1. Feierliche Sitzung : Empfang der bulgarischen und rumänischen Mitglieder
Der Präsident. Meine Damen und Herren! Mit großer Freude heißen wir heute die 153 neuen Abgeordneten aus Bulgarien und Rumänien willkommen. In unser aller Namen begrüße ich Sie auf das Herzlichste und wünschen Ihnen viel Erfolg in Ihrer ersten Amtszeit als Abgeordnete des Europäischen Parlaments.
Weiterhin freue ich mich, die Präsidenten der nationalen Parlamente Rumäniens und Bulgariens willkommen zu heißen, die uns von der Tribüne aus zuschauen…
(Die Mitglieder des Parlaments erheben sich und spenden den neuen Abgeordneten Beifall.)
Herr Olteanu, Präsident der rumänischen Abgeordnetenkammer, Herr Vacaroiu, Präsident des rumänischen Senats, und Herr Pirinski, Präsident der bulgarischen Nationalversammlung, auch Sie begrüße ich im Europäischen Parlament.
Wir sind jetzt eine große Versammlung, die sich aus 785 Europaabgeordneten aus 27 Ländern und – das mag erschreckend scheinen – 177 politischen Parteien zusammensetzt. In wenigen Monaten werden die Rumänen und Bulgaren an die Urnen treten und ihre europäischen Vertreter wählen. Von nun an wird das Parlament alles in seinen Kräften Stehende tun, um ihnen bewusst zu machen, wie wichtig es für sie ist, an den ersten Europawahlen, die in Rumänien und Bulgarien stattfinden, teilzunehmen.
Ich konnte mich vor kurzem mit eigenen Augen überzeugen, wie begeistert die Rumänen und Bulgaren von Europa sind. Das sah ich während der offiziellen Festakte, die am 31. Dezember 2006 in Bukarest und am 1. Januar 2007 in Sofia stattfanden. Aus persönlicher und auch aus politischer Sicht gehörten sie zweifellos zu den denkwürdigsten Momenten meiner Amtszeit und machten Mut angesichts der in anderen Hauptstädten aufkommenden Euroskepsis.
Ich konnte sehen, wie stolz die Rumänen und Bulgaren sind, nun Unionsbürgerinnen und -bürger zu sein. Alle ihre Anliegen und Sorgen gehen uns heute mehr denn je an. Der Fall der in Libyen zum Tode verurteilten bulgarischen Krankenschwestern ist nun eine europäische Angelegenheit. Die EU darf nicht nachlassen in ihrem Bemühen um diese Unionsbürger – ohne den palästinensischen Arzt zu vergessen, der ebenfalls zum Tode verurteilt ist –, und ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um die libysche Regierung nochmals aufzufordern, sich für sie einzusetzen.
(Anhaltender Beifall)
Liebe Kolleginnen und Kollegen aus Rumänien und Bulgarien, Sie bringen Ihre Geschichte, Ihre Kultur und Ihren Glauben in Europa ein. Mit Ihnen eröffnet sich für die EU eine neue Dimension im maritimen Bereich – das Schwarze Meer –, dessen strategische Bedeutung uns allen derzeit bewusst ist, da ein erheblicher Teil unserer Energieressourcen über das Schwarze Meer kommt. Wir befinden uns mitten in einer Debatte über die Energiepolitik, und ohne Zweifel wird die geografische Lage Ihrer beiden Länder wesentlich zur Stärkung des europäischen Einflusses auf internationaler Ebene beitragen.
Sie vermitteln uns einen näheren Blick auf Völker, die nun weniger weit von uns entfernt sind. Ich bin sicher, dass Sie als Bürger zweier Länder mit einer Grenze zum Westbalkan einen entscheidenden Beitrag zu dem Europa, das wir errichten, leisten werden.
Mit dem Beitritt von Rumänien grenzen jetzt vier Staaten der Europäischen Union an die Ukraine und einer an die Republik Moldau, eine Situation, die die Europäische Nachbarschaftspolitik nur verbessern kann.
Mit dem Beitritt Bulgariens haben nunmehr zwei Länder eine Grenze zur Türkei, und auch hier bin ich sicher, dass uns die Erfahrungen Bulgariens von sehr großem Nutzen sein werden.
Ihre Länder und Ihre Völker haben gewaltige Anstrengungen unternommen, um Mitglied der Europäischen Union zu werden, Anstrengungen, die bei uns vielleicht nicht ausreichend Beachtung fanden, die Sie aber geleistet haben. Und es bleibt Ihnen noch viel zu tun. Wie Sie wissen, hat das Europäische Parlament im November 2006 Ihre Regierungen aufgefordert, das Reformtempo beizubehalten. Wir sind der Ansicht, dass Sie die Reformen besser aus dem Innern der EU heraus durchführen können als von außerhalb, und ihre Begleitung wird unsere gemeinsame Aufgabe sein.
Für uns alle beginnt heute die anspruchsvolle Aufgabe des gegenseitigen Kennenlernens. Das alte Thrakien und Dakien und andere, die Teile Europas waren, bevor unser Kontinent einen Namen hatte, haben sich wieder der Familie angeschlossen und sind in das Europa zurückgekehrt, zu dem sie immer gehörten. Ihr Beitritt wird uns ebenso bereichern, wie es andere Regionen Europas am 1. Mai 2004 getan haben.
Vor uns stehen große Herausforderungen, und ich bin sicher, dass wir sie gemeinsam bewältigen werden. Seien Sie also willkommen.
(Beifall)
Und jetzt bitte ich Sie, die Hymne der Europäischen Union zu hören.
(Die Mitglieder des Parlaments erheben sich und hören die Europahymne.)
2. Wiederaufnahme der Sitzungsperiode
Der Präsident. Ich erkläre die am Montag, dem 18. Dezember 2006, unterbrochene Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments für wieder aufgenommen.
(Die Sitzung wird um 18.20 Uhr eröffnet.)
3. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
4. Erklärung des Präsidenten
Der Präsident. Bevor wir mit der Tagesordnung beginnen, muss ich schweren Herzens daran erinnern, dass die Terrororganisation ETA die im vergangenen März erklärte Waffenruhe gebrochen hat. Ihr barbarischer Anschlag auf den Flughafen von Madrid hat zwei Ecuadorianer, Carlos Alonso Palate und Diego Armando Estacio, das Leben gekostet. Beide hatten als Einwanderer ihren Platz in der spanischen Gesellschaft gefunden und konnten so ihre Familien in Ecuador unterstützen.
Mit diesem Attentat hat die ETA den von der spanischen Regierung initiierten Prozess beendet, der im Oktober 2006 Gegenstand einer Aussprache hier im Plenum war.
Im Namen des Europäischen Parlaments spreche ich den Familien und Freunden der beiden Ermordeten und allen Spaniern und Ecuadorianern unser Mitgefühl und unser Beileid aus.
Ebenso möchte ich in diesem Haus noch einmal diesen grausamen terroristischen Akt verurteilen und ganz klar zum Ausdruck bringen, dass in einer Demokratie Gewalt mit Dialog völlig unvereinbar ist und dass der Frieden,
(Beifall)
die Koexistenz in Freiheit und die Achtung der Menschenrechte unveräußerlich sind.
Weiterhin versichere ich alle spanischen demokratischen Institutionen in diesem Kampf des Landes gegen den Terrorismus der ETA unserer Unterstützung und verleihe der Hoffnung aller europäischen Demokratien Ausdruck, dass die Spanier möglichst bald der Gewalt in Spanien ein Ende setzen werden.
Ich bitte Sie um eine Schweigeminute für Carlos Alonso Palate und Diego Armando Estacio.
(Das Parlament erhebt sich zu einer Schweigeminute.)
5. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
6. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
7. Prüfung von Mandaten: siehe Protokoll
8. Bildung einer Fraktion
Der Präsident. Ich möchte Sie über die Bildung einer neuen Fraktion im Europäischen Parlament informieren. Sie heißt „Identität, Tradition und Souveränität“. Dieser Fraktion gehören 20 Abgeordnete aus mehr als einem Fünftel der Mitgliedstaaten an, damit erfüllt sie die Bedingungen gemäß der Geschäftsordnung. Die Zusammensetzung der Fraktion wird im Protokoll dieser Tagung veröffentlicht.
Martin Schulz (PSE). – Herr Präsident! Ich beziehe mich auf Artikel 29 der Geschäftsordnung unseres Hauses. Dieser Artikel sieht vor, dass die Bildung von politischen parlamentarischen Fraktionen zur Grundvoraussetzung hat, dass es eine übereinstimmende politische Auffassung der Mitglieder dieser Fraktion gibt.
Ich gehe davon aus, dass das Interview, das die Abgeordnete Mussolini am 8. Januar der Nachrichtenagentur APA gegeben hat – zumindest ist es von der APA veröffentlicht worden –, nicht mit Artikel 29 der Geschäftsordnung in Übereinstimmung zu bringen ist. Frau Mussolini hat in diesem Interview gesagt, dass es sich bei der künftig zu bildenden Fraktion eher um eine technische als um eine politische Fraktion handelt. Dabei bezog sie sich darauf, dass die politische Programmatik dieser Fraktion in weiten Teilen nicht mit ihren eigenen Vorstellungen übereinstimmt. Damit ist Artikel 29 unserer Geschäftsordnung nicht erfüllt, denn technische Fraktionen – das wissen wir aus der Vergangenheit dieses Hauses – sind unzulässig. Ich bitte deshalb, den Geschäftsordnungsausschuss dieses Hauses damit zu beauftragen, die Legitimität der Bildung dieser Fraktion zu überprüfen.
(Beifall)
Bruno Gollnisch (ITS). – (FR) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, werter Kollege Schultz! Ich verstehe Ihre Verärgerung darüber, dass bei dieser Gelegenheit eine – wenngleich der Größe nach bescheidene – Fraktion gebildet wurde. Ihr Einwand, Herr Schultz, wäre glaubwürdiger, hätten nicht alle unsere Kollegen eine ausdrückliche Erklärung unterzeichnet, die unleugbar einen politischen Inhalt hat und die dem Präsidenten sowie der Parlamentsverwaltung vorliegt. Ich lasse Ihnen sehr gern eine Kopie zukommen. Es handelt sich um eine Erklärung zugunsten der Beibehaltung einer europäischen Identität und der Identitäten unserer Länder, um zu gewährleisten, dass unsere Moderne in europäischen Traditionen verwurzelt ist. Es ist auch eine Erklärung zugunsten der finanziellen Transparenz, und sie beinhaltet einen weltanschaulichen Verweis auf christliche Werte und Menschenrechte. Es ist ein sehr konkreter Text, den alle unsere Kollegen unterzeichnet haben.
