Index 
Ausführliche Sitzungsberichte
Dienstag, 13. März 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.
1. Eröffnung der jährlichen Sitzungsperiode
 2. Eröffnung der Sitzung: siehe Protokoll
 3. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
 4. Weiterbehandlung der Standpunkte und Entschließungen des Parlaments: siehe Protokoll
 5. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit (eingereichte Entschließungsanträge): siehe Protokoll
 6. Jährliche Strategieplanung 2008 (Aussprache)
 7. Abkommen EU/USA über Luftverkehrsdienste (Aussprache)
 8. Abstimmungsstunde
  8.1. Finanzierung der Interventionen durch den EAGFL, Abteilung Garantie (Abstimmung)
  8.2. Konsummilch aus Estland: Abweichung von der Verordnung (EG) Nr. 2597/97 (Abstimmung)
  8.3. Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2040/2000 betreffend die Haushaltsdisziplin (Abstimmung)
  8.4. Aufsichtliche Beurteilung des Erwerbs und der Erhöhung von Beteiligungen im Finanzsektor (Abstimmung)
  8.5. Soziale Verantwortung von Unternehmen: eine neue Partnerschaft (Abstimmung)
  8.6. Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2006-2010 (Abstimmung)
  8.7. Online-Musikdienste: länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (Abstimmung)
 9. Stimmerklärungen
 10. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten
 11. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung
 12. Nichtverbreitung von Kernwaffen und atomare Abrüstung (Aussprache)
 13. Bereitstellung von Betreuungseinrichtungen für Kinder (Aussprache)
 14. Mitteilung der Kommission – Verbraucherschutzstrategie 2007-2013
 15. Fragestunde (Anfragen an die Kommission)
 16. Vermarktung von Rindfleisch, das von höchstens zwölf Monate alten Tieren stammt (Aussprache)
 17. Ratifizierung des IAO-Seearbeitsübereinkommens von 2006 (Aussprache)
 18. Europäische Agentur für Flugsicherheit (Aussprache)
 19. Illegale Vogeljagd in Malta (Aussprache)
 20. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 21. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

 
  
  

(Die Sitzung wird um 9.00 Uhr eröffnet.)

 
1. Eröffnung der jährlichen Sitzungsperiode
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  Der Präsident. Ich erkläre die Sitzungsperiode 2007-2008 des Europäischen Parlaments für eröffnet.

 

2. Eröffnung der Sitzung: siehe Protokoll
  

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  Ignasi Guardans Cambo (ALDE).(EN) Herr Präsident, ich möchte eine Frage zur Geschäftsordnung gemäß Artikel 166 zu Anlage II Punkt A der Geschäftsordnung dieses Hohen Hauses stellen.

Ich hatte eine mündliche Anfrage an die Kommission eingereicht, die heute beantwortet werden sollte, und ich habe eine formelle Antwort vom Präsidium erhalten, dass meine Anfrage nicht akzeptabel sei, offenbar in Anwendung von Anlage II Punkt A der Geschäftsordnung, wo es heißt, dass eine Anfrage nicht zulässig sein kann, wenn sie in den vorangegangenen drei Monaten beantwortet wurde. Aber in den vorangegangenen drei Monaten ist keine solche Anfrage beantwortet worden. Anscheinend wird diese Bestimmung hier in Verbindung mit einer Antwort angewendet, die von der Kommission auf eine mündliche Anfrage mit Aussprache gegeben wurde.

Nun ja, die vom Präsidium zitierte Anlage II gilt für Anfragen von Abgeordneten, die unter Artikel 109 der Geschäftsordnung fallen, und die mündliche Anfrage mit Aussprache wird durch Artikel 108 der Geschäftsordnung geregelt. Da also Anlage II eine Beschränkung der Rechte eines Parlamentsabgeordneten darstellt, war eine breite Auslegung zur Anwendung von Anlage II auf Anfragen nach Artikel 108 statt Artikel 109 nicht möglich. Ich bitte also das Präsidium, die Angelegenheit noch einmal zu überdenken und zuzulassen, dass die Anfrage in Anwendung der Geschäftsordnung gestellt wird.

 
  
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  Der Präsident. – Wir werden das überprüfen und Sie entsprechend unterrichten.

 

3. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll

4. Weiterbehandlung der Standpunkte und Entschließungen des Parlaments: siehe Protokoll

5. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit (eingereichte Entschließungsanträge): siehe Protokoll

6. Jährliche Strategieplanung 2008 (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt eine Erklärung der Kommission zur jährlichen Strategieplanung 2008.

 
  
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  Margot Wallström, Vizepräsidentin der Kommission. – (EN) Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Ich freue mich wirklich sehr, Ihnen die Jährliche Strategieplanung der Kommission für 2008 vorzustellen, und ich freue mich natürlich auf eine wertvolle politische Diskussion.

Lassen Sie uns zuerst einen kurzen Blick auf die Rahmenbedingungen des nächsten Jahres werfen. In zwei Wochen werden wir den 50. Jahrestag der Römischen Verträge von Rom begehen und die Berliner Erklärung wird verabschiedet werden. Das Jahr 2008 sollte eine Chance sein, der wir mit Freude entgegensehen. Wir hoffen, dass der vom Rat im Juni zu vereinbarende Fahrplan die Bedingungen schafft, um im nächsten Jahr eine klare und konstruktive institutionelle Regelung zu erreichen.

Dies ist notwendig, denn Europa braucht Reformen. Außerdem könnten wir so ein positives Signal vor den Europawahlen aussenden. Unterdessen werden wir eine weitere Konsolidierung der Union erleben. Wir erwarten für 2008 den Beitritt mehrerer Mitgliedstaaten zum Schengen-Raum. Wir hoffen auch, dass weitere Mitgliedstaaten den Euro einführen können, sobald sie die Kriterien erfüllen.

Zur künftigen Finanzierung der Europäischen Union, und wie von Parlament und Rat vereinbart, wird die Kommission 2008 an einer Haushaltsüberprüfung arbeiten. In einigen Monaten werden wir eine breit angelegte Konsultation starten, um Bürgern, Interessengruppen und Vertretern von Institutionen die Möglichkeit zu geben, ihre Ansichten zu den Prioritäten der EU und den zu ihrer Erledigung notwendigen Ressourcen zu äußern.

Die von der Kommission zu Beginn ihrer Amtszeit festgelegten strategischen Ziele sind nach wie vor gültig: Wohlstand, Solidarität, Sicherheit sowie ein starkes und offenes Europa in der Welt sind nach wie vor die zentralen Zielsetzungen der Kommission, und wir freuen uns sehr, dass sowohl das Parlament als auch der Rat uns Rückhalt gegeben haben.

In der modernen Welt sind einige ganz wesentliche Themen nicht auf das eine oder das andere strategische Ziel beschränkt. Sie müssen in mehreren Politikbereichen übergreifend vorangetrieben werden, und für mich stehen drei von ihnen 2008 in der Jährlichen Strategieplanung besonders im Vordergrund.

Erstens Energie und Klimawandel. Die sehr positiven Ergebnisse des Europäischen Rates in der letzten Woche mit klaren und verbindlichen Beschlüssen gehen auf die Vorschläge zurück, die die Kommission im Januar vorgelegt und damit ganz neue Ideen und Denkrichtungen in Europa eingebracht hat. Jetzt müssen wir Taten folgen lassen. Wir hoffen zwar, praktische Vorschläge zur Energie im dritten Quartal dieses Jahres auf dem Tisch zu haben, aber 2008 wird viel Arbeit nötig sein. Die Schlüsselelemente des Energiepakets müssen vorhanden sein. Ein gut funktionierender Binnenmarkt, ein dynamischer Sektor für erneuerbare Energie, Energieeffizienz sowie Solidarität und Verbund, dies alles wird weiterentwickelt werden. Wir werden auch darauf drängen, dass sich die EU und die wichtigsten globalen Akteure auf eine nachdrückliche Senkung der CO2-Emissionen nach 2012 verpflichten, wenn das Kyoto-Protokoll ausläuft.

Zweitens, die revidierte Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung bleibt das wichtigste Instrument zur Förderung einer prosperierenden, ökologisch verantwortlichen und solidarischen Europäischen Union. Wir machen gute Fortschritte in der Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten. Im nächsten Jahr werden wir prüfen, wie wir weitere Reformen voranbringen können.

Nach der Überprüfung der Binnenmarktpolitik und der Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit, die in diesem Jahr vorgestellt werden soll, wird die Kommission eine Reihe von Initiativen auf den Weg bringen, um sicherzustellen, dass der Binnenmarkt seine wirtschaftlichen Versprechungen einhält und die Bürger von den Vorteilen profitieren können.

Drittens, die Migration in ihren verschiedenen Spielarten ist ein Schlüsselproblem für die Europäische Union. Eine gut gesteuerte Arbeitsmigration kann einen positiven Beitrag zu unseren Volkswirtschaften und unseren Gesellschaften leisten, und wir werden in diesem Bereich zwei Richtlinien im Entwurf vorlegen. Wir planen ferner, weitere Maßnahmen vorzuschlagen, um bis 2010 zu einem gemeinsamen europäischen Asylsystem zu gelangen. Wir müssen auch tätig werden, um illegale Migration zu verhindern, das rücksichtslose Geschäft des Menschenhandels zu bekämpfen und unsere gemeinsamen Außengrenzen zu schützen.

Ich möchte jetzt auf die strategischen Ziele zurückkommen und Ihnen ein paar Beispiele für andere Schlüsselinitiativen nennen. Beim Wohlstand über die fortdauernde Konsolidierung des Binnenmarktes hinaus wird die umweltverträgliche Gestaltung des Verkehrssektors eine zentrale Rolle spielen sowie Schritte im städtischen Nahverkehr, in der Rechtsetzung zu Stickoxidemissionen durch den Luftverkehr und zu Emissionen durch Schiffe umfassen. Die Kommission wird außerdem die Vorarbeiten leisten, um zu gewährleisten, dass das Europäische Technologieinstitut seine Tätigkeit 2009 aufnehmen kann. Im Bereich der Solidarität wird die Kommission eine „Generalüberprüfung“ der Gemeinsamen Agrarpolitik vorlegen, die den Weg für die künftige GAP bereitet.

Ausgehend von der Bestandsaufnahme der sozialen Lage und der Halbzeitüberprüfung der Sozialagenda wird die Kommission Initiativen vorschlagen, um die Solidarität und den Zugang der Bürger zu Rechten und Chancen sowie Maßnahmen gegen Diskriminierung außerhalb des Arbeitsmarktes zu fördern.

Darüber hinaus planen wir, einen neuen Drogenaktionsplan der EU sowie Initiativen zur Bekämpfung der Kinderarmut und zum Schutz der Kinder bei der Nutzung des Internets vorzulegen.

Zur Förderung von Sicherheit und Freiheit wollen wir neue Maßnahmen zur Verwaltung unserer Außengrenzen und zur Einrichtung eines europäischen Überwachungssystems vorschlagen, um die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung des wachsenden Zustroms illegaler Einwanderer zu unterstützen. Zur Unterstützung des Kampfes gegen die organisierte Kriminalität und den Terrorismus erwarten wir, dass eine zentralisierte Datenbank für Fingerabdrücke funktionsfähig wird. Zudem wird die Kommission auch eine Strategie gegen Radikalisierung und Gewaltbereitschaft entwickeln.

Ein weiteres zentrales Handlungsfeld wird die Gewährleistung der internen und externen Geschlossenheit und der Kampf für ein Europa mit einer starken Stimme in der Welt sein. Wir sind bereit, nach einer Regelung über den Status des Kosovo eine starke Rolle zu spielen, und wir werden die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien und der Türkei fortsetzen. Wir werden Verhandlungen über neue Abkommen mit Russland und der Ukraine führen und unsere Beziehungen zu Schlüsselpartnern ausbauen.

In der Handelspolitik wird es neben ständigen Bemühungen um den Abschluss der Doha-Entwicklungsrunde vor allem um die Agenda für außenwirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit („globales Europa“) gehen. Die Kommission wird zudem eng mit Mitgliedstaaten und Partnerländern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der Europäische Entwicklungskonsens gut vorankommt und er unsere Partnerschaft mit der Afrikanischen Union stärkt.

Ich möchte noch ein paar Worte zur besseren Rechtsetzung sagen, die sich bekanntlich auf die gesamte Arbeit der Kommission erstreckt. Ich bin überzeugt, dass die Kommission und das Parlament ein beiderseitiges Interesse daran haben, in diesem Bereich noch enger als jetzt schon zusammenzuarbeiten. Zusammenarbeit bedeutet, sich auf gemeinsame Prioritäten und strategische Entscheidungen zu einigen. In ihrer strategischen Überprüfung zur besseren Rechtsetzung vom November 2006 hat die Kommission unsere politischen Prioritäten im Einzelnen aufgeführt und dabei die Meinungen berücksichtigt, die das Europäische Parlament auf seiner Sitzung zu diesem Thema im April 2006 dargelegt hat. Gegebenenfalls ist die Kommission bereit, wieder hierher zu kommen und mit dem Parlament ausführlicher über bessere Rechtsetzung zu diskutieren.

Ich möchte auch den neuartigen Charakter unserer Strategie für 2008 betonen. Nach dem Vorbild des Arbeitsprogramms für dieses Jahr sind Kommunikationsprioritäten ein integraler Bestandteil unserer Strategieplanung, wobei unsere Botschaften auf eine begrenzte Zahl von Themen begrenzt sein werden, die den Bürgern besonders am Herzen liegen, und deren Vermittlung ist klarer Ausdruck unserer Kommunikationsstrategie insgesamt und zugleich ein Beitrag dazu.

Abschließend möchte ich die Kriterien nennen, die wir angewandt haben, um dafür zu sorgen, dass das unseren Politikmaßnahmen entsprechende Personal bereitgestellt wird. Zusätzliche Ressourcen werden ausschließlich eingesetzt, um den Bedarf infolge der Erweiterung zu decken, während alle anderen Anforderungen durch interne Umbesetzung von Personal innerhalb der Kommission abgedeckt werden sollen.

Mit der Vorlage der Jährlichen Strategieplanung wird ein Prozess eingeleitet, der zur Annahme des Rechtsetzungs- und Arbeitsprogramms der Kommission am Ende dieses Jahres führt. Ich befürworte diesen Prozess nachdrücklich, auch wenn er noch verbessert werden könnte. Gemeinsam sollten wir den Dialog zwischen den Ausschüssen und den Kommissionsmitgliedern politischer gestalten. In der im vorigen Jahr angenommenen Entschließung äußerte das Parlament seine Absicht, die Fraktionen kontinuierlicher und frühzeitig im Laufe des Verfahrens einzubinden. Ich hoffe, dass dies der Fall sein wird.

Ein politischer, offener und konstruktiver Dialog zwischen unseren beiden Organen darüber, wo Europa im nächsten Jahr sein politisches Gewicht einsetzen und wo es seine Ressourcen investieren soll, spielt eine maßgebende Rolle, also lassen Sie uns zum Wohle Europas zusammenarbeiten.

 
  
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  Hartmut Nassauer, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Kommissarin, schön dass Sie doch noch kommen konnten. Wir freuen uns, dass Sie hier sind. Wir haben keinen Anlass, allzu kritisch zu sein, da die Präsenz der Kolleginnen und Kollegen im umgekehrt reziproken Verhältnis zur Bedeutung dieses Vorhabens steht. Diese Aussprache macht Sinn, wenn die Kommission bei der Formulierung des endgültigen Gesetzgebungsprogramms im Herbst auf das hört, was das Parlament vorzubringen hat.

Eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen wird zu Einzelheiten Stellung nehmen. Die EVP-ED-Fraktion ist nicht nur grundsätzlich bereit, die Arbeit der Kommission im Parlament politisch zu unterstützen, sondern ihr auch bei den Zielen folgen, die sie zu Beginn ihrer Amtszeit formuliert hat: Wohlstand, Solidarität, Sicherheit und Freiheit. Ich bestätige Ihnen gerne, dass Sie von diesen Zielen ausgehend auch die richtigen politischen Maßnahmen für die Felder entwickeln, auf denen jetzt zu arbeiten ist: Wachstum, Beschäftigung, Klimawandel, Energiebedarf, Wissensgesellschaft, Konsolidierung der Erweiterung. Über Einzelheiten wird man streiten müssen.

Ich selbst will einen Punkt kritisch erwähnen, Frau Kommissarin. Sie kündigen für 2010 ein gemeinsames europäisches Asylsystem an. Mit Verlaub: Die Verträge eröffnen den Weg für Mindestnormen auf diesen Feldern, nicht aber für ein harmonisiertes europäisches Asylsystem! Ich bitte Sie, streng zu überprüfen, wo Sie hier die Ebene des Vertrages verlassen. Da bin ich bei einem wunden Punkt.

Dieses Gesetzgebungsprogramm ist ja nicht interessant durch das, was darin enthalten ist, sondern durch das, was nicht darin enthalten ist. Sie sagen in der Einleitung, diese Maßnahmen entsprechen den Erwartungen der Bürger an ein handlungsorientiertes Europa. Sie zeichnen das Bild einer Union, die in der Lage ist, die Herausforderungen der Globalisierung anzunehmen. Sie zeichnen ein insgesamt vergleichsweise rosiges Bild von dieser Europäischen Union, insbesondere was die Erwartung der Bürger anbelangt.

Wenn das so ist, frage ich Sie: Warum haben eigentlich die Bürger in Frankreich und in den Niederlanden Europa eine so glatte Absage erteilt? Der Vertrag selbst gab ja kaum Anlass dazu, den hat kaum einer gelesen. Es gibt ein tiefes Unbehagen über die Europäische Union, und wenn man diesem Unbehagen nachgeht, dann gibt es eine Quelle dafür — nicht die einzige, aber eine –, und das ist europäische Bürokratie. Sie löst in vielen Bürgern das Empfinden aus, gegängelt und ideologisch bevormundet zu werden, Entscheidungen ausgesetzt zu sein, von denen niemand versteht, warum sie in Europa gefällt werden müssen und nicht im jeweiligen Mitgliedstaat.

Dieses Gefühl der Gängelung provoziert Ablehnung, führt bei Wahlen zu wachsender Enthaltung und gibt, wenn der Prozess sich fortsetzt, politischen Kräften Auftrieb, die wirklich gegen Europa sind, und das muss uns besorgt machen. Auch wir im Parlament müssen uns fragen, wie lange wir für uns in Anspruch nehmen können, die legitimierten Vertreter der europäischen Völker zu sein, wenn die Wahlbeteiligung stetig unter 50 % sinkt.

Eine der Quellen des Unbehagens ist die europäische Gesetzgebung. Deswegen ist dies der geeignete Zeitpunkt, um darüber zu reden. Sie selbst, Frau Kommissarin, sprechen von einem ehrgeizigen Prozess für bessere Rechtsetzung. Wie wahr und wie unterstützungswürdig! Sie haben dabei unsere volle politische Unterstützung! Aber bisher benennen Sie nur das Ziel: 25 % Abbau. Sie nennen nicht die Instrumente, wie wir dieses Ziel erreichen. Bessere Rechtsetzung ist vor allem eine, die die Grenzen der Subsidiarität penibel und mit Respekt vor der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten einhält und sie nicht trickreich ausdehnt.

Die Europäische Kommission hat einen Schlüssel in der Hand, um das Vertrauen der Bürger wiederzugewinnen. Wir brauchen dazu eine neue Kultur der Subsidiarität. Bei jedem Gesetzentwurf sollte darauf geachtet werden, Dinge nicht extensiv bis in alle Einzelheiten zu regeln, sondern sorgsam abzuwägen, wo die Regelungszuständigkeit der Mitgliedstaaten beginnt.

Frau Kommissarin, setzen Sie ein Zeichen! Weniger zentrale Gesetzgebung ist mehr für Europa.

 
  
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  Hannes Swoboda, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Vizepräsidentin! Unsere Fraktion ist der Meinung, dass die Kommission eine Reihe von guten Taten vollbracht hat. Dennoch hoffen wir, dass die Kommission in der verbleibenden Amtszeit gemeinsam mit dem Europäischen Parlament noch stärker der Motor der Entwicklung der Europäischen Union sein wird. Wir werden sie dort voll unterstützen, wo der Rat zögert und zaudert und Europa nicht wirklich voranbringen möchte.

Ich möchte mit einem positiven Beispiel beginnen, der Energiepolitik, und in diesem Zusammenhang natürlich der Klimapolitik, einem Thema, das Ihnen ja sehr am Herzen liegt. Es war absolut richtig, darauf zu beharren, dass es verbindliche Ziele geben muss, vor allem auch für erneuerbare Energien. Es war ebenso korrekt, dass man in der Frage der Wettbewerbsfähigkeit nach einer pragmatischen Lösung sucht. Was die Nukleartechnologie betrifft, war es absolut richtig zu akzeptieren, dass es verschiedene Ansätze gibt. Hier würde ich mir von der Kommission jedoch eines wünschen, was die verschiedenen Ansätze vielleicht miteinander vereinbaren kann, nämlich einen hohen Sicherheitsstandard und auch entsprechende Informationsverpflichtungen seitens der Nuklearkraftwerke und der Länder, die Nukleartechnologie verwenden. Hier müsste die Kommission mit entsprechenden Vorschlägen kommen.

Auch was die Energieaußenpolitik betrifft, ist es wichtig, noch weiter nach vorne zu gehen und einerseits zu sagen, wir wollen diversifizieren, und andererseits Diversifizierungen zu unterstützen. Absolut wichtig ist es, auch die Koordinatoren der Kommission zu benennen, die darauf achten, dass wir verschiedene Verbindungen für Energielieferungen eingehen. Wenn die polnische Regierung meint, sie müsste mit der Ukraine und einigen Ländern des Südkaukasus zusammen eine Energiepolitik entwickeln, dann hoffe ich, dass die Kommission im Sinne einer gesamteuropäischen Energiepolitik dabei ist.

Zweitens, ebenfalls zur Energieaußenpolitik: Ich weiß, dass die Kommission einiges vorbereitet, was die Zusammenarbeit mit der Schwarzmeerregion und der Mittelmeerregion betrifft. Auch da ist es wichtig, dass die Kommission sich nicht durch den Rat in den Vorschlägen behindern lässt – für die energiepolitische Zusammenarbeit, für die Migrationspolitik und besonders auch für die Visapolitik. Ich habe es sehr bedauert, dass die Kommission nicht aufgeschrieen hat, als die Mitgliedstaaten die Visapolitik für unsere Nachbarn ursprünglich sogar verschärft haben, indem höhere Gebühren verlangt wurden. Ich hoffe, dass sie bei der Verhandlung über eine vernünftige Visapolitik mit allen unseren Nachbarn, insbesondere natürlich auch dem Balkan, erfolgreich ist.

Zuletzt möchte ich zu dem kommen, was uns am Herzen liegt: die soziale Kompetenz. Herr Nassauer hat mit seinen Argumenten, warum viele Menschen in Europa gegenüber der Europäischen Union, der Kommission, aber auch dem Europäischen Parlament skeptisch sind, nicht Unrecht. Das hängt auch damit zusammen, dass die soziale Dimension in der Arbeit der Kommission unterbelichtet ist. Sie selbst bekennen sich dazu: In den letzten Dokumenten, die Sie veröffentlicht haben – ob es um den Binnenmarkt für die Bürger oder die Feststellung der sozialen Wirklichkeit in Europa geht, schreiben Sie ganz deutlich, warum es zu dieser Skepsis und dieser Distanz gekommen ist und dass der Binnenmarkt nur dann Sinn hat, wenn auch die ökologische und die soziale Konsequenz gesehen wird und diese Elemente auch gestärkt werden. Wenn ich mir aber die konkreten Vorschläge anschaue, findet sich darin zu wenig von dieser sozialen Komponente. Wenn ich mir zwei vor kurzem in Europa veröffentlichte Studien ansehe – die eine über die Entlohnung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt und die andere über die Armut –, dann ist es ein Armutszeugnis für uns, dass wir wieder neue Armut in Europa haben und dass nach wie vor die Unterschiede bei der Entlohnung von Männern und Frauen so groß sind.

Die soziale Aufgabe ist also nicht erledigt, und wenn wir daher für den Binnenmarkt sind, dann muss auch die soziale Komponente mit berücksichtigt werden. Wenn wir in der letzten Zeit auf der linken wie der rechten Seite Wahlergebnisse hatten, die eigentlich aus dem sozialen Misstand und aus dem Gefühl heraus, dass das Soziale nicht berücksichtigt wird, eher wieder in eine engstirnige nationale Wirtschaftspolitik führen, und man glaubt, dass man so die Globalisierung meistern kann, dann hängt das auch damit zusammen, dass wir den Bürgern nicht genügend Signale in dem Sinne „Ja zum Binnenmarkt“, aber auch „Ja zum sozialen Europa“ gegeben haben. Das ist für uns ganz wichtig und hier wünschen wir, dass die Kommission noch mehr tut.

 
  
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  Silvana Koch-Mehrin, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Kommissarin! Bei der Diskussion zu Ihrem Papier waren wir in der Fraktion der Ansicht, dass die Kommission ihren Kurs gefunden hat, diesen Kurs mit großem Selbstbewusstsein vertritt, bei den politischen Arbeitsfeldern bleibt, die sie am Anfang ihrer Arbeit definiert hat, und sie in einer Form vorträgt, die den Eindruck erweckt, dass hier wirklich ein Überzeugungstäter am Werk ist. Das sagt schon der erste Satz des Arbeitsprogramms aus, wo Sie davon sprechen, dass die politischen Felder, in denen die Kommission aktiv werden sollte, auf breite Zustimmung stoßen würden. Das begrüßen wir! Wir begrüßen dieses Selbstbewusstsein und wir begrüßen auch, dass die Kommission einen klaren Kurs gefunden hat. Nur, unser Wunsch bleibt bestehen: Wir wollen mehr Führungsstärke. Und um bei dem Bild des Kurses zu bleiben: Wir möchten, dass Sie härter am Wind segeln und dabei auch schneller werden.

Das waren sozusagen ein paar Vorschusslorbeeren, aber in der Quintessenz sagen wir: Dieses Programm ist gut, es ist aber unserer Meinung nach für die Situation, in der sich Europa jetzt befindet, nicht gut genug. Vor allem fehlt uns ein klares Wort zur Zukunft von Europa. Dieser Zukunft von Europa widmen Sie in dem 24-seitigen Arbeitspapier ganze drei Zeilen, aber die Frage, wohin wir wollen, wie unser gemeinsames „Voranschreiten“ aussehen soll, wird nicht beantwortet, und in dieser Strategie für ein Arbeitsprogramm wird nicht einmal der Versuch einer Antwort unternommen.

Die Selbstverständlichkeit eines gemeinsamen Arbeitens für Europa ist nämlich nicht in dem Ausmaß vorhanden, wie in diesem Papier suggeriert wird. Die Akzeptanz ist auch bei den Bürgern – und das hat Herr Nassauer ja auch schon ausgeführt – leider nicht so vorhanden, wie wir uns das wünschen. Deswegen ist es wichtig, dass die Kommission hier Akzente setzt. Wir wollen die Kommission als Speerspitze der Bewegung, die klare Vorgaben fordert, wohin die europäische Zukunft eigentlich gehen soll.

Ihre Strategie ist, Ergebnisse zu liefern. Das finden wir gut! Ergebnisse sind prima, um festzustellen, in welchen Bereichen man tatsächlich sichtbar aktiv wird. Nur haben wir immer wieder das Problem, dass sich die nationalen Politiker – meist aus den Regierungen – Erfolge ans eigene Revers heften, während bei Misserfolgen oder unangenehmen Folgewirkungen Europa dafür herhalten muss. Das jüngste Beispiel sind die guten Ergebnisse des Rates. Zumindest in Deutschland ist es so, dass Frau Merkel diese Ergebnisse gutgeschrieben werden und die Vorarbeit, die die Kommission und das Europäische Parlament geleistet haben, gar nicht mehr wahrgenommen wird. Insofern ist die Strategie, Ergebnisse zu liefern, eine sehr ambivalente Strategie.

Außerdem gibt es bei all den begrüßenswerten Initiativen, die Sie vorstellen, einige, bei denen wir uns fragen: Wo ist eigentlich die Grundlage für Ihre Zufriedenheit? Zum Beispiel sprechen Sie von einem erneuerten Konsens, was die Erweiterung angeht. Den können wir nicht feststellen. Außerdem wollen Sie eine gemeinsame zentrale Datenbank für Fingerabdrücke. Auch dafür gibt es keinen Konsens. Dies erstaunt uns vor allem vor dem Hintergrund, dass Kommissionspräsident Barroso zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt hat, ein Champion der Bürgerrechte zu sein. Eine solche Datenbank ist das Gegenteil seiner Ankündigungen zu Beginn seiner Amtszeit.

Meine Kollegen werden sich noch weiter mit den einzelnen Politikbereichen befassen. Ich möchte noch einen grundsätzlichen strukturellen Punkt anführen, den wir auch in den vergangenen Diskussionen immer angesprochen haben. Wir wünschen uns im Sinne von mehr Bürgernähe und im Sinne einer einfacheren Handhabung dieses Dokuments, dass Sie genau aufzeigen, was genau Gesetzesinitiativen sind, was nichts mit Gesetzgebung zu tun hat, was neue Initiativen und was Folgemaßnahmen sind, damit man auch wirklich weiß, was man im kommenden Jahr an konkreten Schritten erwarten kann.

Wir möchten natürlich die Bürger beteiligen! Die Kommission setzt auf Kommunikation. Das finden wir richtig! Je interaktiver das sein kann, umso besser. Wenn Sie es schaffen, im Sinne einer größeren Sichtbarkeit der Politik der Ergebnisse diese Strategiedebatten nicht nur im Europäischen Parlament zu führen, sondern auch in den nationalen Parlamenten, dann wäre ein wichtiger Schritt getan zur Verdeutlichung dessen, woher eigentlich welche Politik im gemeinsamen Europa kommt.

 
  
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  Rebecca Harms, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Kommissarin! Ich möchte mich auch mit der Frage beschäftigen, wie Europa eigentlich zu seinen Bürgern zurückfinden will und dazu beispielhaft das Thema Klima- und Energiepolitik diskutieren. Ich glaube, dass es für die besondere Rolle und Aufgabe Europas selten so viel Aufmerksamkeit gegeben hat wie in den letzten Wochen, als sich alles auf die große Frage der Klimaschutzpolitik und der Energiepolitik, also auf das größte umweltpolitische Thema zugespitzt hat.

Ich bin mit dem Ergebnis des Gipfels erst einmal sehr zufrieden gewesen, denn auch wenn im Kleingedruckten noch vieles zu verhandeln ist, hat der Gipfel doch das geschafft, was die Bürger nach dieser Sensibilisierung durch Al Gore oder den Stern-Bericht erwartet haben.

Die Leistung des Gipfels bestand darin, den Bürgern den Eindruck zu vermitteln, dass wir einen Paradigmenwechsel einleiten, dass wir erneuerbare Energien aus einer Nische herausführen, und dass wir in Zukunft auch in ganz anderer Weise auf Energieeffizienz setzen als bisher. Es kommt jetzt ganz zentral darauf an, das, was wir an Erwartungen in Europa geweckt haben, auch zu erfüllen. Frau Kommissarin, gestatten Sie mir das zu sagen: Ich bin mir da noch nicht so sicher. Denn kaum hat Frau Merkel diesen Gipfelbeschluss verkündet und die Erfolge erklärt, da ging es doch in den Nationalstaaten und auch zum Teil in der Kommission schon wieder los. Da wurde das doch schon wieder grundsätzlich in Frage gestellt. Da hat sich gegen dieses fortschrittliche Trio aus Kommissar Piebalgs, Kommissar Dimas und Kommissarin Kroes wie eh und je Herr Verheugen gestellt. Ich bin mir auch nicht so sicher, ob Kommissar Barrot in der Lage sein wird, die Gipfelergebnisse richtig umzusetzen, und ich misstraue – das erkläre ich hier ausdrücklich – auch Kommissionspräsident Barroso und seiner angekündigten energiepolitischen Revolution.

Frau Kommissarin, Sie sind eigentlich die geeignete Person, an dieser Stelle auch dafür einzutreten, dass z. B. die Diskussion um die Europäische Verfassung eine bessere Zukunft bekommt, indem wir dafür sorgen, dass die großen Erwartungen, die wir als europäische Politiker in den letzten Monaten geweckt haben, nicht wieder enttäuscht werden. Die Verhandlungen um das Kleingedruckte unter der Gipfelerklärung fangen jetzt erst an, und ich sehe einige mächtige, einflussreiche Männer auf der europäischen Bühne, darunter Verheugen und auch Barroso, die trotz Chiracs Abgang in Frankreich so eine Art Old Boys Network aufbauen, das der Zukunftsfähigkeit dieser Gipfelbeschlüsse entgegensteht.

 
  
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  Sylvia-Yvonne Kaufmann, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Vizepräsidentin! Ganz offen gesagt, besonders überzeugend finde ich die Mitteilung der Kommission über die Strategieplanung für 2008 nicht. Warum? Zum einen gleicht sie einer Art Warenhauskatalog, insofern wird auch die Schwerpunktsetzung nicht ausreichend deutlich. Zum anderen gibt es sehr viele Punkte, die als so genannte Schlüsselaktionen hervorgehoben werden, aber sie sind sehr unkonkret und nichts sagend.

Ich will einmal einige Beispiele nennen: Initiative zur Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben, Gesetzesinitiativen zur Stärkung des Verbraucherschutzes, Weiterführung von Initiativen zur Umsetzung der EU-Meerespolitik — und so reiht sich eine Initiative an die andere, aber was konkret im Sinne von Verbraucherschutz gestärkt werden soll, was Sie da vorlegen wollen, kommt nicht vor. Also: Genaues erfährt man oft genug nicht.

Zur sozialen Lage in der Europäischen Union kündigen Sie eine — wie es hier heißt — Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit an, und Sie kündigen zugleich imaginäre Initiativen an, die Zugangschancen und Solidarität fördern sollen. Ich muss sagen, dass ich doch ziemlich verblüfft war, diese Feststellung hier zu lesen. Meinen Sie wirklich, dass Sie so Bürgerinnen und Bürger von der Europäischen Union und insbesondere von den Möglichkeiten Europas überzeugen können, Menschen ihre Zukunftsängste zu nehmen, wenn Sie hier in diesem Papier quasi eingestehen, die soziale Wirklichkeit in der Europäischen Union gar nicht zu kennen?

Meine Kollegen Nassauer und Swoboda haben diese Frage auch schon angesprochen. Ich glaube, dass Sie so die Bürgerinnen und Bürger nicht zurückgewinnen werden.

Noch ein Wort zur Thematik Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung, die als Kernstück der täglichen Arbeit der Kommission ausgewiesen wird. Bessere Rechtsetzung beginnt nicht nur damit, eine wesentlich präzisere Strategieplanung vorzulegen: Wichtig und unverzichtbar sind die Folgenabschätzungen, und es wird in der Tat interessant sein, über die Ergebnisse der externen Evaluierung des Folgenabschätzungssystems zu diskutieren. Hervorheben möchte ich jedoch, dass bessere Rechtsetzung nicht zwangsläufig Deregulierung bedeuten oder auf Minimalregulierung hinauslaufen darf.

Abschließend, Frau Vizepräsidentin, möchte ich noch die Frage stellen, was sich mit Blick auf die angekündigten Rücknahmen von Gesetzgebungsvorschlägen tut. In meinem Bericht hatte das Parlament verlangt, dass in den jährlichen Legislativ- und Arbeitsprogrammen der Kommission genau ausgewiesen wird, welche Gesetzgebungsvorschläge die Kommission zurückzuziehen gedenkt. Könnten Sie kurz ausführen, wie das für den weiteren Weg bis 2008 geplant ist?

 
  
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  John Whittaker, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Die Initiative zum Klimawandel ist an die Spitze der Tagesordnung gesetzt worden. Trotz ernster Zweifel am Umfang, in dem CO2 die globale Erwärmung verursacht, ist die EU entschlossen, die Welt zur Reduzierung der Emissionen zu führen. Doch abgesehen von der Kernkraft sind andere Energiequellen als fossile Brennstoffe immer noch weit davon entfernt, praktikabel zu sein. Das gilt insbesondere für erneuerbare Energien. Wir haben jetzt ein verbindliches Ziel von 20 % für erneuerbare Energien ohne eine richtige Bewertung der Verfahren zum Erreichen dieses ehrgeizigen Ziels oder zu seinen Kosten.

Erlauben Sie mir, eine Lektion aus dem Kindergarten der Wirtschaftswissenschaft anzuführen. Wenn man die Kosten einer Ressource erhöht, verteuert man die Waren und verringert die Wettbewerbsfähigkeit. Man erzählt uns, dass diese Initiative die Innovation im Bereich der Technologie der erneuerbaren Energien beleben und den Export verbessern wird. Doch stattdessen wird sie uns alle ärmer machen.

Ich vermute, diese plötzliche Besessenheit mit Kohlenstoffemissionen ist eine Ablenkung, ein Versuch, uns von all den anderen Projekten abzubringen, die enttäuschende Ergebnisse gebracht haben, wie die Lissabon-Strategie, die Einwanderungs- und Asylpolitik, die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, der Euro und etliche andere.

 
  
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  Frank Vanhecke, im Namen der ITS-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Die Art und Weise, auf die die Eurokratie wie eine Art aufgeklärter Despotismus – selbstverständlich immer zum Wohle des Volkes – den europäischen Völkern ihren Willen aufdrängt, versetzt mich eigentlich immer wieder in Erstaunen. Erst vor ein paar Wochen erklärte Kommissionspräsident Barroso – und selbst wenn ein Kommissionspräsident ein hoher Beamter sein mag, so ist er letzten Endes doch nur ein rein gewählter politischer Beamter – den Niederländern in ihrem eigenen Land, nun reiche es, und sie sollten diese europäische Verfassung akzeptieren, die übrigens trotz der Ablehnung und demokratischer Referenden in zwei Mitgliedstaaten und trotz der Tatsache, dass nicht eben wenige andere Mitgliedstaaten nicht einmal ein Referendum zu diesem Thema wagen, allmählich umgesetzt wird.

Das ist den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei nicht ganz unähnlich, denen jegliche demokratische Grundlage fehlt und die ebenfalls von europäischen Institutionen, die sehr weit von den Bürgern entfernt sind, übermäßig privilegierten Beamten sowie Staats- und Regierungschefs beschlossen wurden, die sich ganz bewusst weigern, selbst in einer derart grundlegenden Frage die Meinung der Bürger einzuholen.

Heute ist es nicht anders. Die Kommission kündigt in ihrer Strategieplanung 2008 Maßnahmen an, die eine neue Einwanderungswelle nach Europa auslösen sollen, obgleich die Bürger das genaue Gegenteil verlangen. Sie fordern von uns endlich wirksame Maßnahmen, die die Einwanderung aus nichteuropäischen Ländern einschränken oder am besten völlig stoppen, indem unsere Grenzen angemessen geschützt und die halblegalen Einwanderungskanäle wie die viel zu weit gehende Familienzusammenführung allmählich beseitigt werden.

In dem Kommissionsvorschlag wird der Eindruck vermittelt, als handele es sich um ein vorübergehendes Phänomen und die nichteuropäischen Zeitarbeitnehmer kehrten in relativ kurzer Zeit in ihre Herkunftsländer zurück. Das ist Lug und Trug. Die Realität hat uns gelehrt, dass diese Zeitarbeitnehmer nicht heimkehren, dass ihre Familienmitglieder eher früher als später nachkommen und dass anschließend keinerlei Maßnahme diese Menschen aus dem Land befördern wird. Und folglich werden der Gemeinschaft wieder einmal die Folgen dieser Kurzsichtigkeit wie Kampf der Kulturen, Ghettobildung, Kriminalität durch Entwurzelung und schließlich Zusammenbruch einer ganzen Gemeinschaft aufgehalst.

Ich wiederhole also, eine neuerliche Einwanderungswelle ist absolut verhängnisvoll. Stattdessen sollten wir uns daran machen und unsere europäischen Grenzen schützen, eine europäische Rückkehrpolitik für illegale Einwanderer und für Ausländer konzipieren, die sich krimineller Handlungen schuldig gemacht haben, und wir sollten von den Nichteuropäern, die sich rechtmäßig auf europäischem Boden aufhalten, die völlige Integration fordern.

In Brüssel, der Hauptstadt Europas, sind derzeit 40 % der Einwohner nichteuropäischer Herkunft auch in dritter Generation arbeitslos. Machen Sie mir also nicht weis, wir müssten noch mehr Arbeitslosigkeit importieren. Abschließend komme ich zum Wesentlichen. Das europäische Projekt stößt bei den Unionsbürgern wieder einmal auf enormes Misstrauen. Europa wird erst dann erneuten Enthusiasmus wecken, wenn es zu einer wahrhaften Demokratie wird und auf die Wünsche und Nöte seiner Völker und seiner Bürger hört.

 
  
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  Alessandro Battilocchio (NI). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Vorschlag enthält viele interessante Aspekte; doch aus Zeitgründen werde ich lediglich drei Punkte herausgreifen.

Erstens: Energiepolitik. Der Europäische Rat hat diesbezüglich wichtige Vorarbeiten geleistet, und ich hoffe, der Kommission gelingt es, diese Richtlinien in konkrete und wirksame Vorschläge zu verwandeln. Es ist der Einsatz aller gefordert, und ich ergreife die Gelegenheit, um hervorzuheben, dass die EU, die von den Mitgliedstaaten enorme Anstrengungen zur Erreichung der Ziele verlangt, mit gutem Beispiel vorangehen sollte: Mit einer einzigen Maßnahme, nämlich der Einsparung des Sitzes in Straßburg, ließen sich nicht nur die Verschwendung von Energie, Papier, Heizung, Beleuchtung sowie die monatlichen Reisekosten tausender von Personen für Auto, Zug und Flugzeug erheblich verringern, sondern würde auch ein starkes politisches Signal gegeben, das sicher positive Auswirkungen auf unsere Bürger hätte.

Zweitens: Lissabon. Die in diesem Jahr auf den Weg gebrachten Programme für lebenslanges Lernen sind gewiss wirksame Instrumente, doch gilt es, die Maßnahmen zur Verringerung der Schere zwischen Bildung und Eingliederung ins Erwerbsleben zu verringern, insbesondere für Jugendliche und Forscher, die andernfalls gezwungen sind, in nicht EU-Länder abzuwandern. Ebenso wichtig ist es, Anreize für die Mobilität von Jugendlichen, auch im Hinblick auf das informale Lernen, zu schaffen; die Familienpolitik zu fördern, um die demografische Herausforderung zu bewältigen, und den Zugang kleiner und mittlerer Unternehmen zu Krediten, auch durch Kleinstkreditprogramme, und zu Finanzmitteln der EU, insbesondere für Forschung und Innovation, zu verbessern.

Drittens: Mehrsprachigkeit. Ich hoffe, die Kommission erfüllt ihre Verpflichtungen – ich zitiere – zur „Förderung der Mehrsprachigkeit in der europäischen Gesellschaft, der Wirtschaft und innerhalb der Kommission selbst“, die sie mit ihrer Mitteilung vom November 2005 übernommen hat. Es ist nämlich nicht hinnehmbar, dass Dokumente, die für alle EU-Bürger bestimmt sind, wie Websites und vor allem Informationsdokumente – mit Ausnahme von Ausschreibungen –, die sich auf EU-Programme beziehen, nur in zwei oder drei Sprachen verfügbar sind, wodurch faktisch der Zugang vieler kleiner lokaler Gemeinschaften zu den finanziellen Mitteln der Europäischen Union eingeschränkt wird. Ein beredtes Beispiel dafür ist, dass die Unterlagen für die Beteiligung am Programm LINGUA zur Förderung der Mehrsprachigkeit in Englisch, Französisch und Deutsch vorliegen.

 
  
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  Salvador Garriga Polledo (PPE-DE).(ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Sie haben wunderbar und mit großem Enthusiasmus gesprochen und gute Absichten erklärt, aber wie üblich müssen wir zu den Realitäten zurückkehren, insbesondere wenn es um den Haushalt geht.

Frau Kommissarin! Das letzte Dokument, das dem Parlament über Haushaltsprioritäten vorliegt, wurde im Dezember des vergangenen Jahres präsentiert. Ich spreche von Entschließungen, die den laufenden Haushalt, den Haushalt für das Jahr 2007, begleiteten.

Unsere Frage ist, ob Sie die Auffassung vertreten, dass diese Entschließungen, die wir in diesem Haus mit überwältigender Mehrheit angenommen haben und die von Ihnen sehr wohlwollend aufgenommen wurden, in das Dokument der jährlichen Strategieplanung einbezogen wurden.

Uns scheint, sie sind es nicht, und das ist ein Problem, Frau Kommissarin, weil wir uns immer in derselben Situation befinden: Das Parlament erarbeitet eine Reihe von Leitlinien, die beim nächsten Haushaltsverfahren berücksichtigt werden sollen, Sie entwerfen Ihre politischen Prioritäten in diesem Dokument der jährlichen Strategieplanung, Sie fügen eine Haushaltskomponente hinzu, aber Sie nehmen keine Kenntnis oder zumindest keine ausreichende Kenntnis von all dem, was das Parlament für das vorangegangene Jahr gefordert hatte.

Dies geschieht Jahr für Jahr. Wir haben noch immer kein perfektes Gleichgewicht zwischen den Haushaltsverfahren und dem Gesetzgebungsprogramm der Europäischen Kommission gefunden und deshalb arbeiten unsere beiden Institutionen häufig parallel, doch es ist uns noch nicht gelungen, unsere Systeme in Einklang zu bringen.

Sie treiben ein Spiel mit dem Zeitplan. Sie erarbeiten politische Prioritäten, aber wie der Berichterstatter für den Haushalt dieses Jahres, Herr Virrankoski, sagte, hat das Parlament bis jetzt keinen Hinweis darauf, welches die politischen Prioritäten der Europäischen Kommission für dieses Jahr sein werden, und das bedeutet, dass wir bei der Ausarbeitung des Haushalts erneut vor der Situation stehen werden, dass die Haushaltsprioritäten dieses Parlaments nicht mit den von der Europäischen Kommission entworfenen politischen Prioritäten übereinstimmen.

Dies finden wir zum Beispiel im Rahmen der finanziellen Auswirkungen. Sie wollen diese politischen Prioritäten über bestimmte Haushaltslinien finanzieren, die erhöht werden, und andere Rubriken, die verringert werden; Sie verlangen von uns 890 neue Arbeitsplätze in der Kommission, obwohl Sie hoffen, die meisten davon mithilfe interner Umstellungen zu schaffen; darüber hinaus wollen Sie Neuregelungen bei den Exekutivagenturen vornehmen. Frau Kommissarin, wie in jedem Jahr, spüren wir eine gewisse Verwirrung und hoffen, dass wir während des diesjährigen Haushaltsverfahrens zu Vereinbarungen kommen können, die keine großen haushaltspolitischen Spannungen mit dem Rat noch insbesondere mit Ihnen verursachen.

 
  
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  Jan Andersson (PSE).(SV) Herr Präsident! Frau Kommissarin! Ich möchte zunächst, wie viele meiner Vorredner, meine Befriedigung darüber zum Ausdruck bringen, dass die Klima- und die Energiepolitik jetzt so weit oben auf der Tagesordnung der Kommission stehen. Auch ich erachte die Ergebnisse des Gipfels als zufrieden stellend und begrüße auch die Konzentration auf Wachstum und Beschäftigung. Lassen Sie mich an die für nächstes Jahr vorgesehene umfassende Überprüfung der Grundzüge der Wirtschaftspolitik und der Leitlinien der Beschäftigungspolitik erinnern. Das ist sehr bedeutsam, und das Parlament hat mehrfach darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass das Europäische Parlament dabei ordnungsgemäß angehört wird und genügend Zeit erhält, seine Vorschläge einzubringen.

Jetzt möchte ich mich dem u. a. von Herrn Swoboda angeschnittenen Thema zuwenden. Ich glaube, es war Jacques Delors, der einmal gesagt hat, dass niemand den Binnenmarkt liebt. Darum muss er durch eine vernünftige soziale Dimension ergänzt und ausgeglichen werden. Die Kommission redet sehr viel über die soziale Dimension, bringt aber nicht viel zustande, denn es gibt nur wenige Vorschläge auf sozialem Gebiet.

Lassen Sie mich dennoch die positiven Aspekte aufgreifen. Positiv ist, dass die Kommission jetzt auch die Frage der Diskriminierung außerhalb des Arbeitsmarkts anschneidet, beispielsweise von Menschen mit Behinderungen und anderen Gruppen. Ferner greift die Kommission die Sozialdienstleistungen auf und versucht, ihre Besonderheiten zu verdeutlichen. Wir hatten dazu gestern eine Aussprache aufgrund eines Berichts, und ich persönlich hoffe, eine sektorale Richtlinie wird hier Klarheit schaffen. Im Übrigen geht es um Erhebungen zur sozialen Lage und zum Funktionieren des Arbeitsrechts. Es gibt alle möglichen Untersuchungen, aber nur wenige konkrete Vorschläge. Lassen Sie mich zwei Vorschläge für Bereiche anführen, in denen meiner Ansicht nach praktische Initiativen ergriffen werden könnten.

Ganz Europa ist von Umstrukturierungen gekennzeichnet. Alte Arbeitsplätze verschwinden, neue entstehen. Die Informations- und Konsultationsinstrumente, über die wir verfügen, beispielsweise der Europäische Betriebsrat und die Richtlinie über die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer, funktionieren nicht zufrieden stellend. Arbeitnehmer verlieren ihre Arbeit, ohne vernünftig darüber informiert worden zu sein und ohne an dem Prozess beteiligt zu werden. Es ist an der Zeit, dass die Kommission die Initiative ergreift, um die vorhandenen Richtlinien zu überprüfen und sicherzustellen, dass sie wie beabsichtigt wirken.

Das zweite Gebiet sind Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Mit den rund 50 vorhandenen Richtlinien hat Europa im Laufe der Zeit große Fortschritte auf diesem Gebiet gemacht. Es gibt heutzutage sehr viel weniger Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Todesfälle. Allerdings sind im Zuge des veränderten Arbeitsmarkts neue Probleme in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz entstanden. Dazu gehören Stress, Burn-out-Syndrom und Mobbing. Hier glänzen Initiativen seitens der Kommission mit Abwesenheit. Mein Rat an die Kommission lautet, nicht nur über die soziale Dimension zu reden, sondern auch etwas zu unternehmen, wenn es z. B. um Unterrichtung und Anhörung von Arbeitnehmern und andere Themen im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz geht.

(Beifall)

 
  
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  István Szent-Iványi (ALDE).(HU) Die außenpolitischen Ambitionen der Europäischen Union sind beeindruckend. Leider bleiben die dafür zur Verfügung stehenden Gelder hinter diesen Ambitionen zurück. Noch schlimmer ist, dass die Aufteilung der begrenzten Ressourcen nicht unsere Prioritäten widerspiegelt.

Wir erwarten, dass der Haushalt 2008 den Erweiterungsprozess und die erfolgreiche Vorbereitung von Kandidatenländern und potenziellen Kandidatenländern wirksamer unterstützen wird als frühere Haushalte. Die bereits laufenden Beitrittsverhandlungen müssen fortgesetzt und auf der Grundlage der jeweiligen Leistungen dieser Länder geführt werden. Wir begrüßen die Tatsache, dass das Dokument der Suche nach einer Lösung für das Kosovo Vorrang einräumt. Es ist an der Zeit, entschlossene Schritte einzuleiten, um ein Gleichgewicht zwischen der östlichen und der südlichen Dimension unserer Nachbarschaftspolitik herzustellen. Unter diesem Gesichtspunkt ist es ein gutes Zeichen, dass die Strategie auch in Bezug auf die südlichen, östlichen und kaukasischen Länder mehrere neue Initiativen umfasst. Uns ist klar, dass das ein Schritt nach vorn ist.

Wünschenswert ist, dass sich die Europäische Union in ihrer Unterstützungspolitik von den Grundsätzen der Förderung von Demokratie und Menschenrechten leiten lässt, über die nicht nur geredet, sondern die auch systematisch in die Praxis umgesetzt werden sollte. Das ist bisher leider nicht der Fall gewesen.

Das Dokument befasst sich auch eingehend mit der Energiepolitik, und die diesbezüglichen Ausführungen können wir uneingeschränkt unterstützen. Wir bedauern jedoch, dass die inhaltlichen und institutionellen Anforderungen der außenpolitischen Komponente der Energiepolitik nicht in dem Dokument enthalten sind. Wir müssen dieser Angelegenheit größte Aufmerksamkeit widmen, denn sie zählt zu den wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit. Wir müssen die wenigen uns zur Verfügung stehenden Mittel effektiv und sichtbar für die Schwerpunktaufgaben einsetzen.

 
  
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  Ryszard Czarnecki (UEN). – (PL) Herr Präsident! Papier ist sehr geduldig. Man kann getrost alles aufschreiben, viel schwieriger ist es dann, das Geschriebene auch umzusetzen. So würde ich die jüngsten Erklärungen der Kommission im Wesentlichen beschreiben. Sie dienen einem noblen Zweck, schaffen aber bisweilen eine virtuelle Realität.

In dem Dokument über die Jährliche Strategieplanung der Union für 2008 beispielsweise wird gleich zu Beginn die Initiative zur Errichtung eines Europäischen Technologieinstituts erwähnt. Ein paar Seiten weiter heißt es, dass dieses Institut tatsächlich errichtet werden soll, allerdings frühestens im Jahr 2009. Ich habe mir mehrere Dutzend vorrangige Maßnahmen der Kommission für das kommende Jahr sehr aufmerksam durchgelesen. Wir müssen uns über eines im Klaren sein: Wenn alles eine Priorität ist, verliert der Begriff Priorität seine Bedeutung.

Mit Blick auf die Außenpolitik wird von Fortschritten des Westbalkans in Bezug auf die künftige Mitgliedschaft in der Union gesprochen. Tatsächlich aber hängt der Beitritt dieser Balkanländer von der institutionellen Reform der Union ab, was sie zu Schachfiguren in unseren Debatten innerhalb der Union macht. Hier zeigt sich einmal mehr die Kluft zwischen den abgegebenen Erklärungen und der Realität. Ich stimme meinem Vorredner dahingehend zu, dass den Ländern des Südkaukasus und ihrem Fortschritt auf dem Weg zu einer künftigen Mitgliedschaft in der Europäischen Union in diesem Dokument mehr Bedeutung eingeräumt werden sollte.

 
  
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  Ingeborg Gräßle (PPE-DE). – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Kommissarin! Im Europa der 27 gibt es nur wenige Politikbetriebe, die vorgeben, so transparent und mit Plan zu arbeiten, wie die EU selbst. Wenn man nun in diese Arbeitsprogramme hineinschaut, auch in das von 2008, dann bleibt einem nur ein langes Gesicht. Wir lesen auch für 2008 die rituelle Ankündigung von better regulation, aber Programme leben von der Umsetzung und nicht von der Ankündigung.

Aus der Sicht der Haushaltskontrolle wird auch 2008 ein enttäuschendes Jahr. Wir vermissen Managementmaßnahmen und Konzepte, wie die Kommission das 2005 abgegebene Versprechen von Kommissar Kallas umzusetzen gedenkt, bis 2009 vom Europäischen Rechnungshof eine uneingeschränkte Zuverlässigkeitserklärung für den EU-Haushalt zu erhalten. Ich darf an die Fehlerquote in den Strukturfonds von 44% erinnern, die jetzt wieder für den Haushalt 2005 festgestellt wurde. Dieses Versprechen hat immerhin der Kommissionspräsident bekräftigt. Wir hätten erwartet, dass die Kommission zumindest für ihren eigenen Bereich des direkten Managements sich an dieses Versprechen erinnert und die erforderlichen Schritte einleitet.

2008 ist das letzte Jahr, in dem die Kommission etwas bewegen kann. Es ist übrigens das erste Jahr, in dem die Empfänger von EU-Subventionen offen gelegt werden müssen. Über diesen Meilenstein der EU-Förderpolitik hätten wir auch zwingend einen Satz erwartet. Oder bedeutet das Schweigen, dass eine solche Offenlegung nicht stattfindet? Denn bisher gibt es keine einzige Vorlage, keine einzige Zeile darüber, wie die Veröffentlichungspflicht von den Mitgliedstaaten und den einzelnen EU-Fonds umgesetzt werden soll. Und es gibt auch keinerlei Vorstellung, was dann mit diesen Informationen geschehen soll. Wir müssen uns Gedanken machen, die Kommission muss sich Gedanken machen über die Auswertung und die Konsequenzen aus diesen Informationen für die einzelnen Politikbereiche.

Unter dem Strich ist das Arbeitsprogramm 2008 für uns ein enttäuschendes Dokument, mit dem die Kommission weit hinter ihren eigenen Ankündigungen zurückbleibt.

 
  
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  Catherine Guy-Quint (PSE).(FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte der Kommission für dieses Dokument danken, das sie rechtzeitig zu Beginn unseres Haushaltsverfahrens vorgelegt hat. Es liegt genau auf der Linie unserer Prioritäten, wie der Strategie von Lissabon, der Bekämpfung des Klimawandels und seiner Folgen sowie der juristischen Zusammenarbeit, ohne jedoch etwas zur Bedeutung der sozialen Komponente und des sozialen Zusammenhalts für die Zukunft der Union zu sagen.

Ihre Prioritäten sind notwendig, um der Union zu ermöglichen, dass sie die Herausforderungen der Globalisierung besteht. Trotzdem wirft für mich die Tatsache Fragen auf, dass weder die Finanzielle Vorausschau noch die gemeinsam beschlossen Programme uns viel Spielraum lassen.

Genauer gesagt geraten, wenn man den Spielraum unverändert bei 70 Millionen Euro lässt, wenn man neue Prioritäten hinsichtlich Frontex und Eurojust ankündigt und drei neue Verkehrsagenturen schafft, einige Politiken ins Hintertreffen; ich denke dabei an das siebte Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung, bei dem es Startschwierigkeiten geben könnte; ich denke an das transeuropäische Verkehrsnetz, dessen Finanzierung ein grundlegendes Erfordernis ist; ich denke an die Felder der Sozialpolitik, die noch nicht genügend entwickelt sind; ich denke an das CIP als ein wesentliches Instrument der Lissabon-Strategie.

Man darf die Mittelbindungen für diese bereits vernachlässigten Politiken nicht kürzen. Es geht um europäisches Wachstum, aber auch um unsere Ziele in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung, Solidarität.

Hinsichtlich der Politiken der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist die Spanne von 32 Millionen Euro sehr eng. Die Verstärkung der Ausstattung für die Politiken in Zusammenhang mit Frontex und Eurojust wird zwangsläufig die Mittel verringern, die ursprünglich für andere wesentliche Programme vorgesehen waren, wie die Integration von Zuwanderern aus Drittländern, eine wirklich ambitionierte Politik gegenüber Flüchtlingen oder die Verteidigung der Grundrechte.

Die Europäische Kommission räumt ein, dass diese Programme noch nicht richtig in Fahrt sind. Warum hat man dann ihre Umsetzung nicht beschleunigt?

Zu den Agrarfragen schließe ich mich meinen Kollegen vom Landwirtschaftsausschuss dahin gehend an, dass ich ernste Zweifel bezüglich einer einzigen GMO für alle Bereiche der Landwirtschaft habe. Dies könnte zur Folge haben, dass die Spezifik bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugungen nicht genügend Beachtung findet.

Da der Umfang des Projekts Gesundheitsbilanz noch nicht bekannt ist und in den Vorschlägen der Kommission nicht im Einzelnen aufgeführt ist, bitte ich Sie um Klarstellungen zu dieser Frage. Die jüngsten Erklärungen des für Landwirtschaft zuständigen Kommissars stehen im Widerspruch zu dem, was Sie niedergelegt haben.

Was die Aktivitäten der Union betrifft, legen wir Wert darauf, dass alle erklärten Prioritäten auch eingehalten werden. Wir können es nicht akzeptieren, dass unsere Prioritäten in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Förderung zugunsten der Energie vernachlässigt werden.

Schließlich wundere ich mich, dass der Hinweis auf die ab 2008 vorgesehene Revision so kurz ausfällt, was mich veranlasst, mich direkt an die Kommission zu wenden: Ist die Revision der Finanziellen Vorausschau ein Tabuthema?

Ich habe bereits gesagt, dass ich neugierig darauf bin, wie hoch die Schätzung der Mehrkosten für die Initiative Bessere Rechtsetzung ausfällt. Könnten Sie uns die so lange erwarteten Schätzwerte nennen?

Schließlich würde ich mir wünschen, dass in diesem Jahr die Kommunikation in den Vordergrund gestellt wird. Davon ist in diesem Text zwar die Rede, aber man müsste die diesbezüglichen Maßnahmen der Kommission neu ausrichten. Das demokratische Europa tritt auf der Stelle, die Bürger wenden sich ab, und unsere Texte werden immer ambitionierter. Wir sind weit davon entfernt, unsere Träume zu realisieren.

 
  
  

VORSITZ: Gérard ONESTA
Vizepräsident

 
  
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  Andrew Duff (ALDE).(EN) Herr Präsident! Die Barroso-Kommission hat jetzt ihre Reisegeschwindigkeit erreicht, und die aussichtsreichere Strategie, die uns hier vorliegt, sollte in den nationalen Parlamenten und Parteien umfassend geprüft und diskutiert werden. Sie ist ein hervorragendes Instrument, um eine nationale Debatte über die EU-Dimension sowohl zu bereichern als auch anzuregen, und die Kommissionsmitglieder sollten ausgesandt werden, um dafür zu werben.

Die Strategie ist klugerweise zurückhaltend, wenn es um die Rettung der Verfassung geht, aber die dort vorgesehene Arbeit zur Überprüfung der Wirtschafts- und Währungsunion und der sozialen Dimension des Binnenmarktes dürfte die Kommission auf die Regierungskonferenz vorbereiten, mit der wir fest für das zweite Halbjahr 2007 rechnen. So sollte also auch die Überprüfung des Finanzsystems vorangetrieben werden, um die Suche nach einer Lösung für die Verfassungskrise zu unterstützen. Verfügbares Geld kann der Regierungskonferenz helfen, und eine Reform der Ausgabenseite der Finanzen kann nicht vernünftig in Angriff genommen werden, wenn keine systematische Überprüfung der gemeinsamen Politikmaßnahmen stattfindet.

 
  
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  Brian Crowley (UEN).(EN) Herr Präsident! Zuerst einmal bitte ich um Entschuldigung, dass ich nicht eher hier war. Ich hatte eine Reifenpanne, und leider gibt es nicht genug heiße Luft in Straßburg, um die Dinge am Laufen zu halten!

A Uachtaráin, a Leas-Uachtaráin, ní mór don Choimisiún Eorpach cur chuige straitéiseach a chleachtadh agus é i mbun polasaí polaitiúil a chruthú. Beidh aire ardaithe ar bharr an chláir oibre feasta. Glacann rialtaisí an Aontais Eorpaigh le moltaí an Choimisiúin ar an ábhar seo. Is faoin gCoimisiún é anois, áfach, moltaí reachtúla a chruthú, a chinnfidh go dtiocfaidh laghdú 20% ar sceitheadh C02 faoin mbliain 2020. Táim lánchinnte go dtabharfaidh Parlaimint na hEorpa tacaíocht iomlán don phlean polaitiúil seo.

(EN) Außer den von mir eben genannten Aspekten in Verbindung mit dem Klimawandel gibt es drei weitere Schlüsselbereiche, denen sich die Kommission im kommenden Jahr zuwenden und ihre Aufmerksamkeit widmen muss. Dies sind erstens die Fragen der Umsetzung der Lissabon-Agenda und insbesondere von Investitionen in Forschung und Entwicklung – 3 % des BIP –, wobei Innovationsbereiche geprüft und die neuen Technologien gefördert werden, die für Europa in der Zukunft die besten Beschäftigungsmöglichkeiten bieten.

Zweitens ist da das Problem, wieder einen Draht zu unseren jungen Menschen in Europa zu finden. Viel zu lange haben wir über unsere jungen Bürger in Europa als wunderbaren Reichtum und Ressource gesprochen. Doch außer dem Programm ERASMUS und einem oder zwei anderen kleineren Bildungsprogrammen scheint der eigentliche Ursprungsgedanke der Aktionspläne „Jugend für Europa“ in Vergessenheit und ins Abseits geraten zu sein. Wie ich sagte, ist dies auch eine gewaltige Ressource, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch für die Entwicklung, um zu gewährleisten, dass wir für künftige Generationen ein richtiges und wunderbares künftiges Europa verwirklichen können.

Drittens ist die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ein Schlüsselelement, eines, bei dem sich Europa auf der Weltbühne Geltung verschaffen muss, und doch scheint es da Schwierigkeiten mit der Haushalts- und Zukunftsplanung darüber zu geben, was man dort tun kann.

Frau Kommissarin, ich weiß, Sie stehen im Moment vor einem gewaltigen Berg Arbeit und es gibt noch andere Schwierigkeiten auf institutioneller Ebene, aber wenn wir nicht erkennbar im Namen unserer Bürger handeln und für unsere Bürger etwas erreichen, dann wird all die Bürokratie nichts nützen.

Meine Schlussbemerkung lautet, dass wir den bürokratischen Aufwand senken und den Unternehmen ihre Tätigkeit erleichtern sollten. Bessere Rechtsetzung und weniger Rechtsetzung könnten ein Weg sein, um einige dieser Zielsetzungen zu verwirklichen.

 
  
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  Malcolm Harbour (PPE-DE).(EN) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Ich habe wohl an allen kürzlich stattgefundenen Aussprachen über die Strategieplanung teilgenommen, und ich hatte und habe Grund, sie zu kritisieren.

Heute Morgen möchte ich begrüßen, dass Sie uns so frühzeitig über den Stand der Strategieplanung ins Bild setzen. Ich stimme Ihnen zu, dass es wichtig ist, unseren politischen Dialog auszubauen. Sie haben, glaube ich, gesagt, dass Sie einen offenen und produktiven Dialog wollen, also hoffe ich, dass Sie meine Anmerkungen in diesem Sinne annehmen.

Frau Kommissarin, eines der Hauptprobleme, die ich bei diesem Dokument – wie auch bei den früheren – habe, und ich hoffe, wenn das jetzt diskutiert wird, dann veranlasst Sie das etwas zu unternehmen –, ist, dass das Augenmerk und die Ressourcen Ihrer Arbeit meines Erachtens auch auf die Konsolidierung und Umsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften gerichtet sein müssen. Bei einer Strategieplanung geht es doch nicht nur um neue Initiativen. Wir wollen, dass Sie die Reife besitzen uns zu sagen, was Sie tun, um die bestehenden Vorschriften und Regeln umzusetzen. Bei meinem speziellen Interessengebiet, dem Binnenmarkt, sprechen Sie zu Recht davon, den Bürgern und insbesondere den KMU zu ermöglichen, von diesem Markt zu profitieren. Ich würde sagen, dass das mit Abstand Wichtigste, was Sie 2008 tun können, darin besteht sicherzustellen, dass die Richtlinie zum Binnenmarkt für Dienstleistungen von allen Mitgliedstaaten ordnungsgemäß umgesetzt wird. Das wäre wichtiger als jede andere Initiative, die Sie vielleicht ergreifen wollen. Das will ich in Ihrer Strategie sehen, wenn der Vorschlag auf den Tisch kommt.

Noch kurz zwei andere Dinge: Ich bin überrascht, dass es im Bereich der wissensbasierten Gesellschaft und Informationstechnologie offenbar überhaupt keine Politikinitiativen gibt, obwohl doch ein umfassendes und wichtiges Arbeitsprogramm in Arbeit ist. Vielleicht sollten Sie das also einmal prüfen. Ich glaube nicht, dass die Initiativen in diesem Bereich ausgegangen sind.

Abschließend zum Thema bessere Rechtsetzung, das von einigen meiner Kolleginnen und Kollegen angesprochen wurde, da hat es doch keinerlei Sinn, wenn die Kommission diese ausgezeichneten Initiativen fortsetzt, wenn niemand etwas darüber weiß. Warum steht das nicht auf Ihrer Liste der Mitteilungen? Unsere Bürger müssen doch wissen, was vor sich geht, sie müssen in den Ablauf eingebunden werden, wenn wir dessen Folgen abschätzen wollen. Bitte setzten Sie das also auf Ihre Prioritätenliste der Mitteilungen.

 
  
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  Margrietus van den Berg (PSE).(NL) Herr Swoboda, Herr Andersson und Frau Guy-Quint haben ein Plädoyer für mehr Initiativen auf dem Gebiet eines sozialen Europas gehalten, denn genau das vermissen sie in diesen Vorschlägen. Ich möchte noch einen Schritt weiter gehen und sagen, dass Europa nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb Europas sozialer sein sollte. Europa als Weltpartner – dann wird offenkundig, wie sehr bei einigen der Themen des Arbeitsprogramms 2008 der Aspekt Entwicklung und die Kohärenz mit der Entwicklungszusammenarbeit fehlen.

Ich möchte in dieser Hinsicht die Bereiche Landwirtschaft, Überarbeitung der europäischen Rahmengesetzgebung für pharmazeutische Unternehmen und die Meerespolitik erwähnen. Als allgemeines Ziel in dem europäischen Konsens über Entwicklung haben wir dieses Jahr wieder einmal das Zurückdrängen der Armut in Afrika und die Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele festgelegt. Aber eigentlich laufen die Dinge, was die Millenniumsentwicklungsziele für Afrika betrifft, in die falsche Richtung.

Und was macht die Kommission jetzt? Im zehnten Europäischen Entwicklungsfonds, der derzeit vorbereitet wird und auf den die Hälfte sämtlicher Entwicklungsmittel entfallen, werden lediglich 2 % für Bildung und 2,5 % für Gesundheitsversorgung bereitgestellt. Das steht selbstverständlich im krassen Gegensatz zu dem Anspruch dieses Arbeitsprogramms.

Zweitens, heute erörtern Kommissar Mandelson und andere mit Ministern aus Entwicklungsländern und den EU-Ministern für Entwicklungszusammenarbeit Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, was ein weites Feld ist. Im Grunde haben unsere Kollegen in den Entwicklungsländern das Gefühl, dass wir ihre Märkte aufbrechen, anstatt ihre Entwicklung in den Mittelpunkt unserer Politik zu rücken. Eine weitere Widersprüchlichkeit.

Ich komme zur Agrarpolitik und möchte Ihnen ein Beispiel aus der Fischerei geben. Für die Seychellen ist Fisch, hauptsächlich Schwertfisch, ein wichtiges Produkt, das für unsere Märkte bestimmt ist. Wir wiederum bauen ein nichttarifäres Handelshemmnis in Form der Forderung eines sehr niedrigen Cadmiumgehalts auf. Während wir für unsere Hühner und Schweine einen weitaus höheren Cadmiumgehalt zulassen, verbieten wir Schwertfisch von den Seychellen mit niedrigem Cadmiumgehalt. Derartigen Ungereimtheiten in zahlreichen Politikbereichen müssen wir uns in diesem Programm 2008 zuwenden.

 
  
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  Sophia in 't Veld (ALDE).(EN) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Präsident Barroso spricht immer von einem Europa der Ergebnisse. Ich mag diese Formulierung, muss aber leider zu dem Schluss kommen, dass die Europäische Kommission im Bereich der Grundrechte ihre Versprechungen nicht einhält.

Ich erinnere Sie noch einmal daran, dass Herr Barroso im Jahre 2004 erst grünes Licht für seine Kommission erhalten hat, nachdem er feierlich gelobt hatte, sie werde sich für die Grundrechte einsetzen. Leider kommt das in diesem Dokument nicht zum Ausdruck, und es kommt auch in den Maßnahmen der Kommission in den letzten zweieinhalb Jahren nicht zum Ausdruck. In diesem Bereich ist die Kommission zaghaft und zögerlich. Sie sollten die Grundrechte nicht nur schützen, sondern auch fördern.

In diesem Dokument fallen mir zwei Dinge auf. Erstens herrscht ein Ungleichgewicht zwischen Ihren Vorschlägen zur Terrorismusbekämpfung und Ihren Vorschlägen zum Schutz der Privatsphäre und der bürgerlichen Freiheiten. Dort besteht ein ausgesprochenes Ungleichgewicht. Wir müssen den Datenschutz dringend dem dritten Pfeiler zuordnen, und ich wünschte, die Kommission würde dies mit mehr Nachdruck verfolgen. Auch wenn keine Einigkeit mit dem Rat besteht, muss die Kommission doch politische Führungsstärke zeigen. Warten Sie nicht auf den Rat! Lassen Sie den Rat erklären, warum er nicht zustimmen kann, dass der Datenschutz dem dritten Pfeiler zugeordnet wird. Sie sollten eindeutig klarstellen, wo Sie stehen.

Das gilt auch für die so genannte horizontale Richtlinie, die dieses Parlament wiederholt gefordert hat, mit der Diskriminierung aus allen Gründen und überall, nicht nur am Arbeitsplatz, verboten wird. Deshalb begrüßen wir die Initiative zur Bekämpfung von Diskriminierungen außerhalb des Arbeitsmarktes. Ich glaube aber, in Wirklichkeit reden wir hier nur über eine Konsultation.

Frau Kommissarin, zeigen Sie doch mehr Mut! Zeigen Sie mehr aufrichtiges und persönliches Engagement für die Durchsetzung von Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Diskriminierung. Zeigen Sie mehr Führungsstärke und warten Sie nicht auf den Rat.

Ich habe auch einen ganz praktischen Vorschlag, den Sie nicht einmal in Ihr strategisches Programm aufnehmen müssen. Vor dem Hintergrund des Jahres 2007 als Jahr der Chancengleichheit möchte ich Kommissar Barroso bitten, einen persönlichen Chat mit europäischen Bürgern zum Thema Diskriminierung und Grundrechte abzuhalten. Ich bitte die Frau Kommissarin, mir zu sagen, ob sie diese Bitte bzw. diesen Vorschlag an Herrn Barroso weiterleiten und sehen wird, ob er dazu bereit ist, denn das wäre ein Zeichen für sein persönliches Engagement für die Grundrechte.

 
  
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  Jan Tadeusz Masiel (UEN). – (PL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Ich danke Ihnen, dass Sie die Jährliche Strategieplanung für 2008 vorgestellt haben.

Was die von der Frau Kommissarin genannten Prioritäten anbelangt, so möchte ich unsere Verpflichtung zum Umweltschutz und insbesondere zur Bekämpfung des Klimawandels, die Notwendigkeit einer gemeinsamen Energiepolitik, die Umsetzung der Sozialagenda und die Frage der Erweiterung unterstreichen.

Wir stehen vor großen Aufgaben, die wir so erfüllen müssen, dass der Zusammenhalt zwischen den Mitgliedstaaten gestärkt wird und die Bürger wieder mehr Vertrauen in die Union haben. Im Hinblick auf unsere Beziehungen zu Russland hat die Union im vergangenen Jahr gezeigt, dass sie Solidarität mit ihren Mitgliedstaaten üben kann. Diese politische Entwicklung müssen wir unterstützen.

Wenn wir hohe Umweltstandards fördern, gewinnen wir Respekt und stärken wir unsere Position auf der Weltbühne.

In Anbetracht der jüngsten Erweiterungen und der Ergebnisse der Referenden in Frankreich und den Niederlanden sollten wir unsere Anstrengungen wohl mehr auf die Festigung der Union als auf eine nochmalige Erweiterung richten. Einzig der Beitritt Kroatiens dürfte hier gegenwärtig Vorrang haben.

Wir müssen greifbare Ergebnisse für unsere Bürger erzielen, von denen so viele noch immer ohne Arbeit sind und ihre rechtmäßigen Entwicklungschancen nicht wahrnehmen können.

 
  
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  Alexander Radwan (PPE-DE). – Herr Präsident, Frau Kommissarin! Regelmäßig wird darüber gesprochen – so auch in Ihren Ausführungen –, dass Europa sich auf das Wesentliche konzentrieren sollte und wir Europa den Bürgern näher bringen wollen. Letztendlich werden wir in Europa – insbesondere natürlich die Kommission – daran gemessen, inwieweit den Worten Taten folgen. Ich nehme den Bereich des Bürokratieabbaus heraus. Dies ist ja die große Überschrift der Kommission. Wenn ich mir die letzten Wochen anschaue, sehe ich eine neue Strategie der Kommission zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, vorgestellt für die nächsten fünf Jahre, insbesondere mit Blick auf den Mittelstand, bei der der Mittelstand herausgearbeitet wird als derjenige, bei dem am meisten vorfällt, und der sicherlich demnächst mit entsprechenden Vorgaben zu rechnen hat.

Ich nenne den Verbraucherschutz. Da gibt es jetzt ein Grünbuch, in dem entsprechende Vorgaben gemacht werden. Ich finde es gut, dass die Kommission darüber nachdenkt, wo überflüssige Bürokratie abgebaut werden kann. Frau Kommissarin, der beste Bürokratieabbau beginnt damit, dass man erst keine neue Bürokratie schafft. Da hat die Kommission in den letzten Jahren schlicht und ergreifend versagt: Sie hat immer wieder neue Legislativvorschläge präsentiert.

Auf der anderen Seite – und es ist erstaunlich, in welch resistenter Form die Kommission die Worte aus dem Parlament ignoriert – geben wir vor, was Versicherungsvermittler künftig alles zu dokumentieren haben, wenn sie mit dem Verbraucher über entsprechende Produkte verhandeln. Wenn aber nur die Anregung kommt, dass man sich einmal mit dem Thema Hedgefonds auseinandersetzen sollte, ohne nach einer Regulierung zu rufen – die Europäische Zentralbank unter Jean-Claude Trichet hier im Parlament und die Zentralbanken in der Welt sind regelmäßig dabei, die Risiken entsprechend anzusprechen –, dazu erscheint in Ihrem Plan für 2008 nichts. Ihr Kollege McCreevy unternimmt nichts dort, wo wirkliche Risiken sind. Das erweckt den Eindruck einer Arbeitsverweigerung. Wir fordern keine Regulierung, sondern einfach einmal eine Analyse der Dinge. Darüber steht nichts in dem Strategiepapier, auf dem Gebiet wird nichts getan; das ist schon erstaunlich. Es erinnert mich unwahrscheinlich an eine Klientelpolitik für bestimmte Regionen in der Welt.

 
  
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  Genowefa Grabowska (PSE). – (PL) Herr Präsident! Frau Kommissarin, ich war erfreut, von Ihnen zu hören, dass die Europäische Kommission den Wunsch hat, mit dem Europäischen Parlament zusammenzuarbeiten. Selbstverständlich dürfen die Strategie und die Arbeit der Kommission nicht losgelöst von den Bedürfnissen und Erwartungen der Bürger der Europäischen Union betrachtet werden.

Deshalb möchte ich auf eine der Prioritäten der Kommission eingehen, die Sie, Frau Kommissarin, in Ihrer Präsentation so nachdrücklich unterstrichen haben, nämlich die Solidarität. Dabei geht es mir nicht um die wirtschaftliche, sondern um die gesellschaftliche Solidarität. Ich begrüße die Erklärungen der Kommission, die diese Form der Solidarität einschließen. Hierzu zählen eine Politik der Chancengleichheit, die Verhinderung von Diskriminierung außerhalb des Arbeitsmarktes und die Bekämpfung all ihrer Erscheinungsformen, die Schaffung von Voraussetzungen, um Familie und Beruf miteinander vereinbaren zu können, und auch die Beseitigung der Jugendarbeitslosigkeit.

All das ist in dem Plan für das Jahr 2007 – das Europäische Jahr der Chancengleichheit für alle – enthalten. Ich bin mir dessen bewusst, dass das fortgeführt werden muss. Mir geht es jedoch vor allem um die Aussagen und Maßnahmen der Kommission zur Unterstützung und zum Schutz der Grundrechte, insbesondere der Rechte der Kinder einschließlich eines Forums für die Rechte der Kinder. Ich freue mich, dass die Kommission die Kinder mittels des Internet und anderer neuer Medien schützen will, ganz besonders aber begrüße ich den Wunsch der Kommission, die Kinderarmut zu bekämpfen.

Es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass jedes Kind einen angemessenen Lebensstandard hat. In diesem Zusammenhang möchte ich die Frau Kommissarin nach dem Stand der diesbezüglichen Maßnahmen der Kommission fragen. Auch im Parlament gibt es einige solcher Vorhaben. Ich denke dabei insbesondere an die Verordnung über die Vollstreckung von Unterhalt, für die ich als Berichterstatterin fungiere. Ziel dieser Verordnung ist es sicherzustellen, dass die Unterhaltszahlungen schnell und direkt bei den Berechtigten ankommen, wenn die Zahlungspflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat arbeiten und ihren Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommen und ihre Kinder so zu einem Leben in Armut verurteilen, weil sie keinen angemessenen Lebensstandard besitzen.

Ich möchte die Kommission deshalb fragen, ob sie diese Sache weiter voranbringen will, denn Tausende Kinder in Europa warten auf diese Verordnung. Sie brauchen unsere Hilfe.

 
  
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  Kyösti Virrankoski (ALDE).(FI) Herr Präsident! Die Mitteilung der Kommission zur jährlichen Strategieplanung 2008 enthält einige recht neue Botschaften, insbesondere in den Bereichen Energiepolitik, Immigration und Verwaltungsvereinfachung.

Die Erklärung der Kommission ist ziemlich inkohärent. Sie untergliedert sich in vier Teile: Wohlstand, Solidarität, Sicherheit und Freiheit sowie Europa als Partner der Welt. Diese Struktur passt schlecht sowohl zur administrativen Struktur als auch zum mehrjährigen Finanzrahmen. Ziel der tätigkeitsbasierten Planung und Verwaltung ist es, die Verwaltung transparent und nachvollziehbar zu machen, und dazu leistet eine derartige Mitteilung keinen Beitrag. Für den Leser ist es kaum nachvollziehbar, was die Kommission in den gegenwärtigen Bereichen tatsächlich vorhat. Es ist schwierig zu erkennen, wohin sowohl die personellen als auch die finanziellen Ressourcen gelenkt werden sollen.

Die Kommission scheint Vertrauen in Verwaltungen zu haben. Sie hat vor, zusätzlich zu den bestehenden Agenturen und dem Europäischen Technologieinstitut, zwei neue Agenturen zu errichten. Meiner Meinung nach sollte ein Mehr an Bürokratie mit ausgesprochener Vorsicht behandelt werden. Man kann keine neuen Verwaltungsorgane schaffen, es sei denn, sie sind absolut notwendig.

Eine der Überraschungen ist, dass die Kommission unter Rubrik 4 zwei neue Politikprogramme auflegen will, die sich mit dem Klimawandel und der Energieeffizienz befassen sollen. Die Kosten dafür würden im kommenden Jahr über 20 Millionen Euro betragen. Es verblüfft, dass dafür gerade einmal zwei Monate nach Inkrafttreten der neuen Finanziellen Vorausschau neue Ausgaben vorgeschlagen werden. Haushaltspolitisch ist es bedauerlich, dass die Kommission beabsichtigt, die Mittel für die neuen Ausgaben bereitzustellen, indem sie die Finanzierung vorhandener Programme hinausschiebt. Das Parlament sollte dieses Verfahren, das dazu führen könnte, dass seine eigenen Prioritäten unterbewertet werden, einer gründlichen Prüfung unterziehen.

Eingedenk all dieser Tatsachen, können wir den konkreten legislativen und haushaltspolitischen Vorschlägen der Kommission mit Interesse entgegensehen.

 
  
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  John Bowis (PPE-DE).(EN) Herr Präsident, Frau Vizepräsidentin der Kommission! Die Agenda von Lissabon ist natürlich der richtige Weg. Aber auf diesem Weg ist nichts wichtiger als die Gesundheit unserer Bürger und die Gesundheit unserer Umwelt. Das ist jetzt angesagt.

Nun, was den Klimawandel betrifft, wissen wir natürlich, wenn wir nicht unter diesem 2-Grad-Ziel bleiben, welche verheerenden Folgen durch Überschwemmungen, Dürren, Bevölkerungsbewegung und so weiter entstehen werden. Neulich bin ich mit der Umweltagentur die Themse aufwärts gelaufen, sah die Notwendigkeit eines neuen Damms an der Mündung dieses Flusses, sah die Flussebenen, die von Überflutungen betroffen sein werden, und sah das Bauen, das in den Flussebenen stattfindet ohne Rücksicht darauf, dass Menschen in diesen Überflutungsgebieten höher angesiedelt werden müssen, wenn sie dort leben sollen.

Wir konzipieren noch nicht. Wir betreiben noch keine Prävention, und das muss 2008 und auch danach auf unserer Tagesordnung stehen. Wir brauchen eine Politik der Prävention. Wir brauchen auch eine Politik der Bewältigung vorhandener Gefahren. Wir brauchen eine Kombination aus Gesetz und individuellem Einsatz. Deshalb brauchen wir die 20 %-Reduzierung bei Treibhausgasen bis 2020. Deshalb brauchen wir das 20 %-Ziel für erneuerbare Energien. Deshalb brauchen wir die Vorgaben bei Biokraftstoffen, besonders bei denen der zweiten Generation. Aber deshalb brauchen wir auch die Revision des Umweltsiegels, um den Verbrauchern zu helfen, die Wahlmöglichkeiten zu verstehen, und wir brauchen Maßnahmen zu Glühlampen und zum Bereitschaftsmodus von Geräten und so weiter. Deshalb brauchen wir eine wirksame Umsetzung und Überwachung durch die Kommission und vor allem, würde ich sagen, des Emissionshandels und der nationalen Aktionspläne. Ich bitte die Kommission, bei den Mitgliedstaaten hier nicht locker zu lassen.

Eine zweite Chance gibt es nicht. Wir müssen den Kohlenstoffpreis hoch halten, um Forschung, Innovation und Substitution anzuregen.

 
  
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  Inés Ayala Sender (PSE).(ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Vielen Dank für Ihre klare Erläuterung, die mir ziemlich kurz erschien.

Tatsache ist, dass 2008 ein entscheidendes Jahr für die Weiterführung der Debatte über einen neuen Haushalt der Europäischen Union sein wird, der die Fortschritte bei der Verfassung begleiten müsste, denn wir vertrauen darauf, dass sie im Laufe dieses Jahres konsolidiert werden.

Wir brauchen einen europäischen Haushalt, der unseren Ambitionen und vor allem den Forderungen der europäischen Bürgerinnen und Bürger entspricht. Die derzeitige Situation scheint klar und günstig zu sein. Der Rat „Wirtschaft und Finanzen“ hat gerade erklärt, dass wir eine solide Wirtschaftslage mit deutlichen wirtschaftlichen Indikatoren haben und der äußerst niedrige Anteil der Löhne und der Beschäftigung am europäischen BIP daher bemerkenswert ist.

Das waren die Worte von Herrn Juncker, und alle Minister stimmten ihm zu. Deshalb ist es nun an der Zeit, über die Verteilung der Früchte dieses Wachstums zu sprechen, und dies ist nicht nur ein Anliegen der Regierungen und der Sozialpartner. Es ist eine Forderung der europäischen Bürgerinnen und Bürger.

Es wurde eindeutig festgestellt, dass der derzeitige Zustand nicht aufrechtzuerhalten ist und zudem große Regressionsrisiken birgt: die Armut, mit der Jugendliche, Frauen, Ältere und Kinder konfrontiert sind; die Perspektivlosigkeit, die zu einem Rückgang der Geburtenrate führt, und die Überschuldung, die immer Besorgnis erregender wird.

In ihrem Programm für 2008 bietet uns die Kommission jedoch als Hauptmaßnahme der sozialen Solidarität die Bewirtschaftung und Ausführung des Solidaritätsfonds an, wodurch die Lage der Menschen gelindert wird, die durch Umstrukturierungen infolge der Globalisierung ihre Arbeit verloren haben.

Unseres Erachtens ist dies nicht ausreichend, sondern wir brauchen Initiativen, um Anreize für Investitionen zu schaffen: Investitionen der öffentlichen Hand, die private Investitionen anziehen. Mit Blick auf 2008 und die kommende Dreijahresetappe der Lissabon-Strategie schlage ich Ihnen deshalb vor, zu den Investitionen zurückzukehren. Zu den Investitionen in Verkehrs- und Energienetze, zu den Investitionen in Umweltthemen und die gesamte Frage der Wasserbewirtschaftung und -versorgung sowie die großen europäischen Projekte wie GALILEO oder SESAR.

 
  
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  Diana Wallis (ALDE).(EN) Herr Präsident, Frau Vizepräsidentin der Kommission! In dem strategischen Ansatz, den Sie uns heute Morgen vorgestellt haben, gibt es viel Begrüßenswertes, doch für mich mangelt es noch immer ein wenig an den bereichsübergreifenden Prioritäten und dem strategischen Akzent auf mehr Geschlossenheit und Ganzheitlichkeit bei der Zusammenführung von Themen. Ich will zwei Bereiche nennen, die ich gut kenne.

Einer hat mit dem Hohen Norden zu tun, und Sie, Frau Vizepräsidentin, sind ja freundlicherweise zu der Konferenz gekommen, die das Parlament vor ein paar Wochen in Brüssel veranstaltet hat. Hier kommen die Probleme von Klimawandel und Energie zusammen, die Sie erwähnt haben, aber auch der Meerespolitik. Hier kommen auch die Innen- und die Außenpolitik der Union zusammen, und irgendwie müssen wir dies alles unter einen Hut bringen und in den Vordergrund rücken. Es bedeutet die Nördliche Dimension. Es bedeutet Teilnahme am Arktischen Rat. Es bedeutet auch das Internationale Polarjahr 2008-2009. Sitzt die Europäische Union überhaupt mit am Tisch? Wäre ein ganzheitlicherer Ansatz bei diesen Fragen möglich?

Mein zweiter Bereich ist die Ziviljustiz. Wenn man hier nach Ziviljustiz sucht, findet man ein wenig Vertragsrecht, aufgemacht als Verbraucherrecht. Man findet Erb- und Testamentssachen versteckt unter Sicherheits- und Justizpolitik, wo man auch etwas in Verbindung mit der Pfändung von Bankguthaben findet. Könnten wir bitte die Ziviljustiz thematisieren, die ja die andere Seite des Binnenmarktes darstellt und ihn für unsere Unternehmen und unsere Bürger funktionieren lässt? Könnten wir es bitte Ziviljustiz nennen, und könnten wir eine Struktur der Ziviljustiz haben, die einen Zugang zur Justiz ermöglicht, sodass unsere Bürger sehen können, was es dort gibt?

 
  
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  Robert Sturdy (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich danke der Vizepräsidentin der Kommission für Ihre Anwesenheit.

Heute wende ich mich speziell dem Welthandel zu, denn das ist mein Aufgabenbereich. Es versteht sich von selbst, dass ich es gern sehen würde, wenn die Kommission bei der Doha-Runde Bewegung in die Sache bringen würde, und Herr Mandelson, der zuständige Kommissar, leistet ausgezeichnete Arbeit in diesem Sinne. Ich möchte, dass bilaterale Abkommen verwendet werden, um zu multilateralen Abkommen zu kommen, weil sich die Kommission um multilaterale statt um bilaterale Handelsabkommen bemühen muss, aber bilaterale Abkommen nutzen sollte, um dorthin zu kommen.

Aber vielleicht für noch wichtiger halte ich einen transatlantischen Dialog. Das fehlt bisher und ist doch so wichtig für die Zukunft der WTO. Meiner Meinung nach sitzen die USA nicht am Tisch, und wir müssen Präsident Bush mit seinem Fast-Track-System unterstützen, um Susan Schwab, die neue Verhandlungsführerin, mit an den Tisch zu bringen, damit sie und Herr Mandelson eine echte Partnerschaft bilden und über den weiteren Weg beraten können. Ich bin ausdrücklich der Auffassung, dass die USA bei der Reform des Agrargesetzes deutlich versagt haben, während wir in der Europäischen Union unsere Agrarpolitik reformiert haben und weiter reformieren. Das ist sehr wichtig, und ich hoffe, die Kommission hebt diesen Umstand hervor.

Abschließend zu Ihrer Rolle, Frau Vizepräsidentin der Kommission, da sollten wir die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen nicht vergessen. Das gehört zu einem AKP-Abkommen. Ich habe den Bericht im Parlament verfasst, und wir müssen diese unbedingt bis Ende dieses Jahres abschließen, sodass die Kommission bei ihrem Programm bleiben kann und Afrika und die beteiligten Länder genau wissen, wie die Dinge stehen.

Frau Kommissarin, ich möchte mit einer persönlichen Bemerkung schließen. Das spielt eine ziemlich wichtige Rolle für das Vereinigte Königreich. Sie haben gerade 1,2 Millionen Euro für ein Bauwerk im Vereinigten Königreich ausgegeben. Ich habe große Bedenken, erstens wegen der Kosten und zweitens wegen des diplomatischen Status der Mitarbeiter. Es handelt sich ja nicht um eine diplomatische Vertretung, es ist eine Vertretung der Kommission, und es sollte keine diplomatischen Posten geben.

 
  
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  Anne E. Jensen (ALDE).(DA) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Ich möchte mich auf drei Punkte konzentrieren, wobei mir der Aspekt des Haushalts in dem von Ihnen vorgelegten Bericht besonders am Herzen liegt. Das Programm für bessere Rechtsetzung ist natürlich wichtig, und es sollte nicht als eine anspruchslose Agenda betrachtet werden, wie einige es tun. Im Gegenteil. Ich bin wie etliche meiner Vorredner der Ansicht, das die Kommission die Anstrengungen, die derzeit zur Vereinfachung der Rechtsetzung, zur Bewertung neuer Gesetze und zur wirksameren Einbeziehung der Öffentlichkeit in den Gesetzgebungsprozess unternommen werden, wesentlich besser erläutern könnte. Viele sehen in der EU nach wie vor ein bürokratisches Wesen, das sich immer weiter aufbläht. Das ist ein falsches Bild, und ich denke, dass muss man auch so sagen. Ich sage das vor allem auch deshalb jetzt, weil Kommissarin Wallström anwesend ist, denn natürlich ist es an Ihnen, Frau Kommissarin, diese Botschaft weiter zu tragen.

Mein zweiter Punkt betrifft die Halbzeitbewertung des Haushalts, die 2008 ansteht. Ich hoffe diesbezüglich wirklich, dass die Kommission ehrgeizig sein wird, denn wir haben guten Grund zu bezweifeln, dass der Rat an einer echten und offenen Debatte über die Schwerpunktverlagerung in den nächsten Jahren interessiert ist. Die Halbzeitreform der Landwirtschaft bildet einen wichtigen Ausgangspunkt. Wir brauchen eine Diskussion darüber, wie die Landwirtschaft aussehen soll, wie viel oder wie wenig Hilfe sie erhalten soll und ob es möglich ist, Ressourcen von der Agrarpolitik auf zukunftsträchtigere Bereiche wie die Forschung und Verkehrsinvestitionen zu verlagern.

Mein letzter Punkt ist sehr wichtig. Es heißt, die neuen politischen Prioritäten erfordern bis 2008 eine Aufstockung der Stellen um fast 1 500, von denen knapp 900 neu zu besetzen sind. Einige dieser Stellen sind Ergebnis der Erweiterung, während der Rest das Ergebnis von Schwerpunktverlagerungen sein wird. Ich weiß nicht, ob mich die Tatsache, dass es möglich ist, 2 % der Mitarbeiter zu versetzen, nun übermäßig beeindruckt. Meines Erachtens müssen wir neue Leitlinien für die Personalpolitik der EU und vor allem für die Personalpolitik der Kommission erarbeiten. Reicht die Anpassungsfähigkeit aus, um den politischen Prioritäten gerecht zu werden, und bietet die Personalpolitik genügend Raum, um die richtigen Experten einzustellen – beispielsweise für die Agenturen? Ich denke, dass wir auch solche Fragen in der Halbzeitbewertung berücksichtigen sollten.

 
  
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  Georg Jarzembowski (PPE-DE). – Herr Präsident, sehr verehrte Frau Vizepräsidentin der Kommission! Ich möchte auf die Verkehrspolitik eingehen. Sie ist ein Stiefkind dieses Hauses. Der Verkehrsausschuss ist zwar zusammen mit dem Umweltausschuss der Ausschuss, der für die meisten Gesetzgebungsakte verantwortlich ist, aber Verkehr kommt immer am Ende. Doch der Verkehr ist wichtig. Ohne bedarfsgerechte Verkehrsinfrastrukturen werden wir kein Wachstum und keine Beschäftigung haben, denn Sie können alles per Internet bestellen, aber Sie können es nicht per Internet geliefert bekommen. Sie brauchen, wenn Sie Wachstum im Handel haben wollen, auch gerade zwischen alten und neuen Ländern, bedarfsgerechte Verkehrsinfrastrukturen. Der Ansatz der Kommission in dem Strategiepapier ist also richtig.

Ich möchte darauf hinweisen, dass wir vor allen Dingen den Verkehr nicht verteufeln sollen. Neuerdings gibt es Thesen wie: Keiner soll mehr fliegen. Frau Vizepräsidentin, Sie wissen, wenn Sie vom nördlichen in den südlichen Teil Schwedens wollen, können Sie entweder stundenlang Eisenbahn fahren oder Sie müssen das Flugzeug nehmen. Man kann durchaus fliegen, denn wir können durch vernünftige Politik die Abgasbelastung durch den Luftverkehr wesentlich reduzieren. Wenn es uns gelingen würde, dass die Mitgliedstaaten endlich eine vernünftige Luftraumkontrolle einführen, könnten wir den durch den Luftverkehr verursachten CO2-Ausstoß um 8 % bis 12 % verringern. Die Mitgliedstaaten müssen hier etwas tun. Daran sollten wir sie erinnern.

Vizepräsident Barrot hat ja vor, ein Weißbuch zum städtischen Verkehr vorzulegen. Ich bin immer etwas skeptisch, ob städtischer Verkehr unser Thema ist, aber in einem hat der Vizepräsident völlig Recht: Ein großer Teil der Schadstoffbelastung kommt aus dem innerstädtischen Verkehr. Wir als Europäisches Parlament sollten uns mit den Mitgliedstaaten und den Regionen über Leitlinien verständigen, dass wir Verkehr brauchen für Wachstum und Beschäftigung, dass der Verkehr aber möglichst effizient und möglichst umweltschonend ausgestaltet werden sollte. Darüber müssen wir genauer diskutieren. Von daher liegen wir auf gleicher Linie, Frau Vizepräsidentin. Aber ohne Verkehr können Sie kein Wachstum und keine Beschäftigung in der Gemeinschaft erreichen.

 
  
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  Alexander Stubb (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte zunächst die Kommissarin willkommen heißen und ihr zu ihrer Entscheidung für Christian Leffler als ihrem neuen Kabinettchef gratulieren. Er ist ein guter alter Freund und war mein Kollege, als ich noch im echten Berufsleben stand.

Danke für das Jährliche Strategiepapier, Frau Kommissarin. Ich halte es für ein ausgezeichnetes Dokument. Meiner Meinung nach sollten wir im Wesentlichen vier Schwerpunkte haben. Weil Sie für die Kommunikation zuständig sind, könnte ich vielleicht mitteilen, dass es vier Dinge gibt, die die Kommission weitergeben und von denen sie überzeugen sollte.

Erstens sind das natürlich Klimawandel und Energie. Die Europäische Union hat seit dem Ende des Kalten Krieges keinen wirklichen Plan gehabt. Ich denke, wir beginnen jetzt, einen zu finden, und diese Kommission leistet eine ausgezeichnete Arbeit dafür. Gratulation zu dem, was Sie im Rat getan haben.

Die zweite Frage, zu der Sie Überzeugungsarbeit leisten müssen – und hier sollten Sie etwas mehr Nachdruck an den Tag legen, also betone ich, was Herr Duff vorhin sagte –, ist die Verfassung. Bleiben Sie unbeirrt am Ball, denn es ist Ihre Aufgabe, die Verträge zu schützen und die Interessen der Europäischen Union insgesamt zu verteidigen. Jedermann weiß doch, dass es in unserem Interesse ist, diese Verfassung in der einen oder anderen Form durchzubringen, aber ganz gewiss nicht in Form eines „Minivertrags“.

Und wenn es ums Schützen und Überzeugen geht, ist drittens heutzutage in der Europäischen Union viel von Protektionismus die Rede. Sie müssen den Binnenmarkt besser „verkaufen“. Das gesamte System basiert auf vier Freiheiten: dem freien Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr. Wenn man das mit einer soliden Verbraucherpolitik verbindet, wie Frau Kuneva es ja gerade tut, dann lässt sich wohl beweisen, dass der Binnenmarkt bisher eine Erfolgsgeschichte ist.

Der vierte und letzte Faktor, bei dem Sie meiner persönlichen Meinung nach gute Arbeit leisten, aber wo bei den Mitgliedstaaten offenbar noch etwas Nachholbedarf besteht, ist die Erweiterung. Dies ist immerhin die bisher erfolgreichste Politik der Europäischen Union. Ich weiß, wir müssen sie verwalten. Ich weiß, wir müssen das Tempo etwas drosseln. Aber bleiben Sie dabei, und versuchen Sie weiter, besser dafür zu werben.

Meine vier Schwerpunkte, die ich auch in Ihrem Dokument finde, sind also der Klimawandel, die Verfassung, der Binnenmarkt und die Erweiterung.

 
  
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  Margot Wallström, Vizepräsidentin der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich glaube, diese Aussprache hat die Rolle eines direkt gewählten Europäischen Parlaments hervorragend veranschaulicht. Parlamentarier sollten die Kommission kritisieren, detailliertere Vorschläge fordern, auf Fehlendes hinweisen oder nach Synergien zwischen verschiedenen Politikvorschlägen fragen. Sie haben auch die Gelegenheit genutzt, die Kommission gegebenenfalls zu beglückwünschen und beispielsweise die Einführung einer ehrgeizigen Klimapolitik oder Energiepolitik zu verlangen, was hoffentlich uns und den europäischen Organen dabei hilft, bei der Verwirklichung dieser Politik zusammenzuarbeiten.

Wenn man dieser Aussprache zuhört, dann hat es den Anschein, dass einige von Ihnen wollen, dass die Kommission mehr tut, andere hingegen, dass sie vielleicht ein bisschen weniger tut. Die Kommission wird stets mit dem Ziel arbeiten, die Dinge besser zu machen: eine qualitativ bessere Rechtsetzung, eine bessere Abstimmung zwischen den Organen und eine bessere Umsetzung. Dies muss die allgemeine Zielsetzung sein.

Ich möchte zunächst etwas zum Verfahren und zum Dialog sagen, den wir zwischen Parlament und Kommission zur Jährlichen Strategieplanung aufgenommen haben. Ich halte es für sehr wichtig, dass wir die Qualität dieses regelmäßigen Dialogs verbessern. Wir haben wohl schon begriffen, dass er politischer werden muss, um besser, um effektiver zu werden. Wir hoffen, dass das Parlament so planen kann, dass die Fraktionen kontinuierlicher einbezogen werden, und das vielleicht zu einem früheren Zeitpunkt im Verfahren. Denn so können wir im Vorfeld auch einige der hier erwähnten Fragen ergründen, wie etwa die Frage, was in unseren Vorschlägen vollkommen fehlt oder was Ihrer Meinung nach an deren Struktur insgesamt nicht stimmt.

Meiner Auffassung nach sollten die Fraktionen die Jährliche Strategieplanung in genau derselben Weise erörtern wie es die einzelnen Ausschüsse tun. Ich hoffe, die Fraktionen sehen diesen regelmäßigen Dialog mit dem gleichen Engagement. Die im zusammenfassenden Bericht geäußerten Standpunkte, die die Konferenz der Präsidenten im September annehmen soll, müssen die Haltung sowohl der Ausschüsse als auch der Fraktionen wiedergeben. Ich denke, das wird uns sehr helfen.

Wir müssen verstehen, dass wir uns in einer frühen Phase befinden, und wenn wir zum Gesetzgebungs- und Arbeitsprogramm kommen, werden wir mehr Einzelheiten und ein klareres Konzept für die speziellen Merkmale jedes einzelnen Vorschlags sehen können.

Ich möchte auch noch auf den Punkt Migration eingehen, denn in der Barroso-Kommission sind wir der festen Überzeugung, dass eine ordentlich gesteuerte Arbeitsmigration einen sehr positiven Beitrag zu unseren Volkswirtschaften und zu unseren Gesellschaften leisten kann. Zum Asyl, das einige von Ihnen ja ebenfalls angesprochen haben, werden wir Vorschläge unterbreiten, um die Kriterien anzugleichen, anhand derer die Mitgliedstaaten Asylanträge prüfen können, aber dies wird innerhalb der Grenzen des aktuellen Vertrages und unter voller Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips geschehen.

Im Bereich Visa, der ebenfalls erwähnt wurde, werden wir das Visa-Informationssystem auf den Weg bringen, bei dem die Mitgliedstaaten zwar weiterhin für die Erteilung von Visa zuständig bleiben, aber Informationen und relevante Daten austauschen können. Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, und das auch für die Abstimmung notwendiger Aktionen zwischen den Mitgliedstaaten.

Ich möchte auch noch etwas zur Vereinfachung und besseren Rechtsetzung sagen. Beginnen möchte ich damit, dass ich häufig die Kritik höre, die Kommission betreibe zu wenig Gesetzgebung oder sie sei bei ihrer Gesetzgebungstätigkeit nicht ehrgeizig genug. Wir haben einmal alle Statistiken zusammengetragen und geprüft, und wenn man sich den Umfang der von der Kommission verabschiedeten Rechtsvorschriften ansieht, dann ist dieser bemerkenswert stabil geblieben. Wenn wir uns die Anzahl der Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse und Empfehlungen ansehen, die in den letzten zehn Jahren verabschiedet wurden, dann liegt sie nur einmal über 550 und nur einmal unter 430. Der Durchschnitt liegt bei etwa 489 Vorschlägen im Jahr, und im letzten Jahr kamen wir dem mit 474 sehr nahe. Was immer man also sagen mag – das sind die Fakten. Dennoch glaube ich, dass wir uns mit der eingehenden Konsultation und den Folgenabschätzungen, die wir jetzt zu jedem Vorschlag aus dem Arbeitsprogramm durchführen, besonders bemühen sicherzustellen, dass unsere Vorschläge gut vorbereitet und von hoher Qualität sind. Deshalb sollte man diese Zahlen und Statistiken im Gedächtnis behalten.

Wir nehmen die ganze Problematik der Vereinfachung ernst, und wie Sie wissen, haben wir uns ein sehr anspruchsvolles Vereinfachungsprogramm mit 100 Vorschlägen vorgenommen, in dessen Rahmen in den nächsten drei Jahren rund 220 Gesetzgebungsinstrumente aufgehoben, kodifiziert, neu gefasst oder überprüft werden sollen. Im Schnitt gibt es 40 bis 43 Vorschläge zur Vereinfachung von Rechtsvorschriften oder zur Ermittlung veralteter Rechtsvorschriften. Wir werden auf demselben Weg und mit demselben Tempo weiter kontinuierlich Rechtsvorschriften prüfen. Das bedeutet in einigen Fällen, dass wir neue Rechtsvorschriften einführen und gleichzeitig Richtlinien aufgeben oder verwerfen können, wie wir es bei REACH getan haben, wo 40 bestehende Richtlinien durch eine einzige ersetzt wurden.

Außerdem müssen wir sorgfältig darauf achten, dass unsere Rechtsetzung aktuell und zeitgemäß ist und dass wir uns von veralteten Vorschriften trennen. Deshalb werden in dieser Richtung weitergehen und das Europäische Parlament informieren und einbeziehen, sodass wir Hand in Hand daran arbeiten können, dass unsere allgemeinen politischen Ziele der Lissabon-Strategie auch verwirklicht werden: die vier Hauptschwerpunkte, die wir in unserer Jährlichen Strategieplanung gesetzt haben.

Einige Abgeordnete haben die Frage der Verbindung zwischen unserer Aussprache zur Jährlichen Strategieplanung und dem Haushaltsverfahren aufgeworfen. Ich habe bemerkt, dass das Parlament diese Verbindung verbessern möchte, und wir müssen unseren Dialog über die Art und Weise, wie das geschehen soll, fortführen.

Wir betrachten den Haushalt und die Politik als gegenseitige Ergänzung, und der Zweck der Jährlichen Strategieplanung besteht genau darin, den politischen Rahmen für die Planung des jährlichen Haushalts vorzugeben. Aber die institutionellen Rahmenbedingungen sehen so aus, dass selten eine Verbindung zwischen den Politikinitiativen, die in einem bestimmten Jahr ergriffen werden, und den damit verbundenen Ausgaben im selben Jahr besteht. Da gibt es eine gewisse Verschiebung zwischen diesen Verfahren. Bekanntlich wird der Haushalt für 2008 Maßnahmen finanzieren, die aus Legislativvorschlägen früherer Jahre hervorgegangen sind.

Das waren Vorschläge, die von den Mitgesetzgebern 2007 oder davor angenommen wurden. Demnach werden die Legislativvorschläge von 2008 so gut wie keine Folgen für den Haushalt 2008 haben, sondern frühestens 2009 in Gang gesetzt werden. Außerdem sind viele Initiativen der Kommission nur mit geringen oder gar keinen Kosten für den EU-Haushalt verbunden. Die Kommission ist der festen Überzeugung, dass der 2005 eingeführte neue Rahmen wirklich eine solide Grundlage für Beziehungen bietet. Der Informationsfluss hat sich bereits verbessert, ebenso die Koordination von Planung und Programmgestaltung.

Lassen Sie mich jetzt noch etwas mehr zu den hier angesprochenen politischen Fragen sagen. Einige von Ihnen verwiesen auf die Problematik der Grundrechte. Die Kritik an den Maßnahmen der Kommission zu den Grundrechten überrascht mich. Meines Erachtens sollten wir das Engagement von Präsident Barroso nicht in Zweifel ziehen, wenn man sowohl seinen Lebensweg als auch die Herausforderungen bedenkt, vor denen er stand bzw. steht, um seine Rechte durchzusetzen und seine Ansprüche zu verwirklichen. Wie Sie wissen, haben wir gerade die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte gegründet, und wir haben jetzt das Europäische Jahr der Chancengleichheit. Ich habe bereits geplante Aktionen zur Verstärkung des Schutzes von Kindern und zur Bekämpfung von Diskriminierungen außerhalb des Arbeitsplatzes erwähnt.

Ich könnte noch viel mehr Dinge aufzählen, mit denen wir uns beschäftigen. Momentan kämpfen wir zusammen mit den Mitgliedstaaten darum, die Charta der Grundrechte im neuen Vertrag zu behalten. Ich halte das auch für eine ganz grundlegende Bestimmung, und es wird ein wichtiger Teil der vor uns liegenden Arbeit sein dafür zu sorgen, dass wir sie verteidigen können. Ich werde Präsident Barroso und der Kommission die Anregung übermitteln, einen Chat zu Grundrechten abzuhalten. Meiner Erfahrung nach scheuen wir nie eine Diskussion. Wenn wir uns auf unterschiedlichen Wegen einbringen können, dann werden wir das ganz sicher tun.

Es wäre gut gewesen, wenn Herr Whittaker hätte bleiben können, denn er hat ja im Grunde das gesamte Thema Klimawandel in Frage gestellt. Vielleicht ist er wieder dahin gegangen, woher er gekommen ist – aus dem Kindergarten der Wirtschaftswissenschaft, den er nach eigenen Worten besucht hat. Wenn er sich stattdessen mit der Wirklichkeit befasst hätte, dann hätte er begriffen, dass wir schon jetzt wegen des Klimawandels ärmer geworden sind. Der Klimawandel ist schon jetzt eine Kostenbelastung für die Gesellschaft, und dies ist ein Weg, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, voranzugehen, zu sagen, dass wir der übrigen Welt zeigen können, wie wir das Beste der Umwelttechnologie und das Beste der wissensbasierten Gesellschaft mit dem Anspruch verbinden, eine nachhaltige Energiequelle für die Zukunft nutzen zu wollen. Auf diese Weise können wir wegweisend und ein Vorbild für die Welt sein. Wir haben doch schon bewiesen, dass dies möglich ist. Auf diesem Weg sollten wir in Zukunft weitergehen.

Ich möchte all denen unter Ihnen danken, die praktische Beispiele dafür genannt haben, was umgesetzt werden muss, denn wir werden, ehe wir es uns versehen, auch Umweltflüchtlinge als Folge des Klimawandels und dieser Probleme haben. Natürlich ist das in anderen Ländern schon geschehen, aber wenn wir nichts unternehmen, werden auch wir davon betroffen sein, und zwar in einer Art und Weise, die wir uns gegenwärtig kaum vorstellen können.

Nun, zur Kommunikation schließlich lassen Sie mich sagen, dass die Barroso-Kommission die Erste ist, die damit begonnen hat, Vorschläge direkt an die nationalen Parlamente zu übermitteln. Zudem schicken wir jetzt den nationalen Parlamenten die gleichen Dokumente wie dem Europäischen Parlament und dem Rat. Der Dialog, den wir aufgenommen haben – einschließlich mehr als 350 Besuche von Kommissionsmitgliedern bei den nationalen Parlamenten, Kontakte mit deren verschiedenen Ausschüssen, die Beantwortung von Anfragen, von den nationalen Parlamenten gehört zu werden –, ist meiner Meinung nach entscheidend dafür, um zu gewährleisten, dass die europäische Agenda auch von nationalen Parteien getragen wird, in der demokratischen Tradition jedes einzelnen Mitgliedstaates.

Aus Sicht der Kommunikation ist dies sehr wichtig, und wir haben jetzt auch Kommunikationsschwerpunkte gesetzt, darunter eine bessere Konsultation, besseres Zuhören und Erklären sowie auch vor Ort in den Mitgliedstaaten präsent zu sein. Ohne das Engagement von Mitgliedstaaten und Politikern auf allen Ebenen wird es, wie schon dargelegt wurde, sehr schwierig. Außerdem müssen die führenden Politiker in allen Mitgliedstaaten das rechtfertigen können, was sie auf europäischer Ebene tun, und sagen, warum sie zu bestimmten Entscheidungen gelangt sind. Wir müssen uns auf allen Ebenen einbringen, und darauf ist unsere Kommunikationspolitik natürlich auch gerichtet.

Wir wollen, dass die Europäische Union Ergebnisse bringt, und wir wollen Ergebnisse, die den Anforderungen und Erwartungen der Bürger überall in Europa entsprechen. Das bedeutet eine bessere Rechtsetzung. Nicht mehr oder weniger Rechtsetzung, sondern bessere Rechtsetzung. Es bedeutet Vereinfachung, zielstrebigeres Handeln; es bedeutet eine klarere Kommunikation, um die Bürger zu informieren und ihnen aufmerksamer zuzuhören; und es bedeutet auch die Stärkung der Organe der Europäischen Union durch den Abschluss der Revision des Vertrages. Wir brauchen stärkere Organe und einen engeren Dialog, um die vor uns liegenden Herausforderungen und Chancen anzunehmen, und wir werden auf jeden Fall unsere Rolle hierbei spielen, damit sichergestellt ist, dass wir zu einer institutionellen Einigung kommen können.

Zur Frage bezüglich des Anmietens von Gebäuden kann ich sagen, dass wir uns gerade zusammen mit dem Parlament darum bemühen, in London gemeinsam ein Haus zu mieten. Das ist genau der Weg, wie wir in der Zukunft verfahren sollten: Hand in Hand zu arbeiten, um ein einheitliches Bild von der Europäischen Union zu vermitteln.

Haben Sie vielen Dank für diese Aussprache. Selbstverständlich werde ich dafür Sorge tragen, dass die gesamte Kommission über Ihre Vorstellungen und Ihre Standpunkte informiert wird.

(Beifall)

 
  
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  Hannes Swoboda (PSE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass wir den Legislativvorschlag, von dem Sie sprachen, sehr bald brauchen, um alles mit dem Rat noch vor den nächsten Wahlen abzuschließen. Bei diesem Vorschlag ist wirklich keine Zeit zu verlieren, besonders im Hinblick auf Energie.

 
  
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  Der Präsident. – Danke für diese Bemerkung, Herr Swoboda.

Die Aussprache ist geschlossen.

 

7. Abkommen EU/USA über Luftverkehrsdienste (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Erklärung der Kommission zum Abkommen EU/USA über Luftverkehrsdienste.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Dank der Arbeit Ihres Berichterstatters, Herrn El Khadraoui, und der Mitglieder des Verkehrsausschusses hat das Europäische Parlament heute Gelegenheit, sich zum Projekt eines Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten zu äußern, das ich für ganz wesentlich halte.

Es geht um das Luftverkehrsabkommen, das vor zehn Tagen zwischen den US-amerikanischen und europäischen Verhandlungsführern in Brüssel abgeschlossen wurde. In knapp zehn Tagen werde ich diesen Abkommensentwurf den Verkehrsministern der Europäischen Union zur politischen Beschlussfassung vorlegen.

Ihre Mitwirkung erfolgt in einem entscheidenden Moment, und so können Sie der Stimme der europäischen Bürger Gehör verschaffen, nicht nur gegenüber dem Rat, sondern auch gegenüber den US-amerikanischen Institutionen selbst.

Diese Verhandlungen waren langwierig und kompliziert. Vier Jahre Verhandlungen seit den Urteilen des Gerichtshofs in den so genannten Open-sky-Rechtssachen. Es gab elf Verhandlungsrunden, die Wellen geschlagen und Turbulenzen verursacht haben. Jedoch werden diese langen Verhandlungen es uns gestatten, die transatlantischen Beziehungen enger zu gestalten und einen positiven Beitrag zur Strategie von Lissabon zu leisten.

Nun ist die Möglichkeit in Reichweite, dass eine europäische Fluggesellschaft ohne Beschränkungen und unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit von jedem beliebigen Punkt in Europa aus zu jedem beliebigen Zielort in den Vereinigten Staaten fliegen kann.

Wenn Sie heute von Brüssel nach Washington fliegen wollen, können Sie nur eine US-amerikanische oder eine belgische Fluggesellschaft benutzen. Da es seit dem Bankrott der Sabena keine belgische Gesellschaft auf dieser Route gibt, können Sie nach Washington nur mit einer US-amerikanischen Gesellschaft fliegen.

Deshalb hat der Gerichtshof diese bilateralen Abkommen als rechtswidrig bewertet. Sie diskriminieren unsere europäischen Gesellschaften auf der Grundlage der Staatszugehörigkeit. Mit diesem Abkommen schaffen wir nun neue Bedingungen. Die Vereinigten Staaten erkennen den europäischen Charakter unserer Fluggesellschaften an.

Es wird allzu oft vergessen, dass nicht jeder nach Belieben in die Vereinigten Staaten fliegen kann. 16 Länder haben Open-sky-Abkommen, aber elf haben keine solchen Abkommen. Sie können nicht direkt von den baltischen Ländern in die Vereinigten Staaten fliegen, und die Zahl der Verbindungen in die USA von Spanien, Irland und besonders Griechenland aus ist streng begrenzt. Auf diese Weise werden wir diesen Ländern neue Möglichkeiten eröffnen.

Was jedoch von Anfang an ein Problem darstellte, war die Ausgewogenheit des Abkommens zwischen Europa und den Vereinigten Staaten. Im November 2005 hatte der Rat die Fortschritte begrüßt, die bei der Annäherung der europäischen und US-amerikanischen Vorschriften hinsichtlich staatlicher Beihilfen, des Wettbewerbs, der Sicherheit und des Marktzugangs erzielt worden waren, jedoch verlangte der Rat zugleich einen besseren Zugang zum US-Markt.

Lassen Sie mich Ihnen erklären, warum nach der letzten Verhandlungsrunde dieses Abkommen für Europa günstiger ausgefallen ist. Ich will nicht ins Detail der Freiheiten des Luftverkehrs gehen, der fünften Freiheit, der siebten Freiheit, wie sie im Abkommen von Chicago von 1944 definiert sind. Sie sind zwar wichtig, jedoch sind sie technischer Art. Jeder Fachmann wird erkennen, dass hinsichtlich dieser berühmten Freiheiten die Europäische Union mehr gewonnen hat als sie gewährt hat.

Ich möchte meine Ausführungen auf die Probleme des Eigentums, der Investitionen und des Kapitals der Fluggesellschaften konzentrieren. Zunächst zu den Investitionen in den Vereinigten Staaten. Nach einem US-amerikanischen Gesetz, das der Kongress aufgrund starker politischer Kontroversen nicht so bald ändern wird, dürfen Ausländer nicht mehr als 25 % der stimmberechtigten Aktien an einer amerikanischen Fluggesellschaft halten und dürfen sie nicht kontrollieren.

Trotz dieser beiden Beschränkungen haben wir für die europäischen Investoren das Recht festgeschrieben, mehr als 50 % am Gesamtkapital halten zu können, ohne dass sich daraus die Kontrolle der Gesellschaft herleitet. Und wir haben erreicht, dass die US-amerikanischen Behörden die Investitionen gerecht und zügig behandeln. Zugleich haben wir sichergestellt, dass die europäischen Investoren das Recht haben, Franchise-Abkommen zu schließen. So kann die Lufthansa ihren Namen, ihr Logo, ihre Farben verwenden oder ihr Know-how an eine amerikanische Fluggesellschaft für den inneramerikanischen Verkehr verkaufen. Das ist kein theoretisches Arrangement. Die Virgin-Gruppe, die ihre Bücher oder ihre CDs in New York frei verkauft, versucht derzeit, ihre Marke zu verkaufen, um in San Francisco Virgin America zu gründen. Die Operation stieß auf ernsthafte Hindernisse. Die durch die Vereinigten Staaten eingegangenen Verpflichtungen machen deutlich, was gerade bei dieser Art von Investitionen alles möglich ist.

Gegenüber dem, was die US-amerikanische Reform vorsah, die im Jahr 2006 an sehr scharfem Widerstand gescheitert ist und die einige von Ihnen aufmerksam verfolgt haben, können die von uns ausgehandelten Rechte nicht in Frage gestellt werden. Diese neuen Rechte gehören zum Kernbestand des Abkommens und können nicht einseitig durch die USA verändert werden. Soweit zu den Investitionen in den Vereinigten Staaten.

Zweitens, US-amerikanische Investitionen in Europa. Da die Vereinigten Staaten ihre 25%-Regel nicht ändern können, haben wir uns die Möglichkeit vorbehalten, die US-Investitionen in europäischen Gesellschaften auf die gleiche Höhe zu begrenzen. So ist das Gleichgewicht wieder hergestellt.

Drittens, Investitionen durch Europäer in Drittländern. Nach den derzeitigen Regeln können wir in die Gesellschaft eines Drittlandes nicht investieren und sie nicht kontrollieren, ohne Gefahr zu laufen, ihre Verkehrsrechte für Flüge in die USA in Frage zu stellen. Ein Beispiel: Virgin hat in Nigeria investiert. Die Vereinigten Staaten lehnen die Flüge von Virgin Nigeria in Richtung USA ab, weil die Gesellschaft nicht mehr die erforderliche Staatszugehörigkeit besitzt. Mit unserem Abkommen können die Vereinigten Staaten keine Einwände mehr gegen Gemeinschaftsinvestitionen in europäischen Ländern außerhalb der EU, zum Beispiel der Schweiz, und in 18 afrikanischen Ländern erheben. In diesem Punkt wird es keine Einwände seitens der Amerikaner geben. Sie werden es akzeptieren, dass diese Gesellschaften aus Drittländern umfangreiche Investitionen seitens europäischer Fluggesellschaften erhalten können.

Viertens, Investitionen von Drittländern in europäische Gesellschaften. Ebenso werden die Vereinigten Staaten nicht die Flüge von Gemeinschaftsgesellschaften in die USA in Frage stellen, wenn europäische Länder wie Island in ihr Kapital investieren. Das ermöglicht es, europäische Investitionen in unsere Gesellschaften zu ziehen und die Luftverkehrsindustrie zu normalisieren.

Deshalb ist dieses Abkommen ausgewogener und zwar zugunsten Europas. Wir dürfen diese erste Etappe nicht versäumen, denn man muss eine erste Etappe zurücklegen, bevor man eine zweite Etappe einleitet, um zu dem Endziel eines offenen Luftraums zu gelangen.

Gewiss hegen einige Gegner des Abkommens die Befürchtung, dass es niemals eine zweite Etappe geben wird, weil die USA in der ersten Phase auf der ganzen Linie gewonnen hätten, was aber nicht zutrifft. Sie fordern zu Recht einen Mechanismus, der den Übergang in die zweite Phase gewährleistet: Nun, den habe ich erreicht! Die Verhandlungen werden spätestens im Januar 2008 beginnen. Wenn wir nicht bis Mitte 2010 zu einem Abkommen in der zweiten Etappe gelangen, können wir die Elemente des Abkommens aussetzen.

Ungeachtet aller Repressalien bin ich persönlich überzeugt, dass die Dynamik, die wir auslösen werden, die letzten Widerstände hinsichtlich Eigentum und Kontrolle überwinden wird.

Wir haben den Binnenmarkt auch nicht auf einmal errichtet. Wir haben ihn in drei Etappen geschaffen, aber innerhalb von weniger als zehn Jahren. Also, meine Damen und Herren, diese elf Verhandlungsrunden haben uns wirklich vorangebracht. Worum geht es bei diesem Abkommen? Es geht um sechs bis zwölf Milliarden Euro wirtschaftlichen Gewinn in den nächsten fünf Jahren. Das bedeutet vermutlich auch in den nächsten fünf Jahren 80 000 Arbeitsplätze beiderseits des Atlantiks, und das bedeutet schließlich für weitere 26 Millionen Passagiere die Möglichkeit, zwischen Europa und den Vereinigten Staaten hin und her zu reisen, zusätzlich zu den 50 Millionen Passagieren, die bereits transatlantische Flüge nutzen. In fünf Jahren wird die Zahl der Passagiere also vermutlich von 50 Millionen auf 75 Millionen steigen. Diese Schätzungen sind das Ergebnis seriöser Studien.

Lassen Sie mich also abschließend sagen, meine Damen und Herren Abgeordneten, dass dieses Abkommen zweifellos wichtig ist und dass es für Europa sehr interessant sein kann. Ich möchte hinzufügen, dass die heutige Sitzung mir auch helfen wird, Ihre Erwartungen besser kennen zu lernen und eventuell Ihre Fragen zu beantworten, und ich möchte nochmals sagen, ich vertraue darauf, dass wir diese erste Etappe zurücklegen und die Gewissheit haben können, dass nun die zweite Etappe in Sicht ist.

Soweit, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Informationen, die ich Ihnen geben wollte.

 
  
  

VORSITZ: LUISA MORGANTINI
Vizepräsidentin

 
  
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  Georg Jarzembowski, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin, lieber Herr Vizepräsident Barrot! Die EVP-ED-Fraktion gratuliert Ihnen, Ihrem Verhandlungsteam und Daniel Calleja Crespo ganz herzlich zu dem erfolgreichen Abschluss dieses ersten Teils des wichtigen US-Luftverkehrsabkommens. Lassen Sie uns aber auch gemeinsam dem US-Verhandlungsteam und John Byerly danken, denn es war auch für ihn nicht einfach, diese Verhandlungen zu einem erfolgreichen Ende zu führen.

Wir sind ganz sicher: Mit diesem Abkommen entsteht endlich ein großer transatlantischer Luftverkehrsmarkt zum Vorteil der Fluglinien und der Passagiere. Nunmehr können die europäischen Fluglinien ohne nationale Beschränkungen den amerikanischen Markt aus allen Teilen der Europäischen Union anfliegen. Gleichzeitig werden wir auch dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2002 gerecht. Im Übrigen werden auch die gemeinschaftswidrigen Beschränkungen auf dem Londoner Flughafen Heathrow aufgehoben werden müssen. Der offene Himmel über dem Atlantik wird auch sicherlich zu günstigen Angeboten für die Fluggäste führen.

Ausgewogen ist das Abkommen deshalb, weil es der Kommission gelungen ist, den Marktzugang für europäische Fluglinien in den USA erstmals ein wenig zu öffnen. Es hätte mehr sein können an Öffnung, aber immerhin. Wir haben neue Regelungen zu Eigentums- und Kontrollrechten, zum Lizenzbetrieb und zur Markenpolitik. Ich glaube, diese Vorteile lassen es gerechtfertigt erscheinen zu sagen, dass dies nun ein ausgewogenes Abkommen ist.

Für mich ist noch wichtiger, dass wir einen gemeinsamen Ausschuss unter Beteiligung der Wirtschaftskreise eingesetzt haben, denn damit kann in Zukunft verhindert werden, dass die Amerikaner oder die Europäer etwa einseitige Sicherheitsmaßnahmen zum Nachteil der Fluggesellschaften und der Passagiere treffen.

Die EVP-ED-Fraktion appelliert an die deutsche Präsidentschaft, im Rat nun zügig für eine Zustimmung zu diesem gefundenen Kompromiss zu sorgen. Das wäre auch von großer Symbolkraft.

Ich danke ganz herzlich unserem Freund El Khadraoui, der eine exzellente Entschließung verfasst hat, die wir — glaube ich — morgen mit großer Mehrheit in dem Sinne, wie wir es besprochen haben, annehmen werden.

 
  
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  Saïd El Khadraoui, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, sehr geehrte Damen und Herren! Die Aussprache kommt tatsächlich zur rechten Zeit, denn die Verhandlungen sind gerade zu Ende gegangen, und der Rat „Verkehr“ wird nächste Woche sein Urteil abgeben. Eigentlich kann sich das Europäische Parlament erst danach förmlich zu dem Abkommen in einem Bericht äußern, den ich dann so bald als möglich verfassen werde.

Mit dem Entschließungsantrag, der auf meine Initiative gemeinsam mit den einzelnen Fraktionen erarbeitet wurde, wollen wir allerdings ein deutliches Signal an den Rat und die Kommission senden. Um es kurz und bündig zu sagen, Herr Kommissar, Sie können auf unsere Unterstützung zählen, und wir fordern den Rat auf, das ausgehandelte Abkommen zu verabschieden. Dieses Abkommen markiert einen wichtigen Durchbruch auf dem Weg zu einem vollständig integrierten transatlantischen Luftverkehrsmarkt und bietet eine Möglichkeit, dem juristischen Damoklesschwert zu entgehen, das schon eine Weile über dem Luftfahrtsektor hängt.

Gegner des Abkommens haben Recht, wenn sie sagen, dass es nach wie vor an Ausgewogenheit zwischen den Rechten mangelt, die US-Unternehmen in Europa geltend machen können, und jenen Rechten, die wir in den USA durchsetzen können. Dafür gibt es historische Gründe, weil die USA dank einer Kombination bilateraler Abkommen zu weitaus mehr imstande sind als wir. Gleichwohl dürfen wir nicht vergessen, dass der europäische Luftverkehrsmarkt nicht in einem Zuge und nicht über Nacht liberalisiert wurde. Wir waren eindeutig für ein umfassendes Abkommen, sind jedoch der Meinung, dass dies politisch nicht machbar ist. Für die europäischen Verbraucher ist dieses Abkommen eine positive Nachricht. Wie Sie bereits dargelegt haben, können europäische Gesellschaften von einem Ort in Europa in einen Ort in den Vereinigten Staaten fliegen, was zu einem größeren Angebot und möglicherweise niedrigeren Preisen führen wird. Außerdem haben die USA eine Reihe von Zugeständnissen gemacht, um den europäischen Gesellschaften ein wenig mehr Zugang zum inländischen Markt der USA zu gewähren. Sie haben soeben einige Beispiele dafür gegeben. Uns kommt es jedoch darauf an, dass dem noch ein zweiter Schritt folgt.

Wir vertreten ferner die Auffassung, dass aus der Einrichtung eines gemeinsamen Ausschusses ein ständiger Dialog erwachsen kann, in dem eine Menge Aspekte betreffend die soziale Dimension, die Umwelt, die Sicherheit und die Sicherung erörtert werden können. Wir haben in dem Entschließungsantrag darauf besonderen Nachdruck gelegt, weil unseres Erachtens die Liberalisierung des Luftfahrtsektors mit all ihren Auswirkungen, sowohl positiv als auch negativ, mit der Festlegung hoher Standards auf den Gebieten einhergehen muss, die ich gerade aufgezählt habe. Wir haben festgestellt, dass beispielsweise eine technische Zusammenarbeit im Umweltbereich vorgesehen ist, damit künftig die effizientesten Flugrouten genutzt werden können. Das ist begrüßenswert.

Den Zweiflern, insbesondere unseren britischen Kollegen, die unter Druck stehen, sei gesagt, dass auch sie meiner Ansicht nach nicht unerheblich von dem Abkommen profitieren werden. Der Flughafen Heathrow wird sich mehr denn je zum Tor nach Amerika mit mehr Direktverbindungen in der Nähe der britischen Verbraucher entwickeln können.

Abschließend möchte ich anführen, Herr Kommissar, dass auch wir unser Bestes tun werden, um die nächsten Phasen erfolgreich abzuschließen, indem wir beispielsweise Kontakte zu unseren Kollegen im Kongress knüpfen. Wir hoffen, wir können auf Ihre weitere Mitwirkung an den kommenden Verhandlungen zählen.

 
  
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  Jeanine Hennis-Plasschaert, im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Frau Präsidentin! Der Luftverkehr zwischen den USA und der EU, den beiden größten Märkten auf der Welt, die 60 % aller weltweiten Flugbewegungen ausmachen, ist zunächst in bilateralen „Open sky“-Abkommen geregelt. Die meisten Mitgliedstaaten haben mit den USA eine gesonderte Regelung dieses Typs getroffen. Mit dem Abkommen, das am 2. März dieses Jahres vereinbart wurde, treten diese bilateralen Vereinbarungen endgültig außer Kraft. Das ist ein enormer Schritt nach vorn, den ich uneingeschränkt begrüße. Schließlich behindern diese bilateralen Abkommen den freien Wettbewerb, wenn Start- und Landerechte nationalen Fluggesellschaften vorbehalten sind, was weder der Industrie, geschweige denn dem Verbraucher zugute kommt.

Zu eben diesem Urteil kam der Europäische Gerichtshof bereits im Jahr 2002. Und jetzt, nach jahrelangen Verhandlungen, liegt endlich ein halbwegs ausgewogenes Abkommen vor – wenn auch kein perfektes, so dann doch ein vernünftiges. Ich darf daher hoffen, dass der Rat dieses Abkommen so bald als möglich verabschiedet, und zwar während der Zusammenkunft am kommenden 22. März.

Die Einwände, die hauptsächlich das Vereinigte Königreich geltend macht, betrachte ich als nicht eben konstruktiv. Die Abschirmung des eigenen Marktes ist anno 2007 eine Unverschämtheit und von dem europäischen Gedanken weit entfernt. Klar ist, dass sich der neue Rechtsrahmen für den transatlantischen Luftverkehr sowohl auf die Luftfahrtindustrie, den Verbraucher als auch auf die Beschäftigung vorteilhaft auswirken wird. Außerdem bietet er unseren europäischen Fluggesellschaften die ungemein wichtige Rechtssicherheit, die sie so dringend brauchen.

Der Vorschlag ist, wie ich gerade sagte, nicht perfekt. Bis heute bedienen sich die USA Argumenten wie Sicherheit und Sicherung, um beispielsweise die Verhandlungen hinsichtlich der Kabotage zu erschweren, weshalb auf diesem Gebiet kein Fortschritt zu verzeichnen ist. Ferner ist die Möglichkeit für Fluggesellschaften der EU, US-amerikanische Fluggesellschaften wirksam zu kontrollieren, trotz umfassender Eigentumsbestimmungen nach wie vor beschränkt. Die Abschirmung des eigenen Marktes unter dem Deckmantel der Sicherheit und Sicherung ist unsinnig und nach meinem Dafürhalten ein Eingeständnis von Schwäche.

Zugleich, Herr Kommissar, blicke ich optimistisch in die Zukunft, denn der neue Rahmen sieht schließlich einen verbindlichen Zeitplan für ein zweites Abkommen vor, in dem diese Einschränkungen erneut zur Sprache kommen. Wenn die USA weiterhin Zugeständnisse ablehnen, dann muss die EU hart bleiben. Vor allem das muss den Amerikanern deutlich gemacht werden.

Mein Dank gilt dem Kommissar und seinem Team für ihre Entschlossenheit, und ich hoffe, wir werden künftig mehr davon sehen. Danken möchte ich auch unserem Berichterstatter, Herrn El Khadraoui, für seinen Elan und seinen aktuellen Beitrag zu dem Entschließungsantrag, der morgen zur Abstimmung steht.

 
  
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  Ryszard Czarnecki, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Frau Präsidentin! In zehn Tagen wird der Herr Kommissar den Verkehrsministern der Union den Entwurf des „Open-Skies“-Abkommens zwischen der EU und den USA offiziell vorstellen. Die Verhandlungen waren erfolgreich, werden aber weitergeführt, da noch einige Fragen zu klären sind. Mit dem Abkommen wird ein offener Raum für Transatlantikflüge errichtet, d. h., es wird keine mühseligen bilateralen Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und den einzelnen Mitgliedstaaten der Union mehr geben.

In der Praxis bedeutet das für die Verbraucher, dass sie aufgrund des stärkeren Wettbewerbs eine größere Auswahl bei den Flugverbindungen haben und die Ticketpreise sinken werden. Die Union lässt den Vereinigten Staaten hier keine Sonderbehandlung zuteil werden, denn es existieren bereits 16 ähnliche Abkommen zwischen der Europäischen Union und Ländern in Europa, Asien, Afrika und Australien, wie z. B. Kroatien, der Ukraine, Marokko, dem Libanon, Singapur und Australien. Auch mit Chile hat die EU vor kurzem ein solches Abkommen geschlossen. Meine Vorrednerin hatte natürlich Recht mit ihrer Feststellung, dass es sich hier wegen des Ausmaßes und der Bedeutung der Flüge in gewissem Sinne um ein außergewöhnliches Abkommen handelt.

Es ist noch nicht vollständig gelungen, Hindernisse zu beseitigen und die Flugverkehrsdienste zu liberalisieren. Der nächste wichtige Schritt besteht darin zu erreichen, dass die amerikanische Seite einer Erleichterung von Investitionen europäischer Unternehmen auf dem US-amerikanischen Markt für Beförderungsleistungen zustimmt.

Es kommt nicht oft vor, dass ein von der Europäischen Kommission vorgelegtes Abkommen so unstrittig ist und den europäischen Verbrauchern so eindeutige Vorteile bringt. Meinen Glückwunsch dafür an den Herrn Kommissar. Die Politik des offenen Himmels ermöglicht bessere, häufigere und preisgünstigere Verbindungen zwischen den Europäern und den Amerikanern. Wir können den Atlantik kostengünstiger und bequemer überqueren als früher.

 
  
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  Eva Lichtenberger, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich beginne mit einem Dank an Herrn El Khadraoui. Dieses Abkommen, das nun zur Diskussion steht, mindert zwar endlich einige der wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten zulasten Europas aus der Vergangenheit, ignoriert aber in gewisser Weise die Herausforderungen der Zukunft.

Die Frage der Emissionen des Flugverkehrs wurde leider weitgehend ausgeblendet, obwohl wir uns angesichts der Klimaproblematik dessen bewusst sein müssen, dass auch der Flugverkehr einen Beitrag zur Verminderung der Belastung der Atmosphäre wird leisten müssen.

Ein großes Problem sehe ich nach wie vor darin, dass die Gegenseitigkeit leider noch nicht vollständig hergestellt ist. Wir müssen hier auf einen Stufenplan vertrauen. Falls dieser Stufenplan von Seiten der Vereinigten Staaten nicht eingehalten werden sollte, müssen wir als Parlament darauf achten, dass Europa Rückgrat zeigt. Das gilt für Investitionen, das sollte und muss aber auch für die Fragen der Sicherheit der Datenweitergabe und vor allem für die Frage der Emissionsbegrenzungen gelten. Wir müssen darauf achten, dass europäische Interessen hier nicht bestimmten Sentimentalitäten geopfert werden oder wirtschaftliche Einzelinteressen über das Gesamte gestellt werden.

Zum Schluss, Herr Kommissar, wollte ich Ihnen auch noch danken, dass Sie erwähnt haben – was jeden Theologen freuen wird –, dass Sie sich für den offenen Himmel für alle einsetzen. Ein sehr demokratischer Ansatz auch für Sünder!

 
  
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  Jaromír Kohlíček, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (CS) Meine Damen und Herren! Der Luftverkehr zwischen der EU und den USA macht etwa 60 % des weltweiten Luftverkehrs aus. Deshalb müssen die beiden Partner eine Einigung erzielen, denn nur so werden Fortschritte im internationalen Flugverkehr möglich sein. Eine solche Einigung muss ausgewogen, für beide Seiten annehmbar und technisch präzise formuliert sein. Eine weitere Voraussetzung ist eine einheitliche Auslegung durch beide Parteien. Die laufenden Verhandlungen haben deutlich gemacht, dass der Ansatz der USA so wie in anderen Bereichen diskriminierend sein und es ihm an Transparenz fehlen wird. Außerdem werden sich bei der Auslegung der Vereinbarung mit der Zeit spürbare Veränderungen einschleichen. Deshalb kommt es darauf an, weitere Gespräche zu unterstützen, die auf eine maximale Ausgewogenheit der Vereinbarungen im Namen der EU als Ganzes abzielen. Trotz der bisher erzielten Fortschritte ist es noch zu früh, um von einem integrierten transatlantischen Markt im Bereich des Luftverkehrs zu sprechen. Diese Überlegungen bilden auch die Grundlage für unser Herangehen an die vorgeschlagenen Änderungen.

Schauen wir uns einige spezifische Fragen der Beziehungen zwischen den USA und der EU etwas genauer an. Im Moment gibt es eine Reihe bilateraler Abkommen zwischen einzelnen Mitgliedstaaten der EU und den USA. Die Lage ist verwirrend, und wenn wir uns einbilden, dass wir eine vollständige Einhaltung des EU-Rechts erreichen können, dann machen wir uns etwas vor. Das wichtigste Problem zum jetzigen Zeitpunkt ist die Verhandlungsmacht der beiden Partner. Die diesbezügliche Position der USA ist natürlich wesentlich stärker und hat unfaire Vorteile für unsere transatlantischen Partner zur Folge.

Die erste derartige Voraussetzung ist natürlich die so genannte Kabotage. In den USA fällt der Luftverkehr zwischen den Bundesstaaten unter die Kabotage, während der Verkehr innerhalb der Union noch nicht einmal in den Verträgen als solche ausgewiesen ist. Dieser Bereich sollte harmonisiert werden. Desgleichen muss auch über die typischen Schutzmaßnahmen gesprochen werden, die es Rechtssubjekten aus anderen Ländern verbieten, US-Luftfahrtunternehmen zu kontrollieren. Herr Barrot hat einige sehr gute Punkte in dieser Angelegenheit angesprochen.

Die Auflagen in Bezug auf die Kontrolle der Infrastruktur, also von Flughäfen, sind ähnlich problematisch. In diesem Bereich ist die Diskrepanz zwischen den erklärten Zielen hinsichtlich der Liberalisierung und der Realität noch größer. Was den Flugverkehr in der Union betrifft, so ist die Diskussion über die Auswirkungen des Verkehrs auf die Umwelt hochaktuell. Dabei geht es um Fragen wie die Besteuerung von Flugbenzin, den Anteil an den Emissionen und insbesondere am Kohlendioxidausstoß, Fluglärm und andere umstrittene Bereiche. Wenn Fluggesellschaften in der Union im Rahmen des Kyoto-Protokolls zum Emissionshandel verpflichtet werden, dann muss dafür gesorgt werden, dass für die Konkurrenz, vor allem die USA, unseren größten Konkurrenten, die gleichen Bedingungen gelten. Uns sollte bewusst sein, dass wir mit der Erarbeitung neuer internationaler Vorschriften, die den Maßstab für den gesamten Sektor setzen, einen Präzedenzfall schaffen.

Was soziale Bedingungen angeht, so glaube ich, dass wir es hauptsächlich mit drei Problemkreisen zu tun haben. Der erste betrifft die Forderung nach qualifizierten Besatzungen; der zweite betrifft die Harmonisierung der Arbeitszeit in Bezug auf die Dienstpläne des Flugpersonals; und der dritte umfasst Auflagen in Bezug auf die Qualifikationen des Bodenpersonals, das für die Flugvorbereitung verantwortlich ist und Kontrollen im Zusammenhang mit Zwischenlandungen durchführt.

In letzter Zeit mussten wir uns auseinandersetzen mit Sicherheitsrisiken, Auflagen in Bezug auf biometrische Daten, der Weitergabe von Passagierlisten und verschiedensten Anweisungen und Verboten. Wir sollten auch die unlängst verabschiedete Richtlinie zur Verbesserung der Lage von Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität im Auge behalten. Einige der auf Flughäfen eingeführten Maßnahmen stehen schon fast im Widerspruch zu den Menschenrechten der Flugpassagiere. Ein typisches Beispiel dafür ist die Verarbeitung personenbezogener Daten von Flugreisenden. Herr Kommissar, mich würde interessieren, wie sich das mit dem Datenschutz im Rahmen des Schengener Systems, das in diesem Jahr erweitert werden soll, vereinbaren lässt. Weitere Maßnahmen, die an Belästigung grenzen, sind u. a. die wiederholten Gepäckkontrollen beim Umstieg auf Flughäfen. Ich glaube, dass diese Probleme gelöst werden, und ich freue mich darauf, gemeinsam mit der Kommission an ihrer Lösung zu arbeiten.

 
  
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  Kathy Sinnott, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Letzte Woche gab es in einigen Kreisen Jubel über den wichtigen Durchbruch bei den seit langem angestrebten „Open Skies“-Abkommen.

Ich betrachte die ganze Angelegenheit mit sehr gemischten Gefühlen. Einerseits halte ich es für gut, dass Fliegen erschwinglicher wird und dass mehr Flüge verfügbar sein werden. Natürlich werden wir den Anstieg mit einer besseren Kraftstoffeffizienz ausgleichen müssen, um größere Anstiege bei den Emissionen zu vermeiden. Doch wenn die billigeren Flüge am Ende den Reiseverkehr in die drei großen europäischen Drehkreuzflughäfen leiten, dann wird Reisen ein noch größerer Albtraum als es jetzt schon ist.

Wir haben viele Regionalflughäfen mit dem Potenzial, Gebiete Europas für Besucher und Geschäftsreisende zu erschließen, aber ich fürchte, im deregulierten, wettbewerbsorientierten Umfeld des offenen Himmels werden sie an den Rand gedrängt, wenn wir nicht aufpassen, wie es angelegt wird.

Die Auswirkungen auf Regionalflughäfen und ihre Umgebung müssen bewertet werden. In meinem Wahlkreis fordern wir schon seit langem eine Folgenabschätzung, vor allem im Raum Shannon. Sogar zu diesem späten Zeitpunkt ist es noch wichtig, dass wir solche Bewertungen durchführen.

 
  
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  Reinhard Rack (PPE-DE). – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hören in den letzten Jahren immer häufiger von den europäischen Menschen, aber auch aus sehr vielen europäischen Hauptstädten, dass sich Europa in alles einmische. Diese Kritik kommt nicht ganz von ungefähr, und sie ist in einer Reihe von Fällen auch berechtigt. Gerade das heutige Beispiel zeigt allerdings auch, dass wir in einer ganzen Reihe von Fragen mehr Europa brauchen und auch mehr Gemeinsamkeit in diesem Europa. So gesehen können wir den Abschluss dieses in Aussicht stehenden Open-Sky-Abkommens zwischen Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika grundsätzlich nur begrüßen. Dieses Abkommen wird insgesamt sehr viele Einzelabkommen ersetzen und im Übrigen auch eine Vorbildrolle für sehr viele andere Abkommen zwischen der Europäischen Union und anderen Teilen dieser Welt spielen.

Mit den Amerikanern zu einem guten Abschluss zu kommen, ist nicht einfach. Herr Vizepräsident, Sie haben darauf hingewiesen, und Sie haben eine Reihe von Beispielsfällen angesprochen. Dass es mit dem jetzigen Kongress unter Umständen noch schwieriger ist, zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen, ist uns bekannt. Dies darf aber nicht dazu führen, dass die USA aus ihrer Verhandlungsposition heraus einseitig besondere Vorteile schöpfen. Ich würde das im Übrigen umkehren und sagen, es wäre gut, wenn die Europäische Kommission und der Rat die Tatsache, dass das Europäische Parlament als Volksvertretung hier mitreden möchte, noch stärker berücksichtigen, als das bisher der Fall war.

Ein ganz konkretes Argument in diesem Zusammenhang, das nicht unmittelbar Gegenstand des Abkommens ist, aber sehr viel mit dem Abkommen zu tun hat: Die bisherigen Sicherheitsvorschriften im internationalen Flugverkehr sind in ganz hohem Maß einseitig durch Interessen und Aktionen der Amerikaner diktiert. Hier brauchen wir eine Überprüfung und nötigenfalls auch eine Abänderung.

 
  
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  Brian Simpson (PSE).(EN) Frau Präsidentin! Mit über 40 % des EU-USA-Marktes ist dieses spezielle Abkommen natürlich für das Vereinigte Königreich von großem Interesse. Ich kann akzeptieren, dass das Abkommen einige Vorteile für die Verbraucher bringen könnte, aber dennoch wurden meiner Meinung nach einige grundlegende Punkte nicht behandelt, und es wirft jede Menge Fragen auf. Vor allem bietet der Handel keineswegs die Art Zugang zum USA-Markt, den einige Fluglinien der EU gern hätten. Es enthält wenig zu den Eigentumsrechten bei US-amerikanischen Fluggesellschaften und scheint sich kaum von früheren Abschlüssen zu unterscheiden, die die Europäische Union abgelehnt hat.

Diejenigen, die dieses Abkommen begeistert begrüßt haben, sollten vielleicht kurz innehalten und genauer prüfen, was hier im Einzelnen für die EU herauskommt. Ich weiß, das oberste Ziel ist die Schaffung eines offenen Luftraums mit den USA, und ich bin auch wirklich für eine Vereinbarung, die den transatlantischen Luftverkehrsmarkt öffnen würde. Doch die Frage ist, ob dieser Abschluss dazu beiträgt? Für mich ist das ein Abschluss, der den USA heute schon alles bietet und die EU auf die Zukunft vertröstet. Doch wenn mit diesem Abkommen weiter gearbeitet wird, dann müssen wir dafür Sorge tragen, dass schnell ein klarer Zeitplan mit echten und seriösen Anreizen auf beiden Seiten aufgestellt wird, um zu einem Abschluss in der zweiten Phase zu kommen, der einen vollständig geöffneten Luftverkehrsmarkt ermöglicht.

Kurz gesagt, ich halte diesen Abschluss nicht für eine Katastrophe, aber er ist nicht so umwerfend, wie die Kommission Sie glauben machen will. Es ist nur der erste Schritt, und zwar einer, der wohl für die USA von Vorteil ist. Ich erwarte, dass die Vereinigten Staaten in künftigen Abkommen etwas Greifbareres zurückgeben und man dort aufhört, seine Luftverkehrsbranche so übermäßig zu schützen.

 
  
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  Paolo Costa (ALDE). – (IT) Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich kann weder Begeisterung noch Enttäuschung zum Ausdruck bringen, doch halte ich es für angebracht, den Pragmatismus anzuerkennen, mit dem Herr Barrot und die Kommission diese Verhandlungsphase abgeschlossen haben. Wir alle hätten sicher ein allgemeines Abkommen vorgezogen, das sich auch mit den Eigentums- und Kontrollrechten sowie mit der Öffnung des amerikanischen Binnenmarkts befasst. Es ist jedoch klar, dass diese Präferenz mit der hoch bedeutsamen Tatsache kollidiert, dass mit den betreffenden Verhandlungen zwei Ziele verfolgt wurden: ein internes und ein externes.

Diese Ziele entsprechen einem Erfordernis und einem Interesse: dem Erfordernis, der Diskriminierung innerhalb der Europäischen Union ein Ende zu setzen, die deswegen besteht, weil wir die Existenz so unterschiedlicher Märkte und die Möglichkeit bilateraler Abkommen akzeptiert haben, was zu ungerechten Situationen innerhalb der Gemeinschaft führt und vom Europäischen Gerichtshof für nichtig erklärt wurde. Es ist klar, dass das nur für Europa geltende Erfordernis, diese Diskriminierung zu beenden, unsere Verhandlungsfähigkeit gegenüber den USA schwächt.

Daraus lässt sich objektiv ableiten, dass dieser erste Teil des Abkommens absolut „intern“ ist, und unter diesem Gesichtspunkt lässt sich meines Erachtens das Ergebnis jeder Folgenabschätzung ganz leicht vorwegnehmen: Es wird einige Länder, Fluggesellschaften und Flughäfen geben, die durch das Abkommen benachteiligt werden, und andere, die davon profitieren. Tatsache ist jedoch, dass wir Monopolmächte zugunsten einer gerechten Öffnung für alle, in allen Ländern und in ganz Europa, in die Schranken verweisen. Ich denke, dieses Ziel muss als positiv angesehen werden.

Zweitens möchte ich die Aufmerksamkeit auf das Thema Sicherheit und Gefahrenabwehr lenken, sowohl in Bezug auf das Eigentum als auch auf die Öffnung des Binnenmarkts. Das könnte den USA offensichtlich als guter Vorwand oder als Ausrede dienen. Wir müssen allen Ausreden den Wind aus den Segeln nehmen. Die Einigung über die Sicherheits- und Gefahrenabwehrvorschriften muss ein vorrangiges Ziel sein, um die Lösung dieses Problems zu ermöglichen. Die Lösung dieses Problems würde jedes andere Argument, wonach ausländisches Eigentum an Fluggesellschaften in den USA oder die Marktöffnung zu Unsicherheit führen könne, entkräften.

Ich möchte außerdem darauf hinweisen, dass in den Vereinigten Staaten die gesamten Sicherheitskosten zulasten des Bundeshaushalts gehen, und auch unter diesem Blickwinkel wäre ein Überdenken des Herangehens der Union an diese Frage sinnvoll.

 
  
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  Timothy Kirkhope (PPE-DE).(EN) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich dem Kommissar für seine Erklärung danken und ihm auch die Anerkennung zollen, die ihm dafür gebührt, dass er die Dinge vorangebracht hat. Ich befürchte allerdings, dass ich einigen meiner Freunde hier widersprechen muss, denn ich begrüße zwar Bemühungen um die Öffnung von Märkten, doch diese Marktöffnungen müssen in fairer Weise geschehen, und ich fürchte, dieses Abkommen geht nicht weit genug.

Nicht nur würden die derzeitigen Vorschläge britischen Unternehmen schaden, sie könnten sich auch auf einige unserer EU-Unternehmen generell nachteilig auswirken. Mit dem, was jetzt auf dem Tisch liegt, erhalten Unternehmen der USA ohne Zweifel einen wesentlichen Anteil an unserem unregulierten Markt, während EU-Firmen nur übrig bleibt, um die Reste auf dem regulierten US-amerikanischen Markt zu kämpfen. Ich glaube, wir sollten uns stärker für gegenseitige Vereinbarungen zu Eigentumsrechten einsetzen.

Bei dem vorliegenden Abschluss können die US-amerikanischen Beteiligungen, soweit mir bekannt ist, bis zu 49 % der stimmberechtigten Aktien einer EU-Fluggesellschaft besitzen, während EU-Beteiligungen nur bis zu 25 % stimmberechtigte Aktien einer US-amerikanischen Fluggesellschaft besitzen können, und das ist wohl nicht unbedingt fair oder offen. Dem Gerichtshof zufolge sollten bei allen transatlantischen Verhandlungen bilaterale Abkommen der Mitgliedstaaten, beispielsweise Bermuda II, ohne Einschränkung eingehalten werden, und meiner Meinung nach wird das bei diesem Abschluss nicht angemessen beachtet.

Die Kommission strebt eine Harmonisierung ihrer Politik an und hat nicht alle Unterschiede zwischen den Staaten in Betracht gezogen. Wir fordern in diesem Zusammenhang, dass weiter gehandelt statt nur geredet wird. Sicher, die Kommission hat wohl etwas erreicht, aber wichtig ist auch, dass es in drei Monaten, wenn wir an den Verhandlungstisch zurückkehren – was ich, wie gesagt, begrüße –, feste Zusagen von den Vereinigten Staaten geben muss, mehr zu tun, um auf unsere Anforderungen in diesem Bereich einzugehen.

 
  
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  Inés Ayala Sender (PSE).(ES) Frau Präsidentin, Herr Vizepräsident! Ich freue mich besonders, dass ich Ihnen zum Erfolg der Kommission gratulieren kann, der durch den deutschen Vorsitz unterstützt wurde und zu dem ihre effizienten Dienste beigetragen haben, mit einer gewissen spanischen Prägung, wie meines Erachtens fairerweise gesagt werden kann.

Darüber hinaus ist dieser Erfolg das Ergebnis des Drucks, unter anderem seitens dieses Parlaments, das von Anfang an die Strategie des offenen Luftverkehrsraums der Kommission unterstützt und sie angesichts der wachsenden Schwierigkeiten, wie im Falle dieser komplizierten transatlantischen Beziehungen, ermutigt hat.

Dieses Abkommen besitzt den großen Vorzug, diese transatlantischen Beziehungen in einer für alle äußerst wichtigen Zeit zu stärken: am Vorabend der Wahlen in den USA und in einer Phase, da wir die Umweltforderungen an den Luftfahrtsektor Europas voranbringen müssen.

Es hilft auch, die europäische Identität und die Identität der Europäischen Union als globalen Partner zu stärken. Ich glaube, dieses Abkommen ist ein gutes Signal an die Bürger.

Zudem leistet dieses Abkommen einen entschiedenen Beitrag zur Lissabon-Strategie und insbesondere im Fall von Kartellbefreiung zur Erleichterung von kommerziellen Abkommen und zur Entwicklung von Allianzen zwischen Fluggesellschaften, was ohne Zweifel das Wachstum und die Demokratisierung der Flugreisen unter den Bürgern fördern wird.

Es enthält weiterhin Bestimmungen über die technische Zusammenarbeit im Hinblick auf den Klimawandel, von denen ich hoffe, dass sie bei der Bewältigung der Auswirkung des Luftfahrtsektors hilfreich sein werden.

Ich freue mich auch über die Bestimmungen zur Kontrolle der Fluggesellschaften, und was die von Herrn Costa angesprochene Sicherheit angeht, würde ich es in der Tat vorziehen, zunächst gründlich die Ergebnisse des Systems der USA zu analysieren, da dessen Zuverlässigkeit gelegentlich infrage gestellt worden ist.

Wir müssen nun endgültig den noch vorhandenen Widerstand des Rates überwinden, und ich hoffe, dass die Arbeit von Herrn El Khadraoui dabei für Sie von Nutzen sein wird.

 
  
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  Jim Higgins (PPE-DE).(EN) Frau Präsidentin! Die jüngste Grundsatzeinigung zwischen den USA und der EU zu einem offenen Luftraum ist äußerst begrüßenswert, weil wir nach einer Situation, die vor einigen Monaten noch völlig festgefahren schien, jetzt an der Schwelle zu einem offenen Luftfahrtmarkt stehen. Das wird den reisenden Bürgern zugute kommen.

Der Wettbewerb auf dem Luftfahrtsektor hat den Luftverkehr revolutioniert. Die Fluggäste können nun wählen, preiswerte Flugreisen ohne Extras sind jetzt an der Tagesordnung. Mit der neuen Vereinbarung werden die Fluggäste sogar noch mehr Vorteile erhalten. Die Eigentumsfrage, die für die Vereinigten Staaten ein Problem war, ist nun hoffentlich mit einem achtbaren Kompromiss gelöst. Allerdings stimme ich meinen Kollegen Herrn Simpson und Herrn Kirkhope zu und möchte die Kommission mahnen, in künftigen Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten sehr hartnäckig zu sein.

Meine Anerkennung an die Kommission für ihre deutliche Haltung bei der Weigerung, individuelle bilaterale Vereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten innerhalb der EU und den USA zu erlauben. Solche bilateralen Vereinbarungen würden die gerade erzielte Einigung untergraben und verzögern. Das neue Abkommen wird dann hoffentlich etwas Schutz für den Flughafen Shannon an der Westküste Irlands bieten. Der Flughafen Shannon ist seit über siebzig Jahren der Durchgangsflughafen zwischen den Vereinigten Staaten und Irland. Alle Flugzeuge auf dem Weg in die und von den USA landeten in Shannon zwischen. Diese obligatorische Zwischenlandung ist in den letzten Jahren eingeschränkt worden. Aber es wäre ganz entscheidend, wenn dieses neue Abkommen eine Übergangsfrist für Flughäfen wie Shannon vorsehen würde, damit sie sich an die neue Situation anpassen können.

Ebenso wichtig ist, dass das „Open Skies“-Abkommen alle paar Jahre überprüft wird, um die Auswirkungen, die es auf Shannon und andere, vergleichbare Flughäfen hat, zu überwachen. Das Abkommen ist von großer historischer Bedeutung. Es ist historisch sogar das bedeutendste seit dem Chicagoer Abkommen von 1944. Meine Anerkennung an beide Seiten, und insbesondere an die Kommission, für die Rettung eines Abkommens, das noch vor wenigen Monaten zum Scheitern verurteilt zu sein schien.

 
  
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  Józef Pinior (PSE). – (PL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Der Luftverkehrsmarkt der EU und der USA machen zusammengenommen etwa 60 % des weltweiten Luftverkehrs aus. Das Luftverkehrsabkommen zwischen der EU und den USA bringt deshalb den Verbrauchern auf beiden Seiten des Atlantiks Vorteile. Es wird zur Vertiefung der transatlantischen Beziehungen beitragen und dient als Modell für die weitere Liberalisierung und Angleichung der internationalen Rechtsvorschriften.

Wie der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil feststellt, entsprechen einige bilaterale Luftverkehrsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und den Vereinigten Staaten nicht den Rechtsgrundsätzen der Europäischen Union. Das Luftverkehrsabkommen zwischen der EU und den USA ist deshalb der beste Weg, um die volle Übereinstimmung mit den Gemeinschaftsvorschriften zu gewährleisten. Die Harmonisierung der Rechtsvorschriften speziell in den Bereichen Sicherheit, Umweltschutz und soziale Rechte der Arbeitnehmer ist bei dieser Art von Abkommen über die Luftverkehrsdienste von besonderer Bedeutung.

Wichtig ist die enge Zusammenarbeit zwischen den für die Flugsicherheit zuständigen Behörden der EU und der USA auf EU-Ebene und auf US-Bundesebene, aber auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten. Ziel muss es sein, einen einheitlichen Raum der Flugsicherheit zu errichten, wozu auch gehört, dass Fluggäste und Gepäck nur einmal zu Beginn des Fluges und nicht auch bei jedem Transitflug kontrolliert werden.

Ich möchte ferner unterstreichen, dass bei dem Austausch von personenbezogenen Fluggastdaten zwischen der EU und den USA die Privatsphäre der europäischen und amerikanischen Bürger respektiert werden muss. Das hat das Europäische Parlament in seinen Entschließungen bereits deutlich gemacht. Das transatlantische Luftverkehrsabkommen muss auf der Menschenrechtskonvention und anderen internationalen Rechtsakten basieren, die die bürgerlichen Rechte und Freiheiten garantieren.

Herrn El Khadraoui gebührt Dank für seinen gewissenhaften Beitrag zur Erarbeitung des Standpunkts des Europäischen Parlaments in dieser Frage.

 
  
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  Christine De Veyrac (PPE-DE).(FR) Frau Präsidentin, Herr Vizepräsident der Kommission! Bravo! Seit Jahren diskutieren und verhandeln wir nun schon. Ihre Aufgabe war schwierig, aber Sie haben Überzeugungskraft und Effizienz bewiesen. Ich möchte das erzielte Abkommen begrüßen, denn es handelt sich um ein gutes Abkommen für die europäischen Interessen.

Die Liberalisierung des transatlantischen Luftverkehrs wird das Wachstum unserer Fluggesellschaften beschleunigen, die gegenwärtig mit dem Anstieg der Kerosinkosten, mit immer strengeren Sicherheitsauflagen und einer künftigen Gebühr zur Bekämpfung der Erderwärmung konfrontiert sind. Indem Sie ihnen ermöglichen, künftig die USA von jeder europäischen Stadt aus und nicht mehr nur vom Herkunftsland aus anzufliegen, schaffen Sie für unsere Fluggesellschaften mehr Aktivitäten und damit mehr Arbeitsplätze für unsere Mitbürger. Mehr Verbindungen, aber auch größere Freiheit hinsichtlich der Frequenzen und Flugpläne, das bedeutet zugleich mehr Auswahl für den Verbraucher: Die europäischen und US-amerikanischen Passagiere werden also die zweiten großen Nutznießer dieses Abkommens sein.

Ein dritter Grund zur Zufriedenheit ist die nunmehr gebotene Möglichkeit für die europäischen Fluggesellschaften, mehr als 50 % am Kapital von US-amerikanischen Gesellschaften zu erwerben. Gewiss kann man bedauern, dass unsere amerikanischen Freunde das freie Funktionieren des Marktes einschränken, indem sie sich weigern, den europäischen Gesellschaften mehr als 25 % der Stimmrechte zu überlassen. Aber wir sollten da nicht zu wählerisch sein, denn das Bessere ist vielfach der Feind des Guten. Im Übrigen sagten Sie ja, Herr Kommissar, dass das Abkommen als Gegenleistung die Möglichkeit für die Union vorsehe, die US-amerikanischen Beteiligungen an unseren eigenen Gesellschaften zu begrenzen.

Ebenso wie Georg Jarzembowski möchte ich abschließend die europäischen Verkehrsminister bitten, der Kommission in wenigen Tagen ihre volle Unterstützung zu gewähren, denn es geht um die Interessen eines unserer größten Wirtschaftssektoren, und die müssen verteidigt werden. Gegenüber den Vereinigten Staaten wäre ein solches Ergebnis ohne die Bündelung unserer Mittel nicht erreichbar gewesen. Allein vermögen wir nur wenig, Herr Kommissar, gemeinsam wird alles möglich.

 
  
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  Antonio López-Istúriz White (PPE-DE).(ES) Frau Präsidentin! Gute Beziehungen zwischen den USA und der Europäischen Union sind für beide Seiten des Atlantiks von grundlegender Bedeutung, wenngleich einige Leute es lieber sähen, dass dies nicht der Fall wäre.

Glücklicherweise ist es lange her, seit Kolumbus in einer ökologisch akzeptablen Art und Weise die neue Welt erreichte. Und die Zeiten des monopolistischen Extremismus, die Europa so große Rückständigkeit gebracht haben, liegen weit zurück.

Die Europäische Kommission hat gerade ein Luftverkehrsabkommen mit den USA abgeschlossen, das den europäischen Fluggesellschaften neue Zukunftsaussichten eröffnet.

Herr Vizepräsident der Kommission, ich möchte Ihnen ganz herzlich zu Ihrer gesamten Arbeit gratulieren. Ich möchte auch Ihren Direktor, Herrn Daniel Calleja, beglückwünschen sowie, wenn Sie, Herr Vizepräsident, mir gestatten, den Geist zu erwähnen, der diesem Abkommen sicherlich innewohnt, auch Ihre Vorgängerin, Frau Loyola de Palacio.

Ich glaube wirklich, dass dies ein wichtiger Erfolg der Kommission ist. Ich hoffe, dass der Rat dieses Abkommen baldmöglichst eindeutig bestätigt. Die bilateralen Abkommen zwischen den USA und den Mitgliedstaaten müssen durch umfassendere Abkommen ersetzt werden. Und wenn das Abkommen, wie die Kommission beabsichtigt, ab Oktober angewendet werden kann, umso besser.

Wenn das eintritt, wenn der offene Luftverkehrsraum Realität geworden ist, werden die europäischen Bürger und Fluggesellschaften viele Vorteile genießen: gemeinsame Regeln auf beiden Seiten des Atlantiks, die Möglichkeit der Eröffnung neuer Passagier- und Güterverkehrsstrecken sowie niedrigere Kosten, die unsere Gesellschaften und unseren Luftverkehr wettbewerbsfähiger machen werden. Von alledem sollten die Verbraucher beim Endpreis ihrer Tickets profitieren.

Das letzte Ziel dieser Abkommen ist die Schaffung eines künftigen Bereichs freier Luftverkehrsdienstleistungen zwischen den USA und der Europäischen Union, was mit der Lissabon-Strategie übereinstimmt und die so notwendigen transatlantischen Beziehungen stärkt.

 
  
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  Gay Mitchell (PPE-DE).(EN) Frau Präsidentin! Ich entschuldige mich für meine Verspätung und danke Ihnen für Ihre Geduld. Ich hatte Schwierigkeiten mit den Aufzügen.

Der transatlantische Fremdenverkehr ist für Irland lebenswichtig, und es gibt noch viel Raum für eine Ausweitung. Von den nahezu sieben Millionen Menschen, die Irland im Jahre 2005 besucht haben, kamen mehr als eine halbe Million von der anderen Seite des Atlantiks und brachten für die irische Wirtschaft über 500 Millionen Euro. Man schätzt, dass es dreimal so viele Menschen werden könnten, wenn das „Open Skies“-Abkommen ratifiziert wird, die der irischen Wirtschaft dann eine Milliarde Euro zusätzlich bringen würden. Mit der Verwirklichung eines offenen Luftraums können wir weiter vom Geschäftswert profitieren, den wir als Gastgeber solcher Veranstaltungen wie der Tour de France, den Olympischen Spielen für Behinderte und dem Ryder Cup erzielen. Wenn ein kleines Land wie Irland solche Vorteile davon hat, wie groß ist dann erst das Potenzial für den Kontinent Europa?

Selbstverständlich müssen wir uns um den Klimawandel Gedanken machen, aber die Antwort liegt darin, neue Kraftstoffe für den Luftverkehr zu finden und die vorhandenen Kraftstoffe effizienter zu nutzen. Protektionismus nützt weder den Verbrauchern noch unseren Volkswirtschaften. Eine klare Politik des offenen Luftraums ist nicht nur ein Anreiz für Menschen, nach Europa zu reisen, sondern hilft auch, europäische Waren in Nordamerika bekannt zu machen. „Open Skies“ öffnet den amerikanischen Markt weiter für europäische Verbraucher und Geschäftsleute. Wenn wir die Möglichkeit haben, zu reisen und mit mehr Städten Handel zu treiben, kann dies nur dazu beitragen, unseren Volkswirtschaften einen Schub zu geben und uns zusätzlichen Zugang zur starken Wirtschaft der USA zu verschaffen, vor allem jetzt angesichts der derzeitigen Stärke des Euro gegenüber dem Dollar. Das sind doch gute Aussichten für europäische Unternehmen.

Nicht zuletzt wird mit dem Austausch auf wirtschaftlicher und kultureller Ebene, den dieses Abkommen ermöglicht, gewährleistet, dass die Vereinigten Staaten und Europa in den kommenden Jahren eine stabile Beziehung pflegen, und ich fordere die Kommission und den Rat dringend auf, hier dem Protektionismus und dem Eigennutz zu widerstehen.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Frau Präsidentin! Ich möchte den Abgeordneten und allen Rednern herzlich für ihre Unterstützung und ihren interessanten Beitrag zu dieser wichtigen Debatte danken. Zweifellos sind wir dabei, ein Abkommen abzuschließen, das nicht nur für die transatlantischen Beziehungen von historischer Bedeutung ist, sondern auch in dem Sinne, dass es die Luftfahrt im Weltmaßstab voranbringt, um, wie das unterstrichen wurde den Luftverkehr zu demokratisieren und ihn möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen.

Ich möchte nicht noch einmal auf die Vorteile des Abkommens eingehen, die insbesondere von Herrn Jarzembowski und Herrn El Khadraoui unterstrichen wurden, dem ich besonders für seine Initiative danke. Der Zugang von Fluggesellschaften aus jedem beliebigen europäischen Land zu jedem beliebigen Ort der Vereinigten Staaten ohne Diskriminierung nach der Staatszugehörigkeit ist einer der bedeutenden Vorteile. Vor allem wird uns das ermöglichen, Herr Costa, bestimmte rechtliche Probleme zu lösen, die nach den Open-Sky-Urteilen aufgetreten sind. Ein weiterer enormer Vorteil für die Verbraucher besteht in einer größeren Auswahl zu günstigeren Preisen. Und es werden 60 % des Weltflugverkehrs geöffnet.

Es darf nicht vergessen werden, das es einen gemeinsamen Ausschuss gibt, der eine Schlüsselrolle für die Umsetzung des Abkommens spielen wird, um soziale Fragen zu diskutieren, um sich mit Fragen im Zusammenhang mit Eigentumsverhältnissen und Kontrolle, mit Wettbewerb, Beihilfen und Umweltproblemen zu befassen.

Einige von Ihnen haben das Problem der Sicherheit angeschnitten, vor allem Frau Hennis-Plasschaert. Dieses Abkommen enthält entscheidende Bestimmungen, um die Kontrollen beiderseits des Atlantiks zu erleichtern und um langfristig zu gleichwertigen Systemen zu kommen, die die Einführung einer einmaligen Sicherheitskontrolle, der „One-Stop-Security“, ermöglichen.

Was die Umweltaspekte betrifft, so wende ich mich insbesondere an Frau Lichtenberger, um ihr zu sagen, dass ich ihr Recht gebe. Wir beabsichtigen die Einführung einer wesentlich effizienteren Zusammenarbeit mit der Federal Aviation Administration. Diesbezüglich werden wir die Art und Weise der Durchführung der Flüge über den Atlantik überprüfen, um die Flugrouten zu reduzieren. Wir werden auch nach Lösungen suchen, um die Treibstoffe effizient zu verwenden und die Emissionen zu reduzieren. Im Umweltbereich ist also eine Menge zu tun.

Einige von Ihnen haben das Problem der Kabotage angesprochen, vor allem Herr Kohlíček. Die Möglichkeit der Durchführung von Kabotageflügen in den USA wird kontrovers diskutiert, vorläufig werden wir diese Möglichkeit nicht haben. Kabotage wird auch den US-amerikanischen Fluggesellschaften nicht gestattet sein: So ist eine amerikanische Gesellschaft nicht berechtigt, Passagiere oder Frachtgut zwischen Frankfurt und Berlin zu befördern.

Frau Sinnott, das Abkommen wird auch Vorteile für Regionalflughäfen bringen, indem es mit der Abschaffung bestehender Beschränkungen neue Möglichkeiten öffnet. Herr Rack und mehrere andere Redner haben auf das Sicherheitsproblem hingewiesen. Die Vereinigten Staaten haben eingeräumt, dass es darauf ankomme, gemeinsame Praktiken und Normen zu erarbeiten, um die Unterschiede zwischen der Europäischen Union und den USA in diesen Fragen weitestgehend zu beseitigen; dabei werden die innerhalb der Europäischen Union bereits geltenden Maßnahmen berücksichtigen.

Herr Simpson, die transatlantische Flugzone lässt sich selbstverständlich nicht in einem Zuge schaffen. Es geht also um eine erste Etappe, die aber bereits sehr eng mit der zweiten Etappe verbunden ist: Europa kann die Zugangsrechte für die Amerikaner aussetzen, wenn sie auf der Stelle treten und es keine Fortschritte gibt. Wir verfügen also über Mittel zum Handeln, um zu gewährleisten, dass es wirklich eine zweite Etappe auf dem Wege zu unserem Endziel geben wird.

Herrn Kirkhope möchte ich sagen, dass wir uns, da die USA es noch nicht akzeptiert haben, ihre 25%-Regel zu ändern, die Möglichkeit vorbehalten haben, ihre Investitionen in europäische Fluggesellschaften auf die gleiche Höhe zu beschränken. Das ist ein Element zur Herstellung von Ausgewogenheit.

Frau Präsidentin, Sie haben mich gebeten, mich kurz zu fassen. Ich möchte mich daher bei den Rednern entschuldigen, denen ich aus Zeitgründen nicht ausführlich antworten kann. Ich danke allen Rednern und möchte auch den Abgeordneten aus Mitgliedstaaten, die keine Open-Sky-Abkommen haben, vor allem den irischen Abgeordneten, die hier das Wort ergriffen haben, sagen, dass unsererseits der Wille besteht, den Vorteil dieser Öffnung des transatlantischen Luftverkehrs auf alle Mitgliedstaaten auszuweiten.

Frau De Veyrac hat ebenso wie andere Redner unterstrichen, dass all das das Ergebnis lang anhaltender Bemühungen ist. Ich möchte bei dieser Gelegenheit Frau Loyola de Palacio gedenken, die ebenfalls viel für diese erste Etappe getan hat, die ich für die Zukunft Europas und der transatlantischen Beziehungen, für Wirtschaft und Beschäftigung für wichtig halte.

(Beifall)

 
  
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  Die Präsidentin. Zum Abschluss der Aussprache wurde gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung ein Entschließungsantrag(1) eingereicht.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Mittwoch um 12.30 Uhr statt.

 
  
  

VORSITZ: Pierre MOSCOVICI
Vizepräsident

 
  

(1) Siehe Protokoll.


8. Abstimmungsstunde
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Abstimmungsstunde.

(Abstimmungsergebnisse und sonstige Einzelheiten der Abstimmung: siehe Protokoll)

 

8.1. Finanzierung der Interventionen durch den EAGFL, Abteilung Garantie (Abstimmung)

8.2. Konsummilch aus Estland: Abweichung von der Verordnung (EG) Nr. 2597/97 (Abstimmung)

8.3. Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2040/2000 betreffend die Haushaltsdisziplin (Abstimmung)

8.4. Aufsichtliche Beurteilung des Erwerbs und der Erhöhung von Beteiligungen im Finanzsektor (Abstimmung)

8.5. Soziale Verantwortung von Unternehmen: eine neue Partnerschaft (Abstimmung)

8.6. Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2006-2010 (Abstimmung)
  

- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 1

 
  
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  Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE).(ES) Ich ergreife nur das Wort, um aus Gründen der rechtlichen Genauigkeit eine geringfügige Änderung des Änderungsantrags vorzuschlagen. Der Änderungsantrag würde wie folgt lauten:

(EN) „… des Menschenhandels … und dem Rat eine Initiative für eine Vergemeinschaftung der europäischen Politik … vorzulegen.“

(ES) Im Wesentlichen wird die Kommission aufgefordert, im Rahmen ihres legislativen Initiativrechts das Gesetz aus der Sicht der geschlechtsspezifischen Gewalt zu vergemeinschaften.

 
  
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  Der Präsident. – Gibt es Einwände gegen diesen mündlichen Änderungsantrag?

(Der mündliche Änderungsantrag wird nicht angenommen.)

- Vor der Abstimmung über Ziffer 30

 
  
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  Amalia Sartori (PPE-DE), Berichterstatterin. – (IT) Herr Präsident, ich möchte einen mündlichen Änderungsantrag stellen: In dem Passus „fordert daher die Kommission auf, Initiativen, beispielsweise im Rahmen des Programms Media 2007, vorzusehen“ sollte das Wort „vorzusehen“ durch das Wort „zu fördern“ ersetzt werden, da die Kommission Programme lediglich fördern, nicht jedoch vorsehen kann.

 
  
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  Der Präsident. – Gibt es Einwände gegen diesen mündlichen Änderungsantrag?

(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)

 

8.7. Online-Musikdienste: länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (Abstimmung)
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  Der Präsident. – Damit ist die Abstimmungsstunde beendet.

 

9. Stimmerklärungen
  

- Bericht Parish (A6-0038/2007)

 
  
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  Lena Ek, Olle Schmidt und Lars Wohlin (PPE-DE), schriftlich. – (SV) Zinssubventionen zum Ausgleich der den Mitgliedstaaten beim Aufkauf von in der EU produzierten Agrarprodukten entstehenden Zinskosten sind einer der zahlreichen Missstände der EU-Agrarpolitik, die radikal verändert werden muss. Im Interesse der Konsequenz muss jedoch eine gewisse Zinsvergütung für die neuen Mitgliedstaaten akzeptiert werden, damit es in den ärmeren Teilen Europas nicht zur Massenarbeitslosigkeit kommt.

Dieser Bericht betrifft die Verlängerung einer seit 2004 existierenden Regelung, nach der die neuen Mitgliedstaaten, deren Zinsen wesentlich über dem EU-Durchschnitt liegen, einen Ausgleich erhalten. Die Kosten für eine solche Verlängerung betragen rund 10 Millionen Euro pro Jahr. Es wurde vorgeschlagen, die Finanzierung durch Einsparungen in anderen Haushaltslinien zu sichern, sodass es zu keinen zusätzlichen Erhöhungen des Gesamthaushalts kommt. Die Kommission betrachtet diese Verlängerung zudem als Teil eines Pakets, in dem gleichzeitig ein Abbau der Subventionen für den Maisanbau vorgeschlagen wird, was 2008 zu umfassenden Einsparungen in Höhe von etwa 35 Millionen Euro führen würde (und, der Kommission zufolge, zu Gesamteinsparungen in Höhe von 617,8 Millionen Euro in den Jahren 2008 – 2014).

Langfristig würde eine Ablehnung nicht nur die neuen Mitgliedstaaten treffen, sondern auch den Sparvorschlag der Kommission in Höhe von über 600 Millionen in Frage stellen. Darum habe ich trotz allem für den Bericht gestimmt.

 
  
  

- Bericht Lewandowski (A6-0056/2007)

 
  
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  Andreas Mölzer (ITS). – Herr Präsident! Es ist sehr schwierig, bei diesem Lärm eine Stimmerklärung abzugeben. Dennoch möchte ich sagen, dass ich mich der Stimme enthalten habe, weil die Situation meines Erachtens unbefriedigend ist. Wenn sich Deutschland und einige langjährige Defizitsünder jetzt auf dem Weg der Besserung befinden, ist das meines Erachtens kein Grund zum Jubeln. Umso weniger, als man von dem überraschend starken Wirtschaftswachstum profitiert und dennoch überlegt, den Verbrauchern zusätzlich Geld aus den Taschen zu ziehen. Deshalb meine Stimmenthaltung.

 
  
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  Bogusław Liberadzki (PSE), schriftlich. (PL) Ich habe für die Annahme des Berichts über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2040/2000 des Rates betreffend die Haushaltsdisziplin (KOM(2006)0488- C6- 0277/2006- 2006/0151(CNS)) gestimmt.

Herr Lewandowski hat einen guten Bericht vorgelegt. Die Verordnung (EG) Nr. 2040/2000 des Rates vom 26. September 2000 ist mit Einführung der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates sowie des neuen Mechanismus zur Bildung einer Reserve für Darlehensgarantien für den Zeitraum 2007- 2013 überflüssig geworden.

Durch die Aufhebung dieser Verordnung wird die Gemeinschaftsgesetzgebung verbessert. Die Aufhebung veralteter Bestimmungen wird wesentlich dazu beitragen, die Transparenz unserer Gesetzgebung zu erhöhen und ihre Umsetzung zu erleichtern.

 
  
  

- Bericht Klinz (A6-0027/2007)

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Dieser Vorschlag, wonach verschiedene Richtlinien betreffend Verfahrensregeln und Bewertungskriterien für die aufsichtliche Beurteilung des Erwerbs von Beteiligungen im Finanzsektor abgeändert werden sollen, zielt in erster Linie auf die Förderung grenzüberschreitender Zusammenschlüsse und Übernahmen im Finanz- und Bankensektor ab. Anders gesagt, man möchte die Konzentration und Zentralisierung des Kapitals auf europäischer Ebene unterstützen, indem ausländischen Kapitalgebern der Zugang erleichtert und die Integration der Finanzmärkte vorangetrieben wird. Die aufsichtliche Beurteilung wird folglich als Hindernis für grenzüberschreitende Zusammenschlüsse und Übernahmen angesehen. Dies geht aus einer im November 2005 veröffentlichten Umfrage der Kommission hervor, in der es um Hindernisse für die Konsolidierung des Finanzsektors innerhalb des Binnenmarktes geht.

Abgesehen von der Vollharmonisierung sieht der Vorschlag neben anderen technischen Details vor, die Frist für die aufsichtliche Beurteilung durch die zuständigen nationalen Behörden und Bankenaufsichtsbehörden von derzeit 65 Tagen auf 30 Tage zu verringern. In dem Kompromissvorschlag wird zwar die von der Kommission vorgeschlagene Frist verlängert, aber dennoch eine Kürzung der derzeitigen Frist hingenommen. Daher haben wir dagegen gestimmt.

 
  
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  Peter Skinner (PSE), schriftlich. – (EN) Wie das einstimmige Abstimmungsergebnis der Ausschussmitglieder, die sich mit diesem Bericht gründlich befasst haben, zeigt, räumen wir den Belangen der Anteilseigner große Bedeutung ein. Ausschlaggebend für den Erfolg und die Ausgewogenheit dieses Berichts war der institutionelle Aktienbesitz der Fondsmanager, die die Rechte der Inhaber dieser Aktien zurückerlangen wollten. Zugleich kam es durch intensive Kommunikation und angemessene Fristen zu einer Verbesserung der Beziehung zwischen Anteilseignern und Vorstand. Somit können auch wieder Fragen gestellt werden, ohne dass sich der „Lästigkeitseffekt“ einstellen würde, der die effektive Durchführung von Gesellschafterversammlungen gefährden könnte.

 
  
  

- Bericht Howitt (A6-0471/2006)

 
  
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  Andreas Mölzer (ITS). – Herr Präsident! Zum Bericht Howitt möchte ich erklären, weswegen ich dagegen gestimmt habe. Unter dem Schlagwort Corporate Social Responsibility wird nun versucht, zu etwas zu bewegen, was die Klein- und Mittelbetriebe in Europa ohnedies schon immer tun: Gerade im Mittelstand wird die soziale Verantwortung großgeschrieben und ist eine entsprechende Unternehmenskultur verankert. Mit der fehlgerichteten Förderpolitik der Europäischen Union hat man allerdings jahrelang Großkonzerne und Aktiengesellschaften gefördert, für die ein Mitarbeiter nur eine austauschbare Nummer ist, und die langsam, aber sicher Klein- und Mittelunternehmen vom Markt gedrängt haben. Deswegen habe ich gegen diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Philip Bushill-Matthews (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Wie die PPE-DE-Fraktion hat die Delegation der britischen Konservativen im Ausschuss gegen den Bericht Howitt gestimmt, da er einen bevormundenden und regulativen Charakter aufwies. So hat der Berichterstatter der britischen Labour-Partei noch mehr EU-Vorschriften gefordert, anstatt die Unternehmen zu einer freiwilligen Umsetzung des Konzepts zu ermutigen.

Auf meine Änderungsanträge hier im Plenum hin wurde diesem Bericht eine ganz andere Richtung gegeben. Der freiwillige Charakter, den die Kommission vorgeschlagen hatte, fand breite Zustimmung. Das Parlament hat eingesehen, dass ein soziales Europa nicht automatisch mehr EU-Vorschriften braucht.

Die britischen Konservativen haben hier wieder einmal – wie schon öfter geschehen – die Richtung vorgegeben.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) In der Mehrzahl der EU-Länder zeichnet sich gegenwärtig der Trend ab, dass unsichere und schlecht bezahlte Arbeitsplätze zunehmen und die Ausbeutung von Wanderarbeitnehmern aus der EU bzw. Drittstaaten ansteigt, wie das Beispiel der portugiesischen Arbeitnehmer in den Niederlanden und Spanien und nun auch in Großbritannien zeigt. Dies macht deutlich, dass die Unternehmen immer weniger soziale Verantwortung übernehmen.

Zudem haben zahlreiche multinationale Unternehmen bereits ihre Standorte verlagert, obwohl eine hohe Produktivität erreicht wurde, nur um noch höhere Profite zu erzielen. Dabei haben sie keinen einzigen Gedanken an die Tausenden Menschen verschwendet, die sie damit in die Arbeitslosigkeit gestürzt haben. Dies beweist, dass die meisten Großunternehmen keinerlei soziale Verantwortung besitzen.

Es ist schon sehr bezeichnend, dass unsere im Plenum vorgelegten Vorschläge abgelehnt wurden, denn sie machten auf das Missverhältnis zwischen den Zielen des Konzepts der sozialen Verantwortung von Unternehmen und der Beschäftigungspolitik der Kommission aufmerksam. Dies gilt insbesondere für das Konzept der „Flexicurity“, mit dem unfaire Kündigungen legalisiert, die Ausbreitung prekärer Arbeitsverhältnisse gefördert und Tarifverträge und Arbeitnehmerrechte ausgehebelt werden sollen.

Daher wird sich trotz der begrüßenswerten Vorschläge in dem Bericht in der Praxis kaum etwas ändern, solange nicht der politische Wille für Veränderungen vorhanden ist und keine sorgfältige Überprüfung des Arbeitsrechts und der Vorgaben der Internationalen Arbeitsorganisation vorgenommen wird.

 
  
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  Bruno Gollnisch (ITS), schriftlich. – (FR) Ich sehe in diesem Bericht über die soziale Verantwortung der Unternehmen drei grundlegende Widersprüche. Der Erste besteht in der Behauptung, dass diese Verantwortung sich auf Freiwilligkeit gründet, während gleichzeitig die Forderung nach Ausarbeitung von Rahmen, Normen, Definitionen, Kontrollen und Anreizen erhoben wird, die so verschieden und verbindlich sind, dass der freiwillige Aspekt bereits wieder in Frage gestellt wird.

Der zweite Widerspruch besteht in der Behauptung, die soziale Verantwortung der Unternehmen fördern zu wollen, während doch sämtliche Politiken der Europäischen Union und vor allem die Wettbewerbspolitik die Unternehmen im Gegenteil ermutigen, ihre Produktion zu verlagern, und den Wettstreit um die Unterbietung der steuerlichen, sozialen und ökologischen Standards sowie der Arbeitskosten, auch innerhalb der EU, anheizen.

Der dritte Widerspruch besteht in dem Bestreben, die europäischen Unternehmen zu verantwortlichem Handeln zu bewegen, ohne gleichzeitig die globale Politik der ungebremsten Handelsfreiheit in Frage zu stellen und ohne die Öffnung unserer Märkte für Einfuhren aus Ländern zu stoppen, die von Dumping in jeder Form, Zwangsarbeit, Kinderarbeit oder der Arbeit politischer Gefangener profitieren.

Hier herrscht eine gewisse Scheinheiligkeit. Auch wenn Sie es abstreiten, wälzen Sie doch die Verantwortung auf die Unternehmen ab und bürden ihnen die Konsequenzen Ihrer Politiken, Ihrer Niederlagen, Ihrer Ohnmacht und Ihrer Untätigkeit auf.

 
  
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  Carl Lang (ITS), schriftlich.(FR) Die soziale Verantwortung der Unternehmen ist ein Allerweltskonzept, dem es bei allem Einfallsreichtum der Europafanatiker an Originalität mangelt. Dieser unverbindliche Phantasiebegriff taucht in den USA bereits in den 1950er Jahren auf. In Frankreich entsteht der Begriff „sozial verantwortliches Unternehmen“ vor allem mit dem Sudreau-Bericht im Jahr 1975. Und 1982 erlegte man den Unternehmen des dem Wettbewerb unterliegenden öffentlichen Sektors soziale Ziele auf, um das Volk und die Kader des triumphierenden Sozialismus zu beeindrucken.

25 Jahre später soll die soziale Verantwortung der Unternehmen ganz einfach der Globalisierung einen humaneren Anstrich geben und sie regulieren. Diese frommen Wünsche zu Zeiten der Arbeitslosigkeit und der sozialen Prekarität vor dem Hintergrund der internationalen Instabilität lassen die soziale Verantwortung der Unternehmen als einen gewaltigen Bluff erscheinen. Wir dürfen nicht länger unsere Zeit und unser Geld für Überlegungen vergeuden, die nur darauf gerichtet sind, eine Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung zu verbreiten, während wir der Welt hinterherhinken.

Zunächst sollten wir Verantwortung für uns selbst übernehmen. Verschaffen wir uns Selbstachtung, indem wir ein europaweites System der Präferenz und des gemeinschaftlichen Schutzes der Menschen, der Produktion und der Unternehmen anwenden. So sollten wir beispielsweise die Zölle auf Einfuhren von Erzeugnissen aus Drittländern erhöhen, die nicht nach den europäischen Mindestsozialstandards gefertigt wurden.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. – (PT) In einem perfekten Markt würden sowohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als auch die sozialen und ökologischen Auswirkungen der Tätigkeiten eines Unternehmens herangezogen werden, um den Wert und das öffentliche Ansehen eines Unternehmens zu ermitteln. In einem perfekten Markt würden sich die Verbraucher nur für solche Erzeugnisse entscheiden, die ihnen unmittelbar zugute kommen würden und mittelbar am besten mit ihren anderen Interessen vereinbar wären.

Aber einen solchen Markt gibt es natürlich nicht. Diejenigen, die noch immer eine interventionistische Politik vertreten, werden sich daher für eine stärkere Regulierung und für noch mehr Rechtsvorschriften aussprechen. Das ist aber nicht der Weg, den ich befürworte. Obwohl ich weiß, dass der Markt niemals perfekt sein wird, favorisiere ich dennoch Marktmechanismen und Lösungen, die diese Mechanismen zum Tragen bringen. Daher ist meiner Ansicht nach solchen Maßnahmen Vorzug zu geben, die bewährte Praktiken fördern und verbreiten und vor allem eine anspruchsvolle Verbraucherkultur unterstützen.

Dann wäre da noch die Frage der Wettbewerbsfähigkeit. Ich bin nicht davon überzeugt, dass Gewinne oder einfach eine hohe Rentabilität stets im Widerspruch zur umweltpolitischen, beschäftigungspolitischen und sozialen Verantwortung stehen müssen. Gewinne müssen nicht immer verteufelt werden: Sie sind eine gute Sache, sofern sie unter Einhaltung der geltenden Regeln erzielt wurden. Dies gilt vor allem für solche Regeln, die sich auf den immensen Druck der Verbraucher hin auf dem Markt entwickelt haben. Diesen Regeln müssen wir Geltung verschaffen.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. (NL) Die soziale Verantwortung von Unternehmen sollte zwar eine Selbstverständlichkeit sein, ist es jedoch noch lange nicht. Unternehmen, die sich selbst als sozial verantwortlich bezeichnen, sind es der Gesellschaft schuldig, die schädlichen sozialen und ökologischen Auswirkungen ihrer Tätigkeiten zu minimieren. Da zahlreiche Initiativen das Etikett „sozial verantwortlich“ für sich in Anspruch nehmen, sehen die Verbraucher mittlerweile den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr und wird jedwede Kontrolle für den Laien ein unausführbares Unterfangen. Außerdem sind die Folgen des freien Marktes und das Schädliche an der ständigen Jagd nach den niedrigsten Preisen allmählich allgemein bekannt. Regulierung auf diesem Gebiet ist angezeigt, um die Macht des Verbrauchers und die Grundlage eines einzelnen wohlmeinenden Unternehmens zu stärken. Europa kann bei der sozialen Verantwortung eine Vorreiterrolle übernehmen, indem es eine Politik konzipiert, die Standards schafft und anwendet und dabei gleiche Ausgangsbedingungen gewährleistet.

Genau das wird in Herrn Howitts Bericht über „die soziale Verantwortung von Unternehmen: eine neue Partnerschaft“ in die Tat umgesetzt. Er plädiert unter anderem für obligatorische Berichterstattung, für die Verantwortung der Lieferkette und für mehr Transparenz in Bezug auf Lobbyisten. Zudem empfiehlt er, den sozialen und ökologischen Auswirkungen bei der öffentlichen Auftragsvergabe mehr Gewicht zu verleihen. Da der Bericht ganz eindeutig auf Nachhaltigkeit setzt, befürworte ich ihn uneingeschränkt.

 
  
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  Catherine Stihler (PSE), schriftlich. – (EN) Ich begrüße den Initiativbericht des Berichterstatters. Die Idee eines europäischen Standards für die Kennzeichnung von Produkten, die unter Achtung der Menschen- und Arbeitnehmerrechte hergestellt wurden, sollte breite Unterstützung finden. In unserer heutigen Welt gibt es immer noch viel zu viele Menschen – darunter zahlreiche Kinder –, die zu Opfern der modernen Sklaverei geworden sind. In Anbetracht der Tatsache, dass wir am 25. März den 200. Jahrestag der Abschaffung der Sklaverei begehen, müssen wir alles in unserer Macht Stehende tun, um moderne Sklavenarbeit zu bekämpfen. Hilfreich ist dabei auch die Stärkung der sozialen Verantwortung der Unternehmen.

 
  
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  Thomas Ulmer (PPE-DE), schriftlich. Ich lehne den Bericht Howitt ab, weil das wesentlichste Merkmal der Corporate Social Responsibility die Freiwilligkeit und nicht der Dirigismus ist. Eine verpflichtende Sozial- und Umweltberichterstattung konterkariert die Lissabon-Strategie und die Entbürokratisierung in einem Maß, das ich nicht mittragen kann. Der Dirigismus behindert und gefährdet vor allem kleine und mittlere Unternehmen, die nach wie vor das Rückgrat der deutschen Wirtschaft sind. Aus Sorge um diese Thematik lehne ich den Bericht entschieden ab.

 
  
  

- Bericht Sartori (A6-0033/2007)

 
  
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  Agnes Schierhuber (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich habe — ebenso wie die gesamte ÖVP-Delegation — für den Bericht Sartori gestimmt, weil wir der Meinung sind — und es ist leider tragisch, dass wir das immer noch sagen müssen —, dass es für Frauen nach wie vor nicht möglich ist, Beruf, Karriere, Kinder und ein in allen Lebenssituationen selbstbestimmtes Leben zu führen. Wir treten dafür ein, dass hier endlich Wahlfreiheit herrscht und die Politik Rahmenbedingungen schafft, die den Frauen diese Möglichkeit geben, vor allem auch im Hinblick auf Ausbildung, Weiterbildung und gleichen Lohn für gleiche Arbeit.

 
  
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  Frank Vanhecke (ITS).(NL) Herr Präsident! Der Deutlichkeit halber sei noch einmal gesagt, dass meine Gegenstimme gegen den Bericht Sartori nicht als Ablehnung der Gleichstellung von Frauen und Männern ausgelegt werden darf. Dieses Prinzip, das ich voll und ganz befürworte, erachte ich als bedeutende Errungenschaft unserer europäischen Zivilisation.

Eben dieses Prinzip wird durch den in Europa auf dem Vormarsch befindlichen Islam zunehmend in Frage gestellt. Und zu dieser Mobilisierung des Islam und seinen Auswirkungen auf unsere Werte und unsere Zivilisation gibt es übrigens eine ganze Menge zu sagen. Leider wird in diesem Bericht darüber kein Sterbenswörtchen erwähnt.

Was ich allerdings ablehne, und daher meine Gegenstimme, sind die verbindlichen Quoten und die Paritäten in allen möglichen Institutionen und in der Politik. Ich halte diese verbindliche Quote für Frauen eigentlich für eine Beleidigung und vertrete die Ansicht, dass Frauen keiner positiven Diskriminierung bedürfen, um ihren rechtmäßigen Platz in der Gesellschaft so einzunehmen, wie und wann sie es selbst wollen.

 
  
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  Françoise Castex (PSE), schriftlich. – (FR) Ich habe für den Bericht Sartori betreffend den Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2006-2010 gestimmt.

Obwohl die Gleichstellung von Männern und Frauen zu den geforderten Werten der Europäischen Union gehört, bleibt doch noch ein gutes Stück Weg zum Beispiel hinsichtlich der gleichen Entlohnung zurückzulegen. Diesbezüglich unterstütze ich die Vorschläge der Berichterstatterin, die die Anwendung des Grundsatzes der Lohngleichheit fordert, damit die Differenz von 15 % zwischen der Entlohnung von Männern und Frauen für die gleiche Arbeit nicht länger die Regel ist.

Ich bin erfreut über die Umsetzung konkreter Strategien zur Förderung des weiblichen Unternehmertums.

Des Weiteren begrüße ich den Vorschlag des Berichts, der die Kommission auffordert, die Inangriffnahme von Politiken zu beschleunigen, die darauf gerichtet sind, das Familien- und das Berufsleben miteinander zu vereinbaren, insbesondere durch die aktive Ermutigung der Väter, die Möglichkeiten der flexiblen Arbeitszeitgestaltung zu nutzen und bei den Aufgaben in Haushalt und Familie mitzuwirken.

Ferner begrüße ich die Maßnahmen zum Schutz von Frauen und Kindern gegen alle Formen von Gewalt, einschließlich Sklaverei, Ehrenverbrechen, Menschenhandel und Polygamie.

Schließlich freue ich mich über die Aufforderung an die Kommission, konkrete Initiativen für die Emanzipation und Integration von Immigrantinnen zu ergreifen.

 
  
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  Charlotte Cederschiöld, Christofer Fjellner, Gunnar Hökmark und Anna Ibrisagic (PPE-DE), schriftlich. – (SV) Da unserer Ansicht nach die Gleichstellung von Frauen und Männern eine Selbstverständlichkeit sein sollte, haben wir für den Fahrplan für die Gleichstellung gestimmt.

Wir sind allerdings auch der Meinung, dass die Verantwortung für das Erreichen von Gleichstellung beim Einzelnen liegen sollte. Da Maßnahmen, die eine Rechtsetzung erfordern, in der Regel in der Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten liegen, haben wir gegen eine lange Reihe einzelner Vorschläge in diesem Bericht gestimmt. So sollte unseres Erachtens die EU keine Beschlüsse auf den Gebieten Kinderbetreuung, Elternurlaub oder Abtreibungsrecht in den Mitgliedstaaten fassen.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Sämtliche Vorschläge, die wir eingereicht hatten, um die Ursachen für die noch bestehenden Formen der Diskriminierung zu klären, wurden in der Abstimmung im Plenum abgelehnt. Ich möchte folgende Vorschläge hervorheben:

- besteht jedoch auf der Notwendigkeit, die Wirtschaftspolitik der Europäischen Union zu ändern, damit alle Frauen, Männer und Kinder ein würdiges Leben, ohne durch Armut bedroht zu sein, führen können;

- betont die Bedeutung der Einführung von Gemeinschaftsindikatoren für Kinderbetreuungseinrichtungen und für das Lohn- und Einkommensgefälle zwischen Männern und Frauen, aufgeschlüsselt nach Sektor, einschließlich in Bezug auf atypische Arbeitsverhältnisse und auf Teilzeitarbeit;

- unterstreicht die Notwendigkeit, für das Gender Mainstreaming bei den wirtschaftspolitischen Grundzügen zu kämpfen, einschließlich beim Beitrittsprozess, um die etwaigen negativen Auswirkungen von Maßnahmen zur Privatisierung, Liberalisierung und durch Einschnitte bei den staatlichen Sozialausgaben zu verhindern, und bekräftigt erneut, dass qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung sind; fordert eine Aufstockung der Sozialausgaben, um soziale Ausgrenzung zu verhindern und den Frauenhandel zu bekämpfen;

- befürchtet, dass die auf die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der EU konzentrierte Politik den Interessen der Frauen in anderen Regionen der Welt abträglich sein kann.

Daher haben wir beschlossen, uns der Stimme zu enthalten.

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. – (SV) Gleichstellung und die Verletzbarkeit von Frauen im Privatleben und in der Gesellschaft insgesamt ist eine der größten Fragen unserer Zeit. Wir haben jedoch gegen den Bericht gestimmt, da wir darauf vertrauen, dass die nationalen Parlamente der einzelnen Mitgliedstaaten diese bedeutsamen Problemstellungen in geeigneter Weise behandeln können. Wir sind nicht der Ansicht, dass die EU sich zu dieser Art von Fragen in weit reichenden Berichten äußern sollte, die eher an politische Programme erinnern, und lehnen prinzipiell den allgemeinen Trend ab, dass EU-Institutionen nach Einfluss und Zuständigkeit auf immer mehr Gebieten streben. Aufgabe der EU in diesem Zusammenhang ist es, dafür zu sorgen, dass kein gegenwärtiger oder zukünftiger Mitgliedstaat die Werte der Gleichstellung verletzt.

 
  
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  Astrid Lulling (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Dass wir 50 Jahre nach den Römischen Verträgen über die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen diskutieren, ist nicht gerade der Beweis für einen Erfolg. Dieses Prinzip ist seit 1999 im Vertrag verankert. Diese Politik verfügt also über eine solide Rechtsgrundlage.

Wenngleich dieser Bericht nützlich ist, um den Rückstand aufzuholen, lässt er doch noch viel zu wünschen übrig. Anlässlich des Internationalen Frauentages war das wichtigste Thema in meinem Land die Individualisierung der Rentenansprüche und die Aufteilung dieser während der Ehe erworbenen Ansprüche im Falle der Scheidung. Ich freue mich, dass der Fahrplan vorsieht, dass die Sozialschutzsysteme es ermöglichen sollten, individuelle Rentenansprüche zu erwerben.

Ich möchte daran erinnern, dass dieses Haus auf der Grundlage einer meiner Entschließungen von 1991 im Jahr 1994 einen Bericht über die Teilung der Rentenansprüche im Falle der Scheidung verabschiedet hat. Es richtete konkrete Vorschläge an die Kommission, welche darauf nicht reagierte. Warum?

Das Gleiche gilt für meinen Bericht und unsere Vorschläge zur Schaffung eines Rahmens für ein Statut der mithelfenden Ehegatten. All das ist Teil der Politik der Chancengleichheit. Wir haben seitens der Kommissionsmitglieder genug schöne Worte gehört: Wo bleiben die Taten?

 
  
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  Lydia Schenardi (ITS), schriftlich.(FR) Fünf Tage nach dem Internationalen Frauentag schlägt das Europäische Parlament uns einen Fahrplan für die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern vor. Ist diese zeitliche Nähe ein Zufall? Zumindest stehen die Frauen im Vordergrund, wenn schon nicht in der Realität, so doch zumindest in den Texten.

Der uns vorliegende Bericht enthält eine recht ausführliche Auflistung der Maßnahmen, die ergriffen werden müssten, um die Gleichstellung von Frauen und Männern zu gewährleisten. Zwar werden zahlreiche Vorschläge unterbreitet, vor allem für Maßnahmen zu einer besseren Vereinbarkeit der Verpflichtungen des Familienlebens und des Berufslebens, jedoch ist leider festzustellen, dass in diesem Bericht zahlreiche beunruhigende oder unnütze Punkte enthalten sind.

Es handelt sich beispielsweise um den x-ten Versuch, ein Quotensystem für die Einstellung und die Mitwirkung von Frauen in allen wirtschaftlichen und politischen Bereichen einzuführen. Wir wissen, dass diese Maßnahme nur kontraproduktiv für das Bild und das Ansehen der Frau sein kann.

Aber es geht auch um den unnützen Vorschlag, eine „Frau Lissabon“ zu schaffen, die den Auftrag hat, über die ordnungsgemäße Umsetzung der Lissabonner Strategie zu wachen – quasi eine „europäische Superfrau“. Derartige Vorschläge sind nur dazu angetan, die zugunsten der Frauen ergriffenen Initiativen zu diskreditieren.

 
  
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  Marianne Thyssen (PPE-DE), schriftlich. (NL) Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter hat einen ambitionierten Bericht über einen Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern verabschiedet. Eine vollwertige Arbeit mit den anderen Dingen wie Familie, gesellschaftlichem und privatem Engagement, nach denen ein Mensch strebt, zu vereinbaren, stellt sowohl für Frauen als auch für Männer eine Herausforderung für die Zukunft dar.

Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten hat hier und da gegen Elemente des Berichts gestimmt, weil sie entweder nicht unserer politischen Überzeugung entsprechen oder weil die betreffenden Bereiche eher in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten als in die der Europäischen Union fallen sollten. Wir halten die Gleichstellungspolitik für eine ernsthafte Angelegenheit und vertreten die Auffassung, dass dieser Bericht selbst dann, wenn er keine rechtlichen Verpflichtungen enthält, bedeutend genug ist, um darauf zu achten, was in ihn aufgenommen wird. Obgleich wir nicht mit allem, was sich in diesem Bericht des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter findet, einverstanden sind, wollen wir dennoch das Signal aussenden, dass auf dem Gebiet der Gleichstellung 50 Jahre nach den Römischen Verträgen noch eine Menge getan werden kann und muss. Es steht außer Frage, dass auch wir Chancengleichheit wollen, denn auch unserer Überzeugung nach gibt es für Europa in diesem Bereich noch eine Menge zu tun, und deshalb hat sich unsere Fraktion einstimmig für Frau Sartoris Bericht ausgesprochen.

 
  
  

- Bericht Lévai (A6-0053/2007)

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Im Prinzip sind wir mit den Vorschlägen in diesem Bericht einverstanden, wonach die Kommission ihre Empfehlung für die länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, die für legale Online-Musikdienste benötigt werden, präzisieren soll. Der Vorschlag der Kommission hat bei den kollektiven Verwertungsgesellschaften der EU große Unsicherheit im Umgang miteinander ausgelöst, wobei zwischen großen, kleinen und mittleren Unternehmen zu unterscheiden ist.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Empfehlung der Kommission lediglich den großen Betreibern und den großen multinationalen Musikverlegern im Online-Musikmarkt zugute kommen und den Autoren und der kulturellen Vielfalt zum Nachteil gereichen würde. Zugleich wäre dies eine offene Einladung, nahezu sämtliche Verwertungsrechte in den Händen von zwei oder drei großen Verwertungsgesellschaften zu konzentrieren, was dem Konzept für die Gründung solcher Gesellschaften – also dem Konzept, das ihnen eigentlich Legitimität verleiht – zuwiderlaufen würde.

Daher stimmen wir den Vorschlägen zur Änderung der Empfehlung grundsätzlich zu, die auf eine effektivere und fairere Gestaltung der Empfehlung abzielen, um die kulturelle Vielfalt zu schützen. Unserer Meinung nach sollte schnellstmöglich ein Richtlinienvorschlag zu dieser Frage erarbeitet werden, um den Schaden in Grenzen zu halten, den die Empfehlung im Hinblick auf die Beziehungen zwischen den kollektiven Verwertungsgesellschaften und zwischen den Gesellschaften und ihren Nutzern angerichtet hat.

 
  
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  Bruno Gollnisch (ITS), schriftlich.(FR) So vorteilhaft die Herstellung einer Wettbewerbssituation zwischen den Verwertungsgesellschaften für Urheberrechte für die Rechteeinhaber wie für die Musikdienste auch sein mag, so muss sie doch unbedingt kontrolliert werden.

Die Tatsache, dass die Rechteinhaber die Verwertungsgesellschaft für ihre Rechte in der gesamten Europäischen Union unabhängig von ihrem Herkunftsland frei wählen können, könnte verschiedene Effekte zeitigen. Die Folge könnte insbesondere eine Konzentration der Rechte in den Händen der größten Verwertungsgesellschaften sein. Weiterhin besteht die Gefahr nachteiliger Konsequenzen für die kleineren Rechteinhaber, da die Verwertungsgesellschaften bestrebt sein werden, die rentabelsten Rechteeinhaber an sich zu ziehen oder gar die Gleichbehandlung aller Rechteinhaber und damit die kulturelle Vielfalt in Frage zu stellen.

Somit ergibt sich die Gefahr, dass mit der Empfehlung, deren Ziel eigentlich darin besteht, einen fairen Wettbewerb zu fördern, in Wirklichkeit das Gegenteil erreicht wird.

 
  
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  Bogusław Liberadzki (PSE), schriftlich. (PL) Ich habe für die Annahme des Berichts von Frau Lévai über die Empfehlung der Kommission vom 18. Oktober 2005 für die länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, die für legale Online-Musikdienste benötigt werden (Empfehlung 2005/737/EG) (2006/2008(INI)), gestimmt.

Es sei daran erinnert, dass dieser Bericht viel Arbeit gekostet hat. Die Berichterstatterin hat das ernste Problem der Urheberrechte, die von Marktmonopolen ausgehenden Gefahren und die Frage des Schutzes der Verbraucherrechte in gebührender Weise berücksichtigt. Ganz im Geiste dieses Berichts möchte ich meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass sich der europäische Markt für Online-Musikdienste ohne Nachteil für die kulturelle Vielfalt frei entwickeln kann.

Ich unterstütze die Forderung an die Kommission, die Auswirkungen von Mehrgebiets- und Multirepertoirelizenzen auf die Online-Musikdienste eingehend zu untersuchen und bin dafür, dass die Ergebnisse dieser Studie dem Europäischen Parlament vorgelegt werden.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. (NL) Das Europäische Parlament kommt nunmehr zu Recht zu der Schlussfolgerung, dass die Kommission mit ihrer Empfehlung vom 18. Oktober 2005 für „die länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, die für legale Online-Musikdienste benötigt werden“ zu weit gegangen ist. Weder die Musikindustrie, noch das Parlament oder der Rat wurden konsultiert, und das von der Kommission als Ansatz vorgeschlagene „nicht zwingende Recht“ hat bereits Entscheidungen auf dem Markt beeinflusst, wodurch sie über eine Empfehlung hinausgeht.

Derzeit müssen Unternehmen, die in Europa Online-Musikdienste anbieten wollen, die Rechte mit den Urheberrechtsgesellschaften und Plattenfirmen in jedem Land gesondert regeln. Wie die Kommission ganz richtig sagt, ließe sich dies vereinfachen. Die Empfehlung schafft jedoch Möglichkeiten für einen völlig freien Markt, sodass die kulturelle Vielfalt und die lokalen Repertoires auf der Strecke bleiben könnten, da es für Verwertungsgesellschaften doch interessanter ist, vor allem die profitabelsten Rechteinhaber anzulocken. Bei der Kommission rangieren im Übrigen kommerzielle Interessen vor kultureller Vielfalt.

Das Parlament tritt für kontrollierten Wettbewerb ein, indem es einige klare Bedingungen wie Gleichbehandlung von Autoren, ein faires und transparentes wettbewerbsbasiertes System, mit dem negative Auswirkungen auf die Einkünfte der Autoren vermieden werden und eine gerechte Vertretung aller Interessengruppen in den Verwertungsstrukturen festlegt. In diesem Bericht wird auf Einheit in Vielfalt Wert gelegt, weswegen er auf meine Unterstützung zählen kann.

 
  
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  Andrzej Jan Szejna (PSE), schriftlich. (PL) Ich habe für die Annahme des Berichts von Frau Lévai über die länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, die für legale Online-Musikdienste benötigt werden (A6-0053/2007), gestimmt.

Frau Lévai hat dem Hohen Haus einen sehr guten Bericht vorgelegt.

Der technische Fortschritt und die Entwicklung unserer Zivilisation haben eine neue Generation grenzüberschreitender gewerblicher Nutzer von Urheberrechten hervorgebracht, nämlich die Online-Musikanbieter. Hieran zeigt sich, wie sich der Markt für Urheberrechte und verwandte Schutzrechte herausbildet und weiterentwickelt, was einmal mehr die Notwendigkeit der in diesem Bereich ergriffenen Maßnahmen bestätigt.

Wir sollten in unserer derzeitigen Debatte auch berücksichtigen, wie künftigen Erfordernissen, die aus der Spezifik der länderübergreifenden kollektiven Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten resultieren, Rechnung getragen werden kann. Auch deshalb brauchen wir eine eingehende Folgenabschätzung der Erteilung von Mehrgebiets- und Multirepertoirelizenzen für Online-Musikdienste und ihre Auswirkungen auf die soziale und wirtschaftliche Lage der Rechteinhaber und die kulturelle Vielfalt.

 
  
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  Der Präsident. – Damit sind die Stimmerklärungen beendet.

 

10. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten
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  Avril Doyle (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte in meinem eigenen Namen und im Namen von mindestens hundert anderen Kolleginnen und Kollegen das Wort ergreifen, die die beiden namentlichen Abstimmungen zu den zwei Berichten von Herrn Parish verpasst haben. Wir waren zwar hier im Plenum anwesend, aber als wir dann unsere Karten hervorgeholt hatten, konnten wir unsere Stimmen schon nicht mehr abgeben. Ich möchte zu Protokoll geben, dass ich in beiden namentlichen Abstimmungen zu den Berichten von Herrn Parish mit Ja gestimmt habe.

Ich bitte Sie zu berücksichtigen, dass immerhin mehr als hundert Kolleginnen und Kollegen diese beiden Abstimmungen verpasst haben, da sie heute zu Beginn angesetzt wurden und keine weiteren namentlichen Abstimmungen stattfanden. Das ist nicht der übliche Umgang mit den Kolleginnen und Kollegen. Sie trifft keine Schuld, Herr Präsident: Die Tagesordnung wurde ja nicht von Ihnen festgelegt, aber ich bitte darum, dass diesem Punkt Rechnung getragen wird.

 
  
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  Anja Weisgerber (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich möchte mich an das anschließen, was Avril Doyle gesagt hat. Ich war auch die ganze Zeit anwesend, hatte aber meine Karte nicht dabei und möchte zur Kenntnis geben, dass ich bei der namentlichen Abstimmung auch mit Ja gestimmt habe.

 
  
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  Gérard Deprez (ALDE). – (FR) Herr Präsident, ich war zum Zeitpunkt der Abstimmung über die Parish-Berichte anwesend und habe für die beiden Berichte gestimmt, hatte aber leider vergessen, meine Karte in den kleinen Kasten zu stecken, sodass meine Stimme nicht registriert wurde. Ich bitte, das zu Protokoll zu nehmen.

 
  
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  Der Präsident. – Sie werden doch wohl nicht alle nacheinander dasselbe vorbringen. Bitte geben Sie Ihren Standpunkt dem zuständigen Sitzungsdienst zu Kenntnis.

 
  
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  Marcin Libicki (UEN). – (PL) Herr Präsident! Mein Name ist Marcin Libicki, und ich möchte in meinem eigenen Namen sowie im Namen von Herrn Kamiński mitteilen, dass wir beide dafür gestimmt haben und die Karte auch nicht funktioniert hat.

 
  
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  James Nicholson (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Als Vorsitzender der Quästoren kann ich Ihnen mitteilen, dass mich bereits zahlreiche Abgeordnete auf dieses Problem angesprochen haben. Normalerweise setzen wir die namentlichen Abstimmungen nie gleich als ersten oder zweiten Punkt der Abstimmungsstunde an, weil wir genau wissen, dass die Abgeordneten noch auf dem Weg zu ihren Sitzplätzen sind und erst ihre Karten suchen müssen. Ich habe gesehen, wie ein Vizepräsident nach unten gerannt ist, um seine dort liegen gelassene Karte zu holen. Meines Erachtens sollten sich die Dienststellen des Parlaments wirklich mit dieser Sache befassen. Ich denke, heute müssen wir davon ausgehen, dass sich die Abgeordneten alle an ihren Plätzen befanden, denn ansonsten wäre das eine Katastrophe für uns. Ich sehe schon beim Kollegium der Quästoren hunderte Ersuchen von Abgeordneten eingehen, die uns mitteilen, dass sie eigentlich anwesend waren und ihre Stimme abgegeben haben. Könnten Sie diese Angelegenheit daher an die Konferenz der Präsidenten oder die entsprechende verantwortliche Stelle weiterleiten? Die Quästoren haben keine Zeit, sich jedes Mal mit diesem Problem zu beschäftigen, wenn die Abgeordneten die Abstimmung verpasst haben und nur zwei namentliche Abstimmungen stattfanden.

 
  
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  Der Präsident. – Der Punkt wird möglicherweise im Präsidium oder mit den Quästoren erörtert. Dessen ungeachtet sind die namentlichen Abstimmungen in den Abstimmungslisten angegeben, die jeder erhalten hat und einsehen sollte, bevor er hier erscheint.

 
  
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  Jerzy Buzek (PPE-DE). – (PL) Ich möchte nur das bekräftigen, was meine Vorredner über das Abstimmungsverfahren und die vorrangige Platzierung solch wichtiger Abstimmungen mit elektronischer Stimmenauszählung gesagt haben, und ihre Aussagen unterstützen.

 
  
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  Der Präsident. – Das hatte Ihre eigene Fraktion beantragt, Herr Buzek.

 
  
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  Jacek Protasiewicz (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Bezug nehmend auf den Bericht von Frau Sartori möchte ich feststellen, dass mein Gerät bei der Kontrollabstimmung über Ziffer 20 nicht funktioniert hat und ich nicht gegen den vorgeschlagenen Text stimmen konnte.

Da ich gerade das Wort habe, möchte ich die Gelegenheit nutzen und bekräftigen, was meine Vorredner gesagt haben. Ferner möchte ich mitteilen, dass ich, obwohl es keine formale Abstimmung gab, für die beiden Berichte von Herrn Parish gestimmt habe. Das Gerät hat auch zu diesem Zeitpunkt nicht funktioniert, obwohl die Abstimmung gerade angefangen hatte.

 
  
  

(Die Sitzung wird um 12.30 Uhr unterbrochen und um 15.05 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: EDWARD McMILLAN-SCOTT
Vizepräsident

 

11. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung
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  Der Präsident. – Das Protokoll der vorangegangenen Sitzung wurde verteilt.

Gibt es Einwände?

 
  
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  Richard Corbett (PSE).(EN) Herr Präsident! In Punkt 13 des Protokolls wird erwähnt, dass ein Abgeordneter seine Fraktion verlassen hat, um der ITS-Fraktion beizutreten. Dabei wird mit keinem Wort erwähnt, dass auch Herr Wise aus der IND/DEM-Fraktion ausgeschieden ist, und ich frage mich, ob es sich hier um ein Versehen handelt. Soweit ich weiß, hat ihn seine Partei – die britische Independence Party – bis auf weiteres suspendiert, weil gegen ihn ein Untersuchungsverfahren wegen Betrugs läuft. Bedeutet dies nicht, dass seine Fraktion ihn ebenfalls suspendiert hat, oder war die Pressekampagne da absichtlich irreführend?

 
  
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  Der Präsident. – Ich denke, wir haben verstanden, worum es Ihnen geht, Herr Corbett. Wir werden das prüfen.

(Das Parlament genehmigt das Protokoll der vorangegangenen Sitzung.)

 

12. Nichtverbreitung von Kernwaffen und atomare Abrüstung (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Nichtverbreitung von Kernwaffen und atomaren Abrüstung.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägermittel stellt potenziell vielleicht das größte Risiko für die internationale Sicherheit dar. Deshalb hat die Europäische Union in ihrer umfassenden Strategie zur Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen aus dem Jahre 2003 unterstrichen, dass auf diesem Gebiet zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und internationalen Ordnung ein multilateraler Ansatz, der Abrüstung und Nichtverbreitung gleichermaßen umfasst, den besten Weg darstellt. Vor diesem Hintergrund ist und bleibt der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen der maßgebliche Eckstein für das globale atomare Nichtverbreitungsregime. Die Europäische Union unterstützt die NVV-Bestimmungen und befürwortet und unterstützt Maßnahmen, die einer weiteren Stärkung dieser Bestimmungen dienen.

Im Hinblick auf die erste Versammlung des Vorbereitungskomitees für die Konferenz zur Überprüfung dieses Vertrages im Jahr 2010 hat die Europäische Union bereits umfangreiche interne Vorbereitungsarbeiten aufgenommen. Wir sind fest entschlossen, auch 2007 eine aktive und konstruktive Rolle bei den im Rahmen der Vorbereitungskonferenz zu führenden Diskussionen zu spielen. Unser Ziel für die Europäische Union ist es dabei, den Überprüfungszyklus in einem konstruktiven Klima zu beginnen. Die Europäische Union unterstützt daher ausdrücklich die Pläne des designierten Vorsitzenden des ersten Vorbereitungskomitees, des japanischen Botschafters Amano.

In dieser Überprüfungsdebatte müssen nach Auffassung der Europäischen Union alle drei Pfeiler des Nichtverbreitungsvertrags – nämlich nukleare Nichtverbreitung, Abrüstung und friedliche Nutzung der Kernenergie – ausgewogen berücksichtigt werden. Nur eine solche Ausgewogenheit wird einen erfolgreichen Verlauf des kommenden Zyklus der Überprüfung des Nichtverbreitungsvertrags ermöglichen. Dies ist aber die Voraussetzung für gemeinsame Entscheidungen der Überprüfungskonferenz zur Stärkung des Vertrags. Der gemeinsame Standpunkt der Europäischen Union, der anlässlich der Überprüfungskonferenz 2005 beschlossen wurde, bildet unverändert die Grundlage dieser ausgewogenen EU-Positionen.

Das zügige Inkrafttreten des Atomstoppvertrages ist seit jeher ein wichtiges Anliegen der Europäischen Union. Dieses Anliegen hat durch den nordkoreanischen Atomtest noch weiter an Bedeutung gewonnen. Bereits jetzt trägt die Europäische Union durch die Annahme von gemeinsamen Aktionen, die auch das Verifikationssystem des Vertrags weiter stärken sollen, zu einer Stützung des Atomteststoppregimes bei.

Die Europäische Union fordert außerdem den baldigen Beginn von Verhandlungen über einen Vertrag zum Verbot der Produktion von spaltbarem Material für explosive Zwecke. Solche Verhandlungen sollten ohne Vorbedingungen geführt werden. Der Abschluss eines solchen Vertrags würde einen wesentlichen Schritt auf dem Weg der atomaren Rüstungskontrolle und Abrüstung darstellen. Er würde somit einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung der von der Gemeinschaft auf den Überprüfungskonferenzen 1995 und 2000 gemeinsam verabschiedeten Positionen leisten.

Die engagierte und vollständige Umsetzung aller Verpflichtungen aus diesem Vertrag bleibt eine wesentliche Voraussetzung für die Konsolidierung und Stärkung der Bestimmungen des Nichtverbreitungsvertrags. In diesem Zusammenhang sind regionale Aspekte besonders zu berücksichtigen. Wie Sie wissen, ist die Europäische Union an den Anstrengungen zur Beilegung der Krise über das iranische Atomprogramm aktiv beteiligt. Wir sind überzeugt, dass eine Lösung nur auf diplomatischem Weg erreicht werden kann. Aus diesem Grunde hat die Europäische Union das sehr weit gehende Angebot an den Iran im Juni 2006 maßgeblich mitgestaltet, und – ich unterstreiche dies – es wurde von den Vereinigten Staaten, Russland und China mitgetragen. Die Europäische Union wird sich auch weiterhin für eine friedliche Lösung der Krise einsetzen.

Die Europäische Union ist sich der Risiken, die durch eine weitere Verbreitung von Anreicherungs- und Wiederaufbereitungstechnologie entstehen können, bewusst und unterstützt daher die Erarbeitung von multilateralen Garantien zur Lieferung von Kernbrennstoff. Diesbezügliche Initiativen können dazu beitragen, Länder, die an der Entwicklung der Kernenergie interessiert sind, davon zu überzeugen, dass die Entwicklung eines eigenen nuklearen Brennstoffkreislaufes nicht erforderlich ist, so dass sie freiwillig darauf verzichten.

Die Europäische Union wird ihre Anstrengungen zur Aufrechterhaltung und weiteren Stärkung der Bestimmungen des Nichtverbreitungsvertrags intensivieren, um den hier aufgezeigten Herausforderungen begegnen zu können. Hierzu gehört auch die maßgeblich von der Europäischen Union angestoßene Diskussion zu einer Stärkung des Vertrags mit Blick auf die Folgen eines Vertragsrückzugs. Es ist zu bedauern, dass die Überprüfungskonferenz zu diesem Vertrag 2005 nicht in der Lage war, sich auf ein substanzielles Abschlussdokument zu einigen, um so den dringendsten Herausforderungen des Vertrags zu begegnen. Diese Erfahrung muss für die Europäische Union ein zusätzlicher Grund sein, all ihre Anstrengungen auf einen erfolgreichen Überprüfungsprozess 2010 zu legen.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, meine Damen und Herren! Die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und damit auch von Atomwaffen stellt die potenziell größte Bedrohung für die Sicherheit Europas dar. Die Verbreitung von Atomwaffen macht immer wieder Schlagzeilen, vor allem wenn es um den Iran und Nordkorea geht.

Was den Iran betrifft, befinden wir uns noch immer in einer heiklen Phase. Wir haben mit Besorgnis den jüngsten Bericht von Dr. El Baradei zur Kenntnis genommen, wonach der Iran seine Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Anreicherung von Kernmaterial noch nicht ausgesetzt und offenbar nicht die notwendigen Schritte ergriffen hat, um die Einhaltung der Resolution 1737 des UNO-Sicherheitsrates zu gewährleisten. Der Rat „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ der EU hat vor kurzem einen gemeinsamen Standpunkt angenommen, in dem gefordert wird, dass die internationale Gemeinschaft mit der notwendigen Härte vorgehen sollte. Wir meinen es ernst mit unserer zweigleisigen Politik, die – wie Herr Gloser gerade dargelegt hat – auch durch die jüngsten „Drei-plus-Drei-Gespräche“ in London untermauert wurde. Das heißt, dass wir einerseits den Dialog aufrechterhalten und unsere Kontakte mit der Zivilgesellschaft ausbauen wollen und andererseits auch Druck ausüben werden. Die Diskussionen in New York drehen sich nun darum, ob man über die bestehenden Sanktionen hinausgehen und eine neue Resolution des Sicherheitsrates verabschieden sollte.

Was Nordkorea anbelangt, so begrüßen wir die Ergebnisse der Sechsergespräche, die am 13. Februar 2007 in Peking stattfanden. Die EU berät sich mit den Sechs und bietet die besten Instrumente an, mit denen wir diesen Prozess unterstützen können und gleichzeitig der Umsetzung der Resolution 1718 des Sicherheitsrates verpflichtet bleiben. Wir sprechen uns nachdrücklich für den derzeitigen Besuch von Dr. El Baradei in Nordkorea aus, bei dem es vor allem um die Rückkehr der IAEO-Inspektoren geht, was ja Bestandteil dieses Abkommens ist. Und ich teile seine Auffassung, dass es sich hierbei um einen wichtigen Vertrauensbildungsprozess handelt. Ich hoffe, dass Mitte April die Schließung der Anlage Yongbyon fortgeführt wird.

Mit dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomwaffen von 1970 (Atomwaffensperrvertrag) wurde das System der Nichtverbreitung von Atomwaffen eingeführt, so wie wir es heute kennen – mit seinem grundlegenden Gleichgewicht zwischen atomarer Abrüstung, Nichtweiterverbreitung und der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Daraus haben sich dann verschiedene Dinge entwickelt, die der Europäischen Union sehr am Herzen liegen, nämlich der Grundsatz des geregelten Nuklearhandels, die nukleare Sicherheitsüberwachung und die Internationale Atomenergie-Organisation, die die Einhaltung der Vorschriften überwacht. Wenn wir die Effizienz des Atomwaffensperrvertrags verbessern, dann werden wir in einer sichereren Welt leben. Die Vertragsparteien sollten ermutigt werden, mit Blick auf die kommende Überprüfungskonferenz auf dieses Ziel hinzuarbeiten.

Während sich die Schlagzeilen vor allem um die Schwierigkeiten des Systems drehen, sollten wir die erzielten Erfolge nicht unterschätzen. So haben z. B. Südafrika, Argentinien, Brasilien, Südkorea und Libyen ausnahmslos auf Atomwaffenprogramme verzichtet.

Bei meinem letzten Besuch in Indien hatte ich außerdem Gelegenheit, der indischen Führung gegenüber unserer Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass sich Indien noch viel weiter den Regelungen des Atomwaffensperrvertrags annähern und den Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen unterzeichnen wird.

Wir sehen einer Zusammenarbeit mit Indien im Bereich der zivilen Nutzung der Kernenergie erwartungsvoll entgegen, sobald die erforderlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Dadurch sollte sich auch die Bereitschaft Pakistans erhöhen, mit der internationalen Gemeinschaft in Fragen der Nichtverbreitung von Atomwaffen zusammenzuarbeiten. Die Kommission leistet einen wichtigen Beitrag auf dem Gebiet der Nichtverbreitung von Atomwaffen. Denn seit 1957 hat sie dank dem Euratom-Vertrag weit reichende Befugnisse. Die Sicherheitskontrollmaßnahmen der Kommission werden mit der IAEO genauestens abgesprochen, sodass Mittel für noch gefährlichere Regionen in der Welt frei werden. Des Weiteren machen wir uns dafür stark, dass die EU-Kontrollen für die Ausfuhr von Kernmaterial so streng wie möglich gestaltet werden, und unterstützen damit die aus dem Jahr 2000 stammende Verordnung Nr. 1334 über Güter mit doppeltem Verwendungszweck. Außerdem helfen wir Drittstaaten bei der Verbesserung ihrer Ausfuhrkontrollen und der Bekämpfung des illegalen Handels mit Kernmaterial und radioaktivem Material.

Die Kommission ist auch einer der wichtigsten Geldgeber, wenn es um die internationalen Bemühungen zur Bekämpfung der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen geht. Ein bedeutendes Beispiel hierfür ist die von den G8-Staaten geschaffene globale Partnerschaft gegen Massenvernichtungswaffen. Im Rahmen dieser Initiative wurde eine Milliarde Euro für die Unterstützung der ehemaligen Sowjetunion gesammelt, wovon bereits 400 Millionen ausgegeben wurden.

Seit mehr als 25 Jahren arbeitet die Gemeinsame Forschungsstelle der Kommission eng mit der IAEO zusammen und bietet wissenschaftliche und technologische Unterstützung.

Wie ich bereits gesagt habe, werden wir künftig noch mehr unternehmen. Mit dem neuen Stabilitätsinstrument werden uns Mittel zur Fortsetzung und zum Ausbau unserer Arbeit zur Verfügung stehen, um die Gefahr der Weiterverbreitung von Atomwaffen einzudämmen und somit die Sicherheitslage in Europa zu verbessern. Abschließend möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um dem Parlament noch einmal für die Unterstützung der Kommission zu danken, die mithilfe verschiedener Pilotprojekte eine neue Generation von Hilfsprogrammen zur Nichtweiterverbreitung geschaffen hat.

(Beifall)

 
  
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  Stefano Zappalà, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit 1970, dem Jahr seines Inkrafttretens, bis zum Ende des Kalten Krieges trug der Atomwaffensperrvertrag entscheidend dazu bei, die Verbreitung von Kernwaffen zu begrenzen und ihre Zahl zu verringern. Dieser Vertrag ist historisch gesehen von grundlegender Bedeutung für die Verhütung der Verbreitung und für die Förderung der nuklearen Abrüstung, und aus diesem Grund wurde er 1995 auf unbestimmte Zeit bedingungslos verlängert.

Wie der amtierende Ratsvorsitzende ausführte, beruht der Atomwaffensperrvertrag auf drei Grundsätzen: Abrüstung, Nichtverbreitung und friedliche Nutzung der Kernenergie. Und ausgehend von diesen drei Grundsätzen, die an die gegenwärtige internationale Lage angepasst werden müssen, können wir dem Vertrag eingedenk der Tatsache, dass das dank seiner Anwendung durch 180 Länder erzielte Gleichgewicht heute in Gefahr ist, einen neuen Impuls verleihen. Heute ist die Sicherheit der internationalen Gemeinschaft neuen Bedrohungen ausgesetzt.

Es gilt, den Grundsatz nachdrücklich zu bekräftigen, dass der Atomwaffensperrvertrag das einzige und unabdingbare multilaterale Instrument zur Erhaltung und Stärkung des Friedens, der Sicherheit und der internationalen Stabilität ist, denn er gibt einen rechtlichen Rahmen für die Verhütung einer zunehmenden Verbreitung von Kernwaffen vor. Die Europäische Sicherheitsstrategie und die EU-Strategie gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen heben die Bedeutung der Nichtverbreitung von Kernwaffen, der Abrüstung und des Vertrages selbst hervor, den alle Mitgliedstaaten unterzeichnet haben.

Nach diesem Überblick über die Situation möchte ich betonen, dass das Europäische Parlament klare Vorstellungen über seinen künftigen Standpunkt haben muss. Die Europäische Union muss sich weiterhin für die Umsetzung des Vertrags einsetzen und bei der Tagung in Wien, die der Vorbereitung der für 2010 anberaumten Überprüfungskonferenz dient, geschlossen auftreten. Deshalb wäre ein einheitliches Votum des Europäischen Parlaments besonders wichtig. Es sollte dem Rat und der Kommission ein starkes Signal geben, damit sie in Wien die notwendige Autorität besitzen, um eine aktive Rolle bei der Verstärkung des gegenwärtigen Nichtverbreitungssystems zu übernehmen.

Um die im Atomwaffensperrvertrag festgelegten Ziele zu erreichen, muss die Europäische Union auf der Überprüfungskonferenz zu einer strukturierten und ausgewogenen Revision seiner Funktionsweise beitragen. Dies muss die Erfüllung der von den Unterzeichnerstaaten eingegangenen Verpflichtungen und die Festlegung der Bereiche und Mittel, durch die weitere Fortschritte erzielt werden können, aber auch eine stärkere Entwicklung des Kontrollsystems umfassen, das die ausschließlich friedliche Nutzung der Nuklearenergie durch Staaten gewährleistet, die keine Waffen besitzen und als solche anerkannt sind.

Erforderlich ist die Bekräftigung des Grundsatzes, dass jede mögliche Zusammenarbeit bei der Entwicklung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken auf der Grundlage des Atomwaffensperrvertrags erfolgen muss, und in diesem Bereich vermag die Europäische Union einen entscheidenden Beitrag zu leisten, da sie eine Spitzenposition in der Forschung und Produktion innehat.

Die internationale Lage gebietet uns, unsere ganze Kraft für die Nichtverbreitung, die Abrüstung und die friedliche Nutzung der Kernenergie aufzubieten. Schlussendlich hoffe ich, dass Europa auch bei der Bekämpfung terroristischer Organisationen, die sich Zugriff auf diese Waffen verschaffen könnten, eine einheitliche Strategie verfolgt.

 
  
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  Martin Schulz, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Einer der unbestrittenen Erfolge der Europäischen Union ist der Sicherheitsgewinn, den dieser Kontinent durch Integration erreicht hat. Das Versöhnungswerk, das Europa in die Welt gesetzt hat, hat dazu geführt, dass wir eine Zone sind, in der es Frieden gibt und in der militärische Aktionen zwischen den Partnerstaaten der Europäischen Union so gut wie undenkbar geworden sind. Das ist die Grundlage, die die Philosophie einer Sicherheitspolitik der Europäischen Union sein muss, dass wir nämlich dieses Friedenskonzept, das wir nach innen verwirklicht haben, auch in die Welt, in der wir leben, exportieren sollen.

Dabei legen wir als Sozialdemokratische Fraktion einen Sicherheitsbegriff zugrunde, der auf Dialog, auf Diplomatie, auf Abrüstung, auf Prävention und auf nachhaltige und faire Entwicklung setzt. All diese Elemente gehören zusammen. Nachhaltige Konfliktlösung, die diese fünf Elemente verbindet, ist nur im Rahmen eines Gesamtkonzepts möglich. Dabei spielen die Europäische Union und die Nato eine Rolle, aber es spielen auch andere eine Rolle, z. B. Russland. Deshalb müssen wir uns, wenn wir über Abrüstungsinitiativen reden — ich komme gleich noch einmal darauf zu sprechen — die Frage stellen: Ist Russland unser Partner oder unser Gegner? Ich rate im Sinne dessen, was ich gerade gesagt habe, zu einem partnerschaftlichen Vorgehen, zum Dialog und nicht zur Ausgrenzung.

Die Frage der Abrüstung ist eine der zentralen Fragen im Zusammenleben von Völkern, und die Frage der Verlässlichkeit von Vertragsparteien ist eine entscheidende Frage. Wenn wir heute bei der Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags einmal genau hinschauen, müssen wir feststellen, dass es eine ganz beschämende Bilanz gibt: Seit seiner Unterzeichnung wurden nämlich nicht etwa weniger Atomwaffen in der Welt verbreitet, sondern deutlich mehr. Das kann nicht daran liegen, dass die Unterzeichnerstaaten oder einige von ihnen diesen Vertrag ernst genommen hätten. Genau das Gegenteil ist der Fall.

Ganz viele, die diesen Vertrag unterzeichnet haben, haben sich anschließend nicht daran gehalten, sondern entgegen den Vereinbarungen Atomwaffen oder Technologie, die man zur Herstellung von Atomwaffen braucht, in der Welt verbreitet. Das muss umgekehrt werden! Zur Grundüberlegung einer Überprüfung des Vertrags gehört, dass man sich Vertragstreue vornimmt. Deshalb bedingt eine Erneuerung des Vertrages vor allen Dingen, dass die, die ihn unterzeichnen, sich auch daran halten. Das haben nicht nur die Vereinigten Staaten von Amerika nicht getan.

Eine nuklearwaffenfreie Welt, meine Damen und Herren, mag wie eine Tagträumerei klingen. Wir haben keine nuklearwaffenfreie Welt, ganz im Gegenteil! Wir haben eine Debatte über die Verbreitung der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Da kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch! Wir haben eben aus Ihrem Munde gehört, welcher Anstrengungen es bedarf, zu verhindern, dass aus ziviler Nutzung der Kernenergie militärische wird — Stichwort Iran. Wir bauen in aller Welt weitere Atomkraftwerke und wundern uns anschließend, dass wir nicht einen, sondern viele Irans auf der Welt haben.

Zur Überprüfung der militärischen Nuklearpolitik gehört auch die kritische Hinterfragung ihrer zivilen Nutzung. Die deutsche Ratspräsidentschaft hat die Gelegenheit, diese Thematik auf die Tagesordnung zu setzen, sowohl des Rates als auch der G8. Außerdem ist es auch geboten, ein Raketenabwehrsystem kritisch zu hinterfragen, das jetzt auf Wunsch der amerikanischen Regierung in Tschechien und in Polen installiert werden soll, einer Philosophie der Regierung Bush folgend, die an Inkonsistenz kaum zu überbieten ist, die an vielen Beispielen belegbar in die Irre führt und die 58 Milliarden Dollar kosten soll.

Ich habe eine Empfehlung: Bevor wir uns als Europäer — schon wieder — spalten lassen — denn wir können eine einheitliche Außen- und Sicherheitspolitik abschreiben, wenn wir zu einem solchen Thema in der EU nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen —, bevor für 58 Milliarden Dollar Raketenabwehrsysteme installiert werden, investiert man dieses Geld besser in eine nachhaltige Entwicklung. Das ist mehr Beitrag zum Frieden als die Stationierung eines zweifelhaften Raketensystems.

Ich erlaube mir, das im Zusammenhang mit dem Nichtverbreitungsvertrag und seiner Überprüfung zu sagen, Herr Präsident, weil diese Dinge zusammengehören. Und ich hoffe, dass Frau Merkel ihre Ankündigung wahr macht, dieses Thema auf die Tagesordnung sowohl der G8 als auch der EU zu setzen.

(Beifall)

 
  
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  Annemie Neyts-Uyttebroeck, im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, Herr Gloser, sehr geehrte Damen und Herren! Nichtverbreitung und vor allem Nichtverbreitung von Kernwaffen sind tatsächlich die Eckpfeiler einer auf Frieden ausgerichteten Politik.

Beim Durchsehen älterer Dokumente zu diesem Thema bin ich auf die 13 praktischen Schritte gestoßen, die während der Konferenz zur Überprüfung des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen im Jahr 2000 vereinbart wurden. Das ist kaum sieben Jahre her. Wenn ich diese Schritte betrachte, kann auch ich nur zu dem Schluss zu kommen, dass wir tatsächlich keinerlei Fortschritte erzielt, sondern eher das genaue Gegenteil erreicht haben.

Es ist klar, dass die grausamen Anschläge vom 11. September 2001 und alles, was danach folgte, eigentlich die ernsthaften Anstrengungen auf dem Gebiet der Abrüstung im Allgemeinen und der atomaren Abrüstung im Besonderen zunichte gemacht haben. Ich bedauere das zutiefst. Zudem bereitet mir große Sorge – und das meine ich auch in meinem eigenen Namen, wenn ich das sage –, dass bis heute kein Fraktionsstandpunkt zu den Initiativen hinsichtlich der Mitgliedstaaten Tschechien und Polen formuliert wurde. Auch ich frage mich, ob dies nicht der Beginn eines neuerlichen Rüstungswettlaufs sein könnte, der uns mit Sicherheit gerade noch gefehlt hat.

Mit Zufriedenheit habe ich die Zusicherung der Präsidentschaft zur Kenntnis genommen, der zufolge hart an einem gemeinsamen Standpunkt aller Mitgliedstaaten mit Blick auf die Konferenz im kommenden April gearbeitet werden soll. Ich hoffe, Herr Präsident, Ihnen – oder eher der Präsidentschaft – wird dies tatsächlich gelingen, denn das klägliche Ergebnis im Jahr 2005 war auf fehlende wahre Einmütigkeit unter den EU-Mitgliedstaaten zurückzuführen. Die Geschichte wird sich hoffentlich nicht wiederholen.

 
  
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  Ģirts Valdis Kristovskis, im Namen der UEN-Fraktion. – (LV) Herr Präsident, sehr geehrte Frau Ferrero-Waldner, verehrte Vertreter des Rates und der Kommission, meine Damen und Herren! Ich denke, wir alle stimmen darin überein, dass Nichtverbreitung von Kernwaffen und atomare Abrüstung ein besonderer Bestandteil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union sind. Wie meine Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus soeben ausgeführt haben, sind die bei der Umsetzung dieser Politik erzielten Ergebnisse fast als Rückschritt anzusehen. Bei einem Blick auf die Dokumente des Rates und der Kommission ist jedoch festzustellen, dass sie optimistischer sind. Und wenn wir das tatsächlich Erreichte bewerten, dann verdienen die von der Europäischen Union erzielten Fortschritte meiner Ansicht nach Anerkennung. Die Institutionen der EU arbeiten ständig zur Koordinierung ihrer Arbeit zusammen. Selbstverständlich widmet sich der Hohe Vertreter der GASP aktiv Fragen der Nichtverbreitung von Kernwaffen und atomaren Abrüstung. Wir im Europäischen Parlament sind regelmäßig mit diesen Problemen befasst, zwischen den Institutionen finden Gespräche statt, und mit dem EU-Lagezentrum und dem EU-Koordinator für die Terrorismusbekämpfung werden Informationen ausgetauscht. Das bedeutet, es wird tatsächlich gearbeitet. Der Fall Nordkorea sowie der Fall Iran, die Konferenz zur Überprüfung des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen 2005, die nicht von Erfolg gekrönt war, und die Differenzen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika, China und Russland beweisen jedoch, dass es noch eine Menge zu tun gibt. Deshalb möchte ich meiner Anerkennung für die Vorbereitungen im Vorfeld der Überprüfungskonferenz für den Atomwaffensperrvertrag im Jahr 2010 Ausdruck verleihen, und ich möchte den Rat auffordern, dem Wunsch des Europäischen Parlaments nach einer aktiven Rolle bei dieser Arbeit sowie der in dem Entschließungsantrag des Parlaments formulierten Initiative Rechnung zu tragen. Zudem sollten in allernächster Zukunft Mitglieder des EP in diese Konferenz einbezogen werden, damit sie als Mitglieder der EU-Delegation wirken können.

 
  
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  Angelika Beer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Vielen Dank für Ihre Ausführungen, Frau Ferrero-Waldner und Herr Gloser. Lassen Sie mich als Erstes einen Dank an alle Kollegen der anderen Fraktionen dafür aussprechen, dass sie die Initiative der Grünen zu dieser Debatte aufgegriffen haben, und einen Dank vor allem dafür, dass wir in diesen Tagen einen Kompromissantrag verabschieden werden, in dem sich alle wiederfinden. Gerade angesichts der aktuellen Situation halte ich dies für ein gutes und wichtiges Signal. Sie, Frau Kommissarin, haben die verschiedenen Problemfelder umrissen.

Lassen Sie mich einmal kurz zurückblicken: Vor 20 Jahren, am 8.12.1987, ist ein Ruck durch die Welt gegangen, als der INF-Vertrag abgeschlossen wurde, ein konkreter Abrüstungsvertrag im Bereich der atomaren Bedrohung während des Kalten Krieges. Wo stehen wir heute? Leider sind einige Rückschritte zu verbuchen, denn sowohl Kofi Annan als auch Henry Kissinger haben darauf hingewiesen, dass der Kampf gegen die Verbreitung von Atomwaffen und auch die Bemühungen um deren Abrüstung kurz vor dem endgültigen Scheitern steht.

Was können wir als Europäer in dieser Situation machen? Haben wir genug Selbstbewusstsein, um auf multilateraler sowie internationaler Ebene Themen anzusprechen, bei denen wir auf Fortschritte hoffen können? Wäre es nicht an der Zeit, das bevorstehende Treffen der Nuclear Supplies Group am 16. bis 20. April in Kapstadt zu nutzen, um dort dem beabsichtigten Deal zwischen Indien und den USA zu widersprechen? Was für ein Signal ist dies denn sonst für die anderen Staaten? Sagen wir sonst: Baut Atomprogramme und Atomwaffen, auch außerhalb des NVV? Ihr werdet dann sogar von den USA belohnt und gefördert. Was wäre das für ein Signal an den Iran?

Ich sage das sehr bewusst, denn ich vertrete eine dezidiert andere Einschätzung. Wir stecken, was den Iran betrifft, in einer Sackgasse, wozu wir selber beigetragen haben. Alle Beteiligten brauchen hier den Rückwärtsgang, um wieder herauszukommen, sonst wird es einen Militäreinsatz geben.

Wir wollen uns an einer Fortschreibung beteiligen. Wir werden am Donnerstag verabschieden, dass eine Delegation nach Wien fährt, um diesen Prozess aktiv zu begleiten. Ich hoffe, dass wir dort gemeinsam ein Überlebenssignal dieser wichtigen NVV-Bestimmungen zustande bringen.

 
  
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  Tobias Pflüger, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Der Atomwaffensperrvertrag ist vielfach gefährdet. Die neuesten Meldungen: In der Süddeutschen Zeitung vom 3. März stand, dass die USA neue Atomsprengköpfe planen. Wir kritisieren das! Im EU-Staat Großbritannien will Premierminister Blair 30 Milliarden Euro für die Modernisierung der britischen Atomstreitkräfte ausgeben. Morgen ist dazu die Abstimmung im britischen Unterhaus. Das ist atomare Aufrüstung und gefährdet den Atomwaffensperrvertrag! Hierzu muss die deutsche Ratspräsidentschaft sich kritisch äußern.

Wir unterstützen die Proteste gegen dieses Atomprogramm. Die USA planen ein Raketenabwehrsystem in Tschechien, Polen und im Kaukasus, und die Nato will sich – so Jaap de Hoop Scheffer – einer Meldung von gestern zufolge mit einem eigenen Raketenabwehrsystem daran beteiligen. Der deutsche Militärminister Franz Josef Jung will das gesamte Raketenabwehrsystem der Nato unterstellen. Der Rat und die Kommission der EU sollten endlich diese Raketenabwehrpläne ganz klar kritisieren. Ich habe zusammen mit zwei Kollegen eine Erklärung gegen dieses Raketenabwehrsystem eingebracht.

Gleichzeitig wird ein Krieg gegen den Iran vorbereitet. Dies sieht auch Wesley Clark so, immerhin der ehemalige Nato-Oberbefehlshaber. Die Kritik am Iran ist heuchlerisch, wenn man selbst Atomwaffen besitzt und sie modernisiert. Der Atomwaffensperrvertrag besagt, dass alle Atomwaffen abgerüstet werden müssen. Es gibt nämlich keine guten Atomwaffen. Abrüstung ist das Gebot der Stunde!

 
  
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  Bastiaan Belder, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Die atomaren Bestrebungen Pjöngjangs und Teherans stellen eine unmittelbare Bedrohung für den Nichtverbreitungsvertrag, den so genannten NVV, dar, denn die jeweiligen Nachbarstaaten in Nordostasien und im Nahen Osten könnten sich vielleicht verpflichtet fühlen, in den Klub der Kernwaffenstaaten einzutreten.

Außerdem sind bei einer Untergrabung des NVV negative Auswirkungen zu befürchten, die denen biologischer und chemischer Waffen ähneln. Kurzum, das gesamte multilaterale Rüstungskontrollsystem droht zusammenbrechen – ein wahres Schreckgespenst, das die gesamte Welt bedroht. Mittlerweile drängt sich die Frage auf, welche Autorität der UN-Sicherheitsrat noch besitzt, wenn sich UN-Mitglieder entgegen seinem erklärten Willen mit Kernwaffen eindecken.

Teilen der Rat und die Kommission insofern meine Ansicht, als die Krise des NVV zugleich eine Krise für das höchste internationale Gremium ist? Angesichts dieser überaus ernsten Lage erwarte ich von ihnen größtmögliche Anstrengungen, um den UN-Sicherheitsrat davon zu überzeugen, Pjöngjang und Teheran von ihrem unheilvollen Atomkurs abzubringen, denn die Zeit drängt.

 
  
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  Karl von Wogau (PPE-DE). – Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Atomwaffensperrvertrag war eine große Errungenschaft. Aber wir stellen fest, dass die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen weitergeht. Wir müssen leider auch feststellen, dass die Überprüfungskonferenz zunächst einmal gescheitert ist. Deswegen ist diese Wiener Vorbereitungskonferenz so wichtig. Es ist auch von allergrößter Wichtigkeit, dass das Europäische Parlament hier seine Meinung einbringen kann. Voraussetzung für die Wirksamkeit ist aber, dass das eine gemeinsame Entschließung ist, in der sich alle wiederfinden können. Ich hoffe, dass wir bei der Abstimmung auch zu einem solchen Ergebnis kommen werden.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion waren wir alle gemeinsam der Auffassung, dass das Zeitalter des Gleichgewichts des Schreckens jetzt vorüber sei. Aber heute besteht die Gefahr, dass dieses Gleichgewicht des Schreckens zwar auf der globalen Ebene nicht mehr besteht, dass es aber auf der regionalen Ebene wieder beginnt. Wir müssen gemeinsam alles tun, um zu verhindern, dass dies geschieht.

Von den vielen Vorschlägen möchte ich einen ansprechen, und zwar das internationale System eines Prozesses der Urananreicherung. Das ist eine Sache, die jetzt von außerordentlich großer Wichtigkeit ist. Ich möchte aber auch ein weiteres Thema ansprechen, das jetzt nicht unmittelbar zu dieser Debatte gehört, das aber in der Öffentlichkeit gemeinsam diskutiert werden muss, nämlich die Frage des Raketenabwehrsystems.

Wir diskutieren bei uns in Europa zurzeit über ein amerikanisches Raketenabwehrsystem und seine Auswirkung auf Europa. Was uns aber eigentlich interessieren muss, ist die Sicherheit Europas. Diese iranischen Raketen, gegen die sich die Amerikaner schützen, sind sehr viel näher an Europa als an Amerika. Wir hören beispielsweise, dass durch diese iranischen Raketen heute schon Süditalien und Griechenland erreicht werden können. Deswegen müssen wir eine generelle Debatte über die Frage führen, ob wir ein solches System brauchen. Sollten wir ein solches System brauchen, dann bräuchten wir es gerade auch als Europäer. Auch darüber müssen wir hier im Europäischen Parlament diskutieren und Entscheidungen herbeiführen.

 
  
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  Jan Marinus Wiersma (PSE).(NL) Herr Präsident! Der Nichtverbreitungsvertrag ist im Grunde der wichtigste Pfeiler, der dem internationalen Konsens zugrunde liegt, dem zufolge die Verbreitung von Kernwaffen gestoppt werden muss, selbstverständlich auch mit dem endgültigen Ziel der allgemeinen atomaren Abrüstung, wie mein Fraktionsvorsitzender soeben herausgestellt hat. Weil die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen eine zunehmende Bedrohung für den internationalen Frieden und die Sicherheit darstellt, müssen wir den Vertrag erneut überprüfen, ihm neues Leben einhauchen und ihn stärken.

Die Entwicklungen im Iran bereiten uns selbstverständlich große Sorge. Trotz wiederholter Warnungen seitens der internationalen Gemeinschaft setzt der Iran seine Anstrengungen auf dem Gebiet der Urananreicherung fort. Zugleich wissen wir um die reale Gefahr, dass terroristische Gruppierungen Zugang zu Kernwaffen oder ähnlichem erlangen.

Um die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen zu stoppen, ist eine effektive multilaterale Haltung unverzichtbar. Außerdem steht oder fällt der Nichtverbreitungsvertrag damit. Ein eigenständiges, unilaterales Vorgehen untergräbt jedoch alle gemeinsamen Bemühungen auf diesem Gebiet. Die anerkannten Atommächte müssen daher eine sichtbare Investition tätigen. Sie zeichnen insbesondere auch für die Glaubwürdigkeit des Nichtverbreitungsvertrags in seiner derzeitigen Form verantwortlich. Gerade in diesem Licht hinterfragen wir den jüngsten Versuch der USA, Polen und Tschechien zur Stationierung von Elementen eines Raketenschutzschilds auf ihren Territorien zu bewegen. Das Raketenabwehrsystem soll den Amerikanern zufolge Schutz vor möglichen Angriffen aus Nordkorea und dem Iran bieten. Dies widerspricht eigentlich dem Vorhaben, diese Länder von der Entwicklung eines Kernwaffenarsenals abzuhalten.

Mit ihrem Vorschlag setzen sich die Amerikaner auch über die Bedenken Russlands hinweg, das den Raketenschild zu Recht oder zu Unrecht als Provokation oder sogar als Bedrohung seiner inneren Sicherheit ansieht. Ein Schutzschild, der anschließend Misstrauen zwischen den drei wichtigsten Partnern – den USA, Russland und der EU – sät, die der Verbreitung Einhalt gebieten wollen, entspricht nicht eben dem multilateralen Handeln, das uns vorschwebte.

Außerdem fragen wir uns, wie sich eine solche bilaterale Zusammenarbeit mit der europäischen Sicherheitsstrategie und der NATO-Partnerschaft vereinbaren lässt. Wir haben aus diesem Grund erhebliche Bedenken gegen diesen Gang der Dinge und appellieren deshalb an die Vereinigten Staaten und die betreffenden EU-Mitgliedstaaten, die Pläne zu überdenken und nach multilateralen Alternativen zu suchen, die zu den Sicherheitsmaßnahmen passen, die wir in der Europäischen Union einvernehmlich vereinbart haben.

 
  
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  István Szent-Iványi (ALDE).(HU) Wir sollten nichts beschönigen: Die NVV-Konferenz im Jahr 2005 war ein Fehlschlag. Bedauerlicherweise hat die ganze NVV-Geschichte keinerlei Erfolge vorzuweisen. Nordkorea ist aus dem System ausgestiegen und hat ein eigenes militärisches Atomprogramm eingeleitet. Auch der Iran hat dem System den Rücken gekehrt, und wir wissen nicht, wie der aktuelle Stand ist. Auf jeden Fall sind seine Absichten nicht begrüßenswert. Indien, Pakistan und Israel lassen keinerlei Beitrittsabsichten erkennen.

Trotzdem gibt es aber auch einige positive Entwicklungen. Am 16. Februar mündeten die Sechs-Parteien-Gespräche in Peking in eine Vereinbarung. Wir werden bald herausfinden, welchen Wert eine solche Vereinbarung hat. Herr El Baradei wird morgen Nordkorea besuchen, und sein Besuch wird deutlich machen, ob die Absichten der Nordkoreaner aufrichtig sind. Die aktuellen Maßnahmen sind von sehr großer Wichtigkeit. Die Achtung des gesamten NVV steht auf dem Spiel. Wir müssen Flexibilität und Stetigkeit miteinander verbinden. Wir müssen in Bezug auf die Methodik und den zeitlichen Rahmen flexibel sein, aber bei den Zielen ist keine Flexibilität angebracht. Sie müssen klar und unmissverständlich sein. Nordkorea muss in das NVV-System zurückkehren und das militärische Atomprogramm unverzüglich einstellen. Die Art und Weise, in der wir das Problem Nordkorea angehen, wird direkte Auswirkungen auf den Iran haben. Wenn wir in Nordkorea Erfolg haben, werden wir auch in Bezug auf den Iran erfolgreich sein. Schlagen unsere Bemühungen hier fehl, dann steht zu befürchten, dass es uns nicht gelingen wird, Iran auch nur davon abzuhalten, den rechten Weg zu verlassen.

Die Vorbereitungen für die Überprüfungskonferenz werden real und erfolgreich sein, wenn wir uns diesen beiden Herausforderungen – also Nordkorea und dem Iran – stellen und diese beiden Probleme erfolgreich lösen können. Dafür gibt es jetzt eine geringe Chance, aber nur, wenn wir konsequent vorgehen und klar an unseren Grundsätzen festhalten.

 
  
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  Caroline Lucas (Verts/ALE).(EN) Frau Kommissarin! Sie sagten, dass die Weiterverbreitung die potenziell größte Bedrohung für unsere Sicherheit darstellt, und da kann ich Ihnen nur beipflichten. Ist es aber dann nicht ziemlich ironisch, dass die britische Regierung morgen wahrscheinlich einen Beschluss fassen wird, wonach die Trident-Atom-U-Boote erneuert werden sollen, sodass diese Weiterverbreitung nur noch beschleunigt und somit unsere kollektive Sicherheit unterwandert wird? Wenn die Regierung das wirklich tun sollte, dann läuft dies auf pure Heuchelei hinaus: Einerseits strebt sie die Aufrecherhaltung und Weiterentwicklung der eigenen Atomwaffenbestände an, und andererseits führt sie unrechtmäßige Kriege, um andere Länder vom Erwerb eben dieser Waffen abzuhalten. Glaubt die britische Regierung wirklich, dass sie noch die moralische Autorität besitzt, um Ländern wie dem Iran vorzuschreiben, dass es keine Atomwaffen entwickeln darf, wenn wir selbst genau das weiterhin tun?

Der Atomwaffensperrvertrag besteht aus zwei Abmachungen: Die Staaten ohne Atomwaffen willigen ein, keine Atomwaffen zu erwerben, sofern sich die Atommächte ernsthaft an die Abrüstung ihrer eigenen Atomwaffenbestände machen. Wenn wir uns nicht an unseren Teil der Abmachung halten, wenn wir nicht das Völkerrecht befolgen, dann brauchen wir uns auch nicht zu wundern, wenn andere Länder ebenfalls gegen ihren Teil der Abmachung verstoßen.

Dadurch, dass die britische Regierung jetzt das Trident-System modernisiert, wird der gemeinsame Standpunkt der EU zum Thema Nichtweiterverbreitung vollkommen ausgehöhlt. Sowohl Großbritannien als auch Frankreich sollten daher vom Rat und von der Kommission aufs Schärfste verurteilt werden.

 
  
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  Vittorio Agnoletto (GUE/NGL). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die nordkoreanische und die iranische Atomkrise haben die Welt einmal mehr in Angst und Schrecken versetzt und Misstrauen unter den Nationen und Völkern aufkommen lassen. Durch die internationale Diskussion über die nukleare Aufrüstung wird die Zukunft der Menschheit wieder in Frage gestellt. Die Verhandlungen mit Iran müssen unbedingt wieder aufgenommen und es muss jede militärische Aktion vermieden werden, denn sie würde die gegenwärtige Krise lediglich noch verschlimmern. Deshalb ist es so wichtig, die Gespräche über die Erneuerung des Vertrags über die Nichtverbreitung von Atomwaffen 2010 wieder zu beleben.

Die Europäische Union muss entsprechenden politischen, wirtschaftlichen und handelspolitischen Druck auf Staaten wie Indien, Pakistan, Iran, Nordkorea sowie andere Länder wie China und USA ausüben. Zudem muss die Europäische Union, als eine Angelegenheit von allerhöchster Dringlichkeit, ein atomwaffenfreies Mittelmeer fördern. Durch entsprechende wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen müssen wir das Mittelmeer in ein Meer des Friedens, in eine völlig atomwaffenfreie Zone verwandeln. Deshalb muss der erwähnte Druck auch auf Israel ausgeübt werden, das ohne jede Frage das Recht hat, für seine Sicherheit zu sorgen, dabei aber nicht auf die nukleare Abschreckung und die Vernichtung anderer Völker setzen darf.

Im Übrigen wird die jüngste Entscheidung von Präsident Bush, Raketenabschussrampen in der Tschechischen Republik oder neue militärische Anlagen zur Abwehr von Nuklearraketen in Polen zu stationieren, die militärischen Beziehungen zu Russland nur verschlechtern. Diese Entscheidung von Herrn Bush verurteile ich auf das Schärfste.

 
  
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  Achille Occhetto (PSE). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns alle einig, dass neue Verpflichtungen gegen die Verbreitung thermonuklearer Waffen übernommen werden müssen, wie Herr Schulz in seinem Redebeitrag betonte, doch zugleich müssen wir anfangen, klarer und deutlicher auszusprechen, dass es nicht genügt, die Verbreitung zu verhindern, sondern dass der Kampf für allgemeine Abrüstung aufgenommen werden muss. Tatsächlich wird es nie echte globale Demokratie geben, wenn einige Länder die Welt beherrschen können, weil sie die Macht haben, sie mehrfach zu zerstören.

Fakt ist, dass die Länder des Atomclubs, insbesondere das Vereinigte Königreich und Frankreich, die Autorität und das moralische Recht besitzen, die Verbreitung durch andere Staaten zu verhindern, wenn sie selbst beginnen abzurüsten und das Verbot aller Massenvernichtungswaffen auf die Tagesordnung setzen.

Leider ist das nicht der Weg, der beschritten wird, wenn wir uns die einseitige Politik der USA ansehen – eine Politik, die sogar der NATO zuwiderläuft. Die Vereinigten Staaten haben geheime Verhandlungen mit einigen europäischen Ländern geführt, um sie in das US-Raketenabwehrprogramm einzubeziehen, und wir haben einen speziellen Änderungsantrag dagegen eingereicht. Wir müssen demzufolge diese Pläne vereiteln, indem wir „Nein“ zur Verbreitung, aber „Ja“ zu einer europäischen Initiative sagen, die auf allgemeine Abrüstung gerichtet ist.

 
  
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  Jill Evans (Verts/ALE).(EN) Herr Präsident! Nun, da die Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags im Jahr 2010 langsam näher rückt, wird augenscheinlich, dass der Vertrag bereits unter großen Druck geraten ist, insbesondere wenn man sich die Debatten über den Iran und Nordkorea anschaut. Daher könnte ein Land keinen schlechteren Zeitpunkt für die Botschaft wählen, dass Atomwaffen von entscheidender Bedeutung für die Sicherheit eines jeden Landes sind – ganz gleich, wie wenig man damit gegen die wirklichen Bedrohungen ausrichten kann, wie den Klimawandel und den Terrorismus. Aber genau das schlägt die britische Regierung vor. Und so werden – wie wir bereits gehört haben – die Abgeordneten in Westminster morgen darüber abstimmen, ob die Trident-Atom-U-Boote erneuert und damit Großbritannien und die übrige Welt in eine neue atomare Ära und ein neues atomares Wettrüsten katapultiert werden sollen.

Im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags sollte nicht über die Erneuerung dieser illegalen und unmoralischen Waffen, sondern vielmehr über einen Zeitplan für die Abrüstung dieser Waffenbestände diskutiert werden. Ich möchte alle Fraktionen hier im Parlament auffordern, den Entschließungsantrag und die Änderungsanträge zu unterstützen. Darin werden die britischen Abgeordneten aufgefordert, morgen gegen die Erneuerung des Trident-Systems zu stimmen und sich an die Verpflichtungen zu halten, die vor mehr als 35 Jahren mit der Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrags eingegangen wurden.

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE). – Herr Präsident, Frau Kommissarin, geschätzter Ratspräsident! Die atomare Bedrohung ist eine Realität. Sie nimmt leider auch zu, wie von Ihnen auch festgestellt worden ist, und zwar mit der Erwähnung der beiden hot spots Iran und Nordkorea.

Es ist zweifelsohne notwendig, dass wir bereits jetzt beginnen, die Überprüfungskonferenz zeitgerecht vorzubereiten, um dort die notwendigen Schwerpunkte zu setzen. Aber noch viel wichtiger ist es, dass wir gegenwärtig versuchen, Maßnahmen zu ergreifen, die die Glaubwürdigkeit der Staatengemeinschaft und die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union bei der Umsetzung und bei der Durchsetzung des Atomwaffensperrvertrages untermauern. Denn die Qualität dieses Vertrages wird an den Erfolgen gemessen werden, die er tatsächlich bringen wird. Derzeit sehe ich die Chancen für eine Umsetzung derartiger Strategien als durchaus positiv, gerade wenn ich als Vorsitzender der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu der Koreanischen Halbinsel die Situation in Nordkorea und die Kontakte betrachte, die wir mit Süd- und Nordkorea hatten.

Wir haben als Europäische Union und insbesondere als Parlament dazu beigetragen, dass diese Sechsparteiengespräche wieder aufgenommen worden sind. Wir sind ein willkommener Partner. Wir sind zwar nicht Teil der Sechsparteiengespräche, aber als facilitator, als Unterstützer von Außen herzlich willkommen, und wir haben unseren Beitrag dazu geleistet, dass die Gespräche am 13. Februar wieder aufgenommen wurden.

Ich bin vorsichtig optimistisch. Es wird um die Umsetzung der Abrüstung gehen: Diese ist zugesichert, und nun müssen in Nordkorea Taten folgen. Aber umgekehrt ist es auch notwendig, dass wir uns als Union einbringen, um hier Maßnahmen zu ergreifen, die insgesamt zu politischen Veränderungen in Nordkorea führen. Wir müssen etwa das Programm zu Food security, zu Regional security und zu Human security unterstützen, so dass wir letzten Endes eine atomwaffenfreie Halbinsel Korea erreichen, damit die gegenwärtige Bedrohungslage — auch für Europa — nicht mehr gegeben ist.

 
  
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  Ana Maria Gomes (PSE).(PT) Die bevorstehende Konferenz in Wien bietet der Europäischen Union die Möglichkeit, in diesem Bereich die Führungsrolle zu übernehmen. Europas Standpunkt sollte auf zwei Kerngedanken beruhen: der Stärkung der Internationalen Atomenergiebehörde und der Forderung nach Einhaltung von Artikel 6 des Atomwaffensperrvertrags (NVV). Insofern bin ich ebenfalls der Ansicht, dass die Erneuerung der Trident-Flotte nicht mit Artikel 6 des NVV vereinbar ist. Und da hiervon Großbritannien betroffen ist, fällt dies auch auf die Europäische Union zurück.

Die Europäische Union muss die multilaterale Herangehensweise an die Urananreicherung unterstützen und dafür Sorge tragen, dass alle Länder das Zusatzprotokoll zum Abkommen über Schutzmaßnahmen unterzeichnen. Damit könnte künftig solchen Problemen, wie den Auseinandersetzungen mit dem Iran, vorgebeugt werden.

Darüber hinaus muss die EU alles in ihrer Macht Stehende tun, damit die 13 Abrüstungsschritte, die auf der Sitzung des Vorbereitungsausschusses im Jahr 2000 festlegt wurden, schnellstmöglich umgesetzt werden. Wenn Europa nicht selbst dafür sorgt, das heikle Gleichgewicht, auf dem der NVV beruht, aufrechtzuerhalten, dann könnte die Sitzung des Vorbereitungsausschusses im Jahr 2007 den Anfang vom Ende des Vertrags bedeuten.

Herr Präsident, angesichts dessen gefährden Polen, die Tschechische Republik und Großbritannien, die mit einer einseitigen Beteiligung am US-amerikanischen Raketenabwehrsystem liebäugeln, in skandalöser Weise die Verpflichtungen Europas.

Wozu haben wir denn die Europäische Union oder auch die NATO, wenn nicht für Diskussionen über die strategische Zukunft Europas?

 
  
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  Jana Hybášková (PPE-DE).(CS) Frau Kommissarin, Herr Präsident! Ende des 20. Jahrhunderts gab es zu Fragen der Sicherheit zwei Denkströmungen. Der einen zufolge stellte der ungünstige Einfluss der hohen Ölproduktion auf die Stabilität im Nahen Osten die größte Gefahr für die Welt dar, den Schwerpunkt der zweiten Denkströmung bildeten Umweltfaktoren und Klimawandel. Der 11. September und Hurrikan Katrina machten deutlich, dass es nur eine einzige Gefahrenquelle gibt: die Gier nach Energie und der exzessive Energieverbrauch. Indem wir dafür sorgen, dass 20 % der von uns verbrauchten Energie aus erneuerbaren Quellen stammt, werden wir das Problem nicht vollständig lösen. Die einzige Lösung, mit der wir beide Gefahren abwenden, Emissionen senken und unsere Abhängigkeit vom instabilen Nahen Osten reduzieren können, ist die Kernenergie. Wir sollten den Grünen mit ihren nunmehr überholten Argumenten über die Gefahren der Kernenergie entgegentreten. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie die Lage im Iran und andernorts benutzen, um uns mit der Begründung, die Kernenergie könne missbräuchlich eingesetzt werden, zu erpressen. Wir verfügen über ein Instrument, mit dem wir sie in die Schranken weisen können: den Nichtverbreitungsvertrag (NVV).

Ein positives Ergebnis der Konferenz von 2010 sollen wichtige Sicherheitsmaßnahmen sein. Unserer Ansicht nach gibt es folgende Kernprobleme: Urananreicherung und Wiederaufarbeitung gemäß Artikel 4, einschließlich Debatten über regionale Vertriebszentren für atomare Brennstoffe, und zweitens geht es darum, Lösungen für einen nicht autorisierten Rücktritt gemäß Artikel 10 des Vertrags zu finden. Deshalb fordern wir den Rat und die Kommission auf, bei den Verhandlungen im Vorbereitungsausschuss in Wien eine federführende Rolle zu übernehmen und einen substanziellen Beitrag im Hinblick auf ein positives Ergebnis der für 2010 vorgesehenen Konferenz zu leisten. Wir ersuchen Sie ferner um einen Bericht zur Umsetzung der 43 Maßnahmen, die im Rahmen des Gemeinsamen Standpunktes des Rates beschlossen worden waren und die bereits für die misslungene Aussprache über den Vertrag im Jahre 2005 galten. Wir fordern auch die Mitgliedstaaten auf, sich strikt an den strengen Wortlaut der entsprechenden Resolutionen des UNO-Sicherheitsrates zum NVV zu halten, und das gilt auch für Bankgeschäfte und Unternehmen in einigen südeuropäischen Staaten. Gestatten Sie mir bitte noch eine kurze Schlussbemerkung, Frau Kommissarin. Wir müssen nach Möglichkeiten suchen, um Israel in die Verhandlungen zur Überprüfung des NVV einzubeziehen. Bitte konsultieren Sie uns und arbeiten Sie mit uns zusammen.

 
  
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  Bogdan Klich (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Wir leben nun schon seit vielen Jahren mit der Bedrohung durch die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. In jüngster Zeit sind wir uns dessen wegen des Risikos, dass spaltbares Material sowie chemische oder biologische Waffen in die Hände von Terroristen gelangen könnten, noch stärker bewusst geworden.

Diese Befürchtung mündete in die Ausarbeitung strategischer Dokumente der Europäischen Union sowie anderer internationaler Organisationen. Ich möchte vor allem auf die Ende vergangenen Jahres von der NATO verabschiedete Umfassende Politische Leitlinie hinweisen. Die nuklearen Ambitionen bestimmter Staaten, insbesondere Nordkoreas und Irans, geben, wie zuvor schon gesagt wurde, ebenfalls Anlass zur Sorge. Wir freuen uns, dass in den multilateralen Verhandlungen mit Nordkorea ein gewisser Fortschritt erzielt wurde, und bedauern, dass das auf die Verhandlungen mit dem Iran nicht zutrifft.

Vier Bedingungen müssten erfüllt werden, um der überaus ernsten Bedrohung durch die Weiterverbreitung entgegenzuwirken. Erstens: Die bestehenden Regelungen zur Nichtweiterverbreitung im Rahmen des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen müssen beibehalten und anlässlich der Konferenz zur Überprüfung dieses Vertrages im Jahr 2010 gegebenenfalls sogar verschärft werden. Ich unterstütze die Forderung, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dieser Konferenz mit einer Stimme sprechen müssen. Sie müssen entschieden und geschlossen handeln.

Zweitens: Es ist wichtig, dass die Verbündeten in Europa und den Vereinigten Staaten den Kampf gegen den Terrorismus konsequent fortsetzen.

Drittens: Die Verhandlungen mit Nordkorea müssen zu positiven Ergebnissen führen, und im Falle Irans muss auf diplomatischem Wege weiter nach einer Lösung gesucht werden.

Viertens: Entgegen den Meinungen einiger linker Abgeordneter brauchen wir ein Raketenabwehrsystem, das nicht nur die Vereinigten Staaten, sondern auch deren europäische Verbündete vor strategischen Raketenangriffen schützt. Dieser Schutzschild muss über ein interoperables System verfügen, das vor Kurz- und Mittelstreckenraketen schützt und gemeinschaftlich genutzt wird.

Entscheidende Bedeutung kommt deshalb dem strategischen Raketenabwehrsystem TBMD zu, das die NATO bis zum Jahr 2010 fertigstellen will.

 
  
  

VORSITZ: MAREK SIWIEC
Vizepräsident

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, Frau Kommissarin Ferrero-Waldner, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte mich ausdrücklich für die doch in vielen Punkten übereinstimmende Unterstützung bedanken. Wir müssen aus unserer derzeitigen Situation heraus mit mehr Energie daran gehen, bei den Punkten, die wir 2005 als Rückschlag verzeichnet haben, in der Vorbereitung eine einheitliche Position zu erzielen. Ich möchte das ausdrücklich unterstreichen: Natürlich ist dieser Nuklear-Nichtverbreitungsvertrag von unterschiedlichen Seiten her unter Druck geraten, aber wenn wir es ernst meinen und nachdem wir uns auf den Gemeinsamen Standpunkt 2005 verständigt haben, bietet er eine Grundlage, die wir jetzt auch in der aktuellen Vorbereitungskonferenz mit berücksichtigen müssen.

Ich unterstreiche ausdrücklich, was viele, so auch Sie, Herr Schulz, bemerkt haben, dass es nämlich wichtig ist, den multilateralen Ansatz zu betonen. In der Tat: Aus der Erfahrung wissen wir alle, dass Unilateralismus nicht weiterhilft. Wir brauchen den multilateralen Ansatz! Und je mehr wir das fordern, desto notwendiger wird es, auch innerhalb der Europäischen Union einen einheitlichen Standpunkt zu vertreten, um in dieser Frage voranzukommen.

Gerade in Bezug auf den Iran ist der Weg, den die Europäische Union vorgezeichnet hat, sowohl politisch als auch diplomatisch der richtige. Auch wenn manche ungeduldig werden – als ob es viele Alternativen gäbe –, ist dieses Angebot, das der Rat vor wenigen Wochen noch einmal bekräftigt hat, doch der richtige Weg. Wir haben beides: Wir haben eine Entschließung zur Sicherheit mit entsprechenden Sanktionen, genauso aber ist auch die Tür für Verhandlungen mit dem Iran noch offen.

Ich betone nochmals, was ich eingangs in Bezug auf die Nichtverbreitung, aber natürlich auch in Bezug auf die Abrüstung gesagt habe. Dieses Thema muss im Hinblick auf eine friedliche Nutzung der Kernenergie auf der Tagesordnung bleiben – auch wenn das eine oder andere etwas anders gesehen wird in Bezug darauf, wie die Gefahren minimiert werden können.

Es ist wichtig, dass wir vom Europäischen Parlament eine breite Unterstützung für die sicherlich nicht einfachen Diskussionen, die uns bevorstehen, bekommen. Was die Information und die Zusammenarbeit zwischen Rat und Parlament betrifft, kann ich seitens der Präsidentschaft anbieten, dass wir zum einen nach der ersten Sitzung der Vorbereitungskonferenz im zuständigen Ausschuss eine Unterrichtung vornehmen und zum anderen auch darlegen, wie weit wir etwa bei den 43 Punkten gekommen sind, die in einer früheren Entschließung enthalten sind, was davon realisiert wurde und was nicht.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Dies war eine äußerst nützliche Debatte in einer schwierigen Situation. Wir werden Ihre Empfehlungen sehr gründlich prüfen, denn die Vorbereitungskonferenz in Wien ist eine gute Gelegenheit, um uns besser für die Konferenz im Jahr 2010 zu rüsten. Somit werden wir hoffentlich für die äußerst schwierige Konferenz im Jahr 2005 entschädiget werden.

Wir wissen, dass die Situation im Bereich der Nichtweiterverbreitung wesentlich ernsthafter und gravierender ist, als gemeinhin angenommen wird. Aus den jüngsten Eurobarometer-Umfragen ist uns ferner bekannt, dass unsere Bürger weitere Maßnahmen sehen wollen. Ich stimme mit Herrn Zappalà und Frau Neyts-Uyttebroeck darin überein, dass Einvernehmen über den wichtigen Zusammenhang zwischen Massenvernichtungswaffen, Weiterverbreitung und Terrorismus bestehen muss. Dies sollte in der europäischen Sicherheitsstrategie betont werden, was auch schon getan wird, doch muss diesem Aspekt nun auch in der Praxis umfassend Rechnung getragen werden.

Außerdem bin ich davon überzeugt, dass die Bemühungen des Europäischen Parlaments um bessere Kohärenz und mehr gemeinsame Maßnahmen von entscheidender Bedeutung sind. Auch haben alle erwähnt, dass es ungeheuer wichtig ist, mit einer Stimme zu sprechen. Daher ist die Kommission auf Ihre wertvolle Unterstützung angewiesen, um größtmöglichen Einfluss auf dieses gemeinsame Ziel nehmen zu können. Natürlich werden wir unseren Beitrag zu den Vorbereitungsarbeiten in Wien leisten, denn dadurch werden wir – wie viele meinten – an Glaubwürdigkeit gewinnen.

Ich möchte außerdem Herrn Pirker und der Delegation des Parlaments danken, vor allem was das Thema Nordkorea betrifft. Ich teile die Ansicht, dass Nordkorea nicht nur an sich ein wichtiges Land ist, sondern möglicherweise auch eine Chance für die Erzielung von Fortschritten in anderen Ländern eröffnet. Wir sind nach wie vor entschlossen, nicht aufzugeben, solange dies möglich ist.

In unseren Schlagzeilen erscheint die Problematik der Nichtweiterverbreitung meistens im Zusammenhang mit einzelnen Ländern. Wir sollten jedoch – wie Herr Schulz meinte – nicht vergessen, dass die Zusammenarbeit der gesamten internationalen Gemeinschaft ganz entscheidend ist und dass insofern der multilaterale Ansatz und die Effektivität eine bedeutende Rolle spielen.

Die vier wichtigsten Grundsätze, die wir noch einmal im Vorbereitungsausschuss und dann auf der nächsten Überprüfungskonferenz weiter ausbauen sollten, sehen folgendermaßen aus: Da wäre zunächst einmal die Frage der Nichtvertragsstaaten. Soweit ich weiß, gibt es drei Staaten, die diesen Vertrag bisher ablehnen. Wir sollten versuchen, diese Länder mit ins Boot zu holen. Zweitens wäre der Austritt im Januar 2003 zu nennen. Damals kündigte die Demokratische Volksrepublik Korea an, aus dem Atomwaffensperrvertrag auszusteigen – das war ein absolutes Novum. Verschiedene Staaten sind der Auffassung, dass die DRVK noch immer rechtlich an den Vertrag gebunden sei und bei ihrem Ausstieg nicht das ordnungsgemäße Rechtsverfahren befolgt habe. Wir sollten uns endlich des Problems annehmen, dass sich einige Vertragsstaaten einfach nicht an den Vertrag halten. Manche Staaten, die den Atomwaffensperrvertrag unterzeichneten, haben dennoch in der Vergangenheit versucht, Atomwaffen zu erwerben. Dieses Problem muss daher gelöst werden.

Schließlich wäre da noch die Frage des Vertrauens. Am Verhandlungstisch war immer wieder zu hören, dass die meisten Nichtkernwaffenstaaten der Auffassung sind, die Kernwaffenstaaten hätten nicht genug unternommen, um beim Ziel der nuklearen Abrüstung – Artikel 6 – weiter voranzukommen. Dieses Argument sollten wir meiner Meinung nach auf der alle fünf Jahre stattfindenden Überprüfungskonferenz entschieden widerlegen. Dies zeigt auch, dass eine breite Basis für einen Konsens notwendig ist, und alle großen Länder, wie Russland und China, in einen solchen Dialog einbezogen werden sollten.

 
  
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  Der Präsident. Ich teile Ihnen mit, dass ich gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung sechs Entschließungsanträge erhalten habe.(1)

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Mittwoch um 12.30 Uhr statt.

Schriftliche Erklärung (Artikel 142)

 
  
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  Glyn Ford (PSE).(EN) Meines Erachtens führen wir hier eine ganz wichtige Debatte. Durch die Weiterverbreitung von Atomwaffen nimmt die Sicherheit in der Welt nicht zu, sondern eher ab. Ob es sich nun um Israel oder Indien, Pakistan oder Nordkorea handelt, wir sollten all diese Länder zur Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrags drängen. Dennoch sollten wir nicht vergessen, dass im Atomwaffensperrvertrag nicht nur davon die Rede ist, die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu unterbinden. Auch die globalen Atommächte sind aufgerufen, ihre eigenen Bestände abzubauen und zu vernichten. Dem ersten Punkt wird gemeinhin mehr Beachtung geschenkt als dem zweiten.

Der Änderungsantrag der Sozialisten, in dem das Raketenabwehrsystem der USA verurteilt wird, ist vollkommen berechtigt. Wie wir in Nordostasien beobachten konnten, wo Japan die regionalen Raketenabwehrsysteme „Theatre Missile Defence“ und „Theatre High Altitude Defence“ eingeführt hat, wird damit offensiven Technologien Vorschub geleistet, die ganz im Zeichen der US-amerikanischen Doktrin eines Präventivkriegs stehen. Die USA sind nun in der Lage, einen Angriff gegen Länder mit wenigen Atomwaffen zu führen und jede einzelne Rakete abzuwehren, die beim ersten Angriff übersehen wurde.

Ich werde auch den Änderungsantrag 1 der Grünen unterstützen. Ich befürworte zwar nicht die einseitige Abschaffung der britischen Trident-Flotte, halte aber auch überhaupt nichts davon, diese Flotte zum jetzigen Zeitpunkt zu erneuern.

 
  

(1)Siehe Protokoll.


13. Bereitstellung von Betreuungseinrichtungen für Kinder (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Kinderbetreuung.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Unser Präsidentschaftsprogramm im Bereich der Gesellschaftspolitik steht unter dem Motto „Den demographischen Wandel als Chance begreifen und Chancengleichheit für alle in Beruf und Gesellschaft fördern“. Denn der demographische Wandel ist eine Tatsache, die alle Mitgliedstaaten der EU elementar betrifft.

Wir können aber diesen demographischen Trend umkehren, indem wir uns für gute Rahmenbedingungen einsetzen, damit Menschen ihre vorhandenen Kinderwünsche tatsächlich realisieren können. Aber eine wesentliche Rahmenbedingung, um Erwerbstätigkeit zu ermöglichen, ist dabei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Die Rückkehr in die Berufstätigkeit nach einer Familienpause muss ebenso ermöglicht werden wie ein Nebeneinander von Erziehung und Erwerbstätigkeit für beide Elternteile, denn eine Analyse im europäischen Vergleich zeigt, dass Länder mit einem gut ausgebauten Kinderbetreuungsangebot eine höhere Erwerbstätigenquote von Frauen insgesamt haben, und ganz besonders von Müttern mit mehreren betreuungsbedürftigen Kindern.

Die Geburtenziffern sind gerade dort besonders niedrig, wo auch die Erwerbsquote von Frauen gering ist. Hochqualifizierte Frauen wiederum schieben die Familiengründung häufiger als andere Frauen weit hinaus oder verzichten ganz auf Kinder. Während bei Männern der durchschnittliche Umfang ihrer Erwerbstätigkeit mit der Zahl ihrer Kinder zunimmt, reduzieren wiederum Frauen, die Mütter sind, die Arbeitszeit. Wir müssen deshalb in den Mitgliedstaaten bestrebt sein, die Voraussetzungen für die Chancengleichheit von Frauen und Männern im Erwerbsleben zu verbessern und gute Bedingungen zu schaffen.

Der Handlungsbedarf in diesem Bereich ist groß. Deshalb hat Deutschland als erste Präsidentschaft seit 2002 die Kinderbetreuung zu einem Schwerpunkt seiner Ratspräsidentschaft gemacht. Ein erster wichtiger Schritt zur besseren Versorgung mit Kinderbetreuungsplätzen war, dass die Staats- und Regierungschefs auf der Tagung des Europäischen Rates in Barcelona bereits 2002 beschlossen haben, dass die Mitgliedstaaten bis 2010 ein Mindestversorgungsangebot erreichen sollen. Für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem Schulpflichtalter und für mindestens ein Drittel der Kinder unter drei Jahren sollen Betreuungsangebote zur Verfügung stehen. Dieses Ziel wurde 2003 im Rahmen der Europäischen Beschäftigungsstrategie aufgegriffen und in den Integrierten Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung (2005-2008) bekräftigt.

Es gibt Länder, in denen diese Versorgungsquoten schon jetzt — zum Teil sogar deutlich — übertroffen werden. Bei den Angeboten für Kinder unter 3 Jahren sind es etwa sieben Mitgliedstaaten, die die angestrebte Quote von 33 % erfüllen oder übertreffen. Daran merkt man schon: Die übrigen Staaten liegen darunter und haben teilweise eine eklatant niedrige Versorgung. Ähnlich sind die Anteile der Mitgliedstaaten, die über bzw. unter dem Barcelona-Ziel von 90 % für Kinder von drei Jahren bis zum Schuleintritt liegen.

Das bedeutet, dass viele Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen zur Erreichung der Barcelona-Ziele deutlich verstärken müssen. Der Gemeinsame Beschäftigungsbericht 2006/2007, den der Rat vor wenigen Wochen, nämlich am 22. Februar angenommen hat, geht auf diesen Punkt ein, indem er die langsamen Forschritte im Bereich Kinderbetreuung unmissverständlich kritisiert. Die wenigen Fortschritte im Bereich der Kinderbetreuung könnten sich hemmend auf ein weiteres gemeinsames Ziel im Rahmen der Europäischen Beschäftigungsstrategie auswirken, nämlich die Erwerbstätigenquote der Frauen auf mindestens 60 % im EU-Durchschnitt zu steigern.

Es ist deshalb von herausragender Bedeutung, dass der Europäische Rat am 8. und 9. März die Europäische Allianz für Familien bestätigt hat. Diese Allianz wird der Umsetzung der vereinbarten Ziele im Bereich der Kinderbetreuung und der Erwerbstätigkeit von Frauen wieder mehr Schwung verleihen. Diese Allianz wird auch Gegenstand der Beratungen im EPSCO-Rat am 30.5. dieses Jahres sein.

Die Europäische Allianz für Familien dient der Verbesserung der familienfreundlichen Lebensbedingungen in der Europäischen Union. Sie wird eine Plattform für einen Meinungs- und Informationsaustausch der Mitgliedstaaten schaffen. Sie ist eng mit der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichstellung verbunden, denn eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf dient einer besseren Chancengleichheit im Erwerbsleben.

Expertisen zeigen auch: Wenn wir konsequent unseren Weg gehen, nämlich bessere Rahmenbedingungen für junge Eltern schaffen, die Kinderbetreuung und frühe Bildung ausbauen, mit der Wirtschaft systematisch familienbewusste Arbeitsstrukturen entwickeln, dann wirken wir genau in der Phase positiv, die demographisch und ökonomisch besonders schwierig ist, nämlich in der Zeit von 2020 bis 2030.

Bei der Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist aber nicht nur der Staat gefordert, sondern auch die Wirtschaft. Kinder sind unsere Zukunft — sie sind die Arbeitskräfte, die Konsumenten, aber auch die Eltern von morgen. Die Rücksichtnahme auf die Belange von Familien muss zur Unternehmensstrategie und Betriebskultur gehören. Flexible Arbeitszeiten und Teilzeitmodelle — für Mütter wie Väter — sollten dann überall Standard sein. Dabei wäre hilfreich, wenn sich in den Unternehmen die Erkenntnis durchsetzen würde, dass es sich auch betriebswirtschaftlich rechnet, auf die Belange von Familien Rücksicht zu nehmen. Denn nur Mütter und Väter, die ihre Kinder tagsüber gut aufgehoben wissen, können sich mit ganzer Kraft auf ihre Arbeit konzentrieren.

Von einer familienfreundlichen Haltung in den Betrieben profitieren auch der Staat und die Sozialversicherungsträger: Je mehr Mütter und Väter sich am Erwerbsleben beteiligen können, desto mehr Steuern und Sozialabgaben werden geleistet.

Es liegt mir aber auch am Herzen, über dem Blick auf Staat und Wirtschaft die Kinder nicht aus dem Blick zu verlieren. Ihr Wohlergehen sollte in Europa im Mittelpunkt stehen. Kinder brauchen ein qualitativ gutes Angebot, um kognitive und soziale Kompetenzen zu erlernen. Eine gute und anspruchsvolle Kindertagesbetreuung ist eine wichtige, eine notwendige und eine wertvolle Ergänzung zur familiären Erziehung, die Eltern suchen. Unser Ziel darf nicht „Betreuung light“ sein!

Das ist auch aus einer anderen Perspektive wichtig: In vielen Staaten sind wir mit der Realität konfrontiert, dass nicht alle Kinder in der Familie optimal gefördert werden können. Viele Kinder wachsen zudem ohne Geschwister auf. Diese Kinder finden in der Kindertagesstätte und bei der Tagesmutter einen sicheren Platz, stabile Beziehungen und vielfältige Anregungen, etwa zum Spracherwerb. Für Kinder — das zeigen Untersuchungen weltweit — ist die Förderung und Bildung in einer Kindertageseinrichtung oder bei einer Tagespflegeperson ein Gewinn.

Ich bin sicher, dass wir mit Ihrer Unterstützung Impulse in diesen genannten Bereichen bekommen und auch eine wichtige Diskussion in der Europäischen Union angestoßen haben.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Fünf Jahre sind vergangen, seit der Europäische Rat im Rahmen der Europäischen Beschäftigungsstrategie Ziele für die Verfügbarkeit von vorschulischen Betreuungseinrichtungen für Kinder aufgestellt hat. Im März 2002 kam der Europäische Rat in Barcelona überein, dass sich die Mitgliedstaaten bemühen sollten, bis 2010 für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem Schulpflichtalter und für mindestens 33 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen, um Hemmnisse zu beseitigen, die Frauen noch von einer Beteiligung am Erwerbsleben abhalten.

In seinem im März 2006 beschlossenen Europäischen Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter bekräftigte der Europäische Rat die Notwendigkeit, diese Ziele zu erreichen. Doch davon sind wir noch meilenweit entfernt. Die Bereitstellung bezahlbarer, zugänglicher und qualitativ hochwertiger Betreuungseinrichtungen für Kinder ist eine der Voraussetzungen dafür, dass Europa seine Agenden für Wachstum, Beschäftigung und Gleichheit der Geschlechter umsetzen kann. Für die Erschließung des produktiven Potenzials der europäischen Arbeitnehmer ist die Kinderbetreuung unerlässlich. Sie gestattet Frauen und Männern mit kleinen Kindern eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder einer solchen nachzugehen und gleichzeitig ihre Lebensqualität zu verbessern. Sie beseitigt einen der Hauptgründe, die den Einzelnen daran hindern, sich frei zu entscheiden und Berufs- und Privatleben miteinander in Einklang zu bringen. Außerdem bietet sie Kindern einen ausgezeichneten Start ins Leben.

Zugängliche Kinderbetreuung von hoher Qualität bildet eine Grundvoraussetzung für echte Gleichstellung der Geschlechter. Nach wie vor tragen Frauen die Hauptverantwortung für die Betreuung der Kinder. Zugleich sind Frauen diejenigen, die unter der in Bezug auf Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Bezahlung nach wie vor bestehenden Kluft zwischen den Geschlechtern zu leiden haben. Die Bereitstellung angemessener und allgemein zugänglicher Betreuungseinrichtungen für Kinder trägt zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Frauen bei. Sie bietet zudem allein erziehenden Eltern, von denen die meisten Frauen sind, die Möglichkeit, ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Außerdem ist die Kinderbetreuung ein Mittel, um der demografischen Herausforderung sinkender Geburtenraten zu begegnen, indem sie Frauen und Männern die Möglichkeit gibt, sich individuell zu entscheiden, und zwar auch im Hinblick auf die Zahl der Kinder, die sie haben wollen. Stehen bezahlbare und zugängliche Kinderbetreuungseinrichtungen von hoher Qualität zur Verfügung, so behindert eine Mehrfachelternschaft nicht die Teilnahme am Erwerbsleben.

Die Kommission setzt sich engagiert für die Erreichung der Ziele von Barcelona ein. In ihrem Fahrplan für die Gleichstellung von Männern und Frauen für den Zeitraum von 2006 bis 2010 verpflichtete sich die Kommission, sich dafür einzusetzen, dass die Barcelona-Ziele für den Bereich Kinderbetreuung und den Aufbau anderer Betreuungsmöglichkeiten mithilfe der Strukturfonds und des Austauschs bewährter Praktiken erreicht werden. Die derzeitigen Regeln für die Strukturfonds ermöglichen eine Verwendung für diesen Zweck bereits. Die Kommission hat in diesem Zusammenhang erklärt, dass sich Dienstleistungen und Strukturen zu langsam an eine Situation anpassen, in der sowohl Männer als auch Frauen erwerbstätig sind, aber Frauen nach wie vor als die Hauptbetreuungsperson für Kinder und andere Familienangehörige gelten.

Die Umsetzung der Ziele von Barcelona wird im Rahmen der Lissabon-Agenda für Wachstum und Beschäftigung überwacht. Im Jahresfortschrittsbericht vom Dezember wird festgestellt, dass in den Mitgliedstaaten zwar einige Fortschritte bei der Bereitstellung von Betreuungseinrichtungen für Kinder erzielt wurden, die Umsetzung der Ziele von Barcelona jedoch nur sehr schleppend vorankommt. Deshalb hat die Kommission die Mitgliedstaaten aufgefordert, sich 2007 darauf zu konzentrieren, dass sie „gemäß ihren eigenen Zielen mehr bezahlbare Kinderbetreuung von hoher Qualität anbieten“.

Im letzten Monat veröffentlichten Jahresbericht zur Gleichheit der Geschlechter für 2006 fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zur Erreichung der Ziele von Barcelona zu intensivieren und die Suche nach Lösungen für die Pflege älterer und behinderter Bürger zu unterstützen. Sie betonte auch den qualitativen Aspekt der Kinderbetreuung und die Tatsache, dass Familien und Eltern mit einer Vollzeitbeschäftigung auf angemessene Öffnungszeiten und einen flexiblen Zugang angewiesen sind.

Die Kommission begrüßt die Bildung einer Allianz für Familien, die in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates angekündigt worden war. Die „Allianz für Familien“ wird als Plattform für den Gedanken- und Erfahrungsaustausch über familienfreundliche Maßnahmen und für den Austausch bewährter Praktiken unter den Mitgliedstaaten dienen. Die Kommission forderte die Mitgliedstaaten zudem auf, die Möglichkeiten umfassend zu nutzen, die die Kohäsionspolitik im Rahmen der aus den Strukturfonds mitfinanzierten Programme zur Förderung der Gleichheit zwischen Männern und Frauen einschließlich der Verbesserung des Zugangs zu bezahlbarer Kinderbetreuung bietet.

Nach Ansicht der Kommission sollte die Kinderbetreuung als wesentlicher Bestandteil eines umfassenden Ansatzes in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angesehen werden. Männer sollten angeregt werden, familiäre Aufgaben zu gleichen Teilen zu übernehmen. Das kann vor allem durch Anreize zur Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub und die Entwicklung innovativer und flexibler Beschäftigungsformen geschehen. Ferner sollte nach Lösungen für die Betreuung von Schulkindern und anderen Familienangehörigen gesucht werden. Ich freue mich, heute ankündigen zu können, dass ich beabsichtige, 2008 eine Mitteilung zur Kinderbetreuung vorzulegen, in der ich konkrete Vorschläge zur Verbesserung von Bereitstellung, Bezahlbarkeit und Qualität von Einrichtungen der Kinderbetreuung unterbreiten werde. Unserer Ansicht nach dürfte das ein wichtiger Anreiz für die Mitgliedstaaten sein, die Barcelona-Ziele zu erfüllen.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (FR) Herr Präsident! Ich begrüße die Verpflichtung, die sowohl die Kommission als auch der Rat eingegangen sind, für eine bessere Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben zu sorgen und das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen zu erschwinglichen Kosten zu erhöhen.

Allerdings kann ich meine Enttäuschung angesichts der dürftigen Ergebnisse nach der Ratstagung von Barcelona im Jahr 2002 nicht verhehlen. Wie die Studie Ihrer Generaldirektion Beschäftigung im September 2005 feststellte, stellt die unzureichende Anzahl von Betreuungseinrichtungen zu erschwinglichen Kosten nicht nur ein Hindernis für die wirtschaftliche und soziale Integration wirtschaftlich benachteiligter Familien dar, sondern auch und vor allem eine wesentliche Bremse für die gleichberechtigte Einbeziehung von Frauen und Männern in den Arbeitsmarkt und eine ausgewogene Aufgabenteilung zwischen Frauen und Männern im Familienleben.

Aus sehr vielen Studien wird deutlich, dass die Europäer Kinder nicht bekommen können, wie sie möchten, oder so viele sie möchten. Darüber hinaus müssten die Mitgliedstaaten angesichts der Entwicklung des Bedarfs und der Erfordernisse des Arbeitsmarktes für mehr Flexibilität und eine größere Vielfalt der Kinderbetreuungseinrichtungen sorgen, um die Wahlmöglichkeiten zu erweitern und den Präferenzen, Bedürfnissen und spezifischen Umständen der Eltern und der Familien gerecht zu werden. Es gibt Personen, die die Betreuung ihrer Kinder selbst übernehmen möchten; diese Menschen dürfen wir nicht im Stich lassen oder benachteiligen, da sie dazu beitragen, den sozialen Zusammenhalt des Familiengefüges zu bewahren.

Die Männer und Frauen, die sich ständig oder zeitweilig um Betreuungsbedürftige kümmern, sollten in den Genuss eines anerkannten Status kommen, der ihnen insbesondere Rechte in Bezug auf Sozialschutz und Rentenversorgung einräumt. Und sie sollten ebenso wie jene, die einer entgeltlichen Beschäftigung nachgehen, in den Genuss einer lebenslangen Bildung kommen und in die Lage versetzt werden, den Anforderungen des Arbeitsmarktes gerecht zu werden.

 
  
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  Jan Andersson, im Namen der PSE-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Herr Ratspräsident! Herr Kommissar! Wie gerade erklärt wurde, haben wir uns auf der Tagung des Europäischen Rates in Barcelona ehrgeizige Ziele in Bezug auf die bessere Versorgung mit Kinderbetreuungsplätzen gestellt. Einige Länder haben diese Ziele bereits erreicht, während andere noch ein gutes Stück davon entfernt sind, was überhaupt nicht zufrieden stellen kann. Warum ist nun die Kinderbetreuung so wichtig? Sie ist wichtig, damit Familien Berufs- und Familienleben miteinander vereinbaren können. Ferner spielt sie eine wichtige Rolle für die Gleichstellung, denn traditionell sind es die Frauen gewesen, die die Kinder betreut haben und daher nicht auf den Arbeitsmarkt gelangten. Für die Kinder ist eine Kinderbetreuung von hoher Qualität ein wichtiger Teil ihrer Entwicklung in Richtung auf die Schule, die Welt der Erwachsenen usw.

Die Kinderbetreuung wirkt sich auch positiv auf die Beschäftigung und das Wachstum aus, denn wenn wir uns die Länder anschauen, die bereits gute Fortschritte beim Ausbau der Kinderbetreuung erreicht haben, so können diese auch auf einen hohen Beschäftigungsgrad verweisen, einschließlich der Beschäftigung von Frauen, und damit auch auf ein stärkeres Wachstum. Im Hinblick auf die demografische Entwicklung wird deutlich, dass wir die Frauen – ja, alle Menschen – auf dem Arbeitsmarkt brauchen.

Die Methode, die uns zur Verfügung steht, ist die der bewährten Verfahren. Viele Beschlüsse werden von den Mitgliedstaaten auf lokaler und regionaler Ebene gefasst, aber ich muss sagen, dass es mich freut, dass die Diskussion sich jetzt ausgeweitet hat. So verfolge ich beispielsweise die Debatte in Deutschland, die jetzt wesentlich intensiver ist als in der Vergangenheit. Es ist wichtig, dass eine solche Diskussion in unseren Mitgliedstaaten geführt wird und dass wir die Notwendigkeit der Kinderbetreuung erkennen, damit eine solche Entwicklung auf den Weg gebracht werden kann.

Ich möchte der deutschen Ratspräsidentschaft danken, dass sie mich in meiner Eigenschaft als Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit zu der informellen Tagung des Rates im Mai eingeladen hat, auf der diese Fragen diskutiert werden, und nehme diese Einladung mit Freude an. Wir hoffen, dass wir den Ausbau der Kinderbetreuung beschleunigen können, nicht nur im Interesse der Kinder und Familien, sondern auch der Beschäftigung.

 
  
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  Hannu Takkula, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FI) Herr Präsident! Ich begrüße diese Initiative für Familien und Kinderbetreuung auf das wärmste. Kinder und Jugendliche sind das Wertvollste, was wir für unsere Zukunft haben. Wir müssen solche Entscheidungen treffen, die es ihnen ermöglichen, ein ausgefülltes und sicheres Leben zu leben, und diese Entscheidungen müssen jetzt getroffen werden.

Ich selbst war diesbezüglich privilegiert, da ich in Finnland, als meine Kinder noch klein waren, fünf Jahre lang „Hausmann“ war. In unserer Gesellschaft gab es die Möglichkeit als Ehemann zu Hause bleiben zu können, und das ist auch heute noch so. Rückblickend kann ich daher sagen, dass die fünf Jahre, die ich „Hausmann“ war und in denen ich mich um meine zwei Jungen gekümmert habe, ohne Zweifel zu den besten Jahren meines Lebens gehören.

Es scheint mir, als versuchten wir, wenn wir heute von Elternschaft sprechen, die Last der Verantwortung noch immer auf die herkömmliche Art und Weise allein auf die Schultern der Mütter und der Frauen zu laden. Elternschaft bedeutet, dass auch Väter die volle Verantwortung für ihre Kinder übernehmen müssen. Wir müssen auch sicherstellen, dass Arbeit und Familie miteinander in Einklang gebracht werden können, damit Familien die Wahl haben, wer von den Eltern arbeiten geht, wenn es denn nicht möglich ist, dass beide dies tun. Andererseits sollten wir Formen der Tagesbetreuung für Kinder entwickeln, damit Kinder eine gute, erstklassige Betreuung erhalten, wenn beide Elternteile erwerbstätig sind.

Die Kindheit ist eine wichtige Zeit, das zeigen die Forschungsergebnisse. Die ersten vier bis fünf Jahre im Leben eines Kindes spiegeln sich im Rest des Lebens dieses Kindes wider. Entscheidungen, die in dieser Zeit getroffen werden, die Fürsorge und die Liebe, die ein Kind empfängt, und die Sicherheit, die es verspürt, wirken sich auf sein ganzes Leben aus.

Ich bin daher für diese Ziele, um die Stellung von Familien und Kindern zu fördern. Ich hoffe, dass dabei auch etwas Konkretes herauskommt und dass sie nicht bloß Ziele bleiben.

 
  
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  Marcin Libicki, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Ich möchte Sie, die Vertreter der Kommission und des Rates sowie alle hier im Plenum Anwesenden darauf aufmerksam machen, dass sich die demografische Situation in Europa nicht verbessern wird, solange sich die Politiker nicht ernsthaft für die Interessen der Kinder einsetzen.

Das ist aber nur möglich, wenn den Kindern politische Rechte zugestanden werden. Ich denke dabei an Stimmrechte – Rechte, die den Kindern garantiert und von ihren gesetzlichen Vertretern, also den Eltern, ausgeübt werden.

Einen solchen Versuch hat es bereits im deutschen Bundestag gegeben, wo über einen Gesetzesentwurf debattiert wurde, wonach Kinder von Geburt an ein Stimmrecht erhalten sollen. Dieses Recht würde den Eltern und gesetzlichen Vormunden der Kinder übertragen. Dazu müssten natürlich bedeutende Gesetzesänderungen vorgenommen werden, was jedoch der Verbesserung der demografischen Situation in Europa dienlicher sein dürfte als die bestehenden gesetzlichen Regelungen.

Bedauerlicherweise wurde die Gesetzesvorlage eben wegen dieser Änderungen im Bundestag abgelehnt, obwohl sie von zahlreichen führenden Politikern und auch von dem Ausschuss, in dem sie beraten wurde, unterstützt wurde. Darauf wollte ich hingewiesen haben.

 
  
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  Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Der wichtigste Grund für die Gleichstellung von Frauen und Männern ist das Recht und die Möglichkeit für Frauen, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Das bedeutet, ihnen nicht nur das Recht auf Arbeit, sondern auch die Möglichkeit zu geben, dieses wahrzunehmen, indem ihnen eine gute Kinderbetreuung von hoher Qualität zur Verfügung gestellt wird. Solange die Gesellschaft nicht ihren Beitrag dazu leistet, dass alle Kinder Zugang zu guter Kinderbetreuung zu vernünftigen Kosten für die Eltern haben, und auch die Verantwortung dafür übernimmt, sind Frauen für ihre Versorgung von anderen abhängig. Aber ich möchte, ebenso wie die Ratspräsidentschaft, in diesem Zusammenhang die Rechte der Kinder und die Perspektive des Kindes hervorheben.

Es ist von größter Bedeutung für Kinder, Kontakt mit anderen Kindern zu haben, andere Erwachsene als ihre Eltern zu treffen und Zugang zu den pädagogischen Erfahrungen zu erhalten, die für ihre Entwicklung so wichtig sind. Kinder, die den Vorteil einer Kinderbetreuung haben, bei der sie Kontakt sowohl mit anderen Kindern als auch mit Erwachsenen mit pädagogischer Ausbildung haben, erhalten einen besseren Start im Leben und erhöhen ihre soziale Kompetenz. Eine gute Kinderbetreuung ist also nicht nur wichtig für die Gleichstellung und das Wirtschaftswachstum, sondern auch mindestens ebenso für die Kinder selbst. Meiner Ansicht nach ist es an der Zeit, dass sich die EU-Institutionen und vor allem die Mitgliedstaaten für die Rechte der Kinder mindestens ebenso engagieren wie bisher für den Binnenmarkt für Waren und Dienstleistungen. Anderenfalls werden wir die Zielvorgaben von Barcelona nicht einmal annähernd erreichen.

 
  
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  Kathy Sinnott, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Kommissar! Ich bin stark auf Betreuungseinrichtungen für Kinder und ältere Menschen angewiesen, um heute an dieser Sitzung teilnehmen und meinen Redebeitrag zu dieser Aussprache halten zu können.

Es ist wichtig für eine Frau, das Recht auf Ausübung ihres Berufes zu haben, sofern sie dies wünscht. Dafür ist eine gute, bezahlbare Kinderbetreuung von ausschlaggebender Bedeutung. Da ich zu Hause gearbeitet und eine große Familie versorgt habe, weiß ich aber auch, dass ich eine wichtige Rolle bei der Entwicklung meiner Kinder gespielt habe. Ich hatte das Glück, zu Hause bei meinen Kindern bleiben zu können, und meine Kinder hatten das Glück, dass ich mich um sie kümmern konnte.

Worum geht es eigentlich in dieser Aussprache? Es ist wichtig, ehrlich zu sein. Geht es in dieser Aussprache um die Kinder? Mein erstes Enkelkind ist heute Vormittag zur Welt gekommen. Wenn wir es fragen könnten, dann würde es antworten, dass es am liebsten von seiner Mutter betreut werden möchte. Geht es in dieser Aussprache um die Entscheidungsfreiheit der Frauen? Wenn ja, dann würden wir einerseits die Kinderbetreuung und flexible Arbeitsbedingungen für all jene Mütter fördern, die sich für ihren Beruf entscheiden, und andererseits all die Mütter finanziell unterstützen, die lieber zu Hause bleiben und ihre Kinder selbst betreuen möchten.

Wenn es in dieser Aussprache um die EU-Wirtschaft geht, dann macht es durchaus Sinn, kurzfristig ein flächendeckendes Kinderbetreuungssystem aufzubauen und ein Netz von Rechtsvorschriften zu schaffen, mit denen die Frauen zum Eintritt in den Arbeitsmarkt bewegt werden, ganz gleich, ob dies ihren Wünschen entspricht oder nicht. Doch angesichts des demografischen Wandels in Europa und der komplizierten kindlichen Entwicklung werden wir es meines Erachtens eines Tages bereuen, wenn wir langfristig die große Mehrzahl der Mütter während der ersten Lebensjahre ihrer Kinder bereits auf den Arbeitsmarkt lenken.

 
  
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  Der Präsident. Ich bin sicher, das Europäische Parlament wird sich meinen Glückwünschen zur heutigen Geburt Ihres Enkels anschließen.

 
  
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  Irena Belohorská (NI).(SK) Das Problem der Betreuung von Kindern in Vorschuleinrichtungen steht in engem Zusammenhang mit einem Thema, das wir gestern Abend hier im Parlament erörtert haben, nämlich der Gleichstellung von Frauen und Männern und der Chancengleichheit.

Eine Frau möchte nicht nur eine gleichberechtigte Partnerin in der Arbeitswelt sein, sondern eines Tages auch Mutter werden. Einer der Gründe, warum Frauen eher selten den Sprung in die Führungsetagen schaffen, besteht im unzureichenden Angebot an Betreuungseinrichtungen, die der Staat für Vorschulkinder bereithält. Deshalb wurden auf dem EU-Gipfel in Barcelona ganz konkrete Ziele gesetzt. Man legte fest, dass alle EU-Mitgliedstaaten bis 2010 für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei und sechs Jahren und für mindestens 33 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung stellen sollen. Es ist allgemein bekannt, dass Kinder in diesem Alter besonders schnell wachsen und sich rasch weiterentwickeln. Daher ist unbedingt erforderlich, dass diese Zeit bestmöglich genutzt wird und die Kinder nicht nur auf die Schule, sondern auch auf das Leben vorbereitet werden.

Wenn wir diese Zielvorgaben erst einmal erreicht haben, dann werden wir auch bei der sozialen Integration von Kindern aus problematischen Bevölkerungsgruppen besser vorankommen. Der Staat sollte dafür Sorge tragen, dass Kinder aus allen sozialen Schichten gleichermaßen die Chance haben, in den Genuss einer Grundausbildung zu kommen, um sie so auf ihr späteres Leben vorzubereiten. Und der Staat sollte sicherstellen, dass diese Chance nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Angesichts sinkender Geburtenraten in Europa und düsterer demografischer Statistiken sollten wir einen Moment innehalten und darüber nachdenken, warum junge Familien nicht motiviert sind, um Kinder haben zu wollen. Sie stimmen mir sicher alle zu, dass die bestmögliche und effektivste Mischung aus einem kurzen Mutterschaftsurlaub gleich nach der Geburt des Kindes, einer sich nahtlos anschließenden Teilzeitbeschäftigung und der Nutzung des vorhandenen Angebots qualitativ hochwertiger Kinderbetreuungseinrichtungen besteht. Damit werden die Voraussetzungen für das gesunde Heranwachsen der jungen Generation und die Erfüllung der beruflichen Ziele ihrer Eltern geschaffen.

 
  
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  Edit Bauer (PPE-DE).(SK) Ich begrüße nachdrücklich die Erklärung der Europäischen Kommission und des Rates, in der die Mitgliedstaaten auf ihre Verpflichtungen aufmerksam gemacht wurden, die sie im Jahr 2002 in Barcelona übernommen haben. Uns bleibt nämlich nicht mehr viel Zeit, um diese Verpflichtungen zu erfüllen.

Wie zu hören war, hat nicht einmal ein Viertel der Mitgliedstaaten die Zielvorgaben erreicht. Während sich die Lage in verschiedenen Mitgliedstaaten anscheinend ganz unterschiedlich darstellt, ist in vielen neuen Mitgliedstaaten keine Verbesserung, sondern eher noch eine Verschlechterung zu beobachten. Es wäre wirklich eine Schande, wenn wir weiterhin Zeit verschwenden und dann im Jahr 2010 erklären würden, dass die Ziele illusorisch und nicht realisierbar waren. Denn es gibt keine Entschuldigung für fehlende Handlungsbereitschaft, und in diesem besonderen Fall kennt die Zeit kein Erbarmen.

Es steht außer Frage, dass ein ausreichendes Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen eine der Grundvoraussetzungen für ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Berufs- und Privatleben darstellt. Ich bin davon überzeugt, dass wir nicht die Frauenerwerbsquote erhöhen und die – wirklich extrem hohe – Arbeitslosenquote junger Menschen reduzieren können, wenn wir nicht die Voraussetzungen für eine gute Kinderbetreuung sowie für die Betreuung hilfsbedürftiger Familienangehöriger schaffen.

Auch ist die Forderung durchaus vernünftig, diese Dienstleistungen an flexiblere Arbeitsmodelle anzupassen und besser auf neue Anforderungen und sich verändernde Bedingungen abzustimmen. Es wäre überlegenswert, diesen Bereich in das Konzept der „Flexicurity“ mit einzubeziehen, denn ohne Flexibilität und die mit diesen Dienstleistungen verbundene soziale Sicherheit und Rechtssicherheit ist das Konzept der „Flexicurity“ nicht praktikabel.

Im Zusammenhang mit dem Ausbau dieses Betreuungsnetzes stellt sich die Frage, wer nicht nur die Anlaufkosten, sondern auch die Betriebskosten übernehmen sollte. Es besteht kein Zweifel daran, dass die diesbezügliche Verantwortung bei den Mitgliedstaaten liegt.

 
  
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  Zita Gurmai (PSE).(EN) Herr Präsident! Vor fünf Jahren legte die EU Zielvorgaben für die Kinderbetreuung fest. Demnach sollen die Mitgliedstaaten darauf hinarbeiten, bis 2010 Kinderbetreuungseinrichtungen für wenigstens 90% der Kinder zwischen drei Jahren und dem schulpflichtigen Alter und für 33% der Kinder unter drei Jahren zur Verfügung zu stellen.

Heute – am fünften Jahrestag der Zielvorgaben von Barcelona – sitzen wir nun zusammen, um die Fortschritte in diesem Bereich zu beurteilen. Leider wurden diese Ziele noch nicht verwirklicht. Nur fünf Länder haben die Vorgabe von 33 % erreicht: Belgien, Dänemark, Frankreich, die Niederlande und Schweden. Wir müssen prüfen, wie weit die anderen Mitgliedstaaten gekommen sind. Ich frage mich, ob die Kommission die Umsetzung dieser Ziele tatsächlich beobachtet hat. Ist die Kommission dabei, eine Analyse zu erarbeiten? Gibt es gemeinsame Standards, um die Kinderbetreuungsangebote zu prüfen? Welche Konsequenzen drohen den Mitgliedstaaten, die diese Ziele nicht umsetzen?

Warum sollte Europa in die Kinderbetreuung investieren? Es kommt nicht von ungefähr, dass die Sozialdemokratische Partei eine Kinderbetreuungskampagne gestartet hat, denn sie macht sich für gut zugängliche, erschwingliche Betreuungsangebote in hoher Qualität für Kinder stark. Wir haben diese Kampagne ins Leben gerufen, weil wir fest davon überzeugt sind, dass Investitionen in die Kinderbetreuung auch Investitionen in unsere Zukunft darstellen. An erster Stelle müssen unsere Kinder stehen; dann bieten wir ihnen einen guten Start ins Leben und Chancengleichheit beim späteren Eintritt in den Arbeitsmarkt. Dadurch kann die EU die demografischen Herausforderungen besser meistern, um einen wettbewerbsfähigeren EU-Markt und ein sozialeres Europa aufzubauen. Und dadurch können wir – wie der Kommissar in seinem Redebeitrag erwähnte – eine größere Teilhabe der Frauen am Arbeitsmarkt sicherstellen und die Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben für Männer und Frauen fördern. Es steht also außer Frage, dass wir durch Investitionen in die Kinderbetreuung den Grundsatz der Chancengleichheit Wirklichkeit werden lassen und die Lebenschancen für alle Kinder verbessern können. Dies kann – unabhängig vom sozioökonomischen Hintergrund – auch zur Beseitigung der Armut beitragen.

Daher fordere ich die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, sich gemeinsam und entschlossen an die Verwirklichung dieser Ziele zu machen. Ungarn gibt insofern ein gutes Beispiel: Der Sozial- und Justizminister ist sich der Bedeutung der Kinderbetreuung bewusst und hat sich zum Ziel gesetzt, die Kinderbetreuung, insbesondere was Kinder zwischen 0 und 3 Jahren betrifft, in den nächsten fünf Jahren von 8 % auf 33 % auszubauen.

 
  
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  Marios Matsakis (ALDE).(EN) Herr Präsident! Unsere Kinder sind mit Abstand das wichtigste Gut, das wir haben. Zugleich sind sie aber auch das zerbrechlichste Gut, was nicht nur an ihren besonderen physischen und psychischen Bedürfnissen während ihrer Entwicklung liegt, sondern auch an den zahlreichen Gefahrenquellen des modernen Lebens. Aus diesen Gründen – abgesehen von vielen weiteren Gründen – brauchen und verdienen unserer Kinder zweifelsohne größte Fürsorge und Aufmerksamkeit. Doch in einer Welt, in der beide Eltern wie wild versuchen, auf das Schwindel erregende Karrierekarussell aufzuspringen; in einer Welt, in der beide Elternteile voll und ganz damit beschäftigt sind, sich tagtäglich ein höheres Einkommen zu erkämpfen; in einer Welt, in der durch den starken sozialen Druck der familiäre Zusammenhalt zerstört wird; in einer Welt, in der große geografische Entfernungen dazu führen, dass die wertvolle Hilfe der Großeltern und anderer enger Familienangehöriger weitestgehend wegfällt – in solch einer Welt kann sich die Kinderbetreuung durch die Eltern ganz erheblich verschlechtern.

Das ist die Welt, der die Mitgliedstaaten schnell und umfassend helfen müssen. Es sollten Initiativen gefördert werden, um eine flächendeckende und qualitativ hochwertigere Kinderbetreuung sicherzustellen. Wir sollten dafür Sorge tragen, dass Eltern ihre Elternzeit flexibel gestalten können und die Arbeitsbedingungen an die Bedürfnisse der Eltern angepasst werden. Das sind nur einige der wichtigsten Punkte. Darüber hinaus sollten auch innovative Maßnahmen gefördert und ausgebaut werden, wie Beratungsangebote für Eltern oder Elternschulen, wo sich die Eltern neues Wissen aneignen können und beraten werden, wie sie bessere Eltern werden und mit den Problemen des Elterndaseins leichter zurechtkommen können.

Letztendlich sollten wir nie vergessen, dass keine Kinderbetreuungseinrichtung, wie gut sie auch sein mag, elterliche Liebe und Zuneigung ersetzen kann. Neben allen anderen Maßnahmen sollten wir die Menschen vielleicht auch dazu anregen, ihre eigenen Lebensprioritäten zu überdenken. Ist es besser für eine Familie, über ein höheres Einkommen zu verfügen, dafür aber die Eltern-Kind-Beziehung zu vernachlässigen? Tut es einer Familie wirklich gut, zwei in Vollzeit beschäftigte, auf ihre Karriere fixierte Elternteile zu haben, die sich höchst selten gemeinsam am Abendbrottisch der Familie einfinden? Alle Eltern sollten vielleicht diese Fragen überdenken und versuchen, sie um ihrer Kinder willen ehrlich zu beantworten.

 
  
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  Marek Aleksander Czarnecki (UEN). – (PL) Herr Präsident! Unsere Augen und Ohren sagen uns, dass Europa altert. In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union werden immer weniger Kinder geboren.

Woran liegt das? Lieben wir Kinder nicht mehr? Das ist ganz sicher nicht der Fall. Wir sind uns einfach stärker der Tatsache bewusst geworden, wie schwierig es ist, Kinder großzuziehen. Hinzu kommt, dass die Frauen in Europa immer später eine Familie gründen, wenn sie sich denn überhaupt für Kinder entscheiden.

Ein Grund dafür liegt in der Bereitstellung von Möglichkeiten zur Kinderbetreuung während der Arbeitszeit. Frauen können sich nur dann auf ihre beruflichen Pflichten konzentrieren, wenn sie ihr Kind gut betreut wissen. In den Staaten, die den Frauen während der Schwangerschaft, bei der Geburt, während der Stillzeit und später bei der Erziehung der Kinder entsprechende Fürsorge zuteil werden lassen, ist die Frauenarbeitslosigkeit am niedrigsten.

Ein entsprechender Umgang mit den Bürgern, ungeachtet ihres Geschlechts oder ihrer Herkunft, und die Schaffung von Voraussetzungen für ihre positive Entwicklung sowie ihren Schutz vom Moment der Geburt an bis ins hohe Alter sind ein Grundsatz, der in der Welt von heute einfach befolgt werden muss.

 
  
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  Pier Antonio Panzeri (PSE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das von uns erörterte Thema ist von größter Wichtigkeit und rückt erneut die Frage des sozialen Europas in den Mittelpunkt. Seit langem dringen wir auf dieses Ziel, und deshalb lohnt es sich zu betonen, dass Investitionen in eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung und deren Ausdehnung sowie die Gewährleistung einer besseren Ausbildung, einer guten Tagesbetreuung und neuer Gebäude für Kinder ein unmissverständliches Signal des politischen Willens wären, in die richtige Richtung zu gehen.

Es ist völlig klar, dass das Einstehen für Kinder mit entsprechenden sozial- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen nicht nur bedeutet, sich ernsthafte Gedanken über ihre Zukunft zu machen, sondern auch zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und sozialer Bedingungen für Familien beizutragen; das würde vielen Eltern, und vor allem vielen Frauen, eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt ermöglichen.

Im Übrigen könnte dies, wie bereits gesagt worden ist, eine Antwort auf die Herausforderungen sein, denen sich Europa stellen muss – die des geografischen Wandels beispielsweise –, denn der Arbeitsmarkt würde auf positivem Wege aufgefüllt, die europäische Wettbewerbsfähigkeit verstärkt und der Reichtum unserer Gesellschaft vermehrt werden.

Herr Kommissar, deshalb braucht es mehr Mut und Weitblick, um den Rückstand einzelner Mitgliedstaaten aufzuholen, und folglich müssen Parlament und Kommission Einsatz zeigen und energisch und entschlossen für die Erreichung der gesteckten Ziele eintreten.

 
  
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  Edite Estrela (PSE).(PT) Zunächst einmal möchte ich die Erklärungen des Rates und der Kommission begrüßen. Wir sind uns alle einig, dass es nie eine wirkliche Gleichstellung der Geschlechter geben wird, solange nicht Männer und Frauen ihr Berufs- und Familienleben miteinander vereinbaren können.

Ein zentrales Anliegen besteht darin, dass sich Männer an den familiären Pflichten beteiligen und Frauen ihrem Beruf nachgehen können. Dazu müssen die Mitgliedstaaten jetzt dringend ein Netzwerk an qualitativ hochwertigen, erschwinglichen Kinderbetreuungseinrichtungen schaffen, die zu vernünftigen Zeiten geöffnet haben.

Es ist höchst bedauerlich, dass wir im Jahr 2007 – dem Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle – noch weit von den Barcelona-Zielen entfernt sind. Dabei braucht die Europäische Union angesichts der Überalterung der Bevölkerung und zurückgehender Geburtenraten möglichst viele Erwachsene auf dem Arbeitsmarkt, d. h. auch wesentlich mehr Frauen.

Wir sehen erwartungsvoll dem Dokument zu diesem Themenbereich entgegen, das Kommissar Špidla hier im Plenum für 2008 angekündigt hat.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte mich sehr herzlich für Ihre Beiträge bedanken. Wenn ich alles richtig verfolgt habe, herrscht große Übereinstimmung hinsichtlich des Ziels, das wir uns vorgenommen haben. Die Ziele sind ja vor einigen Jahren formuliert worden. Die Verpflichtungen sind auch übernommen worden. Wir haben aber gesehen, dass es noch nicht gelungen ist, diese Ziele in allen Mitgliedstaaten zu realisieren. Es bleibt uns relativ wenig Zeit, die Einlösung der Vorgaben bis zum Jahr 2010 zu erreichen.

Es ist auch wichtig, dass der Debatte über die Allianz für Familien neuer Schwung verliehen wird, und zwar – und ich sage dies ganz bewusst – nicht nur in Deutschland, wie Kollege Andersson zu Beginn seines Beitrags gesagt hat. Verschiedentlich wurde auf die besondere Thematik eingegangen, ob möglicherweise vorgeschrieben wird, dass Kinder in Kinderbetreuungseinrichtungen müssen. Also Stichwort Wahlfreiheit.

Wahlfreiheit ist ein ganz wichtiges Ziel. Niemand schreibt vor, in welche Betreuung Kinder kommen sollen oder wie viele Kinder man überhaupt haben muss. Das steht überhaupt nicht zur Debatte. Allerdings ist in speziellen Fällen diese Wahlfreiheit gar nicht gegeben, weil besondere Betreuungseinrichtungen nicht vorhanden sind. Deshalb ist es wichtig, wie es die Kommission, Sie in Ihren Beiträgen, aber auch die Präsidentschaft dargelegt hat, vor dem Hintergrund verschiedenster Aspekte an diesem Ziel festzuhalten.

Das Thema Chancengleichheit ist angesprochen worden sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der demographische Wandel oder Bildung für Kinder. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass wir uns verpflichtet haben, die Erwerbstätigenquote bei Frauen anzuheben, auch unter dem Aspekt der Flexicurity. Verschiedene Aspekte haben also in dieser Debatte Berücksichtigung gefunden.

Ich möchte noch einmal ausdrücklich begrüßen, was Kommissar Špidla gesagt hat, nämlich dass er im nächsten Jahr ein Dokument vorlegen wird, um zu sehen, was aufgrund der Debatten im Rat und im Europäischen Parlament geschehen ist und wie es um die Realisierung dieser Ziele steht?

Ich bedanke mich ausdrücklich für diese offene Debatte und kann nur noch einmal sagen, dass jeder von uns in dem jeweiligen Mitgliedstaat, in dem die Ziele bisher noch nicht erreicht wurden oder möglicherweise die Gefahr besteht, dass sie bis 2010 nicht erreicht werden, aufgefordert ist, entsprechende politische Impulse zu setzen, damit wir bis 2010 die Ziele, auf die wir uns verständigt haben, hoffentlich auch erreichen.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Verehrte Abgeordnete! Ich glaube, es liegt deutlich auf der Hand, dass die Ziele von Barcelona sinnvoll sind und dass die Aussprache bestätigt hat, dass es in dieser Frage einen breiten Konsens gibt. Es steht außer Zweifel, dass einige Länder von der Erreichung der Ziele noch weit entfernt sind und dass wir die Mitgliedstaaten nach besten Kräften moralisch unterstützen müssen, damit sie diese Mängel beheben.

Die Vorzüge der Barcelona-Strategie sind klar, aber ich würde dennoch gern kurz auf sie zurückkommen. Erstens wird es ohne verantwortungsvolle Betreuungseinrichtungen für Kinder nicht möglich sein, grundlegende Ziele in der Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen. Zweitens können wir die Frage der demografischen Alterung ohne Vorkehrungen in diesem Bereich nicht verantwortungsbewusst in Angriff nehmen.

Die Aussprache hat eindeutig zwei Fragen aufgeworfen: Erstens ging es darum, ob die Kommission die Umsetzung der Barcelona-Strategie kontrolliert hat. Wie ich in meinem Bericht im Rahmen der Lissabon-Strategie betont habe, kann diese Frage mit Ja beantwortet werden. Die zweite Frage betraf Maßnahmen zum Vergleich der einzelnen Länder. Der Vergleich der einzelnen Länder erfolgt derzeit auf der Grundlage von Daten, die diese individuell einreichen, und es ist methodologisch schwierig, diese Daten zu vergleichen. Es ist einfach, die Entwicklung im eigenen Land zu verfolgen, aber es ist extrem schwierig, die einzelnen Länder miteinander zu vergleichen. Diese Situation ist unbefriedigend, und wir arbeiten an Methoden, mit denen es möglich sein wird, die verschiedenen individuellen Standpunkte zu bewerten. Diese Arbeiten dürften bis Jahresende abgeschlossen sein.

Es zeichnete sich noch eine dritte Frage ab, und zwar ging es darum, ob wir im Rahmen der Barcelona-Strategie auf Wahlmöglichkeiten für Eltern abzielen. Ja, das ist in Übereinstimmung mit den formulierten Zielen eindeutig der Fall. Die Mitgliedstaaten sind angehalten, bis 2010 für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem Schulpflichtalter Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen; das heißt, eine Betreuung anzubieten oder den Eltern freizustellen, ob sie diese Möglichkeit nutzen wollen. Diesbezüglich liegt der Zweck der Zielsetzung klar auf der Hand.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für diese Aussprache. Meines Erachtens ist deutlich geworden, dass noch viel zu tun bleibt, dass wir aber auch in der Lage sind, sehr viel zu erreichen.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

 

14. Mitteilung der Kommission – Verbraucherschutzstrategie 2007-2013
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die Mitteilung der Kommission zur Verbraucherschutzstrategie 2007 – 2013.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich freue mich außerordentlich, Ihnen die neue verbraucherpolitische Strategie der EU für den Zeitraum 2007-2013 vorstellen zu können, die heute von der Kommission angenommen wurde. Ich sehe dies als unseren Beitrag an, um die Sicherheit und das Vertrauen der Bürger überall in der Union zu stärken. Ich hoffe, das Hohe Haus wird dieses Ziel unterstützen. Außerdem möchten wir damit unseren Beitrag leisten, um das wirtschaftliche Wohlergehen unserer Bürger und die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft zu verbessern.

Ich weiß, dass dem Parlament die Verbraucherpolitik am Herzen liegt, und freue mich über die Unterstützung, die dieses Politikfeld in der Vergangenheit erfahren hat. Ihre Zustimmung zu meiner Ernennung als Kommissarin für Verbraucherpolitik machte ganz deutlich, welche Erwartungen Sie an die Kommission haben, und ich bin mir sicher, dass die Strategie auch mit Ihren Prioritäten in Einklang stehen wird.

Was ist wichtig für die Finanzierung des Verbraucherschutzprogramms 2007-2013, bei dem das Parlament eine Schlüsselrolle im Gesetzgebungsverfahren gespielt hat, was die reibungslose Annahme dieses Programms betraf? Das Programm ist ein wichtiges Instrument für die Umsetzung der Strategie. Und die Änderungen an dem Programm, die zur Berücksichtigung Ihrer Ansichten vorgenommen wurden, sind nun ebenfalls in der Strategie enthalten. Die Strategie und eben auch meine Ernennung als erste Kommissarin für Verbraucherschutz stellen eine erste Antwort auf die Visionen dieses Parlaments dar. Einige von ihnen fordern ja schon seit geraumer Zeit, dass bei sämtlichen EU-Politiken der Verbraucherdimension stärker Rechnung getragen werden sollte.

Die Verbraucherpolitik erscheint mir gleichermaßen gut geeignet, um zwei große Herausforderungen, denen die EU heutzutage gegenübersteht, zu meistern: die Förderung von Wachstum und Beschäftigung sowie die Wiederherstellung von mehr Bürgernähe.

Was Wachstum und Beschäftigung betrifft, steht außer Frage, dass das Internet zu einer grundlegenden Veränderung des Einzelhandelssektors geführt hat. Doch diese Veränderungen blieben in der Praxis bisher auf die Nationalmärkte beschränkt.

Im Einzelhandelssektor des Binnenmarktes ist eine Zersplitterung in 27 kleine, nationale Märkte zu beobachten. Dies ist wirklich schade und muss als verpasste Chance angesehen werden, da der Binnenmarkt der größte Einzelhandelsmarkt der Welt und von bedeutendem Vorteil für die Verbraucher und die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft sein könnte.

Die Öffnung grenzüberschreitender Einzelhandelsmärkte ist der Schlüssel zur Erschließung des vollen Potenzials des Binnenmarktes. Wenn der grenzüberschreitende Einkauf zu einer glaubwürdigen Alternative zum nationalen Einkauf wird, dann führt dies nicht nur beim grenzüberschreitenden Einkauf, sondern auch auf den nationalen Einzelhandelsmärkten zu einem größeren Wettbewerbsdruck. Der „Integrationseffekt“ verlangt nicht, dass alle oder die meisten Verbraucher den Großteil ihres Einkaufs in anderen Ländern tätigen. Unsere Erfahrungen bei der Beseitigung von Hindernissen für den grenzüberschreitenden Verkauf von Neufahrzeugen zeigen, dass es ausreicht, dass der grenzüberschreitende Einkauf eine glaubwürdige Alternative ist, damit der Wettbewerb auf den Inlandsmärkten zunimmt. Damit würden Wachstum und Beschäftigung angekurbelt werden.

Wir brauchen jedoch eine Strategie, die auch eine direkte Antwort auf die Erwartungen all unserer Bürger darstellt. Deshalb sollte eine aktive Verbraucherpolitik zentraler Bestandteil unserer Bemühungen sein, um den Bürgern zu zeigen, dass sie ihr tägliches Leben verbessern können, indem sie die Möglichkeiten der EU auch wirklich nutzen, wie größere Märkte, niedrigere Preise, garantierte Rechte und Schutzbestimmungen.

Es ist wichtig, die Verbraucher in den Mittelpunkt aller EU-Politikfelder und Regelungsbereiche zu stellen. Hier geht es nicht nur um ein bisschen Verbraucherpolitik im Rahmen der allgemeinen EU-Politik. Vielmehr verpflichtet die Strategie uns alle – sowohl das Parlament als auch die Kommission –, sämtliche EU-Politiken einer strengeren Prüfung zu unterziehen, damit die Auswirkungen auf die Verbraucher ausreichend berücksichtigt und sämtliche Politiken optimiert werden.

Präsident Barroso hat daher beschlossen, das Mandat der Gruppe der Kommissionsmitglieder für Wettbewerbsfähigkeit auf die Verbraucherpolitik auszudehnen, sodass alle Vorschläge mit weit reichenden Auswirkungen auf die Verbraucher künftig einer gründlicheren Prüfung unterzogen werden.

Im Rahmen unserer Verbraucherpolitik haben wir für die nächsten sieben Jahre drei Hauptziele vor Augen. Zunächst einmal möchte ich die europäischen Verbraucher stärken. Das heißt, es müssen die richtigen Marktbedingungen geschaffen werden, damit die Verbraucher sachkundige, qualifizierte und verantwortungsbewusste Entscheidungen fällen können, und wir müssen die Verbraucher mit den dafür notwendigen Instrumenten ausstatten. Zweitens möchte ich das wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Wohl der europäischen Verbraucher in Bezug auf Preis, Wahlmöglichkeiten, Qualität und Erschwinglichkeit verbessern. Drittens will ich die Verbraucher wirksamer schützen. Schwachstellen des Marktes lassen sich aus verbraucherpolitischer Sicht in zwei Kategorien einteilen: diejenigen, vor denen sich der Einzelne nicht schützen kann, und diejenigen, vor denen sich der Einzelne sehr wohl schützen kann. Mit den Verbrauchergesetzen sollten die Verbraucher vor Ersterem geschützt und dazu befähigt werden, im letzteren Fall selbst zurechtzukommen.

Kurzum ich möchte, dass die Kommission bis zum Jahr 2013 allen Bürgern und Bürgerinnen in der EU deutlich vor Augen führen kann, dass sie ohne Bedenken gleich wo in der EU einkaufen können, ob im Laden um die Ecke oder im Internet, weil sie sich darauf verlassen können, gleichermaßen rechtlich geschützt zu sein. Ebenso soll damit Gewerbetreibenden unmissverständlich klar gemacht werden, dass sie ihre Waren überall hin verkaufen können, wenn sie nur einige wenige unkomplizierte einheitliche Regeln beachten.

Momentan sind wir noch weit von diesen Zielen entfernt. Dennoch konnten mithilfe des Europäischen Parlaments bedeutende Fortschritte gemacht werden: die Richtlinie zu unlauteren Geschäftspraktiken, die Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz und das Netz der Europäischen Verbraucherzentren. Wir müssen diese Arbeit fortsetzen und an verschiedenen Fronten kämpfen: bessere Vorschriften für Verträge, bessere Umsetzung, Information, Beratung und Rechtshilfen. All das muss sowohl im inländischen Markt als auch im Binnenmarkt funktionieren, wenn wir die Verbraucher und KMU von diesem großen Schritt überzeugen wollen.

Einheitliche Vorschriften in ganz bestimmten Bereichen sind von entscheidender Bedeutung für den integrierten Markt – und nicht dafür da, um Rechtsanwälte und Bürokraten bei Laune zu halten. Einfache, klare Regeln sind eine große Hilfe für KMU, Verbraucher und Behörden. Und ich bin mir nicht sicher, ob wir die Verbraucher und KMU davon überzeugen können, den EU-Markt als einen wirklichen Binnenmarkt anzusehen, wenn es keine einfachen Vorschriften gibt. Denn einheitliche Vorschriften werden nicht zur notwendigen Steigerung des derzeitigen Verbrauchervertrauens führen, wenn bei der Harmonisierung nichts anderes als unzureichende Schutzniveaus herauskommen.

Ich bevorzuge einheitliche Vorschriften und ein angemessenes Schutzniveau. Die Kommission hat erst kürzlich in diesem Bereich eine umfangreiche Konsultation eingeleitet, und ich begrüße den Standpunkt des Parlaments zu diesen Fragen.

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass ich die Strategie in so kurzer Zeit nur in ihren Grundzügen darstellen konnte. Meines Erachtens haben wir uns damit eine ehrgeizige Agenda vorgenommen, und wir werden die Unterstützung des Parlaments brauchen, um sie erfolgreich umzusetzen.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE).(SK) Meine Frage an die Kommissarin lautet: „Welche Instrumente und spezifischen Projekte wird die Kommission unterstützen, um die Verbraucherschutzpolitik umzusetzen?“ So wurde ja der Schwerpunkt u. a. auf den Europäischen Taschenkalender gelegt – ein recht vernünftiges Instrument, das bei den Schülern in ganz Europa großen Anklang gefunden hat und auch Einblicke in die Ansichten der neuen EU-Generation zum Thema Verbraucherrechte bietet. Unser vorrangiges Ziel besteht darin, allen EU-Bürgern innerhalb Europas die gleichen Rechte zu gewähren, ganz gleich, wo sie leben, essen oder einkaufen möchten.

Das Projekt wurde mit EU-Geldern finanziert. Wird die Europäische Kommission dieses Projekt auch weiterhin unterstützen?

 
  
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  Der Präsident. Herzlichen Dank. Ich danke Ihnen auch für die guten Wünsche. Es gibt hier in diesem Hohen Haus wirklich keine Geheimnisse.

 
  
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  Evelyne Gebhardt (PSE). – Herr Präsident! Ich möchte Ihnen ebenfalls zum Geburtstag gratulieren. Frau Kuneva, herzlichen Glückwunsch auch zu Ihrer Arbeit. Sie haben gerade einen sehr wichtigen Satz gesagt, nämlich dass der Verbraucher im Herzen der Politik stehen muss. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, den ich unterstreichen möchte.

Wenn Ihre Politik in dieser Frage in die Richtung geht, dass nicht der Mensch für die Wirtschaft da ist, sondern dass vielmehr die Wirtschaft und der Binnenmarkt für den Menschen da sind, dann sind wir auf dem richtigen Weg. In diesem Zusammenhang würde mich sehr interessieren, in welchen konkreten Bereichen Sie diese Politik voranbringen möchten. Wollen Sie sich darauf beschränken, diese Politik auf sektoraler Ebene voranzutreiben, oder wollen Sie nicht auch einmal eine Rahmenrichtlinie ins Auge fassen?

 
  
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  Marianne Thyssen (PPE-DE).(NL) Herr Präsident! Natürlich möchte auch ich Ihnen recht herzlich zum Geburtstag gratulieren, aber meine Glückwünsche gelten auch der Kommissarin, denn meiner Meinung nach dürfen wir sagen, dass die Tinte unter dem Mehrjahresprogramm für Verbraucherschutz noch nicht einmal trocken ist und die Kommission bereits eine konkrete Strategie zur getreuen Umsetzung erarbeitet hat.

Über das Tempo Ihres Agierens, Frau Kommissarin, aber auch über Ihren erfrischenden Politikansatz ist die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten hocherfreut. Wir gehen mit anderen Kolleginnen und Kollegen insofern konform, als es Ihnen gelingen möge, den Verbraucher in den Mittelpunkt der Binnenmarktpolitik zu rücken, denn das gäbe dem europäischen Projekt ein neues Herz, einige werden sagen, eine Seele. Wir müssen darauf hinwirken, dass die Integrationsprojekte, an denen wir arbeiten, breite Unterstützung in der Gesellschaft erfahren.

Selbstverständlich warten wir noch auf konkrete Vorschläge, wobei ich den Inhalt dieser Vorschläge meine, denn Sie haben bestimmt eine Liste erstellt. Zwei Dinge stechen jedoch hervor. Erstens, was die Rechtsmittel betrifft, an welche Rechtsmittel denken Sie, um im Vergleich zu heute die Durchsetzbarkeit und das Regressrecht für den Verbraucher zu verbessern? Zweitens, Vollharmonisierung im Zusammenhang mit einheitlicherer Gesetzgebung interessiert mich ebenfalls. Wie können wir das Ihrer Auffassung nach in der Praxis zuwege bringen? Streben Sie eine Vollharmonisierung an, oder schwebt Ihnen etwas anderes vor?

 
  
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  Malcolm Harbour (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Im Namen der PPE-DE-Fraktion im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz möchte ich der Kommissarin zunächst einmal zu ihrer ersten längeren Erklärung hier im Plenum gratulieren, der sicherlich noch viele weitere folgen werden. Außerdem möchte ich ihr für ihr äußerst umfassendes Konzept recht herzlich danken. Meines Erachtens haben Sie, Frau Kommissarin, vor allem eines ganz deutlich gemacht: Die EU-Verbraucherpolitik muss im Mittelpunkt der gesamten Binnenmarktdebatte stehen. Ich möchte mich da voll und ganz den Äußerungen meiner Kollegin, Frau Gebhardt, anschließen: Wir sind hier, um für unsere Verbraucher einen attraktiven Binnenmarkt zu schaffen und die Verbraucher zur Teilnahme an diesem Binnenmarkt zu bewegen. Daher möchten wir, dass dieses Paket zustande kommt.

Nun möchte ich zu der Frage kommen, die ich Ihnen, Frau Kommissarin, eigentlich stellen wollte. Sie haben ganz klar gesagt, dass Sie Ihre eigene Rolle darin sehen, als Vorreiterin für Verbraucherfragen aufzutreten und andere Politiken in weiteren Tätigkeitsbereichen der Kommission zu prüfen. Ich denke, viele von uns sind vor allem sehr besorgt über die Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Übereinkommen von Rom, die teilweise Ihrer Vision von einem einfachen Rechtsrahmen für KMU zuwiderlaufen. Könnten Sie uns versichern, dass Sie sich diesen Fragen ebenfalls annehmen werden?

 
  
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  Andreas Schwab (PPE-DE). – Herr Präsident, Frau Kommissarin! Ich würde Ihnen, Herr Präsident, jetzt sogar noch ein Geburtstagsliedchen singen, aber ich verzichte angesichts der kurzen Zeit besser darauf. Ich möchte Ihnen, Frau Kommissarin, gratulieren, weil Sie natürlich durch Ihr Engagement im Wettbewerbsrat verdeutlichen, dass die Verbraucherschutzpolitik in der Europäischen Union eine Querschnittsaufgabe ist, die gleichberechtigt neben der Wettbewerbspolitik und der Binnenmarktpolitik steht. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar.

Der Binnenmarkt in Europa muss ein Binnenmarkt der Verbraucher sein, gerade was den elektronischen Handel angeht. Denn wenn wir dort zu mehr Sicherheit für die Verbraucher kommen, werden wir auch zu einer insgesamt größeren Menge des grenzüberschreitenden Handels kommen.

Zwei Punkte würde ich gerne ansprechen. Erstens: Die Vollharmonisierung, so wie Sie sie vorgeschlagen haben, kann zwar in bestimmten Bereichen – wie beispielsweise beim elektronischen Handel – durchaus sinnvoll sein, kann aber kein Muster für den gesamten Binnenmarkt sein. Man braucht dafür immer gute Argumente durch ein gutes impact assessment.

Zweitens: Wir wollen, dass der Verbraucher im Europäischen Binnenmarkt gestärkt wird. Ob aber Sammelklagen in einem System, wie es in der Europäischen Union vorliegt, das richtige Mittel sind, wage ich zu bezweifeln.

Vielleicht können Sie für diese Vorschläge noch Ihre Gründe nennen?

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Danke, Herr Präsident! Ich weiß ja nicht, ob Sie jetzt alle enttäuscht sein werden, aber mein Geburtstag ist erst am 22. Juni. Heute hat Kommissar Frattini Geburtstag. Wenn Sie gestatten, werden ich ihm all die guten Wünsche und Glückwünsche übermitteln. Ich kann Ihnen versichern, dass er sie voll und ganz verdient. Ich danke Ihnen jedenfalls und hoffe, dass ich am 22. Juni wieder hier im Parlament sein kann, um dann Ihre Glückwünsche entgegenzunehmen!

Fangen wir nun mit den Fragen an. Frau Pleštinská, finanzielle Unterstützung ist für alle unsere Politiken von größter Bedeutung, und wir werden alles daran setzen, diese Politiken in unserem Etat unterzubringen. Meines Erachtens kommt es aber vor allem darauf an, was Sie von der jeweiligen Politik halten und wie wir die vorhandenen Mittel optimaler in unserem Haushaltsplan einsetzen können. Dies gilt für Bildung, Information, die Europäischen Verbraucherzentren und eine bessere Rechtsdurchsetzung. Natürlich kommen für diese Mittel noch viele andere Bereiche in Frage, aber das sind nun einmal unsere Prioritäten. Insofern freue ich mich außerordentlich, dass Sie auf den Europäischen Verbraucherkalender zu sprechen kamen. Erst heute habe ich auf der Sitzung des Kommissionskollegiums verschiedene Exemplare davon verteilt, um an dieses wichtige Instrument zu erinnern. Dies wird auch künftig einer der besten Wege sein, um die junge Generation zu erreichen.

Da wir gerade von der jungen Generation sprechen, möchte ich darauf hinweisen, dass sich meiner Meinung nach unsere Vorstellungen über digitale Rechte größtenteils mit den Erwartungen der jungen Menschen decken. Übermorgen nehme ich an einer Sitzung über digitale Rechte in Berlin teil und werde insbesondere die jungen Zuhörer ansprechen. So möchte ich bei ihnen mehr Interesse dafür wecken, was es eigentlich heißt, Verbraucher in dieser sich stark verändernden Welt – in Europa – zu sein.

Und nun komme ich zur Frage von Frau Gebhardt. Es ist stets ganz wichtig, eine präzise Politik zu verfolgen und eine genaue Vorstellung davon zu haben, wie wir die Rahmenrichtlinie einsetzen können, welche Gestalt sie annehmen sollte – denn es kann nur eine geben – und welchen Einfluss wir auf die jeweilige Branche nehmen können. Mir gefällt dieses Mischkonzept. Ich bin mir sicher, dass solche horizontalen Vorschriften von ausschlaggebender Bedeutung sind, denn sie finden auf typische Verbraucherverträge und typische Verbraucherrechte gleichermaßen Anwendung und beziehen sich auf die Umsetzung bzw. jegliche andere Bereiche – dies ist vielleicht nicht der herkömmliche Ansatz, dafür aber das Herzstück des Verbraucherschutzes.

Wir können uns jedoch nicht mit sämtlichen branchenspezifischen Problemen beschäftigen. Daher vertrete ich die Ansicht, dass wir unsere Aufmerksamkeit auch ganz gezielt auf die ordnungsgemäße Einhaltung der Verbraucherschutzvorschriften richten sollten, vor allem was die Bereiche Energie, Verkehr und Telekommunikation betrifft. Deshalb ist meiner Ansicht nach die Mitwirkung im Rat „Wettbewerbsfähigkeit“ von großer Bedeutung. Auch die Wettbewerbskommissarin ist eine echte Verbündete der Verbraucherschützer.

Nun möchte ich auf die Frage von Frau Thyssen zu den Rechtsmitteln eingehen. Ich habe jetzt nicht im Kopf, wie die Gemeinschaftsklage – die so genannte „class action“ – in den USA aussieht. Das hier ist kein Roman von John Grisham. Wir schreiben einen anderen, einen europäischen Roman, und der dreht sich vielmehr um Sammelklagen. Die gibt es in mindestens zehn Ländern, wobei diese Art der Klage in einem Land – den Niederlanden – eher an eine Gemeinschaftsklage erinnert, aber nicht mit ihr identisch ist. Das A und O sind aber nicht nur Sammelklagen. Wir können auch das wichtige Instrument der alternativen Streitbeilegungsverfahren, Testfälle und viele andere Rechtsmittel einsetzen. Es geht ja nicht um eine Vollharmonisierung, sondern um Flaschenhälse – wann und wie wir diese erkennen können – und die Schwerpunktsetzung auf diesen Bereich, um eine weitestgehende Harmonisierung zu erreichen.

Also Herr Harbour, vielen Dank für Ihre Äußerung, dass ich versuchen würde, eine Vorreiterin der Verbraucherpolitik zu werden. Ich würde diese Rolle auch gern mit anderen Kommissionskollegen teilen, denn ich träume davon, auch in anderen Ressorts auf Vorreiter der Verbraucherpolitik zu treffen.

Was das Übereinkommen von Rom betrifft, vertrete ich die Ansicht, dass wir durch eine vollständige Harmonisierung zumindest einige Schwachstellen von Rom I ausbessern können. Nach Maßgabe von Rom I haben sich Unternehmen derzeit an die Bestimmungen des Landes zu halten, in denen das Problem aufgetreten ist, wodurch den Unternehmen keine größere Last auferlegt wurde.

Meiner Ansicht nach habe ich die Frage von Herrn Schwab, welche Art der Harmonisierung wir anstreben und wie das Instrument der Sammelklage eingesetzt werden soll, im Wesentlichen beantwortet. Ich möchte nicht die Geduld des Präsidenten überstrapazieren, indem ich hier ausschweifende Antworten gebe. Aber ich werde diese Diskussion gerne mit Ihnen allen fortsetzen.

 
  
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  Béatrice Patrie (PSE). – (FR) Herr Präsident! Frau Kommissarin, ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen und Ihre Antworten.

Ich möchte Sie fragen, was Sie darunter verstehen, bessere Rechtsbehelfsmöglichkeiten für Verbraucher einzuführen, denn Sie sagen, dass Sie keine Sammelklagen anstreben.

Faktisch werden die Verbraucherrechte regelmäßig und massiv verletzt, sei es durch überhöhte Preise im Mobilfunk, durch die Erhebung unberechtigter Bankgebühren oder durch Fehlleistungen der Internet-Provider; wenngleich die individuellen Schäden häufig nicht hoch sind, stellen sie jedoch in der Summe beträchtliche kollektive Schäden dar, bei denen es um sehr hohe Beträge geht.

Angesichts dessen sind individuelle Klagen unwirksam, und nur Class actions können eine zufrieden stellende Lösung bieten, da sie nicht nur den Verbrauchern ein einheitliches Beschwerdemittel und ein einheitliches Verfahren zur Schadensregulierung bieten, sondern auch und vor allem die Unternehmen zum Einlenken bewegen. Dafür gab es Beispiele in Portugal, ohne dass es zu Auswüchsen nach amerikanischer Art kam.

Könnten Sie uns also darüber aufklären, was Sie als effiziente Rechtsbehelfsmöglichkeiten bezeichnen?

 
  
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  Alexander Stubb (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte drei Anmerkungen machen.

Erstens: Ich denke, die Kommissarin bringt mit ihrem Papier frischen Wind in die ganze Sache. Es gibt keinen ideologischen Graben zwischen Verbraucherpolitik auf der einen und dem Binnenmarkt auf der anderen Seite, und meines Erachtens ist dies das erste Papier, in dem das klipp und klar zum Ausdruck kommt.

Zweitens schätze ich außerordentlich, dass die Kommission den wirtschaftlichen Aspekt der Verbraucherpolitik zunehmend stärkt, denn dies wurde vorher noch nicht getan und ist meiner Meinung nach ein überaus begrüßenswerter Schritt.

Mein dritter Punkt betrifft das Thema Kommunikation. Ich gebe es schon zu. Ich werde mich outen: Ich selbst bin auch ein Vielkäufer. Ich kaufe gerne ein, aber manchmal mache ich im Internet oder in ähnlichen Plattformen kein gutes Geschäft. Daher möchte ich Sie auffordern, den europäischen Bürgern die Verbraucherpolitik näher zu bringen. Wir, die wir hier sitzen, wissen oftmals nicht, dass uns die EU im Grunde genommen jede Menge Rechte bietet, wenn es um Verbraucherpolitik geht.

Meine Frage lautet nun: Wie sehen die vorrangigen Ziele der Kommissionsgruppe für Wettbewerb und Verbraucherpolitik aus? Mit welchen Problemen könnte sich diese Gruppe beschäftigen?

 
  
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  Olle Schmidt (ALDE).(SV) Herr Präsident! Ich möchte der Kommissarin für ein außerordentlich konstruktives und wichtiges Dokument danken. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen haben erklärt, dass informierte und gut unterrichtete Verbraucher, ein funktionierender Markt und ein umfassender Wettbewerb für einen gut funktionierenden Binnenmarkt unerlässlich sind. Das ist, wie wir alle wissen, ein Thema, bei dem nationale Interessen in gewisser Weise im Widerspruch zu denen der EU und der Verbraucher stehen.

Meine Frage an die Frau Kommissarin lautet: Welche Möglichkeiten gibt es Ihrer Ansicht nach dafür, ein stärkeres Gehör für eine gemeinsame Verbraucherpolitik zu erhalten, die Raum für umfassendere Maßnahmen im EU- und EG-Recht im Vergleich zu früher bietet? Wir wissen, dass es bisher schwer war, die Mitgliedstaaten für ein größeres Engagement der EU in diesen Fragen zu gewinnen.

 
  
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  Christel Schaldemose (PSE).(DA) Herr Präsident! Ich möchte der Kommissarin für die Veröffentlichung dieser Mitteilung danken. Ich bin überwältigt von der Energie und dem Wunsch der Kommissarin, die Verbraucherpolitik voranzubringen, und besonders freut mich, dass sie sich dabei auf die ganze Frage des Internethandels und der damit verbundenen Rechte und Möglichkeiten konzentriert. Meines Erachtens sind die dabei ergriffenen Maßnahmen für viele Europäer von großem Interesse. Doch meine Frage an die Kommissarin betrifft das in der Mitteilung formulierte Ziel, demzufolge die Bürger unabhängig davon, wo in der EU der Handel stattfindet, überall gleichermaßen Schutz genießen sollen. Vielleicht bin ich ja die Einzige, die nicht ganz versteht, was das bedeutet. Möchte die Kommissarin, dass wir die Vorschriften harmonisieren, damit EU-weit die gleichen Vorschriften gelten, oder soll es Mindestvorschriften geben, die die Mitgliedstaaten nach Wunsch verschärfen können?

 
  
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  Мартин Димитров (PPE-DE). – Г-жо Кунева, поздравления за вашия доклад. Започвате много добре кариерата си на еврокомисар, пожелавам ви успех.

Моят въпрос към Вас е как ще се справите с прекомерните, затормозяващи регулации, които се представят като защита на потребителите? И за да ме разберете добре, Ви давам конкретен пример от България. Законът за защита на потребителите забранява авансовото плащане при поръчка на стоки по интернет. Според текста на закона, доставчикът няма право да изисква или да приема плащане преди да изтекат седем работни дни от получаването на стоката от клиента или от сключването на договора.

Свръхрегулациите не са в полза нито на бизнеса, нито на потребителите. Подобни регулации спират много търговци въобще да доставят стоки в интернет. Това е точно пречка за малкия и среден бизнес. Смятате ли, че на европейско ниво трябва да се вземат мерки за решаването на този и на други такива случаи?

 
  
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  Toine Manders (ALDE).(NL) Frau Kommissarin! Ich heiße Sie willkommen und danke Ihnen für Ihr dynamisches Vorgehen bei diesem Vorschlag. Mit den Koordinatoren im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, Frau Gebhardt und Herrn Harbour, sind wir uns insoweit einig, als der Binnenmarkt attraktiv sein muss und der Verbraucher dabei im Mittelpunkt stehen muss. Als Marktliberaler vertrete ich die Auffassung, dass der Markt Angebot und Nachfrage umfasst. Es stellt sich jedoch die Frage, für wen? Den Verbraucher.

Gleichwohl befürchte ich, dass unser Ansatz in der Vergangenheit zu paternalistisch war, indem der Verbraucher zu sehr geschützt und mit Informationen überschwemmt wird und den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Ich bevorzuge eher Ihren Stil, den neuen Wind, denn Sie scheinen von dieser paternalistischen Haltung abzurücken. Und ich hoffe – und bin tatsächlich zuversichtlich –, dass der Aktionsplan nicht zusätzliche Einschränkungen und Regeln vorschreiben wird.

Ich möchte Ihnen eine Frage stellen. Gedenken Sie, die geltenden Rechtsvorschriften dahingehend zu überprüfen, ob sie vereinfacht werden können, damit der Binnenmarkt attraktiv sein kann und es künftig auch bleibt, insbesondere mit Blick auf die Verbraucher? Information ist ausgezeichnet, Wahlfreiheit ist großartig, aber wir dürfen die Menschen nicht mit Informationen überschütten und sie auch nicht bevormunden.

 
  
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  Piia-Noora Kauppi (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich der Kommissarin für ihre hervorragende Herangehensweise an dieses Problem danken. Frau Kommissarin, ich würde gern mehr über die Folgenabschätzung und die Analysen erfahren, die sie durchgeführt haben. Wo liegt wirklich das Problem, wenn es um das Vertrauen der Verbraucher geht? Können wir das Vertrauen der Verbraucher durch eine Vollharmonisierung stärken? Oder stehen wir hier vor dem Problem mit dem Huhn und dem Ei, sodass vielleicht gar keine wirkliche Nachfrage nach einem grenzübergreifenden Handel besteht? Was kommt zuerst?

Mein zweiter Punkt betrifft das Thema unlautere kommerzielle Werbung. Wie Sie erwähnten, haben wir während der letzten Wahlperiode ausgezeichnete Arbeit geleistet. Doch in einigen Mitgliedstaaten sind leider unlautere Wettbewerbspraktiken gemäß den Verbraucherschutzgesetzen zulässig. Daher meine Frage an Sie: Wie können Sie sichern, dass eine neue Herangehensweise an das Verbraucherrecht nicht neue Hindernisse mit sich bringen wird, wenn die Mitgliedstaaten dieses falsch umsetzen?

 
  
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  Barbara Weiler (PSE). – Herr Präsident, liebe Frau Kommissarin! Ich bin mit den Ausführungen der letzten beiden Redner nicht ganz einverstanden. Darum freue ich mich, noch einmal sagen zu können, dass wir Ihre ambitionierten Ziele unterstützen.

Der Mix, den Sie für verschiedene Optionen genannt haben, hört sich sehr gut an, aber wir bezweifeln, ob er wirklich effizient ist, denn Sie haben nicht nur mit den unterschiedlichen Bedenken der Mitgliedstaaten zu tun, sondern auch mit sehr mächtigen Wirtschaftsinteressen. Deshalb möchten wir Ihnen mit auf den Weg geben, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Kommission – nämlich Neelie Kroes, Günter Verheugen, Charlie McCreevy, Markos Kyprianou – sich in der europäischen Öffentlichkeit erst Respekt verschafft haben, indem sie in ihrem Fachbereich wirksame, handfeste Sanktionen verhängten. Das möchten wir Ihnen mit auf den Weg geben.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Tatsache ist, dass wir der Verbraucherpolitik zu wenig Beachtung schenken, und das gilt vor allem für die Gesundheit und den Schutz junger Verbraucher. Der Gesundheitszustand unserer Gesellschaft entscheidet über unsere Leistungsfähigkeit und Produktivität, die sich ihrerseits auf das Wirtschaftswachstum auswirken. Das wiederum garantiert einen bestimmten Lebensstandard und damit auch ein bestimmtes Konsumniveau.

Das grundlegende Problem sind im Prinzip die Lebensbedingungen der Kinder und Jugendlichen, die von sozialen, gesundheitlichen, bildungsbezogenen und ökologischen Faktoren bestimmt werden. Dies alles wirkt sich auf die Zahl der Geburten und die Erziehung gesunder und gebildeter junger Menschen aus, die für unsere Zukunft so wichtig sind.

Wie werden wir diese Aufgaben auf Gemeinschaftsebene bewältigen? Was sollte dabei in den einzelnen Mitgliedstaaten selbst getan werden?

Die Frau Kommissarin hatte Recht mit ihrer Feststellung, dass diese Aufgaben und Fragen Teil des Auftrags eines jeden Kommissionsmitglieds sind.

 
  
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  Christopher Heaton-Harris (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte zwei Anmerkungen machen. Zunächst einmal will ich bei einem Punkt ansetzen, der erst vor kurzem deutlich geworden ist: Inwieweit macht sich die Kommission in ihrer jüngsten Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sie in der Wettbewerbssache gegen Microsoft herausgegeben hat, für die Belange der Verbraucher stark? Oder will man damit bloß für mehr Publicity in diesem langjährigen Rechtsstreit sorgen, der kaum etwas mit den Verbrauchern selbst, sondern vielmehr mit Wettbewerbern und dem so genannten „Forum Shopping“ zu tun hat?

Meine zweite Anmerkung betrifft das Thema Sammelklagen bzw. Gemeinschaftsklagen, die es in den Mitgliedstaaten bereits gibt. In Großbritannien beispielsweise läuft gerade eine Sammelklage, die von der Verbraucherorganisation „Which?“ gegen JBB Sports geführt wird. Dabei geht es um den Verkauf von Fußballtrikots von England und Manchester United in den Jahren 2000 und 2001, wobei man sich auf Abschnitt 47b des britischen Unternehmensgesetzes von 2002 stützt. Sind sie der Auffassung, dass sich Europa weiterhin so dilettantisch in diesen Bereich einmischen sollte?

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte mit dem Fragenkomplex zu den Sammelklagen beginnen und zunächst auf die Frage von Frau Patrie eingehen. Wie ich bereits erwähnte, haben wir in der vergangenen Woche eine Studie zum Thema Sammelklagen gestartet. Sobald uns alle Ergebnisse vorliegen, werden wir diese veröffentlichen und mit dem Parlament darüber diskutieren.

Es steht außer Frage, dass die kollektiven Interessen der Verbraucher in einem Fall wie der von Ihnen erwähnten Bagatellklage eine ganz wichtige Rolle spielen, um die Marktfairness zu gewährleisten und auch das Marktverhalten der Hersteller zu steuern. Daher werden wir unsere Bemühungen in diesem Bereich fortsetzen, der genau die erste und dritte Säule unserer Verbraucherpolitik berührt – nämlich den Verbraucher zu stärken und zu schützen, und zwar nicht in paternalistischer, sondern in entgegengesetzter Weise. Das heißt, wir brauchen mehr aktive Bürger und müssen ihnen mehr Instrumente an die Hand geben.

Was die Frage von Herrn Stubb zu unseren Prioritäten betrifft, möchte ich darauf hinweisen, dass die für Wettbewerb zuständigen Kommissionsmitglieder mit einer systematischen Überprüfung verschiedener politischer Initiativen beginnen werden, damit mehr Gewicht auf die Belange der Verbraucher gelegt wird. Dazu gehören solche Bereiche wie die Informationsgesellschaft, die digitale Welt, die Liberalisierung der Energiemärkte und Handelsinstrumente. Die ersten Initiativen haben bereits Eingang in unser Arbeitsprogramm gefunden. Wenn wir das geschafft haben, dann werden wir – wenn ich mich hier an einen Artikel von Herrn Stubb anlehnen darf – meines Erachtens sagen können, dass Europa „cooler“ und für unsere Bürger leichter verständlich wird.

Frau Schadelmose stellte eine Frage zum Thema Mindestvorschriften. Meiner Meinung nach können wir die Vorschriften nicht als Mindest- oder Höchstrahmen ansehen. Wir brauchen eine bestimmte Zahl an sehr ausgewogenen Vorschriften, die haargenau umgesetzt werden sollten, und ich bin nicht der Auffassung, dass Mindestvorschriften da stets hilfreich wären.

Ich möchte nun zur Frage von Herrn Dimitrov kommen. Gestatten Sie mir, auf Bulgarisch fortzufahren.

Г-н Димитров, Вие представихте това, което считат за правилно провайдърите на такъв тип услуги. Вие буквално прочетохте тяхното писмо, с което аз съм запозната отдавна. Но аз имам и друго писмо и това е от гледна точка на потребителските организации.

В събота, в София, аз ще участвам в една конференция, която е специално насочена към тези права онлайн. И се надявам, че тогава ще могат да се чуят и двете страни. В противен случай, от тук да коментираме чл. 56 на националното ни законодателство, не е може би най-доброто време за това. Но мога да Ви уверя, че цялото внимание ще бъде отдадено на това да има повече информация и да могат да се видят различните гледни точки.

(EN) Dann wären da noch die Folgenabschätzungen und grenzübergreifenden Probleme. Es geht also darum, dass man mit dem neuen Konzept die richtige Richtung einschlägt: Aber genau darauf zielt ja meines Erachtens das neue Konzept ab. Leider habe ich jedoch kein Rezept, wie wir sämtliche Probleme vermeiden und eine reibungslose Umsetzung gewährleisten können. Dies hängt schließlich sehr stark von dem jeweiligen Land ab. Der einzige mir bekannte Weg besteht darin, mehr zu kommunizieren, mehr zu erklären und sich auf die Europäischen Verbraucherzentren, die Umsetzungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Verbraucherorganisationen zu verlassen. Daher vertrete ich die Ansicht, dass wir in diesem Bereich nur vorankommen, wenn eine starke Verbraucherdimension in die Politiken der Mitgliedstaaten und die Programme der Nichtregierungsorganisationen Eingang findet.

Zu den handfesten Strafen: Wenn es zu einem Verstoß kommt, dann werde ich nicht zögern, ein solches Verfahren in die Wege zu leiten. Aber zuerst sollten wir darüber nachdenken, wie wir die Anwendung und Durchsetzung verbessern können, und dann können wir ja gegebenenfalls einen Schritt weiter gehen.

Was die letzte Frage zu Microsoft betrifft: Also offen gesagt, besitze ich meiner Meinung nach nicht genügend Informationen, um über diesen Fall zu spekulieren.

Im Hinblick auf die junge Generation stimme ich uneingeschränkt zu, dass dieses Thema zu den Hauptzielen der Kommission gehören muss. Ich befürworte nachdrücklich die Herangehensweise meines Kollegen Kommissar Kyprianou an das Gesundheitsprogramm. Nach meinem Dafürhalten wäre es sehr hilfreich, wenn beim Verbraucherschutz im Hinblick auf die junge Generation der gleiche Ansatz zur Anwendung kommen würde. Wir sollten die junge Verbrauchergeneration richtig erziehen und bilden – jemand bezeichnete sie ja hier als „digitale Einheimische“!

 
  
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  Der Präsident. Wir kommen nun zum nächsten Tagesordnungspunkt.

 
  
  

VORSITZ: DIANA WALLIS
Vizepräsidentin

 

15. Fragestunde (Anfragen an die Kommission)
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Fragestunde (B6-0012/2007).

Wir behandeln die folgenden Anfragen an die Kommission.

Erster Teil

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 44 von Claude Moraes (H-0078/07)

Betrifft: Straßenverkehr und Emissionen

In welchem Umfang hat die Kommission Forschungen zu den jährlichen Emissionen im Straßenverkehr (Auto, Busse, Züge usw.) und zu ihren Auswirkungen auf die Umwelt angesichts der Tatsache, dass 25 % der CO2-Emissionen in der EU auf den Straßenverkehr und 3 % der CO2-Emissionen in der EU auf Flugzeuge zurückzuführen sind, angestellt? Hat sie dabei dem Umstand Rechnung getragen, dass in der Politik und in den Medien eine starke Fokussierung auf die Emissionen von Flugzeugen stattgefunden hat?

 
  
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  Stavros Dimas, Μitglied der Kommission. (EL) Frau Präsidentin! Ich freue mich, auf diese äußerst wichtige Frage antworten zu dürfen.

Der Herr Abgeordnete hat sich erkundigt, ob die Kommission über die Treibhausgasemissionen im Straßenverkehr voll im Bilde ist und welche Maßnahmen sie zur Verringerung der Umweltauswirkungen dieser Emissionen vorschlägt. Die Dienste der Kommission erfassen und überwachen gemeinsam mit dem Europäischen Umweltbüro die jährlichen Emissionen aller inländischen Verkehrsmittel in der Europäischen Union.

Ich möchte mich zuerst zu den CO2-Emissionen äußern, auf die sich der Herr Abgeordnete in seiner Anfrage bezieht. Im Jahr 2003 beliefen sich die CO2-Emissionen im Verkehrssektor der EU-25 auf insgesamt 951 Millionen Tonnen. Dies entspricht etwa 21 % aller Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union. Allein im Straßenverkehr wurden 892 Millionen Tonnen CO2 erzeugt, sodass dieser Sektor für den größten Teil der Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union verantwortlich ist. In diesen Statistiken, die sich auf alle Verkehrsmittel in der Europäischen Union beziehen, wurde jedoch nicht der internationale Luftverkehr berücksichtigt. Der Luftverkehr kann in Inlandsflüge und internationale Flüge unterteilt werden. Was die internationalen Flüge betrifft, so liegt der CO2-Ausstoß um 112 Millionen Tonnen über den vorher genannten Mengen. Ich möchte außerdem darauf hinweisen, dass die Flugzeugemissionen im Vergleich zu den Emissionen in anderen Verkehrsbereichen stark in die Höhe geschnellt sind. Der Flugverkehr beeinflusst außerdem das Klima in größerem Maße, als die Statistiken nahe legen. Denn in großer Flughöhe wirken sich die Flugzeugemissionen auch auf das Treibhausgas Ozon und die Wolkenformationen aus. Wenn wir also den Einfluss der Verkehrsmittel auf das Klima verringern wollen, müssen wir Maßnahmen für sämtliche Verkehrsmittel ergreifen.

Was den Straßenverkehr betrifft, hat die Kommission in ihrer Mitteilung zu CO2 und Pkw bereits angekündigt, dass sie einen Rechtsrahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen von Pkw und Kleintransportern vorschlagen möchte. Das heißt, dass die durchschnittlichen Emissionen von in der EU verkauften Neuwagen bis 2012 das Ziel von 120 g CO2/km erfüllen müssen. Verbesserungen bei der Motor- und Fahrzeugtechnologie werden die Emissionen auf 130 g/km senken, und mit zusätzlichen Maßnahmen soll eine Reduzierung um weitere 10 g/km erreicht werden.

Darüber hinaus hat die Kommission den Vorschlag unterbreitet, dass die Richtlinie zur Kraftstoffqualität überprüft werden soll. In dem Richtlinienvorschlag werden die Kraftstoffhersteller verpflichtet, die Treibhausgasemissionen von Kraftstoffen während ihres gesamten Lebenszyklus zu verringern. Dies wird bis 2020 zu einer Senkung der Emissionen im Straßenverkehr um 10 % führen. Zur Veranschaulichung: Über einen Zeitraum von 10 Jahren werden die Emissionsreduktionen den aktuellen Jahresemissionen von Spanien und Schweden entsprechen.

Bisher bin ich nur auf die CO2-Emissionen im Straßenverkehr eingegangen. Was die Luftfahrt anbelangt, hat die Kommission einen Vorschlag vorgelegt, wonach dieser Sektor ebenfalls in das Emissionshandelssystem der EU aufgenommen werden soll. Unser Vorschlag wurde auch dem Parlament vorgestellt. Abgesehen von CO2 erzeugt der Verkehrssektor aber auch noch andere Emissionen, die sich auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit auswirken. Dazu gehören Schwebpartikel und Emissionen, die zur Bildung von Ozon beitragen, wie Stickstoffdioxid und flüchtige organische Verbindungen. Im Rahmen des Programms CAFE sind wir zu dem Schluss gekommen, dass, wenn bis 2020 keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden, der Verkehrssektor insgesamt für 51 % der Stickstoffoxide in terrestrischen Emissionen und für 20 % des Schwebestaubs PM 2,5 verantwortlich sein wird. Daher schlägt die Kommission strengere Emissionsgrenzwerte für Pkw vor, wobei bereits im vergangenen Dezember eine Einigung über die Euro-5- und Euro-6-Normen erzielt wurde. Des Weiteren beabsichtigt die Kommission, im Laufe dieses Jahres einen Vorschlag über die Einführung neuer Euro-6-Normen für Lastkraftwagen zu unterbreiten.

 
  
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  Claude Moraes (PSE).(EN) Ich danke dem Kommissar für die ausführliche Antwort. Die meisten Abgeordneten werden sicher die Angabe von 130 Gramm je Kilometer begrüßen. Natürlich sind Europaabgeordnete wie ich an besseren, wirksameren Zielen interessiert. Das steht außer Frage. Doch ich wollte mit meiner Frage in erster Linie darauf verweisen, was Sie bereits getan haben und welche Maßnahmen nach Ansicht des Parlaments ergriffen werden sollten. Es geht mir aber auch um mehr Ausgewogenheit in Bezug darauf, dass auch Privathaushalte, Müll und etliche andere Quellen, die mit dem Luftverkehr nichts zu tun haben, Emissionen verursachen und dass die Kommission in Zusammenarbeit mit dem Parlament betont, dass wir es mit einer Kombination aller schädlichen Auswirkungen von CO2-Emissionen zu tun haben und wir uns nicht nur auf den Luftverkehr konzentrieren und die Emissionen der Schifffahrt und von Fahrzeugen dann einfach vernachlässigen. Es ist dringend erforderlich, dass etwas gegen die Verschmutzung unternommen wird, die meine Heimatstadt London fast zum Ersticken bringt.

 
  
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  Stavros Dimas, Mitglied der Kommission. (EN) Vielen Dank für Ihre Zusatzfrage. Ich teile Ihre Meinung, dass wir uns nicht ausschließlich auf von Flugzeugen verursachte Emissionen konzentrieren sollten, auch wenn diese für 3 % des in der Europäischen Union erzeugten Kohlendioxids verantwortlich sind und noch weitere Auswirkungen haben, die mit Wasserdampf und Stickoxiden und der Tatsache zusammenhängen, dass die Emissionen in sehr großer Höhe auftreten und zwischen 1990 und 2004 um 87 % zugenommen haben und weiter ansteigen. Natürlich haben andere Kohlendioxidquellen wie die Schifffahrt einen größeren Anteil an den Gesamtkohlenstoffemissionen in der EU, aber sie nehmen nicht so schnell zu. Wenn wir dann noch die Transporteinheit je Tonne Kohlendioxid ausrechnen, wird deutlich, dass sie weniger zum Kohlendioxidausstoß beitragen als die Luftfahrt. Sie erwähnten ganz zu Recht andere Quellen wie private Haushalte. Ich kann noch weiter gehen und Deponien, fluorierte Gase oder die Landwirtschaft erwähnen. Sie alle sind Kohlendioxidquellen, und die Kommission ergreift Maßnahmen zur Lösung der damit verbundenen Probleme.

Es gibt auch Rechtsvorschriften für Pkw-Emissionen, wobei die Zielsetzung 120 g beträgt. Durch Veränderungen und Verbesserungen an den Motoren sollen zunächst 130 g erreicht werden, wobei durch Verbesserung der Fahrzeugkomponenten und Biokraftstoffe eine Senkung um weitere 10 g erzielt werden soll. Biokraftstoffe werden auch für den Landverkehr von großer Bedeutung sein, insbesondere nach Abänderung der Richtlinie über die Kraftstoffqualität, die nicht nur umweltfreundliche Biokraftstoffe fördern, sondern auch zur Senkung der Kohlendioxidemissionen beitragen wird. Flankierend dazu sind weitere Maßnahmen vorgesehen, die wir mit Ihrer Unterstützung annehmen und die auf die wirksame Bekämpfung des Klimawandels, des weltweit größten Problems der Gegenwart, abzielen werden.

 
  
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  Sarah Ludford (ALDE).(EN) Ich fürchte, Herr Moraes könnte mit seiner Frage Zustimmung für den Ausbau der Londoner Flughäfen bekundet haben, den ich energisch ablehne. London ist schon jetzt außer Stande, die EU-Auflagen für Luftqualität in Bezug auf Stickoxid und Schwebestaub zu erfüllen, Herr Kommissar, und Prognosen zufolge wird London die zu erwartenden strengeren Grenzwerte überschreiten. Die verstärkte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist für die Verbesserung der Luftqualität in London unerlässlich, aber wir sind schon jetzt die Hauptstadt mit den weltweit teuersten Nahverkehrsmitteln. Die monatlichen Kosten für einen Pendler sind hier doppelt so hoch wie in Paris und Rom. Welchen Beitrag könnte die EU zur Verbesserung der Luftqualität in London leisten, und zwar nicht zuletzt über entsprechende Durchsetzungsmaßnahmen und indem sie den Bürgermeister von London und die britische Regierung auffordert, für einen bezahlbaren öffentlichen Nahverkehr zu sorgen?

 
  
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  Stavros Dimas, Mitglied der Kommission. – (EN) Es gibt hier zwei Probleme, und zwar zum einen Kohlendioxid und zum anderen sonstige Luftschadstoffe. Soweit ich weiß, werden in London zusätzliche Maßnahmen ergriffen. Erst kürzlich wurde die Zone, in der Staugebühren zu zahlen sind, erweitert. Die örtlichen Behörden ergreifen also Maßnahmen, die ihrer Ansicht nach geeignet sind, um den Klimawandel zu bekämpfen, indem sie für eine Senkung des von PKW verursachten Ausstoßes an Kohlendioxid und anderen Schadstoffen sorgen. Aber Sie haben vollkommen Recht. Je besser der öffentliche Nahverkehr ist, desto besser ist das für die Umwelt, vor allem wenn die Nahverkehrsmittel wie Busse mit umweltfreundlichem Kraftstoff fahren. Meines Erachtens wird die Einführung einer Gebühr von 5 oder 6 Euro von großer Bedeutung für London wie auch für andere Städte in der Europäischen Union sein.

 
  
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  Alexander Stubb (PPE-DE).(EN) Ich lehne den Ausbau des Flughafens Stansted ebenfalls ab. Das hängt allerdings damit zusammen, dass die Familie meiner Frau dort seit 100 Jahren eine Farm betreibt, die sie verlieren wird, wenn die Start- und Landebahn verlängert wird. Aber das ist nicht meine Frage.

Meine Frage mag etwas ketzerisch klingen, aber wieso hat die Kommission, die ja ursprünglich 120 g/km ins Auge gefasst hatte, den Grenzwert auf 130 g/km angehoben? Könnten Sie uns sagen wieso? Sie sind möglicherweise nicht der zuständige Kommissar, aber könnten Sie das erklären?

 
  
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  Stavros Dimas, Mitglied der Kommission. – (EN) Ich glaube, heute Abend werden beide Kommissionsmitglieder anwesend sein, denn soweit ich weiß, gibt es noch eine weitere diesbezügliche Frage, und Herr Verheugen wird hier sein. Sie werden also dieselbe Antwort hören. Doch ich kann Ihnen aus meiner Sicht als Umweltkommissar versichern, dass der ökologische Nutzen derselbe sein wird. Der von uns errechnete Anteil der PKW am Gesamtziel, der 0,8 % des Ziels von 8 % beträgt, wird erreicht werden, allerdings auf eine etwas andere Weise. Der Wert von 130 g/km wird durch Verbesserungen der Fahrzeugmotoren erreicht werden, und durch Verbesserungen an Bauteilen und durch Biokraftstoffe kann der Wert um weitere 10 g/km gesenkt werden. Am Nutzen für die Umwelt wird sich folglich nichts ändern. Deshalb kann ich Ihnen als Umweltkommissar versichern, dass ich damit sehr zufrieden bin. Natürlich gibt es einen Unterschied: Ein Teil der Belastung verlagert sich von den Autoherstellern auf die Baugruppenhersteller und den Bereich Biokraftstoffe.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 45 von Liam Aylward (H-0164/07)

Betrifft: Umwelterziehung für Jugendliche

Plant die Kommission, EU-weit in den Grundschulen das Bewusstsein für Umweltfragen zu schärfen, die den Menschen in Europa mit jedem Tag mehr Sorge bereiten?

 
  
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  Stavros Dimas, Μitglied der Kommission. (EL) Frau Präsidentin! Die Kommission stimmt mit dem Herrn Abgeordneten vollkommen darin überein, dass das Bewusstsein junger Menschen für die Umweltherausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft steht, unbedingt geschärft und Aufklärungsarbeit betrieben werden muss.

In den 1990er-Jahren organisierte die Kommission verschiedene Pilotprogramme, um die Umwelterziehung in den Schulen zu fördern. Dazu gehörten die Unterstützung von Programmen, die sich auf spezifische Umweltfragen bezogen, und die Vorbereitung von Studienprogrammen. Zahlreiche Mitgliedstaaten haben den Aspekt der Umwelterziehung nunmehr in ihren nationalen Lehrplänen berücksichtigt. Die Kommission hat außerdem verschiedene Kommunikationsinstrumente und Umweltinitiativen entwickelt, die eine wichtige Quelle für Schulprogramme und junge Menschen im Allgemeinen darstellen. So bietet beispielsweise die Website der Generaldirektion Umwelt mit dem Titel „Europäische Jugend und Umwelt“ jungen Menschen vielfältige Umweltinformationen in 20 verschiedenen Sprachen. Die Website ist interaktiv aufgebaut und enthält Analysen von Umweltproblemen, die einfach, unterhaltsam und pädagogisch aufbereitet sind. Am wichtigsten ist jedoch, dass den Kindern gezeigt wird, wie sie die Umwelt schützen können.

Die Schulen spielen bei der Sensibilisierungsstrategie der Kommission eine entscheidende Rolle. Diese Strategie trägt den Titel „Climate change depends on you“ – also „Der Klimawandel hängt von dir ab“ – und kam im Mai 2006 ins Rollen. Schulen, die an dieser Strategie teilnehmen, müssen ihre Bemühungen zur Reduzierung der CO2-Emissionen dokumentieren und überwachen und sich zur Bekämpfung des Klimawandels verpflichten. Die Website für diese Strategie enthält eine Fülle von Materialien und richtet sich an junge Menschen.

Darüber hinaus sind auch viele weitere Veröffentlichungen der Kommission für junge Menschen bestimmt. So werden in Kinderbüchern verschiedene Umweltfragen behandelt, wie das rasante Anwachsen der Müllberge, die Zerstörung der Ozonschicht, der Treibhauseffekt, der Klimawandel, die Eindämmung der Flussverseuchung und die Bedeutung der biologischen Vielfalt. Weitere Veröffentlichungen umfassen eine Sammlung mit Zeichnungen und Geschichten von Kindern und eine Bildungsbroschüre zum Natura-2000-Netz. Ich habe Exemplare dieser Veröffentlichungen in verschiedenen Sprachen sowie ein Video mit der Kommissionsstrategie „Climate change depends on you“ mitgebracht, das vom Fernsehsender MTV ausgestrahlt wurde. Hierbei handelt es sich um ein USB-Video, und jeder, der sich dafür interessiert, kann eine Kopie mitnehmen. Ich habe dort auch einige Broschüren hingelegt. Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass Umweltbildungsprogramme im Rahmen des Aktionsprogramms „Lebenslanges Lernen“ für den Zeitraum 2007 bis 2013 förderfähig sind.

 
  
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  Liam Aylward (UEN).(EN) Ich möchte Kommissar Dimas für seine sehr positive Erwiderung danken und ihm zu dem bereits Erreichten beglückwünschen. Aber ich möchte speziell darum bitten, vielleicht weitere finanzielle Ressourcen für die Entwicklung der Umweltthematik in den Schulen zur Verfügung zu stellen, und ich glaube, die Kommission sollte sich in diesem Bereich stärker engagieren. Die aktuelle Frage der Gegenwart lautet: Wie – mit welchen Mitteln und Methoden – schützen wir unsere Umwelt. Und ich glaube aufrichtig, dass wir versuchen sollten, die jungen Menschen von dieser Sache zu überzeugen. Natürlich muss jeder von uns einen Beitrag leisten, und wir sollten die nationalen Regierungen auffordern, es uns gleich zu tun. Also, Herr Kommissar, ich weiß Ihre bisherigen Maßnahmen zu würdigen, würde Sie aber bitten, diese Angelegenheit weiter auszuloten.

 
  
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  Stavros Dimas, Mitglied der Kommission. – (EN) Sie wissen, um darauf ganz kurz zu antworten, dass die LIFE+-Verordnung derzeit hier im Parlament und im Rat zur Diskussion steht. Wird sie gebilligt, so können Programme, wie Sie sie erwähnt haben, daraus finanziert werden.

 
  
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  Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE).(EN) Herr Kommissar! Sie pflichten mir sicher bei, dass Kleinkinder nicht alt genug sind, um zu verstehen, weshalb sie über den Missbrauch der Umwelt besorgt sein sollten, aber sie sind alt genug, um die Schönheit der Welt zu schätzen und zu beginnen, sich umweltbewusste Gewohnheiten anzueignen.

Ihrer Erwiderung entnehme ich, dass Sie mit dem, was die Europäische Union in diesem Bereich tut, recht zufrieden sind. Doch tun wir genug? Haben Sie neue Ideen dazu, was in naher Zukunft getan werden muss?

 
  
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  Stavros Dimas, Mitglied der Kommission. – (EN) Ich bin nie zufrieden, vor allem dann nicht, wenn es um die Umwelt geht. Da ist immer noch mehr zu tun. Wir unternehmen schon sehr viel mit Ihrer Hilfe, aber wir können noch mehr tun. Zu der speziellen Frage, ob Schulen in der Europäischen Union von der Europäischen Union vorgeschlagene Programme in ihre Lehrpläne aufnehmen werden, fand Ende der neunziger Jahre eine heftige Debatte statt. Damals hatte man entschieden, dass diese Angelegenheit unter die Subsidiarität und damit in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt.

Natürlich können wir mehr tun, denn Umweltbewusstsein hat oberste Priorität. Dafür ist der Klimawandel ein gutes Beispiel, denn jetzt sind sich die Menschen weltweit wie auch in der Europäischen Union dank der Berichterstattung in den Medien und der Berichte zu dieser Thematik – wie des Turner-Berichts, des IPCC-Berichts sowie verschiedener Berichte anderer wissenschaftlicher Organisationen wie der NASA und der Arbeit des Europäischen Parlaments, der Kommission und der Europäischen Union – der damit verbundenen Gefahren stärker bewusst. Ausgehend davon konnten wir verschiedene Maßnahmen ergreifen und eine Einigung erzielen.

Mit der in der vergangenen Woche erzielten Einigung auf ein Paket zu Energie und Klimawandel werden wir uns nicht nur an die Spitze des weltweiten Kampfes gegen den Klimawandel stellen, sondern vor allem auch besser in der Lage sein, andere Länder davon zu überzeugen, sich uns nach 2012 anzuschließen.

Kinder sind sehr wichtig, und zwar nicht nur weil sie sich, wie Sie sagten, gute Gewohnheiten aneignen, sondern auch wegen ihres Einflusses auf ihre Eltern. Folglich ist die Erziehung der Kinder zu mehr Umweltbewusstsein eine sehr gute Investition.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 46 von Antonis Samaras (H-0159/07)

Betrifft: Anerkennung von Hochschulabschlüssen

Der Prozess von Bologna sowie das im norwegischen Bergen unterzeichnete Protokoll über die Anerkennung von Studienabschlüssen europäischer Hochschulen sehen vor, dass die Mitgliedstaaten eine Liste der Universitäten aufstellen, deren Abschlüsse nicht ohne weitere Verfahren anerkannt werden. Solche Listen liegen noch nicht vor, weshalb beim Europäischen Parlament zahlreiche Petitionen eingehen und die Bürger sich um die Zukunft ihrer Kinder sorgen. Was ist auf Gemeinschaftsebene vorgesehen und welche Maßnahmen müssen die Mitgliedstaaten ergreifen, um den Auflagen der Europäischen Union nachzukommen? Wird die Kommission weitere Maßnahmen in diesem Bereich vorschlagen?

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Eine Konferenz der europäischen Hochschulminister, auf die sich der Herr Abgeordnete bezieht, fand in Bergen am 19. und 20. Mai 2005 statt. Das Kommuniqué dieser Konferenz sieht keine Liste der Universitäten vor, deren Abschlüsse nicht anerkannt werden.

Die gleiche Feststellung gilt für den Bologna-Prozess insgesamt, wenngleich sich dieser Prozess außerhalb des Gemeinschaftsrahmens entwickelt hat.

Ganz allgemein möchte die Kommission, was die akademische Anerkennung der in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Abschlüsse betrifft, auf die Bestimmungen in Artikel 149 des Vertrags verweisen, wonach die Gestaltung des Bildungssystems in die Verantwortung der Mitgliedstaaten fällt. Die akademische Anerkennung wird somit durch das interne Recht jedes Mitgliedstaates geregelt.

Im Übrigen erinnert die Kommission daran, dass mit Hilfe der Europäischen Union ein Informationsnetz für die Anerkennung der Abschlüsse – NARIC – aufgebaut wurde, das über Büros in allen Mitgliedstaaten verfügt. Interessierte Bürger können sich an diese Büros wenden, um zuverlässige Informationen über die Art und den Wert der von den jeweiligen europäischen Hochschulen vergebenen Abschlüsse zu erhalten.

Des Weiteren nahm die Kommission am 5. September 2006 einen Vorschlag für eine Empfehlung zur Schaffung eines europäischen Qualifikationsrahmens (European qualification framework – EQF) an. Wenngleich er nicht verbindlich ist, fordert dieser Vorschlag, der derzeit im Rat und im Parlament zur Beratung ansteht, die Mitgliedstaaten auf, die Entsprechungen zwischen den verschiedenen Qualifikationsniveaus herzustellen.

Das ist die Antwort, die Herr Figuel' für Sie vorbereitet hat, und ich danke Ihnen nochmals für Ihre Frage.

 
  
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  Antonis Samaras (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Vielen Dank für Ihre Antwort, gegen die ich grundsätzlich nichts einzuwenden habe. Dennoch möchte ich betonen, dass für den Bologna-Prozess und das Bergen-Protokoll unbedingt ein präziserer Umsetzungszeitplan erarbeitet werden muss.

Ich möchte noch einmal auf das zurückkommen, was Sie eben gesagt haben. Die Kommission hat also die Ausarbeitung eines europäischen Rahmens für Studienbescheinigungen vorgeschlagen, der jedoch nicht rechtlich verbindlich ist, sondern auf freiwilliger Basis funktionieren soll. Welcher Zeitplan ist dafür vorgesehen und welche Konsequenzen drohen den Ländern, die sich nicht daran halten? Anders gesagt, beabsichtigen Sie, eine Richtlinie vorzulegen? Ansonsten müssen die Länder, die sich nicht daran halten, ins Abseits gedrängt werden, und ich hoffe, dass diese Länder dann auch wirklich ins Abseits geraten.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Ja, Herr Samaras, die Kommission kann auf Fortschritte verweisen, aber jetzt steht der Dialog mit dem Parlament und dem Europäischen Rat auf der Tagesordnung. So hoffen wir die Dinge in der von Ihnen angegebenen Richtung voranbringen zu können. Soweit meine Antwort dazu; Herr Figel' wird Ihnen das gegebenenfalls sicher gern schriftlich bestätigen.

 
  
  

Zweiter Teil

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 47 von Marc Tarabella (H-0079/07)

Betrifft: Nichtanwendung der Verordnung Nr. 261/2004 über die Rechte der Fluggäste im Fall von Überbuchung, Annullierung oder Verspätung von Flügen

In ihrer Antwort auf meine mündliche Anfrage H-0697/06 vom 26. September 2006 hatte sich die Kommission verpflichtet, vor Ende Januar 2007 dem Europäischen Parlament und dem Rat eine Mitteilung über das Funktionieren der Verordnung (EG) Nr. 261/2004(1) über die Rechte der Fluggäste vorzulegen. Inzwischen hat die Verwirrung noch weiter zugenommen, da sich die Fluggesellschaften erneut weigern, die Klauseln über die Ausgleichsleistungen anzuwenden.

Darüber hinaus hat der Europäische Bürgerbeauftragte die in dem von der Kommission an die Fluggäste verteilten Informationsmaterial enthaltenen ungenauen Angaben scharf kritisiert.

Wann und wie gedenkt die Kommission dieser konfusen Situation ein Ende zu setzen, in der die Bürger aufgrund der mangelnden Klarheit des Textes sowie der Weigerung der Kommission und der Mitgliedstaaten, den Fluggesellschaften Sanktionen aufzuerlegen, nach wie vor Nachteile erleiden?

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Die Kommission beabsichtigt, die Mitteilung betreffend die Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 261/2004, die auf der Grundlage der Ergebnisse einer unabhängigen Studie erarbeitet wird, im April 2007 zu verabschieden.

Was den Empfehlungsentwurf des Europäischen Bürgerbeauftragten zu den verbreiteten Informationsmitteln betrifft, bestätigt die Kommission ihren in der Antwort auf die Anfrage P-140/07 des Herrn Abgeordneten formulierten Standpunkt. Sie hat bis Ende März Zeit, den Empfehlungsentwurf des Bürgerbeauftragten zu kommentieren.

Darüber hinaus ist die Kommission dabei, die Informationsmittel zu den Fluggastrechten zu aktualisieren, nachdem neue gemeinschaftliche Rechtsvorschriften in diesem Bereich in Kraft getreten sind.

Die Kommission bereitet somit ein neues Plakat über Fluggastrechte vor, das zunächst den Fluggesellschaften und den nationalen Kontrollgremien zur Stellungnahme vorgelegt werden soll. Die Vorbereitungsarbeiten hatten bereits begonnen, bevor der Entwurf der Schlussfolgerungen des europäischen Bürgerbeauftragten vorlag. Dieses neue aktualisierte Plakat wird insbesondere Informationen für Fluggäste mit eingeschränkter Mobilität, die Liste der Beförderungsunternehmen, die in der Gemeinschaft mit einem Betriebsverbot belegt wurden und Angaben zur Identität des tatsächlichen Beförderers enthalten

Die als nicht exakt angesehenen Informationselemente wurden bereits von der Europa-Website der Kommission gelöscht. Wir befinden uns da aus meiner Sicht genau auf der gleichen Wellenlänge mit der Empfehlung des Europäischen Bürgerbeauftragten.

 
  
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  Marc Tarabella (PSE).(FR) Ich freue mich über Ihre Antwort und bitte um Entschuldigung, wenn ich auf einen Punkt noch einmal zurückkomme. Ich stelle mit großer Besorgnis fest, dass die Kommission trotz all Ihrer Anstrengungen nicht in der Lage ist, die Einhaltung der Verordnung durchzusetzen: So weigern sich die Fluggesellschaften beispielsweise, die vorgesehenen Entschädigungen zu zahlen, und die mit der Kontrolle der Anwendung der Verordnung beauftragen nationalen Gremien nehmen ihre Rolle nicht wahr, ohne dass dies irgendwelche Sanktionen nach sich zieht.

Kommt es nicht einer Bankrotterklärung der Kommission gleich, wenn beispielsweise eine Verbraucherorganisation zusammen mit einem Reisesveranstalter die Entschädigungszahlungen für Hunderte von Fluggästen festlegen muss, die in Belgien festsaßen, wie dies in den letzten Weihnachtsfeiertagen der Fall war? Glauben Sie, dass die Kommission nach Ihren Anpassungen künftig besser in der Lage sein wird, auf mögliche Problemfälle in diesem Bereich zu reagieren?

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Seien Sie versichert, Herr Tarabella, dass ich Ihre Worte sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen habe. Ich erhalte selbst Post von Privatpersonen, die über Fälle der Nichtanwendung der Vorschriften berichten. Wenn uns die Ergebnisse des vorgenommenen Audits vorliegen, werde ich meinen Druck auf die Mitgliedstaaten erhöhen, denn ich erinnere daran, dass nunmehr auch die Mitgliedstaaten die Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen überwachen müssen.

Sie verweisen mit vollem Recht auf die Notwendigkeit, die Fluggastrechte konkret umzusetzen. Wir haben die nationalen Kontrollgremien bereits mehrfach zusammengerufen, und ich bin fest entschlossen, den Willen der Kommission mit allem Nachdruck deutlich zu machen, dass die Mitgliedstaaten sich schrittweise dieses Problems annehmen, um geeignete Lösungen zu finden.

 
  
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  Reinhard Rack (PPE-DE). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Es ist wichtig, dass die Mitgliedstaaten die Rechte der Passagiere in dieser Verordnung stärken. Es geht aber auch darum, dass wir offensichtlich beim damaligen Text ein paar Dinge für die Fluggesellschaften zu praktikabel gemacht haben.

Zum einen: Wir haben keine finanziellen Entschädigungen für Verspätungen vorgesehen, und zum anderen haben wir das Problem, dass die Vorschriften über höhere Gewalt so gefasst sind, dass die Fluggesellschaften allzu häufig den Passagier mit dem Hinweis abspeisen, sie könnten nichts dafür, es handele sich um einen Fall höherer Gewalt, wo in Wirklichkeit nur eine schlechte Buchungslage gegeben war. Können wir daran etwas ändern?

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Rack, ich sagte gerade, dass ein Audit bei einer vollkommen unabhängigen Einrichtung in Auftrag gegeben wurde, damit wir einen exakten Überblick erhalten. Dann werden wir sehen, wie wir die Mitgliedstaaten und auch die Fluggesellschaften mobilisieren können. Ich glaube, dieses Jahr 2007 muss auf die effektive Umsetzung der Fluggastrechte ausgerichtet sein. Ich mache das zu meinem persönlichen Anliegen.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE). – Ich möchte auch zum selben Thema etwas sagen. Ich habe gerade in letzter Zeit sehr viele Schreiben und E-Mails bekommen, die insbesondere darauf hinweisen, dass die Implementierung derzeit überhaupt noch nicht gut funktioniert. Ich möchte mich dem Kollegen Rack anschließen in dem Sinne, dass es scheinbar auch notwendig ist, gewisse Dinge nicht nur besser umzusetzen, sondern zu ändern. Gerade hinsichtlich des Problems, dass ständig Flugzeuge, die nicht ausgebucht sind, einfach aufgrund höherer Gewalt ausfallen, bedarf es meines Erachtens einer strengeren Gesetzgebung, und nicht nur einer Implementierung. Es würde mich interessieren, was Sie diesbezüglich zu unternehmen gedenken.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Ich sichere Ihnen zu, Herr Leichtfried, alles zu tun, damit diese Situation, die ich ebenso bedauere wie Sie, sich bereits in diesem Jahr deutlich verändern wird.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 48 von Bernd Posselt (H-0087/07)

Betrifft: Magistrale für Europa

Ab 10. Juni 2007 fährt der TGV Est in 2 Stunden 20 Minuten von Paris nach Straßburg. Warum endet der TGV dann in Stuttgart und wird nicht nach München weitergeführt, und welche Maßnahmen plant die Kommission insgesamt, um auch den östlichen Teil der Magistrale für Europa endlich zu verwirklichen, wie in den Transeuropäischen Netzen vorgesehen?

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Die Eisenbahnverbindung Paris-Straßburg-Stuttgart-Wien-Bratislava gehört zu den 30 vorrangigen Projekten des transeuropäischen Verkehrsnetzes.

Ab 10. Juni wird mit der Eröffnung einer neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke über 300 Kilometer zwischen Paris und Baudrecourt in Lothringen eine neue kommerzielle Verbindung zwischen Frankreich und Deutschland in Betrieb genommen. Dieser Abschnitt ist Teil dieses vorrangigen Projekts. Die Strecke soll am Donnerstag, dem 15. März, eingeweiht werden.

Der neue kommerzielle Betrieb sieht ab 10. Juni 2007 vier Hin- und Rückfahrten pro Tag zwischen Paris und Stuttgart vor. Mit dem Fahrplanwechsel Anfang Dezember 2007 ist die Verlängerung bis München vorgesehen. Der Verkehr erfolgt dann auf der bestehenden Strecke zwischen Stuttgart und München.

Wie Sie wissen, verfolgt die Kommission aufmerksam die Modernisierung der Streckenabschnitte zwischen Stuttgart und Ulm. Sie ernannte im Juli 2005 Peter Balazs zum europäischen Koordinator für diese Strecke, der einen ersten, am 13. September 2006 veröffentlichten Tätigkeitsbericht vorlegte. Besonderen Vorrang räumt der Koordinator dem Engpass Stuttgart-Ulm ein, den es unbedingt zu beseitigen gilt.

Darüber hinaus kofinanziert die Kommission bereits die Teilstrecken zwischen Augsburg und München, deren Inbetriebnahme teils im Jahr 2008 und teils im Jahr 2010 vorgesehen ist.

Ich kann Ihnen sagen, Herr Posselt, dass der Koordinator und die Kommission die Projektierungs- und Bauarbeiten für die Strecke zwischen Straßburg, Kehl und Appenweyer, d. h. der Verbindung des französischen und des deutschen Netzes mit der Brücke von Kehl, auf die man seit so vielen Jahren wartet, sehr genau verfolgen. Ich bin ziemlich optimistisch. Meiner Meinung nach kommen wir da gut voran, und dieses Projekt, dem Peter Balazs große Aufmerksamkeit widmet, scheint mir auf dem richtigen Wege zu sein, wenn ich das so sagen darf.

 
  
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  Bernd Posselt (PPE-DE). – Herr Kommissar! Vielen Dank nicht nur für die ausgezeichnete Antwort: Ohne Sie und Herrn Balazs wäre die Sache nie so hervorragend vorangekommen. Sie hat jahrzehntelang geschlafen und Sie haben wirklich Schwung hineingebracht. Meine kurze Zusatzfrage bezieht sich auf die Mühldorfer Spange nach Salzburg und darauf, wie hier die Arbeiten zwischen München und Salzburg vorangehen.

Der zweite Punkt den ich anschneiden wollte, bezieht sich auf die Fahrpläne: Zum Beispiel gibt es jetzt eine ICE-Frühverbindung von Wien nach München, und wenn man dann in München ankommt, ist der Zug nach Straßburg gerade abgefahren. Ich weiß, dass Sie nicht für die Fahrpläne zuständig sind, aber bitte sprechen Sie mit den Bahngesellschaften, damit derartige Schildbürgerstreiche endlich beendet werden.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Professor Balazs bereitet derzeit zwei Studien zu den Strecken Stuttgart-Ulm und München-Salzburg vor, denn nach seiner Einschätzung fehlt bislang ein ganzheitlicher Ansatz für die Realisierung dieser Streckenabschnitte.

Der Abschnitt Stuttgart-Ulm ist Gegenstand einer Planung, die nun abgeschlossen ist. Es kam zu Verzögerungen aufgrund des Fehlens klarer Positionen seitens der drei deutschen Beteiligten – Bund, Land und Deutsche Bahn – bezüglich möglicher alternativer Streckenführungen sowie aufgrund einer unzureichenden öffentlichen Finanzierung.

Peter Balazs hält ständigen Kontakt zu den beteiligten deutschen Seiten, er verfolgt die Projektierungsarbeiten, und wir erwarten nun eine Klärung der deutschen Position, um die Gemeinschaftsposition festzulegen. Seien Sie versichert, Herr Posselt, dass mir das Projekt sehr am Herzen liegt. Im Übrigen bereite ich derzeit ein Schreiben an die deutschen und österreichischen Betreiber bezüglich der Fahrpläne zwischen beiden Ländern vor.

Das war es, was ich Ihnen sagen wollte, Herr Abgeordneter, wobei ich meine Entschlossenheit in dieser wichtigen Angelegenheit nochmals bekräftige.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). – Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kommissar, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Strecke zwischen Wien und Bratislava ist ein besonderes Anliegen in einem neuen Mitgliedstaat wie der Slowakei, zumal hier zwei Flugplätze miteinander verbunden werden können, was natürlich eine große Wirkung auf die regionalspezifische Entwicklung hätte. Wie sieht es mit dieser Strecke zwischen Wien und Bratislava und insbesondere zwischen den beiden Flughäfen aus? Es scheinen ja wohl drei verschiedene Routen zur Debatte zu stehen.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Es fällt mir sehr schwer, zu einem so präzisen Punkt zu antworten. Ich schlage daher vor, Herr Abgeordneter, dass ich Ihnen schriftlich antworte, denn ich muss mich bezüglich der Strecke Wien-Bratislava erst einmal bei Herrn Balazs genauer informieren. Bereits jetzt kann ich Ihnen sagen, dass Herr Balazs auch dieser Frage große Aufmerksamkeit schenkt und dass er die notwendigen Kontakte zu der österreichischen und der slowakischen Regierung aufgenommen hat. Wenn es Ihnen recht ist, würde ich es jedoch vorziehen, Ihnen schriftlich zu antworten, um Ungenauigkeiten zu vermeiden.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE). – Ich habe eine eher generelle Frage zu diesem Thema: Die Strecken des Transeuropäischen Netzes sind ja schon seit längerer Zeit festgelegt. Nun hat man das Gefühl, dass einige durchaus betrieben werden, andere aber von den Mitgliedstaaten, wenn nicht komplett vernachlässigt, so doch zumindest nicht gebaut werden. Deshalb würde mich interessieren, ob es in Zukunft ein System geben könnte, das diejenigen Streckenbetreiber belohnt, die wirklich bauen und effizient bauen, damit sie also unter Umständen eher in den Genuss von Fördermitteln kommen als jene, die zwar zum TEN gehören, aber überhaupt nicht aktiv werden. Deshalb die Frage: Wie wird das in Zukunft mit der Festlegung der TEN-Strecken aussehen?

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Zunächst, Herr Leichtfried, muss das Parlament die Regeln für die Finanzierung des transeuropäischen Netzes verabschieden, was wie ich glaube, in Kürze geschehen dürfte. Dann werden wir die verschiedenen Mitgliedstaaten auffordern, uns Vorschläge zu unterbreiten. Wenn uns im Herbst all diese Vorschläge vorliegen, können wir die ersten Prioritäten festlegen, wobei die von den verschiedenen Mitgliedstaaten übernommenen Verpflichtungen zu berücksichtigen sind.

Natürlich wäre, wenn mir ein Budget von 20 Milliarden Euro für den Zeitraum 2007-2013 zur Verfügung stünde, die Aufgabe leichter zu bewältigen als mit den 8 Milliarden, über die ich tatsächlich verfüge. Ich glaube jedoch, dass wir dort, wo ein Wille seitens der Mitgliedstaaten besteht, diesen Willen unterstützen könnten. Im Wesentlichen liegt die Entscheidung allerdings bei den Mitgliedstaaten, und deshalb müssen Sie darauf hinwirken, dass die einzelnen Regierungen diesen transeuropäischen Netzen Priorität einräumen. Soviel kann ich beim gegenwärtigen Stand der Dinge sagen.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 49 von Dimitrios Papadimoulis (H-0091/07)

Betrifft: Gerichtsentscheidung betreffend die Verrechnung von Schulden der öffentlichen Hand Griechenlands gegenüber Olympic Airways (OA)

Die Kommission hat in ihrer jüngsten Antwort auf meine schriftliche Anfrage E-5051/06 erklärt, dass alle der Olympic Airways bis 2002 geschuldeten Gelder in der Entscheidung von 2002 berücksichtigt worden seien. Durch diese Antwort und das Schiedsgerichtsurteil, mit dem Olympic Airways die Summe von 580 Millionen Euro zugesprochen wurde – als Kompensation für nur einen Teil der Schulden des griechischen Staates gegenüber der Fluggesellschaft sowie für Schulden, die aus den Rechnungsbüchern des Unternehmens hervorgehen, – wird die Kommission in eine schwierige Lage gebracht, da offenbar die aufeinander folgenden griechischen Regierungen der Olympic Airways im Laufe der Jahre enorme Schulden aufgebürdet haben, die sie nicht anerkennen wollen, während die Europäische Union „ihre Hände in Unschuld gewaschen hat“, indem sie die von diesen Regierungen vorgelegten Informationen angeblich als korrekt akzeptierte. Da die ungeklärten Fragen bezüglich der Europäischen Union das Unternehmen an Investitionen hindern, die für die Wahrnehmung seiner Tätigkeit als Luftfahrtgesellschaft nötig wären, wird die Kommission um Mitteilung darüber gebeten, ob sie ihre Erklärung definitiv bestätigen kann, wonach die tatsächlichen Schulden des griechischen Staats gegenüber Olympic Airways im Rahmen der Durchführung der Sanierungsprogramme verrechnet worden sind? Welche Initiativen gedenkt sie zu ergreifen, um die Rückforderung von „Beihilfen“ zu stoppen, die gemäß dem Gerichtsurteil bereits berücksichtigt sind?

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Die Kommission hat die Entscheidung des Schlichtungspanels vom 13. Juli 2006 zu öffentlichen Dienstleistungsverpflichtungen sowie die Entscheidung vom 6. Dezember 2006 zum Umzug von Olympic Airways auf den internationalen Flughafen Athen Spata zur Kenntnis genommen.

Die Kommission arbeitet diesbezüglich mit den nationalen griechischen Behörden zusammen, um die rechtliche Stellung ihrer Beihilfen und der vom Gemeinschaftsrecht abgedeckten Kosten insbesondere der früheren Entscheidungen zu ermitteln. Es obliegt den griechischen Behörden, der Kommission nachzuweisen, dass die fraglichen Summen nicht in den vorhergehenden Entscheidungen zu staatlichen Beihilfen berücksichtigt wurden und voll vereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht sind.

Ansonsten weist die Kommission die unbegründeten Behauptungen hinsichtlich ihrer vorhergehenden Entscheidungen zurück, die nach gründlichen und detaillierten Nachprüfungen sowie nach Aufforderung aller Betroffenen durch die Veröffentlichung einer entsprechenden Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Union aufgefordert worden waren, sich dazu zu äußern. So viel kann ich auf die von Herrn Papadimoulis gestellte Frage antworten.

 
  
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  Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL).(EL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Vielen Dank für Ihre Antwort, aber könnten Sie bitte etwas konkreter werden. Hat das griechische Gericht der Olympic Airways die 550 Millionen Euro zugesprochen oder nicht? Ich erwarte eine klare Antwort. Beabsichtigt die Kommission, die endgültige Entscheidung des Gerichts anzufechten? Liegen der Kommission Beweise vor, wonach die Schulden des Staates gegenüber der Olympic Airways in der Vergangenheit verrechnet wurden? Und was meinen Sie mit „unbegründete Anschuldigungen“? Sind Sie der Ansicht, dass die Entscheidung des griechischen Gerichts auf unbegründeten Anschuldigungen beruht? Auf wen beziehen Sie sich, wenn Sie von „unbegründeten Anschuldigungen“ sprechen?

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Worauf es ankommt, Herr Papadimoulis, ist zunächst die Feststellung, dass diese schwierige Angelegenheit von Olympic Airways mit aller erforderlichen Sorgfalt behandelt wird. Ich gestatte mir, auf diesen Punkt besonders hinzuweisen, denn es gibt wirklich keinen Grund, diese Angelegenheit nicht mit der erforderlichen Sorgfalt zu behandeln.

Es wurden zwar in der Presse Behauptungen zu den vorhergehenden Entscheidungen verbreitet, in denen die Begründetheit dieser Entscheidungen in Frage gestellt wurde, obwohl diese nach gründlichen Ermittlungen getroffen wurden.

Die Kommission behandelt Griechenland wie alle anderen Mitgliedstaaten. Und die Gesellschaft Olympic Airways muss genau so wie alle anderen Fluggesellschaften behandelt werden. Mit der Entscheidung der Kommission vom Dezember 2002 war Griechenland verpflichtet worden, eine in der Entscheidung genannten Beihilfesumme zurückzufordern, was nicht geschehen ist. In einer weiteren negativen Entscheidung vom September 2005 wurde festgestellt, dass eine weitere Beihilfe an Olympic Airways gewährt worden war. Da Griechenland seitdem keinerlei Rückforderungsmaßnahmen eingeleitet hat, war die Kommission verpflichtet, ein Gerichtsverfahren gegen Griechenland einzuleiten.

Wenn die griechischen Behörden ihren Verpflichtungen nachkommen, wird diese Klage nicht weiterverfolgt. Die finanziellen Probleme, mit denen Olympic Airways zu kämpfen hat, sind leider kein Einzelfall, und sie sind keinesfalls die Folge der Maßnahmen der Kommission, insbesondere nicht der Klage vor dem Gerichtshof.

Die Kommission achtet schlicht und einfach darauf, dass die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln eingehalten werden. Soweit meine Antwort auf Ihre Frage, wobei ich Ihnen versichern kann, dass ich meine Dienststellen angewiesen habe, diese Angelegenheit objektiv und mit höchster Sorgfalt zu bearbeiten.

 
  
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  Georgios Papastamkos (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! In dem Vorschlag für eine Verordnung – ich wiederhole: in dem Vorschlag für die Verordnung Nr. 659/1999 – wurde vorgesehen, dass die Anfechtung einer Entscheidung über die Rückforderung staatlicher Beihilfen vor einem nationalen Gericht nicht dazu führen kann, dass die Erstattung der Beihilfen vorübergehend ausgesetzt wird. Davon ist jedoch in Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung Nr. 659/1999 überhaupt nicht mehr die Rede. Auf welche Grundlage stützt also der Kommissar seinen Standpunkt, dass Anhörungen vor einem nationalen Gericht keine aufschiebende Wirkung haben, wenn es um staatliche Beihilfen geht?

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Angesichts der Gerichtsentscheidungen kann ich Ihnen nur den Willen bekräftigen, das Gemeinschaftsrecht durchzusetzen. Die Gerichtsentscheidung ist ein neuer Faktor, den wir gegenwärtig analysieren, und Griechenland muss die Vereinbarkeit der von ihm ergriffenen Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht nachweisen. Ich kann Ihnen wirklich nur versichern, dass ich in diesem Bereich sehr darauf achte, die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften einzuhalten, und dass, wie ich wiederholen möchte, mir viel an ihrer genauen und angemessenen Anwendung liegt.

 
  
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  Die Präsidentin. – Die Anfragen Nr. 50, 52 und 53 werden schriftlich beantwortet.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 54 von Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (H-0144/07)

Betrifft: Zusammenarbeit mit Nachbarländern im Verkehrssektor – insbesondere im Mittelmeerraum

Am 31. Januar 2007 verabschiedete die Kommission eine Mitteilung über „Leitlinien für den Verkehr in Europa und den Nachbarregionen“. Darin werden strategische Basisleitlinien für die Reform der paneuropäischen Verkehrszonen und „Korridore“ sowie fünf Hauptverkehrsachsen zur Anbindung der EU an die Nachbarländer festgelegt – und zwar unter Berücksichtigung der neuen geopolitischen Gegebenheiten nach der erneuten Erweiterung.

Ist die Kommission der Auffassung, dass von den 30 Vorschlägen für prioritäre paneuropäische Verkehrsnetze zunächst die besagten fünf Verkehrsachsen vorangetrieben werden müssen – und dabei insbesondere die nachstehenden drei wichtigen Verkehrsachsen im Mittelmeerraum: a) die Seeverkehrsachsen im Mittelmeer b) die Nord-Süd-Achse/EU-Balkan-Türkei-Naher Osten-Ägypten-Rotes Meer und c) die südöstliche Verkehrsachse/EU-Maghreb-Ägypten)?

Beabsichtigt die Kommission, konkrete Initiativen zu ergreifen, um die prioritären Projekte im Rahmen der oben genannten drei Hauptverkehrsachsen im Mittelmeerraum zu fördern? Wird ab 2007 das Europäische Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENPI) die Nachbarländer mit Darlehen bei Projekten in prioritären Bereichen sowie bei horizontalen Maßnahmen finanziell unterstützen? Kann die Kommission mitteilen, in welcher Höhe Beihilfen aus diesem Instrument vorgesehen sind und welcher Anteil davon für die notwendigen Maßnahmen im Mittelmeerraum gedacht ist? Wie sind die Partnerschaftsländer – neben den europäischen und internationalen Finanzinstrumenten – hier beteiligt?

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Bevor ich das Wort Herrn Potočnik überlasse, möchte ich in Beantwortung auf die letzte Frage von Frau Kratsa Tsagaropoulou den Unterschied zwischen den vorrangigen TEN-Vorhaben und den grenzübergreifenden Verkehrsachsen klarstellen. 2004 haben das Europäische Parlament und der Rat eine Entscheidung zur Änderung der Leitlinien für die transeuropäischen Netze für das Gebiet der EU-27 angenommen. Damit werden die Investitionen auf 30 grenzübergreifende Verkehrsachsen und vorrangige Vorhaben konzentriert.

Wie Sie wissen, Frau Kratsa Tsagaropoulou, beträgt das TEN-Budget 8 Milliarden Euro, und dieser Betrag reicht nicht aus, um alle vorrangigen Vorhaben in ihrer Gesamtheit zu kofinanzieren. Daher müssen die Haushaltsmittel auf die grenzübergreifenden Abschnitte und die Engpässe, d. h. die Vorhaben mit dem größten europäischen Nutzen, konzentriert werden.

In der Mitteilung werden weiterhin fünf Hauptverkehrsachsen genannt, die die Europäische Union mit ihren Nachbarn verbinden. Mit diesen fünf Verkehrsachsen ändert sich nichts an den für die transeuropäischen Verkehrsnetze innerhalb der Union festgelegten Prioritäten. Die Mitteilung beruht auf dem Konzept der europäischen Nachbarschaftspolitik. Diese wurde mit dem Ziel konzipiert, das Entstehen neuer Trennlinien zwischen der Europäischen Union und ihren Nachbarn im Rahmen des Beitritts bzw. einer engeren Zusammenarbeit zu verhindern.

Die euromediterrane Zusammenarbeit im Verkehrsbereich ist vom Beginn des Barcelona-Prozesses an als eine der Prioritäten der Zusammenarbeit im Rahmen der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft festgelegt worden. Sie stützt sich auf das Europa-Mittelmeer-Verkehrsforum und dessen Arbeitsgruppen. Gegenwärtig steht ein Finanzvolumen in der Größenordnung von 200 Millionen Euro zur Finanzierung der im Rahmen der euromediterranen Zusammenarbeit im Verkehrsbereich entwickelten Maßnahmen zur Verfügung. Dabei geht es insbesondere um die Durchführbarkeitsstudien für zehn Infrastrukturvorhaben auf den euromediterranen Hauptverkehrsachsen.

Die Gesamtkosten für die im Rahmen der euromediterranen Zusammenarbeit vorgesehenen Vorhaben belaufen sich bis 2020 auf 23 Milliarden Euro für den Mittelmeerraum. Natürlich bleiben im Verkehrssektor die nationalen Haushaltsmittel ausschlaggebend, insbesondere für die Wartung der bestehenden Netze, aber auch für kritische Investitionen insbesondere auf grenzübergreifender Ebene.

Die Gemeinschaft wird diese Maßnahmen weiterhin wie in der Vergangenheit durch technische Hilfe sowie durch Hilfe zur Verbesserung der Verwaltungskapazität unterstützen. In bestimmten Fällen könnte die Unterstützung sich auch auf Investitionen für kritische, insbesondere grenzübergreifende Infrastrukturen oder auf horizontale Schlüsselmaßnahmen erstrecken.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie darauf hinweisen, dass die neuen Mandate der Europäischen Investitionsbank eine Gemeinschaftsgarantie vorsehen, die es dieser Bank ermöglichen soll, im Zeitraum 2007-2013 bis zu 8,7 Milliarden Euro Darlehen an die Mittelmeerländer zu vergeben. Ich wiederhole: 8,7 Milliarden Euro Darlehen! Das ist keine Kleinigkeit.

Des Weiteren sehen die meisten nationalen Richtprogramme bereits Finanzmittel zur Zinsverbilligung vor, um die Darlehensgewährung durch die Europäische Investitionsbank oder andere Entwicklungsbanken zu erleichtern.

Die Kommission hat ebenfalls die Absicht, einen Investitionsfonds zugunsten der europäischen Nachbarschaftspolitik in Höhe von 700 Millionen Euro Zuwendungen für den Zeitraum 2007-2013 aufzulegen. Mit diesem Fonds sollen die von der Europäischen Investitionsbank oder anderen europäischen Entwicklungsbanken gewährten Kredite insbesondere für den Verkehrs-, den Energie- und den Umweltsektor unterstützt werden.

Diese enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission und der Europäischen Investitionsbank sowie den anderen Gebern muss sowohl im regionalen als auch im globalen Rahmen verstärkt werden. Die öffentlich-privaten Partnerschaften sind ein viel versprechendes Instrument, um in wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Hinsicht nutzbringende Infrastrukturprojekte zu verwirklichen.

Zur Umsetzung des in der Mitteilung vorgeschlagenen Pakets wird sich die Kommission für ein etappenweises Vorgehen entscheiden, um den Rahmen für die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den Nachbarländern zu verstärken. Ab 2007 wird die Kommission vorbereitenden Gespräche mit den Nachbarländern führen, um gemeinsam wirksame strukturierte Koordinierungsrahmen festzulegen, die einer aktiven und abgestimmten Durchführung der Maßnahmen auf den Verkehrsachsen dienen sollen. Ich hoffe, dass die Kommission im Ergebnis dieser Gespräche einen konkreten Vorschlag vorlegen wird. Weiterhin hoffe ich, im Herbst 2007 einen Halbzeitbericht vorlegen zu können.

 
  
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  Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin! Ich möchte dem Kommissar für seine Auskünfte über die EU-Strategie und die Verantwortung der Partnerländer und ihre Beteiligung danken.

Ist dem Kommissar bekannt, in welcher Reihenfolge all diese Pläne umgesetzt werden, oder sollen sie alle parallel laufen? Werden Sie uns im Herbst über die allgemeinen Fortschritte Bericht erstatten?

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Ich möchte mich bereits vorab bei Frau Kratsa Tsagaropoulou entschuldigen, denn meine Antwort wird heute nicht vollständig ausfallen. Ich denke in der Tat, dass diese Arbeit fortgeführt werden muss, damit ich im Herbst die Prioritäten festlegen kann.

Ihre Frage war vollkommen berechtigt. Wir verfügen damit über ein gutes Dokument. Jetzt müssen wir damit beginnen, die Prioritäten vorzubereiten, die wir im Rahmen dieser Politik des Ausbaus der transeuropäischen Netze setzen wollen, an der Frau Loyola de Palacio selbst viel gearbeitet hatte. Ich hoffe sehr, dass all diese Arbeit zu einem konkreten Ergebnis führen wird, und ich werde nicht versäumen, Frau Kratsa, Sie eingehend über die Entwicklung unserer Überlegungen und unserer Vorschläge zu informieren.

 
  
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  Die Präsidentin. – Vielen Dank, Herr Kommissar.

Die Anfrage Nr. 55 wird schriftlich beantwortet.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 56 von Danute Budreikaitė (H-0112/07)

Betrifft: Neue Energiequellen

Bei der „Michelin Challenge Bibendum“, einer Rallye für ökologische Autos, in Shanghai wurde unter 150 Versuchsfahrzeugen eines namens „Habo“ vorgestellt, das nicht mit Benzin, sondern mit Wasserstoffperoxid betrieben wird, das bei der Reaktion mit Wasser Sauerstoff freisetzt.

Auf den Straßen der USA fahren bereits Dutzende mit Wasserstoff betriebener Lastkraftwagen. Viel erreicht auf diesem Gebiet hat Kanada. Die japanische Firma „Honda“ wird offenbar in drei bis vier Jahren mit der Serienproduktion wasserstoffbetriebener Kraftfahrzeuge beginnen.

Kann die Kommission mitteilen, wie sich das Programm für die Erzeugung von Kraftstoff aus Wasserstoff im Siebten Rahmenprogramm der Gemeinschaft für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (2007-2013) widerspiegelt und welche Ergebnisse erzielt wurden?

 
  
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  Janez Potočnik, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Die Kommission ist sich der bedeutenden Rolle, die Wasserstoff- und Brennstoffzellen für den erfolgreichen Übergang zu einem nachhaltigeren Energiesystem spielen, vollständig bewusst. Ihr ist klar, dass der Schwerpunkt auf der Entwicklung liegt, der Entwicklung von Prozessen, die die erforderlichen Mengen an Wasserstoff in einer Weise bereitstellen, welche eine Nettosenkung von Treibhausgasemissionen bewirkt und ökologisch nachhaltig ist.

Der Großteil des Wasserstoffs soll zunächst aus fossilen Brennstoffen gewonnen werden, wobei zunächst keine Kohlendioxidabsonderung und -sequestrierung vorgesehen ist, die aber mittelfristig eingeführt werden soll. Langfristig soll Wasserstoff aus kohlenstofffreien und kohlenstoffarmen Quellen erzeugt werden. Bei Projekten im Rahmen des fünften und sechsten Rahmenprogramms wurde geprüft, inwiefern sich Wasserstoff als Energieträger auf globaler Ebene eignet. Gleichzeitig wurden viele unterschiedliche Möglichkeiten für die Erzeugung und Verwendung von Wasserstoff untersucht und wirtschaftliche, soziale und ökologische Stellungnahmen zu verschiedenen Optionen analysiert. Das RP 6 sieht für die Forschung und Demonstration im Bereich Wasserstoff- und Brennstoffzelle über 300 Millionen Euro vor. Etwa 20 % der Aktivitäten betreffen die Wasserstofferzeugung auf kurzem Wege wie z. B. mittels Hochleistungselektrolyse sowie mithilfe langfristiger Verfahren wie etwa biologischer und photoelektrochemischer Verfahren. Die technische Forschung wird durch sozioökonomische Untersuchungen und Demonstration ergänzt.

Gestatten Sie mir, Ihnen einige praktische Beispiele zu geben. Mit dem fünften Rahmenprogramm unterstützte die Kommission das CUTE/ECTOS-Programm, in dessen Rahmen 30 mit Wasserstoff-Brennstoffzellen betriebene Busse und entsprechende Wasserstoffinfrastrukturen als Demonstrationsprojekte in zehn europäischen Städten eingesetzt wurden. Diese Technologie konnte damit ihre Glaubwürdigkeit als Alternative zu Benzin und Diesel nachweisen. Das RP 6 sah einen Ausbau dieser Aktivitäten vor. So werden im Rahmen eines Demonstrationsprojekts der Initiative „Wasserstoff für den Verkehr“ 200 wasserstoffbetriebene Fahrzeuge, u. a. Busse, PKW und kleine Spezialfahrzeuge, eingesetzt.

Ein weiteres Beispiel für ein aus dem sechsten Rahmenprogramm finanziertes Vorhaben, dessen Ergebnisse gerade erst veröffentlicht wurden, ist das Wasserstoff-Verbrennungsmotor-Projekt. Dabei handelt es sich um einen neuen Typ der Wasserstofftechnologie, der neue und effizientere Motoren hervorbringen wird. Im Rahmen dieses Projektes wurde erprobt, wie wasserstoffbetriebene Motoren hergestellt werden können, die an die Effizienz heutiger Dieselmotoren heranreichen, dabei aber die Umwelt nicht verschmutzen und auch in Bezug auf Größe und Leistungsfähigkeit des Motors möglichst keine Nachteile aufweisen. Diese wasserstoffbetriebenen Motoren bieten gegenüber der heutigen Motorengeneration klare Vorteile und haben gute Aussichten, sich auch in Bezug auf Leistungsfähigkeit und Kosten gegenüber anderen vorgeschlagenen Systemen zu behaupten. Im Rahmen dieses Projektes wurden innovative Einspritzkonzepte für PKW sowie für LKW und Busse entwickelt.

Abschließend möchte ich ein weiteres Beispiel nennen, das erwähnt werden sollte, weil es letzte Woche den Descartes-Preis für Forschungszusammenarbeit erhielt. Dabei handelt es sich um das Hydrosol-Projekt, bei dem in einem thermochemischen Reaktor, der an den aus der Fahrzeugtechnik bekannten Katalysator erinnert, unter Einsatz von Solarenergie durch Wasserspaltung Wasserstoff erzeugt wird. Die Nutzung von Solarenergie durch Systeme, die Wasser aufspalten können, wird für die Energiewirtschaft weltweit von immenser Bedeutung sein, da sie eine viel versprechende Möglichkeit für die Erzeugung von bezahlbarem Solarwasserstoff bietet, die praktisch völlig ohne CO2-Emissionen auskommt.

Es gibt natürlich zahlreiche weitere Beispiele, und ich kann der Frau Abgeordneten eine Liste der Projekte zur Verfügung stellen, wenn sie dies wünscht. Im Rahmen des erst unlängst angelaufenen siebten Rahmenprogramms werden die Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration im Bereich Wasserstoff- und Brennstoffzellen von der umfassenden Konsultation aller Interessengruppen profitieren, die von der Europäischen Plattform für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie durchgeführt wird. Diese 2004 gebildete Technologie-Plattform unter Leitung der Industrie gibt die strategische Richtung vor, die der Sektor braucht, um die Voraussetzungen für die kommerzielle Nutzung dieser Technologien zu schaffen.

In Anhang 4 zur Entscheidung des Rates über das spezifische Programm „Zusammenarbeit“ wird eine Initiative zu Wasserstoff und Brennstoffzellen als eine mögliche gemeinsame Technologieinitiative aufgeführt, die entweder auf der Grundlage von Artikel 171 des Vertrages (dazu kann auch die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens zählen) oder auf der Grundlage einer Änderung an diesem spezifischen Programm gemäß Artikel 166 Absatz 3 des Vertrages beschlossen werden kann. Die als langfristige öffentlich-private Partnerschaft angelegten gemeinsamen Technologieinitiativen werden ein zielorientiertes europäisches Programm im Bereich der Industrieforschung, technologischen Entwicklung und Demonstration festlegen und durchführen, das zu zuverlässigen, bis zur Marktreife entwickelten Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien führen soll. Es wird erwartet, dass eines der von diesen Initiativen verfolgten Ziele darin bestehen wird, bis 2015 etwa 10 % bis 20 % des Wasserstoffbedarfs von Energieanwendungen mittels kohlenstoffarmer oder kohlenstofffreier Produktionstechnologien zu decken. Der genaue Umfang und die genauen Ziele werden definiert, sobald diese gemeinsame Technologieinitiative beschlossen ist.

In der Zwischenzeit wurden am 22. Dezember die ersten Aufrufe zum Einreichen von Vorschlägen für das RP 7 veröffentlicht, deren Frist Ende April abläuft. Das Thema Energie umfasst eine Reihe von Aspekten in Verbindung mit innovativen Werkstoffen für spezifische Verfahren der Wasserstofferzeugung.

Ich habe etwas länger gebraucht, als ursprünglich geplant, aber ich wollte Ihnen einen breiten Überblick über die existierenden Programme bzw. Initiativen geben.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE).(LT) Vielen Dank für die umfassende und informative Antwort. Ich freue mich wirklich sagen zu können, dass wir in dieser Hinsicht nicht weit hinter China liegen. Auch wir sind auf diesem Feld tätig. Mich interessiert Folgendes: Diese Errungenschaften sind überschaubar, und auf den Straßen fahren nicht eben viele wasserstoffbetriebene Kraftfahrzeuge. Nehmen womöglich die Automobilindustrie und die Erdöl produzierenden Länder Einfluss, und üben sie vielleicht Druck aus, um die Forschung auf dem Gebiet des Einsatzes von Wasserstoff zu bremsen?

 
  
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  Janez Potočnik, Mitglied der Kommission. – (EN) Nein, das ist überhaupt nicht der Fall. Im Gegenteil. Europa gibt den Ton im Bereich der Wasserstofftechnologie weltweit mit an. Die stärkere Betonung der Europäischen Technologieplattform, die sich dieser Frage annimmt, ermöglicht uns einen strategischen und einheitlichen Ansatz für das weitere Vorgehen. Alle Länder weltweit befassen sich noch mit wichtigen Fragen, und das bedeutet, dass neue Entdeckungen auf den Markt gebracht werden, was zu einer echten Wasserstoffwirtschaft führen kann. Doch ich denke, dass wir auf das bisher Erreichte sowie darauf, wie wir derzeit mit dieser Problematik umgehen, stolz sein können. Außerdem ist die Hervorhebung der potenziellen gemeinsamen Technologieinitiative genau das richtige Mittel, um dauerhaft auf uns aufmerksam zu machen.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE).(LT) Ich danke dem Kommissar für seine wirklich interessanten und optimistischen Ausführungen zu dem, was schon erreicht wurde und was geplant ist. Gestatten Sie mir gleichwohl noch eine Frage zur Zukunft. Wann werden sich mit Wasserstoff betriebene Kraftfahrzeuge Ihrer Ansicht nach gegen Benzin- oder Dieselfahrzeuge behaupten können, und wann werden sie zu vergleichbaren Preisen verkauft? Und wann schließlich können die Europäische Kommission, der Europäische Rat und das Europäische Parlament derartige wasserstoffbetriebene Fahrzeuge erwerben und uns in die Garage stellen, um mit gutem Beispiel voranzugehen und zu demonstrieren, dass die Europäische Union auf diesem Gebiet tatsächlich eine Vorreiterrolle spielt?

 
  
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  Janez Potočnik, Mitglied der Kommission. – (EN) Natürlich habe ich keinen Zauberstab, mit dem ich den genauen Zeitpunkt vorhersagen könnte, aber ich glaube, dass wir die richtige Richtung eingeschlagen haben. Indem wir unsere Forschungsmethoden abstimmen und uns nach dem Bottom-up-Prinzip an den Bedürfnissen der Industrie orientieren, schaffen wir derzeit die Voraussetzungen dafür, dass wir schnellstmöglich zu entsprechenden Schlussfolgerungen gelangen. Doch bis dahin – und ich hoffe, dass das nicht mehr allzu lange dauern wird – werden wir Hybridautos fahren müssen. Ich habe zu Hause selbst eins.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). – Frau Präsidentin, Diana Wallis, sehr geehrter Herr Kommissar Potočnik, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Rat hat an diesem Wochenende beschlossen, Vorschriften für eine 20%ige Energieeffizienzsteigerung bis zum Jahr 2020 durchzusetzen. Glauben Sie, dass unsere Stärke in Europa, nämlich die Produktion von Dieselmotoren, mit einer Exzellenzstrategie im Bereich der Effizienz durchgesetzt werden könnte, also höhere und stärkere Effizienzanstrengungen im siebten Rahmenforschungsprogramm?

 
  
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  Janez Potočnik, Mitglied der Kommission. – (EN) Das ist keine einfache Frage. Ich würde sagen, dass die vom Rat erst vor wenigen Tagen beschlossenen Ziele ehrgeizig und dringend erforderlich sind. Ich persönlich glaube, dass wir gar keine Wahl haben. Das glaubt übrigens auch die Kommission. Meiner Ansicht nach müssen wir die Grenzen, die uns die Umwelt setzt, als eine echte Geschäftsmöglichkeit verstehen, denn ich bin der Überzeugung, dass derjenige, der das am besten versteht, sich auch wirtschaftlich in verschiedenen Bereichen einschließlich der hier erwähnten wie natürlich des Umweltschutzes an die Spitze setzen wird.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 57 von Teresa Riera Madurell (H-0145/07)

Betrifft: Frauen und Wissenschaft

Eine kohärente Strategie mit dem Ziel, bis 2010 3 % des BIP der Union für Forschung aufzuwenden, bedeutet, dass acht von tausend Erwerbstätigen in Europa Wissenschaftler sein müssen, was 700 000 angemessen ausgebildeten neuen Wissenschaftlern entspricht. Um das zu erreichen, ist es unerlässlich, dass Europa sein Forschungspotential optimal ausschöpft und u. a. eine umfassende Mitwirkung der Frauen in Wissenschaft und Technologie fördert. Nur die Hälfte der Gehirne zu nutzen, ist weder intelligent noch effizient.

Kann die Kommission anlässlich des Weltfrauentages am 8. März irgendwelche Maßnahmen bekannt geben, die zur Behebung dieses Missverhältnisses eingeleitet wurden?

 
  
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  Janez Potočnik, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Die Kommission ist sich des ausgeprägten Ungleichgewichts zwischen männlichen und weiblichen Wissenschaftlern sehr wohl bewusst. Aus den jüngsten statistischen Angaben geht hervor, dass in sämtlichen Disziplinen über 50 % aller Hochschulabsolventen, aber nur 15 % der Professoren weiblich sind. In den Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie in den technischen Disziplinen sind 34 % der Absolventen und 9 % der Professoren weiblich. Die Kommission teilt die Ansicht, dass dies eine Verschwendung von Talenten und Ressourcen ist.

Seit 1999 ging es in mehreren Dokumenten der Kommission um die Teilnahme der Frau an der europäischen Forschung. Die Kommission bemüht sich um die Erfassung zuverlässiger statistischer Angaben, um sich einen Überblick über die Gesamtsituation zu verschaffen, und sie veröffentlicht diese Ergebnisse regelmäßig in einer Broschüre mit dem Titel „She Figures“. Diese Broschüre erschien 2003 und 2006, und sie wird das nächste Mal 2009 erscheinen. Seit dem fünften Rahmenprogramm stellt die Kommission zudem finanzielle Unterstützung für Studien und Maßnahmen im Bereich Frauen und Wissenschaft bereit. Außerdem sieht das sechste Rahmenprogramm einen Betrag in Höhe von 15,7 Millionen Euro für den Bereich Frauen und Wissenschaft vor. Es gibt mehrere Projekte ohne zeitliche Begrenzung, die u. a. die Notwendigkeit betreffen, für Vorbilder zu sorgen, die Frauen ermutigen, einen wissenschaftlichen Beruf zu ergreifen.

In den Schlussfolgerungen des Rates „Wettbewerb“ von 2005 werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, sich als Ziel zu setzen, 25 % der Führungspositionen des öffentlichen Sektors mit Frauen zu besetzen. Diesbezüglich untersucht zurzeit eine Expertengruppe zur Einbindung von Frauen in die Wissenschaft, welche formellen und informellen Hürden Frauen am Aufstieg in Spitzenpositionen in der Forschung hindern. Das neue Rahmenprogramm sieht eine ähnliche Expertengruppe vor, die wissenschaftliche Leistungen und eine mögliche Diskriminierung bei der Bewertung wissenschaftlicher Leistungen behandeln wird.

Im siebten Rahmenprogramm wird das Vorgehen in Bezug auf geschlechterspezifische Fragen in drei Haupttätigkeitsfelder unterteilt. Erstens werden wir zur Stärkung der Rolle der Frau in der Wissenschaft Projekte finanzieren, mit denen Frauenförderprogramme in Europa, den USA, Kanada und Australien verglichen werden sollen, die der Besetzung von Entscheidungspositionen in der Wissenschaft mit Frauen dienen.

Zweitens wird das siebte Rahmenprogramm hinsichtlich der Geschlechterdimension im Bereich Forschung geschlechterspezifische Aspekte in Bezug auf die Definition und Messung wissenschaftlicher Leitungen umfassen. Im Rahmen dieser Aktivität wird beispielsweise eine Analyse sämtlicher in der EU durchgeführten Untersuchungen zu Fragen der Diskriminierung und Benachteiligung von Wissenschaftlerinnen durchgeführt werden.

Was schließlich drittens die Verankerung der Chancengleichheit in allen Politikbereichen und Programmen der Gemeinschaftsforschung betrifft, so sehen die Arbeitsprogramme des spezifischen Programms „Zusammenarbeit“ die Einbeziehung von Frauen vor. Die Kommission verfolgt nach wie vor das Ziel, 40 % der Positionen in Evaluierungsgremien mit Frauen zu besetzen. Das wird regelmäßig überwacht.

Außerdem planen wir, verschiedene Forscher hinsichtlich der Verankerung der Chancengleichheit in allen Politikbereichen zu schulen und anzuleiten.

Alle im siebten Rahmenprogramm vorgesehenen Maßnahmen kommen einer wichtigen Grundsatzerklärung gleich, und sie sind zudem von Bedeutung für eine Reihe wissenschaftlicher Organisationen, die sich am Rahmenprogramm beteiligen. Wir haben nur einen begrenzten Einfluss auf die Situation in der europäischen Praxis. Folglich sind wir auch immer auf der Suche nach neuen Ideen, hinsichtlich derer die Kommission tätig werden könnte oder die Mitgliedstaaten mit Unterstützung der Kommission tätig werden könnten. Deshalb haben wir die Absicht, diesen Punkt im Grünbuch zum Europäischen Forschungsraum als eigenständige Frage zu behandeln. Je besser wir die spezielle Situation und die konkreten Bedürfnisse von Wissenschaftlern in Europa kennen, beispielsweise im Hinblick auf die Mobilität oder die Portabilität von Ansprüchen im Bereich der sozialen Sicherheit, umso mehr Möglichkeiten gibt es, um der speziellen Rolle der Frauen in der Wissenschaft gerecht zu werden. Die Kommission wird demnächst die Debatte zum EFR-Grünbuch eröffnen, und ich möchte die Abgeordneten einladen, sich aktiv an der EFR-Debatte zu beteiligen. Ich zähle in dieser und anderen Fragen auf Ihre tatkräftige Unterstützung.

Abschließend möchte ich unterstreichen, dass wir uns für einen langfristig angelegten Ansatz auf der Grundlage kontinuierlicher Bemühungen und Maßnahmen zur Förderung der Rolle der Frauen in der Welt der Wissenschaft, wie ich sie eben beschrieben habe, entschieden haben.

 
  
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  Teresa Riera Madurell (PSE).(ES) Vielen Dank, Herr Potočnik. Ich halte Ihre Vorschläge für sehr gut geeignet. Wie Sie bemerkten, ist der Punkt, dass Europa sein Forschungspotenzial maximal nutzen muss, und in dieser Hinsicht müssen die herausragenden Wissenschaftlerinnen die gleichen Chancen haben wie die herausragenden Wissenschaftler. Dies ist in der Praxis nicht immer der Fall.

Ich möchte Sie ferner fragen, inwieweit die Kommission – wobei Exzellenz selbstverständlich weiterhin als wichtigstes Kriterium gelten muss – auch das Geschlechtergleichgewicht berücksichtigen könnte, wie sie es bei anderen Gelegenheiten getan hat, wenn es um die Bewertung der Projekte geht, oder die Tatsache in Betracht ziehen könnte, dass diese Projekte von Frauen geleitet werden.

Meine zweite Frage ist, ob Sie Maßnahmen ergreifen werden, um zu sichern, dass die Programmausschüsse, die hochrangigen Gruppen, die Arbeitsgruppen usw. eine ausgewogene Zusammensetzung hinsichtlich des Geschlechts haben, und zu gewährleisten, dass dies bei allen sonstigen von der Europäischen Union finanzierten Aktivitäten der Fall ist.

 
  
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  Janez Potočnik, Mitglied der Kommission. (EN) Die Ziele des siebten Rahmenprogramms unterscheiden sich in keiner Weise von den Zielen des vorhergehenden Programms, wenngleich die Instrumente leicht modifiziert wurden.

Die Arbeitsprogramme fördern die Teilnahme der Frau an der Wissenschaft und unterstreichen die Bedeutung des Geschlechts bei speziellen Themen. Bei größeren Projekten wird auf die Durchführung von Gleichstellungsmaßnahmen orientiert, und sie sehen im Allgemeinen derartige Maßnahmen auch vor. Die Kosten dafür sind ebenso erstattungsfähig wie die Kosten für andere Aktivitäten im Rahmen derartiger Vorhaben.

Ich möchte jedoch wiederholen, dass wir ein positives Beispiel geben sollten und werden, aber uns allen ist klar, dass wir das Problem nur lösen können, wenn wir über den Bereich der Forschung hinausblicken. Unsere jetzigen Schwierigkeiten sind Teil einer gesamtgesellschaftlichen Realität, die für diese ungünstige und ungerechte Situation verantwortlich ist und uns daran hindert, das gesamte geistige Potenzial unserer Gesellschaft zu nutzen. Deshalb bin ich der Meinung, dass die Debatte, die wir führen werden und die sich speziell um diese Problematik drehen wird, von derart entscheidender Bedeutung sein wird.

Was unser praktisches Vorgehen betrifft, so kann ich Ihnen z. B. erläutern, wie wir in der Frage der Evaluierungsgremien vorgehen, bei denen wir einen Frauenanteil von 40 % anstreben. Artikel 17 der Beteiligungsregeln des siebten Rahmenprogramms sieht vor, dass bei der Auswahl von unabhängigen Sachverständigen für eine vernünftige Ausgewogenheit der Zusammensetzung in Bezug auf das Verhältnis von Männern und Frauen zu sorgen ist. Die Beteiligung von Frauen an Evaluierungsgremien hat, seit die Kommission dieses Ziel 1999 gesetzt hat, ständig zugenommen. Sie hat sich von 22 % im Jahre 1999 auf 30 % im Jahre 2005 erhöht. Für 2006 liegen mir die entsprechenden Zahlen leider noch nicht vor.

Wenn wir dies mit dem Frauenanteil in unserer Sachverständigendatenbank vergleichen, der lediglich 25 % beträgt, dann kann man sehr deutlich erkennen, dass wir versuchen, unser Bestes zu tun. Außerdem ermutigt die Kommission weibliche Sachverständige, sich in unsere Datenbank einzutragen. Unterstützt werden wir dabei von der Ende 2005 gebildeten Europäischen Plattform für Wissenschaftlerinnen. Das sind die Maßnahmen, die wir zu ergreifen gedenken.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE).(LT) Wir sollten dieses Problem umfassender prüfen – also nicht nur die Mitwirkung der Frauen in der Wissenschaft, sondern auch die der Männer. Europa zieht im Wettbewerb mit den USA den Kürzeren. Immer mehr Wissenschafter – sowohl Frauen als auch Männer – zieht es in die USA, weil sie dort besser bezahlt werden und günstigere Arbeitsbedingungen vorfinden. Was gedenken wir zu unternehmen, damit unsere Wissenschaftler in Europa bleiben und andere zu uns kommen?

 
  
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  Janez Potočnik, Mitglied der Kommission. (EN) Das ist eine weitere Dimension der Frage, mit der wir uns sehr gründlich befassen müssen. Die Mobilität der Menschen ist für den Erfolg der in Europa oder jedem anderen Teil der Welt durchgeführten Forschung von entscheidender Bedeutung, weil eine Mobilität des Geistes eine Befruchtung des Geistes nach sich zieht. Natürlich möchte niemand Bürger in seinem Land ausbilden – zumindest bis zum Sekundarschulabschluss –, die dann das Land verlassen und im Ausland leben. In solchen Fällen müssen wir natürlich enge Beziehungen zu den Menschen herstellen, die außerhalb unserer Länder, beispielsweise in den USA, leben. Das siebte Rahmenprogramm enthält ein Sonderprogramm für eben diesen Zweck. Die Bildung von Netzwerken mit unseren Bürgern im Ausland ist daher äußerst wichtig, denn dadurch gehen sie uns nicht völlig verloren.

Dennoch ist die Abwanderung von Fachkräften natürlich eine Frage, mit der wir uns ernsthaft auseinander setzen müssen. Die jüngsten Angaben für Europa sind nicht allzu beunruhigend. Natürlich bestehen Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten, aber zahlreiche sehr angesehene Universitäten in etlichen Mitgliedstaaten vermelden auch einen enormen Zustrom an Studenten von außerhalb der Europäischen Union. Ich war neulich in Indien, wo ich erfuhr, dass jedes Jahr 17 000 indische Studenten in das Vereinigte Königreich reisen, um auf europäischem Boden zu studieren. Ich halte diesen Zustrom für gut und wichtig, und wir müssen ihn unterstützen.

Die Abwanderung von Fachkräften ist natürlich eine andere Sache. Wir müssen ihr Beachtung schenken, aber dafür gibt es viele Gründe wie beispielsweise attraktive berufliche Chancen, die Portabilität von Ansprüchen, Rentenansprüche. Zwischen vielen dieser Aspekte bestehen Zusammenhänge. Auf diese Art von Frage gibt es keine einfache Antwort.

 
  
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  Die Präsidentin. – Vielen Dank, Herr Kommissar Potočnik.

Wir kommen jetzt zu den Fragen für Kommissar Verheugen.

Ich möchte den Kolleginnen und Kollegen mitteilen, dass wir die Fragestunde heute um ca. 20 Minuten überziehen werden, und ich möchte den Dolmetschern im Voraus für Ihre Nachsicht danken.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 58 von Sarah Ludford (H-0075/07)

Betrifft: Arzneimittelfälschung

In seiner Entschließung zur Fälschung von Arzneimitteln vom September 2006 (P6_TA(2006)0351) forderte das Europäische Parlament die Gemeinschaft auf, sich dringend mit den erforderlichen Mitteln auszustatten, um in ihrem Kampf gegen die unzulässigen Praktiken im Bereich der Arzneimittelfälschung erfolgreich zu sein; die Kommission wurde aufgefordert, über ihre Mitteilung zur Strategie für die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums in Drittländern hinauszugehen, und die Europäische Union wurde insbesondere ersucht, angemessene Maßnahmen zur Bekämpfung des ernsthaften Problems der Arzneimittelfälschung auf ihrem Hoheitsgebiet zu ergreifen.

Welche konkreten Schritte hat die Kommission seit September 2006 zur Bekämpfung der Arzneimittelfälschung innerhalb und außerhalb der Europäischen Union unternommen? Welche Maßnahmen hat die Kommission insbesondere zur Verstärkung der Kontrollen über im Internet vertriebene Arzneimittel ergriffen?

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Frau Präsidentin! Der Kommission ist bewusst, dass Arzneimittelfälschungen – wie sie die Frau Abgeordnete angesprochen hat – ein globales Problem sind, und dass sie schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben können. Wir verfolgen dieses Problem daher sehr genau, und ich will Ihnen nicht verschweigen, dass ich deswegen außerordentlich besorgt bin.

Die Kommission hat eine allgemeine Strategie gegen Arzneimittelfälschungen in der Europäischen Union entwickelt und angesichts der internationalen Tragweite dieses Problems dafür gesorgt, dass sie damit an die Aktivitäten internationaler Partner, z. B. der Weltgesundheitsorganisation und des Europarates, anknüpft und diese Aktivitäten ergänzt.

Der Rechtsrahmen der Gemeinschaft, der es den Behörden erlaubt, gefälschte Arzneimittel, die in den Gemeinschaftsmarkt eingeführt oder dort vorgefunden werden, zurückzuhalten, besteht aus gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über Arzneimittel, über das Vorgehen der Zollbehörden und über die Durchsetzung der geistigen Eigentumsrechte. Die Hauptzuständigkeit für die Durchsetzung der bestehenden Vorschriften liegt bei den Mitgliedstaaten.

In den vergangenen fünf Jahren haben die Mitgliedstaaten auf dem EU-Markt 27 Fälle von Arzneimittelfälschungen in der legalen Lieferkette und 170 Fälle in der illegalen Lieferkette aufgedeckt. Das mag zwar als nicht übermäßig viel erscheinen, aber auch die Beschlagnahme von gefälschten Arzneimitteln durch den Zoll an den Außengrenzen lässt auf einen deutlichen Anstieg in den letzten Jahren schließen.

Die Statistik für 2005 zeigt, dass der Zoll an den EU-Außengrenzen 560 000 gefälschte Arzneimittel beschlagnahmt hat. Eine erste Analyse der Zahlen der Mitgliedstaaten für 2006 hat ergeben, dass im Jahr 2006 voraussichtlich mehr als 1,5 Millionen gefälschte Arzneimittel vom Zoll beschlagnahmt worden sind. Das bedeutet eine dramatische Zunahme.

In ihrer Mitteilung an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss über eine Antwort des Zolls auf jüngste Entwicklungen bei der Nachahmung von Waren und der Produktpiraterie legte die Kommission einen Aktionsplan vor, der eine Reihe von konkreten Maßnahmen enthält, mit denen diese Zunahme bekämpft werden kann.

Zwei der wichtigsten Maßnahmen sind bereits in Angriff genommen: Die Schaffung eines elektronischen Systems zum raschen Austausch von Risikoinformationen über neuartige Fälschungen zwischen den Zollbehörden und die Einrichtung eines Systems, über das die Unternehmen den Zollbehörden für Bekämpfungsmaßnahmen benötigte Informationen über Fälschungen beschleunigt übermitteln können. Darüber hinaus hat die Kommission im März 2006 vor dem Angebot gefälschter Arzneimittel im Internet gewarnt, um die Öffentlichkeit für dieses Problem zu sensibilisieren.

Die Kommission hat in dieser Warnung öffentlich angekündigt, im Rahmen eines Projektes die Lage zu analysieren und in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, der Europäischen Arzneimittelagentur und internationalen Partnern zu prüfen, ob der Schutz der öffentlichen Gesundheit ein Eingreifen erfordert. Das Projekt wird sich u. a. mit dem Handel mit gefälschten Arzneimitteln über das Internet beschäftigen.

Die Kommission wird auf diese Analyse, an der die Arbeiten bereits begonnen haben, aufbauen, und politische Lösungen erarbeiten, wie sich eventuelle Gesetzeslücken schließen lassen. Wenn es nötig sein wird, werden wir das europäische Arzneimittelrecht novellieren müssen. Diesen Lösungsansätzen werden natürlich Folgeabschätzungen zugrunde liegen, aber ich möchte Ihnen versichern, dass wir alles tun werden, was wir können, um zu verhindern, dass gefälschte Arzneimittel auch in Zukunft auf unsere Märkte gelangen und die Gesundheit der Menschen gefährden.

 
  
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  Sarah Ludford (ALDE).(EN) Vielen Dank, Herr Kommissar. Ich bin auf den Aktionsplan schon sehr gespannt, aber ich frage mich besorgt, ob die Reaktion dem Umfang des Problems auch angemessen ist. Vor zwei Wochen ging es beim Internationalen Suchtstoffkontrollamt um die – wie das Amt es nennt – „Flut von gefälschten Arzneimitteln“. Zwischen 25 % und 50 % der Arzneimittel in den Entwicklungsländern sind Fälschungen, und in Europa stellt der Verkauf über das Internet, wie Sie schon sagten, eines der größten Probleme dar. Könnten wir uns an der Suche nach den Hintermännern dieser illegalen Webseiten beteiligen?

Könnten wir versuchen, sicherzustellen, dass der Parallelhandel erhalten bleibt und der illegale Handel hier keinen Eingang findet?

Was halten Sie von einem Verbot für die Um- bzw. Neuverpackung von Medikamenten?

Welche Art von Schlupflöchern meinen Sie, die geschlossen werden sollen?

Wäre nicht eine Strafgesetzgebung zur Angleichung der Definitionen und der Strafen für Vergehen bei der Strafverfolgung im Rahmen der dritten Säule sinnvoll? Hier besteht meines Erachtens dringender Handlungsbedarf. Das Leben und die Gesundheit der Bürger stehen auf dem Spiel.

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Frau Abgeordnete! Ich kann Ihnen in allem, was Sie gesagt haben, nur zustimmen. Das Projekt, von dem ich gesprochen habe, soll die laufenden internationalen Maßnahmen ergänzen, die die Weltgesundheitsorganisation und der Europarat bereits ergriffen haben, und eine TeleMed-Lösung für Europa ausarbeiten, während das Projekt, das sich mit dem Parallelhandel beschäftigt, sich insbesondere auf die Aspekte bezieht, die mit der Sicherheit der Patienten zu tun haben.

Um das Problem wirklich lösen zu können, müssen wir erst wissen, wie die Lage ganz genau ist. Wir haben deshalb die Mitgliedstaaten um die notwendigen Informationen gebeten. Ich denke, dass wir bis Ende dieses Jahres alle notwendigen Informationen zusammen haben und dann auch Entscheidungen treffen können.

Was Sie in Bezug auf die Lage in den Entwicklungsländern gesagt haben, sehe ich wie Sie. Das ist ein zutiefst skandalöser Zustand. Wir hatten darüber hier im Europäischen Parlament im vergangenen Jahr eine Debatte, und ich hatte dazu gesagt, dass wir alles tun, was wir können, um den Entwicklungsländern zu helfen, entsprechende Strukturen aufzubauen und sicherzustellen, dass die Arzneimittel, die auf ihren Markt gelangen, auch den internationalen Standards entsprechen. Das Problem besteht darin, dass in zahlreichen Entwicklungsländern schlicht und einfach die Verwaltungsstrukturen nicht vorhanden sind, um dies angemessen zu kontrollieren. Deshalb ist es eine ganz wichtige Aufgabe der Entwicklungshilfe – darin bin ich mir mit dem Kollegen Louis Michel einig –, dass wir unsere Bemühungen verstärken, die Entwicklungsländer bei dieser Aufgabe zu unterstützen.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 59 von Marie Panayotopoulos-Cassiotou (H-0076/07)

Betrifft: Maßnahmen zur Förderung des Unternehmergeistes in Europa

Mit welchen Maßnahmen gedenkt die Europäische Kommission im Rahmen der Lissabon-Strategie, der Europäischen Strategie für Wachstum und Beschäftigung und der Europäischen Agenda für unternehmerische Initiative den privaten Unternehmergeist insbesondere bei jungen Menschen zu fördern und die Schaffung fairer Bedingungen für die Inkaufnahme von Risiken mit dem Ziel voranzubringen, die europäische Wirtschaft zu modernisieren und Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern?

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Das ist ein Thema, das mich besonders beschäftigt. Die europäische Volkswirtschaft hat nicht die Dynamik, die sie haben könnte, sie schafft nicht so viele Arbeitsplätze, wie sie schaffen könnte, und das vor allen Dingen deshalb, weil wir nicht genug Unternehmen haben. Wir haben deshalb nicht genug Unternehmen, weil wir in Europa nicht genug Menschen haben, die bereit sind, unternehmerische Initiative zu ergreifen und unternehmerisches Risiko zu tragen.

Deshalb ist die wichtigste Antwort auf Ihre Frage die, dass in unseren Gesellschaften selbst das Verständnis dafür wachsen muss, dass es die Unternehmen sind, die die Arbeitsplätze schaffen, dass es Unternehmer geben muss, die den Mut haben, das zu tun, und dass man unternehmerisches Handeln als sozial verantwortliches, gesellschaftlich nützliches Handeln akzeptieren muss. Also müssen wir für stärkere gesellschaftliche Akzeptanz von unternehmerischer Initiative sorgen. Dort hat die Kommission in den letzten zwei Jahren eine große Zahl von Initiativen entwickelt.

Die Europäische Agenda für unternehmerische Initiative hat im vergangenen Jahr einen Fortschrittsbericht veröffentlicht, und Sie können daraus ersehen, dass wir die Mittel für die gemeinschaftlichen Finanzinstrumente für Unternehmen stark erhöht haben, dass wir den Anstoß gegeben haben, Mini-Companies zu gründen, die von Schülern und Studenten ins Leben gerufen werden, um unternehmerisches Handeln zu lernen, und wir haben die von den Euro-Infozentren verwaltete Datenbank zur Vermittlung von Geschäftspartnern.

Um Wachstum und Arbeitsplätze schaffen zu können, muss Europa für einen allgemeinen gesellschaftlichen Rahmen sorgen, der unternehmerische Initiative begünstigt. Da Denkweisen bereits früh im Leben geprägt werden, kann die Bildung wesentlich dazu beitragen, die unternehmerische Initiative erfolgreich zu fördern. Auf der Grundlage der in den Mitgliedstaaten geleisteten Arbeit konnte die Kommission im Februar 2006 eine Mitteilung zur Förderung des Unternehmergeistes in Unterricht und Bildung annehmen.

Ich möchte erreichen, dass alle europäischen Schüler und Studenten während ihrer Schulzeit und während ihres Studiums die Chance haben, mit der Unternehmenswirklichkeit in Berührung zu kommen. In vielen europäischen Ländern wird das bereits vorbildlich gemacht. In einer ganzen Reihe von Ländern gibt es aber noch erhebliche Defizite.

Im Augenblick beschäftigt sich die Kommission intensiv mit der Vermittlung unternehmerischer Denkweisen auf Hochschulebene. Wir wissen aus Amerika, dass die Erfahrungen dort außerordentlich positiv sind. Universitäten, die die Vermittlung unternehmerischen Handelns und Denkens anbieten, berichten über große Erfolge, nämlich dass die Absolventen dieser Universitäten nach ihrem Studium zu einem viel höheren Prozentsatz als bei uns bereit sind, ein Unternehmen zu gründen.

Es gibt noch drei andere wichtige Punkte, bei denen wir dazu beitragen können, Unternehmensgründungen zu erleichtern. Erstens gibt es das ganze Projekt „bessere Rechtsetzung“ mit Rechtsvereinfachung und Bürokratieabbau. Viele Menschen sind auch deshalb psychologisch daran gehindert, ein Unternehmen zu gründen, weil sie glauben, dass es zu viele und zu komplizierte Vorschriften gibt, die sie beachten müssen.

Zweitens: Da viele Menschen gar nicht erst anfangen, ein Unternehmen zu gründen, weil sie denken, dass es viel zu kompliziert ist, haben wir im vergangenen Jahr dem Europäischen Rat vorgeschlagen, dass sich die Mitgliedsländer verpflichten sollen, die Zeit, die man braucht, um ein Unternehmen zu gründen, auf eine Woche zu begrenzen. Das soll bis Ende dieses Jahres in allen Mitgliedsländern erreicht sein.

Schließlich möchte ich noch darauf hinweisen, dass wir uns intensiv mit der Frage der negativen Folgen von Konkursen befassen. Wie gehen wir mit dem Scheitern des ersten Versuchs um? In Amerika ist es – wie Sie wissen – gesellschaftlich überhaupt kein Problem, wenn der erste Geschäftsversuch scheitert. In vielen europäischen Ländern bedeutet das erste Scheitern bereits das endgültige Aus.

Der letzte Punkt, den ich erwähnen möchte, ist das Finanzierungsproblem, welches ein Kernproblem für Unternehmensneugründungen darstellt. Die Kommission hat die entsprechenden Finanzierungsmöglichkeiten für den Zeitraum 2007 bis 2013 beträchtlich aufgestockt. Der größte Teil des Programms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation geht in Finanzierungsinstrumente: Mehr als 1 Milliarde Euro stellen wir hier für Kredite und Rückbürgschaften, für nationale Bürgschaftsfazilitäten und andere moderne Finanzinstrumente zur Verfügung, einschließlich der Bereitstellung von Beteiligungskapital. Das ist ein Programm, das von kleinen und mittleren Unternehmen sehr gut angenommen wird.

Insgesamt haben wir also eine breite Fülle von Maßnahmen ergriffen, von denen ich mir erhoffe, dass sie mehr neue junge Unternehmen in Europa fördern.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin! Danke, Herr Kommissar, für Ihre ausführliche Antwort! Mich würde Ihre Meinung zu der Frage interessieren, ob die Kreditwürdigkeit eines jungen Menschen nicht nur an seinem materiellen Vermögen, sondern auch an seinem intellektuellen Vermögen gemessen werden sollte, sodass Letzteres ebenfalls als Förderkriterium für die Gründung eines Unternehmens herangezogen werden könnte? Außerdem haben Sie betont, wie wichtig eine gute Bildung ist, aber wie sollen die Qualifikationen junger Menschen bewertet werden?

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Frau Abgeordnete! Das ist eine sehr wichtige Frage, die ich Ihnen aber nicht beantworten kann, weil die Kommission keine Finanzmittel an einzelne Unternehmen vergibt. Das ist eine Frage an die Banken. Wie verhalten sich die Banken gegenüber Menschen, die mit einer guten Idee, einer guten Ausbildung, einem unternehmerischen Talent zu ihnen kommen? Erkennen sie dieses Talent, anerkennen sie den Mut, etwas machen zu wollen, und fördern sie das oder verhalten sie sich bürokratisch? Ich denke, dass die europäischen Finanzierungsinstitute gut beraten sind, das, was Sie gesagt haben, nämlich die Befähigung eines Menschen, der ein Unternehmen gründen will, sein Talent, sein Wissen und sein Können, bei der Prüfung der Kreditwürdigkeit mit in Rechnung zu stellen. Wir können die Banken nur ermutigen, das zu tun. Wir können sie nicht dazu zwingen.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE).(LT) Zufällig habe ich einige Daten und Analysen gesehen, denen zufolge lediglich 10 % der Erwerbstätigen das Zeug dazu haben, Geschäftsleute zu werden, ein Unternehmen zu gründen und Arbeitgeber zu werden. Die übrigen 90 % eignen sich nur für eine abhängige Beschäftigung. Sind Sie der Ansicht, dass dann, wenn alle Programmaktivitäten ausgeführt werden, die Zahl der Menschen, die in unserer Gesellschaft mehr Aktivität entfalten, wächst?

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Jeder, der die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, kann Unternehmer werden. Man kann sich theoretisch eine Gesellschaft mit 100 % Unternehmern vorstellen, es gibt da keine Beschränkungen. Die Beschränkungen liegen da, wo ich gesagt habe: Es gibt in Europa in einigen Ländern eine Kultur, die darin besteht, dass Leute eben lieber in Angestelltenpositionen arbeiten, als das Risiko der Selbständigkeit auf sich zu nehmen. Ich könnte Ihnen die Mitgliedstaaten nennen, in denen das so ist. Es gibt eben aber auch die Hindernisse, die ich erwähnt habe.

Die Entscheidung, Unternehmer zu werden, muss jeder selber treffen. Dazu können wir niemanden verpflichten. Das Einzige, was wir tun können — und das tun wir wirklich in einer Art und Weise, die es bisher in Europa nicht gegeben hat — ist, Menschen zu ermutigen, den Schritt zum Unternehmertum zu tun, und ihnen diesen Schritt zu erleichtern, so gut wir können. Ich bin ziemlich sicher, dass unsere Bemühungen erfolgreich sein werden, aber es ist kein kurzfristiges Projekt; es ist ein Projekt, das einen langen Atem benötigt.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 60 von Glenis Willmott (H-0085/07)

Betrifft: Technische Berufe in der EU

Im Zusammenhang mit der Lissabon-Agenda wird davon gesprochen, das Potenzial Europas freizusetzen und einen Schwerpunkt auf die Schaffung von Wachstum und Beschäftigung zu legen. Jedoch wird dabei der Sektor der technischen Berufe, der diese beiden Dinge bieten könnte, in Europa nur allzu oft vernachlässigt. China bringt jährlich eine Million Absolventen im Bereich der technischen Berufe hervor und die Tendenz ist steigend. Ein Vergleich mit der EU zeigt, dass diese jährlich etwa 170 000 Absolventen vorweisen kann, wobei die Zahlen rückläufig sind. Schätzungen haben ergeben, dass allein im Vereinigten Königreich die verarbeitende Industrie und der Sektor der technischen Berufe ab 2012 nicht in der Lage sein werden, ihren Bedarf an Absolventen und Lehrlingen durch neue oder junge Berufseinsteiger zu decken. Was beabsichtigt die EU dem Wettbewerb vonseiten der neuen aufstrebenden Volkswirtschaften entgegenzusetzen und die notwendigen Arbeitskräfte hier in Europa einzustellen und auszubilden?

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Die Kommission stimmt mit dem Herrn Abgeordneten darin überein, dass die Ingenieurdisziplinen für die europäische Wirtschaft insgesamt — vor allem im Hinblick auf unsere Strategie für mehr Wachstum und Beschäftigung — besonders wichtig sind. Ingenieurleistungen sind essenziell für viele Wirtschaftssektoren und verdienen deshalb unsere volle Aufmerksamkeit.

Ende 2005 wurde eine hochrangige Arbeitsgruppe „Dialog Maschinenbau“ ins Leben gerufen, die für den Maschinenbau eine umfassende Analyse der Wettbewerbsfähigkeit des Sektors erstellt. Diese Initiative folgt einem ähnlichen Vorgehen in anderen Sektoren des verarbeitenden Gewerbes, und weitere Initiativen werden in Kürze folgen.

Die ersten Ergebnisse der Arbeitsgruppe zeigen, dass Fragen der Ausbildung und Qualifikation eine ernsthafte Herausforderung für das produzierende Gewerbe sind. Nicht nur sind die absoluten Zahlen der ins Berufsleben eintretenden jungen technischen Mitarbeiter unzureichend, es gibt auch Probleme mit dem Verbleib qualifizierter Kräfte in der Industrie und mit dem öffentlichen Ansehen des Ingenieurwesens. Zusätzlich stellen sich Probleme bei der notwendigen Anpassung an vielfältige Veränderungen, die zurzeit stattfinden.

Diese Themen werden von der Kommission gemeinsam mit der Industrie und den Mitgliedstaaten behandelt. Da die Kommission nur ein sehr begrenztes Mandat im Bereich der beruflichen Bildung hat, ist es besonders wichtig, dass andere Gruppen und Beteiligte ihren Beitrag leisten. Die Kommission vergleicht insbesondere die verschiedenen Ansätze der Mitgliedstaaten, um so die bestmöglichen Lösungen zu finden und den geeigneten Rahmen zu definieren, in dem Innovationen zur Entfaltung kommen können. Die Mitgliedstaaten müssen, besonders hinsichtlich der Ausbildungsinhalte, hinsichtlich des lebenslangen Lernens und der Mobilität von Arbeitnehmern mehr leisten, während es Sache der Industrie ist, die zukünftigen Anforderungen genau zu definieren und die Attraktivität technischer Berufe zu erhöhen.

Alle diese Elemente sind Bestandteile des industriepolitischen Ansatzes der Kommission, und wir werden das Parlament und den Rat noch in diesem Jahr darüber informieren, in welchem Umfang unsere industriepolitischen Vorschläge zu Fortschritten geführt haben.

 
  
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  Glenis Willmott (PSE).(EN) In meiner Region, den East Midlands, gibt es ein ausgezeichnetes Beispiel für ein Projekt, bei dem man den strukturellen Veränderungen der Region auf vorausschauende Weise begegnet. Im Rahmen des Projekts, das mit EU-Mitteln teilfinanziert wird, wurde eine mobile Einrichtung gebildet, die sich direkt zu den Menschen in problematischen Gebieten begibt. Diese Einrichtung begibt sich an Standorte mit ganz spezifischen Problemen im Bereich Arbeitslosigkeit und Wiederanpassung. Das mobile Ressourcenzentrum bietet sowohl Arbeitnehmern, die eine neue Arbeit oder Umschulung brauchen, sowie Unternehmen, die direkten Zugang zu gut ausgebildeten Fachkräften benötigen, tatkräftige Unterstützung an. Sie besucht auch Schulen, um die Schüler zu ermutigen, einen technischen Beruf zu erlernen.

Was tut die Kommission, um derart praktische Maßnahmen zu unterstützen und andere europäische Länder zur Nachahmung anzuregen?

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Frau Abgeordnete! Ich denke, dass es sich hier um Maßnahmen handelt, die aus den europäischen Strukturfonds finanziert werden, für die ich – wie Sie wissen – nicht zuständig bin. Ich möchte jetzt den zuständigen Kollegen, Frau Hübner und Herrn Špidla, keine Vorschriften machen. Ich denke aber, dass beide den Sinn dieser Einrichtung voll erkennen. Ich werde Ihre Frage zum Anlass nehmen, Frau Hübner und Herrn Špidla anzusprechen, nach den Erfahrungen zu fragen und sie zu bitten, entsprechende Initiativen weiter zu fördern, wenn sich das als sinnvoll herausstellt.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 61 von Georgios Papastamkos (H-0099/07)

Betrifft: Kohlendioxidemissionen von Autos

Kommissar Verheugen scheint gegen die Vorschläge von Kommissar Dimas betreffend die Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes bei allen Autokategorien zu sein und fordert einen stärker „integrierten Ansatz“. Zu den in diesem Zusammenhang diskutierten Alternativen zählt auch die Nutzung von Biotreibstoffen, die mit einem für den griechischen Agrarsektor sehr wichtigen und sensiblen Thema verknüpft sind, nämlich dem Zuckersektor, der sich in einer Sackgasse befindet. Kann die Kommission mitteilen, ob und wie weit sich dieser Ansatz von dem Vorschlag von Herrn Dimas unterscheidet? Kann sie insbesondere bezüglich der Biotreibstoffe einige konkrete Vorschläge vorlegen?

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Herr Abgeordneter! Ich muss Ihnen gestehen, dass mir völlig unklar ist, auf welche Annahme sich Ihre Frage stützt, und woher der Eindruck entstehen konnte, den Sie in Ihrer Frage vermitteln. Die Annahme, die Ihrer Frage zugrunde liegt, ist grundfalsch.

Es gab und gibt in der Frage bindender Obergrenzen für CO2-Emissionen nicht den geringsten Gegensatz zwischen dem Kollegen Dimas und mir – ganz im Gegenteil. Wir beide waren die ersten, die bereits im Dezember des vergangenen Jahres gesagt haben, dass gesetzliche Maßnahmen notwendig sind. Ich habe hier im Parlament im November des vergangenen Jahres angekündigt, dass wir gesetzliche Maßnahmen mit bindenden Obergrenzen vorschreiben würden.

Wir stützen uns dabei auf die Empfehlungen der Hochrangigen Gruppe CARS 21, über die ich dem Parlament berichtet habe. Diese Gruppe hat den so genannten integrierten Ansatz empfohlen. Das hat auch die Kommission in ihrem Beschluss übernommen, der mit Zustimmung sowohl des Kollegen Dimas als auch von mir gefasst wurde. Der integrierte Ansatz bedeutet, dass auch der verstärkte Einsatz von Biotreibstoffen vorgesehen ist, um bei der europäischen Kraftfahrzeugflotte das gewünschte Reduzierungsziel von 120 Gramm CO2 pro km im Durchschnitt zu erreichen.

Ich habe mich sehr häufig in zahlreichen Interviews vor und auch nach der Entscheidung der Kommission gerade zu dieser Frage geäußert, und darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass wir jetzt den Anteil von Biotreibstoffen erhöhen. Ich bin deswegen sehr glücklich über den Beschluss des Europäischen Rates der vergangenen Woche, der ja dem Vorschlag der Kommission und meinem Vorschlag gefolgt ist, den Anteil von Biotreibstoffen am europäischem Kraftstoffverbrauch in den nächsten Jahren auf insgesamt 10% zu erhöhen. Ich kann Ihnen also versichern: Es gibt in dieser Frage nicht nur keine Gegensätze zwischen dem Kollegen Dimas und mir, sondern wir arbeiten gemeinsam mit allen Kräften daran, diese von der Kommission beschlossenen Ziele zu erreichen.

 
  
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  Georgios Papastamkos (PPE-DE). – Dass es in lebendigen und sehr produktiven Gremien wie der Kommission Meinungsdivergenzen gibt, halte ich für durchaus verständlich.

(EL) Ich möchte Sie jedoch bitten, sich etwas konkreter zur geplanten Verwendung von Biokraftstoffen zu äußern. Denn genau darum geht es mir eigentlich in meiner Anfrage – vor allem nachdem im Rahmen der europäischen Agrarpolitik plötzlich die Zuckerordnung reformiert wurde. Diese Reform hatte für viele Zuckerrübenerzeuger nachteilige Auswirkungen, was insbesondere für die Erzeuger aus meiner Region gilt. Könnten Sie uns, Herr Kommissar, Auskunft zu der Frage erteilen, welches Potenzial die Erzeugung von Biokraftstoffen wirklich birgt! Ich möchte Sie bitten, sich in Ihrer Antwort auf meine zusätzliche Anfrage auf diesen Punkt zu konzentrieren.

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass die Kommission in ihrem Beschluss zu den CO2-Emissionen von Fahrzeugen nur Eckwerte festgelegt hat. Einer der Eckwerte ist die Erhöhung des Anteils von Biotreibstoffen. Ein konkretes Programm, wie diese Erhöhung des Anteils von Biotreibstoffen realisiert werden soll, gibt es noch nicht, zumal der Europäische Rat den entsprechenden Vorschlag der Kommission erst am Freitag vergangener Woche angenommen hat. Die Kommission wird jetzt sehr schnell die entsprechenden Vorschläge machen. Ich kann Ihnen allerdings sagen, dass die allgemeine Auffassung dahin geht, dass wir in Europa in der Lage sein werden, das Problem dadurch zu lösen, dass wir die Biotreibstoffe den in Raffinerien erzeugten konventionellen Kraftstoffen beimischen. Wir sind der Überzeugung, dass wir uns dabei auf Biotreibstoffe der zweiten Generation konzentrieren sollten, um schädliche ökologische Nebenwirkungen zu vermeiden.

Biokraftstoff wird im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik durch die einheitliche Flächenzahlung gefördert. Wie Sie wissen, können Landwirte auf stillgelegten Flächen zwar keine Nahrungspflanzen anbauen, dafür aber Non-Food-Pflanzen, einschließlich Pflanzen für die Erzeugung von Biokraftstoffen. Der Anbau entsprechender Kulturen, einschließlich Zuckerrüben, kann durch die Gewährung von Energiepflanzenprämien in Höhe von 45 Euro pro Hektar gefördert werden. Diese Regelung wurde nun auf alle Mitgliedstaaten ausgeweitet. Die neue EU-Politik für ländliche und regionale Entwicklung sieht auch Stützungsmaßnahmen für erneuerbare Energien vor. Dasselbe gilt für das Forschungsrahmenprogramm, das sich vor allem auf Biokraftstoffe der zweiten Generation konzentriert.

 
  
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  Die Präsidentin. – Ich bedanke mich beim Kommissar und bei den Kollegen. Ich danke auch den Dolmetschern für ihr Verständnis dafür, dass wir überzogen haben.

Die Anfragen, die aus Zeitgründen nicht behandelt wurden, werden schriftlich beantwortet (siehe Anlage).

Die Fragestunde ist geschlossen.

(Die Sitzung wird um 19.35 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: MIGUEL ANGEL MARTÍNEZ MARTÍNEZ
Vizepräsident

 
  

(1) ABl. L 46 vom 17.2.2004, S.1.


16. Vermarktung von Rindfleisch, das von höchstens zwölf Monate alten Tieren stammt (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Bernadette Bourzai im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Vermarktung von Fleisch von höchstens zwölf Monate alten Rindern (KOM(2006)0487 – C6-0330/2006 – 2006/0162(CNS)) (A6-0006/2007).

 
  
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  Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Bevor ich mich dem Bericht im Einzelnen zuwende, möchte ich der Berichterstatterin Frau Bourzai und dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung für ihre sehr gute Arbeit in dieser recht heiklen Angelegenheit, und zwar der Vermarktung von Fleisch von höchstens zwölf Monate alten Rindern, danken.

Der Bericht ist eine Reaktion auf die Mitte 2004 vom Rat geäußerte Bitte um eine Harmonisierung der Definition für Kalbfleisch in der Europäischen Gemeinschaft. Ihm war ein langwieriger Konsultationsprozess mit unterschiedlichen Interessenvertretern und Experten aus den Mitgliedstaaten vorausgegangen, bei dem die Kommission ihre Bereitschaft unter Beweis gestellt hat, die Traditionen und Gepflogenheiten der verschiedenen Mitgliedstaaten weitestgehend zu berücksichtigen. Die Kommission hat auch das Hauptmerkmal des Verbrauchs und der Produktion von Kalbfleisch in der Europäischen Union in Betracht gezogen. Der Bericht bietet Lösungsmöglichkeiten für die wichtigsten Probleme im Hinblick auf die Vermarktung dieser jungen Tiere an, und meines Erachtens stellt er eine ausgewogene Reaktion auf die meisten der aufgeworfenen Probleme dar.

Damit ist es erstmals möglich, eine Einigung in dieser schwierigen Frage zu erzielen. Viele der Änderungen, die vorgeschlagen oder vorgenommen wurden, zielen auf eine Vereinfachung des Kommissionsvorschlags ab, um bürokratische Hindernisse zu beseitigen und den Verwaltungs- und Kostenaufwand weitestgehend zu senken. Prinzipiell sollten diese Änderungsanträge kein Problem darstellen. Ich freue mich auf die Diskussion und hoffe, dass wir eine Lösung finden können.

 
  
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  Bernadette Bourzai (PSE), Berichterstatterin. (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich Ihnen allen für Ihre Mitarbeit danken und auch die Mitarbeiter des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung des Parlaments sowie der Europäischen Kommission beglückwünschen, die mir die notwendige technische Unterstützung gewährt haben.

Es handelt sich um ein sensibles Thema, zu dem die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission seit Beginn der 90er Jahre nach einer Einigung suchen, wie die Kommissarin soeben in Erinnerung gerufen hat.

Der Kern des Problems besteht darin, dass beim Verkauf von Kalbfleisch im Allgemeinen keinerlei Angaben zu der Art der Fütterung der Tiere noch zu deren Schlachtalter gemacht werden, obwohl die Tierhaltungsverfahren in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich sind. Die Marktteilnehmer und Verbraucher haben es somit mit sehr unterschiedlichen Erzeugnissen zu tun, die aufgrund der Übersetzungen jedoch unter ein- und derselben Verkehrsbezeichnung verkauft werden: nämlich Kalbfleisch.

Wie die Europäische Kommission hervorhebt, ist eine solche Praxis geeignet, den Handel zu stören und die Herausbildung von unlauteren Wettbewerbsbedingungen zu begünstigen. So geht aus Studien hervor, dass die Bezeichnung „Kalbfleisch“ eine aufwertende Verkaufsbezeichnung ist, die bestimmte Marktteilnehmer benutzen, um deutlich höhere Marktpreise zu erzielen, obwohl sie Jungrindfleisch mit ganz anderen organoleptischen Merkmalen verkaufen.

Auf Wunsch mehrerer Mitgliedstaaten und des europäischen Rindfleischsektors, die eine klare Regelung wollen, hat die Kommission ihren ursprünglichen Vorschlag, der mir durchaus angemessen erscheint, erarbeitet.

Die Kommission schlägt vor, genaue Verkehrsbezeichnungen nach dem Schlachtalter – ein relativ aussagekräftiges Kriterium, das leichter zu kontrollieren ist als die Ernährung – festzulegen. Sie schlägt vor, zwei Kategorien einzuführen und mit einem Buchstaben zu kennzeichnen: X für Tiere, die bei der Schlachtung bis zu acht Monate alt sind, und Y für Tiere, die bei der Schlachtung zwischen neun und zwölf Monate alt sind, wobei der Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung des Europäischen Parlament es vorzieht, diese Buchstaben durch V und Z zu ersetzen, um Verwechslungen mit dem Geschlecht der Tiere zu vermeiden.

Für die erste Kategorie wird weiterhin die Verkehrsbezeichnung „Kalbfleisch“ verwendet, für die zweite wird eine andere Bezeichnung verwendet (jeune bovin im Französischen, vitellone im Italienischen usw.). Diesbezüglich verweise ich Sie auf Anhang II Buchst. B) der Verordnung.

Für die Vermarktung auf dem inländischen Markt der vier Länder Dänemark, Griechenland, Niederlande und Spanien gilt eine Ausnahmeregelung, nach der in der zweiten Kategorie stets der Begriff „Kalbfleisch“ verwendet werden kann, um den Gepflogenheiten und kulturellen Traditionen Rechnung zu tragen.

Somit dürfen die Begriffe „Kalb“, „Kalbfleisch“ oder alle anderen in dem Vorschlag festgelegten Verkehrsbezeichnungen nicht mehr zur Etikettierung von Fleisch von über zwölf Monate alten Tieren verwendet werden. Wenn Marktteilnehmer die in diesem Vorschlag vorgesehenen Verkehrsbezeichnungen durch freiwillige Zusatzangaben, wie zur Fütterung, ergänzen wollen, so haben sie hierzu die Möglichkeit. Da ich aus dem Limousin komme, könnte ich also von „weißem Kalbfleisch“ sprechen.

Ich hielt es für angebracht, den ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission abzuändern, um diese Rechtsvorschrift stringenter und bindender zu formulieren, und ich danke meinen Kollegen, dass sie mich dabei unterstützt haben. So habe ich insbesondere die Einführung einer Regelung für Sanktionen bei Regelverstößen gefordert und Änderungen vorgeschlagen, um für den menschlichen Verzehr bestimmte hergestellte, verarbeitete oder gekochte fleischhaltige Erzeugnisse in den Geltungsbereich der Verordnung einzubeziehen. Des Weiteren bin ich dafür, dass die Verkaufsbezeichnung auf jeder Stufe der Erzeugung und der Vermarktung zu verwenden ist.

Ich bin jedoch der Auffassung, dass bestimmte Punkte nicht akzeptabel sind und die Ausgewogenheit der Verordnung gefährden können. Es handelt sich um die im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung angenommenen Änderungsanträge 8 und 12. Der Änderungsantrag 8 erweckt den Eindruck, dass die nach dem Erscheinen der vorliegenden Verordnung eingetragenen geschützten Ursprungsbezeichnungen oder geschützten geografischen Angaben von der Verordnung abweichen könnten, was nicht kohärent mit der Gesetzgebung insgesamt ist. Die bereits eingetragenen geschützten Ursprungsbezeichnungen und geschützten geografischen Angaben sind nicht betroffen, doch die Bestimmungen der Verordnung müssen unbedingt für die neuen GUB und GGA gelten, denn sonst könnten sie umgangen werden.

Mit dem Änderungsvorschlag 12 wird der Verordnungsentwurf, der auf dem Alterskriterium beruht, völlig in Frage gestellt. Wie aus Anhang II hervorgeht, hat das Vereinigte Königreich sich jedoch entschlossen, die Bezeichnung „veal“ für die erste Kategorie zu verwenden und die Bezeichnung „beef“ für die zweite. Die Spezifik dieses Landes ist also bereits ausreichend berücksichtigt.

Des Weiteren unterstütze ich die für das Plenum eingereichten zwei neuen Änderungsanträge 26 und 27 nicht, denn mit ihnen wird eine neue, meiner Meinung nach inakzeptable Ausnahmeregelung für Artikel 3 der Verordnung eingeführt, indem es einem Staat erlaubt werden soll, die Verordnung nicht anzuwenden, wenn seine Produktion von Tieren der ersten Kategorie (von null bis acht Monaten) unter 3 % der Gesamtproduktion an Tieren von null bis 12 Monaten liegt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, mich zu unterstützen und diese vier Änderungsanträge abzulehnen, die den Geltungsbereich der Verordnung, die für die gesamte Europäische Union gelten soll, und den Geltungsbereich der nur mit Schwierigkeiten erreichten Harmonisierung für die erste Kategorie „null bis acht Monate“ einschränken würden.

 
  
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  Duarte Freitas, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (PT) Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Bei der Vermarktung von Rindfleisch, das von höchstens zwölf Monate alten Tieren stammt, gab es Klärungsbedarf, und daher möchte ich zunächst einmal den Vorschlag der Kommission würdigen.

Wenn genaue Verkehrsbezeichnungen nach dem Schlachtalter – ein leichter zu kontrollierendes Kriterium als die Art der Ernährung – festgelegt werden, die von allen Mitgliedstaaten zu verwenden sind, kann die Information der Verbraucher verbessert und eventueller unlauterer Wettbewerb verhindert werden.

Es kommt vor allem darauf an, dass die Bezeichnung „Kalbfleisch“ sowie alle anderen Bezeichnungen, die im Vorschlag der Kommission definiert werden, nicht für die Kennzeichnung von Fleisch von mehr als zwölf Monate alten Rindern verwendet werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist meines Erachtens, dass auch aus Drittländern importiertes Fleisch dieser Regelung unterliegen sollte, um somit eventuellen unlauteren Wettbewerb zu verhindern.

Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Bourzai, zu ihrer ausgezeichneten Arbeit und dem von ihr eingeleiteten Dialog gratulieren. Ich teile ihre Ansicht, dass der Kommissionsvorschlag begrüßenswert ist und dieses Problem schon seit längerem nach einer Lösung schreit. Darüber hinaus sind wir beide der Meinung, dass die Buchstaben, die die Kommission für die Kennzeichnung des Schlachtalters in Erwägung zieht, nicht sehr günstig gewählt sind, da man sie mit dem Geschlecht des Tieres durcheinanderbringen könnte. Dieser und andere Aspekte des Verordnungsentwurfs wurden durch die im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung angenommenen Änderungen verbessert und haben in den Bericht, den wir hier gerade erörtern, Eingang gefunden.

Ich muss sagen, dass eventuelle Vorbehalte aufgrund besonderer Traditionen, die den neuen Bestimmungen zuwiderlaufen, nicht dazu führen sollten, dass die Arbeit der Kommission und des Parlaments gefährdet wird.

Abschließend möchte ich die Abgeordneten daran erinnern, dass – wie die Kommissarin bereits betonte – die von der Kommission vorgeschlagenen Verkehrsbezeichnungen erst festgelegt wurden, nachdem Konsultation mit etlichen Organisationen aus den verschiedenen Mitgliedstaaten stattfanden. Ferner ist in dem Verordnungsentwurf die Möglichkeit vorgesehen, die Liste der Verkehrsbezeichnungen in Anhang II künftig noch einmal abzuändern.

 
  
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  Marc Tarabella, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich gleich zu Beginn meine Kollegin Bernadette Bourzai, stellvertretendes Mitglied des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, beglückwünschen, deren Engagement und Einsatz besonders hervorzuheben sind. Weiterhin möchte ich der Kommission zu ihrem ausgezeichneten Vorschlag gratulieren, der geeignet ist, mehr Klarheit in den Handel mit Kalbfleisch zu bringen, wodurch eine bessere Information der Verbraucher möglich wird.

Dieser Vorschlag ist das Ergebnis langwieriger Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten und den betroffenen Berufsorganisationen mit dem Ziel einer verbesserten Verbraucherinformation und eines faireren Wettbewerbs zwischen den einzelnen Erzeugern, von denen die meisten durch eine Verkehrsbezeichnung benachteiligt wurden, die sich auf ein Erzeugnis – Kalbfleisch – bezog, dessen physiologische Entwicklung aufgrund ihrer Schnelligkeit innerhalb weniger Monate zu großen Unterschieden führt. So entwickeln sich Kälber, die sich während des Zeitraums, in dem sie sich fast ausschließlich von Milch ernähren, im Zustand eines Säugetiers mit einteiligem Magen befinden, innerhalb weniger Wochen zu Wiederkäuern mit vier Mägen, sobald ihre Fütterung auf faserige Futtermittel wie Gras, Heu und Getreide umgestellt wird. Man kann sich leicht die offensichtlichen Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Ernährungseigenschaften und den Nährwert des Fleisches vorstellen, wie unterschiedlichen Vitamingehalt, weiße, rosa oder rote Färbung, insbesondere weil Eisen nicht in der Milch, wohl aber in pflanzlicher Nahrung enthalten ist.

Wenn jedoch Fleisch, das von einem mit Milch ernährtem Tier unter sechs bis acht Monaten stammt, mit Fleisch von einem Tier mit 14 oder 16 Monaten, das festes Futter zu sich nimmt, weidet und wiederkäut, gleichgesetzt und als Kalbfleisch bezeichnet wird, dann weiß weder der Verbraucher noch der Erzeuger genau, was auf den Teller kommt.

Im europäischen Raum ist diese Harmonisierung, die die Unterscheidung zwischen Kalbfleisch und dem Fleisch von Jungrindern ohne jede Aussage über die Qualität der jeweiligen Fleischart ermöglicht, ein wichtiger Schritt hin zur Achtung der Verbraucher und der Erzeuger sowie der Ausdruck unseres Anliegens einer gesünderen und ausgewogeneren Ernähung für verantwortungsbewusstere Verbraucher.

 
  
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  Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Kommissarin! Das ist ein Schritt in die richtige Richtung!

Früher gab es Kalbfleisch, wenn die Bäuerin im Wochenbett lag. Das war „nüchtern Kalb“, wie man bei uns sagte. Es zeichnete sich dadurch aus, dass es weißes Fleisch war, weil das Kalb bis dahin nur Milch getrunken hatte. Dann sind einige darauf gekommen, die Tiere so einzusperren, dass sie von der natürlichen Nahrung ferngehalten wurden, weil das so produzierte Fleisch als gut und teuer galt. Man hat sie dann auf 170 bis 200 kg gemästet. Diese Kälber hatten weiterhin weißes Fleisch, weil sie an eisenhaltiges Futter nicht herankamen. Das ändert sich durch diese Richtlinie nicht. Da jedoch dieses Fleisch am Markt besonders honoriert wurde, hat man diese Praxis damit indirekt unterstützt. Wenn Sie einmal gesehen haben, wie die in den Buchten eingesperrten Kälber anfingen, die Absperrungen zu benagen, damit sie etwas von dem, was sie eigentlich brauchten, bekamen, dann wissen Sie, wovon ich rede.

Indem wir jetzt den Faktor Zeit mit aufnehmen, ist das nicht vorbei, aber jetzt wird die artgerechte Haltung indirekt unterstützt. Die Mutterkühe werden nämlich auf der Weide gehalten, und die Kälber trinken mehrere Monate Milch, fressen aber nebenher schon eisenhaltiges Gras und bekommen damit rosa oder rotes Fleisch. Was in der Richtlinie noch nicht enthalten ist, aber möglicherweise indirekt gefördert wird, ist die Qualität der Tierhaltung und deren Wachstumsprozess.

Hier wird mit der Praxis Schluss gemacht – oder jedenfalls ein Anfang dazu gemacht –, dass Fleisch honoriert wird, das von gequälten Tieren stammt, und wir werden demnächst schönes rosafarbenes Kalbfleisch von glücklichen Tieren bekommen. Das bedeutet nicht, dass die Bäuerin im Wochenbett kein weißes Fleisch mehr bekommt, aber dann ist dieses Fleisch eben tatsächlich von „nüchternen“ Kälbern.

 
  
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  Jean-Claude Martinez, im Namen der ITS-Fraktion. (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ausnahmsweise ist es ein Vergnügen, diesen Bericht von Frau Bourzai zu lesen, denn er ist klar, treffend formuliert, sorgfältig dokumentiert und von einem guten Vorschlag begleitet.

Der Kalbfleischmarkt liefert uns ein weiteres Beispiel für die Wettbewerbsverzerrungen oder gar Betrugsfälle, die der Binnenmarkt in allen Bereichen mit sich bringt. Wir werden Gelegenheit haben, Frau Kommissarin, darauf beim Thema Wein zurückzukommen, wo es Länder mit und ohne Kataster gibt, wo die Zusammensetzung der Weine je nach Land variieren kann, während die Bezeichnung dieselbe bleibt. Das gleiche trifft zu auf das Thema Mehrwertsteuer mit den innergemeinschaftlichen Betrügereien, die der Binnenmarkt ermöglicht, mit dem Steuerdumping und der Bevorteilung unserer baltischen Freunde, die von ihrer flat tax, ihrer Einheitssteuer profitieren, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Und natürlich auf den Kalbfleischmarkt, wo es zwar keinen Betrug, aber unlauteren Wettbewerb gibt.

Entschuldigen Sie, Herr Präsident, wie wir hören, haben unsere spanischen oder dänischen Freunde ältere Kälber von über acht, neun oder gar zehn Monaten, sozusagen Großvater-Kälber, die sie immer noch „Kälber“ nennen. Es liegt auf der Hand, dass bei einem Preisunterschied von 2 bis 3 Euro nach dem Schlachten zwischen einem wirklichen Kalb und einem sehr alten Großvater-Kalb der Mehrverdienst äußerst lukrativ ist, auch wenn die 800 000 Tonnen Kalbfleisch – zum Glück – nicht in ihrer Gesamtheit betroffen sind, denn 80 % der Erzeugung und 70 % des Verbrauchs entfallen auf die Länder, die die Definition für Kalbfleisch harmonisiert haben. Die Verzerrung des Wettbewerbs ist somit zwar begrenzt, doch sie besteht.

Frau Kommissarin, nach fast 20 Jahren Parlamentsarbeit beglückwünsche ich die Kommission zum ersten Mal, was beweist, dass man die Hoffnung niemals aufgeben soll. Die uns vorgeschlagene Regelung ist ausgezeichnet. Die Festlegung des Alters des Kalbs ausgehend von einem auf circa 8 Monate festgesetzten Grenzwert ist eindeutig, ebenso wie die Verwendung von zwei Buchstaben – X und Y – eindeutig ist. Allerdings gab es diesbezüglich eine hormonale, sexuelle oder andere Unklarheit, und die Berichterstatterin war gut beraten, die Buchstaben V wie veau (Kalb) und Z – wofür das steht, weiß man nicht genau – vorzuschlagen, die auf jeden Fall besser sind. Dass Sanktionen vorgesehen sind, ist ausgezeichnet, und auch die Einbeziehung von Konserven auf Kalbfleischbasis ist sehr gut. Mit dem Ausschluss der GUB und der GGA können alle nur zufrieden sein.

Herr Präsident, Frau Kommissarin, alles in allem bietet uns dies vielleicht ein gutes Beispiel: Wenn man rechte und linke Politiker nach ihrem Alter, nach ihrer Ernährungsweise, je nach dem, ob sie monogastrisch oder ob sie Säuger sind, unterscheiden könnte, fiele es den Wählern leichter zu entscheiden, ob sie ein linkes oder ein rechtes Kalb vor sich haben. Unsere Berichterstatterin bietet uns dafür einen Lösungsansatz, dessen nähere Prüfung sich lohnen könnte.

 
  
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  Gábor Harangozó (PSE).(HU) Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich den Vorschlag der Kommission wie auch den von Frau Bourzai erarbeiteten Bericht begrüßen. Indem wir den Vorschlag der Kommission in der durch den Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung abgeänderten Fassung unterstützen, können wir einen Schlussstrich unter den fortgesetzten Missbrauch von Wettbewerbsvorteilen aufgrund von Unzulänglichkeiten in der Gesetzgebung sowie unter die Verbreitung von verwirrenden Marktinformationen über Rindfleisch ziehen.

Bedauerlicherweise ermöglicht die Vielfalt der in den Mitgliedstaaten geltenden Regelungen einen solchen Missbrauch, und deshalb wurde vielfach um eine Präzisierung der Definition von „Kalbfleisch” sowie ihre Harmonisierung zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten gebeten. Da die Produktion und Vermarktung von Rindfleisch, das von höchstens zwölf Monate alten Tieren stammt, in den einzelnen Ländern unterschiedlich gehandhabt wird, können auch die Endprodukte erhebliche Unterschiede aufweisen. Das hat zur Folge, dass sie unter unterschiedlichen Bezeichnungen auf den Markt kommen und auch ihre Verkaufspreise stark variieren können.

Ich halte es für wichtig, dass wir uns auf der heutigen Sitzung mit dem Vorschlag des Rates für eine Verordnung befassen, geht es doch darum, den Markt zu regulieren und genauere Verbraucherinformationen als bisher bereitzustellen. Damit sollten wir in der Lage sein, Marktverzerrungen bei der Vermarktung auszuschließen und Möglichkeiten für die Lösung der Probleme mit einzelstaatlichen Maßnahmen zu schaffen. Die Harmonisierung und Feststellung von Handelsnamen in den verschiedenen Mitgliedstaaten kann zur Markttransparenz beitragen. Damit würden wir außerdem eine ordnungsgemäße Information der Verbraucher über Fleisch gleich aus welchem Mitgliedstaat ermöglichen. Zu einem späteren Zeitpunkt müssen wir auch dafür Sorge tragen, dass die Endverbraucher Informationen über die Handelsnamen erhalten, und zwar vor allem, wenn diese in einem Mitgliedstaat von den üblichen Handelsnamen abweichen. Diejenigen, die von einer solchen Harmonisierung am meisten profitieren werden, sind die Verbraucher und die Hersteller, denn ein transparentes Kennzeichnungssystem ermöglicht ein hohes Verbraucherschutzniveau und eine zuverlässigere Kontrolle.

Aus eben diesem Grund möchte ich nochmals die systematischen Bemühungen begrüßen, die die Kommission unternommen hat, um diese und ähnliche Angelegenheiten angemessen zu regulieren, und ich möchte vor allem Frau Bourzai nochmals zu ihrem Bericht gratulieren.

 
  
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  Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich bedanke mich für die Beiträge zu dieser Aussprache, mit der eine Lösung für die Kennzeichnung dieser weniger als zwölf Monate alten Rinder gefunden werden sollte. Herr Graefe zu Baringdorf nannte sie „glückliche Tiere“.

Wie ich eingangs bereits sagte, dürfte die Mehrzahl dieser Änderungsanträge keine Schwierigkeiten bereiten. Ich denke, es geht uns allen darum, unsere Gesetzgebung weitestgehend zu vereinfachen, ohne das System zu gefährden.

Es gibt jedoch Änderungsanträge, die nicht akzeptiert werden können. Das gilt insbesondere für die Änderungsanträge 2, 11 und 16 in Bezug auf die Angaben auf Handelsdokumenten. Das würde für den Sektor eine zusätzliche Belastung darstellen. Auch die Änderungsanträge 1 und 9 hinsichtlich der Ausweitung des Anwendungsbereichs auf gekochte Erzeugnisse sind nicht unverzichtbar.

Die Änderungsanträge 8 und 21 schließlich würden das Annahmeverfahren für geschützte Ursprungsbezeichnungen und geschützte geographische Angaben nicht präzisieren und außerdem das Änderungsverfahren der verschiedenen Anhänge des Vorschlags übermäßig komplizieren.

Was Änderungsantrag 12 in Bezug auf die Verwendung von Verkehrsbezeichnungen für das Fleisch der zweiten Kategorie dieser Tiere – jener Tiere im Alter von acht bis zwölf Monaten – betrifft, so bin ich bereit, gemeinsam mit den Ministern nach einer Lösung zur Nützlichkeit dieser Option zu suchen.

Diese Rindfleischfrage war zwar schwierig, aber ich denke, noch viel schwieriger wäre es, eine Kennzeichnung für Herrn Martinez zu finden!

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen um 12.30 Uhr statt.

Schriftliche Erklärung (Artikel 142)

 
  
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  Véronique Mathieu (PPE-DE), schriftlich.(FR) Bereits seit zehn Jahren werden verschiedene Initiativen gestartet, um die Regeln für die Vermarktung von Fleisch von unter zwölf Monate alten Rindern zu harmonisieren, doch ohne Erfolg.

Bisher waren Frankreich und die anderen Länder, die die Fleischqualität in den Vordergrund stellten, indem sie das Schlachtalter der Tiere auf unter acht Monate festlegten und ihre Ernähung auf Milchbasis vorschrieben, durch die fehlende Harmonisierung bei der Bezeichnung von Kalbfleisch benachteiligt.

Der Verbraucher konnte getäuscht werden, weil es möglich war, zwei in Alter, Geschmack und Qualität unterschiedliche Fleischarten mit derselben Bezeichnung und Kennzeichnung zu versehen.

Ich begrüße daher, dass wir endlich einen Kompromiss gefunden haben, der zudem nicht auf Kosten der Tradition und der Qualität erzielt wurde, denn in diesem Bericht werden die Überlegungen im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt berücksichtigt, doch mit der Aufrechterhaltung der GGA und GUB gleichzeitig die Traditionen respektiert.

Es freut mich sehr, dass Europa sich nicht nur mit den Sicherheitsnormen befasst, denen Rind- und Kalbfleisch genügen muss; diese Schwierigkeiten wurden überwunden. Danach mussten noch die Qualität und die Verbraucherinformation gefördert werden, und dies ist das Anliegen des Berichts, über den wir heute abstimmen.

 

17. Ratifizierung des IAO-Seearbeitsübereinkommens von 2006 (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Mary Lou McDonald im Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über den Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, das Konsolidierte Seearbeitsübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation aus dem Jahr 2006 im Interesse der Europäischen Gemeinschaft zu ratifizieren (KOM(2006)0288 – C6-0241/2006 – 2006/0103(CNS)) (A6-0019/2007).

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Internationale Arbeitsorganisation hat das ambitionierte Seearbeitsübereinkommen angenommen, mit dem Mindestanforderungen für die Arbeit an Bord, die Beschäftigungsbedingungen, die Unterbringungsbedingungen, die soziale Sicherheit und – nicht zu vergessen – Bestimmungen für die Anwendung und Einhaltung des Übereinkommens festgelegt werden.

Der besondere Wert dieses Übereinkommen, das einen wahrhaften Entwurf für ein internationales Arbeitsgesetzbuch der Seefahrt darstellt, besteht darin, dass es die Wirksamkeit der bestehenden Normen erhöht, diese an die Globalisierung anpasst und vor allem dass es die Ratifizierung durch eine größere Zahl von Staaten fördert. Die Kommission wie die IAO betrachten das Ziel des fairen Wettbewerbs als ausschlaggebend. Wir sind überzeugt, dass das Seearbeitsübereinkommen dazu beitragen wird, die Schifffahrt, die keine Mindestnormen beachtet, einzustellen und die Attraktivität des Berufs des Seemanns zu erhöhen.

Allerdings muss das Übereinkommen rasch ratifiziert werden, damit diese positiven Effekte erzielt werden können. Rechtlich ist eine Entscheidung erforderlich, die die Mitgliedstaaten zur Ratifizierung des Übereinkommens ermächtigt, da nach den Regeln der IAO die Gemeinschaft als solche das Übereinkommen nicht ratifizieren kann, obgleich es Bestimmungen enthält, die unter die Gemeinschaftskompetenz fallen.

Um die Ratifizierungsverfahren nicht zu verzögern, war die Kommission bestrebt, ihren Entscheidungsvorschlag rasch nach der Annahme des Übereinkommens vorzulegen.

In ihrem Vorschlag sieht die Kommission den Grundsatz der Ermächtigung zur Ratifizierung vor und schlägt den 31. Dezember 2008 als Endtermin für die Hinterlegung der Ratifizierungsurkunden vor. Daher ist die Kommission bestrebt, eine verbindliche Formulierung über die Verpflichtung zur Ratifizierung beizubehalten und lehnt jeden Wortlaut ab, mit dem dieser Grundsatz geschwächt würde.

Liebe Frau McDonald, ich möchte Ihnen danken und Ihnen meine ganze Unterstützung für Ihren Bericht zusichern, der den Endtermin 2008 aufrechterhält. Angesichts des Niveaus der europäischen Standards kann man davon ausgehen, dass Drittländer stärker von dem Inkrafttreten des Übereinkommens betroffen sein werden als die Mitgliedstaaten, die bereits anspruchsvollere Standards anwenden. Mit dem Inkrafttreten des Übereinkommens werden sich die Diskrepanzen zwischen den Standards der meisten Drittländer und denen der Gemeinschaft verringern, was fairere Wettbewerbsbedingungen fördern dürfte.

Ganze Teile des Übereinkommens sind bereits durch entsprechende Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts abgedeckt. Daher müssen die Mitgliedstaaten ihre Rechtsnormen nicht gänzlich ändern und können somit die Ratifizierung beschleunigt durchführen.

Die Kommission kann die internen Zwänge der Mitgliedstaaten verstehen und sich diesbezüglich flexibler zum Endtermin zeigen, nicht aber zum Grundsatz eines unbedingten verbindlichen Termins. Es wäre wirklich schade, den bei den Genfer Verhandlungen vorherrschenden Schwung durch eine Verwässerung des Grundsatzes der Hinterlegung der Ratifizierungsurkunden abzuschwächen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und spreche Frau McDonald nochmals meine Anerkennung aus(1).

 
  
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  Mary Lou McDonald (GUE/NGL), Berichterstatterin. – (EN) Herr Präsident! Das Seearbeitsübereinkommen der IAO sei das Beste, was im Bereich der Seearbeit je auf den Weg gebracht wurde. Das habe nicht ich gesagt, sondern Dierk Lindemann, der als Sprecher der Reeder an den Verhandlungen zum Übereinkommen teilgenommen hat.

Das Übereinkommen fasst 65 Normen der IAO zu einem konsolidierten Dokument zusammen. Es sieht Mindestanforderungen für Seeleute vor und umfasst Bestimmungen für Beschäftigungsbedingungen und die Anheuerung, die Arbeitszeit, den Schutz von Mindestlöhnen, Urlaub und Repatriierung, Unterkunft, Freizeit, die Versorgung mit Lebensmitteln, Gesundheit und medizinische Versorgung, die soziale Fürsorge und den Sozialschutz. Es wird die Bedingungen für Millionen von Arbeitskräften dieses Sektors weltweit enorm verbessern. Da es sich beim Seeverkehr um einen globalen Industriezweig handelt, ist es unbedingt erforderlich, dass globale Normen angenommen werden, um die negativen Auswirkungen der Globalisierung, insbesondere das Sozialdumping, einzudämmen.

Nach seiner Ratifizierung wird das Übereinkommen für alle Schiffe gelten, sogar jene, die unter der Flagge von Staaten fahren, die das Übereinkommen selbst nicht ratifiziert haben. Mit der Schaffung von Mindestnormen wird sich das Verhaltensmuster des ganzen Industriezweigs verlagern, und Sozialdumping kann so vermieden werden.

Unmittelbar nach Annahme des Übereinkommens im Februar 2006 erklärte Chris Horrocks, der Generalsekretär des Internationalen Reederverbandes, diese wegweisende Entscheidung sei erst der Anfang. Nun müsse man dafür sorgen, dass jede Regierung dieses Übereinkommen schnellstmöglich ratifiziert und umfassend umsetzt.

Im Juli 2006 bekräftigten der Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft und der Verband der Verkehrsgewerkschaften in der Europäischen Union in einem Schreiben an die Verkehrsminister der EU ihre uneingeschränkte Unterstützung für das Übereinkommen. In ihrem Schreiben empfehlen sie nachdrücklich, dass die Mitgliedstaaten das Übereinkommen ratifizieren und baldmöglichst entsprechende Vorkehrungen zu diesem Zweck treffen sollten.

Die Vertreterin der IAO Cleopatra Doumbia-Henry erklärte im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, wo das Übereinkommen diskutiert wurde, dass Verzögerungen bei der Ratifizierung die außerordentliche Dynamik, die sich zugunsten des Übereinkommens aufgebaut hat, abschwächen könnten. Für eine Vertreterin der IAO sind das wahrhaft deutliche Worte.

Nachdem die Kommission viel in die Verhandlungen über das Übereinkommen investiert und dafür gesorgt hat, dass es sich im Einklang mit EU-Recht befindet, hat sie sich offiziell für die Ratifizierung des Übereinkommens bis Ende 2008 ausgesprochen. Damit könnte das Übereinkommen bis 2009, also fast zehn Jahre nach Aufnahme der Verhandlungen, in Kraft treten.

Ich habe den Eindruck, dass die Mitgliedstaaten, die erklärt haben, dass sie sich um eine Ratifizierung des Übereinkommens vorzugsweise bis zum 31. Dezember 2010 bemühen wollten, die Einzigen sind, denen nicht an einer Ratifizierung des Übereinkommens bis 2008 gelegen ist.

In der Realität dürfte es der europäischen Schifffahrt ohne das Übereinkommen schwer fallen, sich im Wettbewerb zu behaupten, da sie zunehmend von Schiffen unter Billigflagge unterboten wird. Ich möchte die Abgeordneten dringend auffordern, das Übereinkommen mit überwältigender Mehrheit zu befürworten und mit der Annahme dieses Berichts ein Signal an die Mitgliedstaaten auszusenden, dass der Seeverkehr und vor allem dessen Beschäftigte nicht mehr warten können. Die Mitgliedstaaten sollten endlich Dampf machen und das Übereinkommen zügig ratifizieren.

Ich möchte noch kurz auf einige weitere Maßnahmen eingehen, die die EU ergreifen könnte. Die ausgezeichnete Mitteilung der Kommission über die Stärkung der Arbeitsnormen im Seeverkehr bildet einen guten Ausgangspunkt, und ich hoffe, dass mein Bericht einen kleinen Beitrag genau dazu leistet. Die EU muss sich Bereichen widmen, die vom Übereinkommen nicht vollständig abgedeckt werden. Und sie muss sich vor allem der Regulierung von Anwerbungsagenturen widmen. Die EU sollte prüfen, wie die Normen des IAO-Übereinkommens gestärkt, ergänzt oder erweitert und die Rechte und Interessen von Seeleuten besser geschützt werden können. Die EU sollte Maßnahmen prüfen, mit denen die Risiken einer unterschiedlichen Auslegung des Übereinkommens durch die EU-Mitgliedstaaten verringert werden könnten. Es sollten Vorschläge zugunsten familienfreundlicher Einrichtungen auf Schiffen unterbreitet werden. Die EU sollte versuchen, für alle in ihren Gewässern fahrenden Schiffe Mindestnormen für die Beschäftigung und Entlohnung von Seeleuten durchzusetzen. Vor allem sollte die Kommission meines Erachtens den Vorschlag für eine EU-Fährenrichtlinie erneut vorlegen.

Der erste und wichtigste Schritt ist jedoch die Ratifizierung dieses IAO-Seearbeitsübereinkommens. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren, denn diese Sache duldet keinen weiteren Aufschub.

 
  
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  Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (PPE-DE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr. – (EL) Herr Präsident! Ich möchte der Berichterstatterin ebenfalls für ihre Arbeit danken und begrüße die Tatsache, dass wir kurz vor der Unterzeichnung des Seearbeitsübereinkommens stehen, mit dem sowohl die Sozialrechte und angemessene Lebensbedingungen für Seeleute gewährleistet als auch berufliche Karrieren zu See gefördert werden sollen. Denn nur durch gute Bildung und eine bessere Arbeitsorganisation können wir eine hohe Qualität der Seearbeit sicherstellen, was für die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union dringend erforderlich ist. Abgesehen von der Qualität der Seearbeit könnten auch berufliche Karrieren zu See wieder attraktiver werden, was begrüßenswert wäre, da Seeleute für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Schiffsindustrie von entscheidender Bedeutung sind.

Dieses Übereinkommen ist aber auch für die globale Schiffsindustrie ganz wichtig, da bestimmte Standards für die Organisation der Seearbeit nunmehr einheitlich angewendet werden. Heutzutage wenden verschiedene Staaten zwar schon vereinzelt Bestimmungen an, die auch in diesem Übereinkommen enthalten sind, aber darüber hinaus schafft dieses Übereinkommen auch die Voraussetzungen für einen gesunden Wettbewerb. Durch eine Klausel wird sichergestellt, dass Schiffe unter der Flagge von Staaten, die das Übereinkommen nicht ratifiziert haben, nicht günstiger behandelt werden als Schiffe unter der Flagge von Staaten, die die Ratifizierung vorgenommen haben. Somit soll – wie die Berichterstatterin gerade erwähnt hat – Sozialdumping verhindert werden, das zu unfairen Bedingungen für unsere Seeleute und Schiffsunternehmen führt. Denn momentan sieht es ja so aus, dass zahlreiche Unternehmen bereits Seeleute aus Ländern einstellen können, deren Sozialstandards nicht dem Niveau entsprechen, das in dem internationalen Übereinkommen gefordert und von der Europäischen Union angestrebt wird.

Der andere wichtige Punkt ist die Einführung des Seearbeitszeugnisses und der Erklärung über die Erfüllung der einschlägigen Seearbeitsvorschriften. Hier ist der jeweilige Hafenstaat gefragt, der die Schiffe kontrollieren und festhalten kann, wenn Zweifel an der Einhaltung dieser Standards bestehen. Meines Erachtens sind in diesem Übereinkommen all die Grundsätze enthalten, die wir über die Grenzen der Europäischen Union hinaus in der ganzen Welt verbreiten möchten. Es ist eine gute Sache, dass alle Mitgliedstaaten dieses Übereinkommen bald ratifizieren wollen. Im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr wurden zwar einige Abänderungen vorgeschlagen, in denen ein Aufschub bis 2010 gefordert wurde, da sich bekanntlich die Ratifizierungsverfahren in den verschiedenen Mitgliedstaaten voneinander unterscheiden und unserer Ansicht nach eine angemessene Frist für die gründliche Vorbereitung eines solchen Ratifizierungsverfahrens eingeräumt werden sollte. Doch die vorherrschende Meinung lautet, dass die Verfahren bis 2008 abgeschlossen sein müssen, so dass wir jetzt einen Gang zulegen und hier in der Europäischen Union ein gutes Beispiel für eine gelungene Vereinheitlichung und Durchsetzung abgeben sollten.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Ich möchte Frau McDonald gratulieren, denn mit ihrem Bericht billigt das Europäische Parlament den Vorschlag des Rates, die Mitgliedstaaten zur Ratifizierung des Seearbeitsübereinkommens der Internationalen Arbeitsorganisation im Interesse der Europäischen Union zu ermächtigen. Das Parlament trägt somit der Tatsache Rechnung, dass es für den Status der Seeleute außerordentlich wichtig ist, dass angesichts der Globalisierung Schutzbestimmungen vorhanden sind und Ausbeutermethoden unterbunden werden. Außerdem wird damit eine Gemeinschaftsregelung zur Koordinierung der sozialen Versicherungssysteme gewährleistet. Mit der Ratifizierung des Übereinkommens werden die Mitgliedstaaten in erster Linie den globalen sozialen Rahmen stärken, da sie angemessene Arbeitsbedingungen in der ganzen Welt anstreben.

Wir halten es für notwendig, die Sicherheit im Seeverkehr zu verbessern, damit eine berufliche Karriere zu See wieder mehr Interesse bei jungen Europäern findet und folglich 17 000 freie Stellen für Seeleute aus der Gemeinschaft besetzt werden können, was vor allem für Kapitäne und Maschinisten gilt. Hier bietet sich uns die Gelegenheit, Herr Kommissar, nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Seeverkehrsausbildung ganz dringend verbessert und die europaweite Kampagne für eine berufliche Karriere auf See ausgebaut werden muss.

Die moderne Technik macht heutzutage den täglichen Kontakt zwischen den Seeleuten und ihren Familien sowie sichere Arbeitsbedingungen möglich. Eine Kampagne, mit der Bürger für eine berufliche Karriere auf See gewonnen werden sollen, muss auch Beschäftigungsaussichten für behinderte Seeleute umfassen, wie Arbeiten an Land oder – alternativ – wechselnde Tätigkeiten an Land und zur See. Außerdem müssen wir den Arbeitsvermittlungsagenturen für Seeleute unter die Arme greifen, damit die vorhandenen Arbeitskräfte optimal eingesetzt werden. Es ist eine gute Sache, dass auf europäischer Ebene ein sozialer Dialog zwischen Seeleuten und Schiffsunternehmen beginnen soll, der hoffentlich zu einer Einigung führen wird. Im internationalen Übereinkommen der IAO ist zudem vorgesehen, dass ein dreigliedriger Ausschuss bestehend aus Vertretern der Schiffsunternehmen, der Seeleute und des Staates über die ordnungsgemäße Anwendung des Übereinkommens wachen soll.

Abschließend möchte ich Sie daran erinnern, dass die Europäische Kommission im Jahr 2001 zu Recht ihren Vorschlag zurückgezogen hat, wonach für alle Seeleute, die in den Gewässern der EU tätig sind, Mindestnormen für die Beschäftigung und Entlohnung gelten sollten. Generell sind zwar die Pläne begrüßenswert, eine Gleichbehandlung aller Seeleute – ganz gleich, ob sie aus der Gemeinschaft stammen oder nicht – sicherzustellen. Doch in der Praxis ist eine EU-Richtlinie für Autofähren nicht umsetzbar, da sämtliche Fahrten als internationale Fahrten anzusehen sind. Wir fordern die Europäische Kommission auf, mit besonderer Umsicht vorzugehen, wenn es um die Vereinbarkeit ihrer Vorschläge mit dem internationalen Seerecht geht.

 
  
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  Proinsias De Rossa (PSE).(EN) Herr Präsident! Auch ich begrüße den Bericht, und ich begrüße die Arbeit, die Frau McDonald in diese Problematik investiert hat. Es steht außer Zweifel, dass dieses konsolidierte Übereinkommen über die Arbeitsbedingungen von Seeleuten einen immensen Fortschritt darstellt. Es ist ein Versuch, Übereinkommen, von denen einige aus dem Jahre 1920 stammen, auf den neuesten Stand zu bringen, und globale Normen einzuführen, die hoffentlich humanere Bedingungen an Bord zur Folge haben werden.

Doch wie bereits festgestellt wurde, werden selbst die höheren Mindestnormen, die das Übereinkommen festlegen wird, nicht an die Normen für Arbeitnehmer und Beschäftigung in den verschiedenen Mitgliedstaaten der EU heranreichen. Daher ist es bedauerlich, dass sich Mitgliedstaaten der EU einer zügigen Ratifizierung dieses speziellen Übereinkommens in den Weg stellen. Das ist meiner Ansicht nach Teil des Wettlaufs nach unten, gegen den sich viele Mitgliedstaaten wehren. Als Beispiel sei die Richtlinie über Besatzungsvorschriften für Fährschiffe genannt. In Irland hat man die Erfahrung gemacht, dass das Unternehmen Irish Ferries versuchte, alle Mitarbeiter zu entlassen und anschließend billigere Arbeitskräfte für weniger als die Hälfte des in Irland geltenden gesetzlichen Mindestlohns einzustellen.

Abschließend möchte ich feststellen, dass das Blockieren der Richtlinie über Besatzungsvorschriften für Fährschiffe und der Versuch, die Ratifizierung dieses Übereinkommens hinauszuzögern, meines Erachtens symptomatisch sind für die Haltung einiger Mitgliedstaaten. Ich unterstütze alles, was Frau McDonald bezüglich der Notwendigkeit einer europaweiten Regulierung gesagt hat. Diesbezüglich muss ich ihr aber sagen, dass wir dazu die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit in diesem Bereich brauchen, die wir derzeit nicht haben. Für die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit brauchen wir die vorgeschlagene europäische Verfassung, und ich schlage vor, Frau McDonald überdenkt ihr ablehnende Haltung gegenüber dieser Verfassung, denn andernfalls können wir nicht ernsthaft an die Umsetzung gemeinsamer Arbeitsnormen in ganz Europa gehen.

 
  
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  Robert Navarro (PSE). – (FR) Herr Präsident! Wir befinden uns mitten im Erika-Prozess. Der Fall Erika ist bezeichnend für jene vermeidbaren Katastrophen, die jedoch trotzdem eintreten, weil die Profite einiger weniger unbedingt Vorrang vor allen anderen Dingen haben müssen. Er ist das Ergebnis einer ins Extreme gesteigerten liberalen Profitauffassung, nach der alles erlaubt ist, um einige Euros mehr zu verdienen, sogar die Missachtung der elementarsten Sicherheitsregeln bis hin zur Katastrophe.

Diese gleiche Auffassung herrschte auch in dem unrühmlich bekannten Fall von Irish Ferries vor, von denen bald nur noch der Name irisch sein wird: Im Namen des Profits wird das gesamte Personal eines Unternehmens, das korrekt arbeitet, auf die Straße geworfen.

Diese gleiche Auffassung veranlasst ebenfalls bestimmte Reeder, die innergemeinschaftliche Kabotage ausführen, Schiffe mit zahlenmäßig unzureichender Besatzung und unter Bedingungen zu betreiben, die sowohl die Besatzungen wie auch die Schifffahrt insgesamt gefährden.

Mit diesen erbärmlichen Arbeitsbedingungen werden auch die Traditionen und das Können der europäischen Seeleute aufs Spiel gesetzt, denn sie haben das Ansehen des Sektors so verschlechtert, dass es immer schwieriger wird, europäische Seeleute anzuheuern.

Natürlich wird dieses Profitstreben niemals offen zugegeben. Man greift vielmehr zum Argument der internationalen Konkurrenz, die im Wesentlichen asiatisch und natürlich „unfair“ ist, um diese Praktiken zu rechtfertigen, auch wenn es diese Konkurrenz gar nicht gibt. Oder hat jemand schon davon gehört, dass chinesische Unternehmen Fähren in der Ostsee oder im Ärmelkanal betreiben?

Es geht nicht darum, diesen Wettbewerb zu bestreiten. Er betrifft einen Teil des Sektors und hat auch sein Gutes. Doch er muss kontrolliert werden und fair sein. Es ist durchaus möglich festzulegen, auf welcher Grundlage er zu erfolgen hat. Und auch wenn das soziale Dumping leider eine traurige Realität im Seefahrtsektor ist, so ist es doch nicht unvermeidbar.

Natürlich gibt es diejenigen, die sich damit abfinden und Profit damit zu machen versuchen, doch man kann es auch ablehnen, indem man für eine generelle Anhebung der sozialen Standards weltweit eintritt, damit sich letztlich alle dem internationalen Wettbewerb unter gleichen Bedingungen stellen. Dies ist der Weg, wie Sie sicher verstanden haben werden, auf den sich – wie ich möchte – Europa begeben sollte.

Denn wie wir wissen, kann die Wettbewerbsfähigkeit in Europa nicht durch Kostenminimierung und Absenken der sozialen Standards erreicht werden. Sie kann nur mittels Qualität erreicht werden: der Qualität der Schiffe, der Qualität der Besatzungen, die durch angemessene Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen gesichert wird.

Das heute Abend zur Debatte stehende IAO-Übereinkommen gibt uns Gelegenheit, diese Wahl zu treffen. Es löst nicht alle Probleme, aber es ist ein Schritt nach vorn. Und es bietet den europäischen Reedern und den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, ihr Engagement zur Wahrung bestimmter Werte, die von der Europäischen Union und ihrem sozialen Modell verkörpert werden, unter Beweis zu stellen. Mit der Unterzeichnung des Übereinkommens im Februar 2006 haben sie eine Absichtserklärung in diesem Sinne abgegeben. Wir erwarten nun, dass sie diese in die Tat umsetzen.

Was die Reeder betrifft, so kann ich nur begrüßen, dass sie sich entschlossen und engagiert am europäischen sozialen Dialog mit ihren gewerkschaftlichen Partnern beteiligen, um bis Jahresende einen europäischen Tarifvertrag abzuschließen, in den die relevanten Bestimmungen dieses Übereinkommens übernommen werden. Eine erste Verhandlungsrunde ist heute zu Ende gegangen, und das Klima scheint sehr konstruktiv zu sein. Dies ist eine gute Sache, und ich denke, wir können auch die konstruktive Rolle begrüßen, die die Europäische Kommission beim Zustandekommen dieses Prozesses gespielt hat.

Die Mitgliedstaaten ihrerseits halten den Schlüssel für das Inkrafttreten dieses Übereinkommen in den Händen. Wie bereits gesagt, wenn die EU und die EFTA ratifizieren, dann tritt das Übereinkommen in Kraft und gilt überall. Wenn Europa rasch ratifiziert und die anderen Länder folgen, dann wird Europa sich als treibende Kraft erweisen und unter Beweis stellen, dass ein anderer Weg als der der Ausbeutung und des Dumpings möglich ist und dass Wettbewerb auch mit Verantwortungsbewusstsein vereinbar ist.

Es ist daher unabdingbar, wenn man an die Besonderheit des europäischen Modells glaubt, dafür zu sorgen, dass dieses Übereinkommen rasch ratifiziert wird. Und es ist ebenfalls unabdingbar, dass an dem von der IAO vorgeschlagenen Termin Ende 2008 festgehalten wird.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident! Zunächst möchte ich nochmals Frau McDonald danken. Des Weiteren möchte ich feststellen, dass das IAO-Übereinkommen eine erste Antwort darstellt. Durch die Anhebung der Arbeitsstandards wird es einen faireren Wettbewerb ermöglichen.

Zudem hat die Kommission eine sehr eingehende Studie zum Sektor Fährverkehr durchgeführt. Sie wird zu einem späteren Zeitpunkt prüfen, ob ein neuer Richtlinienvorschlag zu dieser Thematik angebracht und zweckdienlich ist.

Ich möchte ebenfalls feststellen, dass uns bewusst ist, dass der Endtermin Dezember 2008 ein hochgestecktes, aber realistisches Ziel ist. Die IAO hat einen Aktionsplan aufgestellt, der von einem Inkrafttreten des Seearbeitsübereinkommens 2010, spätestens 2011 ausgeht. Mit ihrem Vorschlag, die Ratifizierungsurkunden bis Ende 2008 zu hinterlegen, stellt die Kommission sicher, dass die Mitgliedstaaten den vorgesehenen Zeitplan einhalten. Nach den IAO-Regeln würde das Übereinkommen vor Anfang 2010 in Kraft treten, wenn die Mitgliedstaaten ihre Ratifizierungsurkunden spätestens bis Ende 2008 hinterlegen. Wie Sie sehen, ist es von größter Wichtigkeit, dass wir dieses Datum einhalten.

Weiterhin möchte ich Herrn Navarro und Frau Panayotopoulos antworten. Parallel zu den Beratungen des Europäischen Parlaments über den Standpunkt zu dem Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Ermächtigung der Ratifizierung des Übereinkommens sind die Sozialpartner zusammengekommen, um eine eventuelle Sozialvereinbarung auf der Grundlage dieses Übereinkommens auszuhandeln. Ich möchte daran erinnern, dass das Verfahren des sozialen Dialogs eine Chance für die Europäische Union ist, und ich hatte selbst Gelegenheit, den Sozialpartnern, d. h. den Reedern und den Gewerkschaften, meinen Wunsch mitzuteilen, dass sie eine Vereinbarung zu diesem Übereinkommen abschließen mögen.

Die Sozialpartner, denen der bestehende Text vorliegt, sollen ihn nicht neu verhandeln, sondern die geeigneten Bestimmungen auswählen, die dem Gemeinschaftsrecht hinzuzufügen sind. Die Perspektive einer Sozialvereinbarung bis Ende 2007 scheint jetzt wirklich Gestalt anzunehmen. Sobald der Kommission eine Vereinbarung der Sozialpartner vorliegt, wird sie eine Richtlinie vorschlagen, um sicherzustellen, dass die Bestimmungen der Vereinbarung in ganz Europa eingehalten werden.

Mithilfe des Parlaments beschleunigen wir die erforderliche Ratifizierung der Vereinbarung, und mithilfe der Sozialpartner verfügen wir über eine Vereinbarung, die es ermöglicht, die neuen Bestimmungen rasch in das europäische Recht einzubeziehen. Meiner Meinung nach haben wir damit gemeinsam eine gute Arbeit für die Beschäftigungsbedingungen der Seeleute geleistet, für einen äußerst bedeutenden Schritt nach vorn im sozialen Bereich, der – wie Sie vorhin übereinstimmend hervorgehoben haben – die Einstellung von jungen Matrosen begünstigen wird, die die Europäische Union braucht, um ihren Seeverkehr weiterzuentwickeln.

Ich danke dem Parlament ganz herzlich, Herr Präsident, für sein äußerst entschlossenes Eintreten zugunsten dieses bedeutsamen Übereinkommens. Ich bin froh darüber, dass Europa sich an die Spitze dieser Initiative gesetzt hat und gewissermaßen dazu beiträgt, die Globalisierung mit menschlichem Gesicht voranzubringen, die wir brauchen.

 
  
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  Der Präsident. Danke, Herr Kommissar. Ich möchte die Berichterstatterin, Frau McDonald, beglückwünschen.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen um 12.30 Uhr statt.

Anlage – Standpunkt der Kommission

 
  
  

Bericht McDonald (A6-0019/2007)

Die Kommission kann die Änderungsanträge 1, 2 und 3 annehmen.

 
  
  

Schriftliche Erklärung (Artikel 142)

 
  
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  Marianne Mikko (PSE), schriftlich.(ET) Die Seewirtschaft bietet 5 Millionen Menschen in der Europäischen Union Arbeit. Die Ostsee ist unser Binnengewässer, das Mittelmeer und das Schwarze Meer spielen in unserer Außenpolitik eine zentrale Rolle, und die Nördliche Dimension dehnt unsere Zuständigkeit bis in arktische Gewässer aus.

Es ist an der Zeit, dass wir in der Europäischen Union auch eine Union von maritimen Staaten sehen und in der Welt einen entsprechenden Standpunkt vertreten.

Mein Heimatland Estland ist seit Jahrhunderten ein maritimes Land. Ernest Hemingway sagte einmal, man könne in jedem Hafen der Welt einen Esten finden. Doch in den letzten zehn Jahren haben wir 57 % der Arbeitsplätze in der Schifffahrt verloren.

Viele Frachtschiffe fahren neuerdings unter Billigflagge, und ihre Arbeitskräfte kommen aus Drittländern, wo man bereitwillig schlechtere Arbeitsbedingungen akzeptiert. In der europäischen Seeschifffahrt fehlen insgesamt 17 000 Arbeitskräfte. Das ist in erster Linie auf die schlechten Arbeitsbedingungen in diesem Bereich zurückzuführen.

Wir können eine Vernichtung von Arbeitsplätzen im maritimen Bereich nicht zulassen, vor allem dann nicht, wenn dies eine Senkung der Seearbeitsnormen zur Folge hat.

Wir können uns nicht aus einem strategischen Sektor zurückziehen, der 90 % des weltweiten Warenverkehrs und 40 % des Warenverkehrs in der Europäischen Union gewährleistet. Die Ratifizierung der Seearbeitsnormen durch unsere Mitgliedstaaten würde wesentlich dazu beitragen, dass diese Normen weltweit eine größere Akzeptanz finden.

Indem wir einen Beitrag zur Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen im globalen Seefrachtverkehr leisten, tragen wir im Wesentlichen auch zur Erreichung der Ziele des Lissabonprozesses bei, da wir damit die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union auf den Meeren erhöhen.

Auf Kosten von Menschenleben und der menschlichen Gesundheit erzielte Wettbewerbsvorteile lassen sich durch wirtschaftliche Überlegungen nicht rechtfertigen. Bedingungen, die für Seeleute wie die Natur gefährlich sind, haben keinen Platz im 21. Jahrhundert.

 
  

(1)Standpunkt der Kommission zu den Änderungsanträgen: siehe Anhang.


18. Europäische Agentur für Flugsicherheit (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Jörg Leichtfried im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1592/2002 vom 15. Juli 2002 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit (KOM(2005)0579 – C6-0403/2005 – 2005/0228(COD)) (A6-0023/2007).

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Im Jahr 2002 haben Sie die Verordnung 1592/2002 angenommen, mit der gemeinsame Regeln für die Lufttauglichkeit von Flugzeugen eingeführt und die Europäische Agentur für Flugsicherheit eingerichtet wurden.

Sie waren sich einig, dass ein optimales und einheitliches Sicherheitsniveau nur durch die Erweiterung des Geltungsbereichs dieses Textes und somit der Zuständigkeiten der Europäischen Agentur für Flugsicherheit erreicht werden kann, die auf den Flugbetrieb, die Pilotenlizensierung und die Sicherheit der Luftfahrzeuge von Drittländern ausgeweitet werden sollten.

Und Sie haben die Kommission ausdrücklich aufgefordert, einen Vorschlag in diesem Sinne vorzulegen. Es ist an der Zeit, eine Anomalie zu beenden: Während die Flugzeuge sich nunmehr in völliger Freiheit innerhalb eines vereinigten Marktes bewegen können, ist das Sicherheitsniveau zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten immer noch unterschiedlich.

Sie wissen ebenso wie ich, dass die von den zwischenstaatlichen Fachorganisationen ausgearbeiteten Regeln auf sehr unterschiedliche Weise in der Gemeinschaft umgesetzt werden. Daraus ergeben sich große nationale Unterschiede, ganz zu schweigen davon, dass nicht immer die strengsten Standards angewendet werden.

Sie haben gefordert, die Bemühungen um einer Verstärkung des generellen Niveaus der Flugsicherheit in Europa fortzusetzen. Dies ist das Ziel des Vorschlags, über den wir diskutieren, denn er beinhaltet die Erweiterung der gemeinsamen Regeln auf den Flugbetrieb, auf die Pilotenlizenzen und die Sicherheit von Luftfahrzeugen von Drittländern, d. h. die Ausstattung der Gemeinschaft mit Instrumenten, die zur Erhöhung der Sicherheit des Luftverkehrs in Europa beitragen werden.

Der Vorschlag verstärkt ebenfalls die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten bei der Inspektion der Flugzeuge sowohl von Drittländern als auch der Mitgliedstaaten. Er stattet die Agentur mit erweiterten Inspektionsvollmachten aus, die sich nunmehr auf sämtliche Tätigkeiten der zivilen Luftfahrtbehörden der Mitgliedstaaten und deren Unternehmen sowie auf die Fluggesellschaften erstrecken, um überprüfen zu können, dass sie die gemeinsamen Regeln einhalten. Weiterhin ist eine Sanktionsregelung vorgesehen, die beispielsweise den Entzug der gegenseitigen Anerkennung bei Nichtbefolgung vorsieht.

Dieser Text ist Teil eines kohärenten Pakets von Maßnahmen zur Verbesserung der Flugsicherheit. Dazu gehören, wie ich kurz in Erinnerung bringen will, die schwarze Liste, mit der die Fluggesellschaften, die die Sicherheitsregeln am wenigsten einhalten, mit einem Landeverbot in unseren Ländern belegt werden können, die Verstärkung der Regelung zur Inspektion der Flugzeuge – die SAFA-Richtlinie – und in Kürze wird die Kommission vorschlagen, diesen Regelungsrahmen durch Ausweitung der Kompetenzen der Europäische Agentur für Flugsicherheit auf die Sicherheit des Flughafenbetriebs und den Flugverkehr zu ergänzen, wie dies in dem beigefügten heute zur Diskussion stehenden Verordnungsvorschlag dargelegt ist.

Auf diese Weise wird die Gemeinschaft bis 2010 über ein kohärentes und einheitliches Paket von Sicherheitsregeln sowie eine einzige Einrichtung verfügen, die für deren Vorbereitung, Umsetzung und verbesserte Anwendung zuständig ist.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte Sie beglückwünschen und Ihnen für Ihren Beitrag zu dieser Strategie der Verstärkung der europäischen Flugsicherheit danken. Ich werde mir mit Interesse Ihre Redebeiträge zu diesem Thema anhören, das unzweifelhaft von wesentlicher Bedeutung für die Bürger der Europäischen Union ist.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE), Berichterstatter. – Herr Präsident, Herr Kommissar, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Da dies mein erster Bericht in diesem Hause ist, möchte ich zuerst die Gelegenheit nutzen, um mich bei den Schattenberichterstattern für die sehr gute Zusammenarbeit zu bedanken, speziell bei Herrn Becsey, Herrn Degutis, Frau Lichtenberger und Herrn Kohlíček, aber auch bei den anderen Fraktionen, weil ich erlebt habe, wie gut, wie konzentriert und wie konsensbereit man in so einer Sache zusammenarbeiten kann.

Zum Inhalt selbst: Welchen Zustand erleben wir derzeit noch im europäischen Luftraum? Wir haben im Prinzip einen einheitlichen Luftraum, wir haben derzeit jedoch 27 unterschiedliche Sicherheitsstandards, und dadurch werden einige Dinge möglich, die meines Erachtens nicht gut sind. So haben etwa weniger seriöse Unternehmen derzeit noch die Möglichkeit, sich ihre Sicherheitsstandards in Europa sozusagen auszusuchen — je nachdem, in welchem Land sie sich zertifizieren lassen wollen. Dann gibt es europäische Flugzeuge, die mehrere Jahre lang ihr Heimatland nicht mehr sehen, weil sie auf anderen Strecken verkehren und deshalb auch nur mangelhaft bis gar nicht überprüft werden können, und auch die Kontrolle der von außerhalb der Europäischen Union einfliegenden Flugzeuge war relativ schwierig.

Der Vorschlag der Kommission, wie er vom Herrn Kommissar gerade vorgestellt wurde, wurde daher von mir — und ich denke von der großen Mehrheit dieses Hauses — ausdrücklich begrüßt. Worin wir uns nicht immer ganz einig waren, war der Weg zu diesem Ergebnis, das wir gerne gehabt hätten. Hierbei unterscheide ich im Prinzip drei Bereiche: Wir waren uns einig darin, dass es unbedingt notwendig ist, Drittlandflugzeuge ganz effizient zu kontrollieren, und wir waren uns auch darüber einig, dass die EASA die Möglichkeit haben sollte, so genannte Ramp inspections ungehindert durchzuführen.

Etwas schwieriger war die Entscheidung schon bei der Frage, wie das Management Board der EASA in Zukunft bestimmt werden soll. Hier hat der zuständige Ausschuss für Verkehr in seiner Abstimmung meines Erachtens eine sehr positive Europäisierung des gesamten Prozedere vorgeschlagen und für einen gewissen Übergang von den Mitgliedstaaten zum Rat und zum Europäischen Parlament gesorgt. Die zweite essenzielle Frage war: Wie sollten die Qualifikationen der Mitglieder des Management Board sein? Auch hier ist eine zufriedenstellende Lösung gefunden worden. Etwas schwieriger war noch die Frage etwaiger Sanktionsmöglichkeiten der EASA. Hierzu gibt es im Hause unterschiedliche Meinungen, und man wird sehen, wie die Sache bei der Abstimmung morgen ausgehen wird.

Besonders schwierig und nicht durchsetzbar waren zwei Dinge, die ich aber trotzdem erwähnen möchte: Einerseits — und ich habe aus meiner diesbezüglichen Überzeugung nie einen Hehl gemacht — ist es nicht gelungen, sich auf eine extensivere Zertifizierungsregelung für das Kabinenpersonal zu einigen. Hier findet scheinbar ein Glaubenskrieg statt — Herr Jarzembowski winkt mir gerade als ein Proponent dieses Glaubenskrieges —, bei dem es auf der einen Seite ein kompromissloses Dafür und ein auf der anderen Seite ein kompromissloses Dagegen gibt. Hier kann ich nur hoffen, dass die Lösung, die wir jetzt gefunden haben, die Tür für eine Lösung in der Zukunft öffnet, und dass diese künftige Lösung im Sinne des Kabinenpersonals und im Sinne vor allem der Sicherheit der Passagiere nicht allzu lang auf sich warten lässt.

Die zweite Frage, wo es besonders schwierig war, ist die, bei der es eigentlich immer schwierig ist, nämlich bei der Finanzierung. Das Budget der EASA hat im Jahr 2006 70 Millionen betragen, was teilweise durch Zertifizierung, teilweise durch Steuergelder finanziert wurde.

Die Problematik bei der Zertifizierung stellt sich so dar, dass es erstens immer schwieriger wird, für gewisse Zertifizierungsaufgaben Geld zu bekommen, und dass zweitens der Wunsch besteht — den ich teile —, kleinere und mittlere Unternehmen bei diesen Zertifizierungskosten nicht gleich stark zu belasten wie große Unternehmen, die sich ja mit größeren Stückserien dabei viel leichter tun. Eine interessante Lösung wäre gewesen, eine Art Passenger fee einzuführen, wenn man bedenkt, dass schon mit 5 Cent pro Ticket das halbe EASA-Budget finanziert werden könnte. Das fand aber keine Zustimmung.

Ich sehe dieser Abstimmung morgen mit großem Interesse entgegen und möchte mich abschließend noch einmal für die gute Zusammenarbeit bedanken.

 
  
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  Zsolt László Becsey, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (HU) Ich möchte die Kommission nochmals zu ihrem hochaktuellen Vorschlag beglückwünschen und gleichzeitig dem Berichterstatter, Herrn Leichtfried, für seine Gründlichkeit und seine auf den Erfolg des Berichts ausgerichtete Kompromissbereitschaft meine Anerkennung aussprechen.

Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten teilt die Ansicht, dass wir den Tätigkeitsbereich der Europäischen Agentur für Flugsicherheit heute in angemessener Weise erweitern müssen, um ihre Effektivität vor allem im Hinblick auf Pilotlizenzen, die Regelung des Flugbetriebs und die Beziehungen zu Entwicklungsländern zu verbessern. Wir akzeptieren auch, dass für diesen Zweck mehr Ressourcen und ein größeres Budget erforderlich und ständig zu kontrollieren sind, wie das in der Stellungnahme des Haushaltsausschusses zum Ausdruck kommt.

Ich möchte allerdings auf einige grundsätzliche Dinge verweisen. Erstens ist es meines Erachtens wichtig, dass wir im Hinblick auf das Flugpersonal nicht den Kompromiss antasten, den wir in Bezug auf Ausbildung und Zulassungen bereits in einer anderen Form im Rahmen von EU-OPS erreicht haben. Zweitens halte ich es für wichtig, dass wir bei der Genehmigung von gewerblichen und nicht gewerblichen Tätigkeiten diese Unterscheidung beibehalten sollten. Außer in Bezug auf Sicherheit bestehen Unterschiede hinsichtlich der Tätigkeitsparameter und ihres Wesens, und wir sollten nicht versuchen, private Aktivitäten mit bürokratischen Mitteln zum Erliegen zu bringen. Auch im Falle von medizinischen Untersuchungen und Freizeitaktivitäten müssen wir uns an den Grundsatz der Subsidiarität halten. Es ist nicht nötig, alles noch komplizierter zu machen.

In Anbetracht der zunehmenden Komplexität der Aufgaben befürworten wir die Schaffung eines Exekutivbüros sowie im Falle des Verwaltungsrates eine größere Rolle in der Gemeinschaft. Der Rat sollte die Vertreter der Mitgliedstaaten ernennen und das Parlament konsultieren, und die Kommission sollte einen Stimmanteil von 25 % haben. Das wäre ein realistischer Kompromiss. Meines Erachtens dürfen die Aufgaben der EASA in Bezug auf die Musterberechtigung die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer Unternehmen aufgrund des Kosten- und Zeitfaktors nicht stärker beeinträchtigen als zu Zeiten nationaler Zulassungen. Wir lehnen den Vorschlag, dass die EASA unabhängige Sanktionen verhängen kann, ab; das sollte weiterhin das Vorrecht der Mitgliedstaaten bleiben. Wichtig ist, dass die Finanzen der EASA transparent sind und sich keine externe Interessengruppe mittels Spenden Einfluss verschaffen kann. Wir sind zudem dagegen, dass die aus den neuen Auflagen resultierende Belastung auf die Passagiere verlagert wird, denn kein Teil dieses Zweigs erhält Subventionen, sondern ist einzig und allein vom Markt abhängig, und die Industrie zahlt zu diesem Zweck Gebühren und Beiträge.

 
  
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  Robert Evans, im Namen der PSE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich bin ebenfalls der Meinung, dass dies ein guter Bericht ist, und ich möchte meinen Kollegen Herrn Leichtfried nicht nur zu dem Bericht beglückwünschen, sondern auch zu der Art und Weise, in der er andere Kollegen im Parlament in die Diskussionen und die Aussprache einbezogen hat.

Wir befassen uns mit der Erweiterung des Aufgabenbereichs der Europäischen Agentur für Flugsicherheit. Das halte ich für eine gute Idee, sofern sie ordnungsgemäß umgesetzt wird. Geschieht das nicht, wäre das Resultat nicht positiv. Wir als Mitglieder des Ausschusses und als Parlamentsabgeordnete wissen, dass Flugreisen – und viele von uns absolvieren davon mehr, als uns lieb ist – zu den sichersten Arten des Reisens zählen, die es gibt. Meines Erachtens brauchen wir eine vernünftige Reaktion, und in Anbetracht des Binnenmarktes wäre eine europäische Reaktion in Sachen Sicherheit durchaus angemessen.

Dennoch enthält der Bericht Punkte, die mich bedenklich stimmen, und ich möchte die Abgeordneten auf einige dieser Punkte hinweisen. Der Berichterstatter kennt einige meiner Bedenken.

Änderungsantrag 17 unterstreicht meine Bedenken in Bezug auf Geldbußen und Zwangsgelder. Wenn es um Sicherheit geht, kann man meines Erachtens keine Kompromisse schließen. Deshalb stellen Geldbußen und Zwangsgelder meiner Ansicht nach kein effektives Mittel zur Durchsetzung der Sicherheit dar. Mir wäre es wesentlich lieber, wenn die Lizenz einer Fluggesellschaft im Falle von Bedenken bezüglich ihrer Sicherheit ausgesetzt oder ihre Zulassung widerrufen würde. Mit halben Sachen können wir uns meines Erachtens hier nicht zufrieden geben. Ich glaube nicht, dass eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld in der gleichen Weise wie der Entzug ihrer Zulassung eine Fluggesellschaft veranlassen würde, Mängel zu beheben.

(Zwischenruf von Herrn Jarzembowski)

Lassen Sie mich weitermachen, dann werde ich Sie auch nicht unterbrechen. Ich habe kein Wort von dem verstanden, was Sie gesagt haben. Vielleicht war es wichtig, aber es ist mir völlig entgangen.

Ich habe auch bezüglich von Gebühren Bedenken, weil die Agentur nach meinem Dafürhalten eine sichere Grundlage braucht. Die Finanzierung muss gesichert sein. Die Agentur muss wissen, dass die Finanzierung weitergeht, und ich glaube nicht, dass man der Festlegung der Mittel willkürliche Grenzen setzen kann.

Außerdem habe ich Bedenken bezüglich des von Herrn Leichtfried angesprochenen Verwaltungsrates. Ich denke, die Bürger erwarten, dass sich die Verwaltungsratsmitglieder in vollem Umfang für ihre Sicherheit einsetzen. Die Mitgliedstaaten sollten in der Lage sein, entsprechend qualifizierte Kandidaten zu benennen und zu wählen, um sicherzustellen, dass ihre Interessen vertreten und Verpflichtungen erfüllt werden.

Mein abschließender Punkt betrifft Änderungsantrag 1. Es gibt einen Unterschied zwischen der Sicherheit des Luftverkehrs (safety) und der Luftsicherheit (security). Das sind zwei unterschiedliche Dinge, und mir ist nicht klar – vielleicht kann mich ja jemand davon überzeugen –, welche Vorteile es hätte, bei einer Maßnahme, bei der es um die Flugsicherheit geht, die Luftsicherheit ins Spiel zu bringen. Die Luftsicherheit ist gleichermaßen wichtig, aber das ist eine ganz andere Problematik.

 
  
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  Der Präsident. – Wir sind hier nicht in Westminster, und deshalb möchte ich die Abgeordneten bitten, die jeweiligen Redner nicht zu unterbrechen.

 
  
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  Arūnas Degutis, im Namen der ALDE-Fraktion. – (LT) Ich möchte dem Berichterstatter und den Schattenberichterstattern meinen Dank für die Zusammenarbeit beim Ausarbeiten der Änderungsanträge aussprechen. In dieser Zeit sind wir recht gute Freunde geworden. Das gehört vielleicht zu den schönen Seiten unserer Arbeit im Parlament.

Heute erörtern wir die Änderung der Verordnung, die 2002 in Kraft getreten ist – ein logischer Schritt, der uns in die Lage versetzt, die Anwendung der Verordnung in der Praxis zu bewerten und ihren Geltungsbereich auszuweiten.

Mit den eingereichten Änderungsanträgen sollen der Zuständigkeitsbereich der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) erweitert sowie u. a. ihre Verwaltungs- und Haushaltsverfahren verbessert werden. Großes Augenmerk gilt der Bestätigung einheitlicher Flugsicherheitsstandards und der Kontrolle ihrer Durchsetzung. Wir alle messen der Flugsicherheit Priorität bei. Der zunehmende Luftverkehr zwingt uns dazu, eine einzige starke Instanz einzurichten. Dadurch wird verhindert, dass sich mangelnde Koordinierung oder Streitigkeiten zwischen nationalen Luftfahrtbehörden negativ auf die Flugsicherheit auswirken. Deshalb zielen die meisten der vorgeschlagenen Änderungen vor allem darauf ab, der EASA mehr praktische Befugnisse einzuräumen, damit sie die von ihr erwarteten Aufgaben erfüllen kann.

Ich möchte herausstellen, dass wir bei der Verbesserung der Verordnung nicht nur bestrebt waren, strengere Vorschriften zu erlassen und Befugnisse in eine Hand zu legen, sondern auch Standards in den Bereichen zu lockern, in denen Änderungen der praktischen Umstände dies ermöglichen. Ein solches Gebiet ist der Leichtflugzeugbetrieb. Die eingebrachten Änderungsanträge sehen gelockerte Standards für die Erteilung von Erlaubnissen für Privatluftfahrzeugführer sowie weniger strenge Vorschriften für diese Art von Aktivitäten vor, sodass es befugten Bewertungsstellen wie z. B. Pilotenverbänden gestattet ist, „Freizeitgenehmigungen für Leichtflugzeugpiloten“ zu erteilen.

Die Änderungsanträge beziehen sich auch auf den Schutz von Informationsquellen, was dann von Bedeutung ist, wenn unerlässliche Informationen zu Verstößen gegen Rechtsvorschriften eingeholt werden sollen.

Mit den Kommentaren zu der Verordnung wird gleichermaßen die Verbesserung der Vorschriften für die Einstellung von EASA-Fachleuten mit dem Ziel angestrebt, dass die EASA auch in Zukunft erfahrene Spezialisten gewinnen und die Bedingungen für erforderliche interne Schulungen schaffen kann.

Zum Schluss möchte ich an die Kolleginnen und Kollegen appellieren, für diese zeitgemäßen und unverzichtbaren Änderungsanträge zu stimmen.

 
  
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  Mieczysław Edmund Janowski, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Leichtfried, für seine gute Arbeit danken. Wie die übrige Welt muss auch Europa garantieren, dass seine Zivilluftfahrt bei der Beförderung von Gütern und Passagieren sicher und effektiv ist. Das gilt ebenso für den Freizeitbetrieb, den Flugsport und die Ausbildung von Luftfahrzeugführern.

Dazu bedarf es entsprechender technischer, organisatorischer und gesetzlicher Maßnahmen. Selbstverständlich müssen auch der Umweltschutz sowie die Belange der in der Luftfahrtindustrie Beschäftigten berücksichtigt werden. Das alles hat natürlich eine bestimmte finanzielle Dimension.

Die geltende Verordnung (EG) Nr. 1592/2002 ist fast fünf Jahre alt und hat ihren Zweck hinreichend erfüllt. Nun ist es jedoch an der Zeit, dass wir den neuen Bedingungen Rechnung tragen, die zum einen aus der lawinenartigen Zunahme des Luftverkehrs und der terroristischen Bedrohung und zum anderen aus der Notwendigkeit resultieren, das komplizierte System von Vorschriften, Verfahren und Normen für den Luftverkehr zu ordnen und zu vereinheitlichen.

Die Verordnung, über die wir hier sprechen, muss deshalb mit anderen Vorschriften für diesen Sektor, angefangen beim Chicagoer Luftfahrtübereinkommen, im Einklang stehen. Hoffen wir, dass die Europäische Agentur für Flugsicherheit die ihr übertragenen Aufgaben in Zusammenarbeit mit den einzelnen Mitgliedstaaten, was ich für sehr wichtig halte, verantwortungsbewusst erfüllt. Hoffen wir ferner, dass die Sicherheitsstandards vereinheitlicht werden und die daraus resultierenden Normen ein hohes Sicherheitsniveau gewährleisten.

Hervorzuheben ist die große Bedeutung, die der internationalen Zusammenarbeit im Luftverkehr zukommt. Bedauerlicherweise ist die Europäische Union in der ICAO, der UN-Agentur, die sich mit weltweiten Luftfahrtthemen beschäftigt, nicht vertreten. Dieses Manko muss behoben werden. Entsprechend der Verordnung wird sich die Agentur für Flugsicherheit auch mit Drittlandflugzeugen befassen. Das ist positiv und ermöglicht eine Überprüfung, ob Betreiber aus Drittstaaten den Sicherheitsstandards genügen, bevor ihnen die Aufnahme des Betriebs gestattet wird.

Ich stimme dem Berichterstatter auch dahingehend zu, dass die Zuständigkeit der Agentur auf Bereiche ausgedehnt werden muss, die derzeit zu den Aufgaben von Eurocontrol gehören. Im Namen der Fraktion Union für das Europa der Nationen unterstütze ich diese Verordnung sowie nahezu alle Änderungsanträge. Ich möchte jedoch unterstreichen, dass unsere Maßnahmen in erster Linie auf die Fluggäste, d. h. auf ihre Sicherheit und Bequemlichkeit einschließlich des Aufenthalts auf dem Flughafen und während des Fluges ausgerichtet sein müssen. Ich halte es für notwendig, die europäischen und internationalen Vorschriften in diesem wichtigen Bereich weiter zu harmonisieren.

 
  
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  Eva Lichtenberger, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Herzlichen Dank auch an den Kollegen Leichtfried, der sich sehr bemüht hat, einen Konsens zu erzielen, wo es ja anfänglich nur an der Oberfläche leicht schien, mit diesem Thema umzugehen. Natürlich erscheint es jedermann zuerst einmal logisch, dass wir bei einem einheitlichen Luftraum auch einheitliche Standards sowie eine einheitliche und starke Kontrolle brauchen, wenn wir Sicherheit gewährleisten wollen. Außerdem müssen wir die Konsequenz aus unserer Debatte über die so genannten black lists ziehen und dafür sorgen, dass Drittstaatslinien genau so strikt und präzise überprüft werden können wie das in unserem eigenen Hause stattfindet.

Einige Voraussetzungen haben wir geschaffen. Das management board, so wie es jetzt vorgeschlagen wird, ist etwas handlungsfähiger und schneller, als es bisher der Fall war. In Sachen Finanzierung müssen wir neben dem üblichen Entgelt für die Zertifizierung von Fluggerät, das klarerweise nicht ersetzt werden soll durch irgendwelche Abgaben, an bestimmte Gebühren denken für Leistungen, die nicht in diesen Bereich fallen, und die sozusagen nicht kommerziell genutzt werden und genutzt werden können.

Eine große Diskussion war natürlich wiederum – und das hatten wir schon bei den so genannten EU-OPS – die Frage des Kabinenpersonals. Das ist eine Frage, die wir lösen müssen. Hier müssen wir Standards schaffen, die auch vor schlechten Arbeitsbedingungen und vor Sozial- oder Sicherheitsdumping schützen.

Eine weitere Zukunftsaufgabe wird sein, die Schadstoffemissionen aus dem Flugverkehr auf einen akzeptablen Stand zu reduzieren und dem Klimaziel der Europäischen Union zu unterwerfen.

 
  
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  Vladimír Remek, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (CS) Meine Damen und Herren! Wir sind uns generell darin einig, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im Luftverkehr von Nutzen sind. Die Tatsache, dass die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) in der Lage ist einen Beitrag zur Gewährleistung der Freizügigkeit für luftfahrttechnische Erzeugnisse, Verkehrsleistungen und Personal zu leisten, weil verschiedene Lizenzen, Zulassungen und sonstige Dokumente, die über die Agentur oder nationale Einrichtungen auf der Basis ihrer eigenen Vorschriften ausgestellt wurden, automatisch in anderen Mitgliedstaaten akzeptiert werden, ist eindeutig zu begrüßen.

Deshalb möchte ich ausgehend davon, dass ich viele Jahre als Pilot tätig war, meine Unterstützung für die vorgeschlagene Verordnung und für die Arbeit des Berichterstatters zum Ausdruck bringen. Dennoch, meine Damen und Herren, können einzelne Maßnahmen trotz der besten Vorsätze kontroverse, ja schädliche Auswirkungen für einige der Betroffenen haben. Ein Beispiel dafür ist die Tatsache, dass die Berücksichtigung von Fluggerät mit einer Masse bis zu 600 kg den Luftverkehr nicht wesentlich verbessert, sondern zu einem enormen Kosten- und Verwaltungsaufwand führt. Die Herstellung von Ultraleichtflugzeugen ist eine Chance für unsere exportstarken KMU, um sich auf schwierigen Weltmärkten einschließlich des US-amerikanischen Marktes zu behaupten.

Da dieser Spezialsektor der Luftfahrttechnik im Gegensatz zu einigen anderen Bereichen im Anhang zur Verordnung leider nicht von der Anwendung der Verordnung ausgenommen wird, wird dieses Dokument immense Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Hersteller haben. Es wird eine Diskriminierung auf dem Markt zur Folge haben, die sicher nicht zu den Zielen des neuen Rechtsaktes und der vom Parlament angenommenen Änderungsanträge zählt.

Ich halte die Problematik im Zusammenhang mit der Verhängung von Zwangsgeldern für verwirrend. Meines Erachtens wäre es sinnvoller, die frühere Praxis des Entzugs von Lizenzen beizubehalten bzw. gar keine Lizenz zu erteilen. Zwangsgelder stellen keine Standardmaßnahme dar, und es besteht die Gefahr der missbräuchlichen Verhängung zur Aufstockung der Einnahmen durch diejenigen, die solcherart beigetriebene Ressourcen entgegennehmen.

Hinzu kommt, dass einige der in diesem Dokument enthaltenen Vorschläge die Souveränität der Mitgliedstaaten beeinträchtigen, obwohl sie mit dem Kriterium der Luftverkehrssicherheit gar nichts zu tun haben. Folglich sollten wir genauer kontrollieren, wie sich unser Tun im Kampf für mehr Sicherheit auf alle Bürger und Unternehmen in der EU auswirkt. Vielen Dank.

 
  
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  Georg Jarzembowski (PPE-DE). – Herr Präsident, sehr geehrter Herr Vizepräsident! Ich möchte die Debatte in einen anderen Zusammenhang stellen, nämlich in den Zusammenhang dessen, was wir heute Morgen debattiert haben, also die Luftverkehrssituation EU-USA.

Wir sind uns heute Morgen einig gewesen, dass es einen großen transatlantischen Luftverkehrsmarkt gibt, den wir noch weiter ausgebaut haben wollen. Jetzt ist die Frage: Wer spielt hier mit? Wir haben in den Verhandlungen klar gesagt: Wir wollen, dass Europa Amerika ebenbürtig ist. Das heißt auch, dass wir die Europäische Agentur für Flugsicherheit zu einem der amerikanischen FAA ebenbürtigen Partner aufbauen müssen. Heute ist es doch so, dass die FAA entscheidet, welche Maschine repariert und welche stillgelegt werden muss, weil sie eine gute Kompetenz und eine riesige Macht im Weltluftverkehr hat.

Die heutige Debatte, die wir über die Erweiterung der Aufgaben der EASA führen, ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Wir müssen die EASA schrittweise auf das gleiche Niveau bringen wie die FAA, damit wir – Europa und die USA – auch im administrativen Bereich partnerschaftlich vertreten sind.

Deshalb, Herr Kommissar, sollten wir uns in den nächsten Wochen, wie ja vorgesehen, in Ruhe im Ausschuss über die Auflösung der Reservemittel für die EASA unterhalten. Grundsätzlich aber habe ich die Frage: Welche sächliche und personelle Ausstattung muss die EASA haben, um einerseits von den nationalen Flugsicherheitsbehörden anerkannt zu werden – denn da gibt es immer noch Bedenken – und andererseits von der FAA?

Wenn wir diesen Weg weitergehen – eine schrittweise, sorgfältige Ausweitung der Zuständigkeiten der EASA in sächlicher und personeller Hinsicht, damit sie tatsächlich ein gleichgewichtiger Partner zur FAA werden kann –, dann haben wir das meiste für unsere Fluggesellschaften und unsere Passagiere erreicht.

 
  
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  Inés Ayala Sender (PSE).(ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich den Kommissar zu seiner sorgfältigen Erläuterung des so dringenden und notwendigen Textes sowie ferner insbesondere Herrn Leichtfried gratulieren, der hart gearbeitet hat, um die Wünsche zusammenzuführen und eine ausreichende Mehrheit im Parlament zu erreichen.

Ich glaube, dass die von uns vorgeschlagenen Änderungsanträge den Text verbessern, unter anderem dank der Vereinfachung der Geschäftsführung der Agentur durch die Abschaffung des Exekutivbüros, das überflüssig war. Die Unabhängigkeit der Agentur in den wirtschaftlichen Aspekten wird garantiert, es werden Bedingungen für die Transparenz der Rechnungsführung festgelegt und es wird ein System von Sanktionen erstellt, um ihre ordnungsgemäße Anwendung zu gewährleisten.

Trotzdem bedarf es einer Verbesserung, und daher freue ich mich über den Änderungsantrag 30 von Herrn Jarzembowski, der Nachteile für die europäische Industrie durch die Erhöhung der Zahl der Hubschrauberfluggäste verhindert. Ich war nicht sehr glücklich mit den Definitionen von Luftfahrzeugen, aber ich bin mit ihrer Erweiterung einverstanden, wenn sie einbezogen werden müssen. Insbesondere würde ich mich freuen, wenn wir alle die Änderungsanträge 33 und 34 unterstützen, die die Bedeutung des Kabinenpersonals anerkennen, das nicht nur für unsere Bequemlichkeit, sondern in wachsendem Maße auch für unsere Sicherheit verantwortlich ist.

Wir müssen den Bestimmungen der EU-OPS-Verordnung entsprechen und eine harmonisierte exzellente Ausbildung und Qualifizierung sowie berufliche und medizinische Bescheinigungen für diese Flugbegleiter vorsehen und festlegen.

 
  
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  Marios Matsakis (ALDE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte den Berichterstatter zu seinem ausgezeichneten Bericht über den Vorschlag der Kommission beglückwünschen, mit dem die Aufgaben der Europäischen Agentur für Flugsicherheit erweitert werden sollen. Diese Erweiterung ist notwendig, um ein hohes und einheitliches Niveau der Flugsicherheit zu gewährleisten und gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Luftverkehrsunternehmen der EU zu schaffen.

Der Bericht scheint eine breite fraktionsübergreifende Zustimmung zu finden, und das ist im Wesentlichen Ausdruck der guten Zusammenarbeit, die Herr Leichtfried mit den Schattenberichterstattern erzielen konnte.

Meines Erachtens besteht das bemerkenswerteste Merkmal dieses Berichts darin, dass der Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr für eine kleine Anzahl von Änderungsanträgen zum Kommissionsvorschlag gestimmt hat, durch die die europäische Agentur für Flugsicherheit die Befugnis erhält, Geldbußen und Zwangsgelder zu verhängen, sofern die entsprechenden Sicherheitsstandards nicht ordnungsgemäß erfüllt werden. Dabei muss klar sein, dass die Geldstrafen als zusätzliche Maßnahmen zu drastischeren Maßnahmen wie dem Widerruf der Zulassung gedacht sind.

Außerdem hat der Ausschuss dafür gestimmt, Informationsquellen – „Whistleblowers“ –, also Personen, die Informationen über Verletzungen oder die Nichteinhaltung von gesetzlichen Auflagen melden, angemessen zu schützen. Die Änderungsanträge des Ausschusses sollten unsere uneingeschränkte Unterstützung erhalten, da sie eine vernünftige und praktische Möglichkeit darstellen, um durchzusetzen, dass die Flugsicherheit die Aufmerksamkeit aller Beteiligten erhält, die sie verdient, und dass die Sicherheitsvorschriften wirksam eingehalten werden. Diesbezüglich dürfte in einigen Fällen das Zuckerbrot allein nicht ausreichen. Bisweilen hat auch die Peitsche ihre Daseinsberechtigung.

Vor achtzehn Monaten kam es in meinem Heimatland Zypern zu einer tragischen Flugzeugkatastrophe, bei der 121 Menschen ums Leben kamen. Ein Bericht zu den Ursachen dieses Unglücks verweist auf schwer wiegende Mängel bei der Umsetzung der Flugsicherheitsstandards. Wäre der vorliegende Kommissionsvorschlag damals bereits in Kraft gewesen, dann, da bin ich mir sicher, hätte diese Katastrophe vermieden werden können. Deshalb bleibt zu hoffen, dass dieser Vorschlag in der vom Verkehrsausschuss abgeänderten Fassung rasch umgesetzt werden wird. Je früher das geschieht, umso wahrscheinlicher ist es, dass ähnliche Flugzeugkatastrophen vermieden werden können.

 
  
  

VORSITZ: RODI KRATSA-TSAGAROPOULOU
Vizepräsidentin

 
  
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  Jaromír Kohlíček (GUE/NGL).(CS) Ich möchte eingangs dem Berichterstatter, Herrn Leichtfried, für seine ausgezeichnete Zusammenarbeit danken. Meine Damen und Herren, jedes Mal, wenn eine neue Agentur eingesetzt wird oder die Befugnisse einer Agentur auf der Grundlage einer Verordnung erweitert werden, müssen wir uns fragen, ob die Anzahl der Personen und Befugnisse den Anforderungen der betreffenden Organisation entspricht.

Niemand wird bestreiten, dass einheitliche Vorschriften im Bereich der zivilen Luftfahrt wichtig sind. So wie bei der vorhergehenden Verordnung liegt das Problem in der Definition der zivilen Luftfahrt in dem Bereich, auf den sich die Vorschriften beziehen. Die Diskrepanz zwischen den Vorschriften in den USA und denen in der EU bleibt bestehen, und zwar nicht zuletzt bei der Definition der Spezifikationen für die Ultraleichtkategorie. Vielleicht werden sich die Verhandlungsführer in der EU und in den USA in einem späteren Abschnitt der Verhandlungen mit dieser Frage befassen, und das Ergebnis wird Eingang in eine Änderung der neuen in der EU geltenden Regelung finden.

Was die Agentur angeht, so bin ich der Ansicht, dass die vorgeschlagene Anzahl an Mitarbeitern sowie das vorgeschlagene Budget der Erfüllung der Koordinierungs- und Kontrollaufgaben nicht angemessen sind. Nationale Erprobungen wurden kaum berücksichtigt. Ich glaube, dass sich der Rat dieser Frage annehmen wird. Die fraglichen Vorschläge werden die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) stärken. Aus praktischen Gründen befürworte ich jedoch nicht alle Vorschläge. Vor allem lehne ich den Vorschlag, die Erprobung von Ultraleichtflugzeugen zentral zu regeln, ab.

Besonders erwähnen möchte ich Änderungsantrag 5. Hier verstehe ich nicht, weshalb die Kommission mit ihrem Vorschlag die Zahl der Fluggastsitze von Kleinflugzeugen mit einer Startmasse von 5 700 kg auf neun beschränkt. Dieser Vorschlag widerspricht dem im Programm CESAR vorgesehenen Ziel der Entwicklung von Kleinflugzeugen, das vor über einem Jahr von der Kommission auf der Grundlage der dritten Aufgabenstellung im sechsten Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung beschlossen worden war.

Der neue Änderungsantrag sieht in Übereinstimmung mit dem Vorschlag im Programm CESAR 19 Fluggastsitze vor. Was die Forderung betrifft, dass das gesamte Flugpersonal und nicht nur die Piloten qualifiziert sein müssen, so präzisieren die Änderungsanträge den ursprünglichen Wortlaut, und aus diesem Grund befürworte ich sie. Leider hat die eindeutige Streichung der Ultraleichtkategorie aus dem Geltungsbereich der EASA nicht stattgefunden. Wie Herr Remek sagte, betrifft das alles Fluggerät bis zu einer Masse von 600 kg. Sinnvoll wäre es, wenn in dieser Flugzeugkategorie die angenommenen Kontroll- und Testverfahren so angewendet werden könnten, dass die Verifizierung auch künftig von den nationalen Prüfbehörden durchgeführt werden könnte.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE).(PT) Frau Präsidentin! Ich möchte Herrn Leichtfried zunächst ebenfalls zu seinem Bericht und seiner ausgezeichneten Arbeit gratulieren. Das Dokument, das wir heute hier erörtern, ist von größter Bedeutung für die Zukunft der europäischen Zivilluftfahrt. Dies gilt insbesondere mit Blick auf den steten Anstieg des Luftverkehrs in den kommenden Jahren und die jüngsten Verpflichtungen der Europäischen Union zur Senkung der CO2-Emissionen, was sicherlich nicht ohne Wirkung auf die Zivilluftfahrt bleiben wird.

Mithilfe der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) möchten wir sicherstellen, dass wir über strengste Sicherheitsvorschriften in der Zivilluftfahrt verfügen, die im europäischen Luftraum und in europäischen Flughäfen auch für Betreiber aus Drittstaaten gelten. Aus einer Bewertung der Arbeit, die die EASA seit 2003 geleistet hat, geht eindeutig hervor, dass wir die Befugnisse der Agentur vorsichtig auf die Bereiche Flugbetrieb, Pilotenlizenzen und Drittlandluftfahrzeuge ausweiten müssen. Dies darf aber nicht zu einer Erhöhung des bürokratischen Aufwands oder zur Errichtung rechtswidriger Hindernisse führen, die den normalen Betriebsablauf stören würden.

Wir können diese Änderungen allerdings nur unterstützen, wenn sie wirklich zur Erhöhung der Sicherheit im Flugverkehr beitragen. Der zwangsläufige Kompetenzverlust der nationalen Luftfahrtbehörden ist nur hinnehmbar, wenn damit ein eindeutiger Mehrwert für das Sicherheitsmanagement und die Zukunft der Europäischen Zivilluftfahrt verbunden ist.

Unser gemeinsames Ziel besteht also darin, der EASA die praktischen Befugnisse für die Erledigung der Aufgaben einzuräumen, die ihr neu übertragen wurden. Bisher hat jeder Mitgliedstaat in der Regel seine eigenen Vorschriften erlassen, wobei er sich auf international vereinbarte Mindeststandards stützte. Und es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass der europäische Luftraum stets der sicherste in der Welt war.

Daher möchte ich hervorheben, dass wir unbedingt auf die Erfahrungen der zuständigen nationalen Behörden zurückgreifen müssen, damit die gemeinsamen EU-Vorschriften effektiv festgelegt und umgesetzt und die Sicherheitsstandards ständig verbessert werden.

Ohne hier noch weiter ins Detail zu gehen – viele Details wurde bereits erwähnt –, möchte ich darauf hinweisen, dass in zahlreichen Bereichen noch Verbesserungen notwendig sind, insbesondere was eine bessere Zusammenarbeit mit den Luftfahrtbehörden der Mitgliedstaaten betrifft. Das Ziel, Frau Präsidentin, besteht nach wie vor darin, allen Fluggästen im europäischen Luftraum noch größeren Schutz und noch mehr Sicherheit zu bieten.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE). – Mobilitatea şi libera circulaţie a mărfurilor şi a persoanelor sunt indispensabile dezvoltării Uniunii Europene. Zilnic, 25 000 de aeronave operează pe aeroporturile europene, iar 30% din transportul aerian global este realizat de operatorii europeni.

Datele publicate astăzi pe site-ul Comisiei arată că numărul pasagerilor din primele 11 luni ale anului 2006 se ridică la 318 milioane. Deschiderea pieţei şi competiţia din domeniul transportului aerian au permis apariţia operatorilor aerieni cu preţuri reduse şi dezvoltarea aeroporturilor regionale. Numai în trimestrul 4 al anului 2006, companiile low-cost au abordat 201 noi rute care au generat 1 800 de zboruri pe săptămână. De aceea, creşterea siguranţei pasagerilor şi a securităţii transportului aerian, prin impunerea de reguli de securitate comune tuturor operatorilor de transport aerian, reprezintă o prioritate.

Agenţia europeană de siguranţă a aviaţiei va superviza autorităţile naţionale responsabile de pregătirea şi testarea pentru licenţierea piloţilor. În contextul securităţii transportului aerian şi al siguranţei pasagerilor, se impune însă şi certificarea şi testarea medicală a personalului navigant. Agenţia europeană de siguranţă a aviaţiei va impune aeronavelor şi echipajelor din ţări terţe, ce operează în spaţiul comunitar, prin verificări ex-ante, respectarea regulilor comune privind siguranţa aviaţiei. Având în vedere importanţa securităţii transportului aerian şi a siguranţei pasagerilor, doresc să felicit raportorul pentru munca depusă.

 
  
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  Alojz Peterle (PPE-DE). – (SL) Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Als Abgeordneter dieses Parlaments, Vielflieger und Pilot begrüße ich die Änderungen in der Verordnung 1592/02, die einen bedeutenden Beitrag zur Sicherheit der zivilen Luftfahrt leisten werden.

Aber hier geht es nicht nur um die wichtige Frage der Sicherheit. Es ist an der Zeit, dass die Europäische Union beim Thema Luftfahrt eindeutig Position bezieht. Damit meine ich ihre Einstellung zu Fluggästen, Flugzeugherstellern und Aufsichtsbehörden. Wir müssen unbedingt auf die Einführung von einheitlichen Standards drängen, denn nur dadurch können wir die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums erreichen.

Auch der Binnenmarkt spielt eine wesentliche Rolle. Wenn wir den Binnenmarkt wirklich ausbauen wollen, dann müssen wir auch einheitliche Regeln für die Herstellung und Zulassung von Flugzeugen einführen. In diesem Bereich sind gerade bei den Ultraleicht-Luftfahrzeugen die größten Unterschiede zu verzeichnen. Aber vor allem möchte ich unseren Beschluss begrüßen, größeres Augenmerk auf Freizeitpiloten zu legen. Diese werden sich freuen, wenn die Vorschriften vereinheitlicht und vereinfacht werden, wollen aber keine zusätzlichen bürokratischen Auflagen.

 
  
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  Christine De Veyrac (PPE-DE). – (FR) Frau Präsidentin, Herr Vizepräsident der Kommission, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst den Berichterstatter Jörg Leichtfried zu seinem ausgezeichneten Bericht und zu seiner Arbeit an dieser Verordnung beglückwünschen.

Ich gehe völlig konform mit ihm, wenn er feststellt, dass die Ausweitung der Zuständigkeiten der Europäischen Agentur für Flugsicherheit ein Fortschritt für die Europäische Union und für die Sicherheit der Fluggäste ist. So legt die Verordnung fest, dass Flugzeuge aus Drittländern nur dann in die Europäische Union einfliegen können, wenn sie von der Agentur zugelassen worden sind. Damit verbessert dieser Text die Flugsicherheit in wesentlichem Maße. Jedes Luftfahrzeug wird inspiziert und muss eine Zulassung erhalten, um Fluggäste in der Union befördern zu können. Die Verordnung bedeutet auch einen Fortschritt bei der Harmonisierung des Schutzes der europäischen Bürger, der, Herr Kommissar, Teil des mit der europäischen schwarzen Liste eingeleiteten Prozesses ist, dessen Ziel darin besteht, jedem Fluggast unabhängig von dem Flughafen auf dem Gemeinschaftsgebiet, von dem aus er seine Reise antritt, die gleiche Sicherheit zu gewährleisten.

Ehe ich zum Schluss komme, möchte ich noch kurz darauf eingehen, wie die neuen Aufgaben der Europäischen Agentur für Flugsicherheit finanziert werden sollen. Im Ausschuss wurden Änderungsanträge eingereicht, mit denen die Erhebung einer Gebühr auf Flugtickets vorgeschlagen wurde. Glücklicherweise wurden sie abgelehnt. Wir müssen aufhören, die Kosten für solche Maßnahmen ständig den Fluggästen aufbürden zu wollen. Die Gebühren für Flugtickets sind bereits sehr hoch, und daher hoffe ich, dass wir einen Finanzierungsmodus finden, der die Fluggäste nicht direkt belastet.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Frau Präsidentin! Ich möchte Herrn Leichtfried und dem Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr nochmals sehr herzlich danken, dass sie den Vorschlag der Kommission unterstützt und ergänzt haben. Die von Ihrem Berichterstatter vorgeschlagenen Änderungen stärken die Ziele der Kommission im Interesse der Flugsicherheit in Europa.

Die Kommission akzeptiert daher 14 dieser Änderungsanträge, die zu diesem Ziel beitragen. Erwähnen möchte ich insbesondere die beiden Änderungsanträge, die vorsehen, dass die Zulassung und deren gegenseitige Anerkennung im Falle der Nichtbefolgung der gemeinsamen Regeln automatisch entzogen werden. Ebenfalls anführen möchte ich den Änderungsantrag, mit dem die Europäische Agentur für Flugsicherheit verpflichtet werden soll, der Kommission alle Informationen zu übermitteln, die im Zusammenhang mit der Aktualisierung der schwarzen Liste von Bedeutung sein können. Ich habe auch zur Kenntnis genommen, dass das Parlament in seinen zusätzlichen Änderungsanträgen die nähere Bestimmung der ärztlichen Bescheinigung in Artikel 6b Absatz 4 fordert. Diesem Vorschlag kann ich zustimmen, denn er entspricht dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission. Ich spreche hier von Änderungsantrag 34 von Frau Ticău.

Hingegen scheint mir, dass 15 der von Ihrem Berichterstatter vorgeschlagenen Änderungsanträge im gegenwärtigen Zustand nicht akzeptabel sind und noch weiter diskutiert werden müssen. Herr Leichtfried und Herr Evans, mit Ihrem Änderungsantrag 17 soll der Agentur gestattet werden, Strafgelder zu verhängen, doch diese Änderung scheint uns in der gegenwärtigen Form nicht akzeptabel. Ich verstehe sehr wohl den Nutzen von Sanktionen bei geringfügigen Verstößen, und zugegebenermaßen können die Instrumente, über die die Agentur verfügt, in diesem Zusammenhang unverhältnismäßig erscheinen. So interessant dieser Änderungsvorschlag auch ist, so wirft er doch eine Vielzahl von juristischen, institutionellen und praktischen Problemen auf. Ehe die Kommission sich zu solchen wichtigen und komplexen Fragen festlegen kann, muss sie diese eingehend prüfen, denn wir müssen sicher sein, dass die erlassenen Rechtsvorschriften in Übereinstimmung mit dem Vertrag stehen. Wie Sie verstehen werden, kann die Kommission daher vorläufig diesen Änderungsantrag nicht akzeptieren, auch wenn sie sein Interesse anerkennt.

Herr Leichtfried und Herr Evans, es ist schwierig für uns, den Änderungsantrag 27 anzunehmen, nach dem ein Teil der Zulassungstätigkeiten über die Gemeinschaftszuwendung finanziert werden soll. Im Jahr 2007 werden sich die Kosten für diese Tätigkeiten auf 9 Millionen Euro belaufen. Es handelt sich um eine Ausgabe, die jährlich rasch zunimmt, d. h. inflationsbereinigt um 5 % jährlich, und die daher nicht im Rahmen der gegenwärtigen Finanziellen Vorausschau finanziert werden kann. Zudem würde diese Änderung darauf hinauslaufen, die Steuerzahler anstelle der Unternehmer zu belasten, die bei der Vermarktung der betreffenden Erzeugnisse Gewinne erzielen bzw. erzielt haben.

Mehrere Änderungsanträge, d. h. die Änderungsanträge 30, 31 und 33, beziehen sich auf die EU-OPS. Wie Sie wissen, hat es zu diesem Thema lange, leidenschaftliche Diskussionen gegeben, die schließlich im letzten Jahr zu einem von den drei Organen weitgehend akzeptierten Kompromiss geführt haben. Dieser Kompromiss – die Verordnung (EG) Nr. 1899/2006 – beinhaltet die Möglichkeit zu seiner Weiterentwicklung. Meiner Meinung nach ist es nicht sinnvoll, ihn bereits jetzt in Frage stellen zu wollen. Deshalb ersuche ich Sie, sich auf den im Ausschuss angenommenen Änderungsantrag und den Änderungsantrag 34 zu beschränken, die ich unterstützen kann. Dies waren einige Punkte, die noch weiter diskutiert werden müssen und die noch einiger Klärung bedürfen(1).

Natürlich ersucht die Kommission, Herr Janowski, ständig um die Zustimmung der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments, um in den internationalen Organisationen im Namen der Gemeinschaft auftreten zu können. Ich danke dem Parlament für seine Unterstützung. Leider sind die Mitgliedstaaten noch nicht ganz so weit, dass sie begreifen, wie wichtig diese Präsenz der Kommission und der Union in internationalen Organisationen wie der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ist.

Herr Remek hat das Problem der Leichtflugzeuge angesprochen, die auch gewerblich betrieben werden und hohe Geschwindigkeiten erreichen können. Sie nutzen denselben Luftraum wie die anderen Flugzeuge. Sie müssen ebenfalls Sicherheitsregeln – wenn auch weniger strengen – unterworfen werden.

Eine weitere Frage, auf die ich bereits geantwortet habe, betrifft die Fähigkeit der Agentur, diese neuen Kompetenzen wahrzunehmen. Man kann sagen, dass die Agentur die materiellen und personellen Ressourcen aufweist, um diese neuen Aufgaben zu erfüllen. Ende 2006, d. h. knapp vier Jahre nach ihrer Schaffung, besaß sie einen Personalbestand von 280 Bediensteten, und in dem Finanzbogen, der dem Ihnen vorliegenden Vorschlag beigefügt ist, sind für Ende 2007 330 Bedienstete vorgesehen. Davon abgesehen sind die finanziellen Ressourcen der Agentur problematisch, da diese selbstverständlich teilweise durch Zuwendungen finanziert werden muss, aber auch über die Gebühren der Betreiber, die um die Zulassung ihrer Flugzeuge ersuchen. Dies ist ein schwieriges Problem, und, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir werden auf jeden Fall Gelegenheit haben, darauf zurückzukommen, denn auch hier müssen wir ein Budget finden, das eine gewisse Konstanz aufweist. Darüber werde ich nochmals mit dem Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr sprechen.

Frau De Veyrac hat auf die Fortschritte verwiesen, die wir erreicht haben und mit denen sich das Parlament wirklich hervorgetan hat. Bedeutet dies aber, dass die schwarze Liste durch die vorliegende Rechtsvorschrift hinfällig wird? Nein, denn die schwarze Liste ist ein repressives Instrument, mit dem nachlässige Betreiber vom europäischen Luftraum ausgeschlossen werden. Die an Drittlandgesellschaften erteilte vorherige Zulassung zum Flugbetrieb in der Gemeinschaft ist ein Präventivinstrument, mit dem gewährleistet werden soll, dass nur Gesellschaften, die ein annehmbares Sicherheitsniveau aufweisen, in die Gemeinschaft einfliegen dürfen. Diese beiden Rechtsinstrumente ergänzen sich, und es ist vorstellbar, dass die Repression im Ergebnis der Prävention eines Tages ihre Bedeutung verlieren wird. Doch so weit sind wir noch nicht, doch das ist der Wunsch, den ich habe.

Frau Präsidentin, ich möchte mich entschuldigen, dass ich sicherlich nicht auf alle gestellten Fragen geantwortet habe, und gleichzeitig feststellen, wie dankbar ich dem Europäischen Parlament dafür bin, dass es uns auf diese Weise hilft, die Europäische Union schrittweise wirklich mit Rechtsvorschriften zur Kontrolle der Sicherheit der Flugzeuge und des Flugverkehrs auszustatten, die meiner Meinung nach zu den wirksamsten in der Welt gehören werden. Wir wollen einen sicheren europäischen Luftraum; dies ist sehr wichtig für unsere Mitbürger, die das Flugzeug in immer größerem Maße benutzen werden und die natürlich einen angemessenen Schutz vor allen Sicherheitsrisiken fordern.

Ich danke Ihnen, und ich danke dem ganzen Parlament nochmals für seine wertvollen Beiträge.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen, am Donnerstag, um 12.30 Uhr statt.

Anlage – Standpunkt der Kommission

 
  
  

Bericht Leichtfried (A6-0023/2007)

Die Kommission kann die Änderungsanträge 2, 8, 10, 14, 15, 16, 19, 21, 22, 23, 24 und 34 akzeptieren.

Sie kann die Änderungsanträge 4, 13 und 29 von Grundsatz her akzeptieren.

Die Änderungsanträge 1, 3, 5, 6, 7, 9, 11, 12, 17, 18, 20, 25, 26, 27, 28, 30, 31 und 33 können von der Kommission nicht akzeptiert werden.

 
  
  

Schriftliche Erklärung (Artikel 142)

 
  
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  Zita Gurmai (PSE), schriftlich. – (HU) Die Erweiterung des Aufgabenbereichs der Europäischen Agentur für Flugsicherheit wird uns allen ermöglichen, künftig sicherer zu reisen.

Ich kann die Veröffentlichung dieses Berichts nur unterstützen, ist er doch das Ergebnis unserer Bemühungen seit Einrichtung der Agentur vor fünf Jahren um die Ermittlung der Bereiche, in denen die Regelungen modifiziert oder vielleicht präzisiert werden müssen oder in denen der Aufgabenbereich der Agentur erweitert werden muss.

Der Berichterstatter hat versucht, diese Fragen zu beantworten, und das ist ihm auch gelungen. Die Tatsache, dass sich die Zuständigkeit der Agentur künftig auf Pilotlizenzen, den Flugbetrieb, Drittlandluftfahrzeuge, die gemeinsame Aufsicht usw. erstrecken wird, bedeutet, dass sich die Sicherheit des Luftverkehrs nur erhöhen kann, denn bei derartigen Aktivitäten können zentrale Verfahren wesentlich mehr bewirken als unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten.

Ebenso wichtig ist, dass sich die Agentur auf die Herausforderungen der Zukunft einstellt, damit sie in der Lage ist, langfristig Flugsicherheit zu garantieren. Wir müssen uns auch der Herausforderung einer angemessenen finanziellen Ausstattung der Agentur für diesen Zweck stellen. Meines Erachtens macht der Bericht auch einen wichtigen Schritt in diese Richtung.

Aus all diesen Gründen beglückwünsche ich den Berichterstatter und schlage vor, den Bericht, der für jeden Bürger Europas nur von Nutzen sein kann, in seiner jetzigen Form anzunehmen.

 
  

(1)Standpunkt der Kommission zu den Änderungsanträgen: siehe Anhang.


19. Illegale Vogeljagd in Malta (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die mündliche Anfrage an die Kommission zur illegalen Vogeljagd in Malta von Marcin Libicki im Namen des Petitionsausschusses (O-0013/2007 – Β6-0015/2007).

 
  
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  Marcin Libicki (UEN), Verfasser. (PL) Frau Präsidentin! Der Petitionsausschuss, dessen Vorsitz ich innehabe, beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit der verabscheuungswürdigen Jagd auf Vögel in Malta. Wir haben eine Petition von einer Reihe von Vogelschutzorganisationen erhalten, die insgesamt mehrere Hunderttausend Mitglieder zählen.

Diese Jagd ist aus drei Gründen zu verurteilen. Erstens, weil sie im Frühjahr stattfindet. Zweitens, weil Fallen verwendet werden. Drittens, weil sie von Motorbooten vom Meer aus erfolgt.

Es gibt einen überaus starken Widerstand gegen die Jagd, und erst kürzlich hat der Petitionsausschuss zwei umfangreiche Dossiers erhalten, in denen die jüngsten Verstöße gegen die Grundsätze, nach denen die Jagd eigentlich erfolgen soll, detailliert aufgelistet sind. Wie Sie sehen, ist hier auf dem Einband das Foto eines Fischadlers zu sehen, der zu den bedrohten Vogelarten in Europa gehört, aber in Malta immer noch gejagt und getötet wird.

Wir dürfen nicht vergessen, dass ausschließlich Zugvögel gejagt werden, weil sich keine Vögel über einen längeren Zeitraum in Malta aufhalten. All diese Vögel überwinden enorme Entfernungen – oftmals von Südafrika bis nach Nordeuropa und zurück. Sie landen in Malta, um sich einfach kurze Zeit auszuruhen und fallen dann den Jägern zum Opfer.

Meine Damen und Herren, wie wir feststellen konnten, sind die meisten Einwohner Maltas gegen diese Jagd. Im vergangenen Jahr startete der Petitionsausschuss eine Erkundungsmission in Malta, um über die Lage dort zu berichten. Wir gewannen den Eindruck, dass nur ein kleiner Teil der Bevölkerung an der Jagd beteiligt ist. Diese Menschen kommen jedoch aus verschiedenen politischen Parteien und genießen deshalb die Unterstützung der Politiker von beiden Seiten der politischen Trennungslinie. Obwohl die Jagdgemeinschaft nur eine kleine Minderheit bildet, befindet sie sich in einer starken Position, denn sie weiß, dass alle politischen Parteien ihre Interessen schützen werden. Anders ausgedrückt: All diese Parteien sind bereit, den Jägern, die fest entschlossen sind, Vögel zu töten, Rückendeckung zu geben.

Wie wir vor kurzem erfahren haben, will die Regierung jetzt wieder Lizenzen für die Jagd im Frühjahr vergeben. Gerade diese Jagd im Frühjahr hat die verheerendsten Auswirkungen auf die Vogelpopulation in Malta wie überhaupt auf die Vogelpopulation in ganz Europa, weil, wie ich schon zuvor sagte, Zugvögel davon betroffen sind. Das hat Auswirkungen auf die Vogelpopulationen des ganzen Kontinents. Malta ist davon in der Tat am wenigsten betroffen, weil dort keine Vögel dauerhaft leben.

Im Zusammenhang damit habe ich eine Anfrage an die Europäische Kommission gerichtet, in der es um Folgendes geht: Ungeachtet der Tatsache, dass die Kommission ein Verfahren gegen Malta wegen Nichteinhaltung der gegebenen Zusagen eingeleitet hat und trotz der Empfehlungen, die der Petitionsausschuss nach seiner Erkundungsmission im Mai vergangenen Jahres unterbreitet hat, will die maltesische Regierung wieder Lizenzen für die Jagd auf Wildvögel im Frühjahr 2007 vergeben. Dies entspricht der jährlichen gängigen Praxis Maltas seit Beitritt des Landes zur Europäischen Union im Jahr 2004. Die Frage lautet: Welche Sofortmaßnahmen gedenkt die Europäische Kommission zu ergreifen, um die maltesischen Behörden von einem wirksamen Verbot der Jagd auf Wildvögel – vor allem in der Zugsaison im Frühjahr – zu überzeugen? Es sei daran erinnert, dass viele dieser Vögel einschließlich der Raubvögel wie der Fischadler vom Aussterben bedroht sind. Wie will die Kommission die Regierung von Malta dazu verpflichten, dass sie ihren Verpflichtungen nachkommt? Wie will sie sicherstellen, dass die Vogelrichtlinie in Malta angenommen und entsprechend umgesetzt wird?

Ich erwarte Ihre Antwort, Herr Kommissar, ebenso wie der Petitionsausschuss und auch dieses Hohe Haus.

 
  
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  Stavros Dimas, Μitglied der Kommission. (EL) Frau Präsidentin! Ich möchte Herrn Libicki für diese Gelegenheit danken, den Standpunkt der Kommission zur Vogeljagd in Malta vorzutragen. Hier geht es um die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts.

Die Richtlinie über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten verbietet eindeutig die Jagd auf die im Anhang II der Richtlinie aufgeführten wild lebenden Vogelarten während ihres Rückzugs zu den Nistplätzen. Die Frühjahrsjagd ist – wie Herr Libicki auch sagte – die schlimmste Form der Jagd.

Laut Artikel 9 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten auch eine abweichende Regelung treffen. Dies ist aber nur unter besonderen Umständen möglich, wobei die äußerst strengen Kriterien dieses Artikels erfüllt werden müssen. Im Grunde genommen ist nur dann eine abweichende Regelung erlaubt, wenn es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt.

Im Jahr 2004 beschloss die maltesische Regierung, ihr Recht auf Anwendung einer abweichenden Regelung auszuüben, die die Jagd auf Wachteln und Turteltauben während ihrer Frühjahrswanderung betraf. Doch laut den Informationen, die der Kommission von den maltesischen Behörden übermittelt wurden, erfüllt die betreffende Regelung offenbar nicht die in der Vogelschutz-Richtlinie festgelegten Voraussetzungen. Vor allem konnten die maltesischen Behörden nicht hinreichend belegen, dass es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt bzw. dass die Frühjahrsjagd unter streng überwachten Bedingungen durchgeführt wird. Daher kam die Kommission zu dem Schluss, dass die abweichende Regelung für das Jahr 2004 nicht mit den Artikeln 7 und 9 der Vogelschutz-Richtlinie vereinbar ist. Im Juli 2006 wurde deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gemäß Artikel 226 des Vertrags eingeleitet. Die Kommission hat jedoch bisher noch keine offizielle Stellungnahme von den maltesischen Behörden erhalten.

Gegenstand dieses Verfahrens ist die abweichende Regelung für das Jahr 2004. Der Kommission ist jedoch bekannt, dass Malta auch in den folgenden Jahren – d. h. in den Jahren 2005 und 2006 – die Frühjahrsjagd gestattet hat. Und offenbar wurde die Jagd auch in diesem Jahr – im Jahr 2007 – für zulässig erklärt. Die Tatsache, dass die Frühjahrsjagd unter Missachtung des Gemeinschaftsrechts in all diesen Jahren fortgeführt wurde, deutet auf eine systematische, mangelhafte Anwendung der Vogelschutzrichtlinie hin. Um daher den Gegenstand des laufenden Vertragsverletzungsverfahrens auszuweiten, beabsichtigen wir, den maltesischen Behörden eine zusätzliche Mahnung zu übermitteln, in der die üblich gewordene Praxis der maltesischen Behörden seit dem Jahr 2004 angeprangert werden soll. Die Kommission wird ihren Beschluss voraussichtlich auf ihrer Sitzung am 21. März fassen. Sollte sich Malta nicht endlich an die Vogelschutzrichtlinie halten, wird die Kommission die vorgesehenen Rechtsverfahren bis zum Ende durchziehen. Allerdings haben wir diesen Punkt noch nicht erreicht, und ich hoffe nach wie vor, dass die maltesischen Behörden fortan das Gemeinschaftsrecht befolgen werden. Im Rahmen ihrer Zuständigkeiten wird die Kommission auch weiterhin die notwendigen Maßnahmen ergreifen, damit Malta – so wie jeder andere Mitgliedstaat auch – die Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie erfüllt.

 
  
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  Simon Busuttil, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (MT) Ich möchte eingangs jeden in diesem Haus und insbesondere den Kommissar daran erinnern, dass die Europäische Kommission während der Verhandlungen zwischen Malta und der Europäischen Union schriftlich anerkannt hat, das Malta auch nach dem Beitritt zur Europäischen Union Gebrauch von der Ausnahmeregelung macht, die dem Land die Vogeljagd im Frühjahr gestattet. Ich habe sogar das Dokument vom 27. September 2002 vor mir liegen, das dies beweist. Die Kommission weiß sehr wohl, dass die Verhandlungen mit Malta nicht einfach waren, weil die Entscheidung, ob Malta beitreten sollte oder nicht, das gesamte Land betraf, dennoch hat Malta sein Recht auf eine Ausnahme nicht aus einer Laune heraus verfolgt. Deshalb gehe ich nicht davon aus, dass der Kommissar hierher kommt und bei der ersten Gelegenheit, bei der Malta von der Ausnahmeregelung Gebrauch macht, erklärt: „Das geht jetzt aber nicht.“ Wieso hat die Kommission während der Verhandlungen die Ausnahmeregelung erst schriftlich akzeptiert, nur um dann, als sie das erste Mal in Anspruch genommen werden soll, zu sagen, dass das nicht gestattet ist? Wie kann die Kommission ferner sagen, dass es Alternativen zur Frühjahrsjagd gibt? Wieso wurde das nicht im Verlauf der Verhandlungen gesagt? Das sind die Fragen, auf die wir von Ihnen eine Antwort erwarten, Herr Kommissar.

Ich bin vollkommen Ihrer Meinung, dass diese Ausnahmeregelung den Jägern nicht freie Hand lässt, und ich möchte Sie über einige Maßnahmen informieren, die Malta gegen Personen ergreift, die die Jagdvorschriften verletzen. Zunächst einmal dürfen nur zwei Arten im Frühjahr gejagt werden. Vor Maltas Beitritt war es gestattet, zu dieser Jahreszeit 32 Arten zu jagen; wir haben also die Zahl von 32 auf zwei reduziert. Zweitens wurde die Frühjahrsjagdsaison um 18 Tage verkürzt. Vor allem aber wurden drittens die Zwangsgelder für Personen, die die Vorschriften verletzen, auf 14 000 Euro, eine zweijährige Haftstrafe und den dauerhaften Entzug der Jagdlizenz für Wiederholungstäter angehoben. Mit anderen Worten: Beim zweiten Mal gibt es die rote Karte und einen Platzverweis. Ich hoffe, die Kommission räumt ein, dass dies positive Schritte nach vorn sind. Leider hat der Kommissar sie mit keinem Wort erwähnt.

Wir sollten also den Missbrauch der Vorschriften verurteilen, aber diejenigen, die die Regeln nicht verletzen, sollten nicht mit den Straftätern in einem Topf geworfen werden. Deshalb wende ich mich auch gegen all jene, die das andere Extrem vertreten und die Jagd vollkommen verbieten wollen. Außerdem sollte die Kommission trotz intensiven politischen Drucks sorgfältig darauf achten, dass sie im Verlaufe der Verhandlungen eingegangene Absprachen nicht ignoriert.

 
  
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  Anne Van Lancker, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Herr Kommissar! Als belgisches sozialdemokratisches Mitglied des Europäischen Parlaments bedeutet es mir sehr viel, heute Abend an dieser Aussprache teilnehmen zu können, nicht zuletzt deshalb, weil diese Aussprache als Reaktion auf eine Petition der Königlichen Gesellschaft Belgiens zum Schutz der Vogelarten stattfindet, die mehr als 200 000 Unterschriften gegen die Vogeljagd auf Malta sammelte.

Hier handelt es sich tatsächlich um ein internationales Problem. In Malta werden jährlich Tausende von Zugvögeln geschossen oder gefangen. Das ist umso schlimmer, als Malta als einer der wenigen Rastplätze für Zugvögel bei ihrer Überquerung des Mittelmeers gilt. Was nützt es nun, wenn europäische Länder im Rahmen der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie viel Geld und Energie in Schutzmaßnahmen stecken und eben diese Vögel auf ihrem Zug in andere Länder geschossen werden?

Meinen maltesischen Kollegen möchte ich sagen, dass Malta im Beitrittsvertrag tatsächlich bis 2008 einige Übergangsmaßnahmen zugebilligt wurden, aber diese Maßnahmen beziehen sich nur auf das Fangen von Vögeln für die Zucht, für die Arterhaltung. Es handelt sich, anders ausgedrückt, um Tierschutzmaßnahmen. Unter keinen Umständen gestattet diese Übergangsmaßnahme die Frühjahrsjagd auf Zugvögel. Die Europäische Kommission hat in ihrer Notifizierung deutlich gemacht, dass Malta in diesem Fall die Vogelschutzrichtlinie mit Füßen tritt und dass Ausnahmen nicht zulässig sind.

Außerdem wird in Herrn Libickis Bericht der Vor-Ort-Mission des Petitionsausschusses vom Juni 2006 die Art und Weise verurteilt, wie Zugvögel in großem Maße gejagt werden, und die Schlussfolgerung gezogen, dass die Ausnahmeregelung in Bezug auf die Vogelschutzrichtlinie, die Malta auf eigene Faust beschlossen hat, auslaufen sollte. Deshalb halte ich es für außerordentlich wichtig, dass das Europäische Parlament die Kommission in dem Verfahren unterstützt und Malta davon überzeugt, die Vogelschutzrichtlinie einzuhalten und mithin in diesem Frühjahr eine Jagd auf Zugvögel nicht zu genehmigen. Diesem Fall könnte übrigens entscheidende Bedeutung zukommen, wenn auch andernorts in der Europäischen Union Verstöße gegen die Vogelschutzrichtlinie festgestellt werden sollten.

 
  
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  David Hammerstein Mintz, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (ES) Frau Präsidentin! Wir behandeln ein Thema, das für den Schutz der Umwelt, aber auch für die Gewährleistung der ordnungsgemäßen Anwendung des Gemeinschaftsrechts sehr wichtig ist.

Wir haben praktisch schon Frühling und in Malta wird weiter gejagt. Die illegalen Jäger haben einen beträchtlichen Teil des Territoriums des Landes eingenommen. Die Vogelschutzrichtlinie wird eklatant verletzt, während die maltesischen Behörden völlig untätig bleiben.

Die von der Regierung geschützten Jäger werden sogar gewalttätig. Drei maltesische Journalisten wurden ins Krankenhaus eingeliefert, nachdem sie durch die Jäger brutal angegriffen worden waren, als sie zusammen mit Menschen, die gegen diese illegale Praxis protestierten, einfach ihrer Arbeit nachgingen.

Die Mehrheit der maltesischen Gesellschaft ist jedoch gegen diese Frühjahrsjagd. Nach einer kürzlich durchgeführten Umfrage lehnen 80 % der Malteser diese illegale Praxis ab. Selbst die Hotel- und Restaurantbesitzer in Malta sind dagegen, weil sie sagen, dass sie sich negativ auf den Tourismus und die Wirtschaft auswirkt.

Warum ist die maltesische Regierung entschlossen, diese illegale und barbarische Praxis zu schützen? Einzig die maltesische Partei Demokratische Alternative – die Grünen – verteidigt das Gemeinschaftsrecht in Malta. Die maltesische Regierung demonstriert eine empörende Nichteinhaltung des europäischen Vertrags, den sie vor sehr kurzer Zeit, vor dem Beitritt zur Europäischen Union unterzeichnet hat. Wie kann das sein?

Wir fordern die Kommission auf, angesichts dieser Infragestellung des Gemeinschaftsrechts fest und entschieden zu handeln.

 
  
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  David Casa (PPE-DE).(MT) Die uns heute vorliegende Entschließung könnte einen sehr ernsten und gefährlichen Präzedenzfall schaffen. Darin wird vorgeschlagen, dass eine von der Europäischen Union, diesem Parlament und vom maltesischen Volk im Rahmen einer Volksabstimmung und allgemeiner Wahlen bereits gebilligte Vereinbarung gebrochen werden soll. Diese Entschließung wird Auswirkungen haben, die über eine Befürwortung oder Ablehnung der Jagd hinausgehen werden, denn wenn sie angenommen wird, dann werden wir allen Europäern verkünden, dass die Europäische Union nicht Wort hält. Entschließungen dieser Art unterminieren die Glaubwürdigkeit der europäischen Institutionen. Welche Garantien haben wir als Bürger Maltas, dass die Europäische Union in Bezug auf die übrigen Verhandlungen ihr Wort hält? Welche Garantien haben alle anderen Europäer, dass die Europäische Union sich an das Ergebnis der mit dem jeweiligen Land durchgeführten Verhandlungen halten wird?

Die Fraktionen des Parlaments haben durchaus das Recht, ihre jeweiligen Pläne zu verfolgen. Das muss aber im Rahmen der richtigen Parameter geschehen, und keine Vereinbarung darf verletzt werden, nur weil einige Leute andere politische Interessen verfolgen. Wenn jemand die illegale Jagd ablehnt, dann vor allem ich. Ich bin wirklich auch der Erste, der die Gewalttätigkeiten, zu denen es während des Protestmarschs in Malta kam, verurteilt. Aber wenn von barbarischen Akten in der Europäischen Union die Rede ist, dann brauche ich ja nur auf das zu verweisen, was in Italien oder Spanien vor sich geht, zwei Länder, die ja auch zur Europäischen Union gehören und wo illegal gejagt wird. Deshalb meine ich, dass wir die illegale Jagd in der Europäischen Union auf jeden Fall bekämpfen sollten, aber wir sollten sie in der ganzen Europäischen Union bekämpfen und nicht nur in Malta.

Die während der Verhandlungen gegebenen Zusagen müssen ihre Gültigkeit behalten, und ich fordere alle meine Abgeordnetenkollegen einschließlich derjenigen, die nicht meiner Fraktion angehören, auf, sich für den Schutz dessen einzusetzen, was den europäischen Bürgern gehört. Ich möchte meinen Kollegen Herrn Schulz, den Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, zitieren, der erst heute Morgen – wenn auch in anderem Zusammenhang – gesagt hat, dass man sich an Verträge hält, die man unterzeichnet. Das muss auch im Fall von Malta gelten. Deshalb müssen wir respektieren, was vereinbart wurde.

 
  
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  Louis Grech (PSE).(MT) Wir glauben, dass die Regierungen aller Mitgliedstaaten einschließlich Maltas verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass sich die Umweltgesetzgebung einschließlich der Jagdvorschriften im Einklang mit den Richtlinien der Union, den Beitrittsverträgen und allen sonstigen Verträgen, die unterzeichnet wurden, befinden. Wir teilen ferner die Ansicht, dass die zuständigen Behörden verpflichtet sind, für die Einhaltung dieser Richtlinien und Gesetze durch jedermann zu sorgen, und wir können die Praxis der illegalen Jagd in keiner Weise dulden. Deshalb wird in einem der von der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament vorgeschlagenen Änderungsanträge ein transparenterer Ansatz gefordert, und die Kommission und die maltesische Regierung werden aufgefordert, ihre technischen Standpunkte zu diesem Thema zu veröffentlichen, und zwar einschließlich der Protokolle zu Beschlüssen, die in entsprechenden Sitzungen bereits gefasst wurden oder noch gefasst werden.

Wenn man sich ins Gedächtnis ruft, dass die maltesische Regierung vor dem Beitritt Maltas zur Europäischen Union erklärt hatte, dass sie gemeinsam mit der Europäischen Kommission eine Ausnahmeregelung im Hinblick auf die Frühjahrsjagd ausgehandelt hat, dann erlangt das umso mehr Bedeutung. Obwohl andere politische Kräfte und die Zivilgesellschaft ernste Bedenken bezüglich der Auslegung dieser Ausnahmeregelung durch die maltesische Regierung geäußert hatten, hat es die Europäische Kommission aus nur ihr bekannten Gründen vorgezogen, sich nicht zu äußern und keinen klaren Standpunkt zu beziehen. Das hat in dieser Angelegenheit leider nur noch mehr Verwirrung gestiftet. Hätte es seinerzeit auf beiden Seiten mehr Transparenz gegeben, dann wäre es zu weniger Ambivalenz gekommen und es wäre weniger wahrscheinlich, dass der maltesischen Gesellschaft zu Unrecht die damit verbundenen finanziellen Lasten aufgebürdet werden. Das ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit.

 
  
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  Joseph Muscat (PSE).(MT) Es ist klarer denn je, dass die maltesische Regierung Umweltschützer, Jäger und Fallensteller getäuscht hat, als sie vor Maltas Beitritt zur Europäischen Union versuchte, den Eindruck zu erwecken, sie habe eine alle zufrieden stellende Lösung erreicht. Umweltregelungen müssen im Einklang mit den Richtlinien der Europäischen Union und den Bestimmungen des Beitrittsvertrags stehen. Das ist klar, und wir haben das unsererseits seit langem betont. Ich wiederhole: Die maltesische Regierung hat die Menschen getäuscht.

Aber, meine Damen und Herren Kommissionsmitglieder, bevor Sie zustimmend nicken, muss auch festgestellt werden, dass Sie daran nicht ganz unschuldig sind. Vor dem Referendum, als die maltesische Regierung lauthals verkündete, dass sie eine Vereinbarung bezüglich der Frühjahrsjagd mit Ihnen habe, zogen Sie es vor, sich nicht zu äußern. Als die Labour Party, wir und einige Umweltschutzorganisationen und Jagdverbände Zweifel an diesem so genannten Erfolg äußerten, schwiegen Sie, obwohl viele von Ihnen schon in Malta waren. Das Mindeste, was die maltesische Regierung und die Kommission jetzt tun können, das ist die Veröffentlichung ihrer technischen Standpunkte, denn es reicht nicht, einfach zu behaupten, dass alle Diskussionspunkte veröffentlicht worden seien. Bestimmte Dokumente sind bis zum heutigen Tag unauffindbar, wie sehr wir auch nach ihnen suchen mögen. Es finden sich Verweise auf sie, aber es ist, als ob man einen Weg durch ein riesiges Labyrinth suchen muss. Diese Dokumente müssen allen zugänglich gemacht und die Protokolle aller Tagungen, die bereits stattgefunden haben oder noch stattfinden werden, müssen veröffentlicht werden, einschließlich der der jüngsten Tagung in Brüssel, nach der alle Beteiligten von einem Sieg sprachen. Ich verstehe einfach nicht, wie alle Beteiligten siegreich aus einem solchen Treffen hervorgehen können. Wenn diese Protokolle nicht veröffentlicht werden, dann werden letztlich diejenigen, die die Menschen getäuscht haben, das immer wieder tun.

 
  
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  John Attard-Montalto (PSE).(MT) Es steht außer Zweifel, dass die Kommission selbst jetzt eindeutig erklärt, dass eine Verletzung des europäischen Rechts vorliegt. Meine Abgeordnetenkollegen von der anderen Partei behaupten, dass es ein Schreiben gibt, in dem steht, dass die Regierung eine Ausnahmeregelung geltend machen kann. Die allgemeine Verwirrung ist daher kein Wunder, zumal wenn man bedenkt, dass wir nur eine Handvoll Leute in diesem Haus sind, und nicht einmal wir können uns über die Fakten einigen. Wie meine beiden Kollegen aus der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament sagten, brauchen wir mehr Transparenz und müssen uns zumindest über die Fakten einig werden. Das Problem ist, dass es wirklich Unklarheiten und Verwirrung gibt. Das ist aber kein Zufall. Meines Erachtens ist diese Angelegenheit deshalb noch immer so verworren, weil es sich letztlich um eine politische Frage handelt, auch wenn die Jagd für Jäger und Fallensteller eine Leidenschaft und für BirdLife Malta eine Mission darstellt. Es geht darum, wer die Stimmen aus jenen Sektoren bekommt, die den Ausgang eines Volksentscheids oder von allgemeinen Wahlen entscheiden könnten. Wie meine Vorredner bitte ich darum, dass die Fakten der in Verhandlungen zwischen Malta und Europa erzielten Absprachen offen gelegt und möglichst so erläutert werden, dass alle Beteiligten sie verstehen. Abschließend möchte ich feststellen, dass es uns kaum gelingen dürfte, uns über eine Lösung für ein Problem zu einigen, wenn wir noch nicht einmal Einigkeit über die Fakten erzielen können.

 
  
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  Stavros Dimas, Μitglied der Kommission. (EL) Frau Präsidentin! Stimmen haben zwar Flügel und flattern von einer Partei zur anderen, aber ich bin vielmehr an der illegalen Jagd als an Stimmen interessiert.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Abgeordneten nicht bereits die Antworten auf die Fragen kennen, die sie gestellt haben. Sie wissen ganz genau, dass sämtliche Vereinbarungen, die für EU-Beitrittskandidaten gelten, der Öffentlichkeit bekannt sind. Es gibt keine geheimen Abmachungen, und ich bin mir sicher, dass die Abgeordneten das ganz genau wissen, denn sie sind nun schon seit zwei Jahren im Europäischen Parlament tätig. Daher verstehe ich wirklich nicht, auf welche geheimen Dokumente hier angespielt wird. Es gibt keine Geheimnisse. Sämtliche Vereinbarungen sind allgemein bekannt. Im Falle Maltas haben wir uns darauf geeinigt, dass für das Fallenstellen für Vögel eine Übergangsfrist gelten soll. Es gibt keine weiteren Abmachungen.

Was die abweichenden Regelungen betrifft, möchte ich darauf hinweisen, dass alle Mitgliedstaaten laut Artikel 9 berechtigt sind, eine Abweichung zu beantragen. Auch Malta kann nach den Bestimmungen des Artikels 9 eine abweichende Regelung beantragen. Doch statt einen Antrag zu stellen, hat Malta einfach auf eigene Faust eine abweichende Regelung eingeführt. Daher haben wir Malta vor dem Gerichtshof verklagt und warten seit Juli 2006 auf eine Antwort der maltesischen Behörden. Bisher haben wir noch keine Stellungnahme erhalten.

Herr Präsident, die Kommission begrüßt das aktive Eingreifen des Petitionsausschusses des Parlaments. Der Besuch der Mitglieder des Petitionsausschusses im Mai 2006 in Malta verlief recht erfolgreich, und der Bericht über den Besuch bestätigt, dass die Kommission und das Europäische Parlament in dieser Angelegenheit einer Meinung sind.

Die Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil die maltesischen Behörden unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht nach wie vor die Frühjahrsjagd gestatten. Malta macht sich hier eindeutig eines Verstoßes schuldig. Dies begann mit der abweichenden Regelung für die Jagdsaison im Jahr 2004, wurde in den folgenden Jahren fortgesetzt und hält offenbar bis heute an.

Der Kommission geht es vor allem darum, systematische und generelle Verstöße gegen die EU-Vogelschutzrichtlinie zu unterbinden. Daher beabsichtigen wir – wie ich vorhin bereits sagte –, das laufende Vertragsverletzungsverfahren, das die abweichende Regelung für das Jahr 2004 betrifft, auf die allgemeine rechtswidrige Praxis in Malta auszuweiten. Somit sollten wir in der Lage sein, gegen künftige Verstöße vorzugehen und diese zu stoppen. Die entsprechende Entscheidung wird auf der Kommissionssitzung am 21. März fallen.

Was die aktuelle Lage anbelangt, wird eine Delegation der Kommission vom 28. bis 30. März nach Malta reisen, um diesen Fall ausführlicher zu besprechen. Wir werden von den zuständigen nationalen Behörden Erklärungen verlangen und ihnen klar machen, dass sie sich unverzüglich an die Gemeinschaftsvorschriften halten müssen. Sollten die maltesischen Behörden auf ihren Standpunkt beharren, wird die Kommission zur nächsten Verfahrensstufe übergehen. Das heißt, sie wird eine mit Gründen versehene Stellungnahme abgeben und kann sofort danach den Gerichtshof anrufen.

Das Verfahren, das die Kommission nicht nur im Falle Maltas, sondern generell anwenden kann, sieht folgendermaßen aus: Nachdem die Kommission gemäß Artikel 228 eine mit Gründen versehene Stellungnahme abgegeben hat, kann sie im Rahmen des allgemeinen Verweisungsverfahrens eine Verfügung erwirken, in der der jeweilige Mitgliedstaat zur Unterlassung seines rechtswidrigen Verhaltens aufgefordert wird. Der Gerichtshof kann eine Verfügung erlassen, wenn seines Erachtens die dringende Notwendigkeit zur Abwendung eines irreparablen Schadens besteht, der durch einen eklatanten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht verursacht würde. Für diesen Verstoß müssen jedoch überzeugende Beweise vorliegen.

Im Falle Maltas hätte die Kommission bis jetzt noch keine Verfügung erwirken können, ohne zunächst einmal den Gegenstand des Verfahrens, das das Jahr 2004 betrifft, auf die folgenden Jahren (2005, 2006 und möglicherweise auch 2007) auszuweiten, was die Kommission – wie ich vorhin bereits sagte – auch tun wird. Der Gerichtshof hätte den Antrag ansonsten abgewiesen, da das Risiko eines irreparablen Schadens nicht mehr gegeben wäre. Der Antrag auf eine Verfügung wäre ohne praktische Wirkung geblieben, weil er sich lediglich auf den Verstoß im Jahr 2004 bezogen hätte. Aus genau diesem Grund – d. h. aus rechtlicher Sicht und zur Verhinderung künftiger Verstöße – hielten wir es für ratsam, das laufende Verfahren auf der Kommissionssitzung am 21. März auszuweiten.

Ich vertraue darauf, dass die maltesischen Behörden durch den Besuch der hochrangigen Beamten der GD Umwelt davon überzeugt werden, die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts ohne Wenn und Aber einzuhalten.

 
  
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  Der Präsident. – Zum Abschluss der Aussprache wurden gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung sieben Entschließungsanträge(1) eingereicht.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen, am Donnerstag, um 12.30 Uhr statt.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


20. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll

21. Schluss der Sitzung
  

(Die Sitzung wird um 23.20 Uhr geschlossen.)

 
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