danken. Ich bin überzeugt, dass die Urheber der Idee von der Einrichtung eines Globalisierungsfonds und die Berichterstatterin ein hehres Ziel im Blick hatten, nämlich Menschen zu helfen, die keine Arbeit haben.

Dennoch möchte ich Sie, meine Damen und Herren, bitten, sich vor der Abstimmung selbst folgende Fragen zu stellen:

1. Hat die Kommission wirklich die Aufgabe, die Unternehmensführung in der gesamten Gemeinschaft bis ins Kleinste zu regeln und in diese Abläufe einzugreifen?

2. Wie will die Kommission denn feststellen, ob ein Unternehmen aufgrund der Folgen der Globalisierung vom Markt verschwindet oder einfach nur infolge des üblichen Wettbewerbs? Bekanntlich gehen alljährlich tausende Unternehmen aufgrund ganz normaler Ereignisse bankrott.

3. Wie werden wir erklären, warum Beschäftigte in Unternehmen, die infolge normaler Ereignisse Insolvenz anmelden müssen, keine Hilfe erhalten? Ist damit zu rechnen, dass sich der Fonds nur zu einem weiteren Zankapfel zwischen den Menschen in der Gemeinschaft entwickelt?

4. Warum sollten die Programme, die die Kommission für die Umschulung, für Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche und andere Beratungsleistungen auflegen will, besser funktionieren als die bereits vorhandenen Programme, die kostenlos angeboten werden? Wir wissen doch, dass sie nicht besonders wirkungsvoll sind.

Die Idee von einem Globalisierungsfonds ist vielleicht aus politischer Sicht sinnvoll, der vorgeschlagenen Verordnung mangelt es jedoch eindeutig an wirtschaftlicher Logik. Sie steht im Widerspruch zu den Prinzipien des freien Marktes und insbesondere zum Grundsatz der Wettbewerbsfähigkeit.

Es gibt keine Garantie, dass mit dem Fonds Menschen geholfen wird, die keine Arbeit mehr haben, und dass die Mittel nicht in die Beratung von Unternehmen oder an andere Mittelsmänner fließen.

Ohne klare Antworten auf diese Fragen kann man meines Erachtens nur schwerlich für dieses Dokument stimmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Pierre Jonckheer (Verts/ALE).(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, Frau Bachelot-Narquin! Wie meine Kollegin Schroedter bereits unterstrichen hat, hat unsere Fraktion ihre Zustimmung zum Ergebnis des Trilog signalisiert, damit der Fonds so schnell wie möglich eingeführt werden kann.

Ich möchte vor diesem Hohen Hause unterstreichen, dass diese Hilfe direkt für Arbeitnehmer gedacht ist und dass ihr Hauptziel darin besteht, Menschen wieder in Arbeit zu bringen, was in meinen Augen sehr positiv ist.

Was die in Artikel 2 festgelegten Interventionskriterien betrifft, gibt es hier einen Auslegungsspielraum, so dass eine Verdeutlichung in den Leitlinien der Kommission erforderlich ist. Die angesprochenen Arbeitsplatzverluste sind eindeutig verbunden mit strukturellen Veränderungen im Welthandelsgefüge für die betreffenden Sektoren. Was eine schwerwiegende Störung des Wirtschaftsgeschehens ist, kann jeweils unterschiedlich ausgelegt werden. Somit glauben wir, dass der Automobilsektor die Kriterien für Hilfe aus diesem Fonds erfüllt und daher auch die Arbeitnehmer von Volkswagen Forest sowie die Zulieferer dieses Werkes in den Genuss dieser zusätzlichen Gelder kommen können.

So wünschenswert es auch wäre, aber dieser neue Fonds wird offensichtlich nicht verhindern, dass sich die Arbeitsbedingungen unter dem Druck des Wettbewerbs zwischen verschiedenen Werken des gleichen Konzerns innerhalb und außerhalb der Union weiter verschlechtern.

Die Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz wiederholt ihre Forderung an die Kommission, einen Rechtsrahmen vorzuschlagen, der auf den Abschluss von europäischen, sektoriellen und konzernbezogenen Tarifverträgen ausgerichtet ist, damit wir Umstrukturierungen voraussehen können und nicht unter ihnen leiden müssen.

 
  
MPphoto
 
 

  Csaba Őry (PPE-DE).(HU) Uns allen ist bewusst, dass die verschiedenen Fraktionen die Globalisierung aus sehr unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Dies gilt ebenso für die europäische Gesellschaft. Obwohl heutzutage vor allem die Standortverlagerung von Unternehmen innerhalb Europas im Bewusstsein der Öffentlichkeit präsent ist, sollten wir nicht vergessen, dass Europa der größte Nutznießer der Globalisierung im letzten Jahrhundert war.

Berücksichtigt man all diese Aspekte, kann man die Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung im Prinzip befürworten. Andererseits hat der Entwurfstext auch in mancher Hinsicht ernsthafte Bedenken wachgerufen. Es wäre nicht zweckdienlich, wenn die Intervention in europäische Fonds nur dazu diente, fehlenden Wettbewerb zu vertuschen oder wenn die Methode zur Festlegung der Fondskriterien dazu führte, dass sich alte gegen neue EU-Mitglieder wenden. Zum ersten Punkt: Wir müssen Möglichkeiten zur Verbesserung und Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit in einem europäischen Rahmen schaffen. In diesem Punkt kommt der Gesetzgebung eine entscheidende Rolle zu. An erster Stelle möchte ich hier Bemühungen zur Errichtung des Binnenmarktes nennen. Das bedeutet, dass der Globalisierungsfonds nicht auf jene Menschen verzichten kann, deren Aufgabe es ist, dafür zu sorgen, dass in Europa angesiedelte europäische Unternehmen, die Arbeitnehmer aus der EU beschäftigen, nicht nur weiter arbeiten können, sondern ihren Erlös sogar erhöhen.

Der andere Punkt steht damit im Zusammenhang. Ich möchte betonen, dass es nicht unser Anliegen ist, Barrieren zwischen alten und neuen Mitgliedstaaten zu errichten, wie dies im Hinblick auf die Freizügigkeit von Arbeitnehmern geschieht. Uns liegt an der gemeinsamen Zusammenarbeit, um die Union wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu machen. Aus diesem Grund muss das System der Vergabekriterien für alle Mitgliedstaaten gerecht und fair sein. Dank Roselyn Bachelot ist es uns gelungen, den ursprünglichen Vorschlag zu verbessern, sodass er in der vorliegenden Form schon annehmbar ist, selbst wenn er überwiegend symbolische Bedeutung trägt.

 
  
MPphoto
 
 

  Alejandro Cercas (PSE).(ES) Herr Präsident! Wie auch andere Mitglieder möchte ich zunächst meine Genugtuung zum Ausdruck bringen, wenngleich mit einer gewissen Zurückhaltung. Wir haben Vorbehalte, denn obwohl die Antwort in einer Zeit großer Ängste so vieler unserer Mitbürger genau richtig kommt, wäre es ein Fehler, Erwartungen zu wecken, die dann enttäuscht werden.

Wir können aber sagen, dass morgen eine positive Botschaft ausgesandt wird, die vor allem zeigt, dass wir einen Weg gefunden haben, um die Schwierigkeiten zwischen unseren Parteien zu überwinden und eine Einigung in den uns alle betreffenden Problemen zu finden. Es besteht eine breite Übereinstimmung zwischen dem Rat, der Kommission und dem Parlament, die auch beweist, dass die angewendete Methode gut war. Doch vor allem lässt uns diese Rechtsvorschrift einmal mehr erkennen, dass Europa Solidarität bedeutet, dass Europa ein Sozialmodell anbietet und dass wir auf die Forderung unserer Bürgerinnen und Bürger eingehen, dass es zwischen unseren Staaten und der Welt ein Europa geben muss, das die Opfer der Globalisierung unterstützt, die den Preis für die Globalisierung zahlen.

Wir sind bereit, wenn auch symbolisch und in begrenztem Maße, sie mit einem neuen Instrument zu versehen, das angesichts seiner begrenzten Mittel natürlich äußerst effizient eingesetzt werden muss und das für die am stärksten Betroffenen, die Arbeitnehmer, bestimmt ist, um ihnen die Rückkehr in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Herr Präsident, das Parlament hat eine gute Arbeit geleistet, und morgen werde ich, wie die Mehrheit meiner Kolleginnen und Kollegen, für den Bericht stimmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Danutė Budreikaitė (ALDE).(LT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei den Diskussionen, die wir hier in diesem Hohen Hause über die Folgen der Globalisierung führen, bekommen wir von bestimmten Ländern oft zu hören, dass sie stolz auf die Verlagerung von Produktionsprozessen in Drittländer mit niedrigen Arbeitskosten sind.

Die Verlagerung von Produktionsprozessen hat aber auch eine Kehrseite: den Verlust von Arbeitsplätzen und Wohlstand bei den Unionsbürgern.

Jetzt ist ein erstes Zeichen der europäischen Solidarität mit denjenigen in Sicht, die entlassen werden: Europa stimmt über einen Fonds für die Anpassung an die Folgen der Globalisierung ab.

Die Verordnung sieht strenge Kriterien für die Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Fonds vor, wobei das Ausmaß der Störung des Wirtschaftsgeschehens und ihre Auswirkungen auf die lokale, regionale oder nationale Wirtschaft zu berücksichtigen sind.

Wie soll das Ausmaß der Störung des Wirtschaftsgeschehens ermittelt werden?

In der Verordnung wird vorgeschlagen, Hilfe bei 1000 Entlassungen bereitzustellen; das Europäische Parlament empfiehlt, in Ausnahmefällen auch schon bei 500 Entlassungen einen Finanzbeitrag zu bewilligen. In den kleinen EU-Ländern sind jedoch über 90 % der Unternehmen kleine und mittlere Firmen und von denen wiederum mehr als 90 % Kleinstbetriebe.

Folglich wird es so aussehen, dass die Hilfe an große Unternehmen in großen Ländern fließt.

Ein Finanzbeitrag aus dem EGF kann nur einmal in Anspruch genommen werden, sollte aber an die Bedingung geknüpft werden, dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um nach Möglichkeit Arbeitnehmer wieder in den Beschäftigungsmarkt einzugliedern.

 
  
MPphoto
 
 

  Thomas Mann (PPE-DE). – Herr Präsident! Der Ansatz des Globalisierungsfonds ist durchaus richtig. Er soll Solidarität mit Arbeitnehmern leisten, die durch internationale Unternehmensverlagerungen ihre Jobs verloren haben. Für Weiterbildungs- und Eingliederungsmaßnahmen sollen zeitlich begrenzte Einkommenshilfen bereitgestellt werden, um neue Beschäftigungschancen zu schaffen. Doch gut gedacht ist noch lange nicht gut gemacht.

Angesichts von maximal 500 Millionen Euro pro Jahr dürften die Betroffenen bitter enttäuscht werden, wenn die Kassen schnell leer sind. Wer große Hoffnungen weckt, sie aber nicht einhält, sorgt für nachhaltige Frustration. Der Fonds ist ordnungspolitisch verfehlt, da er nicht bei den Ursachen der Entlassungen ansetzt, sondern nur am Symptom. Die Genehmigungsverfahren sind zu kompliziert, die Bürokratie ist umfangreich und verursacht erhebliche Kosten, vor allem aber ist er KMU-untauglich. So wurde die Absenkung der Schwelle von 1 000 Entlassungen auf 500 abgelehnt. Außerdem dürfen unterhalb von 1 000 Entlassungen nur 15 % statt der von uns angestrebten 20 % gegeben werden.

Wenn ein Mitgliedstaat in einem Zeitraum von 9 Monaten 1 000 Entlassungen in seinen KMU meldet, soll der Fonds greifen. Der Beschäftigungsausschuss hatte 12 Monate gefordert. In unseren Mitgliedstaaten muss sehr viel mehr strukturell investiert werden, einerseits in Forschung und Innovation, andererseits in qualitativ hohe Bildung und Weiterbildung. Hier unterstützt die Europäische Union kurz- und langfristig mit Programmen für das lebensbegleitende Lernen. Darüber hinaus werden aus ESF-Mitteln Umschulungen, das Erreichen von Abschlüssen und die Integration älterer Arbeitnehmer finanziert. Der Globalisierungsfonds wurde mit hohem Tempo durch die Institutionen gedrückt. In seiner jetzigen Form wird er den hohen Erwartungen der Bürger nicht einmal im Ansatz gerecht.

 
  
MPphoto
 
 

  Donata Gottardi (PSE). – (IT) Herr Präsident, Herr Špidla, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte meine Zufriedenheit mit dieser wichtigen Maßnahme bekunden.

Der Fonds ist eines der bedeutendsten Instrumente für die Schaffung einer europäischen Identität. Das gilt sowohl im symbolischen als auch im praktischen Sinne, denn er unterstützt aktive politische Maßnahmen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die hauptsächlich aufgrund von Standortverlagerungen ihren Arbeitsplatz zu verlieren drohen oder schon verloren haben.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung hat aufgrund einer unerwarteten und unerklärlichen Mehrheit von Gegenstimmen keine Stellungnahme abgegeben, was jedoch, wie ich sehe, zum Glück nun wieder geradegerückt wurde. Damit hat sich der Wirtschaftsausschuss selbst die Möglichkeit verbaut, etwas Positives beizusteuern, und er hat die Chance verpasst, den Text in den unter seine Zuständigkeit fallenden Bereichen zu verbessern.

Ich gebe zu bedenken, dass trotz des Kunstgriffs einer Reserve für Ausnahmen die Festlegung einer Obergrenze es erschweren dürfte, die Unterschiede zwischen den Produktionssystemen der einzelnen Länder zu begreifen, und die Gefahr heraufbeschwört, die Zielgruppe der wirklichen Verlierer zu verfehlen: derjenigen, die sich auf keine nationalen Rechtsvorschriften für den wirksamen Schutz der Arbeitnehmer beiderlei Geschlechts, der Kleinunternehmen und der Industriegebiete berufen können.

 
  
MPphoto
 
 

  Philip Bushill-Matthews (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Die britischen Konservativen sind nicht uneingeschränkt begeistert davon, dass es einen EU-Globalisierungsfonds geben soll. Die gute Nachricht ist, dass es bei diesem Vorschlag darum geht, Menschen zu helfen, ihnen zu helfen, mit der Herausforderung des Wandels fertig zu werden, und einen solchen Grundsatz unterstützen wir von ganzem Herzen. Die Frage ist, ob eine solche Hilfe auf der Ebene der EU statt der Mitgliedstaaten erfolgen soll. Doch, offen gesagt, geht es bei diesem Fonds ja auch darum, bestimmten Regierungen zu helfen, ihren Wählern den Gedanken der Globalisierung zu vermitteln. Das ist keine Kritik. Wir unterstützen diesen Gedanken ebenfalls.

In einigen Ländern und in bestimmten Kreisen herrscht in der Tat Unbehagen, weil der Wind des globalen Wettbewerbs für manche frostig werden kann. Das ist verständlich. Es ist außerdem die Wahrheit. Es liegt in unser aller Interesse, dass Sorgen über mögliche Nachteile der Globalisierung geklärt werden, damit die Vorteile der Globalisierung zum Tragen kommen können.

Ich gratuliere der Berichterstatterin zu ihrem wohl überlegten und durchdachten Bericht und zu ihrer positiven Arbeit im Trilog. Es bleiben jedoch Bedenken hinsichtlich des Fonds selbst, und es kam nicht überraschend, dass in den verschiedenen Beratungen im Ausschuss Stimmen laut wurden, ein solcher Fonds, wenn es ihn schon geben soll, müsse größer sein; ein solcher Fonds, wenn es ihn schon geben soll, müsse für uns leichter zugänglich sein. Solche Töne werden in der Regel angeschlagen, sobald die EU eine neue Haushaltslinie vorschlägt. Aber in diesem Fall besteht eigentlich keine gesonderte Haushaltslinie, da der verfügbare Betrag im Wesentlichen aus Geldern bestehen wird, die anderswo nicht ausgegeben werden. Das ist nicht bloß unkorrekt, das ist schlechte Buchführungspraxis.