Wie Frau Mussolini sagte, haben wir auch vor, der in gewisser Weise diskriminierenden Situation ein Ende zu bereiten, unter der fraktionslose Abgeordnete im Vergleich zu Abgeordneten leiden, die einer Fraktion angehören. Leider wird diese Diskriminierung für diejenigen weiter bestehen, die fraktionslos bleiben, da sie nicht über die gleichen politischen, administrativen und finanziellen Mittel wie die anderen Gruppen verfügen.
Ich kann Sie voll und ganz beruhigen, Herr Schultz: Die Fraktion Identität, Tradition, Souveränität hat ohne jeden Zweifel einen politischen Inhalt und dieser erfüllt in jeder Hinsicht die Bestimmungen der Geschäftsordnung des Parlaments und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Herr Schultz, bitte treten Sie nicht als der Böse auf, der eine Minderheitenfraktion schikanieren will und Gefahr läuft, vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zurechtgewiesen zu werden.
Der Präsident. Herr Schulz, Herr Gollnisch! In Artikel 29, zusammen mit der Fußnote zur Erläuterung des Geltungsbereichs seiner Bestimmungen heißt es, dass das Parlament nicht die politische Zugehörigkeit von Mitgliedern einer Fraktion bewertet. Nur wenn eines der betreffenden Mitglieder in Abrede stellt, dass es die von der Fraktion erklärte politische Zugehörigkeit hat, muss das Parlament bewerten, ob die Fraktion gemäß den Bestimmungen der Geschäftsordnung gebildet wurde.
Ich glaube nicht, dass dies der Fall ist. Die Fraktion hat eine politische Erklärung bzw. eine Grundsatzerklärung abgegeben. Sie wurde mir übermittelt und wird im Amtsblatt veröffentlicht und von allen Mitgliedern der Fraktion unterzeichnet werden. Dies ist meiner Ansicht nach im Moment ein ausreichender Hinweis auf eine politische Zugehörigkeit ihrer Mitglieder, und daher kann ich Ihrem Antrag nicht nachkommen, Herr Schulz.
9. Ansprache des Präsidenten
Der Präsident. Meine Damen und Herren! Nach dem Willkommensgruß an unsere Kolleginnen und Kollegen aus Bulgarien und Rumänien möchte ich einige Minuten nutzen, um eine Einschätzung der Arbeit vorzunehmen, die wir in der ersten Hälfte dieser Wahlperiode geleistet haben.
Meiner Ansicht nach besteht ein breiter Konsens im Hinblick auf die wachsende Bedeutung des Europäischen Parlaments und seine größere Rolle. Die Aufgaben, die das Europäische Parlament zu erfüllen hat, sind jetzt besser bekannt und finden stärkere Anerkennung. Wir haben die Herausforderung der Erweiterung bewältigt und wichtige interne Probleme gelöst.
Das verdanken wir der Arbeit, die Sie alle, der Generalsekretär und die Verwaltung des Parlaments geleistet haben. Dafür möchte ich Ihnen allen danken.
Erinnern möchte ich auch an die Zweifel, die wir vor 30 Monaten an unserer Fähigkeit hatten, mit mehr Mitgliedern, mit neun weiteren Sprachen – jetzt sind es zwölf mehr – und mit noch mehr verschiedenen parlamentarischen Kulturen zu arbeiten.
Ich glaube, wir können jetzt feststellen, dass wir diese Schwierigkeiten überwunden haben und dass das erweiterte Parlament gut funktioniert. Es besteht keine Spaltung zwischen dem alten und dem neuen Europa.
Die Abgeordneten aus den neuen Mitgliedstaaten haben sich vollständig in die verschiedenen transnationalen Fraktionen integriert und führen ihre Tätigkeit im Rahmen des Systems und im europäischen Geist aus.
Wir haben beim Abbau der Ost-West-Spannungen eine wesentliche Rolle gespielt, und dadurch wurde es uns möglich, wichtige Vereinbarungen zu erreichen, wofür die Dienstleistungsrichtlinie ein hervorragendes Beispiel darstellt.
Die Abgeordneten aus den zehn neuen Mitgliedstaaten haben einige der höchsten politischen Positionen in unserem Parlament inne, und viele von ihnen sind hier als Berichterstatter aufgetreten.
Ich hoffe, dass sich diese integrierte Mitarbeit auch künftig fortsetzt.
Sie werden sich auch erinnern, dass ich Ihnen zu Beginn meiner Amtszeit sagte, dass das Abgeordnetenstatut eine Priorität darstellen würde. Einige der erfahrensten Abgeordneten waren eher skeptisch, aber nun haben wir ein Statut, das, wenn es in Kraft tritt, allen Mitgliedern Gleichbehandlung und Transparenz ihrer Aufwendungen gewährleistet. Dies war ein schwieriges Problem, das dem Image des Europäischen Parlaments ernsthaft geschadet hat, und ich glaube, wir alle sind sehr froh, es gelöst zu haben.
Um die Arbeitsfähigkeit mit einer größeren Zahl von Abgeordneten aufrechterhalten zu können, mussten wir umfangreiche interne Reformen durchführen. Bessere Programmgestaltung, mehr Selektivität, eine stärkere politische Orientierung für die Debatten, eine schnellere Positionierung gegenüber internationalen Ereignissen und den Beschlüssen und Vorschläge der Kommission, mehr Effektivität in unseren Delegationen in Drittländern, eine größere Dynamik in der Arbeit unserer parlamentarischen Ausschüsse.
Jeder hat auf irgendeine Art und Weise dazu beigetragen, schöpferische und effektive Lösungen zu finden und durchzusetzen. Mein Dank gilt Ihnen allen, insbesondere den Vorsitzenden der Fraktionen, den Vizepräsidenten und Führungskräften, die mit mir im Präsidium gearbeitet haben, sowie den Ausschussvorsitzenden. Ferner möchte ich, wenn Sie mir erlauben, einen ganz besonderen Dank an den Generalsekretär, Herrn Priestley, richten, der uns in Kürze verlassen wird.
(Lebhafter Beifall)
Bitte glauben Sie mir – und aufgrund des Amts, das ich ausgeübt habe, weiß ich, wovon ich spreche – dass er, Julian, und seine Mitarbeiter wahre Meister im Vollbringen des täglichen Wunders sind, das diese komplexe Institution in Gang hält.
Um ihrer Funktionstüchtigkeit willen mussten wir auch eine umfangreiche Immobilienpolitik betreiben, die stets Kontroversen hervorgerufen hat. Wir haben nicht unerhebliche Investitionen in Bauvorhaben in Brüssel und Luxemburg vorgenommen, und mein Nachfolger wird die Ehre haben, sie demnächst einzuweihen.
Wir haben in den drei Städten, in denen sich unser Arbeitssitz befindet, und in den 27 Ländern, in denen wir Informationsbüros unterhalten, Gebäude erworben. Wir sind eine große Immobilienmacht in ganz Europa, und ich kann Ihnen sagen, dass wir durch diese Politik, verglichen mit Mietzahlungen, 100 Millionen Euro pro Jahr einsparen können, und dadurch werden wir in der Lage sein, das Abgeordnetenstatut umzusetzen, ohne vom europäischen Steuerzahler zusätzliche Mittel verlangen zu müssen.
Ich möchte dem Vizepräsidenten, Herrn Onesta, und dem Team des Generalsekretärs für die Arbeit danken, die sie in diesem Bereich geleistet haben.
(Lebhafter Beifall)
Es wird Ihnen noch gegenwärtig sein, dass wir uns seit Juli 2004 mit der Frage unserer Beziehungen zu den anderen Organen befassen.
Heute erkennt jeder an, dass das Europäische Parlament während der turbulenten Zeit der Amtseinsetzung der Kommission seine politische Reife erreicht hat.
Warum? Weil es einfach seine Befugnisse und Pflichten wahrgenommen und Vorschläge abgelehnt hat, die ihm ungeeignet erschienen.
Damit hat das Europäische Parlament bewiesen, dass die Anhörungen der Kommissionsmitglieder keine reine Formalität sind, dass das Parlament kein Papiertiger ist und es seine Kompetenzen sehr wohl fordernd und gleichzeitig verantwortungsvoll ausüben kann, ohne eine Krise zu verursachen.
Ich meine aufrichtig, dass das Parlament, die Kommission und das europäische Projekt gestärkt aus dieser Ausübung der parlamentarischen Demokratie hervorgegangen sind. Heute können wir dies als völlig normal betrachten.
Seitdem ist unser Verhältnis zur Kommission freundlich, offen und kooperativ. Ich möchte dem heute hier anwesenden Vizepräsidenten meinen Dank dafür aussprechen.
Das Parlament und die Kommission haben die Pflicht zur Zusammenarbeit, da unsere beiden Organe die europäischen Gesamtinteressen vertreten. Es ist unsere Aufgabe zu kooperieren, denn beide repräsentieren wir in der einen oder anderen Form die allgemeinen Interessen Europas. Dennoch sind wir auch die Einrichtung, der die Kontrolle der Kommission obliegt, und das führt manchmal zu Konfrontationen.
Gelegentlich hat es die Kommission unterlassen, uns Gehör zu schenken, und wir haben daher einige ihrer Vorschläge abgelehnt (Hafendienste oder Schienenverkehr). Deshalb gilt es, beim jährlichen Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission enger zusammenzuarbeiten.
Unsere Beziehungen zum Rat haben sich ebenfalls verbessert, auch wenn sie sich manchmal schwierig gestalten.
Im Hinblick auf die Finanzielle Vorausschau bedauere ich nochmals, dass sich die Mitgliedstaaten nicht stärker der anspruchsvollen und realistischen Position angeschlossen haben, die das Europäische Parlament durch den Ad-hoc-Ausschuss, den zu leiten ich die Ehre hatte, erarbeitet hat. Zum ersten Mal hat das EP seinen Standpunkt definiert, ohne zuvor den des Rates zu kennen.
Das Parlament und der Rat sind Mitgesetzgeber. Meiner Ansicht nach können wir mit unserem Beitrag zur Mitgesetzgebung zufrieden sein. Wir haben oft eine Einigung gefunden, außer in einigen wichtigen Fällen wie dem der Richtlinie über die Patentierbarkeit von Software, wo wir den Gemeinsamen Standpunkt des Rates ablehnten.
Jeder in Europa weiß aber auch, dass dieses Parlament eine Schlüsselrolle bei mindestens drei der Hauptthemen in dieser Hälfte der Wahlperiode gespielt hat.
