Der Präsident. – Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Nichtverbreitung von Kernwaffen und atomaren Abrüstung.
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägermittel stellt potenziell vielleicht das größte Risiko für die internationale Sicherheit dar. Deshalb hat die Europäische Union in ihrer umfassenden Strategie zur Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen aus dem Jahre 2003 unterstrichen, dass auf diesem Gebiet zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und internationalen Ordnung ein multilateraler Ansatz, der Abrüstung und Nichtverbreitung gleichermaßen umfasst, den besten Weg darstellt. Vor diesem Hintergrund ist und bleibt der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen der maßgebliche Eckstein für das globale atomare Nichtverbreitungsregime. Die Europäische Union unterstützt die NVV-Bestimmungen und befürwortet und unterstützt Maßnahmen, die einer weiteren Stärkung dieser Bestimmungen dienen.
Im Hinblick auf die erste Versammlung des Vorbereitungskomitees für die Konferenz zur Überprüfung dieses Vertrages im Jahr 2010 hat die Europäische Union bereits umfangreiche interne Vorbereitungsarbeiten aufgenommen. Wir sind fest entschlossen, auch 2007 eine aktive und konstruktive Rolle bei den im Rahmen der Vorbereitungskonferenz zu führenden Diskussionen zu spielen. Unser Ziel für die Europäische Union ist es dabei, den Überprüfungszyklus in einem konstruktiven Klima zu beginnen. Die Europäische Union unterstützt daher ausdrücklich die Pläne des designierten Vorsitzenden des ersten Vorbereitungskomitees, des japanischen Botschafters Amano.
In dieser Überprüfungsdebatte müssen nach Auffassung der Europäischen Union alle drei Pfeiler des Nichtverbreitungsvertrags – nämlich nukleare Nichtverbreitung, Abrüstung und friedliche Nutzung der Kernenergie – ausgewogen berücksichtigt werden. Nur eine solche Ausgewogenheit wird einen erfolgreichen Verlauf des kommenden Zyklus der Überprüfung des Nichtverbreitungsvertrags ermöglichen. Dies ist aber die Voraussetzung für gemeinsame Entscheidungen der Überprüfungskonferenz zur Stärkung des Vertrags. Der gemeinsame Standpunkt der Europäischen Union, der anlässlich der Überprüfungskonferenz 2005 beschlossen wurde, bildet unverändert die Grundlage dieser ausgewogenen EU-Positionen.
Das zügige Inkrafttreten des Atomstoppvertrages ist seit jeher ein wichtiges Anliegen der Europäischen Union. Dieses Anliegen hat durch den nordkoreanischen Atomtest noch weiter an Bedeutung gewonnen. Bereits jetzt trägt die Europäische Union durch die Annahme von gemeinsamen Aktionen, die auch das Verifikationssystem des Vertrags weiter stärken sollen, zu einer Stützung des Atomteststoppregimes bei.
Die Europäische Union fordert außerdem den baldigen Beginn von Verhandlungen über einen Vertrag zum Verbot der Produktion von spaltbarem Material für explosive Zwecke. Solche Verhandlungen sollten ohne Vorbedingungen geführt werden. Der Abschluss eines solchen Vertrags würde einen wesentlichen Schritt auf dem Weg der atomaren Rüstungskontrolle und Abrüstung darstellen. Er würde somit einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung der von der Gemeinschaft auf den Überprüfungskonferenzen 1995 und 2000 gemeinsam verabschiedeten Positionen leisten.
Die engagierte und vollständige Umsetzung aller Verpflichtungen aus diesem Vertrag bleibt eine wesentliche Voraussetzung für die Konsolidierung und Stärkung der Bestimmungen des Nichtverbreitungsvertrags. In diesem Zusammenhang sind regionale Aspekte besonders zu berücksichtigen. Wie Sie wissen, ist die Europäische Union an den Anstrengungen zur Beilegung der Krise über das iranische Atomprogramm aktiv beteiligt. Wir sind überzeugt, dass eine Lösung nur auf diplomatischem Weg erreicht werden kann. Aus diesem Grunde hat die Europäische Union das sehr weit gehende Angebot an den Iran im Juni 2006 maßgeblich mitgestaltet, und – ich unterstreiche dies – es wurde von den Vereinigten Staaten, Russland und China mitgetragen. Die Europäische Union wird sich auch weiterhin für eine friedliche Lösung der Krise einsetzen.
Die Europäische Union ist sich der Risiken, die durch eine weitere Verbreitung von Anreicherungs- und Wiederaufbereitungstechnologie entstehen können, bewusst und unterstützt daher die Erarbeitung von multilateralen Garantien zur Lieferung von Kernbrennstoff. Diesbezügliche Initiativen können dazu beitragen, Länder, die an der Entwicklung der Kernenergie interessiert sind, davon zu überzeugen, dass die Entwicklung eines eigenen nuklearen Brennstoffkreislaufes nicht erforderlich ist, so dass sie freiwillig darauf verzichten.
Die Europäische Union wird ihre Anstrengungen zur Aufrechterhaltung und weiteren Stärkung der Bestimmungen des Nichtverbreitungsvertrags intensivieren, um den hier aufgezeigten Herausforderungen begegnen zu können. Hierzu gehört auch die maßgeblich von der Europäischen Union angestoßene Diskussion zu einer Stärkung des Vertrags mit Blick auf die Folgen eines Vertragsrückzugs. Es ist zu bedauern, dass die Überprüfungskonferenz zu diesem Vertrag 2005 nicht in der Lage war, sich auf ein substanzielles Abschlussdokument zu einigen, um so den dringendsten Herausforderungen des Vertrags zu begegnen. Diese Erfahrung muss für die Europäische Union ein zusätzlicher Grund sein, all ihre Anstrengungen auf einen erfolgreichen Überprüfungsprozess 2010 zu legen.
Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, meine Damen und Herren! Die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und damit auch von Atomwaffen stellt die potenziell größte Bedrohung für die Sicherheit Europas dar. Die Verbreitung von Atomwaffen macht immer wieder Schlagzeilen, vor allem wenn es um den Iran und Nordkorea geht.
Was den Iran betrifft, befinden wir uns noch immer in einer heiklen Phase. Wir haben mit Besorgnis den jüngsten Bericht von Dr. El Baradei zur Kenntnis genommen, wonach der Iran seine Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Anreicherung von Kernmaterial noch nicht ausgesetzt und offenbar nicht die notwendigen Schritte ergriffen hat, um die Einhaltung der Resolution 1737 des UNO-Sicherheitsrates zu gewährleisten. Der Rat „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ der EU hat vor kurzem einen gemeinsamen Standpunkt angenommen, in dem gefordert wird, dass die internationale Gemeinschaft mit der notwendigen Härte vorgehen sollte. Wir meinen es ernst mit unserer zweigleisigen Politik, die – wie Herr Gloser gerade dargelegt hat – auch durch die jüngsten „Drei-plus-Drei-Gespräche“ in London untermauert wurde. Das heißt, dass wir einerseits den Dialog aufrechterhalten und unsere Kontakte mit der Zivilgesellschaft ausbauen wollen und andererseits auch Druck ausüben werden. Die Diskussionen in New York drehen sich nun darum, ob man über die bestehenden Sanktionen hinausgehen und eine neue Resolution des Sicherheitsrates verabschieden sollte.
Was Nordkorea anbelangt, so begrüßen wir die Ergebnisse der Sechsergespräche, die am 13. Februar 2007 in Peking stattfanden. Die EU berät sich mit den Sechs und bietet die besten Instrumente an, mit denen wir diesen Prozess unterstützen können und gleichzeitig der Umsetzung der Resolution 1718 des Sicherheitsrates verpflichtet bleiben. Wir sprechen uns nachdrücklich für den derzeitigen Besuch von Dr. El Baradei in Nordkorea aus, bei dem es vor allem um die Rückkehr der IAEO-Inspektoren geht, was ja Bestandteil dieses Abkommens ist. Und ich teile seine Auffassung, dass es sich hierbei um einen wichtigen Vertrauensbildungsprozess handelt. Ich hoffe, dass Mitte April die Schließung der Anlage Yongbyon fortgeführt wird.
Mit dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomwaffen von 1970 (Atomwaffensperrvertrag) wurde das System der Nichtverbreitung von Atomwaffen eingeführt, so wie wir es heute kennen – mit seinem grundlegenden Gleichgewicht zwischen atomarer Abrüstung, Nichtweiterverbreitung und der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Daraus haben sich dann verschiedene Dinge entwickelt, die der Europäischen Union sehr am Herzen liegen, nämlich der Grundsatz des geregelten Nuklearhandels, die nukleare Sicherheitsüberwachung und die Internationale Atomenergie-Organisation, die die Einhaltung der Vorschriften überwacht. Wenn wir die Effizienz des Atomwaffensperrvertrags verbessern, dann werden wir in einer sichereren Welt leben. Die Vertragsparteien sollten ermutigt werden, mit Blick auf die kommende Überprüfungskonferenz auf dieses Ziel hinzuarbeiten.
Während sich die Schlagzeilen vor allem um die Schwierigkeiten des Systems drehen, sollten wir die erzielten Erfolge nicht unterschätzen. So haben z. B. Südafrika, Argentinien, Brasilien, Südkorea und Libyen ausnahmslos auf Atomwaffenprogramme verzichtet.
Bei meinem letzten Besuch in Indien hatte ich außerdem Gelegenheit, der indischen Führung gegenüber unserer Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass sich Indien noch viel weiter den Regelungen des Atomwaffensperrvertrags annähern und den Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen unterzeichnen wird.
Wir sehen einer Zusammenarbeit mit Indien im Bereich der zivilen Nutzung der Kernenergie erwartungsvoll entgegen, sobald die erforderlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Dadurch sollte sich auch die Bereitschaft Pakistans erhöhen, mit der internationalen Gemeinschaft in Fragen der Nichtverbreitung von Atomwaffen zusammenzuarbeiten. Die Kommission leistet einen wichtigen Beitrag auf dem Gebiet der Nichtverbreitung von Atomwaffen. Denn seit 1957 hat sie dank dem Euratom-Vertrag weit reichende Befugnisse. Die Sicherheitskontrollmaßnahmen der Kommission werden mit der IAEO genauestens abgesprochen, sodass Mittel für noch gefährlichere Regionen in der Welt frei werden. Des Weiteren machen wir uns dafür stark, dass die EU-Kontrollen für die Ausfuhr von Kernmaterial so streng wie möglich gestaltet werden, und unterstützen damit die aus dem Jahr 2000 stammende Verordnung Nr. 1334 über Güter mit doppeltem Verwendungszweck. Außerdem helfen wir Drittstaaten bei der Verbesserung ihrer Ausfuhrkontrollen und der Bekämpfung des illegalen Handels mit Kernmaterial und radioaktivem Material.
Die Kommission ist auch einer der wichtigsten Geldgeber, wenn es um die internationalen Bemühungen zur Bekämpfung der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen geht. Ein bedeutendes Beispiel hierfür ist die von den G8-Staaten geschaffene globale Partnerschaft gegen Massenvernichtungswaffen. Im Rahmen dieser Initiative wurde eine Milliarde Euro für die Unterstützung der ehemaligen Sowjetunion gesammelt, wovon bereits 400 Millionen ausgegeben wurden.
Seit mehr als 25 Jahren arbeitet die Gemeinsame Forschungsstelle der Kommission eng mit der IAEO zusammen und bietet wissenschaftliche und technologische Unterstützung.
Wie ich bereits gesagt habe, werden wir künftig noch mehr unternehmen. Mit dem neuen Stabilitätsinstrument werden uns Mittel zur Fortsetzung und zum Ausbau unserer Arbeit zur Verfügung stehen, um die Gefahr der Weiterverbreitung von Atomwaffen einzudämmen und somit die Sicherheitslage in Europa zu verbessern. Abschließend möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um dem Parlament noch einmal für die Unterstützung der Kommission zu danken, die mithilfe verschiedener Pilotprojekte eine neue Generation von Hilfsprogrammen zur Nichtweiterverbreitung geschaffen hat.
(Beifall)
Stefano Zappalà, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit 1970, dem Jahr seines Inkrafttretens, bis zum Ende des Kalten Krieges trug der Atomwaffensperrvertrag entscheidend dazu bei, die Verbreitung von Kernwaffen zu begrenzen und ihre Zahl zu verringern. Dieser Vertrag ist historisch gesehen von grundlegender Bedeutung für die Verhütung der Verbreitung und für die Förderung der nuklearen Abrüstung, und aus diesem Grund wurde er 1995 auf unbestimmte Zeit bedingungslos verlängert.
Wie der amtierende Ratsvorsitzende ausführte, beruht der Atomwaffensperrvertrag auf drei Grundsätzen: Abrüstung, Nichtverbreitung und friedliche Nutzung der Kernenergie. Und ausgehend von diesen drei Grundsätzen, die an die gegenwärtige internationale Lage angepasst werden müssen, können wir dem Vertrag eingedenk der Tatsache, dass das dank seiner Anwendung durch 180 Länder erzielte Gleichgewicht heute in Gefahr ist, einen neuen Impuls verleihen. Heute ist die Sicherheit der internationalen Gemeinschaft neuen Bedrohungen ausgesetzt.
Es gilt, den Grundsatz nachdrücklich zu bekräftigen, dass der Atomwaffensperrvertrag das einzige und unabdingbare multilaterale Instrument zur Erhaltung und Stärkung des Friedens, der Sicherheit und der internationalen Stabilität ist, denn er gibt einen rechtlichen Rahmen für die Verhütung einer zunehmenden Verbreitung von Kernwaffen vor. Die Europäische Sicherheitsstrategie und die EU-Strategie gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen heben die Bedeutung der Nichtverbreitung von Kernwaffen, der Abrüstung und des Vertrages selbst hervor, den alle Mitgliedstaaten unterzeichnet haben.
Nach diesem Überblick über die Situation möchte ich betonen, dass das Europäische Parlament klare Vorstellungen über seinen künftigen Standpunkt haben muss. Die Europäische Union muss sich weiterhin für die Umsetzung des Vertrags einsetzen und bei der Tagung in Wien, die der Vorbereitung der für 2010 anberaumten Überprüfungskonferenz dient, geschlossen auftreten. Deshalb wäre ein einheitliches Votum des Europäischen Parlaments besonders wichtig. Es sollte dem Rat und der Kommission ein starkes Signal geben, damit sie in Wien die notwendige Autorität besitzen, um eine aktive Rolle bei der Verstärkung des gegenwärtigen Nichtverbreitungssystems zu übernehmen.
Um die im Atomwaffensperrvertrag festgelegten Ziele zu erreichen, muss die Europäische Union auf der Überprüfungskonferenz zu einer strukturierten und ausgewogenen Revision seiner Funktionsweise beitragen. Dies muss die Erfüllung der von den Unterzeichnerstaaten eingegangenen Verpflichtungen und die Festlegung der Bereiche und Mittel, durch die weitere Fortschritte erzielt werden können, aber auch eine stärkere Entwicklung des Kontrollsystems umfassen, das die ausschließlich friedliche Nutzung der Nuklearenergie durch Staaten gewährleistet, die keine Waffen besitzen und als solche anerkannt sind.
Erforderlich ist die Bekräftigung des Grundsatzes, dass jede mögliche Zusammenarbeit bei der Entwicklung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken auf der Grundlage des Atomwaffensperrvertrags erfolgen muss, und in diesem Bereich vermag die Europäische Union einen entscheidenden Beitrag zu leisten, da sie eine Spitzenposition in der Forschung und Produktion innehat.
Die internationale Lage gebietet uns, unsere ganze Kraft für die Nichtverbreitung, die Abrüstung und die friedliche Nutzung der Kernenergie aufzubieten. Schlussendlich hoffe ich, dass Europa auch bei der Bekämpfung terroristischer Organisationen, die sich Zugriff auf diese Waffen verschaffen könnten, eine einheitliche Strategie verfolgt.
Martin Schulz, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Einer der unbestrittenen Erfolge der Europäischen Union ist der Sicherheitsgewinn, den dieser Kontinent durch Integration erreicht hat. Das Versöhnungswerk, das Europa in die Welt gesetzt hat, hat dazu geführt, dass wir eine Zone sind, in der es Frieden gibt und in der militärische Aktionen zwischen den Partnerstaaten der Europäischen Union so gut wie undenkbar geworden sind. Das ist die Grundlage, die die Philosophie einer Sicherheitspolitik der Europäischen Union sein muss, dass wir nämlich dieses Friedenskonzept, das wir nach innen verwirklicht haben, auch in die Welt, in der wir leben, exportieren sollen.
Dabei legen wir als Sozialdemokratische Fraktion einen Sicherheitsbegriff zugrunde, der auf Dialog, auf Diplomatie, auf Abrüstung, auf Prävention und auf nachhaltige und faire Entwicklung setzt. All diese Elemente gehören zusammen. Nachhaltige Konfliktlösung, die diese fünf Elemente verbindet, ist nur im Rahmen eines Gesamtkonzepts möglich. Dabei spielen die Europäische Union und die Nato eine Rolle, aber es spielen auch andere eine Rolle, z. B. Russland. Deshalb müssen wir uns, wenn wir über Abrüstungsinitiativen reden — ich komme gleich noch einmal darauf zu sprechen — die Frage stellen: Ist Russland unser Partner oder unser Gegner? Ich rate im Sinne dessen, was ich gerade gesagt habe, zu einem partnerschaftlichen Vorgehen, zum Dialog und nicht zur Ausgrenzung.
Die Frage der Abrüstung ist eine der zentralen Fragen im Zusammenleben von Völkern, und die Frage der Verlässlichkeit von Vertragsparteien ist eine entscheidende Frage. Wenn wir heute bei der Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags einmal genau hinschauen, müssen wir feststellen, dass es eine ganz beschämende Bilanz gibt: Seit seiner Unterzeichnung wurden nämlich nicht etwa weniger Atomwaffen in der Welt verbreitet, sondern deutlich mehr. Das kann nicht daran liegen, dass die Unterzeichnerstaaten oder einige von ihnen diesen Vertrag ernst genommen hätten. Genau das Gegenteil ist der Fall.
Ganz viele, die diesen Vertrag unterzeichnet haben, haben sich anschließend nicht daran gehalten, sondern entgegen den Vereinbarungen Atomwaffen oder Technologie, die man zur Herstellung von Atomwaffen braucht, in der Welt verbreitet. Das muss umgekehrt werden! Zur Grundüberlegung einer Überprüfung des Vertrags gehört, dass man sich Vertragstreue vornimmt. Deshalb bedingt eine Erneuerung des Vertrages vor allen Dingen, dass die, die ihn unterzeichnen, sich auch daran halten. Das haben nicht nur die Vereinigten Staaten von Amerika nicht getan.
Eine nuklearwaffenfreie Welt, meine Damen und Herren, mag wie eine Tagträumerei klingen. Wir haben keine nuklearwaffenfreie Welt, ganz im Gegenteil! Wir haben eine Debatte über die Verbreitung der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Da kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch! Wir haben eben aus Ihrem Munde gehört, welcher Anstrengungen es bedarf, zu verhindern, dass aus ziviler Nutzung der Kernenergie militärische wird — Stichwort Iran. Wir bauen in aller Welt weitere Atomkraftwerke und wundern uns anschließend, dass wir nicht einen, sondern viele Irans auf der Welt haben.
Zur Überprüfung der militärischen Nuklearpolitik gehört auch die kritische Hinterfragung ihrer zivilen Nutzung. Die deutsche Ratspräsidentschaft hat die Gelegenheit, diese Thematik auf die Tagesordnung zu setzen, sowohl des Rates als auch der G8. Außerdem ist es auch geboten, ein Raketenabwehrsystem kritisch zu hinterfragen, das jetzt auf Wunsch der amerikanischen Regierung in Tschechien und in Polen installiert werden soll, einer Philosophie der Regierung Bush folgend, die an Inkonsistenz kaum zu überbieten ist, die an vielen Beispielen belegbar in die Irre führt und die 58 Milliarden Dollar kosten soll.
Ich habe eine Empfehlung: Bevor wir uns als Europäer — schon wieder — spalten lassen — denn wir können eine einheitliche Außen- und Sicherheitspolitik abschreiben, wenn wir zu einem solchen Thema in der EU nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen —, bevor für 58 Milliarden Dollar Raketenabwehrsysteme installiert werden, investiert man dieses Geld besser in eine nachhaltige Entwicklung. Das ist mehr Beitrag zum Frieden als die Stationierung eines zweifelhaften Raketensystems.
Ich erlaube mir, das im Zusammenhang mit dem Nichtverbreitungsvertrag und seiner Überprüfung zu sagen, Herr Präsident, weil diese Dinge zusammengehören. Und ich hoffe, dass Frau Merkel ihre Ankündigung wahr macht, dieses Thema auf die Tagesordnung sowohl der G8 als auch der EU zu setzen.
(Beifall)
Annemie Neyts-Uyttebroeck, im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, Herr Gloser, sehr geehrte Damen und Herren! Nichtverbreitung und vor allem Nichtverbreitung von Kernwaffen sind tatsächlich die Eckpfeiler einer auf Frieden ausgerichteten Politik.
Beim Durchsehen älterer Dokumente zu diesem Thema bin ich auf die 13 praktischen Schritte gestoßen, die während der Konferenz zur Überprüfung des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen im Jahr 2000 vereinbart wurden. Das ist kaum sieben Jahre her. Wenn ich diese Schritte betrachte, kann auch ich nur zu dem Schluss zu kommen, dass wir tatsächlich keinerlei Fortschritte erzielt, sondern eher das genaue Gegenteil erreicht haben.
Es ist klar, dass die grausamen Anschläge vom 11. September 2001 und alles, was danach folgte, eigentlich die ernsthaften Anstrengungen auf dem Gebiet der Abrüstung im Allgemeinen und der atomaren Abrüstung im Besonderen zunichte gemacht haben. Ich bedauere das zutiefst. Zudem bereitet mir große Sorge – und das meine ich auch in meinem eigenen Namen, wenn ich das sage –, dass bis heute kein Fraktionsstandpunkt zu den Initiativen hinsichtlich der Mitgliedstaaten Tschechien und Polen formuliert wurde. Auch ich frage mich, ob dies nicht der Beginn eines neuerlichen Rüstungswettlaufs sein könnte, der uns mit Sicherheit gerade noch gefehlt hat.
Mit Zufriedenheit habe ich die Zusicherung der Präsidentschaft zur Kenntnis genommen, der zufolge hart an einem gemeinsamen Standpunkt aller Mitgliedstaaten mit Blick auf die Konferenz im kommenden April gearbeitet werden soll. Ich hoffe, Herr Präsident, Ihnen – oder eher der Präsidentschaft – wird dies tatsächlich gelingen, denn das klägliche Ergebnis im Jahr 2005 war auf fehlende wahre Einmütigkeit unter den EU-Mitgliedstaaten zurückzuführen. Die Geschichte wird sich hoffentlich nicht wiederholen.
Ģirts Valdis Kristovskis, im Namen der UEN-Fraktion. – (LV) Herr Präsident, sehr geehrte Frau Ferrero-Waldner, verehrte Vertreter des Rates und der Kommission, meine Damen und Herren! Ich denke, wir alle stimmen darin überein, dass Nichtverbreitung von Kernwaffen und atomare Abrüstung ein besonderer Bestandteil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union sind. Wie meine Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus soeben ausgeführt haben, sind die bei der Umsetzung dieser Politik erzielten Ergebnisse fast als Rückschritt anzusehen. Bei einem Blick auf die Dokumente des Rates und der Kommission ist jedoch festzustellen, dass sie optimistischer sind. Und wenn wir das tatsächlich Erreichte bewerten, dann verdienen die von der Europäischen Union erzielten Fortschritte meiner Ansicht nach Anerkennung. Die Institutionen der EU arbeiten ständig zur Koordinierung ihrer Arbeit zusammen. Selbstverständlich widmet sich der Hohe Vertreter der GASP aktiv Fragen der Nichtverbreitung von Kernwaffen und atomaren Abrüstung. Wir im Europäischen Parlament sind regelmäßig mit diesen Problemen befasst, zwischen den Institutionen finden Gespräche statt, und mit dem EU-Lagezentrum und dem EU-Koordinator für die Terrorismusbekämpfung werden Informationen ausgetauscht. Das bedeutet, es wird tatsächlich gearbeitet. Der Fall Nordkorea sowie der Fall Iran, die Konferenz zur Überprüfung des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen 2005, die nicht von Erfolg gekrönt war, und die Differenzen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika, China und Russland beweisen jedoch, dass es noch eine Menge zu tun gibt. Deshalb möchte ich meiner Anerkennung für die Vorbereitungen im Vorfeld der Überprüfungskonferenz für den Atomwaffensperrvertrag im Jahr 2010 Ausdruck verleihen, und ich möchte den Rat auffordern, dem Wunsch des Europäischen Parlaments nach einer aktiven Rolle bei dieser Arbeit sowie der in dem Entschließungsantrag des Parlaments formulierten Initiative Rechnung zu tragen. Zudem sollten in allernächster Zukunft Mitglieder des EP in diese Konferenz einbezogen werden, damit sie als Mitglieder der EU-Delegation wirken können.
Angelika Beer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Vielen Dank für Ihre Ausführungen, Frau Ferrero-Waldner und Herr Gloser. Lassen Sie mich als Erstes einen Dank an alle Kollegen der anderen Fraktionen dafür aussprechen, dass sie die Initiative der Grünen zu dieser Debatte aufgegriffen haben, und einen Dank vor allem dafür, dass wir in diesen Tagen einen Kompromissantrag verabschieden werden, in dem sich alle wiederfinden. Gerade angesichts der aktuellen Situation halte ich dies für ein gutes und wichtiges Signal. Sie, Frau Kommissarin, haben die verschiedenen Problemfelder umrissen.
Lassen Sie mich einmal kurz zurückblicken: Vor 20 Jahren, am 8.12.1987, ist ein Ruck durch die Welt gegangen, als der INF-Vertrag abgeschlossen wurde, ein konkreter Abrüstungsvertrag im Bereich der atomaren Bedrohung während des Kalten Krieges. Wo stehen wir heute? Leider sind einige Rückschritte zu verbuchen, denn sowohl Kofi Annan als auch Henry Kissinger haben darauf hingewiesen, dass der Kampf gegen die Verbreitung von Atomwaffen und auch die Bemühungen um deren Abrüstung kurz vor dem endgültigen Scheitern steht.
Was können wir als Europäer in dieser Situation machen? Haben wir genug Selbstbewusstsein, um auf multilateraler sowie internationaler Ebene Themen anzusprechen, bei denen wir auf Fortschritte hoffen können? Wäre es nicht an der Zeit, das bevorstehende Treffen der Nuclear Supplies Group am 16. bis 20. April in Kapstadt zu nutzen, um dort dem beabsichtigten Deal zwischen Indien und den USA zu widersprechen? Was für ein Signal ist dies denn sonst für die anderen Staaten? Sagen wir sonst: Baut Atomprogramme und Atomwaffen, auch außerhalb des NVV? Ihr werdet dann sogar von den USA belohnt und gefördert. Was wäre das für ein Signal an den Iran?
Ich sage das sehr bewusst, denn ich vertrete eine dezidiert andere Einschätzung. Wir stecken, was den Iran betrifft, in einer Sackgasse, wozu wir selber beigetragen haben. Alle Beteiligten brauchen hier den Rückwärtsgang, um wieder herauszukommen, sonst wird es einen Militäreinsatz geben.
Wir wollen uns an einer Fortschreibung beteiligen. Wir werden am Donnerstag verabschieden, dass eine Delegation nach Wien fährt, um diesen Prozess aktiv zu begleiten. Ich hoffe, dass wir dort gemeinsam ein Überlebenssignal dieser wichtigen NVV-Bestimmungen zustande bringen.
Tobias Pflüger, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Der Atomwaffensperrvertrag ist vielfach gefährdet. Die neuesten Meldungen: In der Süddeutschen Zeitung vom 3. März stand, dass die USA neue Atomsprengköpfe planen. Wir kritisieren das! Im EU-Staat Großbritannien will Premierminister Blair 30 Milliarden Euro für die Modernisierung der britischen Atomstreitkräfte ausgeben. Morgen ist dazu die Abstimmung im britischen Unterhaus. Das ist atomare Aufrüstung und gefährdet den Atomwaffensperrvertrag! Hierzu muss die deutsche Ratspräsidentschaft sich kritisch äußern.
Wir unterstützen die Proteste gegen dieses Atomprogramm. Die USA planen ein Raketenabwehrsystem in Tschechien, Polen und im Kaukasus, und die Nato will sich – so Jaap de Hoop Scheffer – einer Meldung von gestern zufolge mit einem eigenen Raketenabwehrsystem daran beteiligen. Der deutsche Militärminister Franz Josef Jung will das gesamte Raketenabwehrsystem der Nato unterstellen. Der Rat und die Kommission der EU sollten endlich diese Raketenabwehrpläne ganz klar kritisieren. Ich habe zusammen mit zwei Kollegen eine Erklärung gegen dieses Raketenabwehrsystem eingebracht.
Gleichzeitig wird ein Krieg gegen den Iran vorbereitet. Dies sieht auch Wesley Clark so, immerhin der ehemalige Nato-Oberbefehlshaber. Die Kritik am Iran ist heuchlerisch, wenn man selbst Atomwaffen besitzt und sie modernisiert. Der Atomwaffensperrvertrag besagt, dass alle Atomwaffen abgerüstet werden müssen. Es gibt nämlich keine guten Atomwaffen. Abrüstung ist das Gebot der Stunde!
Bastiaan Belder, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Die atomaren Bestrebungen Pjöngjangs und Teherans stellen eine unmittelbare Bedrohung für den Nichtverbreitungsvertrag, den so genannten NVV, dar, denn die jeweiligen Nachbarstaaten in Nordostasien und im Nahen Osten könnten sich vielleicht verpflichtet fühlen, in den Klub der Kernwaffenstaaten einzutreten.
Außerdem sind bei einer Untergrabung des NVV negative Auswirkungen zu befürchten, die denen biologischer und chemischer Waffen ähneln. Kurzum, das gesamte multilaterale Rüstungskontrollsystem droht zusammenbrechen – ein wahres Schreckgespenst, das die gesamte Welt bedroht. Mittlerweile drängt sich die Frage auf, welche Autorität der UN-Sicherheitsrat noch besitzt, wenn sich UN-Mitglieder entgegen seinem erklärten Willen mit Kernwaffen eindecken.
Teilen der Rat und die Kommission insofern meine Ansicht, als die Krise des NVV zugleich eine Krise für das höchste internationale Gremium ist? Angesichts dieser überaus ernsten Lage erwarte ich von ihnen größtmögliche Anstrengungen, um den UN-Sicherheitsrat davon zu überzeugen, Pjöngjang und Teheran von ihrem unheilvollen Atomkurs abzubringen, denn die Zeit drängt.
Karl von Wogau (PPE-DE). – Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Atomwaffensperrvertrag war eine große Errungenschaft. Aber wir stellen fest, dass die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen weitergeht. Wir müssen leider auch feststellen, dass die Überprüfungskonferenz zunächst einmal gescheitert ist. Deswegen ist diese Wiener Vorbereitungskonferenz so wichtig. Es ist auch von allergrößter Wichtigkeit, dass das Europäische Parlament hier seine Meinung einbringen kann. Voraussetzung für die Wirksamkeit ist aber, dass das eine gemeinsame Entschließung ist, in der sich alle wiederfinden können. Ich hoffe, dass wir bei der Abstimmung auch zu einem solchen Ergebnis kommen werden.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion waren wir alle gemeinsam der Auffassung, dass das Zeitalter des Gleichgewichts des Schreckens jetzt vorüber sei. Aber heute besteht die Gefahr, dass dieses Gleichgewicht des Schreckens zwar auf der globalen Ebene nicht mehr besteht, dass es aber auf der regionalen Ebene wieder beginnt. Wir müssen gemeinsam alles tun, um zu verhindern, dass dies geschieht.
Von den vielen Vorschlägen möchte ich einen ansprechen, und zwar das internationale System eines Prozesses der Urananreicherung. Das ist eine Sache, die jetzt von außerordentlich großer Wichtigkeit ist. Ich möchte aber auch ein weiteres Thema ansprechen, das jetzt nicht unmittelbar zu dieser Debatte gehört, das aber in der Öffentlichkeit gemeinsam diskutiert werden muss, nämlich die Frage des Raketenabwehrsystems.
Wir diskutieren bei uns in Europa zurzeit über ein amerikanisches Raketenabwehrsystem und seine Auswirkung auf Europa. Was uns aber eigentlich interessieren muss, ist die Sicherheit Europas. Diese iranischen Raketen, gegen die sich die Amerikaner schützen, sind sehr viel näher an Europa als an Amerika. Wir hören beispielsweise, dass durch diese iranischen Raketen heute schon Süditalien und Griechenland erreicht werden können. Deswegen müssen wir eine generelle Debatte über die Frage führen, ob wir ein solches System brauchen. Sollten wir ein solches System brauchen, dann bräuchten wir es gerade auch als Europäer. Auch darüber müssen wir hier im Europäischen Parlament diskutieren und Entscheidungen herbeiführen.
Jan Marinus Wiersma (PSE). – (NL) Herr Präsident! Der Nichtverbreitungsvertrag ist im Grunde der wichtigste Pfeiler, der dem internationalen Konsens zugrunde liegt, dem zufolge die Verbreitung von Kernwaffen gestoppt werden muss, selbstverständlich auch mit dem endgültigen Ziel der allgemeinen atomaren Abrüstung, wie mein Fraktionsvorsitzender soeben herausgestellt hat. Weil die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen eine zunehmende Bedrohung für den internationalen Frieden und die Sicherheit darstellt, müssen wir den Vertrag erneut überprüfen, ihm neues Leben einhauchen und ihn stärken.
Die Entwicklungen im Iran bereiten uns selbstverständlich große Sorge. Trotz wiederholter Warnungen seitens der internationalen Gemeinschaft setzt der Iran seine Anstrengungen auf dem Gebiet der Urananreicherung fort. Zugleich wissen wir um die reale Gefahr, dass terroristische Gruppierungen Zugang zu Kernwaffen oder ähnlichem erlangen.
Um die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen zu stoppen, ist eine effektive multilaterale Haltung unverzichtbar. Außerdem steht oder fällt der Nichtverbreitungsvertrag damit. Ein eigenständiges, unilaterales Vorgehen untergräbt jedoch alle gemeinsamen Bemühungen auf diesem Gebiet. Die anerkannten Atommächte müssen daher eine sichtbare Investition tätigen. Sie zeichnen insbesondere auch für die Glaubwürdigkeit des Nichtverbreitungsvertrags in seiner derzeitigen Form verantwortlich. Gerade in diesem Licht hinterfragen wir den jüngsten Versuch der USA, Polen und Tschechien zur Stationierung von Elementen eines Raketenschutzschilds auf ihren Territorien zu bewegen. Das Raketenabwehrsystem soll den Amerikanern zufolge Schutz vor möglichen Angriffen aus Nordkorea und dem Iran bieten. Dies widerspricht eigentlich dem Vorhaben, diese Länder von der Entwicklung eines Kernwaffenarsenals abzuhalten.
Mit ihrem Vorschlag setzen sich die Amerikaner auch über die Bedenken Russlands hinweg, das den Raketenschild zu Recht oder zu Unrecht als Provokation oder sogar als Bedrohung seiner inneren Sicherheit ansieht. Ein Schutzschild, der anschließend Misstrauen zwischen den drei wichtigsten Partnern – den USA, Russland und der EU – sät, die der Verbreitung Einhalt gebieten wollen, entspricht nicht eben dem multilateralen Handeln, das uns vorschwebte.
Außerdem fragen wir uns, wie sich eine solche bilaterale Zusammenarbeit mit der europäischen Sicherheitsstrategie und der NATO-Partnerschaft vereinbaren lässt. Wir haben aus diesem Grund erhebliche Bedenken gegen diesen Gang der Dinge und appellieren deshalb an die Vereinigten Staaten und die betreffenden EU-Mitgliedstaaten, die Pläne zu überdenken und nach multilateralen Alternativen zu suchen, die zu den Sicherheitsmaßnahmen passen, die wir in der Europäischen Union einvernehmlich vereinbart haben.
István Szent-Iványi (ALDE). – (HU) Wir sollten nichts beschönigen: Die NVV-Konferenz im Jahr 2005 war ein Fehlschlag. Bedauerlicherweise hat die ganze NVV-Geschichte keinerlei Erfolge vorzuweisen. Nordkorea ist aus dem System ausgestiegen und hat ein eigenes militärisches Atomprogramm eingeleitet. Auch der Iran hat dem System den Rücken gekehrt, und wir wissen nicht, wie der aktuelle Stand ist. Auf jeden Fall sind seine Absichten nicht begrüßenswert. Indien, Pakistan und Israel lassen keinerlei Beitrittsabsichten erkennen.
Trotzdem gibt es aber auch einige positive Entwicklungen. Am 16. Februar mündeten die Sechs-Parteien-Gespräche in Peking in eine Vereinbarung. Wir werden bald herausfinden, welchen Wert eine solche Vereinbarung hat. Herr El Baradei wird morgen Nordkorea besuchen, und sein Besuch wird deutlich machen, ob die Absichten der Nordkoreaner aufrichtig sind. Die aktuellen Maßnahmen sind von sehr großer Wichtigkeit. Die Achtung des gesamten NVV steht auf dem Spiel. Wir müssen Flexibilität und Stetigkeit miteinander verbinden. Wir müssen in Bezug auf die Methodik und den zeitlichen Rahmen flexibel sein, aber bei den Zielen ist keine Flexibilität angebracht. Sie müssen klar und unmissverständlich sein. Nordkorea muss in das NVV-System zurückkehren und das militärische Atomprogramm unverzüglich einstellen. Die Art und Weise, in der wir das Problem Nordkorea angehen, wird direkte Auswirkungen auf den Iran haben. Wenn wir in Nordkorea Erfolg haben, werden wir auch in Bezug auf den Iran erfolgreich sein. Schlagen unsere Bemühungen hier fehl, dann steht zu befürchten, dass es uns nicht gelingen wird, Iran auch nur davon abzuhalten, den rechten Weg zu verlassen.
Die Vorbereitungen für die Überprüfungskonferenz werden real und erfolgreich sein, wenn wir uns diesen beiden Herausforderungen – also Nordkorea und dem Iran – stellen und diese beiden Probleme erfolgreich lösen können. Dafür gibt es jetzt eine geringe Chance, aber nur, wenn wir konsequent vorgehen und klar an unseren Grundsätzen festhalten.
Caroline Lucas (Verts/ALE). – (EN) Frau Kommissarin! Sie sagten, dass die Weiterverbreitung die potenziell größte Bedrohung für unsere Sicherheit darstellt, und da kann ich Ihnen nur beipflichten. Ist es aber dann nicht ziemlich ironisch, dass die britische Regierung morgen wahrscheinlich einen Beschluss fassen wird, wonach die Trident-Atom-U-Boote erneuert werden sollen, sodass diese Weiterverbreitung nur noch beschleunigt und somit unsere kollektive Sicherheit unterwandert wird? Wenn die Regierung das wirklich tun sollte, dann läuft dies auf pure Heuchelei hinaus: Einerseits strebt sie die Aufrecherhaltung und Weiterentwicklung der eigenen Atomwaffenbestände an, und andererseits führt sie unrechtmäßige Kriege, um andere Länder vom Erwerb eben dieser Waffen abzuhalten. Glaubt die britische Regierung wirklich, dass sie noch die moralische Autorität besitzt, um Ländern wie dem Iran vorzuschreiben, dass es keine Atomwaffen entwickeln darf, wenn wir selbst genau das weiterhin tun?
Der Atomwaffensperrvertrag besteht aus zwei Abmachungen: Die Staaten ohne Atomwaffen willigen ein, keine Atomwaffen zu erwerben, sofern sich die Atommächte ernsthaft an die Abrüstung ihrer eigenen Atomwaffenbestände machen. Wenn wir uns nicht an unseren Teil der Abmachung halten, wenn wir nicht das Völkerrecht befolgen, dann brauchen wir uns auch nicht zu wundern, wenn andere Länder ebenfalls gegen ihren Teil der Abmachung verstoßen.
Dadurch, dass die britische Regierung jetzt das Trident-System modernisiert, wird der gemeinsame Standpunkt der EU zum Thema Nichtweiterverbreitung vollkommen ausgehöhlt. Sowohl Großbritannien als auch Frankreich sollten daher vom Rat und von der Kommission aufs Schärfste verurteilt werden.
Vittorio Agnoletto (GUE/NGL). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die nordkoreanische und die iranische Atomkrise haben die Welt einmal mehr in Angst und Schrecken versetzt und Misstrauen unter den Nationen und Völkern aufkommen lassen. Durch die internationale Diskussion über die nukleare Aufrüstung wird die Zukunft der Menschheit wieder in Frage gestellt. Die Verhandlungen mit Iran müssen unbedingt wieder aufgenommen und es muss jede militärische Aktion vermieden werden, denn sie würde die gegenwärtige Krise lediglich noch verschlimmern. Deshalb ist es so wichtig, die Gespräche über die Erneuerung des Vertrags über die Nichtverbreitung von Atomwaffen 2010 wieder zu beleben.
Die Europäische Union muss entsprechenden politischen, wirtschaftlichen und handelspolitischen Druck auf Staaten wie Indien, Pakistan, Iran, Nordkorea sowie andere Länder wie China und USA ausüben. Zudem muss die Europäische Union, als eine Angelegenheit von allerhöchster Dringlichkeit, ein atomwaffenfreies Mittelmeer fördern. Durch entsprechende wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen müssen wir das Mittelmeer in ein Meer des Friedens, in eine völlig atomwaffenfreie Zone verwandeln. Deshalb muss der erwähnte Druck auch auf Israel ausgeübt werden, das ohne jede Frage das Recht hat, für seine Sicherheit zu sorgen, dabei aber nicht auf die nukleare Abschreckung und die Vernichtung anderer Völker setzen darf.
Im Übrigen wird die jüngste Entscheidung von Präsident Bush, Raketenabschussrampen in der Tschechischen Republik oder neue militärische Anlagen zur Abwehr von Nuklearraketen in Polen zu stationieren, die militärischen Beziehungen zu Russland nur verschlechtern. Diese Entscheidung von Herrn Bush verurteile ich auf das Schärfste.
Achille Occhetto (PSE). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns alle einig, dass neue Verpflichtungen gegen die Verbreitung thermonuklearer Waffen übernommen werden müssen, wie Herr Schulz in seinem Redebeitrag betonte, doch zugleich müssen wir anfangen, klarer und deutlicher auszusprechen, dass es nicht genügt, die Verbreitung zu verhindern, sondern dass der Kampf für allgemeine Abrüstung aufgenommen werden muss. Tatsächlich wird es nie echte globale Demokratie geben, wenn einige Länder die Welt beherrschen können, weil sie die Macht haben, sie mehrfach zu zerstören.
Fakt ist, dass die Länder des Atomclubs, insbesondere das Vereinigte Königreich und Frankreich, die Autorität und das moralische Recht besitzen, die Verbreitung durch andere Staaten zu verhindern, wenn sie selbst beginnen abzurüsten und das Verbot aller Massenvernichtungswaffen auf die Tagesordnung setzen.
Leider ist das nicht der Weg, der beschritten wird, wenn wir uns die einseitige Politik der USA ansehen – eine Politik, die sogar der NATO zuwiderläuft. Die Vereinigten Staaten haben geheime Verhandlungen mit einigen europäischen Ländern geführt, um sie in das US-Raketenabwehrprogramm einzubeziehen, und wir haben einen speziellen Änderungsantrag dagegen eingereicht. Wir müssen demzufolge diese Pläne vereiteln, indem wir „Nein“ zur Verbreitung, aber „Ja“ zu einer europäischen Initiative sagen, die auf allgemeine Abrüstung gerichtet ist.
Jill Evans (Verts/ALE). – (EN) Herr Präsident! Nun, da die Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags im Jahr 2010 langsam näher rückt, wird augenscheinlich, dass der Vertrag bereits unter großen Druck geraten ist, insbesondere wenn man sich die Debatten über den Iran und Nordkorea anschaut. Daher könnte ein Land keinen schlechteren Zeitpunkt für die Botschaft wählen, dass Atomwaffen von entscheidender Bedeutung für die Sicherheit eines jeden Landes sind – ganz gleich, wie wenig man damit gegen die wirklichen Bedrohungen ausrichten kann, wie den Klimawandel und den Terrorismus. Aber genau das schlägt die britische Regierung vor. Und so werden – wie wir bereits gehört haben – die Abgeordneten in Westminster morgen darüber abstimmen, ob die Trident-Atom-U-Boote erneuert und damit Großbritannien und die übrige Welt in eine neue atomare Ära und ein neues atomares Wettrüsten katapultiert werden sollen.
Im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags sollte nicht über die Erneuerung dieser illegalen und unmoralischen Waffen, sondern vielmehr über einen Zeitplan für die Abrüstung dieser Waffenbestände diskutiert werden. Ich möchte alle Fraktionen hier im Parlament auffordern, den Entschließungsantrag und die Änderungsanträge zu unterstützen. Darin werden die britischen Abgeordneten aufgefordert, morgen gegen die Erneuerung des Trident-Systems zu stimmen und sich an die Verpflichtungen zu halten, die vor mehr als 35 Jahren mit der Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrags eingegangen wurden.
Hubert Pirker (PPE-DE). – Herr Präsident, Frau Kommissarin, geschätzter Ratspräsident! Die atomare Bedrohung ist eine Realität. Sie nimmt leider auch zu, wie von Ihnen auch festgestellt worden ist, und zwar mit der Erwähnung der beiden hot spots Iran und Nordkorea.
Es ist zweifelsohne notwendig, dass wir bereits jetzt beginnen, die Überprüfungskonferenz zeitgerecht vorzubereiten, um dort die notwendigen Schwerpunkte zu setzen. Aber noch viel wichtiger ist es, dass wir gegenwärtig versuchen, Maßnahmen zu ergreifen, die die Glaubwürdigkeit der Staatengemeinschaft und die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union bei der Umsetzung und bei der Durchsetzung des Atomwaffensperrvertrages untermauern. Denn die Qualität dieses Vertrages wird an den Erfolgen gemessen werden, die er tatsächlich bringen wird. Derzeit sehe ich die Chancen für eine Umsetzung derartiger Strategien als durchaus positiv, gerade wenn ich als Vorsitzender der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu der Koreanischen Halbinsel die Situation in Nordkorea und die Kontakte betrachte, die wir mit Süd- und Nordkorea hatten.
Wir haben als Europäische Union und insbesondere als Parlament dazu beigetragen, dass diese Sechsparteiengespräche wieder aufgenommen worden sind. Wir sind ein willkommener Partner. Wir sind zwar nicht Teil der Sechsparteiengespräche, aber als facilitator, als Unterstützer von Außen herzlich willkommen, und wir haben unseren Beitrag dazu geleistet, dass die Gespräche am 13. Februar wieder aufgenommen wurden.
Ich bin vorsichtig optimistisch. Es wird um die Umsetzung der Abrüstung gehen: Diese ist zugesichert, und nun müssen in Nordkorea Taten folgen. Aber umgekehrt ist es auch notwendig, dass wir uns als Union einbringen, um hier Maßnahmen zu ergreifen, die insgesamt zu politischen Veränderungen in Nordkorea führen. Wir müssen etwa das Programm zu Food security, zu Regional security und zu Human security unterstützen, so dass wir letzten Endes eine atomwaffenfreie Halbinsel Korea erreichen, damit die gegenwärtige Bedrohungslage — auch für Europa — nicht mehr gegeben ist.
Ana Maria Gomes (PSE). – (PT) Die bevorstehende Konferenz in Wien bietet der Europäischen Union die Möglichkeit, in diesem Bereich die Führungsrolle zu übernehmen. Europas Standpunkt sollte auf zwei Kerngedanken beruhen: der Stärkung der Internationalen Atomenergiebehörde und der Forderung nach Einhaltung von Artikel 6 des Atomwaffensperrvertrags (NVV). Insofern bin ich ebenfalls der Ansicht, dass die Erneuerung der Trident-Flotte nicht mit Artikel 6 des NVV vereinbar ist. Und da hiervon Großbritannien betroffen ist, fällt dies auch auf die Europäische Union zurück.
Die Europäische Union muss die multilaterale Herangehensweise an die Urananreicherung unterstützen und dafür Sorge tragen, dass alle Länder das Zusatzprotokoll zum Abkommen über Schutzmaßnahmen unterzeichnen. Damit könnte künftig solchen Problemen, wie den Auseinandersetzungen mit dem Iran, vorgebeugt werden.
Darüber hinaus muss die EU alles in ihrer Macht Stehende tun, damit die 13 Abrüstungsschritte, die auf der Sitzung des Vorbereitungsausschusses im Jahr 2000 festlegt wurden, schnellstmöglich umgesetzt werden. Wenn Europa nicht selbst dafür sorgt, das heikle Gleichgewicht, auf dem der NVV beruht, aufrechtzuerhalten, dann könnte die Sitzung des Vorbereitungsausschusses im Jahr 2007 den Anfang vom Ende des Vertrags bedeuten.
Herr Präsident, angesichts dessen gefährden Polen, die Tschechische Republik und Großbritannien, die mit einer einseitigen Beteiligung am US-amerikanischen Raketenabwehrsystem liebäugeln, in skandalöser Weise die Verpflichtungen Europas.
Wozu haben wir denn die Europäische Union oder auch die NATO, wenn nicht für Diskussionen über die strategische Zukunft Europas?
Jana Hybášková (PPE-DE). – (CS) Frau Kommissarin, Herr Präsident! Ende des 20. Jahrhunderts gab es zu Fragen der Sicherheit zwei Denkströmungen. Der einen zufolge stellte der ungünstige Einfluss der hohen Ölproduktion auf die Stabilität im Nahen Osten die größte Gefahr für die Welt dar, den Schwerpunkt der zweiten Denkströmung bildeten Umweltfaktoren und Klimawandel. Der 11. September und Hurrikan Katrina machten deutlich, dass es nur eine einzige Gefahrenquelle gibt: die Gier nach Energie und der exzessive Energieverbrauch. Indem wir dafür sorgen, dass 20 % der von uns verbrauchten Energie aus erneuerbaren Quellen stammt, werden wir das Problem nicht vollständig lösen. Die einzige Lösung, mit der wir beide Gefahren abwenden, Emissionen senken und unsere Abhängigkeit vom instabilen Nahen Osten reduzieren können, ist die Kernenergie. Wir sollten den Grünen mit ihren nunmehr überholten Argumenten über die Gefahren der Kernenergie entgegentreten. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie die Lage im Iran und andernorts benutzen, um uns mit der Begründung, die Kernenergie könne missbräuchlich eingesetzt werden, zu erpressen. Wir verfügen über ein Instrument, mit dem wir sie in die Schranken weisen können: den Nichtverbreitungsvertrag (NVV).
Ein positives Ergebnis der Konferenz von 2010 sollen wichtige Sicherheitsmaßnahmen sein. Unserer Ansicht nach gibt es folgende Kernprobleme: Urananreicherung und Wiederaufarbeitung gemäß Artikel 4, einschließlich Debatten über regionale Vertriebszentren für atomare Brennstoffe, und zweitens geht es darum, Lösungen für einen nicht autorisierten Rücktritt gemäß Artikel 10 des Vertrags zu finden. Deshalb fordern wir den Rat und die Kommission auf, bei den Verhandlungen im Vorbereitungsausschuss in Wien eine federführende Rolle zu übernehmen und einen substanziellen Beitrag im Hinblick auf ein positives Ergebnis der für 2010 vorgesehenen Konferenz zu leisten. Wir ersuchen Sie ferner um einen Bericht zur Umsetzung der 43 Maßnahmen, die im Rahmen des Gemeinsamen Standpunktes des Rates beschlossen worden waren und die bereits für die misslungene Aussprache über den Vertrag im Jahre 2005 galten. Wir fordern auch die Mitgliedstaaten auf, sich strikt an den strengen Wortlaut der entsprechenden Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates zum NVV zu halten, und das gilt auch für Bankgeschäfte und Unternehmen in einigen südeuropäischen Staaten. Gestatten Sie mir bitte noch eine kurze Schlussbemerkung, Frau Kommissarin. Wir müssen nach Möglichkeiten suchen, um Israel in die Verhandlungen zur Überprüfung des NVV einzubeziehen. Bitte konsultieren Sie uns und arbeiten Sie mit uns zusammen.
Bogdan Klich (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Wir leben nun schon seit vielen Jahren mit der Bedrohung durch die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. In jüngster Zeit sind wir uns dessen wegen des Risikos, dass spaltbares Material sowie chemische oder biologische Waffen in die Hände von Terroristen gelangen könnten, noch stärker bewusst geworden.
Diese Befürchtung mündete in die Ausarbeitung strategischer Dokumente der Europäischen Union sowie anderer internationaler Organisationen. Ich möchte vor allem auf die Ende vergangenen Jahres von der NATO verabschiedete Umfassende Politische Leitlinie hinweisen. Die nuklearen Ambitionen bestimmter Staaten, insbesondere Nordkoreas und Irans, geben, wie zuvor schon gesagt wurde, ebenfalls Anlass zur Sorge. Wir freuen uns, dass in den multilateralen Verhandlungen mit Nordkorea ein gewisser Fortschritt erzielt wurde, und bedauern, dass das auf die Verhandlungen mit dem Iran nicht zutrifft.
Vier Bedingungen müssten erfüllt werden, um der überaus ernsten Bedrohung durch die Weiterverbreitung entgegenzuwirken. Erstens: Die bestehenden Regelungen zur Nichtweiterverbreitung im Rahmen des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen müssen beibehalten und anlässlich der Konferenz zur Überprüfung dieses Vertrages im Jahr 2010 gegebenenfalls sogar verschärft werden. Ich unterstütze die Forderung, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dieser Konferenz mit einer Stimme sprechen müssen. Sie müssen entschieden und geschlossen handeln.
Zweitens: Es ist wichtig, dass die Verbündeten in Europa und den Vereinigten Staaten den Kampf gegen den Terrorismus konsequent fortsetzen.
Drittens: Die Verhandlungen mit Nordkorea müssen zu positiven Ergebnissen führen, und im Falle Irans muss auf diplomatischem Wege weiter nach einer Lösung gesucht werden.
Viertens: Entgegen den Meinungen einiger linker Abgeordneter brauchen wir ein Raketenabwehrsystem, das nicht nur die Vereinigten Staaten, sondern auch deren europäische Verbündete vor strategischen Raketenangriffen schützt. Dieser Schutzschild muss über ein interoperables System verfügen, das vor Kurz- und Mittelstreckenraketen schützt und gemeinschaftlich genutzt wird.
Entscheidende Bedeutung kommt deshalb dem strategischen Raketenabwehrsystem TBMD zu, das die NATO bis zum Jahr 2010 fertigstellen will.
VORSITZ: MAREK SIWIEC Vizepräsident
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, Frau Kommissarin Ferrero-Waldner, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte mich ausdrücklich für die doch in vielen Punkten übereinstimmende Unterstützung bedanken. Wir müssen aus unserer derzeitigen Situation heraus mit mehr Energie daran gehen, bei den Punkten, die wir 2005 als Rückschlag verzeichnet haben, in der Vorbereitung eine einheitliche Position zu erzielen. Ich möchte das ausdrücklich unterstreichen: Natürlich ist dieser Nuklear-Nichtverbreitungsvertrag von unterschiedlichen Seiten her unter Druck geraten, aber wenn wir es ernst meinen und nachdem wir uns auf den Gemeinsamen Standpunkt 2005 verständigt haben, bietet er eine Grundlage, die wir jetzt auch in der aktuellen Vorbereitungskonferenz mit berücksichtigen müssen.
Ich unterstreiche ausdrücklich, was viele, so auch Sie, Herr Schulz, bemerkt haben, dass es nämlich wichtig ist, den multilateralen Ansatz zu betonen. In der Tat: Aus der Erfahrung wissen wir alle, dass Unilateralismus nicht weiterhilft. Wir brauchen den multilateralen Ansatz! Und je mehr wir das fordern, desto notwendiger wird es, auch innerhalb der Europäischen Union einen einheitlichen Standpunkt zu vertreten, um in dieser Frage voranzukommen.
Gerade in Bezug auf den Iran ist der Weg, den die Europäische Union vorgezeichnet hat, sowohl politisch als auch diplomatisch der richtige. Auch wenn manche ungeduldig werden – als ob es viele Alternativen gäbe –, ist dieses Angebot, das der Rat vor wenigen Wochen noch einmal bekräftigt hat, doch der richtige Weg. Wir haben beides: Wir haben eine Entschließung zur Sicherheit mit entsprechenden Sanktionen, genauso aber ist auch die Tür für Verhandlungen mit dem Iran noch offen.
Ich betone nochmals, was ich eingangs in Bezug auf die Nichtverbreitung, aber natürlich auch in Bezug auf die Abrüstung gesagt habe. Dieses Thema muss im Hinblick auf eine friedliche Nutzung der Kernenergie auf der Tagesordnung bleiben – auch wenn das eine oder andere etwas anders gesehen wird in Bezug darauf, wie die Gefahren minimiert werden können.
Es ist wichtig, dass wir vom Europäischen Parlament eine breite Unterstützung für die sicherlich nicht einfachen Diskussionen, die uns bevorstehen, bekommen. Was die Information und die Zusammenarbeit zwischen Rat und Parlament betrifft, kann ich seitens der Präsidentschaft anbieten, dass wir zum einen nach der ersten Sitzung der Vorbereitungskonferenz im zuständigen Ausschuss eine Unterrichtung vornehmen und zum anderen auch darlegen, wie weit wir etwa bei den 43 Punkten gekommen sind, die in einer früheren Entschließung enthalten sind, was davon realisiert wurde und was nicht.
Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Dies war eine äußerst nützliche Debatte in einer schwierigen Situation. Wir werden Ihre Empfehlungen sehr gründlich prüfen, denn die Vorbereitungskonferenz in Wien ist eine gute Gelegenheit, um uns besser für die Konferenz im Jahr 2010 zu rüsten. Somit werden wir hoffentlich für die äußerst schwierige Konferenz im Jahr 2005 entschädiget werden.
Wir wissen, dass die Situation im Bereich der Nichtweiterverbreitung wesentlich ernsthafter und gravierender ist, als gemeinhin angenommen wird. Aus den jüngsten Eurobarometer-Umfragen ist uns ferner bekannt, dass unsere Bürger weitere Maßnahmen sehen wollen. Ich stimme mit Herrn Zappalà und Frau Neyts-Uyttebroeck darin überein, dass Einvernehmen über den wichtigen Zusammenhang zwischen Massenvernichtungswaffen, Weiterverbreitung und Terrorismus bestehen muss. Dies sollte in der europäischen Sicherheitsstrategie betont werden, was auch schon getan wird, doch muss diesem Aspekt nun auch in der Praxis umfassend Rechnung getragen werden.
Außerdem bin ich davon überzeugt, dass die Bemühungen des Europäischen Parlaments um bessere Kohärenz und mehr gemeinsame Maßnahmen von entscheidender Bedeutung sind. Auch haben alle erwähnt, dass es ungeheuer wichtig ist, mit einer Stimme zu sprechen. Daher ist die Kommission auf Ihre wertvolle Unterstützung angewiesen, um größtmöglichen Einfluss auf dieses gemeinsame Ziel nehmen zu können. Natürlich werden wir unseren Beitrag zu den Vorbereitungsarbeiten in Wien leisten, denn dadurch werden wir – wie viele meinten – an Glaubwürdigkeit gewinnen.
Ich möchte außerdem Herrn Pirker und der Delegation des Parlaments danken, vor allem was das Thema Nordkorea betrifft. Ich teile die Ansicht, dass Nordkorea nicht nur an sich ein wichtiges Land ist, sondern möglicherweise auch eine Chance für die Erzielung von Fortschritten in anderen Ländern eröffnet. Wir sind nach wie vor entschlossen, nicht aufzugeben, solange dies möglich ist.
In unseren Schlagzeilen erscheint die Problematik der Nichtweiterverbreitung meistens im Zusammenhang mit einzelnen Ländern. Wir sollten jedoch – wie Herr Schulz meinte – nicht vergessen, dass die Zusammenarbeit der gesamten internationalen Gemeinschaft ganz entscheidend ist und dass insofern der multilaterale Ansatz und die Effektivität eine bedeutende Rolle spielen.
Die vier wichtigsten Grundsätze, die wir noch einmal im Vorbereitungsausschuss und dann auf der nächsten Überprüfungskonferenz weiter ausbauen sollten, sehen folgendermaßen aus: Da wäre zunächst einmal die Frage der Nichtvertragsstaaten. Soweit ich weiß, gibt es drei Staaten, die diesen Vertrag bisher ablehnen. Wir sollten versuchen, diese Länder mit ins Boot zu holen. Zweitens wäre der Austritt im Januar 2003 zu nennen. Damals kündigte die Demokratische Volksrepublik Korea an, aus dem Atomwaffensperrvertrag auszusteigen – das war ein absolutes Novum. Verschiedene Staaten sind der Auffassung, dass die DRVK noch immer rechtlich an den Vertrag gebunden sei und bei ihrem Ausstieg nicht das ordnungsgemäße Rechtsverfahren befolgt habe. Wir sollten uns endlich des Problems annehmen, dass sich einige Vertragsstaaten einfach nicht an den Vertrag halten. Manche Staaten, die den Atomwaffensperrvertrag unterzeichneten, haben dennoch in der Vergangenheit versucht, Atomwaffen zu erwerben. Dieses Problem muss daher gelöst werden.
Schließlich wäre da noch die Frage des Vertrauens. Am Verhandlungstisch war immer wieder zu hören, dass die meisten Nichtkernwaffenstaaten der Auffassung sind, die Kernwaffenstaaten hätten nicht genug unternommen, um beim Ziel der nuklearen Abrüstung – Artikel 6 – weiter voranzukommen. Dieses Argument sollten wir meiner Meinung nach auf der alle fünf Jahre stattfindenden Überprüfungskonferenz entschieden widerlegen. Dies zeigt auch, dass eine breite Basis für einen Konsens notwendig ist, und alle großen Länder, wie Russland und China, in einen solchen Dialog einbezogen werden sollten.
Der Präsident. Ich teile Ihnen mit, dass ich gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung sechs Entschließungsanträge erhalten habe.(1)
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch um 12.30 Uhr statt.
Schriftliche Erklärung (Artikel 142)
Glyn Ford (PSE). – (EN) Meines Erachtens führen wir hier eine ganz wichtige Debatte. Durch die Weiterverbreitung von Atomwaffen nimmt die Sicherheit in der Welt nicht zu, sondern eher ab. Ob es sich nun um Israel oder Indien, Pakistan oder Nordkorea handelt, wir sollten all diese Länder zur Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrags drängen. Dennoch sollten wir nicht vergessen, dass im Atomwaffensperrvertrag nicht nur davon die Rede ist, die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu unterbinden. Auch die globalen Atommächte sind aufgerufen, ihre eigenen Bestände abzubauen und zu vernichten. Dem ersten Punkt wird gemeinhin mehr Beachtung geschenkt als dem zweiten.
Der Änderungsantrag der Sozialisten, in dem das Raketenabwehrsystem der USA verurteilt wird, ist vollkommen berechtigt. Wie wir in Nordostasien beobachten konnten, wo Japan die regionalen Raketenabwehrsysteme „Theatre Missile Defence“ und „Theatre High Altitude Defence“ eingeführt hat, wird damit offensiven Technologien Vorschub geleistet, die ganz im Zeichen der US-amerikanischen Doktrin eines Präventivkriegs stehen. Die USA sind nun in der Lage, einen Angriff gegen Länder mit wenigen Atomwaffen zu führen und jede einzelne Rakete abzuwehren, die beim ersten Angriff übersehen wurde.
Ich werde auch den Änderungsantrag 1 der Grünen unterstützen. Ich befürworte zwar nicht die einseitige Abschaffung der britischen Trident-Flotte, halte aber auch überhaupt nichts davon, diese Flotte zum jetzigen Zeitpunkt zu erneuern.