Ermutigend ist für mich, dass die Berichterstatterin und auch der Ausschuss einen entscheidenden Änderungsantrag von mir zu Artikel 18 Absatz 3 unterstützt haben, in dem es heißt, dass es „jedem einzelnen Mitgliedstaat (obliegt), sicherzustellen, dass er über reibungslos funktionierende Management- und Kontrollsysteme verfügt“, um die Ausgaben nachzuvollziehen und um zu gewährleisten, dass sie begründet sind, und dass es „der Kommission (obliegt), zu überprüfen, ob diese Systeme tatsächlich bestehen“.

Die Globalisierung kann tatsächlich eine Herausforderung sein, aber wenn man bedenkt, dass der Rechnungshof seit zwölf Jahren für die Rechnungsabschlüsse der Haushaltsjahre keine Zuverlässigkeitserklärung erteilen konnte, stellen die Verwaltung und Kontrolle dieser Ausgaben möglicherweise die größte Herausforderung überhaupt dar.

 
  
MPphoto
 
 

  Brigitte Douay (PSE).(FR) Herr Präsident! Ebenso wie meine Kolleginnen und Kollegen begrüße ich die Einrichtung dieses Fonds, der über Standortverlagerungen besorgten Arbeitnehmern große Hoffnung gibt und der in den jeweiligen Ausschüssen Anlass zu zahllosen Diskussionen gegeben hat, insbesondere in Bezug auf seinen Umfang sowie die Vergabekriterien, die die Gefahr einer ungerechten Behandlung der einzelnen Regionen in sich bergen. Es ist jedoch wichtig für die europäischen Arbeitnehmer zu wissen, dass die Union sich endlich entschlossen hat, sich der aufgrund von Missmanagement der Globalisierung möglicherweise in allen Mitgliedstaaten und insbesondere in den traditionellen Industrieregionen auftretenden Arbeitsplatzverluste anzunehmen.

Ich schließe mich denen an, die Frau Bachelot-Narquin und alle Verfasser der Stellungnahmen zu ihrer gründlichen Arbeit beglückwünscht haben, und bin sehr erfreut darüber, dass der Fonds ab dem 1. Januar 2007 in Kraft treten wird. Wie viele andere auch bedauere ich, dass die Schwelle für die Gewährung von Mitteln aus dem Fonds nicht gesenkt wurde, dass der Finanzrahmen nicht größer ist und nicht definitiv zugewiesen wurde und dass der Fonds nicht für Produktionsverlagerungen innerhalb der Europäischen Union genutzt werden kann, wo ja der größte Teil dieser Verlagerungen stattfindet.

Wie dem auch sei, dieser Fonds existiert jetzt und wir müssen ihn sehr schnell zum Laufen bringen, denn wie uns die Ereignisse regelmäßig zeigen, besteht hier dringender Handlungsbedarf. Ferner müssen wir den Wirkungsbereich und den Nutzen dieses Fonds bewerten, so dass wir ihn bei Bedarf anpassen und aufstocken können. Ich freue mich auch darüber, dass eine Informationspflicht gegenüber den Arbeitnehmern und Regionen besteht, die von diesem Fonds profitieren, denn alles, was dazu beitragen kann, unsere oftmals skeptischen Mitbürger den von der Europäischen Union geschaffenen Mehrwert in Form von Zusammenhalt und Solidarität nahe zu bringen, ist begrüßenswert.

 
  
MPphoto
 
 

  Iles Braghetto (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, Herr Špidla, meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts der dringenden Notwendigkeit, das System der europäischen Unternehmen neu zu organisieren, sind wir aufgrund des Globalisierungsprozesses und angespornt durch das Entstehen eines großen europäischen Marktes darauf bedacht sicherzustellen, dass die Kosten dieser an sich positiven Veränderungen nicht ausschließlich von der Arbeitswelt getragen werden.

Deshalb begrüßen wir europäische Initiativen wie die Einrichtung eines Globalisierungsfonds, die wir heute erörtern, oder den Bericht über die soziale Verantwortung der Unternehmen, mit dem wir uns morgen befassen werden. Die Entwicklung des freien Marktes im Kontext einer sozialen Wirtschaft muss die schöpferische Triebkraft der wirtschaftlichen Freiheit mit den positiven Werten einer Aktion zur Förderung der Solidarität verbinden. Nur auf diese Weise werden Unternehmen und Arbeit ein Gewinn für die Europäische Gemeinschaft sein. Dabei ist die Einrichtung des Globalisierungsfonds ein wichtiges Instrument, um jenes Gleichgewicht herzustellen, das andernfalls abhanden käme, was zu sozialer Ungerechtigkeit und zum Verlust von Arbeitsplätzen führen würde. Beredte Beispiele hierfür sind gegenwärtig die Schwierigkeiten großer Unternehmen wie Volkswagen in Belgien und erhebliche regionale Probleme wie die des Werks „Magrini Galileo“ in meiner Region, Venetien.

Deshalb hoffen wir, dass diese Initiative, trotz ihres Versuchscharakters, positive Ergebnisse bringen und angemessen finanziert werden kann. Auch ich möchte der Berichterstatterin für ihre Bemühungen danken.

 
  
MPphoto
 
 

  Gábor Harangozó (PSE).(HU) Aufgabe der Europäischen Union bleibt es, die strukturellen Hindernisse, die der Liberalisierung des Handels und der Öffnung der Märkte entgegenstehen, abzubauen. Wir müssen uns die Vorzüge der Globalisierung zu Nutze machen, um die Beschäftigungsrate zu erhöhen und den Lebensstandard unserer Bürger zu erhöhen, ansonsten müssen wir Einbußen in Kauf nehmen. Während man die Globalisierung auf europäischer Ebene mit positiven Entwicklungen assoziiert, kann sie in einzelnen Bereichen ernsthafte Schwierigkeiten verursachen, die zu akuten wirtschaftlichen und sozialen Traumata führen. Die EU als Ganzes genießt die Früchte der Globalisierung, aber auf lokaler Ebene können Probleme mit negativen Auswirkungen entstehen.

Aufgabe der Gemeinschaft ist es, Arbeitnehmern angemessene, wirksame Unterstützung zu leisten, um ihnen den Zugang zum Arbeitmarkt zu ermöglichen. Das schreibt auch das Solidaritätsprinzip der EU vor. In diesen Bereichen bedarf es der schnellen, effektiven Hilfe. Aus diesem Grund befürworte ich die Einrichtung des neuen Fonds zusätzlich zu den bereits bestehenden Maßnahmen. Um jedoch zu gewährleisten, dass sich das Programm als wirkliches Allheilmittel erweist, braucht es ein entsprechendes Budget. Die unrealistisch hohe Kofinanzierungsverpflichtung darf uns nicht davon abhalten. Ebenso nachteilig wäre es, kleinere Bereiche von dieser Möglichkeit zur Verbesserung ihrer Lage auszuschließen.

 
  
MPphoto
 
 

  Konstantinos Hatzidakis (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Lassen Sie mich zunächst der Berichterstatterin, Frau Bachelot-Narquin, zu ihrer Arbeit gratulieren. Zudem möchte ich sagen, dass die Liste der Redner, die heute hier sprechen, deutlich macht, dass das Thema, das wir erörtern, von großer Bedeutung ist. Angesichts der Tatsache, dass die Globalisierung eine unvermeidliche Realität darstellt, die negative Auswirkungen auf die Wirtschaft hat, könnte das auch gar nicht anders sein. Man muss sich mit ihren Auswirkungen auseinander setzen, und ich glaube, die Idee der Einrichtung eines Globalisierungsfonds wird dem auf durchaus intelligente Art und Weise gerecht, denn anstatt neue Haushaltsmittel zu verwenden, zieht er zur Bekämpfung dieser negativen Folgen der Globalisierung die Mittel heran, die nicht ausgegeben wurden.

Ich hatte die Befürchtung, dass die Verwirklichung der von der Europäischen Kommission unterbreiteten Idee auf Schwierigkeiten stoßen würde, doch ich bin froh, dass das Parlament diese ausgeräumt hat. Ich beziehe mich dabei insbesondere auf die kleinen Länder, die aufgrund ihrer Größe Gefahr laufen würden, bei der Planung des Fonds nicht berücksichtigt zu werden, da die vorgeschriebenen Zahlen selbst für große Unternehmen in kleineren Ländern zu hoch sein würden.

Die vereinbarte Regelung setzt sich mit dieser Frage auseinander, und zugleich machen wir damit deutlich, dass das Europäische Parlament sich in ausgewogener Weise um alle Länder der Europäischen Union kümmert. Für Griechenland, mein Heimatland, ist die endgültige Textfassung von Vorteil, und ich glaube, dass die Botschaft, die wir mit der Einrichtung dieses Fonds an die Bürger aussenden, ebenfalls positiv ist. Damit zeigt die Europäische Union Sensibilität gegenüber sozialen Problemen, und meiner Ansicht nach stärkt dies auch die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union.

 
  
MPphoto
 
 

  Nikolaos Vakalis (PPE-DE).(EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich denke, Sie werden mir zustimmen, wenn ich sage, dass die Globalisierung sozusagen zu dem Zeitpunkt begann, als der Mensch auf der Erde erschien; sie ist eine Art von Naturerscheinung, und zwar eine unvermeidbare. Jetzt, da wir ihre Intensität zu spüren bekommen, sollte unser Ziel, unsere Vision eine Globalisierung mit menschlichem Antlitz sein.

Aufgrund der besonderen Geschichte und Kultur Europas kann die Europäische Union einen großen Beitrag zu diesem Prozess leisten. Negative Auswirkungen sollten uns jedoch unter keinen Umständen veranlassen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die sich auf lange Sicht nachteilig auswirken. Deshalb stimme ich vollkommen mit den Zielsetzungen des Fonds überein, und ich möchte zwei wichtige Elemente unterstreichen, erstens, dass er allen Mitgliedstaaten zugänglich sein sollte, und, zweitens, dass er dynamisch sein und sich den Bedingungen des Marktes anpassen sollte.

Die Frage ist jedoch, ob alle Mitgliedstaaten tatsächlich vom Fonds profitieren können. Das Phänomen der Globalisierung betrifft alle Länder und ganz besonders die kleinen und schwachen, die aufgrund ihrer Größe niemals die Bedingung von tausend Entlassungen je Sektor erfüllen werden. Demzufolge ist es ein Schritt in die richtige Richtung, Ausnahmeregelungen zur Anwendung zu bringen, wenn gravierende Auswirkungen im Bereich der Beschäftigung und der lokalen Wirtschaft nachgewiesen werden. 15 % zur Unterstützung solcher Ausnahmefälle halte ich jedoch für zu wenig. Als positiv bewerte ich jedoch, dass der Fonds dynamisch sein wird, was bedeutet, dass diese Prozentzahl, falls notwendig, neu angepasst werden wird.

Zu all dem eben Gesagten sowie zu dem, was ich nicht angesprochen habe, möchte ich der Berichterstatterin gratulieren.

 
  
MPphoto
 
 

  Ivo Belet (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar! Dieser Fonds bietet uns tatsächlich eine Möglichkeit, Europas soziale Dimension in den Vordergrund zu rücken. Wir werden die Arbeitnehmer, die infolge einer Umstrukturierung ihren Arbeitsplatz verlieren, nicht im Regen stehen lassen. Wir werden die Botschaft übermitteln und es ist wichtig, dieses Signal auch auf europäischer Ebene auszusenden –, dass wir in jenen Fällen alle Register ziehen müssen und werden und jene Menschen, die ihren Job verlieren, bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung selbstverständlich möglichst effizient begleiten. Das ist kurzfristig, wie soeben erwähnt, bei der Umstrukturierung von Volkswagen Vorst in Brüssel der Fall, wo Tausende von Menschen, nicht zuletzt die Zulieferer, mit Arbeitsplatzverlust rechnen müssen.

Heute entscheiden sich viele der betroffenen Arbeiter für eine hohe Abfindung, aber das macht die Notwendigkeit und die Betreuung dieser Arbeiter bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz nicht weniger dringlich, ganz im Gegenteil. Wir vertrauen deshalb darauf, dass sie für Unterstützung aus dem Fonds in Betracht kommen, weil es sich gerade um einen Sektor handelt, der die Auswirkungen der Globalisierung zu spüren bekommt.

Zum Schluss, Herr Kommissar, möchte ich hinzufügen, dass eine Vielzahl der betroffenen Arbeitnehmer ihre Hoffnung in den nächsten Wochen und Monaten an die Kommission knüpfen werden. Ich gehe davon aus, dass wir sie nicht enttäuschen.

 
  
MPphoto
 
 

  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich bei Ihnen für diese Aussprache, die genutzt wurde, um die Einrichtung des Fonds aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Meines Erachtens wurden sämtliche Aspekte gewürdigt und bewertet. Ich muss mich kurz fassen und möchte nur einige wenige Punkte hervorheben, die sich während der Debatte herauskristallisiert haben. Der Fonds ist keine Patentlösung, kein Allheilmittel, sondern lediglich eine nützliche Waffe in unserem Arsenal, die wir aus verschiedenen Perspektiven bewertet haben. Wir sind zu der Schlussfolgerung gelangt, dass es sich um eine wirksame Waffe handelt, mit der vielen Menschen innerhalb kurzer Zeit geholfen werden kann.

Als weiteren wichtigen Aspekt möchte ich die Tatsache herausstellen, dass der Fonds für Menschen vorgesehen ist und demzufolge nicht großen Unternehmen Vorteile verschaffen sollte. Man darf nicht vergessen, dass dieser Fonds einzelnen Arbeitnehmern nutzen soll.

Ein weiterer Punkt, der indirekt während der heutigen Debatte angesprochen wurde, war die Befürchtung, ob die festgelegten Kriterien wirklich ihren Zweck erfüllen. Meiner Meinung nach können wir mit Fug und Recht sagen, dass diese Kriterien außerordentlich gründlich von all jenen geprüft wurden, die ein Interesse an Arbeitsplätzen und an der Einrichtung dieses Fonds haben. Menschliches Handeln ist immer mit gewissen Unwägbarkeiten behaftet. Die Verordnung beinhaltet eine so genannte Rendezvous-Klausel, die es ermöglichen wird, andere Veränderungen in Abhängigkeit vom Ablauf der Ereignisse sehr schnell zu prüfen. Gleichwohl steht fest – und die Aussprache hat mich davon überzeugt –, dass sämtliche Kriterien aus allen wichtigen Blickwinkeln gründlich überdacht worden sind.

Zu den einzelnen Änderungsanträgen kann ich klar sagen, dass die Kommission bereit ist, alle Änderungen zu akzeptieren, über die in erster Lesung Einigung erzielt wird. Ich hoffe, dass die morgige Abstimmung erfolgreich verläuft und dass die Verordnung ab 1. Januar angewendet und umgesetzt werden kann. Ich möchte Herrn Remek zitieren, der gesagt hat: „Schnelle Hilfe ist doppelte Hilfe“. Diesen Spruch hört man oft in Tschechien und er wird überall verstanden. Es wäre weitaus besser, wenn wir den Fonds schon zum 1. Januar und nicht erst Wochen oder Monate später einrichten könnten. Mit der morgigen Abstimmung kann das Europäische Parlament den Bürgern in Europa ein positives Signal geben. Ich glaube, das wurde in der Aussprache aus verschiedenen Blickwinkeln erläutert.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Ich danke allen Rednern, die sich an der Aussprache beteiligt haben, und besonders dem Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten für seine ernsthafte Arbeit in einem schwierigen und anspruchsvollen globalen Umfeld.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen statt.

