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Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 28. März 2007 - Brüssel Ausgabe im ABl.

13. Weitere Konvergenz bei den Aufsichtspraktiken auf der Ebene der EU (Aussprache)
Protokoll
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  Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgt die Aussprache über:

- die mündliche Anfrage an den Rat über die weitere Konvergenz bei den Aufsichtspraktiken auf der Ebene der EU von Pervenche Berès im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (O-0125/2006 – B6-0010/2007), und

- die mündliche Anfrage an die Kommission über die weitere Konvergenz bei den Aufsichtspraktiken auf der Ebene der EU von Pervenche Berès im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (O-0126/2006 – B6-0449/2006).

 
  
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  Pervenche Berès (PSE), Verfasserin. – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung hat es für nötig erachtet, unter den europäischen Institutionen eine Diskussion über die Aufsichtspraktiken einzuleiten, und wir wollten dies in Anwesenheit des Rates und der Kommission tun können. Wir, die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, begrüßen es, dass sowohl im Rat als auch in der Kommission die Gespräche und die Arbeiten zur Bewältigung der Krise auf den Finanzmärkten wieder aufgenommen wurden. Eine effizientere und bessere Aufsicht und die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsbehörden sind notwendig, doch um wirklich Erfolg zu haben, ist unseres Erachtens in dieser Phase der Entwicklung und tief greifenden Veränderung der Finanzmärkte die Einleitung einer interinstitutionellen Debatte zu diesem Thema zweifellos der beste Weg, um voranzukommen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung hat sich intensiv mit der Analyse des europäischen Finanzsystems und den Auswirkungen auf die Konsolidierung der Finanzdienstleistungen befasst, nicht zuletzt im Bericht von Joseph Muscat. In diesem Bericht unterstützen wir die Einrichtung eines Ausschusses der Weisen, dessen Aufgabe nicht nur darin bestehen soll, die Auswirkungen der Konsolidierung der Märkte und Finanzinstitutionen zusammen mit den Auswirkungen der Finanzaufsicht, der Finanzstabilität und dem Krisenmanagement zu untersuchen, sondern auch, genaue Vorstellungen zu den bestehenden Strukturen zu unterbreiten und in einen Bericht an dieses Hohe Haus aufzunehmen.

Ziel der heutigen interinstitutionellen Aussprache ist es, ein deutliches Signal für die Einleitung – oder die erneute Einleitung – der großen Debatte über die Zukunft der europäischen Aufsichtssysteme zu geben, die nicht nur im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzmarktes selbst, sondern auch der Stabilität des Finanzsystems der Europäischen Union äußerst wichtig ist.

Gestatten Sie mir nun einige Bemerkungen. Erstens sei gesagt, dass es grundlegende Änderungen des Finanzsystems in Europa und weltweit gab. Tagtäglich sehen wir, wie sich die Märkte und die Innovationen auf diesen Märkten unablässig verändern – diese Entwicklungen kommen u. a. darin zum Ausdruck, dass die Macht von Hedgefonds oder privaten Kapitalanlagefonds zunimmt. Durch die laufende Konsolidierung der Finanzmärkte konnten sich Schlüsselakteure etablieren und weitgehend grenzüberschreitend tätig werden. Fusionen und Übernahmen, die durch das Streben nach Wettbewerbsfähigkeit und Leistungsfähigkeit begründet sind, haben auf nationaler und europäischer Ebene sowie weltweit zugenommen. Sie haben ihre eigenen Antriebskräfte entwickelt, und daher haben sich Strukturen der Märkte und die Art und Weise, in der sich die Akteure auf den Märkten Geschäfte betreiben, grundlegend verändert. Dies bringt neue Herausforderungen und neue Aufgaben mit sich.

Zweitens möchte ich darauf hinweisen, dass die Konsolidierung der Strukturen der Finanzaufsicht mit der Konsolidierung der Märkte selbst einhergehen muss, denn zuweilen hat man den Eindruck, sie hätten einen unterschiedlichen Rhythmus. In diesem Zusammenhang kann man sich fragen, ob das derzeitige Aufsichtssystem der Europäischen Union – bei dem die Aufsichtsbehörden für besondere und sehr verschiedene Strukturen zuständig sind, höchst unterschiedliche Kompetenzen, Befugnisse und Zuständigkeiten haben und aufgrund eines nationalen Mandats handeln – in der Lage ist, eine geeignete Aufsicht über große multinationale Finanzkonzerne zu gewährleisten. Es fragt sich, ob das System tragfähig ist, und ob es nicht die finanzielle Stabilität des europäischen Systems selbst untergraben könnte.

