Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über
– den Bericht von Marta Vincenzi im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten (KOM(2005)0586 – C6-0062/2006 – 2005/0236(COD)) (A6-0058/2007) und
– den Bericht von Gilles Savary im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die zivilrechtliche Haftung und die Sicherheitsleistungen von Schiffseignern (KOM(2005)0593 – C6-0039/2006 – 2005/0242(COD)) (A6-0055/2007).
Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Es gibt nunmehr ein beachtliches gemeinschaftliches Regelwerk im Bereich der Sicherheit des Seeverkehrs, aber es bleibt noch viel zu tun. Die Kommission wollte dieses Regelwerk durch ein neues Maßnahmenpaket ergänzen, das der weiteren Verhütung von Schiffsunfällen und der besseren Berücksichtigung von deren Folgen dienen soll. Darüber hinaus hat die Kommission mit der Unterbreitung der sieben Vorschläge den Entschließungen zur Erhöhung der Sicherheit im Seeverkehr, die das Parlament nach dem Untergang des Öltankers „Prestige“ angenommen hat, so weit als möglich Rechnung getragen. Das ist unsere Antwort.
So werden die europäischen Seebehörden in der Lage sein, eine Vorbildwirkung auszuüben. Kein Schiff wird sich einer Kontrolle in den europäischen Häfen entziehen können. Die Kontrolle der Kontrolleure, d. h. der Klassifikationsgesellschaften, wird viel genauer sein. Durch eine klare Entscheidungskette wird die Aufnahme von in Seenot befindlichen Schiffen in einem Notliegeplatz möglich werden. Die Betreiber werden ihrer Verantwortung gegenüber ihren Passagieren bzw. Dritten besser nachkommen. Und schließlich wird ein systematischer Rücklauf von Erkenntnissen über Unfälle möglich werden.
Ich freue mich, dass das Europäische Parlament den von der Kommission vorgeschlagenen ehrgeizigen Ansatz unterstützt. Ihre Berichterstatter haben eine beachtliche Arbeit geleistet. Die Kommission hält an der parallelen Prüfung der sieben Vorschläge und an der Beibehaltung des „Paketansatzes“ weiterhin fest, um die Effizienz und die Kohärenz der vorgeschlagenen Maßnahmen zu gewährleisten. Aus technischen Gründen wollten Sie zwei dieser sieben Vorschläge im Voraus prüfen.
Durch die Unterbreitung eines Vorschlags über die Verantwortung der Flaggenstaaten möchte die Kommission eine Lücke im europäischen Sicherheitssystem schließen. Die Behörden der Mitgliedstaaten sind verpflichtet sicherzustellen, dass die unter ihrer Flagge fahrenden Schiffe die Sicherheitsnormen anwenden. Ganz eindeutig muss die Situation in Europa verbessert werden. Es ist nicht normal, dass Mitgliedstaaten auf der mit der Pariser Vereinbarung eingeführten grauen – oder sogar schwarzen – Liste stehen. Es ist nicht normal, dass es so erhebliche Unterschiede bei der Rate der zurückgehaltenen Schiffe unter europäischer Flagge gibt – den Angaben der Pariser Vereinbarung zufolge von 0,9 % bis zu Extremfällen von 24,14 % im Zeitraum 2003-2005.
Sprechen wir Klartext. Es geht nicht darum, eine neue bürokratische Hürde für die Betreiber oder die nationalen Behörden einzuführen oder neue Sicherheitsvorschriften anzunehmen, vielmehr soll sichergestellt werden, dass die bereits geltenden Vorschriften tatsächlich angewendet werden. Der Vorschlag der Kommission zielt einfach darauf ab, die Vorschriften der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation, denen zufolge die Flaggenstaaten die internationalen Übereinkünfte umzusetzen haben, im Gemeinschaftsrecht zu verankern, und eine rein freiwillige Maßnahme, nämlich das Audit-System der IMO, verbindlich vorzuschreiben. Unser Ziel besteht also darin, unseren Seebehörden zu tadelloser Qualität zu verhelfen und auf diese Weise Einfluss auf die Qualität unserer Schiffe zu nehmen. So werden wir dazu beitragen, möglichen Erscheinungsformen unlauteren Wettbewerbs zwischen den europäischen Seeverkehrsunternehmen vorzubeugen.
Nun zu dem zweiten Vorschlag. Dabei geht es darum, die Schiffseigner durch die Verstärkung des Haftungssystems stärker in die Verantwortung zu nehmen. Die Kommission schlägt vor, Mindestregeln aufzustellen, die für alle Mitgliedstaaten in diesem Bereich gelten – zivilrechtliche Haftung und finanzielle Sicherheitsleistungen – sowie Regeln festzulegen, die sowohl die Vorbeugung von Unfällen als auch den Ausgleich verursachter Schäden ermöglichen. Einige werden einwenden, dass es internationale Übereinkommen zu diesem Thema gibt. Denen möchte ich antworten, dass diese Übereinkommen mangelhaft sind, und zwei Aspekte vor Augen führen. Erstens sind nicht alle von ihnen in Kraft getreten; ihr Inkrafttreten verzögert sich sogar. Und zweitens wird es, auch wenn diese Übereinkommen wirklich eines Tages in ganz Europa gelten sollten, immer noch Situationen geben, die von ihnen nicht erfasst werden.
Zudem haben diese Übereinkommen einen grundsätzlichen Fehler. Sie verleihen einem Prinzip Gesetzeskraft, das es dringend zu modernisieren gilt: die Haftungsbeschränkung. Genauer gesagt, legen diese Übereinkommen die Grenze fest, ab der Schiffseigner ihr Recht auf Haftungsbeschränkung verlieren. Das Problem besteht dabei darin, dass diese Grenze so festgelegt ist, dass sie praktisch nicht überschritten werden kann – die Grenze des unentschuldbaren Fehlverhaltens. Eine unüberschreitbare Grenze bedeutet eine Vorzugsbehandlung für die Schiffseigner zu Lasten der Opfer, wenn der erlittene Schaden über die in diesen Übereinkommen vorgesehenen Entschädigungshöchstgrenzen hinausgeht. Sie ist zugleich eine Vorzugsbehandlung der schlechten Reeder zu Lasten der guten. Reeder, die grob fahrlässig gehandelt haben – auf der Fehlerskala gleich unter dem unentschuldbaren Fehlverhalten angesiedelt – was zu einer großflächigen Verschmutzung geführt hat, sollten nicht mehr in den Genuss dieses Privilegs der Haftungsbeschränkung kommen.
Unser Vorschlag fügt sich in diesen Kontext ein. Er ist somit gleichzeitig eine unmittelbare Reaktion auf die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der internationalen Übereinkommen und ein erster Schritt zur Modernisierung sämtlicher dieser Texte.
Herr Präsident, angesichts der bereits vorgerückten Stunde heute Abend, möchte ich meine Ausführungen an dieser Stelle beenden. Ich werde vielleicht noch Gelegenheit haben, auf die Beiträge von Frau Vicenzi und Herrn Savary einzugehen, für deren ausgezeichnete Arbeit ich mich ganz herzlich bedanken möchte.
Marta Vincenzi (PSE), Berichterstatterin. – (IT) Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Einhaltung der internationalen Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten könnte Probleme lösen, die, wie wir wissen, wirtschaftlicher und sozialer Art sind und den Umweltschutz betreffen. Innerhalb der Kommission und im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr haben wir versucht, in der vorliegenden Richtlinie drei grundlegende Fragen hervorzuheben.
Da wäre als Erstes die Möglichkeit, dass die Mitgliedstaaten die gemeinschaftlichen Pflichten mit den herkömmlichen Instrumenten erfüllen können, die sie bereits einsetzen, um die internationalen Regeln anzuwenden. Der zweite Punkt ist, dass nicht die Staaten die Anwendung der Vorschriften nachweisen müssen, sondern die Kommission die Verstöße gegen die Bestimmungen, und dass einige bereits in den IMO-Vorschriften vorgesehene Ermessensspielräume im Bereich der Verwaltung notwendig sind, um die Anwendung der Flaggenstaatpflichten den einzelstaatlichen Gegebenheiten anzupassen. Diese Arbeit, die das Ergebnis direkter Konsultationen mit Vertretern von Gesellschaft und Institutionen ist, wurde vom Verkehrsausschuss bewertet und unterstützt.
Ich möchte allen Beteiligten, angefangen bei den Abgeordneten, die Änderungsanträge eingereicht haben, meinen Dank aussprechen: Bei der Abstimmung Ende Februar wurden der geänderte Vorschlag und die legislative Entschließung einstimmig angenommen. Die akzeptierten, eingereichten und abgestimmten Änderungsanträge trugen zur Klärung eines Standpunkts bei, der von allen Fraktionen mitgetragen wird, nämlich dass die Verbesserung der Sicherheit auf See ohne zusätzliche Belastungen der öffentlichen Verwaltung möglich und notwendig ist. In diese Richtung gehen die Änderungen der Regelung für die Besichtigungen, die nicht mehr obligatorisch, sondern freiwillig erfolgen, das System der Mitteilungen an die Kommission, die inhaltlich vereinfacht wurden, und die Garantien für die Ausbildung des Personals verbunden mit der Pflicht, Praxiserfahrungen auf See zu vermitteln.
Um ein größtmögliches Einvernehmen zu fördern, habe ich darauf verzichtet, meine weiteren Änderungsanträge einzubringen, denn das Ziel besteht darin, auch im Plenum einen Konsens und eine ausgewogene Position zu erreichen, wie sie bereits im Ausschuss erzielt worden sind. Herr Barrot, wenn das Europäische Parlament mit breiter Stimmenmehrheit und inhaltlicher Zustimmung diesen Richtlinienvorschlag und den meines Kollegen, Herrn Savary, wie sie von uns mit den geschlossen für die Stärkung des Erika-Pakets eintretenden Fraktionen geändert und erörtert wurden, annimmt, können wir meines Erachtens darauf vertrauen, dass die Öffentlichkeit voll hinter uns steht. Die Bevölkerung ist sich heute der ernsten Probleme im Bereich der Seeverkehrssicherheit bewusst, und ich denke, es könnte uns gelingen, die Unschlüssigkeit der Gemeinschaftsorgane und etwaige Kehrtwenden der Europäischen Union zu verhindern. Wir hoffen, dass es heute, insbesondere wenige Tage nach der äußerst bedeutsamen Berliner Erklärung, nicht dazu kommen möge.
Gilles Savary (PSE), Berichterstatter. – (FR) Herr Präsident! Ein Mal ist kein Mal und ist es nicht viel besser so? Wir werden ein Gesetzespaket für Seeverkehrssicherheit erlassen können, ohne dass es zuvor einen Unfall gab. Bei den früheren Anlässen hatten wir die Havarie der „Erika“ zu beklagen, eine Katastrophe mit Meeresverschmutzung und sehr komplizierter Wrackbergung, und den Untergang der „Prestige“, an den Sie sich als spanischer Staatsangehöriger mehr als manch anderer erinnern werden und der die Küsten sehr stark betroffen hat.
Deshalb denke ich, dass dem Kommissar dafür zu danken ist, dass er uns dieses Paket von sieben Texten vorgeschlagen hat, die ein umfassender Vorschlag der Kommission und des Europäischen Parlaments an den Rat bleiben müssen, auch wenn zwei davon ihrer Zeit ein wenig voraus sind. Wir haben hart daran gearbeitet und ich möchte in diesem Zusammenhang allen meinen Kollegen und insbesondere den anderen Fraktionen für die ausgezeichnete Arbeit danken, die wir leisten konnten, und für das überwältigende Abstimmungsergebnis, das wir erzielen konnten, und das von einem sehr starken Willen des Parlaments zeugt, heute wirklich seine Zustimmung zu diesem Sicherheitspaket für den Seeverkehr zu bekunden.
Natürlich habe ich die Aufgabe, Ihnen einen – wahrscheinlich recht komplizierten – Bericht über die zivilrechtliche Haftung von Schiffseignern und die finanziellen Sicherheitsleistungen zur grundlegenden Deckung der Schädigung Dritter vorzulegen. Wir sprechen hier weder von Schäden an zwei eventuell kollidierten Schiffen, noch von Schäden zwischen Gliedern der Seeverkehrskette, d. h. Charterern und Reedern, sondern von Schäden, die Dritten entstehen, insbesondere Umweltschäden.
Was uns die Kommission vorschlägt – und ich denke, dies ist wirklich das Mindeste, was von den Mitgliedstaaten verlangt werden sollte – das ist die Ratifizierung der großen Übereinkommen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation im Bereich der Haftung und der Entschädigung Dritter. Dazu gibt es ein allgemeines Übereinkommen, das alle Arten von Schäden erfasst, das LLMC-Übereinkommen, das von einigen Mitgliedstaaten nicht ratifiziert wurde, insbesondere in seiner Fassung von 1996. Das HNS-Übereinkommen, das die chemischen Risiken erfasst, wurde nicht ratifiziert. Wir sind heute völlig ungeschützt vor der Gefährdung durch Chemikalien, ganz zu schweigen von den Ölrisiken, und bekanntlich werden auf den europäischen Meeren oft sehr gefährliche Güter transportiert. Und dann gibt es noch zwei andere Übereinkommen: eins über den Schutz der zurückgelassenen Seeleute – Sie werden von diesen irrsinnigen Situationen gehört haben, in denen Seeleute nach dem Konkurs des Reeders das Schiff nicht verlassen konnten und monatelang an den Liegeplätzen ausharren mussten – und eins über die Haftung für Schäden durch Bunkerölverschmutzung, mit anderen Worten das Ablassen von Ölrückständen.
Was uns die Kommission also vorschlägt, ist die Ratifizierung dieser Übereinkommen. Das Parlament hat für diesen Vorschlag gestimmt und seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass alle diese Übereinkommen – insbesondere das Chemie-Übereinkommen – ratifiziert werden. Das war von der Kommission nicht direkt vorgeschlagen worden, aber wir möchten unseren Wunsch nach Ratifizierung hervorheben. Zweitens sind wir der Ansicht, dass ein System zum Entzug der Vorteile der Haftungsbeschränkung für die Schiffe eingeführt werden sollte, die Staaten angehören, die die Ratifizierung der Übereinkommen abgelehnt haben, egal ob es nun EU-Mitgliedstaaten oder Nicht-EU-Mitgliedstaaten sind, die sich dagegen sträuben. Meiner Ansicht nach verspricht sich Georg Jarzembowski sehr viel von diesem schärferen Vorgehen gegenüber Schiffen aus Staaten, die nicht ratifiziert haben, um sie so zu motivieren, es zu tun. In solchen Fällen lautet der Vorwurf nicht unentschuldbares Fehlverhalten sondern grobe Fahrlässigkeit, und grobe Fahrlässigkeit bedeutet, dass das Entschädigungs- und Haftungssystem wesentlich härter ist.
Schließlich haben wir den Vorschlag der Kommission gebilligt, eine Versicherungsbescheinigung einzuführen und diese durch Schaffung eines Amtes innerhalb der Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs oder anderswo zu kontrollieren, bei dem man Erkundigungen zur Gültigkeit der Bescheinigungen insbesondere für die Schiffe einholen könnte, die die Hoheitsgewässer durchfahren und keine Häfen anlaufen, um so eine höchstmögliche Sicherheit zu erreichen.
Ich glaube, meine Damen und Herren, dass dies ein Text ist, der dem Europäischen Parlament Ehre macht und die Mitgliedstaaten in die Enge treibt. Ich gehöre zu denen, die erheblich darunter gelitten haben, als bei dem Untergang der „Erika“ einige Staats- und Regierungschefs, darunter der meines Staates, Europa mit den Worten in Frage stellten: „Erika, daran ist Europa Schuld; es gibt keine Vorschriften“. Ab heute nun gibt es eine Vorschrift. Sie ist äußerst streng und wir fordern den Rat und die Mitgliedstaaten auf, sie umzusetzen.
Luis de Grandes Pascual (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Rechtsausschusses. – (ES) Ich spreche nicht nur in meinem Namen, sondern auch in dem von Antonio López-Istúriz, dem Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Rechtsausschusses für den Bericht Savary.
Wie Sie wissen, gehören die beiden Berichte von Frau Vincenzi und Herrn Savary, über die wir heute diskutieren, zu einem Ganzen, das wir als drittes Paket über die Sicherheit im Seeverkehr bezeichnen. Das Hauptziel der sieben Vorschläge des Pakets besteht in der Erhöhung der Sicherheit auf unseren Meeren. Da wir die beiden Berichte zusammen behandeln, wäre es unhöflich von mir, nicht den Bericht von Frau Vincenzi zu erwähnen, dem wir vorbehaltlos zustimmen.
Wenn Sie mir gestatten, möchte ich aber mehr auf den Bericht Savary eingehen. Der Bericht ist couragiert und entschlossen, er verdient mein Lob und meine Unterstützung. Es ist keine leichte Aufgabe – keiner der sieben Vorschläge im Paket ist es – und nicht für jeden einfach zu akzeptieren, da es um Haftung und Sicherheitsleistungen der Schiffseigner geht, und es ist völlig legitim, dass dieser Sektor versucht, diese Haftung abzuschwächen oder rechtsverbindliche Beschlüsse hinauszuzögern. Glauben Sie nicht, dass ich die Schiffseigner irgendwie kritisieren will. Das ist ihr gutes Recht und ihre Positionen sind legitim.
Auch ich habe ursprünglich versucht, nicht gegen die Strömung zu schwimmen, und argumentiert, dass die Kompetenz für solch einen globalisierten Bereich wie den Seeverkehr bei der IMO liegen sollte. Meine Meinung stand im Gegensatz zur allgemeinen Ansicht des Parlaments, und schließlich bin ich überzeugt worden.
So ist es besser, und ebenso wurde im Fall der Forderung nach Doppelhüllenschiffen verfahren, die von der verehrten, leider verstorbenen Loyola de Palacio erhoben wurde. Erst fasste die Europäische Union diesen Beschluss, und dann die IMO. Wäre es umgekehrt gewesen, hätte das Unglück vor kurzem in Gibraltar sicherlich zu einer weiteren Katastrophe von gewaltigem Ausmaß geführt.
Ich möchte Ihnen zunächst für die Akzeptanz der Änderungsanträge danken, in denen wir die verbindliche Ratifizierung des Internationalen Übereinkommens über die zivilrechtliche Haftung von Bunkerölverschmutzungsschäden verlangen. Ferner will ich mich auf den Punkt konzentrieren, der meiner Ansicht nach wichtig ist und für den ich Sie um Unterstützung bitte: Ich meine die Errichtung eines Solidaritätsfonds zur Deckung von Schäden, die durch Schiffe verursacht werden, für die keinerlei Sicherheitsleistung besteht.
Es geht darum, ein Vakuum zu füllen, um diese Möglichkeit zu schaffen, falls eines jener Schiffe einen Unfall verursacht, die entgegen der in dieser Richtlinie aufgestellten Pflichten unsere Gemeinschaftsgewässer ohne eine Bescheinigung über eine Sicherheitsleistung befahren. In keinem Fall dürfen die Schäden, die durch ein Schiff ohne Sicherheitsleistung verursacht werden, zu Lasten des Mitgliedstaats gehen, der letztendlich Opfer des Unfalls ist, sondern aus unserer Sicht muss dafür ein Konsortium aufkommen, das die Haftung für derartige Fälle übernimmt, wie andere, die im vergleichbaren Recht existieren.
Georg Jarzembowski, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, sehr geehrter Herr Vizepräsident der Kommission! Die EVP-ED-Fraktion unterstützt im Wesentlichen die hervorragenden Berichte der Kollegin Vincenzi und des Kollegen Savary über die Flaggenstaatenpflichten auf der einen Seite und über die Haftung von Schiffseignern auf der anderen. Gleichzeitig bedanken wir uns bei den Berichterstattern für die kompetente Erarbeitung dieser Berichte.
Entgegen den Befürchtungen aus manchen Schifffahrtskreisen führen die beiden Richtlinien im Kern keine wirklich neuen Pflichten für die Schifffahrt und die Mitgliedstaaten ein, und sie beeinträchtigen insofern auch nicht die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Flotte gegenüber den Mitbewerbern aus Drittstaaten. Vielmehr dienen die Vorschläge eigentlich nur dazu, bereits lange bestehende internationale Übereinkommen zum Seerecht endlich für alle Mitgliedstaaten verbindlich zu übernehmen. Wenn wir uns die einzelnen Vorschläge der Flaggenstaaten anschauen, ist es höchste Zeit, dass alle 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union ihren Verpflichtungen aus dem internationalen Übereinkommen hinsichtlich der Kontrolle ihrer eigenen Schiffe nachkommen. Dazu reicht es nicht nur, Konventionen zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Es kommt auch darauf an, dass die Mitgliedstaaten endlich die erforderlichen Sach- und Personalmittel bereitstellen, um die effektive Kontrolle ihrer eigenen Schiffe durchzuführen. Hinsichtlich der Haftung bei Schiffsunglücken gilt es doch eigentlich nur, dass alle Mitgliedstaaten durch das Gemeinschaftsrecht verpflichtet werden, das LLMC-Übereinkommen aus dem Jahre 1996 endlich anzuwenden. Unsere Forderung, dass das HNS-Abkommen aus dem Jahr 1996 sowie das Bunkerölübereinkommen aus dem Jahre 2001 auch endlich angewandt werden, kann doch wirklich keine Zumutung für die Schifffahrt und für die Mitgliedstaaten sein.
Insofern können wir durchaus unsere Position vertreten. Wir fordern im Interesse der Umwelt und der Bürger etwas, was ganz selbstverständlich ist, und ich hoffe, dass der Rat dies endlich verstehen und bereit sein wird, diese beiden Dossiers ebenfalls zu behandeln.
Willi Piecyk, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Wenn ich meiner Mutter erzähle, dass wir nach Fußball um 23.00 Uhr über maritime Sicherheit diskutieren, wird sie wahrscheinlich sagen: Ihr spinnt ein bisschen in Brüssel. Ich möchte meiner Mutter an dieser Stelle nicht widersprechen.
Dennoch ist es gut, dass die Kommission diesen Vorschlag vorgelegt hat, denn er ist notwendig. Wir haben im Ausschuss für die Verbesserung der Sicherheit auf See (MARE) gefordert, dass wir als Europäische Union im Bereich der Flaggenstaatenpflichten sowie Haftung und Entschädigung tätig werden. Ich möchte mich an dieser Stelle bei den beiden Berichterstattern, meinen Kollegen Marta Vincenzi und Gilles Savary, besonders bedanken, denn beide Berichte sind in der Sache schwierig und politisch sehr strittig. Wir haben dazu bisher weder Jubel noch Euphorie noch Bravo-Rufe aus dem Rat vernommen. Deswegen sei an dieser Stelle noch einmal an den Rat gesagt – weil es offensichtlich Missverständnisse gab –: Wenn wir heute diese beiden Berichte diskutieren, heißt das nicht, dass das Paket Erika 3 mit seinen sieben Dossiers aufgegeben wird, sondern wir unterstreichen vielmehr die besondere politische Bedeutung dieser beiden Berichte. Deshalb wäre der Rat, der im Sinne von Gilles Savary versucht, die Formulierung grob fahrlässig auszulegen, selbst sehr grob fahrlässig, wenn er sozusagen diese falsche Wahrnehmung hätte.
Ich stimme dem Kollegen Jarzembowski zu: Die Haltung des Rates gegenüber dem Bericht Vincenzi ist sehr schwer vermittelbar. Wo liegt eigentlich das Problem dabei, gültige IMO-Regeln in europäisches Recht zu übernehmen? Und wo ist das Problem beim Bericht Savary, neben der Ölverschmutzung auch die chemische Verschmutzung in eine zivilrechtliche Haftung zu übernehmen? Das kann eigentlich nicht das Problem sein. Jedenfalls spricht der gesunde Menschenverstand dafür. Die Botschaft dieser beiden Berichte ist: Mehr Verantwortung der Mitgliedstaaten für Schiffe unter ihrer Flagge und mehr Verantwortung der Mitgliedstaaten und der Schiffseigentümer, wenn etwas passiert ist. Diese Dinge sind überfällig, denken Sie an Erika und an Prestige. Danke an die Kommission für die Vorlage. Danke an die Berichterstatter. Jetzt ist der Rat gefordert, sich dabei ordentlich zu benehmen und nicht grob fahrlässig zu sein.
Paolo Costa, im Namen der ALDE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, Herr Barrot, meine Damen und Herren! Ich bin lediglich hier, um zu bekräftigen, was bereits meine Kollegen zum Ausdruck brachten.
Die Sicherheit auf See ist ein zu ernstes Thema, um Gegenstand taktischer Manöver zu sein: zu ernst wegen der Erfahrungen, die wir gemacht haben, wegen der Unglücke, die wir erlebt haben, und zu ernst, um unsere Augen davor zu verschließen, dass der zunehmende Seeverkehr in Zukunft größere Gefahren mit sich bringen wird. Die Kommission hat deshalb vernünftig gehandelt, als sie jeden möglichen Weg auslotete, um allen Schwierigkeiten zuvor zu kommen und sich für alle Eventualitäten zu rüsten.
Das ist der, gewiss weder taktische noch banale, Grund, aus dem wir glauben, dass alle sieben Vorschläge – die darauf abzielen, die Klassifikationsformen zu harmonisieren, die Staaten zur Kontrolle der unter ihrer Flagge fahrenden Schiffe zu verpflichten, die Durchführung von Schiffsbesichtigungen in den Häfen zu gewährleisten, für die Überwachung des Schiffsverkehrs zu sorgen, die Vorgehensweisen bei Unfällen festzulegen und die Haftung sowohl gegenüber Dritten als auch gegenüber Reisenden zu prüfen und zu regeln – zusammen vorangebracht werden müssen.
Die Tatsache, dass die beiden betreffenden Berichte mit breiter Mehrheit und einer sogar im wörtlichen Sinne einstimmig angenommen wurden, macht deutlich, wie die Interessen der europäischen Bürger, die wir zu vertreten haben, anerkannt wurden. Das bestätigt außerdem, dass dies der richtige Weg ist, der beschritten werden muss.
Die Annahme dieser ersten beiden Berichte heute Abend ist eine Botschaft, die sich an alle europäischen Organe richtet: an die Kommission, die sie uns vorgelegt hat, damit sie weiterhin an ihrem Standpunkt festhält, und an den Rat, damit er sich bereit zeigt, echte Fortschritte im Bereich Seeverkehrssicherheit zu erzielen, sodass wir es – Gott bewahre – später nicht bereuen müssen, nicht rechtzeitig eingegriffen zu haben, als wir dies noch konnten, um mögliche Katastrophen zu verhindern.
Mary Lou McDonald, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte zu Beginn Frau Vincenzi und Herrn Savary für ihre wertvolle Arbeit danken. Es besteht kein Zweifel, dass der Seeverkehrssektor nur einer der Bereiche ist, in denen eine straffere Regulierung dringend geboten ist. Die Beflaggung von Schiffen ist ein zentrales Thema, dem der Internationale Transportarbeiterverband in seiner Kampagne gegen die Verwendung von Gefälligkeitsflaggen Priorität beimaß. Ich halte es für wesentlich, vor allem in Bezug auf den Bericht Vincenzi, dass der Bericht angenommen wird, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten ihre diesbezüglichen internationalen Verpflichtungen erfüllen.
Wir haben in diesem Sektor Auseinandersetzungen, wie etwa zu Irish Ferries und anderen, erlebt, wo das Umflaggen als Mittel benutzt wurde, um Arbeitnehmer zu entlassen und ihnen dann niedrige Löhne für unsichere Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen zu zahlen und das Arbeitsrecht im Land des Schiffseigners zu umgehen. Für die Arbeitnehmer im Schifffahrtssektor muss jetzt etwas mit der gesamten Bandbreite des internationalen Instrumentariums unternommen werden, um die Rechtslage in ihrem Sektor und die Qualität ihres Arbeitslebens zu verbessern.
Ich bin sicher, dass das Parlament diese Berichte annimmt. Es obliegt dem Rat und in der Tat den einzelnen Mitgliedstaaten, entsprechend zu reagieren und ihren Verpflichtungen nachzukommen.
Bogusław Liberadzki (PSE). – (PL) Herr Präsident! Ich möchte Frau Marta Vincenzi und Herrn Gilles Savary meine Anerkennung und meinen Dank für ihre Berichte aussprechen. Hier handelt es sich um zwei Richtlinienvorschläge aus dem von der Kommission vorgelegten Paket, der ich dafür danken möchte, dass sie so umfassend auf die Erwartungen dieses Hohen Hauses reagiert hat.
Ich möchte mich auf die Frage der zivilrechtlichen Haftung konzentrieren. Zunächst einmal begrüße ich die Einführung von Höchstgrenzen, die meiner Ansicht nach ein ausreichend hohes Niveau der zivilrechtlichen Haftung gewährleisten, so dass in den meisten Fällen die Geschädigten angemessen entschädigt werden können. Ich stimme der Kritik, wonach diese Grenzen zu hoch sind, nicht zu, denn der Idealfall wäre ja, dass wir überhaupt keine Entschädigung zahlen müssten.
Ich befürworte auch die verbindlich vorgeschriebene Garantie für die zivilrechtliche Haftung, wobei es den Schiffseignern obliegt, bei den Behörden eines Mitgliedstaats eine Bescheinigung zu beantragen, aus der sich die bestehende Garantie für alle Schäden Dritter ergibt. Es ist positiv, dass diese Bescheinigung von den Mitgliedstaaten ausgestellt wird, da sich damit die Seriosität und die finanziellen Verhältnisse der Unternehmen leichter überprüfen lassen.
Ebenso begrüße ich die Pflicht, das Vorhandensein einer solchen Bescheinigung zu melden. Zu begrüßen ist meiner Ansicht nach auch, dass der Begriff des unentschuldbaren Fehlverhaltens weiter gefasst wurde und es somit möglich sein wird, den Betreffenden für die Verletzung von Vorschriften zur Verantwortung zu ziehen. Deshalb wird vorgeschlagen, für eine weite Auslegung des Begriffs „unentschuldbares Fehlverhalten“ zu sorgen, um den Begriff des professionellen Verhaltens berücksichtigen zu können.
Josu Ortuondo Larrea (ALDE). – (ES) Herr Präsident, Herr Kommissar! Wir leben in der Ära der Globalisierung, die ganz ohne Zweifel ihre Sonnen- und Schattenseiten besitzt, die es aber glücklicherweise gestattet, uns der erheblichen Auswirkungen der menschlichen Tätigkeit und Entwicklung auf unserem Planeten bewusst zu werden. Die marine Umwelt beispielsweise, die uns so viel für Nahrung, Freizeit und sportliche Betätigung zu bieten hat, ist einer ständigen Verschmutzung ausgesetzt, die vom Land und vom Meer aus erfolgt.
Ein Teil der Verschmutzung – der kleinste – ist die Folge unvermeidlicher Unfälle, doch die meisten werden durch Schiffseigner und Betreiber verursacht, die noch immer unverantwortlich handeln und die internationalen Bestimmungen und Sicherheitspraktiken ignorieren.
Es sei an die konkreten Fälle der „Prestige“ und der „Erika“ erinnert, doch wir dürfen auch nicht die täglichen Verschmutzungen durch unkontrollierte Einleitung von Bilgenwasser oder die Reinigung von Tanks vergessen. Deshalb sind wir verpflichtet, alle uns möglichen Kontrollen und Mittel anzuwenden, um diesem kriminellen Vorgehen ein Ende zu bereiten, und wir müssen alle Flaggenstaaten auffordern, ihrer Verantwortung nachzukommen, qualifizierte und erfahrene Inspektoren zu stellen, den Zustand der Schiffskörper durch ihre Hafenbehörden zu inspizieren und die Einhaltung der Vorschriften für die Entsorgung von Abfallstoffen zu gewährleisten.
Was den letzten Aspekt angeht, so möchte ich die Kommission drängen, Rechtsvorschriften vorzuschlagen, um alle Schiffe zu verpflichten, automatische Geräte an Bord zu führen, die stündlich den Flüssigkeitsstand im Kielraum und den Tanks registrieren, eine Art Blackbox, wie sie Flugzeuge haben, um Straftaten gegen die marine Umwelt aufdecken zu können. Das ist der einzige Weg, um unser Ziel zu erreichen.
Abschließend möchte ich die beiden Berichterstatter zu ihrer hervorragenden Arbeit beglückwünschen.
Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete! Gestatten Sie mir zunächst, Ihnen zu danken und Sie zu beglückwünschen. Ich denke, dass dieses Dossier, auch wenn es – was ich etwas bedauere – zu sehr später Stunde Thema ist, deutlich macht, in welchem Maße das Parlament nunmehr der Garant des allgemeinen europäischen Interesses ist. Ich möchte allen Abgeordneten danken, die wirklich hart an diesen Textvorlagen gearbeitet haben. Ich denke, wir haben es hier in der Tat mit einem Paket zu tun, das nicht wieder aufgeschnürt werden sollte. Diese sieben Vorschläge bilden eine Einheit. Mit ihnen können wir die gesamte Seeverkehrskette sicherer machen und daher sollten meiner Ansicht nach die Pakete erhalten bleiben.
Lassen Sie mich zuerst auf den Bericht von Frau Vicenzi eingehen. Ich möchte zu Beginn darauf hinweisen, dass dieses spezifisch europäische Konzept mit dem globalen Konzept innerhalb der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) nicht unvereinbar erscheint. Es stimmt jedoch, dass wir dank der Gemeinschaft in der IMO ein Konzept unterstützen können, das auf die bessere Anwendung der internationalen Normen durch alle Flaggenstaaten abzielt. Dies widerspricht nicht dem auf Gemeinschaftsebene verfolgten Konzept, mit dem bereits dafür gesorgt werden soll, dass jeder Mitgliedstaat eine Qualitätsflagge hat. In Zukunft wird es die eigentliche Qualität der Flaggen sein, die sie attraktiver machen, und die es uns ermöglichen wird, ihren hochrangigen gemeinschaftlichen Einsatz im Seeverkehr besser zu schützen. Auch die Schifffahrtsunternehmen werden ihre Vorteile aus einer solchen Verbesserung ziehen, da diese Qualitätsflaggen zu einer Verringerung der Hafenkontrollen führen werden. Deshalb danke ich also noch einmal Frau Vicenzi.
Des Weiteren möchte ich hinzufügen, Herr Präsident, und damit im Wesentlichen die Arbeit des Ausschusses untermauern, dass ich die Vorbehalte des Rates nicht teile, und ich komme somit auf einige Abänderungen zurück.
Mit den Abänderungen 25 und 26 ändern Sie die Aufstellung der Kriterien für die von den Seebehörden durchzuführenden ergänzenden Untersuchungen. Ich kann das akzeptieren, jedoch mit einer Einschränkung: Schiffe, die innerhalb der vorangegangenen zwölf Monate nicht im Rahmen der Hafenstaatkontrolle überprüft wurden, dürfen von diesen Untersuchungen nicht ausgenommen werden. Die Abänderungen 25 und 26 sollten also überarbeitet, d. h. verbessert werden.
Zu den Abänderungen 43, 44 und 52 möchte ich sagen, dass sie den Vorschlag schwächen, indem sie die Anforderungen für die Einstellung von Besichtigern des Flaggenstaates reduzieren. Denken Sie nicht, dass eine hohe Qualifikation beibehalten werden sollte? Die Abänderungen 43, 44 und 52 stellen daher für mich wirklich ein Problem dar und ich kann sie nicht akzeptieren.
Auch wenn viele andere Abänderungen die Position präzisieren, so besteht doch bei einigen Abänderungen – Abänderung 2, Abänderung 6, Abänderung 13 und Abänderung 17 – die Gefahr, dass sie eine gewisse Verwirrung stiften, da sie auf Instrumente der Internationalen Arbeitsorganisation Bezug nehmen und über den von dem Vorschlag abgedeckten Bereich hinausgehen. Ich kann sie daher nicht akzeptieren.
Ich möchte schließlich noch auf die Abänderungen 4 und 12 eingehen, mit denen den Verwaltungen der Mitgliedstaaten und den privaten Betreibern die Möglichkeit eingeräumt wird, sich direkt an den Ausschuss für die Sicherheit im Seeverkehr und die Vermeidung von Umweltverschmutzung durch Schiffe zu wenden. Mit diesen Abänderungen wird das ausschließliche Initiativrecht der Kommission bei der Ausübung der ihr übertragenen Durchführungsbefugnisse missachtet. Sie sind daher für die Kommission nicht akzeptabel.
Soweit einige Bemerkungen, die meiner Zustimmung zu der von Frau Vicenzi geleisteten Arbeit, die sehr beachtlich ist, keinerlei Abbruch tun. Um es noch einmal zu wiederholen, ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Mitgliedstaaten dem Beschreiten dieses Weges zustimmen sollten. Das ist absolut unerlässlich und es wird langfristig ein Wettbewerbsvorteil sein, Flaggen von hoher Qualität zu haben.
Nun komme ich, Herr Präsident, zu dem Vorschlag von Herrn Savary. Ich möchte ihm sehr herzlich danken. Er hat darauf hingewiesen, dass die beiden Vorschläge des heutigen Abends ihrer Zeit gewissermaßen vorausgehen. Ja, ganz genau. Wenn wir vorwärtskommen wollen, müssen wir Einiges versuchen, um die Mitgliedstaaten zu einer viel mutigeren und viel entschlosseneren Politik und Strategie zu verpflichten, um weitere Ölverschmutzungen zu verhindern.
Wird sich durch die Richtlinie der Schutz der Opfer erhöhen lassen? Ganz sicher! Wie Herr Savary sehr gut vor Augen geführt hat, stellt die Einführung eines Pflichtversicherungssystems für alle Schiffe, die in europäische Gewässer einfahren, eine Innovation im Seeverkehr dar. Die finanziellen Sicherheitsleistungen sollten zuverlässig und zugänglich sein, weshalb wir vorschlagen, dass die öffentlichen Behörden vorher die Werthaltigkeit der Versicherungsdeckung überprüfen, und weshalb wir verlangen, dass sich die Geschädigten direkt an die Versicherer wenden können, um ihre Ansprüche geltend zu machen.
Es wird auch für den Schutz der Opfer gesorgt, da ein Minimum an Entschädigung garantiert wird. Dieses Minimum entspricht den Normen des Übereinkommens über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen (in seiner Fassung von 1996), die übrigens in den meisten Fällen ausreichend sind. Es stimmt jedoch, dass die Richtlinie unter bestimmten Voraussetzungen die Begrenzung der zivilrechtlichen Haftungsbeschränkung von Schiffseignern vorsieht, damit die Opfer eine ihrem Schaden angemessene Entschädigung erhalten können.
Deshalb, Herr Präsident, verehrte Abgeordnete, kann man sagen, dass dieser Vorschlag für eine Richtlinie unser Seerecht deutlich voranbringt. Ich möchte mich noch einmal für den Mut bedanken, der aufgebracht werden musste, um einem gewissen Widerstand standzuhalten und diese Modernisierung des privaten Seerechts zu erreichen. Einige Grundsätze des geltenden Seerechts sind in der Tat nicht mehr gerechtfertigt. Sie führen dazu, dass die Betreiber aus der Verantwortung genommen werden. Wir aber haben das Ziel einer qualitativ hochwertigen Flotte – unsere eigene Flotte und die auf der Durchreise befindlichen Schiffe aus Drittstaaten.
Ich komme nun zu dem Vorschlag von Herrn Savary. Das Ziel ist also eine qualitativ hochwertige Flotte – unsere eigene Flotte und die auf der Durchreise befindlichen Schiffe der Drittstaaten – und die dem Schaden entsprechende Entschädigung der Opfer, was nach den bestehenden gesetzlichen Grundsätzen nicht möglich ist. Die entscheidenden Abänderungen 10 und 20 zur groben Fahrlässigkeit und zum unentschuldbaren Fehlverhalten gehen in diese Richtung. Wir unterstützen sie.
Sie haben auch Scharfsinn unter Beweis gestellt, denn Sie haben eine Reihe von Elementen des Vorschlags verbessert und klargestellt: mit den Abänderungen 9, 11, 14 und 19.
Sie haben neue Bestimmungen eingeführt, die uns wertvoll scheinen, insbesondere die Abänderungen 16 und 17 über die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, unverzüglich die noch ausstehenden Übereinkommen zu ratifizieren.
Es bleiben jedoch noch einige Abänderungen, die wir zwar grundsätzlich akzeptieren, denen wir aber nicht gänzlich zustimmen können. Es handelt sich um die Abänderungen 23, 26 und 27, in denen es um die Errichtung eines neuen gemeinschaftlichen Amtes für die Verwaltung der Versicherungsbescheinigungen geht. Die Idee ist zweifellos verlockend, aber muss eine neue Struktur geschaffen werden, wo es doch die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs gibt? Welche Aufgaben soll sie erfüllen? Sie werden verstehen, dass wir eine genaue und weiterführende Prüfung der Auswirkungen dieser Abänderungen wünschen.
Ich komme nun zur Abänderung 25, die die Schaffung eines Solidaritätsfonds vorsieht. Wir sind von der Notwendigkeit dieser neuen Struktur nicht überzeugt. Ist dies angesichts der nach der Umsetzung der Richtlinie geringen Anzahl noch übriger Fälle wirklich angebracht? Und wie soll, abgesehen von den praktischen Schwierigkeiten in Verbindung mit der Errichtung eines solchen Fonds verhindert werden, dass die „guten“ Schiffseigner für die „schlechten“ bezahlen?
Soweit im Wesentlichen meine Anmerkungen. Eine vollständige Liste der Abänderungen und des jeweiligen Standpunkts der Kommission dazu wird dem Sekretariat des Parlaments für die beiden betreffenden Vorschläge zugeleitet. Doch abgesehen von den wenigen Vorbehalten, die ich zu einigen Abänderungen vorgebracht habe, gestatten Sie mir, Herr Präsident, meiner Anerkennung für die bemerkenswerte parlamentarische Arbeit Ausdruck zu verleihen. Ich möchte noch einmal den Berichterstattern, Herrn Costa und allen Mitgliedern seines Ausschusses und ganz allgemein dem Parlament für diese ausgezeichnete Arbeit danken, die es uns, so hoffe ich, ermöglichen wird, auf dem Weg zu dieser Seeverkehrssicherheit voranzuschreiten, die wir angesichts der Entwicklung des Seeverkehrs heute mehr als je zuvor nötig haben. Dies auch im Hinblick auf die Tatsache, dass für das wiedervereinte Europa nunmehr neben dem Mittelmeer und dem Atlantik auch das Schwarze Meer und die Ostsee von Interesse sind. Wir haben daher die dringende Pflicht, Fortschritte zu erzielen. Ich danke dem Parlament, dass es das verstanden und uns in dieser Weise unterstützt hat.
Der Präsident. Die gemeinsame Aussprache ist geschlossen.