Schriftliche Erklärung (Artikel 142)

 
  
MPphoto
 
 

  Véronique Mathieu (PPE-DE) . – (FR) Man kann die Annahme des Berichts über die Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) nur begrüßen, denn dieser kennzeichnet eine neue Position der EU, was den Umgang mit den sozialen Folgen der Globalisierung betrifft. Sein Inkrafttreten im Januar 2007 zeugt von dem Bestreben der europäischen Institutionen, eine effektive Lösung für die Produktionsverlagerungen zu finden und die sozialen Rechte des Einzelnen wieder in den Mittelpunkt des Systems zu rücken. Dieser Fonds wird eine selektive, individuelle Hilfe für Arbeitnehmer ermöglichen, die infolge der Globalisierung freigesetzt wurden, und ihnen zu einer Umschulung verhelfen.

Obwohl anerkannt werden muss, dass die Öffnung der Wirtschaften für den Wettbewerb im Großen und Ganzen positiv für das Wachstum and die Wettbewerbsfähigkeit ist, kann sie auch zu schmerzvollen Umstrukturierungen und brutalen Arbeitsplatzverlusten führen. Der Fall von Volkswagen in Belgien ist ein perfektes Beispiel dafür.

Es existieren zugegebenermaßen in den Mitgliedstaaten bereits Instrumente für die Unterstützung von Arbeitnehmern, die von globalisierungsbedingten Umstrukturierungen betroffen sind. Dennoch kann mit der Annahme dieses Berichts ein Instrument auf Gemeinschaftsebene geschaffen werden, das die Solidarität der Europäischen Union widerspiegelt. Dieser Fonds entspricht den großen Erwartungen der europäischen Bürger und demonstriert die Fähigkeit der EU, schnell zu agieren, wenn es um die Solidarität mit den Menschen geht.

 

24. Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die Empfehlung für die zweite Lesung des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung eines Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (10351/1/2006 – C6-0314/2006 – 2005/0017(COD)) (Berichterstatterinnen: Lissy Gröner, Amalia Sartori) (A6-0455/2006).

 
  
MPphoto
 
 

  Lissy Gröner (PSE), Berichterstatterin. – Herr Präsident! Vielen Dank an meine Ko-Berichterstatterin und an die Kommission. Wir haben durch sehr gute Zusammenarbeit versucht, das Institut so schnell wie möglich zum Laufen zu bringen. Es war eine sehr erfolgreiche Arbeit. Herr Präsident, ich bitte aber, alle Dienste noch einmal anzuweisen, alle Sprachfassungen auf geschlechtssensible Sprache zu überprüfen. Es ist in meiner Sprache Deutsch trotz wiederholter Aufforderung nicht sichergestellt, dass überall geschlechtssensible Sprache angewendet wird.

Seit Bestehen des Europäischen Parlaments haben wir uns hier als Motor für Gleichstellung präsentiert. Seit nunmehr fast 10 Jahren haben wir diskutiert, wie man die beste Möglichkeit schaffen kann, eine Institution einzurichten, die gender mainstreaming zusammenfasst, und die besten Ergebnisse aus allen Ländern in einer Querschnittsaufgabe erfasst. Nach einer Machbarkeitsstudie wurde dann das Gender-Institut gefordert, und der Rat hat nunmehr vor annähernd zwei Jahren diese Forderung aufgenommen und beschlossen, das Gender-Institut haushaltsneutral einzurichten. Was bedeutet das? In der Praxis heißt das, dass das Gender-Institut aus dem ehemaligen Gleichstellungsprogramm finanziert wird. Das Budget wird zur Hälfte gekürzt, und das Rumpfprogramm ist dann in das soziale Aktionsprogramm PROGRESS übergegangen. Das ist der Preis, den die Frauen bezahlen. Wenn es von bestimmter Seite heißt, das Institut sei zu teuer, muss man sagen: Nein, die Frauen haben teuer bezahlt!

Wir haben aber hier im Parlament mit großer Unterstützung der Frauenverbände das Institut weitergebracht. Wir wollen, dass es unabhängig arbeitet und eine zentrale Erfassung der Modelle der bewährten Verfahren für die beste und erfolgreichste Gleichstellung auf den Weg bringt. Wir möchten, dass aus allen Ländern diese Beispiele zusammenfließen und die Kluft abgeschafft wird zwischen der rechtlichen Lage bezüglich der Gleichstellung, wie wir sie in den europäischen Verträgen haben, was auch in Artikel 3 noch einmal bestätigt wird, und der tatsächlichen Diskriminierung, die tagtäglich stattfindet.

Wir wollen, dass Frauen nicht mehr ungefähr 30% weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Das mag bei den Präsidenten des Parlaments anders sein. Darüber kann man sich amüsieren, aber wenn die Frau am Fließband 30% weniger verdient als ihre männlichen Kollegen, ist das nicht mehr zum Lachen. Wir wollen, dass allen Mitgliedstaaten zugänglich gemacht wird, wie Gewalt, Zwangsprostitution und sexuelle Ausbeutung erfolgreich bekämpft werden. Wir wollen europaweit austauschen, wie im 21. Jahrhundert die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beendet werden kann.

Wir haben im Ausschuss – das habe ich schon betont – eine schnelle Einigung erzielt. Von 50 Änderungsanträgen, die wir in der ersten Lesung verabschiedet haben, sind mit großer Unterstützung der Kommission 35 sofort übernommen worden. Um andere Änderungsanträge wiederum haben wir ringen müssen. Wir haben sehr um eine Anhörung betreffend die Leitung des Instituts – ich betone, hier bin ich nicht geschlechtsneutral, ich erwarte, dass eine Direktorin eingestellt wird – ringen müssen, haben das aber durchgesetzt. Wir haben einen verkleinerten Verwaltungsrat durchgesetzt. Es ist nicht einzusehen, dass jeder Mitgliedstaat im Verwaltungsrat vertreten ist, was bedeuten würde, dass letztendlich dann 33 Personen kontrollieren und nur 13 Personen arbeiten würden. Das ist niemandem zu vermitteln.

Wir wollen, dass das europäische Gleichstellungsinstitut den europäischen Institutionen zuarbeitet und dass unsere Arbeit im Parlament durch wissenschaftliche Zuarbeit effizienter gestaltet wird. Aber wie kann es sein – und hier sehe ich den großen Wermutstropfen –, dass der Rat letzte Woche beschlossen hat, dass das Institut nach Vilnius kommt? Das liegt weitab von den Entscheidungszentren. Ein Arbeitsinstitut wie das Gender-Institut dient nicht der Repräsentation und auch nicht dazu, einem Land zu schmeicheln, sondern es sollte nah an unseren Entscheidungszentren sein. Das bedeutet eine Schwächung. Wir wollten eine Unterstützung haben für die Arbeit der Institutionen und wollen eine effiziente Arbeit sehen, die hilft, die politische und reale Gleichstellung durchzusetzen.

Deshalb denke ich, dass wir einen guten Vorschlag erarbeitet haben, und bitte das Hohe Haus um Zustimmung zu unserem Kompromiss, der mit dem Rat ausgehandelt wurde. Ich bitte hier um breite Unterstützung für das europäische Gleichstellungsinstitut. Wir haben den Weg frei gemacht, um eine schnelle Einigung zu erzielen, und ich danke noch einmal allen Beteiligten. Mein besonderer Dank gilt auch der Kommission, die hier immer wieder versucht hat, die Kluft in den Verhandlungen zwischen dem Parlament und dem Rat zu überwinden. Ich bedanke mich nochmals bei allen, die mitgearbeitet haben, insbesondere auch den Schattenberichterstatterinnen aus allen Fraktionen. Mit dem Start des Gender-Instituts, der bald zu erwarten ist, haben wir einen Meilenstein erreicht. Aber es bleibt noch viel Arbeit zu erledigen, um die großen Aufgaben zu bewältigen.

Ich bedanke mich für die Bereitschaft, hier mitzuarbeiten, stelle gleichzeitig aber auch die Frage, wer denn nun eigentlich in der Lage ist, dieses Institut personell auszufüllen? Es muss jemand sein, der nicht nur Sachkenntnis, sondern auch die nötige Innensicht der europäischen Institutionen mitbringt. Hier wird der Ausschuss für die Rechte der Frau sehr darauf achten, dass wir nicht jemand von Rat oder Kommission in dieses Institut bekommen, der diese Aufgabe nicht erfüllen kann. Wenn wir die ganze Sache mit der großen Unterstützung eines Netzwerkes von Frauenorganisationen angehen, wie uns dies vorschwebt, dann bedeutet es für die europäische Frauenbewegung einen Riesenfortschritt, dieses Institut zu bekommen.

 
  
MPphoto
 
 

  Amalia Sartori (PPE-DE), Berichterstatterin. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Namen meiner Fraktion möchte ich meiner Kollegin Lissy Gröner für die Arbeit, die wir gemeinsam vollbracht haben, danken.

Es war unser inständiger Wunsch, dass dieses Institut mit der Rückendeckung der Vertreter der beiden stärksten Parteien im Europäischen Parlament errichtet wird, eben damit ihm diese Kraft und diese Unterstützung zugute kämen. Ich muss anerkennen, dass wir während unserer gesamten Arbeit, obwohl es bisweilen erhebliche Meinungsverschiedenheiten gab, am Ende doch immer zu einem nahezu einstimmigen Votum im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter gelangten. Ich denke, auch das sollte nicht unerwähnt bleiben.

Selbst im Plenum gibt es oft Vorbehalte, wenn wir das − auch auf europäischer Ebene nicht gelöste – Problem der Frauen behandeln, die trotz gesetzlicher Garantien nicht wirklich gleiche Chancen oder die Möglichkeit haben, auf allen Entscheidungsebenen mitzuwirken. Gleichwohl haben wir vor kurzem sogar in der ersten Lesung ein Zustimmungsvotum erhalten, das morgen, da bin ich mir sicher, in diesem Hohen Haus wiederholt werden wird.

Ich möchte den Ausführungen meiner Kollegin nur einige wenige Bemerkungen hinzufügen: Als Erstes glaube ich, dass es nicht sehr oft vorkommt, dass ein Beschluss die Positionen der Vorbereitungsstudien so getreu widerspiegelt wie in diesem Fall.

Gemäß der Sozialpolitischen Agenda erging Anfang 2000 der Beschluss, mit den Vorarbeiten zur Gründung dieses Instituts zu beginnen, und sowohl das Parlament als auch die Kommission gaben bei einschlägigen Unternehmensberatungen Durchführbarkeitsstudien in Auftrag. Ich wage zu behaupten, dass das Ergebnis unserer Arbeit, über das das Plenum morgen abstimmen wird, gänzlich den in diesen beiden Studien enthaltenen Empfehlungen folgt, d. h. ein kleines, flexibles, unabhängiges Institut zu schaffen, das eine Netzwerkstruktur aufweist und fähig ist, die Daten und Gründe noch bestehender Diskriminierung zu analysieren, bewährte Verfahren zu prüfen und innovative Regelungs- und Rechtsetzungslösungen im Bereich Frauenrechte und Chancengleichheit zu finden und zu verbreiten.

Abgesehen von der Debatte über den Sitz des Instituts − an der wir uns als Ausschuss im Grunde genommen nicht beteiligt haben und bei der nun die Entscheidung auf Vilnius in Litauen fiel, das uns trotz seiner Abgelegenheit hoffentlich dank der Wunder der Wissenschaft und Technik zufrieden stellende Ergebnisse zu bringen vermag − möchte ich meine Genugtuung darüber zum Ausdruck bringen, dass das Institut sofort starten wird und bereits 2007 seine Arbeit aufnehmen soll.

Dank der Tätigkeit dieses Instituts werden weitere Fortschritte erzielt werden können, die sowohl der Gemeinschaft ganz Europas als auch den Menschen außerhalb Europas zugute kommen werden, die in uns einen Vorreiter und ein Vorbild auf diesem speziellen Gebiet sehen.

 
  
MPphoto
 
 

  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu meiner großen Freude wurden bei der Aussprache zwischen Rat und Parlament schnell Fortschritte erzielt, und jetzt ist eine Einigung in unmittelbare Nähe gerückt. Die Gründung des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen ist eine Reaktion auf die dringend erforderliche Schaffung neuer Instrumente im Politikbereich der Gleichstellung, die uns in die Lage versetzen, weiter voranzukommen. Bereits 1999 wurde diese Notwendigkeit erkannt. Das Parlament und speziell der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter unterstützten die Idee, ein solches Institut zu gründen. Das Institut wird uns – d. h. den Organen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten – helfen, Maßnahmen festzulegen und umzusetzen, indem die Kenntnisse über die Chancengleichheit für Männer und Frauen erweitert werden. Zu diesem Zweck wird sich das Institut mit dem Zusammentragen, der Analyse und Verbreitung objektiver, verlässlicher und vergleichbarer Daten auf Gemeinschaftsebene befassen. Darüber hinaus wird es geeignete methodische Ressourcen entwickeln, um die Einbeziehung von Gleichstellungsbelangen in die Gemeinschaftspolitik zu verbessern.

Nach der ersten Lesung konnte das Parlament etliche im Kommissionsvorschlag enthaltene Punkte konkretisieren und klarstellen. Im Gemeinsamen Standpunkt werden auch die meisten vom Parlament eingebrachten Änderungsanträge berücksichtigt. In zweiter Lesung mussten wir Antworten auf Fragen im Zusammenhang mit der Einsetzung eines Verwaltungsrats finden, denn in dieser Frage vertraten Rat und Parlament grundverschiedene Meinungen. Ich bin froh, dass sich beide Organe um einen ausgewogenen Kompromiss bemüht und schließlich auch erzielt haben. Zum einen konnten Mitgliedstaaten, die Zweifel hatten, einen mittelgroßen Verwaltungsrat akzeptieren, weil man sich darauf verständigt hatte, die Mitglieder turnusmäßig zu ernennen und gemeinsame Erklärungen abzugeben. Damit wird das Institut, was seine Größe und die Erfüllung seiner Aufgaben anbelangt, in die Lage versetzt, effektiv zu arbeiten. Zum anderen wird durch Änderungsanträge, die die Benennung des Direktors/der Direktorin, die Wiedereinsetzung des Sachverständigenbeirats und die Benennung von zwei Sachverständigen im Beirat durch das Parlament betreffen, die Rolle des Parlaments gestärkt. Die Kommission wird diesem Kompromiss daher zustimmen. Nach meiner festen Überzeugung wird das Parlament, das ebenso wie wir den Wunsch hat, dass die Annahme dieser Verordnung bis zum Jahresende über die Bühne gebracht wird, diesen Kompromiss ebenfalls akzeptieren können, und dafür bin ich Ihnen dankbar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Mein Dank gilt auch den Berichterstatterinnen Frau Gröner und Frau Sartorio. Ich konnte mich relativ regelmäßig mit ihnen treffen, und Sie alle können bezeugen, wie unermüdlich sie gearbeitet haben. Ihnen haben wir es zu verdanken, dass wir diese Sache morgen endlich zum Abschluss bringen können.

 
  
MPphoto
 
 

  Anna Záborská, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (SK) Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter tat gut daran, zwei Berichterstatterinnen der PPE-DE und PSE-Fraktion mit der Ausarbeitung eines Berichts zum Vorschlag der Kommission für die Errichtung eines Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen zu betrauen.

Der entstandene Bericht ist sehr ausgewogen, und ich möchte Frau Sartori und Frau Gröner herzlich dafür danken. Es wäre fantastisch, wenn wir heute bekannt geben könnten, dass keine Notwendigkeit für die Einrichtung eines Gleichstellungsinstituts besteht, weil jedwede Form der Diskriminierung von Frauen beseitigt wurde. Gut wäre, wenn wir feststellen könnten, dass es mittlerweile keinerlei Diskriminierung bei der Entlohnung von Frauen mehr gibt, dass die Arbeit von Frauen und Männern auch im Hinblick auf häusliche Verpflichtungen als gleichwertig anerkannt wird, und dass Mütter und Väter sich aufgrund der Fortschritte im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie frei entscheiden können, wie sie ihr Leben gestalten.