Drittens möchte ich die Besonderheiten des Finanzsystems der Europäischen Union hervorheben, das durch die Vielfalt und Fülle der Marktteilnehmer gekennzeichnet ist, seien es nun lokale Akteure – lokale Banken beispielsweise – oder solche, die über die Grenzen hinweg tätig sind, auf beiden Seiten des Atlantiks und weltweit. Dies erfordert einen soliden, effizienten und gut angepassten Aufsichtsrahmen, der auf die Herausforderungen der regionalen Integration, der Globalisierung, der Innovation und der Zentralisierung der Verwaltung reagieren kann, und gleichzeitig ein hohes Niveau bei der Aufsicht bietet und sicherstellt, dass das System gesund und stabil ist.

Viertens möchte ich darauf hinweisen, dass die Verbesserung der Aufsichtssysteme im Interesse aller Akteure ist – vor allem natürlich im Interesse des Systems selbst, aber auch im Interesse der Marktteilnehmer, die uns auffordern, das Aufsichtssystem zu verbessern, um ihre Tätigkeiten auf allen Märkten zu erleichtern. Ich bin davon überzeugt, dass der Endnutzer auch ein Interesse an der Verbesserung des Systems haben wird.

Fünfter und letzter Punkt: Die Frage der europäischen Leistungen bei Regulierungsfragen hat eine transatlantische Dimension, und im Bewusstsein dessen halte ich die Zeit für gekommen, Fortschritte zu machen.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass angesichts dieser Beobachtungen wir als europäische Gesetzgeber einer großen Aufgabe gegenüberstehen: Europa mit soliden und effizienten Aufsichtsstrukturen auszustatten, die eine angemessene Aufsicht über alle Finanzakteure gewährleisten, seien es nun große multinationale Konzerne oder die Bank in der Nachbarschaft, und es ermöglichen, dass die Aufsicht zur Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Modells auf internationaler Ebene beiträgt.

Die Frage lautet nun, wie das geschehen soll. Sollen wir einen Ausschuss der Weisen einsetzen? Oder sind wir vielleicht auf interinstitutioneller Ebene besser in der Lage, die gemeinsame europäische Intelligenz arbeiten zu lassen? Dies ist jedenfalls die Botschaft, die das Parlament mit der heutigen Debatte aussenden will, und ich bin dem Rat und der Kommission sehr dankbar, dass sie eingewilligt haben, sie im Parlament zu führen.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Frau Präsidentin, Herr Kommissar, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Kollegin Berès! Sie sprachen gerade in Ihrem Beitrag auch im Hinblick auf Finanzdienstleistungen eine Reihe wichtiger Fragen an. Ich kann Ihnen versichern, dass der Rat diesem Aspekt eine zentrale Bedeutung beimisst.

Ich unterstreiche noch einmal, dass das europäische Finanzsystem auch als ein wichtiger Beitrag zur Lissabon-Strategie angesehen wird und eine entscheidende Rolle bei der Konsolidierung des Rahmens für Finanzstabilität in der Europäischen Union spielt. Es geht dabei aber genauso darum, die Effizienz der Finanzaufsicht zu stärken, ohne dem Finanzsektor exzessive Aufsichtslasten aufzubürden. Auch hierdurch sollte der Wettbewerb nicht eingeschränkt werden. Erlauben Sie mir, auf drei wesentliche Punkte der genannten Ratsschlussfolgerungen hinzuweisen.

Erstens: Der Rat hat zur Schaffung gleicher Ausgangsbedingungen in der Europäischen Union die Bedeutung fairer und nicht diskriminierender nationaler Aufsichtspraktiken hervorgehoben. Zugleich hat er aber auch auf ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den Verpflichtungen des Heimatlandes und den Verpflichtungen des Gastlandes Wert gelegt. Aber auch die Bedeutung einer angemessenen und unabhängigen Finanzaufsicht für die Gewährleistung der Finanzstabilität wurde noch einmal betont.

Zweitens: Der Rat hat die drei Stufe-3-Ausschüsse ersucht, bei ihren Bemühungen um die Konvergenz von Vorschriften und Praktiken die in ihren Arbeiten und Berichten aufgezeigten Hindernisse ebenso zu berücksichtigen wie den Bericht des Ausschusses für Finanzdienstleistungen über die Konvergenz auf dem Gebiet der Aufsicht. Hierbei geht es insbesondere darum, gemeinsame Formate für das Meldewesen der Finanzinstitute an die Aufsichtsbehörden zu erarbeiten, damit Mehrfachkosten vermieden werden.

Der Rat hat drittens die Absicht der Kommission unterstützt, im Rahmen ihrer Befugnisse auch die Einhaltung der Regeln im Wettbewerbs- und Beihilferecht zu gewährleisten. Im Rat wurde es als vorrangig betrachtet, die Arbeiten der drei Stufe-3-Ausschüsse zu fördern. Dazu benötigen sie geeignete Aufsichtsinstrumente. Die Schlussfolgerungen des Rates von Mai 2006 enthalten auch ein umfassendes kurz- und mittelfristiges Aktionsprogramm für diesen Bereich, das sich auf einen Bericht des Ausschusses für Finanzdienstleistungen stützt. Einen Meilenstein bilden die gründlich überarbeiteten Aufsichtsvorschriften für Banken, Versicherungen und Wertpapierfirmen. Diese stellen die Zusammenarbeit der Aufseher auf eine neue Grundlage, was der Finanzstabilität und der Wettbewerbsfähigkeit unserer Finanzwirtschaft zugute kommt.

Im Bericht des AFD wurden drei Herausforderungen aufgezeigt, die weiteres Handeln erforderlich erscheinen lassen. Ich glaube, dass diese Herausforderungen insbesondere für die unmittelbar vor uns liegende Zeit von Belang sind. Erstens müssen die Konvergenz und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Aufsicht weiter verstärkt werden. Zweitens muss die Effizienz des Aufsichtssystems erhöht werden und drittens muss im Hinblick auf die Zunahme grenzüberschreitender Finanzkonzerne die internationale Aufsicht verbessert werden.

Angesichts dieser Herausforderungen umfasst das im Mai vergangenen Jahres vom Rat gebilligte Aktionsprogramm eine Kombination mehrerer Instrumente. Diese zielen darauf ab, die Entstehung einer europäischen Aufsichtskultur und eines Mediations- und Delegierungsverfahrens sowie Regelungen für den elektronischen Datenaustausch und gemeinsame Formate für das Meldewesen zu fördern. Ich stelle fest, dass auf Ebene des Europäischen Parlaments im Bericht Muskat ebenfalls mit Nachdruck auf den zuletzt genannten Aspekt hingewiesen wurde. Ich begrüße auch hier die Übereinstimmung der Ansichten.

Der Ausschuss für Finanzdienstleistungen ist gebeten worden, insbesondere die Fortschritte zu überwachen, die die drei Ausschüsse der Stufe drei bei der Umsetzung der verschiedenen Instrumente erzielt haben.

Ferner ist der AFD beauftragt worden, die Konvergenz der Aufsichtsbefugnisse auf einer geeigneten Ebene zu überwachen. Ich weiß, dass die Kommission diesen Aspekten ebenfalls große Aufmerksamkeit widmet und bin zuversichtlich, dass auch das Europäische Parlament diesen Prozess im Rahmen seines Dialogs mit den Stufe-3-Ausschüssen fördern wird. Weitere Erkenntnisse sind von der Arbeit der interinstitutionellen Überwachungsgruppe zu erwarten.

Lassen Sie mich nun zu den langfristigen Perspektiven und der Frage des Herangehens an aufsichtsrechtliche Fragen kommen. Neben den bereits genannten bestehenden Herausforderungen muss der AFD bei der Festlegung langfristiger, strategischer Prioritäten auch die sich aus den Marktentwicklungen ergebenden Fragen berücksichtigen. Im Hinblick darauf hat der AFD unlängst eine neue Untergruppe gebildet, die bis Herbst 2007 einen Bericht über langfristige Aufsichtsthemen vorlegen wird. Bei diesem neuen Arbeitsstrang wird von folgendem Bottom-up-Ansatz ausgegangen: Weitere grundlegende Änderungen der Aufsichtsaufgaben sollen nur aufgrund nachweislicher Probleme erfolgen.

Ich möchte ferner betonen, dass die allgemeine Frage der Aufsichtskonvergenz im Zusammenhang mit der Konsolidierung der Märkte und Finanzinstitutionen gesehen werden muss. Daher freut mich besonders, dass es dem Europäischen Parlament und dem Rat bereits im März gelungen ist, sich in erster Linie auf einen Text zur Beteiligungsrichtlinie im Finanzsektor zu einigen. Dies ist ein deutliches Zeichen für unsere gemeinsame Entschlossenheit, den EU-Rahmen für die tägliche Arbeit unserer Aufsichtsbehörden zu verbessern.

Zum Abschluss möchte ich Folgendes betonen: In den genannten Bereichen müssen wir sämtlichen Herausforderungen, mit denen die EU-Organe hier konfrontiert sind, Rechnung tragen. Hierzu gehören die Stärkung der Finanzstabilität durch Aufsichtsregelungen und -verfahren sowie die Förderung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit. Beiden dient die Erleichterung der Konsolidierung unserer Finanzwirtschaft. Sie muss im Rahmen eines Prozesses erfolgen, der auch dem Schutz der Verbraucherinteressen förderlich ist. Bei all den genannten Aspekten arbeitet der Rat mit der Kommission zusammen, und wir begrüßen auch das starke Interesse des Europäischen Parlaments, das auch in dieser Aussprache deutlich wird. Ich danke ausdrücklich für Ihre Zusage, weitere Fortschritte zu fördern.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete! Der europäische Finanzsektor hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Die Kapitalmärkte haben expandiert und sind immer stärker integriert. Es haben sich neue Anlagetechniken entwickelt. Die Konsolidierung des Bankensektors geht immer schneller vonstatten. Gesamteuropäische Konglomerate spielen mittlerweile auf allen nationalen Märkten eine wichtige Rolle.

Diese Veränderungen wirken sich vorteilhaft auf die Effizienz unserer Finanzindustrie aus und sollten begrüßt werden. Sie stellen die Entscheidungsträger allerdings auch vor neue Herausforderungen. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Regelungen für die Finanzaufsicht an die Bedürfnisse eines stärker integrierten EU-Finanzsektors angepasst werden, was für die finanzielle Stabilität und die Wettbewerbfähigkeit unserer Industrie unerlässlich ist.

In diesem Zusammenhang ist eine stärkere Zusammenarbeit und Konvergenz der europäischen Aufsichtsbehörden von größter Bedeutung. Seit ich Kommissar bin, war dies stets eine meiner Prioritäten und wird es auch bis zum Ende meiner Amtszeit bleiben.

Ich möchte kurz ins Gedächtnis zurückrufen, was die Kommission bereits unternommen hat, um ein effektiveres und effizienteres Aufsichtssystem in Europa zu fördern.

Im Rahmen des Lamfalussy-Prozesses hat sie europäische Ausschüsse der Aufsichtsbehörden für den Wertpapier-, Banken- und Versicherungssektor geschaffen. Diese Ausschüsse haben bereits zu stärkerer Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden und mehr Konvergenz bei den Aufsichtsverfahren geführt. Ich gehe davon aus, dass sie ihre Arbeit in diesen Bereichen fortsetzen und beschleunigen werden, denn das ist für die Koordinierung in Krisensituationen unerlässlich.

Die Kommission hat auf eine vereinfachtere Aufsicht der großen Finanzinstitutionen gedrängt, und zwar insbesondere durch die Aufnahme des Konzepts der konsolidierenden Aufsichtsbehörde in die Richtlinien über Kapitalerfordernisse. Die konsolidierende Aufsichtsbehörde ist im Falle einer Krise für einen angemessenen Informationsaustausch zwischen den Aufsichtsbehörden, Zentralbanken und Finanzministerien zuständig. Ihre Rolle ist die wichtigste, weswegen ich weitere und ehrgeizigere Schritte in Richtung Konsolidierung der Aufsicht im Versicherungswesen im Rahmen des Projekts Solvabilität II vorschlagen möchte.

Bei den Wertpapierdienstleistungen wenden wir den Grundsatz stärkerer zentraler Kontrolle an, bei dem für gewisse Branchen begrenzte Ausnahmen gelten.

Um sich konkreter mit Fragen der Finanzmarktstabilität beschäftigen zu können, befassen sich meine Referate zurzeit mit fünf zusammenhängenden Bereichen, bei denen Klarheit vonnöten ist, wenn wir unsere Reaktionsfähigkeit bei Finanzkrisen verbessern wollen. Diese Fragen sind Liquiditätsvereinbarungen, Krisenmanagement, Fragen in Bezug auf den Kreditgeber der letzten Instanz, Einlagensicherungssysteme und Abwicklung von Finanzinstitutionen. Am 26. Juni wird eine Kommissionskonferenz zu diesen Themen stattfinden, an der auch Frau Berès als Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Währung teilnehmen wird.

Die Bemühungen der Kommission sind in Verbindung mit der Arbeit des Rates „Wirtschaft und Finanzen“ zu sehen. Im Jahr 2006 fand eine Krisensimulation statt, in deren Nachgang der Rat 2007 darüber nachdenken wird, wie grenzübergreifende Krisensituationen besser bewältigt werden können, und zudem klären wird, inwieweit die Lasten aufgeteilt werden können. Darüber hinaus arbeitet der Ausschuss für Finanzdienstleistungen bereits an Fragen im Zusammenhang mit der Verbesserung der Effizienz der Aufsicht.

Auch der Interinstitutionelle Kontrollausschuss für das Lamfalussy-Verfahren wird seinen Abschlussbericht im Jahr 2007 fertigstellen. Ich gehe davon aus, dass dieser nützliche Empfehlungen enthalten wird, wie die Ausschüsse der Aufsichtsbehörden besser arbeiten und ihre Zusammenarbeit vertiefen können. Dadurch könnten sie mögliche Fragen der Finanzmarktstabilität künftig noch besser bewältigen.

Gegen Ende des Jahres wird die Kommission auch ihre eigene Einschätzung der Funktionsweise des Lamfalussy-Verfahrens vorlegen. Bei dieser allgemeinen Einschätzung wird die Arbeitsweise der Ausschüsse der Aufsichtsbehörden ganz sicher eine wesentliche Rolle spielen. Ich sehe den Stellungnahmen des Europäischen Parlaments zu dieser Frage erwartungsvoll entgegen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir diese Aussprache durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Parlament, Rat und Kommission voranbringen können. Es wird notwendig sein, aus den verschiedenen laufenden Aktivitäten Schlussfolgerungen zu ziehen. Ich bin offen für Anregungen, wie wir hierbei vorgehen sollten. Allerdings glaube ich, dass es noch zu früh wäre, zum jetzigen Zeitpunkt einen „Rat der Weisen“ einzusetzen. Ich würde eher abwarten, bis die verschiedenen Initiativen dieses Jahr abgeschlossen sind und dann erst den nächsten Schritt planen.

Lassen Sie mich das Gesagte kurz zusammenfassen: Die Finanzmärkte der EU sind stark. Wir haben kein kaputtes Aufsichtssystem, das repariert werden muss. In den letzten Jahren wurden große Erfolge erzielt, was die Modernisierung der Aufsichtsregelungen der EU angeht, aber es sind auch weitere Verbesserungen notwendig, die sich aus der Integration ergeben. Hier sind wir uns alle einig. Wir sollten unsere Bemühungen fortsetzen, die Lamfalussy-Struktur zu dem Regulierungsinstrument zu machen, mit dem die effektive, effiziente und konvergierte Aufsicht, die ein Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen erfordert, in die Tat umgesetzt werden kann. Es wird zurzeit untersucht, wie die Lamfalussy-Struktur und unsere Regelungen für die Finanzmarktstabilität weiter verbessert werden können, um den Bedürfnissen, die durch eine stärkere europäische Integration entstehen, gerecht zu werden.

Ich freue mich darauf, zu gegebener Zeit mit dem Parlament zu diskutieren, welche Initiativen konkret erforderlich sind, um auf die genannten Probleme zu reagieren und unseren europäischen Finanzsektor mit dem bestmöglichen Aufsichtssystem auszustatten. Das ist entscheidend, da für die langfristigen Konkurrenten auf dem EU-Kapitalmarkt in der Weltwirtschaft hochkarätige Aufsichts- und Regulierungsstrukturen unerlässlich sind.

 
  
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  Karsten Friedrich Hoppenstedt, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Es ist gut, dass die Frage von Frau Berès über den Ausschuss für Wirtschaft und Währung hier heute diskutiert und beantwortet wird. Damit ergibt sich ein nahtloser Anschluss an den Bericht Muscat, aber auch an die gestrige Diskussion im Ausschuss, auch mit Ihnen, Herr Kommissar!

Die Krisensimulation zur Überprüfung der Finanzstabilität in der EU, die im letzten September auf der ECOFIN-Sitzung in Helsinki vorgestellt wurde, hat in der Tat Defizite offen gelegt. Dieses Szenario – also ständig neu entwickelte Finanzinstrumente wie z. B. Hedge-Fonds und Derivate – verdeutlicht die Notwendigkeit weiterer Diskussionen, die der Sicherheit der Verbraucher ausreichend Rechnung tragen. Wir brauchen deshalb ein System von funktionierenden, ineinandergreifenden Aufsichtsregeln und Praktiken in der Europäischen Union.

Verbraucherschutz, aber auch die Effektivität der Finanzwirtschaft und die Stabilität der Finanzmärkte bilden das oberste Ziel der Finanzaufsicht bei gleichzeitiger Unterstützung der Wirtschaft bei der Ausschöpfung ihres Potenzials und ihrer Kreativität. Deswegen muss sich eine gute Aufsicht an den vorhandenen Risiken orientieren und prinzipienbasiert vorgehen anstatt sich detaillierter Einzelbetrachtung hinzugeben. Sie darf keine zusätzliche Belastung für die Unternehmen darstellen, die Regeln müssen in engem Kontakt mit der Finanzwirtschaft entwickelt werden und grenzüberschreitende Finanzmärkte müssen in gleichem Maße gesamteuropäisch wie global behandelt werden.

Die Aufsicht sollte sich auf das wirklich Notwendige und Sinnvolle beschränken. Existierende Maßnahmen sollten vorsichtiger und marktfreundlich angewandt werden. Unnötige Belastung muss vermieden werden. Zum derzeitigen Zeitpunkt bin ich strikt gegen eine europäische Zentralaufsicht, die zusätzlich und parallel zu den nationalen Aufsichten agiert, das Subsidiaritätsprinzip der EU aushebelt und jeglicher demokratischer Legitimität entbehrt. Eine derartige Einrichtung würde nicht nur bei vielen Unverständnis hervorrufen, zumal sie weitere intransparente Bürokratie errichtet, sondern sie geht auch mit einem gravierenden Souveränitätsverlust der Mitgliedstaaten einher, da sie sich im Krisenfall über nationale Budgets hinwegsetzt.

Lassen Sie uns doch erst mal abwarten, wie sich die Aufsichtsgremien der neu formierten 27 zusammenfinden und ihre Arbeit machen. Wir brauchen keine einheitliche, zentralistische Aufsichtsstruktur, sondern wir brauchen eine gemeinsame Aufsichtskultur, die von gleichen Werten und Zielen geprägt ist.

 
  
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  Joseph Muscat, im Namen der PSE-Fraktion. – (MT) Es wird immer wieder auf einen von mir ausgearbeiteten Bericht Bezug genommen, der im Detail auf diesen Bereich eingeht und vom Parlament genehmigt wurde.

Dieser Bericht, der nun als Stellungnahme vom Parlament verabschiedet wurde, beinhaltet die Analyse einer immer akuter werdenden Situation. Einer der wichtigsten Punkte, ist dabei die Tatsache, dass auf nationaler Ebene unterschiedliche Praktiken und Aufsichtshierarchien existieren. Aus europäischer Sicht bedeutet dies sowohl einen Rückgang der Markteffizienz, als auch weitere Betriebskosten für die in verschiedenen Ländern operierenden Institutionen. Der Bericht hinterfragt, inwiefern das derzeitige System überhaupt eine effiziente Überwachung großer Konzerne gewährleisten kann, die in unterschiedlichen Ländern und Sektoren tätig sind. Wir haben eine noch detailliertere Überprüfung des europäischen Sozialmodells im Hinblick auf eine vernünftige Stabilität und geeignete Krisenmanagement-Strukturen gefordert. Wir sind darin übereingekommen, dass wir auf europäischer Ebene ein effizientes Krisenmanagement benötigen. Die gegenwärtige Marktentwicklung zeigt, dass sich eine Krise, die zunächst nur ein Land betrifft, wie ein Lauffeuer auf andere Länder ausbreiten kann.

Die Reaktion auf eine derartige Krise wird aufgrund der großen Zahl von betroffenen Institutionen und mangelnder Klarheit darüber, welche Rolle ihnen eigentlich zukommt, zunehmend komplex. Die europäischen Verbraucher und Investoren sind letztendlich diejenigen, die in diesem Bereich am meisten unter fehlenden Maßnahmen zu leiden haben. Innerhalb dieses Rahmens hat das Parlament sich geeinigt, einen Experten-Ausschuss zu berufen, der diese Auswirkungen untersucht und uns dann im Anschluss seine Empfehlungen vorlegt.

Ich bin mir bewusst, dass die Meinungen zu dieser Initiative und ihrer Form auseinander gehen. Nach meinem Dafürhalten ist inzwischen die Zeit gekommen, um eine umfassende Debatte zu diesem Thema unter Beteiligung aller Institutionen zu führen. Was wir gerade nicht brauchen, ist gegenseitige Ignoranz, wenn es darum geht, zu entscheiden, welche Form die Überwachung der europäischen Finanzmärkte haben sollte. Ich denke, dass wir unsere Anstrengungen in erster Linie auf den dringenden Diskussionsbedarf in dieser Sache richten und betonen sollten, dass keine Zeit zu verlieren ist.

 
  
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  Margarita Starkevičiūtė, im Namen der ALDE-Fraktion. – (LT) Ich möchte sagen, dass es wohl in den meisten Ländern ein Sprichwort gibt, in dem es heißt, dass man bereits im Sommer mit den Vorbereitungen auf den Winter beginnen muss. In der Diskussion über dieses Thema möchten wir die Europäische Kommission und den Rat an diese alte Binsenwahrheit erinnern. Denn bisher wurde uns stets gesagt, es würden Arbeitsgruppen gebildet und diese Frage würde diskutiert. Zweifellos hat Konsolidierung ihre positiven Aspekte; mit ihr einher geht jedoch ein zunehmendes systematisches Risiko am Markt. Finanzkonzerne operieren in allen Ländern der Europäischen Union und die Abhängigkeit von ihrer Tätigkeit sowie der Einfluss ihrer Aktivitäten sind oft hoch. Wenn wir von einer Reform des Aufsichtsprozesses sprechen, müssen wir die Frage, die ich in der Regel an die Leiter der europäischen Aufsichtsorgane richte, zuerst uns selbst stellen: Wenn ein Tochterunternehmen in einem bestimmten Land operiert und die Wirtschaft dieses Landes wegen der unbefriedigenden Geschäftstätigkeit dieses Unternehmens Schaden zu nehmen beginnt, wer wird dafür zahlen? Wer wird verantwortlich sein? Die Gesetze welchen Landes werden gelten? Eine andere Frage. Wenn sich in dem Tochterunternehmen eine Krise entwickelt, wie wird sie bewältigt? Auf nationaler Ebene oder auf der Ebene des Finanzkonzerns? Leider haben wir bisher noch keine Antwort auf diese einfachen Fragen erhalten. Ich bin recht erfreut über die Information, die Vertreter des Rats und der Kommission uns in Bezug auf das, was getan wird, geliefert haben; ich möchte jedoch erneut betonen, dass wir, da neue riskante Produkte ihren Weg auf den Markt finden, alle Prozesse beschleunigen und uns zusammensetzen müssen, um die Grundfragen zu klären, und uns nicht in Details verlieren dürfen. Diskussionen über die verschiedenen Arten der Koordination und dergleichen sind schön und gut, bis sich eine Krise entwickelt. Der Bezugspunkt für unsere Entscheidungen über eine Reform des Aufsichtsprozesses muss das sein, was wir in einer Krisensituation tun würden.

 
  
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  Piia-Noora Kauppi (PPE-DE).(EN) Frau Präsidentin! Ich möchte der Vorsitzenden unseres Ausschusses, Frau Berès, für ihren Beitrag danken, der genau zum richtigen Zeitpunkt erfolgte. Wir haben in dieser Woche damit begonnen, uns im Ausschuss mit dem Bericht van den Burg auseinanderzusetzen, und eines der wichtigsten Themen auch in der Zeit der Post-FSAP-Agenda besteht darin, wie ein gutes Aufsichtssystem für Europa entwickelt werden kann. Für uns ist es sehr wichtig zu wissen, wie Rat und Kommission über die Zukunft dieser gemeinsamen Agenda denken.

Der Aktionsplan für Finanzdienstleistungen ist jetzt mehr oder weniger vollständig, weswegen wir uns nun hauptsächlich mit der Konvergenz im Bereich Umsetzung und Aufsicht beschäftigen. Wir sind der Auffassung, dass wir, obwohl die nationalen Regulierungsbehörden bereits recht gute Verfahren entwickeln konnten, die Arbeit fortsetzen müssen, die über die Lamfalussy-Ausschüsse hinausgehen muss. So ist es zum Beispiel sehr positiv, dass wir jetzt Aufsichtsgremien haben, die sich mit großen, gesamteuropäischen Fällen befassen, für die mehrere Gerichte zuständig sind. Zuweilen fehlt es diesen Gremien jedoch an Autorität; sie haben nicht genügend Ressourcen und treffen nicht genug Mehrheitsentscheidungen. So wäre es zum Beispiel hervorragend, wenn wir sowohl in den Stufe-3-Ausschüssen als auch in den Aufsichtsgremien häufiger die qualifizierte Mehrheitsabstimmung ins Auge fassen könnten.

Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass wir in Frau van den Burgs Berichtsentwurf einer neuen Idee zum Durchbruch verholfen haben: Für die größten gesamteuropäischen Akteure sollten wir über eine gut ausgestattete europäische Aufsichtsbehörde innerhalb des Systems verfügen. Wir würden gerne eine europäische Aufsichtsbehörde einrichten, die allerdings nicht außerhalb des derzeitigen Zuständigkeitsbereichs der Kommission, sondern vielmehr innerhalb des Systems tätig sein sollte. Diese Idee könnte die Kommission meines Erachtens auch in Erwägung ziehen.

Zu guter Letzt ist es auch wichtig, die Zusammenarbeit auf globaler Ebene weiterzuentwickeln. Wir wissen, dass die finanziellen Risiken und aufsichtsrechtlichen Herausforderungen nicht nur auf europäischer Seite bestehen, sondern dass sie auch sehr stark die großen Marktteilnehmer in Amerika usw. betreffen, weswegen es sehr gut ist, dass die Kommission diesen Dialog über die Finanzdienstleistungen mit den transatlantischen Partnern ernst genommen hat – es muss allerdings eine kontinuierliche Weiterentwicklung stattfinden.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte allen Abgeordneten für ihre äußerst wertvollen Beiträge danken.

Wie ich bereits sagte, kommt der Entwicklung der Finanzaufsicht entscheidende Bedeutung zu. Ein stabiles Finanzumfeld ist für die wirtschaftliche Entwicklung, die die EU braucht, und den Verbraucherschutz unabdingbar. Es ist also wichtig, Finanzkrisen zu verhindern. Die Aufsicht muss so effizient und effektiv wie möglich sein. Wir müssen dafür sorgen, dass die Praktiken der nationalen Aufsichtsbehörden sich einander annähern, damit die Belastungen für grenzüberschreitende Unternehmen so gering wie möglich sind. Wir brauchen eine gemeinsame Aufsichtskultur: mehr Aufsichtsgremien, die mehr Dinge auf dieselbe Art und Weise tun.

Dies sind wichtige Fragen und ich freue mich darauf, mit Ihnen daran zu arbeiten.

 
  
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  Die Präsidentin. Die Aussprache ist geschlossen.

 
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