Was die Dienstleistungsrichtlinie angeht, so wird allgemein anerkannt, dass das Parlament die Europäische Union aus einer schwierigen Situation befreit hat, die im Ergebnis eines ersten Vorschlags entstanden war, der von Grund auf abgeändert wurde. Das Parlament hat praktisch eine Befugnis der gesetzgeberischen Initiative ausgeübt, die es formal gesehen nicht hat. Doch es ging nicht um eine Modifikation, sondern um eine radikale und tief greifende Änderung des ursprünglichen Vorschlags.
Bei REACH haben wir den Weg für den endgültigen Kompromiss geebnet.
Im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Terrorismus haben wir eine Einigung zur Datenspeicherung erzielt, die ohne unsere maßgebliche Mitwirkung und die der britischen Präsidentschaft schwer zu erreichen gewesen wäre.
Wir haben jetzt diese großen Gesetzesthemen behandelt, und ich muss das Parlament warnend auf die Gefahr einer gewissen „legislativen Durststrecke“ hinweisen. Es besteht das Risiko, dass Vorschläge für die Erarbeitung von Gesetzen fehlen.
Unsere Gesetzgebungsarbeit muss zweifellos besser werden – das betrifft jene, die Gesetze vorschlagen, und auch jene, die sie ändern und verabschieden –, doch wir dürfen eine bessere Gesetzgebung nicht mit weniger Gesetzgebung verwechseln …
(Beifall)
... und eine bessere Gesetzgebung darf auch nicht zu Lasten der im gemeinschaftlichen Besitzstand verankerten Rechte – insbesondere der sozialen und Umweltrechte – gehen.
Weiterhin muss ich Ihnen gegenüber in dieser Stunde des Abschieds meine Befürchtung äußern, dass die Tendenz der Union zu einer zwischenstaatlichen Arbeitsweise zu einer Schwächung der Rolle des Europäischen Parlaments führen könnte. Wir werden wachsam sein müssen, um zu verhindern, dass dieser Fall eintritt.
Das Parlament ist nicht nur Mitgesetzgeber. Wir verabschieden nicht nur Gesetze, wir ergreifen auch Initiativen, wenn es die Umstände erfordern, indem wir nichtständige oder Untersuchungsausschüsse bilden.
Zwei sehr wichtige Ausschüsse wurden von uns eingesetzt. Einer zu den vermeintlichen Aktivitäten der CIA, der uns ins Gedächtnis gerufen hat, wie wichtig der Schutz der demokratischen Werte ist, auf denen unsere Union beruht, und der als Beispiel dienen muss. Wir können nicht von anderen verlangen, dass sie etwas tun, was wir zu Hause unterlassen.
Was den „Equitable Life“-Ausschuss betrifft, so ist klar, dass wir zur Aufdeckung beigetragen haben, wer für ein finanzielles Desaster verantwortlich ist, das tausenden europäischen Bürgern schweren Schaden zugefügt hat.
Meine Damen und Herren, große Sorgen bereitet uns auch die illegale Einwanderung, ein Problem, von dem das sozioökonomische Gleichgewicht Europas betroffen ist, das Herzstück der Werte, für die wir eintreten, und durch das sich Dramen ereignen, die sich auf uns alle auswirken.
Wir haben Missionen nach Ceuta, Melilla, Lampedusa, den Kanarischen Inseln, Paris und Malta entsandt, und durch sie war es möglich, die Behandlung der illegalen Einwanderer und Asylsuchenden zu verbessern und die Regierungen an ihre Verantwortung in dieser Frage zu erinnern. Dies war eine sehr wichtige Aufgabe vor Ort, begleitet von einer äußerst aktiven Beteiligung an der Reflexion über die Zukunft Europas.
Sie werden sich erinnern, dass das Parlament den Verfassungsvertrag durch Mehrheit angenommen hat, dass ich als Parlamentspräsident diese Position in den Debatten zum Referendum in mehreren Ländern – nicht nur in meinem eigenen – vertreten habe und dass wir nach dem „Nein“ der Franzosen und Niederländer und dem Schweigen vieler anderer während der Phase des Nachdenkens und in Zusammenarbeit mit der Kommission wichtige Initiativen ergriffen haben, einer Phase, die der deutsche Vorsitz jetzt für beendet erklärt hat.
Die Konferenz der Präsidenten hat sich dieser Aufgabe besonders verschrieben, indem sie jedes Land besuchte, das die Präsidentschaft innehatte, und Gespräche mit der Zivilgesellschaft in jedem Land führte.
Dies ist nicht der Zeitpunkt, um den Ernst der Krise zu analysieren, mit der die Union durch die Ablehnung des Verfassungsvertrags konfrontiert ist. Wir alle wissen, wie schwerwiegend sie ist. Doch in meiner Abschlussrede als Präsident möchte ich das Parlament auffordern, sich intensiv an der Suche nach einer Lösung zu beteiligen, und ich freue mich, dass die deutsche Präsidentschaft mir mitgeteilt hat, dass sie das Europäische Parlament ersuchen wird, einen Vertreter für diese Aufgabe zu benennen, und dass sie auch an die Kommission und die Mitgliedstaaten mit dieser Bitte herantreten wird.
Wir haben eine ganze Reihe von Initiativen zu unserer Aufnahmefähigkeit, die wir jetzt „Integrationsfähigkeit“ nennen, und zu den Kosten, die entstehen, da wir keine Verfassung haben, ins Leben gerufen und die Kommission aufgefordert, dazu einen Bericht zu erarbeiten. Wir taten es, weil die große Mehrheit der Abgeordneten dieses Parlaments – nicht alle, wie wir beim Hören der Hymne feststellen konnten – an die Notwendigkeit eines politischen Europa glauben, das international eine Rolle als Global Player spielen kann, und lassen Sie mich Ihnen sagen, dass in der Welt ein sehr großer Wunsch nach Europa besteht, dass Europa geachtet und in der Welt gewollt ist, vielleicht mehr als in Europa selbst.
Als Reaktion auf diese Forderung nach Europa haben wir eine Vorgehensweise entwickelt, die mittlerweile „parlamentarische Diplomatie“ genannt wird.
Ich habe persönlich mehrere Nichtmitgliedstaaten besucht, um zu erläutern, was Europa ist, um ihre Probleme zu erfahren, die sie in Bezug auf die globale Welt und insbesondere mit uns haben, und manchmal, um Verhandlungen zu führen – in Indien, in China in vielen lateinamerikanischen Ländern, in Afrika, in allen unseren Beitrittsländern und in fast allen Mittelmeerländern.
Doch nicht nur ich. Unsere Wahlbeobachtungen spielen in der heutigen Welt eine sehr wichtige Rolle.
Ist Ihnen bekannt, dass wir 33 Delegationen in 26 Länder entsandt haben, an denen 242 Abgeordnete teilnahmen? Kennen Sie die Rolle, die wir in der Ukraine, in Palästina, in Afghanistan, im Kongo und in Venezuela gespielt haben, um nur die wichtigsten Schauplätze zu nennen?
Ja, wir können mit unserer Rolle auf internationaler Ebene zufrieden sein. Wir sind in die Welt gereist, und die Welt ist zu uns gekommen.
Wir haben die Staatschefs der Mitgliedstaaten der Union empfangen, doch auf Einladung des Parlamentspräsidenten sprachen hier auch 15 Staatschefs anderer Länder in für sie und für uns wichtigen Zeiten.
Einige Namen sind ein deutlicher Beweis dafür: Viktor Juschtschenko, Hamid Karzai, Mahmud Abbas, Fuad Siniora, Evo Morales, Ellen Johnson Sirleaf, um nur einige zu nennen.
Auch dabei haben wir an politischer Bedeutung gewonnen, und das ist für uns ein weiterer Grund, auf unsere Arbeit in dieser Institution stolz zu sein.
Zufrieden sein können wir auch mit der Rolle des Sacharow-Preises. Er tut viel, um die Menschen zu ermutigen, für ihre Freiheit zu kämpfen, wie uns Alexander Milinkiewitsch im Dezember erklärte, oder wie mir Leyla Zana berichtete, als sie mir in Istanbul sagte, wie wichtig es für sie und ihre Sache war, nach Straßburg zu kommen und ihr Bild auf den Fernsehschirmen überall in der Welt zu sehen, wie sehr wir ihr in ihrem Kampf geholfen haben. Deshalb bedaure ich, dass wir die Frauen in Weiß oder Aung San Suu Kyi, die Sacharow-Preisträgerin von 1990, die auch nach 17 Jahren in ihrem Land noch immer unter Hausarrest steht, nicht bei uns empfangen konnten.
(Beifall)
Meine Damen und Herren!
In den letzten 30 Monaten ist der Schutz der demokratischen Werte und der Menschenrechte als eines unserer Identitätsmerkmale gestärkt worden.
Dieses Parlament ist bekannt dafür, dass die Verteidigung der Menschenrechte im Mittelpunkt seiner Beziehungen zu anderen Ländern steht. Unsere Delegationen arbeiten aktiv in dieser Frage, die auch auf allen meinen offiziellen Reisen zur Sprache kam.
Ich habe dieses Thema – manchmal mit konkreten Ergebnissen – in Kolumbien, China, Tunesien, Ägypten, Algerien und in der Türkei angesprochen ... Und in Lahti, in Finnland, konnte ich mich mit offenen Worten an Präsident Putin wenden und ihm erklären, dass Europa die Menschenrechte nicht gegen Energie eintauschen wird.
Wir setzen uns für die Förderung der Zusammenarbeit zwischen großen regionalen Gruppen ein.
In der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer haben wir einen bedeutenden Beitrag zum Barcelona-Prozess geleistet, der leider mit zunehmenden Spannungen zwischen der westlichen und der islamischen Welt einherging. Die PVEM ist noch immer der einzige Ort, wo es möglich ist, gemeinsame Positionen zu Konfliktsituationen zu beziehen, wie es uns im Fall der Krise der Mohammed-Karikaturen und des Kriegs im Libanon gelang.
Meine Damen und Herren, wir müssen die PVEM am Leben erhalten und für ihre weitere Funktionstüchtigkeit sorgen, denn das größte geopolitische Problem Europas ist seine Beziehung zur islamischen Welt, da das Mittelmeer die Grenze mit der größten Ungleichheit in der Welt darstellt und alle Probleme unserer Zeit dort konzentriert sind.
Die Arbeit unserer Paritätischen Versammlung AKP-EU war entscheidend, um zu verhindern, dass Afrika zu einem von der Globalisierung vergessenen Kontinent wird.
Wir haben auch die Bildung der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika in Angriff genommen, und nach einer intensiven Arbeit im letzten Sommer erfolgte ihre Konstituierung. Ich hoffe, dass das Parlament diesem neuen Instrument für die Beziehungen zwischen Europa und Lateinamerika die Bedeutung verleihen wird, die ihm zukommt.
Wir konnten Misstrauen und Gegensätze in den Beziehungen zu den nationalen Parlamenten überwinden. Es fanden systematische interparlamentarische Konferenzen statt, denn wir müssen mit den Abgeordneten und Senatoren der Parlamente der einzelnen Länder an einem Strang ziehen, und ich hoffe, dass der Brauch, während jeder Präsidentschaft Konferenzen abzuhalten, die uns die Möglichkeit einer gemeinsamen Arbeit bieten, fortgesetzt wird.
Meine Damen und Herren!
Nun, da ich dieses hohe Amt abgebe, stelle ich ebenso wie Sie fest, dass die Europäische Union eine wirtschaftliche und soziale Antwort auf die Globalisierung sucht, das große Thema unserer Zeit, und viele Europäerinnen und Europäer, viele der Bürger, die wir hier vertreten, betrachten die Globalisierung mehr als Gefahr denn als Chance. Wir können dies bedauern oder nicht, aber es ist so.
Eurostat zufolge sprachen sich 2003 56 % für die Globalisierung aus. Nach der jüngsten Umfrage von Eurostat sind es jetzt nur noch 37 %. Ein Rückgang von 20 Prozentpunkten in drei Jahren muss zweifellos Besorgnis hervorrufen.
Zwischen den Ländern bestehen große Unterschiede. Nicht alle europäischen Länder sehen das Problem gleich. Ich bin jedoch sicher, dass sich jedes von ihnen, wenn es sich allein der globalisierten Welt stellen müsste, sehr einsam vorkommen, von den gewaltigen Herausforderungen überrannt fühlen würde, auf die wir gemeinsam viel effektiver reagieren können. Gemeinsam können wir mehr tun, und deshalb müssen wir unsere Union stärken, um eine gemeinsame Energiepolitik zu finden, vor allem nachdem wir im Zusammenhang mit dem Gas aus dem Osten unsanft geweckt wurden.
Bislang haben wir in Europa keine Energiepolitik. Wir haben lediglich unsere Wettbewerbspolitik auf den Energiesektor wie auf irgendeinen anderen angewendet. Das ist jedoch nicht ausreichend, denn die Märkte, der Markt, der effizienteste Markt schafft keine Macht, keine Sicherheit und keine Verhandlungskapazität mit Drittländern.
Ich bin voll und ganz überzeugt, dass es in der Welt von morgen zwei Dinge gibt, die untrennbar verbunden sind: Energie und Umwelt, und dass diese feste Partnerschaft Europa eine neue Daseinsberechtigung geben wird.
Ich kann eine neue Existenzberechtigung auch im Zusammenhang mit den Einwanderungsproblemen sehen, einem entscheidenden Kontrapunkt zu unserer demografischen Schwäche. Kurzfristig kann der Bevölkerungsrückgang Europas nur durch mehr Einwanderer ausgeglichen werden. Doch während wir nach einer Einwanderungspolitik suchen, riskieren verzweifelte Menschen aus den unterentwickelten Ländern ihr Leben bei dem Versuch, an unsere Küsten zu gelangen. Es ist illusorisch zu glauben, dass, nachdem die uns trennenden innergemeinschaftlichen Grenzen aufgehoben wurden, nachdem wir beschlossen haben, die Grenzen zwischen uns abzuschaffen, jeder von uns weiter seine eigene Einwanderungspolitik verfolgen und seine eigenen Außengrenzen kontrollieren kann.
Wir müssen den Europäern erklären, dass wir Einwanderer brauchen, doch wir müssen in der Lage sein, sie zu integrieren. Keine Politik zur Einwanderungskontrolle kann Erfolg haben, ohne dass sich in den Herkunftsländern eine Entwicklung vollzieht. Wer einmal durch den Nigerbogen reist, wird das sehr gut verstehen.
Die Europäische Union sucht auch nach Eigenmitteln. Nach wirklich eigenen. Mit diesem Thema haben wir uns auf den beiden letzten interparlamentarischen Konferenzen beschäftigt. Wir brauchen ein System, mit dem wir zu Haushaltsvereinbarungen kommen, die nicht von kurzsichtigen Erwägungen der Nettobilanz jedes Landes in rein rechnerischer Hinsicht beherrscht wird. Wenn wir die Finanzielle Vorausschau auf diese Weise diskutieren, wird die Union niemals über einen ehrgeizigen Haushaltsplan verfügen.
Für uns als Parlamentarier ist dies ein äußerst wichtiger Punkt. Ich erinnere daran, dass es in den ersten Tagen des Parlamentarismus hieß: „Keine Besteuerung ohne Vertretung“. Wenn es denn jetzt um den Aufbau des politischen Europa geht, können wir es vielleicht genau umgekehrt sagen: „Keine wirkliche Vertretung ohne Besteuerung“.
(Beifall)
Meine Damen und Herren!
Die europäischen Bürgerinnen und Bürger erwarten von ihrer Union, dass sie zur Lösung vieler der Probleme beiträgt, die ihr Leben beeinflussen. Sie glauben oft, dass Europa nicht ausreichend präsent ist, wenn es um die großen Themen geht, die kein Land allein lösen kann, und dass es zu präsent ist, wenn es sich um nicht so wichtige Angelegenheiten handelt.
Wie die Kommission uns häufig ins Gedächtnis ruft, muss die Europäische Union ihre Legitimität stärken, indem sie Ergebnisse durch eine erfolgreiche Politik erreicht. Doch wir haben das kleine Problem, dass die bewährten Maßnahmen nicht auf Bäumen wachsen. Sie kommen von starken, effektiven und demokratischen Institutionen.
Dieses Parlament, das Symbol der repräsentativen europäischen Demokratie, der Embryo der supranationalen Demokratie, die wir errichten, muss deshalb seine Funktionsweise weiter verbessern, um zur Wiederbelebung der europäischen Integration beizutragen.
Dies ist mein Wunsch, und ich möchte schließen mit einem imaginären Dialog zwischen Jean Monnet und dem spanischen Dichter Antonio Machado, einem unserer großen Poeten, der im Exil starb und ein Gedicht schrieb, das jeder Spanier kennt:
„Alles geht weiter und alles bleibt. Der Menschen Schicksal aber ist es, weiter zu gehen.“
Nun, Monnet hätte vielleicht geantwortet: „Die Menschen gehen weiter, aber die Institutionen bleiben. Niemand kann alle seine Erfahrungen an andere weitergeben, und deshalb kann nichts ohne Institutionen getan werden.“
Ja, meine Damen und Herren, alles geht weiter. Doch wichtig ist nicht, dass jeder von uns weitergeht, sondern dass wir Institutionen haben, die fortdauern und Zeugen der Geschichte sind, die wir gemeinsam schreiben.
Ja, meine Damen und Herren, alles bleibt. Es bleiben die Emotionen und Empfindungen, persönlich und politisch, und das ist das wichtigste menschliche Kapital, das wir haben.
Es bleiben stille Augenblicke, von denen niemand etwas wissen wird, und es bleiben feierliche Momente, wie die Sitzungen des Europäischen Rates, auf denen ich die Ehre hatte, Sie zu repräsentieren. In Ihrem Namen habe ich mich an die Staats- und Regierungschefs gewandt, und ich kann Ihnen sagen, dass uns immer aufmerksamer zugehört wird und wir immer häufiger gebeten werden, an ihrer Arbeit mitzuwirken. Das ist eine Genugtuung, die ich mit Ihnen teilen möchte.
Es war eine große Ehre, Präsident des Europäischen Parlaments zu sein.
Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, das Sie mir entgegengebracht haben, und wünsche meinem Nachfolger jeden nur erdenklichen Erfolg.
Vielen Dank.
(Die Mitglieder des Parlaments erheben sich und spenden dem Redner Beifall.)
Joseph Daul, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir, im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten Rumänien und Bulgarien herzlich als neue Mitglieder in der europäischen Familie zu begrüßen und die neuen Kollegen aus diesen beiden Ländern willkommen zu heißen. Sie sind jetzt zu Hause. Seit September 2005 haben wir mit den bulgarischen und rumänischen Beobachtern zusammengearbeitet, und ich bin überzeugt, dass wir in den kommenden Jahren unsere ausgezeichnete Zusammenarbeit fortsetzen werden.
Was unsere Fraktion betrifft, so stellen diese neuen Beitritte ein sehr bedeutendes Ereignis dar. Die EU-27 muss sich jetzt den großen Herausforderungen der Zukunft offen stellen. Ich hoffe, dass sie dabei so geschlossen und vor allem so verantwortungsbewusst wie möglich handeln wird.
Eines ist sicher: Die jetzigen Verträge bieten uns nicht mehr das nötige Rüstzeug, um den neuen Gegebenheiten zu entsprechen. Was wir brauchen, und zwar je eher, desto besser, sind neue Spielregeln im Institutionengefüge, ohne die Europa nicht imstande sein wird, die großen Problemen zu lösen, vor denen unser Kontinent steht.
Herr Präsident, seit Ihrer Wahl vor zweieinhalb Jahren hat das Europäische Parlament viele Fortschritte gemacht. Die Befugnisse, die es nun genießt, die Art, wie es seine Aufgaben erfüllt, sowie seine politische Reife sind für jedermann deutlich sichtbar.
Um nur zwei Beispiele zu nennen: Die Dienstleistungsrichtlinie und die Chemikalien-Verordnung REACH sind zwei wichtige Dossiers, bei denen das Parlament eine Schlüsselrolle gespielt hat. Eine andere positive Entwicklung ist, dass die Beziehungen zur Europäischen Kommission durch das neue Rahmenabkommen besser definiert wurden. Ich zweifle nicht, Frau Wallström, dass die Kommission sich wie das Europäische Parlament alle diesbezüglichen Verpflichtungen einhalten wird.
Europa wird nur dann voranschreiten, wenn die europäischen Institutionen, insbesondere die Kommission und das Parlament, in einer Atmosphäre gegenseitiger Achtung und guter Zusammenarbeit arbeiten.
Herr Präsident, Sie haben sich sehr darum bemüht, den Dialog zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten zu fördern. So wird es uns gelingen, die Bürger davon zu überzeugen, wie wichtig das Zusammenspiel der EU-Mitgliedstaaten ist, um Antworten für ihre alltäglichen Sorgen zu finden. Wir müssen diese Partnerschaft fördern und ihre Struktur verbessern. Die PPE-DE-Fraktion wird nachhaltige Initiativen vorschlagen, um dieses Ziel zu erreichen.