Bedauerlicherweise ist das nicht der Fall, obwohl die Europäische Union ein ganzes Arsenal rechtlicher Instrumente zum Schutz der Menschenrechte geschaffen hat. Unter den gegebenen Umständen kann sich das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen als nützliche Einrichtung erweisen. Ob es unsere Erwartungen erfüllt, wird sich erst im Rahmen der Überprüfung in fünf Jahren zeigen. Werden wir dann genug Mut aufbringen, das Institut abzuschaffen, sollte die Bilanz negativ ausfallen? Werden wir den Mut haben, die bereits vorgesehenen finanziellen Mittel sinnvoller einzusetzen? Ich möchte ausdrücklich davor warnen, sich ausschließlich auf das Gleichstellungsinstitut zu verlassen, wenn es um die Lösung des Problems der Chancengleichheit von Mann und Frau geht.

So wie es in den letzten 50 Jahren keiner internationalen oder europäischen Gesetzgebung gelungen ist, das Problem zu lösen, wird ein Gleichstellungsinstitut dies wohl ebenso wenig bewerkstelligen. Nur das persönliche Engagement jedes einzelnen Mannes, jeder Frau, von Politikern und Nichtregierungsorganisationen wird dafür sorgen, dass Frauen nicht mehr diskriminiert werden und alle Frauen, auch die ärmsten, Zugang zum Rechtssystem haben und der Wert ihrer Persönlichkeit, ihre Ehre und Würde uneingeschränkt geachtet werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Zita Gurmai, im Namen der PSE-Fraktion. – (HU) Die Gleichheit von Mann und Frau ist einer der Stützpfeiler des modernen Europas. Nach langen Auseinandersetzungen steht nun die Errichtung eines Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen kurz bevor. Ich möchte Frau Gröner und Frau Satori für ihre Arbeit danken und ihnen zum Vorschlagsentwurf gratulieren, der das beste gegenwärtig erreichbare Ergebnis darstellt und auch seitens der Kommission und des Rates unterstützt wird.

Es ist uns gelungen, die Unabhängigkeit des Instituts zu gewährleisten, was eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass es entsprechend professionell arbeiten und seine Rolle als Expertenforum erfüllen kann, was dem Direktor bzw. der Direktorin bei den anstehenden Aufgaben helfen wird. Der Haushaltsrahmen für das Vorhaben steht auch. Gleichzeitig ist Transparenz in der Verwaltung garantiert. Es bleibt Aufgabe der Kommission und des Verwaltungsrates einen Direktor bzw. eine Direktorin zu ernennen, aber ich würde anregen, dass er oder sie vor dem Ausschuss des EU-Parlaments erscheint. Das stärkt die Rolle des Parlaments.

Es erfüllt mich mit großer Genugtuung, dass es endlich ein europäisches Institut gibt, das kontinuierlich die Frage der Gleichstellung der Geschlechter in der Gesellschaft untersucht und systematische Datenerfassung betreibt. Mit Sicherheit wird es wertvolle Methodologien für die Gleichstellungspolitik entwickeln und andere Institutionen und Mitgliedstaaten beraten sowie zur Umsetzung der EU-Politik beitragen.

Ich begrüße die Tatsache, dass ein neuer Mitgliedstaat als Sitz des Instituts gewählt wurde. Für mich spielte bei der Wahl des Standorts eine wichtige Rolle, dass man sich für einen Ort entschieden hat, der ein angemessenes Umfeld bietet. Litauen ist dies gewiss. Mit der Bereitstellung von zusätzlichen 50 Millionen Euro aus EU-Mitteln für einen Zeitraum von sieben Jahren hat die litauische Regierung ihr Bekenntnis unter Beweis gestellt.

Die Eröffnung des Instituts stellt einen wichtigen Schritt im Bereich der Gleichstellung dar. Welche Rolle das Institut spielen kann, wird sich im Laufe der Zeit herausstellen, aber der aktuelle Bedarf zeigt sich anhand der Tatsache, dass 2007 das Europäische Jahr der Chancengleichheit ist. Wir haben die notwenigen Maßnahmen ergriffen. Das Institut kann nun seine Arbeit aufnehmen. Aber unsere Aufgabe ist es auch, dafür zu sorgen, dass es effektiv arbeitet.

 
  
MPphoto
 
 

  Danutė Budreikaitė, im Namen der ALDE-Fraktion. – (LT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte meine Freude über den vom Rat „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ am 1. Dezember dieses Jahres gefassten Beschluss zum Ausdruck bringen, dem zufolge das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen seinen Sitz im litauischen Wilna haben soll. Dieser Beschluss wird in den Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Staats- und Regierungschefs vom 14./15. Dezember offiziell bestätigt.

Zum ersten Mal wird damit ein EU-Institut seinen Sitz in einem neuen Mitgliedstaat, d. h. Litauen haben.

Obwohl Frauen schon seit Langem für ihre Gleichberechtigung kämpfen, gibt es nach wie vor große Unterschiede in der Bezahlung von Männern und Frauen, wobei die Frauen benachteiligt sind. Die tatsächliche Verwirklichung der Gleichstellung würde nicht nur die Erreichung dieses demokratischen Wertes der EU, des Rechts auf Selbstverwirklichung und zwischenmenschliche Beziehungen bedeuten, sondern auch zur Lösung der demografischen Probleme und zur Verringerung der Armut beitragen.

Die wichtigste Aufgabe des neuen Instituts wird darin bestehen, Informationen über Gleichstellungsfragen zusammenzutragen, sie zu analysieren und Empfehlungen zu diesem Thema zu geben sowie Erkenntnisse über den Stand der Gleichstellung in der Europäischen Union und Drittländern zu verbreiten.

Ich bin überzeugt, dass das in Litauen zu gründende Europäische Institut für Gleichstellungsfragen erfolgreiche Arbeit leisten wird, da Litauen Erfahrungen mit der Zusammenarbeit mit anderen EU-Ländern sammeln konnte und gut geeignet ist, seine Erfahrungen an Drittländer, insbesondere die östlichen Nachbarn, weiterzugeben.

Die Kommission hat vierzig Empfehlungen des Parlaments zur Ausweitung des geografischen Bereichs für die Informationserfassung und -analyse sowie die Bereitstellung von Informationen auf die neu beitretenden Länder und die Kandidatenländer akzeptiert.

Dennoch ist das Ausmaß der Diskriminierung von Frauen in einigen EU-Ländern so groß, dass keiner froh über die Kürzung der Ausgaben des Instituts sein sollte. Meiner Meinung nach sollte genau das Gegenteil passieren: Die Erweiterung des Aufgabenbereichs sollte mit einer Erhöhung der Anzahl der Institutsmitarbeiter und einer Aufstockung des Etats einhergehen.

Ferner möchte ich betonen, dass in erster Linie die Mitgliedstaaten selbst Schritte unternehmen müssen, um Maßnahmen im Bereich der Gleichstellungspolitik in ihren Ländern aktiv und entschieden umzusetzen. Das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen würde sie bei der Erfüllung dieser Aufgaben unterstützen. Außerdem möchte ich Frau Sartori mit Erlaubnis des Präsidenten mitteilen, dass sich unweit von Wilna der geografische Mittelpunkt Europas befindet und dass es sich um eine Stadt handelt, die nicht allzu weit von Brüssel entfernt ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Auch meinerseits vielen Dank an die Berichterstatterinnen. Es ist ein Riesenschritt getan, wenn dieses Gender-Institut nun bald Realität wird. Europa braucht ein unabhängiges, eigenständiges Gender-Institut, um sicherzustellen, dass das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern nicht anderen Maßnahmen zur Antidiskriminierung untergeordnet wird. Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir deutlich gemacht haben, dass wir eine starke Frau an der Spitze dieses Instituts wollen.

Ein eigenständiges Gender-Institut ist notwendig, da die Diskriminierung von Frauen in Europa leider immer noch Realität ist. Es gibt viele Bereiche, für die wir nicht nur mehr Statistiken brauchen, sondern auch innovative Lösungsvorschläge. Ich hoffe, dass dieses Institut nicht nur eine Datensammelstelle wird, sondern auch wirklich einen innovativen Beitrag zur Lösung der Geschlechterdiskriminierung leisten kann.

Zum Schluss möchte ich aber noch einen Punkt herausstellen, der mir sehr wichtig ist. Das europäische Gender-Institut kann keine konkrete Politik und Gesetze ersetzen, und es darf nicht Alibi für Untätigkeiten bei Gesetzesiniativen werden.

(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)

 
  
MPphoto
 
 

  Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Ich möchte allen Beteiligten recht herzlich für ihre harte und engagierte Arbeit danken. Mein besonderer Dank gilt den Kolleginnen Gröner und Sartori dafür, dass dieses Institut nun endlich geschaffen wird und mit seiner bedeutsamen Arbeit beginnen kann. Der heutige Tag ist ein wichtiger Meilenstein für uns alle, die wir uns für eine Gesellschaft einsetzen, in der Männer und Frauen gleichgestellt sind. Er ist auch ein Meilenstein bei der Stärkung der Rechte der Kinder, denn die Situation der Kinder wird in hohem Maße von den Rechten ihrer Mütter, d. h. der Frauen, bestimmt. So froh ich auch über diesen Schritt in Richtung Schaffung eines Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen bin, so enttäuscht bin ich auch über die Tatsache, dass im Jahr 2006 noch ein spezielles Institut zur Durchsetzung von selbstverständlichen Rechten der Frauen benötigt wird, dass wir noch nicht weiter gekommen sind, was die Anerkennung des Rechts der einen Hälfte der Menschheit betrifft, ihr Leben zu den gleichen Bedingungen wie die andere Hälfte der Menschheit zu leben.

Wir reden in der EU viel von Demokratie und Menschenrechten, aber diese müssen auch für die Frauen gelten. Es kann nicht als demokratisch betrachtet werden, wenn große Teile der Bevölkerung der Ansicht sind, Frauen könnten wie eine Ware auf einem Markt behandelt werden und die Gesellschaft könne nicht für das Recht der Frauen auf ihren eigenen Körper eintreten. Es geht hier um das Recht der Frauen, nicht geschlagen oder anderweitig misshandelt zu werden, darum, dass die politische Macht zu einem Großteil immer noch die Macht der Männer ist, darum, dass Frauen für die gleiche Arbeit weniger Lohn erhalten als Männer usw. Ich hoffe wirklich, dass wir alle bei der Abstimmung im Plenum die Errichtung eines Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen unterstützen werden, als einen großen und wichtigen Schritt, damit wir in Zukunft tatsächlich von Demokratie und Menschenrechten sprechen können, die für alle, unabhängig vom Geschlecht, gelten.

 
  
MPphoto
 
 

  Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Die Idee zur Errichtung eines Instituts für Gleichstellungsfragen, das als eines der wichtigsten Ziele der Gemeinschaft gilt, entstand 2000, als klar wurde, dass in den meisten Politikbereichen die geschlechterspezifische Benachteiligung an der Tagesordnung war. Das wird als ein vielschichtiges Phänomen dargestellt, das es sicherlich bis zu einem gewissen Grad auch ist, obwohl sich die grundlegende Frage stellt, ob es hier tatsächlich um Gleichberechtigung und Menschenwürde geht oder um die Entstehung einer neuen Ideologie der Linken.

Eine der Aufgaben des Instituts wird die Beseitigung von Geschlechterstereotypen durch die Verbreitung von Informationen über die nicht-stereotype Rollenverteilung zwischen Mann und Frau einschließlich liberaler Beispiele, die als Vorbild dienen können, sein. Das wird schon seit Langem praktiziert und ist etwas, das Personen mit einer christlichen Weltanschauung nicht unterstützen können.

Moderne Programme, die jeden Bezug zu moralischen Normen verloren haben und menschliche Schwächen ausbeuten, dienen nur dazu, aus den Menschen schwache, schutzlose Sklaven vor allem ihrer sexuellen Impulse und ihres Verlangens nach Befriedigung zu machen. Auf ihre niederen Instinkte reduzierte Menschen, die man jeglicher spiritueller Dimension in ihrem Leben beraubt, deren Entwicklung durch das Fehlen dieser spirituellen Dimension be- und verhindert wird, werden keine vollkommene Erfüllung finden. Da helfen auch weder eine aktive Unterstützung noch die hehren Ziele unterschiedlicher Institutionen.

Auch die rechtlichen Bestimmungen der Verordnung werfen eine Reihe von Zweifeln auf, da die Einrichtung über ein Maximum an Unabhängigkeit bei ihrer Tätigkeit verfügen soll und sogar in der Lage ist, eine externe Bewertung ihrer Leistungen in Auftrag zu geben. Die Tatsache, dass sich das Institut der Kontrolle durch das Europäische Parlament entziehen und sich seinen Bewerter aussuchen kann, wirft nicht nur Zweifel auf, sondern ist sogar recht lächerlich. Auch die Einnahmen des Instituts stellen eine Überraschung dar, denn sie umfassen nicht nur aus unseren Steuern finanzierte Subventionen, sondern auch Beiträge verschiedener wohlhabender Organisationen sowie Einnahmen aus den Leistungen, die es erbringt.

Das nächste Privileg ist die Immunität. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter ungehindert ihren Pflichten nachkommen und unrichtige feministische Ideen verbreiten können, die zur Folge haben werden, dass anstelle einer Zusammenarbeit zwischen Mann und Frau ein destruktiver Kampf der Geschlechter ausbrechen wird, der sich zum neuen Dogma entwickeln und das Geschlecht zum neuen Proletariat machen wird. Wir werden gegen die Annahme dieser Verordnung stimmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Zweifellos ermöglichen die Gleichbehandlung von Männern und Frauen und die Gewährleistung des Gleichstellungsgrundsatzes in allen Bereichen öffentlicher und privater Aktivitäten eine bessere Verwaltung der Humanressourcen der Union, die auf diese Weise ungehindert ihren Beitrag zur Entwicklung und zur Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft sowie zur Anhebung des Lebensstandards und des kulturellen Niveaus der Bürger leisten können.

Das heißt also konkret, um die Effektivität der Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben zu gewährleisten und zugleich die Kontinuität der menschlichen Rasse durch Zeugung und Aufziehung von Kindern sicherzustellen, müssen die Rechte der Frau als elementare Menschenrechte betrachtet und geachtet werden. Mit dieser Perspektive legten der Rat und das Europäische Parlament in der vorangegangenen Sitzungsperiode des Parlaments – wie Sie, Herr Kommissar, zu Recht betont haben – die Grundlagen für die Errichtung eines Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen. Seitdem hat sich jedoch der Skeptizismus gegenüber der Gleichstellung auf europäischer Ebene zu einer Sichtweise entwickelt, die sich in integrativer Weise horizontal durch alle Politiken und Aktivitäten zieht. Der Gleichstellungsfahrplan und die Richtlinie zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt sind ein klarer Beweis dafür. Ich muss den Berichterstatterinnen, Frau Sartori und Frau Gröner, aufrichtig zu ihren Änderungen gratulieren, die sie an dem Vorschlag für eine Verordnung zur Errichtung des Instituts vorgenommen haben. Neben der Förderung der Gleichstellung durch Studien, Erhebungen, Datenauswertung und die Propagierung bewährter Praktiken erhoffen wir uns einen Durchbruch davon, dass die Konsolidierung der Chancengleichheit in multidimensionaler Weise überwacht werden soll. Diese vorgeschlagenen zielgerichteten Maßnahmen sollten sich durch die Achtung der ethnischen Vielfalt und des Subsidiaritätsgrundsatzes auszeichnen. Aufgabe der Verwaltung des Instituts ist es, bei all seinen Aktivitäten die Repräsentativität der Mitgliedstaaten zu garantieren. Wir hoffen, dass die Qualität, die durch das Einholen von Sachverständigenmeinungen gewährleistet ist, dazu führen wird, dass verwertbare Vorschläge unterbreitet werden und ein Überschneiden der Zuständigkeiten von Organisationen, die sich mit Grundrechten, wie Gesundheit, Sicherheit am Arbeitsplatz und ähnlichem befassen, vermieden wird.

