Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Alain Lamassoure im Namen des Haushaltsausschusses über die Zukunft der Eigenmittel der Europäischen Union (2006/2205(INI)) (A6-0066/2007).
Ich habe erfahren, dass der Berichterstatter heute aus familiären Gründen leider nicht anwesend sein kann. Er wird von Herrn Böge vertreten.
Reimer Böge (PPE-DE), stellvertretender Berichterstatter. – Frau Präsidentin! Bevor ich beginne, möchte ich im Namen des Haushaltsausschusses – und rechnen Sie das bitte nicht auf die Redezeit an – unser Unbehagen darüber ausdrücken, dass die vorgesehenen Zeiten sehr weit nach hinten verschoben worden sind. Das hat dazu geführt, dass der Kollege Lamassoure aus den genannten Gründen nicht mehr anwesend sein kann. Ich bitte Sie deswegen um Verständnis, weil ich gerade eben erst darüber in Kenntnis gesetzt worden bin, dass ich seinen Redetext in der Originalversion – also in Französisch – vortragen muss. Die Kabinen haben eine entsprechende Kopie. Deswegen wird es mit den fünf Minuten etwas knapp, weil Französisch leider nur meine dritte Fremdsprache ist.
(FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Bericht über die Zukunft der Eigenmittel ist sehr wichtig. Ihr Haushaltsausschuss hat einen neuartigen politischen Ansatz beschlossen. Der dem Parlament vorgelegte Bericht ist ein erster Fortschrittsbericht.
Zunächst einmal ist dies eine wichtige Frage: Die Union steckt neben der politischen Krise in einer ebenso ernsten Haushaltskrise. Die Einigung über die Finanzielle Vorausschau wurde nur auf Kosten einer Stagnation des Gemeinschaftshaushalts erreicht. Der Haushalt sieht Mittel für die GAP und Beihilfen für die neuen Mitgliedstaaten vor, lässt jedoch beispielsweise keine Mittel für das Verkehrsnetz oder Galileo zu und praktisch gar nichts für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik.
Wir haben kürzlich den 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge begangen. Wir haben uns über die Erfolge der Union gefreut, einer noch engeren Union, die mit den Verträgen gegründet wurde. Lassen Sie uns den Mut haben, anzuerkennen, dass die Union bei haushaltstechnischen Fragen in den letzten fünfzig Jahren immer weniger „eng“ geworden ist: Die Haushaltssolidarität hat nicht zugenommen; sie hat insgesamt sogar abgenommen. Vor zehn Jahren stellte der europäische Haushalt 1,17 % des BIP dar, heute erreicht der Haushalt von 2007 kaum 0,99 %.
In den ersten Verträgen wurde der Grundsatz einer Finanzierung der Gemeinschaftsausgaben durch Gemeinschaftsmittel festgelegt, das heißt, mit unmittelbar der Union zugewiesenen Steuermitteln: entweder einzelstaatlichen Mitteln wie Zöllen, oder auch einer echten europäischen Steuer, beispielsweise einer Steuer auf die Umsätze von Stahl- und Kohleunternehmen im Rahmen der EGKS.
Einige meiner Kollegen, die sehr um die Souveränität der Staaten besorgt sind, scheinen völlig vergessen zu haben, dass die Verträge, denen sie, zuweilen nach Referenden, beitraten, tatsächlich eine europäische Steuer vorsahen. Aber diese Steuer besteht nicht mehr, sie wurde nicht erneuert, und Zölle stellen heute nur noch 10 % der Mittel der Union dar. Künftig wird der Großteil dieser Mittel aus Beiträgen der nationalen Haushalte stammen, und dies ist der Grund für die Finanzkrise der Gemeinschaft. Die einzige Möglichkeit, hier Abhilfe zu schaffen, besteht darin, auf den Geist und den Buchstaben der Römischen Verträge zurückzukommen, und dies durch eine Entlastung der einzelstaatlichen Haushalte und durch die Finanzierung der Gemeinschaftsausgaben durch neue Steuermittel, die direkt bereitgestellt werden, um diese Ausgaben zu decken.
Im Bewusstsein des Problems haben sich die führenden Politiker Europas darauf geeinigt, 2008-2009 zusammenzutreffen, um das gesamte Dossier des europäischen Haushalts wieder zu öffnen, wobei das Kapitel Eigenmittel und das Kapitel Ausgaben zusammengelegt werden. Diese Verpflichtung ist ausdrücklich in der Einigung über die Finanzielle Vorausschau festgelegt.
Nun zum politischen Ansatz, der neuartig ist. Angesichts des äußerst heiklen Charakters dieser Frage schlägt der Haushaltsausschuss vor, die Finanzausschüsse der nationalen Parlamente einzubeziehen, und dies gleich von Beginn unserer Arbeiten an. In zwei Jahren haben wir vier Sitzungen abgehalten, und der Berichterstatter ist in die Hauptstädte der Hälfte der Mitgliedstaaten gereist. Ziel ist es nicht, eine Einigung zwischen allen Parlamenten zu erreichen. Dies wäre weder rechtlich noch politisch möglich. Überdies besteht kein Verfahren, das eine Stellungnahme der nationalen Parlamente gestattet, aber wir können den Boden für die Kommission und den Rat bereiten, einige Missverständnisse aus dem Weg räumen, alle Übereinstimmungen und gemeinsamen politischen Ansätze zur Kenntnis nehmen und uns über Initiativen zu einigen, die auszuschließen oder genauer zu prüfen sind.
Der heutige Bericht ist daher ein Fortschrittsbericht, mit dem Bilanz der Themen gezogen werden soll, bei denen ein recht breiter Konsens mit den Gesprächspartnern besteht, die von den nationalen Parlamenten als Delegierte zu uns entsandt wurden. Dieser Konsens besteht auf drei Ebenen: ein Konsens zur Diagnose der Schwächen des derzeitigen Systems, ein Konsens über die politische Richtung einer Reform, und ein Konsens über den Inhalt einer ersten Etappe, die recht schnell beginnen könnte, und die vor allem darin bestehen würde, das derzeitige System zu vereinfachen. Statt Regeln zu gehorchen, die über die Jahre unendlich kompliziert geworden sind, würden die Beiträge der nationalen Haushalte einfach auf der Grundlage des BIP berechnet.
Bisher gibt es jedoch noch keinen Konsens über die Dringlichkeit und den Inhalt einer zweiten Phase. Für uns hat diese Phase entscheidende Bedeutung. Sie würde darin bestehen, unter den vorhandenen Steuermitteln die auszuwählen, die nach und nach an die Stelle der nationalen Beiträge treten könnten, ohne die Belastung für die Steuerzahler zu erhöhen. Zurzeit sind im Fortschrittsbericht nur die Steuern aufgeführt, die für diese Zuweisung genutzt werden könnten, ohne dazu Empfehlungen abzugeben. Dies wird der Zweck eines zweiten Berichts sein, den ich Ende des Jahres vorlegen werde, im Anschluss an eine abschließende interparlamentarische Konferenz zu diesem Thema, die der portugiesische Ratsvorsitz für den 4. und 5. November angekündigt hat.
(Beifall)
Die Präsidentin. Vielen Dank, Herr Böge. Ich denke, der Beifall unserer Kollegen spricht für sich.
Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Im Namen der Kommission möchte ich dem Haushaltsausschuss und seinem ständigen Berichterstatter, Alain Lamassoure, für die beeindruckende Arbeit an diesem Bericht zu einer besonders sensiblen Thematik danken. Auch ich möchte Herrn Böge für seine ausgezeichnete Präsentation applaudieren.
Außerdem möchte ich gemäß dem interinstitutionellen Standpunkt vom 17. Mai 2006 sowie im Rahmen des Konsultations- und Reflexionsprozesses, der zu dieser Prüfung führte, darauf verweisen, dass die Kommission die Ergebnisse des ausführlichen Meinungsaustausches, den sie mit dem Parlament zwecks Analyse der Lage durchführen wird, berücksichtigen wird. Aus diesem Grunde begrüße ich die heutige Aussprache.
Elisa Ferreira (PSE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden des Ausschusses für Wirtschaft und Währung. – (PT) Das gegenwärtige System ist ungerecht und für die Bürger unverständlich. Zu diesem Schluss gelangte auch der Ausschuss für Wirtschaft und Währung. Das System muss dringend einer Revision unterzogen werden, und deshalb begrüße ich diesen Initiativbericht und gratuliere dem Berichterstatter zu seiner ausgezeichneten Arbeit.
Europa muss mit ausreichenden Mitteln ausgestattet sein, um seine strategischen Ziele und insbesondere die Lissabon-Strategie und den sozialen und territorialen Zusammenhalt umzusetzen. Es ist an der Zeit, die Strategie des „juste retour“ zu beenden, die das Wesen des Gemeinschaftshaushalts zerstört und die Vorteile des Binnenmarktes ignoriert, indem sie im Haushalt nicht anerkannt werden.
Fest steht auch, dass die Diskussion über die Einnahmen eine Neubewertung der Prioritäten auf der Ausgabenseite erforderlich macht. Jetzt ist es noch zu früh, um über neue konkrete Einnahmequellen und Zeitpläne zu diskutieren. Gleichwohl muss sichergestellt sein, dass sie progressiv und transparent sind und die Steuerlast für die Bürger nicht erhöhen.
Das Parlament hat heute gezeigt, dass es eine wesentliche Rolle in diesem Prozess spielen will und kann. Der Prozess muss zum Wohle Europas und aller seiner Bürger fortgesetzt werden.
Gerardo Galeote (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für regionale Entwicklung. – (ES) Zunächst möchte ich Herrn Böge zu seinem ausgezeichneten Französisch gratulieren, um das ich ihn sehr beneide, und natürlich geht mein Glückwunsch auch an den Berichterstatter, Herrn Lamassoure, der dazu beigetragen hat, den Anstoß zu einer äußerst wichtigen Debatte zu geben. Wir werden sehen, ob die anderen Gemeinschaftsinstitutionen den Mut haben, das Thema in Angriff zu nehmen.
Ich glaube, nahezu alle von uns stimmen den Hauptzielen des Berichts zu: einem europäischen System, das für die Bürgerinnen und Bürger verständlich ist und natürlich den Steuerdruck nicht erhöht. Dennoch möchte ich auf eine der Hauptforderungen des Ausschusses für regionale Entwicklung eingehen, bei der es um die Beibehaltung der Solidarität als grundlegende Säule der europäischen Integration geht, insbesondere nach den letzten Erweiterungen.
Der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt macht ein gerechtes und ausgewogenes Finanzierungssystem notwendig, das zum einen den relativen Wohlstand und zum anderen die Beitragskapazität der Mitgliedstaaten berücksichtigt. Dazu ist es erforderlich, dass wir die regressiven Elemente des bestehenden Systems streichen, dass die Rückzahlungen, die die wohlhabendsten Länder aus dem Gemeinschaftshaushalt erhalten, abgeschafft werden und dass, wie der Bericht vorschlägt, die Zukunft der Eigenmittel auf die Kriterien Gleichheit und Progressivität gegründet wird.
Die Vorteile der europäischen Aktionen, Frau Präsidentin, können nicht durch die Errechnung der Nettoüberschüsse gemessen werden, die beispielsweise nicht die innergemeinschaftlichen Handelsbilanzen berücksichtigt. Das zentrale Element der künftigen europäischen Finanzierung müssen meiner Ansicht nach Beiträge in Abhängigkeit vom Bruttosozialprodukt der Mitgliedstaaten sein.
Carlos Carnero González (PSE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für konstitutionelle Fragen. – (ES) Wir alle stimmen überein, dass unser Ziel eine effektivere und demokratischere Europäische Union sein muss, und dazu benötigen wir zwei Instrumente: die Verfassung, die sich im Ratifizierungsprozess befindet, und die materiellen Mittel zur Erreichung unserer Zielsetzungen.
Unsere Mittel sind weder ausreichend noch transparent und deshalb ist die derzeitige Lage nicht mehr tragbar. Es stimmt, dass die europäische Verfassung ein neues Gleichgewicht herstellt, in dem das Europäische Parlament als Haushaltsbehörde mehr Befugnisse hat, das trifft jedoch nicht für die Eigenmittel zu. Auch wenn dieses Gleichgewicht heute anscheinend akzeptabel ist, muss dieses Haus künftig die Möglichkeit haben, Rechtsvorschriften zu den Eigenmitteln auf der Grundlage von zwei Faktoren zu erlassen: erstens, einer direkten Beziehung zwischen Bürgern und Mitteln, und zweitens, der Abschaffung von Ausnahmen, Rabatten und Schecks.
Wenn der Bericht Lamassoure in diese Richtung geht, was er meines Erachtens tut, wird der Ausschuss für konstitutionelle Fragen im vorliegenden Fall und bei dem künftigen Text in die gleiche Richtung arbeiten.
Salvador Garriga Polledo, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (ES) Es ist beschämend, dass unser Berichterstatter, Herr Lamassoure, nicht an der Debatte über diesen wichtigen Initiativbericht teilnehmen kann, und es ist eine wirkliche Schande, dass unsere parlamentarische Arbeit anderthalb Stunden später beginnen muss, denn darunter leiden wir alle.
Auf jeden Fall wird die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten den Bericht von Herrn Lamassoure unterstützen, vor allem aus einem Grund: Die letzte Vereinbarung über die Finanzielle Vorausschau hat gezeigt, dass das System unzulänglich ist, und zwar trotz der Tatsache, auf die Herr Lamassoure in Ziffer 10 hinweist, dass wenn der Rat dem Beschluss von Edinburgh aus dem Jahre 1992 in Bezug auf 1,24 % des Bruttosozialprodukts der Europäischen Union für den Gemeinschaftshaushalt gefolgt wäre, wir 240 Milliarden Euro mehr haben würden, die ausgereicht hätten, um über diese Jahre ambitiösere Gemeinschaftsaktionen zu finanzieren, die für jeden einzelnen Mitgliedstaat viel effektiver gewesen wären.
Der Beschluss von Edinburgh von 1992 enthielt somit die Lösungen, doch die Mitgliedstaaten waren danach nicht in der Lage, sie umzusetzen, das sagt Herr Lamassoure selbst.
Deshalb müssen wir nach dem größtmöglichen Gemeinschaftshaushalt suchen und nicht nur neue Eigenmittel schaffen – um die es in der zweiten Phase im Bericht Lamassoure geht und über deren Notwendigkeit wir uns einig sind –, sondern wir müssen auch, wie der Berichterstatter ganz klar feststellt, eine direkte Verbindung zwischen den Eigenmitteln und den zu finanzierenden Politikbereichen, den Ausgaben, herstellen, aber auf der Basis einer grundlegenden Idee, Frau Präsidentin: der Solidarität. Das bedeutet, dass die von den Strukturfonds oder von den Agrarbeihilfen Begünstigten nicht für die Mängel zahlen sollten, die uns die Mitgliedstaaten auferlegen.
Catherine Guy-Quint, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Initiativbericht, den wir heute erörtern, bezieht sich auf einen Bereich, der für die Zukunft der Union entscheidende Bedeutung hat, die Frage ihrer Finanzmittel. Über die Mittel der Union zu sprechen, heißt, über ihre Unterhaltsmittel zu sprechen, vor allem aber sprechen wir über ihre Mittel, um Aufgaben wahrzunehmen und eine öffentliche Politik zu konzipieren. Wir sprechen über die Fortführung der europäischen Idee und der innovativen Politik, die allein Europa uns ermöglicht.
Ziel der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament ist es, diese beiden ehrgeizigen Ziele zu erreichen: die Fortführung des Projekts Europa und die politische und wirtschaftliche Innovation. Entscheidend ist es für das Parlament, den Mitgliedstaaten zu zeigen, dass das Europa der Vorhaben, das Europa des Teilens und der Solidarität möglich ist. Dies bedeutet, dass wir nicht auf unseren nationalen Vorteilen beharren dürfen. Es bedeutet, einen verantwortungsvollen Vorschlag des Parlaments in der Hoffnung anzunehmen, dass der Rat sich in Richtung eines transparenten, gerechten und effizienten Systems bewegt. Die Mittel der Union müssen heute tatsächlich vereinfacht werden. Das komplexe System ist für die Bürger und die europäischen Entscheidungsträger unverständlich geworden. Es ist ein ungerechtes und ungeeignetes System.
Unsere Arbeit, die wir gemeinsam mit den nationalen Parlamenten geleistet haben, hat uns davon überzeugt, dass die Einführung eines neuen Mittelhaushalts lange Zeit dauern wird und in zwei Etappen stattfinden muss. Derzeit beschränken sich die Verhandlungen über den Gemeinschaftshaushalt auf den Zusammenprall des Egoismus der Mitgliedstaaten. Hier wird ein falsches Prinzip festgelegt: das Prinzip der angemessenen Gegenleistung, das die europäische Solidarität untergräbt und unserem Vorhaben zuwiderläuft. Es ist das Gift der Europäischen Gemeinschaft. Der Begriff der Nettobilanz sollte aufgegeben werden.
Dank des Berichterstatters und der Änderungsanträge des Haushaltsausschusses wird im Text die Bedeutung der endgültigen Abschaffung aller Formen von Kompensationen und Rabattsystemen betont. Es ist daher sinnvoll, die Mehrwertsteuermittel zeitweise abzuschaffen, denn in ihrer derzeitigen Form rechtfertigen sie alle Fälle, in denen ein Rabatt gezahlt wird. Wir bestätigen auch die Optionen des Berichts Böge zur Finanziellen Vorausschau. Diese Reform der Einnahmen muss mit einer Reform der Ausgaben verbunden werden. In diesem Rahmen kann die Kofinanzierung der GAP erwogen werden, jedoch ohne Renationalisierung.
Wir müssen zunächst das ungerechte System kritisieren, damit wir Europa danach mit Mitteln ausstatten können, die gesunde und gerechte Grundlagen haben. Erst nachdem dies getan ist, schlägt Herr Lamassoure vor, eine Steuer einzuführen, die verschiedene Formen haben könnte, wobei die Steuerhoheit der Mitgliedstaaten bestehen bleibt. Wir unterstützen den Gedanken einer konsolidierten Steuer, beispielsweise einer Körperschafts- oder Ökosteuer, wie dies Jacques Delors bereits 1991 vorgeschlagen hat, oder eine Steuer auf Finanztransaktionen, eine Steuer auf Devisengeschäfte.
In diesem Bericht schränken wir den Bereich des Möglichen nicht ein. Wir bereiten die zweite Phase unserer Arbeit vor. Wir stellen daher die Widersinnigkeit eines Systems fest, um es abschaffen zu können. Mit Ausnahme der Zölle und einiger Steuern auf landwirtschaftliche Tätigkeiten sind die anderen Einnahmen keine Eigenmittel.
Abschließend sei gesagt, dass die Ausstattung der Union mit wirklichen Finanzmitteln bedeutet, die Haushaltsautonomie Europas zu stärken, damit es nicht länger von der Blockademacht eines Mitgliedstaats abhängt. Es bedeutet auch, dem Haushalt wieder Kohärenz zu geben. Wer auch immer über Ausgaben entscheidet, muss gegenüber der Öffentlichkeit für die Einnahmen verantwortlich sein. Und schließlich bedeutet es, vom Gedanken der Rendite für investiertes Kapital wegzukommen, der seit Jahren alle unsere europäischen Vorhaben unterminiert und den Gedanken der Solidarität selbst zerstört, der die Grundlage Europas bildet, dessen 50. Jahrestag wir gerade begehen.
Jan Mulder, im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Frau Präsidentin! Meine Glückwünsche an den abwesenden Herrn Lamassoure für seinen Bericht sowie an Herrn Böge, der den Bericht vertretungsweise vorgetragen hat. Wir alle wissen um die auf dem letzten Gipfel des Jahres 2005 gefassten Beschlüsse und um ihre Vorgeschichte. Gezanke ist meines Erachtens kein würdiges Schauspiel für Europa. Zur Lösung des Problems unserer Eigenmittel müssen wir andere Möglichkeiten finden, und der Bericht Lamassoure weist dafür den richtigen Weg.
Die große Mehrheit der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz kann den wichtigsten Schlussfolgerungen des Berichts Lamassoure zustimmen. Das Bruttonationaleinkommen stellt unserer Ansicht nach das wohl geeignetste Instrument zur Messung des Wohlstands der einzelnen Länder und zur Berechnung der darauf beruhenden Beiträge dar. Das sollte uns jedoch nicht daran hindern, zu einem späteren Zeitpunkt andere Optionen zu prüfen, wobei, wie von vielen meiner Vorredner ausgeführt wurde, diese nicht zu höheren Steuern führen dürfen, sondern für einen Teil der Einnahmen, die der Union zufließen, die bestehenden Steuern in Anspruch genommen werden müssen.
Wir teilen nicht die Ansicht, es sei bedauerlich, dass die 1992 in Edinburgh beschlossenen 1,24 % nicht genutzt wurden. Die Kommission hatte schon genug Schwierigkeiten zu überwinden, um den bestehenden Haushalt auszuführen. Jedes Jahr fließen so viele Millionen an die Mitgliedstaaten zurück, dass die Logik einer weiteren Aufstockung des Haushalts und noch höherer Ausgaben schwer zu rechtfertigen ist.
Haushalte müssen auf der Grundlage der tatsächlichen Erfordernisse berechnet werden, und bislang haben wir diese Obergrenze von 1,24 % noch nicht erreicht. Zufälligerweise ist die für die Landwirtschaft zuständige Kommissarin heute Abend hier anwesend, und ich kann ihr mitteilen, dass nach Auffassung der ALDE-Fraktion die obligatorische Kofinanzierung bestimmter Agrarausgabenbereiche einen erheblichen Vorteil für Europa bedeutet und von uns zukünftig nachdrücklich gefördert werden sollte; wer weiß, vielleicht kommt ihr noch ein guter Gedanke für die von ihr geprüften Lösungen für eine Sanierung im kommenden Jahr.
Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Frau Kommissarin! Ich möchte einige Anmerkungen zur Aussprache über die Zukunft der Eigenmittel der Europäischen Union machen.
Erstens: Das gegenwärtige System der Eigenmittel der Union ist nicht transparent und – was noch schwerer wiegt – ungerecht. Durch die „Weihnachtsgeschenke“ des Europäischen Rates auf seiner Tagung in Brüssel im Dezember 2005 ist es noch komplizierter geworden.
Zweitens: Wie dieses System zeigt, sind einzelne Mitgliedstaaten absolut nicht bereit, Politikbereiche zu finanzieren, von denen sie selbst wenig profitieren. Das beste Beispiel hierfür ist der britische Rabatt.
Drittens: Der Vorschlag für ein neues Eigenmittelsystem und insbesondere für eine neue europäische Steuer ist zumindest aus zwei Gründen inakzeptabel. Zum einen wurde damit die Steuerlast der Bürger steigen, zum anderen würden die Mitgliedstaaten einen Teil ihrer Steuerhoheit einbüßen.
Viertens: Die Aussagen im Bericht, wonach die Ausgaben für die Gemeinsame Agrarpolitik ineffektiv seien, geben Anlass zu ernster Sorge. Die Ernährungssicherheit in der Europäischen Union bildet einen der Eckpfeiler ihrer Existenz, und allein schon aus diesem Grund darf die Finanzierung der Landwirtschaft nicht in Frage gestellt werden. Der Vorschlag für eine Renationalisierung der Gemeinsamen Agrarpolitik ist ebenfalls inakzeptabel.
Gérard Onesta, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin, vorhin waren hier im Plenarsaal sehr viele Menschen anwesend: Wir sprachen über die Erklärung von Berlin. Doch heute Abend können wir dieser Erklärung in einem Plenarsaal, in dem sehr viel mehr Plätze leer geblieben sind, vielleicht Substanz geben, denn wenn wir meinen, wir könnten Europa bauen, ohne es mit den dafür notwendigen Mitteln auszustatten, werden wir nicht sehr weit kommen. Tatsache ist, dass die Haushaltsmittel bisher von Strukturen abhängig waren, die mit sechs Ländern funktionierten, aber mit siebenundzwanzig Ländern unbrauchbar geworden sind. Das große Verdienst des Berichts von Alain Lamassoure besteht darin, dass er dies ganz deutlich kritisiert. Eine derart nationalisierte Finanzierung, bei der man jeden gezahlten Euro sozusagen mit einer Nationalflagge versieht und versucht, mehr zurückzubekommen, als man gegeben hat, funktioniert nicht. Diese Kritik ist ein Aspekt des Berichts, der der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz zusagt.
Es gibt jedoch Dinge, die uns sehr viel weniger gefallen. Wir verstehen nicht, warum wir uns selbst Beschränkungen auferlegen, wenn dies ein Initiativbericht ist. Natürlich hätten wir gern den Begriff „europäische Steuer“ gesehen. Ich bin sicher, wir sind hier in diesem Hohen Haus in der Mehrheit, wenn wir sagen, dass wir es wagen müssen, diesen Begriff zu verwenden, um die verdeckte europäische Steuer zu ersetzen: eine Prise MWSt. hier, einen kleinen Beitrag dort. Wir hätten es wagen sollen, diesen Begriff in den Bericht aufzunehmen. Warum sprechen wir im Übrigen über einen Übergangszeitraum, wenn wir doch sehr gut wissen, worin unser Ziel besteht? Indem wir versuchen, den einen zu schmeicheln und die anderen zu beruhigen, nehmen wir dem Bericht alle Stärke, obwohl die Ausgangspunkte ausgezeichnet waren.
Mein letzter Punkt ist sehr wichtig für unsere Fraktion: Warum legen wir uns vor dem Start des Wettkampfs selbst Hindernisse in den Weg, indem wir die Latte bei 1,24 % anlegen? Warum sollte sich das Parlament vor dieser heiligen Kuh verneigen, die es immer angeprangert? Wir wissen – und wir werden dies nächstes Jahr, 2008, erörtern –, dass diese Schwelle verhindert, dass die europäische Politik mit echten Mitteln unterstützt wird. Vergleichen wir es einmal mit dem, was unsere Nachbarn tun. In den Vereinigten Staaten legen sie 20 % ihres BIP zusammen.
Daher ist klar, dass der Bericht Lamassoure bedauerlicherweise hier und da Zugeständnisse machen musste, bis hin zur Selbstbeschränkung. Unsere Frage lautet: Wie können wir Alain Lamassoure dazu ermutigen, voranzuschreiten ohne zu scheitern? Die beste Antwort, die wir gegeben haben, lautet, sich zu enthalten.
Esko Seppänen, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (FI) Frau Präsidentin! Der Berichterstatter, Herr Lamassoure, hat eine korrekte Einschätzung getroffen: Es ist jetzt nicht die Zeit, dass Mitgliedstaaten ihre Souveränität in steuerlichen Angelegenheiten aufgeben. Das gegenwärtige System der Eigenmittel weist viele Mängel auf. Für den Rabatt an das Vereinigte Königreich gibt es keine Rechtfertigung. Auch die Sonderrabatte, die einige andere Mitgliedstaaten in dessen Schatten beim 2005er Gipfel erreicht haben, sind nicht gerechtfertigt. Unsere Aufmerksamkeit gilt ganz zu Recht dem so genannten Rotterdam-Effekt, der Überkompensation durch die 25 %ige Prämie für die Erhebung der Zölle. Dieses System kann ohne die gleichzeitige Berücksichtigung der Verteilung der Ausgaben der Union und insbesondere der Erstattungen an Mitgliedstaaten in Form von Agrarbeihilfen nicht reformiert werden. Die gemeinsame Finanzierung der Landwirtschaft wird in dem Bericht unter den Teppich gekehrt, und dort werden wir sie mit Sicherheit auch in der Halbzeitbewertung zur Finanziellen Vorausschau für 2007-2013 wiederfinden. Dann muss diesen Problemen Aufmerksamkeit gewidmet werden, und sie sollten nicht dadurch gelöst werden, dass der EU das Recht zur Erhebung von Steuern gegeben oder eine gemeinsame europäische Steuer eingeführt wird.
Hélène Goudin, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Frau Präsidentin! Es ist die Einführung einer EU-Steuer angesprochen worden, da offensichtlich einige der Ansicht sind, die EU habe viel zu wenig Geld. Das soll dadurch gelöst werden, dass die EU die Möglichkeit erhält, eine Steuer zu erheben, die direkt aus den Taschen der Bürger bezahlt wird. In Ziffer 6 des Berichts wird das Erfordernis der Einstimmigkeit bei Beschlüssen zu derartigen Fragen kritisiert. Offensichtlich soll die Möglichkeit geschaffen werden, widerstrebende Länder zu überrollen. Das ist ein bedauerlicher Standpunkt, insbesondere aus Sicht der Demokratie.
Die Juniliste widersetzt sich der Möglichkeit, dass die EU an den nationalen Steuern teilhaben könnte. Der Bericht zielt darauf ab, einen weiteren Schritt in Richtung auf einen EU-Staat mit Besteuerungsrecht, gemeinsamem Außenminister, gemeinsamen Streitkräften und gemeinsamer Währung zu gehen – ein furchtbarer Gedanke! Wir haben einen Änderungsantrag eingereicht, in dem wir das uneingeschränkte Recht der Mitgliedstaaten auf Selbstbestimmung auf steuerlichem Gebiet betonen. Unserer Ansicht nach setzt die Einführung einer EU-Steuer jeglicher Art das Einverständnis aller Mitgliedstaaten voraus. Das entspricht auch der Auffassung der Bürgerinnen und Bürgern in zahlreichen EU-Mitgliedstaaten.
Wir Abgeordnete des Europäischen Parlaments müssen den Wünschen unserer Auftraggeber, d. h. den Ansichten der Bürgerinnen und Bürger, folgen und dementsprechend handeln. Ich hoffe deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir diesen verwerflichen Bericht bei der morgigen Abstimmung klar und deutlich ablehnen.
Petre Popeangă, în numele grupului ITS. – Raportul Lamassoure, excelent prezentat de domnul Böge, este o continuare logică a demersurilor anterioare în acest deosebit de seducător domeniu al reformării sistemului resurselor financiare proprii Uniunii Europene.
Demersul este, cel puţin în plan teoretic, deosebit de interesant, motivat de faptul că, pornind de la realitatea insuficienţelor actualului sistem de finanţare a bugetului Uniunii Europene, prezintă o foarte curajoasă propunere de reformare a acestuia. Am limitat aprecierea la planul teoriei, deoarece consider că în stadiul actual de dezvoltare economică diferită a statelor membre, adoptarea unui sistem de finanţare bazat în întregime pe surse de natură fiscală, nu mi se pare total realistă.
Fără a nega necesitatea reformei, mult mai pragmatică mi s-ar părea o abordare progresivă a acestei acţiuni, bazată pe menţinerea resursei tradiţionale, descrescătoare în timp, dublată de resurse de natură fiscală în pondere crescătoare. Menţionez, de asemenea, că propunerea privind extinderea principiului adiţionalităţii asupra unor politici a căror implementare antrenează resurse consistente de la bugetul comunitar, este puternic defavorabilă statelor membre mai puţin dezvoltate, precum România, deoarece antrenează în mod automat cofinanţări de la bugetul naţional în detrimentul finanţării propriilor programe.
În sfârşit, dintre mai multe observaţii pe care le am în legătură cu modificarea sistemului resurselor proprii, propusă de autori pentru etapa a doua a reformei, o să mă opresc doar la două: cea privind posibila alegere a TVA ca sursă proprie a bugetului Uniunii, acţiune pe care o apreciez ca fiind complicată, chiar în condiţiile înscrierii în documente a cotei-părţi destinate bugetului comunitar şi, de asemenea, cea privind impozitul pe profit, datorită faptului că în această materie nu există armonizare legislativă necesară, fiecare stat membru având în prezent reglementări proprii, fapt ce face ca această resursă să fie, cel puţin deocamdată, de neluat în considerare.
Hans-Peter Martin (NI). – Frau Präsidentin! Ich schaue in die Augen eines nicht nur von mir als hochintelligent eingeschätzten Menschen, Herrn Böge, und im Raum hier sind auch einige andere anwesend, von denen man doch weiß, dass sie eins und eins zusammenzählen können. Dann schaue ich mir diesen Bericht an, und denke: Wo seid Ihr denn? Wie unheimlich unrealistisch ist denn das? Als akademischer Diskurs mag es seinen Wert haben, aber allein dafür würden wir diesen Saal hier nicht brauchen.
Wer in dieser Welt kauft denn ein Produkt, von dem er nicht überzeugt ist, dass es den Preis wert ist? Wir müssen doch zuerst einmal das, was die EU leistet — und vor allen Dingen nicht leistet — korrigieren, zusammenfassen und uns dann zügig daran machen, die Finanzierung auf die richtige Ebene zu bringen: Agrarbereich, Kohäsionsfonds, das Weiterlaufen von so vielen Töpfen und Programmen, die sich eigentlich schon selbst hätten erledigen müssen. Da müssen wir doch zuerst anfangen.
Ich halte den Vorschlag — der auch aus Ihrem Land kommt, ich glaube sogar, aus Ihrer Fraktion, Herr Böge —, nämlich zu schauen, ob wir nicht in manchen Bereichen einfach wirklich nur Nettozahlungen haben, für vernünftig, weil er Kontrolle ermöglicht. Wenn es dann noch nicht reicht und wir Eigenmittel brauchen, dann kann man über vieles reden, aber nicht so falsch herum, wie es derzeit der Fall ist.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir dringend weniger Bürokratie und dafür mehr Demokratie brauchen, gerade auch in diesem Fall.
Richard James Ashworth (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Grundsätzlich ist das Ziel, das System der Eigenmittel einfacher, transparenter und für die Bürger leichter verständlich zu machen, begrüßenswert. Ich gratuliere Alain Lamassoure zu seiner geleisteten Arbeit, um die Debatte zu beleben und auf die Notwendigkeit von Veränderungen zu verweisen.
Ich schließe mich ihm an, dass das derzeitige Element auf Grundlage der Mehrwertsteuer zu kompliziert ist und einer Veränderung bedarf. Angesichts der anderen traditionellen Eigenmittel sehen wir jedoch keine Veranlassung für eine Veränderung. Ein Finanzierungssystem auf BNE-Basis ist unserer Ansicht nach sowohl logisch als auch fair, und wir unterstützen dieses System gern. Allerdings sehen wir nicht ein, dass diese Ressource zu einem echten Eigenmittel werden soll. Ganz im Gegenteil: Wir halten eine gesunde Debatte zwischen den Mitgliedstaaten als Zahlmeister und der Kommission als Dienerin für nützlich. Damit wird der Öffentlichkeit ganz klar signalisiert, dass die EU keine selbsttragende Einrichtung ist, sondern vielmehr dafür da ist, den Mitgliedstaaten dabei zu helfen, ihre gegenseitigen Ziele zu erreichen.
Wir begrüßen auch die Möglichkeit, die Gemeinsame Agrarpolitik zu überprüfen. Das ist zweifellos eine schwierige Aufgabe, denn eine reformierte Gemeinsame Agrarpolitik muss die neuen Mitgliedstaaten bei der Entwicklung ihrer landwirtschaftlichen Grundlage unterstützen und gleichzeitig den EU-15 ermöglichen, mit öffentlicher Unterstützung Mittel an umweltbezogene Elemente zu überweisen und die allgemeinen Kosten in der Gemeinschaft zu reduzieren.
Daher begrüße ich das Prinzip der obligatorischen Kofinanzierung. Es ist der logischste Ansatz für eine Reform der Ausgabenseite und, wie aus dem Bericht zu ersehen ist, bietet er die Möglichkeit, die Notwendigkeit von Abzügen abzuschaffen.
Jedoch verweise ich abermals darauf, dass die Verhandlungen sehr schwierig sein werden und sicherlich für die bereits für 2008-2009 angesetzte Haushaltsbilanz besser geeignet wären. Aus diesen Gründen werde ich gegen den Bericht stimmen.
Jutta Haug (PSE). – Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute wieder einmal über die Zukunft der Eigenmittel. Das tun wir zurzeit eigentlich nur für das Protokoll. Die zuständige Kommissarin ist nicht da, die Ratsbänke sind vollständig leer und alle, die ich hier sehe, sind die Kollegen, die mit mir schon viele Stunden im Haushaltsausschuss diskutiert haben, als wir den Zwischenbericht von Alain Lamassoure erörtert haben. Wir haben noch einmal alle Argumente ausgetauscht, die wir schon 1990, 1994, 2001 und 2005 für die wesentlichen Punkte für eine Reform der Eigeneinnahmen hielten. Wir wollen ein einfacheres System als das, was wir zurzeit haben. Wir wollen mehr Gerechtigkeit, mehr Gleichheit unter den Mitgliedstaaten, auch auf der Einnahmenseite – weg mit allen Ausnahmen –, und wir wollen größere Transparenz auf der Einnahmenseite des Haushalts. Transparenz für alle Abgeordneten im Parlament, für die Mitglieder des Rates und vor allem für alle Bürgerinnen und Bürger. Es kann doch nicht so schwer sein für den Rat, sich diese Forderungen auch zu eigen zu machen. Wir können nicht so wie letzten Sonntag die berühmt-berüchtigten Sonntagsreden halten, aber keinen Schritt auf die Bürgerinnen und Bürger zu machen. Dabei ist es ja nicht damit getan, die Bürgerinnen und Bürger den Haushalt der Europäischen Union verstehen zu lassen. Es geht auch um mehr Demokratie.
Das Europäische Parlament als Vertreter der Völker Europas kann nur über die Ausgaben der Europäischen Union mitentscheiden, nicht aber über die Einnahmen. Das führt zu der ziemlich abstrusen Situation, dass der Rat uns unseren Teil an Verantwortung verweigert, aber gleichzeitig das Parlament als Ausgabenparlament diffamiert, das nur deshalb für die Erhöhung von Ausgaben sein könne, weil es nicht für die Einnahmen verantwortlich sei, diese also auch nicht zu rechtfertigen habe. Das gibt es doch nicht, werden jetzt einige von Ihnen sagen. Doch, das gab es! Ich habe es selbst erlebt. Innerhalb einer halben Stunde kamen beide Aussagen aus ein und demselben Mund ein und desselben Finanzministers.
Dabei ist das Parlament immer verhandlungsbereit. Nie wollten wir mit dem Kopf durch die Wand. Das hat auch jetzt wieder Alain Lamassoure in seiner charmanten Art mit seinem sehr moderaten Vorschlag einer zweiphasigen Reform der Eigenmittel bewiesen. Wir unterstützen ihn fast ausnahmslos, auch darin, dass er zurzeit nicht die nationale Steuerhoheit mit der Forderung nach einer europäischen Steuer antasten will. Diese Unterstützung – ich gebe es gerne zu – bekommt er auch von mir. Von mir, die ich, seit ich hier im Parlament bin, immer wieder gefordert habe: No representation without taxation. Sie sehen, das Europäische Parlament hat sich jetzt schon, ohne dass die Verhandlungen mit dem Rat bereits begonnen hätten, bewegt. Nun erwarten wir, dass sich auch der Rat in Vorbereitung der gemeinsam verabredeten Revision in Bewegung setzt. Er sollte endlich einmal kooperativ sein.
Gérard Deprez (ALDE). – (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte meine Zustimmung zu dem ausgezeichneten Bericht unseres Kollegen Alain Lamassoure zum Ausdruck bringen, der von unserem Kollegen, Herrn Böge, hervorragend vertreten wurde.
Zunächst einmal, ich unterstütze die verwendete Methode. Unser Berichterstatter hat richtig verstanden, dass die Reform der Finanzierung der Union nicht ohne die Zustimmung der Mitgliedstaaten geschehen kann – mit anderen Worten, ohne die Zustimmung der nationalen Parlamente. Wir müssen den Kontakt zu ihnen halten, denn wir müssen sie überzeugen.
Zweitens, ich unterstütze – und das ist der Kernpunkt – die Struktur des Berichts, in dem eine umfassende Reform vorgeschlagen wird, die sich jedoch in zwei Phasen gliedert. Eine erste, dringlichere Phase, in der das derzeitige System von allen Krankheiten gereinigt wird, die es über die Jahre angesammelt hat. Schluss mit den kleinen Geschenken zwischen Freunden, Schluss mit den Rabatten, dem Rabatt auf Rabatte, den Ausnahmen, den Obergrenzen und dem erbärmlichen Feilschen. Die Sanierung hat Vorrang. Über die zweite Phase werden wir später Gelegenheit haben zu sprechen.
Ein letztes Wort noch, Frau Präsidentin. Vorrang für uns hat der Verfassungsvertrag. Sollte diese Haushaltsdebatte dies erschweren, müssen wir den Mut haben, sie zu vertagen.
Pierre Jonckheer (Verts/ALE). – (FR) Frau Präsidentin, Herr Böge! Ich halte die Arbeit von Herrn Lamassoure und des Haushaltsausschusses für nutzbringend. Wir teilen seine Kritikpunkte und wir teilen – und dies schon seit langem, darf ich sagen – den zentralen Gedanken, dass wir ein neues Eigenmittelsystem brauchen.
Ich für meinen Teil möchte meine tiefe Enttäuschung gegenüber insbesondere Absatz 28 und folgende zum Ausdruck bringen, die meines Erachtens darauf abzielen, die Bevölkerung zu beruhigen, sich aber auf eine falsche Realität stützen. Eine falsche Realität in Hinblick auf die Behauptung, die Steuerhoheit der Mitgliedstaaten müsse erhalten bleiben, während diese Steuerhoheit doch wegen des Steuerwettbewerbs innerhalb der Union in Wirklichkeit gar nicht existiert. Eine falsche Realität hinsichtlich der Steuerneutralität, weil dadurch eine zusätzliche Einschränkung für den EU-Haushalt geschaffen wird, während die Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten sich unterscheiden und mit der Zeit entwickeln kann. Und schließlich eine falsche Realität hinsichtlich der Größenordnung des Haushalts.
Bei dieser Frage lehne ich das Argument von Herrn Mulder ganz und gar ab: Nein, wir haben nicht genug Geld. Nein, wir haben nicht genug Geld für Life+. Nein, wir haben nicht genug Geld für die Außenpolitik. Nein, wir haben nicht genug Geld für die Bildungs- und Forschungspolitik. Und Nein, wir haben auch nicht genug Geld für die transeuropäischen Netze. Dies war einer der Standpunkte des Parlaments, und ich verstehe nicht, dass wir in einem Initiativbericht einen Schritt zurückgehen.
Jeffrey Titford (IND/DEM). – (EN) Frau Präsidentin! Ein guter Untertitel für diesen Bericht wäre „ein erster zaghafter Anfang“. EU-Berichte, in denen es heißt, dass sie Grundsätze respektieren, in diesem Falle die Steuerhoheit der Mitgliedstaaten voll respektieren, sind mir immer suspekt. Das ist oftmals ein Vorspiel zu genau entgegengesetztem Handeln. Obwohl er das erwähnte Grundprinzip zu achten vorgibt, begibt sich dieser Bericht sofort in die Doppelbödigkeit, indem erklärt wird, dass Mitgliedstaaten die Union trotzdem für einen begrenzten, jederzeit widerrufbaren Zeitraum autorisieren können, direkt von einem Steuersatz zu profitieren.
Mit anderen Worten versucht die Europäische Kommission den Grundsatz zu etablieren, dass die EU direkt beim Steuerzahler in den Mitgliedstaaten Steuern erheben kann. Das ist ein überaus gefährlicher Präzedenzfall, der sich noch verschlimmert angesichts gestriger Enthüllungen über polizeiliche Durchsuchungen bei der Kommission, die gleichzeitig in mehreren Ländern stattfanden.
Weil ich den Begriff „Betrug“ gebraucht habe, wurde ich in diesem Hohen Hause bereits gerügt. Jedoch ist klar, dass die Polizei der Auffassung ist, dass dieses Wort seine Berechtigung hat.
In diesem Bericht wird auch die schrittweise Abschaffung des Britenrabatts gefordert, was ich absolut nicht unterstützen kann und bis zum Ende dafür kämpfen werde, um das abzuwenden. 40 Millionen Pfund pro Tag sind genug. Von Großbritannien kann nicht erwartet werden, noch mehr in das lecke EU-Finanzsystem einzuzahlen.
Sergej Kozlík (NI). – (SK) In der Europäischen Union gibt es keine Eigen- und Nichteigenmittel. Es gibt lediglich das Geld der europäischen Steuerzahler und die mehr oder weniger komplizierten Mechanismen der Zuordnung dieser Mittel zum EU-Haushalt, was für den EU-Bürger allerdings nicht von Belang ist.
Was den Bürger dagegen sehr interessiert, ist die Art und Weise, wie diese Mittel ausgegeben werden. Im Hinblick auf deren effizientem Einsatz hegen nicht nur sie, sondern auch wir, die wir in den Abgeordnetenrängen sitzen, unsere Zweifel. Wenn wir nicht zunächst das Problem der effizienten und vertrauenswürdigen Nutzung der europäischen Haushaltsgelder lösen, wird dem europäischen Steuerzahler keine einzige Form der Bereitstellung von Mitteln für Ausgaben ausreichend transparent erscheinen.
Die klassische Buchhalterformel des „Soll und Haben“ wird in diesem Fall ersetzt durch „Soll und nur schwer zu haben“. Das erleben wir gegenwärtig. Die Debatte über die Zukunft unserer Eigenmittel ist zweifellos begrüßenswert, wobei dieses Problem aber in engem Zusammenhang mit der Reform der EU-Ausgaben steht.
Valdis Dombrovskis (PPE-DE). – (LV) Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Eigenmittelsystem des EU-Haushalts hat sich seit seiner Einführung 1970 erheblich verändert. Die Rolle der herkömmlichen Eigenmittel und der Mehrwertsteuer-Eigenmittel innerhalb der EU-Haushaltseinnahmen ist allmählich geringer geworden, während die Rolle der BSP-gestützten Eigenmittel erheblich zugenommen hat. Diese Mittel, die fast als zusätzliche Eigenmittel bezeichnet werden könnten, bilden nun rund 75 % der Haushaltseinnahmen der EU. Auch wenn die Dominanz der Eigenmittel auf BNE-Grundlage gewährleistet, dass die Zahlungsverpflichtungen der Mitgliedstaaten ihrem relativen Wohlstandsniveau entsprechen, erschwert sie die Finanzierung des EU-Haushalts dennoch erheblich. Anstatt sich auf die prioritären Themen, die in der EU gelöst werden können, zu konzentrieren, verwenden die Mitgliedstaaten den Großteil ihrer Zeit darauf, um ihre Beitragsniveaus zu feilschen.
Die Höhe der Finanzierung des EU-Haushalts wird weitgehend durch die Ergebnisse dieser Feilscherei bestimmt, wobei die zuvor von den Mitgliedstaaten selbst gemachten Zusagen häufig außer Acht gelassen werden. Als Folge wächst der EU-Haushalt erheblich langsamer als die Haushalte der Mitgliedstaaten, und zahlreiche für die Europäische Union insgesamt wichtige Prioritäten leiden unter ungenügenden Geldmitteln. Es ist wichtig, dass bei einer Reform des EU-Eigenmittelsystems ein ausreichender jährlicher Anstieg der EU-Haushaltseinnahmen gewährleistet wird. Dieser Zuwachs sollte proportional zum Wachstum der EU-Wirtschaft verlaufen und sich automatisch aus der Struktur des Eigenmittelsystems herleiten, anstatt das Ergebnis von Gefeilsche zwischen den Mitgliedstaaten zu sein. Eine solche Struktur stellt natürlich die bestehende Eigenmittelobergrenze von 1,24 % der BNE-Mittel der Europäischen Union nicht in Frage. Dies ist ein wichtiges Prinzip, das neben den anderen Grundsätzen der Gleichheit und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten betont werden sollte, und es ist ein einfaches System, das für die EU-Bürger verständlich ist. Was das Thema spezifische Lösungen, die die EU-Haushaltseinnahmen steigern würden, betrifft, so könnte ein größerer Anteil beispielsweise den Mehrwertsteuer-Eigenmitteln zufließen, wenn ein genau vorgeschriebener Teil der Mehrwertsteuereinnahmen in den EU-Haushalt geleitet würde. Es ist wichtig, dass die Zahllast fair verteilt wird, d. h. im Verhältnis zum Wohlstandsniveau der Mitgliedstaaten. Der Verbrauch von Energieressourcen oder natürlichen Ressourcen ist nicht unmittelbar proportional zum Wohlstandsniveau, daher eignen sich Umwelt- und Energiesteuern nicht für das EU-Eigenmittelsystem. Autos in ärmeren Mitgliedstaaten der EU verbrauchen nicht weniger Kraftstoff als in reicheren Ländern. Tatsächlich ist es sogar sehr wahrscheinlich, dass sie einen höheren Verbrauch haben, da es sich um ältere Fahrzeuge handelt. Demzufolge wäre die Zahllast für weniger entwickelte Mitgliedstaaten unverhältnismäßig hoch. Vielen Dank.
Neena Gill (PSE). – (EN) Frau Präsidentin! Ich danke dem Berichterstatter für die gute Zusammenarbeit. Er hat die aktuelle Lage umfassend und fair bewertet und die Tür zu Gesprächen über mögliche künftige Lösungen aufgestoßen.
Allerdings glaube ich, dass wir die Ansichten des Parlaments zu früh offenbart haben. Sie sind lediglich ein Anfangsbeitrag zu dieser Aussprache, da wir 2008 die Chance haben, den Haushalt einer vollständigen Revision zu unterziehen. Wir müssen ein System finden, das transparent und verständlich ist und auf Gleichheit und Fairness zwischen den Mitgliedstaaten basiert. Es sollte die Schwerpunkte und Ziele unserer progressiven und erfolgreichen EU von morgen widerspiegeln.
Ich begrüße es sehr, dass der Bericht großen Wert auf die Verknüpfung zwischen Ausgaben und Einnahmen legt sowie auf die Notwendigkeit, beide Fragen gleichzeitig zu behandeln, wenn bei der Revision des EU-Haushalts echte Fortschritte erzielt werden sollen. Außerdem muss unbedingt erkannt werden, dass es bei der Frage der Eigenmittel nicht nur um den britischen Ausgleich geht. Das ist eine zu vereinfachende und fehlerbehaftete Sicht, die nicht dazu beiträgt, einen sinnvollen und konstruktiven Meinungsaustausch zu führen.
Abschließend begrüße ich die Tatsache, dass der Berichterstatter anerkennt, dass die Idee einer neuen EU-Steuer weder praktikabel noch populär wäre. Dies unterstreicht, dass das Parlament die im Zuge unserer ausführlichen Beratungen vorgetragenen Ansichten der einzelstaatlichen Abgeordneten berücksichtigt hat.
Kyösti Virrankoski (ALDE). – (FI) Frau Präsidentin! Der Berichterstatter, Herr Lamassoure, hat einen sehr achtbaren Bericht über die Eigenmittel der EU vorgelegt, für den ich ihm aufrichtig danke. In dem Bericht wird ein klares, transparentes und gerechtes System der Eigenmittel gefordert, und für diese Forderung gibt es triftige Gründe. Das gegenwärtige System ist kompliziert und schwer zu begreifen. Für die Eigenmittel gäbe es eine klare Obergrenze: 1,24 % des BNE. Das ist die wirksamste Garantie dafür, dass die Eigenmittel nicht außer Kontrolle geraten. Damit kann keine der Einnahmequellen der EU über diese Grenze hinausgehen, die im Übrigen durch Haushaltsabkommen sogar noch weiter abgesenkt wird.
Der größte Fehler in dem gegenwärtigen System ist der Rabatt für Großbritannien. Der Mitgliedstaat beispielsweise, den ich hier vertrete und der, was seine natürlichen Ressourcen und sein Nationaleinkommen angeht, ärmer ist als das Vereinigte Königreich, muss für diesen Nachlass jährlich etwa 130 Millionen Euro zahlen. Diese Summe entspricht den Betriebskosten einer Universität mittlerer Größe. Meiner Meinung nach sollte jeder Mitgliedstaat seine eigene Verantwortung tragen, weil man die Vorteile der EU nicht allein daran messen kann, wie groß die Rückflüsse aus dem EU-Haushalt sind, sondern an den vielfältigen und umfassenden Wirkungen des Binnenmarktes und der politischen Gemeinschaft.
José Albino Silva Peneda (PPE-DE). – (PT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach meinem Dafürhalten ist das derzeitige EU-Finanzierungssystem überholt. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es bei Beibehaltung des gegenwärtigen Systems sehr schwierig sein wird, einen anderen Finanzrahmen für die Zeit nach 2013 festzulegen, und die europäischen Bürger eine immer größere Distanz zu den europäischen Institutionen empfinden werden. Das System basiert nämlich auf Regelungen – von denen einige das Ergebnis sehr spezieller politischer Situationen sind und daher ursprünglich vorübergehenden Charakter hatten, sich dann aber als endgültig durchgesetzt haben –, die so undurchsichtig sind, dass es für einen normalen Bürger schwierig ist, sie zu verstehen. Wenn wir das derzeitige System beibehalten, gehen wir meiner Meinung nach weiter voran in Richtung Zerschlagung jener Grundwerte, die den Erfolg der Europäischen Union in den letzten Jahrzehnten ausgemacht haben.
In fast schon beschämender Art und Weise diskutieren wir, Fall für Fall, wer und wer nicht Nettozahler ist. Ich begrüße deshalb ausdrücklich den Bericht Lamassoure, in dem scharfsinnig, bedacht und mit Blick in die Zukunft Grundsätze, Empfehlungen und Methoden vorgeschlagen werden, die ich für angebracht halte. Gleichwohl möchte ich besonders hervorheben, dass diese Reform nicht ausschließlich den Finanzsektor betrifft. Die in Frage stehende Reform ist eine weit reichende und im Wesentlichen politische Reform, und deswegen darf die Diskussion darüber nicht ausschließlich dem Parlament und dem Rat und schon gar nicht dem Rat „Wirtschaft und Finanzen“ obliegen.
Eine der Grundvoraussetzungen für den Erfolg dieser Reform ist die Einbeziehung aller Institutionen – der europäischen und der nationalen – in das gesamte Verfahren. Deshalb möchte ich abschließend die vorgeschlagene Methode begrüßen, die den Nachdruck auf die Einbeziehung der nationalen Parlamente legt und sie fördert.
VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS Vizepräsident
Göran Färm (PSE). – (SV) Herr Präsident! Die Finanzierung des EU-Haushalts ist chaotisch. Es gibt nur eine Handvoll Experten, die das System verstehen. Aber eines wissen wir, nämlich dass es kurzsichtig und ungerecht ist. Daher gibt es gewichtige Gründe, es zu reformieren, ihm mehr Gerechtigkeit, Transparenz und Weitsicht zu verleihen.
Herr Lamassoure hat einen wichtigen Bericht erarbeitet, dem wir schwedischen Sozialdemokraten im Wesentlichen zustimmen. Insbesondere wollen wir, genau wie Herr Lamassoure, zu einer einfachen, geradlinigen und gerechteren Finanzierung gelangen, beispielsweise einem System auf BNE-Basis ohne Rabatte. Allerdings wollen wir der EU kein Besteuerungsrecht einräumen oder die Souveränität der Mitgliedstaaten in Steuerfragen aufs Spiel setzen. Gerade die Fähigkeit, die grundlegende nationale Souveränität in bestimmten Bereichen mit dem Vermögen zur Bündelung der Kräfte zu verbinden, um grenzüberschreitende gesellschaftliche Probleme zu lösen, ist das, was die EU meiner Ansicht nach ausmacht.
Mit der Schaffung einer echten EU-Steuer würde man den Ereignissen vorgreifen. Sollten wir jemals diesen Weg gehen, muss die Basis, müssen also die Bürger und die Mitgliedstaaten, von den Vorteilen dieses Systems überzeugt sein. So weit sind wir heute noch nicht. Ich freue mich, dass wir Mitglieder der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament auf dem Weg zu einer gemeinsamen Sichtweise, die der von Herrn Lamassoure nahekommt, ein gutes Stück vorangekommen sind. Damit haben wir einen breiten Konsens im Parlament, was für die Zukunft sehr wichtig sein kann.
László Surján (PPE-DE). – (HU) Die ungarischen Christdemokraten unterstützen diesen Bericht. Gestatten Sie mir, auf das in der Debatte Gesagte zu antworten. Der vorliegende Bericht trifft keine Entscheidung über die Höhe des Haushalts, ebenso wenig will er eine europäische Steuer einführen, er durchdenkt nur ihre Möglichkeit und potenziellen Folgen.
Wir diskutieren diese Frage keinesfalls zu früh, sondern eher zu spät! Die Reform benötigt lange Zeit, denn ein Abbau der heiklen Balance von Ausnahmen greift die Interessen all derer an, die durch den einen oder anderen kurzzeitigen Handel ihre eigenen spezifischen Bedürfnisse durchsetzen konnten. Wir müssen dies hinter uns lassen.
Herrn Lamassoures ausgezeichneter Vorschlag versucht das derzeitige Chaos durch die Wiederherstellung der Ordnung und eine gerechtere Verteilung der Lasten zu ersetzen. Durch die Annahme des Vorschlags würden wir unter Beweis stellen, dass wir eine stärkere und effizientere Europäische Union sowie eine für ihre Bürger transparentere Union wollen.
Herbert Bösch (PSE). – Herr Präsident! Es war vorhin die Rede vom Zusammenhang zwischen der neuen Verfassung und der Debatte, die wir jetzt führen. Wer zahlt, der befiehlt, sagt bei uns der Volksmund. Wir haben in der Vergangenheit erlebt, dass eine Union, die nur noch zu 85-90% von nationalen Beiträgen finanziert wird, mit ihrem Latein am Ende ist. Wir wissen das, und deshalb brauchen wir mehr europäische Eigenmittel. Wer sagt, wir könnten mit diesem System so weiter fahren wie bisher, die Dinge verbessern, die Integration erhöhen, mehr Politiken übernehmen, der lügt die Wählerinnen und Wähler an. Deshalb glaube ich, dass wir in Zukunft etwas pointiertere Berichte verfassen müssen.
Ich denke, der Kollege Lamassoure hat gute Arbeit geleistet. Aber wer soll denn den Mumm haben, Dinge zu sagen, die vielleicht nicht jedem Boulevardblatt passen? Wir brauchen mehr Eigenmittel, das heißt auch, wir müssen den Mut zu europäischen Steuern haben. Da können die Dinge auseinanderdriften, da kann man verschiedene Ansatzpunkte befürworten. Die Kommission hat schon ein paar vernünftige Vorschläge gemacht. Ich stimme diesem Bericht nur halbherzig zu, denn wir brauchen mehr europäische Eigenmittel, damit das Werk der europäischen Integration auch eine Zukunft hat.
Monica Maria Iacob-Ridzi (PPE-DE). – Domnule Preşedinte, doamnelor şi domnilor, doresc să îl felicit şi eu pe domnul Lamassoure pentru munca sa, chiar dacă nu este prezent, şi mai ales pentru dialogul său permanent cu parlamentele naţionale. Mă bucură mult faptul că acest raport a inclus ideile lor, precum şi cele exprimate în Comisia pentru bugete, de către parlamentarii europeni din noile state membre.
În primul rând, trebuie să recunoaştem deficienţele sistemului actual de resurse bugetare, ce s-a vrut iniţial a fi unul de tranziţie. Este un sistem opac, complex, dificil de explicat cetăţenilor Uniunii, unde fiecare stat are propriul său rabat britanic şi propria sa excepţie. Poate cel mai mare inconvenient este faptul că numai 15% din resursele bugetare sunt veritabil europene. Este o situaţie inacceptabilă. O perioadă de tranziţie este necesară; eliminarea, în primă fază, a resursei calculate din TVA şi înlocuirea ei cu contribuţii naţionale este un pas înainte. Acest lucru reduce complexitatea actuală şi face mai uşoară trecerea la a doua fază, a resurselor europene veritabile.
În etapa a doua, din punctul de vedere al României, este preferabilă alegerea unui impozit simplu, care să nu crească presiunea fiscală asupra cetăţenilor europeni, sau să permită unor state membre să beneficieze de compensări injuste.
Szabolcs Fazakas (PSE). – (HU) Wie wir dem Bericht Lamassoure sowie den Reaktionen darauf entnehmen können, steht das Europäische Parlament vor einer historischen Chance, da es dank der Interinstitutionellen Vereinbarung eine entscheidende Rolle im Haushaltsreformprozess spielen kann, indem es nicht nur die Ausgaben festlegt, sondern letztendlich seine Eigenmittel schaffen kann.
Die häufig kleinlichen, unwürdigen Streitereien über die Ausarbeitung des Finanzierungszeitraums 2007-2013 haben bestätigt, dass wir Einnahmequellen benötigen, die transparent und auf lange Sicht kalkulierbar sind, damit wir ausgewogene Entscheidungen treffen können.
Das Europäische Parlament hat diese Chance auf beispielhafte Weise genutzt. Wir haben uns nicht nur auf unsere eigenen Kräfte verlassen, sondern die nationalen Parlamente in die Aufgabe eingebunden und zahlreiche gemeinsame Treffen und Konsultationen organisiert. Zunächst waren die nationalen Parlamente aufgrund der politischen Probleme in ihren eigenen Ländern vor allem an kurzfristigen Lösungen interessiert, aber sie haben nun erkannt, dass ein langfristiges Denken erforderlich ist und dass wir zusammenarbeiten müssen, um eine Lösung zu finden, die in die Zukunft weist und der Zukunft ganz Europas dient.
Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Die Kommission teilt die Ansicht des Parlaments, dass das gegenwärtige System der Eigenmittel nicht optimal ist. Die Kommission hat wiederholt ihre Bereitschaft geäußert, verschiedene Möglichkeiten auszuloten, die zur Verbesserung und Vereinfachung des aktuellen Finanzierungssystems führen könnten. Die Kommission hat zur Kenntnis genommen, dass der aktuelle Bericht eine erste Grundlage darstellt, auf der das Parlament in enger Zusammenarbeit mit den einzelstaatlichen Parlamenten mögliche Optionen in der Zukunft prüfen wird, bevor es seinen endgültigen Standpunkt verabschiedet.
Die Kommission wird das Ergebnis aller interparlamentarischen Konferenzen als Beitrag im Beratungsprozess bei der Entscheidungsfindung berücksichtigen.
Wie ich bereits erwähnte, verweist die Kommission erneut darauf, dass sie die alleinige Verantwortung für diesen Vorschlag tragen wird, wie schon in der Erklärung im Anhang zur Interinstitutionellen Vereinbarung über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung vom Mai 2006 ausdrücklich vermerkt ist.
Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 11.00 Uhr statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Richard Corbett (PSE), schriftlich. – (EN) Ich begrüße zwar den Tatendrang, der ins Blaue hinein in Überlegungen zu den künftigen Einnahmequellen der Europäischen Union gesteckt wurde, und weiß auch den ausdrücklichen Verweis auf die Notwendigkeit gleichzeitiger Reformen auf der Ausgabenseite zu schätzen, habe jedoch meine Zweifel, was einige Aspekte dieses Berichts angeht. Es wird ein zu starkes Augenmerk auf die eine Frage des britischen Ausgleichs gelegt, ohne anzuerkennen, dass dies keine Anomalie, sondern die Korrektur einer Anomalie darstellt.
Der Bericht lässt außerdem deutlich erkennen, dass die BNE-basierten Mittel nicht wirklich „Eigenmittel“ der Union darstellen, da hierbei keine Personen, sondern Mitgliedstaaten besteuert werden, was dadurch für die Bürger weniger sichtbar ist. Trotzdem sind es rechtlich gesehen Mittel, die der Union zustehen. Auch wenn diese Quelle weniger sichtbar ist, ist sie andererseits fairer als viele andere vorgeschlagene Einnahmequellen, da sie an das Wohlstandsniveau der Mitgliedstaaten gekoppelt ist. Auch ist es eine stabilere Quelle als manche andere, die vorgeschlagen wurden. Wir sollten an ihr festhalten!
Nathalie Griesbeck (ALDE), schriftlich. – (FR) Dieser Bericht, in dem alle Möglichkeiten einer zweistufigen Reform untersucht werden, bietet einen nützlichen Überblick über die Arbeitshypothesen zur Reform der Eigenmittel der Union. Wir müssen uns eingehend mit den Kapiteln Einnahmen und Ausgaben befassen und dabei den Schwerpunkt auf die Wirtschafts-, Sozial-, Forschungs- und Innovationspolitik legen, ohne die Entwicklungsmöglichkeit zu vernachlässigen, die die GAP in den vergangenen fünfzig Jahren geboten hat. Ich hoffe, dass die Vereinbarungen, deren Grundlagen Gerechtigkeit und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten bilden, mit der Einstimmigkeitsregel bei Steuerfragen brechen.
Angesichts des offensichtlichen Missverhältnisses zwischen den Beiträgen der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt ist es entscheidend, dass wir umgehend eine Reform des Systems der Eigenmittel durchführen, das einen Beitrag jedes Mitgliedstaats garantiert, der mindestens 1,24 % des BNE entspricht. Es ist an der Zeit, einem System der Kompensationen ein Ende zu setzen, das lange Zeit bestanden und zu ungerechtfertigten Vorteilen und milden Gaben geführt hat.
Europa, dessen Integration wir fünfzig Jahre nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge fortsetzen, muss seine Inspiration aus dem Geist seiner Gründerväter ziehen, damit die Finanzierung der Union in den Augen unserer Mitbürger wieder gerechter und transparenter wird und unsere Bemühungen widerspiegelt, die Solidarität im Interesse des gemeinsamen Schicksals zu fördern, das wir alle teilen.
Alexander Stubb (PPE-DE), schriftlich. – (FI) Zunächst möchte ich Herrn Lamassoure zu einem ausgezeichneten Bericht beglückwünschen. Er stellt die Mängel des gegenwärtigen Systems ausgezeichnet dar.
Kurz gesagt, das gegenwärtige Finanzierungssystem ist undemokratisch. Zuallererst verstehen die EU-Bürger nicht, in welchem Umfang und auf welche Weise die Union finanziert wird.
Zweitens sind nationale Parlamente in den Haushaltsverhandlungen reine Abnicker. Wenn die Regierungen die Verhandlungen über die Finanzielle Vorausschau abgeschlossen haben, dann wirft keines der nationalen Parlamente sie wieder um.
Drittens ist der Status des Europäischen Parlaments, eines Organs, das in direkten nationalen Wahlen gewählt wird, in den Haushaltsverhandlungen zumindest eigenartig. Das Europäische Parlament ist das einzige Parlament der Welt, das über die Ausgaben, nicht jedoch über die Einnahmen entscheidet.
Bekanntlich setzen sich die Eigenmittel der EU aus den Agrarabschöpfungen und den Zuckerabgaben, aus Einfuhrzöllen, die an den Außengrenzen der Union erhoben werden, aus der Mehrwertsteuer sowie aus den auf dem Bruttoinlandsprodukt basierenden Beiträgen der Mitgliedstaaten zusammen.
Die Aufmerksamkeit konzentriert sich auf die Mitgliedsbeiträge. In den verworrenen Haushaltsgesprächen geht das Augenmaß verloren. Jeder Mitgliedstaat rechnet sich aus, wie viel ihn die Union kostet und wie viel er zurückerhält. Dabei beträgt der gesamte Haushalt der Union gerade einmal 1 % des BNE des gesamten Raumes.
Die EU ist damit lediglich eine Art buchhalterische Übung. Es wird vergessen, dass die EU ein Projekt für den Frieden ist. So gesehen ist die EU ein preiswertes Projekt. Was wir brauchen, ist ein Finanzierungssystem, das dem Zweck der EU dient.
Aus diesem Grunde sollten wir dem Bericht von Herrn Lamassoure unsere Unterstützung geben.