Herr Präsident, Sie haben während Ihrer Amtszeit gezeigt, dass dieses Parlament mit Vertretern aus 25 und jetzt 27 Mitgliedstaaten, wenn man die bulgarischen und rumänischen Beobachter hinzuzählt, wirksam arbeiten kann. Damit dies in Zukunft noch besser funktioniert, haben Sie klugerweise eine Parlamentsreform vorzuschlagen, die uns, sobald sie angenommen ist, ebenfalls helfen wird, dieses Ziel zu erreichen.
Ferner haben Sie es zusammen mit dem luxemburgischen Ratsvorsitz erreicht, die Verabschiedung eines Abgeordnetenstatuts zu leiten, wozu ich Sie beglückwünsche. Wir alle wissen, dass dies eine besonders schwierige Aufgabe war, die Sie zu erfüllen hatten.
Herr Präsident – lieber Josep Borrell – Sie waren unser aller Präsident. Die PPE-DE-Fraktion hat Ihnen das Vertrauen ausgesprochen, und Sie haben uns nicht enttäuscht. Sie waren immer offen für die Anträge von Mitgliedern dieses Parlaments. Sie haben dafür gesorgt, dass die Stimme des Parlaments laut und deutlich gehört wird, nicht zuletzt bei den Sitzungen des Europäischen Rates. Im Namen der Fraktion der PPE-DE-Fraktion möchte ich Ihnen dafür sehr herzlich danken. Ich wünsche Ihnen viel Glück und möchte dazu Federico García Lorca zitieren, der – entschuldigen Sie mein Spanisch – sagte: „Caminante, no hay camino. Se hace camino al andar.“ [Wanderer, es gibt keinen Weg. Weg entsteht im Gehen.]
(Beifall)
Martin Schulz, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich schließe mich zunächst einmal den Glückwünschen an meinen Kollegen Herrn Daul an. Ich glaube, unter all denjenigen, die heute im Plenum sind, hat er den schwersten Job übernommen. Ich wünsche ihm viel Erfolg bei der Führung der nicht ganz einfachen Fraktion, deren neuer Vorsitzender er geworden ist. Immer eine glückliche Hand, lieber Joseph!
Herr Präsident! Ich begrüße unsere Kolleginnen und Kollegen aus Bulgarien und Rumänien. Wir haben als Sozialistische Fraktion wie keine andere Fraktion in diesem Hause dafür gestritten, dass es bei dem Termin 1. Januar 2007 bleiben sollte, weil wir der Auffassung waren, je früher die Wiederherstellung der Einheit unseres Kontinents in Freiheit, Frieden und bald ungeteiltem Wohlstand gelingt, desto besser. Heute ist ein guter Tag, weil die Kolleginnen und Kollegen aus Bulgarien und Rumänien ab heute offiziell bei uns sind. Für unsere Fraktion ist das auch ein Erfolg!
(Beifall)
Ihnen, Herr Präsident Borrell, ein Wort des Dankes zu sagen, ist für mich in zweierlei Hinsicht wichtig. Ich will mit einer Entschuldigung beginnen. Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen für all die unsäglichen Sitzungen der Fraktionsvorsitzendenkonferenz, bei denen Sie mich leitend ertragen mussten – leitend und leidend. Sie haben diese Sitzungen geleitet und dabei mein bekannterweise übermäßig ruhiges Temperament zu zügeln versucht. Das ist Ihnen nicht immer gelungen – mir auch nicht. Ich bitte persönlich um Entschuldigung für alles, was ich Ihnen angetan habe.
Aber, Herr Präsident, ich will Ihnen im Namen der Sozialistischen Fraktion sagen: Sie waren ein außergewöhnlich würdiger Präsident für diese Kammer. Sie haben dieses Haus innereuropäisch und außerhalb Europas mit großer Würde und dem großen Respekt, den Sie errungen haben, vertreten. Ich habe mir von einem Mitglied des Europäischen Rates sagen lassen, dass es keinen Staats- und Regierungschef gibt, der bei den Räten der Staats- und Regierungschefs nicht aufmerksam zuhört, wenn Josep Borrell das Wort ergreift. Und das hat zwei Gründe: Die Würde Ihrer Person und die klugen Inhalte Ihrer Reden sind gleichermaßen verantwortlich dafür, dass Sie ein ausgezeichneter Repräsentant dieser frei gewählten europäischen Institution waren.
Wir als Sozialistische Fraktion haben Sie gewählt, viele Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses haben Ihnen als einem neuen und unbekannten Kollegen das Vertrauen gegeben. Ich glaube, ich kann heute für alle feststellen: Josep Borrell hat dieses Vertrauen in jeder Hinsicht gerechtfertigt.
Herr Präsident, wir als Sozialistische Fraktion freuen uns, denn Sie kommen jetzt wieder in die Reihen dieser Fraktion zurück. Sie werden wieder ein normaler Abgeordneter. Jeder, der Sie kennt, weiß, Sie werden auch ein unprätentiöser, normaler Abgeordneter sein, denn Sie sind fähig, eine hohe Funktion auszuüben, dann aber auch wieder als normales Mitglied dieses Hauses ins Glied zurückzutreten. Diese Art der persönlichen Bescheidenheit ist vielleicht das auszeichnende und hervorragende Merkmal der Persönlichkeit Josep Borrell.
Für alles, was Sie für dieses Haus geleistet haben, sage ich Ihnen im Namen meiner Fraktion ein herzliches Dankeschön!
(Beifall)
Graham Watson, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Lassen Sie mich ehrlich sein: Sie waren 2004 nicht der Wunschkandidat meiner Fraktion. Wir hatten Bronisław Geremek vorgeschlagen, einen der Väter und Architekten des heutigen Europa der 27 Mitgliedstaaten und ein Symbol der europäischen Wiedervereinigung. Doch Sie waren diesem Hohen Haus ein fairer und taktvoller Präsident – Sie haben die Abgeordneten mit Respekt und die parlamentarischen Angelegenheiten mit Geduld und Gelassenheit behandelt. Es war von Ihnen als Neueinsteiger viel verlangt, gleich den Vorsitz des Parlaments zu übernehmen, doch Sie haben sich dieser Herausforderung gestellt. Wenn man Herrn Schulz so reden hört, dann fragt man sich, ob er um seine Position fürchtet, wenn Sie Ihren Platz wieder neben den anderen Abgeordneten seiner Fraktion einnehmen!
(Heiterkeit)
Herr Präsident, vor allem schätze ich Ihr Engagement für mehr Bürgernähe. Sie haben viele von uns aufgefordert, an Ihrer Arbeit als aktiver Europäer in Ihrem Heimatland teilzunehmen. Zudem haben Sie bei der Werbung für die Europäische Union auf dem gesamten Kontinent bewundernswertes Engagement und schier unerschöpfliche Energie an den Tag gelegt und sich dabei insbesondere den jungen Menschen Europas zugewandt.
Ihr Wirken hat sich jedoch nicht auf die Europäische Union beschränkt – Sie haben sich auch über die europäischen Grenzen hinaus als aktiver Präsident dieses Hohen Hauses erwiesen, durch Ihr Engagement für die Parlamentarische Versammlung Europa-Mittelmeer, ihren Einsatz für die Bildung der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika und vieles mehr. Dennoch vermute ich, dass es der größte Erfolg während Ihrer Amtszeit war, für die erfolgreiche Integration der bulgarischen und rumänischen Beobachter in dieses Parlament zu sorgen.
Die heutige Anwesenheit neuer Abgeordneter signalisiert den Abschluss der fünften Erweiterungsrunde. Dass heute die beiden neuen Kommissionsmitglieder Leonard Orban und Meglena Kuneva unter uns weilen – die seit dem 1. Januar im Einsatz sind –, erfüllt uns mit Freude, und die Anwesenheit zweier neuer Länder im Rat stärkt unsere Union bei der Vorbereitung auf einen wichtigen Jahrestag.
Herr Präsident, Ihr Vorgänger, Pat Cox, hat sich sehr für die Modernisierung unseres Parlaments eingesetzt. Obwohl wir die von Ihnen eingeleiteten Reformen zu schätzen wissen, hätte sich meine Fraktion mehr Reformen der Arbeitsweise dieses Hauses gewünscht. Wir wissen, dass Sie es versucht haben und dass Ihnen dabei – so wie einst Gulliver – überall durch die Bürokratie zweier Fraktionen die Hände gebunden waren. Diese hartnäckige Präsenz der Jahrhunderte erschwert unsere Arbeit erheblich. Warum kann das Europäische Parlament denn nicht wöchentlich tagen, damit ihm die Kommission Bericht erstatten kann? Und warum ist es nicht möglich, dass alle Abgeordneten einen Bildschirm an ihrem Platz haben, damit wir im 21. Jahrhundert ankommen? Warum muss unsere Demokratie Regeln unterliegen, die sich ein belgischer Mathematiker namens d’Hondt im 19. Jahrhundert ausgedacht hat? Diese Regeln führen zu einem Ergebnis, das mehr auf Berechnungen beruht denn auf Stimmzetteln, zu einem Ergebnis, das mehr von der Größe und dem Gewicht von Staaten beeinflusst wird als vom europäischen Engagement und der Kompetenz der Kandidaten. Das müssen wir überdenken, wenn wir auch jetzt, 50 Jahre nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge, unsere demokratische Glaubwürdigkeit behalten wollen, denn wenn wir es nicht schaffen, mit der Zeit Schritt zu halten, dann wird die Desillusionierung der Öffentlichkeit zunehmen. Dann kann es passieren, dass die widerlichen Kräfte eines hirnlosen ultrarechten Nationalismus an Einfluss gewinnen.
Deshalb, Herr Präsident, vertraue ich darauf, dass Ihre Nachfolger mit allen Abgeordneten des Parlaments in eine Debatte über die Organisation der parlamentarischen Arbeit treten werden, um die Werte, die Sie während Ihrer Amtszeit als Präsident so beherzt gepflegt haben, zu bewahren und weiterzuentwickeln.
Abschließend möchte ich noch Herrn Daul zu seiner Antrittsrede als Vorsitzender seiner Fraktion gratulieren. Wir werden in den kommenden Jahren zweifellos noch viel mehr von ihm hören.
(Beifall)
Brian Crowley, thar ceann an Ghrúpa UEN. – (GA) A Uachtaráin, is mór an onóir dom labhairt i mo theanga dhúchais anseo tráthnóna inniu. Ba mhaith buíochas ó chroí a ghabháil le rialtaisí uilig an Aontais Eorpaigh agus le Feisirí an tí seo as ucht a gcuid tacaíochta chun stádas oifigiúil oibre a bhaint amach don Ghaeilge. Tá cur chun cinn teangacha rí-thábhachtach ó thaobh forbairt iomlán a dhéanamh ar an Aontas Eorpach. Tá ceangal láidir idir éagsúlacht chultúir agus comhoibriú eacnamaíochta san Eoraip agus creidim, a Uachtaráin Borrell, gur éirigh leat an dá aidhm seo a bhaint amach le linn do théarma in oifig an Uachtaráin.
(EN) Ich empfinde es als große Ehre, in diesem Hohen Haus zum ersten Mal in meiner Muttersprache Gälisch sprechen zu dürfen. Ich danke Ihnen, Herr Präsident, und insbesondere Ihren Diensten, sowie Herrn Priestley und seinen Mitarbeitern für die Geduld und Beharrlichkeit, mit der dies nunmehr möglich gemacht wurde. Während wir dieses aus irischer Sicht historische Ereignis begehen, zelebrieren wir gleichzeitig ein Ereignis von noch größerer historischer Bedeutung – die Aufnahme Rumäniens und Bulgariens. Ich heiße meine neuen Kolleginnen und Kollegen als Abgeordnete des Parlaments willkommen, als gleichberechtigte Mitglieder des Europäischen Parlaments 2007, die sich einbringen, abstimmen und neue Wege weisen. Ich gratuliere ihnen zu den Anstrengungen, die sie unternommen haben, um die von den europäischen Organen vorgegebenen Kriterien zu erfüllen, um Teil dieses wunderbaren Friedens-, Wohlstands- und Stabilitätsprozesses zu werden.
Herr Präsident, auf der Konferenz der Präsidenten habe ich Ihnen gegenüber meinen Dank und meine Wertschätzung für all die Unterstützung zum Ausdruck gebracht, die Sie mir, Irland und den Menschen in Irland, die auf institutioneller Ebene Hilfe brauchten, haben zukommen lassen. Viele Kollegen haben diverse spanische Dichter zitiert. Ich kann lediglich einen alten irischen Dichter zitieren, der einmal sagte: „Er kam als Fremder und wir sahen die Angst, doch mit seinem Werk, mit seiner Zeit, mit seinen Anstrengungen, vor allem jedoch mit seiner Ehrlichkeit wurde er unser Freund, und jetzt fehlt er uns, vor allem aber treten wir in seine Fußstapfen, denn sie weisen uns den Weg zu wahrer Größe“.
(Beifall)
Monica Frassoni, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Namen der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz möchte auch ich unsere Kollegen aus Rumänien und Bulgarien sowie unsere neuen Kommissare willkommen heißen. Außerdem möchte ich Ihnen, Herr Präsident, für die Möglichkeit danken, wieder einmal die europäische Hymne zu hören – sie ist wirklich eine der schönsten Hymnen der Welt, und es ist jedes Mal ein bewegendes Erlebnis, sie zu hören!
Von heute an werden unsere Probleme, unsere Hoffnungen und unsere Ziele in guten und in schlechten Tagen in gewissem Maße auch die Ihrigen sein, so wie Ihre Sorgen, Schwächen und Ziele zum Teil auch unsere sein werden. Wir hoffen, dass der steile Weg der Reformen auch nach dem Beitritt weiter beschritten wird, auch wenn ich leider sagen muss, dass die Mitgliedschaft in der Europäischen Union nicht immer eine ausreichende Garantie für Stabilität und für die Beseitigung von Ungleichgewichten und Problemen ist, wie das Beispiel einiger alter und neuer Länder – wozu leider auch mein Heimatland gehört – deutlich zeigt!
Herr Präsident! Ich möchte Ihnen auch im Namen meiner Fraktion danken. Sie haben in diesem Hohen Haus eine Zusammenfassung der Ereignisse der letzten zweieinhalb Jahre vorgetragen, die in meiner Erinnerung nicht so kompakt und in gewisser Weise so dramatisch waren. Ich danke Ihnen im Namen meiner Fraktion, auch wenn wir, wie Sie wissen, Ihre Wahl aus Gründen nicht unterstützt haben, die eindeutig nichts mit Ihrer Person zu tun haben. Mein Dank gilt Ihnen vor allem deshalb, weil Sie sich immer nach Kräften eingesetzt haben, dass dieses Parlament zu einem glaubhaften Forum für Debatten wird und dass seine Werte der Demokratie und Harmonie in der ganzen Welt Verbreitung finden.
Wir haben Sie immer dann unterstützt, wenn Sie von zwei Mehrheitsfraktionen, die im Gegensatz zu uns für Sie gestimmt hatten, im Stich gelassen wurden, beispielsweise als Sie bei der Verfassung, bei der Finanziellen Vorausschau und mit den internen Reformen, die leider unvollendet geblieben sind, vorankommen wollten.
Heute geben Sie Ihr Amt als Präsident des Europäischen Parlaments ab. Sie werden zweifellos andere Aufgaben übernehmen oder gemeinsam mit uns hier im Plenarsaal sitzen. Ich möchte Ihnen nochmals für Ihre Freundlichkeit, Ihre Freundschaft und – wenn Sie gestatten – auch für Ihre Liebenswürdigkeit danken.
Francis Wurtz, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Zu Beginn dieser Wahlperiode habe ich auf Ihren ersten Redebeitrag, in dem Sie in groben Zügen die Zielsetzungen Ihrer Präsidentschaft erläuterten, wie folgt geantwortet: „Ihre Worte bestärken uns in unserer Überzeugung, dass wir sehr konstruktive Kooperationsbeziehungen mit Ihnen aufbauen können.“ Genau so war es dann auch, und ich danke Ihnen dafür aus verschiedenen Gründen.
Zunächst einmal möchte ich Ihnen dafür Anerkennung zollen, dass Sie wirklich zukunftsorientiert waren. Trotz der Einschränkungen Ihres Amtes und der besonderen Umstände, unter denen Sie Ihr Mandat ausgeübt haben, ist es Ihnen gelungen, unseren gemeinsamen Idealen treu zu bleiben. Erst vor ein paar Tagen haben Sie in Ihrer Rede an der Humboldt-Universität scharf die Tendenz zur, ich zitiere, „freien Entfaltung des sozialen und steuerlichen Wettbewerbs zwischen unseren Staaten“ kritisiert, mit der „Europa nicht wie eine konstruktive Antwort auf die Globalisierung, sondern eher wie ein Trojanisches Pferd, das die sozialen Beziehungen untergräbt“, erscheint. Ich teile diese Auffassung. Diese Art der Einmütigkeit könnte allein schon die Ansicht rechtfertigen, dass wir uns ausgezeichneter Beziehungen erfreuen.
Es gibt aber noch eine zweite Qualität, die Sie gezeigt haben und die ich hervorheben möchte. Obwohl sie sich in einigen Bereichen nahe sind, stimmen Ihre politischen Standpunkte nicht oft mit denen überein, die meine Fraktion vertritt, und bei einigen Themen gehen sie sehr weit auseinander, zum Beispiel beim Entwurf des Verfassungsvertrags. Doch wir schätzen an Ihnen Ihre Fähigkeit, verschiedene Auffassungen anzuhören, auch bei einem so heiklen Thema wie diesem. Sie hören nicht aus höflicher Gleichgültigkeit zu, sondern aufmerksam aus Achtung vor dem Redner und darüber hinaus mit dem Wunsch, die Beweggründe des Redners zu verstehen.
Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie die Vorstellung verstehen, dass man für das europäische Aufbauwerk und zugleich rigoros gegen ein hastiges kommerzielles und finanzielles Vorpreschen sein kann, und gegen den damit einhergehenden weit verbreiteten Wettbewerb, den wir das liberale Europa nennen. Ich wiederhole dies heute, an dem Tag, da wir unsere Kollegen aus Bulgarien und Rumänien willkommen heißen: Wenn wir aus dieser Vertrauenskrise – ja sogar Sinnkrise – herausfinden wollen, die Europa durchmacht, dann müssen wir das jetzige Modell kritisch betrachten. Wenn wir einen tief greifenden Wandel fordern, dann damit die Bürger unserer 27 Staaten die Union als die ihrige anerkennen. Unsere Kritik ist also konstruktiv, und ich danke Ihnen dafür, dass Sie dies verstanden haben.
Wenn wir Bilanz über die Amtszeit eines Parlamentspräsidenten ziehen, sticht fast immer ein Ereignis oder eine Handlung als eine Art Meilenstein hervor. Wenn ich diesen Schlüsselmoment während Ihrer Amtszeit bestimmen müsste, dann würde ich sagen, das war im letzten Sommer, als gegen Palästina und Libanon Krieg geführt wurde. Wie es jeder politische Verantwortungsträger in einem solchen Fall tun sollte, haben Sie sich offensichtlich gefragt: „Was kann ich in meiner Position, und sei es noch so bescheiden, gegen eine solche Ungerechtigkeit tun?“ Ihre Antwort war, sämtliche Fraktionsvorsitzenden aus dem Urlaub zurückzurufen, um im Namen des Parlaments etwas zu tun, das die EU-25 auf ihrer Ebene nicht vermocht hatte, nämlich zumindest einen sofortigen Waffenstillstand und die Rückkehr zu den Regeln des Völkerrechts zu verlangen. Ferner forderten Sie die Aufnahme von Gesprächen zum Austausch von Gefangenen und von schnellstmöglichen internationalen Verhandlungen auf der Grundlage aller einschlägigen UNO-Resolutionen zum Nahen Osten. Zugegebenermaßen haben wir mit unserer einstimmigen Entschließung nicht das Antlitz der Welt verändert, aber dank Ihrer Initiative haben wir zumindest die Ehre Europas gerettet.
Aus diesen Gründen danke ich Ihnen, Herr Präsident. Ich hoffe, dass Ihre künftigen Aufgaben es uns erlauben werden, unsere ausgezeichnete und fruchtbare Zusammenarbeit fortzusetzen.
(Beifall)
Jens-Peter Bonde, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Bună seara, Rumänien; добър ден, Bulgarien; herzlich willkommen! Ich möchte Ihnen als dienstältester Abgeordneter das Hohe Haus von innen zeigen. 84 % der deutschen Gesetze kommen aus Brüssel – ein alarmierendes Demokratiedefizit und eine faktische Aufhebung der Gewaltenteilung, um mit den Worten von Roman Herzog, dem deutschen Bundespräsidenten a. D., zu sprechen. Leider hat er Recht.
Müsste sich die EU um eine Mitgliedschaft in der EU bewerben, dann bekäme sie zu hören: „Tut uns leid, lösen Sie erst mal Ihr Demokratiedefizit“. Den Kern der Demokratie bildet normalerweise die Durchführung von Wahlen, um eine neue Mehrheit zu ermitteln und dann neue Gesetze zu verabschieden. Diesen Kern werden Sie hier jedoch kaum finden. Deshalb, liebe rumänische und bulgarische Kollegen, sind Sie jetzt Mitglied in einem Parlament, in dem es keine lebhaften Debatten gibt und in dem die Krönung unseres nächsten Präsidenten bereits geplant ist.