Daher möchte ich betonen, dass trotz der Fortschritte, die bei der Schaffung eines Beratungsgremiums erzielt worden sind, das Europäische Parlament erst bei der anschließenden Anhörung des Direktors ...

(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Vielen Dank für Ihren Redebeitrag.

Frau Thomsen, bevor Sie beginnen, möchte ich nur sagen, dass ich bemerkt habe, dass Sie von einem Fernsehteam begleitet und im Plenum interviewt werden. Ich bezweifle, dass dies im Folketing möglich wäre. Dies ist ein Parlament und kein Studio. Für dieses Mal lasse ich es zu, aber bitte achten Sie darauf, dass so etwas nicht wieder vorkommt.

 
  
MPphoto
 
 

  Britta Thomsen (PSE).(DA) Herr Präsident! Herr Kommissar! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich den Berichterstatterinnen für die herausragende Arbeit danken, die sie in diesen Bericht investiert haben. Es freut mich sehr, dass das Institut endlich das Licht der Welt erblicken wird. Trotz aller Gesetze und guten Absichten kann auch heute in Europa noch keine Rede von der Gleichstellung der Geschlechter sein. Das zeigt sich zum Beispiel anhand der weiterhin bestehenden Lohn- und Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen und der deutlich unterdurchschnittlichen Präsenz von Frauen in Entscheidungsgremien, seien sie politischer, öffentlicher oder privater Natur. Was die Gleichstellung von Mann und Frau anbelangt, so besteht nicht nur ein dringender Bedarf an einem solchen Institut in Europa, sondern gleichwohl benötigen wir präzise Informationen, Analysen und Empfehlungen in diesem Bereich.

Ich bin überzeugt davon, dass dem Institut in Europa eine bedeutende Rolle als Inspirationsquelle und Verbreitungsinstrument für Informationen zu Gleichstellungsfragen zukommen wird. Die Datenerfassung und die Entwicklung von optimalen Verfahren werden es dem Institut ermöglichen, bei Vorschlägen und Strategien in Hinblick auf die Überwindung von Hindernissen auf dem Weg der Gleichstellung eine führende Stellung einzunehmen. Viele Mitgliedstaaten brauchen einen solchen Impuls. So könnte beispielsweise die Notwendigkeit zur Erkennung und zum Abbau von Hindernissen bei der Umsetzung des Prinzips des gleichen Arbeitsentgelts im Vordergrund stehen. Heute mangelt es uns nicht nur an Wissen in diesem Bereich, sondern uns fehlt auch das richtige Handwerkszeug, um die bestehenden Ungleichgewichte zu beseitigen. Das heißt, Ungleichheiten bleiben trotz entsprechender Rechtsprechung und wohlklingender Worte erhalten, die unsere Absicht zur Veränderung bekunden. Ich bin hocherfreut, dass die EU in diesem Bereich einen Weg aufzeigt und die Bemühungen um die Gleichstellung von Mann und Frau weit oben auf der politischen Agenda ansiedelt. Darüber hinaus hoffe ich, dass die Arbeit Anstoß für eigene Anstrengungen der einzelnen Mitgliedstaaten ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Bairbre de Brún (GUE/NGL). – (Die Rednerin spricht Irisch.)

(EN) Mit großer Freude unterstütze ich diesen Bericht und fordere zügige Fortschritte, damit das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen seine Arbeit im nächsten Jahr aufnehmen kann. Ich möchte den Berichterstatterinnen für ihre Arbeit danken.

Einen EU-weiten Erfahrungsaustausch zu fördern wird uns helfen, die bereits auf nationaler und regionaler Ebene durchgeführte Analyse zu nutzen und neue wichtige Analysen vorzunehmen. Das Institut sollte ein maßgeblicher Arm der EU-Politikentwicklung werden, so dass Maßnahmen zur Berücksichtigung geschlechterspezifischer Aspekte aktiv gefördert werden können. Das Institut sollte so bald wie möglich arbeitsfähig sein, mit einem eindeutigen Schwerpunkt auf der Sammlung und Analyse von Daten; dann liegt es an uns hier im Parlament, dafür zu sorgen, dass die Analyse, die es vorlegt, künftig in der gesamten Politikentwicklung umgesetzt wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Johannes Blokland (IND/DEM). – (NL) Herr Präsident! Gleichstellung der Geschlechter ist in diesem Hause ein regelmäßig wiederkehrendes Thema. Abgesehen von der Tatsache, dass damit wahrscheinlich die Gleichbehandlung von Männern und Frauen statt ihrer Gleichheit gemeint ist, machen wir es uns meines Erachtens zu einfach, wenn wir darauf hoffen, dieses Problem ließe sich mit ein paar radikalen Änderungen lösen. In den vergangenen Jahrzehnten wurde den Rechten der Frau eine Menge Beachtung, gesunde und weniger gesunde, geschenkt. Trotzdem besteht in einigen Fällen und in einigen Regionen sicherlich Anlass zu besonderer Aufmerksamkeit. Dies lässt sich auf die unterschiedlichen Auffassungen über die Rollenmuster in den einzelnen Kulturen über die Jahrhunderte hinweg zurückführen. Spuren davon finden wir nach wie vor in den Kulturen der Länder, nicht zuletzt innerhalb der Europäischen Union.

Nach meinem Dafürhalten müssen wir mit diesen Unterschieden klug umgehen, wenn wir die Gleichstellung der Geschlechter in allen Ländern und Mitgliedstaaten erreichen wollen. Ich kann mir vorstellen, dass die einzelnen Mitgliedstaaten dabei eine bedeutende Rolle spielen, da sie die Situation vor Ort am besten einschätzen und entsprechende Maßnahmen treffen können. Sollte es ein Mitgliedstaat an Initiative mangeln lassen, so gibt es genug nationale und internationale Organisationen, die zu konkreten Schritten auf diesem Gebiet ermutigen oder sogar dazu zwingen können.

Kurzum, ich bin uneingeschränkt für die Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Männern und Frauen, im Moment brauchen wir jedoch nicht unbedingt ein neues europäisches Institut, das darauf Acht gibt.

 
  
MPphoto
 
 

  Teresa Riera Madurell (PSE).(ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Frau Gröner und auch Frau Sartori, den Rat und die Kommission zu der erzielten Vereinbarung beglückwünschen. Wir freuen uns, dass die Meinung des Parlaments zu den Punkten, die für eine wirksamere Funktionsweise des Instituts große Bedeutung haben, Beachtung gefunden hat.

Ein mittelgroßer Verwaltungsrat, gewählt durch ein Rotationssystem unter den Mitgliedstaaten, wird die Entscheidungsfindung fraglos beschleunigen. Ein durch ein offenes, transparentes Verfahren ernannter Direktor, der vor dem zuständigen Ausschuss dieses Parlaments zu erscheinen hat, um die Fragen von Abgeordneten zu beantworten, halten wir für einen zufrieden stellenden Weg. Auch die Wiedereinsetzung eines Sachverständigenforums, das aus Vertretern der Mitgliedstaaten, des Parlaments und der sozialen Akteure besteht und die Direktion bei der Planung der Tätigkeit des Instituts unterstützt, stellt zweifellos eine gute Sache.

Heute ist ein historischer Tag für dieses Parlament, meine Damen und Herren, denn wir rufen jetzt etwas ins Leben, das sowohl dieses Parlament als auch die anderen Institutionen und die Zivilgesellschaft als unbedingt notwendig betrachten: eine unabhängige Einrichtung ganz speziell für die Fragen der Gleichstellung der Geschlechter.

Meine Damen und Herren, die Gleichstellung von Mann und Frau ist eines der Hauptprinzipien der Europäischen Union. Das Institut wird ein machtvolles Instrument sein, um die Einbeziehung der Gleichstellung in alle Politikbereiche der Gemeinschaft zu gewährleisten.

 
  
MPphoto
 
 

  Pia Elda Locatelli (PSE). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Morgen werden wir für das Gleichstellungsinstitut stimmen, und wir sind offensichtlich froh, dieses Ziel endlich erreicht zu haben. Ich sage, „endlich“ haben wir das Ziel dieses Verfahrens erreicht, weil, das möchte ich in Erinnerung bringen, die Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2002 datiert. Jedenfalls hoffe ich, dass das Institut schnell arbeitsfähig sein wird.

Sicher hätten wir uns gewünscht, mehr Mittel zur Verfügung zu haben, doch ich will lieber das Positive, nämlich die Errichtung des Instituts, sehen und hoffen, dass die Ressourcen aller Art in Zukunft aufgestockt werden.

In Bezug auf die zukünftigen Aktivitäten des Instituts möchte ich zwei Empfehlungen geben: Die erste bezieht sich darauf, wo es für das Institut besonders nützlich wäre, tätig zu werden, und die zweite auf einen spezifischen Maßnahmenbereich.

Es war immer so, dass gerade dort, wo die Bedingungen für Frauen am rückständigsten sind, ein gravierender Mangel an nach Geschlechtern aufgeschlüsselten Daten besteht. Meine erste Empfehlung ist daher, dass das Institut an dieser Front besonders aktiv sein sollte.

Meine zweite Empfehlung bezieht sich auf ein konkretes Untersuchungsthema: die unterschiedliche Bezahlung. Die Unterschiede bei der Vergütung von Männern und Frauen sind nach wie vor unvertretbar hoch und vor allem gibt es keine Anzeichen dafür, dass sie sich wesentlich verringern würden. Die Tatsache, dass der Vertrag von Rom einen Artikel enthielt, in dem ausdrücklich der Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen verankert ist, und dass inzwischen 50 Jahre vergangen und wir quasi keinen Schritt weiter sind, sollte uns klar machen, dass in dieser Frage noch ein gutes Stück Arbeit vor uns liegt.

 
  
MPphoto
 
 

  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (PSE).(PL) Herr Präsident! Die Idee zur Errichtung eines Instituts für Gleichstellungsfragen entstand 1995. Vier Jahre später legte das schwedische Ministerium für Integration und Gleichstellung der Geschlechter seinen ersten Plan vor. Nach mehrjährigen Untersuchungen in Bezug auf die Ziele und die Struktur des Instituts empfahlen die Europäische Kommission und das Europäische Parlament die Gründung eines solchen Instituts.

Nach der ersten Lesung im März dieses Jahres befürwortete das Europäische Parlament die Errichtung dieses Instituts, nachdem es eine Reihe von Änderungsanträgen zum Umfang seiner Tätigkeit und zur Erhöhung seiner Effektivität vorgelegt hatte. Es ist zu begrüßen, dass der Rat, die Kommission und das Europäische Parlament ihre Absicht bekundet haben, das Institut zu errichten und dafür zu sorgen, dass es 2007 seine Arbeit aufnehmen kann.

Auf dieser Stufe, in zweiter Lesung, sind lediglich Fragen in Bezug auf die Verwaltungsstruktur des Instituts, die Wahl seines Direktors und das noch immer umstrittene Problem des Sachverständigenrates noch offen. Es ist bedauerlich, dass der Rat in dieser Angelegenheit einen anderen Standpunkt vertritt als die Kommission und das Parlament. Mit dem Endergebnis kann man jedoch zufrieden sein.

Ausgehend von der wichtigen Rolle dieser Agentur in der Europäischen Union, wo die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in einigen Ländern noch immer weit verbreitet ist, wird die Aufgabe des Instituts darin bestehen, ein einheitliches System für die Erfassung und Analyse von Informationen über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Europa anzuwenden.

Gut ist, dass das Institut seinen Sitz in einem neuen Mitgliedstaat haben wird, und zwar wird es in der litauischen Hauptstadt Wilna ansässig sein. Ich hoffe, dass es seine Arbeit baldmöglichst aufnehmen kann, denn darauf warten wir bereits seit 1995.

Abschließend möchte ich die Berichterstatterinnen zu einem gut erarbeiten Dokument beglückwünschen.

 
  
MPphoto
 
 

  Anna Hedh (PSE). – (SV) Herr Präsident und alle Kolleginnen und Kollegen, die noch wach sind! Gleichstellung von Frauen und Männern ist eines der grundlegenden Prinzipien der EU und eine der zentralen Aufgaben der Union. Die EU muss bei all ihren Tätigkeiten Gleichstellung anstreben. Aber trotz vieler Fortschritte auf diesem Gebiet deuten viele Untersuchungen darauf hin, dass die positive Entwicklung nur sehr langsam fortschreitet. Die EU ist beispielsweise nicht in der Lage, Analysen zusammenzustellen und konstruktive Lösungen zu entwickeln, was die Integration der Gleichstellung und die Förderung der Gleichstellung zwischen den Geschlechtern betrifft. Durch die Errichtung eines Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen signalisieren die EU und die Mitgliedstaaten die hohe Priorität dieser Frage und den politischen Willen, noch mehr zu tun, um den gegenwärtigen Mangel an Gleichstellung zu überwinden.

Heute bin ich als Abgeordnete der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament sehr stolz darauf, dass die europäische Zusammenarbeit zur Weiterführung des Kampfes gegen Geschlechterdiskriminierung genutzt wird. Jetzt ist es wichtig, dass alle Mitgliedstaaten dieses Institut nutzen und ihm Statistiken und Informationen zukommen lassen. Damit tragen sie eine sehr große Verantwortung. Abschließend möchte ich noch meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass dieses Institut in der Stadt Wilna, im neuen Mitgliedstaat Litauen, seinen Platz finden wird. Ich glaube nicht, dass der Grundsatz der Nähe hierbei eine Rolle gespielt hat, da alle Mitgliedstaaten zentral sind. Ich möchte ihnen viel Glück wünschen und den Berichterstatterinnen, den Kolleginnen Gröner und Sartori, sowie der Kommission meinen Dank aussprechen.

 
  
MPphoto
 
 

  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Meine Damen und Herren! Es freut mich, dass das Parlament dem Kompromissvorschlag der Präsidentschaft in vollem Umfang zustimmen kann. Dank dieser Einigung kann das Institut schneller gegründet werden und seine Arbeit aufnehmen. Die vor kurzem von den Mitgliedstaaten getroffene Entscheidung, Wilna als Institutssitz zu bestimmen, ist ein Ausdruck des Wunsches aller Beteiligten, das Institut so schnell wie möglich zum Laufen zu bringen.

Sehr verehrte Mitglieder dieses Hohen Hauses! Das Parlament wird morgen einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Chancengleichheit vorankommen. Es liegt aber, wie etliche Abgeordnete bereits festgestellt haben, noch ein weiter Weg vor uns.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Ich danke dem Herrn Kommissar, allen Rednern sowie Frau Záborská und ihrem Ausschuss für ihre wichtige Arbeit. Ich wünsche dem Institut jeden erdenklichen Erfolg. Es wird dringend gebraucht.

Der Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag statt.

 

25. Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich ihrer Emissionen und Zugang zu Reparaturinformationen für Kraftfahrzeuge (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Matthias Groote im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich ihrer Emissionen, über den Zugang zu Reparaturinformation für Kraftfahrzeuge und zur Änderung der Richtlinien 72/306/EWG und .../.../EG (KOM(2005)0683 – C6-0007/2006 – 2005/0282(COD)) (A6-0301/2006).

 
  
MPphoto
 
 

  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst dem Berichterstatter, Herrn Groote, für seine unermüdliche Arbeit danken. Er hat es möglich gemacht, dass mit dem Rat bereits in erster Lesung eine Einigung erzielt wurde. Ich möchte auch den Schattenberichterstattern danken und selbstverständlich dem finnischen Ratsvorsitz für die Anstrengungen, die uns geholfen haben, dieses schwierige Kapitel schon jetzt zum Abschluss zu bringen.

Die drei Institutionen haben konstruktiv zusammengearbeitet. Wir haben jetzt einen Vorschlag auf dem Tisch, der für die nächsten 10 Jahre strenge Emissionswerte festlegt und zugleich Anreize und Klarheit für technologische Innovationen schafft. Aufgrund gemeinsamer Anstrengungen stützen sich die Vorschläge zudem auf eine gründliche Folgenabschätzung, die die technische und finanzielle Machbarkeit der Vorschläge bestätigt haben.

Die vorgeschlagene Verordnung ist ein bedeutender Schritt zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit von Kraftfahrzeugen. Schlechte Luftqualität in der gesamten Europäischen Union ist Anlass zu großer Besorgnis und hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit. Deshalb befasst sich diese Verordnung zunächst mit Partikelemissionen und mit dem Ausstoß von Stickstoffoxiden. Es geht also um die Verbesserung der Luftqualität.

Die Kommission befürwortet die Einigung in erster Lesung aus vier Gründen. Erstens: der gefundene Kompromiss trägt den Kosten sowie den Nutzen bei der Festlegung der Emissionsgrenzwerte Rechnung. Bei Fahrzeugen mit Benzinmotor wurden anspruchsvollere Grenzwerte festgelegt als bei Dieselfahrzeugen, da bei Benzinern niedrigere Emissionen einfacher und kostengünstiger zu erreichen sind als bei Dieselmotoren. Dieser Umstand ist wichtig, wenn wir den Verbraucher davon überzeugen wollen, von seinem alten, umweltschädlicheren Fahrzeug auf ein umweltfreundlicheres, aber teureres Fahrzeug umzusteigen.

Die Kommission begrüßt zweitens den Zeitplan für die Einführung von Euro-5 und Euro-6. Der Abstand von fünf Jahren zwischen der Einführung der beiden Normen ist wichtig, damit die Motoren für die Einhaltung der nächsten und strikteren Emissionsstufe entsprechend weiterentwickelt werden können. Drittens: Ich bin erfreut darüber, dass eine Einigung über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen erzielt werden konnte. Der Oasis-Standard wird zunächst beibehalten und kann dann zügig an den technischen Fortschritt angepasst werden. Kraftfahrzeuge müssen nicht nur im Neuzustand umweltfreundlich sein, sondern während ihrer gesamten Lebensdauer. Ohne Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen lässt sich das jedoch nicht gewährleisten.

Viertens halte ich es für wichtig, dass in der Frage der finanziellen Anreize ein Konsens gefunden wurde, eine Paketlösung von zwei Emissionsstufen wie bei Euro 3 und 4 und jetzt wiederum bei Euro 5 und 6. Das hat Vorteile für Umwelt und Technologie, wenn beide Stufen auch tatsächlich als Stufen in Kraft treten. Das muss auch für Steueranreize gelten. Aus diesen Gründen kann die Kommission allen Änderungsanträgen zustimmen, die von Ihrem Berichterstatter, Herrn Groote, vorgeschlagen werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Matthias Groote (PSE), Berichterstatter. – Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zuerst bei den Schattenberichterstattern für die gedeihliche und konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Die Abstimmung des Berichts wurde mehrmals verschoben, aber das Warten hat sich meines Erachtens gelohnt, und die Verhandlungen haben gezeigt, dass wir jetzt einen Kompromiss mit dem Rat in erster Lesung hinbekommen.

Es ist wichtig, dass die Verordnung in der ersten Lesung auf den Weg gebracht wird, weil die Mitgliedstaaten Instrumente benötigen, um die von uns gesetzten Luftqualitätsziele zu erreichen. Durch schlechte Luftqualität haben wir in Europa jedes Jahr 370 000 vorzeitige Sterbefälle zu beklagen. Diese erschreckende Zahl muss minimiert werden. Der morgen zur Abstimmung stehende Kompromiss unterscheidet sich maßgeblich vom Kommissionsvorschlag, weil durch den Umweltausschuss eine zweite Stufe hinzugefügt wurde. Die so genannte Euro-6-Stufe bringt ambitionierte und realistische Grenzwerte. Mit dem vorliegenden Kompromiss wird das Feinstaubproblem endlich wirksam angegangen. Dies wird durch die Einführung von Partikelfiltern realisiert. Der Grenzwert für die Partikelmasse wird im Vergleich zu Euro-4 von 25 mg/km auf 5 mg/km reduziert. Das entspricht einer prozentualen Reduzierung von 80 % zur heute gültigen Euro-4-Abgasnorm.

Außerdem wird spätestens mit Inkrafttreten der Euro-6-Stufe am 1. September 2014 die Partikelanzahl gemessen. Durch die Messung der Partikelanzahl werden die besonders gesundheitsschädlichen Partikel der Größe PM2.5 reduziert, was wiederum einen Fortschritt bei der Verbesserung der Luftqualität und der Volksgesundheit in Europa mit sich bringen wird.

Der größte Fortschritt bei der Bekämpfung der Emissionen von Kraftfahrzeugen wird aber bei den Stickoxyden erreicht. Hier wird in der ersten Stufe eine Reduzierung auf 180 mg/km bei den Diesel-Pkw und auf 60 mg/km bei den benzinbetriebenen Pkw in Angriff genommen. Dies entspricht für die Diesel-Pkw einer Reduktion bei den Stickoxyden von 28 % und bei den Benzin-Pkw von 25 % gegenüber der heutigen Euro-4-Abgas-Norm. Der größte Schritt wird allerdings in der vorgesehenen Euro-6-Stufe bei den Diesel-Pkw unternommen. In dieser Stufe wird der Ausstoß von Stickoxyden um 56 % von 180 mg/km auf 80 mg/km gesenkt.

Was den Zeitrahmen angeht, so möchte ich anmerken, dass die Euro-5-Stufe am 1. September 2009 für neue Fahrzeugtypen erfüllt werden muss und die Euro-6-Stufe zum 1. September 2014. Tatsächlich werden aber die Euro-5 und Euro-6-Fahrzeuge schneller eingeführt werden, weil mit dieser Verordnung die Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten, schon vor dem 1. September 2009 Fahrzeuge mit Euro-5- und Euro-6-Abgasnormen steuerlich zu fördern. Ein Blick ins Geschichtsbuch zeigt, dass zum Beispiel im Jahr 2001 schon Fahrzeuge mit der Euro-4-Abgasnorm am Markt erhältlich waren, obwohl die Euro-4-Abgasnorm erst am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist. Euro-5 sorgt nicht nur für eine bessere Luftqualität in Europa, sondern diese Verordnung und der gefundene Kompromiss verbessern auch die Rechte der Hersteller in Europa. So müssen die Verbraucher jetzt eine Dauerhaltbarkeit der Abgasanlagen von 160 000 km anstatt 80 000 km nachweisen. Außerdem werden in Kapitel 3 der Verordnung die Rechte der Verbraucher gestärkt, indem festgeschrieben wird, dass die Verbraucher sich ihre Werkstatt auch weiterhin selbst aussuchen können. Dies wurde erreicht, indem der Zugang zur Reparaturinformation sichergestellt wurde und ein neues Format, das so genannte OASIS-Format, in diese Verordnung zur Bereitstellung der Reparaturinformationen festgeschrieben wird.

Außerdem möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass die vorliegende Euro-5-Verordnung ein gutes Beispiel für den Bürokratieabbau in Europa ist. Durch die Euro-5-Verordnung werden 25 Richtlinien aufgehoben. Das möchte ich im Sinne einer besseren Rechtsetzung ausdrücklich begrüßen.

Abschließend bitte ich um Unterstützung des gefundenen Kompromisses, damit die Verbraucherrechte gestärkt werden und eine Verbesserung der Luftqualität stattfindet. Der Kompromiss wurde als ganzes Paket verhandelt, und eine Abweichung vom Gesamtpaket würde unweigerlich eine zweite Lesung nach sich ziehen. Eine zweite Lesung hätte zur Folge, dass das Instrument Euro-5 zur Verbesserung der Luftqualität in Europa auf sich warten ließe und somit eine Verbesserung der Luftqualität auf die lange Bank geschoben würde.

 
  
MPphoto
 
 

  Ivo Belet (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie. – (NL) Herr Präsident! Mit dieser Richtlinie – und mein Dank gebührt auch dem Berichterstatter – setzen wir im Bereich der Volksgesundheit selbstverständlich einen wichtigen Schritt nach vorn. Dank der Verpflichtung zum Einbau von Partikelfiltern in Dieselfahrzeuge sinken die Feinstaubemissionen de facto um 80 %. Über diese Zahlen sollte jedermann erfreut sein. Derzeit ist die Lebenserwartung in der Europäischen Union aufgrund der Anwesenheit schädlicher ultrafeiner Partikel, Rußpartikel in der Luft, durchschnittlich acht Monate niedriger, und jede Maßnahme zur Verbesserung dieser Situation ist natürlich begrüßenswert.

Nunmehr obliegt es den Mitgliedstaaten, Maßnahmen, steuerliche und andere Anreize, zu treffen, um ältere, umweltschädliche Dieselfahrzeuge schnellstmöglich von den Straßen verschwinden zu lassen. Obgleich dies ein bedeutender Fortschritt ist, gibt es leider auch eine Kehrseite. Es ist wirklich bedauerlich, dass die Geländewagen mit Allradantrieb über die Hintertür davon ausgenommen wurden und dass den Herstellern dieser so genannten SUV, der schweren Personenfahrzeuge, mehr Zeit zur Anpassung gewährt wird. Ich nehme an, Herr Kommissar, Sie selbst fahren nicht einen dieser SUV, und zwar aus dem einfachen Grund, dass die SUV, wie Sie wissen, die größten Verursacher von Feinstaub sind; sie stoßen ein Drittel mehr Feinstaub als herkömmliche Dieselfahrzeuge aus, und Feinstaub verursacht bekanntlich Krebs. Deshalb ergeht mein Appell an die Hersteller, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Der Fahrzeughersteller, der als Erster einen umweltfreundlichen Geländewagen baut, wird meiner Auffassung nach einen gewaltigen Vorsprung gegenüber seinen Wettbewerbern haben.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Öffentlichkeit eine Rolle spielen kann und muss. Alle Käufer sollten sich bewusst sein, dass es ihrer Gesundheit nicht zuträglich sein kann, ein Auto zu fahren, das unverantwortliche Mengen an krebserregenden Stoffen emittiert.

 
  
MPphoto
 
 

  Anja Weisgerber (PPE-DE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. – Herr Präsident! Zunächst möchte ich mich beim Berichterstatter und den Schattenberichterstattern für die gute Zusammenarbeit sehr bedanken. Die Euro-5-Verordnung wird künftig zwei Dinge sicherstellen: erstens den uneingeschränkten Zugang von freien Werkstätten zu den notwendigen Reparaturinformationen und zweitens anspruchsvolle Abgasgrenzwerte für moderne Pkws, die zu einer besseren Luftqualität führen.

Ein effektiver Gesundheitsschutz und die Stärkung der kleinen und mittleren Unternehmen – das sind Ziele, die ich voll und ganz unterstütze. Aus diesem Grund werde ich für den Kompromiss stimmen, den wir mit dem Rat ausgehandelt haben.

Zum ersten Punkt, dem Zugang zu Reparaturinformationen, ist Folgendes zu sagen: Moderne Pkws sind mit einer Vielzahl von elektronisch gesteuerten Fahrzeugkomponenten ausgerüstet. Diese können ohne besondere Informationen des Automobilherstellers nicht repariert werden. Daher brauchen freie Werkstätten den Zugang zu diesen Informationen. Das ist auch für die Verbraucher wichtig. Sie können sich künftig aussuchen, in welche Werkstatt sie einen Pkw zur Reparatur oder Wartung bringen. Dies fördert den Wettbewerb und führt damit auch zu günstigeren Preisen.

Ziel sollte meiner Meinung nach allerdings sein, die Regelung des Zugangs zu Reparaturinformationen letztendlich in die neue Typprüfungsrahmenrichtlinie zu integrieren. Die Regelung ist dort rechtlich und thematisch besser aufgehoben als in einer Verordnung über Emissionsgrenzwerte. In diesem Punkt hat der Rat erfreulicherweise unsere Idee, die wir im Binnenmarktsausschuss entwickelt haben, aufgenommen.

Kurz noch zum zweiten Punkt, den neuen Abgasgrenzwerten. Durch die neuen Grenzwerte werden die Rußpartikelfilter quasi verpflichtend. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer besseren Luftqualität. Richtig ist auch, dass darin bereits jetzt neue Euro-6-Grenzwerte festgelegt werden. Das bedeutet Planungs- und Investitionssicherheit für die Automobilhersteller und fördert Innovation. Wir werden morgen eine Euro-5-Verordnung verabschieden, die für mehr Gesundheitsschutz steht und gleichzeitig den Mittelstand stärkt.

 
  
MPphoto
 
 

  Bogusław Liberadzki (PSE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr. – (PL) Herr Präsident! Der Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr kann die Initiative der Europäischen Kommission im Hinblick auf die vorgeschlagene Verordnung positiv einschätzen. Er hat ebenfalls Änderungsanträge vorgelegt. Ich freue mich, dass sie in Herrn Grootes Bericht Berücksichtigung gefunden haben.

Wir haben uns mit folgenden Problemen befasst. Zunächst einmal liegt auf der Hand, dass sich dieser Vorschlag für eine Verordnung positiv auf die Umwelt auswirken wird. Das zweite Problem betrifft die Kosten der Umsetzung der neuen Normen. Allem Anschein nach sind diese Normen vernünftig und werden sich nicht allzu stark auf den Preis von Neuwagen auswirken. Folglich dürften diese Veränderungen weder den Kauf von Neuwagen verhindern noch die Lebensdauer älterer Kraftfahrzeuge verlängern.

Autohersteller in der Europäischen Union werden in der Lage sein, die neuen Auflagen zu erfüllen und im Falle von Importfahrzeugen ausländische Hersteller zur Einhaltung unserer Auflagen zu zwingen. Daraus resultiert eine Reihe positiver Aspekte, die ich unterstreichen möchte.

Die Liberalisierung der Produktion und des Vertriebs von Ersatzteilen wurde unter Berücksichtigung von drei beteiligten Parteien ebenfalls analysiert. Bei der ersten Gruppe handelt es sich um die großen Automobilhersteller, die ihre Bedenken haben. Die anderen Beteiligten, also die Hersteller von Ersatzteilen und die Reparaturwerkstätten, sind mit dem Verordnungsentwurf zufrieden.

Zu den erwarteten Ergebnissen zählen ein potenzieller Rückgang der Reparaturkosten und der Preise für Kfz-Ersatzteile, wovon die Verbraucher profitieren würden. Das dürfte einen möglichen Anstieg der Neuwagenpreise mehr als wettmachen und sich folglich als Vorteil erweisen.

 
  
MPphoto
 
 

  Martin Callanan, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Ich möchte zunächst dem Berichterstatter und den Schattenberichterstattern, Herrn Groote, Herrn Krahmer und besonders Frau Harms, für ihre ausgezeichnete Zusammenarbeit bei diesem Bericht danken. Wir alle haben lange und intensive Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission geführt, und es freut mich, dass wir zu einem zufriedenstellenden Abschluss gekommen sind, zumindest in den meisten Punkten.

Meine Fraktion begrüßt den Ausgang dieser Verhandlungen. Der Bericht ist ausgewogen, weil er nicht nur die Luftverschmutzung an der Quelle behandelt, sondern auch die sehr legitimen Anliegen einer sehr erfolgreichen europäischen Industrie berücksichtigt. Wie andere Redner vor mir festgestellt haben, beruht der vereinbarte Zeitplan auf dem Paket, das im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit angenommen wurde, und demnach treten Euro 5 und Euro 6 in den Jahren 2009 beziehungsweise 2014 in Kraft.

Ich begrüße die Arbeit, die meine Kollegin, Frau Weisgerber, zum Zugang zu Reparaturinformation geleistet hat. Das ist ein umstrittener Abschnitt, aber wir haben auch da einen sehr erfolgreichen Abschluss erreicht.

Die für die Stufen Euro 5 und Euro 6 vereinbarten Grenzwerte sind schwierige, aber erreichbare Standards. Eine NOx-Senkung ist zwar sehr wünschenswert, aber man muss bedenken, dass sie zu Lasten höherer CO2-Emissionen geht. Die Partikelgrenzwerte sind so streng wie realisierbar und werden den Einbau von Diesel-Partikelfiltern in allen Euro-5-Diesel-Personenfahrzeugen erforderlich machen, und das wird der Luftqualität erheblich zugute kommen.

Bei der so genannten M1-Regelung bin ich sehr zufrieden mit dem erreichten Kompromiss. Wir dürfen nicht vergessen, dass diese Fahrzeuge im Wesentlichen ja für viele Nutzer ausgelegt sind und dass es ganz legitime Gründe dafür gibt, warum für sie diese speziellen Regelungen gelten, bei denen die Grenzwerte geringfügig höher sind, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Emissionen mit der Fahrzeugmasse zunehmen. Wir müssen vermeiden, dass den Herstellern in dieser Verordnung ein verkehrter Anreiz geboten wird, bei diesen Fahrzeugen einfach Dieselmotoren durch Benzinmotoren auszutauschen, was einen Anstieg der CO2-Emissionen zur Folge hätte, den wir ja alle verhindern wollen.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Ich fahre einen Audi Diesel, also ist diese Debatte von Interesse für mich. Vielen Dank für Ihre freundlichen Worte. Ich führe den Vorsitz jetzt seit 21.00 Uhr und stärke mich mit Kaffee und irgendeinem namenlosen portugiesischen Feuerwasser, das mir der Amtsdiener bringt, weil Weihnachten ist. Wenn ich also blind werde, ehe die Debatte beendet ist, müssen Sie das hinnehmen!

 
  
MPphoto
 
 

  Dorette Corbey, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Autos müssen erheblich umweltfreundlicher werden, denn die Luftqualität ist in zahlreichen europäischen Städten einfach entsetzlich. Möglich ist dies, denn wir verfügen über die Technologie.

Morgen stimmen wir über die Euro-5-Normen ab, die sicherstellen, dass insbesondere Dieselautos beträchtlich umweltfreundlicher werden. Mein Dank gebührt dem Berichterstatter, Herrn Groote, für seine Anstrengungen. Obgleich in dem Kompromiss wesentliche Verbesserungen erzielt wurden, muss ich einige Bemerkungen anbringen.

Zunächst bin ich mit dem Verfahren nicht recht zufrieden. Beschlossen wurde eine Vereinbarung in erster Lesung, was als Verfahren, bei dem Entscheidungen in den Hinterzimmern fallen, nicht gerade transparent ist. Das wäre noch vertretbar, wenn wir in großer Eile wären, was bei der Euro-5-Norm jedoch nicht der Fall ist, denn die Normen gelten erst ab September 2009. Eine zweite Lesung wäre daher vorzuziehen gewesen, denn dann hätten wir vor den Gesprächen mit dem Rat zunächst im Plenum zu einem Standpunkt gelangen können.

Zweitens, ich habe auch beim Inhalt gemischte Gefühle. Ich bin, wie gesagt, mit den vereinbarten strengeren Normen gegenüber dem Kommissionsvorschlag außerordentlich zufrieden. Nicht glücklich bin ich jedoch über die Sonderbehandlung der SUV, die gemäß Kompromissänderungsantrag 91 noch bis 2012 von den für Personenautos geltenden Emissionsanforderungen ausgenommen sind. Gerade diese Fahrzeuge – und hier gehe ich voll und ganz mit Herrn Belet konform –, die die schlimmsten Verschmutzer sind, sollten strengeren Umweltanforderungen unterliegen.

Außerdem bedauere ich, dass Änderungsantrag 59, der es den Mitgliedstaaten gestattet, weiter gehende Maßnahmen zu treffen, nicht in das Kompromisspaket aufgenommen wurde. Dieser Änderungsantrag wurde im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit von einer breiten Mehrheit unterstützt. In früheren Rechtsvorschriften haben wir mehr Flexibilität zugelassen, und bei der Euro-5-Norm sollten wir wiederum so verfahren. Kalifornien in den USA hat einen größeren Spielraum zur Auferlegung strengerer Umweltanforderungen für Neufahrzeuge als die Niederlande im Binnenmarkt der EU, der zu einer Zwangsjacke geworden ist, was immer mehr Europäer nicht akzeptabel finden. Strengere Anforderungen in einem oder mehreren Mitgliedstaaten könnten übrigens ein enormer Anreiz für Innovation sein.

 
  
MPphoto
 
 

  Holger Krahmer, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Mein Dank gilt an erster Stelle dem Berichterstatter, der hier ausgezeichnete Arbeit geleistet hat. Matthias, das ist ein großes Kompliment, ich lobe nicht alle Tage Sozialdemokraten!

Die offene Zusammenarbeit zwischen den Berichterstattern hat entscheidend dazu beigetragen, dass wir einen guten Kompromiss und die Einigung in erster Lesung erzielen konnten. Das Rußpartikelproblem der Dieselfahrzeuge ist mit Euro-5 praktisch gelöst, die Feinstaubemissionen werden um 80% reduziert, mit modernen Motoren- und Partikelfiltern wird aus dem Auspuff manch eines neuen Diesel-PKW sauberere Luft kommen, als vorne angesaugt wird. Auch bei den Stickoxiden gehen wir bei den Dieseln einen gewaltigen Schritt nach unten. Als Berichterstatter für die Luftqualitätsrichtlinie kann ich Ihnen sagen, ich wünschte mir, dass alle technischen Systeme so sauber und energieeffizient sind wie unsere modernen Automobile.

Ich freue mich, dass wir uns auf einen realistischen Zeitplan für die Einführung der neuen Grenzwerte einigen konnten, der die Produktzyklen der modernen Automobilindustrie berücksichtigt. Die „grüne Seite“ des Hauses wünscht sich eine frühere Einführung von Euro-5 und Euro-6 und strengere Grenzwerte für die Stickoxide. Das wünschen wir uns sicher alle und die „grüne Seite“ hat sogar Recht, wenn sie behauptet, die Technologie dafür gebe es bereits. Natürlich gibt es sie schon. Aber wir können hier keine Politik der Illusionen verfolgen. Unternehmen tragen nicht nur Verantwortung, sie tragen auch Risiken. Technologien müssen nicht nur verfügbar, sondern auch marktfähig und für den Verbraucher bezahlbar sein. Es bringt der Umwelt wenig, wenn wir die alten Autos nicht von der Straße bekommen, weil die neuen, sauberen Autos nicht bezahlbar sind.

Schon heute sind nicht die neuen Autos das Problem. Mehr als die Hälfte aller PKW in Europa erfüllt gerade einmal die Euro-3-Norm und weniger, unser Ziel muss also die Flottenerneuerung sein. Bei den Ausnahmen für die M1-Fahrzeuge waren wir großzügig, aber ich denke, das ist gerechtfertigt, denn die Umweltauswirkungen sind vergleichbar gering. Fakt ist, dass Geländefahrzeuge gern gekauft werden und es einen Trend zu größeren Autos gibt. Aber das zu kritisieren, ist nicht Aufgabe des Gesetzgebers. In einer Marktwirtschaft – und ich möchte bei Umweltentscheidungen immer wieder daran erinnern – trifft die Kaufentscheidung letztendlich der Kunde. Ich komme aus einem System der früheren DDR, wo die Staats- und Parteiführung für uns entschieden hat, was das bessere Auto für den Einzelnen ist. Dorthin möchte ich nicht zurück!

 
  
MPphoto
 
 

  Rebecca Harms, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kollegen! Ich muss sagen, wir Schattenberichterstatter hatten mit unserem Berichterstatter Matthias Groote auch eine Menge Spaß. Wir waren uns mal mehr, mal weniger einig, nur habe ich mich am Ende des Kompromisses gefragt, ob die Federführung für die Verhandlungen tatsächlich in den Händen des Umweltausschusses gelegen hat. Wenn ich jetzt so auf das Gesamtpaket schaue, ist mein Eindruck, dass ein solcher Vorschlag normalerweise eher im Industrieausschuss zustande kommt.

Ich möchte kurz meine Position erläutern, die etwas anders ist, als Herr Krahmer diese „grüne Seite des Hauses“ dargestellt hat. Ich stelle fest, dass sich das Parlament offensichtlich nicht zutraut, konsequent für Anreize für technologische Innovationen einzutreten, die mit guten Effekten für die Umwelt verbunden wären. Partikelfilter, so wie wir sie jetzt für Euro-5 – also irgendwann ab Herbst 2009 – verlangen, sind bereits heute verfügbar. Warum wir dafür jetzt eine künstliche politische Verzögerung einbauen, verstehe ich nicht. Technologien für die Stickoxidreduktion sind auch bereits heute verfügbar. Warum diese erst ab 2014 und 2015 vorgeschrieben werden sollen, leuchtet mir ganz und gar nicht ein. Diese politisch zu verantwortende Verzögerung für technische Innovationen ist meiner Meinung nach durch nichts zu rechtfertigen.

Für mich bleibt auch eine große Frage, warum es nicht möglich ist, heute schon eine steuerliche Förderung für eine ehrgeizige Stickoxidreduktionstechnik zu verankern. Der fehlende Ehrgeiz dieser Euro-5- und Euro-6-Regelung gipfelt symbolisch in dieser ausgesprochen großzügigen Ausnahmeregelung für schwere Geländewagen. Warum ausgerechnet diese Dreckschleudern so langfristig – nämlich bis weit über dieses Jahrzehnt hinaus – ausgenommen werden sollen, leuchtet mir nicht ein. Damit wird meiner Meinung nach nur ein unvertretbares, unvernünftiges politisches Signal gesetzt.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Genauer gesagt fahre ich einen Audi Quattro.

 
  
MPphoto
 
 

  Jens Holm, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Ich fahre mit dem Fahrrad, das genügt mir!

(SV) Herr Präsident! Ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Groote, für seine konstruktive Arbeit danken. Wir Mitglieder der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke und der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz möchten jedoch einige grundlegende Verbesserungen in drei Bereichen vornehmen. Wir wollen, dass diese Vorschrift früher als der Kompromiss mit dem Rat in Kraft tritt. Davon würden sowohl die Umwelt als auch die europäischen Verbraucher profitieren. Ferner fordern wir strengere Emissionsgrenzwerte für Dieselfahrzeuge und Kraftstoffneutralität für Diesel und Benzin. Ein dritter wichtiger Änderungsantrag betrifft die geländegängigen Fahrzeuge, für die wir keine Ausnahmen haben wollen.

Abschließend möchte ich noch ein gutes Wort für den Änderungsantrag des Kollegen Blokland einlegen, der darauf hinausläuft, dass den Mitgliedstaaten eine strengere Gesetzgebung auf diesem Gebiet gestattet wird. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein, wenn wir Beschlüsse fassen, was aber leider nicht der Fall ist. In dieser Hinsicht gebührt alle Anerkennung der Fraktion Unabhängigkeit/Demokratie.

 
  
MPphoto
 
 

  Johannes Blokland, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Wo es um die Verbesserung der Luftqualität geht, bin ich für schnelle Schritte in die richtige Richtung. Eine Vereinbarung in erster Lesung über die neuen Emissionsnormen für Fahrzeuge ist daher zu begrüßen. Wenn ich jedoch bedenke, dass diese Normen erst in einigen Jahren in Kraft treten, dann frage ich mich, weshalb wir jetzt eine solche Eile an den Tag legen. Die Euro-5-Normen gelten erst ab 2009 und selbst dann noch nicht einmal für alle Typen, das folgt erst 2011. Die Euro-6-Normen werden erst 2015 zur Gänze eingeführt sein. Meiner Auffassung nach hätten wir uns ein wenig mehr Zeit lassen sollen, um ein besseres Ergebnis zu erzielen. Deshalb werde ich die drei Änderungsanträge der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz unterstützen.

Einige Mitgliedstaaten arbeiten hart an der Verbesserung der Luftqualität. Um die europäischen Normen für die Luftqualität zu erfüllen, sind sie bereit, umfassendere Maßnahmen zu treffen. Die Niederlande wollten die Euro-5-Normen frühzeitig einführen, was die Kommission jedoch untersagte, da dies den Binnenmarkt verzerren könnte. Diesen Gang der Dinge halte ich für nicht hinnehmbar, zweifellos dann nicht, wenn wir bedenken, dass die Maßnahmen für eine gute Luftqualität erforderlich sind und dass die Mitgliedstaaten außerdem nach dem Vertrag weiter reichende Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ergreifen dürfen.

Deshalb habe ich Änderungsantrag 59 des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit erneut eingebracht, um deutlich zu machen, dass die Mitgliedstaaten zum Erreichen der Luftqualitätsnormen weiter reichende Maßnahmen treffen können. Dieser Änderungsantrag wurde im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit von einer breiten Mehrheit angenommen und verdient die Unterstützung einer breiten Mehrheit dieses Parlaments, Unterstützung, die zu meiner Freude bereits einige Redner zugesagt haben.

 
  
MPphoto
 
 

  Jacques Toubon (PPE-DE).(FR) Herr Präsident! Ich möchte zunächst Herrn Groote, Frau Weisgerber, Herrn Callanan und auch den finnischen Vorsitz beglückwünschen. Sie haben hervorragende Arbeit zu diesem Thema geleistet, um sowohl im Rat als auch unter den Abgeordneten in diesem Haus einen zufrieden stellenden Kompromiss zu finden.

Die Euro-5-Norm wird bedeutend zu einer weiteren Verbesserung der Luftqualität beitragen. Sie legt harmonisierte Regeln für den Bau von Kraftfahrzeugen in Bezug auf die Emissionswerte fest und ist dadurch Teil einer allgemeinen Strategie, die sich mit den schädlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung auf Gesundheit und Umwelt befasst. Dies ist ein wichtiger Schritt.

Der Zeitplan für die Annahme der Euro-5- und Euro-6-Norm, der das Inkrafttreten im Jahr 2009 beziehungsweise 2014 vorsieht, stellt sicherlich eine Herausforderung dar, ist für die Wirtschaft jedoch machbar, und die Einführung einer einjährigen Frist für die Annahme der Durchführungsbestimmungen bedeutet mehr Flexibilität für die Industrie, was ich begrüße.

Was den Zugang zu Reparaturinformation für Kraftfahrzeuge angeht, der Hersteller und KMU betrifft, freue ich mich schließlich über den gefundenen Kompromiss diesbezüglich und zur vorübergehenden Anwendung der OASIS-Norm. Ich nehme insbesondere zur Kenntnis, dass die Möglichkeit besteht, die Bestimmungen über den Zugang zu technischer Information noch einmal zu überarbeiten und diese im Rahmen einer revidierten Richtlinie für die Typgenehmigung zu konsolidieren. Das haben wir Frau Weisgerber zu verdanken.

Schließlich denke ich, dass wir weiterhin wachsam sein müssen, was die Erneuerung der Fahrzeugflotte in der Union angeht. Ich würde mir wünschen, dass Europa hier als Antriebsmotor wirkt und Schwellenländer, in denen die Zahl der Fahrzeuge auf den Straßen stetig ansteigt, ermutigt, im Hinblick auf die europäischen Emissionsnormen schrittweise aufzuholen. Wir wünschen uns jetzt eine Einigung in erster Lesung auf der Grundlage dieses Kompromisses.

 
  
MPphoto
 
 

  Péter Olajos (PPE-DE).(HU) Der uns vorgelegte Bericht ist ausgezeichnet. Daher möchte ich den Berichterstattern, insbesondere Matthias Groote, Anja Weisgerber und Martin Callahan, im Namen der PPE-DE-Fraktion gratulieren. Der Vorschlag stellt einen schwierigen und schwer umzusetzenden Kompromiss zwischen unseren Anforderungen im Straßenverkehr, technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten und unseren zunehmenden Umweltproblemen dar.

Die Union setzt sich maßgeblich für die Regulierung von Kraftfahrzeugmotoren mit niedrigem Schadstoffausstoß ein, aber augenscheinlich stecken unsere Bemühungen im Umgang mit der Umweltverschmutzung im täglichen Leben noch in den Kinderschuhen und bleiben weit hinter den Zielstellungen zurück. Seit Jahren haben die Automobilhersteller abwechselnd immer wieder neue Concept Cars vorgestellt, die mit Elektrizität, Wasserstoff oder Biokraftstoff betrieben werden können, aber die entsprechenden Pläne landen schließlich im Papierkorb der Ausstellungshalle. Stellt sich die Frage, warum dies geschieht? Aus dem gleichen Grund, weshalb wir gegenwärtig von Euro-5 und Euro-6 für Fahrzeuge reden, während auf unseren Straßen nicht nur Autos nach Euro-4, sondern vor allem immer noch gemäß Euro-2 und Euro-3 fahren.

Grund für diese Misere ist das mangelnde Engagement der Mitgliedstaaten, neue Technologien und die Verbreitung von alternativen Kraftstoffen zu fördern oder auch die Fahrzeughalter zu ermuntern, ihre alten und unmodernen Fahrzeuge durch Neuwagen zu ersetzen. Angeblich fehlten die entsprechenden Mittel? Letztlich ist es aber eine Frage des Wollens! Wir könnten mit Steuervergünstigungen Menschen motivieren, mehr Geld für modernere Technologien auszugeben, wobei stärker in Forschung und Entwicklung sowie Pilotprojekte investiert würde. Auf diese Weise könnten wir die Kosten für den Erwerb neuer Technologien erheblich senken. Durch Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagnen sowie günstige Angebote für Park- und Beförderungsleistungen können wir die Bevölkerung ebenfalls in starkem Maße dazu bringen, auf andere Technologien zu setzen.

Nach meinem Dafürhalten führt uns dieser Weg zur Erreichung der Ziele von Lissabon. Nur so können wir das zunehmende Problem der Luftverschmutzung in unseren Städten lösen.

 
  
MPphoto
 
 

  Zita Pleštinská (PPE-DE).(SK) Die Europäische Kommission hat im Rahmen des Programms „Saubere Luft für Europa“ verschiedene Sektoren ermittelt, die maßgeblich zur Verschmutzung unserer Umwelt beitragen. Bisher scheinen die angestrebten Maßnahmen vornehmlich den Automobilsektor zu betreffen. Heute verabschieden wir die Euro-5 und Euro-6-Emissionsvorschriften für Fahrzeuge, mit Hilfe derer die zulässigen Emissionsgrenzen deutlich gesenkt werden.

Einerseits verstehe ich das Argument, die Annahme der Euro-6-Norm im vorliegenden Vorschlag vermittele den Herstellern größere Sicherheit, da sie so genau wissen, wann und wie stark Emissionen von Kraftfahrzeugen gesenkt werden müssen. Andererseits sollten wir die gegenwärtige Situation langfristig betrachten. Dabei werden wir feststellen, dass Fahrzeugemissionen in den letzten drei Jahrzehnten enorm zurückgegangen sind, so beispielsweise um bis zu 95 % bei Feinstaubpartikeln. Ich frage mich, ob wir nicht irgendwann sogar ganz saubere Autos haben werden, die sich die Mehrheit der Bevölkerung dann aber nicht mehr leisten kann. Daher sollten in Verträglichkeitsstudien auch die wirtschaftlichen Folgen künftiger Senkungen der Emissionsgrenzen von Kraftfahrzeugen berücksichtigt werden.

In der Slowakei werden Fahrzeuge im Durchschnitt deutlich länger gefahren als in den übrigen Ländern Europas. Das liegt daran, dass sich viele Menschen noch kein neues Auto leisten können. Im Hinblick auf den Zugang zu Reparaturinformationen für Kraftfahrzeuge ist mir die Bedeutung der Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen klar. Andererseits ist jedoch fraglich, ob wir den Automobilherstellern dann noch den adäquaten Schutz ihrer Urheberrechte garantieren können.

Es freut mich, dass Frau Weisgerber in ihrem Bericht die Ansicht vertritt, der Zugang zu Informationen für Fahrzeugreparaturen sollte in einer getrennten Rahmenrichtlinie behandelt werden. Ich bin eine von vielen Abgeordneten, die Änderungsanträge bezüglich der Aufhebung dieses Teils des Vorschlags vorgelegt haben, weil die Frage des Zugangs zu Reparaturinformationen in einem separaten Gesetzestext geregelt werden und nicht Bestandteil eines Vorschlags über die Senkung der Emissionswerte sein sollte. Ich hoffe, die Europäische Kommission wird in absehbarer Zeit einen Rahmenrichtlinienentwurf vorlegen, in dem eine ausgewogene Regelung zwischen dem freien Zugang zu Informationen und dem Schutz des geistigen Eigentums gefunden wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Richard Seeber (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich darf dem Kollegen Groote gratulieren für das Paket, das er mit den anderen Schattenberichterstattern ausgearbeitet hat. Meiner Meinung nach hätte es allerdings ambitionierter sein können. Ich als Tiroler komme ja aus einem Gebiet, das sehr stark durch Autoabgase belastet ist. Wir bewegen uns hier in einem Spannungsfeld. Wir reden von Mikrokosten, die wir Herstellern anlasten, welche dann versuchen, sie auf die Autokäufer umzuwälzen. Auf der anderen Seite geht es um Makronutzen, sprich: Gesundheit. Es ist schwierig, hier das genaue Mittelmaß zu finden.

Der Kompromiss ist insgesamt tragbar, und wenn wir ehrlich sind, trifft zu, was Kollegin Pleštinská gesagt hat: Insgesamt kommt es nicht nur darauf an, dass wir hohe und strenge Standards haben. Auch sehr viele andere Faktoren haben starke Auswirkungen auf das tatsächliche Emissionsverhalten des Verkehrs, wie beispielsweise das Alter der Fahrzeugflotte oder das Fahrverhalten. Wenn ich Kollegen von Straßburg mit 160 km pro Stunde über die Autobahn fahren sehe, dann ist der Partikelausstoß bei einem Euro-5-Fahrzeug wesentlich höher, als wenn man mit einem Euro-0-Fahrzeug mit 90 km pro Stunde durch die Gegend fährt. Hier sollte man also eine gewisse Ehrlichkeit walten lassen und auch einmal sagen, dass die europäische Industrie hier viel getan hat.

Wenn Kollegen behaupten, die Amerikaner oder Kalifornier seien das große Vorbild, dann kann ich nur empfehlen: Fahren Sie doch hinüber! Dort ist die Standardmotorisierung ein alter V8-Benzinmotor, der ca. 20 Liter auf 100 km braucht. Wenn ich mir Kalifornien – obwohl der Kollege Schwarzenegger dort Gouverneur ist – als Vorbild vorhalten lassen muss, so muss ich sagen, das entspricht einfach nicht der Realität.

Es handelt sich also um einen tragbaren Kompromiss, und das sage ich als Tiroler, dem es besonders schwer fällt, das so zu formulieren. Ich sage das aber auch an die Kommission gerichtet, denn es ist wichtig, dass wir versuchen, miteinander das gesamte Paket durchzuziehen und auch in Zukunft strengere Normen haben. Insgesamt kommt es jedoch darauf an, einen gesamthaften Ansatz zu verfolgen und nicht nur einen Teilaspekt zu sehen.

 
  
MPphoto
 
 

  Karsten Friedrich Hoppenstedt (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst herzlichen Glückwunsch an den Berichterstatter, Herrn Groote, der ja aus dem Autoland Niedersachsen kommt, einem Bundesland in Deutschland, wo sehr viele Autos gebaut werden, weshalb er sich Mühe gegeben hat, auch den Industriestandort mit zu berücksichtigen. Wir haben gehört – ich werde nicht darauf eingehen –, dass umgehender Handlungszwang besteht. Dem sind wir gefolgt.

Mit der Weiterentwicklung der Euronorm haben wir zweifellos einen entscheidenden Schritt im Rahmen der europäischen Umweltpolitik erreicht, einen Schritt, mit dem auch die Automobilindustrie leben kann. Wie bereits mehrfach dargelegt wurde, sind die positiven Auswirkungen der Euronormen außerordentlich, so dass sich bereits nichteuropäische Länder an unseren Standards orientieren.

Ich möchte dies am Beispiel von China illustrieren, dessen Entwicklung ich im Rahmen meiner Funktion als Mitglied der Chinadelegation näher mitverfolge. Erst vor sechs Wochen habe ich auf dem China Automotive Industry Forum in Schanghai einen Vortrag gehalten, in dem ich über die umweltpolitischen Aktivitäten Europas gesprochen habe, die mit dem Automobilsektor in Zusammenhang stehen. Wie dort zu erfahren war, wird China 2007 Abgaswerte einführen, die der Euro-3-Norm entsprechen. Dadurch werden Emissionsschadstoffe um 30 % reduziert. Bereits 2010 wird die nächste Stufe erreicht, die der Euro-4-Norm gleichkommt. Ein Grund für die Ausrichtung auf unsere europäischen Umweltstandards ist sicherlich die expandierende chinesische Automobilindustrie, die auf unseren Markt drängt und daher die europäischen Normen erfüllen muss. Man kann das auch als willkommenen Nebeneffekt der Markteintrittshürden bezeichnen. Die Ausdehnung des Einflussbereichs der Euronormen über den europäischen Raum hinaus begrüße ich ausdrücklich, da ein Alleingang Europas, weltweit betrachtet, relativ geringe Auswirkungen hätte und unsere Wettbewerbsfähigkeit negativ beeinflussen würde. Dank der erreichten Akzeptanz aller Beteiligten können wir morgen über einen ausbalancierten Vorschlag zur Euro-5- und Euro-6-Norm abstimmen.

Nun ist es aber auch an der höchst profitablen kraftstoffproduzierenden Industrie, sich intensiver an dem Prozess zu beteiligen und die Umweltverträglichkeit der Kraftstoffe zu verbessern, so dass die Last der kostenaufwendigen Verbesserungen nicht ausschließlich der Automobilindustrie aufgebürdet wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte drei Punkte kurz ansprechen. Erstens die Frage der großen, teuren Geländewagen. Ich selber – da hier danach gefragt worden ist – besitze überhaupt kein Auto. Ich gehe zu Fuß oder fahre mit der Bahn. Ich war ein bisschen erstaunt, dass der Abgeordnete Belet die Kommission dafür attackiert hat, dass für die großen und teuren Geländewagen eine Ausnahme gemacht wird.

Entschuldigen Sie bitte, es war die Kommission, die vorgeschlagen hat, keine Ausnahme zu machen. Es war das Europäische Parlament, das darauf bestanden hat, dass für diese Fahrzeuge eine Ausnahme gemacht wird. Wir wollen doch bitte die Kirche im Dorf lassen! Bei allem Verständnis und allen Bemühungen, den Argumenten zu folgen. Herrn Krahmer kann ich wirklich nicht folgen, wenn er sinngemäß sagt, dass man, wenn man genug Geld hat, ein besonderes großes und teures Auto zu kaufen, gleichzeitig das Recht erwirbt, mehr Dreck zu machen. Diese Auffassung kann ich beim besten Willen nicht teilen.

Das Problem ist nur: Wir haben es hier– wie Herr Groote völlig richtig gesagt hat – mit einem Gesamtkompromiss zu tun. Sie haben sicherlich bemerkt, dass die Kommission mit einem Punkt dieses Kompromisses ganz und gar unglücklich ist. Das ändert jedoch nichts daran, dass wir Sie dringend bitten, dem Gesamtkompromiss zuzustimmen und keine Abänderungsanträge der beschriebenen Art zu stellen, weil sonst in der Tat das ganze Paket auseinander fliegt und überhaupt nicht erkennbar ist, wann wir zu einer Lösung kommen werden. Da muss man manchmal – wie wir im Deutschen sagen – eine Kröte schlucken.

Lassen Sie mich zum Schluss noch auf ein Argument eingehen, das mehrere Redner gebraucht haben: die Frage, wie alt die europäische Flotte ist und was diese Vorschriften eigentlich bewirken. Das ist ein sehr ernsthaftes Problem. Tatsächlich sind die meisten Fahrzeuge, die auf unseren Straßen unterwegs sind, natürlich nicht so ausgerüstet, dass sie der jeweils aktuellsten Abgasnorm entsprechen.

Tatsächlich ist es so, dass sich unsere europäische Flotte jedes Jahr nur um 8 % erneuert. Das heißt, es dauert über 10 Jahre, bis sich die gesamte Flotte erneuert hat. Bis z. B. Euro-4 in der europäischen Flotte vollständig verwirklicht ist, werden wir wahrscheinlich bereits das Jahr 2015 oder 2016 erreicht haben. So sind in der Tat die Realitäten, und es wäre in der Tat besonders begrüßenswert, wenn es uns gelingen würde, die Verbraucher dazu zu bringen, die umweltfreundlicheren Autos schneller anzuschaffen. Dazu müssten sie aber erschwinglich bleiben. Daran führt kein Weg vorbei, und das ist der Grund, warum ich glaube, dass der Vorschlag, der hier vorliegt und dessen Annahme ich Ihnen empfehle, im Endergebnis eindeutig der beste ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. Herr Kommissar, mein Hinweis galt nicht der Sprache, sondern dem geografischen Spektrum der Debatte. Konkret haben sieben deutsche Abgeordnete gesprochen – was bewundernswert ist –, drei Niederländer und einzelne Abgeordnete aus anderen Mitgliedstaaten. Gut für Deutschland – und natürlich gut für Sie!

Ich danke dem Berichterstatter, dem Schattenberichterstatter, allen Verfassern von Stellungnahmen und den Rednern in der Aussprache.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Mittwoch statt.

 
  
MPphoto
 
 

  James Nicholson (PPE-DE). – (EN) Bei allen Fragen zum Thema Umweltverschmutzung müssen wir vor allem ein Gleichgewicht zwischen der Notwendigkeit des wirtschaftlichen Fortschritts und einer wirklichen Chance für eine Reduzierung von Emissionen und damit eine Reduzierung gesundheitlicher Gefahren erreichen. Ich danke dem Berichterstatter für die Erarbeitung eines Berichts, in dem dieses Gleichgewicht im Wesentlichen gewahrt wird. Fest steht, dass wir uns stärker bemühen müssen, das Problem der Fahrzeugemissionen infolge des Einsatzes fossiler Brennstoffe zu lösen. Wir brauchen sinnvolle Grenzwerte für Emissionen von Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffen, Stickoxiden und Partikeln. Es mag unterschiedliche Auffassungen darüber geben, wie die Grenzwerte aussehen sollten, aber offenbar ist man zu einem vernünftigen Kompromiss gelangt.

 

26. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll

27. Tagesordnung der nächsten Tagung: siehe Protokoll

28. Schluss der Sitzung
  

(Die Sitzung wird um 23.40 Uhr geschlossen.)

 
Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen