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Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B6-0167/2007

Aussprachen :

PV 25/04/2007 - 17
CRE 25/04/2007 - 17

Abstimmungen :

PV 26/04/2007 - 8.11
CRE 26/04/2007 - 8.11
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :


Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 25. April 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.

17. Homophobie in Europa (Aussprache)
Protokoll
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  Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zu Homophobie in Europa.

Ich habe Ihnen mitzuteilen, dass nach Artikel 167 der Geschäftsordnung ein Antrag der UEN-Fraktion eingegangen ist, demzufolge die Aussprache über diesen Punkt wegen Unzulässigkeit abzulehnen ist. Das Wort hat Herr Szymański, um diesen Antrag zu begründen.

 
  
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  Konrad Szymański (UEN). – (PL) Frau Präsidentin! Ich ersuche darum, den Antrag auf die Aussprache über Homophobie nach Artikel 167 unserer Geschäftsordnung für unzulässig zu erklären. Dieses Hohe Haus ist nämlich über die Gründe für diese Aussprache getäuscht worden. Hier soll über einen Gesetzesentwurf beraten werden, der nie existiert hat, der nicht existiert und den es auch nicht geben wird, wie der polnische Ministerpräsident ganz klar festgestellt hat.

Der Vorschlag geht dahin, über die Äußerungen einiger polnischer Politiker zu diskutieren, die der polnische Ministerpräsident insofern korrigiert hat, als er eindeutig klarmachte, dass es seitens der polnischen Regierung keine Vorschläge für eine wie auch immer geartete diskriminierende Politik gegenüber Homosexuellen gibt. Das dürfte meines Erachtens ausreichen, um den Antrag auf eine Aussprache zu diesem Thema zurückzuziehen, da es keinen Grund für diese Aussprache gibt.

 
  
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  Manfred Weber, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Die Europäische Volkspartei hat in der Frage Antidiskriminierung eine ganz klare Position und bekennt sich eindeutig zu den Beschlüssen dieses Hohen Hauses, die wir in verschiedenen Entschließungen und auch in verschiedenen Rechtsakten zum Ausdruck gebracht haben.

Als wir die Frage der Äußerungen des polnischen Ministers im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments diskutiert haben, haben wir den Juristischen Dienst unseres Hauses gebeten, uns eine Einschätzung zu geben, wie diese Äußerungen zu bewerten sind und ob sie mit dem europäischen Recht vereinbar sind oder nicht. Der Juristische Dienst hat geantwortet, er könne leider nicht Stellung dazu nehmen, weil kein rechtlicher Sachverhalt vorläge, so wie es der Kollege der UEN-Fraktion deutlich gemacht hat.

Die Europäische Volkspartei möchte, dass dieses Thema ernst genommen wird, und deswegen haben wir gefordert, dass wir unsere Agentur, die wir dazu erst vor kurzem gegründet haben, beauftragen, die Entwicklungen in diesem Bereich zu beobachten und in den Fokus zu nehmen. Ich möchte klarstellen, dass die Europäische Volkspartei zu diesen Beschlüssen steht. Wir glauben aber, dass es keinen Grund gibt, das Europäische Parlament noch einmal damit zu beschäftigen. Deswegen sind wir dafür, diesen Punkt von der Tagesordnung zu streichen.

 
  
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  Kathalijne Maria Buitenweg, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Ich denke, die PPE-DE-Fraktion weiß auch, dass wir uns heute hier nicht nur über eine Äußerung eines Ministers unterhalten, sondern dass die Aussprache viel mehr umfasst. Meines Erachtens ist es der Mehrheit in diesem Hohen Hause klar, dass dieser Antrag nur eingebracht wurde, weil einige von uns die Diskriminierung Homosexueller nicht diskutieren möchten. Wir sind aber Politiker in einer Demokratie, und wenn Ihnen eine Entschließung missfällt, stimmen Sie doch einfach gegen sie!

Ich kann nicht verstehen, warum dies nicht zulässig sein sollte. Das nächste Mal erklären wir eine Aussprache über den Binnenmarkt für unzulässig! Das Thema fällt in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Gleichberechtigung bildet das Herzstück der Europäischen Union. Seit dem Vertrag von Amsterdam – ich weiß nicht, ob das allen klar ist – sieht Artikel 13 vor, dass wir bei den Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Diskriminierung eine Rolle spielen. Wir befassen uns heute nicht zum ersten und leider wohl auch nicht zum letzten Mal mit der Homophobie.

Was ich sagen will, ist, dass es ganz klar ist: Dieser Punkt ist zulässig, weil er in unseren Zuständigkeitsbereich fällt. Der einzige Grund, warum es anders sein könnte, ist, dass Sie ihn nicht diskutieren wollen. Erörtern wir ihn heute Nachmittag und berücksichtigen wir ihn bei der Abstimmung, aber bringen wir nicht eine Aussprache durcheinander!

(Beifall)

 
  
  

(Der Antrag auf Unzulässigkeit ist abgelehnt.)

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Europa gelingt gemeinsam! Unter diesem Motto steht die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Europa gelingt gemeinsam. Was bedeutet das? Es bedeutete, dass wir uns in Europa die positiven Aspekte von Vielfalt, Respekt, Anerkennung und Toleranz immer wieder neu vor Augen führen müssen. Denn Vielfalt, Respekt, Anerkennung und Toleranz sind die zentralen Werte, auf die wir unser gemeinsames Europa bauen.

Auf den ersten Blick scheinen Akzeptanz und Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlichen Orientierungen heute weiter verbreitet denn je. Gerade die Arbeit der Verbände leistet hierzu einen wesentlichen Beitrag. Lesben- und Schwulenbewegungen sind immer besser organisiert und machen ihren Mitgliedern Mut, sich offen zu ihrer sexuellen Orientierung zu bekennen. Nach Jahrhunderten der systematischen Diskriminierung ist das eine erfreuliche Entwicklung. Ich spreche für Deutschland. Gerade wir haben eine besondere geschichtliche Verantwortung. Vor 60 Jahren wurden auch Homosexuelle Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschine.

Auf den zweiten Blick wird schnell deutlich, dass die Homophobie in vielen Teilen Europas immer noch sehr lebendig ist. Aktuelle Ereignisse zeigen dies in beschämender Weise. Noch immer sind Homosexuelle Vorurteilen, Intoleranz und offiziell gebilligter Diskriminierung ausgesetzt. Und noch immer sind Hasstiraden und gewalttätige Ausschreitungen gegen sexuelle Minderheiten an der Tagesordnung, und dies oftmals ohne strafrechtliche Konsequenzen.

Ich kann mich an dieser Stelle voll und ganz den Worten von Hans Winkler anschließen, der als Vertreter der österreichischen Ratspräsidentschaft vor nicht ganz einem Jahr in diesem Haus betonte: „Wo immer die Sicherheit und Würde einer einzigen Frau oder eines einzigen Mannes innerhalb der Europäischen Union bedroht werden, sind unser aller Sicherheit und Würde in Gefahr und damit auch die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union, ihrer Prinzipien und Institutionen.“ Das gilt auch heute noch!

(Beifall)

Die Diskriminierung Homosexueller ist ein Problem, dem wir mit allen verfügbaren Mitteln begegnen müssen. Der Kampf gegen Homophobie verlangt einen langen Atem. In kontinuierlicher Arbeit geht es darum, Schritt für Schritt einerseits die Mauern von Vorurteilen und Intoleranz in den Köpfen niederzureißen, andererseits müssen neue Strukturen geschaffen werden, die auf Akzeptanz, Gleichberechtigung und Respekt basieren. Zwar können sich Mentalitäten nicht über Nacht ändern, aber offizielle Standpunkte und Gesetze können und müssen verändert werden, wenn es um den Schutz grundlegender Menschenrechte geht. Hier sind wir in Europa bereits einen großen Schritt vorangekommen.

Die Europäische Union beruht auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Insbesondere der EG-Vertrag, Artikel 13, aber auch die EU-Grundrechtecharta, Artikel 21, verbieten ausdrücklich jede Form der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Darüber hinaus haben sich die EU-Mitgliedstaaten als Mitglieder des Europarates zur Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet.

Seit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam im Jahr 1997 hat die Europäische Union die Befugnis, Diskriminierungen wegen eines umfassenden Spektrums von Gründen anzugehen, einschließlich Diskriminierungen wegen der sexuellen Ausrichtung. Seither hat die Europäische Union mit der Verabschiedung der Gleichstellungsrichtlinien eine breite Palette an Regelungen geschaffen, um gegen Diskriminierungen in der gesamten Europäischen Union vorgehen zu können. So ist beispielsweise im beruflichen Kontext die Diskriminierung aufgrund einer religiösen Überzeugung, einer Behinderung oder der sexuellen Orientierung durch eine EU-Richtlinie verboten.

Auch wenn wir bei der Anpassung der Rechtslage zum Schutz vor Diskriminierung und zur Förderung der Chancengleichheit auf EU-Ebene bereits einen beachtlichen Schritt vorangekommen sind, ist das noch kein Grund, uns zurückzulehnen. Denn auch die ausgefeiltesten Rechtsvorschriften können nichts ausrichten, wenn der politische Wille zu ihrer nachhaltigen Umsetzung nicht stark genug ist und sie nicht von der gesamten Bevölkerung mitgetragen werden.

(Beifall)

Hier ist die Europäische Kommission gefordert. Ihre Aufgabe ist es, zu überprüfen, ob Richtlinien wie die hier erwähnte von den Mitgliedstaaten rechtzeitig und korrekt umgesetzt werden. In diesem Bereich wird auch die neu eingerichtete EU-Agentur für die Grundrechte künftig zusätzliche Unterstützung leisten, sobald sie vollständig arbeitsfähig ist. Doch – auch das muss ich betonen – die Verantwortung liegt nicht bei der Europäischen Kommission allein.

Als politische Führungspersönlichkeiten auf EU-Ebene, auf nationaler wie auf regionaler Ebene können und müssen auch wir ein gutes Beispiel geben, indem wir Toleranz, Verständnis, gegenseitige Achtung und friedliches Zusammenleben fördern. Dabei gilt es auch, das Monitoring der Europäischen Kommission in den Beitrittskandidaten- und potentiellen Beitrittskandidatenländern aufmerksam zu verfolgen. Im Rahmen der Beitrittsverhandlungen wie auch im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses müssen alle Bedingungen erfüllt werden, das gilt auch und gerade für die Menschenrechte sexueller Minderheiten.

Schließlich sind wir gefordert, auch auf die Mentalitäten einzuwirken, damit die Mauern von Vorurteilen und Intoleranz in den Köpfen fallen können. Ich freue mich, dass auf gemeinsame Initiative der Europäischen Kommission und der deutschen Ratspräsidentschaft am 30. und 31. Januar dieses Jahres in Berlin der erste Europäische Gleichstellungsgipfel stattfinden konnte. Der Gipfel bildete den Auftakt zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle. Dieses Europäische Jahr der Chancengleichheit bietet die einmalige Gelegenheit, auf eine solidarische Gesellschaft hinzuwirken und alle Betroffenen zu mobilisieren, um so die neue Rahmenstrategie der EU für Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit auch nach 2007 voranzutreiben.

Das Programm soll das Bewusstsein der Öffentlichkeit für das Recht auf Gleichstellung und die Bekämpfung von Diskriminierungen schärfen und die Botschaft verbreiten, dass alle Menschen Anspruch auf Gleichbehandlung haben, unabhängig von Geschlecht, Rasse, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, von einer Behinderung, vom Alter oder von der sexuellen Ausrichtung. Lassen Sie uns diese Gelegenheit nutzen, gemeinsam gegen Intoleranz und Diskriminierung zu kämpfen und für die positiven Aspekte von Vielfalt, Respekt, Anerkennung und Toleranz zu werben.

Nur gemeinsam können wir erreichen, dass die Europäische Union voll Stolz von sich behaupten kann: In Vielfalt geeint!

(Beifall)

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete! Zunächst möchte ich das Hohe Haus daran erinnern, dass die Kommission in meinen Erklärungen zur Homophobie in Europa am 17. Januar 2006 und zur Zunahme rassistischer und homophober Gewalttaten in Europa vom 14. Juni 2006 mit Nachdruck alle Formen von Homophobie verurteilt hat, die einen Angriff auf die Menschenrechte darstellt.

Die Kommission möchte ihr grundsätzliches aufrichtiges Engagement für die Wahrung der Grundrechte, auf denen die EU basiert, betonen. Die Kommission wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um Homophobie zu bekämpfen. Diskriminierungen aus Gründen der sexuellen Ausrichtung müssen bekämpft werden, wie in Artikel 21 der Charta der Grundrechte eindeutig niedergelegt ist. Des Weiteren erlaubt Artikel 13 des Vertrages, auf europäischer Ebene geeignete Vorkehrungen zu treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts zu bekämpfen.

Der Rat hat im Jahre 2000 auf der Grundlage von Artikel 13 eine Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Bekämpfung der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf aus verschiedenen Gründen, einschließlich der sexuellen Ausrichtung, verabschiedet. Die Kommission wird die Umsetzung der Richtlinie in allen Mitgliedstaaten überwachen, auch in Polen. Sie wird nicht zögern, entschlossen gegen Mitgliedstaaten vorzugehen, wenn Richtlinien nicht ordnungsgemäß umgesetzt werden. Die Kommission möchte darauf hinweisen, dass sie im Jahre 2005 Untersuchungen zu den derzeit vorhandenen nationalen Rechtsvorschriften, mit denen alle Formen der Diskriminierung, auch der Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Ausrichtung, in anderen Bereichen als Beschäftigung und Beruf untersagt werden, eingeleitet hat.

Diese Untersuchungen bewiesen, dass alle einbezogenen Mitgliedstaaten in einigen Bereichen weiter, oft viel weiter gehen als das Gemeinschaftsrecht. Allerdings bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, was den Umfang des Schutzes angeht. Außerdem hat die Kommission in ihrer Strategieplanung für 2008 erklärt, sie werde neue Initiativen vorschlagen, um in anderen Bereichen außer dem Arbeitsmarkt Diskriminierung zu verhindern und zu bekämpfen, auch Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung.

In diesem Zusammenhang begann die Kommission im Februar mit einer Folgenabschätzung, um zu ermitteln, ob weitere Interventionen der EU in anderen Bereichen als Beschäftigung und Beruf gerechtfertigt sind. Die Kommission führt derzeit eine umfassende Konsultation mit der Öffentlichkeit und Interessengruppen wie NRO und Sozialpartnern durch. Die Ergebnisse der Folgenabschätzung werden vermutlich Ende 2007 vorliegen. Die Kommission ist sich im Klaren darüber, dass Schutz nach dem Gesetz allein nicht genügt, um den Schutz der betreffenden Personen zu gewährleisten. Es muss auch etwas gegen Vorurteile und Klischees getan werden.

Das Europäische Jahr der Chancengleichheit für alle – 2007 – legt folgende Ziele fest: die Bürger über ihre Rechte aufzuklären, Vielfalt als Vorteil zu würdigen und die Chancengleichheit für alle im wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Leben zu fördern. Die Kommission begrüßt die von den Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Jahres formulierten nationalen Strategien. Alle Länder, auch Polen, haben alle Gründe von Diskriminierungen in ihre Strategien einbezogen.

Der Kommission sind die Äußerungen eines Mitglieds des polnischen Parlaments zur Kenntnis gelangt, das seine Absicht verkündet hat, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, mit dem die Förderung von Homosexualität in Schulen und in allen sonstigen Jugend- oder Freizeitorganisationen verboten wird. Aus den Informationen, die der Kommission vorliegen, geht hervor, dass die fragliche Vorlage noch nicht erarbeitet wurde und die Äußerungen der polnischen Regierung nicht verbindlich sind. Dieses Gesetz, sollte es Wirklichkeit werden, könnte einen Verstoß gegen die grundlegenden Bestimmungen in der Europäischen Menschenrechtskonvention und der EU-Charta der Grundrechte darstellen. Es könnte ferner gegen das Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, also gegen die Richtlinie 2078/EG, verstoßen.

Die Kommission wird die weiteren Entwicklungen aufmerksam verfolgen und bei einem Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht unverzüglich handeln.

 
  
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  Manfred Weber, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte – vielleicht etwas unaufgeregter als vorher – deutlich machen, dass wir als Europäische Volkspartei voll hinter den Entschließungen des Europäischen Parlaments unter hinter den Richtlinien stehen, die hier beschlossen und von der Kommission dargestellt worden sind. Europa ist ein Raum des Rechts, den wir zu verteidigen haben.

Allerdings ist der Anlass der heutigen Diskussion, nämlich die Äußerung dieses polnischen Ministers, die inakzeptabel ist und von der Europäischen Volkspartei abgelehnt wird, kein Grund für eine solche Debatte. Bereits als wir vor wenigen Wochen – Kommissar Špidla hat darauf hingewiesen – die Frage der Diskriminierung von Homosexuellen diskutiert haben, haben wir gesehen, dass es leider Gottes inakzeptable Äußerungen von Politikern in Europa gibt, und diese müssen wir politisch bekämpfen.

Ich möchte zum Ausdruck bringen, dass es uns nachdenklich stimmen sollte, wenn polnische Kollegen über alle Fraktionen hinweg – ich denke vor allem an die Diskussion bei den Liberalen – erklärt haben, dass es inakzeptabel ist, was in Polen passiert ist, dass die Debatte jedoch vor allem in Polen selbst geführt werden muss und Polen selbst fertig wird mit dem, was dort an inakzeptablen Äußerungen gefallen ist. Es wurde gesagt, Polen brauche keinen big brother, der ihm hineinrede, sondern man wolle das selbst klären. Das sollte uns zu denken geben. Wir tun auch denen keinen Gefallen, die in unserem Sinne gegen Diskriminierungen in Polen kämpfen, wenn wir das hier zu einem großen Thema machen.

Deswegen nehmen Sie uns bitte ab – es ist eine Verfahrensfrage, die wir hier ansprechen –, dass wir es für falsch halten, heute über dieses Thema zu diskutieren, da wir genug Beschlüsse und Richtlinien dazu haben. Nein zur Diskriminierung, Nein zur Homophobie in Europa! Daher unser Vorschlag, dass unsere Agentur die Lage weiter beobachten und einen Blick darauf haben soll. Die Europäische Volkspartei wird sich morgen entsprechend verhalten.

 
  
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  Martine Roure, im Namen der PSE-Fraktion. (FR) Frau Präsidentin! Am 16. Januar 2006 habe ich an gleicher Stelle das Wort ergriffen, um die Entschließung gegen Homophobie zu verteidigen. Das war nicht das erste Mal, und ich fürchte, es wird auch nicht das letzte Mal sein. Wir wollten der unterschiedlichen Behandlung der Homosexuellen auf dem Boden der Union ein Ende setzen, doch wir sind uns im Klaren darüber, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben. Erinnern wir uns daran, dass wir in wenigen Tagen den Welttag des Kampfes gegen Homophobie begehen.

Der uns vorliegende Text verweist auf Fälle nachgewiesener Homophobie in mehreren Ländern der Union, aber auch auf eine Erklärung des polnischen Vizepremierministers. Es geht nicht darum, diese oder jene Regierung, diesen oder jenen Staat an den Pranger zu stellen, aber diese verbalen Ausfälle sind symptomatisch für die Zunahme der Homophobie in der Europäischen Union. Diese Äußerungen offenbaren eine inakzeptable Geisteshaltung. Und sie stammen ja nicht von irgendwem, sondern es handelt sich um ein Regierungsmitglied.

Das muss aufhören. Wir müssen uns erneut gegen solche widerlichen Äußerungen wenden, und ich möchte hier und heute die neue erschreckende und abscheuliche Publikation von Herrn Giertych verurteilen, einem Mitglied unseres Hauses, der gerade sein zweites Machwerk verteilen ließ, in dem er die Homosexuellen als krank hinstellt. All jene, die sich zu Recht durch diese Äußerungen und diese Hasstiraden verletzt fühlen, all jene jungen Menschen, die erkennen, dass sie anders sind, und von denen einige sogar Selbstmord begehen, sollen wissen, dass nicht kennzeichnend für Europa ist.

Wir können nicht endlos Entschließungen verabschieden, um gegen die Diskriminierung von Homosexuellen zu kämpfen. Wir müssen künftig über Instrumente nachdenken, die es uns ermöglichen, effizient zu handeln. Jeder in der Union muss sich künftig seiner Verantwortung stellen.

(Beifall von links)

 
  
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  Sophia in 't Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. (NL) Frau Präsidentin! Ich möchte ein Missverständnis ausräumen: In dem vorliegenden Entschließungsantrag geht es nicht um Polen, sondern um Homophobie. Homophobie ist leider kein Monopol Polens, sondern ein weltweit anzutreffendes Phänomen. Nun haben wir die Probleme in Polen allerdings schon vor anderthalb Jahren erörtert, und sie stehen heute immer noch zur Diskussion. Wie Frau Roure vorhin ganz richtig bemerkte, stammen solche Äußerungen nicht von irgendjemandem, sondern von Meinungsführern und Regierungsmitgliedern, die damit zu einem Klima beigetragen haben, in dem Hass und Gewalt zur Norm geworden sind.

Vor zwei Wochen wurde in meinem eigenen Land – einem äußerst toleranten und liberalen Land – ein Homosexueller auf der Straße totgeschlagen, weil jemand sein Aussehen für zu feminin befand. Totgeschlagen! Können Sie sich das vorstellen? Solche Dinge geschehen in einer Atmosphäre, die durch Menschen geschaffen wird, die sich homophober Äußerungen schuldig machen. Deshalb kann nicht behauptet werden, da noch kein Gesetzentwurf vorliegt, bestehe somit kein Problem. In dieser Hinsicht begrüße ich außerordentlich, dass sich Herr Weber im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten sowie der Bürgerbeauftragte von den fraglichen Äußerungen des polnischen Ministers so nachdrücklich distanziert haben.

Ich wäre dankbar, wenn der Rat und die Kommission eine ebenso kategorische Stellungnahme abgeben könnten. Wie die Kommission und insbesondere der Rat erklärt haben, verfügen wir über gesetzliche Bestimmungen, Rechtsvorschriften und Verträge, was alles schön und gut ist, diese Menschen bislang aber nicht von solchen homophoben Äußerungen abzuhalten vermochte. Wir wollen, dass mehr getan wird. Wir möchten, dass der Rat beispielsweise angibt, welche Maßnahmen er gegenüber diesem Minister für Bildung zu ergreifen gedenkt. Werden Sie zulassen, dass dieser Bildungsminister an den Tagungen der EU-Kultusminister teilnimmt, oder sind Sie bereit, in Erwägung zu ziehen, ihn zu suspendieren, solange er sich von seinen Äußerungen nicht distanziert hat?

Es ist das erste Mal, dass wir solche Aussagen über Mitgliedstaaten getroffen haben – im Plural, denn es sind mehrere in der Europäischen Union; wir sind stets rasch bei der Hand, mit dem Finger auf andere Länder zu zeigen, wenn wir aber Europa ernst nehmen, wenn wir eine Wertegemeinschaft sind, müssen wir meines Erachtens zuerst unser eigenes Haus in Ordnung bringen. Ich hoffe, dieses Parlament wird heute Europa und der Welt ein ganz klares Signal übermitteln, dass wir zu diesen Werten stehen.

 
  
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  Konrad Szymański, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Frau Präsidentin! Aggressives Verhalten gegenüber Homosexuellen ist in vielen europäischen Gesellschaften ein Problem, aber es ist mit Sicherheit nicht das größte. Probleme mit solchen Verhaltensweisen gibt es auch in staatlichen Behörden wie beispielsweise der Polizei in Deutschland, im Vereinigten Königreich und in Italien. Ich käme dennoch niemals auf den Gedanken, das hier im Europäischen Parlament zu diskutieren und diesbezüglich Ratschläge zu erteilen. Die Regierungen der Mitgliedstaaten wissen selbst am besten, wie damit umzugehen ist.

Bedauerlicherweise sind einige Abgeordnete hier der Meinung, dieser Grundsatz gelte z. B. nicht für Polen. Dafür kann es nur einen Grund geben. Dieses Hohe Haus lässt sich von einer Gruppe extremistischer Abgeordneter vorführen, die sich durch jede polemische Äußerung (Beifall), die sich auf die Homosexualität bezieht oder in der Forderungen in dieser Richtung erhoben werden, provoziert fühlen. Ich möchte darauf hinweisen, dass Homosexuelle nicht außerhalb jeder Kritik stehen. Das bildet die Grundlage einer Demokratie. Dass wir uns so leicht der homosexuellen Zensur beugen, ist zu einem Markenzeichen dieses Hohen Hauses geworden. Ich denke nicht, dass dies unserem Ansehen förderlich ist.

(Beifall)

 
  
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  Kathalijne Maria Buitenweg, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (NL) Frau Präsidentin! Zur Beruhigung meines Vorredners sei zunächst einmal gesagt, dass wir in diesem Haus durchaus auch schon Debatten über Hooliganismus geführt haben, doch hier geht es um etwas völlig Anderes. Im Falle des Hooliganismus wird nämlich nicht von einer Regierung zur Gewalt aufgefordert, während ich im vorliegenden Fall, zumindest was Polen anbelangt, allmählich den Eindruck einer – gleichsam – staatlich organisierten Homophobie gewinne angesichts solcher Äußerungen von Mitgliedern der polnischen Regierung wie „Homosexualität ist demoralisierend, pervers, eine Geistesstörung und eine Gefahr für die Gesellschaft“.

Die Bemerkung von Kommissar Špidla, er werde reagieren, sobald ein Gesetzentwurf vorliegt, habe ich sorgfältig zur Kenntnis genommen. Sie findet meine Anerkennung, und Kommissar Špidla wird wohl verstehen können, weshalb ein solches Gesetz eine Gefahr für die europäischen Werte und einen Verstoß gegen EU-Recht darstellen würde. Es ist jedoch bereits eine prekäre Entwicklung eingetreten, und eine solche Feststellung vermisse ich in den Ausführungen, denn die Regierungen können selbstverständlich nicht unverbindlich alle möglichen Vorschläge unterbreiten und sie einfach wieder zurückziehen, um dann zu sagen, es gebe doch gar kein Problem.

Immerhin wird etwas in Bewegung gesetzt: Auf diese Weise wird Homophobie natürlich weiter verbreitet, und der Kommissar ist ja schließlich für die Einhaltung der Antidiskriminierungsbestimmungen auf dem Arbeitsmarkt verantwortlich. Sie werden bestimmt nicht annehmen, das Konzept der Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt habe in einer Gesellschaft Bestand, in der Homophobie weit verbreitet ist. Was gedenken Sie also diesbezüglich zu unternehmen? Wie wollen Sie gegenüber Regierungen verfahren, die der Homophobie – sozusagen – Vorschub leisten? Welche Folgen ergeben sich für den Arbeitsmarkt? Das würde ich von Ihnen gerne erfahren.

Abschließend möchte ich mich an die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten wenden und sagen, dass ich bedaure, dass Sie die Fraktion Union für das Europa der Nationen – aus, wie Sie behaupten, reinen Verfahrensgründen – unterstützt haben. Es wäre großartig, wenn eine ganze Parlamentsdelegation, einschließlich Ihrer Fraktion, bei verschiedenen Gay-Pride-Paraden in Warschau, in Riga und in vielen anderen Ländern dabei sein könnte. Ich würde es außerordentlich begrüßen, wenn wir dort Hand in Hand stehen könnten. Das ist also meine Aufforderung an Sie, und wer weiß – vielleicht geschieht es tatsächlich.

 
  
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  Giusto Catania, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich denke, es wäre äußerst scheinheilig gewesen, wenn das Europäische Parlament dieses Thema heute nicht behandelt hätte und wir demnach die Tatsache, dass öffentliche homophobe Äußerungen und Erklärungen in den letzten Jahren in Europa zugenommen haben, nicht erörtert hätten.

Die Erklärungen des polnischen Ministers sind beschämend und folgen auf das Verbot der Durchführung einer Homosexuellen-Parade, das von seiner Regierung verhängt worden ist. Trotz der öffentlichen Empörung hat der Minister seine schwerwiegenden Äußerungen nie zurückgenommen.

Leider ist das nicht der einzige Fall in Europa. Fälle von Intoleranz häufen sich in unserem zivilisierten Europa. Wir lesen oft von Gewaltakten gegen Männer und Frauen wegen ihrer sexuellen Orientierung, oder wir sehen der Zunahme des alltäglichen Mobbings an den Schulen hilflos zu, das die Jugendlichen bisweilen sogar in den Selbstmord treiben kann, wie dies vor kurzem in Italien geschah.

Aus diesem Grund dürfen Politiker keine Signale von Intoleranz setzen oder Erklärungen wie die des polnischen Ministers abgeben, weil auf diese Weise die Gefahr entsteht, homophobe Gesinnungen zu legitimieren.

Das gilt nicht nur für Politiker, sondern auch für führende Kirchenvertreter, die immer häufiger keine Gelegenheit verstreichen lassen, um ihre Aversion gegen Homosexuelle zu bekunden, die sie als Sünder brandmarken. Keine Art von Diskriminierung kann hingenommen werden, geschweige denn eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung.

Dieses Parlament lehnte es wegen der Äußerungen von Rocco Buttiglione ab, ihn in die Kommission aufzunehmen. Ich denke, vonseiten der Kommission bedarf es einer überzeugenden Botschaft, damit sie ihre Versprechen, konkrete Maßnahmen gegen jede Form von Diskriminierung zu ergreifen, halten kann.

Die europäische Geschichte und Kultur haben der Sensibilität von Männern und Frauen, die von den autoritären Regimes verfolgt wurden und von reaktionären und rassistischen Kulturen immer noch in Europa kriminalisiert werden, viel zu verdanken. Wir haben Sappho, Pier Paulo Pasolini, Oscar Wilde, Michel Foucault und André Gide viel zu verdanken, und ich finde es sehr schlimm, dass, wäre es nach diesen rückschrittlichen Kulturen gegangen, diese großen Künstler nicht einmal ihre Stimme hätten erheben dürfen.

Ich glaube, und ich hoffe, dieses Parlament stimmt mir zu, dass eine Kultur, die gegen Homosexuelle ist, unannehmbar ist und energisch bekämpft werden muss.

 
  
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  Hélène Goudin, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Frau Präsidentin! Die Tatsache, dass Homophobie in Europa im Jahr 2007 noch immer ein Problem darstellt, ist höchst bedauerlich und erschreckend. Noch schändlicher ist, dass es Kollegen in diesem Hause gibt, die durch ihre eindeutig homophoben Äußerungen dazu beitragen, die Situation der Homo-, Bi- und Transsexuellen weiter zu erschweren. Sie äußern sich nicht nur hier im Europäischen Parlament in dieser Weise, sondern tun dies größtenteils auch zuhause. Als Folge dieses Schürens homophober Gefühle erhöht sich die Gefahr, dass Homo-, Bi- und Transsexuelle physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt werden, wie das bei mehreren Gay-Pride-Paraden in Europa im vergangenen Jahr der Fall war.

Noch schlimmer ist es, wenn Glauben und Religion als Vorwand für die Diskriminierung von EU-Bürgern dienen. Sie können sich sicher denken, was ich meine. Das sind mittelalterliche Werte, die nicht in unsere moderne Gesellschaft gehören. Europa sollte 2007 doch schon weiter gekommen sein. Lassen Sie uns die Homophobie überall dort bekämpfen, wo sie auftritt, in der Politik, in den Medien und in unserer unmittelbaren Umgebung.

 
  
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  Philip Claeys, im Namen der ITS-Fraktion. (NL) Frau Präsidentin! Im Januar letzten Jahres haben wir bereits eine Aussprache über Homophobie in Europa geführt. Damals sagte ich unter anderem, niemand im Europäischen Parlament dürfe akzeptieren, dass Homosexuelle aufgrund ihrer Veranlagung benachteiligt, angegriffen oder in welcher Form auch immer eingeschüchtert werden. Gleichzeitig warnte ich vor dem Geist der politischen Korrektheit, der die Meinungsfreiheit allmählich erstickt. Neben Homophobie und anderen Phobien beginnt sich in der Tat eine Art „Phobie vor der Redefreiheit“ zu entwickeln, eine irrationale Angst, Menschen ihre Meinung frei äußern zu lassen. Meiner Fraktion missfällt an der heutigen Debatte und an den eingereichten Entschließungsanträgen, dass speziell ein Mitgliedstaat ins Visier genommen wird, und zwar aufgrund von Informationen, deren Richtigkeit strittig ist. Das ist keine korrekte Handlungsweise. In diesem Bereich sollten wir mehr Umsicht walten lassen, damit sich die Bevölkerung in diesem Mitgliedstaat nicht noch mehr von der Europäischen Union abwendet.

 
  
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  Michael Cashman (PSE).(EN) Frau Präsidentin! Ich ergreife das Wort, weil ich traurig, nicht verärgert bin. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben wir noch immer nichts gelernt. In den 1930er Jahren haben wir zugesehen, wie Juden, Kommunisten, Gewerkschafter und Homosexuelle deportiert wurden. Wir haben zugesehen und weder etwas gesagt noch etwas getan.

Jetzt haben wir uns weiterentwickelt. Den Ländern, die Dominanz und Unterdrückung durchgemacht haben, sage ich, dass gerade sie den Wert von grundlegenden Menschenrechten, Versammlungsfreiheit, Redefreiheit und dem Recht auf ein Privatleben kennen sollten.

(Beifall)

Ihr solltet uns grundlegende Werte beibringen. Deswegen werden wir nicht zögern, die Menschenrechte und Menschenrechtsaktivisten zu verteidigen, wo auch immer sie sich befinden.

Allen, die sich angegriffen fühlen, wo auch immer sie sein mögen, möchte ich sagen – und als Homosexueller hätte ich in Polen, Lettland oder in der Tschechischen Republik geboren werden können und dort um mein Leben, meinen Arbeitsplatz fürchten müssen –, dass sie nicht allein sind. Wir stehen euch bei und werden aus dem einfachen Grund gewinnen, dass Güte und Gerechtigkeit letzten Endes immer siegen.

Als wir vom Präsidenten und den Äußerungen sprachen, ging es nicht um eine einmalige Erklärung, sondern um eine ganze Reihe von Äußerungen, die ermittelt und im Laufe der Jahre abgegeben wurden. Hassreden erwecken den Eindruck, dass das Leben bestimmter Personen irgendwie minderwertig ist, dass diese eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen. Es entsteht ein bestimmtes Klima, es wird Angst erzeugt und Rechte sind in Gefahr. Einmal Gesagtes kann nicht mehr zurückgenommen werden, der Schaden, der verursacht wurde, bleibt bestehen, und Worte rufen nur all zu oft Gewaltbereite auf den Plan.

Ich nehme zur Kenntnis, dass Herr Weber „Nein zur Homphobie“ sagt. Es ist allerdings traurig, dass er auch „Nein“ sagt, wenn es darum geht, heute hier in diesem Hohen Haus etwas gegen sie zu unternehmen.

Abschließend möchte ich Folgendes sagen: Wir werden Erfolg haben, aber das bedeutet, dass wir unserer Verantwortung nachkommen müssen, die Menschenrechte zu verteidigen und Menschenrechtsverletzungen ein Ende zu bereiten, wo auch immer diese stattfinden.

(Beifall)

 
  
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  Jan Jerzy Kułakowski (ALDE). – (PL) Frau Präsidentin! Ich möchte im Namen der polnischen Delegation in der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa etwas zu diesem Thema sagen.

Erstens: Wir sind gegen jegliche Form der Diskriminierung und für uneingeschränkte Toleranz in den Fragen, die wir hier erörtern.

Zweitens: Wir möchten unterstreichen, dass es einen großen Unterschied gibt zwischen Nichtdiskriminierung und der Förderung homosexueller Haltungen Verhaltensweisen. Toleranz – Ja, Nichtdiskriminierung – Ja, aber Förderung – Nein, denn sie ist kein Maßstab für die Achtung der Menschenrechte.

Das ist schließlich keine politische Frage und sollte auch nicht als solche behandelt werden. Es ist eine moralische Frage, die in einem engen Zusammenhang mit dem Pluralismus steht, durch den sich die Europäische Union doch auszeichnen sollte.

 
  
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  Bogdan Pęk (UEN). – (PL) Frau Präsidentin! Diejenigen, die so bereitwillig über die Notwendigkeit dieser Aussprache abstimmen wollten, haben nun ebenso rasch und bereitwillig diesen Saal verlassen, was doch am besten verdeutlicht, dass ihre Absichten nicht ernst gemeint, nicht echt, sondern politisch motiviert waren. Es ist dies ein Versuch, gegen die Regierung eines Landes Stimmung zu machen, das es nicht allen – den Liberalen, den Linken, den Linksradikalen usw. – recht macht.

Das kann ich verstehen, aber bei Gott – während in Ihren Ländern in einer nicht allzu fernen Vergangenheit Tausende von Scheiterhaufen brannten, sind all jene, die ihnen entkamen, nach Polen gekommen. Juden, die in ganz Europa verfolgt wurden, kamen nach Polen. Polen ist ein Symbol für Toleranz. Der jetzige Versuch, Polen der Welt und Europa als Brutstätte der Intoleranz gegenüber Homosexuellen hinzustellen, ist ausgesprochen unverschämt und eine politische Verleumdung, ein zynischer Trick, um die Öffentlichkeit in Europa zu täuschen. Ich protestiere gegen dieses Manöver, weil es absolut unehrlich ist.

(Beifall)

 
  
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  Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE).(ES) Meiner Ansicht nach hat Herr Cashman die Stimmung unter der Mehrheit dieses Hauses sehr gut wiedergegeben. Ich glaube daher, dass wir nochmals fordern müssen, uns angesichts solcher Verhaltensweisen Gehör zu verschaffen.

Dies ist keine Frage der freien Meinungsäußerung. Das Problem ist, dass bestimmte Erklärungen gegen die sexuelle Freiheit von Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ihren Regierungsinstitutionen und von Regierungen kommen, die Verträge unterzeichnet haben, wie den Vertrag über die Europäische Union, dessen Artikel 6 klar und deutlich die Freiheit der Wahl, darunter auch der sexuellen Wahl, festschreibt.

Verwechseln wir nicht Propaganda mit dem Recht, frei wählen zu können, was man zu einem bestimmten Zeitpunkt, unter bestimmten Umständen und in einem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sein möchte.

Deshalb sind meines Erachtens diese Erklärungen keine isolierten Erscheinungen, wie auch Herr Cashman sehr richtig sagte, sondern Teil einer Tendenz, einer kalkulierten Strategie, um die Grundwerte der Europäischen Union in Frage zu stellen. Sie dürfen nicht straflos bleiben.

Dieses Haus musste reagieren – ich glaube, das tut es jetzt –, auch wenn ich leider befürchte, dass dies nicht das erste Mal ist, doch wir werden stets insistieren, und obwohl es lästig ist, Selbstverständliches zu wiederholen, müssen wir es auch künftig tun, denn – wie Herr Cashman ebenfalls bemerkte – wir haben Recht, und das Recht wird sich durchsetzen.

 
  
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  Witold Tomczak (IND/DEM). – (PL) Frau Präsidentin! Jeder hat ein Recht auf Leben und verdient Respekt und Unterstützung. Das schließt auch jene irregeleiteten und verletzten Menschen ein, die ihren homosexuellen Neigungen erliegen. Die Lösung besteht jedoch weder in blinder Akzeptanz noch in Intoleranz, sondern in Verständnis und Güte. Sie besteht darin, den Leidenden zu helfen und ihre Gesundung zu befördern. Das ist es, was von uns erwartet wird.

Homosexualität als etwas Natürliches und Normales zu akzeptieren, heißt, Schmerz und Leid zu verherrlichen. Das ist eine falsche und gefährliche Form der Political Correctness. Homosexuelle Handlungen sind gegen die Gesetze der Natur, denn sie schließen das Geschenk des Lebens aus. Sie zu propagieren, bedeutet einen Angriff auf die Familie und führt zu abnormen Verhaltensweisen.

Liebe europäische Mitbürger! Anstatt Polen grundlos zu kritisieren, sollten Sie Polens Beispiel der Moral, Toleranz und Normalität folgen. Hier wurde das Buch „Coming out Straight. Understanding and Healing Homosexuality“ von Richard Cohen veröffentlicht, der sich von seiner Homosexualität befreit hat und nun ein glücklicher Mann und Vater ist. Wir sollten uns diese Erfahrung zunutze machen.

Ich frage die so genannten Verfechter der Menschenrechte, die heute einen solchen Wirbel veranstalten und das Problem aufbauschen, weshalb sie den moralischen Niedergang der Medien, die Diskriminierung normaler Familien ignorieren und ihre Augen vor dem Massenmord an Kindern im Mutterleib verschließen. Sind Sie sich dessen bewusst, dass Sie, indem Sie eine Zivilisation der Lüge und des Todes fördern, Europa dem Untergang weihen?

 
  
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  Józef Pinior (PSE). – (PL) Frau Präsidentin! Die Kampagne gegen Homophobie und der Verein „Lambda“ haben einen Bericht über die gesellschaftliche Situation Bisexueller und Homosexueller in Polen in den Jahren 2005 und 2006 vorgelegt. In dem Bericht wird ein Bild der Verfolgung gezeichnet. Jeder fünfte Homosexuelle wurde schikaniert oder mit Fußtritten traktiert. Die Hälfte der Befragten wurde beleidigt, ständig belästigt oder erpresst Die Schikanen haben in letzter Zeit zugenommen. Fast 42 % derjenigen, die physische Gewalt erlebt haben, machten diese Erfahrung in den letzten fünf Jahren mehr als dreimal.

Mit tiefem Bedauern stelle ich fest, dass Homosexuelle heute nicht auf die Institutionen des polnischen Staates, der von einer Allianz aus Konservativen, Nationalisten und Populisten regiert wird, zählen können, wenn es um ihren wirksamen Schutz geht. In zahlreichen Äußerungen von Regierungsvertretern manifestiert sich ungeschminkt eine Ideologie des Hasses, der Intoleranz und Diskriminierung von Homosexuellen. Gerade deshalb ist die heutige Entschließung so wichtig, meine polnischen Landsleute vom rechten Flügel! Für diese Menschen ist das Europäische Parlament ein Verfechter der Gerechtigkeit, ein Leuchtfeuer, das ihre Hoffnung am Leben erhält, dass ihre grundlegenden Bürgerrechte und ihr Recht auf ein Leben in Würde respektiert werden.

(Beifall)

 
  
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  Die Präsidentin. Es gab eine Meldung zur Geschäftsordnung.

 
  
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  Alexander Stubb (PPE-DE).(EN) Frau Präsidentin! Nein, das kann ich nicht tun, weil es keine gibt. Ich wollte nur sagen, dass wir, wenn wir Herrn Tomczak zuhören, genau wissen, warum wir in diesem Hohen Hause eine Aussprache über Homophobie führen müssen. Das waren die am stärksten von Homophobie geprägten Äußerungen, die ich seit Langem in diesem Hohen Hause vernommen habe, und sie stimmen mich überaus traurig.

(Beifall)

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte diese Debatte dazu nutzen, um auf eine Rede zurückzukommen, die die Ratspräsidentin hier in diesem Haus gehalten hat, nämlich über das Europa der Werte und der Toleranz. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, der für sehr viele Bereiche gilt.

Wir haben heute sehr viel über verschiedene andere Themen diskutiert, bei denen wir unseren Blick auf Probleme außerhalb der Europäischen Union gerichtet haben. Wenn wir das tun – und auch zu Recht tun –, ist es völlig legitim, auch zu betrachten, was wir innerhalb unseres eigenen Hauses noch nicht in Ordnung gebracht haben, nämlich die Intoleranz gegen gleichgeschlechtliche Ausrichtung. Deshalb bitte ich darum, auch wenn manche zu diesem Thema anderer Auffassung sind, doch zumindest die Toleranz dafür aufzubringen, dass es eine Debatte geben muss und dass es auch wichtig ist, dass die Kommission Instrumente hat, auf deren Grundlage sie dieser Diskriminierung entsprechend begegnen kann.

Von Seiten der Präsidentschaft kann ich nur nochmals ausdrücklich sagen, dass wir diese Verpflichtung haben, dass es nicht alleine bei der Kommission oder bei den Parlamenten liegt, sondern dass wir auch unsere Gesellschaft aktiv für dieses Thema sensibilisieren müssen, damit diese Diskriminierung nicht mehr stattfindet. Ich hoffe, dass die heutige Debatte zumindest einen kleinen Beitrag dazu leisten konnte!

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Meine Damen und Herren! Die Menschenrechte sind unveräußerliche Rechte, und meiner Meinung nach ist dies ein Grundwert, auf dem das gesamte europäische Projekt beruht.

Angesichts dieser sehr tiefgründigen und gefühlsbeladenen Debatte, die wir hier geführt haben, möchte ich exakt wiedergeben, was der polnische stellvertretende Minister in seiner Rede gesagt hat. Nach seinen Worten wird das geplante Gesetz all diejenigen betreffen, die Homosexualität oder anderes abweichendes Verhalten fördern. Meines Erachtens ist dieses Detail ein hinreichend deutliches Zeichen für uns, um zu dem Schluss zu kommen, dass dieses Gesetz, sollte es beschlossen werden, eine bestimmte Gruppe von Personen aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung stigmatisieren wird, und aus diesem Grund ist es nach europäischem Recht nicht vertretbar.

Meine Damen und Herren! Die Kommission wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Rechte aller Bürger in allen Mitgliedstaaten zu wahren, und ich denke, diese Debatte hat deutlich gezeigt, dass Homophobie keine Erscheinung ist, die nur einige Mitgliedstaaten betrifft, sondern vielmehr ein universelles Phänomen. Heute ist es natürlich so, dass wir uns mit einer Rede befassen, die von einem Parlamentsmitglied eines bestimmten Landes gehalten wurde.

 
  
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  Die Präsidentin. Zum Abschluss der Aussprache wurden gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung vier Entschließungsanträge(1)eingereicht.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag um 12.00 Uhr statt.

(Die Sitzung wird um 17.50 Uhr unterbrochen und um 18.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: DIANA WALLIS
Vizepräsidentin

 
  

(1) Siehe Protokoll

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