Herzlich willkommen bei der Verschwendung von 22 Arbeitstagen, 50 zusätzlichen Hotelrechnungen, Ausgaben in Höhe von 250 Millionen EUR für den Wanderzirkus zwischen Straßburg, Luxemburg und Brüssel, und willkommen zu den 5 500 Abstimmungen pro Jahr, bei denen man kaum weiß, wofür man eigentlich genau gestimmt hat.
Das d’Hondt-System wird verhindern, dass Sie die interessantesten Posten und Berichte bekommen. In Ihren Ausschüssen werden junge Assistenten und Praktikanten des Rates mit all den geheimen Legislativdokumenten, die Sie nicht lesen dürfen, hinter Ihnen sitzen. Die EU verfügt über mehr als 90 000 Seiten an Rechtstexten – Amtsschimmel – die Sie als gewählte Abgeordnete dieses Parlaments niemals ändern können. Um irgendwas zu ändern, müssen Sie zu jemandem gehen, der nicht gewählt worden ist. Von 480 Millionen Bürgerinnen und Bürgern dürfen nur die 27 nicht gewählten Kommissionsmitglieder Vorschläge für neue Gesetze oder die Änderung bereits bestehender Gesetze unterbreiten.
Im Jahre 2005 haben wir über 3000 verschiedene Rechtsvorschriften in der EU verabschiedet, wobei lediglich in 57 Fällen das Mitentscheidungsverfahren zur Anwendung kam. Die meisten Rechtsvorschriften werden von Beamten in 300 geheimen Arbeitsgruppen im Rat entschieden, nachdem sie von weiteren 3000 geheimen Arbeitsgruppen in der Kommission ausgearbeitet worden sind.
Verehrte neue Kolleginnen und Kollegen, herzlich willkommen beim Kampf für Transparenz, Annäherung und Demokratie. Mein Begrüßungsgeschenk ist dieses neue orangefarbene Handbuch mit einer langen Liste mit Erfolgen im Bereich der Transparenz und einer noch längeren Liste mit anstehenden Aufgaben. Abgeordnete aller Fraktionen und Fraktionslose haben ein Programm mit Namen „Fair Chair“ für unseren nächsten Präsidenten ausgearbeitet. Wir könnten nur einen Hauptsitz haben, den Wanderzirkus abschaffen, lebhafte Debatten einführen, über wichtige Fragen abstimmen und das d’Hondt-System in ein faireres System verwandeln, um der Diskriminierung kleinerer Delegationen in den großen Fraktionen, der Diskriminierung kleiner Fraktionen und der Diskriminierung der Fraktionslosen entgegenzuwirken. Eine Million Bürgerinnen und Bürger haben eine Petition unterzeichnet, in der sie sich für einen einzigen Arbeitsort aussprechen, und Herr Pöttering will es uns noch nicht einmal gestatten, über diese Petition zu debattieren. Morgen findet darüber eine geheime Abstimmung statt – geben Sie um 10.00 Uhr einem einzigen Tagungsort und der „Fair Chair“-Reform Ihre erste Stimme!
(ES) Herr Borrell, morgen werden Sie Gelegenheit haben, dieses System zu ändern. Vielen Dank, Herr Präsident.
Bruno Gollnisch, im Namen der ITS-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Ein Präsident geht, und eine neue Fraktion kommt – die Fraktion Identität, Tradition, Souveränität.
Ich möchte zunächst einmal den rumänischen, bulgarischen, flämischen, italienischen, österreichischen, britischen und natürlich den französischen Patrioten danken, die es uns ermöglicht haben, diese Fraktion zu bilden. Wir rechnen damit, noch weitere mutige und klar sehende Abgeordnete aus diesem Parlament begrüßen zu können. Ich möchte ferner Herrn Daul persönlich zu seiner Wahl gratulieren.
Wir werden durch diese Fraktion an Öffentlichkeit, Mitteln und Einfluss in diesem Gremium gewinnen und das Sprachrohr für die zig Millionen Europäer sein – 23 Millionen nach meinen Berechnungen –, die ohne unsere Fraktion hier im Parlament nicht repräsentiert wären.
Die nationalen Kräfte sind die Zukunft Europas, des wahren Europas, des Europas der Völker und souveränen Nationen, der Identitäten und Traditionen, wie aus dem Namen unserer Fraktion hervorgeht. Hier ein Beispiel: In den letzten fünf Jahren haben drei Patrioten in ihren jeweiligen Ländern die letzte Runde der Präsidentschaftswahlen erreicht – Wolen Siderow in Bulgarien, Corneliu Wadim Tudor in Rumänien und Jean-Marie Le Pen in Frankreich, und das ist erst der Anfang. Das ist doch ein Signal für unseren politischen Stellenwert sowohl in Ost- als auch in Westeuropa.
Wenn Sie erlauben, Herr Präsident, möchte ich Ihnen zumindest zum Ende Ihres Vorsitzes dafür Anerkennung zollen, dass Sie, auch wenn Sie vielleicht manchmal durch Verleumdungen, die über einzelne von uns im Umlauf waren, irregeführt wurden, die Geschäftsordnung sowie die Erklärung unserer Fraktion völlig richtig ausgelegt haben, und dass Sie in Ihrer Eigenschaft als Präsident Anträge abgelehnt haben, die ich erschreckend totalitär finde. Was ist daran so ungewöhnlich, werte Kolleginnen und Kollegen, wenn sich in einer Demokratie Politiker zusammenschließen, um ihre Ideen in den Vordergrund zu rücken und ihre Standpunkte zu verteidigen, wegen denen die Wähler für sie gestimmt haben und die sie hören wollen?
Ich bin entsetzt über das Verschwimmen von Grenzen und die Absprachen zwischen den beiden großen Machtblöcken in diesem Parlament, die vor den Wählern als Widersacher auftreten, unterschiedliche Wahlprogramme vertreten und als Rivalen und Konkurrenten erscheinen, aber einträchtig auftreten, wenn es um die der Ernennung eines Präsidenten oder den Ausschluss der einen oder anderen Minderheit geht, die ihre vorherrschenden Ansichten nicht teilt.
Ein paar Worte, um Bilanz zu ziehen, Herr Präsident. Es stimmt, dass sich das Parlament gegenüber Rat und Kommission behauptet hat, indem es mit dem Gebhardt-Bericht wesentliche Änderungen an der Dienstleistungsrichtlinie sowie an der REACH-Richtlinie vorgenommen hat. Ich war bestürzt darüber, dass die Einsetzung des italienischen Kommissars Buttiglione im so genannten institutionellen Dreieck verweigert wurde. Dieser Vorfall kam einer intellektuellen und moralischen Hexenjagd gleich und war meines Erachtens dieses Hohen Hauses nicht würdig. Andererseits hat die Mehrheit im Parlament einige Rückschläge erlitten, insbesondere bei der europäischen Verfassung, die vom französischen und niederländischen Volk abgelehnt wurde. Ich hoffe, dass diese Ablehnung berücksichtigt wird.
Was wird im zweiten Halbjahr 2008 während des französischen Ratsvorsitzes geschehen, also vielleicht mit Jean-Marie Le Pen als Ratspräsidenten, wie wir alle hoffen?
(In Beantwortung eines Zwischenrufs von Herrn Schultz und Herrn Cohn-Bendit)
Ja, Herr Schultz, es gab schon größere Überraschungen in der Geschichte. Herr Cohn-Bendit, wir haben erlebt, dass sogar Sie Europaabgeordneter geworden sind.
Wie wird die Energiepolitik Europas aussehen? Wie wird seine Einwanderungspolitik aussehen? Wie wird Brüssels Politik zur Liberalisierung der öffentlichen Dienstleistungen aussehen? Natürlich werden wir uns bei all diesen Fragen und auch bei vielen anderen Gehör verschaffen. Seien Sie versichert, werte Kolleginnen und Kollegen, seien Sie versichert, Herr Präsident, wir werden das schlechte Gewissen dieses Parlaments sein, sein wachsamer Kritiker, der unermüdliche Fürsprecher der europäischen Völker und Nationen, die unseren Kontinent und unsere Zivilisation groß gemacht haben.
(Beifall von der eigenen Fraktion)
Irena Belohorská (NI). – (SK) Wir haben die Hälfte unserer Amtszeit hinter uns, und für viele war es die erste Erfahrung mit der europäischen Politik auf hoher Ebene. Es wäre angebracht innezuhalten und Bilanz zu ziehen und vielleicht einzuschätzen, was wir erreichen wollten und was uns tatsächlich zu erreichen gelungen ist.
Wenn wir uns die Aktivitäten des Europäischen Parlaments, die Verordnungen, Richtlinien und Empfehlungen anschauen, die wir für die Mitgliedstaaten und ihre Bürgerinnen und Bürger angenommen haben, kann ich sagen: Wir haben gut gearbeitet, wir haben eine wirksame Arbeit zum Wohl unserer Wählerinnen und Wähler geleistet. Um jedoch zu guten Ergebnisse zu kommen, müssen wir den Realitäten ins Auge schauen und prüfen, was wir nicht erreicht haben oder wo wir den Erwartungen unserer Wählerinnen und Wähler nicht zu entsprechen vermochten. Ich sehe unser Hauptversagen in der ungenügenden Akzeptanz der zehn neuen Mitgliedstaaten. Das wird besonders deutlich durch unsere schwache Vertretung in Schlüsselpositionen, in der geringen Zahl von Bürgerinnen und Bürgern unserer Länder, die in der Europäischen Kommission tätig sind und darin, dass wir so gut wie gar nicht in den EU-Agenturen vertreten sind, ganz zu schweigen davon, dass unsere Bürgerinnen und Bürger in die niedrigsten Positionen berufen wurden. Ich versuche, diese Situation durch unseren Mangel an Erfahrung auf europäischer Ebene zu erklären. Aber das trifft nun nicht mehr zu, und ich hoffe, das wird in der zweiten Hälfte unserer Amtszeit korrigiert. Dabei geht es nicht darum, das Profil von Einzelpersonen aufzubessern, sondern in erster Linie um das Akzeptieren der zehn neuen Mitgliedstaaten als gleichberechtigte Partner, nicht nur was ihre Pflichten, sondern auch was ihre Rechte anbelangt.
Wir haben uns das hohe Ziel gesetzt, weltweit führend zu werden und den Wettbewerb mit den Großen der Welt wie den USA und China zu gewinnen. Die Wirklichkeit sieht indes ganz anders aus. Die Europäische Union ist unfähig, sich mit ihren eigenen Zielen zu identifizieren. Wir treten auf der Stelle und sind, was den Verfassungsvertrag angeht, in Verlegenheit, obwohl wir wissen, dass seine Annahme von Vorteil wäre. Die Wettbewerbsfähigkeit hängt vom Niveau der modernen Technologien ab, doch täglich verlassen junge Wissenschaftler, Ärzte und Ingenieure Europa, weil sie hier keine Unterstützung finden.
Herr Präsident Borrell, dieses sind die letzten Tage Ihrer Präsidentschaft im Europäischen Parlament. Gestatten Sie mir, dass ich meine Dankbarkeit und meine Achtung vor Ihrer Arbeit in einer Zeit mit großen Herausforderungen, in die der Beitritt der zehn neuen Mitgliedstaaten fiel, zum Ausdruck bringe. Sie haben viele problematische Situationen mit Verständnis und Gelassenheit gemeistert, und Sie haben Ihre Bereitschaft, anderen geduldig zuzuhören, unter Beweis gestellt. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg in Ihrem beruflichen und in Ihrem persönlichen Leben. Dies ist ein wichtiger Tag für die Europäische Union, nicht nur wegen des Wachwechsels in Schlüsselpositionen des Europäischen Parlaments, sondern auch weil es der Tag ist, an dem mit dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien zur Europäischen Union die Ziele des Vertrags von Nizza erreicht wurden. Damit endet eine ganz wichtige Periode politischen Wandels in Europa. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie lange und zermürbend das Warten war, bis dieser Tag anbrach. Die Erfüllung der Beitrittskriterien verlangte auch die Annahme harter und oft unpopulärer Maßnahmen. Wir haben somit einen bedeutenden Abschnitt hinter uns gebracht. Ihr Mitwirken im Europäischen Parlament wird jedoch davon abhängen, dass Sie ein aktives Herangehen an den Tag legen, und dabei kann sich die bisherige Erfahrung der zehn neuen Mitgliedstaaten als hilfreich erweisen.
Wir heißen alle herzlich willkommen, deren Taten und Absichten fair und aufrichtig sind. Ich wünsche Ihnen Durchhaltevermögen, Mut und Erfolg.
Ignasi Guardans Cambó (ALDE). – (ES) Herr Präsident! Gestatten Sie mir 30 Sekunden, um darauf hinzuweisen, dass Ihnen, der Sie jetzt von Ihrem Amt zurücktreten, nur die spanischen Europaabgeordneten der Volkspartei keinen Beifall spendeten, während alle anderen Abgeordneten in diesem Haus Ihnen Anerkennung zollten.
Als in Spanien gewählter Abgeordneter des Europäischen Parlaments, der Sie nicht einmal gewählt hat, möchte ich diese Haltung missbilligen, die eine Spaltung in dieses Haus trägt, deren Ursprünge andernorts liegen und von der viel ernstere Fragen betroffen sind.
Ich möchte diesen Zustand öffentlich bedauern und missbilligen und Ihnen, ebenso wie weitere Kollegen anderer politischer Überzeugungen, trotz der Meinungsverschiedenheiten zwischen uns gratulieren. Ich möchte Ihnen sagen, wie sehr ich dieses Verhalten von Mitgliedern der Spanischen Volkspartei beklage, die sitzen geblieben sind, während sich das übrige Haus erhoben und Ihnen Beifall gespendet hat.
Jean-Claude Martinez (ITS). –
(Der Redner spricht in einer Mischung aus Katalanisch und Valencianisch.)
Der Präsident. Vielen Dank. Leider werden Ihre Worte nicht im Protokoll erscheinen, da Sie in einer Sprache gesprochen haben, die nicht zu den Amtssprachen der Gemeinschaft gehört, die ich aber sehr gut verstanden habe. Doch es ging Ihnen sicherlich nicht darum, dass Ihre Bemerkungen im Protokoll festgehalten werden, sondern Sie wollten mir Ihre Herzlichkeit zum Ausdruck bringen, indem Sie meine Muttersprache verwendeten, und dafür danke ich Ihnen.
Margot Wallström, Vizepräsidentin der Kommission. (EN) Herr Präsident! Die Temperatur in diesem Saal stieg definitiv an, als unsere neuen Kolleginnen und Kollegen aus Rumänien und Bulgarien den Plenarsaal betraten, und sie wurden von einem Gefühl des Stolzes und der Warmherzigkeit begleitet. Doch uns wehte auch ein eher frostiger Wind von nationalistischen Extremisten und fremdenfeindlichen Kräften entgegen, den es leider in ganz Europa gibt.
(Beifall)
Das erinnert uns an die grundlegende gemeinsame Aufgabe, dass wir alle trotz unterschiedlicher Parteizugehörigkeit die europäische Demokratie verteidigen und festigen müssen.
Im Namen der Europäischen Kommission ist es mir eine große Ehre und Freude, den 53 neuen Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus Bulgarien und Rumänien, die ab heute zu diesem Plenum gehören, besonders herzlich willkommen zu heißen.
Bine aţi venit, Rumänien!
Добре дошли, Bulgarien!
Viele von Ihnen nehmen bereits seit über einem Jahr als Beobachter an den Parlamentsarbeiten teil, und ich bin mir sicher, dass Sie sich schnell in den faszinierenden Rhythmus dieses Hohen Hauses einfügen werden. Sie leisten einen Beitrag zur Arbeit, bereichern die Diskussionen und Überlegungen in den Fraktionen, den Ausschüssen und auch hier im Plenum. Die Kommission und ihre Dienste freuen sich sehr auf die Zusammenarbeit mit Ihnen.
Wir, die Repräsentanten der Organe der Europäischen Union, haben eine enorme Verantwortung gegenüber den Menschen in Rumänien und Bulgarien und ihren Hoffnungen für die Zukunft. Wir müssen alles tun, um ihren Erwartungen gerecht zu werden und um zu beweisen, dass ihr Glaube an die europäische Integration Früchte tragen und Europa als Ganzes stärken wird.
Ihre Rolle als Parlamentarier ist entscheidend, damit der Beitritt Ihrer Länder ein Erfolg wird, und die entsprechende Kommunikation ist der Schlüssel zu allem. Gehen Sie deshalb bitte zu den Menschen in Ihren Wahlkreisen und sprechen Sie mit ihnen, hören Sie Ihren Bürgerinnen und Bürgern zu und zeigen Sie ihnen, wie Sie ihre Ansichten und Bedenken berücksichtigen können. Nehmen Sie sich Zeit, um ihnen zu erklären, wie Europa funktioniert und wie unsere Politik ihren Alltag beeinflusst, und versuchen Sie, den Menschen ein realistisches Bild davon zu vermitteln, was Europa bedeutet und warum es darauf ankommt, Europäer zu sein.
Der erste Januar dieses Jahres war ein wahrhaft historischer Moment für uns alle, nicht nur für Sie, die 53 neuen Mitglieder des Europäischen Parlaments, die nun miterlebten, wie ihre Länder der europäischen Familie beitraten, sondern auch für uns alle, denn der Beitritt Bulgariens und Rumäniens bildete den Abschluss der fünften Erweiterungsrunde der Europäischen Union, die zu Frieden, Wohlstand, Stabilität und Demokratie in ganz Europa beigetragen hat.
Lassen Sie mich nun ein paar Worte an Sie richten, Herr Präsident Borrell Fontelles. In dieser Wahlperiode haben Sie eine entscheidende Rolle dabei gespielt, die reibungslose Integration der 162 Mitglieder aus den zehn neuen Mitgliedstaaten in die Arbeitsabläufe des Europäischen Parlaments zu gewährleisten. Sie haben zudem den rumänischen und bulgarischen Beobachtern dabei geholfen, ihren Weg zu finden und sich sowohl in Brüssel als auch in Straßburg wohlzufühlen. Im Namen von Präsident Barroso und der gesamten Kommission möchte ich mich für die ausgezeichnete Zusammenarbeit unserer beiden Institutionen während Ihrer Amtszeit bedanken, angefangen bei den Neuverhandlungen und der Aktualisierung der Rahmenvereinbarung bis hin zu Ihrem sehr persönlichen Engagement, Ihrem starken politischen Einsatz und dem unermüdlichen Bemühen um mehr Verantwortung für dieses Hohe Haus, um unser gemeinsames europäisches Projekt voranzubringen und unsere gemeinsamen Werte zu verteidigen. Ob es die entscheidende Rolle war, die Sie als Vorsitzender des nichtständigen Ausschusses bei der Suche nach einer Einigung über die Finanzielle Vorausschau gespielt haben, oder Ihre persönliche Initiative, die Arbeitsmethoden des Europäischen Parlaments zu reformieren, oder Ihre Reisen in Drittländer, bei denen Sie unermüdlich für die Sache des Pluralismus und der Demokratie eintraten – Sie haben in diesem Haus Ihren ganz persönlichen Fingerabdruck hinterlassen. Sie übergeben Ihrem Nachfolger eine Institution, die in den vergangenen zweieinhalb Jahren erfolgreich bewiesen hat, dass sie ein zuverlässiger und kompetenter Partner ist, der seiner Rolle als Mitgesetzgeber mit Verantwortungsbewusstsein und Sachverstand nachkam, sei es bei der Suche nach einem Kompromiss zur Dienstleistungsrichtlinie oder bei den Verhandlungen der Organe über die wichtige Einigung zu den neuen Rechtsvorschriften für Chemikalien.
In Ihrer Antrittsrede sagten Sie 2004, mit Ihrer Tätigkeit als Präsident des Europäischen Parlaments werde sich nunmehr Ihre Leidenschaft für Demokratie mit Ihrer Leidenschaft für Europa vereinigen.
Ich persönlich hoffe, dass diese Vereinigung der Leidenschaften noch viele weitere Jahre Bestand haben wird. Lassen Sie mich außerdem ganz persönlich sagen, wie sehr es mich mit Stolz erfüllte, Sie bei verschiedenen Treffen mit jungen Menschen begleiten zu dürfen, und wie beeindruckt ich davon war, wie Sie mit solchen Situationen umgingen. Wie alle anderen habe auch ich Spanisch-Kurse besucht, mit unterschiedlichem Erfolg, und deshalb möchte ich sagen:
(ES) Danke für alles, und ich wünsche Ihnen viel Glück bei Ihren neuen Aufgaben.
10. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
11. Schriftliche Erklärungen und mündliche Anfragen (Vorlage): siehe Protokoll
12. Petitionen: siehe Protokoll
13. Übermittlung von Abkommenstexten durch den Rat: siehe Protokoll
14. Weiterbehandlung der Entschließungen des Parlaments: siehe Protokoll
15. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll