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Ausführliche Sitzungsberichte
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Mittwoch, 25. April 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.
1. Eröffnung der Sitzung
 2. Transatlantische Beziehungen (Aussprache)
 3. Kroatien: Fortschrittsbericht 2006 (Aussprache)
 4. Mandat eines Mitglieds
 5. Abstimmungsstunde
  5.1. Übermittlung der Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (Abstimmung)
  5.2. Multilaterales Übereinkommen zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums (ECAA) (Abstimmung)
 6. Mandat eines Mitglieds (Fortsetzung)
 7. Abstimmungsstunde (Fortsetzung)
  7.1. Anpassung der Bestimmungen von Titel IV des EG-Vertrags über die Befugnisse des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Abstimmung)
  7.2. Rahmenübereinkommen über ein mehrseitiges Nuklear- und Umweltprogramm in der Russischen Föderation und Protokoll zu Ansprüchen, rechtlichen Verfahren und Haftungsfreistellung zu diesem Rahmenübereinkommen (Abstimmung)
  7.3. Gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt (Abstimmung)
 8. Begrüßung
 9. Abstimmungsstunde (Fortsetzung)
  9.1. Bewertung und Management von Hochwasserrisiken (Abstimmung)
 10. Feierliche Sitzung – Indien
 11. Abstimmungsstunde (Fortsetzung)
  11.1. Arzneimittel für neuartige Therapien (Abstimmung)
  11.2. Strafrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (Abstimmung)
  11.3. Gemeinschaftliches Überwachungs- und Informationssystem für den Schiffsverkehr (Abstimmung)
  11.4. Untersuchung von Unfällen im Seeverkehr (Abstimmung)
  11.5. Haftung von Beförderern von Reisenden auf See und im Binnenschiffsverkehr bei Unfällen (Abstimmung)
  11.6. Kontrolle durch den Hafenstaat (Neufassung) (Abstimmung)
  11.7. Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen (Neufassung) (Abstimmung)
  11.8. Internationale Rechnungslegungsstandards (Abstimmung)
  11.9. Einsetzung eines nichtständigen Ausschusses zum Klimawandel (Abstimmung)
  11.10. Grünbuch: Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts (Abstimmung)
  11.11. Multilaterales Übereinkommen zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums (Abstimmung)
  11.12. Thematische Strategie für eine nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen (Abstimmung)
  11.13. Transatlantische Beziehungen (Abstimmung)
  11.14. Kroatien: Fortschrittsbericht 2006 (Abstimmung)
 12. Stimmerklärungen
 13. Berichtigungen des Stimmverhaltens in den vorangegangenen Sitzungen: siehe Protokoll
 14. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 15. Menschenrechte in der Welt und EU-Menschenrechtspolitik 2006 – Moratorium für die Todesstrafe (Aussprache)
 16. Ukraine (Aussprache)
 17. Homophobie in Europa (Aussprache)
 18. Fragestunde (Anfragen an den Rat)
 19. Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke (Aussprache)
 20. Die öffentlichen Finanzen in der WWU 2006 (Aussprache)
 21. Stärkung der europäischen Rechtsvorschriften im Bereich der Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer (Aussprache)
 22. Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer: Vereinfachung und Rationalisierung der Berichte über die praktische Durchführung der entsprechenden Richtlinien (Aussprache)
 23. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 24. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 
1. Eröffnung der Sitzung
  

(Die Sitzung wird um 9.00 Uhr eröffnet.)

 

2. Transatlantische Beziehungen (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zu den transatlantischen Beziehungen.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr verehrten Damen und Herren! „In gemeinsamem Handeln können die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika eine mächtige Kraft zum Wohl der Welt sein.“ Dieses Zitat habe ich der europäischen Sicherheitsstrategie entnommen.

Gemeinsames transatlantisches Handeln weiter stärken und unsere Beziehungen zu den USA ausbauen – dies ist ein zentrales Element unserer Präsidentschaft. Das gilt für Politik und Wirtschaft ebenso wie für Energiesicherheit und Klimaschutz. Dies soll auch die Botschaft des am 30. April in Washington stattfindenden EU-USA-Gipfels sein.

Es ist gut, dass wir uns heute – wenige Tage vor dem Gipfel – austauschen und aus dem Europäischen Parlament heraus dieses wichtige Signal setzen.

Das Europäische Parlament spielt in den transatlantischen Beziehungen eine aktive Rolle. Ich möchte hier nur den Transatlantic Legislators Dialogue nennen, einen bedeutenden Teil des Netzwerks bilateraler Verbindungen, das beide Seiten des Atlantiks auf vielen unterschiedlichen Ebenen miteinander verknüpft. Ihnen, Herr Präsident, wie dem gesamten Haus möchte ich für dieses Engagement ausdrücklich danken.

Für die EU sind die USA nach wie vor der Partner, mit dem wir die engsten und die vielfältigsten Beziehungen unterhalten. Das transatlantische Verhältnis steht auf einer soliden Basis, einer Basis, die in gemeinsamen historischen Erfahrungen, sehr ähnlichen Interessen und vor allem in gemeinsamen Werten besteht – Freiheit, Demokratie, Rechtsstaat und Toleranz. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass diese Basis – gelegentlich auf eine harte Probe gestellt – einiges aushält. Umso wichtiger ist es, die transatlantischen Beziehungen kontinuierlich zu erneuern und zukunftsfähig zu gestalten. Konkretes gemeinsames Handeln ist aus meiner Sicht der nachhaltigste Weg, um die Bedeutung der transatlantischen Kooperation auch für die Zukunft zu untermauern.

Die transatlantische Partnerschaft beschränkt sich dabei nicht auf bilaterale Fragen, sondern hat eine starke globale Dimension. Es gibt kaum eine Krise – von Afghanistan über Iran bis zum Kosovo –, wo die transatlantischen Partner nicht gemeinsam um Lösungsansätze bemüht sind. Während wir in der Analyse der zentralen Gefahren und Herausforderungen und in den Grundzielen unserer Politik weitgehend übereinstimmen, gab und gibt es hinsichtlich der Prioritäten, aber auch der Instrumente und Methoden immer wieder unterschiedliche Auffassungen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten. Dies wird es auch weiterhin geben, und es wäre unrealistisch, zu erwarten, dass wir immer auf einer Linie liegen.

Wir klammern schwierige Themen nicht aus, sondern führen gerade in diesen Fragen einen intensiven Dialog mit den Vereinigten Staaten. Wir werden dabei nicht von unserer Haltung abweichen, dass Maßnahmen, die zur Terrorismusbekämpfung ergriffen werden, uneingeschränkt mit unseren internationalen Verpflichtungen im Einklang stehen, einschließlich der Menschenrechte, des Flüchtlingsrechts und des humanitären Völkerrechts, und auf der Basis unserer gemeinsamen Werte erfolgen müssen. Das Europäische Parlament hat sich zu diesen Fragen wiederholt sehr deutlich geäußert, und wir werden dies auch weiterhin im Gespräch mit unseren amerikanischen Partnern thematisieren.

Entscheidend ist, dass wir uns in diesen Fragen nicht auseinanderdividieren lassen, denn eine enge Partnerschaft zwischen der EU und den USA ist für beide Seiten unverzichtbar. Dies soll auch das Signal des anstehenden EU-USA-Gipfels am 30. April in Washington sein.

Im Mittelpunkt werden neben der Zusammenarbeit bei politischen und sicherheitspolitischen Fragen die Stärkung der transatlantischen Wirtschaft und die Intensivierung der Zusammenarbeit beim Klimaschutz und bei der Energiepolitik stehen.

Am Rande dieses Gipfeltreffens werden wir das EU-US-Luftfahrtabkommen unterzeichnen – ein weiterer wichtiger Schritt zur Liberalisierung der transatlantischen Märkte. Bürger und Unternehmer werden davon profitieren.

In diesem Zusammenhang scheint mir auch die Mobilität unserer Bürger ein wichtiger Faktor. Wie Sie wissen, benötigen die Bürgerinnen und Bürger von 12 EU-Staaten, selbst für Kurzaufenthalte in den USA, noch immer ein Visum. Die Präsidentschaft setzt sich gegenüber den USA nachdrücklich dafür ein, dass künftig alle EU-Bürgerinnen und -Bürger in den Genuss des „US Visa Waiver Programme“ gelangen. Auch dies wird Thema des Gipfels sein. Ich möchte das noch einmal an dieser Stelle unterstreichen, weil es in den zurückliegenden Tagen in gewissen Mitgliedstaaten einige Irritationen gegeben hat, ob die Präsidentschaft das vielleicht nicht wolle. Ich unterstreiche ausdrücklich in Abstimmung mit den nachfolgenden Präsidentschaften: Wir wollen alle Mitgliedstaaten in das „US Visa Waiver Programme“ mit einbeziehen.

Die Vereinigten Staaten und die Europäische Union sind bereits heute die miteinander am engsten verflochtenen Wirtschaftsräume weltweit. Wir glauben – und ich weiß, eine große Anzahl von Ihnen sieht das ähnlich –, dass das Potential der wirtschaftlichen Zusammenarbeit noch längst nicht ausgeschöpft ist. Die verschiedenen Regulierungsansätze in der EU und in den USA erzeugen unnötige Transaktionskosten, ein weiterer Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse ist dringend geboten. Daher wollen wir beim EU-USA-Gipfel eine Initiative zur Stärkung der transatlantischen Wirtschaft lancieren. Kern der Initiative ist eine gegenseitige politische Verpflichtung zur Vertiefung der Zusammenarbeit mit dem Ziel regulatorischer Konvergenz und einer weiteren Intensivierung der wirtschaftlichen Verflechtung. Wir wollen versuchen, mit dieser Initiative der Kooperation in einer ganzen Reihe von Themenfeldern neue Dynamik zu verleihen, so z. B. bei den Investitionsbedingungen, bei der Finanzmarktregulierung, neuen Industrietechnologien und geistigem Eigentum.

Wir erwarten, dass wir ein ambitiöses Paket schnüren können, das der transatlantischen Wirtschaftskooperation einen neuen Impetus gibt.

Eines möchte ich hier noch betonen: Diese Initiative ist ausdrücklich nicht gegen multilaterale Bemühungen um Handelserleichterungen gerichtet. Sie soll diese vielmehr ergänzen und einen erfolgreichen Abschluss der Doha-Runde unterstützen.

Weiterer Schwerpunkt des Gipfels werden die Themen Energiesicherheit und Klimaschutz sein – aus Sicht der Präsidentschaft ganz zentrale transatlantische Zukunftsthemen. Wir haben beim Frühjahrsgipfel am 8./9. März weitreichende Ziele zum Klimaschutz vereinbart und einen Energieaktionsplan verabschiedet. Im Lichte dieser Beschlüsse wollen wir den EU-USA-Gipfel nutzen, um unsere Kooperation mit den USA in diesen Bereichen zu intensivieren.

Ich muss es in diesem Kreis nicht besonders betonen – es hat zwischen der EU und den USA gerade bei Fragen des Klimaschutzes in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer wieder Meinungsverschiedenheiten, auch grundsätzlicher Art, gegeben. Aber ich glaube, der Eindruck täuscht nicht, dass in dieser Hinsicht in den Vereinigten Staaten viel in Bewegung gekommen ist. Insbesondere bei Fragen der Forschungs- und Technologiekooperation besteht auch auf amerikanischer Seite ein großes Interesse, die Zusammenarbeit mit der EU zu intensivieren. Unser Ziel muss es sein, unsere Kräfte zu bündeln und die Innovationszyklen für neue Verfahren und Technologien radikal zu verkürzen, nicht zuletzt, weil es sich hier auch um einen wichtigen Markt der Zukunft handelt. Die transatlantischen Partner müssen hier in unserem ureigensten Interesse eine Führungsrolle übernehmen. Das sage ich auch mit Blick auf die europäische Forschungslandschaft und die hier einflussreiche Rolle Ihres Hauses. Ich bin davon überzeugt, Energiesicherheit und Klimaschutz sind eines der transatlantischen Projekte des 21. Jahrhunderts!

Eine friedliche und stabile Entwicklung in allen Teilen der Welt ist eine Grundvoraussetzung für Sicherheit und Wohlstand in Europa und Amerika. Wir wollen den EU-USA-Gipfel daher nicht zuletzt nutzen, um ein Signal weitestmöglicher Geschlossenheit in außen- und sicherheitspolitischen Fragen zu geben.

Im Nahostkonflikt haben wir durch die Wiederbelebung des Quartetts – ich will hier sehr vorsichtig sein – die Tür zu einer Lösung zumindest wieder ein kleines Stück weit aufgemacht. Gegenüber dem Iran und seinem Nuklearprogramm ist es uns gelungen, die Geschlossenheit der internationalen Gemeinschaft zu wahren – aus meiner Sicht Grundvoraussetzung, um doch noch eine einvernehmliche Lösung mit dem Iran zu erreichen. Bei der zivil-militärischen Stabilisierung Afghanistans arbeiten wir eng mit der NATO und den Vereinigten Staaten zusammen. Wir wollen diese Zusammenarbeit insbesondere im Bereich der Polizeiausbildung weiter intensivieren. Das gleiche gilt für die geplante ESVP-Mission im Kosovo.

Dies ist nur ein Bruchteil der internationalen Fragen, die eine enge transatlantische Abstimmung erfordern.

Lassen Sie mich zum Schluss nochmals auf die Europäische Sicherheitsstrategie zurückkommen. Dort heißt es: „Kein Land ist in der Lage, die komplexen Probleme der heutigen Zeit im Alleingang zu lösen.“ Das gilt für die EU, das gilt auch für die Vereinigten Staaten. Nur wenn es uns gelingt, das Gewicht, die Erfahrungen und die Möglichkeiten Europas und Amerikas zu bündeln und die besten Kräfte und Ideen zu mobilisieren, werden wir tragfähige Antworten für unsere gemeinsame Zukunft und die Zukunft nach uns kommender Generationen finden.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. Zuerst möchte ich die Abwesenheit meiner Kollegin, Frau Ferrero-Waldner, entschuldigen. Sie musste zum Begräbnis des ehemaligen Präsidenten der Russischen Föderation, Boris Jelzin, abreisen.

Herr Präsident, verehrtes Plenum! Der Gipfel EU-USA am 30. April ist eine neue Chance, die politischen und wirtschaftlichen Bande mit den Vereinigten Staaten zu stärken. Lassen Sie mich deshalb kurz die Ziele dieses Gipfeltreffens erläutern.

Erstens: Wir werden uns für eine transatlantische wirtschaftliche Konvergenz einsetzen. Mit 40 % des gesamten Welthandelsaufkommens zählen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union zu den wichtigsten der Welt. Dennoch bedürfen sie neuer politischer Impulse. Der Abbau von Handels- und Investitionshindernissen wäre für unsere Verbraucher und Unternehmer ein großer Gewinn.

Die Kommission begrüßt deshalb den Vorstoß von Bundeskanzlerin Merkel, die sich für eine neue und ehrgeizige Wirtschaftspartnerschaft zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten ausgesprochen hat. Die Gesetzgebungsorgane und Regulierungsinstanzen sollten daran beteiligt werden, und die Gipfelteilnehmer sollten die wichtige Überwachungs- und Führungsaufgabe übernehmen.

Wir werden auf dem Gipfeltreffen konkrete Politikfelder bestimmen, in denen wir nachhaltige Fortschritte erzielen können. Hierzu zählen u. a. der Bereich der Regulierungszusammenarbeit bei gewerblichen Gütern, Energie, Innovation, Finanzmärkten und Investitionen.

Zweitens: In der Außenpolitik werden wir eine Reihe von Schlüsselbereichen unserer Gemeinsamkeiten mit den Vereinigten Staaten ausloten. Im Kosovo und in Afghanistan werden wir in den Bemühungen um Stabilität, Wohlstand und Rechtsstaatlichkeit weiterhin eng zusammenarbeiten.

Als Mitglieder des Nahost-Quartetts bemühen sich die Europäische Union und die Vereinigten Staaten gemeinsam und konstruktiv um die Wiederbelebung eines politischen Prozesses zwischen den israelischen und palästinensischen Regierungsführern. Unsere Bereitschaft, mit der Regierung der Nationalen Einheit zu verhandeln, um sie zu unterstützen, wird nicht nur von der Politik dieser Regierung, sondern auch davon abhängen, ob sie nach den Grundsätzen des Quartetts handelt.

Bei der Entwicklung eines internationalen Hilfsmechanismus für die palästinensische Bevölkerung, der die Bevölkerung unterstützen und die dortige Regierungsführung verbessern soll, kommt der Kommission eine besondere Rolle zu.

Ein weiterer Höhepunkt des Gipfeltreffens ist die Unterzeichnung des vor kurzem abgeschlossenen und historischen offenen Luftverkehrsabkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten, das beiderseits des Atlantiks große wirtschaftliche Vorteile von schätzungsweise 12 Milliarden Euro zeitigen und ungefähr 80 000 neue Arbeitsplätze schaffen wird. Gleichzeitig werden wir unser Engagement für die zweite Stufe der Verhandlungen über ein umfassendes Abkommen über Flugverkehrsdienste bekräftigen, mit dem der wirtschaftliche Nutzen der Liberalisierung dieses wichtigen Sektors weiter ausgebaut wird.

Die Vorbereitungen für das Gipfeltreffen sind noch nicht abgeschlossen, und ein zentrales Thema ist dabei Klimawandel und Energie. Unser Ziel ist es, die Vereinigten Staaten zu einer Politik zu verpflichten, die sich auf die Ziele Marktmechanismen und saubere Technologien sowie auf einen globalen Ansatz stützt. Die Arbeit auf europäischer Seite stützt sich dabei auf den beim Europäischen Rat am 9. März 2007 erzielten europäischen Konsens, wonach wir global handeln müssen, um die Treibhausgasemissionen zu verringern.

Auf dem bevorstehenden Gipfeltreffen sollte die europäisch-amerikanische Zusammenarbeit auf diesem Gebiet vorangetrieben werden. Ich hoffe, dass mit der Erklärung des transatlantischen Gipfels klare Standpunkte für die G8 und die UN-Klimakonferenz in Bali im Dezember 2007 vorbereitet werden. Des Weiteren werden wir über Fragen der Energiesicherheit und der Energieeffizienz sprechen, und gemeinsame Ziele für die Entwicklung sauberer Technologien und deren kurz- und mittelfristigen Einsatz ermitteln.

Was die Visumpolitik betrifft, so werden wir auf dem Gipfel EU-USA Präsident Bush dazu auffordern, sich dafür einzusetzen, dass alle EU-Bürger ohne Visum in die Vereinigten Staaten einreisen können. Für US-amerikanische Bürger besteht für die Einreise in die Europäische Union keine Visumpflicht mehr. Wir würden es sehr begrüßen, wenn die USA die Aufhebung dieser Visumpflicht auf alle EU-Mitgliedstaaten ausweiten würde und die De-facto-Diskriminierung von EU-Bürgern damit aufgehoben würde.

Außerdem werden wir die Vereinigten Staaten dazu auffordern, einer Lösung für die Übermittlung von Fluggastdaten an die Vereinigten Staaten zuzustimmen, die den höchsten Anforderungen an den Datenschutz gerecht wird. Dieser neue Rahmen soll die derzeitigen Übergangsregelungen ersetzen.

Nicht zuletzt werden wir natürlich die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus bekräftigen, unter Verweis auf die von uns eingegangene Verpflichtung, dass diese Bemühungen in Einklang mit unseren Verpflichtungen nach internationalem Recht stehen müssen. Dies ist für die Glaubwürdigkeit gemeinsamer Maßnahmen auf diesem Gebiet von entscheidender Bedeutung.

(Beifall)

 
  
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  Joseph Daul, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr amtierender Ratspräsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich wurde vor sechzig Jahren im Elsass geboren und gehöre also einer Generation an, die aus eigenem Erleben bezeugen kann, wie viel die Europäer den Amerikanern zu verdanken haben.

Die starken transatlantischen Beziehungen, die unsere beiden Kontinente verbinden, beruhen auf Millionen persönlicher Geschichten wie der meinigen. Sie haben dazu beigetragen, unsere Geschichte und unsere gemeinsamen Werte zu gestalten.

Als wir unlängst den fünfzigsten Jahrestag der Römischen Verträge begingen, würdigte die EVP-ED-Fraktion die Schlüsselrolle Amerikas bei der Schaffung der Grundlagen, auf denen später die Europäische Union errichtet wurde. Denn ohne die Unterstützung durch den Marshall-Plan, ohne die entscheidende Rolle der USA und Kanadas in der NATO wäre der Wiederaufbau Europas zweifellos nicht möglich gewesen. Selbst in schwierigen Zeiten haben wir stets an die lebenswichtige Bedeutung des transatlantischen Bündnisses, eine auf Dialog und gegenseitige Achtung gegründete Partnerschaft geglaubt.

Innerhalb des Europäischen Parlaments ist unsere Fraktion der entschlossenste Verfechter enger transatlantischer Beziehungen. Deshalb war es mein Wunsch, dass die erste Reise nach außerhalb der Union Washington zum Ziel hat. Das Europäische Parlament muss stärkere Bindungen zum US-Kongress und zur US-Administration knüpfen, um in Fragen von gemeinsamem Interesse frühzeitiger zusammenzuarbeiten. Ich möchte hier den Vorschlag unterbreiten, dass der Präsident des Parlaments die neue Präsidentin des Repräsentantenhauses einlädt, im Plenum das Wort zu ergreifen.

Voller Freude habe ich erfahren, dass der US-Kongress ebenso wie wir einen zeitweiligen Ausschuss zu Klimafragen gebildet hat. Ich wünsche mir eine enge Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Ausschüssen.

Meine Damen und Herren, die Schaffung eines transatlantischen Marktes bis zum Jahr 2015 ist eine unserer Prioritäten. Wir müssen die Belastung durch Vorschriften verringern, den Wettbewerb fördern und die technischen Standards beiderseits des Atlantiks harmonisieren. Wir sollten einen verbindlichen Fahrplan verabschieden, der einen präzisen Zeitplan enthält, welcher 2015 als Termin für den Start eines transatlantischen Marktes ohne Schranken vorsieht.

Das Europäische Parlament muss in diesen Prozess in breitem Maße eingebunden werden, doch als Freunde haben wir ebenfalls das Recht, ganz offen miteinander zu sprechen und auch Kritik zu äußern.

Wie Präsident Kennedy im Jahr 1963 feststellte, sollten wir unsere Unterschiede nicht verkennen, aber auch nach Mitteln suchen, um diese zu überwinden. Ich möchte zugleich meine Besorgnis über die Gefahr äußern, dass strengere US-amerikanische Zollkontrollen zu verschleierten Handelsbarrieren werden könnten.

Wir müssen wachsam bleiben, ohne dem fairen Handel Abbruch zu tun. Ebenso lassen die US-amerikanischen Rechtsvorschriften zum Schutz der persönlichen Daten noch Zweifel hinsichtlich der vollen Achtung des Schutzes der Privatsphäre und der bürgerlichen Freiheiten aufkommen.

Europa ist entschlossen, den Terrorismus und das organisierte Verbrechen zu bekämpfen, aber dieser Kampf muss sich auf angemessene Rechtsgrundlagen stützen. Die Achtung der Grundrechte wird unsere Aktion und unseren Einfluss in der Welt nur stärken.

Wir teilen auch das Engagement für die Schaffung der Bedingungen für Stabilität, Frieden und Wohlstand in der Nachbarschaft der Europäischen Union. Wir haben bereits positiv in Belarus, in der Ukraine und im Kosovo zusammengearbeitet. Aber wir müssen auch in Afrika aktiv werden. Es ist eine moralische und historische Aufgabe, den Ärmsten der Welt neue Hoffnung zu geben.

Der Völkermord in Darfur und die Tyrannei in Simbabwe machen deutlich, dass wir nicht auf der Höhe der Herausforderungen sind. Wir müssen auch andere Nationen wie China, Indien, Brasilien oder Südafrika überzeugen, sich unseren Anstrengungen in den Entwicklungsländern anzuschließen.

Des Weiteren gilt es, das Abkommen von Doha zum Erfolg zu führen, denn dabei handelt es sich um die Entwicklungsrunde für die ärmsten Länder. Europa und die Vereinigten Staaten müssen schnellstmöglich ein globales Abkommen auf den Weg bringen.

Schließlich glaubt unsere Fraktion an die Chancen einer sichereren Welt. Die Weiterverbreitung von Kernwaffen hat die Welt gefährlicher gemacht. Wir unterstützen eine Verhandlungslösung in der Frage des iranischen Nuklearprogramms. Europäer und Amerikaner teilen gemeinsame Wurzeln, die unsere Welt weitgehend geprägt haben. Wir müssen unsere Stellung in einer multipolar gewordenen Welt aufrechterhalten, und wie Jean Monnet einst sagte, verteidigen Amerikaner und Europäer zusammen eine gemeinsame Zivilisation.

(Beifall)

 
  
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  Jan Marinus Wiersma, im Namen der PSE-Fraktion. (NL) Meiner Meinung nach ist für uns nicht zu übersehen, dass in Washington ein anderer Wind weht, wodurch sich neue Möglichkeiten nicht zuletzt für die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union auftun. Da ist natürlich zunächst einmal der Sieg der demokratischen Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses zu nennen, wozu wir nochmals unsere Glückwünsche aussprechen möchten, aber auch in der Bush-Administration sind Veränderungen unverkennbar. Es herrscht ein anderer Ton, und wir können feststellen, dass das State Department und Condoleezza Rice erheblich an Einfluss gewonnen haben. Angestrebt wird eine engere Zusammenarbeit, und darauf sollten wir uns einrichten.

Ich war vergangene Woche mit der Delegation in Washington, wo ein merklicher Umschwung im Gange ist. In erster Linie findet ein uns stets sehr wichtiges Anliegen, nämlich ein effektiver Multilateralismus, mehr Befürworter. Die Zustimmung dazu wird größer ebenso wie zu dem Bestreben, mit der Europäischen Union in diesem Bereich zusammenzuarbeiten. Man gelangt zu der Erkenntnis, dass der im Irak verfolgte Ansatz gescheitert ist und zur Bewältigung der Sicherheitsprobleme andere Wege der Kooperation gefunden werden müssen.

Ein vielfach genanntes Beispiel ist Afghanistan; wir sehen keinen Grund, weshalb sich die Europäische Union und die EU-Länder nicht im Rahmen der NATO gemeinsam mit den Amerikanern an Projekten beteiligen könnten, bei denen es sowohl um die Sicherheit als auch um den Wiederaufbau geht. Tatsächlich wird auf dieser Ebene gegenwärtig über eine Raketenabwehr diskutiert. Uns fiel auf, dass man mit den Europäern, aber auch mit den Russen mehr ins Gespräch kommen möchte, stehen dem Ergebnis dieses Prozesses aber weiterhin kritisch gegenüber.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der von uns angesprochen worden ist, betrifft den Nahost-Konflikt. Wir wollen nochmals betonen – und hoffentlich wird dies vom Vorsitz zur Kenntnis genommen –, dass wir dafür Sorge zu tragen haben, dass die neue Regierung der nationalen Einheit in Palästina nicht im Stich gelassen wird, und dass wir um Möglichkeiten der Förderung dieser neuen Entwicklung bemühen sollten.

Aufgefallen ist uns ferner, dass namentlich die Demokraten auf der Suche nach einer neuen Sozialagenda für die Vereinigten Staaten sind, in der mit Nachdruck auf das Problem des Gesundheitswesens, aber auch auf Doha verwiesen wird. Wie können wir gemeinsam dafür sorgen, dass Umwelt und Arbeitsbedingungen in den Handelsgesprächen einen zentralen Platz einnehmen?

Selbstverständlich gibt es auch kritische Bereiche, die wir im Zusammenhang mit den Überstellungen und den geheimen Gefangenenlagern, aber auch bezüglich der Datenschutzabkommen zur Sprache gebracht haben. Auf diese Bereiche müssen wir weiterhin unseren Fokus richten. Summa summarum gibt es also viele Dinge, bei denen wir zusammenarbeiten können, und zwar auf der Grundlage der gemeinsamen Werte, wie sie bereits erwähnt worden sind.

Abschließend noch eine Randbemerkung: Hoffentlich kann der Vorsitz, sollte sich dies als erforderlich erweisen, auch den Fall Wolfowitz auf die Tagesordnung des Gipfeltreffens setzen, denn angesichts der bedeutenden Rolle der Weltbank bei der Korruptionsbekämpfung ist dieser Mann als Direktor der Weltbank nach unserem Dafürhalten unhaltbar geworden.

(Beifall von links)

 
  
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  Graham Watson, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Nach dem 11. September titelte Le Monde:Nous sommes tous Américains”, also „Wir sind alle Amerikaner“. Seitdem hat sich vieles verändert.

Nicht nur in den Bereichen Wirtschaft und Umwelt, sondern auch was die moralischen Grundlagen anbelangt, tritt die amerikanische Regierung die Werte mit Füßen, für die wir Amerika in der Vergangenheit bewundert haben. Die EU-Mitgliedstaaten müssen sich den unilateralistischen Bestrebungen der USA, sei es in der Handelspolitik, beim Kyoto-Protokoll oder der Einhaltung des internationalen Rechts, widersetzen. Dazu ist ein offener, freimütiger und manchmal auch kontroverser transatlantischer Dialog über Themen wie die Regelung zur Befreiung von der Visumspflicht, die Auslieferung und die Open-Sky-Politik notwendig, den unsere Mitgliedstaaten bisher vermieden haben. Präsident Bush versteht es ebenso gut wie Präsident Putin, in Europa Zwietracht und Uneinigkeit zu säen, um auf diese Weise ungestört seine eigenen Interessen verfolgen zu können.

Bei diesem Gipfeltreffen ist es an der Zeit, Klartext zu reden. Die Beseitigung gesetzlicher Hürden und die Harmonisierung der Standards zwischen den beiden größten Handelspartnern der Welt muss unser vorrangiges Ziel sein. Dies darf allerdings den erfolgreichen Abschluss der Doha-Runde vor Ablauf des Verhandlungsmandats von Präsident Bush am 1. Juli nicht gefährden.

Wir müssen das Gipfeltreffen außerdem nutzen, um die Aufmerksamkeit auf die größte Sicherheitsbedrohung der Neuzeit – den Klimawandel – zu lenken und Amerika dazu zu bewegen, sich zur Stabilisierung und Verringerung seiner Treibhausgasemissionen zu verpflichten. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat sich vergangene Woche erstmals mit diesem Thema befasst und den Ernst der Lage hervorgehoben.

Wir müssen aber auch darauf drängen, dass die Regierung ihre Position im Hinblick auf die Vorwürfe über Folter, geheime Haftanstalten und außerordentliche Überstellungen im Kampf gegen den Terrorismus klarstellt. Das ist nicht nur der richtige, sondern auch der einzige Weg, um das Ansehen Amerikas wiederherzustellen.

Langfristig kann nur eine umfassendere demokratische Kontrolle durch dieses Haus und den amerikanischen Kongress und Senat, etwa im Rahmen eines transatlantischen Systems nach Schengener Vorbild, unsere strategische Partnerschaft stärken und rechtliche Grauzonen verhindern, wie wir sie derzeit bei der Erfassung von Fluggastdaten oder beim SWIFT-Zahlungsverkehr haben.

Wir werden im Kampf gegen den Terrorismus nur dann erfolgreich sein, wenn wir der Freiheit einen ebenso hohen Stellenwert einräumen wie der Sicherheit und wenn wir unsere Grundfreiheiten verteidigen.

Das Chaos im Irak zeigt, was geschieht, wenn wir dieses Gleichgewicht nicht wahren. Die USA und die Europäische Union sollten helfen, den Schaden wieder gutzumachen und ihre Solidarität mit den zwei Millionen Flüchtlingen im Irak bekunden. Amerika hat seit 2003 genau 466 irakische Flüchtlinge aufgenommen. Wir sind uns darüber im Klaren, dass Amerika von einer Flüchtlingswelle nichts wissen will, weil sie ein Zeichen für das eigene Scheitern wäre, aber wir brauchen einen klar festgelegten und umfangreichen Etat für Hilfsmaßnahmen ebenso wie eine Vereinbarung darüber, wie die durch Asylanträge entstehenden Belastungen aufgeteilt werden.

Unsere Verhandlungsführer sollten mutig die Initiative ergreifen. Paul Wolfowitz hat die moralische Autorität der Weltbank beschädigt. Wir müssen unseren Partnern gegenüber deutlich machen, dass er zurücktreten muss.

Abschließend möchte ich in Anlehnung an den amerikanischen Dichter Ralph Waldo Emerson sagen, dass es keine Geschichte gibt, sondern nur Biografien. Die europäischen Staats- und Regierungschefs sollten bedenken, dass man jeden von ihnen nach dem Mut beurteilen wird, den sie in Washington aufbringen werden.

 
  
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  Angelika Beer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden morgen einheitlich und gemeinsam eine Entschließung verabschieden und das brutale Vorgehen der russischen Staatskräfte gegen die Demonstranten verurteilen. Wir erwarten, dass mit der gleichen Klarheit auch während des EU-US-Gipfels Klartext geredet wird. Natürlich wollen wir neue Wirtschaftsbeziehungen, eine Stärkung der transatlantischen Beziehungen auf einer neuen Grundlage. Aber diese Grundlage muss in klaren Werten bestehen, demokratischen Werten, und die Europäische Union steht selber im Wort, dafür einzutreten.

Wir brauchen eine Brücke, nach dem, was in Guantánamo mit Folter, mit der Verschleppung von Unschuldigen geschehen ist, und diese Brücke kann nur sein, dass wir die US-Administration auffordern, ihre Politik künftig auf die demokratischen Grundlagen auszurichten. Wenn wir – wie in den letzten Wochen, aber auch zukünftig – über ein Moratorium zur Todesstrafe reden, dann tun wir das nicht nur, um die potenziellen Opfer im Iran vor einem solchen Tod zu retten, sondern dann erwarten wir auch, dass die Amerikaner einem Moratorium zur Todesstrafe zustimmen.

Wenn wir über Terrorbekämpfung reden, dann erwarten wir ebenfalls, dass die Grundwerte gemeinsam neu definiert werden und dass die parlamentarische Kontrolle in den nationalen Parlamenten, aber auch im Europaparlament erweitert wird. Denn das, was wir erlebt haben, können wir als wirkliche Terrorbekämpfung nicht akzeptieren, weil wir so die Grundfreiheiten Europas und der Menschen und Gesellschaften einschränken.

Ein Appell an beide Seiten, was Afghanistan und das Kosovo betrifft: Wir brauchen diesen Strategiewechsel in Afghanistan nicht nur als Lippenbekenntnis, sondern auch in der Praxis. Die Operation „Enduring Freedom“ hat keine rechtliche Grundlage mehr und muss verändert werden. Aber auch wir Europäer müssen mehr Geld in die Hand nehmen, um eine friedliche Entwicklung in Afghanistan in den Bereichen Drogenbekämpfung, Bildung und Unterstützung der demokratischen Bürger in Afghanistan – und insbesondere der Frauen – überhaupt noch zu ermöglichen.

Das betrifft auch das Kosovo. Wir können nicht abwarten, bis die Amerikaner diesen Knoten für uns lösen. Ich appelliere nochmals an die Europäische Union und die Außenminister, das Kosovo jetzt in die Unabhängigkeit zu entlassen, um einem weiteren Krieg zu entgehen.

Was Iran betrifft, ist es an der Zeit, sich vom regime change zu verabschieden, den Bush immer noch will. Das ist die einzige Möglichkeit, den nächsten Krieg durch Verhandlungen zu verhindern. Ich hoffe, dass die EU hier eindeutig Position bezieht!

 
  
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  Francis Wurtz, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (FR) Herr Präsident, was bringt uns die transatlantische Wirtschaftspartnerschaft genau?

Nach Aussagen von Frau Merkel soll es sich weder um Freihandel noch um einen gemeinsamen Markt handeln, sondern um eine Regulierung der Märkte, Patentschutz, die Harmonisierung von Vorschriften sowie Kooperation, um die weltweite wirtschaftliche Governance zu verbessern. Ihr Staatssekretär Würmeling sagte es direkter, indem er erklärte, das Ziel bestehe darin, auf dem Wege zu einem transatlantischen Markt ohne Schranken voranzuschreiten. Im Übrigen hatte die Bundeskanzlerin selbst verlauten lassen, dass die Erfahrung des Europäischen Binnenmarktes als Modell für diesen neuen Wirtschaftsraum dienen könne.

Muss ich hier daran erinnern, welche Definition von diesem Binnenmarkt der mit seiner Überwachung beauftragte Kommissar, Herr McCreevy, kürzlich gab? Wie er hervorhob, ist der Binnenmarkt das bei weitem größte Deregulierungsvorhaben in der jüngeren Geschichte Europas. Soll nun genau dieses Experiment auf transatlantischer Ebene wiederholt werden?

Die Frage ist umso berechtigter, als dieses Projekt bereits eine bewegte Geschichte hinter sich hat. Im März 1998 hatte Kommissionsmitglied Leon Brittan, seinerzeit Galionsfigur des liberalen Europas, das Projekt des „New Transatlantic Market“ ins Gespräch gebracht, das nach dem Muster des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA funktionieren sollte. Parallel dazu wurden in der OECD Geheimverhandlungen über das Multilaterale Abkommen über Investitionen (MAI) geführt, das allen Rechtsvorschriften den Kampf ansagte, die von den Investoren als Hemmnis für ihre immer stärker ausufernden Finanzoperationen aufgefasst wurden.

Diese beiden Projekte lösten in der europäischen Öffentlichkeit eine solche Protestwelle aus, dass sie aufgegeben werden mussten. Seitdem haben jedoch Lobbies, wie der Transatlantic Business Dialogue, dieses strategische Projekt immer wieder in neuer Form zur Diskussion gestellt. Weitere Beispiele für diesen beunruhigenden Trend sind die Annahme der US-Rechnungsführungsstandards im letzten Jahr und unlängst der Aufkauf der europäischen Börse Euronext durch die New Yorker Börse.

Weit entfernt von dem Bild der konstruktiven Zusammenarbeit, das man uns gern vorgaukelt, handelt es sich schlicht und ergreifend um eine Hauptfront der Schlacht über das Konzept von der Zukunft Europas. Auf dem Spiel stehen sowohl das Gesellschaftsmodell Europas als auch seine demokratische Identität. Lassen Sie mich daran erinnern, dass in dem von unserem Parlament im Juni vergangenen Jahres zu diesem Thema angenommenen Bericht mit Bedauern festgestellt wird, dass „die Beziehungen zwischen der EU und den USA in erheblichem Maße von einem politischen Konflikt überschattet werden und recht häufig durch rhetorische Kontroversen … gekennzeichnet sind“.

Werden wir im Namen der gemeinsamen Werte des Transatlantic Business Dialogue zum Irakkrieg oder zu Guantanamo schweigen müssen? Zur Todesstrafe oder zum internationalen Strafgerichtshof? Zu Kyoto oder den GVO? Zu den personenbezogenen Daten, der SWIFT-Affäre oder den CIA-Flügen? Da nunmehr der Prozess eingeleitet ist, der zu einem neuen europäischen Vertrag führen soll, stellt die Art der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten eine entscheidende Frage dar, die es in aller Klarheit anzugehen gilt.

 
  
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  Godfrey Bloom, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! In der sehr kurzen Redezeit, die mir zur Verfügung steht, möchte ich auf einen oder zwei Punkte eingehen und damit vielleicht auch zur Vorsicht mahnen. In den letzten Jahren beobachte ich hier in diesem Haus einen überzogenen Hang dazu, schöne Reden zu halten, und dies ist etwas, was wir in unseren Beziehungen zu Amerika tunlichst vermeiden sollten. Jede Rechtsvorschrift zum Beispiel hat weltweite Auswirkungen. Alles, was wir tun, hat eine globale Dimension. Das größte BIP-Wachstum findet am Rande des Pazifik, in Indien und China, aber auch in anderen Teilen des pazifischen Raums und in Japan statt, und deshalb müssen wir in unseren Beziehungen zu Amerika, in dessen Gesellschaft eine ausgeprägte Neigung zum Protektionismus vorhanden ist, sehr sorgfältig darauf achten, dass wir keine Brücken abbrechen. Die Briten wissen, dass Amerika in den Bereichen Handel und Investitionen der größte Partner des Vereinigten Königreichs ist. Es ist empörend, dass die Briten gezwungen worden sind, das so genannte imperiale Maßsystem aufzugeben, das auch in Amerika angewandt wird und das uns dort einen besonderen Vorteil verschafft hat. Aber dies ist ein Thema, auf das ich bei anderer Gelegenheit noch zurückkommen werde.

 
  
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  Frank Vanhecke, im Namen der ITS-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Wie viele in diesem Hause hoffe ich, dass das Gipfeltreffen am 30. April und die neue transatlantische Partnerschaft zu einem Erfolg werden, wobei selbstverständlich hinzuzufügen ist, dass die neue Partnerschaft auf Gegenseitigkeit und auf der Berücksichtigung der gegenseitigen vitalen Interessen beruhen muss. So werden die Amerikaner und ihre Diplomaten beispielsweise lernen müssen, dass die Türkei kein europäisches Land ist und kein Mitgliedstaat der Europäischen Union werden kann, ungeachtet der diesbezüglichen amerikanischen Interessen.

Im April finden in Washington Gespräche über unsere Handelsbeziehungen mit den Vereinigten Staaten, über Energie und Klimawandel statt, bei denen sich meiner Ansicht nach jedoch auch Gelegenheit zu weiteren Überlegungen über den gemeinsamen Kampf bieten wird, den wir gegen den internationalen Terrorismus und vor allem gegen den im Vormarsch befindlichen islamistischen Fundamentalismus führen müssen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es bei diesem Kampf um die gemeinsamen westlichen Werte geht und dass gerade diese westlichen Werte im Visier des islamistischen Fundamentalismus und des Terrorismus stehen, was oft außer Acht gelassen wird, nicht zuletzt in diesem Parlament.

Die US-Außenpolitik ist sehr oft kritikwürdig, wenn diese Kritik aber, wie in diesem Hause häufig der Fall, einseitig erhoben wird, ist dies wenig konstruktiv. Ich denke z. B. an das einseitige Vorgehen des Nichtständigen Ausschusses zu den CIA-Tätigkeiten in Europa und an die einseitigen Schlussfolgerungen, zu denen er gelangt ist, sowie an die Frage der Personendaten. Irren wir uns um Gottes willen nicht in unserem Feind. Trotz der zahlreichen Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten, die zwischen uns bestehen mögen, sollten wir uns dessen eingedenk sein, dass die USA nicht unser Feind, sondern unser Verbündeter sind.

 
  
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  Brian Crowley, thar ceann an Ghrúpa UEN. – A Uachtaráin, tá an gaol eacnamaíochta idir an tAontas Eorpach agus Meiriceá ar an ngaol eacnamaíochta is tábhachtaí ar domhan. Is dhá chóras pholaitiúla sinn, le haidhm láidir a chinntíonn caomhnú agus cur chun cinn an daonlathais ar fud an domhain. Bíonn ár naimhde ag iarraidh aird a tharraingt ar an difríocht pholaitiúil atá idir an dá réimeas. Ní mór dóibh cuimhneamh, áfach, go bhfuil i bhfad níos mó nithe comónta eadrainn ná mar atá difríochtaí.

Vor allem angesichts der Verbindungen, die zwischen Europa und den USA hinsichtlich der Maßnahmen bestehen, die wir auf globaler Ebene ergreifen können, ist es heute wichtiger denn je, dass wir ungeachtet aller Probleme und Meinungsverschiedenheiten, die wir in der Vergangenheit hatten, weiter vorankommen.

Wir brauchen uns nur in der Welt umzusehen. In Afghanistan müssen wir mit den USA zusammenarbeiten, nicht nur, um eine Stabilisierung der Lage dort zu erreichen, nicht nur, um dem Land selbst zu helfen, sondern auch, weil 90 % des in Europa konsumierten Heroins derzeit aus Afghanistan kommen. In Südamerika müssen wir ebenfalls mit gemeinsamen Maßnahmen sicherstellen, dass Alternativen zum Drogenanbau für die dortigen Bauern gefunden werden, weil diese Länder riesige Mengen Kokain „exportieren“.

In Darfur sehen wir besonders deutlich, dass die internationale Gemeinschaft nicht in der Lage ist, gegen den Völkermord, der dort geschieht, vorzugehen und ihn zu stoppen. Wir in Europa haben die Aufgabe, die USA zum gemeinsamen Handeln zu bewegen, damit wir weitere und wirksamere Maßnahmen ergreifen können. Anlässlich des heutigen Welt-Malaria-Tages möchte ich außerdem darauf hinweisen, dass wir gemeinsam sehr viel mehr tun können als jeder allein.

Den größten Stellenwert haben jedoch die Maßnahmen, die den Welthandel betreffen, weil sie es ermöglichen, eine partnerschaftlichere und gerechtere Gesellschaft für alle zu schaffen. Ich fordere die Kommission und alle anderen hier auf, unsere Vereinbarungen mit anderen Ländern nicht länger zu blockieren, damit wir den Ärmsten der Welt Schutz und Hilfe gewähren können. Das, was wir gemeinsam erreichen können, ist wichtiger als das, was uns trennt. Wenn wir dies bedenken, können wir unsere politischen Differenzen in weniger wichtigen Bereichen überwinden.

 
  
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  Roger Helmer (NI). – (EN) Herr Präsident! Wir in diesem Haus lassen keine Gelegenheit aus, um zu betonen, wie umweltbewusst wir sind und um die USA und Präsident Bush für ihre umweltzerstörende Politik zu kritisieren. Schließlich haben wir im Gegensatz zu ihnen ja das Kyoto-Protokoll unterzeichnet.

Doch vielleicht sollten wir uns einmal fragen, ob diese Haltung wirklich den Tatsachen entspricht. Amerika hat das Kyoto-Protokoll ebenso unterzeichnet wie wir und es lediglich nicht ratifiziert. Wir in Europa haben das Protokoll ratifiziert, aber wir halten die darin festgelegten Vorgaben nicht ein. Obwohl die Kommission in den letzten zehn Jahren versucht hat, die Ausgangszahlen des Kyoto-Protokolls zurechtzubiegen, werden allem Anschein nach wohl nur zwei Mitgliedstaaten ihre Kyoto-Ziele erreichen.

Wir sagen, dass die USA der größte Umweltverschmutzer ist, aber das ist nur deshalb der Fall, weil Amerikas Wirtschaft weltweit die größte ist. Seit dem Inkrafttreten des Protokolls von Kyoto können die USA eine bessere CO2-Bilanz vorweisen als wir! Für Herrn Watson wiederhole ich an dieser Stelle noch einmal, dass die USA in den letzten Jahren eine bessere Bilanz im Hinblick auf die Entwicklung des Emissionsausstoßes vorweisen können als die EU. Die Energieintensität der US-Wirtschaft entspricht in etwa der unseren und ausgehend von der derzeitigen Entwicklung wird die amerikanische Wirtschaft 2010 die Umwelt weniger belasten als die europäische Wirtschaft. In den USA wird ein groß angelegtes Programm zur Förderung von Biokraftstoffen durchgeführt. Das Land investiert in umweltfreundliche Technologien, und ihre AP6-Partnerschaft schließt China und Indien ein, ohne die jedes weltweite Programm zum Scheitern verurteilt ist. Kommissar Spidla verlangt von den USA, einen weltweiten Ansatz zu verfolgen, obwohl das längst der Fall ist.

Es wird allmählich Zeit, dass wir in diesem Haus mit unserem überheblichen Getue aufhören und unsere amerikanischen Verbündeten mit etwas mehr Höflichkeit und Respekt behandeln.

 
  
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  José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra (PPE-DE).(ES) Herr Präsident! Ich halte es für wichtig, dass wir diese Debatte über die transatlantischen Beziehungen von ihrem ideologischen Ballast befreien.

Ich weiß nicht, ob der Präsident der Weltbank, wie es in der ausgehandelten gemeinsamen Entschließung heißt, zurücktreten sollte oder nicht, aber ich halte es auf jeden Fall für wichtig, dass die Europäische Union langsam ihre strategischen Positionen entwickelt und zu einem mündigen Akteur auf der internationalen Bühne wird. Ich weiß aber, dass Kommissarin Ferrero alle ihre Anstrengungen – und das sind nicht wenige – auf dieses Thema richtet.

Darüber dürfen wir nicht vergessen, dass die transatlantischen Beziehungen nicht im genetischen Code der Europäischen Union verankert sind und dass die Vereinigten Staaten – vielleicht infolge unserer Unfähigkeit – die Garanten der Sicherheit in Europa darstellen und dass, wenn es um die Sicherheit geht, heute keine Alternative zur transatlantischen Verbindung existiert.

Herr Präsident, wenn wir wollen, dass die Europäische Union zu einer europäischen Macht wird, kann dies meiner Meinung nach nicht in Opposition zu den Vereinigten Staaten geschehen, sondern nur mit ihnen, als zwei Partner, die sich gegenseitig achten, die eine Reihe von Werten teilen und eine gemeinsame Weltsicht haben.

Das heißt natürlich nicht, dass wir den USA einen Blankoscheck geben müssen, und die Europäische Union muss ihre Prinzipien in Bezug auf die Todesstrafe, die Frage des Internationalen Strafgerichtshofs, das Kyoto-Protokoll und die Gesetze mit extraterritorialen Auswirkungen entschlossen vertreten.

Das bedeutet auch, dass die Vereinigten Staaten lernen müssen, die Europäische Union zu respektieren, die heute ein Stabilitätsfaktor in der Welt ist und eine grundlegende Rolle spielt, indem sie ihren Einfluss in vielen Regionen geltend macht.

Bei anderer Gelegenheit sagte Kommissar Patten in diesem Haus, dass die Zusammenarbeit mit den USA für die Europäische Union zur Erreichung ihrer Ziele – darunter als eines der wichtigsten die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten in allen Regionen der Welt – unverzichtbar war, so wie die Ziele der Vereinigten Staaten nur unter Mitwirkung der Europäischen Union erreicht werden konnten.

Wenn die Europäische Union und die USA gemeinsam vorgehen, Herr Präsident, werden sich Wohlstand, Stabilität und Sicherheit in der Welt verbessern, und ich meine, dass dieser transatlantische Gipfel zu diesen Zielen beitragen und sie unterstützen muss.

 
  
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  Poul Nyrup Rasmussen (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Herrn Kommissar und Herrn Gloser für ihre Erklärungen zu den transatlantischen Beziehungen danken.

Ich habe den Eindruck, dass es in den USA erste Anzeichen dafür gibt, dass sich die Stimmung und die Strategie allmählich und in vorsichtigen Schritten vom Unilateralismus hin zum Multilateralismus ändern. Erst vor sechs Tagen haben ich, mein geschätzter Kollege, Herr Wiersma, unser stellvertretender Fraktionsvorsitzender, und andere Kollegen den amerikanischen Kongress und den Senat besucht, und es ist nicht zu übersehen, dass sich ein Stimmungswandel vollzieht. Diese Entwicklung bietet der Europäischen Union eine neue Chance.

Es gibt drei Punkte, die ich ansprechen möchte. Erstens werden wir meiner Ansicht nach in den WTO-Verhandlungen nur dann Fortschritte erzielen, wenn es uns gelingt, die Agenda für menschenwürdige Arbeit in irgendeiner Form einzubeziehen. Machen wir uns nichts vor: Ohne Berücksichtigung dieser Agenda können wir keine weiteren und wesentlichen Fortschritte erzielen.

Zweitens ist es an der Zeit zu erkennen, dass die Finanzmärkte und die jüngsten Entwicklungen bei den Hedge-Fonds und großen, einflussreichen Private Equity-Fonds nicht vollständig mit den Zielen von Lissabon und unserem langfristigen Investitions- und Finanzierungsbedarf vereinbar sind. Zu dieser Erkenntnis ist man nicht nur in Europa gelangt, sie setzt sich auch zunehmend in der Demokratischen Partei durch, die die Mehrheit im amerikanischen Kongress und im Senat hat. Wir hoffen deshalb, dass dieses Signal eindeutig ist und dass dieses Thema auf dem anstehenden G8-Gipfel in Heiligendamm auf der Tagesordnung stehen wird.

Der dritte Punkt betrifft den Nahen Osten. Wir sollten nicht so naiv sein, in den nächsten zwei Wochen eine wesentliche Änderung der amerikanischen Politik zu erwarten. Es wäre jedoch sinnvoll, unseren Dialog mit unseren amerikanischen Freunden und Kollegen zu intensivieren und darauf zu drängen, dass die palästinensische Regierung der nationalen Einheit Unterstützung erhält. Wenn diese Regierung scheitert, wird die Hamas davon profitieren, und das will niemand.

(Beifall von links)

 
  
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  Sarah Ludford (ELDR). – (EN) Herr Präsident! Beim Besuch unserer Parlamentsdelegation in Washington vergangene Woche haben wir mehr über die hochrangige Kontaktgruppe für Sicherheit erfahren als in Brüssel. Zum Glück gibt es in den USA eine Kultur der Informationsfreiheit! Darüber hinaus hat man uns über die neuen transatlantischen Gespräche informiert, die zwischen Regierungsbeamten über die Rechtsgrundlage für Überstellungen geführt werden. Die Kongressabgeordneten und die Mitglieder des Europäischen Parlaments müssen über diese Debatte nicht nur unterrichtet, sondern daran beteiligt werden.

Nach Einschätzung des Leiters der Terrorismusbekämpfung bei Scotland Yard ist die Taktik des weltweiten Kampfs gegen den Terrorismus gescheitert. Wie er gestern sagte, hat Al Qaida nicht nur allen Angriffen standgehalten, die in den letzten sechs Jahren gegen sie geführt wurden, sondern sogar an Stärke gewonnen.

Wir müssen uns für die Schaffung eines gemeinsamen transatlantischen Rechts- und Reiseraums einsetzen, in dem ein größtmöglicher Informationsaustausch stattfindet. Doch wir müssen auch dafür sorgen, dass die Grundrechte so umfassend wie möglich geschützt und eingehalten werden. Welchen Wert haben die ausgetauschten Informationen, wenn sie auf zweifelhaften Profiling-Methoden oder Datensuche basieren oder durch Folter erlangt wurden? Ein Beamter in Washington hat dies in der erfrischend direkten amerikanischen Art mit den Worten „Wo man Müll hineinsteckt, kommt auch Müll heraus“ formuliert. Der potenzielle Schaden für die Rechte des Einzelnen ist enorm.

Wir müssen die Zusammenarbeit zwischen dem US-Kongress und dem Europäischen Parlament ausbauen, um die demokratische Rechenschaftspflicht und das angestrebte Ziel eines transatlantischen Raums nach Schengener Vorbild zu erreichen.

 
  
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  Konrad Szymański (UEN). – (PL) Herr Präsident! Keines der größten politischen und wirtschaftlichen Probleme Europas kann ohne den Dialog und die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten gelöst werden. Nur mit einem gemeinsamen europäisch-atlantischen Markt können wir im Wettbewerb gegen China und Indien bestehen. Wenn die USA und Europa zusammenarbeiten, werden wir im Kampf gegen die Bedrohung unserer Sicherheit durch Iran, das heute die größte Gefahr für den Weltfrieden darstellt, eine Atommacht und ein erklärter Feind der westlichen Zivilisation ist, erfolgreich sein. Nur gemeinsam werden wir Korea von unkontrollierter Aggression abhalten und außerdem Russland daran hindern können, seine militärische Stärke und seine Machtposition im Energiebereich in Europa und in seiner unmittelbaren Nachbarschaft zu missbrauchen. Heute haben wir die Chance, pragmatischer zu agieren. Es geht nicht nur um einen Wechsel der Regierung in Washington, sondern auch in Paris und Berlin. Ich hoffe, dass wir Erfolg haben und die europäische Identität angesichts einer solch ernsten Bedrohung unserer Sicherheit und unserer Werte nie mehr auf eine billige, erfundene und schädliche Konfrontation mit den Vereinigten Staaten reduziert wird.

 
  
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  Johannes Voggenhuber (Verts/ALE). – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Partnerschaft gründet sich auf gegenseitigen Respekt, und der beginnt mit der gegenseitigen Achtung des Rechts und der gemeinsamen Werte. So manche Beschwörung der transatlantischen Harmonie in dieser heutigen Debatte würde in Österreich derzeit wohl großes Erstaunen und Befremden auslösen.

Zwei Vorgänge in Österreich beschäftigen und beunruhigen die Öffentlichkeit: Eine große Bank, die von einem amerikanischen Fonds gekauft wurde, wird über Nacht gezwungen, ihren Kunden zu kündigen, sofern sie kubanischer Herkunft sind, und zwar fristlos und ohne einen anderen Grund als ihre Nationalität – gegen Völkerrecht, gegen europäisches Recht, gegen österreichisches Strafrecht. Ein großer Mineralölkonzern soll gezwungen werden, seine Iran-Geschäfte einzustellen – gegen österreichisches Recht, gegen europäisches Recht, gegen das Völkerrecht.

Ich bin sehr erstaunt, dass in dieser Debatte diese entscheidende Frage nicht zur Sprache kommt. Anerkennen unsere Partner unsere Rechtsordnung und unsere Werte, dann sind wir Partner. Ansonsten geht es hier um ein Verhältnis von Herr und Knecht. Die Reaktion der Kommission auf diese zwei Vorfälle in Österreich, die großes Aufsehen und große Unruhe hervorrufen, ist nicht geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in ihre Fähigkeit und ihren Willen herzustellen, das europäische Recht zu schützen und durchzusetzen. Das aber ist die Grundlage von Partnerschaft.

(Beifall)

 
  
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  Miguel Portas (GUE/NGL). (PT) Herr Präsident! In einem Gebiet von Bagdad errichtet die US-Armee gegenwärtig eine Mauer, die im Namen der Sicherheit Iraker von Irakern trennen wird. Sie tut dies trotz der Proteste von Bewohnern des Gebiets und Kritik vom irakischen Premierminister. Die Bush-Regierung liebt Mauern; sie baut sie im Irak, in Palästina und an ihren Grenzen zu Mexiko. Der europäische Standpunkt muss anders sein. Die Mauer, die in Berlin gefallen ist, sollte doch die letzte gewesen sein.

Deshalb müssen die euro-atlantischen Beziehungen auf der Tagesordnung weiter nach vorn rücken. Für das Europa des wirtschaftlichen Liberalismus bedeutet Politik Geschäft, auch wenn die Abwertung des Dollars, das Umweltdumping eines Landes, das das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert hat, und das Ungleichgewicht bei sozialen Rechten verdeutlichen, welche Gefahr ein unbedachtes Niederreißen von Kapitalhandelsbarrieren in einer Welt von Mauern birgt.

 
  
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  Bastiaan Belder (IND/DEM). – (NL) Herr Präsident! Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten sind heute von den gewaltigen weltpolitischen Problemen, an erster Stelle der an jeder Ecke lauernden Gefahr des islamistischen Terrorismus, gleichermaßen betroffen. Was wäre naheliegender als gemeinsamen Bedrohungen gemeinsam entgegenzutreten? So einfach verhält es sich jedoch nicht und hat es sich in den transatlantischen Beziehungen über Jahre hinweg nicht verhalten, und es wäre zu simpel, mit dem europäischen Finger auf die Amerikaner zu zeigen und ihnen die Schuld dafür zuschieben zu wollen. In der Europäischen Union kommen immer wieder stereotype antiamerikanische Reflexe zum Vorschein, und sie drohen die transatlantische Zusammenarbeit zu lähmen. Wohlgemerkt, es geht hier um nichts weniger als um eine unverzichtbare Überlebensstrategie.

Daher wünsche ich dem Rat und der Kommission vollen Erfolg bei der Schaffung eines positiven transatlantischen Arbeitsklimas. Solche Anstrengungen von unserer Seite widersprechen der amerikanischen Vorstellung von exotischen Europäern, mit denen schwer zurechtzukommen ist. Durch Bündelung der transatlantischen Kräfte entsteht jedenfalls ein konstruktives Arbeitsverhältnis, und dies ist ja wohl das Ziel, um das es letztlich bei jedem transatlantischen Gipfel geht.

 
  
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  Andreas Mölzer (ITS). – Herr Präsident! Im Vorfeld der Irak-Invasion hat sich der Europäischen Union die Chance geboten, sich aus dem bedenklichen Kielwasser der USA zu verabschieden und eine eigenständige, von Vernunft getragene, vermittelnde Rolle zu übernehmen. Spätestens im Zusammenhang mit den CIA-Überflügen und den geheimen Foltergefängnissen hätte man sich klar von den menschenverachtenden und völkerrechtswidrigen Handlungen von George Bush & Co. distanzieren und diese verurteilen müssen, statt zu versuchen, die europäischen Steuerzahler zu den Zahlmeistern der US-Kriegspolitik zu machen.

Mit der geplanten Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran würde man nun erneut blind den Vorgaben aus Washington folgen. Im Wahrnehmungsbild der islamischen Welt könnten wir damit nur noch mehr zum Feindbild werden. Bisherige terroristische Anschläge und jüngste Drohungen gegen Deutschland und Österreich machen dies deutlich. Die mühsam angepeilte Position des Vermittlers wird – wohl um für den USA-EU-Gipfel gnädig zu stimmen – bedenkenlos über Bord geworfen. So viel also zu unserer eigenständigen und selbstbewussten Außenpolitik.

Immer wieder haben die USA gezeigt, dass ihnen an einem Partner EU wenig liegt, vielmehr möchte man die Europäische Union mit Überdehnung durch interne Probleme und Krisenherde an den Grenzen, wie sie etwa durch einen Beitritt der Türkei entstehen würden, schwächen. Streitigkeiten sollen die Union handlungsunfähig machen. Da passen dann die geplanten Raketenabwehrsysteme genau ins Bild.

Politische Mächte haben keine Freunde, sondern Interessen. Die USA versuchen, ihre Interessen beinhart durchzusetzen, auch zu Lasten der angeblich befreundeten Europäer.

 
  
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  Jana Bobošíková (NI).(CS) Herr Präsident! Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der Union und den Vereinigten Staaten hat meine volle Unterstützung.

Gemeinsame Normen und Regeln für Industrie und Finanzwirtschaft vereinfachen nicht nur den Handel, sondern sparen auch Milliarden Dollar und Euro. Meines Erachtens liegt die Abschaffung von Visa für EU-Bürger im Rahmen eines solchen Abkommens auf der Hand.

Doch die transatlantischen Beziehungen dürfen nicht nur auf Visa und Handel beschränkt werden. Wir müssen über unterschiedliche Ansätze nachdenken, um die Situation im Irak zu lösen und gemeinsam an der Erschließung von Energiequellen zu arbeiten, die die Erde nicht verschmutzen und eine dauerhafte und nachhaltige Entwicklung ermöglichen.

Meine Damen und Herren! Ich bin der festen Überzeugung, dass die Zeit der ernsten Rivalität zwischen der EU und den USA vorüber ist. Die Boxhandschuhe in einem Ring überzustreifen, der auf dem Fundament unserer gemeinsamen Werte von Freiheit, Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit gebaut ist, bringt den EU-Bürgern keinen Nutzen.

Aus meiner Sicht ist eine gemeinsame Lösung für die Herausforderung, die Indien und China darstellen, die dabei sind, uns bei der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung zu überrunden, ein weit dringlichere Priorität. Diese Mächte gründen sich auf andere ökologische und soziale Werte als wir. Die sozialen Systeme der EU und der USA basieren auf Erfahrungen aus der Vergangenheit.

Wir stehen vor der schwierigen Aufgabe, sicherzustellen, dass die Wettbewerbsfähigkeit unseres gemeinsamen Kulturmodells und das Lebensniveau unserer Bürger auf lange Sicht aufrechterhalten werden und nicht absinken. Deshalb sehe ich es als größte Herausforderung für die transatlantischen Beziehungen, die Position der führenden Kultur auf diesem Planeten zu verteidigen. Ich danke Ihnen.

 
  
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  Charles Tannock (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Das nächste Gipfeltreffen EU-USA ist von historischer Bedeutung, und ich unterstütze ausdrücklich die Initiative der deutschen Ratspräsidentschaft für eine umfassende Wirtschaftspartnerschaft zwischen der EU und den Vereinigten Staaten, deren Anteil am gesamten Welthandel bereits rund 40 % ausmacht. Meine besondere Unterstützung gilt dem ehrgeizigen Ziel von Bundeskanzlerin Merkel, bis 2015 durch die gegenseitige Anerkennung derselben Normen für verschiedene Wirtschaftszweige und Dienstleistungen, insbesondere im Finanzsektor, einen transatlantischen Markt ohne Grenzen zu schaffen.

Leider betrachten einige in diesem Haus diese Beziehung als transatlantische „Rivalität“ und nicht als transatlantische „Partnerschaft“, weil sie die EU als Konkurrenten der USA sehen. Wenn dies wirklich zutrifft, hat Amerika klar die Nase vorn. Die positiven langfristigen Aussichten ihrer freien Marktwirtschaft stehen in krassem Gegensatz zur Situation in der EU, die langsam an ihrer Überregulierung zu ersticken droht. Dagegen müssen wir etwas unternehmen, bevor es zu spät ist. Die Beziehungen zwischen der EU und den USA sind wie die Beziehungen zwischen der EU und Indien eine Partnerschaft, die auf unseren gemeinsamen Werten der Demokratie, der Menschenrechte, der Freiheit und der Sicherheit basiert. In diesem Zusammenhang möchte ich meine Freude über den Besuch des indischen Präsidenten Kalam im Europäischen Parlament zum Ausdruck bringen, der heute auf unserer Tagesordnung steht.

Auf globaler Ebene sollten wir den USA dankbar sein, dass sie bereit sind, einen überproportional hohen Beitrag zum Kampf gegen den weltweiten Terrorismus zu leisten und dass sie eine so kompromisslose Haltung gegenüber den Versuchen des Iran zur Entwicklung einer Atombombe einnehmen. Es ist an der Zeit, dass die Regierungen der EU in ähnlicher Weise reagieren. Die USA haben die Initiative ergriffen und im Zusammenhang mit dem Völkermord in Darfur Sanktionen gegen den Sudan gefordert und sie haben sich gegen Waffenexporte an China ausgesprochen. Außerdem leistet Amerika durch die Stationierung von Raketen und Raketenabwehrsystemen einen Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit in Europa und arbeitet nun gemeinsam mit der EU daran, dass die Grundsätze des Nahost-Quartetts für einen dauerhaften Frieden zwischen Arabern und Israelis umgesetzt werden. Amerikas Engagement in Ländern wie Georgien, der Republik Moldau, Belarus und der Ukraine, das auf die Lösung der bestehenden Dauerkonflikte abzielt, ist ebenfalls sehr begrüßenswert.

Abschließend möchte ich sagen, dass wir Russland gemeinsam auffordern müssen, sich als verlässlicher Energielieferant zu erweisen und seine Verpflichtungen im Hinblick auf die Demokratie und den Schutz der Menschenrechte einzuhalten.

 
  
  

VORSITZ: Edward MCMILLAN-SCOTT
Vizepräsident

 
  
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  Erika Mann (PSE). – Herr Präsident! Ich möchte einige wenige Aspekte ansprechen, die sich auf die Idee des transatlantischen Marktes beziehen. Wenn man den Kollegen zuhört, spürt man immer wieder, dass die Beziehungen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten in einem merkwürdigen Spannungsverhältnis stehen — auf der einen Seite permanente Frustrationen und auf der anderen Seite ständiger Enthusiasmus, was die Erwartungen angeht. Das ist keine gesunde Basis. Wir brauchen einen gesunden Realismus. Deshalb möchte ich die deutsche Ratspräsidentschaft ausdrücklich beglückwünschen, dass sie die Idee des transatlantischen Marktes aufgegriffen hat. Das Europäische Parlament hat das ja in vielen Entschließungen formuliert und seit vielen Jahren intensiv mit der amerikanischen Seite — und natürlich mit vielen Ratspräsidentschaften und der Kommission — daran gearbeitet. Deshalb möchte ich mich bei all denen, die daran mitgearbeitet haben, bedanken.

Diesen gesunden Realismus brauchen wir in Zukunft. Wir brauchen ein Modell, ein regulatorisches Umfeld, bei dem beide Seiten stärker wirtschaftlich zusammenarbeiten, kooperieren und in die Zukunft schauen, aber bei dem es nicht um eine Kohärenz geht, sondern darum, dass die beiden Wirtschaftsräume ebenso wie die Gesellschaften sich durchaus in ihrer Autarkie weiterentwickeln. Es wird auch künftig Streitfälle geben, das gehört alles dazu. Wir sind kein einheitlicher Wirtschaftsraum, sondern wir unterscheiden uns in vielen Bereichen. Aber dieser gesunde Pragmatismus, den brauchen wir, und ich hoffe, dass die künftigen Ratspräsidentschaften und die Kommission kräftig daran mitarbeiten werden, das in den verschiedenen Bereichen auch zu entwickeln.

Man sieht auch, dass sich das nicht nur auf die Wirtschaft erstreckt. In vielen Dialogen, angefangen beim Verbraucherschutz bis hin zu den Gewerkschaften, wurde dieses Modell immer wieder unterstützt. Das hat eine breite gesellschaftliche Basis. Ich plädiere dafür, dass die Parlamentarier auch vernünftig in die Kooperationsarbeit einbezogen werden, ansonsten können Sie so ein auf die Zukunft ausgerichtetes Modell natürlich nicht entwickeln. Die Sorge, die von einigen Kollegen geäußert wird, dies könne den Entwicklungsländern schaden, ist meiner Meinung nach unbegründet. Das ist Unsinn. Im Gegenteil, wir werden den Entwicklungsländern durch die Kooperation helfen, wir werden sie nicht spalten.

 
  
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  Sophia in 't Veld (ALDE). – (NL) Herr Präsident! Die Vorgehensweise der Bush-Regierung bei der Terrorismusbekämpfung wird von der EU zu Recht beanstandet. Das hat aber nichts mit Antiamerikanismus zu tun, wie in diesem Saale durch einige hohl klingende und substanzlose Anspielungen zu verstehen gegeben wird, denn in den Vereinigten Staaten selbst wird gegenüber der Bush-Regierung und ihrer rücksichtslosen Missachtung der Menschenrechte eine weitaus kritischere Haltung eingenommen als hier in Europa. Es genügt jedoch nicht, darüber zu lamentieren, dass die Vereinigten Staaten Europa ihre Politik aufoktroyieren, und dies zu missbilligen. Anstatt zu jammern und zu wehklagen, muss die Europäische Union endlich mit einer Stimme sprechen, denn nur so können wir unsere eigenen Grundsätze durchsetzen. Wir müssen für die USA ein starker und glaubwürdiger Gesprächspartner sein, denn mit 27 Piepsstimmen zu protestieren macht keinerlei Eindruck. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass die Skandale im Zusammenhang mit den CIA-Überstellungen, der SWIFT-Skandal, illegales Abhören oder der Missbrauch der National Security Letters durch das FBI nicht von den Europäern an den Pranger gestellt wurden, sondern von den Vereinigten Staaten selbst.

Abschließend spreche ich mich für die Zusammenarbeit mit den Amerikanern aus, solange sie nicht in kleinen geheimen, undemokratischen Zirkeln wie der High Level Contact Group stattfindet, sondern ganz einfach im Rahmen demokratischer Verfahren.

 
  
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  Mario Borghezio (UEN). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die deutsche Präsidentschaft hat ein besseres Klima in die transatlantischen Beziehungen und ein sehr starkes Engagement beim Kampf gegen den Terrorismus eingeführt. All dies steht z. B. im Gegensatz zur Politik eines Mitgliedstaats, d. h. zur Außenpolitik der Prodi-D'Alema-Regierung, einer dubiosen, äußerst gefährlichen und vielleicht sogar selbstmörderischen Politik. Das ist eine Regierung, die mit den Hisbollah befreundet ist und mit Hamas Gespräche führt, ganz zu schweigen von der Unterstützung für Hugo Chávez und Evo Morales oder den fragwürdigen Verhandlungen, die mit den Taliban geführt wurden, um die Freilassung eines Journalisten zu erwirken. All das steht im Widerspruch zur Verbesserung der transatlantischen Beziehungen und lässt auch die europäische Politik zweideutig erscheinen.

Ich denke, das Europa der Völker, das wir zu repräsentieren versuchen, will sich den USA bestimmt nicht in allen Bereichen unterordnen, beispielsweise in Bezug auf die GVO, die Handelspolitik oder das Problem mit der Türkei, das die USA noch einmal überdenken sollten. Ich glaube vielmehr, die Beziehungen Europas zu den USA sollten in eine Politik der uneingeschränkten Solidarität, des gegenseitigen Vertrauens und der Loyalität eingebettet werden, getreu der Vorstellung von Edmund Burke, denn was uns verbindet, das sind die tief empfundene Werte, die wir mit dem tief verwurzelten, authentischen Amerika teilen, das in seinen Traditionen und in seinen historischen, religiösen und kulturellen Werten verankert ist.

 
  
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  Georgios Karatzaferis (IND/DEM). – (EL) Herr Präsident! Es ist nicht lange her, seit Bush mit direktem Bezug auf Europa sagte, wer nicht mit ihm sei, sei gegen ihn. Nicht einmal Hitler hat so etwas gesagt.

Vergessen wir jetzt die Worte dieses Erpressers und laufen ihm hinterher, um mit ihm zusammenzuarbeiten? Hat der Kongress eine entsprechende Resolution für uns verabschiedet? Kann es sein, dass wir vergessen haben, wie sich diese Person und dieser Staat im Zusammenhang mit deren Geheimflügen über Europa verhalten haben? Was für eine Art der Zusammenarbeit streben wir denn für die europäische Industrie und Wirtschaft an, wenn Amerika sich so skrupellos verhält? Unsere Industrien halten die Kyoto-Bestimmungen ein, die Amerikaner nicht. Wie soll es da irgendeine Zusammenarbeit geben? Wie soll es eine Zusammenarbeit geben, wenn wir eine „teure“ Währung haben und im Gegensatz zu den Amerikanern nichts exportieren können?

Wenn wir im transatlantischen Handel zusammenarbeiten wollen, dann müssen wir die beiden Währungen anpassen. Wir können uns diesen Luxus nicht leisten. Auf der Welt werden nur die amerikanischen Produkte verkauft. Wenn wir wirklich wollen, dass die Träume Europas, nämlich Freiheit, Demokratie und internationale Beziehungen, wahr werden, dann sollten wir den Rücktritt von Wolfowitz und Bush fordern.

 
  
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  Jonathan Evans (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Als Vorsitzender des Transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber (TLD) durfte ich vergangenen Dienstag die parlamentarische Delegation leiten, die den Kongress in Washington über die Ergebnisse des Nichtständigen Ausschusses über die behauptete Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechtswidrige Festhalten von Gefangenen informierte. Wir haben eine klare Antwort des Vorsitzenden des Unterausschusses für internationale Organisationen, des Kongressabgeordneten Delahunt aus Massachusetts, erhalten, der uns nicht nur seine Unterstützung zusicherte, sondern dem Parlament auch für seine Arbeit in dieser Angelegenheit dankte.

Dies war das erste Mal, dass eine solche Sitzung, in diesem Fall vom Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, im Rahmen des TLD und im Plenarsaal des Kongresses durchgeführt wurde. Wie unser Berichterstatter, Herr Fava, unseren amerikanischen Kollegen gegenüber betonte, ist es dem Kongress hoch anzuerkennen, dass er als erstes parlamentarische Gremium den Ausschuss des Parlaments aufgefordert hat, es über seine Ergebnisse zu unterrichten und diese mit ihm zu erörtern. Gleichzeitig haben wir die europäischen Regierungen und die nationalen Parlamente dafür kritisiert, dass sie dem Beispiel des Kongresses bis heute nicht gefolgt sind.

Wie ich dem Kongress sagte, sind wir Verbündete mit gemeinsamen Werten, wie der Freiheit, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit, aber um diese Werte weltweit fördern zu können, müssen wir sicherstellen, dass sie in unseren eigenen Ländern gewahrt werden. Ich hoffe, dass diese Initiative des Kongresses im Rahmen des TLD in den nächsten Wochen und Monaten von anderen Ausschüssen dieses Hauses aufgegriffen wird.

Am Wochenende wird eine kleine Delegation des Parlaments unter meiner Leitung nach Washington reisen, um dort am Rande des am Montag stattfindenden Gipfeltreffens EU-USA hochrangige Gespräche zu führen. Ich weiß, dass der Rat und die Kommission es als vorrangige Aufgabe betrachten, wesentliche Verbesserungen im Hinblick auf die Vertiefung und die Regelmäßigkeit des transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber zu erreichen. Im Zuge der Vorbereitung auf dieses Gipfeltreffen wurden mehrere Vorschläge vorgelegt. Erst am Montag wird sich zeigen, wie viele dieser Vorschläge praktisch umsetzbar sind. Doch es ist sehr wichtig, dass in der Erklärung des Gipfeltreffens klar zum Ausdruck gebracht wird, dass der Dialog intensiviert werden muss.

Zum Abschluss möchte ich darauf hinweisen, dass die drei Präsidenten – Kommissionspräsident Barroso, Präsident Bush und Bundeskanzlerin Merkel – eine offizielle Informationsveranstaltung mit dem Transatlantischen Wirtschaftsdialog und führenden internationalen Wirtschaftsvertretern durchführen werden, bisher aber noch kein solches Treffen mit US- oder EU-Gesetzgebern geplant haben. Ich hoffe, dass dieses Versäumnis bei künftigen Gipfeltreffen nicht mehr vorkommen wird.

 
  
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  Der Präsident. – Ich wünsche Ihrer Delegation viel Erfolg, Herr Evans.

 
  
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  Hannes Swoboda (PSE). – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich noch gut an eine der ersten Reden von Präsident Barroso erinnern, in der er gemeint hat, wir müssten den Vereinigten Staaten von Amerika auf Augenhöhe begegnen. Ich finde das absolut richtig! Wir brauchen eine wirtschaftliche Partnerschaft. Ich bin durchaus dafür, einen gemeinsamen Markt herzustellen, der auch die allgemeinen internationalen Regeln – z. B. der WTO – anerkennt.

Was aber nicht akzeptabel ist – darauf wurde bereits hingewiesen –, ist, dass Amerika – zumindest die Regierung Bush – gelegentlich und in letzter Zeit sogar öfter versucht, jenseits der Beschlüsse der Vereinten Nationen und der anderen Regeln Druck auf Wirtschaftsunternehmen in Europa auszuüben und ihnen vorzuschreiben, wie sie sich zu verhalten haben.

Es gibt einen konkreten Fall in Österreich, der auch schon erwähnt wurde. Die neuen Eigentümer einer großen österreichischen Bank – der BAWAG – werden gezwungen, alle Geschäftsbeziehungen zu Kubanern abzubrechen. Das ist ein Skandal! Nicht die amerikanische Regierung hat zu entscheiden, wie europäische Banken zu agieren haben, so wie nicht wir zu entscheiden haben, wie amerikanische Banken zu agieren haben. Ich erwarte hier von der Kommission oder vom Rat eine klare Stellungnahme!

In einer anderen Angelegenheit habe ich in diesem Zusammenhang von der Kommission eine durchaus klare Antwort erhalten. Die Antwort des Ratssekretariats war etwas vage. Hier sollte man eine eindeutige Haltung einnehmen, gerade um nicht den Antiamerikanismus zu schüren, sondern um ein positives und korrektes Verhältnis zwischen Europa und Amerika zu erhalten.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Herr Wolfowitz zurücktreten soll. Jemand, der gegen Korruption kämpft, muss eine reine Weste haben! Auch das sollte von Amerika und der Europäischen Union gemeinsam geregelt werden.

(Beifall von links)

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki (ALDE). – (FI) Herr Präsident! Es ist eine gute Sache, dass auf beiden Seiten des Atlantiks die Notwendigkeit anerkannt wird, die Brücken der Zusammenarbeit wieder aufzubauen. Ein gemeinsames Wertesystem und eine gemeinsame Geschichte bilden bis heute die Grundlage für die transatlantischen Beziehungen. Wir müssen allerdings erkennen, dass uns Verdienste und Errungenschaften aus der Vergangenheit nicht viel helfen werden.

Während des Zweiten Weltkrieges und danach haben uns gemeinsame Vorstellungen von den Menschenrechten geeint. Heute denke ich, dass wir hinterfragen müssen, was aus diesen gemeinsamen Vorstellungen geworden ist. Wenn der Kampf gegen den Terrorismus erfolgreich sein soll, dann sollten wir nicht die Rechte und Grundfreiheiten der Bürger opfern, und ich hoffe, dass auch darüber beim Gipfel gesprochen wird.

Die Kongresswahlen im Herbst des vergangenen Jahres kündeten von einem neuen Geist, und der hier vorgetragene Gedanke, Nancy Pelosi einzuladen, damit sie hier zu uns im Parlament spricht, ist meiner Meinung nach unbedingt unterstützenswert. Das würde einen Beitrag dazu leisten, die Brücken der Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und dem Kongress zu stärken.

 
  
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  Miloslav Ransdorf (GUE/NGL).(CS) Danke, Herr Präsident! Die gegenwärtige Lage im Irak beweist, wie Recht der US-amerikanische Denker Santayana hatte, als er feststellte, dass wer nicht aus seiner Geschichte lernen will, dazu verdammt ist, sie zu wiederholen.

Als es darum ging, den Irak anzugreifen, weigerten sich einige Länder, beispielsweise Frankreich, Deutschland und Belgien, mit dem Vorhaben etwas zu tun haben. Verteidigungsminister Rumsfeld unterteilte seinerzeit Europa in neu und alt und missbilligte die Haltung von Ländern wie Frankreich und Deutschland. In Wirklichkeit waren die Länder, die den Angriff auf den Irak unterstützten, die Länder des alten Europa. Sie waren die Länder, die faktisch an den Traditionen der Kolonialkriege und der Arroganz der Mächtigen festhielten.

Ich bin der Meinung, dass das neue Europa auf Vorstellungen von Toleranz, Dialog und gegenseitigem Verständnis von Kulturen beruht, ohne die großen Errungenschaften unseres Kontinents aus den Augen zu verlieren. Wenn die EU heute die Stimme der Vernunft und der Menschenwürde ist, dann können wir meines Erachtens hoffen, dass auch die USA sich nach ihren nächsten Präsidentschaftswahlen der Stimme der Vernunft und der Menschenwürde anschließen werden.

 
  
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  Paul Marie Coûteaux (IND/DEM). – (FR) Herr Präsident! Was wir seit heute Morgen über die so genannten transatlantischen Beziehungen zu hören bekommen – ein recht irreführender Ausdruck, denn unsere Hauptstädte unterhalten sehr unterschiedliche Beziehungen zu den Vereinigten Staaten – klingt nicht sehr vertrauenerweckend.

In Wahrheit verdeckt dieser Ausdruck nur dürftig eine Beziehung der Unterordnung, die mir zudem noch zuzunehmen scheint. In allen Bereichen geben wir nach. Ob es sich um die Weitergabe personenbezogener Daten für verschiedene Zwecke handelt, ob es sich um diese erstaunlichen Souveränitätsverzichte in Form der geheimen CIA-Gefängnisse handelt, die für ganz Europa eine Schande sind, oder sonstige Affären dieser Art, die übrigens viel zu schnell in Vergessenheit geraten. Ob es sich um unsere Nachgiebigkeit handelt, sogar den Ausdruck „internationale Gemeinschaft“ zu akzeptieren, hinter dem sich kaum etwas anderes verbirgt als die imperiale Macht und ihre Komplizen, oder ob es sich um die im Übrigen zu wenig bekannte Position handelt, die die USA-Botschaft in den zentralen Organen der Union einnimmt, diese Beziehungen können nur schwer über die Unterschiede in den Interessen, den Grundsätzen und der Weltsicht hinwegtäuschen.

Ich appelliere an die Mitgliedstaaten, gegenüber Washington, wie es Frankreich mit wechselndem Erfolg versucht, etwas mehr Würde und Unabhängigkeitsstreben zum Wohle ganz Europas an den Tag zu legen.

 
  
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  Alexander Radwan (PPE-DE). – Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche heute insbesondere für den Wirtschafts- und Währungsausschuss. Hier geht es um die Finanzmärkte. Bei den Finanzmärkten sind wir ja von europäischer Seite schon sehr lange in einem internationalen, in einem transatlantischen Beziehungsgeflecht. Darum spreche ich ein Stück weit auch als Praktiker zu einem Projekt der europäisch-amerikanischen Kooperation im Wirtschaftsbereich, das wir begrüßen und unterstützen.

Es gibt hier einige Bedingungen und Erfahrungen, insbesondere im Bereich der Gesetzgebung. Ich nenne hier als Stichworte Basel II und AFAS. Ich richte mich insbesondere auch an den Rat, Herr Gloser: Wir müssen hier darauf achten, dass die Rechte des Parlaments, die Rechte Europas entsprechend gewürdigt werden, um gleichberechtigt mit den Amerikanern die Regeln festzulegen. Bei Basel II hatten wir ja die Situation, dass die Amerikaner am Schluss beschlossen haben, dieses Paket nicht umzusetzen.

Es geht um die Frage der Regulierung. Wo wird hier welche Regulierung angewendet? Stichwort Sarbanes-Oxley. Wir haben die Kommission mehrfach angesprochen, was die entsprechenden Konsequenzen des Einstiegs der newest stock exchange bei Euronext sind. Kommt die amerikanische Regulierung? Die Kommission hat bisher gesagt, dass das der Kapitalmarkt entscheidet.

Mit BAWAG haben wir ein aktuelles Beispiel, in dem die amerikanische Regulierung unmittelbar in den europäischen Markt hineingeht, um ihn unabhängig von den Vorgaben Europas zu regeln. Dagegen muss die Kommission einmal eindeutig Position beziehen und fragen, wie sie sich das vorstellen. Dies gilt natürlich auch für den Rat, sehr geehrter Herr Gloser. Das Stichwort ist SWIFT. Auch hier hat die amerikanische Regulierung die europäischen Vorgaben verdängt.

Ich fordere die Kommission auf, endlich einmal etwas im Bereich der Hedge-Fonds zu machen! Die Amerikaner gehen in diesen Bereich hinein. Wir haben nationale Diskussionen. Es ist ein globales Thema, es wird vorangetrieben, die Kommission schweigt intensiv dazu. Der zuständige Kommissar sagt regelmäßig: Das ist der Markt!

Wenn internationale Kooperationen zusammenwachsen, geht es insbesondere auch darum, dass die parlamentarische Kontrolle dabei nicht ausgehebelt wird. Das sage ich insbesondere mit Blick auf den Rat. Ausgehend von den Komitologiediskussionen und dem demokratiefeindlichen Verhalten der auswärtigen Ämter in Europa möchte ich insistieren, dass das Parlament zukünftig bei solchen Projekten rechtzeitig einbezogen wird und nicht vor vollendete Tatsachen gestellt wird!

 
  
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  Martine Roure (PSE). – (FR) Herr Präsident! Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres hat vergangene Woche eine Delegation entsandt, die sich als sehr nützlich erwiesen hat, um Fragen der Visabefreiung und des Datenschutzes, vor allem im Zusammenhang mit der Aushandlung eines PNR-Abkommens, und natürlich die Probleme mit SWIFT zu erörtern. Es ist bedauerlich, dass wir nach Washington reisen müssen, um Antworten auf die Fragen zu erhalten, die wir erfolglos unseren eigenen Institutionen gestellt haben

Für das Europäische Parlament ist es unerlässlich, einen Unterschied zwischen den Verhandlungen für die Visabefreiung und denen über die PNR-Daten zu machen. Die von der Visabefreiung ausgeschlossenen Staaten werden erpresst. Zu diesen zwei Themen ist keine bilaterale Verhandlung akzeptabel. Denkbar sind nur Abkommen auf EU-Ebene. Die US-amerikanischen Bürger sind durch die europäischen Datenschutzvorschriften geschützt, aber die US-Rechtsvorschriften schließen die Europäer aus und sehen keinerlei Rechtsbehelf für sie vor.

Daher muss Europa meiner Meinung nach die Aushandlung eines globalen Abkommens über den Austausch und den Schutz personenbezogener Daten mit den Vereinigten Staaten vorschlagen. Wir müssen die Daten unserer Bürger schützen.

 
  
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  Jerzy Buzek (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Die EU-Mitgliedstaaten schwanken heute zwischen zwei Extremen: Reserviertheit und Distanz gegenüber den USA oder rückhaltlose Unterstützung, die sich über europäische Interessen hinwegsetzt. Beides ist nicht der richtige Weg. Die Antwort auf die ewige Frage – mehr Wettbewerb oder mehr Zusammenarbeit mit den USA – ist klar. Eine sachdienliche und vernünftige Zusammenarbeit ist heute sowohl für die USA als auch die EU die einzige Option.

Beginnen wir mit der rückhaltlosen und klar definierten Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft und Technologie. Es besteht keine Notwendigkeit, Forschung dort zu betreiben, wo dies auf der anderen Seite des Atlantiks bereits geschehen ist. Wir sind z. B. auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien weiter fortgeschritten, die USA wiederum bei den sauberen Kohletechnologien.

Wir sollten unsere Märkte für die jeweils andere Seite vollständig öffnen und Technologien austauschen. Auch sollten wir im Rahmen des Siebten Europäischen Rahmenprogramms und der US-amerikanischen National Science Foundation stärker zusammenarbeiten. Hören wir doch damit auf, so verbissen um die Öl- und Gasmärkte zu wetteifern. Verständigen wir uns lieber auf ein gemeinsames Vorgehen. Diversifikation ist für beide Seiten des Atlantiks wichtig.

 
  
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  Andrzej Jan Szejna (PSE). – (PL) Herr Präsident! Die Beziehungen zwischen zwei so bedeutenden Weltmächten wie den USA und der EU haben stets viele Emotionen hervorgerufen – nicht nur wegen ihrer Auswirkungen auf die internationale Ordnung, sondern auch wegen ihres komplexen Charakters und des Ausmaßes der damit verbundenen Probleme.

Die in der Entschließung angesprochenen Fragen sind von wesentlicher Bedeutung und sollten auf dem bevorstehenden Gipfel umfassend erörtert werden. Das Engagement beider Partner für eine Zusammenarbeit zur Stärkung des transatlantischen Marktes ist sehr positiv. Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass diese Beziehungen neuen Schwung brauchen und dies durch die Aktualisierung der Neuen Transatlantischen Agenda erreicht werden kann.

Wir beobachten zurzeit eine enorme Zunahme der internationalen Konkurrenz durch solche Länder wie China, Indien oder Russland. Deshalb liegt eine Verbesserung unserer Handels- und Wirtschaftskooperation durch ein gemeinsames methodisches Vorgehen und die Vermeidung rechtlicher Diskrepanzen im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung sowohl der EU als auch der USA.

Ich möchte auf einen weiteren wichtigen strittigen Punkt in den Beziehungen zwischen der EU und den USA aufmerksam machen, nämlich das Raketenabwehrsystem. Wir müssen öffentlich klären, ob NATO und EU im Rahmen einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik nicht eine gemeinsame politische Entscheidung in puncto Raketenabwehrsystem treffen sollten. Zwar teile ich die Auffassung, dass wir die Vereinigten Staaten in ihrem Kampf gegen den Terrorismus und für die internationale Sicherheit unterstützen müssen, doch sollten wir keine neue Spaltung in Europa zulassen, wie sie beispielsweise in Bezug auf die Visaregelung in der Europäischen Union immer noch besteht. Die Bürger der neuen Mitgliedstaaten und Griechenlands werden bei Reisen in die USA nach wie vor diskriminiert. Ich fordere dazu auf, den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit und der Nichtdiskriminierung zu respektieren.

 
  
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  Bogdan Klich (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Wir fordern nun schon seit mehreren Jahren, dass die Vereinigten Staaten die Visabeschränkungen für die Bürger einiger Mitgliedstaaten aufheben. Fehlende Fortschritte haben jedoch bei den betroffenen Ländern – darunter auch Polen – zu verständlicher Enttäuschung geführt. Es geht nicht an, dass die Vereinigten Staaten mit ihrer Visumpolitik die Bürger Europas in Bürger erster und zweiter Klasse einteilen, indem sie einer Gruppe erlauben, ohne Visum in die USA einzureisen, während die anderen nach einem Visum Schlange stehen müssen.

Seit Dezember vergangenen Jahres jedoch signalisieren die USA Bereitschaft, Änderungen am Visa-Waiver-Programm vorzunehmen, wie sowohl aus dem Kapitol als auch aus dem Außenministerium und dem Ministerium für Innere Sicherheit zu vernehmen war. Wir müssen diese Chance nutzen und die USA auf dem bevorstehenden Gipfel nachdrücklich auffordern, die Visumpflicht für alle EU-Bürger endlich aufzuheben. Ich appelliere an den Ratsvorsitz und die Kommission, dies zu tun. Wir müssen außerdem sicherstellen, dass der Austausch von personenbezogenen Daten von Bürgern, die in die USA reisen, nicht gegen die Datenschutzbestimmungen verstößt.

 
  
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  Helmut Kuhne (PSE). – Herr Präsident! Herr amtierender Ratspräsident, ich beziehe mich nochmals ausdrücklich auf Ihre Ankündigung, dass die Forderung der Ausdehnung des „Visa Waiver Programme“ auf alle EU-Bürger Gegenstand auf dem Gipfel sein wird. Das ist eine sehr wichtige Ankündigung, denn wenn dies zustande kommt, können alle EU-Bürger hier praktische Auswirkungen europäischer Politik erfahren, und die angesprochene Spaltung, die in dieser Frage zwischen unseren Bürgern herrscht, kann aufgehoben werden.

Zum Thema Sicherheitspolitik: Wir Europäer können durchaus stolz darauf sein, dass der politische Ansatz, den wir ins Gespräch gebracht haben – die Kombination zwischen Diplomatie, Druck und Angeboten an den Iran –, mittlerweile die gemeinsame Politik zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten ist und dass dieser Ansatz derjenige war, der die Weltgemeinschaft geeint hat. Andere Ansätze hätten die Weltgemeinschaft auseinandergetrieben.

Aber wenn es eine gemeinsame Politik gibt, dann ergibt sich natürlich in Bezug auf das mehrfach angesprochene Raketenabwehrprogramm eine Frage. Wenn wir denn davon überzeugt sind, dass dieser gemeinsame Ansatz erfolgsträchtig ist, dann ist vor einer Debatte über die Stationierung sowie darüber, wer alles daran beteiligt wird, Folgendes zu klären: Wenn es möglich ist, den Iran mit friedlichen Mitteln auf dem Verhandlungswege dazu zu bringen, auf eine nukleare Rüstung zu verzichten, warum ist dann eine Entscheidung über die Stationierung jetzt überhaupt schon notwendig? Zur Klärung dieser Frage habe ich bisher von keinem der an dieser sicherheitspolitischen Diskussion Beteiligten irgendetwas gehört. Ich wäre sehr glücklich, wenn diese Frage auch auf die Tagesordnung gesetzt würde.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Wie Frau Merkel sagte, brauchen wir eine neue ehrgeizige Wirtschaftspartnerschaft zwischen den USA und der Europäischen Union, aber diese Partnerschaft muss Hand in Hand gehen mit einer neuen ehrgeizigen Umweltpartnerschaft.

Auf dem jüngsten Treffen der Umweltminister der G8 stimmten die transatlantischen Partner dem durch wissenschaftliche Stellen überprüften Bericht von 2 500 internationalen Wissenschaftlern zu, der besagt, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel immer schneller voranschreitet und dass der Klimawandel nicht nur für die natürliche Umwelt, sondern auch für das Wirtschaftswachstum und die Wirtschaftsentwicklung, die weltweite Armut, die internationale Sicherheit und die Energieversorgung Konsequenzen hat. Alle Teilnehmer waren sich darin einig, dass der Klimawandel „unverzügliches Handeln“ und „rasche und entschlossene politische Maßnahmen“ erfordert. Bedauerlich, wenn auch keineswegs überraschend war dagegen, dass unterschiedliche Auffassungen darüber bestanden, wie diese politischen Maßnahmen aussehen sollten. In Ziffer 16 unseres Entschließungsantrags wird Enttäuschung darüber zum Ausdruck gebracht, dass sich die Vereinigten Staaten geweigert haben, über Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen und die Schaffung eines weltweiten CO2-Handelssystems zu verhandeln.

Doch vor dem Hintergrund des Stern-Berichts, der jüngsten Wahlen in den USA, des IPCC-Berichts und des wachsenden Drucks der Bürger auf beiden Seiten bin ich davon überzeugt, dass der transatlantische Dialog und die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Klimawandels zunehmen und zu einer Vereinbarung für die Zeit nach Kyoto ab 2012 führen werden und müssen, die auch von den USA mitgetragen wird.

 
  
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  Adrian Severin (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich komme aus einem Teil Europas, in dem Amerika immer als europäische Macht angesehen wurde und daran hat sich bis heute nichts geändert.

Es gibt kein globales Problem, vom Nahen Osten bis zum Balkan, von der Energieversorgung bis zum Klimawandel, das nicht gelöst werden könnte, wenn die Europäische Union und die Vereinigten Staaten gemeinsam handeln. Dies sollte der wichtigste Grundsatz sein, auf dem die transatlantische Partnerschaft aufbaut.

Die demokratischen Konzepte und die Rhetorik der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union sind oft unterschiedlich, aber dies sind nur zwei Dialekte derselben Sprache und diese Sprache hat ihre Wurzeln in denselben Grundwerten. Darauf müssen wir aufbauen und auf dem Gipfeltreffen müssen wir unsere amerikanischen Freunde auffordern, zu dem Grundsatz „wenn möglich gemeinsam, wenn nötig allein“ zurückzukehren und die vermehrt anzutreffende Haltung „wenn möglich allein, wenn nötig gemeinsam“ aufzugeben.

Eines der Probleme des transatlantischen Dialogs besteht darin, dass wir nicht mit einer Stimme sprechen. Gleichzeitig ist es problematisch, dass wir häufig nicht klar erkennen, dass es in Amerika unterschiedliche Denkansätze gibt. Wir müssen diejenigen unterstützen, die zur Realität zurückkehren wollen, und denjenigen entgegentreten, die weiterhin einen neokonservativen Unilateralismus verfolgen wollen.

Wenn uns dies gelingt, müssen wir die notwendigen Schritte unternehmen, um Asymmetrien und Ungleichgewichte in den Bereichen Forschung, technologischer Fortschritt und Verteidigungsausgaben zu beseitigen.

Abschließend möchte ich sagen, dass die ehrgeizigen Ziele der deutschen Ratspräsidentschaft für eine transatlantische Partnerschaft unsere Anerkennung verdienen. Es ist an der Zeit, dass wir uns für eine transatlantische Freihandelszone einsetzen, die den Weg für eine institutionalisierte transatlantische Zusammenarbeit ebnen kann. Wir brauchen mehr Partnerschaft und weniger Rivalität.

 
  
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  Georgios Papastamkos (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten gehören bekanntlich zu den Schlüsselfiguren in der Welthandelspolitik. Als Mitglied des Ausschusses für internationalen Handel möchte ich sagen, dass das Verständnis zwischen den beiden Partnern sowie das harmonische und funktionelle Verhältnis zwischen ihnen nicht nur zu für beide Seiten positiven Ergebnissen führen. Es überträgt sich auf das allgemeine multilaterale Handelssystem und beeinflusst das Handelsgleichgewicht auf der ganzen Welt, und zwar nicht im Hinblick auf politische Macht, sondern auf wirtschaftliche Interdependenz.

Je mehr wir die handelspolitische Konvergenz stärken, desto sichtbarer werden die Auswirkungen, die dies auf die internationale wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit haben wird. Wenn man das multilaterale Handelssystem im Rahmen der WTO ablehnt, dann bleibt nur die Alternative, das Welthandelssystem zu zersplittern und keine andere Möglichkeit mehr zu haben, als zum Bilateralismus zurückzukehren.

Meine Damen und Herren, würden die Disziplinen der WTO einen liberalisierten Europa-Atlantik-Markt tolerieren, der derzeit 40 % des Welthandels ausmacht? Was würde dies für andere Länder bedeuten, insbesondere die Entwicklungsländer?

 
  
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  Richard Falbr (PSE).(CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! In ihrer gesamten Geschichte sind die tschechischen Feuerwehrleute mit zwei Konzepten der US-amerikanischen Außenpolitik in Konflikt geraten, nämlich dem Konzept des Leuchtturms und dem Konzept des Kreuzritters. Die Monroe-Doktrin von 1823 und das Vorgehen von Roosevelt im Jahre 1904, mit anderen Worten, das Recht zu intervenieren und die tatsächlichen Interventionen in der Karibik – Haiti, Panama, Dominikanische Republik, Kuba und Guatemala –, sind anschauliche Beispiele für eine jahrhundertealte Doktrin, die jetzt wieder zum Leben erweckt wurde. Seit dem folgenschweren NATO-Gipfel in Washington zum Zeitpunkt der Bombardierung Serbiens ist klar, dass die USA ohne den Sicherheitsrat und die NATO handeln können.

Die Globalisierung der militärischen Intervention hat sich parallel zur Globalisierung der Wirtschaft entwickelt. Die Bush-Regierung ist somit um einhundert Jahre zurückgegangen. Dies darf nicht weitergehen. Vielmehr müssen die USA daran erinnert werden, dass „Völkerrecht nicht in den Papierkorb gehört, Folter kein Instrument ist, das glaubwürdige Resultate erbringt, und Demokratie nicht durch den Gebrauch von Bajonetten exportiert werden kann und darf“.

Ich sage „Ja“ zu transatlantischen Beziehungen, aber auf Augenhöhe, ohne die Art von unterwürfigem Verhalten, das einige neue Mitgliedstaaten typischerweise an den Tag legen.

 
  
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  Antonio Tajani (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute feiern wir in Italien den Tag der nationalen Befreiung, das Ende von Diktatur und Krieg. Wir könnten jedoch des 25. Aprils 1945 nicht gedenken, wenn nicht auch Tausende junger Amerikaner ihr Leben geopfert hätten. Ohne den Einsatz der USA hätte Europa, nach dem Nationalsozialismus, nicht auch noch den Kommunismus besiegen können.

Wenn wir über transatlantische Beziehungen sprechen, dürfen wir nicht das Land vergessen, das für unsere Freiheit gekämpft hat, weil es die Grundwerte unserer westlichen Gesellschaft teilt. Deshalb müssen unsere Beziehungen zur bedeutendsten Demokratie der Welt ein Schlüsselelement der europäischen Politik sein, von der Sicherheit und der Terrorismusbekämpfung bis zum Kampf gegen Drogenhandel, von der Suche nach Energiesicherheit bis zur Frage des Klimawandels.

Vor diesem Hintergrund muss Europa den Merkel-Vorschlag, der auf die Schaffung einer transatlantischen Freihandelszone abzielt, unterstützen. Ich bin außerdem davon überzeugt, dass die zukünftige Aufstellung einer europäischen Armee nicht in Konflikt zur NATO geraten muss, die ein nützliches Instrument für die UNO und für unser aller Sicherheit ist.

Doch so wie Europa die Vereinigten Staaten braucht, können die Vereinigten Staaten auch nicht auf ein starkes Europa verzichten, das ein ehrlicher, glaubwürdiger und zuverlässiger Partner sowie ein unverzichtbarer Vorkämpfer bei der Verteidigung der gemeinsamen Werte sein kann, auf die sich sowohl unsere Demokratien als auch die Demokratie der USA gründen.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit sehr kurz fassen, mich jedoch ausdrücklich bei Ihnen für die engagierte und offene Debatte bedanken.

Ein wesentlicher Punkt ist dabei doch herausgekommen: Es ist besser, miteinander zu reden, als übereinander zu reden. Die Art und Weise, wie Kontakte zwischen Parlamentariern dieses Hauses und Abgeordneten des Kongresses stattfinden, zeigt, dass man nur voneinander lernen und besser verstehen kann, wenn man miteinander spricht.

Die transatlantischen Beziehungen waren in der Vergangenheit wichtig, und sie sind auch in der Zukunft wichtig, vor allem angesichts der Herausforderungen, die wir in der Europäischen Union gemeinsam festgestellt haben – die Frage von Energie und Klimawandel, aber beispielsweise auch der Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Das Verhältnis zu anderen großen Wirtschaftsakteuren zeigt, dass wir all dies nur gemeinsam und nicht gegeneinander machen können. Kollegin Mann hat vorhin ausgedrückt, dass dabei weder offener Enthusiasmus noch Frustration helfen. Sie haben Pragmatismus angesprochen. Das ist der richtige Weg. Pragmatismus ist in einem ständigen Dialog mit den Vereinigten Staaten wichtig.

Es sind einige kritische Punkte angesprochen worden: Aspekte der Sicherheit für die Vereinigten Staaten, aber auch Aspekte der Europäischen Union, beispielsweise die Standards beim Datenschutz, die Frage der Passagierdaten und die Frage von SWIFT. Diese Themen werden auch offen angesprochen. Es wird nicht ausgewichen. Kommission und Präsidentschaft haben damals ausdrücklich gesagt, dass all dies mit den Amerikanern abzusprechen ist. Ich will auch noch einmal die Visa-Freiheit betonen. Es darf innerhalb der Europäischen Union keine unterschiedliche Behandlung in der Frage geben, wer die Möglichkeit hat, visafrei nach Amerika zu reisen. Diese Möglichkeit muss für die Bürger aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten, denn wir treten als Europäische Union gegenüber Amerika auf.

Lassen Sie mich noch auf einige kritische Bemerkungen eingehen. Ich glaube, dass es der Europäischen Union gelungen ist, bei bestimmten internationalen Konflikten vom Unilateralismus wegzukommen und zu einem Multilateralismus überzugehen. So ist es der Europäischen Union bei ihren Initiativen in Bezug auf den Iran gelungen, auch Amerika einzubinden – auch in Partnerschaft und Abstimmung mit China und Russland. Genauso sind wichtige Schritte gegangen worden. Ich weiß, Parlamentarier können nie damit zufrieden sein, was bis jetzt in Bezug auf den Nahen und Mittleren Osten erreicht worden ist. Aber nach dem Konflikt zwischen dem Libanon und Israel hat es ein intensives Werben gegeben, um das Nahost-Quartett wieder zu mobilisieren. Ein wichtiger Beitrag dazu ist, diese Dinge gemeinsam mit Amerika anzugehen. Ich hoffe, dass dieser gemeinsame Gipfel zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten dazu führen wird, eine tragfähige Grundlage für die Zukunft zu bilden, um dann auch kritische Dinge anzusprechen. Man muss nicht immer gleich davon ausgehen, dass ein Bündnis bzw. eine Beziehung beeinträchtigt ist, wenn man miteinander streitet.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Natürlich war diese Diskussion tiefgreifend, und ich erlaube mir, ein wenig länger als üblich zu sprechen. Es haben sich sehr viele interessante Ansätze ergeben, und ich bin der Meinung, dass es gut wäre, entsprechende Antworten zu geben.

Ich begrüße den Standpunkt des Parlaments, dass wir uns zusammen mit den Vereinigten Staaten darum bemühen sollten, multilaterale Lösungen für gemeinsame Herausforderungen zu finden. Ich teile dieses Anliegen uneingeschränkt. Ich möchte Ihnen versichern, dass wir uns intensiv darum bemühen sicherzustellen, dass in der Erklärung anlässlich des Gipfeltreffens EU-Vereinigte Staaten klar und deutlich unsere gemeinsame Entschlossenheit zum Ausdruck gebracht wird, die Vereinten Nationen zu stärken und sie mit den Mitteln auszustatten, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.

Auf dem Gipfeltreffen EU-USA werden wir die USA weiter dazu anhalten, zur Lösung von Krisen wie im Iran, im Sudan, in Afghanistan bevorzugt auf die Vereinten Nationen zurückzugreifen und selbstverständlich beim Friedensprozess im Nahen Osten den Ansatz des Nahostquartetts zu verfolgen.

Ein weiteres Beispiel ist der Klimawandel, dem wir nur auf multilateraler Ebene wirksam begegnen können. Wir werden uns auf dem Gipfel um die Unterstützung der USA bemühen, damit bei den von den Vereinten Nationen geforderten Gesprächen, die im Dezember auf Bali/Indonesien beginnen sollen, Verhandlungen über einen globalen Rahmen eingeleitet werden können.

Die Kommission hat immer wieder die Bemühungen der einzelnen Ratspräsidentschaften unterstützt, gegenüber den Vereinigten Staaten deutlich zu machen, dass wir uns uneingeschränkt zur Anwendung des Völkerrechts in humanitären Fragen und im Bereich der Menschenrechte bekennen müssen. Ich möchte daran erinnern, dass die EU Präsident Bush auf dem Gipfel 2006 zu der Erklärung veranlassen konnte, dass er die Schließung von Guantánamo wünscht und dass die verbleibenden Insassen entweder vor Gericht gestellt oder freigelassen werden müssen. Die Anliegen, die Sie zum Ausdruck gebracht haben, waren einer der Hauptgründe für den Beginn des Dialogs der EU-Troika mit dem Rechtsberater des US-Außenministeriums.

Ich begrüße auch die Idee des verstärkten Dialogs zwischen den Abgeordneten des Europäischen Parlaments und der Vereinigten Staaten. Der Dialog zwischen Parlamentariern beider Seiten ist eine wichtige Säule der Beziehungen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten. Die Kommission hat sich kontinuierlich darum bemüht, die Gesetzgebungsorgane stärker in die transatlantischen Beziehungen einzubinden, und hat dazu insbesondere den transatlantischen Dialog zwischen den Gesetzgebungsorganen eingerichtet. Die Angehörigen dieser Organe könnten ihre Position weiter stärken, wenn sie die TLD-Jahrestreffen unmittelbar vor den EU-USA-Gipfeltreffen organisieren würden, so wie dies beim transatlantischen Wirtschaftsdialog der Fall ist.

Wie stets hat sich die Kommission auch dieses Jahr darum bemüht, unsere amerikanischen Gastgeber dazu zu bewegen, die Gesetzgebungsorgane in die Veranstaltungen am Rande des Gipfels einzubeziehen. Soweit ich weiß, wollen die Vereinigten Staaten nach den derzeitigen Plänen die TLD-Vertreter zu einem Briefing der Gruppe hoher Beamter aus der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten am Nachmittag nach dem Gipfel einladen.

Wir beabsichtigen, dass in der neuen politischen Vereinbarung zur Förderung der Wirtschaftsbeziehungen auf beiden Seiten jeweils eine politische Persönlichkeit damit beauftragt wird, den Prozess des Gipfeltreffens zwischen den USA und der Europäischen Union voranzutreiben. Wir schlagen den Vereinigten Staaten vor, dass diese so genannten Ansprechpartner von einer kleinen informellen Gruppe beraten werden, der ausgewählte Persönlichkeiten aus Gesetzgebungsorganen, Wirtschafts- und Verbraucherverbänden angehören.

Unsere gemeinsamen Ziele für die Entwicklung und Nutzung umweltfreundlicher Energie beinhalten auf mittlere Sicht die folgenden Bereiche und werden sich allein darauf beschränken: Förderung der weitgehend emissionsfreien Kohlenutzung, Entwicklung und Einsatz von erneuerbaren Energieträgern, insbesondere von Biotreibstoffen, Förderung der Energieeffizienz. In jedem dieser Bereiche werden wir uns darum bemühen, sowohl für die Europäische Union als auch für die Vereinigten Staaten qualifizierbare Ziele festzulegen. Die EU wird auf der Grundlage der soliden politischen Plattform arbeiten, die auf der Tagung des Europäischen Rats vom 9. Mai vereinbart wurde.

In der Visa-Frage muss ich unterstreichen, dass die Zusage der US-Regierung, das System zu reformieren, begrüßenswert ist. Zum derzeitigen Zeitpunkt ist es aber verfrüht, zur Reform des Visaprogramms der USA Stellung zu nehmen. Wir müssen den endgültigen Text abwarten. Dieser könnte noch vor dem Sommer vom US-Kongress angenommen werden. Erst dann wird die Kommission in der Lage sein zu beurteilen, ob das neue Programm einen Fortschritt im Hinblick auf eine größere Gegenseitigkeit zwischen der EU und den Vereinigten Staaten darstellt.

Unser Standpunkt war von Anfang an klar: Alle EU-Bürger sollen visafrei in die Vereinigten Staaten einreisen dürfen, genau wie die US-Bürger bereits visafrei in die Europäische Union einreisen dürfen. Wir haben diese Frage gegenüber den Vereinigten Staaten auf allen Ebenen immer wieder angesprochen und gefordert, dass die Visafreiheit auf alle EU-Mitgliedstaaten ausgeweitet und damit die Gleichbehandlung aller EU-Bürger sichergestellt wird.

Die Verhandlungen zum Thema Fluggastdaten wurden am 26. Februar in Washington aufgenommen. Wir werden sie voraussichtlich bis Ende Juli, d. h. bis zum Ablauf des derzeitigen Fluggastdatenabkommens abschließen. Letzte Woche wurden weitere konstruktive Gespräche mit den Vereinigten Staaten geführt. Vizepräsident Frattini könnte Ihnen hierzu detaillierte Auskünfte geben.

Wir beabsichtigen, auch im Fall von SWIFT für ähnliche Sicherheitsmaßnahmen zu sorgen, mit denen sichergestellt wird, dass der Datenschutz für europäische Bürger in den Vereinigten Staaten in geeigneter Form gewährleistet ist. Wir arbeiten mit den USA weiterhin daran, langfristig eine Reihe allgemeiner Datenschutzgrundsätze zu vereinbaren. Der Dialog auf Expertenebene ist bisher erfolgreich gewesen. Wir sind aber noch nicht so weit vorangekommen, dass wir zu Verhandlungen über ein formelles Abkommen schreiten könnten.

Es wurde auch die Frage des Raketenschildes erwähnt. Ich schließe mich dem an, was Javier Solana dem Parlament am 29. März zu dieser Thematik gesagt hat, und zwar, dass die EU kein Verteidigungsbündnis ist und dass die Hoheitsgewalt in diesem Bereich gemäß den Verträgen bei den Mitgliedstaaten liegt. Das bedeutet jedoch nicht, dass die EU von dieser Angelegenheit völlig unberührt bleibt. Angesichts der Tatsache, dass die EU über eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und eine Sicherheits- und Verteidigungspolitik verfügt und dass es potenzielle Auswirkungen auf Fragen von gemeinsamem Interesse wie zum Beispiel auf die Beziehungen zwischen der EU und Russland gibt, erscheint es mir wichtig, dass eine Gelegenheit gefunden wird, hierzu auf EU-Ebene eine Debatte zu führen.

Die Frage der BAWAG ist eine interessante Frage, doch hat die Kommission bisher keine Angaben darüber, dass die BAWAG solche Maßnahmen tatsächlich umgesetzt hat. Hätte die BAWAG eine diesbezügliche Entscheidung getroffen, so hätte die Kommission darüber informiert werden müssen. Nach unseren Rechtsvorschriften ist es nicht möglich, eine derartige Extraterritorialität zu akzeptieren. Der Tatbestand ist noch unklar, aber im Allgemeinen lassen die Vorschriften der Europäischen Union solche Maßnahmen und eine derartige Exterritorialität nicht zu.

Wenn man von ökonomischen Kontakten spricht, bedeutet das keine bloße Deregulierung, sondern eine effektive Regelung der gemeinsamen Zusammenhänge, damit wir die wirtschaftlichen Potentiale beiderseits des Atlantiks auch wirklich nutzen können.

Ich bin ganz sicher – und in der Debatte kam das auch klar zum Ausdruck –, dass die Beziehungen und die Gemeinsamkeiten zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union von großer Bedeutung sind und es für Europa keine wichtigeren Beziehungen gibt. Es gibt fast keine wichtige Frage, in der Europa und die Vereinigten Staaten nicht gemeinsam involviert sind. Das heißt – dies ist auch klar gesagt worden –, dass wir den Vereinigten Staaten auf gleicher Augenhöhe gegenübertreten und einen wirklich rationellen Dialog führen sollten, dabei aber unsere gemeinsamen europäischen Werte nicht aus den Augen verlieren dürfen.

 
  
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  Der Präsident. – Herr Kommissar, ich danke Ihnen, dass Sie sich bemüht haben, Ihre ursprünglich sehr viel längere Rede möglichst zu kurz zu halten.

Ich teile Ihnen mit, dass ich gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung sieben Entschließungsanträge erhalten habe(1).

Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet heute zu einem späteren Zeitpunkt statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142 GO)

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. – (PT) Eines der bemerkenswerten Ereignisse zu Beginn der deutschen EU-Präsidentschaft war die Reise von Frau Merkel in die USA, bei der es darum ging, den Vorschlag Deutschlands für eine strategische Partnerschaft zwischen der EU, Deutschland und den USA mit dem Ziel einer „gemeinsamen Weltführerschaft“ zur erneuern, und das zu einer Zeit, in der die Bush-Regierung in erheblichen Schwierigkeiten steckt und zunehmend isoliert erscheint.

Im Rahmen der Rivalität/Einigung zwischen den führenden kapitalistischen Mächten Europas – mit Deutschland an der Spitze – und den USA lässt sich die derzeitige Sachlage als Versuch eines Neustarts der so genannten transatlantischen Beziehungen charakterisieren. Das für den 30. April angesetzte Gipfeltreffen EU-USA ist das Ergebnis von Bemühungen, Differenzen zu klären, Meinungsverschiedenheiten auszuräumen und die politischen, wirtschaftlichen und militärischen Strategien zu beiden Seiten des Nordatlantik neu auszurichten.

Einer der Hauptdiskussionspunkte auf der Tagesordnung, den Frau Merkel herausgegriffen hat, ist die Stärkung der so genannten neuen transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft mit dem Ziel, in den kommenden Jahren einen „transatlantischen Markt ohne Schranken“ zu verwirklichen.

Diese Bestrebungen – angeführt von Frau Merkel und ihrer rechts-sozialdemokratischen Koalition – erfolgen zu einer Zeit, da die USA ihre militärischen Wurzeln in Europa mit der Schaffung neuer Militärstützpunkte und mit ihren Plänen zur Errichtung von Raketenabwehrsystemen verstärken, was neue Bedrohungen für den Frieden darstellt.

Imperialistische Machenschaften ...

 
  

(1) Siehe Protokoll.


3. Kroatien: Fortschrittsbericht 2006 (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Herrn Swoboda im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Fortschrittsbericht über Kroatien 2006 (2006/2288(INI)) (A6-0092/2007).

 
  
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  Hannes Swoboda (PSE), Berichterstatter. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst bei meinen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere aus dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, für die wirklich sehr gute und fruchtbare Zusammenarbeit bedanken.

Auch allen kroatischen Vertretern, die sehr viel dazu beigetragen haben, den Weg Kroatiens in die Europäische Union vorzubereiten, möchte ich danken — dem Botschafter bei der Europäischen Union, dem Chefverhandler, der Außenministerin, vor allem aber Premierminister Sanader, der in den letzten Jahren seiner Regierungszeit sehr viel dazu getan hat, um die Vorbereitungen voranzutreiben. Mein Dank gilt aber auch dem ehemaligen Premierminister Račan — einem persönlichen Freund — der leider sehr schwer krank ist: Er hat damit begonnen, den Weg Kroatiens in die Europäische Union entsprechend vorzubereiten. All diese Personen sind nicht nur kroatische Persönlichkeiten, sondern europäische Persönlichkeiten, weil sie den Weg dafür ebnen, dass die gesamte Region Südosteuropa in die Europäische Union kommen kann, wenn die entsprechenden Kriterien erfüllt sind.

Manche haben mir die Frage gestellt, ob ich nicht zu freundlich zu Kroatien sei. Ja, ich bin diesem Land emotional sehr verbunden, aber ich sehe auch die kritischen Elemente — die Dinge, die noch zu erledigen sind. Ich bin somit dagegen, dass wir aus dem Bericht, so wie wir ihn vorliegen haben, manche kritischen Elemente einfach streichen. Wir sollen ehrlich sein zu Kroatien. Wir helfen Kroatien nicht, indem wir Dinge vertuschen, sondern wir helfen, indem wir auf die noch offenen Fragen aufmerksam machen.

Es ist schon viel begonnen worden, aber manche Reformen stehen noch aus, insbesondere was die Justizverwaltung, aber auch, was die Wirtschaftsreformen betrifft. Ich hoffe, dass trotz der Wahlen, die heuer stattfinden, diese Reformen voranschreiten. Ich freue mich über die erfolgte Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Das war ein wesentlicher Schritt, den Kroatien hier vollzogen hat, und ich würde mir wünschen, dass auch der Nachbar Serbien diesen Schritt tut. Dennoch muss diese Arbeit in der nächsten Zeit entsprechend fortgesetzt werden.

Auch die Flüchtlingsrückkehr ist noch nicht ganz abgeschlossen. Wenn man weiß, dass einige Dörfer weder Wasser- noch Stromversorgung haben, versteht man auch, dass eine Rückkehr für Flüchtlinge nicht unbedingt attraktiv ist. Da ist noch einiges zu tun.

Es gibt auch Grenzprobleme. Es ist kein Wunder, dass nach dem Zerfall Jugoslawiens die Grenzen nicht von vornherein zu 100 % festgelegt sind. Das Beste ist, wenn es bilaterale Lösungen gibt, d. h., wenn Kroatien mit seinen Nachbarn jeweils eine Lösung finden kann. Wenn aber eine solche Lösung mit dem einen oder anderen Land nicht möglich ist, so sollte man auch Dritte heranziehen, die vermitteln können, die auch einen Schiedsspruch treffen können, um die Probleme in einer europäischen Art und Weise zu lösen: nicht als einen Grundsatzstreit, sondern als eine konkrete wirtschafts- und staatspolitische Frage.

Ich habe in meinem Bericht ganz bewusst darauf hingewiesen, dass Kroatien alles daran setzen soll, die Verhandlungen bis 2008 abschließen zu können, damit dieses Parlament noch vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2009 seine grundsätzliche Zustimmung geben kann. Ob es möglich sein wird, dass wir wirklich aus Überzeugung zustimmen können, ist sicherlich eine Frage, die primär Kroatien zu lösen hat.

Die kroatischen Politikerinnen und Politiker der Regierung und der Opposition wissen, dass es heute immer schwieriger wird, die Zustimmung zu einer Erweiterung, zur neuen Mitgliedschaft zu bekommen, weil natürlich eine gewisse Müdigkeit eingetreten ist, was Erweiterungsfragen betrifft. Aber wir müssen ehrlich und anständig sein. Wir haben im Thessaloniki-Prozess klar und deutlich gesagt: Wenn die Kopenhagener Kriterien erfüllt werden und die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof gegeben ist, dann haben diese Länder auch einen Anspruch auf Mitgliedschaft. Kroatiens Mitgliedschaft könnte ein gutes Signal an die anderen Länder sein. Nicht, dass sie dann automatisch oder leichter Mitglied werden können. Aber sie können sehen, dass es, wenn ein Land seine Hausaufgaben erfüllt, möglich ist, Mitglied der Europäischen Union zu werden. Niemand von uns kann ein Interesse daran haben, in dieser Region ein Schwarzes Loch zu schaffen.

Wir bekennen uns eindeutig dazu, dass auch die Europäische Union ihre Hausaufgaben machen und durch eine entsprechende institutionelle Reform den Verfassungsprozess abschließen muss. Ich kann nur wiederholen, was Martin Schulz in seiner letzten Rede zu Frau Merkel in Brüssel gesagt hat: Der Rat und die Kommission müssen alles daran setzen, dass gleichzeitig und parallel zu den Verhandlungen mit Kroatien auch dieser Prozess abgeschlossen wird, so dass es Kroatien ermöglicht und nicht verwehrt wird, Mitglied der Europäischen Union zu werden. Wir dürfen auf die Vertiefung, auf die institutionelle Reform der Europäischen Union nicht verzichten. Beides sollte Hand in Hand geben, so dass wir dann wirklich als eine gestärkte Europäische Union Kroatien als neues Mitglied in diese Union aufnehmen können.

(Beifall)

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Namen der deutschen Ratspräsidentschaft danke ich Ihnen und insbesondere auch Ihnen, Herr Kollege Swoboda, für den ausgewogenen Entwurf für eine Entschließung des Europäischen Parlaments zum letzten Fortschrittsbericht der Kommission für Kroatien. Ich finde – das haben Sie ja auch in Ihren Ausführungen gesagt –, dass der Entwurf Licht und Schatten ebenso klar trennt wie der Fortschrittsbericht der Kommission selbst. Er wagt dabei auch die klare politische Positionierung, insbesondere zum Stand der Erfüllung der politischen Kopenhagener Kriterien. Das ist zu begrüßen.

Das Europäische Parlament leistet im Erweiterungsprozess wichtige Arbeit. Die aktive, kritische Begleitung durch das Europäische Parlament trägt klar zur Transparenz dieses Erweiterungsprozesses, aber auch zu seiner besseren Verankerung in der europäischen Bevölkerung bei. Wir wissen, dass es hier gelegentlich Kritik gibt, z. B. in Bezug auf das Tempo. Es ist wichtig, dass das Europäische Parlament diesen Prozess begleitet.

Es freut mich, dass sich die Auffassungen des Parlaments und des Rates in diesem Bereich weitgehend decken. Für die Fortsetzung des Erweiterungsprozesses im Sinne der Schlussfolgerungen des Europäischen Rats bleibt das enorm wichtig. Dabei spielt – Sie haben das erwähnt – der Gemeinsame Parlamentarische Ausschuss zwischen dem Europäischen Parlament und dem kroatischen Sabor eine herausgehobene Rolle. Auch dadurch können im Dialog Dinge transportiert werden.

Kroatien macht weiterhin gute Fortschritte auf seinem Weg in die EU, die Beitrittsverhandlungen schreiten voran. Aber selbstverständlich orientieren sich die Fortschritte in den Verhandlungen auch weiterhin daran, wie schnell Kroatien die Vorgaben aus dem Screening-Prozess und den Verhandlungen erfüllt.

Wie der Fortschrittsbericht der Kommission vom 8. November 2006 festhält, liegt trotz aller Fortschritte noch viel Arbeit vor Kroatien. Es sollte seine Bemühungen in bestimmten Bereichen weiter beschleunigen. Dies gilt – Herr Kollege Swoboda, Sie haben das angesprochen – insbesondere für die Reform des Justizwesens und der öffentlichen Verwaltung, die Bekämpfung der Korruption und das massive Eintreten für die Wirtschaftsreform. Erlauben Sie mir, auf einzelne Bereiche kurz einzugehen.

Wir stellen fest, dass bei der Justizreform zwar einige Fortschritte erzielt wurden, dass aber auch noch einige Probleme zu bewältigen sind. Es gilt hier nochmals zu unterstreichen: Der Aufbau einer unabhängigen, unparteiischen, zuverlässig arbeitenden, transparenten und leistungsfähigen Justiz ist von überragender Bedeutung. Ebenso ist er eine wesentliche Voraussetzung für die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und die ordnungsgemäße Anwendung des Gemeinsamen Besitzstands. Fortschritte in diesem Bereich sind wichtig für die Beurteilung der Bereitschaft Kroatiens für eine letztendliche EU-Mitgliedschaft.

Das Gleiche gilt für die Korruption, die weiterhin ein ernsthaftes Problem darstellt. Wir fordern auch hier nachdrücklich größere Anstrengungen, um Korruption zu verhindern, aufzudecken und wirksam zu verfolgen.

Eine professionelle, rechenschaftspflichtige, transparente und unabhängige öffentliche Verwaltung bildet die wesentliche Grundlage für die erfolgreiche Anwendung des Besitzstands. Sie ist außerdem von größter Bedeutung für alle Bürger und letztendlich auch für die Investoren, die ja notwendig sind. Das haben wir bei vorausgegangenen Beitritten ja auch erkannt.

Kroatien sollte deshalb seine Bemühungen um gutnachbarliche Beziehungen fortsetzen. Wir fordern daher nachdrücklich dazu auf, verstärkt darauf hinzuarbeiten, dass für alle noch ungeklärten bilateralen Fragen mit Nachbarländern – insbesondere für Grenzfragen – definitive Lösungen gefunden werden. Diese müssen für beide Seiten annehmbar sein.

Was die wirtschaftlichen Kriterien betrifft, so begrüßen wir, dass der Konsens über die wesentlichen Elemente der Wirtschaftspolitik insgesamt gewahrt wurde. Auch waren positive Indikatoren wie eine niedrige Inflationsrate, Wechselkursstabilität und eine Beschleunigung des Wachstums zu beobachten. Kroatien wird wahrscheinlich mittelfristig dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften in der Union gewachsen sein. Voraussetzung dafür ist aber, dass es seine Reformprogramme zielstrebig umsetzt und damit die noch verbleibenden Schwachstellen beseitigt. In diesem Zusammenhang haben wir Kroatien dazu aufgerufen, das Tempo der Strukturreformen, einschließlich der Unternehmensumstrukturierung, zu beschleunigen.

Schließlich stellen wir mit Befriedigung fest, dass Kroatien seine Fähigkeit, den acquis umzusetzen, verbessert hat. In den meisten Bereichen wurden Fortschritte erzielt, jedoch sind bei der Angleichung der Rechtsvorschriften und bei den Verwaltungskapazitäten insgesamt auch weiterhin entschlossene Bemühungen unerlässlich. In vielen Bereichen sind selbst die kurzfristigen Prioritäten der Beitrittspartnerschaft noch nicht verwirklicht.

Daher begrüßen wir sehr, dass Kroatien vor kurzem das Nationale Programm für die Integration Kroatiens in die Europäische Union verabschiedet hat. Dieses stellt eine aktualisierte Reaktion Kroatiens auf die Empfehlungen im Rahmen der Beitrittspartnerschaft dar. Wir sehen der Umsetzung des Programms erwartungsvoll entgegen.

Zum Abschluss sage ich nochmals herzlichen Dank für die Zusammenarbeit in Fragen der Erweiterung. Denn mit einer besonnenen Haltung trägt das Europäische Parlament nachhaltig zu einer vernünftigen Erweiterungspolitik bei. Ich freue mich darauf, diese Zusammenarbeit auch in Zukunft fortzusetzen. Es gibt ja noch einige Projekte, die wir gemeinsam lösen müssen.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (FR) Herr Präsident! Die Kommission begrüßt den Bericht von Herrn Swoboda über Kroatien. Es handelt sich um einen ausgewogenen Bericht, der die wichtigsten Herausforderungen behandelt, vor denen Kroatien vor allem im politischen Bereich auf dem Wege in die Europäische Union stehen wird. Ich bin gewiss, dass die Verabschiedung einer Entschließung zu diesem Bericht durch das Europäische Parlament einen wichtigen Beitrag zum Prozess der Erweiterung um Kroatien leisten wird.

Die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien sind gut in Gang gekommen. Der Screeningprozess wurde im Oktober 2006 erfolgreich abgeschlossen. Er gab einen Gesamtüberblick über den aktuellen Stand der Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstands sowie über die Fragen, die zusätzliche Anstrengungen erforderlich machen. Das Tempo, mit dem Kroatien auf dem Weg zum Beitritt voranschreiten wird, hängt weitgehend davon ab, inwieweit es in der Lage ist, alle notwendigen Kriterien zu erfüllen. Das ist keine leichte Aufgabe. Kroatien muss seine Rechtsvorschriften in Übereinstimmung mit den zahlreichen Vorschriften der Europäischen Union bringen und auf deren Umsetzung und Einhaltung bedacht sein. Zugleich muss es seine Anstrengungen zur Erfüllung der politischen und wirtschaftlichen Kriterien fortsetzen.

Sechs von 33 Verhandlungskapiteln wurden bislang eröffnet. Für zwei von ihnen wurden die Verhandlungen vorläufig abgeschlossen. Für neun Kapitel wurden Ziele festgelegt, die vor der Eröffnung der Verhandlungen in Sektoren wie Wettbewerbspolitik, öffentliches Auftragswesen und freier Kapitalverkehr, erfüllt sein müssen. Die Europäische Union und Kroatien sind dabei, ihre Verhandlungsposition in zahlreichen weiteren Kapiteln vorzubereiten. Wir hoffen, die Verhandlungen zu weiteren Kapiteln noch unter der deutschen Präsidentschaft beginnen zu können.

Generell verfügt Kroatien über solide Grundlagen für weitere Fortschritte. Es bleibt jedoch noch genug zu tun, vor allem hinsichtlich der politischen und wirtschaftlichen Kriterien, wo nach wie vor Schwierigkeiten bestehen. Besonders dringend ist aus unserer Sicht, dass Kroatien auf den Gebieten des Justizwesens, der öffentlichen Verwaltung und der Bekämpfung der Korruption seine Anstrengungen fortsetzt und konkrete Ergebnisse erzielt.

Kroatien hat damit begonnen, seine Strategie zur Reform des Justizwesens umzusetzen, und erste Ergebnisse liegen vor. Das ist ein positiver Punkt. Jedoch weist das kroatische Justizwesen noch ernste Lücken auf und bedarf noch vieler Verbesserungen, wie Herr Swoboda zu Recht in seinem Bericht feststellte. Der Aufholbedarf in diesem Bereich ist enorm. Die Verfahren sind viel zu langsam, und es gilt auf die korrekte Umsetzung der gerichtlichen Entscheidungen sowie auf die Stärkung der Unabhängigkeit und der Professionalität der Richter zu achten. Ferner muss die Regierung ihren Plan für die Rationalisierung des Justizwesens vorlegen. Die Prozessführung in Fällen von Kriegsverbrechen muss ebenfalls verbessert werden. Die Korruption ist nach wie vor ein Besorgnis erregendes Problem. Im Rahmen des Programms zur Korruptionsbekämpfung wurden zwar einige Maßnahmen ergriffen, aber ihre Umsetzung steht erst am Anfang.

Die vollständige Realisierung des Programms ist ebenso notwendig wie ein starker politischer Willen, um die Anstrengungen zu intensivieren. Die zahlreichen noch bestehenden Schwächen in der öffentlichen Verwaltung tragen nicht dazu bei, die Korruptionsbekämpfung zu erleichtern. Kroatien muss dringend den Reformprozess in diesem Bereich beschleunigen. Auf dem Gebiet der Minderheitenrechte entwickelt sich Kroatien in die richtige Richtung. Ihm stehen jedoch noch mehrere besondere Herausforderungen bevor. Einige Probleme sind nach wie vor ungelöst, so vor allem die Wohnraumversorgung für Flüchtlinge, die vor ihrer Flucht aus Kroatien über Eigentums- bzw. Wohnrechte verfügten.

Der Bericht würdigt zu Recht den positiven Einfluss Kroatiens in der Region, vor allem als Vorsitzender des Südosteuropäischen Kooperationsprozesses. Er hebt vor allem die Notwendigkeit hervor, Kroatien weiter in seinem Bestreben um die Herstellung gutnachbarschaftlicher Beziehungen zu ermutigen, insbesondere durch die Intensivierung der Bemühungen zur Lösung der noch offenen bilateralen Fragen, vor allem im Zusammenhang mit der Grenzfestlegung.

Was die wirtschaftlichen Kriterien betrifft, so wurden insgesamt befriedigende Fortschritte erzielt. Kroatien kann als ein Land mit funktionierender Marktwirtschaft angesehen werden. Es liegt jedoch in seinem Interesse, auf dem Weg zu einer offenen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft weiter voranzuschreiten, um rechtzeitig für den Wettbewerbsdruck der Europäischen Union gewappnet zu sein. Es muss die wirtschaftlichen Reformen fortsetzen und einige schwierige Entscheidungen treffen, vor allem zur industriellen Umstrukturierung insbesondere im Stahlsektor und im Schiffbau.

Die Verhandlungsfortschritte hängen von Kroatien ab. Nur die Zukunft wird entscheiden, wann es für den Beitritt bereit ist. Die Position der Kommission besteht darin, kein Zieldatum für den Beitritt festzulegen, bevor die Beitrittsverhandlungen nicht die Abschlussphase erreicht haben. Für Kroatien bleibt noch viel zu tun, und von seiner Fähigkeit, die Beitrittserfordernisse zu erfüllen, werden die Verhandlungsfortschritte abhängen. Die Kommission wird auch weiterhin alles tun, um Kroatien zu helfen, dieses Ziel zu erreichen.

 
  
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  Bernd Posselt, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident! Gäbe es so etwas wie historische Gerechtigkeit, wäre das europäische Volk der Kroaten unter den Gründern der Europäischen Union gewesen. Das haben Kommunismus und Jugoslawismus verhindert. Gäbe es so etwas wie historische Gerechtigkeit, wäre Kroatien zumindest vor drei Jahren im historisch-kulturellen Kontext mit Ungarn, Slowenien, der Tschechischen Republik und anderen, mit denen es immer eine Einheit gebildet hat, in die Europäische Union aufgenommen worden. Dies wurde verhindert, weil es jahrelang zu einem Drittel von einem Nachbarstaat besetzt war.

Heute ist Kroatien endlich auf dem Wege in die Europäische Union, und wir sollten unseren Beitrag zur historischen Gerechtigkeit leisten, indem wir diesem Land ermöglichen, noch in diesem Jahrzehnt der EU beizutreten. Es ist das einzige europäische Land, das dieses Ziel erreichen kann und auch erreichen soll. Das heißt nicht, dass wir die kritischen Punkte nicht sehen. Ich bedanke mich für die gute Zusammenarbeit mit dem Kollegen Swoboda. Diese kritischen Punkte gilt es anzusprechen.

Wir müssen alles tun, Herr Kommissar, damit vor Kroatien nicht künstliche Hindernisse aufgebaut werden, mit denen man andere Beitrittskandidaten nicht konfrontiert hat. Wir müssen deutlich sehen, dass man an Kroatien nicht einen Erweiterungsfrust abreagieren darf, der aufgrund der vorangegangenen Erweiterung entstanden ist. Man kann Kroatien weder mit dem Rest Südosteuropas noch mit der Türkei in einen Topf werfen. Es ist ein Land, das ohne Zweifel in den Beitrittsvorbereitungen trotz gewisser Mängel vielfach schon weiter ist als mancher Mitgliedstaat. Deshalb müssen wir auch unsere Hausaufgabe erledigen und die Europäische Union in die Lage versetzen, Kroatien rasch aufzunehmen.

Ich möchte klar feststellen, dass Kroatien mit seinem Stand der Beitrittsvorbereitungen und mit seinen viereinhalb Millionen Einwohnern die Integrationskapazität der Europäischen Union zweifellos nicht überfordert, sondern dass es im Gegenteil eine wichtige stabilisierende Säule in einer schwierigen Region sein und die Europäische Union stärken wird.

 
  
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  Jan Marinus Wiersma, im Namen der PSE-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich meinen geschätzten Kollegen und Freund, Herrn Swoboda, zu der von ihm als Berichterstatter geleisteten Arbeit danken und ihn zu seinem Bericht beglückwünschen, aus dem hervorgeht, dass der Berichterstatter die Entwicklungen in Kroatien sehr sorgfältig verfolgt hat, einem Bewerberland, das auf dem Weg in die EU beachtliche Fortschritte erzielt und wichtige Schritte unternommen hat, die der Berichterstatter in dem vorliegenden Bericht zu Recht hervorhebt. Gleichzeitig spricht der Berichterstatter offen und ehrlich an, was noch zu tun ist, und verweist auf die Reformen, deren Durchführung wir in nächster Zeit seitens der kroatischen Regierung erwarten.

Meine Fraktion hält an der europäischen Perspektive für die westlichen Balkanstaaten fest und bringt, wie schon gesagt, ihre ausdrückliche und rückhaltlose Unterstützung der Kandidatur Kroatiens zum Ausdruck. In meiner Fraktion bestehen daher keine Bedenken hinsichtlich der Zusagen des Europäischen Rates sowie der Frage, ob Kroatien ein EU-Mitgliedstaat werden kann. Bemerkt sei allerdings, dass für uns die Beitrittskriterien und die erneuerte Erweiterungsstrategie, über die wir in diesem Hause im Dezember letzten Jahres weitgehende Übereinstimmung erzielt haben und die auch von der Kommission und vom Rat befürwortet werden, die Leitprinzipien bilden. Das bedeutet keineswegs, dass für Kroatien andere Kriterien gelten als für frühere Kandidatenländer, wohl aber, dass wir von der kroatischen Regierung erwarten, dass sie auf der zu einem wesentlichen Teil von der vorhergehenden Regierung unter Leitung von Premierminister Racan gelegten Grundlage weiterarbeiten wird.

Als letzte, gemeinsame Aufgabe bleibt uns noch die Koordinierung der Fahrpläne für den Abschluss der Verhandlungen mit Kroatien einerseits und für die innerhalb der EU erforderlichen institutionellen Reformen andererseits. Keinen der beiden Prozesse können wir forcieren, da aber, was die Zukunft der Verfassung anbelangt, eine Lösung bis Mitte 2009 angestrebt wird, sehe ich, zusammen mit meiner Fraktion, keine unüberwindbaren Hindernisse, um den Beitrittsprozess Kroatiens ohne unnötige Verzögerung zum Abschluss zu bringen.

 
  
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  István Szent-Iványi, im Namen der ALDE-Fraktion. – (HU) Kroatien verdient Anerkennung für die Ergebnisse, die es in den letzten Jahren erreicht hat. Reformen im Land haben begonnen, die Harmonisierung der Rechtsvorschriften kommt gut voran, und man arbeitet uneingeschränkt mit dem ICTY zusammen. Aber vor Kroatien liegt immer noch viel Arbeit, ehe es Mitglied werden kann. Die Reformierung der Verwaltung hat gerade erst begonnen, und bei der Justizreform hat es zwar bedeutende Fortschritte gegeben, aber sie reichen noch nicht aus. Die Bekämpfung der Korruption verläuft bisher wenig erfolgreich, die Rückkehr der Flüchtlinge muss stärker unterstützt werden, und auch beim Umweltschutz gibt es immer noch viel zu tun. Die kroatische Regierung hat also alle Hände voll zu tun.

Anders als von beiden Seiten erwartet, liegen die Verhandlungen im Zeitplan zurück, und das ist nicht nur Kroatiens Schuld. Auch wir müssen uns stärker bemühen, im Plan zu bleiben und uns auf die letztendliche Aufnahme Kroatiens in die EU-Organe vorzubereiten. Sehr wichtig ist für uns, dass es Kroatien gelingt, anhängige Fragen mit seinen Nachbarn, einschließlich Grenzstreitigkeiten, so bald wie möglich zu klären. Dafür sind konstruktives Denken und Flexibilität gefragt, und zwar nicht nur auf Seiten Kroatiens, sondern natürlich auch bei seinen Partnern. Wenn es nicht gelingt, diese Ergebnisse zu erreichen, erscheint die Intervention einer dritten Seite angebracht. Momentan sind sich alle Parteien hinsichtlich der EU-Mitgliedschaft einig, aber die Öffentlichkeit ist größtenteils unentschieden.

Die Regierung muss mehr tun, um die Öffentlichkeit auf ihre Seite zu bringen. In Kroatien stehen Wahlen bevor, und es findet ein langer Wahlkampf statt. Er hat bereits angefangen, und genau aus diesem Grund müssen wir darauf achten, bei heiklen internen politischen Angelegenheiten neutral zu bleiben. Wir dürfen nicht für ein Lager Partei ergreifen, sondern müssen an ganz Kroatien eine Botschaft übermitteln, die meiner Meinung nach positiv sein muss. Ich beglückwünsche Hannes Swoboda, denn in seinem ausgewogenen Bericht benennt er sowohl Vorteile als auch Probleme und ermutigt Kroatien, mit seinen Anstrengungen fortzufahren.

 
  
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  Milan Horáček, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte Herrn Swoboda für seinen Bericht sehr danken, der sowohl die Unzulänglichkeiten als auch die Fortschritte Kroatiens auf dem Weg in die EU darlegt.

Wir müssen die kritischen Punkte bei der Erfüllung der Beitrittskriterien genauestens benennen und überprüfen, nicht nur bei der Reform der Verwaltung und der Wirtschaft, beim Kampf gegen die Korruption und bei der Justizreform, sondern in allen Bereichen der Gesetzgebung und der Umsetzung.

Einige Beispiele: Demokratisierung ist auch Aufarbeitung der Vergangenheit. Deshalb haben wir einen Antrag zur gründlichen und unparteiischen Untersuchung von weitgehend noch ungestraften Kriegsverbrechen gegen die Menschlichkeit eingereicht. Es wird berichtet, dass verschiedene Nichtregierungsorganisationen und andere Aktivisten überwacht und eingeschüchtert wurden. Eine lebendige Zivilgesellschaft sowie die aktive Teilnahme von NRO am politischen Leben sind unverzichtbar für eine pluralistische und demokratische Gesellschaft und müssen vor dem Beitritt tief verankert werden. Noch werden sexuelle Minderheiten öffentlich diffamiert und Straftaten in diesem Zusammenhang nicht ausreichend verfolgt.

Dennoch möchte ich deutlich machen, dass das Land auf dem richtigen Weg ist, der EU in naher Zukunft beizutreten, da es sich den politischen, ökologischen und ökonomischen Herausforderungen der Kopenhagener Kriterien stellt. Wenn wir Kroatien ermutigen, seine Aufgaben zügig zu erledigen, und Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte zu entwickeln, sollten auch wir unsere Reformen gewissenhaft und entschlossen umsetzen, damit wir es gemeinsam bis 2009 schaffen.

 
  
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  Pál Schmitt (PPE-DE).(HU) Als Vorsitzender des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses EU-Kroatien möchte ich darauf hinweisen, dass Kroatien als Vorbild gilt, dem alle umliegenden Staaten des westlichen Balkans folgen sollten, die ebenfalls einen EU-Beitritt ins Auge fassen. Deshalb hat das Europäische Parlament die Pflicht, seinen Verbündeten, der sich zu europäischen Werten bekennt, mit allen verfügbaren Mitteln zu unterstützen und die klare, positive Botschaft auszusenden, mit der Durchführung der notwendigen Reformen fortzufahren.

Die Mitglieder des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses, die auf der letzten Sitzung im März anwesend waren, konnten mit eigenen Augen sehen, wie ernst die kroatische Regierung die Vorbereitung auf den Beitritt nimmt. Sie kamen zu dem Schluss, dass in allen Bereichen deutliche Fortschritte auf dem Weg zur Erfüllung der politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Kriterien für die Mitgliedschaft zu verzeichnen waren. Die Verhandlungen verlaufen zufriedenstellend, und die Delegation unterstützte das ehrgeizige Ziel Kroatiens, seine Bürger an den nächsten Europawahlen 2009 teilnehmen zu lassen. Es ist offensichtlich, dass die Regierung wirksame Maßnahmen auf den Weg bringt, um die Korruption zu beseitigen und ihre Verwaltungs- und Justizstrukturen zu reformieren, und dass sie beachtliche Resultate im Hinblick auf die Rückkehr von Flüchtlingen, den Schutz der Minderheitenrechte und auf dem Gebiet der regionalen Zusammenarbeit vorweisen kann.

Der Beitritt Kroatiens ist schon zu lange hinausgezögert worden. Erst berief man sich auf mangelnde Zusammenarbeit mit den Gerichtshof in Den Haag, jetzt nennt man die begrenzte Aufnahmekapazität der EU als Grund – und auch die fehlenden rechtlichen und vertraglichen Grundlagen – und lässt Kroatien so weiter im Ungewissen. Die Folge ist, dass die Europäische Union bei den Menschen dort nicht besonders populär ist. Ich kann die neue Kommunikationsstrategie, die die kroatische Regierung zusammen mit der Opposition in Angriff genommen hat, um die Menschen über die zu erwartenden Vorteile des Beitritts aufzuklären, nur befürworten. Meine Empfehlung lautet, dass die EU einen festen langfristigen Aktionsplan zur Information auflegt mit dem Ziel, die Skeptik und das Misstrauen gegenüber der EU unter den 4,5 Millionen Bürgern Kroatiens abzubauen.

Um auf den Bericht von Herrn Swoboda zurückzukommen, da beglückwünsche ich den Berichterstatter und werde den Bericht persönlich unterstützen. Ich hoffe, die von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten vorgeschlagenen Abänderungen werden auch angenommen.

 
  
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  Der Präsident. – Ich wünsche Ihrer Delegation viel Erfolg.

 
  
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  Borut Pahor (PSE).(SL) Zunächst möchte ich dem Berichterstatter, meinem Kollegen Swoboda, meinen herzlichen Glückwunsch aussprechen.

In seinen bisherigen Dokumenten hat das Europäische Parlament Kroatien wiederholt aufgefordert, ungelöste Grenzfragen mit den Nachbarstaaten durch bilaterale Vereinbarungen zu klären. Dennoch ist in dieser Hinsicht nichts geschehen. Das ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die kroatischen Politiker keine Verantwortung für die Klärung solcher ungelösten Grenzfragen durch bilaterale Vereinbarungen übernehmen wollen oder können, obwohl einige der Nachbarstaaten Kroatiens, einschließlich Sloweniens, alles in ihrer Macht Stehende getan haben, um solche Vereinbarungen zustande zu bringen.

Daher ist es gut und richtig, dass der Herr Swoboda in dem Streben nach einem Konsens auf die mögliche Vermittlung durch Dritte verweist und dies für alle Grenzfragen und alle Länder gelten soll, die eine gemeinsame Grenze mit Kroatien haben und ihre Grenzfragen mit diesem Land meist noch nicht gelöst haben.

Es ist auch richtig, dass wir den Fortschritt Kroatiens begrüßen und die Europäische Union auffordern sollten, alles zu tun, um eine Rechtsgrundlage für den Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union zu schaffen.

 
  
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  Jelko Kacin (ALDE).(SL) Wir sollten Kroatien zu allem, was im Bericht genannt wurde, beglückwünschen, denn es hat in vielen Bereichen deutliche Fortschritte erzielt. Zagreb muss jedoch seine Entschlossenheit bekräftigen, dass es seinen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Reform des Rechtswesens, der Einführung nichtdiskriminierender marktwirtschaftlicher Bedingungen, dem Schutz ethnischer Minderheiten und der Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen nachkommen wird.

Wir pflegen enge Beziehungen zu unserem Nachbarland Kroatien, und ich freue mich schon darauf, wenn unsere Kollegen aus Zagreb als Beobachter zu uns in dieses Hohe Haus kommen. Im Interesse der Konsolidierung der bilateralen Beziehungen unterstütze ich den von meinem Kollegen Alfonso Andria, Mitglied der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, eingebrachten Änderungsantrag 23. Der Beschluss des kroatischen Parlaments vom vergangenen Dezember, Kroatiens Umweltschutz- und Fischereischutzzone zu aktivieren, hat in Italien und Slowenien in der Tat zur Irritationen geführt. Diese einseitige Provokation hat zweifellos der Glaubwürdigkeit Kroatiens geschadet und die ansonsten guten Beziehungen in der Region untergraben. Der von Kollegen Andria vorgeschlagene Änderungsantrag ist wichtig, denn er unterstreicht die Bedeutung der Vereinbarung, die von Italien, Slowenien und Kroatien beim trilateralen Treffen am 4. Juni 2004 in Brüssel erzielt wurde.

Ich begrüße auch die positive Reaktion von Herrn Swoboda auf die Initiative, Änderungsantrag 24 um einen mündlichen Änderungsantrag zu ergänzen. Damit hat er einen ausgewogenen Bericht vorgelegt, zumal Kroatien auch mit Bosnien, Montenegro und Serbien ungelöste Grenzfragen hat. Bosnien, Montenegro und Serbien verdienen ebenfalls eine europäische Zukunft – das dürfen wir nicht vergessen.

 
  
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  Alojz Peterle (PPE-DE).(SL) Zunächst möchte ich den Berichterstatter, Herrn Swoboda, und den Schattenberichterstatter, Herrn Posselt, zu ihrer ausgezeichneten Arbeit beglückwünschen, die dazu beigetragen hat, dass dieser Bericht breite Unterstützung fand.

Ich freue mich, dass der Bericht gleich zu Beginn die guten Fortschritte Kroatiens in vielen Bereichen anerkennt. Gleichzeitig zeigt er auf realistische und detaillierte Weise auf, welch schwierige Aufgaben Kroatien als Beitrittskandidat auf seinem Weg zur EU-Mitgliedschaft noch zu bewältigen hat, wozu auch die ungelösten Probleme mit den Nachbarländern gehören.

Ich gehe davon aus, dass Kroatien im Geiste dieses Berichts alle seine Verpflichtungen erfüllen wird, die sich aus den bisher mit Slowenien und anderen Nachbarstaaten abgeschlossenen Vereinbarungen ergeben. Ferner erwarte ich, dass Kroatien gemeinsam mit diesen Ländern eine Lösung der bilateralen Probleme und die Herstellung stabiler gutnachbarlicher Beziehungen – insbesondere unter den Bewohnern der Grenzregionen – anstrebt. Gutnachbarliche Beziehungen sollten aber durch gemeinsame und nicht durch einseitige Maßnahmen entstehen.

Für begrüßenswert halte ich auch das Bestreben, die Beitrittsverhandlungen vorbehaltlich der Erfüllung dieser Verpflichtungen rechtzeitig abzuschließen, damit dieses Hohe Haus vor den nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament seine Zustimmung geben kann. Das Projekt der europäischen Integration muss fortgeführt werden. Es ist richtig, dass wir uns der Bedeutung jedes Schrittes bewusst sein müssen, den Kroatien und die südosteuropäischen Länder bei der Übernahme der europäischen Werte und Prinzipien sowie der gemeinsamen Spielregeln gehen und dass Europa dies begrüßen sollte.

Ebenso erfreulich ist, dass der Bericht die Bedeutung der Fortschritte Kroatiens für alle anderen Ländern betont, deren Aussichten auf eine vollwertige Mitgliedschaft in der Europäischen Union sich durch die Beschlüsse von Thessaloniki verbessert haben. Wir sollten auch nicht vergessen, dass wir einen Bericht über die Fortschritte eines der Länder annehmen, in denen in den 1990er Jahren noch Krieg herrschte. Bestimmte Spuren dieses Krieges können nur durch ein echtes Bekenntnis zum Geist von Europa getilgt werden, was auch das Bemühen um Versöhnung einschließt. Die Leistungen Kroatiens sind deshalb auch für den Fortschritt in der gesamten Region von Bedeutung.

Wir wissen, dass die Geschichte nicht immer unser Verbündeter ist. Dennoch möchte ich mit Blick auf einige der vorgeschlagenen Änderungen meiner Überzeugung Ausdruck verleihen, dass dieser Bericht Kroatien, das als demokratisches Land jegliche Form des Totalitarismus verurteilt hat, keine Aufgaben aufbürden kann, die die westlichen Demokratien zuvor nicht auch anderen Ländern auferlegt haben.

(Beifall)

 
  
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  Pier Antonio Panzeri (PSE). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich stimme dem Bericht von Herrn Swoboda in seiner Gesamtheit zu.

Die Wende in der Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag war sicher bedeutsam, doch müssen die Regierung und alle politischen Kräfte Kroatiens stärker auf die Öffentlichkeit einwirken, um dabei zu helfen, das Kapitel der nationalistischen Forderungen ein für allemal zu schließen.

Wir sind für den zukünftigen Beitritt Kroatiens, weil wir wollen, dass dieses Land seine Zugehörigkeit zu Europa festigt und dessen Werte und Politik teilt, um zur Stabilisierung im westlichen Balkan beizutragen. Dem misst Italien grundlegende Bedeutung bei.

Deshalb bringt es nichts, schmerzhafte Wunden wiederaufzureißen. Vielmehr wollen wir, wie im Bericht erwähnt, einen umfassenden Wahrheitsfindungs- und Aussöhnungsprozess aller Beteiligten in Kroatien und auf dem Balkan anregen. Die berechtigten Forderungen bezüglich der Minderheiten in Kroatien, einschließlich der italienischen Minderheit, müssen im Einklang mit dem Völkerrecht und all unseren Gemeinschaftsvorschriften vollständig erfüllt werden, wie dies im Übrigen in den laufenden Verhandlungen gefordert wird. Ihre vollständige Integration auf allen Ebenen des Lebens in Kroatien bleibt ein grundsätzliches Ziel. Wir werden die Verhandlungen nicht zuletzt aus diesem Grund verfolgen.

 
  
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  Annemie Neyts-Uyttebroeck (ALDE). – (FR) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mich ganz kurz fassen, um Folgendes festzustellen: In den Verhandlungen zwischen der Kommission und Kroatien darf Kroatien nicht zur Geisel der Wechselfälle in den Verhandlungen mit der Türkei oder der möglichen Unfähigkeit der Europäischen Union, ihre Institutionen vor dem Beitritt dieses Landes hinreichend zu reformieren, werden.

Meine Fraktion unterstützt Kroatien und wünscht seinen baldmöglichen Beitritt zur Union, sobald die Verhandlungen abgeschlossen sind. Meine Fraktion wünscht, lassen Sie mich das wiederholen, dass diese Verhandlungen zügig geführt werden, was keineswegs Bestimmtheit ausschließt. Kroatien hat ein Interesse daran, sich bestmöglich vorzubereiten, um der Union so bald wie möglich beitreten zu können.

 
  
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  Der Präsident. – Das Haus dankt Herrn Gloser, dem Vertreter des Rates, und Herrn Spidla, dem Vertreter der Kommission, dass sie auf ihre Redezeit am Ende der Aussprache verzichtet haben.

Die Aussprache ist geschlossen.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142 GO)

 
  
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  Alexander Stubb (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Ich gratuliere meinem Kollegen, Hannes Swoboda, zu seinem Bericht über die Fortschritte Kroatiens auf dem Weg zum EU-Beitritt.

Wie üblich, möchte ich auf drei Punkte eingehen:

Erstens ist die Erweiterung die wirksamste Außenpolitik der EU. Die Aussicht auf eine Mitgliedschaft in der EU hat den Nachbarstaaten der EU geholfen, ihre Gesellschaften in Bezug auf die Grundsätze der Achtung der Menschenrechte, der Marktwirtschaft, der Rechtsstaatlichkeit und einer effizienten Verwaltung zu entwickeln. Viele der früheren Nachbarn sind heute EU-Mitgliedstaaten.

Zweitens führt uns der Bericht erneut vor Augen, dass der Vertrag von Nizza keine geeignete Grundlage für die Erweiterung ist. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen. Dafür sind nicht die Kandidatenländer zuständig, sondern die Union. Der Verfassungsvertrag, wie er letztlich auch immer genannt werden mag, schafft hier die notwendige Abhilfe.

Drittens hoffe ich vor dem Hintergrund der jüngsten Vergangenheit zutiefst, dass die Fortschritte Kroatiens ein erster Schritt für den Beitritt aller westlichen Balkanstaaten sein werden. Dieser Prozess liegt der EU sehr am Herzen, denn sie selbst begann einst als Projekt zur Versöhnung.

Im Bericht von Herrn Swoboda wird ausdrücklich betont, dass Kroatien bemerkenswerte Fortschritte im Hinblick auf die politischen und wirtschaftlichen Kriterien erreicht hat. Gratulieren wir Kroatien also zu seinem Erfolg.

 
  
  

VORSITZ: PIERRE MOSCOVICI
Vizepräsident

 

4. Mandat eines Mitglieds
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  Der Präsident. – Bevor wir zur Abstimmung kommen, erteile ich Herrn Watson das Wort zu einer Bemerkung zur Geschäftsordnung.

 
  
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  Graham Watson, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich melde mich zu Wort, weil Herrn Geremek, einem Mitglied meiner Fraktion, von seiner eigenen Regierung mit Wirkung vom 19. April das Mandat als Abgeordneter des Europäischen Parlaments entzogen worden ist. Die rechtliche Grundlage, auf der die polnische Regierung das Mandat von Herrn Geremek aufgehoben hat, ist ein „Lustrationsgesetz“ oder Durchleuchtungsgesetz, das erst vor einigen Monaten angenommen wurde und gegen das derzeit eine Klage vor dem polnischen Verfassungsgericht läuft. Dieses Gesetz verlangt, dass alle Journalisten, Wissenschaftler und gewählten Parlamentsabgeordneten eine Erklärung unterzeichnen, in der sie bestätigen, dass sie zu keiner Zeit mit dem ehemaligen kommunistischen Geheimdienst zusammengearbeitet haben.

Herr Geremek hat eine solche Erklärung bereits in der Vergangenheit unterschrieben. Im aktuellen Fall verweigert er die Unterzeichnung weniger aus politischen als aus moralischen Gründen. Er wehrt sich zu Recht gegen die Hexenjagd, die die polnische Regierung eingeleitet hat.

(Lebhafter und anhaltender Beifall)

Ich möchte drei Fragen stellen, Herr Präsident. Als Erstes möchte ich wissen, ob dieses Thema letzte Woche von Herrn Kaczyński bei seinem Treffen mit Herrn Pöttering angesprochen worden ist. Meine zweite Frage ist, ob es rechtmäßig und tatsächlich möglich ist, einem demokratisch gewählten Mitglied dieses Hauses sein Mandat auf diese Weise zu entziehen. Drittens frage ich Sie, ob Sie diesem Haus zusichern können, dass das Parlament so schnell wie möglich alle notwendigen Schritte unternehmen wird, um das Recht von Herrn Geremek zur Ausübung seines Mandats zu schützen, das ihm in einer demokratischen Wahl übertragen worden ist.

(Lebhafter und anhaltender Beifall)

 
  
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  Der Präsident. – Herr Watson hat nach meinem Dafürhalten ein Gefühl zum Ausdruck gebracht, das weitgehend geteilt wird.

 
  
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  Martin Schulz, Vorsitzender der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beziehe mich auf das, was der Kollege Graham Watson gerade gesagt hat. Ich will im Namen meiner Fraktion Folgendes erklären: Herr Geremek, ich wende mich an Sie persönlich. Wir teilen viele Ihrer politischen Auffassungen nicht – das wissen Sie – aber in einem Punkt können Sie auf die Sozialistische Fraktion dieses Hauses zählen, nämlich auf die uneingeschränkte Solidarität unserer Fraktion – ich glaube des gesamten Hauses –, wenn es darum geht, abzuwehren, dass eine Regierung in der Europäischen Union Männer verfolgt, die wie kaum ein anderer in ihrem Land für die Befreiung und für die demokratische Entwicklung Polens gekämpft haben. Es ist eine Schande, dass dieses große Land von einer solchen Regierung regiert wird!

(Anhaltender Beifall)

Herr Watson hat das Notwendige gesagt. Ich erwarte, dass der Präsident dieses Hauses der Kaczyński-Regierung morgen sagt: Wir erwarten den Schutz der polnischen Regierung für den Abgeordneten des Europäischen Parlaments, Bronisław Geremek! Wir werden in Zukunft alles, was Polen betrifft, an dem messen, wie mit diesem Kollegen umgegangen wird! Ich erwarte, dass Herr Pöttering das morgen in dieser Klarheit vorträgt!

(Beifall)

 
  
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  Daniel Cohn-Bendit, Ko-Vorsitzender der Verts/ALE-Fraktion. (FR) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind nicht nur einverstanden mit Herrn Geremek, sondern wir haben viele Jahre lang zusammen mit Herrn Geremek gegen den Stalinismus gekämpft, und es ist undenkbar, dass heute ...

(Tumult)

... und deshalb muss sich das Parlament unnachgiebig zeigen.

(Da der Tumult nicht aufhört, wendet sich der Abgeordnete an den Präsidenten.)

Können Sie diese Irren nicht zum Schweigen bringen?

 
  
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  Der Präsident. – Werte Kolleginnen und Kollegen, das Wort hat Herr Cohn-Bendit, und Ihr Verhalten gereicht dem Parlament nicht gerade zur Ehre.

 
  
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  Daniel Cohn-Bendit, Ko-Vorsitzender der Verts/ALE-Fraktion.(FR) Dieses Parlament kann nur eine Position beziehen: Wenn eine Regierung sich stalinistischer oder faschistischer Methoden bedient, müssen wir unseren Kollegen ohne zu zögern gegen alle Verrückten in diesem Hause schützen. Wir sind solidarisch.

(Beifall)

 
  
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  Francis Wurtz, Vorsitzender der GUE/NGL-Fraktion. (FR) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon vorgekommen, dass ich politisch nicht einer Meinung mit Herrn Geremek war, und das wird künftig sicher auch der Fall sein. Dessen ungeachtet möchte ich ihm meine Hochachtung für den von ihm bewiesenen politischen Mut aussprechen, und ich versichere ihn im Namen meiner Fraktion meiner vollen Solidarität.

(Beifall)

 
  
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  Der Präsident. – Das Wort hat nun der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Herr Gargani.

(Proteste)

 
  
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  Giuseppe Gargani (PPE-DE), Vorsitzender des Rechtsausschusses. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als Vorsitzender des Rechtsausschusses möchte ich dem Parlament und all meinen Kolleginnen und Kollegen versichern, dass, sobald diese Frage zur Prüfung vorgelegt wird – und ich hoffe, dass dies bald geschieht – …

(Unterbrechung)

...sobald das Präsidium dem Ausschuss die Dokumentation zu diesem Problem übersandt hat, wir alle Unterlagen entsprechend prüfen werden, mit dem großem Verantwortungsbewusstsein für die Unabhängigkeit des Parlaments, das den Rechtsausschuss auszeichnet, und wir werden einmal mehr gewährleisten, dass dieses Parlaments unabhängig bleibt und seine Mitglieder, die Europa vertreten, in ihrer Eigenständigkeit und Freiheit geschützt werden.

 
  
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  Joseph Daul, Präsident der PPE-DE-Fraktion. (FR) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur sagen, dass jeder hier anwesende Abgeordnete, welcher Partei er auch immer angehören mag, parlamentarische Immunität genießt. Wir sind ein Parlament, und wir respektieren die Regeln! Bisher liegt kein Antrag vor, und es gibt keine rechtliche Analyse, wie Herr Gargani sagte. Herr Geremek genießt unsere volle Unterstützung, und ich versichere ihn auch der Unterstützung der Fraktion der Europäischen Volkspartei/Europäische Demokraten. Wir achten die rechtlichen Regeln in diesem Hause für alle Abgeordneten! Auch für Herrn Geremek!

(Beifall)

 
  
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  Der Präsident. – Die bisherigen Redebeiträge dienten der Klarstellung sowohl des Inhalts als auch der Form in dieser Angelegenheit.

Meine Damen und Herren, wir haben bisher keine Mitteilung über diese Entscheidung der polnischen Regierung erhalten, die im Übrigen mehr als anfechtbar ist. Die Rolle des Parlaments besteht darin, die parlamentarische Funktion eines seiner Angehörigen zu garantieren und zu schützen.

Ich denke, dass nun die Konferenz der Präsidenten über diese Frage beraten muss und dass der Rechtsausschuss, wie Herr Gargani sagte, dafür sorgen muss, dass die Unabhängigkeit des Parlaments gewahrt wird, deshalb betrachte ich diese Debatte für heute als abgeschlossen.

(Proteste)

Diese Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

(Trotz der Ermahnungen des Präsidenten gehen die Proteste weiter.)

 

5. Abstimmungsstunde
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Abstimmungsstunde.

(Abstimmungsergebnisse und sonstige Einzelheiten der Abstimmung: siehe Protokoll.)

 

5.1. Übermittlung der Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (Abstimmung)
  

- Bericht García-Margallo y Marfil (A6-0122/2007)

(Einige Abgeordnete setzen ihre Proteste fort und verlangen das Wort.)

 

5.2. Multilaterales Übereinkommen zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums (ECAA) (Abstimmung)
  

- Bericht Lichtenberger (A6-0060/2007)

(Nach der Abstimmung nimmt der Tumult zu.)

 

6. Mandat eines Mitglieds (Fortsetzung)
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  Der Präsident. – Schön, wenn Sie nicht zur Ruhe kommen wollen, erteile ich das Wort den Fraktionsvorsitzenden, die in dieser Frage noch nicht gesprochen haben.

 
  
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  Brian Crowley, Ko-Vorsitzender der UEN-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich habe eine Bemerkung zur Geschäftsordnung. Ich will den Ablauf nicht zu lange aufhalten, möchte jedoch zum Ausdruck bringen, dass Sie unfair gehandelt haben, als Sie dem stellvertretenden Vorsitzenden der UEN-Fraktion, Herrn Kaminski, nach seiner Wortmeldung zu diesem Thema das Wort nicht erteilten. Es spielt keine Rolle, ob das, was er sagen wollte, Ihre Zustimmung gefunden hätte oder nicht. Sie haben anderen das Wort erteilt und er hätte ebenfalls Gelegenheit erhalten sollen, sich zu diesem Thema zu äußern.

Einige Abgeordnete dieses Hauses vertreten im Hinblick auf die Aussagen meiner Vorredner eine andere Meinung und da auch andere ihren Standpunkt darlegen konnten, hätte man ihnen diese Möglichkeit ebenfalls nicht vorenthalten dürfen.

(Beifall)

 
  
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  Der Präsident. – Herr Crowley, wir könnten in dieser Frage jedes der 765 Mitglieder dieses Hauses zu Wort kommen lassen. Ich habe den Fraktionsvorsitzenden das Wort erteilt, und Sie haben im Namen Ihrer Fraktion gesprochen.

 
  
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  Bruno Gollnisch, Vorsitzender der ITS-Fraktion. (FR) Herr Präsident! Ich glaube, dass ich als Fraktionsvorsitzender nicht weniger Rechte habe als die anderen. Unser Kollege Cohn-Bendit hat gesagt, man müsse die faschistischen und stalinistischen Machenschaften verurteilen. Meiner Meinung nach liegt das ganze Problem dieser Angelegenheit eben gerade darin, herauszubekommen, ob und wenn ja in welchem Maße Herr Geremek an stalinistischen Machenschaften, an jener scheußlichsten Form des Totalitarismus, beteiligt war.

Ich stelle fest, dass die Verteidigung der Parlamentarierrechte, die uns nicht weniger am Herzen liegt als Ihnen, von Ihrem Standpunkt aus vielfach flexibel gehandhabt wird. Als Jean-Marie Le Pen aufgrund eines unfairen Verfahrens nach einem nichtigen Wahlkampfzwischenfall verurteilt wurde, haben Sie sich auf die nationale Souveränität berufen. Als einer unserer Kollegen, Herr Ruiz Mateos, an der Vereidigung in Spanien gehindert wurde, weil er gerichtlich verfolgt wurde, haben Sie sich ebenfalls auf die nationale Souveränität berufen. Als ich wegen freier politischer Meinungsäußerung verfolgt wurde, haben Sie sich geweigert, meine Immunität zu verteidigen und sich auf die nationale Souveränität berufen.

Hodie mihi, cras tibi, heute mir, morgen dir!

(Beifall seitens der ITS-Fraktion)

 
  
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  Der Präsident. – Die Konferenz der Präsidenten wird mit dieser Angelegenheit befasst werden. Morgen Vormittag wird darüber beraten, und ich glaube, das Europäische Parlament hat sich mehrheitlich für die Unterstützung von Herrn Geremek ausgesprochen. Einmal ist kein Mal, zumal ich Präsident bin, doch auch ich möchte meine volle Unterstützung zum Ausdruck zu bringen.

(Beifall von links)

 

7. Abstimmungsstunde (Fortsetzung)

7.1. Anpassung der Bestimmungen von Titel IV des EG-Vertrags über die Befugnisse des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Abstimmung)
  

- Bericht Szájer (A6-0082/2207)

- Vor der Abstimmung

 
  
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  József Szájer (PPE-DE), Berichterstatter. – (HU) Das Europäische Parlament hat die Pflicht, für den Rechtsschutz der europäischen Bürger zu sorgen. Hier im EP trifft der Vertrag über eine Verfassung für Europa weitgehend auf Zustimmung, der im Hinblick auf die Zuständigkeit des Gerichthofs ein großer Schritt nach vorn wäre. Wir sind dennoch in der glücklichen Lage, in dieser Hinsicht nicht auf die Geburt des Verfassungsvertrags warten zu müssen, da der Vertrag von Amsterdam ja eine Überleitung, die so genannte „Passerelle“, vorsieht.

In dem Bericht, den ich vorgelegt habe, wird die Anwendung der Überleitung bzw. „Passerelle“ klar befürwortet, wodurch die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs auf europäische Visaangelegenheiten sowie auf Flüchtlings- und Einwanderungspolitiken erweitert wird. Das garantiert einen vollständigen Rechtsschutz für die europäischen Bürger. Mein Vorschlag wäre daher, dass man es ermöglichen sollte, das europäische Rechtsschutzsystem in Bezug auf die Grundrechte zu verstärken. Das wäre der Weg, wie ich die einheitliche Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts und die Schaffung eines einheitlichen europäischen Rechtsschutzsystems vereinfachen würde. Dies ist nicht das erste Mal, dass das Parlament den Rat auffordert, die Annahme der Überleitungsklausel, also der „Passerelle“-Klausel, zu beschleunigen, um die Beschränkungen der Zuständigkeit des Gerichtshofs in Bezug auf Artikel 4 des Vertrages aufzuheben. Ich bitte das Parlament, meinen Vorschlag zu unterstützen.

 

7.2. Rahmenübereinkommen über ein mehrseitiges Nuklear- und Umweltprogramm in der Russischen Föderation und Protokoll zu Ansprüchen, rechtlichen Verfahren und Haftungsfreistellung zu diesem Rahmenübereinkommen (Abstimmung)
  

- Bericht Remek (A6-0126/2007)

 

7.3. Gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt (Abstimmung)
  

- Empfehlung Costa (A6-0134/2007)

- Vor der Abstimmung

 
  
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  Robert Goebbels (PSE). – (FR) Herr Präsident! Während der gestrigen Aussprache hat Vizepräsident Barrot angekündigt, er werde den Standpunkt der Kommission zu den Änderungsanträgen der Abgeordneten in schriftlicher Form vorlegen, doch ich stelle fest, dass dieses Dokument nicht verteilt wurde. Ich bitte Sie, dafür zu sorgen, dass die Standpunkte der Kommission den Abgeordneten zugänglich sind, denn viele von ihnen warten darauf, die Position der Kommission zu erfahren.

 
  
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  Der Präsident. – Gut, Herr Goebbels, wir werden dafür sorgen.

 

8. Begrüßung
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  Der Präsident. – Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Freude, Sie zu informieren, dass im Rahmen der interparlamentarischen Beziehungen die Delegation der Knesset unter Leitung von Frau Amira Dotan, Vorsitzende der Delegation für die Beziehungen zum Europäischen Parlament, unserem Haus in diesen Tagen einen Besuch abstattet. Ich heiße Frau Dotan und die Mitglieder ihrer Delegation herzlich willkommen und möchte betonen, dass wir diesem Besuch große Bedeutung beimessen.

(Beifall)

Sie haben auf der linken Seite Platz genommen, und ich begrüße sie sehr herzlich.

 

9. Abstimmungsstunde (Fortsetzung)

9.1. Bewertung und Management von Hochwasserrisiken (Abstimmung)
  

- Empfehlung Seeber (A6-0064/2007)

 
  
  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

 

10. Feierliche Sitzung – Indien
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  Der Präsident. Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir eine große Freude, heute hier im Europäischen Parlament den Präsidenten der Republik Indien, Herrn Abdul Kalam, sehr herzlich willkommen zu heißen. Herzlich willkommen, Herr Präsident!

Herr Präsident, bereits vor Ihrer Wahl waren Sie als Architekt des indischen Raumfahrt- und Atomprogramms sehr bekannt, und Sie genießen internationale Anerkennung als einer der bedeutendsten Wissenschaftler Indiens. Den größten Teil Ihres bisherigen Lebens haben Sie Wissenschaft und Technologie gewidmet. Sie haben immer die Ansicht vertreten, dass Entwicklungsländer, wenn es darum geht, die Früchte der Spitzentechnologie zu ernten, nicht hinter anderen zurückstehen sollten, denn Technologie – wenn sie richtig eingesetzt wird – schafft Wachstum und kann dazu beitragen, das tägliche Leben der Armen zu verbessern. Wir können zweifellos Ihren Ansatz teilen und freuen uns daher, dass Indien an von der EU finanzierten Forschungsprogrammen teilnimmt und zum Beispiel bei GALILEO mit der Europäischen Union zusammenarbeitet.

Neben der Schlüsselrolle, die Sie im Hinblick auf die Förderung von Wissenschaft und Technologie gespielt haben, hat uns auch Ihre Wahl zum Präsidenten der Republik Indien im Jahr 2002 beeindruckt, die Sie mit überwältigender Mehrheit über die Parteigrenzen hinweg erreicht haben. Für Sie, Herr Präsident, als Tamile und Moslem in einem Land, in dem die Hindu die Mehrheit stellen, war das kein geringer Erfolg. Es stellt Ihre große Fähigkeit unter Beweis, Menschen jeder Herkunft, Kultur und Religion zusammenzubringen. Indien ist ein Land mit vielen Völkern und Religionen, und als größte Demokratie der Welt kann es neue und junge Demokratien ermutigen.

Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Indien bestehen seit den frühen 60er Jahren: Indien war eines der ersten Länder, die diplomatische Beziehungen mit der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft aufgenommen haben.

Auch unsere Kontakte und unsere Zusammenarbeit auf parlamentarischer Ebene sind das positive Ergebnis eines länger andauernden Prozesses. Das erste Treffen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Lok Sabha fand im Jahr 1981 statt. Die parlamentarischen Kontakte zwischen dem Europäischen Parlament und Indien sind seit einigen Jahren in Form der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu den Ländern Südasiens und der Südasiatischen Vereinigung für Regionale Zusammenarbeit (SAARC) institutionalisiert. In den letzten Jahren haben sich sowohl die Europäische Union als auch Indien grundlegend verändert.

Es ist mir eine große Freude, Ihnen heute mitteilen zu können, dass das Europäische Parlament gerade im letzten Monat eine – von der SAARC-Delegation gesonderte – EP-Delegation für die Beziehungen zu Indien eingerichtet hat. Damit wird der immer größeren Bedeutung Ihres Landes Indien für die Europäische Union Rechnung getragen. Wir würden es, Herr Präsident, sehr begrüßen, wenn im Lok Sabha im Gegenzug eine Delegation für die Beziehungen zum Europäischen Parlament geschaffen werden könnte, um aus diesen verstärkten Beziehungen den größtmöglichen Nutzen zu ziehen und die interparlamentarischen Kontakte zu erleichtern.

Herr Präsident, Sie sind von meinem geschätzten Amtsvorgänger Josep Borell Fontelles, der hier heute unter uns ist, eingeladen worden, und es war eine große Freude, diese Einladung Ihnen gegenüber nochmals auszusprechen.

Die Beziehungen zwischen Indien und der Europäischen Union sind nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch von größter Bedeutung. Der Dialog der Kulturen ist ebenfalls von großer Wichtigkeit. Deshalb ist es eine besondere Ehre für mich, Herr Präsident, Ihnen das Wort zu erteilen und Sie zu bitten, zu den Mitgliedern des Europäischen Parlaments zu sprechen.

(Beifall)

 
  
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  Abdul Kalam, Präsident der Republik Indien. – (EN) Meine sehr verehrten Freunde! Ich möchte Sie alle sehr herzlich begrüßen. Mein besonderer Gruß geht an Herrn Hans-Gert Pöttering, Herrn Harald Rømer, Herrn Klaus Welle und Herrn Ciril Stokelj.

Guten Tag, meine Damen und Herren!

Ich freue mich sehr, dass ich anlässlich des 50jährigen Bestehens der Europäischen Union Gelegenheit habe, vor den Abgeordneten des Europäischen Parlaments zu sprechen. Im Vorfeld meines Besuches habe ich mir Gedanken darüber gemacht, welches Thema ich für meine heutige Rede wählen könnte. Wie Sie wissen, hat Indien als demokratische Nation Erfahrung darin, ein Volk mit über einer Milliarde Menschen mit unterschiedlichen Sprachen, Kulturen und Religionsgemeinschaften zu führen. Ich möchte Ihnen über diese Erfahrung berichten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Die europäische Zivilisation hat einen ganz besonderen Platz in der Menschheitsgeschichte. Die Menschen dieses Kontinents haben sich mit großem Mut an dem Wagnis der Erforschung des Planeten Erde beteiligt und dabei viele Ideen und Systeme entwickelt. Europa hat herausragende Pioniere der Wissenschaft hervorgebracht, die den Grundstein für die technologische Entwicklung gelegt haben. Europa war jahrhundertelang Schauplatz von Konflikten zwischen den Nationen und hat zwei Weltkriege erlebt. Vor diesem Hintergrund und aus diesem Antrieb heraus haben Sie nun die Europäische Union errichtet, mit der Vision, Frieden und Wohlstand für die gesamte Region zu schaffen. Die Europäische Union ist zu einem Beispiel für den friedlichen Zusammenschluss von Nationen geworden, der einen dauerhaften Frieden für die gesamte Region ermöglicht hat.

Bevor ich zu meiner Reise nach Europa aufgebrochen bin, ging mir der Gedanke durch den Kopf, weshalb Europa und Indien einzigartige und natürliche Partner sind. Haben wir eine gemeinsame Geschichte und ein gemeinsames Erbe und in Zukunft womöglich ein gemeinsames Schicksal? Dies war die Frage. Ich war erstaunt über die Antwort, die ich gefunden habe: Die Tiefe und Lebendigkeit unserer gegenseitigen Verbundenheit durch Sprache, Kultur, historische Überzeugungen, Ideologien und Migration haben sich bewährt. Im Laufe der Zeit haben sich so durch kontinuierlichen Handel und die intellektuell fruchtbare Zusammenarbeit in vielen Bereichen der Wissenschaft und Technologie sehr starke Bande entwickelt. Am 23. April 2007 wurde beispielsweise der italienische Wissenschaftssatellit Agile durch eine indische Trägerrakete des Typs Polar Satellite Launch Vehicle punktgenau in seine Umlaufbahn gebracht. Dies hat bei indischen und europäischen Wissenschaftlern große Begeisterung ausgelöst. Wir sollten ihnen zu ihrem Erfolg gratulieren.

Indien ist ein Land, das im Laufe der Zeit gelernt hat, eine einzigartige Einheit inmitten der Vielfalt zu entwickeln und zu bewahren. Zu den größten Verdiensten der Europäischen Union zählt die Tatsache, dass sie in ähnlicher Weise der Welt gezeigt hat, dass es möglich ist, eine starke Union der Nationen aufzubauen, ohne dass die Nationen ihre Identität aufgeben müssen. Sie ist zu einem Vorbild und zu einem Beispiel geworden, dem jede Region der Welt nacheifern kann. Die Europäische Union und Indien unterstützen eine soziale Form der Wirtschaftsentwicklung und wir fördern ein gerechtes Wachstumsmodell. Beide sind sich darüber im Klaren, dass Wachstum nicht auf Kosten der Umwelt gehen darf und dass wir die Umwelt für künftige Generationen schützen müssen. Auf der Grundlage der jahrhundertelangen Erfahrungen, die Indien und die Länder der Europäischen Union gesammelt haben, können wir eine Lehre der weltweiten Kooperation entwickeln, die auf dem Fundament der regionalen Zusammenarbeit und den Kernkompetenzen unserer Nationen basiert.

Die Europäische Union und Indien vermitteln der Welt die Botschaft, dass regionale Zusammenarbeit und interregionale Kooperation eine Situation schaffen, von der alle Beteiligten profitieren, so dass sich eine politisch und sozioökonomisch aufstrebende Zivilisation entwickeln kann. Unser Beitrag wird erfolgreich sein, wenn es uns noch vor dem Ende des 21. Jahrhunderts gelingt, alle Regionen in florierende Gemeinschaften zu verwandeln, aus der sich eine aus Unionen bestehende Welt entwickelt. Dies erinnert mich an den Traum eines indischen Dichters, , der vor 3 000 Jahren in einem klassischen Werk der tamilischen Literatur schrieb: was so viel bedeutet wie „Ich bin ein Weltbürger. Alle Bürger sind meine Freunde und Verwandten“. Er sagte dies vor 3 000 Jahren.

Vor diesem Hintergrund überbringe ich Ihnen aus Indien die Botschaft, dass wir drei sowohl für Indien als auch für Europa wichtige Aufgaben anpacken müssen, die zu Frieden und Wohlstand in der ganzen Welt beitragen können. Indiens Erfahrung und Europas Dynamik bilden die Grundlage für diese drei Aufgaben, die ich Ihnen vorstellen möchte.

Die erste Aufgabe ist die Entwicklung einer aufgeklärten Gesellschaft mit Bürgern, die ein Wertesystem haben, und aus der heraus eine wohlhabende, friedliche Welt entstehen kann.

Die zweite Aufgabe besteht darin, eine unabhängige Energieversorgung aufzubauen. Meist wird in diesem Zusammenhang von Energieversorgungssicherheit gesprochen. Ich meine aber eine unabhängige Energieversorgung: einen dreidimensionalen Ansatz für Energiealternativen, dessen Ziel eine saubere Umwelt ist.

Die dritte Aufgabe ist die Schaffung einer weltweiten Wissensplattform, die die Kernkompetenzen der Europäischen Union und Indiens in bestimmten Bereichen zusammenführt, mit dem Ziel, Lösungen für die schwierigsten Probleme, wie die Wasserversorgung, die medizinische Versorgung und den Aufbau von Kapazitäten, zu entwickeln.

Wenn Nationen gemeinsam eine Gesellschaft aufbauen, in der Zusammenhalt herrscht, muss sichergestellt werden, dass die dadurch entstehenden Vorteile der gesamten Gesellschaft zugute kommen. Weltweite Armut, Analphabetentum, Arbeitslosigkeit und Mangel verstärken die Kräfte der Wut und der Gewalt. Manchmal stehen diese Kräfte im Zusammenhang mit früher realen oder vermeintlichen historischen Feindseligkeiten, mit Gewaltherrschaft, Ungerechtigkeit, Ungleichheit, ethnischen Problemen und religiösem Fundamentalismus, und sie münden in einen Extremismus, der überall auf der Welt hervorbricht. Nicht nur in Indien, sondern auch in der Europäischen Union hat es unheilvolle Taten gewisser irregeführter Teile der Gesellschaft gegeben, und es gibt sie weiterhin. Wir müssen gemeinsam gegen die Ursachen solcher Phänomene vorgehen, um Wege zur dauerhaften Förderung des Friedens zu finden. Doch wie können wir dies erreichen?

Wir brauchen einen Wert, der ein in allen Bereichen redliches und gesundes menschliches Verhalten fördert und dieser Wert ist die Aufrichtigkeit. In Indien sagen wir:

„Wo Aufrichtigkeit im Herzen ist,

da ist Schönheit im Charakter.

Wo Schönheit im Charakter ist,

da ist Harmonie im eigenen Haus.

Wo Harmonie im eigenen Haus ist,

da ist Ordnung im Land.

Wo Ordnung im Land ist,

da ist Frieden in der Welt.“

(Beifall)

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, dies hat für die ganze Welt Gültigkeit. Wenn wir Frieden in der Welt brauchen, brauchen wir Ordnung im Land. Wir brauchen Harmonie im eigenen Haus. Die Aufrichtigkeit des Herzens ist der Grundstein dafür – in Europa, Indien oder anderswo auf der Welt. Doch wie können wir den Samen der Aufrichtigkeit in die Herzen aller Bürger dieser Welt legen? Dies ist ein Gebiet, das mir ganz besonders am Herzen liegt und ich möchte Ihnen davon berichten.

Doch zunächst möchte ich über die Entwicklung einer aufgeklärten Gesellschaft sprechen. Mit diesem Geist der Aufrichtigkeit im Herzen möchte ich diesem hoch geschätzten Parlament einen Weg zur Entwicklung einer glücklichen, wohlhabenden und friedlichen Gesellschaft in unserer Welt vorstellen, den ich die „Entwicklung einer aufgeklärten Gesellschaft“ nenne. Ich habe diese Gedanken mit vielen Intellektuellen in nationalen und internationalen Kreisen erörtert. Die drei Elemente, mit denen wir eine aufgeklärte Gesellschaft aufbauen müssen, sind: 1) Bildung, gestützt auf ein Wertesystem; 2) Transformation von Religion in Spiritualität und 3) wirtschaftliche Entwicklung zum Umbau der Gesellschaft.

Was das erste Element betrifft, haben wir bereits gehört, dass der Samen für den Frieden in der Welt in der Aufrichtigkeit des Herzens jedes Einzelnen liegt. Mit Bürgern, die diese Eigenschaft der Aufrichtigkeit besitzen, kann eine aufgeklärte Gesellschaft entstehen. Wir müssen die Bildung auf ein Wertesystem gründen, damit sich in jedem jungen Menschen die Aufrichtigkeit des Herzens entwickeln kann. Das sollte der Auftrag der Bildung sein. Im Alter zwischen fünf und siebzehn Jahren lernt man am besten. Das erinnert mich an den Ausspruch eines Lehrers im antiken Griechenland, der vor ein paar tausend Jahren Folgendes sagte: „Gib ein Kind sieben Jahre lang in meine Obhut, danach kannst Du es Gott oder dem Teufel überlassen. Sie werden nicht vermögen, mein Kind zu ändern“.

Das zeigt, was hervorragende Lehrer bewirken und wie sie den Geist junger Menschen prägen können. Eltern und Lehrer müssen in den Kindern das Fundament für moralisches Verhalten legen. Um dies zu erreichen, müssen sie die Einzigartigkeit und Universalität des menschlichen Bewusstseins erkennen. Echte Bildung ist die Herausbildung einer vorurteilsfreien Haltung und der Fähigkeit, sich im Leben zurechtzufinden und zu erkennen, dass jeder Mensch mit allen anderen Menschen und dem Universum verbunden ist.

Meine Studienzeit liegt lange zurück – fast 57 Jahre sind es nun –, und doch erinnere ich mich noch sehr gut an die Vorlesungen von Hochwürden Kalathil, der das von Jesuiten geführten St. Joseph’s College im südindischen Tiruchirappalli leitete. Jeden Montag stand eine Vorlesung von Hochwürden Kalathil auf dem Stundenplan. Er sprach meist über gute Menschen der Gegenwart und der Vergangenheit und darüber, was einen guten Menschen ausmacht. In seinen Vorlesungen berichtete er zum Beispiel über Buddha, Konfuzius, den Heiligen Augustinus, Kalif Omar, Mahatma Gandhi, Einstein und Abraham Lincoln und erzählte lehrreiche Geschichten mit moralischem Hintergrund, die sich auf unser kulturelles Erbe bezogen. In seinen Ethik-Vorlesungen pflegte Hochwürden Kalathil den Aspekt hervorzuheben, der ausschlaggebend dafür war, dass sich diese herausragenden Persönlichkeiten zu guten Menschen entwickelt hatten, zum Beispiel durch ihr Elternhaus, durch ihre Lehrer und durch wichtige Bücher, die sie begleitet hatten. Obwohl diese Vorlesungen während meiner Studienzeit nun fast 60 Jahre zurückliegen, sind sie noch heute eine Quelle der Inspiration für mich.

Es ist wichtig, dass an allen Schulen und Universitäten jeder Nation hochrangige Lehrer dieser Einrichtungen regelmäßig jede Woche Unterrichtsstunden über das kulturelle Erbe und das daraus entstandene Wertesystem abhalten. Diese Stunde kann als Ethik-Unterricht bezeichnet werden und soll in jungen Menschen die Liebe zu ihrem Land und zu anderen Menschen wecken und ihnen Zugang zu einer höheren Ebene verschaffen. Ich habe diese Methode Bildungsexperten in meinem Land vorgestellt. Vielleicht ist auch die Europäische Union an der Entwicklung eines Systems interessiert, das es Schülern und Studierenden ermöglicht, diese grundlegend wichtigen Dinge zum Wohle aller zu lernen.

Ich möchte nun zum nächsten Punkt kommen, der Transformation von Religion in spirituelle Kraft. Viele Menschen glauben, dies sei ein schwieriges Unterfangen, doch dem kann ich nicht zustimmen. Ich werde Ihnen über ein Erlebnis berichten, das mich davon überzeugt hat, dass Religion in eine spirituelle Kraft umgewandelt werden kann.

Wie sollen wir diese Transformation erreichen? Wie Sie alle wissen, besteht Religion aus zwei Elementen, der Theologie und der Spiritualität. Zwar hat jede Religion ihre eigene spezifische Theologie, doch es ist das spirituelle Element, das die Botschaft vermittelt, die von den Menschen aufgenommen werden soll, um im materiellen Leben das eigene Wohl und das Wohl der Gesellschaft zu fördern. Ich habe erlebt, wie Religion und Wissenschaft bei einer wichtigen Aufgabe zusammenwirken können.

Anfang der 1960er Jahre hatten der Begründer des indischen Raumforschungsprogramms, Professor Vikram Sarabhai, und sein Team, nachdem sie viele Alternativen geprüft hatten, den technisch optimalen Standort für die Weltraumforschung gefunden. Die Einrichtung sollte in der Stadt Thumba im südindischen Kerala angesiedelt werden, da diese in der Nähe des magnetischen Äquators liegt. Diese Lage machte sie zum idealen Platz für Forschungen im Bereich der Ionosphäre und des elektrischen Strahlstroms in der oberen Atmosphäre. Ich hatte das Glück, acht Jahre mit Professor Vikram Sarabhai zusammenarbeiten zu dürfen.

Die schwierigste Aufgabe für Vikram Sarabhai bestand darin, sein Forschungszentrum in einem bestimmten Gebiet zu errichten. Professor Sarabhai beschritt den üblichen Weg und wandte sich zunächst an die Bezirksregierung von Kerala. Als man sah, welches Gebiet und welchen Teil der Küste er ausgewählt hatte, teilte man ihm mit, dass dort Tausende Fischer leben und es im Ort neben einer alten Kirche, der St. Mary Magdalene Church, auch eine Schule gebe und der Bischof dort sein Haus habe. Deshalb sei es äußerst schwierig, ihm dieses Land zur Verfügung zu stellen, und die Verwaltung sei bereit, ihm eine andere Fläche in einem anderen Gebiet zu überlassen. Auch die zuständigen politischen Stellen hielten sein Ansinnen wegen der dort vorhandenen wichtigen Einrichtungen und der Sorge um die Menschen, die infolge seines Vorhabens hätten umgesiedelt werden müssen, für problematisch. Doch der Professor ließ sich nicht beirren.

Es wurde vorgeschlagen, er solle die einzige Person aufsuchen, von der er Rat und Hilfe erhalten könne. Dies war der Bischof, Peter Bernard Pereira. Professor Sarabhai besuchte also den Bischof eines Samstagabends. Ich erinnere mich noch gut an diese Begegnung, die sich als historisch erweisen sollte. Viele von uns begleiteten ihn. Bischof Pereira sagte, „Vikram, Du willst meinen Kindern das Zuhause, den Fischern das Heim, dem Bischof das Haus und Gott seine Kirche wegnehmen. Wie kommst Du dazu?“ Beide hatten eine ganz besondere Gabe: Sie konnten auch in schwierigen Situationen lächeln. Bischof Pereira bat Professor Sarabhai, am Sonntagmorgen um neun Uhr in die Messe zu kommen, und der Professor und sein Team waren am Sonntag zur Stelle. Es wurde gebetet und Bischof Pereira las aus der Bibel. Nach dem Gottesdienst bat der Bischof Professor Sarabhai, nach vorne zu kommen. Der Bischof stellte ihn seiner Gemeinde vor. „Liebe Gemeinde”, sagte der Bischof, „ich möchte Euch Professor Vikram Sarabhai vorstellen. Er ist Wissenschaftler. Was ist das eigentlich, Wissenschaft? Wir alle, auch diese Kirche, haben elektrisches Licht. Dank der Technik kann ich über das Mikrophon zu Euch sprechen. Der Medizin haben wir es zu verdanken, dass Ärzte ihre Patienten behandeln können. Über die Technik trägt die Wissenschaft zur Verbesserung des Komforts und der Lebensqualität der Menschen bei. Was ist meine Aufgabe als Geistlicher? Ich bete für Euch Menschen, für Euer Wohlergehen und für Euren Frieden. Man könnte also sagen, dass Vikram und ich dasselbe tun: Sowohl die Wissenschaft als auch die Spiritualität bemühen sich um den Segen des Allmächtigen für das körperliche und geistige Wohl des Menschen. Professor Sarabhai sagt, dass er innerhalb eines Jahres neue Gebäude nahe der Küste bauen will. Nun, meine liebe Gemeinde, können wir Eure Häuser, mein Haus und das Haus Gottes für ein bedeutendes wissenschaftliches Projekt zur Verfügung stellen?“

Er stellte diese Frage seiner Gemeinde. Genau wie jetzt in diesem Augenblick war es in der Kirche so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Dann stand die ganze Gemeinde auf und rief „Amen“, dass die Kirche bebte.

Diese Kirche war der Ort, in dem wir unser Konstruktionszentrum einrichteten und mit dem Raketenbau begannen, und im Haus des Bischofs hatten die Wissenschaftler ihre Arbeitsräume. Dieser Raketenstartplatz, die Thumba Equatorial Rocket Launching Station (TERLS), war der Ausgangspunkt für die spätere Einrichtung des Vikram Sarabhai Space Centre (VSSC), und die Raumfahrtaktivitäten führten zur Gründung vieler Raumfahrtzentren im ganzen Land. Diese Kirche ist zu einem wichtigen Lernzentrum geworden, in dem Tausende von Menschen etwas über die bewegte Geschichte des indischen Raumfahrtprogramms und den Weitblick eines Wissenschaftlers und eines Bischofs erfahren. Die Bürger von Thumba erhielten natürlich – wie versprochen – an einem anderen Ort komfortable Häuser, ein Gotteshaus und eine Schule.

Wenn ich an diese Begebenheit denke, wird mir klar, wie kluge, herausragende Persönlichkeiten aus Religion und Wissenschaft mit vereinten Kräften dem Leben der Menschen dienen können. Mit der Einrichtung von TERLS und VSSC war Indien in der Lage, Raumfahrzeuge und Raumsonden zu starten und Raumfahrtanwendungen zu entwickeln, und dies hat zur atemberaubenden sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung Indiens beigetragen.

Professor Vikram Sarabhai und Bischof Peter Bernard Pereira leben nicht mehr, aber diejenigen, die Blumen hervorbringen und erblühen lassen, werden sich selbst in eine ganz besondere Blume verwandeln, wie es im Bhagavad Gita heißt. Der Text lautet: „Sieh, wie großzügig die Blume ihren Duft und Honig verströmt. Sie gibt allen, lässt jeden an ihrer Liebe teilhaben. Wenn ihre Aufgabe erfüllt ist, vergeht sie still. Sei wie die Blume, die trotz ihrer prächtigen Eigenschaften bescheiden ist“. Welch wunderbare Botschaft an die Menschheit über den Sinn des Lebens, die das spirituelle Element ausdrückt. Können wir mit dem spirituellen Element eine Brücke zwischen den Religionen schlagen, um Frieden für die Nationen und die Welt zu erreichen?

Man hat mich gebeten, über den Dialog zwischen den Kulturen zu sprechen, und ich möchte über eine Begegnung berichten, wie sie in vielen Teilen meines Landes ganz alltäglich ist. Ich erlebte eine solche Begegnung, als ich zehn Jahre alt war. In unserem Haus trafen sich regelmäßig drei besondere Persönlichkeiten: Pakshi Lakshmana Shastrigal, der Oberpriester des berühmten Rameshwaram-Tempels, ein Gelehrter der vedischen Lehre, Hochwürden Bodal, der die erste Kirche auf der Insel Rameshwaram baute, und mein Vater, ein Imam der Moschee. Meist saßen die drei zusammen, um über die Probleme der Insel zu sprechen und nach Lösungen zu suchen. Außerdem versuchten sie mit großer Leidenschaft, die Brücke zwischen den verschiedenen Religionen zu schlagen. Still wie der Duft der Blumen verbreitete sich dieser Geist der Gemeinsamkeit auch unter den anderen Bewohnern der Insel. Dieses Bild kommt mir immer in den Sinn, wenn ich mit anderen über den Dialog zwischen den Religionen spreche. Indien genießt seit Tausenden von Jahren dieses Privileg der Integration verschiedener Geistesrichtungen. Heute wird die Notwendigkeit eines offenen Dialogs zwischen Kulturen, Religionen und Zivilisationen weltweit stärker anerkannt als dies jemals zuvor der Fall war.

Diese beiden Beispiele geben mir die Zuversicht, dass die spirituellen Elemente eine Brücke zwischen den Religionen sein können. Immer wenn ich in meinem Land mit jungen und belesenen Menschen zusammenkomme, erzähle ich diese beiden Erlebnisse. Sicher haben viele Menschen in meinem Land ebenso wie in anderen Teilen der Welt solche Erfahrungen gemacht. Wir müssen solche erfreulichen Nachrichten überall auf der Welt verbreiten.

Nun komme ich zum dritten wichtigen Element einer aufgeklärten Gesellschaft, der wirtschaftlichen Entwicklung zum Umbau der Gesellschaft. Nehmen wir Indien als Beispiel, das für viele andere Teile der Welt, auch die Europäische Union, dienen kann.

Die indische Wirtschaft ist im Aufstieg begriffen. In der verarbeitenden Industrie und im Dienstleistungssektor ist ein hohes Wachstum zu verzeichnen. Unser Ziel ist es zu erreichen, dass sich dieses Wirtschaftswachstum auf das ganze Land ausbreitet, auch auf den ländlichen Raum. Sowohl im ländlichen Raum als auch in den Städten muss die Lebensqualität von knapp 220 Millionen Menschen, die Teil einer Gesamtbevölkerung von einer Milliarde sind, verbessert werden. Unser BIP-Wachstum zeigt, dass unsere Wirtschaft wächst, doch die Beteiligung der Bevölkerung ist unverzichtbar, damit die festgelegten Ziele erreicht werden können. Wir müssen eine gute Lebensqualität für die Bürger sicherstellen, zu der gesunde Nahrungsmittel, gute Wohnbedingungen, eine saubere Umwelt, eine bezahlbare medizinische Versorgung, eine qualitativ hochwertige Bildung und eine produktive Beschäftigung gehören. Dies muss im Einklang mit dem aus unserem kulturellen Erbe heraus entstandenen Wertesystem geschehen und eine umfassende Entwicklung des ganzen Landes ermöglichen, die den Bedürfnissen von einer Milliarde Menschen gerecht wird. Dies sind Indikatoren für das Wachstum des nationalen Wohlstandsindex. Um diese Wachstumsrate zu erreichen, haben wir fünf Bereiche festgelegt, in denen Indien Kernkompetenzen für integrierte Maßnahmen besitzt: 1) Landwirtschaft und Nahrungsmittelverarbeitung; 2) Bildung und Gesundheitswesen; 3) Informations- und Kommunikationstechnologie; 4) Infrastrukturentwicklung, einschließlich PURA (Providing Urban Amenities in Rural Areas), eines Programms zur Bereitstellung städtischer Annehmlichkeiten in ländlichen Gebieten; und 5) Eigenständigkeit auf dem Gebiet wichtiger Technologien. Wir wollen die Vision, Indien zu einer Industrienation zu machen, bis 2020 verwirklichen, indem wir 540 Millionen junge Inder unter 25 Jahren für dieses Ziel begeistern und zur Unterstützung anspornen.

Bisher haben wir über den dreidimensionalen Ansatz der Vermittlung einer werteorientierten Bildung, der Transformation der Religion in Indien in eine spirituelle Kraft und die wirtschaftliche Entwicklung zum Umbau der Gesellschaft gesprochen, der eine aufgeklärte Gesellschaft hervorbringen soll. Diese integrierte dreidimensionale Methode zur Entwicklung einer aufgeklärten Gesellschaft wird den Weg für friedliche, wohlhabende, glückliche Nationen ebnen und damit auch zu einer Welt, in der es keinen Extremismus gibt und in der der Extremismus keinen Nährboden hat. Auf meiner Internetseite

habe ich dargelegt, welche Bedeutung ein mächtiges globales Gremium für die Entwicklung moderner Nationen mit aufgeklärten Bürgern hat. Ich würde mich freuen, wenn Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, meine Internetseite besuchen, und ich bin gerne zu einem Austausch mit Ihnen über die Gedanken, Ideen und Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Mission bereit.

Damit komme ich zur zweiten Aufgabe, dem Aufbau einer unabhängigen Energieversorgung. Wenn wir uns die schwerwiegenden Probleme ansehen, mit denen die Erde heute konfrontiert ist, stoßen wir auf zwei wichtige Faktoren. Erstens, die vom Weltenergieforum vorausgesagte anhaltende Dezimierung der fossilen Öl-, Gas- und Kohlereserven, die Ihnen allen bekannt ist. Der zweite Faktor ist die anhaltende Umweltzerstörung, die in erster Linie durch die umfangreiche Nutzung fossiler Brennstoffe zur Energieerzeugung verursacht wird. Die Lösung dieser Probleme liegt im Aufbau einer unabhängigen Energieversorgung, die ich meinem Land empfohlen habe. Dieses Konzept könnte auch in vielen anderen Ländern angewandt werden. Welche Form der unabhängigen Energieversorgung stelle ich mir für Indien vor?

Indien hat einen Anteil von 17 % an der Weltbevölkerung, verfügt jedoch nur über etwa 0,8 % der bekannten Öl- und Erdgasreserven. Ausgehend von der für die nächsten zwanzig Jahre angestrebten Entwicklung Indiens muss das Land seine Kapazität zur Elektrizitätserzeugung von derzeit 130 000 MW bis 2030 auf 400 000 MW steigern. Dabei sind die geplanten Energieeinsparungen und die Entwicklung und Herstellung energieeffizienter Geräte und Systeme bereits berücksichtigt.

Ich habe verschiedene Systeme vorgeschlagen. Die Energieeffizienz der sowohl in der Europäischen Union als auch in Indien weit verbreiteten Solarzellen muss von derzeit 20 % auf 55 % gesteigert werden. Zu diesem Zweck soll die Forschung im Bereich der Solarzellen, die mit Kohlenstoff-Nano-Röhren arbeiten, verstärkt werden. Thorium-Reaktoren sind Reaktoren, in denen der nicht-spaltbare Stoff Thorium eingesetzt wird. Dieser Stoff muss mit Hilfe der Schnellbrütertechnologie in spaltbares Material umgewandelt werden. Im Bereich der Biokraftstoffe besteht die Aufgabe darin, Energiepflanzen mit höheren Erträgen zu züchten, effizientere Veresterungstechnologien zu entwickeln und in der Automobilindustrie neue Antriebstechnologien einzusetzen. Diese drei Forschungsgebiete erfordern eine intensive Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Indien. Ich schlage deshalb vor, ein Kooperationsprogramm zwischen Indien und der EU zur Entwicklung erneuerbarer Energien zu schaffen, das den Rahmen für eine zukunftsorientierte Forschung und Entwicklung im gesamten Spektrum der erneuerbaren Energien bildet und dessen Ziel es ist, innerhalb der nächsten zehn Jahre wirtschaftliche Großkraftwerke zu entwickeln.

(Beifall)

Mein letzter Punkt ist die weltweite Wissensplattform. Ausgehend von den Erfahrungen Indiens mit zwei erfolgreichen internationalen Kooperationsprojekten, die vom Konzept über die Realisierung bis hin zur Vermarktung alle Stufen umfassten, schlage ich vor, eine weltweite Wissensplattform einzurichten, um die Kernkompetenzen der EU und Indiens in Wissenschaft und Technologie zu bündeln und spezifische Systeme für weltweite Anwendungen zu entwickeln. Diese weltweite Wissensplattform wird die gemeinsame Konzipierung, Entwicklung und kostengünstige Herstellung und Vermarktung von Wissensprodukten, Systemen und Dienstleistungen in verschiedenen Bereichen ermöglichen, basierend auf den Kernkompetenzen der Partnernationen im internationalen Markt. Diese weltweite Wissensplattform soll ein Forum für Wissenschaft, Technologie, Industrie, Management und Vermarktung sein.

Sie werden sich vielleicht fragen, welche Ziele mit der weltweiten Wissensplattform verfolgt werden sollen. Es wird davon ausgegangen, dass die Verknüpfung von Biotechnologie, Nanotechnologie und Informationstechnologie künftig jeden Bereich des menschlichen Lebens betreffen wird. Die weltweite Wissensplattform wird Aufgaben in einigen der nachfolgend näher erläuterten Bereiche übernehmen, die von größter Bedeutung für uns alle sind und die unsere Welt zu einem sicheren, zukunftsfähigen, friedlichen und wohlhabenden Lebensraum machen werden.

Der erste Bereich ist die Wasserversorgung: Meerwasserentsalzung mit Solarenergie, Kanalisation, Vernetzung von Flüssen und kostengünstiges, sauberes Trinkwasser.

Der zweite Bereich ist die medizinische Versorgung: Diagnose, Versorgung mit Medikamenten, Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen für HIV, Tuberkulose, Malaria und Herzerkrankungen.

Der dritte Bereich ist die Landwirtschaft und die Nahrungsmittelverarbeitung: Steigerung der Brotgetreideerzeugung in einem Umfeld, in dem weniger Fläche, weniger Wasser und weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen; Haltbarmachung von Nahrungsmitteln; Nahrungsmittelverarbeitung; kostengünstige Lagerung und Verteilung.

Der vierte Bereich sind Wissensprodukte: Hardware, Software und Vernetzung sowie Speichermedien, einschließlich mikro- und nanoelektronischer Handgeräte.

Der fünfte Bereich sind Verkehrssysteme: Verkehrssysteme, die statt mit fossilen Brennstoffen mit erneuerbaren Energien betrieben werden, Sicherheitssysteme, Integration von Hardware und eingebetteter Software.

Der sechste Bereich ist der Lebensraum: ein energie- und wassereffizienter, sauberer Lebensraum.

Der siebte Bereich ist die Vorhersage und Bewältigung von Katastrophen: Erdbebenvorhersagen, Prognosen von Niederschlagsmengen anhand von Wolkenbildern.

Und als Letztes schließlich noch der Aufbau von Kapazitäten: Entwicklung kompetenter Humanressourcen für alle oben genannten Bereiche sowie Entwicklung von erstklassigem Personal, das sich mit den Spitzenkräften der Welt messen kann.

Die Europäische Union verfügt über ein enormes Potenzial im Bereich der Wissenschaft und eine lange Forschungstradition. Indien mit seinem wissenschaftlichen und technologischen Potenzial, das es bei der Bewältigung zahlreicher gesellschaftlicher Aufgaben unter Beweis gestellt hat, hat sich zu einem führenden, aufstrebenden Land entwickelt. Die gebündelten Kräfte der Nationen können zum Nutzen Indiens und der EU eingesetzt werden, wenn wir als Partner gemeinsam die weltweite Wissensplattform aufbauen.

All diese Ausführungen machen deutlich, dass die EU und Indien vieles gemeinsam haben, sowohl was ihre Träume als auch ihre Probleme anbelangt. Hier unter Ihnen spüre ich einen positiven Geist, der positive Lösungen hervorbringen wird. Ein wacher Geist ist kreativ. Dies ist das gemeinsame Erbe Indiens und der Europäischen Union.

Ich habe drei Aufgaben erläutert: die Entwicklung einer aufgeklärten Gesellschaft, die unabhängige Energieversorgung und die Schaffung einer weltweiten Wissensplattform. Diese gemeinsamen Aufgaben Indiens und der EU werden unsere strategische Partnerschaft weiter stärken und den Grundstein für die Verbesserung des Lebens von 1,5 Milliarden Menschen legen, so dass die Zivilisationen schließlich zusammenwachsen können.

Bei der Bewältigung dieser Aufgaben kann uns ein Ausspruch von Maharishi Patanjali inspirieren, der vor 2 500 Jahren Folgendes sagte: „Wenn Du ein großes Ziel oder ein außergewöhnliches Projekt verfolgst, sprengen Deine Gedanken alle Grenzen. Dein Geist überwindet Schranken, Dein Bewusstsein weitet sich in jede Richtung und Du gelangst in eine neue, großartige und wundervolle Welt. Die in Dir schlummernden Kräfte, Fähigkeiten und Talente erwachen zum Leben und Du erkennst, dass so unendlich viel mehr in Dir steckt als Du Dir jemals erträumt hast.“

Ich bin ein großer Bewunderer der Europäischen Union. Deshalb habe ich ein Gedicht geschrieben, das ich Ihnen nun vortragen möchte.

(Beifall)

Das Gedicht trägt den Titel „Die Botschaft von Mutter Indien an die Europäische Union“.

„In einer menschenwürdigen Umgebung gedeiht ein wacher Geist.

In einer menschenwürdigen Umgebung gedeiht ein wacher Geist.

Ein wacher Geist bringt Frische und Kreativität hervor,

er hat die Erforscher von Ländern und Meeren hervorgebracht,

er hat die Europäische Union hervorgebracht,

er hat die Erforscher von Ländern und Meeren hervorgebracht,

aus ihm entspringt der Mut zu Neuem,

wo er herrscht, bringt er große Wissenschaftler hervor. Warum?

Schau zurück auf die vielen Entdeckungen.

Entdecke den Kontinent.

Ist Dir bewusst, dass Du einen Kontinent entdeckt hast?

Entdecke den Kontinent und unbekannte Länder.

Wage Dich ins Unbekannte.

Schaffe neue Pfade.

Der Geist der Besten,

der Geist der Besten hat uns aber auch

die Saat des Krieges und des Hasses beschert,

hunderte Jahre Krieg und Blutvergießen,

Millionen meiner wundervollen Kinder verloren ihr Leben im Land und auf den Meeren.

Viele Nationen versanken in Tränen,

ein Meer der Traurigkeit verschlang viele.

Doch dann entstand die Vision der Europäischen Union.

Das Versprechen, niemals wieder das Wissen der Menschheit gegen uns selbst oder andere zu richten.

Die Nationen schlossen sich zusammen, um ihre gemeinsame Vision von einem blühenden Europa zu verwirklichen,

und Frieden wurde zum gemeinsamen Band der Europäischen Union.

Diese Freudenbotschaft erfasste die Menschen auf dem Planeten meines Universums.

Diese Freudenbotschaft erfasste die Menschen auf dem Planeten meines Universums.

Verbreite Deine Botschaft, Europäische Union, in alle Teile der Welt wie die Luft, die wir atmen.“

Soweit mein Gedicht.

(Beifall)

Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich den Abgeordneten des Europäischen Parlaments und durch sie allen Bürgern der Länder der Europäischen Union die Grüße einer Milliarde indischer Bürger übermitteln.

Möge Gottes Segen Sie begleiten.

(Die Mitglieder des Parlaments erheben sich und spenden lang anhaltenden Beifall).

 
  
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  Der Präsident. – Präsident Kalam, ich danke Ihnen im Namen des Europäischen Parlaments für diese bedeutende und inspirierende Rede. Dies war eine der außergewöhnlichsten Ansprachen, die wir hier je gehört haben.

(Beifall)

Diese Rede eines Staatsmannes, eines Wissenschaftlers und eines Dichters war einzigartig. Ich danke Ihnen. Ich glaube, das Wichtigste ist, dass wir einander zuhören, damit wir einander besser verstehen und damit wir uns gegenseitig respektieren und zusammenarbeiten können. Dies war Ihre Botschaft. Ich wünsche Ihnen und Ihrer großartigen Nation alles Gute und möchte bei dieser Gelegenheit auch unserer Zusammenarbeit zwischen der bedeutenden Nation Indien und der Europäischen Union viel Erfolg wünschen.

(Anhaltender Beifall)

 
  
  

VORSITZ: PIERRE MOSCOVICI
Vizepräsident

 

11. Abstimmungsstunde (Fortsetzung)

11.1. Arzneimittel für neuartige Therapien (Abstimmung)
  

- Bericht Mikolášik (A6-0031/2007)

- Vor der Abstimmung

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE-DE), Berichterstatter. – (EN) Herr Präsident! Als Berichterstatter möchte ich die Gelegenheit nutzen, mit meinen einleitenden Worten zu diesem Bericht etwas klarzustellen.

Ich verurteile und bin absolut gegen das Verhalten einiger meiner Kollegen Schattenberichterstatter, die die Rolle des Parlaments untergraben, indem sie den Berichterstatter umgehen und den ersten Block als so genannten Kompromiss mit dem Rat präsentieren.

In diesem Hohen Hause gibt es acht Fraktionen, von denen aber nur drei – PSE, ALDE und GUE/NGL – diesen mehr als 70 Änderungsanträgen zugestimmt haben. Der Rat hat uns nicht mitgeteilt, dass der Ausschuss der Ständigen Vertreter dieses Paket akzeptiert hat. Daher ersuche ich Sie, gegen den ersten und für den zweiten Block zu stimmen, der das Ergebnis der Arbeit der parlamentarischen Ausschüsse ist.

Ich möchte aber gleichzeitig ganz unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass ich der Stimme dieses Hohen Hauses zuhören und diesen Vorschlag als Hauptberichterstatter definitiv unterstützen werde.

 
  
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  Dagmar Roth-Behrendt (PSE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte lediglich hervorheben, dass ich selbst und einige Mitglieder anderer Fraktion von unserem demokratischen Recht Gebrauch gemacht haben, rechtzeitig Änderungsanträge einzureichen. Ich möchte betonen, dass sämtliche Änderungsanträge im ersten Block die Abstimmungen im Ausschuss widerspiegeln und mit einer Einigung übereinstimmen, die in einem inhaltlichen Trilog mit dem Berichterstatter erzielt wurde, der daraufhin beschloss, den Trilog nicht fortzusetzen. Wir haben unsere Befugnisse in Bezug auf keinen dieser Punkte überschritten und ich würde vorschlagen, dass wir nun zur Abstimmung kommen. Die hier geltenden demokratischen Verfahren werden von mir immer eingehalten.

(Beifall)

 
  
  

- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 66

 
  
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  Hartmut Nassauer (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich bin der Meinung, dass der Änderungsantrag 66 von dem Kompromissantrag nicht umfasst ist, und wäre dankbar, wenn wir darüber zusätzlich abstimmen könnten.

 
  
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  Der Präsident. – Änderungsantrag 66 ist gemäß der vorgenommenen Analyse durch Änderungsantrag 127 abgedeckt, in dem es um Ausnahmeregelungen für Krankenhäuser geht. Wir meinen daher, dass darüber abgestimmt wurde.

 
  
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  Alejo Vidal-Quadras (PPE-DE).(ES) Herr Präsident! Um den ordnungsgemäßen Verlauf der Abstimmung sicherzustellen, möchte ich Sie bitten, bei der Ankündigung des Beginns einer namentlichen Abstimmung ein wenig mehr Zeit bis zu ihrer Schließung vergehen zu lassen, denn einigen Abgeordneten fällt es schwer, Ihrem schnellen Tempo zu folgen.

(Beifall)

Gewähren Sie also bitte einige Sekunden mehr zwischen der Eröffnung und Schließung der Abstimmung. Vielen Dank!

 
  
  

- Vor der Abstimmung über den Kommissionsvorschlag in der geänderten Fassung

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE-DE), Berichterstatter. (FR) Herr Präsident! Nach meiner Abstimmungsliste hätte auch über die Abstimmungsanträge 24, 35, 44, 45, 61, 62 in zwei Teilen und über Änderungsantrag 66 abgestimmt werden müssen, was nicht geschehen ist. Ich bitte Sie daher, diese Anträge zur Abstimmung zu stellen.

 
  
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  Der Präsident. – Herr Berichterstatter, diese Änderungsanträge waren im ersten Block eingeschlossen.

 

11.2. Strafrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (Abstimmung)
  

- Bericht Zingaretti (A6-0073/2007)

- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 46

 
  
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  Ignasi Guardans Cambó (ALDE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte klarstellen, dass der Anwendungsbereich dieser Richtlinie auf Produktpiraterie und Nachahmungspraktiken beschränkt sein sollte. Da die Richtlinie in verschiedenen Mitgliedstaaten mit unterschiedlichen Rechtssystemen angewandt werden soll, schlagen wir vor, dass statt von „geistigem Eigentum“ in dem Änderungsantrag von „Urheberrecht und verwandten Schutzrechten“ die Rede sein sollte. „Geistiges Eigentum“ bezeichnet nicht nur das Urheberrecht, sondern das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte. Dies ist ein mündlicher Änderungsantrag.

 
  
  

(Der mündliche Änderungsantrag wird nicht angenommen.)

 

11.3. Gemeinschaftliches Überwachungs- und Informationssystem für den Schiffsverkehr (Abstimmung)
  

- Bericht Sterckx (A6-0086/2007)

- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 46

 
  
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  Luis de Grandes Pascual (PPE-DE).(ES) Ich möchte kurz den Grund für den mündlichen Änderungsantrag erläutern. Der Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr hatte ursprünglich den von mir unterbreiteten Änderungsantrag 46 und den Änderungsantrag 50 von Herrn Sterckx angenommen. Später stellten die Dienste fest, dass sie einige Angaben enthielten, die nicht miteinander vereinbar waren.

Wir einigten uns und kamen zu dem Schluss, dass die beste Lösung ein mündlicher Änderungsantrag zur Änderung 46 sei, den ich dem Haus vorschlage und der einfach in folgender Hinzufügung besteht: „und in jedem Fall bis zum 1. Juli 2008“.

Dieser Zusatz würde an der Bedeutung der beiden Änderungsanträge nichts ändern und eine rechtsgültige Lösung für diesen Konflikt darstellen.

 
  
  

(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)

 

11.4. Untersuchung von Unfällen im Seeverkehr (Abstimmung)
  

- Bericht Kohlíček (A6-0079/2007)

 
  
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  Jaromír Kohlíček (GUE/NGL), Berichterstatter. (FR) Herr Präsident, ich würde gern die Reihenfolge der Abstimmungen ändern. Was Erwägungsgrund 11 betrifft, wäre es besser, zunächst über Änderungsantrag 26 abzustimmen, denn er ist umfassender als Änderungsantrag 1.

 
  
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  Der Präsident. – Die Abstimmungsliste wurde gemäß der Geschäftsordnung erstellt, wenn das Hohe Haus jedoch keine Einwände hat, können wir dem Wunsch des Berichterstatters nachkommen.

 

11.5. Haftung von Beförderern von Reisenden auf See und im Binnenschiffsverkehr bei Unfällen (Abstimmung)
  

- Bericht Costa (A6-0063/2007)

- Vor der Abstimmung

 
  
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  Paolo Costa (ALDE), Berichterstatter. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte lediglich der Klarheit halber darauf hinweisen, dass ich als Berichterstatter alle dazu auffordere, bei sämtlichen namentlichen Abstimmungen gegen all das zu stimmen, was nicht vom Ausschuss vorgelegt wurde.

Damit möchte ich die Europäische Union davor bewahren, beim nächsten Unfall auf irgendeinem großen europäischen Strom eingreifen zu müssen, denn das könnte geschehen, wenn wir den Verbraucherschutz nicht auch auf diesen Bereich ausdehnen.

 
  
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  Georg Jarzembowski (PPE-DE). – Herr Präsident! Das war eine sehr kurze Darstellung der Problematik. Meine und die andere Fraktion sind der Auffassung, dass wir die Reisenden auf Binnenschiffen besser durch eine eigene Regelung schützen können, weil die jetzigen Vorschriften, über die wir abstimmen, für den Seeverkehr gelten. Insofern weise ich nur darauf hin, dass wir nicht weniger für die Sicherheit der Passagiere tun, wenn wir unsere Anträge stellen und hoffentlich eine Mehrheit dafür bekommen.

 

11.6. Kontrolle durch den Hafenstaat (Neufassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Vlasto (A6-0081/2007)

 

11.7. Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen (Neufassung) (Abstimmung)
  

- Bericht de Grandes Pascual (A6-0070/2007)

 

11.8. Internationale Rechnungslegungsstandards (Abstimmung)
  

- Vorschlag für eine Entschließung (B6-0157/2007)

- Vor der Abstimmung

 
  
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  Pervenche Berès (PSE). – (FR) Herr Präsident! Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung wünscht auf der Grundlage von Artikel 170 Absatz 4 unserer Geschäftsordnung die Vertagung der Abstimmung über diese Entschließung auf die zweite Sitzung im September diesen Jahres. Mit dieser Vertagung soll unser Zeitplan an den neuen Zeitplan angepasst werden, der auf unseren Antrag durch die Dienste der Kommission für die Verabschiedung des Rechnungslegungsstandards IFRS 8 als Ersatz für den Standard IAS 14 festgelegt wurde.

Der Vorschlag der Kommission, den IFRS 8 zu billigen, würde bedeuten, dass der entsprechende US-amerikanische Standard in europäisches Recht übernommen würde, ohne dass eine Folgenabschätzung über die Auswirkungen der Anwendung eines solchen Standards auf die europäischen börsennotierten Unternehmen durchgeführt wurde.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung möchte daran erinnern, dass die Konvergenz zwischen den Rechnungslegungsstandards IFRS und US-GAAP – deren Herstellung Kommissar McCreevy dringend wünscht – zu Standards führen muss, die eine Finanzinformation in besserer Qualität ermöglichen. Reale Konvergenz bedeutet allerdings mehr als nur die einfache Übernahme der Rechnungslegungsstandards der einen Seite durch die andere.

In diesem Zusammenhang haben die Dienste der Kommission sich einverstanden erklärt, ihren Zeitplan zu überarbeiten, um auf diese Weise eine Folgenabschätzung zu ermöglichen. Diese Information ging uns auf dem Postwege gestern Abend zu. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung erinnert auch daran, dass die Vorschläge der Kommission zu den Durchführungsmaßnahmen zumindest im finanziellen Bereich, einschließlich der Standards für die Finanzinformation, innerhalb von drei Monaten geprüft werden müssen. Wir möchten, dass die Kommission diese Durchführungsmaßnahme zusammen mit den Ergebnissen der geforderten Folgenabschätzung bis zum 10. September diesen Jahres unserem Ausschuss erneut vorlegt, damit unser Parlament auf seiner Septembersitzung die Übernahme dieses Standards in europäisches Recht endgültig bestätigen oder nicht bestätigen kann.

 
  
  

(Das Parlament beschließt die Vertagung der Abstimmung.)

 

11.9. Einsetzung eines nichtständigen Ausschusses zum Klimawandel (Abstimmung)
  

- Vorschlag für einen Beschluss (B6-0158/2007)

 

11.10. Grünbuch: Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts (Abstimmung)
  

- Bericht Sánchez Presedo (A6-0133/2007)

 

11.11. Multilaterales Übereinkommen zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums (Abstimmung)
  

- Vorschlag für eine Entschließung (B6-0148/2007)

 

11.12. Thematische Strategie für eine nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen (Abstimmung)
  

- Bericht Liotard (A6-0054/2007)

 

11.13. Transatlantische Beziehungen (Abstimmung)
  

- Vorschlag für eine Entschließung (RC-B6-0149/2007)

- Vor der Abstimmung über Ziffer 13

 
  
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  Sophia in 't Veld (ALDE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte folgende Änderungen zu Ziffer 13 vorschlagen. Erstens sollte „begrüßt“ durch „nimmt zur Kenntnis“ ersetzt werden, zweitens sollten wir am Ende Folgendes hinzufügen: „bedauert allerdings die fehlende demokratische Kontrolle aufgrund des Ausschlusses des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente von diesem Dialog.“ Abschließend schlagen wir darüber hinaus vor, das Wort „politisch“ vor „Rahmen“ zu streichen.

 
  
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  José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra (PPE-DE).(ES) Herr Präsident! Ich möchte einfach sagen, dass meine Fraktion mit zwei der Verweise einverstanden wäre: der Ersetzung des Wortes „begrüßt“ durch „nimmt Kenntnis von“ und der Streichung des Wortes „politisch“.

Doch um diesem Vorschlag zustimmen zu können, möchten wir eine positive Anmerkung anfügen und sagen: „verlangt jedoch, das Europäische Parlament in diesen Dialog einzubeziehen, um diesem eine stärkere Legitimität zu verleihen“.

 
  
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  Sophia in 't Veld (ALDE).(EN) Herr Präsident! Das ist in meinen Augen annehmbar.

 
  
  

(Die mündlichen Änderungsanträge werden berücksichtigt.)

 

11.14. Kroatien: Fortschrittsbericht 2006 (Abstimmung)
  

- Bericht Swoboda (A6-0092/2007)

- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 18

 
  
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  Hannes Swoboda (PSE), Berichterstatter. – Herr Präsident! Mit den Schattenberichterstattern hätten wir uns geeinigt, dass wir statt the government and local authorities einfach schreiben the Croatian authorities.

 
  
  

(Der mündliche Änderungsantrag wird berücksichtigt.)

- Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 24

 
  
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  Hannes Swoboda (PSE), Berichterstatter. – Herr Präsident! Wieder eine Klarstellung im Einvernehmen mit den Schattenberichterstattern: Diese Regelung soll für alle Grenzprobleme gelten. Daher bitte ich, „with neighbouring countries“ einzufügen. Diese Regelung, einen Dritten in Anspruch zu nehmen, sollte also im Prinzip für alle nicht gelösten Grenzprobleme bestehen.

(Der mündliche Änderungsantrag wird berücksichtigt.)

 
  
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  Der Präsident. – Die Abstimmung ist geschlossen.

 
  
  

VORSITZ: LUIGI COCILOVO
Vizepräsident

 
  
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  Reinhard Rack (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich hätte eine Bitte. Wir haben am Dienstag immer relativ wenige und am Mittwoch immer sehr viele Abstimmungen. Warum haben wir feierliche Sitzungen immer am Mittwoch? Könnten wir diese nicht auf den Dienstag verschieben? Das würde genauso gut gehen, und wir könnten unseren Zeitplan weit besser organisieren.

 
  
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  Der Präsident. Ich werde Ihren Hinweis an die zuständige Person weiterleiten und versuchen, Ihnen eine Antwort zu geben.

 

12. Stimmerklärungen
  

- Bericht Lichtenberger (A6-0060/2007)

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Dieses Assoziierungsabkommen betrifft die laufende Initiative für einen gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraum. Einer ihrer Schlüsselpunkte – typisch für Abkommen dieser Art – ist die schrittweise Liberalisierung des Verkehrssektors bei den Vertragsparteien und die euphemistisch klingende „Anpassung“ der staatlichen Monopole.

Wir möchten deshalb den Grundsatz wieder einführen, dass es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten ist zu entscheiden, wie die Luftverkehrsdienste betrieben werden sollen und unter welchen Bedingungen, darunter die Bedingung, wonach im Idealfall der Staat selbst diesen Dienst erbringt.

Außerdem möchten wir unsere Auffassung bekräftigen, dass das übergreifende Prinzip für alle Maßnahmen, die im Rahmen dieser Abkommen getroffen werden, die Zusammenarbeit und die Achtung der nationalen Souveränität sein sollte, was auch das Management jedes Staates für seinen eigenen Luftraum einschließt.

Die Liberalisierung des Luftverkehrs hat zu einer Verschlechterung der Qualität der erbrachten Dienstleistungen und zu Angriffen auf die Rechte der Arbeitnehmer in diesem wichtigen Sektor geführt. Gleichzeitig dient die Liberalisierung wegen der Konzentration im Sektor den Interessen der großen internationalen Verkehrsgesellschaften, und zwar zum Nachteil der kleineren Betreiber.

Abschließend möchte ich noch die unverständliche Einbeziehung der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen in Kosovo herausstellen.

 
  
  

- Empfehlung Costa (A6-0134/2007)

 
  
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  Daniel Hannan (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Wie oft hören wir das Argument, dass wir eine Zuständigkeit der EU brauchen, weil ein bestimmter Politikbereich eine internationale Dimension besitzt? Oberflächlich betrachtet ist dieses Argument plausibel, aber bei genauerem Hinsehen erweist es sich als fadenscheinig, was in keinem Bereich deutlicher bewiesen wird als in der Luftfahrtpolitik.

Hier handelt es sich schlicht und ergreifend um ein länderübergreifendes Thema, aber wie anhand dieses Berichts deutlich wird, muss es eher international als supranational geregelt werden und betrifft Drittstaaten ebenso wie EU-Mitgliedsländer.

Das ist sicher ein besseres Modell für die Organisation unseres Kontinents als die Überwachung sämtlicher grenzüberschreitender Angelegenheiten durch Brüssel. Wenden wir also dieses System auch in anderen Bereichen an!

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. Ich stimme für die Verordnung über die „Sicherheit in der Zivilluftfahrt“.

Weiters spreche ich mich dafür aus, dass detaillierte Maßnahmen wie zum Beispiel das Verbot der Mitnahme von Getränken und Flüssigkeiten an Board nach sechs Monaten auslaufen. Der momentane Zustand, dass die Flughäfen diese Regelung unterschiedlich und unprofessionell anwenden und daher viele Reisende nicht genau wissen, welche Gegenstände sie eigentlich mitnehmen dürfen und welche Regeln wahrhaftig existieren, ist nicht haltbar und sorgt für verständlichen Unmut in der Bevölkerung. Es ist unabdingbar, die Reisenden genau über die Rechte und Pflichten des Sicherheitspersonals an Flughäfen zu informieren, um einen friedlichen und effizienten Ablauf auf den Flughäfen gewährleisten zu können.

Sollte ein Mitgliedsland sich dagegen entscheiden, so muss zuvor eine gründliche Neubewertung der Sicherheitsrisiken und eine gründliche Überprüfung der mit diesen Maßnahmen verbundenen Kosten und Auswirkungen auf den Flugbetrieb durchgeführt werden.

 
  
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  Bogusław Liberadzki (PSE), schriftlich. (PL) Ich stimme für die Annahme der Empfehlung betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 320/2002.

Herr Paolo Costa hat richtig ausgeführt, dass die von der Kommission vorgeschlagenen zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen nicht zwangsläufig bedeuten, dass bewaffnete Sicherheitsbeamte mit an Bord sind. Nach Ansicht des Berichterstatters liegt eine solche Entscheidung bei den zuständigen Behörden des jeweiligen Mitgliedstaates.

Auch die Frage der Finanzierung der zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen wurde auf fundierte Weise behandelt. Die Kosten der Sicherheit sollten zum Teil von den Mitgliedstaaten und nicht – wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagen – ausschließlich von den Luftfahrtunternehmen getragen werden. Die Kosten für die Sicherheit während des Flugs, die im Ticketpreis inbegriffen sind, müssen gesondert auf dem Ticket ausgewiesen bzw. den Fluggästen auf verständliche Weise mitgeteilt werden.

Ich stimme auch dem Vorschlag im Bericht zu, wonach die detaillierten Maßnahmen für die Durchführung der gemeinsamen Grundnormen, wie z. B. die Entscheidung der Europäischen Kommission, die Mitnahme von Flüssigkeiten an Bord zu beschränken, sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten auslaufen. Sollen sie beibehalten werden, müssen eine gründliche Neubewertung der Sicherheitsrisiken und eine gründliche Überprüfung der mit diesen Maßnahmen verbundenen Kosten erfolgen.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe gegen diese Änderungsanträge gestimmt, deren Ziel darin besteht, der Europäischen Agentur für Flugsicherheit eine sicherheitspolitische Rolle zu verschaffen. Das ist eine ganz andere Frage und hier darf es keine Verwechslungen geben.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die Stärkung der gemeinsamen Vorschriften für die Sicherheit in der Luftfahrt ist ein zentrales Ziel der Verkehrspolitik.

Terroristischen Bedrohungen muss man mit klaren und genauen Zielsetzungen begegnen. Unsere Zielsetzungen müssen in der Gewährleistung eines Höchstmaßes an Sicherheit für Fluggäste und in der unerbittlichen Bekämpfung dieser Verbrechen bestehen.

Wirksamkeit, Klarheit und Geschlossenheit bei den europäischen Vorschriften sollten daher unsere Hauptanliegen sein.

Mehrere wichtige Probleme sind zu lösen, beispielsweise die Kostenteilung im Zusammenhang mit der Luftsicherheit, die Anwendung strengerer Maßnahmen durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten und die Beförderung von Flüssigkeiten an Bord. Bei der Lösung dieser Probleme dürfen wir aber nicht das Hauptziel aus den Augen verlieren, nämlich die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten, auch wenn dies bisweilen auf Kosten der Bequemlichkeit und Pünktlichkeit der Luftverkehrsdienste geht. Deshalb ist es unsere Pflicht, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen diesen beiden Faktoren Luftsicherheit und –qualität herzustellen. Was wäre denn auch eine hochwertige Beförderung wert, wenn die strengen Sicherheitsstandards nicht eingehalten werden?

 
  
  

- Bericht Seeber (A6-0064/2007)

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Ziel dieser Richtlinie ist es, einen legislativen Rahmen für die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken zu errichten, um so den Schutz der menschlichen Gesundheit, der Umwelt, des kulturellen Erbes und wirtschaftlicher Tätigkeiten gewährleisten zu können. Dieses Ziel soll über einen dreistufigen Ansatz erreicht werden. Zunächst erfolgt eine erste Hochwasserrisikobewertung zur Feststellung der gefährdeten Gebiete, anschließend die Erstellung von Hochwasserrisikokarten und abschließend die Ausarbeitung von Plänen für das Hochwasserrisikomanagement in den Einzugsgebieten.

Ohne die Grundsätze und Zielsetzungen des vorliegenden Vorschlags in Frage stellen zu wollen, würde ich doch gern wissen, warum nicht ein vergleichbares Instrument für das Problem der Dürren geschaffen wurde, von denen jedes Jahr Millionen EU-Bürger betroffen sind und die verheerende Auswirkungen für die Menschen besonders im Agrarsektor und für die Wasserversorgung haben.

Diese Unterlassung wiegt umso schwerer angesichts der Empfehlung des Parlaments in seiner Entschließung vom Mai 2006 zu Naturkatastrophen, in der es unter anderem die Kommission aufgefordert hat, eine Strategie gegen Dürren zu unterbreiten, die als Grundlage für eine europäische Politik der Verhütung von Dürren und des diesbezüglichen Risikomanagements dient, eingeschlossen Strategien zur Verringerung ihrer Auswirkungen.

Dementsprechend haben wir zwar für diesen Bericht gestimmt, sind aber wegen dieser Unterlassung sehr enttäuscht und betonen die Notwendigkeit einer Strategie gegen Dürren.

 
  
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  Christa Klaß (PPE-DE), schriftlich. Wasser ist eine Naturgewalt, wenn es als Hochwasser zu uns kommt. Dann sind unsere Gesundheit, die Umwelt, Infrastrukturen und unser Eigentum gefährdet. Wasser kennt keine Grenzen. Es ist wichtig, dass die EU mit dem vorliegenden Vorschlag für eine „Richtlinie über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken“ grenzüberschreitend mehr Zusammenarbeit fördert. Grundlage der Zusammenarbeit müssen die vorhandenen Pläne und Aufzeichnungen der Mitgliedstaaten sein. Diese Karten und Pläne sollten sich auf die besten verfügbaren Daten, Verfahren und Technologien, die im Bereich des Hochwasserrisikomanagements bestehen, stützen.

Ich freue mich, dass es eine Einigung in den letzten noch offenen Fragen gibt. Somit kann die neue Richtlinie schnell zum Einsatz kommen.

Hochwasser ist für die Menschen, die in Flusstälern leben, ein ständiges Risiko. In gewissem Maße kann man sein Eigentum hochwassergerecht ausstatten. Für mein Nachbardorf an der Mosel war der Bau eines Hochwasserschutzdamms wie eine Erlösung. Viel besser und wirkungsvoller sind vorbeugende Maßnahmen, die alle Bürgerinnen und Bürger mit einbeziehen.

Das Parlament spricht in seinem Bericht vom Solidaritätsprinzip. Dieses gilt in den Dörfern, wenn Hochwasser kommt. Jeder hilft jedem, und mit bemerkenswertem Engagement ist die freiwillige Feuerwehr unterwegs. Dieses Solidaritätsprinzip muss ausgebaut und unterstützt werden, über die betroffenen Dörfer, über die Grenzen hinaus.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Ein Tätigwerden der Gemeinschaft beim Thema Klimawandel ist für die Zukunft von grundlegender Bedeutung. Aus diesem Grund dürfen die Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane und der Mitgliedstaaten meines Erachtens nicht eng gefasst und nur auf einen Aspekt der Erscheinung ausgerichtet sein, während der Rest unbeachtet bleibt.

Darum muss ich integrierte Maßnahmen zum Klimaphänomen befürworten. Bei der Abstimmung über die Bewertung und das Management von Hochwasser übersehen wir offensichtlich, dass Hochwasser mit anderen Erscheinungen, wie etwa Dürren und Brände, einhergeht.

 
  
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  Frédérique Ries (ALDE), schriftlich.(FR) Ein Augenzwinkern der Natur: Während Nordeuropa im April 2007 von einer nie da gewesenen Hitzewelle heimgesucht wird, sagte das Europäische Parlament heute Mittag Ja zu einer besseren Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten im Kampf gegen Überschwemmungen.

Dies ist eine konkrete Antwort auf die Naturkatastrophen, die in unseren Ländern immer häufiger auftreten und immer dramatischere Folgen haben. Meine belgischen Landsleute werden sich an die Überschwemmungen von Dezember 2002 erinnern, oder denken wir nur an die Überschwemmungen in Mittel- und Osteuropa im Sommer 2002 und 2005! Diese beiden Dramen rechtfertigten die Aktivierung des europäischen Katastrophenschutzmechanismus.

Zu würdigen ist dabei die koordinierende Rolle, die die Kommission bei der Katastrophenbewältigung über das Informations- und Kontrollzentrum in Brüssel gespielt hat.

Hier ein Vorschlag: Zur Erhöhung der Effektivität sollte das Europäische Zentrum mit den meteorologischen und hydrologischen Diensten der 27 Mitgliedstaaten koordiniert werden.

Um zu vermeiden, dass Europa allzu oft von Überschwemmungen heimgesucht wird, müssten aus meiner Sicht – wie dies der Bericht Seeber fordert – in den Risikomanagementplänen Abholzungen, landwirtschaftliche Tätigkeiten und Baugenehmigungen in Überschwemmungsgebieten berücksichtigt werden.

 
  
  

- Bericht Mikolášik (A6-0031/2007)

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE-DE). (SK) Wir haben gerade über einen Bericht abgestimmt, in dem ich zur Annahme eines Texts und mehrerer Änderungsanträge aufgefordert habe, mit denen jetzt und in Zukunft die Möglichkeit ausgeschlossen wird, dass EU-Mitgliedstaaten gezwungen werden, die Verwendung menschlicher Embryos für Forschungs- und möglicherweise auch für Behandlungszwecke, die Erzeugung von Mensch-Tier-Hybriden wegen ihres Gewebes sowie Eingriffe in die menschliche Keimbahn zu akzeptieren.

Aus dem Abstimmungsverhalten der Mehrheit in diesem Hohen Hause könnte man schließen, dass einstweilen ein Text angenommen wurde, der bis jetzt noch ethisch neutral ist, es aber nur so lange bleiben wird, bis auf Stammzellenforschung basierende Produkte auf den Markt kommen. Als Mensch, Vater und Arzt werde ich mich immer für das Recht von Nationen einsetzen, die oben genannten Methoden nicht anzuwenden. Ich lehne jedweden künftigen Handel mit menschlichem Gewebe, den Kauf und Verkauf von Embryos, die Anwendung der Eugenik oder der eugenischen Veränderung des menschlichen Genoms entschieden ab.

Am 23. April hat die Europäische Kommission uns hier im Parlament zugesichert, dass die Kommerzialisierung des menschlichen Körpers nicht in Frage kommt, da dies im Gemeinschaftsrecht geregelt ist. Ich kann Ihnen versichern, dass ich persönlich und das Europäische Parlament die Einhaltung dieses Prinzips genau beobachten und überwachen werden.

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE-DE).(CS) Das Parlament hat für die Harmonisierung auf den Gebieten Gentherapie, Zelltherapie und Produkte aus Gewebezüchtungen gestimmt. Mit einem zentralen Register wird der Markt integriert, werden Kosten gesenkt, wird die Wettbewerbsfähigkeit Europas erhöht und steigt die Hoffnung auf die Heilung schwerer Krankheiten. Soweit zu den Vorzügen.

Meine Damen und Herren, ich muss grundsätzlich dagegen Einspruch erheben, dass Sie es abgelehnt haben, Beschränkungen für Versuche mit menschlichen Genen festzulegen. Die europäischen Liberalen, Sozialisten und ganz Linken haben die fachlichen Stellungnahmen von drei Ausschüssen nicht beherzigt und unser Paket von Änderungsanträgen abgelehnt, mit denen so abscheuliche Einfälle wie die Transplantation von menschlicher DNA auf Tierembryonen verboten werden sollten. Außerdem ist auch die Möglichkeit für die Modifizierung menschlicher Zellen und den Handel mit menschlichen Körpern eröffnet worden. Ich würde gern wissen, nach welchen Kriterien das Register in London betrieben werden wird.

Wie können wir das Ziel des Binnenmarktes erreichen, wenn in einigen alten Mitgliedstaaten das Klonen menschlicher Wesen mit Tieren und andere Experimente, die die menschliche Entwicklung gefährden, nicht als Straftaten gelten? Leider haben einige Länder das Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin immer noch nicht ratifiziert. Mein „Nein“ in der Schlussabstimmung ist ein Ausdruck des gesunden Menschenverstands, der mir sagt, dass dies ein höchst unverantwortlicher und leichtsinniger Schritt ist.

 
  
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  Jim Allister (NI), schriftlich. (EN) Ich habe heute für das Paket der Änderungsanträge gestimmt, mit dem sichergestellt werden soll, dass die wichtigsten ethischen Schutzmaßnahmen in die Rechtsvorschriften zu Arzneimitteln für neuartige Therapien einbezogen werden. Ziel der Änderungsanträge ist der Schutz der Grundsätze der Nichtkommerzialisierung des menschlichen Körpers und seiner Teile durch die freiwillige und unentgeltliche Spende menschlicher Zellen und Gewebe, das Verbot sämtlicher Eingriffe in die menschliche Keimbahn, die sich auf künftige Generationen auswirken könnten, und die Gewähr, dass in der Forschung kein Material verwendet wird, das auf menschlich/tierischen Hybridembryos oder Chimären beruht. Abschließend begrüße ich den Änderungsantrag zur Wahrung des Subsidiaritätsprinzips, der den Mitgliedstaaten in diesem Fall Rechtssicherheit gewährt, wenn sie sich gegen die Verwendung gewisser ethisch umstrittener Zellen entscheiden wollen.

 
  
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  Hiltrud Breyer (Verts/ALE), schriftlich. Die Mehrheit des Europaparlaments hat sich von einer Allianz aus Sozialdemokraten, EU-Kommission und deutscher Bundesregierung Sand in die Augen streuen lassen und grünes Licht für die rechtlich schwammige Regelung neuartiger Therapien gegeben. Dies ist ein Ausverkauf der Werte. Es ist beschämend, dass die Abgeordneten das klare Verbot der Kommerzialisierung des menschlichen Körpers, des Eingriffs in die Keimbahn und der Herstellung von Mensch-Tier-Mischwesen vom Tisch wischen.

Die Bundesregierung hat die Abstimmung durch intensive Lobbyarbeit massiv beeinflusst. Als amtierende Ratspräsidentschaft hat die Bundesregierung dazu beigetragen, dass die noch in der Berliner Erklärung betonten europäischen Werte demoliert werden und zu Lippenbekenntnissen verkommen.

Nur der Vorschlag des EP-Rechtsausschusses (Berichterstatterin Breyer), menschliche embryonale Stammzellen aus dem Geltungsbereich der Verordnung herauszunehmen, hätte Rechtsklarheit und Rechtssicherheit geschaffen. Der Verdacht hat sich erhärtet, dass Vertreter der Bundesregierung via Europäische Union die deutsche Stammzellgesetzgebung aushebeln wollen. Die jetzt vom Europaparlament grundsätzlich unterstützte Ausnahmeregelung der EU-Kommission ist nicht gerichtsfest.

Das Europaparlament ist heute hinter den bestehenden europäischen Konsens der EU-Grundrechtecharta und der Rechtssetzung in der Biopatentrichtlinie zurückgefallen und macht sich zum Türöffner der Kommerzialisierung des Menschen. Es bleibt zu hoffen, dass andere EU-Mitgliedstaaten im Rat den Mut haben werden, die heute eingeläutete bioethische Rutschbahn aufzuhalten und eine Kehrtwende einzuläuten.

 
  
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  Niels Busk, Anne E. Jensen und Karin Riis-Jørgensen (ALDE), schriftlich. (DA) Erklärung zur Abstimmung im Namen von Karin Riis-Jørgensen, Anne E. Jensen und Niels Busk, Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa.

Es wurden einige ethische Änderungsanträge eingereicht, die recht überflüssig sind und die Sache höchstens noch verworrener machen.

Das Prinzip der unentgeltlichen Spenden von Gewebe und Stammzellen ist bereits in der Richtlinie über Gewebe und Zellen verankert. Wir unterstützen dieses Prinzip, das bereits vor und während dieser Abstimmung galt und auch danach gelten wird.

Die Mitgliedstaaten haben die Entscheidungsbefugnis in ethischen Fragen und sollen sie auch weiterhin haben.

 
  
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  Marco Cappato (ALDE), schriftlich. – (IT) Wir haben für die Kompromissänderungsanträge gestimmt, die zusammen von der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament und der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke eingereicht wurden, weil wir glauben, dass nur, wenn umgehend eine europäische Regelung für neuartige Therapien angenommen wird, Millionen von Bürgern, die auf wirksame Behandlungsmethoden warten, geholfen und die Freiheit der Forschung gewährleistet werden kann. Ärzte und Forscher müssen sich in einem sicheren Rechtsrahmen bewegen können, der ihre Arbeit auf einer europäischen Grundlage anerkennt und gewährleistet, dass die Behandlungen allen bedürftigen Patienten zugänglich sind.

Das Parlament hat mit breiter Mehrheit die so genannten „ethischen Änderungsanträge“ abgelehnt; in Wahrheit sind sie wissenschaftsfeindlich und sollen lediglich die Annahme einer Regelung verzögern und verhindern, die die europäische Forschung funktions- und wettbewerbsfähiger macht und den Kranken Hoffnung gibt.

Etwaige angebliche ethische Einwände werden komplett durch die Tatsache entkräftet, dass die Unabhängigkeit der Mitgliedstaaten ihnen das Recht garantiert, der Forschung Beschränkungen aufzuerlegen, wie dies immer noch in Italien in Bezug auf die Verwendung embryonaler Stammzellen geschieht. Das heutige Votum war deshalb nur ein notwendiger Schritt, um sicherzustellen, dass die europäischen Bürger gleichen Zugang zu Therapien haben, indem all den Menschen Aussicht auf Hoffnung geboten wird, die heute kostspielige Reisen auf sich nehmen müssen, um geeignetere Therapien zu finden, und indem zugleich die Freiheit der Wissenschaft gestärkt wird.

 
  
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  Bairbre de Brún (GUE/NGL), schriftlich. (EN) In unserer Stellungnahme zur heutigen Abstimmung und vor allem zu Block 3 finden sich einige Faktoren, einschließlich der Auffassung, dass Angelegenheiten dieser Art auf nationaler Ebene geregelt werden sollten, sowie die Tatsache, dass unsere Fraktion zu einigen Fragen, die bei der heutigen Abstimmung aufkamen, noch einen formellen Standpunkt beziehen muss.

 
  
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  Robert Goebbels (PSE), schriftlich.(FR) Alle Änderungsvorschläge zugunsten von innovativen Therapien und vor allem von Erzeugnissen der Zelltherapie habe ich unterstützt. Ich habe gegen die Änderungsanträge der ewigen Reaktionäre gestimmt, die unter dem Vorwand, das entstehende Leben, den Embryo, zu verteidigen, jede Nutzung von Zellen selbst indirekten embryonalen Ursprungs untersagen wollen. Indem sie jede embryonale Zelle sakralisieren wollen, vergessen die Verteidiger des ungeborenen Lebens das bereits vorhandene Leben, die Erbkrankheiten und alle menschlichen Leiden, die dank der innovativen Therapien vermieden oder gemildert werden könnten.

 
  
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  Marianne Thyssen (PPE-DE), schriftlich. – (NL) Herr Präsident! Ich habe für das Trilogpaket, wie ich es einfachheitshalber nennen werde, gestimmt. Mit dieser Rechtsvorschrift und diesem Ansatz wollen wir kranke oder leidende Menschen in die Lage versetzen, so schnell wie möglich von neuartigen fortschrittlichen Therapien Gebrauch zu machen. Den Vorschlag für eine Verordnung und die Änderungsanträge habe ich ausführlich geprüft und bin zu dem Schluss gekommen, dass wir, ohne die Autonomie der Mitgliedstaaten zu untergraben, dieser Rechtsvorschrift guten Gewissens unsere Zustimmung geben konnten.

Daher freue ich mich gemeinsam mit vielen Patienten über den positiven Ausgang der Abstimmung.

 
  
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  Thomas Ulmer (PPE-DE), schriftlich. Ich stimme dem Bericht zu, auch unter der Bedingung, dass nicht alle Anträge des Rechtsausschusses durchgehen werden und auch nicht alle positiv zu bewerten sind. Die ethische Fragestellung ist subsidiär ausreichend geregelt. Die Regelung, die fast ausschließlich Produkte betrifft, die ethisch unumstritten sind, muss in Kraft treten, um Patientenschutz und Patientensicherheit in Europa zu gewährleisten.

Gegen die Kommerzialisierung des menschlichen Körpers bzw. seiner Bestandteile spreche ich mich aus.

 
  
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  Anna Záborská (PPE-DE), schriftlich. Das so genannte „Kompromisspaket“ von Kommunisten, Sozialisten und Liberalen lehnt wichtige Forderungen nach gemeinsamen ethischen Standards ab. Außerdem wurde die Verantwortlichkeit der Mitgliedstaaten im Bereich der nationalen Gesundheitsversorgung entkräftet.

Der angenommene Kompromiss ist überhaupt nicht sachgerecht. Kleine und mittlere Unternehmen, die auf nationaler Ebene mit Krankenhäusern zusammenarbeiten, werden von der Forderung einer europäischen Zulassung ausgenommen. Andere werden gezwungen, zur Agentur nach London zu gehen. Der Kompromiss ist von der Großindustrie und der Krankenhauslobby gegen die Interessen des Mittelstandes diktiert worden.

Die Mitgliedstaaten verlieren darüber hinaus ihre Eigenständigkeit im Bereich der Volksgesundheit, denn die Zulassung von Medikamenten wird jetzt durch eine Agentur in England entschieden. Dies widerspricht dem Verständnis von Subsidiarität und nationalstaatlicher Verantwortung in so grundsätzlichen Bereichen wie der Volksgesundheit und dem Verbraucherschutz.

Die Chance wurde verpasst, grundlegende ethische Prinzipien für ganz Europa zu verankern. Bisher galt, dass Eingriffe in die menschliche Keimbahn in Europa nicht unterstützt werden und dass die Kommerzialisierung des menschlichen Körpers und seiner Teile als solche ausgeschlossen werden muss. Der erzielte Kompromiss lehnt diese Prinzipien des Respekts des menschlichen Lebens ab. Es gibt jedoch essentielle Aspekte, die unlautere politische Kompromisse nicht dulden. Dazu zählt die Manipulation des menschlichen Lebens. Daher stimmte ich gegen den Bericht.

 
  
  

- Bericht Zingaretti (A6-0073/2007)

 
  
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  Andreas Mölzer (ITS). – Herr Präsident! Ich habe gegen den Bericht Zingaretti gestimmt, obwohl der Schutz geistigen Eigentums natürlich wichtig und für Unternehmen ein essentieller Erfolgsfaktor ist. Wenn die Europäische Union aber den in der Grundrechtecharta verankerten Schutz geistigen Eigentums wirklich ernst nehmen will, hat sie vermehrt gegen dessen Verletzung – beispielsweise in China – vorzugehen. Statt sich dieses Problems endlich in großem Stil anzunehmen, will man anscheinend neue Erfindungen behindern und im privaten Rahmen stattfindende Verletzungen ohne jegliche Gewinnabsicht als Verbrechen bestrafen. Denn genau das würde ja die Richtlinie in der vorliegenden Form bewirken. Die gegenwärtigen vagen Formulierungen könnten meines Erachtens den Wettbewerb schädigen, das Wirtschaftswachstum behindern und den Weg für so etwas wie Zensur bereiten.

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE-DE).(CS) Ich möchte erklären, warum ich gegen die Richtlinie zur Kriminalisierung von Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums gestimmt habe. Dies war am Anfang eine gute Idee, und ich bin unbedingt für Strafen bei Fälschungen und Piraterie.

Leider wird die Richtlinie, wie sie jetzt vorliegt, nicht sehr viel zur Bekämpfung von Fälschungen aus Asien beitragen. Im Gegenteil – statt innovativen Geschäftsleuten Schutz zu bieten, werden sie durch die Uneinheitlichkeit einiger Absätze im Kampf um Wettbewerbsfähigkeit missbräuchlichen Nutzungen preisgegeben. Sogar europäische Geschäftsleute können in Zukunft mit unfairen Beschwerden konfrontiert werden, vielleicht von asiatischen Fälschern. Die Union sollte sich darauf konzentrieren, Rechte des geistigen Eigentums außerhalb ihrer Grenzen durchzusetzen, und nicht ihre eigenen Bürger und Unternehmen kriminalisieren.

Ich bin dagegen, dass die Union zum ersten Mal in ihrer Geschichte in das Strafrecht der Mitgliedstaaten eingreift. Ich bin nicht damit einverstanden, dass die Union die strafrechtliche Haftung gegen Rechtspersonen in Ländern wie etwa der Tschechischen Republik durchsetzt, die dies nicht in ihrem Recht geregelt haben. Ich lehne die Auffassung ab, dass die Öffentlichkeit, Journalisten, Wissenschaftler und normale Verbraucher nach Maßgabe der so genannten „abgeleiteten strafrechtlichen Haftung“ bestraft werden können.

Abschließend möchte ich noch darum bitten, dass meine erste Entscheidung bei der Abstimmung über die Artikel 43 und 44 geändert wird. Ich war dafür, habe aber aus Versehen auf Rot gedrückt.

 
  
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  Jan Andersson, Göran Färm, Anna Hedh, Inger Segelström und Åsa Westlund (PSE), schriftlich. (SV) Wir haben in der Schlussabstimmung für die Änderungsanträge 43 und 44 und gegen den Bericht gestimmt, da es unserer Ansicht nach nicht ausreichend bewiesen ist, dass es im Bereich der ersten Säule eine Rechtsgrundlage für gemeinsame strafrechtliche Rechtsetzungsmaßnahmen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums gibt. Die extensive Auslegung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-176/03 durch die Kommission ist in Frage gestellt worden und kann nicht ohne weitere Prüfung auf diese Weise ausgedehnt werden, so dass sie sich auf den Bereich der Rechte an geistigem Eigentum erstreckt.

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich.Ich habe für den ausgezeichneten Bericht meines Kollegen Zingaretti betreffend den geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über strafrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums gestimmt. Natürlich besitzt die Europäische Kommission keine strafrechtlichen Zuständigkeiten und darf sie auch nicht haben, mit Ausnahme der Verhandlung zwischen Völkern. Die Strafjustiz gehört in die Zuständigkeit der Völker und nicht in die der Europäischen Union. Das steht nicht der Annahme von Richtlinien entgegen, die Botschaften an die Mitgliedstaaten aussenden, um die Effizienz des Gemeinschaftsrechts zu sichern. So kommt es auf dem Gebiet des Patentwesens und generell des geistigen Eigentums darauf an, einen zuverlässigen europäischen Rechtsrahmen zu schaffen, der auch eingehalten wird. Fälschungen, Piraterie, Kopieren, Diebstahl greifen zu sehr um sich als dass sie ungestraft bleiben dürften.

 
  
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  Marco Cappato (ALDE), schriftlich. – (IT) Als Abgeordnete der Radikalen in der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa haben wir zusammen mit unserer Fraktion gegen den Zingaretti-Bericht gestimmt, weil wir glauben, dass bei der erstmaligen Anwendung strafrechtlicher Maßnahmen im Falle von Urheberrechtsverstößen Vorsicht und Ausgewogenheit geboten sind, die jedoch in den angenommenen Änderungsanträgen keinen Platz fanden.

Die Bekämpfung der internationalen Fälschermafia und -organisationen hat gewiss Priorität, doch das Risiko einer Kriminalisierung vieler Millionen Bürger einzugehen, indem vielleicht einfach diejenigen, die das Internet nutzen, um über Peer-to-Peer-Netze Musik herunterzuladen, strafrechtlichen Schnellverfahren ausgesetzt werden, ist eine Politik fern der Realität, die zudem im Hinblick auf das Ziel der Bekämpfung krimineller Organisationen kontraproduktiv ist.

Die ALDE-Fraktion hatte pragmatische Änderungsanträge eingereicht, um den Bericht ausgewogener zu gestalten, indem der Geltungsbereich der Richtlinie auf das Urheberrecht und die Handelsmarken begrenzt wird und erschwerende, strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehende Umstände wie organisierte Kriminalität oder Anschläge auf die öffentliche Gesundheit und Sicherheit ganz klar genannt werden. Außerdem hatten wir versucht, das Mandat der „gemeinsamen Ermittlungsgruppen” einzugrenzen, die den Unternehmen das Recht einräumen würden, aktiv an den Untersuchungen und an der Beweiserhebung mitzuwirken.

 
  
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  Charlotte Cederschiöld, Lena Ek, Christofer Fjellner, Gunnar Hökmark, Anna Ibrisagic, Olle Schmidt, Anders Wijkman und Lars Wohlin (PPE-DE), schriftlich. (SV) Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten hat gegen den Bericht Zingaretti gestimmt, mit der Begründung, dass das Strafrecht laut EG-Vertrag in die nationale Zuständigkeit fällt. In den Fällen, in denen die Mitgliedstaaten dennoch eine Zusammenarbeit auf diesem Gebiet gewählt haben (z. B. bei bestimmten Arten der grenzüberschreitenden Kriminalität) sind die Beschlüsse vom Rat zu fassen, so dass die Rechtsgrundlage demzufolge in der dritten, der zwischenstaatlichen Säule der EU liegen muss (Justiz und Inneres) und nicht in der ersten, dem überstaatlichen EG-Recht.

So lange wir keinen Verfassungsvertrag mit Grundrechten auf EU-Ebene haben, kann es auch kein gemeinsames europäisches Strafrecht geben.

 
  
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  Ole Christensen, Dan Jørgensen, Poul Nyrup Rasmussen, Christel Schaldemose und Britta Thomsen (PSE), schriftlich. (DA) Die dänischen sozialdemokratischen Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben für den von den Abgeordneten Guidoni, Holm, Pafilis, Remek und Figueiredo im Namen der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke eingereichten Änderungsantrag 43 gestimmt.

Nach Auffassung unserer Delegation ist die Qualität dieser Richtlinie nicht ausreichend. Sie kann weder die organisierte Kriminalität auf diesem Gebiet verhindern – was das Ziel dieses Vorschlags ist – noch gibt sie Bürgern, die unabsichtlich Rechte des geistigen Eigentums verletzen, ausreichend Schutz.

Die dänischen sozialdemokratischen Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben sich bei der Abstimmung über den gesamten Vorschlag der Stimme enthalten, da dieser nach Auffassung der Delegation bestehenden Vorschriften zuwiderläuft. Die Delegation möchte jedoch unterstreichen, dass sie die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums unterstützt.

 
  
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  Brian Crowley (UEN), schriftlich. (EN) Ich kann dem heute angenommenen Beschluss nicht beipflichten, mit dem die Europäische Union die Befugnis erhalten soll, gegen diejenigen, die gegen geistige Eigentumsrechte verstoßen, strafrechtliche Maßnahmen anzuwenden.

Ich hoffe, dass der EU-Ministerrat eine andere Meinung vertreten wird als das Europäische Parlament heute, und zwar weil bei uns in Irland das so genannte Common-Law-System gilt, im Gegensatz zum Civil-Law-System, das in vielen anderen EU-Mitgliedstaaten angewandt wird. Im irischen Rechtssystem gilt jeder Angeklagte bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis seiner Schuld als unschuldig, während in vielen anderen EU-Mitgliedstaaten genau das Gegenteil der Fall ist.

Wir sollten es nicht zulassen, dass sich ein System entwickelt, in dem der Europäischen Union freie Hand gewährt wird, in Europa strafrechtliche Maßnahmen zu verhängen.

Der Europäische Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass die EU bei gravierenden Verstößen gegen das EU-Umweltrecht strafrechtliche Maßnahmen verhängen kann. Dieses Urteil darf jedoch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Europäische Union nun gegen jede Maßnahme, bei der sie dies möchte, strafrechtlich vorgehen darf.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Wir lehnen die Rechtsgrundlage, auf die sich die Kommission bei der Vorlage dieses Vorschlags über strafrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums bezieht, vollständig ab und sind sehr enttäuscht, dass unser Vorschlag für eine Ablehnung nicht angenommen wurde.

Auf der Grundlage eines Urteils des Gerichtshofs zur Umwelt – das Anlass für eine Reihe von Fragen gäbe – hat die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über strafrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vorgelegt, die die Mitgliedstaaten bei Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums ergreifen müssen. Das Strafrecht liegt ausschließlich in den Händen der Mitgliedstaaten. Unserer Meinung nach ist deshalb die Kommission nicht befugt, legislative Texte dazu vorzulegen.

Wir sind enttäuscht, dass die meisten unserer Vorschläge abgelehnt wurden, die darauf abzielten, das Gros der schlimmsten Aspekte des Kommissionsvorschlags zu blockieren. Der Bericht enthält einige positive Punkte, die von der Mehrheit angenommen wurden, aber insgesamt überwiegt das Negative. Wir halten es auch für unannehmbar, dass dem Vorschlag der Kommission zufolge private Firmen an der Strafverfolgung beteiligt werden können.

Das sind die Gründe, weshalb wir gegen den Bericht gestimmt haben.

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. (SV) Die Juniliste hat mehrfach darauf hingewiesen, dass das Strafrecht nicht in die Zuständigkeit der EU gelegt werden sollte. Dies wurde durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13. September 2005 in der Rechtssache C-176/03, Kommission gegen Rat, im Großen und Ganzen bestätigt. Der Berichterstatter ist hingegen der Ansicht, dass die Initiativen zur Bestrafung auf EU-Ebene „in völligem Einklang mit der breiten Auslegung des Urteils des Gerichtshofs“ stehen.

Der Bericht ist aus juristischer Sicht unhaltbar. Wir sorgen uns um die Freiheit der Meinungsäußerung und das Recht zum Informationsaustausch, denn es ist offensichtlich, dass sich die Kommission und viele Abgeordnete des Europäischen Parlaments der mächtigen Musik- und Filmindustrie und deren Sonderinteressen beugen. Das tun sie ohne Rücksicht auf die deutliche Auslegung der Zuständigkeiten der EU durch den Europäischen Gerichtshof oder die Rechtssicherheit der Bürger. Abgesehen von einigen Änderungsanträgen, die die Juniliste unterstützt, können wir kaum etwas zum Vorteil der Bürger im Hinblick auf die Freiheit der Meinungsäußerung und das Recht zum Informationsaustausch finden. Darum haben wir uns bei den Änderungsanträgen, bei denen wir zwischen zwei Übeln zu wählen hatten, der Stimme enthalten.

Die Juniliste verteidigt den Schutz des Urheberrechts, ist aber der Ansicht, dass der Vorschlag der Kommission eine Bedrohung der Demokratie darstellt.

Aus diesem Grunde stimmt die Juniliste gegen den Bericht in seiner Gesamtheit.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe gegen diesen Bericht gestimmt, da er darauf abzielt, strafrechtliche Maßnahmen gegen die Endverbraucher nachgeahmter Waren, also die Käufer, einzuführen. Meines Erachtens sollten die Hersteller dieser Waren und nicht die Verbraucher bestraft werden.

 
  
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  Arlene McCarthy (PSE), schriftlich. (EN) Obwohl die Labour-Partei im Europäischen Parlament die Arbeit des Berichterstatters Zingaretti an dem Vorschlag für strafrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sehr unterstützt, haben wir noch immer große Bedenken, dass mit dem Kommissionsvorschlag übereilt strafrechtliche Maßnahmen auch auf die Rechtsvorschriften der ersten Säule ausgeweitet werden, bevor die aktuellen Anhörungen im EuGH abgeschlossen sind.

Darüber hinaus besteht durch einige der heute verabschiedeten Vorschläge zu den Definitionen der Begriffe „vorsätzliche Verletzung“ und „gewerbsmäßig“ die Gefahr, dass das Ermessen der ausgebildeten und qualifizierten nationalen Richter, die Umstände jedes Einzelfalls zu berücksichtigen, abgeschafft wird. Derartige Entscheidungen werden am besten den Gerichten und Richtern der Mitgliedstaaten überlassen, die mit Fällen dieser Art gut vertraut sind. So, wie das Parlament diesen Text verabschiedet hat, besteht die Gefahr, dass unschuldige Käufer im Gefängnis landen und zugleich Schlupflöcher für Einzelpersonen geschaffen werden, die organisierte und schwere Verbrechen begehen.

Der Kompromiss, dem der Berichterstatter zustimmte, wird zu Rechtsunsicherheit führen und das unentbehrliche Ermessen der Richter und nationalen Gerichte abschaffen. Aus diesem Grund haben die Abgeordneten der Labour-Partei dagegen gestimmt.

 
  
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  Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Die Richtlinie ist ein Versuch, die fundamentalen reaktionären Bestimmungen der „Europäischen Verfassung“, die vom Volk verurteilt wurde, durch die Hintertür wiedereinzuführen. Die Europäische Kommission und das Europäische Parlament versuchen in eklatanter Weise den Grundsatz der Einstimmigkeit zwischen den Mitgliedstaaten abzuschaffen, um auf EU-Ebene Strafmaßnahmen einzuführen und damit eines der grundlegenden Prinzipien der nationalen Souveränität ihrer Mitgliedstaaten zu beseitigen.

Andererseits ist der Inhalt der Richtlinie, die im Europäischen Parlament von der berühmt-berüchtigten „heiligen Allianz“ der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten, der Sozialdemokraten und der Liberalen angenommen wurde, nichts weiter als die Erfüllung der unerhörten Forderung der Monopole, den Bereich der geistigen Kreativität uneingeschränkt zu beherrschen. Die beabsichtigte Unklarheit bei den Definitionen der „Straftaten“ im Zusammenhang mit der Verletzung geistiger Eigentumsrechte, die Auferlegung harter Strafen (Freiheitsentzug von mindestens vier Jahren und Geldstrafe von mindestens 300 000 EUR) und die beispiellose Privatisierung von Strafrechtsverfahren durch die Bestimmung, große Unternehmen in Fällen, in denen ihre Rechte verletzt wurden, an den gerichtlichen und polizeilichen Untersuchungen zu beteiligen, sollen eindeutig dazu dienen, den Monopolen die rigorose Kontrolle über sämtliche Bereiche der geistigen Kreativität zu verschaffen. Die EU hat sogar den freien Zugang der Arbeitnehmer zu geistigen Schöpfungen unter Strafe gestellt, um diesen Bereich der Kreativität des Menschen zu unterdrücken und die Profite des EU-Kapitals zu fördern.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. (NL) Dem Vorschlag für eine Richtlinie über strafrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums zufolge müssen die Mitgliedstaaten jede vorsätzliche Verletzung der geistigen Eigentumsrechte unter Strafe stellen, wenn diese Handlungen in gewerbsmäßigem Umfang begangen werden. Nachahmung und Produktpiraterie sind eindeutig strafbare Handlungen. So weit, so gut.

Ich kann dem Bericht Zingaretti jedoch nicht zustimmen, und zwar aus verschiedenen Gründen. Durch die restriktive Liste der Eigentumsrechte wird die Rechtsunsicherheit vergrößert. Es kann nicht angehen, dass Unternehmen von Innovationen, Kreativität und Investitionen abgehalten werden, wenn sich herausstellt, dass sie diese Rechte nicht vorsätzlich verletzt haben, doch dafür unmittelbar strafrechtlich verfolgt werden.

Außerdem wurde der Begriff „in gewerbsmäßigem Umfang“ recht vage definiert. Würde ein Straßenmusikant unter diesen Bereich fallen? Ist persönlicher Gebrauch ausgeschlossen?

Ernste Bedenken habe ich des Weiteren in Bezug auf die Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit. Es ist nicht Aufgabe der EU, Art und Höhe der Strafen festzulegen, jedenfalls nicht, wenn es um persönliche Freiheiten geht, und obwohl der Bericht in Artikel 7 Ermittlungsgruppen für Verwertungsgesellschaften vorschlägt, stellt auch die Privatisierung der strafrechtlichen Verfolgung keine Option dar.

Die Menschen haben Anspruch auf eindeutige Rechtsvorschriften, und in dieser Hinsicht hat der vorliegende Bericht das Ziel verfehlt.

 
  
  

- Bericht Sterckx (A6-0086/2007)

 
  
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  Duarte Freitas (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die europäische Politik im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr steht seit 1999 ganz oben auf der politischen Agenda Europas. Die Havarien der „Erika“ im Jahre 1999 und der „Prestige“ im Jahre 2002 haben auf tragische Weise gezeigt, wie weit die Politik der Union und die Strategien der Mitgliedstaaten im Falle eines Schiffsunglücks hinter dem zurückgeblieben sind, was notwendig ist.

Meiner Meinung nach wird dieser Bericht dazu beitragen, die Sicherheit und Effektivität des Seeverkehrs insgesamt zu verbessern.

Ich halte den Bericht bei den Auswirkungen für den Fischereisektor für ausgewogen; er bietet kleineren Fischereifahrzeugen Schutz, die offenbar nicht verpflichtet sind, das automatische Identifizierungssystem einzubauen.

Ich werde für diesen Bericht stimmen.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Generell begrüßen wir den Vorschlag über die Einrichtung eines Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr, um Unfälle zu verhüten und die Sicherheit des Seeverkehrs zu erhöhen.

Nicht akzeptieren können wir jedoch die vorgeschlagenen Abänderungen, zum Beispiel die Entscheidungsgewalt über die Aufnahme von Schiffen in Seenot einschließlich der Zuweisung eines Schutzhafens einer „unabhängigen Instanz“ zu überlassen, die in Anbetracht des bestehenden Interessenkonflikts keineswegs unabhängig sein wird, wie es bei der Havarie der „Prestige“ der Fall war.

Diese Zuständigkeit liegt bei jedem einzelnen Mitgliedstaat. Es ist Sache der nationalen Behörden der Mitgliedstaaten, die Ausschließlichen Wirtschaftszonen unter ihrer Hoheit zu verwalten. Die Mitgliedstaaten sind für die Bewirtschaftung ihrer Meeresressourcen zuständig.

Wir schlagen deshalb vor, dass alle Initiativen im Rahmen der Sicherheit des Seeverkehrs auf Gemeinschaftsebene – zumindest Initiativen, die wir für relevant und notwendig halten – in den Rahmen der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten einbezogen werden sollten, ohne dass deren hoheitliche Befugnisse verletzt werden.

 
  
  

- Bericht Costa (A6-0063/2007)

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. (EN) Trotz der Versuche vieler Kollegen von der euroskeptischen Unabhängigkeitspartei des Vereinigten Königreichs, diesen Bericht zu verteufeln, werde ich für ihn stimmen, weil der Versuch von Kommission und Berichterstatter, seinen Geltungsbereich auch auf den Binnenschiffsverkehr auszuweiten, abgelehnt wurde. Was die Einbeziehung des Binnenschiffsverkehrs anbelangt, so finden die hier festgelegten Regelungen im Vereinigten Königreich bereits größtenteils Anwendung. Dies bedeutet also keinerlei Gefahr für die Fährdienste in meiner Region, beispielsweise zu den Scilly-Inseln oder nach Lundy, und auch die internationale Dimension wird sich nicht auf die Fährdienste von Gibraltar aus auswirken. Für mich gibt es keinen Grund, warum Reisende im Seeverkehr nicht genauso geschützt werden sollten wie Bahn- oder Flugreisende.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Im Großen und Ganzen begrüßen wir diesen Vorschlag über die Haftung von Beförderern von Reisenden auf See.

Hauptanliegen dieses Vorschlags ist es, den Rechten von Reisenden auf See Rechnung zu tragen und damit zu den derzeitigen Entwicklungen im Luftverkehr aufzuschließen. So müssen diesem Vorschlag zufolge Beförderer eine Versicherung abschließen, die im Falle eines Unfalls in Anspruch genommen werden kann. Außerdem wird der Haftungsumfang der Beförderer in Bezug auf die finanzielle Entschädigung, die Reisenden im Falle eines Unfalls gewährt wird, erhöht.

Weniger begrüßenswert ist die Streichung des Binnenschiffsverkehrs aus dem Anwendungsbereich dieser Verordnung bei der heutigen Abstimmung.

Unserer Meinung nach ist die Notwendigkeit, ein Instrument dieser Art zu schaffen, auch mit der schrittweisen Senkung der Sicherheitsstandards verbunden, die wiederum auf die Abschaffung bzw. Reduzierung staatlicher Beförderer und die Zunahme privater Betreiber zurückzuführen ist. Letztere erfüllen oft nicht die Normen von Qualität und Arbeitsbedingungen, wie das Beispiel der wachsenden Nutzung unsicherer Arbeitsverträge zeigt. Die Gewährleistung der Sicherheit für Reisende geht Hand in Hand mit der Achtung der Rechte von Arbeitnehmern.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, damit bei Unfällen im Seeverkehr Schutz gewährleistet ist. Allerdings habe ich gegen die Änderungsanträge gestimmt, mit denen der Binnenschiffsverkehr von der Verordnung ausgenommen werden soll, da es meines Erachtens einen Unterschied zwischen der Haftpflichtversicherung für Unfälle auf See und Unfälle auf Gewässern wie beispielsweise Flüssen gibt.

 
  
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  Brian Simpson (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe aus mehreren Gründen dafür gestimmt, den Binnenschiffsverkehr vom Geltungsbereich dieser Richtlinie auszunehmen.

Erstens wurde dieser Bericht verfasst, um eine angemessene Haftung für Seeschiffe einzuführen, und nicht für den Binnenschiffsverkehr inklusive Flüssen und Übergängen an Flussmündungen.

Zweitens hätte eine Ausweitung des Anwendungsbereichs dieses Vorschlags auf den Binnenschiffsverkehr ernste Probleme nach sich gezogen, und zwar nicht nur im britischen Binnenschiffsverkehr, der hauptsächlich in der Freizeit genutzt wird, sondern auch an vielen Flussübergängen, die als Teil des öffentlichen Verkehrsnetzes für die Öffentlichkeit unentbehrlich sind.

Drittens hätte die Einbeziehung von Übergängen an Flussmündungen in diese Verordnung erhebliche zusätzliche Kosten für die Betreiber bedeutet, was die Rentabilität einiger dieser Fährbetriebe infrage gestellt hätte.

Es hat mich überrascht, dass die Liberaldemokraten die Bestrebungen, den Binnenschiffsverkehr einzubeziehen, unterstützt haben, da dies nur negative Folgen für den Fährbetrieb über den Mersey hätte, den sie angeblich unterstützen.

Glücklicherweise hat das Plenum, klug wie es ist, sich der Auffassung unseres liberalen Berichterstatters nicht angeschlossen und die von mir angesprochenen Probleme aus der Welt geschafft.

Somit stimme ich sehr gern für den Bericht in der vom Plenum geänderten Fassung.

 
  
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  Peter Skinner (PSE), schriftlich. (EN) Mit meinen Kollegen von der Labour-Partei im Europäischen Parlament habe ich dafür gestimmt, den Binnenschiffsverkehr von diesen Maßnahmen auszunehmen. Dieser Vorschlag konnte sich gegen die Liberaldemokraten durchsetzen, die diese kleinen Schiffe mit einbeziehen wollten, was dazu geführt hätte, dass unverhältnismäßig hohe Kosten entstanden wären, die wirtschaftlichen Überlebenschancen gesunken wären und der Fährbetrieb eingestellt worden wäre.

Ich verurteile vor allem die unerhörten Presseveröffentlichungen im Vorfeld dieser Abstimmungen, die auf gewisse Fraktionen zurückgingen, die unberechtigte Sorgen und Bedenken geäußert hatten. So könnten Betreiber wie die der Fähren der Isle of Wight aufgrund derartiger opportunistischer Presseveröffentlichungen gezwungen worden sein, über ihre wirtschaftlichen Überlebenschancen nachzudenken. Daher ist es, wie ich bereits sagte, zu begrüßen, dass keine Maßnahmen dieser Art eingeführt werden.

 
  
  

- Bericht Vlasto (A6-0081/2007)

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für den ausgezeichneten Bericht meiner Kollegin und Freundin Dominique Vlasto über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Hafenstaatkontrolle gestimmt. Ich bin kein Spezialist in dieser Frage, aber ich begrüße die wichtige Arbeit, die Dominique Vlasto geleistet hat, um eine ausgewogene Position in den Rechtsvorschriften für die Inspektion von Schiffen, die einen Hafen der Europäischen Union anlaufen, aufrechtzuerhalten. Angesichts der bisherigen bedauerlichen Schiffskatastrophen versteht jedermann, dass die Flaggenstaatkontrolle durch eine Hafenstaatkontrolle ergänzt werden muss. Die Neufassung der Richtlinie unter Leitung von Frau Vlasto, die sehr viel ambitionierter ist als der ursprüngliche Vorschlag der Europäischen Kommission, ebnet den Weg zu mehr Sicherheit im Seeverkehr im Interesse der europäischen Küsten, der Umwelt, der Unternehmen und der Bürger.

 
  
  

- Bericht Sánchez Presedo (A6-0133/2007)

 
  
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  Françoise Grossetête (PPE-DE), schriftlich.(FR) Ich habe für diesen Text gestimmt.

In diesem Bericht geht es um die Debatte über potenzielle Verbesserungen des Wettbewerbsumfelds der EU insbesondere im Zusammenhang mit Schadenersatzklagen wegen Verletzung des Wettbewerbsrechts, die bei Zivilgerichten erhoben werden. Ich bin eine Verfechterin der Idee, dass diese Schadenersatzklagen erleichtert werden sollten. Das Ziel besteht darin, „eine wettbewerbs-, nicht jedoch prozessfördernde Wirkung zu erzielen“. Es sollten schnelle außergerichtliche gütliche Regelungen angestrebt werden. 90 % der Streitfälle zwischen Anbietern und Verbrauchern werden gütlich geregelt. Die Unternehmen tendieren zum Ausgleich, selbst wenn sie nicht verantwortlich sind, um ein langes Rechtsverfahren zu vermeiden. Es ist wünschenswert, dass Europa nicht unmittelbar das US-amerikanische Verfahrensmodell übernimmt. Daher müssen alternative Wege zur Streitbeilegung gefördert werden. Obwohl jeder an die großen Konzerne denkt, die auf diese Weise verklagt werden können, sind auch die KMU nicht davor geschützt. Deshalb muss darauf geachtet werden, dass ihr Überleben nicht gefährdet wird.

 
  
  

- Bericht Liotard (A6-0054/2007)

 
  
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  Jean-Pierre Audy (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für den Bericht über die thematische Strategie für eine nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen gestimmt. Niemand kann mehr bestreiten, dass unsere natürlichen Ressourcen bedroht sind. Das derzeitige demografische Wachstum der Weltbevölkerung – eine Milliarde Einwohner zusätzlich in zwölf Jahren bei einer heutigen Bevölkerungszahl von 6,5 Milliarden – rechtfertigt allein schon die Aufmerksamkeit, die wir unseren natürlichen Ressourcen widmen müssen. Wenngleich der Bericht ambitionierter, besser strukturiert und dokumentiert hätte sein können, so ist er doch nichtsdestoweniger ein nützlicher Beitrag zu diesem diffizilen Dossier der nachhaltigen Entwicklung.

 
  
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  Charlotte Cederschiöld, Christofer Fjellner, Gunnar Hökmark und Anna Ibrisagic (PPE-DE), schriftlich. (SV) Wir haben heute gegen diesen Bericht gestimmt. Seine Hauptbotschaft lautet, dass wir die Nutzung natürlicher Ressourcen drastisch reduzieren müssen und die beste Methode dafür eine umfassende politische Regulierung ist. Wir Mitglieder der schwedischen Moderaten Sammlungspartei haben da unsere Zweifel.

Wir meinen vielmehr, dass eine nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen deutliche Eigentumsrechte voraussetzt, wodurch eine Nutzung der Naturressourcen ermöglicht wird, die durch Marktmechanismen und nicht durch politische Beschlüsse gesteuert wird. Eine Nutzung von natürlichen Ressourcen innerhalb eines marktwirtschaftlichen Systems fördert den sparsamen Umgang mit ihnen und technische Entwicklungen viel mehr, als das durch politische Regulierungen möglich wäre.

Menschliches Leben und menschliche Kreativität dienen dazu, Spuren zu hinterlassen. Der Triumph der Menschheit besteht darin, dass wir Ideen und Technologien entwickelt haben, die die Produktivität erhöht und die Armut in der Welt in 50 Jahren um zwei Drittel reduziert haben. Wir Mitglieder der Moderaten Sammlungspartei glauben, dass wir durch Produktion und Handel nicht nur die Armut beseitigen, sondern auch die Umwelt verbessern können. Und gerade Wohlstand und Technik bieten uns die Möglichkeit und die Methoden dafür.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Der Vorschlag der Kommission über die thematische Strategie für natürliche Ressourcen ist, wie Frau Liotard, Berichterstatterin und Mitglied der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke, festgestellt hat, zu eng gefasst. Sie hat sich bemüht, seinen Anwendungsbereich mit den von ihr unterbreiteten Vorschlägen zu erweitern. Die Vorschläge betreffen wesentliche Elemente wie Wasser, Bäume, Boden und Öl, die nicht nur für unsere Wirtschaft lebenswichtig sind, sondern auch für unsere reine Existenz.

Dementsprechend begrüßen wir die Annahme ihres Berichts, in dem eine nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft begleitet von einer gerechten und gleichberechtigten Nutzung der Vorteile, die aus natürlichen Ressourcen und aus dem Zugang zu Ressourcen und Märkten gezogen werden können, um Armut zu mindern und die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern, befürwortet wird. Wir sind jedoch enttäuscht, dass nicht alle ihre Vorschläge, die wir unterstützt haben, in die endgültige Entschließung Eingang gefunden haben.

Wir begrüßen die Aufnahme von Vorschlägen, in denen eine Wiederverwendung neben dem Recycling, die Förderung von Technologien für nachhaltige, reparierbare, wiederverwendbare und wiederverwertbare Produkte durch die Kommission sowie die Wahrung des Prinzips der Nähe in allen Rechtsvorschriften gefordert werden.

 
  
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  Carl Schlyter (Verts/ALE), schriftlich. (SV) Ich habe für die Umverteilung der Steuern als Prinzip gestimmt, auch wenn dies im Text etwas unglücklich formuliert ist. Ich bin der Ansicht, dass Steuern auf Kapital und Konsum Wohlstand und Gerechtigkeit begünstigen und dass die EU den Mitgliedstaaten gestatten sollte, von einer Form von Steuern zu einer anderen überzugehen.

 
  
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  Lars Wohlin (PPE-DE), schriftlich. (SV) Ich habe heute für den von der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz eingereichten Änderungsantrag 3 zum Bericht Liotard über eine nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen gestimmt. Ich unterstütze das Prinzip einer Umverteilung der erhobenen Steuern, nach dem wachstumshemmende Steuern auf Arbeit, Kapital und Konsum durch Steuern auf Tätigkeiten mit negativen Umweltauswirkungen ersetzt werden. Darüber hinaus sollte von der Besteuerung der Arbeit auf eine Besteuerung von Alkohol und Tabak übergegangen werden.

Allerdings kann ich den Bericht Liotard in seiner Gesamtheit nicht unterstützen, da er einige unglückliche Formulierungen enthält. So wird beispielsweise die Beförderungen von Agrarerzeugnissen und Einzelhandelsprodukten über weite Strecken als nicht wünschenswert bezeichnet. Der Handel, in dessen Folge diese Transporte entstehen, hat Millionen von Menschen aus der Armut geholfen. Stattdessen sollten die durch diese Transporte verursachten Emissionen begrenzt werden.

 
  
  

- Transatlantische Beziehungen (RC-B6-0149/2007)

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. (EN) Ich werde diesen Bericht unterstützen. Ein Thema, dem sich Europa unverzüglich widmen muss, ist die Forderung der USA, an unseren östlichen Außengrenzen Raketenabwehrsysteme einzurichten. Diese Vorschläge könnten zur Destabilisierung unserer Beziehungen zu Russland führen, Russland dazu animieren, seine eigenen Raketen und Atomwaffen zu modernisieren und auf den neuesten Stand zu bringen und es zugleich eher dazu veranlassen als es davon abhalten, eine islamische Bombe herzustellen. Die Reaktion Europas wird ein wichtiger Test unserer Fähigkeiten sein, unsere eigenen außenpolitischen Interessen zu vermitteln, statt uns die neokonservative Agenda der USA gefallen zu lassen, die uns alle gefährdet.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Die Entschließung zu den transatlantischen Beziehungen – die von der Rechten und den Sozialdemokraten unterzeichnet und heute von der Mehrheit im Parlament angenommen wurde – ist eine aufschlussreiche Momentaufnahme des aktuellen Standes der Beziehungen EU-USA. Die Mehrheit im Parlament hat die Agenda und deren Schwerpunkte festgelegt, von denen ich folgende herausheben möchte:

- „begrüßt das verbesserte Klima in den gleichberechtigten Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten“ und äußert den Wunsch nach gemeinsamer Verantwortung bei der so genannten „globalen Ordnungspolitik“;

- „Stärkung des transatlantischen Marktes“, mit der Liberalisierung der Finanzdienstleistungen als „Schwerpunkt“, und es wird „die Annäherung der Rechtsvorschriften und die Schaffung gleicher Wettbewerbsvoraussetzungen“ im Hinblick auf das „Multilaterale Investitionsübereinkommen“ gefordert;

- die Bestätigung „konkreter Möglichkeiten“ für die EU und die USA, „eng zusammenzuarbeiten“, und zwar in Bezug auf „den westlichen Balkan, den südlichen Kaukasus, Zentralasien, den Nahen Osten, Afghanistan, den Mittelmeerraum, Lateinamerika und Afrika“;

- Verstärkung der Zusammenarbeit im Rahmen dessen, was als „Terrorismusbekämpfung und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen“ als „für beide Partner die größten Sicherheitsherausforderungen“ bezeichnet wird, und zwar mit der NATO als „transatlantisches Forum für die politische Debatte in einer wirklich gleichberechtigten Partnerschaft“.

Diese Agenda bringt die Bestrebungen der führenden kapitalistischen Mächte Europas, allen voran Deutschland, gegenüber den USA zum Ausdruck.

 
  
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  Willy Meyer Pleite (GUE/NGL), schriftlich. (ES) Ich habe gegen die Entschließung über die transatlantischen Beziehungen gestimmt, da ich überzeugt bin, dass diese auf gemeinsamen Werten beruhen müssen, die die Vereinigten Staaten offenbar nicht respektieren, wie sie wiederholt gezeigt haben und wie das Scheitern der militaristischen Außenpolitik von Präsident Bush beweist. Ein Beispiel dafür sind die Pläne zur Stationierung von Raketen in einigen Ländern der Europäischen Union. Die US-Regierung ist für gravierende Verletzungen der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Afghanistan, Irak und Guantánamo und für illegale Festnahmen und Auslieferungen im Fall der CIA-Flüge verantwortlich.

Die umfassende Achtung des Völkerrechts müsste eine unverzichtbare Bedingung für die Beziehungen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten bilden. Im Fall des Iraks sollten wir den Abzug der Truppen und die Achtung der Naturressourcen fordern. Die EU sollte die USA auffordern, die verschiedenen internationalen Abkommen, wie den Vertrag über das Verbot von Kernwaffenversuchen, das Internationale Übereinkommen von Ottawa über Antipersonenminen und das Kyoto-Protokoll, zu ratifizieren. Die EU sollte ebenso die Unrechtmäßigkeit des Helms-Burton-Gesetzes und des Handelsembargos gegen Kuba verurteilen.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Wie in der Entschließung zu Recht festgestellt wird, haben sich die transatlantischen Beziehungen in den letzten Jahren erheblich verbessert. Sie haben die Qualität zurückgewonnen, auf die man gehofft hatte, auch wenn sie nie völlig frei von Problemen und Schwierigkeiten sein können, und das würde man auch nicht wollen. In diese gute Beziehung muss man investieren. Betrachtet man die alte Welt der 1970er, 1980er und 1990er Jahre oder die neue Welt, die nach dem Fall der Berliner Mauer und am Vorabend der Globalisierung entstanden ist, kann man nur zu dem Schluss kommen, dass die Vereinigten Staaten nach wie vor unser wichtigster Verbündeter, unser bester Freund und unser Partner im Bemühen um eine freiere und besser entwickelte Welt sind. Die Bedeutung des Bündnisses mit den Vereinigten Staaten von Amerika ist unbestreitbar und unvergleichbar und darf nicht durch politische Anschauungen gefährdet werden, die immer von der Vorstellung ausgehen, dass die USA das Problem sind und nicht ein unverzichtbarer Teil der Achse von Frieden, Wohlstand, Demokratie und Freiheit.

Allgemeiner gesehen möchte ich meine Zustimmung zur Rede des Vorsitzenden der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten im Parlament zum Ausdruck bringen, in der er sich für die Schaffung eines ausgedehnten transatlantischen Marktes bis 2015 aussprach und die Parlamente auf beiden Seiten des Atlantik aufforderte, sich stärker an der Vorbereitung des dafür erforderlichen legislativen Fundaments zu beteiligen.

 
  
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  Peter Skinner (PSE), schriftlich. (EN) In den letzten zehn Jahren haben sich die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika als sehr nützlich erwiesen. Vor allem die Finanzdienstleistungen stellen ein sehr erfreuliches Thema dar, bei dem die Verwaltungen und Politiker auf beiden Seiten des Atlantiks echte Erfolge verzeichnen konnten.

Die Umsetzung der Ziele des OECD-Arbeitspapiers vom 29. Mai 2005 – das von beiden Seiten angenommen wurde – würde enorme Vorteile bringen. Wenn die in ihm genannten Barrieren beseitigt würden, könnte Jahr für Jahr ein BNE-Wachstum von über 3 % erreicht werden. Der transatlantische Markt verlangt von beiden Seiten großen Einsatz. Geschieht dies nicht, wird unsere Industrie allerdings im Stich gelassen und müssen unsere Völker im globalen Umfeld ein wirtschaftliches Risiko eingehen.

 
  
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  Geoffrey Van Orden (PPE-DE), schriftlich. (EN) Aufgrund meines Treffens mit dem indischen Präsidenten konnte ich nicht über diese Entschließung abstimmen. Als starker Befürworter der transatlantischen Beziehungen hätte ich dafür gestimmt. Ich lehne jedoch diesen mittlerweile zur Regel gewordenen und sehr gefährlichen Trick in politischen Dokumenten der EU ab – diese Verdrängung unserer nationalen Regierungen durch die EU, in diesem Falle durch ihre Bemühungen, zum einzigen „Partner“ der USA bei den transatlantischen Beziehungen zu werden. Dies ist vor allem für das Vereinigte Königreich von Bedeutung. Dieselbe Sprache wird auch in Bezug auf die NATO verwandt. Darüber hinaus sollte daran erinnert werden, dass die Idee eines transatlantischen Markts auf eine Initiative der britischen Konservativen Partei vor vielen Jahren zurückgeht und in jüngeren Berichten durch meinen eigenen Änderungsantrag enthalten ist. Da ich keinen Grund für Büros des Europäischen Parlaments in anderen Ländern erkennen kann, bin ich natürlich gegen den kostspieligen Vorschlag in Ziffer 40, eine Dauerplanstelle des Europäischen Parlaments in Washington DC einzurichten.

 
  
  

- Bericht Swoboda (A6-0092/2007)

 
  
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  Andreas Mölzer (ITS). – Herr Präsident! Lassen Sie mich zum Fortschrittsbericht über Kroatien noch einige kurze Bemerkungen machen. Mit der Öffnung des Immobilienmarkts für Slowenien ist Kroatien seinen Verpflichtungen aus dem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen nachgekommen, womit dieser Streitpunkt erledigt wäre. Auch im Bereich der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen hat es etliches an Bewegung gegeben. Schließlich hat sogar der Regionalausschuss in seinem gestern verabschiedeten Bericht festgestellt, dass Kroatiens Beitritt nur geringe finanzielle Auswirkungen nach sich ziehen würde.

Es ist daher meines Erachtens eine Schande, dass man Kroatien, das ganz klar zur europäischen Völkerfamilie gehört und alle Beitrittskriterien erfüllt, so lange hingehalten hat. Anstatt Zeit mit der Türkei zu verschwenden, die weder fähig noch willens ist, die EU-Vorgaben zu erfüllen, und dennoch mit derartiger Impertinenz die Festlegung eines Beitrittsdatums fordert, sind meines Erachtens alle Energien auf einen zügigen Verhandlungsabschluss mit Kroatien zu konzentrieren.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Wir haben soeben einen überaus wichtigen Bericht über die Maßnahmen Kroatiens angenommen, das sich den 27 Mitgliedstaaten der EU anschließen will. Es darf keinen Zweifel daran geben, dass Kroatien Teil unserer europäischen Familie ist und bald ein vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft werden sollte.

Obwohl einige Länder negativ auf eine nochmalige Erweiterung der Union, nämlich um die Türkei und die Ukraine, reagieren und ungeachtet dessen, dass die EU-Institutionen reformiert werden müssen, damit sie reibungslos funktionieren, lässt sich der vor 50 Jahren eingeleitete Integrationsprozess nicht mehr aufhalten.

Ich bin davon überzeugt, dass Kroatien seine Reformen – beispielsweise in den Bereichen Justiz, Verwaltung und Korruptionsbekämpfung – fortführen und damit die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine EU-Mitgliedschaft, vor allem aber die Kopenhagener Kriterien und die für den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess festgelegten Bedingungen erfüllen wird. Ich hoffe sowohl für Kroatien als auch für uns alle, dass das Land der 28. Mitgliedstaat der EU sein wird.

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. (SV) Wir halten die Erweiterung der Europäischen Union für eine gute Sache. Diese kann jedoch erst erfolgen, wenn die Beitrittskandidaten wirklich alle mit einer Mitgliedschaft verbundenen Anforderungen erfüllen. Die letzte Erweiterung, bei der Rumänien und Bulgarien beitraten, erfolgte viel zu früh, weil die Länder und deren Systeme noch nicht reif dafür waren.


Auch Kroatien hat noch einen langen Weg vor sich, zum Beispiel bei den Reformen der öffentlichen Verwaltung und des Rechtswesens, bevor ein Beitritt Realität werden kann. Die erreichten Fortschritte sind ermutigend, aber dieser wichtige und unumkehrbare Prozess darf im Interesse sowohl Kroatiens als auch der EU nicht zu schnell durchgeführt werden.

Ferner ist es beklemmend, dass das Europäische Parlament etwas so Wichtiges wie die Erweiterung nutzt, um auf undemokratische Weise für eine EU-Verfassung Propaganda zu machen. In Erwägung G steht, dass der derzeitige Entwurf eines Verfassungsvertrags in Kraft treten sollte, obwohl die Bevölkerung Frankreichs und der Niederlande sich dem klar und deutlich widersetzt haben. Darüber hinaus wird in Ziffer 7 erklärt, dass „die Unterstützung für den EU-Beitritt in der kroatischen Öffentlichkeit abnimmt”. Wenn das der Fall ist und sich die Mehrheit der Kroaten gegen den EU-Beitritt ausspricht, wäre es nur demokratisch, wenn Kroatien der EU nicht beitreten würde.

Folglich haben wir gegen diesen Bericht gestimmt.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Nachdem sie bei der Auflösung Jugoslawiens in der ersten Reihe stand – und wir sollten nicht Deutschlands Rolle mit der Anerkennung Kroatiens nach dem brutalen NATO-Angriff vergessen, mit dem zum ersten Mal nach dem 2. Weltkrieg der Krieg nach Europa zurückkehrte –, und nach Jahren der militärischen Besatzung des Balkans durch EU und NATO ist die EU (bzw. ihre führenden Mächte) jetzt begierig darauf, in eine neue Phase der Dominanz einzutreten, indem sie die Länder dieser Schlüsselregion politisch und wirtschaftlich mittels ihrer „Integration“ absorbiert.

Von den im Bericht genannten Zielsetzungen möchte ich folgende herausheben:

- der Versuch, neue EU-Erweiterungsrunden von der belastenden Notwendigkeit einer Reformierung der Verträge abhängig zu machen, was zur (erneuten) Zwangseinführung des so genannten „Verfassungsvertrags“ führen würde;

- die ständige Betonung der Übernahme des Gemeinschaftsrechts, oder anders gesagt, des neoliberalen Handbuchs für eine „offene, wettbewerbsfähige Marktwirtschaft“ – wodurch das Projekt einer eigenständigen nationalen Entwicklung auf die Interessen der führenden Mächte und deren große Finanz- und Wirtschaftsgruppen abgestimmt wird –, und der Durchführung von „Reformen“ durch Kroatien, beispielsweise die Öffnung für „hohe private Investitionen“ und die „Veräußerung von staatlichen Minderheits- und Mehrheitsbeteiligungen an Unternehmen“;

Dies beweist, dass – bezeichnenderweise – nicht die Interessen der Arbeitnehmer und der Menschen in der Region der Beweggrund der EU sind.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, in dem Kroatien zu einigen Veränderungen gratuliert wird, die es zur Erfüllung der Beitrittskriterien vorgenommen hat.

 
  
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  Erik Meijer (GUE/NGL), schriftlich. (NL) Meine Fraktion verfügte heute Vormittag bei der Aussprache über Kroatien leider über keine Redezeit. Wir bedauern, dass sich die Verhandlungen mit diesem Land aufgrund des Kriegs in den 90er-Jahren erheblich verzögert haben und Kroatien nicht gleichzeitig mit Slowenien der EU beitreten konnte. Kroatien wird nicht mehr von extremen Nationalisten beherrscht und akzeptiert den Schutz und die Rückkehr von Minderheiten; obwohl es heute besser auf die EU-Mitgliedschaft vorbereitet ist als mehrere bereits beigetretene Staaten, wird es hauptsächlich dadurch benachteiligt, dass manche in der EU keine neuen Mitgliedstaaten zulassen wollen, solange die von den niederländischen und französischen Wählern abgelehnte EU-Verfassung nicht eingeführt worden ist. Erbittert über diese Verzögerung kehrt die kroatische Öffentlichkeit der EU nunmehr den Rücken.

Nach Ansicht meiner Fraktion werden in dem Bericht Swoboda an die Veräußerung staatlicher und privater Unternehmen sowie an die Stilllegung von Schiffswerften extreme Anforderungen gestellt. Bisher wurde stets behauptet, die EU spreche keine Präferenz für die Eigentumsverhältnisse in der Wirtschaft aus und staatliche sowie private Unternehmen könnten weiterhin frei nebeneinander bestehen. Voraussichtlich werden jedoch Neuankömmlinge nun harte Auflagen zu erfüllen haben. Meine Fraktion lehnt außerdem alle Änderungsanträge ab, bei denen es um italienische Ansprüche auf kroatisches Hoheitsgebiet sowie darum geht, während der Besatzung unter Mussolini begangene Kriegsverbrechen zu leugnen.

 
  
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  Andrzej Jan Szejna (PSE), schriftlich. (PL) Ich stimme für die Annahme des Berichts von Hannes Swoboda über die Fortschritte Kroatiens im Jahr 2006.

Der Berichterstatter hat die gegenwärtige politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage in Kroatien eingehend analysiert. Der Bericht liefert ein objektives Bild, denn es werden hier sowohl die Anstrengungen aufgezeigt, die die kroatische Regierung unternimmt, um beispielsweise die Forderungen der EU hinsichtlich der politischen Beitrittskriterien zu erfüllen, als auch die Probleme, die noch zu lösen sind.

Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Umsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstands in nationales Recht in allen Bereichen, wobei der gemeinsame Screening-Prozess im Oktober 2006 erfolgreich abgeschlossen wurde und anschließend die bilateralen Verhandlungen mit Kroatien über spezifische Aspekte des Besitzstands begonnen werden konnten.

Darüber hinaus verweist der Berichterstatter ganz richtig auf die positive führende Rolle Kroatiens in Südosteuropa.

 
  
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  Charles Tannock (PPE-DE), schriftlich. (EN) Die britischen Konservativen haben den Bericht Swoboda unterstützt, jedoch gegen die Änderungsanträge zu Buchstabe G gestimmt. Die Konservativen sind entschiedene Befürworter der EU-Erweiterung, insbesondere des Beitritts Kroatiens, der relativ reibungslos vonstatten gehen wird, sind jedoch absolut dagegen, dass, wie in Buchstabe G gefordert wird, eine Verfassung eine notwendige Voraussetzung für künftige Erweiterungen sein muss.

 
  
  

- Berichte Sterckx (A6-0086/2007), Kohlìček (A6-0079/2007), Costa (A6-0063/2007), Vlasto (A6-0081/2007), Luis de Grandes Pascual (A6-0070/2007)

 
  
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  Marie-Arlette Carlotti (PSE), schriftlich. (FR) Nach den Schiffskatastrophen der Erika und der Prestige haben die europäischen Sozialdemokraten dafür gekämpft, dass die EU Rechtsvorschriften verabschiedet, um die Sicherheit des Seeverkehrs und die Vorbeugung unfallbedingter Verschmutzungen der Territorialgewässer zu verbessern.

Dieser Kampf hat seine Früchte getragen, jedoch ist ein echter europäischer Raum der Meeressicherheit noch nicht geschaffen worden.

Dieses „dritte Paket für die Sicherheit im Seeverkehr“ stellt eine entscheidende Etappe auf dem Wege zu diesem Ziel dar. Die fünf dem Europäischen Parlament vorliegenden Berichte enthalten mehrere wichtige Fortschritte:

- einen klaren und präzisen Rechtsrahmen für Notliegeplätze für Schiffe in Seenot unter der Aufsicht einer unabhängigen Behörde,

- ein ständiges Inspektionsgremium zur Erleichterung der Überprüfungen,

- ein hohes Schutzniveau für die Passagiere in Angleichung an das der anderen Beförderungsmittel,

- Verbesserung der Qualität und der Effizienz der Kontrollen in den europäischen Häfen mit besonderer Aufmerksamkeit für Schiffe mit „hohem Risikoniveau“.

Ich werde daher für diese Berichte stimmen. Jedoch wünsche ich mir, dass die EU auch ihre Rechtsvorschriften gegen die „Schurken der Meere“ verbessert, die im Mittelmeer für tägliche Ölverschmutzungen verantwortlich sind. Durch illegale Tankreinigungen wird das Meer jährlich mit 650 000 Tonnen Ölrückständen verschmutzt – einer Menge, die dem 75-fachen der Verschmutzung durch die Erika entspricht!

 

13. Berichtigungen des Stimmverhaltens in den vorangegangenen Sitzungen: siehe Protokoll
  

(Die Sitzung wird um 14.00 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: RODI KRATSA-TSAGAROPOULOU
Vizepräsidentin

 

14. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll

15. Menschenrechte in der Welt und EU-Menschenrechtspolitik 2006 – Moratorium für die Todesstrafe (Aussprache)
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  Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über:

- den Bericht von Herrn Coveney im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Jahresbericht 2006 zur Menschenrechtslage in der Welt und zur Menschenrechtspolitik in der Europäischen Union (2007/2020(INI)) (A6-0128/2007),

- die Erklärungen des Rates und der Kommission zum Moratorium über die Todesstrafe.

 
  
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  Simon Coveney (PPE-DE), Berichterstatter. – (EN) Vielen Dank, Frau Präsidentin, Herr Ratspräsident und Herr Kommissar! Ich habe die Ehre, heute hier als Berichterstatter den Jahresbericht 2006 des Europäischen Parlaments zur Menschenrechtslage vorstellen zu dürfen.

Dieser Bericht ist die umfassendste und wichtigste politische Stellungnahme, die das Europäische Parlament jedes Jahr zum Thema Menschenrechte und ihrer Förderung abgibt. Ich habe als Berichterstatter den Stil der direkten Beurteilung beibehalten, der den Bericht des letzten Jahres kennzeichnete. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um eine konstruktive und kritische Analyse dessen, was Rat, Kommission und Parlament zur Förderung und Verteidigung der Menschenrechte weltweit unternehmen. Der Bericht bildet den Höhepunkt der fünfmonatigen Arbeit des Unterausschusses Menschenrechte und des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments, in denen, worauf ich besonders hinweisen möchte, durch Diskussionen, Aussprachen und Kompromissänderungsanträge ein beachtlicher Konsens erzielt wurde.

Einen Schwerpunkt des Berichts bildet die Rolle der EU im neuen Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen. Die im Bericht getroffenen Aussagen basieren auf der Teilnahme des Parlaments an einigen Sitzungen dieses Rats in Genf. Im jüngsten Jahresbericht des Rates und der Kommission konnte nicht auf diesen Menschenrechtsrat eingegangen werden, weswegen ich es für angemessen hielt, dass er einen Schwerpunkt in unserem Bericht bilden und Gegenstand der heutigen Aussprache sein sollte.

In unserem Bericht nehmen wir die Tatsache zur Kenntnis, dass der UNO-Menschenrechtsrat zwar über das Potenzial verfügt, sich zu einem wertvollen Rahmen für die multilateralen Bemühungen der EU um die Menschenrechte zu entwickeln, in den ersten 12 Monaten seines Bestehens allerdings keine Erfolge verzeichnen konnte. Es ist ihm nicht gelungen, einen Konsens zu erzielen und bei Kernproblemen wie dem Nahen Osten, Darfur, Birma und vielen anderen Krisengebieten einen akzeptablen Kompromiss herbeizuführen. Stattdessen wurde er mitunter als Kammer genutzt, um politische Punkte zu sammeln, und wir müssen Möglichkeiten finden zu verhindern, dass er als politisches Forum für Konflikte zwischen geografischen oder ideologischen Länderblöcken genutzt wird.

Ein gutes Beispiel dafür ist die schwache Resolution des Sicherheitsrates zu Darfur. Eigentlich hätte die einzige Priorität eines UN-Gremiums, das sich mit Menschenrechtsfragen beschäftigt, darin bestehen müssen, die Ausbreitung der Gewalt zu beenden und die unschuldigen Menschen in Darfur zu schützen, aber bedauerlicherweise war das nicht der Fall. Aussprachen über Darfur und die Versuche, eine entsprechende Einigung zu erzielen, wurden als politisches Druckmittel oder als Hebel benutzt, um eine Einigung bei anderen Resolutionen herbeizuführen. Ich ersuche den Europäischen Rat, diesbezüglich die Einführung strengerer Maßnahmen ins Auge zu fassen, um auf die humanitäre Krise in Darfur reagieren zu können. Diese Frage habe ich gestern bei einer Ausschusssitzung mit dem Vertreter des Rates, der heute hier anwesend ist, zur Sprache gebracht.

Im Mittelpunkt des Berichts steht die Umsetzung der von der EU selbst festgelegten Menschenrechtsleitlinien. Es gibt fünf politische Leitlinien der EU, die Europa fördern muss, und die die Todesstrafe, Folter, Kinder und Frauen in bewaffneten Konflikten, Menschenrechtsverteidiger und natürlich Dialoge mit Drittländern betreffen. Mir war es wichtig, das Verhalten des Rates kritisch unter die Lupe zu nehmen, vor allem was die Umsetzung dieser Leitlinien betrifft, da er sich speziell diesen Instrumenten für den Schutz der Menschenrechte in Drittländern verpflichtet hat. Vor allem Rat und Kommission müssen diese Leitlinien bei den Botschaften und Missionen der EU im Ausland voranbringen. Es gibt noch immer Bedenken, dass einige Delegationen gar nichts oder nur sehr wenig über diese Leitlinien bzw. darüber wissen, wie sie sie in Drittländern direkt fördern können.

In dem Bericht werden darüber hinaus in Bezug auf den Menschenrechtsbericht des Rates und der Kommission mehr Konsultationen zwischen Rat und Europäischem Parlament und vor allem dem Unterausschuss Menschenrechte gefordert, damit wir uns wirklich auf einen einzigen allumfassenden Bericht hinbewegen können, der die Auffassungen von Parlament, Rat und Kommission widerspiegelt. Genau das versuchen wir durch die Änderung der Struktur unseres Berichts zu erreichen.

Des Weiteren wird im Bericht hervorgehoben, wie wichtig es ist, den Menschenrechtsdialog EU-China erheblich zu stärken und zu verbessern. Es wird die Tatsache anerkannt, dass China jetzt beschlossen hat, alle Fälle, in denen die Todesstrafe verhängt wurde, durch den Obersten Gerichtshof überprüfen zu lassen, was beweist, dass in Sachen Todesstrafe allmählich Fortschritte gemacht werden, aber andererseits wird auch anerkannt, dass China mehr Menschen zum Tode verurteilt als jedes andere Land.

Darüber hinaus begrüßen wir im Bericht die verabschiedete Entschließung des Parlaments, in der die Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo Bay gefordert wird, sowie die Beiträge des Parlaments zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades dieses Lagers und der mit ihm zusammenhängenden Menschenrechtsbelange. Schon allein die Existenz des Gefangenenlagers Guantánamo Bay sendet weiterhin negative Signale darüber aus, wie der Kampf gegen den Terrorismus im Westen unter Leitung der USA geführt wird.

Gerne habe ich in dem Bericht auf die Notwendigkeit einer klaren und effizienten gemeinsamen Politik der Waffenexportkontrolle, auch innerhalb der Europäischen Union, verwiesen, da die Auswirkungen des Handels mit Kleinwaffen vor allem auf Menschenrechtskonflikte in verschiedenen Teilen der Welt nicht von der Hand zu weisen sind. Wir müssen uns definitiv auf ein internationales Abkommen über den Waffenhandel hinbewegen, wie es das Parlament mehrfach gefordert hat.

Abschließend möchte ich allen anderen Fraktionen für die Zusammenarbeit bei diesem Thema danken. Hier handelt es sich nicht um eine PPE-DE-Entschließung zu den Menschenrechten, sondern hoffentlich um eine Entschließung des gesamten Parlaments und aller seiner Fraktionen. Ich danke allen, die mit mir daran gearbeitet haben.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Frau Präsidentin, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass ich heute im Namen der Präsidentschaft an der Debatte dieses Hohen Hauses zum diesjährigen Bericht über die Menschenrechte und zur Lage der Menschenrechte in der Welt teilnehmen kann.

Dieser Bericht setzt sich – wie die Berichte in den vergangenen Jahren – kritisch mit der Tätigkeit der Europäischen Union im Rahmen ihrer Menschenrechtspolitik auseinander. Wir begrüßen diesen kritischen Ansatz, da wir der Überzeugung sind, dass er zu einer Stärkung und Verbesserung unseres gemeinsamen Handelns zum Schutz der Menschenrechte beiträgt. Wir sind uns der täglichen Herausforderungen in diesem Bereich nur allzu bewusst. Je besser der Dialog zwischen unseren Institutionen funktioniert, desto eher werden wir in der Lage sein, unser gemeinsames Handeln in der Menschenrechtspolitik wirksamer zu gestalten.

Lassen Sie mich gleich zu Beginn einen operativen Vorschlag machen: Ich werde darum bitten, dass die für die internationale Menschenrechtspolitik der Europäischen Union zuständige Arbeitsgruppe des Rates (COHOM) den Bericht des EP erörtert und sich eingehender mit den für ihre Tätigkeit relevanten Forderungen und Empfehlungen befasst. Auf Grundlage der endgültig verabschiedeten Fassung des Berichts und der Kommentare der zuständigen Ratsarbeitsgruppe könnte dann zu einem späteren Zeitpunkt eine Fortsetzung der Debatte erfolgen. Heute möchte ich deshalb nur einige wenige Empfehlungen ansprechen.

Der Bericht erkennt die verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem EP und den EU-Präsidentschaften bei der Erstellung und Debatte des Jahresberichts der Europäischen Union zur Menschenrechtslage an. Die Tatsache, dass das Europäische Parlament seine Menschenrechtstätigkeit in einem eigenen Kapitel im EU-Jahresbericht vorstellt, gehört zu den Fortschritten in unserer Zusammenarbeit. Es ist unser Anliegen, diese Zusammenarbeit und den Dialog mit dem Europäischen Parlament, insbesondere mit dem Unterausschuss für Menschenrechte, fortzusetzen. Wir sind uns bewusst, dass das Europäische Parlament einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Menschenrechte leistet, der im Jahresbericht der Europäischen Union zur Menschenrechtslage gebührende Anerkennung finden soll. Ich möchte jedoch hervorheben, dass unsere Zusammenarbeit im Rahmen und unter Beachtung der für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik gültigen Rechtsgrundlage erfolgen muss und die Rolle des Europäischen Parlaments – so wie im Begründungsteil des Berichts von Herrn Coveney zu Recht angeführt – in der kritischen Überprüfung der Tätigkeit der Europäischen Union im Bereich der Menschenrechtspolitik besteht.

Ein wichtiger Aspekt der diesjährigen Menschenrechtspolitik betrifft den neu geschaffenen Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen. Der Bericht des Europäischen Parlaments unterstreicht seine Bedeutung und hebt zu Recht das Potential hervor, das dieses neue Gremium besitzt, um sich zu einem wertvollen Forum für das multilaterale Wirken der Europäischen Union bei ihrem Einsatz zum Schutz der Menschenrechte zu entwickeln. Der Bericht bedauert, dass sich der neue Menschenrechtsrat als zu ineffizient erwiesen hat, um in angemessener Weise auf die Menschenrechtskrisen in der Welt zu reagieren. Ich möchte darauf antworten, dass es noch zu früh ist, um dieses Urteil abzugeben, und wir das Ergebnis des institutionellen Entscheidungsprozesses abwarten müssen, das Ende Juni zu erwarten ist. Die Europäische Union wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um sicherzustellen, dass sich der Menschenrechtsrat zu einem effizienten, aber auch glaubwürdigen Bestandteil des Menschenrechtssystems der Vereinten Nationen fortentwickelt.

Zu einer der wichtigsten Fragen, die auf dem letzten Menschenrechtsrat behandelt wurden – der Lage in Darfur –, wird die Forderung gestellt, die Europäische Union und die Mitgliedstaaten mögen ihre Position stärker geltend machen, damit der Menschenrechtsrat – nach dem Bericht seiner Sondermission – mit entsprechend adäquaten Maßnahmen auf die humanitäre Katastrophe in Darfur reagieren kann. Ich möchte hierzu sagen, dass die einvernehmliche Annahme des Textes zu Darfur durch den 4. Menschenrechtsrat als bedeutender Erfolg für die EU bewertet werden muss.

Ich möchte nun kurz auf andere wichtige Instrumente unserer EU-Menschenrechtspolitik zu sprechen kommen, nämlich die EU-Leitlinien, die zur Abschaffung der Todesstrafe, zur Bekämpfung der Folter, zum Schutz der Menschenrechtsverteidiger und zu Kindern in bewaffneten Konflikten von der EU im Hinblick auf ihr Verhältnis zu Drittstaaten aufgestellt wurden. Im EP-Jahresbericht wird die Bedeutung dieser EU-Leitlinien hervorgehoben und auf die Notwendigkeit verstärkter Umsetzung hingewiesen. Wir teilen diese Ansicht und begrüßen auch die bisher geleistete Arbeit des EP-Unterausschusses für Menschenrechte. Die deutsche Präsidentschaft wird am Ende ihrer Amtszeit im Detail über die Art und Weise der Umsetzung der verschiedenen Leitlinien berichten.

Besonders möchte ich heute die bisherigen Bemühungen der Präsidentschaft zum Thema Abschaffung der Todesstrafe betonen, das zu einer der obersten Prioritäten des Rates bei den Maßnahmen der Europäischen Union im Bereich der Menschenrechtspolitik zählt. Um auf diesem Wege weitere Fortschritte zu erzielen, hat die Präsidentschaft einen Aktionsplan für das Jahr 2007 aufgestellt, dessen Umsetzung im Gange ist und der das Ziel verfolgt, die Abschaffung der Todesstrafe auf angemessener Ebene in den Vereinten Nationen einzubringen. Ich werde darauf noch zu sprechen kommen.

Ein weiteres herausragendes Instrument unserer Menschenrechtspolitik sind die Menschenrechtsdialoge und Menschenrechtskonsultationen mit Drittländern, mit denen sich ein EP-Bericht beschäftigen wird. Wir begrüßen diese Initiative und werden die Empfehlungen des Europäischen Parlaments aufmerksam zur Kenntnis nehmen. Trotz der den Menschenrechtsdialogen innewohnenden Schwierigkeiten glauben wir, dass diese Dialoge ein nicht zu unterschätzendes Instrument sind, um unsere Bedenken zur Menschenrechtslage in einem Drittland zum Ausdruck zu bringen und – wenn auch manchmal nur langfristig – eine Veränderung der Situation zu bewirken.

In diesem Zusammenhang kann ich Ihnen mitteilen, dass die Präsidentschaft den Beschluss des Rates begrüßt, einen Menschenrechtsdialog zwischen der Europäischen Union und Usbekistan einzurichten. Die Vorbereitungen für die erste Runde dieses neuen Menschenrechtsdialogs sind im Gange. Die nächsten Runden des Menschenrechtsdialogs zwischen der EU und China und der Menschenrechtskonsultationen mit Russland finden ebenfalls in nächster Zeit statt, d. h. Anfang bzw. Mitte Mai in Berlin. Was die Konsultationen mit Russland betrifft, so möchte ich Sie informieren, dass – entsprechend den Forderungen im EP-Jahresbericht – europäische und russische NGO in die Konsultationen einbezogen sind.

Bei der Durchführung der Dialoge und Konsultationen – so eine Forderung im Jahresbericht – sollten die Mitglieder des Europäischen Parlaments stärker beteiligt werden. Der Rat wird aufgerufen, diese Beteiligung sicherzustellen. Gestatten Sie mir, Ihnen darauf folgendes zu antworten: Die Zusammensetzung der EU-Delegationen, die die Dialoge mit Drittstaaten führen, spiegelt die Verteilung der Kompetenzen im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik wider. Es ist deshalb nicht möglich, Mitglieder dieses Hohen Hauses in die Dialoge einzubeziehen. Das heißt aber nicht, dass keine permanente Unterrichtung und kein permanenter Austausch über die Entwicklungen stattfinden würden.

Frau Präsidentin, wenn Sie gestatten, würde ich jetzt gern etwas zur Erklärung der Präsidentschaft zur Aussetzung der Anwendung der Todesstrafe sagen.

Der Kampf gegen die Todesstrafe ist seit langem Kernelement der gemeinsamen EU-Menschenrechtspolitik. Erste Leitlinien der EU zu diesem Thema, die der Rat 1998 angenommen hat, sind dem Kampf gegen die Todesstrafe gewidmet. Die Fortsetzung der diversen Maßnahmen, mit denen sich die Europäische Union seit 1998 konsequent für die Abschaffung der Todesstrafe einsetzt, ist auch einer der Schwerpunkte des deutschen Ratsvorsitzes im Bereich der EU-Menschenrechtspolitik.

Wir haben das Thema Todesstrafe zuletzt bei der Minitagung im Januar erörtert. Ich hatte Ihnen dabei angekündigt, dass der deutsche Ratsvorsitz einen gut durchdachten Aktionsplan entwickeln würde, wie wir uns im ersten Halbjahr 2007 darum bemühen wollen, den Kampf gegen die Todesstrafe in die Vereinten Nationen zu tragen. Ich kann Ihnen heute mitteilen, dass wir diese Ankündigung wie vorgesehen umgesetzt haben.

Auf der Basis einer Analyse der Leiter der Ständigen Vertretungen aller EU-Partner in Genf und New York sowie zahlreicher Gespräche mit Vertretern von NGO hat Deutschland Ende Februar einen Aktionsplan 2007 vorgestellt, der konkrete Maßnahmen für ein schrittweises Vorgehen zur Thematisierung der Todesstrafe in den Vereinten Nationen enthält. Dieser wurde von allen EU-Partnern im Konsens angenommen und wird seitdem von der Präsidentschaft konsequent umgesetzt.

Als erster Schritt dieses Aktionsplans wurde zur Eröffnung der 4. Sitzung des Menschenrechtsrates in Genf die Todesstrafenproblematik hochrangig thematisiert. Bundesminister Steinmeier hat in seiner Eigenschaft als EU-Ratsvorsitzender das Thema Todesstrafe in seiner Rede gezielt angesprochen. Mehrere Minister aus EU-Mitgliedstaaten, die ebenfalls an der Eröffnung der 4. Sitzung des Menschenrechtsrates teilgenommen haben, haben ebenso wie die Präsidentschaft eindringlich für die Abschaffung der Todesstrafe plädiert. Zudem wurde die Erklärung gegen die Todesstrafe, die auf Initiative der Europäischen Union im Dezember 2006 in der Generalversammlung der Vereinten Nationen abgegeben und von insgesamt 85 Staaten aller regionalen Gruppen unterzeichnet wurde, im März im Menschenrechtsrat unter Erwähnung neuer Unterstützer erneut verlesen.

Als zweiten Schritt des Aktionsplans hat die Präsidentschaft im April eine weltweite Lobbyaktion gestartet. Diese dient dazu, weitere Stimmen für die Erklärung gegen die Todesstrafe vom Dezember 2006 zu sammeln sowie eine überregionale Allianz zu schmieden, die bereit ist, eine Resolution in den Vereinten Nationen mitzutragen.

Nach Abschluss dieser weltweiten Demarchenaktion etwa Ende Mai wird die Europäische Union dann eine umfassende Evaluierung der Ergebnisse dieser Lobbyaktion vornehmen. Auf dieser Grundlage wird die EU dann entscheiden, ob und wann die Zeit für eine Resolution in den Vereinten Nationen reif ist.

Ich darf hier betonen, was ich schon im Januar erwähnt habe: Eine Wiedereröffnung der Debatte in den Vereinten Nationen zum jetzigen Zeitpunkt vor Abschluss der Demarchenaktion wäre strategisch unklug. Es ist nämlich eher unwahrscheinlich, dass ein solcher Vorschlag die notwendige Zustimmung von zwei Dritteln der Mitgliedstaaten erhalten würde. Zudem könnte dies einen negativen Präzedenzfall schaffen. Andere Mitgliedstaten könnten sich ermutigt fühlen, im Gegenzug dazu andere Reizthemen außerhalb der regulären Tagungszeiten der Generalversammlung erneut auf die Agenda zu setzen. Vor allem: Noch wissen wir nicht, ob wir für eine solche Resolution die erforderliche Mehrheit von Unterstützern aus allen Regionen zusammenbekommen. Dies festzustellen, ist Zweck unserer derzeit laufenden weltweiten Demarchenaktion, und deren Ergebnis sollten wir vor weiteren Entscheidungen abwarten.

Lassen Sie mich daher noch einmal unterstreichen: Der Kampf gegen die Todesstrafe ist dem Rat der Europäischen Union ein ebenso wichtiges Anliegen wie dem Europäischen Parlament. Ebenso wie Sie wollen wir diese grausame, unmenschliche, aber auch wirkungslose Strafe so schnell wie möglich weltweit abgeschafft wissen. Aber dies ist kein leichter Kampf. Guter Wille allein reicht nicht, sondern wir können dieses Ziel nur mit einem strategischen Ansatz angehen. Dazu sind wir, die deutsche Ratspräsidentschaft, gemeinsam mit unseren Partnern im Rat fest entschlossen, und wir hoffen sehr, dass wir dabei auch auf die volle Unterstützung des Europäischen Parlaments zählen können.

 
  
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  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich begrüße den Bericht von Herrn Coveney über die Menschenrechtslage in der Welt im Jahr 2006 und zur entsprechenden EU-Politik sowie die dem Parlament heute vorliegende Entschließung. Es freut mich besonders, dass der innovative Ansatz des Berichts beibehalten wurde und die Überwachung der Maßnahmen der EU-Organe bei der Durchführung der Aufgaben im Bereich Menschenrechte im Mittelpunkt steht. Ich nehme auch die Empfehlung zustimmend zur Kenntnis, uns auf einen wirklich interinstitutionellen EU-Jahresbericht hinzubewegen, der die Tätigkeiten des Rates, der Kommission und des Europäischen Parlaments im Bereich Menschenrechte und Förderung der Demokratie weltweit umfasst.

Dieser Vorschlag, dem ich nachdrücklich zustimme, bedeutet keineswegs, dass das Parlament sein Vorrecht verlieren wird, seinen eigenen Bericht zu diesem Thema zu verfassen, und auch nicht, dass möglicherweise die Gewaltenteilung zwischen Rat, Parlament und Kommission verletzt wird. Das Ziel des Vorschlags, an den die kommende portugiesische Präsidentschaft hoffentlich anknüpfen wird, besteht vielmehr darin, den EU-Bürgern und unseren Partnern in der Welt einen einzigen umfassenden Bericht vorzulegen, der der Vielfalt der Maßnahmen der drei Organe gerecht wird und die gemeinsamen Werte und Ziele in diesem Bereich wiedergibt.

Die Kommission begrüßt die im Bericht enthaltenen Vorschläge zur Verstärkung der Synergien zwischen den drei Organen sowie zur uneingeschränkten Ausnutzung ihrer speziellen Ziele in Bezug auf die Förderung der Menschenrechte. Hier möchte ich mich besonders auf die Studie des Europäischen Interuniversitären Zentrums beziehen, die wir unterstützen. Diese Studie enthält eine Reihe praktischer Vorschläge, die unsere uneingeschränkte Aufmerksamkeit verdienen. Ebenso wurde natürlich die gute Zusammenarbeit zwischen unseren Organen im Bereich Menschenrechte spürbar, als die neue demokratische Kontrolle bei den geografischen und thematischen Kooperationsstrategien eingeführt wurde.

Die Plenartagung des Europäischen Parlaments im Dezember, bei der der Jahresbericht vorgestellt wird, ist eine gute Gelegenheit, unser gemeinsames Engagement für Menschenrechte und Demokratie weiter auszubauen.

Ich möchte zwei Beispiele aus dem uns heute vorliegenden Bericht herausgreifen: den UNO-Menschenrechtsrat und die Menschenrechtsdialoge. In Ziffer 22 des Berichts wird die EU aufgefordert, die ihr zur Verfügung stehenden Mittel effektiver zu nutzen, um wichtige Themen auf der Tagesordnung des UNO-Menschenrechtsrats zu fördern und für eine bessere Feinabstimmung ihrer Aktivitäten im Bereich Lobbyismus und informelle Kontakte zu sorgen. Wie Sie wissen, stand die Kommission diesem Rat anfangs etwas skeptisch gegenüber und hatte den Eindruck, dass er selbst bei seiner Gründung bei der UNO-Generalversammlung im Jahr 2005 nicht ambitioniert genug war. Aus folgenden Gründen bestehen daran immer noch Zweifel.

Die Zusammensetzung hat sich kaum verbessert. Was die Behandlung der Lage in bestimmten Ländern angeht, so stehen nun weniger Staaten im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und die Zukunft der Mandate der Sondermechanismen ist sehr fraglich. Dennoch gibt es positive Zeichen, wie die Mission in Darfur und die einstimmige Resolution dazu. Meiner Ansicht nach wäre es falsch, hier – bei dem noch immer wichtigsten Menschenrechtsforum weltweit – aufzugeben. Wir werden unsere Anstrengungen vielmehr verdoppeln müssen, damit es besser funktioniert, im Interesse all jener Völker, deren Rechte tagtäglich schwerwiegend verletzt werden.

Die EU und gleichgesinnte Partner müssen den Kreis der Politisierung durchbrechen und sich den Partnerländern der G27 wirksamer zuwenden.

Das Parlament hat bestimmte Entwicklungen in dem neuen UN-Gremium seit dessen Gründung genauestens verfolgt, vor allem durch die Planung von Missionen und die Einladung seines derzeitigen Vorsitzenden zur Diskussion von Fragen von gemeinsamem Interesse. In Anbetracht der für Juni geplanten Mission würde ich eine informelle Sitzung der drei Organe vorschlagen, um Sie über die Einschätzungen der Lage zu informieren und unsere uneingeschränkte Unterstützung für die Vorbereitung der Mission anzubieten.

In Ziffer 78 des Berichts wird darüber hinaus eine verstärkte Einbeziehung des Europäischen Parlaments in die Menschenrechtsdialoge mit Drittstaaten gefordert. Diese sind für uns mittlerweile zu einem unerlässlichen Instrument zur Förderung der Achtung der Menschenrechte geworden, obwohl die Bilanz natürlich, je nach Dialogpartner, sehr unterschiedlich ausfällt. Wir könnten sicher mehr Wirkung erzielen, wenn unser Austausch mit diesen Ländern über die Ebene der Exekutive hinausginge. In der Praxis mag es zwar Hindernisse geben, die eine uneingeschränkte Beteiligung des Europäischen Parlaments an den Sitzungen der formellen Dialoge unmöglich machen, aber Dialoge zwischen den Parlamenten würden die laufenden Bemühungen sicherlich ergänzen. Ich freue mich auf den Initiativbericht des Parlaments zu diesen Thema mit konstruktiven Vorschlägen. Meines Erachtens bringt ein besserer Informationsaustausch zwischen den Organen der Europäischen Union sowie die Vorbereitung, Umsetzung und Weiterbehandlung des Dialogs in jedem Fall Vorteile mit sich.

Nunmehr möchte ich mich dem zweiten Punkt auf unserer Tagesordnung zuwenden. Ich möchte betonen, wie wichtig es ist, dass die Europäische Union sich weiterhin für die generelle Abschaffung der Todesstrafe einsetzt. Sie ist ein Kernziel unserer Menschenrechtspolitik, und ich fühle mich persönlich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Europäische Union dabei eine führende Rolle übernimmt, vor allem innerhalb der Vereinten Nationen. Daher begrüße ich jede Initiative, bei der darüber diskutiert wird, wie ein weltweites Moratorium für die Todesstrafe erreicht werden kann. Eine entsprechende Resolution der UNO-Generalversammlung wäre dabei sicherlich ein wichtiger Schritt. Aber, wie wir bei der Ratstagung in dieser Woche auch besprochen haben, müssen wir den Zeitpunkt eines solchen Unterfangens sehr genau planen. Eine Resolution wäre nur dann wirksam, wenn sie von der eindeutigen Mehrheit der UNO-Mitgliedsländer unterstützt würde, und wir müssen vor der Beantragung eines solchen Unterfangens alles sehr gründlich vorbereiten.

Bei dieser und allen anderen Fragen, die wir zu lösen haben, dürfen wir unser gemeinsames übergeordnetes Ziel der Förderung der Menschenrechte und Demokratie und der pragmatischen Zusammenarbeit im Hinblick auf dieses Ziel nicht aus den Augen lassen.

 
  
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  Roberta Alma Anastase, în numele grupului PPE-DE. – Doresc în primul rând să mulţumesc colegului Simon Coveney pentru concluziile constructive din raportul său şi, mai ales, pentru recomandările făcute cu privire la dialogul şi consultările Uniunii Europene în domeniul drepturilor omului cu ţările terţe, subiect al unui viitor raport la care am onoare să fiu shadow rapporteur. Respectarea drepturilor omului, a principiilor democratice şi a bunei guvernări reprezintă însăşi esenţa Uniunii Europene. Este obligaţia noastră morală de a promova aceste valori în numele păcii şi dezvoltării în întreaga lume. Intensificarea continuă a eforturilor noastre în promovarea democraţiei în vecinătatea Uniunii Europene trebuie să constituie, fără îndoială, o prioritate a politicii Uniunii Europene în domeniul drepturilor omului. Crearea unui spaţiu veritabil de democraţie la frontiera noastră externă şi asigurarea ireversibilităţii acestui proces este una dintre condiţiile necesare pentru a asigura stabilitatea şi dezvoltarea durabilă în ţările vecine. În sfârşit, promovarea drepturilor omului în vecinătatea Uniunii Europene trebuie să beneficieze de toate instrumentele Uniunii Europene care îi stau la dispoziţie.

Salut şi eforturile recente de a impulsiona aceste activităţi prin instrumente de cooperare regională, inclusiv prin cooperare cu şi în cadrul zonei Mării Negre. Îmi exprim în acest sens speranţa că acţiunile propuse în domeniul democraţiei şi drepturilor omului în cadrul noii comunicări a Comisiei Europene privind sinergia în Marea Neagră vor fi implementate cât mai rapid şi mai eficient.

 
  
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  Józef Pinior, im Namen der PSE-Fraktion. (PL) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich Simon Coveney zu seinem Beitrag bei der Präsentation dieses Berichts vor diesem Hohen Haus beglückwünschen. Als Ko-Berichterstatter der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament danke ich Herrn Coveney auch für seine Zusammenarbeit. Seine Kooperation mit den anderen Fraktionen sollte – und das möchte ich hier unterstreichen – als Modell für die politische Arbeit in diesem Haus dienen.

Der uns vorliegende Bericht gehört zu den bedeutendsten Dokumenten im Europäischen Parlament. Bei der Berichterstattung über die Menschenrechtslage in der Welt stellt sich die Frage, in welcher Form diese Thematik aufbereitet wird, denn die Zahl der Berichte über Menschenrechtsverletzungen in der ganzen Welt ist groß. Sie stammen von internationalen Organisationen wie Human Rights Watch oder Amnesty International. Auch die Parlamente der Mitgliedstaaten und der US-Kongress erstellen solche Berichte. Das stellt das Hohe Haus vor die schwierige Aufgabe, die wichtigsten Menschenrechtsfragen in diesem einen Bericht zusammenzufassen.

Wir haben sehr eng mit internationalen Organisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International sowie den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten zusammengearbeitet und im Rahmen der Delegation EU – USA mit US-Kongressabgeordneten und Senatoren einen Dialog über Menschenrechtsverletzungen geführt, wie sie in diesem Bericht behandelt werden.

Worauf wir uns jetzt in erster Linie konzentrieren müssen, ist die Frage, wie wirksam die Maßnahmen des Europäischen Parlaments in Bezug auf die Menschenrechte sind. Ich möchte auf unsere meiner Ansicht nach erfolgreichen Aktivitäten im letzten Jahr hinweisen, wie z. B. die Unterstützung der Menschenrechte in Belarus oder die Aktivitäten der Kommission in Bezug auf die behauptete Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechtswidrige Festhalten von Gefangenen sowie ihren diesbezüglichen Bericht an das Parlament. Das Parlament kann zweifellos stolz auf diese Erfolge sein. Die Menschenrechte müssen zu einem Hauptbestandteil der Außenpolitik der Europäischen Union werden.

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FI) Frau Präsidentin! Zuallererst möchte auch ich Herrn Coveney für die ausgezeichnete Zusammenarbeit danken. Die Beratungen sind gut verlaufen und mit dem Ergebnis sollten wir ebenfalls zufrieden sein. Ich bin genauso wie Herr Pinior der Meinung, dass wir hier über ein sehr wichtiges Dokument sprechen. Das Problem ist nur, dass wir immer erst dann feststellen, wie wichtig Menschenrechte und Grundrechte sind, wenn wir diese Punkte behandeln und wenn dort Probleme auftreten.

Eine der Hauptschwierigkeiten, die das Parlament und die Europäische Union haben, besteht darin, dass die EU sich zu scheuen scheint, direkt zu überprüfen und nachzuschauen, wie es um die Menschenrechte in den eigenen Mitgliedstaaten bestellt ist. Werden die Menschenrechte und Grundfreiheiten in der EU in der Weise umgesetzt, wie wir das anderen beibringen und wie wir es von Drittländern erwarten?

Dies ist jedenfalls ein ausgezeichneter Bericht. Er geht auf viele Aspekte der unbefriedigenden Situation ein, die international besteht und der wir uns widmen müssen und bei der die EU einiges an wertvoller Arbeit geleistet hat. Unsere Bemühungen im Kampf für die Menschenrechte werden jedoch zur reinen Scheinheiligkeit, wenn wir nicht den Mut haben, selbst in den Spiegel zu schauen.

Ein Problem, das letztes Jahr ans Licht kam, war die Kooperation, die europäische Länder US-Geheimdiensten entgegengebracht haben. Im Kampf gegen den Terrorismus konnten die USA stärker auf die EU und einzelne Mitgliedstaaten vertrauen, als wir möglicherweise zugeben wollen.

Ein gemeinsames Dokument zu den Menschenrechten, wie es von der Kommission vorgeschlagen wurde, ist meiner Ansicht nach eine ausgezeichnete Idee. Es würde uns auch in die Lage versetzen, jeweils genau zum richtigen Zeitpunkt und im Zusammenwirken der drei Organe Maßnahmen zu ergreifen. Ich denke, dass wir dies unbedingt in Betracht ziehen sollten.

 
  
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  Inese Vaidere, im Namen der UEN-Fraktion. – (LV) Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich dem Kollegen Coveney für seine ausgezeichnete Arbeit bei der Erarbeitung dieses Berichts danken, der sowohl realistisch als auch erfrischend kritisch ist. Wir müssen seiner Einschätzung des ersten Tätigkeitsjahres des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen zustimmen. Dieses war nicht durchgehend erfolgreich und die verabschiedeten Resolutionen schwach. Ein weiterer positiver Aspekt des Berichts ist, dass er sich selbstkritisch mit den Aktivitäten des Parlaments im Bereich der Menschenrechte auseinandersetzt. Angesichts der sich verschlechternden Situation in Bezug auf Demokratie, Redefreiheit, Pressefreiheit und Menschenrechte in Russland müssen Kommission und Rat im neuen Partnerschafts- und Kooperationsabkommen neben der Menschenrechtsklausel auch strengere Forderungen an Russland stellen, die effektivere Überwachungsverfahren schaffen. Rat und Kommission müssen alles in ihren Kräften Stehende tun, um die Menschenrechtsverletzungen in Belarus zu begrenzen. Die Bemerkung von Präsident Lukaschenko in seiner in dieser Woche gemachten Äußerung zur Verbesserung der Beziehungen zwischen Belarus und Russland – „Wir brauchen keine Inspektoren, Kontrolleure oder Lehrer!“ – ist ein Signal dafür, dass die Europäische Union die Situation nicht nur aufmerksam beobachten, sondern auch die Arbeit der Zivilgesellschaft und der Opposition in Belarus unterstützen sollte. Vielen Dank!

 
  
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  Hélène Flautre, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (FR) Frau Präsidentin! Ich schließe mich vorbehaltlos den Glückwünschen für Herrn Coveney an. Er hat eine bemerkenswerte Arbeit geleistet. Wie Sie gesehen haben, ist sein Bericht nicht einfach ein Katalog der Rechtsverletzungen in der Welt. Er nimmt eine echte Bewertung der Menschenrechts- und Demokratiepolitik der Europäischen Union vor, und ich möchte betonen, welchen Mehrwert eine solche Analyse hat, um die Kohärenz und Wirkung unserer Aktionen zu stärken. Ich freue mich über die von der Ratspräsidentschaft angekündigten Konsequenzen dieses Berichts.

Das Parlament vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass seine Einbindung in der einen oder anderen Form in den Dialog über die Menschenrechte und seine Einbeziehung in die Umsetzung der Leitlinien unerlässlich sind, um eine bessere Effizienz zu erreichen. Im Übrigen stelle ich fest, dass die Wirksamkeit der Leitlinien dadurch beeinträchtigt wird, dass die Missionen der Union in einigen Ländern sie zuweilen immer noch schlecht kennen. Es kommt also stets darauf an, sie für eine maximale Nutzung der Leitlinien zu informieren und zu mobilisieren.

Mit besonderem Nachdruck verweise ich, wie Sie alle es getan haben, auf die Besorgnisse bezüglich des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen angesichts der Notwendigkeit einer weit reichenden Reform, damit die Vereinten Nationen über ein glaubwürdiges und effizientes Gremium für den Schutz der Menschenrechte und der Demokratie verfügen. Zu viele Staaten, die dem Rat angehören, wirken dem entgegen und schwächen damit die schöpferische Tragweite und die Unabhängigkeit der Sonderverfahren und verfolgen eine parteiliche Sicht. Die Union muss alles tun – und wir unterstützen Sie dabei –, um das Ansehen dieses internationalen Gremiums zu festigen, des einzigen, vor dem die Klagen der Opfer von Menschenrechtsverletzungen in der Welt noch Gehör finden können.

Dieser Bericht bietet mir zugleich Gelegenheit, unser Engagement zugunsten der Verteidiger der Menschenrechte zu bekräftigen. Die in der Europäischen Initiative für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) vorgesehenen neuen Maßnahmen werden es der Union ermöglichen, ihre Aktion zu konkretisieren, damit Menschenrechtsverteidiger in Notsituationen rasch Unterstützung und Schutz erhalten.

 
  
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  Miguel Portas, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Frau Präsidentin! Weltweit warten 5 186 verurteilte Straftäter auf den Tag, an dem es für sie auf dem Weg zu ihrem Tod kein Zurück mehr gibt. Erst kürzlich, am 19. April, verurteilten Angehörige von fünf bulgarischen Krankenschwestern hier im Parlament das undurchsichtige Verfahren, in dem diese von den libyschen Behörden zum Tode verurteilt wurden. Als wir heute morgen über unsere Beziehungen mit den Vereinigten Staaten diskutierten, wurde wesentlich öfter auf gemeinsame Werte verwiesen als Kritik an der Tatsache geübt, dass in 38 Staaten der USA die Todesstrafe gilt.

Die Todesstrafe gilt immer noch in mehr als 100 Ländern, und in vielen Ländern, wo sie abgeschafft wurde, machen sich Leute für eine Wiedereinführung stark. Populismus, Autoritarismus und der unrechtmäßige Krieg gegen den Terrorismus haben unsere Gesellschaft in einen Sicherheitswahn gestürzt. Die europäische Initiative für ein weltweites Moratorium für die Todesstrafe ist nicht nur ein Schritt auf dem Weg zur Abschaffung. Zum jetzigen Zeitpunkt ist sie ein Zeichen der Hoffnung im Angesicht dieses Ansturms.

 
  
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  Gerard Batten, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Beim Thema Menschenrechte möchte ich auf die Notlage eines politischen Gefangenen in der Europäischen Union aufmerksam machen, der seit vier Monaten in Rom im Gefängnis sitzt. Mittlerweile befindet er sich sowohl körperlich als auch seelisch in einem sehr schlechten Zustand. Er wird ohne Aussicht auf Entlassung oder einen Prozess festgehalten, um seinen Willen zu brechen und ihn zu zwingen, falsche Geständnisse gegen sich und andere abzulegen. Er heißt Mario Scaramella und die ihm zur Last gelegten Straftaten sind erfundene, gänzlich unbegründete Vorwürfe.

Herr Scaramella war derjenige, der im November 2006 nach London reiste, um Alexander Litwinenko vor dessen Ermordung zu warnen. Herr Scaramella und Herr Litwinenko gehörten beide zur Mitrochin-Kommission, die Verbindungen zwischen italienischen Politikern und dem KGB untersuchen sollte. Herr Scaramella sollte bis zu einem Gerichtsverfahren unverzüglich freigelassen werden und zu seiner Familie zurückkehren dürfen.

 
  
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  Jim Allister (NI).(EN) Frau Präsidentin! Es freut mich, dass ich in meinem hundertsten Redebeitrag in diesem Hohen Haus über die Menschenrechte sprechen kann, die wir alle als selbstverständlich hinnehmen, auf die Millionen Menschen jedoch bisher lediglich hoffen können. Als Hauptakteur, vor allem in Handelsfragen, muss die EU eine tragende Rolle spielen. Wir sind gut, wenn es um all jene leeren Phrasen im Zusammenhang mit den Menschenrechten geht, aber unterstützen wir sie überhaupt? Nehmen wir zum Beispiel China, mit dem wir umfangreichen Handel betreiben. Wir unternehmen allerdings, ehrlich gesagt, wenig, um gleichzeitig auf der Einhaltung der Menschenrechte zu bestehen. Wir könnten so viel mehr tun!

Begründete Interessen sind keine Entschuldigung, auch nicht, wenn es um das dem Westen freundlich gesinnte Pakistan geht. Dort greift eine immer wildere Christenverfolgung unter der Obhut des islamischen Extremismus, schlimmer Blasphemiegesetze und erzwungener Konvertierungen um sich. Hier ist die Rolle der EU nicht nur selbstgefällig oder zwiespältig: Hier geht es um ein Gebiet, in dem wir durch die Millionen von Euro, die wir in diese Koranschulen stecken, mitschuldig sind. Viele dieser Schulen sind, wie Lalmasjid, Ausbildungsstätten für islamischen Extremismus – warum finanzieren wir sie also immer noch?

Sowohl bei unseren Handelsabkommen als auch bei unserer Entwicklungshilfe müssen wir unsere Maßnahmen stärker mit echten Menschenrechtsnormen in Einklang bringen.

Abschließend möchte ich dem Berichterstatter für einen weiteren umfangreichen Bericht meine Anerkennung aussprechen.

 
  
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  Maria da Assunção Esteves (PPE-DE).(PT) Im Herzen Europas, in Königsberg, wie es seinerzeit hieß, formulierte der Philosoph Immanuel Kant jenen universellsten Grundsatz der Gerechtigkeit, dass jeder Mensch ein Selbstzweck ist. Die Fundamente für die Errichtung der EU und ihr Wachstum sind eine Rechtekultur und die Auffassung, dass jedes Individuum ein ganz und gar einzigartiges Wesen ist. Diese Auffassung, die ihrem Wesen nach sowohl politisch als auch moralisch ist, kennzeichnet das Projekt Europa.

Mehr denn je wird das Schicksal Europas heute von seiner Fähigkeit bestimmt, sich im Kampf für Rechte überall auf der Welt an vorderster Front einzusetzen. In diesem Sinne setzt man immense Hoffnungen in Europa. Die Grenzen, die wir noch erobern müssen, trennen Barbarei und Zivilisation. Getreu ihren visionären Gründervätern darf die EU den Versuchungen strategischer Interessen und der Realpolitik nicht nachgeben.

Wir müssen zugeben, dass Europa die Leere füllen muss, die andere demokratische Kräfte im Kampf für Menschenrechte hinterlassen haben. Dafür brauchen wir eine politische Integration, die Bereitschaft, Entscheidungen zu treffen, und universelle Rechte. Wir brauchen eine Verfassung und die Einbeziehung der Menschenrechte in alle Maßnahmen und ihren Schutz an allen Fronten. An dieser Stelle muss man darauf hinweisen, dass Grundrechte nicht nur in den finsteren Abgründen von Unterentwicklung und Diktaturen verletzt werden; angeblich entwickelte Demokratien wenden die Todesstrafe an, und wir schweigen dazu. In dieser Frage darf die EU nicht mit zweierlei Maß messen.

Es wäre gut, wenn während des Gipfeltreffens EU-USA die Todesstrafe auf der politischen Tagesordnung stehen würde. Es wäre gut, wenn eine Entschließung des Parlaments zur Todesstrafe Boden gewinnen und nicht nur Wunschtraum bleiben würde. Eines ist sicher: Die Diagnose der ernsten Probleme, vor denen wir stehen, liegt in der Frage der Menschenrechte. Es kann keinen Dialog zwischen Menschen, kein Ende von Konflikten, keine Sicherheit und keine Freiheit geben, wenn in der Welt nicht mehr Gerechtigkeit herrscht.

 
  
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  Raimon Obiols i Germà (PSE).(ES) Die Qualität des Berichts Coveney wurde durch die sehr breite Unterstützung bestätigt, die er bei der Abstimmung im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten erhielt.

Herrn Coveney ist es gelungen, die Standpunkte der verschiedenen Fraktionen in Einklang zu bringen, und nach unserer Auffassung hat er sich ganz zu Recht an den neuen Ansatz für diese Berichte gehalten, der von Richard Howitt mit dem Bericht von 2005 eingeführt worden war.

Das Ergebnis der Abstimmung über die Änderungsanträge spiegelt einen vernünftigen Konsens zwischen den Fraktionen und ein relatives Ausschalten von Konfliktpunkten wider. Dadurch bietet sich der Welt das Bild eines Parlaments, das sich in Fragen des Schutzes und der Förderung der Menschenrechte einig ist, etwas, was wir uns alle wünschen.

Um unsere Autorität zu stärken und zu gewährleisten, dass dieser Text ein Referenztext wird, sind Besonnenheit, Genauigkeit und der größtmögliche Konsens erforderlich. Ich glaube, dass der vorliegende Bericht Coveney einen eindeutigen Schritt in diese Richtung darstellt.

Wir müssen große Anstrengungen unternehmen, um ein wichtiges Signal auszusenden: Europa darf sich nicht erlauben, unterschiedliche Anforderungen an die einzelnen Länder zu stellen, wenn es um die Bewertung der Menschenrechte in der Welt geht. Ohne Rücksicht auf die Interessen, die auf dem Spiel stehen, muss der Ansatz der Europäischen Union in Bezug auf die Menschenrechte eindeutig und unmissverständlich sein.

Lassen Sie mich sagen, dass der Text unseres Erachtens die Tatsache unzureichend wiedergibt, dass wir in der heutigen Welt beim Kampf gegen den Terrorismus leider eine Ausweitung von Inhaftierungszentren beobachten, die nicht der Rechtsstaatlichkeit unterliegen, deren Praktiken nicht im Einklang mit dem Recht des Staates stehen, von dem sie errichtet wurden: Ich spreche von Guantánamo und von geheimen Gefängnissen.

Für uns Sozialisten ist es unverzichtbares Ziel, diesem rechtswidrigen Zustand ein Ende zu bereiten.

Ebenso stellt der Entschließungsantrag über ein weltweites Moratorium in der Frage der Todesstrafe für uns eine Priorität dar. Eine gute Nachricht ist, dass der Rat in dieser Woche seine Absicht geäußert hat, die Bemühungen zu fördern und zu unterstützen, die von allen Fraktionen in diesem Haus gefordert werden.

 
  
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  Marco Pannella (ALDE). – (IT) Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Borg, sehr geehrter Herr Gloser, meine Damen und Herren! Ich habe 60 Sekunden, um das wichtige Thema des Moratoriums für die Todesstrafe zu behandeln.

Da ich dieses Thema nicht gebührend erörtern kann, möchte ich gleich anschließend an anderer Stelle das regelrechte Amtsvergehen, den realen Bruch von Regeln und Versprechen durch den Rat in den letzten zehn Jahren dokumentieren. In den Vereinten Nationen wird seit 14 Jahren versucht, den Erlass des Moratoriums über die Todesstrafe zu verhindern.

1994 verfehlten wir die Sicherung einer Resolution über das Moratorium wegen vier Gegenstimmen, vier Stimmen der fundamentalistischen Verfechter der Aufhebung stellten sich gegen die Realität eines Moratoriums, das bereits erreicht worden war. Herr Ratspräsident, in der UNO waren vor 14 Jahren 97 Staaten für die Todesstrafe. Heute sind es 51.

Seit 1988 haben wir Ihnen gezeigt, dass es eine sichere Mehrheit gibt, wobei es mir egal ist, ob sie wegen der Interessen Chinas, der USA oder eines Europas existiert, das sich wieder einmal nicht wie Europa benimmt, doch Sie haben Ihre Verpflichtungen gegenüber dem Parlament nicht eingehalten.

Um 18.30 Uhr werde ich der Presse darlegen, dass Sie am 16. und 17. April im Rat einen schwerwiegenden Versuch unternommen haben, auf betrügerische Weise von dem abzurücken, was sie Ihrem Bekunden nach akzeptierten. Ich kann keinen italienischen Begriff finden, um das zu beschreiben; das war eine regelrechte forfaiture, ein Amtsvergehen, und dessen beschuldige ich Sie: Ou pas ça, ou pas vous! – Entweder das hört auf oder Sie hören auf!

 
  
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  Liam Aylward (UEN).(EN) Frau Präsidentin! Ein Bereich, in dem die Europäische Union eine Führungsrolle übernehmen sollte, ist der Schutz und die Förderung der Menschenrechte im Nahen Osten. Als Gemeinschaft mit 27 Mitgliedstaaten und 500 Millionen Einwohnern ist die Europäische Union in der Lage, als ehrliche Vermittlerin im Nahen Osten zu agieren.

Ich begrüße die kürzlich erfolgte Bildung der palästinensischen Einheitsregierung. Dies ist eine positive Entwicklung, die zu einem politischen Konsens in dieser Region führen und friedliche Beziehungen zwischen Palästinensern und Israelis schaffen könnte.

Es müssen allerdings die Menschenrechte des palästinensischen Volkes geachtet werden. Israel sollte unverzüglich alle inhaftierten palästinensischen Abgeordneten freilassen. Ebenso muss der israelische Soldat, Unteroffizier Shalit, der in Palästina im Gefängnis sitzt, unverzüglich auf freien Fuß gesetzt werden.

Die dringende Aufgabe besteht nun darin, einen glaubwürdigen politischen Prozess wieder in Gang zu setzen, der zu Frieden und Sicherheit für das israelische und palästinensische Volk führen würde. Die Europäische Union muss sich positiv für die neue palästinensische Einheitsregierung einsetzen. Wir dürfen nicht nur politische Unterstützung gewähren, sondern müssen auch in der Lage sein, die wirtschaftliche Wiederbelebung in den palästinensischen Gebieten finanziell zu unterstützen.

Abschließend möchte ich meinem irischen Kollegen Simon Coveney zu einem hervorragenden Bericht gratulieren.

 
  
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  Alessandro Battilocchio (NI). – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als Berichterstatter des Entwicklungsausschusses über das Finanzierungsinstrument für die Förderung der Menschenrechte hob ich besonders die Rolle der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte bei der wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklung vieler Drittstaaten hervor.

Der vorliegende Bericht gibt uns jedoch eine Gelegenheit, uns auch die Situation in unserem eigenen Haus anzusehen, wo Fälle von Intoleranz aus Gründen der Religion, der Rasse und des Geschlechts leider immer noch an der Tagesordnung sind. Verlassene Kinder auf den Straßen oder in verfallenen Einrichtungen, häusliche Gewalt und homophobe Angriffe, um nur einige Beispiele zu nennen, sind nach wie vor ein Problem, und deshalb müssen wir Maßnahmen zur Eindämmung solcher Erscheinungen fördern.

Im Hinblick auf die externe Dimension besteht ein deutlicher Mangel an Kohärenz zwischen den Absichten und guten Vorsätzen auf der einen Seite und der Handels-, Entwicklungshilfe- und Außenpolitik auf der anderen. In Lateinamerika liegen unsere Prioritäten für die Hilfe beim Handel und bei der weiterführenden Schulbildung, während Millionen von Kindern keinen Zugang zur Grundschulbildung haben oder sie aufgeben. In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass Bildung ein Recht und auch eines der Millenniumsziele ist.

In unseren Beziehungen mit China, den USA und Russland findet das Kapitel Menschenrechte allzu oft nicht die gebotene Aufmerksamkeit. Darüber hinaus wird der Ernst der Lage in einigen Ländern wie Kuba oder Belarus unterschätzt, und die Entschließungen des Parlaments und unsere Aussprachen über dringliche Fragen werden nicht beachtet.

Der Bericht 2006 erscheint daher eher als eine Liste dessen, was nicht getan wurde, als eine Erfolgsbilanz. Allerdings muss bekräftigt werden, dass, solange die Union in der Außenpolitik nicht mit einer Stimme spricht, viele Ziele dazu verdammt sein werden, das zu bleiben, was sie sind – nämlich Ziele.

 
  
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  Kinga Gál (PPE-DE).(HU) Zunächst möchte ich meinem Kollegen Coveney zu diesem sorgfältig verfassten Bericht zur Analyse eines sehr wichtigen Themas gratulieren. Dem Berichterstatter ist es in dem Jahresbericht 2006 gelungen, uns konkrete Wege aufzuzeigen, wie ein größeres Engagement vonseiten der EU-Institutionen und der Mitgliedstaaten wirklich helfen könnte, problematische Situationen im Bereich des Schutzes des Menschenrechte weltweit zu lösen. Die Wege, die man dazu beschreiten könnte, sind zudem sämtlich im Bericht aufgeführt. Die praktischen Möglichkeiten, mit denen man einen Beitrag leisten könnte, sind bekannt: regionale Handelsabkommen, das System der bilateralen Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und die fünf strategischen Leitlinien der EU über die Menschenrechte, die die Botschaften der Mitgliedstaaten und die EU-Missionen überall in der Welt systematisch anwenden sollten.

Ich halte es für wichtig, dass im Text festgestellt wird, dass sich die EU-interne Menschenrechtsbilanz direkt auf die Glaubwürdigkeit und die Fähigkeit der EU auswirkt, eine wirkungsvolle Außenpolitik umzusetzen. Deshalb möchte ich die Aufmerksamkeit auf die Regionen lenken, in denen Menschenrechtsprobleme außerhalb der EU seit Langem schon auch interne Probleme für uns geworden sind. Dazu zählen die Förderung der Rechte von Kindern und der Kampf gegen Frauen- und Kinderhandel mit alljährlich 100 000-120 000 Opfern hier bei uns in der Europäischen Union, von denen 40 % Kinder sind. Eine ebenso wichtige Rolle spielen eine größere Sensibilität und Aufmerksamkeit für die Lage ethnischer oder indigener nationaler Minderheiten, für die man ebenfalls innerhalb der Grenzen der EU oder in an die EU angrenzenden Gebieten, beispielsweise der Vojvodina oder den Niederen Karpaten, Lösungen finden muss. Im Falle der nationalen und ethnischen Minderheiten ist das Verbot von Diskriminierungen die notwendige Mindestvoraussetzung, aber nicht ausreichend, um diese Bevölkerungsgruppen zu schützen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir zum Abschluss, als Delegierter der Volkspartei bei der Agentur für Grundrechte meiner Hoffnung Ausdruck zu geben, dass die am 1. März eröffnete Agentur der EU durch ihre eigene Arbeit und in Zusammenarbeit mit anderen den Maßnahmen der EU, die auf die Verbesserung der Lage bei den Menschenrechten in der ganzen Welt gerichtet sind, Glaubwürdigkeit verleiht.

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (PSE). – (FR) Frau Präsidentin! Ich möchte Herrn Coveney beglückwünschen. Das größte Problem der Europäischen Union, das dieser Bericht sehr gut darstellt, besteht darin, dass sie nicht über Standards oder einen Mechanismus für den Schutz nationaler Minderheiten verfügt. In nur 500 Meter Entfernung von hier hat der Europarat seinerseits wohl begriffen, was man hier noch nicht verstanden hat, dass nämlich die Menschenrechte und die Rechte der nationalen Minderheiten eng miteinander verbunden sind, wenngleich es sich um zwei verschiedene Problemkreise handelt.

Ich bin vollkommen einverstanden mit Frau Gál und Frau Jäätteenmäki: Die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union hängt von ihrer inneren Situation ab. Wie sieht die Situation der Slowenen in Österreich oder in Italien aus? Das ist eine traditionelle alteingesessene nationale Minderheit. In Lettland leben 450 000 Personen russischer Herkunft, die nicht Bürger dieses Landes, eines Mitgliedslandes der Europäischen Union, sind. Frankreich hat niemals die beiden Dokumente des Europarates ratifiziert, die für die neuen Mitgliedsländer unerlässlich sind.

Es wird also mit zweierlei Maß gemessen, und deshalb sind wir nicht wirklich glaubwürdig, wenn wir Kritik an Drittländern üben. Wir müssen unsere Agentur für Grundrechte in Wien einschalten und dieses Versäumnis im nächsten Bericht korrigieren.

Dabei habe ich noch gar nicht von der völligen Krise bei der Integration der neuen Minderheiten mit Migrationshintergrund in Frankreich, in den Niederlanden oder im Vereinigten Königreich gesprochen. Das ist die größte Herausforderung für Europa: die Möglichkeit für die Minderheiten mit Migrationshintergrund, in die Länder Westeuropas integriert zu werden. Aus meiner Sicht wird es in Zukunft nicht mehr möglich sein, diese Probleme zu umgehen, denn es sind lebenswichtige Probleme für ganz Europa, für die gesamte Europäische Union.

 
  
  

VORSITZ: MIGUEL ANGEL MARTÍNEZ MARTÍNEZ
Vizepräsident

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar! Der Berichterstatter liefert mit seinem Bericht nicht nur eine ausgezeichnete und kritische Analyse, sondern er stellt auch Schlussfolgerungen in den Raum und fordert Konsequenzen ein. Das bewerte ich als positiv. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang den Blick auf das Kapitel bewaffnete Konflikte und Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik lenken.

Warum? Es ist ganz klar, dass überall dort, wo bewaffnete Konflikte stattfinden, Menschenrechte missachtet werden, wie das gegenwärtig z. B. in vielen afrikanischen Staaten der Fall ist. Die Konsequenzen spüren wir in Europa. Viele Menschen sind auf der Flucht, auf der Suche nach einem besseren Leben. Sie geraten sehr oft in die Hände von Schleppern und stranden als Illegale an den Küsten Spaniens — allein im letzten Jahr waren es 31 000 Menschen. Auch in den ersten Monaten dieses Jahres erleben wir bereits eine ähnlich dramatische Situation.

Herr Coveney lobt die österreichische Präsidentschaft in seinem Bericht, weil unter österreichischem Vorsitz Durchführungsstrategien beschlossen wurden, wonach die Menschenrechtsfragen in die Planung von Operationen der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik einzubeziehen sind. Jetzt geht es darum, dass wir die Realisierung der Umsetzung auch tatsächlich einfordern. Mein Ersuchen geht ganz dringend an den Rat, dass er in Hinkunft verstärkte Einsätze von militärischen und polizeilichen Strukturen — wie etwa in Kinshasa — auch in anderen Staaten vorsieht. Denn damit helfen wir, in diesen Staaten Grundstrukturen aufzubauen und für Stabilität und Sicherheit zu sorgen.

Erstens werden demokratische Strukturen geschaffen, zweitens werden in der Folge Menschenrechte tatsächlich eingehalten und drittens schaffen wir die Voraussetzungen, dass wirtschaftliche Grundstrukturen aufgebaut werden. Dies alles hat positive Auswirkungen für die betreffenden Staaten, die Menschen vor Ort und für uns, denn so wird die illegale Migration nach Europa reduziert.

Wenn es darüber hinaus noch gelingt, auch die Außenhilfeprogramme der Kommission miteinzubeziehen, dann hoffe ich, dass die Menschenrechte in diesen Staaten viel mehr als bisher geachtet werden.

 
  
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  Richard Howitt (PSE).(EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Herrn Coveney gratulieren. Er hat in seinem Bericht das neue Konzept übernommen, auf das wir uns letztes Jahr verständigt haben, nämlich dass das Parlament in Form eines Jahresberichts zur Menschenrechtslage untersuchen sollte, was Rat und Kommission unternehmen, und das fördern sollte, was wir in der gesamten Europäischen Union tun können, um die Menschenrechte wirklich voranzubringen und nicht nur einfach Stellungnahmen abzugeben.

Ich danke ihm und beglückwünsche ihn dazu. Mit großer Trauer habe ich vernommen, dass er in Zukunft eine parlamentarische Laufbahn in seinem Heimatland einschlagen und diesem Parlament nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Ich möchte nur feststellen, dass er sich hervorragend für die Menschenrechte einsetzt und ein großartiger Kollege ist.

In dieser Aussprache können wir meines Erachtens betonen, dass die Europäische Union mehr zur Förderung der Menschenrechte unternehmen kann. Viele von uns machen sich Sorgen. Das Parlament wird auch weiterhin maßgeblich dafür sorgen, dass die Maßnahmen Europas und seine Einbeziehung in den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen effektiver vonstatten gehen. Dieser hat seine Tätigkeit nicht in der von uns erhofften Weise aufgenommen. In der Entschließung machen wir darauf aufmerksam, dass die Kommission im Kimberley-Prozess den Vorsitz führt. Nutzen wir ihn, um das unabhängige Verifizierungssystem durchzusetzen, das die NRO am Valentinstag 2007 gefordert haben und das ein begrüßenswertes Ziel darstellt.

Wir begrüßen die Tatsache, dass die Kommission nach unserer Kritik am Standpunkt Europas gegenüber Belarus und der IAO im letzten Jahr und in Anbetracht der Angriffe und Drangsalierungen der Gewerkschafter nun die Empfehlung ausgesprochen hat, von den Handelspräferenzen für Belarus Abstand zu nehmen. Sie haben zugehört – vielen Dank dafür! Wir können aber noch mehr erreichen.

Was die Menschenrechtsverträge angeht, so machen wir uns Sorgen über die Streubomben. Viele europäische Länder – allen voran Belgien und, was mich sehr freut, mein Heimatland Großbritannien – befürworten mittlerweile einen verbindlichen Vertrag über das Verbot von Streubomben.

Es freut mich außerordentlich, dass Europa die Kampagne für die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen geleitet hat, die die Menschenrechtskonvention in der Geschichte der UNO war, auf die man sich am schnellsten geeinigt hat. Die Europäischen Gemeinschaften haben sich ihr zum ersten Male verpflichtet. Im nächsten Jahr werden die Gemeinschaften und Mitgliedstaaten das Fakultativprotokoll unterzeichnen, damit es ein Beschwerdeverfahren gibt. Beweisen Sie uns also, dass Sie noch immer zuhören!

 
  
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  Patrick Gaubert (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir als stellvertretendem Vorsitzenden des Unterausschusses für Menschenrechte, zunächst Herrn Coveney zu der Qualität und dem Umfang seiner Arbeit zu beglückwünschen, die diesen umfassenden und erschöpfenden Text hervorgebracht hat, jedoch auch zu der offenen Geisteshaltung, die er an den Tag gelegt hat, um in unserem Hause einen weitgehenden Konsens zu diesem erstrangigen Text zu erzielen. So war er bereit, fast alle Änderungsvorschläge, die ich ihm im Ausschuss unterbreitete, zu berücksichtigen und mit zu unterzeichnen, wofür ich ihm danke.

Dieser Text hat das Verdienst, dass er die gesamte Problematik behandelt und mehrere geografische Zonen abdeckt. Ich unterstütze insbesondere die Betonung, die auf die Tätigkeit des neuen Rates für Menschenrechte der UNO, die dramatische Situation in Darfur oder die wiederholten Menschenrechtsverletzungen in Russland gelegt wird.

Was die Tätigkeit des Europäischen Parlaments und vor allem des Unterausschusses für Menschenrechte betrifft, so glaube ich, können wir uns zu seinem konstruktiven Handeln beglückwünschen, das beispielsweise die zügige Annahme des neuen Finanzinstruments für die Förderung der Demokratie und der Menschenrechte ermöglicht hat.

Im Übrigen verweist dieser Bericht sachgerecht auf die grundlegende Wechselwirkung zwischen der internen und der externen Dimension der europäischen Menschenrechtspolitik. Mehr denn je muss jeder unserer Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet beispielgebend sein. Davon hängen unsere Verantwortung und unsere Glaubwürdigkeit nach außen ab. So freue ich mich darüber, dass die Justizminister in der vergangenen Woche gemeinsame strafrechtliche Sanktionen gegen Rassismus und Revisionismus beschlossen haben. Ich möchte den Berichterstatter nochmals zu diesem Text beglückwünschen und ihm meine volle Unterstützung zusichern.

 
  
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  Bogusław Sonik (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Eine EU, die sich auf Werte wie die Verteidigung der Menschenwürde, der Grundsätze der Demokratie und der persönlichen Freiheiten gründet, muss ständig und unmissverständlich ihre Bereitschaft signalisieren, nicht nur an diesen Werten festzuhalten, sondern sie auch zu verteidigen und sich für all jene einzusetzen, die wegen ihrer Überzeugungen und ihres Glaubens verfolgt oder wegen ihrer Anschauungen gefoltert und ins Gefängnis geworfen werden.

In dem Bericht wird zu Recht auf die Notwendigkeit einer internationalen Friedensstrategie für Darfur hingewiesen, bei deren Entwicklung die EU mit dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zusammenarbeiten muss. Nur ein wirkungsvolles Engagement der EU auf UN-Ebene macht rasche und wirksame Maßnahmen möglich, mit denen zielgerichtet auf diese humanitäre Tragödie in Afrika reagiert werden kann.

Es gibt jedoch noch zahlreiche ungelöste Probleme, bei denen im letzten Jahr kein Fortschritt erzielt wurde. Dazu zählen das Schicksal der fünf bulgarischen Krankenschwestern und des palästinensischen Arztes, die wegen der absurden Beschuldigung, Kinder vorsätzlich mit dem HIV-Virus infiziert zu haben, in Libyen inhaftiert und zum Tode verurteilt wurden, ebenso wie die Verletzung der Rechte der religiösen Minderheiten in China, die Einschränkung der Meinungsfreiheit und Repressalien gegen die Verfechter der Demokratie in Russland, der Terror im kommunistischen Kuba und schließlich die Türkei, wobei die Lage in diesem Land überaus beunruhigend ist.

Die Türkei, die die Mitgliedschaft in der EU anstrebt, hat beim Schutz der Menschenrechte keine nennenswerten Fortschritte erzielt. Vielmehr ist die Religionsfreiheit ernsthaft bedroht, wie die tragischen Ereignisse der letzten Tage zeigen, als drei, dem christlichen Glauben angehörende Mitarbeiter des Verlags, der die Bibel herausgibt, ermordet wurden. Die türkischen Medien scheinen eine Hexenjagd auf Christen zu veranstalten.

Der 50. Jahrestag der Europäischen Gemeinschaft und die Debatte über den künftigen Vertrag sind meiner Ansicht nach eine gute Gelegenheit, um eine neue und wirksame Politik zum Schutz der Menschenrechte außerhalb unserer Grenzen zu konzipieren. Hier muss die internationale Rolle der Europäischen Union gestärkt werden. Außerdem gilt es, entsprechende Rechtsvorschriften in den neuen Vertrag aufzunehmen und vor allem die Rolle der Agentur für Grundrechte in dieser Frage neu zu überdenken.

 
  
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  David Casa (PPE-DE).(MT) Vielen Dank, Herr Präsident! Wenn wir über die Menschenrechte sprechen, gelten unsere Gedanken sehr oft sofort den Entwicklungsländern, und es ist gut, dass wir überlegen, was wir tun können, um sicherzustellen, dass die Bürger dieser Länder geschützt und mit der Würde behandelt werden, die sie verdienen.

Ich muss dennoch meine Besorgnis darüber zum Ausdruck bringen, dass diese Rechte von einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Beitrittskandidaten missachtet werden.

So wurden beispielsweise vor einigen Tagen in einem Land, das den Beitritt zur Europäischen Union anstrebt, vier Menschen wegen ihrer religiösen Überzeugung brutal ermordet. So etwas ist inakzeptabel und muss verurteilt werden. Die Union muss konsequenter werden und die Unterstützung für alle Länder einstellen, die die Minderheitenrechte missachten oder ihre Minderheiten nicht anerkennen und schützen, ebenso wie für alle Länder, die die Charta der Grundrechte nicht einhalten.

Wir müssen sofort Maßnahmen ergreifen und dürfen einfach nicht akzeptieren, dass es im Jahr 2007 Diktaturen gibt, die den Menschen das Recht auf freie Meinungsäußerung verwehren, wie das leider in Venezuela der Fall ist. Es ist bedauerlich, dass in der heutigen Zeit ethnische Minderheiten missachtet werden. Die Rasse und Hautfarbe eines Menschen sowie seine Überzeugungen müssen stets respektiert werden. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass keiner im Stick gelassen wird und diese unantastbaren Rechte durch niemanden missachtet werden. Es ist jedoch nicht hinnehmbar, dass die vom Parlament angenommenen Entschließungen durch die Kommission übergangen werden. Dieses Parlament ist die einzige Institution, deren Vertreter demokratisch gewählt werden. Diese Entschließungen des Parlaments sollen eine Botschaft vermitteln, die vom Rat und von der Kommission anerkannt werden sollte. Diese sollten also die von unserer Institution angenommenen Entschließungen nicht ignorieren, wie das leider in der Vergangenheit der Fall war.

Abschließend, Herr Präsident, möchte ich ebenfalls meinem Kollegen Coveney zu einem ausgezeichneten Bericht über das gegenwärtig diskutierte Thema gratulieren.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich möchte mich ausdrücklich bei Ihnen für die engagierte Debatte bedanken, die ja auf dem Bericht des Berichterstatters fußt. Niemand – auch nicht die Präsidentschaft – hat in der Debatte gesagt, dass wir mit der Menschenrechtssituation in der Welt zufrieden sein können. Im Gegenteil. Wir erleben tagtäglich, dass die Menschenrechte mit Füßen getreten werden!

Das Argument – ich glaube, Kollege Allister hat das gesagt, die Europäische Union schaue weg, kann ich nicht so stehen lassen. Auch wenn wir mit der Situation nicht zufrieden sein können, auch wenn wir Rückschläge erleiden, hat die Union in der Vergangenheit sehr viele Aktivitäten unternommen, um die Situation zu verändern und sie für die Menschen zu verbessern. Ich darf – weil dies in den letzten beiden Tagen in verschiedenen Ausschüssen und auch heute morgen in der Debatte im Plenum eine Rolle gespielt hat – beispielsweise erwähnen, dass bei der Weiterbehandlung der Zentralasien-Strategie im Rat der Außenminister am vergangenen Montag nicht nur – was manchmal kritisiert wird – das Interesse an Energie und Ressourcen eine Rolle gespielt hat, sondern dass wir ausdrücklich gesagt haben, dass wir mit den Ländern in Zentralasien einen intensiven Menschenrechtsdialog führen wollen. Genauso halten wir es mit China, auch wenn wir die benötigten Fortschritte nicht immer gleich erkennen können.

Am vergangenen Dienstag fand in Luxemburg ein Treffen zwischen der EU und ECOWAS, also mit den Ländern der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft, statt, bei dem noch einmal deutlich geworden ist, wie wichtig der Prozess der Menschenrechte in diesen Ländern ist. Oder lassen Sie mich auf das Gipfeltreffen zwischen der Afrikanischen Union und der Europäischen Union zur Frage der Migration im letzten Jahr in Tripolis zurückkommen, wo es darum ging, wie man Fluchtursachen bekämpfen kann.

Man kann sie eben nicht allein bekämpfen! Es ist wichtig, dass wir Schutzmaßnahmen haben. Aber good governance, die Schaffung von Perspektiven für die Menschen und die Wahrung der Freiheit und der Grundfreiheiten sind wesentliche Punkte, die letztendlich dazu führen, dass die Menschen in ihren Ländern bleiben. Ich glaube, dass die Europäische Union auch durch viele Maßnahmen im Bereich der ESVP einen Beitrag dazu geleistet hat, dass die Menschenrechte geachtet werden.

Ein anderer Punkt, und dies ist an den Kollegen Pannella gerichtet: Es gibt keine Verschwörung der Präsidentschaft. Auch für den Rat, der sich am Montag noch einmal mit dem Thema Moratorium für die Todesstrafe beschäftigt hat, ist ganz klar festzuhalten, dass wir für ein solches Moratorium eintreten. Es gibt auch keine Verzögerungsmechanismen, sondern es kann eindeutig gesagt werden, dass die deutsche Präsidentschaft, unterstützt von allen Mitgliedgliedstaaten, ihre Demarchen und ihren Einsatz zur Erreichung des gemeinsamen Ziels verstärken wird, damit wir im Mai einen abschließenden Bericht vorlegen können, um das uns einende Ziel zu erreichen.

Es wäre allerdings schade, wenn wir durch ein voreiliges Vorgehen im Bereich der Vereinten Nationen letztlich das gemeinsame Ziel nicht erreichen können, weil die entsprechenden Mehrheiten nicht vorhanden sind.

Ich bedanke mich noch einmal ausdrücklich beim Europäischen Parlament für die engagierte Diskussion. Sie haben in vielen Beiträgen deutlich gemacht, dass Sie nicht locker lassen und dafür sorgen wollen, dass die Präsidentschaft, die Mitgliedstaaten, die Regierungen, aber auch die Parlamente dieses Thema nicht in den Hintergrund treten lassen, sondern ganz oben auf der Tagesordnung behalten.

 
  
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  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich begrüßte die Annahme dieses Berichts sehr und werde die wertvollen Anregungen, die Sie während der Aussprache und im Bericht machten, an Kommissarin Ferrero-Waldner weitergeben.

Ich möchte betonen, dass die Kommission uneingeschränkt die Unterstützung teilt, die das Europäische Parlament den Menschenrechtsleitlinien der EU angedeihen lässt, da sie möglicherweise eines der effektivsten Instrumente der EU in diesem Bereich darstellen.

In diesem Zusammenhang freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die Menschenrechtsleitlinien der Europäischen Union im Zentrum des diesjährigen Fortbildungsprogramms der Kommissionsbediensteten zu den Menschenrechten stehen werden und dass wir auch unseren Delegationen entsprechende Anweisungen erteilen werden.

Die Kommission hegt Bedenken, was den Vorschlag im Bericht betrifft, im Rahmen des Jahresberichts eine Liste von „Ländern, denen besonderes Augenmerk gebührt“ hinsichtlich Menschenrechtsverletzungen zu erstellen. Wir sollten es vermeiden, solche Listen zu erstellen, da es schwierig wäre, die Kriterien festzulegen, auf denen solche allgemeinen Faktoren basieren. Das ist etwas anderes, als beispielsweise eine Liste von Ländern zu erstellen, in denen die Rekrutierung von Kindersoldaten erlaubt ist, für die es sehr eindeutige Indikatoren gibt. Die Kommission würde es vorziehen, die Praxis der Ermittlung von Ländern zu unterstützen, an die Demarchen und Maßnahmen auf Einzelfallbasis gerichtet werden.

Nun möchte ich kurz auf einige Punkte eingehen, die während dieser Aussprache angesprochen wurden.

Was Guantánamo betrifft, so hat die Europäische Union immer wieder betont, dass die Terrorismusbekämpfung in Übereinstimmung mit dem humanitären Völkerrecht und dem internationalen humanitären Recht erfolgen muss. Die Kommission ist der Meinung, dass die Genfer Konvention für alle im Krieg gefangen genommenen Personen gilt. Sie ist darüber hinaus der Ansicht, dass die Bestimmungen des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter auch für Guantánamo Bay gelten. Jeder Häftling muss einen völkerrechtlichen Status genießen und hat das Recht, nicht willkürlich gefangen gehalten zu werden, sowie das Recht auf Verteidigung und einen fairen Prozess. Guantánamo ist eine Normabweichung und die Europäische Union fordert nach wie vor seine Schließung.

Was Belarus betrifft, so wird die Kommission sich weiterhin dafür einsetzen, dass gegen die dortigen Menschenrechtsverletzungen vorgegangen wird. Auch wenn es der Europäischen Union aufgrund des autoritären Charakters der derzeitigen Regierung nicht möglich ist, Belarus die uneingeschränkte Beteiligung an der Europäischen Nachbarschaftspolitik anzubieten, ist die Kommission der Ansicht, dass der Beginn des Schattenaktionsplans der ENP für Belarus sehr erfolgreich dazu beigetragen hat, die Menschen in Belarus für die Vorteile empfänglich zu machen, die die Europäische Nachbarschaftspolitik mit sich bringen würde, wenn die Behörden die demokratischen Werte und Menschenrechte achteten. Die Kommission finanziert bereits zahlreiche Projekte zur Unterstützung der Zivilgesellschaft, wie zum Beispiel Projekte zur Förderung der Medienfreiheit in Belarus und zur Unterstützung der Europäischen Humanistischen Universität im Exil. Natürlich wird die Kommission versuchen, auch künftig ähnliche Initiativen zu unterstützen.

Die Europäische Union führt nach wie vor zweimal im Jahr Menschenrechtskonsultationen mit Russland durch. Sie geben ihr die Möglichkeit, zahlreiche besorgniserregende Angelegenheiten anzusprechen, wie zum Beispiel die Lage in Tschetschenien, die Behandlung von Menschenrechtsaktivisten und die Auswirkungen der überarbeiteten Gesetze über NRO und gegen Extremisten. Zudem spricht die Europäische Union Menschenrechtsfragen nicht nur bei den Konsultationen, sondern gegebenenfalls auch bei anderen Treffen an.

Was China anbelangt, so begrüßt die Kommission die konstruktiven Äußerungen des Parlaments zum Menschenrechtsdialog zwischen der EU und China. Sie bestätigt darüber hinaus, dass dieser Dialog ausgebaut und verbessert werden muss, und hat dies in ihrer jüngsten Mitteilung mit dem Titel „Mit der engeren Partnerschaft wächst die Verantwortung“ unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.

Wir dürfen einige der hart erkämpften Erfolge der letzten zehn Jahre nicht unerwähnt lassen. Den Besuch des Sonderberichterstatters für Folter im Dezember 2005 hatte die EU fünf Jahre lang immer wieder gefordert. Seine Ankunft in Peking war daher ein beachtlicher Erfolg. Eine der wichtigsten Errungenschaften des Dialogs ist die Überprüfung der Fälle, in denen die Todesstrafe verhängt wurde, durch den Obersten Gerichtshof, auf die im Bericht des Parlaments eingegangen wird.

Bezüglich der Zwangsarbeit ist die Kommission wie auch das Parlament besorgt angesichts der Vielzahl der Laogai-Lager und der Ausfuhr der in ihnen hergestellten Waren.

Wie ich bereits sagte, ist der Menschenrechtsrat trotz der anfänglichen Skepsis nach wie vor das wichtigste Menschenrechtsforum und hat, wie beispielsweise in Darfur, positive Signale ausgesendet. Die Kommission will auch weiterhin mit den anderen EU-Organen und gleichgesinnten Partnern zusammenarbeiten, um die Politisierung des Menschenrechtsrates zu stoppen, und wird diesbezüglich auch weiterhin mit Partnerländern zusammenarbeiten.

Was die Agentur für Grundrechte betrifft, so ging aus der Aussprache im Rat während der Annahme der Verordnung zur Schaffung der Agentur eindeutig hervor, dass die Mehrheit definitiv gegen die Ausweitung des Mandats dieser Agentur auf Drittstaaten ist. Dennoch sieht die Verordnung vor, dass die Tätigkeit der Agentur drei Jahre nach ihrer Gründung bewertet wird, was auch die Frage einschließt, ob der Geltungsbereich oder die Aufgaben der Agentur ausgeweitet werden sollten.

 
  
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  Der Präsident. Zum Abschluss der Aussprache wurde gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung ein Entschließungsantrag(1) eingereicht.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.

Übrigens, da wir gehört haben, dass Herr Coveney unser Parlament verlassen wird, möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um ihn nicht nur zu seinem hervorragenden Bericht zu beglückwünschen, der von allen Rednern gewürdigt wurde, sondern auch zu der von ihm geleisteten Arbeit. Wir wünschen ihm viel Erfolg und Glück bei seinen neuen Aufgaben und Aktivitäten.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142 der Geschäftsordnung)

 
  
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  Eija-Riitta Korhola (PPE-DE), schriftlich. – (FI) Herr Präsident! Die im Bericht über die Menschenrechte enthaltenen Bemerkungen zur Situation in der Türkei verdienen es jetzt, im Lichte der neuesten Nachrichten aktualisiert zu werden. Ich beziehe mich dabei auf den brutalen Mord, der letzte Woche in Malatya begangen wurde. Fünf junge moslemische Studenten waren in das Büro eines kleinen christlichen Verlags eingebrochen, sie fesselten drei Männer mit den Händen und Füßen an Stühle und quälten sie, um ihnen am Ende allen die Kehlen aufzuschlitzen. Einer der ermordeten Männer war ein 46-jähriger Deutscher mit drei Kindern im schulpflichtigen Alter, die beiden anderen waren Türken. Auf dem Körper des Deutschen fanden sich über 160 Stichwunden.

Bedauerlicherweise kann das, was da geschehen ist, nicht als ein isolierter Gewaltakt ohne jede politische Dimension gesehen werden. Der Zusammenhang mit der Propaganda, die in dem Land praktiziert und zugelassen wird, ist ganz offensichtlich: Vor diesem Mord hat es in der Türkei und besonders in Malatya über Jahre hinweg antichristliche und besonders antimissionarische Propaganda gegeben. An der Propaganda haben sich sämtliche Medien sowie Behörden, die Polizei, der Gouverneur, Imams und Lehrer beteiligt. Die gleiche Art von Propaganda ist in den Medien im ganzen Lande wahrnehmbar, und sie hat gelegentlich absurde Ausmaße angenommen, wenn z. B. Behauptungen aufgestellt werden, dass Missionare versuchten, die Türkei zu spalten, um Zugriff auf die enormen Bodenschätze des Landes zu erlangen.

Die Vorkommnisse sind eine logische Konsequenz jenes Nationalismus und der Fremdenfeindlichkeit, die in den Medien gepflegt werden. Diese richten sich mal gegen die Kurden und mal gegen Juden oder Christen. Es ist schon eigenartig, dass zur gleichen Zeit, da die Redefreiheit durch Artikel 301 des Türkischen Strafgesetzbuchs drastisch eingeschränkt wird, derselbe Artikel über die Verunglimpfung des Türkentums Menschen zu ermuntern scheint, ziemlich grundlos Artikel zu schreiben, die mutmaßlich als Zündstoff für diese Gewaltakte dienen.

Ich möchte betonen, dass ich nicht gegen eine Mitgliedschaft der Türkei in der EU bin. Die Türkei muss dennoch in der Lage sein, Europa davon zu überzeugen, dass sie willens ist, dieser Propaganda, die Teil des alltäglichen Lebens geworden ist und inzwischen Menschenleben kostet, ein Ende zu setzen.

 
  
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  Jules Maaten (ALDE), schriftlich. (NL) Ich begrüße außerordentlich den vorliegenden Bericht zu den Menschenrechten und insbesondere den darin vertretenen Standpunkt zur Selbstevaluierung. Die Effizienz der Menschenrechtspolitik der EU muss sorgfältig im Auge behalten werden, und es gilt, eine kritische Bewertung vorzunehmen.

Ich bin ebenfalls der Überzeugung, dass eine konsequente Außenpolitik der Förderung der Demokratie absolute Priorität einräumen muss, bildet eine demokratische Gesellschaft doch das einzige Fundament für die Achtung der Menschenrechte.

Des Weiteren befürworte ich ein unabhängiges europäisches operationelles Instrument zur Förderung der Demokratie in Anlehnung an das Modell der amerikanischen Menschenrechtsorganisation National Endowment for Democracy, denn wir brauchen eine von den diplomatischen oder wirtschaftlichen Beziehungen unabhängige Menschenrechtspolitik.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


16. Ukraine (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt der Tagesordnung folgen nun die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Ukraine.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihre Entscheidung, die Erörterung der aktuellen Lage in der Ukraine wie auch die Beziehungen der Europäischen Union zur Ukraine auf die Tagesordnung zu setzen, begrüßen wir sehr. Die Bedeutung der Ukraine für die Stabilität in Europa ist nicht zu unterschätzen. Insofern freue ich mich über die Gelegenheit, auch im Namen der Ratspräsidentschaft zur Ukraine Stellung nehmen zu können.

Die orangefarbene Revolution hat die Kraft zivilgesellschaftlicher Bewegungen in Osteuropa eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Die weitgehend freien und fairen demokratischen Parlamentswahlen im März 2006 dienen als Beispiel und Vorbild für andere Staaten in dieser Region.

Aber die Ukraine steht nicht zum ersten Mal in ihrem schwierigen Transitions- und Transformationsprozess an einem sehr schwierigen Punkt: die orangefarbene Revolution, die ja in sich selbst schon die krisenhafte Zuspitzung einer politischen Auseinandersetzung war, dann das monatelange Hin und Her, die Schwierigkeiten der Koalitions- und Regierungsbildung nach den Parlamentswahlen im März 2006 als Auseinandersetzung über die innere und die äußere Orientierung des Landes, und nun der Beschluss von Präsident Juschtschenko vom 2. April 2007, das Parlament aufzulösen, und die Weigerung von Regierung und Parlament, diesem Beschluss Folge zu leisten.

Die Haltung beider Seiten trifft auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken in der Ukraine selbst. Das ukrainische Parlament hat ja das Verfassungsgericht angerufen, um über die Verfassungsmäßigkeit des präsidentiellen Auflösungsbeschlusses zu entscheiden.

Der Rat verfolgt die Ereignisse in Kiew mit großer Aufmerksamkeit, natürlich aber auch mit Besorgnis. Seit Ausbruch der Krise gibt es enge Kontakte der Europäischen Union mit beiden Konfliktparteien. Javier Solana hat mehrfach mit den Beteiligten gesprochen und dabei die Haltung der Europäischen Union zum Ausdruck gebracht. Wir haben als Präsidentschaft am Tag nach der Bekanntgabe des Auflösungsbeschlusses zur Mäßigung und zur Dialogbereitschaft auf der Grundlage demokratischer Regeln und auf dem Boden der ukrainischen Verfassung aufgerufen. Darüber hinaus sind wir als Präsidentschaft vor Ort in engem Kontakt mit den an der Krise beteiligten Gruppen und den Protagonisten beider Seiten. Die Europäische Union wird diese Kontakte weiter fortsetzen.

Nur wenn das ukrainische Verfassungsgericht ohne äußeren Druck über die Verfassungsmäßigkeit der Parlamentsauflösung entscheiden kann, kann es seiner schwierigen Aufgabe auch nachkommen. Eine nachhaltige Lösung der politischen Krise erfordert allerdings Kompromisse auf der politischen Ebene. Wir begrüßen daher die unverminderte Gesprächsbereitschaft zwischen Präsident Juschtschenko und Premierminister Janukowitsch. Wir begrüßen nachdrücklich die Versicherungen beider Seiten, dass Gewalt als Mittel zur Beilegung des Konflikts nicht in Frage kommt. Wir erwarten, dass sich beide Seiten an ihre öffentlichen Äußerungen und ihre Zusagen gegenüber der Europäischen Union halten werden, um eine weitere Eskalation der Krise zu vermeiden.

Bei allen Veränderungen der politischen Verhältnisse in Kiew bleiben Demokratie, freie und faire Wahlen, Meinungs- und Pressefreiheit Grundlage des politischen und gesellschaftlichen Lebens. Auch deshalb sind wir zuversichtlich, dass die Ukraine einen Weg aus dieser politischen Krise finden wird, der unseren gemeinsamen Vorstellungen von Demokratie und Rechtsstaat entspricht. Auf diesem Weg kann die Ukraine auch weiterhin auf die Unterstützung der Europäischen Union zählen.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen für die Einladung, hier heute zu den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine Stellung zu nehmen. Diese Debatte ist von größter Wichtigkeit und aktueller denn je. Ein Grund ist der Umstand, dass wir am 5. März die Verhandlungen über den Abschluss eines neuen, erweiterten Abkommens aufgenommen haben, mit dem unsere Beziehungen zur Ukraine auf ein neues Fundament gestellt werden.

Der andere Grund ist die Entwicklung der innenpolitischen Lage in der Ukraine. Für die weitere Festigung demokratischer Verhältnisse im Lande und die Kontinuität des Reformprozesses ist es von größter Wichtigkeit, dass für die gegenwärtige Krise eine Lösung gefunden wird. Die Kommission hat die jüngste innenpolitische Entwicklung in der Ukraine aufmerksam beobachtet. Wir verfolgen mit Sorge die nach der von Präsident Juschtschenko verfügten Parlamentsauflösung eingetretene Verhärtung der Fronten zwischen Präsident Juschtschenko und Ministerpräsident Janukowitsch.

Uns ist sehr daran gelegen, dass die Ukraine ihren Reformkurs in Richtung vollkommener Demokratisierung, Stabilität und Wohlstand fortsetzt. Stabilität ist für die Ukraine und ihre Zukunft in Europa von existenzieller Bedeutung, und sie ist auch für die Europäische Union wichtig, da wir in unserer Nachbarschaft Stabilität und Wohlstand brauchen.

Die ukrainische Demokratie macht zurzeit eine Reifeprüfung durch. Präsident Barroso hat anlässlich seiner Begegnung mit Präsident Juschtschenko in der vergangenen Woche darauf hingewiesen, dass es in einer Demokratie kein politisches Problem gibt, für das sich nicht eine mit dem Gesetz im Einklang stehende politische Lösung finden ließe. Die offen geführte politische Debatte und die bislang weitgehend friedlichen Demonstrationen in den Straßen von Kiew haben gezeigt, dass die Menschen in der Ukraine es verstehen, innenpolitischen Streit in verantwortlicher und demokratischer Weise beizulegen.

Es kommt entscheidend darauf an, dass alle relevanten politischen Kräfte konstruktiv zusammenarbeiten und sich aufrichtig um einen politischen Kompromiss bemühen. Dies müsste unter voller Wahrung der Grundsätze von Demokratie und Rechtstaatlichkeit geschehen. Alle politischen Kräfte müssen die demokratischen Spielregeln einhalten, gegen Korruption vorgehen und die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts und seine Urteile respektieren.

In der Ukraine tut zudem ein Prozess not, an dem alle teilhaben und der in eine auf einen politischen Kompromiss neuen Stils gegründete Verfassungsreform führt, die von Bestand ist und durch die das politische System mit klaren Kontroll- und Regulierungsmechanismen ausgestattet wird. Es kann nicht die Rolle der Europäischen Union sein, in diese Krise durch direkte Vermittlung einzugreifen. Dagegen können und sollten wir an das Gefühl der Zurückhaltung und Vernunft aller politisch Aktiven in der Ukraine appellieren und sie dazu aufrufen, miteinander zu einem Kompromiss zu finden.

So sollte unsere Botschaft lauten, im Vertrauen darauf, dass die junge ukrainische Demokratie diesen Test bestehen wird und dass sich die Politiker weiter für das Wohl des ganzen Landes und für die Zukunft der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine einsetzen. Seit der so genannten orangenen Revolution und der Annahme des Aktionsplans EU-Ukraine sind sich die EU und die Ukraine erheblich nähergekommen, und ihre Beziehungen haben sich in positivem Sinne entwickelt.

An der Ukraine zeigt sich exemplarisch der Erfolg der europäischen Nachbarschaftspolitik. Unser Politikdialog hat ein beachtliches Maß an Intensität erreicht, und die Zahl der Sektoren unserer Zusammenarbeit hat sich beständig erhöht. Wir haben beschlossen, unsere jährliche Unterstützung im Rahmen des neuen Instruments des europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsprogramms auf 120 Millionen Euro zu erhöhen. Wir haben die Abkommen über Visaerleichterungen und Rückübernahme paraphiert und bereiten im Handelsbereich weitreichende Schritte vor, die uns im Kontext des neuen erweiterten Abkommens auf den Weg einer Freihandelszone führen.

Soeben haben wir damit begonnen, unsere Beziehungen noch enger zu gestalten. Am 5. März hat die Kommission mit der Ukraine die Verhandlungen über das neue erweiterte Abkommen aufgenommen. Bei diesen Verhandlungen ging es um den Abschluss eines Abkommens, in dem sich die Bedeutung der Beziehungen EU-Ukraine widerspiegelt und das neue Perspektiven eröffnet, wie z. B. die Perspektive einer vertieften Partnerschaft im Energiesektor.

Am 2. und 3. April folgte in Kiew die zweite Verhandlungsrunde. Die Gespräche sind zu unserer vollen Zufriedenheit verlaufen, denn es konnten substanzielle Fortschritte erzielt werden und die Ukraine hat ein starkes Engagement an den Tag gelegt. Die Kommission beabsichtigt, die Verhandlungen über das neue erweiterte Abkommen wie geplant fortzusetzen. Die Ukraine ist ein Schlüsselpartner der Europäischen Union, und wir sind nach wie vor fest entschlossen, unsere Beziehungen zu diesem wichtigen Nachbarland weiterzuentwickeln und zu festigen.

 
  
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  Jacek Saryusz-Wolski, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Die politische Krise in Kiew bereitet all denen Sorge, die die politischen Fortschritte seit der orangenen Revolution begrüßen. Ich möchte den hier Anwesenden die führende, ja Vorreiterrolle des Parlaments im Jahr 2004 ins Gedächtnis zurückrufen.

Die heutige Situation muss unbedingt in Übereinstimmung mit der Rechtsstaatlichkeit und den demokratischen Grundsätzen entsprechend den europäischen Werten und vor allem dem demokratisch geäußerten Wunsch der ukrainischen Bevölkerung gelöst werden.

Meiner Ansicht nach hätten wir mehr tun können, um die Entwicklung der Krise zu verhindern, vor allem durch wesentlichere moralische und finanzielle Unterstützung, damit die Ukraine das sehr schwierige politische Vermächtnis ihrer sowjetischen Vergangenheit hinter sich lassen kann.

Wir müssen alles daran setzen, den Zugewinn der Ukraine an Demokratie zu mehren und zu fördern. Es ist an der Zeit, dass Europa engagierteren und konsequenteren Einsatz zeigt. Ein neues, erweitertes Abkommen sollte die Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine auf eine neue, stärkere Basis stellen, die den Herausforderungen der Realität gerecht wird.

Die Europäische Union muss den Kontext, in dem es zu dieser Krise kam, verstehen und anerkennen. Es bringt nicht sehr viel, die politische Führung der Ukraine aufzufordern, eine vernünftige interne Lösung herbeizuführen, wenn nicht alle Konfliktparteien bereit sind, die Macht zu teilen, und wenn die normalen Verfassungsmechanismen zerrüttet sind.

Für einige von uns ist die Krise in der Ukraine vielleicht ein Vorwand, gar nichts zu unternehmen und zu behaupten, dass die dortige Lage ein ernsthafteres Engagement unsererseits verhindert. Das ist genau das Gegenteil dessen, was wir tun sollten. Die schwierige interne Lage ist eine Herausforderung für die Union, einen praktischen Weg des Engagements zur Lösung der Krise zu beschreiten, der an sich weiter reichende Folge für Europa haben könnte. Es ist höchste Zeit, mehr für die Ukraine zu tun. Seit der orangenen Revolution sind greifbare Fortschritte erzielt worden, die jedoch möglicherweise umsonst gewesen sind, wenn sie nicht weiterverfolgt werden. Unterstützen wir die Ukraine bei ihrer Entscheidung für Europa!

 
  
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  Jan Marinus Wiersma, im Namen der PSE-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Auch wir sind über die anhaltende politische Instabilität in der Ukraine beunruhigt. Die aus einem Konflikt zwischen dem Staatspräsidenten und dem Parlament erwachsene Situation ist dem Land nicht förderlich und wird sich zweifellos auf die Zusammenarbeit zwischen ihm und der Europäischen Union auswirken. Solange sich das Land in einer institutionellen Sackgasse befindet, wird es schwierig sein, weitere Gespräche über eine engere Zusammenarbeit zu führen, geschweige denn, konkrete Fortschritte zu erzielen.

Nach meinem Dafürhalten dürfen wir uns indes nicht zu der Ansicht verleiten lassen, diese Krise könnte die Ergebnisse der einschneidenden Ereignisse des Winters 2005/2006 zunichte machen, als die orangene Revolution zu einer grundsätzlichen Demokratisierung des Landes geführt hat, so dass die Ukraine heutzutage ein wesentlich anderes Land als vor der Revolution ist, und dabei hat die Europäische Union eine wichtige, hilfreiche Rolle gespielt. Gleichzeitig muss jedoch gesagt werden, dass die erheblichen Gegensätze dieses Landes durch die orangene Revolution nicht überbrückt werden konnten, und vorerst besteht noch kein Einvernehmen über den Kurs, den das Land einschlagen sollte. Der aktuelle Konflikt ist Ausdruck seiner internen Uneinigkeit. Ferner zeigt sich daran, dass offensichtlich noch kein Gleichgewicht zwischen der Rolle der diversen politischen Akteure, der Macht der verschiedenen Institutionen und den divergierenden Vorstellungen zur Zukunft des Landes gefunden werden konnte.

Es ist nicht primär unsere Aufgabe, jetzt Partei zu ergreifen. Derzeit ist das Verfassungsgericht in Kiew bereits mit der Angelegenheit befasst, und ich sehe gegenwärtig keinen wirklich triftigen Grund, an seiner Fähigkeit zu einer vernünftigen Entscheidung über die richtige institutionelle Balance zu zweifeln, denn es hat zuvor schon bewiesen, unabhängig handeln zu können. Die Hauptverantwortung liegt allerdings bei den politischen Akteuren und der politischen Klasse.

Ohne einen Kompromiss ihrerseits wird auch eine verfassungsmäßige Lösung nicht funktionieren, so dass sie alles in ihrer Macht Stehende tun müssen, um in einen Kompromiss zu investieren, der die Gruppen nicht weiter auseinander treibt, sondern sie einander näher bringt. Die europäischen Akteure können – und müssen – hier eine Vermittlerrolle übernehmen, und ich begrüße, was Herr Gloser in diesem Zusammenhang gesagt hat.

Auch wir haben ein Interesse daran, denn bei einem Weiterwursteln auf der gegenwärtigen Grundlage wird es nicht nur Verlierer in der Ukraine geben, sondern auch die EU wird zum Verlierer werden, da wir unserer Aufgabe dort nur mit Mühe gerecht werden können. Das Problem besteht jetzt darin, die internen Widersprüche zu überwinden, damit die Reformen fortgeführt werden können, die für die Gestaltung engerer Beziehungen mit der EU sowie zur Erfüllung des von der Ukraine selbst gesetzten Ziels einer EU-Mitgliedschaft erforderlich sind. Dies ist die einzige glaubwürdige Grundlage für die Verwirklichung des von allen politischen Parteien gemeinsam verfolgten ehrgeizigen Ziels.

 
  
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  István Szent-Iványi, im Namen der ALDE-Fraktion. – (HU) Die Ukraine ist ein strategisch wichtiger Partner der Europäischen Union. Wir haben ein grundlegendes Interesse daran, dass die Ukraine ein stabiles und demokratisches Land mit einer funktionierenden Marktwirtschaft ist. Deshalb haben wir die Ereignisse der orangefarbenen Revolution unterstützt und mit großer Hoffnung verfolgt. Leider hat die Zeit seither gezeigt, dass der demokratische, soziale und wirtschaftliche Wandel des Landes viel komplexer und widersprüchlicher verläuft, als wir gehofft hatten. Die derzeitige Krise ist ein weiteres Anzeichen dafür. Die Krise in der Ukraine ist im Wesentlichen innenpolitisch begründet, und darum muss sie in der ukrainischen Innenpolitik, von ukrainischen Politikern, mittels friedlicher Verhandlungen gelöst werden.

Wir können durch unsere aktive Neutralität dazu beitragen. Wir sind neutral gegenüber den an der Debatte Beteiligten, aber nicht in Bezug auf den Ausgang der Debatte. Immerhin liegt es in unserem Interesse, dass die Ukraine letztendlich ein stabiler, demokratischer Staat ist, der rechtsstaatlich regiert wird und enge Beziehungen zu Europa pflegt.

Wenn es um eine Lösung für den Konflikt geht, dürfen wir vom ukrainischen Verfassungsgericht nicht zu viel erwarten, denn es ist ja selbst Teil des Problems. Die größte Verantwortung liegt deshalb bei den innenpolitischen Kräften in der Ukraine und bei den Politikern des Landes. Momentan finden Gespräche zwischen der Europäischen Union und der Ukraine mit dem Ziel einer engeren Zusammenarbeit statt. Diese Gespräche verlaufen reibungslos.

Wir sind daran interessiert, dass diese Gespräche so bald wie möglich von Erfolg gekrönt sind, aber die Entscheidungsträger in der Ukraine müssen begreifen, dass starke Bindungen zwischen ihrem Land und der Europäischen Union nur möglich sein werden, wenn die Ukraine wieder auf den Weg zurückfindet, von dem sie durch die gegenwärtige Krise abgekommen ist. Deshalb betonen wir, dass eine Lösung für die interne Krise so bald wie möglich über friedliche Verhandlungen herbeigeführt werden muss, und dass wir bei der Suche nach einer solchen Lösung sehr gern behilflich sind. Wir werden jeden Prozess unterstützen, der zur Festigung einer demokratischen Ukraine führt.

 
  
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  Guntars Krasts, im Namen der UEN-Fraktion. – (LV) Vielen Dank, Herr Präsident! Die Entwicklung der Ereignisse in der Ukraine ist von besonderem Interesse für das Europäische Parlament, und zwar nicht nur weil sie ein Nachbar Europas ist. Obwohl die Ukraine, zumindest in naher Zukunft, nicht als Beitrittskandidat für die Europäische Union gilt, schließen die erfolgreiche Entwicklung der demokratischen Prozesse und das wachsende Wirtschaftspotenzial des Landes mittelfristig eine solche Möglichkeit nicht aus. Die demokratische Entwicklung der Ukraine, ihre Integration in die Weltwirtschaft und die vielseitige Gestaltung der Beziehungen zur Europäischen Union bilden eine stabile Grundlage für das Finden konstruktiver Lösungen für die inneren politischen Widersprüche und für die Einigung der ukrainischen Gesellschaft. Die gegenwärtige politische Krise ist der Prüfstein für den Grad der Demokratieentwicklung in der Ukraine, und ihre Lösung wird die Richtung der zukünftigen Entwicklung des Landes bestimmen. Die Europäische Union muss die sich bekämpfenden politischen Gruppen in Richtung eines Kompromisses unterstützen. Die politischen Rivalen müssen in der Lage sein, eine Übereinkunft zur Überwindung der Mängel in der Verfassungsreform zu erreichen, damit diese Reformen auf die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen den Institutionen der nationalen Regierung und der Stabilität des politischen Systems des Staates gerichtet wird. Lösungen für die politische Krise sollten auf demokratischen Methoden basieren, einschließlich vorgezogenen Wahlen, mit denen das ukrainische Volk das letzte Wort hätte. Vielen Dank!

 
  
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  Rebecca Harms, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Wenn man sich ein Urteil über den Weg der Ukraine in die Demokratie bilden will, sollte man den Blick in diesen Tagen einmal gleichzeitig nach Moskau und nach Kiew richten. Dieser Vergleich zeigt, dass Lichtjahre zwischen Moskau und Kiew liegen, was die Achtung der Demokratie betrifft, und dass die demokratischen Verhältnisse in Kiew trotz des Durcheinanders und der Wirren viel stabiler sind, als man das vor drei oder vier Jahren hätte hoffen können.

Weil Europa, wie alle Kollegen gesagt haben, ein so großes Interesse an einer stabilen demokratischen Entwicklung in der Ukraine haben muss, möchte ich an dieser Stelle nicht neutral auf das blicken, was Präsident Juschtschenko entschieden hat. Ich halte seine politische Begründung für Neuwahlen für richtig. Wenn eine politische Kraft wie die Partei der Regionen sagt, sie möchte 300 Stimmen im ukrainischen Parlament in ihrem Lager versammeln, dann kann der Präsident mit Fug und Recht erklären: Wer das will, der soll diese Mehrheitsverhältnisse in Wahlen anstreben.

Ich glaube, dass diese Wahlen notwendig sind, dass Juschtschenko mit der politischen Zuspitzung Recht hatte und dass das auch im Interesse Europas ist. Wenn es zu diesen Neuwahlen kommt, müssen allerdings alle Parteien das Ergebnis der Wahlen respektieren und viel mehr dafür tun, dass die Verfassungsreformen endlich stattfinden, die so lange angekündigt waren und die auf die lange Bank geschoben worden sind.

Noch einen Satz zu den Kollegen aus Polen, weil Warschau der wichtigste Anwalt der Ukraine in der EU ist. Warschau ist in der Auseinandersetzung mit der Ukraine tatsächlich sehr kontinental orientiert, sehr europäisch. Ich würde mir von den polnischen Kollegen — mit denen ich viele Auffassungen teile — wünschen, dass sie diese europäischen Ansätze, dieses kontinentale Denken, diese europäische Orientierung auch in anderen Auseinandersetzungen vertreten, damit wir gemeinsam wieder eine gute Ostpolitik, in der Ukraine, aber auch in anderen Ländern des Ostens machen können.

 
  
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  Helmuth Markov, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Wenn ein Staatspräsident ein Parlament auflöst, dann muss er das selbstverständlich im Einklang mit den Regeln der Verfassung des jeweiligen Staates tun. So, wie Präsident Juschtschenko das nach Artikel 90 der ukrainischen Verfassung gemacht hat, der klar und deutlich festlegt, unter welchen Bedingungen ein Parlament aufgelöst werden kann – und das ist sein gutes Recht –, hat auch das Parlament das Recht, den Verfassungsgerichtshof anzurufen und zu sagen: „Wir sind anderer Auffassung. Dieser Artikel wird nicht entsprechend dem Verfassungstext angewandt.“ Dafür gibt es in einem demokratischen Gemeinwesen eine Gewaltenteilung, die gewährleistet, dass schlussendlich die Judikative entscheidet, wie der Text auszulegen ist. Das ist zunächst einmal keine politische Auslegung, sondern eine rechtliche.

Es ist auch das gute Recht eines jeden Abgeordneten, moralisch zu bewerten, ob es gut ist oder nicht, wenn Abgeordnete die Seiten wechseln. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass sich auch hier im Europäischen Parlament Fraktionen neu gebildet haben, Abgeordnete eine Fraktion verlassen haben und in eine andere eingetreten sind. Das ist in vielen Ländern der Europäischen Union ein ganz normaler Vorgang.

Es gibt in der Ukraine kein imperatives Mandat! Und solange es kein imperatives Mandat gibt, kann man die Abgeordneten zwar moralisch zur Verantwortung ziehen, aber nicht auf der rechtlichen Ebene.

Frau Harms, Sie haben Recht, es gibt einen sehr großen Unterschied zwischen Moskau und Kiew. Bitte erinnern Sie sich daran: Der nun verstorbene Boris Jelzin hat als russischer Präsident das Parlament zusammenschießen lassen, weil es seinen Wünschen nicht nachgekommen ist! So etwas passiert in der Ukraine nicht! In der Ukraine gibt es die demokratischen Kräfte, die das verhindern werden. Das ist auch gut so!

An dieser Debatte stört mich manchmal, dass man die rivalisierenden Parteien voreilig in Schubladen steckt – das tun auch wir manchmal –, nach dem Motto: Präsident Juschtschenko ist der Partner für die Europäische Union, Ministerpräsident Janukowitsch ist der Interessensvertreter und Protégé Russlands. Natürlich sind beide unterschiedlicher Nationalität. Der eine ist Ukrainer, der andere ist Russe. Sie sind aber beide Staatsbürger der Ukraine und sie vertreten beide die Interessen dieses Landes. Dass sich die Vorstellungen, wie sie diese umsetzen wollen, unterscheiden, ist vollkommen normal. Das ist in jedem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ganz genau so.

Deswegen müssen wir meiner Meinung nach vier Dinge tun: Erstens müssen wir darum ersuchen, dass die Entscheidung des Verfassungsgerichts in einem absehbaren Zeitraum zustande kommt. Zweitens sollten wir darüber nachdenken und darüber sprechen, ob wir nicht eine Abordnung in die Ukraine schicken sollten. Drittens wäre es auch möglich, alle Fraktionen der Werchowna Rada hierher einzuladen, um mit ihnen eine Debatte zu führen. Viertens könnte man auch die widerstreitenden Protagonisten einladen, am gleichen Tag hierher zu kommen, und dann eine gemeinsame Debatte führen. Wir wollen nicht, dass an einem Tag Herr Janukowitsch kommt, am nächsten Frau Tymoschenko, und am dritten Herr Juschtschenko, sondern es soll eine gemeinsame Debatte sein.

(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Bastiaan Belder, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Die Zukunft der Europäischen Union und die der Ukraine sind meines Erachtens politisch miteinander verflochten. Die EU der 27 muss in der Verfassung Farbe bekennen, was ihre geografische Reichweite und ihre Außengrenzen anbelangt, die grundsätzlich ein europäisches Land wie die Ukraine mit einschließen sollten.

Eine solche Klarheit würde zugleich der Ukraine europäische Zukunftsperspektiven eröffnen, was für die ukrainischen Reformkräfte zweifellos einen mächtigen Anreiz bedeutet und im Übrigen eine aufrichtige Wahlentscheidung für alle ukrainischen Bürger.

Angesichts der allgemeinen politischen Krisensituation, in der sich die Ukraine gegenwärtig befindet, klingt all dies noch nach ferner Zukunftsmusik. Die Dissonanzen in Kiew verlangen jedoch, dass Brüssel im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik im jetzigen Stadium einen substanziellen und kreativen Beitrag leistet. Um der dauerhaften Stabilität an unserer Ostgrenze willen können es sich der Rat und die Kommission nicht leisten, mit der ukrainischen Krise nichts zu tun haben zu wollen. Wie bringen Sie diese strategischen Interessen der Union mit einer der Ukraine in Aussicht gestellten Perspektive in Einklang?

 
  
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  Charles Tannock (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Mir wurde das Privileg zuteil, die beispielhaft durchgeführten ukrainischen Parlamentswahlen im Jahr 2006 beobachten zu dürfen. Bedauerlicherweise haben sie weder zu einer stabilen Regierung geführt noch bei vielen Werchowna Rada-Abgeordneten, die sich wenig für Politik interessierten und wirklich nur ein großes Interesse daran hatten, ihre Geschäftsinteressen zu schützen oder sich durch den Erwerb der parlamentarischen Immunität der gerichtlichen Verfolgung zu entziehen, ein finanziell rechtschaffenes Umfeld geschaffen. Daher haben mich die Behauptungen nicht überrascht, dass Abgeordnete mit enormen Geldsummen bestochen wurden, um zur anderen Seite überzulaufen, und zwar in einem Versuch der Regierungskoalition, die magischen 300 Sitze oder die verfassungsmäßige Mehrheit zu erreichen, die notwendig ist, um Präsident Juschtschenko endgültig seiner noch verbliebenen Befugnisse zu berauben.

Ich persönlich habe mich immer für das Recht der Ukraine gemäß Artikel 49 des Vertrags auf Bewerbung um EU-Mitgliedschaft eingesetzt. Diese liegt in Anbetracht der Erweiterungsmüdigkeit und der Angst einiger Mitgliedstaaten vor einer Beleidigung Russlands in noch ganz schön weiter Ferne. Dennoch hat der Rat sich meines Erachtens eine Gelegenheit entgehen lassen, als er der Ukraine in den aufregenden Zeiten der orangenen Revolution nicht denselben Status zuerkannte wie den westlichen Balkanstaaten, beispielsweise Albanien, und sie nicht zu einem potenziellen Kandidaten für einen künftigen EU-Beitritt ernannte. Das wäre für die Westen-freundlichen demokratischen Reformkräfte ein riesiger Köder gewesen. Bedauerlicherweise ist dies nicht geschehen.

Meines Erachtens wird die Ukraine die jüngste Regierungskrise ohne Gewalt und unter uneingeschränkter Achtung der Europäischen Normen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit überstehen. Die angeblichen Versuche, die Richter des Verfassungsgerichts in ihren Überlegungen in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Auflösung der Werchowna Rada durch Präsident Juschtschenko einzuschüchtern, verurteile ich aufs Schärfste. Ich begrüße jedoch die Pläne der EU für eine Freihandelszone und eine Reisezone mit Visaerleichterungen im Anschluss an den ukrainischen WTO-Beitritt. Es wäre hervorragend, wenn das auslaufende PKA im Jahr 2008 durch ein Assoziierungsabkommen ersetzt würde. Auf jeden Fall müssen die Ukrainer näher an die Europäische Union herangeführt werden, zu der sie rechtmäßig gehören. Für mich ist klar, dass das bleibende Vermächtnis der orangenen Revolution, nämlich eine freie Presse und demokratische Wahlen, bestehen bleibt.

 
  
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  Adrian Severin (PSE).(EN) Herr Präsident! Der wichtigste Aspekt der Krise in der Ukraine besteht in den unterschiedlichen Auffassungen der politischen Akteure in Bezug auf die gegenseitigen Kontrollmechanismen und die Gewaltenteilung. Noch verschlimmert wird die Krise durch Schwächen im interinstitutionellen Gleichgewicht und bei der Funktionsweise der staatlichen Einrichtungen.

Die Europäische Union sollte ihre Rolle spielen und Verantwortung übernehmen, da sie nicht viel dazu beigetragen hat, das Demokratiedefizit bzw. die Anfälligkeit der Demokratie zu verhindern, die zu dieser Krise geführt hat.

Die guten Nachrichten bestehen darin, dass die Parteien nun offenbar verhandeln und es Aussichten auf einen Kompromiss gibt. Wir sollten nicht Partei ergreifen. Es ist falsch, die Menschen in der Ukraine als pro-westlich oder als etwas anderes einzustufen. Meiner Meinung nach sollten wir sie nicht anhand ihrer Worte, sondern anhand ihrer Taten, in Übereinstimmung mit unseren Werten beurteilen.

Zugleich sollten wir um jeden Preis persönliche Initiativen vermeiden, die irreführen bzw. missbraucht werden könnten. Ebenso müssen wir es vermeiden, uns der Lage in der Ukraine mit nationalen Plänen im Hinterkopf zu nähern, und einen Konkurrenzkampf innerhalb der Europäischen Union oder des Parlaments verhindern, der kontraproduktiv wäre.

Andererseits sollten wir gewissen Werten gegenüber nicht gleichgültig sein. Wie ich bereits sagte, gelten bei uns bestimmte Werte, die wir bei der Bewältigung dieser Krise vorbringen dürfen.

Wir müssen alle Beteiligten darin bestärken, Kompromissbereitschaft zu zeigen und die Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu achten. Wir sollten sie darüber hinaus dazu auffordern, die Entscheidungen des Verfassungsgerichts zu akzeptieren, auch wenn es noch nicht uneingeschränkt funktionsfähig ist.

Wir müssen sie ermutigen, ein Paket verfassungstechnischer Änderungen und Verbesserungen auszuhandeln, das vorzugsweise vor der Veröffentlichung des Urteils des Verfassungsgerichts vereinbart werden sollte.

Die Delegation des Parlaments für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine steht in ständigem Kontakt zu den Betroffenen und ist bereit, ihnen zu helfen. Wir haben unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass das Ergebnis ein Test sein wird, ob die Ukraine mit der Europäischen Union zusammenarbeiten und sich in unsere Strukturen integrieren kann.

Wir haben auch gesagt, dass die Rechtsstaatlichkeit nicht für ein besseres institutionelles Gleichgewicht geopfert werden sollte – und dass auch nicht das Gegenteil der Fall sein sollte. Andererseits sollten wir uns selbst anschauen. Haben wir eine klare Vorstellung vom künftigen Status der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine? Wissen wir wirklich, was für ein Staat die Ukraine sein sollte? Haben wir unsere Erwartungen deutlich genug zum Ausdruck gebracht? Haben wir eine Strategie, wie wir die Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der Europäischen Union unterstützen sollten? Haben wir einen Plan, wie wir die Ukraine und ihre Euroskeptiker für uns einnehmen können? Handeln wir interaktiv und nicht nur reaktiv? Ich fürchte, die Antwort auf viele dieser Fragen würde „Nein“ lauten.

Wenn wir unseren Ansatz nicht ändern, fürchte ich, dass die Aussichten, gelinde gesagt, ungewiss sind.

 
  
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  Grażyna Staniszewska (ALDE). – (PL) Herr Präsident! Das Europäische Parlament hat sich während der orangenen Revolution sehr für die Belange der Ukraine eingesetzt. Die vom Platz der Unabhängigkeit in Kiew ausgehende Forderung nach Achtung der Menschenwürde, nach einem demokratischen Rechtsstaat, einem Land, das frei ist von finanzieller und politischer Korruption, hat uns sehr bewegt. Auf eine solche Ukraine haben wir die ganze Zeit gewartet.

Von dieser Stelle, von diesem Hohen Haus aus appelliere ich nun an beide Konfliktparteien in der Ukraine – an Präsident Juschtschenko und Julia Tymoschenko als die Symbolgestalten der orangenen Revolution sowie an Ministerpräsident Janukowitsch als Vertreter der Regierungskoalition –, die Krise im Wege der Verhandlung beizulegen.

Der Kompromiss besitzt in der Europäischen Union einen hohen Stellenwert und hat sich als Instrument zur Vermeidung von Konflikten wiederholt bewährt. Es ist positiv, dass beide Seiten sich heute an den Verhandlungstisch gesetzt haben. Wir hoffen, dass die Verhandlungen bald erfolgreich abgeschlossen sein werden. Wir hier im Europäischen Parlament wollen weiterhin aus gutem Grund und mit fester Überzeugung erklären können, dass wir für die europäischen Bestrebungen der Ukrainer offen sind.

 
  
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  Jerzy Buzek (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Vor drei Jahren haben wir recht daran getan, den demokratischen Wandel in der Ukraine zu unterstützen. Heute gibt es dort Pressefreiheit und leistungsfähigere demokratische Institutionen. Die Ukrainer müssen nun selbst entscheiden, welchen Weg ihr Land künftig einschlagen wird und wie demokratische Spannungen und Krisen zu bewältigen sind. Das heißt aber nicht, dass wir untätig danebenstehen sollten. Mit der Unterstützung des Wandels in der Ukraine haben wir gewisse moralische Verpflichtungen übernommen, und es ist unsere Aufgabe, gute Beziehungen zu diesem Land zu unterhalten.

Wir müssen erstens mit der Ukraine ernsthafte Verhandlungen über eine engere Zusammenarbeit im Energiebereich aufnehmen. Damit kann die EU ihre Versorgung mit Erdöl und Erdgas über die Ukraine und unabhängig von Russland sicherstellen.

Zweitens muss aktiv in der Ukraine investiert werden, und zwar vor allem in Erdöl- und Erdgasleitungen, für die nicht genügend Mittel zur Verfügung stehen oder die noch nicht fertiggestellt sind.

Die EU muss drittens eine diplomatische Offensive unter den kaspischen Staaten starten, die uns künftig über die Ukraine mit Erdöl und Erdgas versorgen könnten.

Wir müssen viertens – und das ist am wichtigsten – gegenüber der Ukraine eine Politik der offenen Tür verfolgen und dieses Land als unseren engsten strategischen Partner und künftiges EU-Mitglied betrachten. Auf diese Weise werden wir der Ukraine wirklich helfen, ein unabhängiges, stabiles und demokratisches Land mit einem freien Markt zu werden. Es liegt bei uns, und es ist unsere Pflicht, das auch umzusetzen.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns in vielen Punkten einig, was die Einschätzung der Situation in der Ukraine betrifft, und ich nehme das auf, was viele von Ihnen in der Debatte gesagt haben, nämlich dass die politisch Verantwortlichen jetzt das Sagen haben, dass sie entscheiden müssen, auch mit Respekt vor den mittlerweile in der Ukraine geschaffenen Institutionen, beispielsweise dem Verfassungsgericht. Man muss ohne Druck darüber entscheiden können.

Es ist momentan auch nicht angezeigt, dass die Europäische Union in irgendeiner Art eine Vermittlerrolle spielt, sondern es ist erst einmal eine interne Frage, bei der die Verantwortlichen – Staatspräsident und Premierminister – sozusagen aufeinander zugehen und eine Lösung aus dieser Krise finden müssen. Andererseits – das hat Kommissar Špidla sehr deutlich gemacht – hat die Europäische Union auch einen Weg der engeren Kooperation aufgezeigt, dass nämlich die Verhandlungen aufgenommen worden sind und dass viele Schritte zur ökonomischen und politischen Entwicklung für die Ukraine möglich sind. Das sollte auch unser Weg in den nächsten Wochen sein.

Ich habe erwähnt, dass Javier Solana in engem Kontakt zu beiden Gruppen steht. Es ist wichtig, dass wir uns nicht fernhalten, dass wir uns aber sozusagen neutral dazu verhalten, was andere in der Ukraine zu leisten haben.

Ich hoffe aber, dass diese Perspektive, die die Europäische Union der ukrainischen Bevölkerung gegeben hat, von den Bürgerinnen und Bürgern akzeptiert wird. Hoffnungsfroh stimmt mich, dass beide politische Lager die Richtung Europa nicht aus den Augen verloren haben und darüber Einigkeit herrscht.

 
  
  

VORSITZ: MECHTILD ROTHE
Vizepräsidentin

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Kommission stimmt mit der vom Europäischen Parlament zum Ausdruck gebrachten Bewertung der gegenwärtigen politischen Krise im Wesentlichen überein und begrüßt die Umsicht, die das Europäische Parlament bislang angesichts der aktuellen Lage hat walten lassen. Wir werden unsererseits den weiteren Verlauf der Krise aktiv begleiten und unseren Beitrag leisten, indem wir die Verantwortlichen in der Ukraine dazu ermutigen, zum Wohle ihres Landes nach einem politischen Kompromiss von Bestand zu suchen.

Wie bereits betont wurde, steht die Kommission nach wie vor fest hinter den Verhandlungen über das neue erweiterte Abkommen und bekennt sich voll und ganz zur Ukraine als einem unserer Schlüsselpartner. Wir werden die weitere Debatte des Europäischen Parlaments über die Ukraine mit Interesse verfolgen und sehen nun der endgültigen Fassung des Berichts Kamiński entgegen.

 
  
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  Die Präsidentin. Die Aussprache ist geschlossen.

 

17. Homophobie in Europa (Aussprache)
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  Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zu Homophobie in Europa.

Ich habe Ihnen mitzuteilen, dass nach Artikel 167 der Geschäftsordnung ein Antrag der UEN-Fraktion eingegangen ist, demzufolge die Aussprache über diesen Punkt wegen Unzulässigkeit abzulehnen ist. Das Wort hat Herr Szymański, um diesen Antrag zu begründen.

 
  
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  Konrad Szymański (UEN). – (PL) Frau Präsidentin! Ich ersuche darum, den Antrag auf die Aussprache über Homophobie nach Artikel 167 unserer Geschäftsordnung für unzulässig zu erklären. Dieses Hohe Haus ist nämlich über die Gründe für diese Aussprache getäuscht worden. Hier soll über einen Gesetzesentwurf beraten werden, der nie existiert hat, der nicht existiert und den es auch nicht geben wird, wie der polnische Ministerpräsident ganz klar festgestellt hat.

Der Vorschlag geht dahin, über die Äußerungen einiger polnischer Politiker zu diskutieren, die der polnische Ministerpräsident insofern korrigiert hat, als er eindeutig klarmachte, dass es seitens der polnischen Regierung keine Vorschläge für eine wie auch immer geartete diskriminierende Politik gegenüber Homosexuellen gibt. Das dürfte meines Erachtens ausreichen, um den Antrag auf eine Aussprache zu diesem Thema zurückzuziehen, da es keinen Grund für diese Aussprache gibt.

 
  
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  Manfred Weber, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Die Europäische Volkspartei hat in der Frage Antidiskriminierung eine ganz klare Position und bekennt sich eindeutig zu den Beschlüssen dieses Hohen Hauses, die wir in verschiedenen Entschließungen und auch in verschiedenen Rechtsakten zum Ausdruck gebracht haben.

Als wir die Frage der Äußerungen des polnischen Ministers im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments diskutiert haben, haben wir den Juristischen Dienst unseres Hauses gebeten, uns eine Einschätzung zu geben, wie diese Äußerungen zu bewerten sind und ob sie mit dem europäischen Recht vereinbar sind oder nicht. Der Juristische Dienst hat geantwortet, er könne leider nicht Stellung dazu nehmen, weil kein rechtlicher Sachverhalt vorläge, so wie es der Kollege der UEN-Fraktion deutlich gemacht hat.

Die Europäische Volkspartei möchte, dass dieses Thema ernst genommen wird, und deswegen haben wir gefordert, dass wir unsere Agentur, die wir dazu erst vor kurzem gegründet haben, beauftragen, die Entwicklungen in diesem Bereich zu beobachten und in den Fokus zu nehmen. Ich möchte klarstellen, dass die Europäische Volkspartei zu diesen Beschlüssen steht. Wir glauben aber, dass es keinen Grund gibt, das Europäische Parlament noch einmal damit zu beschäftigen. Deswegen sind wir dafür, diesen Punkt von der Tagesordnung zu streichen.

 
  
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  Kathalijne Maria Buitenweg, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Ich denke, die PPE-DE-Fraktion weiß auch, dass wir uns heute hier nicht nur über eine Äußerung eines Ministers unterhalten, sondern dass die Aussprache viel mehr umfasst. Meines Erachtens ist es der Mehrheit in diesem Hohen Hause klar, dass dieser Antrag nur eingebracht wurde, weil einige von uns die Diskriminierung Homosexueller nicht diskutieren möchten. Wir sind aber Politiker in einer Demokratie, und wenn Ihnen eine Entschließung missfällt, stimmen Sie doch einfach gegen sie!

Ich kann nicht verstehen, warum dies nicht zulässig sein sollte. Das nächste Mal erklären wir eine Aussprache über den Binnenmarkt für unzulässig! Das Thema fällt in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. Gleichberechtigung bildet das Herzstück der Europäischen Union. Seit dem Vertrag von Amsterdam – ich weiß nicht, ob das allen klar ist – sieht Artikel 13 vor, dass wir bei den Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Diskriminierung eine Rolle spielen. Wir befassen uns heute nicht zum ersten und leider wohl auch nicht zum letzten Mal mit der Homophobie.

Was ich sagen will, ist, dass es ganz klar ist: Dieser Punkt ist zulässig, weil er in unseren Zuständigkeitsbereich fällt. Der einzige Grund, warum es anders sein könnte, ist, dass Sie ihn nicht diskutieren wollen. Erörtern wir ihn heute Nachmittag und berücksichtigen wir ihn bei der Abstimmung, aber bringen wir nicht eine Aussprache durcheinander!

(Beifall)

 
  
  

(Der Antrag auf Unzulässigkeit ist abgelehnt.)

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Europa gelingt gemeinsam! Unter diesem Motto steht die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Europa gelingt gemeinsam. Was bedeutet das? Es bedeutete, dass wir uns in Europa die positiven Aspekte von Vielfalt, Respekt, Anerkennung und Toleranz immer wieder neu vor Augen führen müssen. Denn Vielfalt, Respekt, Anerkennung und Toleranz sind die zentralen Werte, auf die wir unser gemeinsames Europa bauen.

Auf den ersten Blick scheinen Akzeptanz und Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlichen Orientierungen heute weiter verbreitet denn je. Gerade die Arbeit der Verbände leistet hierzu einen wesentlichen Beitrag. Lesben- und Schwulenbewegungen sind immer besser organisiert und machen ihren Mitgliedern Mut, sich offen zu ihrer sexuellen Orientierung zu bekennen. Nach Jahrhunderten der systematischen Diskriminierung ist das eine erfreuliche Entwicklung. Ich spreche für Deutschland. Gerade wir haben eine besondere geschichtliche Verantwortung. Vor 60 Jahren wurden auch Homosexuelle Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschine.

Auf den zweiten Blick wird schnell deutlich, dass die Homophobie in vielen Teilen Europas immer noch sehr lebendig ist. Aktuelle Ereignisse zeigen dies in beschämender Weise. Noch immer sind Homosexuelle Vorurteilen, Intoleranz und offiziell gebilligter Diskriminierung ausgesetzt. Und noch immer sind Hasstiraden und gewalttätige Ausschreitungen gegen sexuelle Minderheiten an der Tagesordnung, und dies oftmals ohne strafrechtliche Konsequenzen.

Ich kann mich an dieser Stelle voll und ganz den Worten von Hans Winkler anschließen, der als Vertreter der österreichischen Ratspräsidentschaft vor nicht ganz einem Jahr in diesem Haus betonte: „Wo immer die Sicherheit und Würde einer einzigen Frau oder eines einzigen Mannes innerhalb der Europäischen Union bedroht werden, sind unser aller Sicherheit und Würde in Gefahr und damit auch die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union, ihrer Prinzipien und Institutionen.“ Das gilt auch heute noch!

(Beifall)

Die Diskriminierung Homosexueller ist ein Problem, dem wir mit allen verfügbaren Mitteln begegnen müssen. Der Kampf gegen Homophobie verlangt einen langen Atem. In kontinuierlicher Arbeit geht es darum, Schritt für Schritt einerseits die Mauern von Vorurteilen und Intoleranz in den Köpfen niederzureißen, andererseits müssen neue Strukturen geschaffen werden, die auf Akzeptanz, Gleichberechtigung und Respekt basieren. Zwar können sich Mentalitäten nicht über Nacht ändern, aber offizielle Standpunkte und Gesetze können und müssen verändert werden, wenn es um den Schutz grundlegender Menschenrechte geht. Hier sind wir in Europa bereits einen großen Schritt vorangekommen.

Die Europäische Union beruht auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Insbesondere der EG-Vertrag, Artikel 13, aber auch die EU-Grundrechtecharta, Artikel 21, verbieten ausdrücklich jede Form der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Darüber hinaus haben sich die EU-Mitgliedstaaten als Mitglieder des Europarates zur Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet.

Seit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam im Jahr 1997 hat die Europäische Union die Befugnis, Diskriminierungen wegen eines umfassenden Spektrums von Gründen anzugehen, einschließlich Diskriminierungen wegen der sexuellen Ausrichtung. Seither hat die Europäische Union mit der Verabschiedung der Gleichstellungsrichtlinien eine breite Palette an Regelungen geschaffen, um gegen Diskriminierungen in der gesamten Europäischen Union vorgehen zu können. So ist beispielsweise im beruflichen Kontext die Diskriminierung aufgrund einer religiösen Überzeugung, einer Behinderung oder der sexuellen Orientierung durch eine EU-Richtlinie verboten.

Auch wenn wir bei der Anpassung der Rechtslage zum Schutz vor Diskriminierung und zur Förderung der Chancengleichheit auf EU-Ebene bereits einen beachtlichen Schritt vorangekommen sind, ist das noch kein Grund, uns zurückzulehnen. Denn auch die ausgefeiltesten Rechtsvorschriften können nichts ausrichten, wenn der politische Wille zu ihrer nachhaltigen Umsetzung nicht stark genug ist und sie nicht von der gesamten Bevölkerung mitgetragen werden.

(Beifall)

Hier ist die Europäische Kommission gefordert. Ihre Aufgabe ist es, zu überprüfen, ob Richtlinien wie die hier erwähnte von den Mitgliedstaaten rechtzeitig und korrekt umgesetzt werden. In diesem Bereich wird auch die neu eingerichtete EU-Agentur für die Grundrechte künftig zusätzliche Unterstützung leisten, sobald sie vollständig arbeitsfähig ist. Doch – auch das muss ich betonen – die Verantwortung liegt nicht bei der Europäischen Kommission allein.

Als politische Führungspersönlichkeiten auf EU-Ebene, auf nationaler wie auf regionaler Ebene können und müssen auch wir ein gutes Beispiel geben, indem wir Toleranz, Verständnis, gegenseitige Achtung und friedliches Zusammenleben fördern. Dabei gilt es auch, das Monitoring der Europäischen Kommission in den Beitrittskandidaten- und potentiellen Beitrittskandidatenländern aufmerksam zu verfolgen. Im Rahmen der Beitrittsverhandlungen wie auch im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses müssen alle Bedingungen erfüllt werden, das gilt auch und gerade für die Menschenrechte sexueller Minderheiten.

Schließlich sind wir gefordert, auch auf die Mentalitäten einzuwirken, damit die Mauern von Vorurteilen und Intoleranz in den Köpfen fallen können. Ich freue mich, dass auf gemeinsame Initiative der Europäischen Kommission und der deutschen Ratspräsidentschaft am 30. und 31. Januar dieses Jahres in Berlin der erste Europäische Gleichstellungsgipfel stattfinden konnte. Der Gipfel bildete den Auftakt zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle. Dieses Europäische Jahr der Chancengleichheit bietet die einmalige Gelegenheit, auf eine solidarische Gesellschaft hinzuwirken und alle Betroffenen zu mobilisieren, um so die neue Rahmenstrategie der EU für Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit auch nach 2007 voranzutreiben.

Das Programm soll das Bewusstsein der Öffentlichkeit für das Recht auf Gleichstellung und die Bekämpfung von Diskriminierungen schärfen und die Botschaft verbreiten, dass alle Menschen Anspruch auf Gleichbehandlung haben, unabhängig von Geschlecht, Rasse, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, von einer Behinderung, vom Alter oder von der sexuellen Ausrichtung. Lassen Sie uns diese Gelegenheit nutzen, gemeinsam gegen Intoleranz und Diskriminierung zu kämpfen und für die positiven Aspekte von Vielfalt, Respekt, Anerkennung und Toleranz zu werben.

Nur gemeinsam können wir erreichen, dass die Europäische Union voll Stolz von sich behaupten kann: In Vielfalt geeint!

(Beifall)

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete! Zunächst möchte ich das Hohe Haus daran erinnern, dass die Kommission in meinen Erklärungen zur Homophobie in Europa am 17. Januar 2006 und zur Zunahme rassistischer und homophober Gewalttaten in Europa vom 14. Juni 2006 mit Nachdruck alle Formen von Homophobie verurteilt hat, die einen Angriff auf die Menschenrechte darstellt.

Die Kommission möchte ihr grundsätzliches aufrichtiges Engagement für die Wahrung der Grundrechte, auf denen die EU basiert, betonen. Die Kommission wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um Homophobie zu bekämpfen. Diskriminierungen aus Gründen der sexuellen Ausrichtung müssen bekämpft werden, wie in Artikel 21 der Charta der Grundrechte eindeutig niedergelegt ist. Des Weiteren erlaubt Artikel 13 des Vertrages, auf europäischer Ebene geeignete Vorkehrungen zu treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts zu bekämpfen.

Der Rat hat im Jahre 2000 auf der Grundlage von Artikel 13 eine Richtlinie zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Bekämpfung der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf aus verschiedenen Gründen, einschließlich der sexuellen Ausrichtung, verabschiedet. Die Kommission wird die Umsetzung der Richtlinie in allen Mitgliedstaaten überwachen, auch in Polen. Sie wird nicht zögern, entschlossen gegen Mitgliedstaaten vorzugehen, wenn Richtlinien nicht ordnungsgemäß umgesetzt werden. Die Kommission möchte darauf hinweisen, dass sie im Jahre 2005 Untersuchungen zu den derzeit vorhandenen nationalen Rechtsvorschriften, mit denen alle Formen der Diskriminierung, auch der Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Ausrichtung, in anderen Bereichen als Beschäftigung und Beruf untersagt werden, eingeleitet hat.

Diese Untersuchungen bewiesen, dass alle einbezogenen Mitgliedstaaten in einigen Bereichen weiter, oft viel weiter gehen als das Gemeinschaftsrecht. Allerdings bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, was den Umfang des Schutzes angeht. Außerdem hat die Kommission in ihrer Strategieplanung für 2008 erklärt, sie werde neue Initiativen vorschlagen, um in anderen Bereichen außer dem Arbeitsmarkt Diskriminierung zu verhindern und zu bekämpfen, auch Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung.

In diesem Zusammenhang begann die Kommission im Februar mit einer Folgenabschätzung, um zu ermitteln, ob weitere Interventionen der EU in anderen Bereichen als Beschäftigung und Beruf gerechtfertigt sind. Die Kommission führt derzeit eine umfassende Konsultation mit der Öffentlichkeit und Interessengruppen wie NRO und Sozialpartnern durch. Die Ergebnisse der Folgenabschätzung werden vermutlich Ende 2007 vorliegen. Die Kommission ist sich im Klaren darüber, dass Schutz nach dem Gesetz allein nicht genügt, um den Schutz der betreffenden Personen zu gewährleisten. Es muss auch etwas gegen Vorurteile und Klischees getan werden.

Das Europäische Jahr der Chancengleichheit für alle – 2007 – legt folgende Ziele fest: die Bürger über ihre Rechte aufzuklären, Vielfalt als Vorteil zu würdigen und die Chancengleichheit für alle im wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Leben zu fördern. Die Kommission begrüßt die von den Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Jahres formulierten nationalen Strategien. Alle Länder, auch Polen, haben alle Gründe von Diskriminierungen in ihre Strategien einbezogen.

Der Kommission sind die Äußerungen eines Mitglieds des polnischen Parlaments zur Kenntnis gelangt, das seine Absicht verkündet hat, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, mit dem die Förderung von Homosexualität in Schulen und in allen sonstigen Jugend- oder Freizeitorganisationen verboten wird. Aus den Informationen, die der Kommission vorliegen, geht hervor, dass die fragliche Vorlage noch nicht erarbeitet wurde und die Äußerungen der polnischen Regierung nicht verbindlich sind. Dieses Gesetz, sollte es Wirklichkeit werden, könnte einen Verstoß gegen die grundlegenden Bestimmungen in der Europäischen Menschenrechtskonvention und der EU-Charta der Grundrechte darstellen. Es könnte ferner gegen das Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, also gegen die Richtlinie 2078/EG, verstoßen.

Die Kommission wird die weiteren Entwicklungen aufmerksam verfolgen und bei einem Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht unverzüglich handeln.

 
  
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  Manfred Weber, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte – vielleicht etwas unaufgeregter als vorher – deutlich machen, dass wir als Europäische Volkspartei voll hinter den Entschließungen des Europäischen Parlaments unter hinter den Richtlinien stehen, die hier beschlossen und von der Kommission dargestellt worden sind. Europa ist ein Raum des Rechts, den wir zu verteidigen haben.

Allerdings ist der Anlass der heutigen Diskussion, nämlich die Äußerung dieses polnischen Ministers, die inakzeptabel ist und von der Europäischen Volkspartei abgelehnt wird, kein Grund für eine solche Debatte. Bereits als wir vor wenigen Wochen – Kommissar Špidla hat darauf hingewiesen – die Frage der Diskriminierung von Homosexuellen diskutiert haben, haben wir gesehen, dass es leider Gottes inakzeptable Äußerungen von Politikern in Europa gibt, und diese müssen wir politisch bekämpfen.

Ich möchte zum Ausdruck bringen, dass es uns nachdenklich stimmen sollte, wenn polnische Kollegen über alle Fraktionen hinweg – ich denke vor allem an die Diskussion bei den Liberalen – erklärt haben, dass es inakzeptabel ist, was in Polen passiert ist, dass die Debatte jedoch vor allem in Polen selbst geführt werden muss und Polen selbst fertig wird mit dem, was dort an inakzeptablen Äußerungen gefallen ist. Es wurde gesagt, Polen brauche keinen big brother, der ihm hineinrede, sondern man wolle das selbst klären. Das sollte uns zu denken geben. Wir tun auch denen keinen Gefallen, die in unserem Sinne gegen Diskriminierungen in Polen kämpfen, wenn wir das hier zu einem großen Thema machen.

Deswegen nehmen Sie uns bitte ab – es ist eine Verfahrensfrage, die wir hier ansprechen –, dass wir es für falsch halten, heute über dieses Thema zu diskutieren, da wir genug Beschlüsse und Richtlinien dazu haben. Nein zur Diskriminierung, Nein zur Homophobie in Europa! Daher unser Vorschlag, dass unsere Agentur die Lage weiter beobachten und einen Blick darauf haben soll. Die Europäische Volkspartei wird sich morgen entsprechend verhalten.

 
  
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  Martine Roure, im Namen der PSE-Fraktion. (FR) Frau Präsidentin! Am 16. Januar 2006 habe ich an gleicher Stelle das Wort ergriffen, um die Entschließung gegen Homophobie zu verteidigen. Das war nicht das erste Mal, und ich fürchte, es wird auch nicht das letzte Mal sein. Wir wollten der unterschiedlichen Behandlung der Homosexuellen auf dem Boden der Union ein Ende setzen, doch wir sind uns im Klaren darüber, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben. Erinnern wir uns daran, dass wir in wenigen Tagen den Welttag des Kampfes gegen Homophobie begehen.

Der uns vorliegende Text verweist auf Fälle nachgewiesener Homophobie in mehreren Ländern der Union, aber auch auf eine Erklärung des polnischen Vizepremierministers. Es geht nicht darum, diese oder jene Regierung, diesen oder jenen Staat an den Pranger zu stellen, aber diese verbalen Ausfälle sind symptomatisch für die Zunahme der Homophobie in der Europäischen Union. Diese Äußerungen offenbaren eine inakzeptable Geisteshaltung. Und sie stammen ja nicht von irgendwem, sondern es handelt sich um ein Regierungsmitglied.

Das muss aufhören. Wir müssen uns erneut gegen solche widerlichen Äußerungen wenden, und ich möchte hier und heute die neue erschreckende und abscheuliche Publikation von Herrn Giertych verurteilen, einem Mitglied unseres Hauses, der gerade sein zweites Machwerk verteilen ließ, in dem er die Homosexuellen als krank hinstellt. All jene, die sich zu Recht durch diese Äußerungen und diese Hasstiraden verletzt fühlen, all jene jungen Menschen, die erkennen, dass sie anders sind, und von denen einige sogar Selbstmord begehen, sollen wissen, dass nicht kennzeichnend für Europa ist.

Wir können nicht endlos Entschließungen verabschieden, um gegen die Diskriminierung von Homosexuellen zu kämpfen. Wir müssen künftig über Instrumente nachdenken, die es uns ermöglichen, effizient zu handeln. Jeder in der Union muss sich künftig seiner Verantwortung stellen.

(Beifall von links)

 
  
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  Sophia in 't Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. (NL) Frau Präsidentin! Ich möchte ein Missverständnis ausräumen: In dem vorliegenden Entschließungsantrag geht es nicht um Polen, sondern um Homophobie. Homophobie ist leider kein Monopol Polens, sondern ein weltweit anzutreffendes Phänomen. Nun haben wir die Probleme in Polen allerdings schon vor anderthalb Jahren erörtert, und sie stehen heute immer noch zur Diskussion. Wie Frau Roure vorhin ganz richtig bemerkte, stammen solche Äußerungen nicht von irgendjemandem, sondern von Meinungsführern und Regierungsmitgliedern, die damit zu einem Klima beigetragen haben, in dem Hass und Gewalt zur Norm geworden sind.

Vor zwei Wochen wurde in meinem eigenen Land – einem äußerst toleranten und liberalen Land – ein Homosexueller auf der Straße totgeschlagen, weil jemand sein Aussehen für zu feminin befand. Totgeschlagen! Können Sie sich das vorstellen? Solche Dinge geschehen in einer Atmosphäre, die durch Menschen geschaffen wird, die sich homophober Äußerungen schuldig machen. Deshalb kann nicht behauptet werden, da noch kein Gesetzentwurf vorliegt, bestehe somit kein Problem. In dieser Hinsicht begrüße ich außerordentlich, dass sich Herr Weber im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten sowie der Bürgerbeauftragte von den fraglichen Äußerungen des polnischen Ministers so nachdrücklich distanziert haben.

Ich wäre dankbar, wenn der Rat und die Kommission eine ebenso kategorische Stellungnahme abgeben könnten. Wie die Kommission und insbesondere der Rat erklärt haben, verfügen wir über gesetzliche Bestimmungen, Rechtsvorschriften und Verträge, was alles schön und gut ist, diese Menschen bislang aber nicht von solchen homophoben Äußerungen abzuhalten vermochte. Wir wollen, dass mehr getan wird. Wir möchten, dass der Rat beispielsweise angibt, welche Maßnahmen er gegenüber diesem Minister für Bildung zu ergreifen gedenkt. Werden Sie zulassen, dass dieser Bildungsminister an den Tagungen der EU-Kultusminister teilnimmt, oder sind Sie bereit, in Erwägung zu ziehen, ihn zu suspendieren, solange er sich von seinen Äußerungen nicht distanziert hat?

Es ist das erste Mal, dass wir solche Aussagen über Mitgliedstaaten getroffen haben – im Plural, denn es sind mehrere in der Europäischen Union; wir sind stets rasch bei der Hand, mit dem Finger auf andere Länder zu zeigen, wenn wir aber Europa ernst nehmen, wenn wir eine Wertegemeinschaft sind, müssen wir meines Erachtens zuerst unser eigenes Haus in Ordnung bringen. Ich hoffe, dieses Parlament wird heute Europa und der Welt ein ganz klares Signal übermitteln, dass wir zu diesen Werten stehen.

 
  
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  Konrad Szymański, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Frau Präsidentin! Aggressives Verhalten gegenüber Homosexuellen ist in vielen europäischen Gesellschaften ein Problem, aber es ist mit Sicherheit nicht das größte. Probleme mit solchen Verhaltensweisen gibt es auch in staatlichen Behörden wie beispielsweise der Polizei in Deutschland, im Vereinigten Königreich und in Italien. Ich käme dennoch niemals auf den Gedanken, das hier im Europäischen Parlament zu diskutieren und diesbezüglich Ratschläge zu erteilen. Die Regierungen der Mitgliedstaaten wissen selbst am besten, wie damit umzugehen ist.

Bedauerlicherweise sind einige Abgeordnete hier der Meinung, dieser Grundsatz gelte z. B. nicht für Polen. Dafür kann es nur einen Grund geben. Dieses Hohe Haus lässt sich von einer Gruppe extremistischer Abgeordneter vorführen, die sich durch jede polemische Äußerung (Beifall), die sich auf die Homosexualität bezieht oder in der Forderungen in dieser Richtung erhoben werden, provoziert fühlen. Ich möchte darauf hinweisen, dass Homosexuelle nicht außerhalb jeder Kritik stehen. Das bildet die Grundlage einer Demokratie. Dass wir uns so leicht der homosexuellen Zensur beugen, ist zu einem Markenzeichen dieses Hohen Hauses geworden. Ich denke nicht, dass dies unserem Ansehen förderlich ist.

(Beifall)

 
  
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  Kathalijne Maria Buitenweg, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (NL) Frau Präsidentin! Zur Beruhigung meines Vorredners sei zunächst einmal gesagt, dass wir in diesem Haus durchaus auch schon Debatten über Hooliganismus geführt haben, doch hier geht es um etwas völlig Anderes. Im Falle des Hooliganismus wird nämlich nicht von einer Regierung zur Gewalt aufgefordert, während ich im vorliegenden Fall, zumindest was Polen anbelangt, allmählich den Eindruck einer – gleichsam – staatlich organisierten Homophobie gewinne angesichts solcher Äußerungen von Mitgliedern der polnischen Regierung wie „Homosexualität ist demoralisierend, pervers, eine Geistesstörung und eine Gefahr für die Gesellschaft“.

Die Bemerkung von Kommissar Špidla, er werde reagieren, sobald ein Gesetzentwurf vorliegt, habe ich sorgfältig zur Kenntnis genommen. Sie findet meine Anerkennung, und Kommissar Špidla wird wohl verstehen können, weshalb ein solches Gesetz eine Gefahr für die europäischen Werte und einen Verstoß gegen EU-Recht darstellen würde. Es ist jedoch bereits eine prekäre Entwicklung eingetreten, und eine solche Feststellung vermisse ich in den Ausführungen, denn die Regierungen können selbstverständlich nicht unverbindlich alle möglichen Vorschläge unterbreiten und sie einfach wieder zurückziehen, um dann zu sagen, es gebe doch gar kein Problem.

Immerhin wird etwas in Bewegung gesetzt: Auf diese Weise wird Homophobie natürlich weiter verbreitet, und der Kommissar ist ja schließlich für die Einhaltung der Antidiskriminierungsbestimmungen auf dem Arbeitsmarkt verantwortlich. Sie werden bestimmt nicht annehmen, das Konzept der Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt habe in einer Gesellschaft Bestand, in der Homophobie weit verbreitet ist. Was gedenken Sie also diesbezüglich zu unternehmen? Wie wollen Sie gegenüber Regierungen verfahren, die der Homophobie – sozusagen – Vorschub leisten? Welche Folgen ergeben sich für den Arbeitsmarkt? Das würde ich von Ihnen gerne erfahren.

Abschließend möchte ich mich an die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten wenden und sagen, dass ich bedaure, dass Sie die Fraktion Union für das Europa der Nationen – aus, wie Sie behaupten, reinen Verfahrensgründen – unterstützt haben. Es wäre großartig, wenn eine ganze Parlamentsdelegation, einschließlich Ihrer Fraktion, bei verschiedenen Gay-Pride-Paraden in Warschau, in Riga und in vielen anderen Ländern dabei sein könnte. Ich würde es außerordentlich begrüßen, wenn wir dort Hand in Hand stehen könnten. Das ist also meine Aufforderung an Sie, und wer weiß – vielleicht geschieht es tatsächlich.

 
  
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  Giusto Catania, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich denke, es wäre äußerst scheinheilig gewesen, wenn das Europäische Parlament dieses Thema heute nicht behandelt hätte und wir demnach die Tatsache, dass öffentliche homophobe Äußerungen und Erklärungen in den letzten Jahren in Europa zugenommen haben, nicht erörtert hätten.

Die Erklärungen des polnischen Ministers sind beschämend und folgen auf das Verbot der Durchführung einer Homosexuellen-Parade, das von seiner Regierung verhängt worden ist. Trotz der öffentlichen Empörung hat der Minister seine schwerwiegenden Äußerungen nie zurückgenommen.

Leider ist das nicht der einzige Fall in Europa. Fälle von Intoleranz häufen sich in unserem zivilisierten Europa. Wir lesen oft von Gewaltakten gegen Männer und Frauen wegen ihrer sexuellen Orientierung, oder wir sehen der Zunahme des alltäglichen Mobbings an den Schulen hilflos zu, das die Jugendlichen bisweilen sogar in den Selbstmord treiben kann, wie dies vor kurzem in Italien geschah.

Aus diesem Grund dürfen Politiker keine Signale von Intoleranz setzen oder Erklärungen wie die des polnischen Ministers abgeben, weil auf diese Weise die Gefahr entsteht, homophobe Gesinnungen zu legitimieren.

Das gilt nicht nur für Politiker, sondern auch für führende Kirchenvertreter, die immer häufiger keine Gelegenheit verstreichen lassen, um ihre Aversion gegen Homosexuelle zu bekunden, die sie als Sünder brandmarken. Keine Art von Diskriminierung kann hingenommen werden, geschweige denn eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung.

Dieses Parlament lehnte es wegen der Äußerungen von Rocco Buttiglione ab, ihn in die Kommission aufzunehmen. Ich denke, vonseiten der Kommission bedarf es einer überzeugenden Botschaft, damit sie ihre Versprechen, konkrete Maßnahmen gegen jede Form von Diskriminierung zu ergreifen, halten kann.

Die europäische Geschichte und Kultur haben der Sensibilität von Männern und Frauen, die von den autoritären Regimes verfolgt wurden und von reaktionären und rassistischen Kulturen immer noch in Europa kriminalisiert werden, viel zu verdanken. Wir haben Sappho, Pier Paulo Pasolini, Oscar Wilde, Michel Foucault und André Gide viel zu verdanken, und ich finde es sehr schlimm, dass, wäre es nach diesen rückschrittlichen Kulturen gegangen, diese großen Künstler nicht einmal ihre Stimme hätten erheben dürfen.

Ich glaube, und ich hoffe, dieses Parlament stimmt mir zu, dass eine Kultur, die gegen Homosexuelle ist, unannehmbar ist und energisch bekämpft werden muss.

 
  
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  Hélène Goudin, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Frau Präsidentin! Die Tatsache, dass Homophobie in Europa im Jahr 2007 noch immer ein Problem darstellt, ist höchst bedauerlich und erschreckend. Noch schändlicher ist, dass es Kollegen in diesem Hause gibt, die durch ihre eindeutig homophoben Äußerungen dazu beitragen, die Situation der Homo-, Bi- und Transsexuellen weiter zu erschweren. Sie äußern sich nicht nur hier im Europäischen Parlament in dieser Weise, sondern tun dies größtenteils auch zuhause. Als Folge dieses Schürens homophober Gefühle erhöht sich die Gefahr, dass Homo-, Bi- und Transsexuelle physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt werden, wie das bei mehreren Gay-Pride-Paraden in Europa im vergangenen Jahr der Fall war.

Noch schlimmer ist es, wenn Glauben und Religion als Vorwand für die Diskriminierung von EU-Bürgern dienen. Sie können sich sicher denken, was ich meine. Das sind mittelalterliche Werte, die nicht in unsere moderne Gesellschaft gehören. Europa sollte 2007 doch schon weiter gekommen sein. Lassen Sie uns die Homophobie überall dort bekämpfen, wo sie auftritt, in der Politik, in den Medien und in unserer unmittelbaren Umgebung.

 
  
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  Philip Claeys, im Namen der ITS-Fraktion. (NL) Frau Präsidentin! Im Januar letzten Jahres haben wir bereits eine Aussprache über Homophobie in Europa geführt. Damals sagte ich unter anderem, niemand im Europäischen Parlament dürfe akzeptieren, dass Homosexuelle aufgrund ihrer Veranlagung benachteiligt, angegriffen oder in welcher Form auch immer eingeschüchtert werden. Gleichzeitig warnte ich vor dem Geist der politischen Korrektheit, der die Meinungsfreiheit allmählich erstickt. Neben Homophobie und anderen Phobien beginnt sich in der Tat eine Art „Phobie vor der Redefreiheit“ zu entwickeln, eine irrationale Angst, Menschen ihre Meinung frei äußern zu lassen. Meiner Fraktion missfällt an der heutigen Debatte und an den eingereichten Entschließungsanträgen, dass speziell ein Mitgliedstaat ins Visier genommen wird, und zwar aufgrund von Informationen, deren Richtigkeit strittig ist. Das ist keine korrekte Handlungsweise. In diesem Bereich sollten wir mehr Umsicht walten lassen, damit sich die Bevölkerung in diesem Mitgliedstaat nicht noch mehr von der Europäischen Union abwendet.

 
  
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  Michael Cashman (PSE).(EN) Frau Präsidentin! Ich ergreife das Wort, weil ich traurig, nicht verärgert bin. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben wir noch immer nichts gelernt. In den 1930er Jahren haben wir zugesehen, wie Juden, Kommunisten, Gewerkschafter und Homosexuelle deportiert wurden. Wir haben zugesehen und weder etwas gesagt noch etwas getan.

Jetzt haben wir uns weiterentwickelt. Den Ländern, die Dominanz und Unterdrückung durchgemacht haben, sage ich, dass gerade sie den Wert von grundlegenden Menschenrechten, Versammlungsfreiheit, Redefreiheit und dem Recht auf ein Privatleben kennen sollten.

(Beifall)

Ihr solltet uns grundlegende Werte beibringen. Deswegen werden wir nicht zögern, die Menschenrechte und Menschenrechtsaktivisten zu verteidigen, wo auch immer sie sich befinden.

Allen, die sich angegriffen fühlen, wo auch immer sie sein mögen, möchte ich sagen – und als Homosexueller hätte ich in Polen, Lettland oder in der Tschechischen Republik geboren werden können und dort um mein Leben, meinen Arbeitsplatz fürchten müssen –, dass sie nicht allein sind. Wir stehen euch bei und werden aus dem einfachen Grund gewinnen, dass Güte und Gerechtigkeit letzten Endes immer siegen.

Als wir vom Präsidenten und den Äußerungen sprachen, ging es nicht um eine einmalige Erklärung, sondern um eine ganze Reihe von Äußerungen, die ermittelt und im Laufe der Jahre abgegeben wurden. Hassreden erwecken den Eindruck, dass das Leben bestimmter Personen irgendwie minderwertig ist, dass diese eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen. Es entsteht ein bestimmtes Klima, es wird Angst erzeugt und Rechte sind in Gefahr. Einmal Gesagtes kann nicht mehr zurückgenommen werden, der Schaden, der verursacht wurde, bleibt bestehen, und Worte rufen nur all zu oft Gewaltbereite auf den Plan.

Ich nehme zur Kenntnis, dass Herr Weber „Nein zur Homphobie“ sagt. Es ist allerdings traurig, dass er auch „Nein“ sagt, wenn es darum geht, heute hier in diesem Hohen Haus etwas gegen sie zu unternehmen.

Abschließend möchte ich Folgendes sagen: Wir werden Erfolg haben, aber das bedeutet, dass wir unserer Verantwortung nachkommen müssen, die Menschenrechte zu verteidigen und Menschenrechtsverletzungen ein Ende zu bereiten, wo auch immer diese stattfinden.

(Beifall)

 
  
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  Jan Jerzy Kułakowski (ALDE). – (PL) Frau Präsidentin! Ich möchte im Namen der polnischen Delegation in der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa etwas zu diesem Thema sagen.

Erstens: Wir sind gegen jegliche Form der Diskriminierung und für uneingeschränkte Toleranz in den Fragen, die wir hier erörtern.

Zweitens: Wir möchten unterstreichen, dass es einen großen Unterschied gibt zwischen Nichtdiskriminierung und der Förderung homosexueller Haltungen Verhaltensweisen. Toleranz – Ja, Nichtdiskriminierung – Ja, aber Förderung – Nein, denn sie ist kein Maßstab für die Achtung der Menschenrechte.

Das ist schließlich keine politische Frage und sollte auch nicht als solche behandelt werden. Es ist eine moralische Frage, die in einem engen Zusammenhang mit dem Pluralismus steht, durch den sich die Europäische Union doch auszeichnen sollte.

 
  
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  Bogdan Pęk (UEN). – (PL) Frau Präsidentin! Diejenigen, die so bereitwillig über die Notwendigkeit dieser Aussprache abstimmen wollten, haben nun ebenso rasch und bereitwillig diesen Saal verlassen, was doch am besten verdeutlicht, dass ihre Absichten nicht ernst gemeint, nicht echt, sondern politisch motiviert waren. Es ist dies ein Versuch, gegen die Regierung eines Landes Stimmung zu machen, das es nicht allen – den Liberalen, den Linken, den Linksradikalen usw. – recht macht.

Das kann ich verstehen, aber bei Gott – während in Ihren Ländern in einer nicht allzu fernen Vergangenheit Tausende von Scheiterhaufen brannten, sind all jene, die ihnen entkamen, nach Polen gekommen. Juden, die in ganz Europa verfolgt wurden, kamen nach Polen. Polen ist ein Symbol für Toleranz. Der jetzige Versuch, Polen der Welt und Europa als Brutstätte der Intoleranz gegenüber Homosexuellen hinzustellen, ist ausgesprochen unverschämt und eine politische Verleumdung, ein zynischer Trick, um die Öffentlichkeit in Europa zu täuschen. Ich protestiere gegen dieses Manöver, weil es absolut unehrlich ist.

(Beifall)

 
  
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  Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE).(ES) Meiner Ansicht nach hat Herr Cashman die Stimmung unter der Mehrheit dieses Hauses sehr gut wiedergegeben. Ich glaube daher, dass wir nochmals fordern müssen, uns angesichts solcher Verhaltensweisen Gehör zu verschaffen.

Dies ist keine Frage der freien Meinungsäußerung. Das Problem ist, dass bestimmte Erklärungen gegen die sexuelle Freiheit von Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ihren Regierungsinstitutionen und von Regierungen kommen, die Verträge unterzeichnet haben, wie den Vertrag über die Europäische Union, dessen Artikel 6 klar und deutlich die Freiheit der Wahl, darunter auch der sexuellen Wahl, festschreibt.

Verwechseln wir nicht Propaganda mit dem Recht, frei wählen zu können, was man zu einem bestimmten Zeitpunkt, unter bestimmten Umständen und in einem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sein möchte.

Deshalb sind meines Erachtens diese Erklärungen keine isolierten Erscheinungen, wie auch Herr Cashman sehr richtig sagte, sondern Teil einer Tendenz, einer kalkulierten Strategie, um die Grundwerte der Europäischen Union in Frage zu stellen. Sie dürfen nicht straflos bleiben.

Dieses Haus musste reagieren – ich glaube, das tut es jetzt –, auch wenn ich leider befürchte, dass dies nicht das erste Mal ist, doch wir werden stets insistieren, und obwohl es lästig ist, Selbstverständliches zu wiederholen, müssen wir es auch künftig tun, denn – wie Herr Cashman ebenfalls bemerkte – wir haben Recht, und das Recht wird sich durchsetzen.

 
  
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  Witold Tomczak (IND/DEM). – (PL) Frau Präsidentin! Jeder hat ein Recht auf Leben und verdient Respekt und Unterstützung. Das schließt auch jene irregeleiteten und verletzten Menschen ein, die ihren homosexuellen Neigungen erliegen. Die Lösung besteht jedoch weder in blinder Akzeptanz noch in Intoleranz, sondern in Verständnis und Güte. Sie besteht darin, den Leidenden zu helfen und ihre Gesundung zu befördern. Das ist es, was von uns erwartet wird.

Homosexualität als etwas Natürliches und Normales zu akzeptieren, heißt, Schmerz und Leid zu verherrlichen. Das ist eine falsche und gefährliche Form der Political Correctness. Homosexuelle Handlungen sind gegen die Gesetze der Natur, denn sie schließen das Geschenk des Lebens aus. Sie zu propagieren, bedeutet einen Angriff auf die Familie und führt zu abnormen Verhaltensweisen.

Liebe europäische Mitbürger! Anstatt Polen grundlos zu kritisieren, sollten Sie Polens Beispiel der Moral, Toleranz und Normalität folgen. Hier wurde das Buch „Coming out Straight. Understanding and Healing Homosexuality“ von Richard Cohen veröffentlicht, der sich von seiner Homosexualität befreit hat und nun ein glücklicher Mann und Vater ist. Wir sollten uns diese Erfahrung zunutze machen.

Ich frage die so genannten Verfechter der Menschenrechte, die heute einen solchen Wirbel veranstalten und das Problem aufbauschen, weshalb sie den moralischen Niedergang der Medien, die Diskriminierung normaler Familien ignorieren und ihre Augen vor dem Massenmord an Kindern im Mutterleib verschließen. Sind Sie sich dessen bewusst, dass Sie, indem Sie eine Zivilisation der Lüge und des Todes fördern, Europa dem Untergang weihen?

 
  
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  Józef Pinior (PSE). – (PL) Frau Präsidentin! Die Kampagne gegen Homophobie und der Verein „Lambda“ haben einen Bericht über die gesellschaftliche Situation Bisexueller und Homosexueller in Polen in den Jahren 2005 und 2006 vorgelegt. In dem Bericht wird ein Bild der Verfolgung gezeichnet. Jeder fünfte Homosexuelle wurde schikaniert oder mit Fußtritten traktiert. Die Hälfte der Befragten wurde beleidigt, ständig belästigt oder erpresst Die Schikanen haben in letzter Zeit zugenommen. Fast 42 % derjenigen, die physische Gewalt erlebt haben, machten diese Erfahrung in den letzten fünf Jahren mehr als dreimal.

Mit tiefem Bedauern stelle ich fest, dass Homosexuelle heute nicht auf die Institutionen des polnischen Staates, der von einer Allianz aus Konservativen, Nationalisten und Populisten regiert wird, zählen können, wenn es um ihren wirksamen Schutz geht. In zahlreichen Äußerungen von Regierungsvertretern manifestiert sich ungeschminkt eine Ideologie des Hasses, der Intoleranz und Diskriminierung von Homosexuellen. Gerade deshalb ist die heutige Entschließung so wichtig, meine polnischen Landsleute vom rechten Flügel! Für diese Menschen ist das Europäische Parlament ein Verfechter der Gerechtigkeit, ein Leuchtfeuer, das ihre Hoffnung am Leben erhält, dass ihre grundlegenden Bürgerrechte und ihr Recht auf ein Leben in Würde respektiert werden.

(Beifall)

 
  
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  Die Präsidentin. Es gab eine Meldung zur Geschäftsordnung.

 
  
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  Alexander Stubb (PPE-DE).(EN) Frau Präsidentin! Nein, das kann ich nicht tun, weil es keine gibt. Ich wollte nur sagen, dass wir, wenn wir Herrn Tomczak zuhören, genau wissen, warum wir in diesem Hohen Hause eine Aussprache über Homophobie führen müssen. Das waren die am stärksten von Homophobie geprägten Äußerungen, die ich seit Langem in diesem Hohen Hause vernommen habe, und sie stimmen mich überaus traurig.

(Beifall)

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte diese Debatte dazu nutzen, um auf eine Rede zurückzukommen, die die Ratspräsidentin hier in diesem Haus gehalten hat, nämlich über das Europa der Werte und der Toleranz. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, der für sehr viele Bereiche gilt.

Wir haben heute sehr viel über verschiedene andere Themen diskutiert, bei denen wir unseren Blick auf Probleme außerhalb der Europäischen Union gerichtet haben. Wenn wir das tun – und auch zu Recht tun –, ist es völlig legitim, auch zu betrachten, was wir innerhalb unseres eigenen Hauses noch nicht in Ordnung gebracht haben, nämlich die Intoleranz gegen gleichgeschlechtliche Ausrichtung. Deshalb bitte ich darum, auch wenn manche zu diesem Thema anderer Auffassung sind, doch zumindest die Toleranz dafür aufzubringen, dass es eine Debatte geben muss und dass es auch wichtig ist, dass die Kommission Instrumente hat, auf deren Grundlage sie dieser Diskriminierung entsprechend begegnen kann.

Von Seiten der Präsidentschaft kann ich nur nochmals ausdrücklich sagen, dass wir diese Verpflichtung haben, dass es nicht alleine bei der Kommission oder bei den Parlamenten liegt, sondern dass wir auch unsere Gesellschaft aktiv für dieses Thema sensibilisieren müssen, damit diese Diskriminierung nicht mehr stattfindet. Ich hoffe, dass die heutige Debatte zumindest einen kleinen Beitrag dazu leisten konnte!

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Meine Damen und Herren! Die Menschenrechte sind unveräußerliche Rechte, und meiner Meinung nach ist dies ein Grundwert, auf dem das gesamte europäische Projekt beruht.

Angesichts dieser sehr tiefgründigen und gefühlsbeladenen Debatte, die wir hier geführt haben, möchte ich exakt wiedergeben, was der polnische stellvertretende Minister in seiner Rede gesagt hat. Nach seinen Worten wird das geplante Gesetz all diejenigen betreffen, die Homosexualität oder anderes abweichendes Verhalten fördern. Meines Erachtens ist dieses Detail ein hinreichend deutliches Zeichen für uns, um zu dem Schluss zu kommen, dass dieses Gesetz, sollte es beschlossen werden, eine bestimmte Gruppe von Personen aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung stigmatisieren wird, und aus diesem Grund ist es nach europäischem Recht nicht vertretbar.

Meine Damen und Herren! Die Kommission wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Rechte aller Bürger in allen Mitgliedstaaten zu wahren, und ich denke, diese Debatte hat deutlich gezeigt, dass Homophobie keine Erscheinung ist, die nur einige Mitgliedstaaten betrifft, sondern vielmehr ein universelles Phänomen. Heute ist es natürlich so, dass wir uns mit einer Rede befassen, die von einem Parlamentsmitglied eines bestimmten Landes gehalten wurde.

 
  
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  Die Präsidentin. Zum Abschluss der Aussprache wurden gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung vier Entschließungsanträge(1)eingereicht.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag um 12.00 Uhr statt.

(Die Sitzung wird um 17.50 Uhr unterbrochen und um 18.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: DIANA WALLIS
Vizepräsidentin

 
  

(1) Siehe Protokoll


18. Fragestunde (Anfragen an den Rat)
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Fragestunde (B6-0017/2207).

Wir behandeln die folgenden Anfragen an den Rat.

Anfrage Nr. 1 von Manuel Medina Ortega (H-0177/07)

Betrifft: Stärkung der Agentur Frontex

Welche Maßnahmen hat der Rat getroffen, um die Arbeitsweise der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (Frontex) zu verbessern, damit es in den kommenden Monaten nicht zu so massiven Zuwanderungsströmen kommt wie im letzten Jahr?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Kollege Ortega! Ihre Frage darf ich wie folgt beantworten: Der Europäische Rat hat in seinen Schlussfolgerungen vom Dezember 2006 Folgendes festgestellt: Die Kapazität der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen – also die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX – wird rasch ausgebaut. Hierzu werden angemessene wirtschaftliche wie personelle Mittel und deren effizienter Einsatz sichergestellt, Verfahren für die Notfälle festgelegt, die operativen Mittel verbessert, die Verbindungen zum Netz von Verbindungsbeamten für Zuwanderungsfragen verstärkt und die geplante Überprüfung der Agentur und ihrer Aufgaben im Jahr 2007 abgeschlossen.

Der Haushalt der Agentur für 2007 ist beträchtlich aufgestockt worden und beläuft sich nun auf insgesamt 22,2 Millionen Euro. Auch die Anzahl der Mitarbeiter wird ständig erhöht, 2007 wird sie insgesamt 87 betragen. Was die Festlegung von Verfahren für Notfälle anbelangt, so hat der Rat vor kurzem die Beratungen mit dem Europäischen Parlament über einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Mechanismus zur Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke und zur Änderung der Verordnung des Rates hinsichtlich dieses Mechanismus abgeschlossen. Das Europäische Parlament wird Ende April über die Verordnung abstimmen. Der Rat Justiz und Inneres wird sich abschließend im Juni mit dieser Verordnung befassen.

Zusätzlich zur Entsendung von Personal ist FRONTEX zurzeit dabei, ein Zentralregister der vorhandenen technischen Ausrüstung der Mitgliedstaaten für die Kontrolle und Überwachung der Außengrenzen, die so genannte tool box, einzurichten, die die Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis und auf Anfrage eines anderen Mitgliedstaats zur Verfügung zu stellen bereit sind. Der Rat hat am 15. Februar 2007 die Fortschritte bei der Einrichtung der tool box geprüft und die Mitgliedstaaten aufgefordert, einen aktiven Beitrag dazu zu leisten. Eine weitere Überprüfung hat auf der Tagung des Rates am 19. und 20. April stattgefunden.

Mit den Schlussfolgerungen des Rates vom 14. und 15. Dezember 2006 wurde FRONTEX beauftragt, bis Mitte 2007 in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten der Region ein ständiges Küstenpatrouillennetz an den südlichen Seeaußengrenzen der Europäischen Union zu errichten. Die Einführung dieses Netzes ist ein wichtiger Schritt, um gemeinsam und insbesondere koordiniert mit den Mitgliedstaaten der Region gegen die illegale Immigration an den südlichen Seeaußengrenzen vorzugehen. Das Netzwerk stellt ein effektives Instrumentarium zur Bewältigung des in den nächsten Wochen und Monaten zu erwartenden ansteigenden Migrationsdrucks in dieser Region dar. Der Start des Küstenpatrouillennetzes ist für den 24. Mai 2007 vorgesehen.

Schließlich will die Kommission im Einklang mit dem Haager Programm, das der Europäische Rat am 4. November 2004 angenommen hat, dem Rat vor Ende des Jahres 2007 einen Bericht zur Beurteilung der Agentur vorlegen, und im Rahmen dieser Beurteilung könnte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, FRONTEX zusätzliche Aufgaben oder Befugnisse zu übertragen.

 
  
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  Manuel Medina Ortega (PSE).(ES) Herr Ratsvorsitzender! Ich möchte die Arbeit des Rates auf diesem Gebiet anerkennen und denke, dass Sie diese sehr gut erläutert haben.

Unsere einzige Sorge besteht darin, dass die vorbereiteten Operationen – konkret ERA 1, ERA 2 und ERA 3 – für den Schutz der atlantischen Seegrenze offenbar zu einem bestimmten Zeitpunkt unterbrochen werden und unter der Bevölkerung das Gefühl entsteht, dass dieser Schutz nur zeitweise existiert und nicht ständigen Charakter trägt.

Ist die Präsidentschaft der Auffassung, dass durch diese Maßnahmen eine dauerhafte Kontrolle dieser – zurzeit sensiblen – Grenze für die gesamte Europäische Union gewährleistet werden kann?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Zunächst einmal ist der Schutz der Außengrenzen natürlich Aufgabe des jeweiligen Mitgliedslandes. In besonderen Situationen kann jedoch FRONTEX herangezogen werden. Dazu ist diese Institution ja geschaffen worden. Das heißt, es kann Fälle geben, bei denen FRONTEX nicht aktiv werden muss, weil das allein durch den betroffenen Mitgliedstaat geleistet werden kann. Aber natürlich soll vermittelt werden, dass sich die Europäische Union in bestimmten Situationen wie z. B. bei der illegalen Einwanderung solidarisch zeigt — darum ging es ja bei dieser europäischen Initiative. Nur kann es kein Dauereinsatz sein. FRONTEX sollte wirklich nur in bestimmten Fällen tätig werden.

 
  
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  Alexander Stubb (PPE-DE).(EN) Herr Ratspräsident! Vielen Dank für Ihre Antwort zur Stärkung der Agentur Frontex. Sie sprachen viel von mehr Personal oder, anders ausgedrückt, mehr Geld. Wie würden Sie in Anbetracht dieser Aussage empfehlen, den Personalbestand der Agentur Frontex zu erhöhen, und um wie viel sollten wir den Frontex-Etat aufstocken?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter! Ich kann jetzt keine konkreten Zahlen nennen. Wir haben diese Agentur nun eingerichtet, jetzt müssen wir sehen, welche Anforderungen an diese Einrichtung gestellt werden, welche Aufgaben die Mitgliedstaaten übernehmen können und welche Aufgaben von FRONTEX gewährleistet werden können. Aber das bleibt in den entsprechenden Beratungen noch offen.

Jedenfalls müssen wir, wenn ich den Kollegen richtig verstanden habe, auch ein Signal setzen, damit wir hier nicht nur eine Pseudoeinrichtung geschaffen haben, sondern damit die Bürgerinnen und Bürger auch merken: Hier hat die Europäische Union erkannt, dass es notwendig ist, mit einer Agentur wirksam einzugreifen. Dann müssen wir natürlich auch in der Lage sein, die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

 
  
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  Die Präsidentin. – Anfrage Nr. 2 wurde zurückgezogen.

Anfrage Nr. 3 von Sarah Ludford (H-0183/07)

Betrifft: Ermittlung und strafrechtliche Verfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen

Im Hinblick auf eine Förderung der Effizienz der Ermittlung und strafrechtlichen Verfolgung von Personen, die für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich sind, durch die Gerichte, hat der Rat den Beschluss 2002/494/JI(1) zur Einrichtung eines Europäischen Netzes von Anlaufstellen betreffend Personen, die für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich sind, und den Beschluss 2003/335/JI(2) betreffend die Ermittlung und Strafverfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verabschiedet.

Über welche Pläne verfügt der Rat zur Verbesserung der institutionellen Infrastruktur des Netzwerkes, um die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden zu verbessern und zur Schaffung eines einheitlichen Ansatzes der Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung der Straflosigkeit für schwere internationale Verbrechen beizutragen? Wie steht der Rat zu dem Vorschlag zum Aufbau von EUROJUST als dem Sekretariat dieses Netzwerkes? Inwieweit beabsichtigt der Rat, das Netzwerk auf die Tagesordnung der Sitzungen des Artikel 36-Ausschusses (CATS) einzubeziehen, um die Weiterbearbeitung von Netzwerkschlussfolgerungen zu gewährleisten? Wie gedenkt der Rat vor dem Hintergrund von Artikel 4 des Beschlusses des Rates 2003/335/JI, den in den Mitgliedstaaten derzeit herrschenden Mangel an Spezialeinheiten in Bezug auf Kriegsverbrechen anzugehen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Es wird derzeit über keinen Vorschlag zur Verbesserung der institutionellen Infrastruktur des Europäischen Netzes von Anlaufstellen beraten. Bislang werden die Sitzungen, die im Rahmen dieses Netzes abgehalten werden, in Zusammenarbeit mit dem Vorsitz und dem Generalsekretariat des Rates vorbereitet. Dem Rat liegt auch kein Vorschlag vor, im Rahmen von Eurojust ein Sekretariat für das Netz einzurichten. Sollte eine solche Initiative unterbreitet werden, so wird der Rat sie erörtern.

Der Vorsitz darf Ihnen, sehr geehrte Frau Abgeordnete, mitteilen, dass die nächste Sitzung im Rahmen des Europäischen Netzes von Anlaufstellen betreffend Personen, die für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich sind, am 7. und 8. Mai stattfindet. Entsprechend der bisherigen Praxis werden die Ergebnisse dieser Sitzung dem Ausschuss gemäß Artikel 36 zur weiteren Erörterung übermittelt.

Nach dem Beschluss des Rates aus dem Jahre 2003 ist die Einrichtung von Spezialeinheiten für Kriegsverbrechen Sache der Mitgliedstaaten. Alle Mitgliedstaaten haben bereits Anlaufstellen für die Ermittlung von Völkermord, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit benannt.

 
  
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  Sarah Ludford (ALDE).(EN) Ja, das ist recht vielversprechend. Ich hoffe, Sie kommen zu dem Schluss, dass Eurojust wirklich ein Sekretariat oder zumindest eine Anlaufstelle sein sollte. Es freut mich, dass im Mai ein Treffen der Kontaktgruppe stattfinden wird – denn bedauerlicherweise gab es während der letzten Präsidentschaft keines. Können Sie mir versichern, dass das Europäische Parlament über die Schlussfolgerungen dieses Treffens in Kenntnis gesetzt wird?

Welche Maßnahmen werden in Anbetracht dessen, dass der Rat nun mit der Ausarbeitung des Programms für den Bereich Justiz und Inneres für die Zeit nach dem Haager Programm beginnt, ergriffen, um dafür zu sorgen, dass die Verpflichtung der EU zur Bekämpfung der Straflosigkeit bei internationalen Verbrechen, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen innerhalb und außerhalb der Union zu einem unerlässlichen Bestandteil der Agenda im Bereich Justiz, Freiheit und Sicherheit wird, damit für die Opfer der schwersten Verbrechen ein einheitlicher Rechtsraum geschaffen wird?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Zum ersten Punkt ist es — wie ich bereits vorher ausgeführt habe — wichtig, dass das Parlament gemäß Artikel 36 über dieses Treffen entsprechend unterrichtet wird. Letztendlich kann ich Ihnen heute noch nicht sagen, welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden und wie sie in welche Prozesse mit einbezogen werden. Aber das kann man dann erkennen, wenn dieses erste Treffen am 7. Mai stattgefunden hat.

 
  
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  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 4 von Glenis Willmott (H-0184/07)

Betrifft: Typ-1-Diabetes

Typ-1-Diabetes ist eine Krankheit, die am häufigsten bei Kindern festgestellt wird und die vorwiegend Europäer betrifft, mehr als der Typ-2-Diabetes, von dem viel die Rede ist. Finnland verzeichnet weltweit die höchste registrierte Zahl der Betroffenen, und das Vereinigte Königreich rangiert an vierter Stelle auf dieser Weltrangliste. Es gibt wenig Erkenntnisse darüber, wodurch der Typ-1-Diabetes verursacht wird, und es muss darum gehen, für die Betroffenen die bestmögliche Lebensqualität sicherzustellen. Eine rechtzeitige und genaue Diagnose und eine wirksame Kontrolle sind dafür unerlässlich.

Welche Maßnahmen gedenkt der Rat zu treffen, um sicherzustellen, dass alle Diabetiker Zugang zu Mindeststandards der Pflege in allen Mitgliedstaaten haben und dass darüber hinaus die Insulinpumpe, die in weiten Kreisen als das beste derzeit verfügbare Mittel gilt, um motivierten Diabetikern zu helfen, eine verbesserte Lebenskontrolle und -qualität zu erreichen, für alle, die sie benötigen, verfügbar ist?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Zu dieser Frage möchte ich sagen, dass das Initiativrecht im Bereich der öffentlichen Gesundheit ausschließlich bei der Kommission liegt. Derzeit liegt dem Rat auch kein Rechtsetzungsvorschlag zu Diabetes vor. Es sei darauf hingewiesen, dass ein solcher Vorschlag nach Artikel 152 Absatz 4 in Verbindung mit Artikel 251 des EG-Vertrags unter das Mitentscheidungsverfahren fallen würde. Im Übrigen möchte ich auf die Antwort des Rates auf die schriftliche Anfrage aus dem Jahr 2006 verweisen.

 
  
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  Glenis Willmott (PSE).(EN) Was kann der Rat in Anbetracht dessen, dass an Typ-1-Diabetes überwiegend Kinder erkranken und die unzureichende Behandlung von Diabetes bei Kindern langfristig Probleme wie Nierenversagen, Erblindung und den Verlust von Gliedmaßen verursachen kann, tun, um zu gewährleisten, dass die Patienten und ihre Familien angemessen über ihre Krankheit informiert werden und entsprechende Informationskampagnen durchgeführt werden, um die Diskriminierung zu verhindern, der viele Diabetiker ausgesetzt sind?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sie haben zu Recht die Tragweite von Diabetes I, insbesondere bei Kindern, angesprochen. Ich möchte jedoch darauf hinweisen – bitte missverstehen Sie mich nicht –, dass das in erster Linie eine Aufgabe der Mitgliedstaaten ist.

Aber es ist wichtig, dass man forscht und Erkenntnisse gewinnt und dass man die Ergebnisse dann auf europäischer Ebene austauscht, obwohl die Zuständigkeit für den Gesundheitsbereich bei den Mitgliedstaaten liegt. Es geht um das Wohl und die Zukunft der Kinder, und da ist es der richtige Weg, die Ergebnisse rechtzeitig und wirksam auszutauschen.

 
  
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  Sarah Ludford (ALDE).(EN) Der Ratspräsident antwortete, dass die EU keine Gesetzgebungsbefugnis hat, was richtig ist, aber es gibt das Forschungsrahmenprogramm.

Ist der Rat der Ansicht, dass die EU die Erforschung des Typ-1-Diabetes ausreichend finanziell unterstützt? Soviel ich weiß, ist die Wissenschaft davon überzeugt, dass eine Heilung des Typ-1-Diabetes möglich ist, doch dafür sind gemeinsame Anstrengungen erforderlich. Hier handelt es sich wahrscheinlich um die auf der ganzen Welt existierende Krankheit, bei der die Heilungschancen am besten stehen.

Ich sollte wohl noch anmerken, dass ich befangen bin, weil mein Mann Vorsitzender des britischen Büros der Juvenile Diabetes Research Foundation ist, die die Erforschung von Typ-1-Diabetes unterstützt.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich kann Ihnen völlig zustimmen, Frau Abgeordnete, dass man natürlich den Ursachen nachgehen muss, und da ist Forschung notwendig. Wie Sie erwähnt haben, ist es im Rahmen des Siebten Forschungsrahmenprogramms möglich, dieser Krankheit genau nachzugehen und entsprechend zu forschen.

Die Initiativen liegen natürlich zunächst einmal bei den Mitgliedstaaten, aber man kann über dieses Instrument, das sicherlich notwendig ist, im Rahmen des Siebten Forschungsprogramms entsprechende Initiativen starten.

 
  
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  Die Präsidentin. – Anfrage Nr. 5 von Philip Bushill-Matthews (H-0186/07)

Betrifft: Kinderbetreuung

Kann der Rat vor dem Hintergrund, dass die Mitgliedstaaten auf der Tagung des Europäischen Rats in Barcelona 2002 vereinbart haben, dass bis zum Jahr 2010 für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei und sechs Jahren und mindestens 33 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung stehen sollten, und in Anbetracht der neuen Mitteilung der Kommission über den demografischen Wandel in Europa angeben, wie weit die einzelnen Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung dieser Ziele gekommen sind?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Die Kommission hat in ihrem Frühjahrsbericht 2007 festgestellt, dass die Verfügbarkeit einer erschwinglichen Kinderbetreuung in einigen Mitgliedstaaten ein Problem darstellt, weshalb es schwierig ist, Beruf und Familienleben miteinander zu vereinbaren. In dem gemeinsamen Bericht über Beschäftigung 2006-2007 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass einige Mitgliedstaaten nationale Ziele für die Kinderbetreuung gesetzt haben. Diese Anstrengung gilt es anzuerkennen. Gleichzeitig aber gilt es, die weitere Entwicklung in den Mitgliedstaaten im Auge zu behalten, damit die Verpflichtungen aus dem Barcelona-Prozess eingehalten werden.

 
  
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  Philip Bushill-Matthews (PPE-DE).(EN) Vielen Dank, Herr Ratspräsident, aber das war, mit Verlaub, eine sehr allgemeine Antwort. Vielleicht ist das alles, was Sie mir momentan antworten können, aber ich möchte Sie bitten, mir per E-Mail sämtliche Details zukommen zu lassen, die Ihnen vorliegen, oder mir zu sagen, wie ich eine Auflistung der Details nach Mitgliedstaat bekommen kann, da, wie Sie richtig sagten, die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben eine Priorität darstellt und es in unser aller Interesse ist, dafür Sorge zu tragen, dass diese Priorität allgemein anerkannt wird. Ich hoffe, dass Sie wiederum Ihren Nachfolger dazu animieren können, die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben ebenfalls vorrangig zu behandeln.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Wir hatten vor wenigen Wochen eine Debatte vor dem Hintergrund der Allianz für Familien und der Ziele, die wir uns in Barcelona gesteckt haben. In dieser Debatte habe ich im Namen der Präsidentschaft vorgeschlagen, dass im nächsten Jahr ein Bericht über die Umsetzung dieser Ziele in den einzelnen Mitgliedstaaten vorgelegt werden muss! Wir haben mittlerweile auch einen Kriterienkatalog erarbeitet, nach dem dieser Bericht im Jahr 2008 erstellt werden soll. Das ist ein wichtiger Punkt.

Ich bin auch froh darüber, dass in den letzten Wochen bei verschiedenen Konferenzen — auch im Rahmen der Debatte über die Allianz für Familien — gerade die Kinderbetreuung eine wesentliche Rolle gespielt hat. Ich komme bekanntermaßen aus Deutschland und kenne die Debatte, die derzeit bei uns im Lande geführt wird. Wir haben aber auch festgestellt, dass das nicht allein ein deutsches Problem ist.

Was können wir also tun? Im Sinne der best practices gilt es, die Erfahrungen und die Ergebnisse im Hinblick auf die Erreichung dieser Ziele im nächsten Jahr im erwähnten Bericht darzustellen.

Die Informationen, die Sie benötigen, werden wir Ihnen noch zukommen lassen.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE). – Herr Minister! Sie haben Deutschland erwähnt. Ich möchte wissen, wie es mit der Kinderbetreuung in den neuen und in den alten Bundesländern aussieht. Meiner Meinung nach ist es für die EU ein Problem, dass die Lage bei der Kinderbetreuung in den neuen Ländern der EU besonders schlimm ist. Wie schätzen Sie dieses Problem ein?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Es gibt natürlich unterschiedliche Entwicklungen in der Europäischen Union, und man braucht gar nicht zwischen alten und neuen Mitgliedstaaten zu unterscheiden. Wir haben festgestellt, dass in einigen Mitgliedstaaten über viele Jahre hinweg eine vernünftige Infrastruktur aufgebaut worden ist – das war eine politische Zielsetzung –, andere Länder hinken hinterher. In den ostdeutschen Ländern war schon vor der Wiedervereinigung eine andere Struktur vorhanden, da gibt es entsprechende Einrichtungen.

Natürlich haben wir in den ostdeutschen Bundesländern mit einem anderen Problem zu kämpfen, nämlich mit der Frage der Entvölkerung, des Wegzugs aus bestimmten Gegenden, weil die wirtschaftliche Situation nicht so ist, wie es sich die Menschen vorgestellt haben. Es ist eine generelle Aufgabe für den Mitgliedstaat Deutschland, einen Weg zu finden, damit die Ganztagsbetreuung und die Betreuung von Kleinkindern unter drei Jahren sichergestellt werden. Derzeit wird im Deutschen Bundestag darüber beraten, wie wir die Ziele, die wir uns im Rahmen von Barcelona gesetzt haben, erreichen können.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin! Ich möchte betonen, dass Betreuungseinrichtungen kein Ersatz für Familien sein können, sondern nur eine Ergänzung. Deshalb möchte ich fragen, wie es um die Qualität der angebotenen Dienstleistungen bestellt ist, das heißt, wie gewährleistet werden kann und wie wir sicher sein können, dass das von diesen Einrichtungen beschäftigte Personal in der Lage sein wird, eventuelle Lernschwierigkeiten oder andere Störungen zu erkennen, um die Kinder während ihrer Entwicklung zu schützen und ihnen in ihrem weiteren Leben eine solide Bildungszukunft zu bieten?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Es geht nicht darum, den Eltern vorzuschreiben, dass sie ihre Kinder in Kinderbetreuungseinrichtungen geben, sondern wir haben einfach die Erkenntnis gewonnen, dass Eltern – und in bestimmten Mitgliedstaaten überwiegend die Frauen – die Wahl haben sollten, zu entscheiden, ob sie einem Beruf nachgehen wollen, möglicherweise aus einer wirtschaftlichen Notwendigkeit heraus. Sie sollten dann auch entsprechende Betreuungseinrichtungen für Kinder vorfinden.

Es steht der Präsidentschaft nicht an, deren Ausstattung oder Qualität zu beurteilen. Jeder Mitgliedstaat wird selbst dafür Sorge tragen, dass das Personal so ausgebildet ist, dass es die anstehenden Aufgaben bewältigen kann.

 
  
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  Die Präsidentin. – Anfrage Nr. 6 von Marie Panayotopoulos-Cassiotou (H-0188/07)

Betrifft: Überarbeitung der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ und Bekämpfung von Gewalt und Diskriminierung

Wird der Rat im Rahmen der Überarbeitung der gemeinschaftlichen Richtlinie über audiovisuelle Medien, die auch unter der Bezeichnung „Fernsehen ohne Grenzen“ bekannt ist, eine gemeinsame Strategie gegen die Darstellung von Gewalt und die Verletzung der Menschenwürde beschließen, insbesondere wenn es um Medien geht, die sich an Kinder und Jugendliche wenden, oder wenn die Sendungen Frauenthemen und gesellschaftliche Minderheiten betreffen?

Ist die Sensibilisierung der Mitglieder des Rates für diese Problematik möglicherweise wichtiger als die Regeln des freien Marktes, der Wettbewerb und die internationalen Verpflichtungen der Union?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die Änderung der Richtlinie Fernsehen ohne Grenzen nach dem Mitentscheidungsverfahren angenommen wird. Das Europäische Parlament ist daher als Mitgesetzgeber ebenso wie der Rat befugt, auf den Inhalt des Rechtsetzungsaktes Einfluss zu nehmen.

Die von Ihnen angesprochenen besonderen Anliegen sind vom Rat im Rahmen der Überarbeitung der Richtlinie berücksichtigt worden. Insbesondere zieht der Rat in Betracht, den Anwendungsbereich der Richtlinie auszuweiten, damit angemessene Rechtsvorschriften über den Schutz von Minderjährigen und ein Verbot der Aufstachelung zum Hass auch auf neue Abrufdienste sowie auf Dienste, die über neue Vertriebsplattformen wie Mobilnetze und das Internet angeboten werden, Anwendung finden. Nach den Vorstellungen des Rates sollte in der überarbeiteten Richtlinie anerkannt werden, dass Ko- und Selbstregulierungsinstrumente hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten können. Sie wissen ja auch, dass der endgültige Umfang der Überarbeitung gemeinsam mit dem Parlament vereinbart werden muss.

Ich habe gestern bei der Sitzung der Präsidenten auch nochmals deutlich gemacht, dass die Präsidentschaft sehr daran interessiert ist, gemeinsam mit dem Europäischen Parlament zu einer raschen Entscheidung zu gelangen.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin! Ich möchte den Vertreter des Rates speziell fragen, wie es im Hinblick auf diese Produkte und die Hindernisse, die sich aus der vorliegenden Richtlinie ergeben könnten, die bestimmte, für Kinder gefährliche Erzeugnisse verbietet, um den freien Markt und den freien Wettbewerb bestellt ist.

Darüber hinaus möchte ich fragen, ob vorgesehen ist, eine entsprechende Regelung für die Handelsbeziehungen mit Drittländern einzuführen, die sicherstellt, dass eingeführte Erzeugnisse kontrolliert werden können?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Dieses Thema wird zurzeit noch erörtert. Natürlich spielt auch die grenzüberschreitende Ausstrahlung eine wesentliche Rolle. Zu der wichtigen Frage, wie wir Kinder und Jugendliche vor bestimmten Produkten schützen können, führen wir mit dem Europäischen Parlament weiterhin einen intensiven Dialog.

 
  
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  Andreas Mölzer (ITS). – Herr Minister! Gibt es eine Möglichkeit, im Zuge dieser Richtlinie zumindest einmal die öffentlich-rechtlichen Medien in den europäischen Mitgliedstaaten dazu zu bewegen, weitgehend auf Gewaltdarstellungen im Fernsehen und im Radio zu verzichten?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Zuerst einmal geht es darum, nicht zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehkanälen zu unterscheiden, sondern es geht um eine generelle Fernsehrichtlinie auf europäischer Ebene. Im Übrigen gehe ich davon aus, dass sich eine Reihe von Fernsehanstalten eine gewisse Selbstverpflichtung auferlegt hat, damit niemand durch entsprechende Sendungen zu Hass und dergleichen aufgestachelt wird.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE). (LT) Die Programme unserer lokalen Fernsehsender enthalten sehr viel Material aus den Vereinigten Staaten, und gerade aus diesem Land kommen viele gewalttätige und aggressive Sendungen und Filme, die einen sehr schlechten Einfluss auf Kinder und Jugendliche haben. Wir sehen das ja auch in den USA selbst in Form von Massakern in Schulen und Universitäten. Können wir es irgendwie beeinflussen, dass weniger Material dieser Art nach Europa eingeführt und hier gesendet wird?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich bin mir nicht sicher, ob eine Richtlinie alles verhindern kann, aber in den Gesprächen zwischen der Präsidentschaft und dem Europäischen Parlament geht es ja darum, Wege zu finden, wie man die Gefahr auf ein Minimum reduzieren kann.

Ich wiederhole: Wir werden sicherlich ein Gleichgewicht zwischen der so genannten Informationsfreiheit auf der einen Seite und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen auf der anderen Seite finden müssen. Natürlich müssen Kinder geschützt werden. Wir werden ja sehen, was in den nächsten Tagen bei den Gesprächen zu erreichen ist.

 
  
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  Die Präsidentin. – Anfrage Nr. 7 von Bernd Posselt (H-0189/07)

Betrifft: EU-Annäherung Mazedoniens

Welche Möglichkeiten sieht die Ratspräsidentschaft, um die Annäherung der Republik Mazedonien an die EU weiter voranzutreiben, und welche praktischen Fortschritte könnte der Kandidatenstatus dieses Landes in absehbarer Zeit bringen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrter Herr Kollege Posselt! Der Beschluss des Europäischen Rates vom 15. und 16. Dezember 2005, der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien den Status eines Bewerberlandes zu verleihen, stellt eine Anerkennung der Reformergebnisse des Landes dar. Der Europäische Rat betonte, dass je nach Erfüllung der in den Schlussfolgerungen festgelegten Bedingungen und Anforderungen weitere Schritte zur Annäherung an die EU erwogen werden.

Die Kommission wird in ihren Fortschrittsberichten über diese Entwicklungen informieren. Auf seiner Tagung vom 11. und 12. Dezember letzten Jahres sprach der Rat nach Prüfung der Entwicklungen in der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien anhand der Fortschrittsberichte der Kommission sein Bedauern über das Nachlassen des Reformtempos im Jahr 2006 aus.

Der Europäische Rat bekräftigte am 14. und 15. Dezember letzten Jahres, dass das Vorankommen der einzelnen Länder auf dem Weg in die Europäische Union von ihren jeweiligen Bemühungen abhängt, die Kopenhagener Kriterien und die Bedingungen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses zu erfüllen. Was die Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien anbelangt, so forderte er das Land auf, das Reformtempo in den zentralen Bereichen zu erhöhen und die in der europäischen Partnerschaft festgelegten Prioritäten umzusetzen, um im Beitrittsprozess weiter voranzukommen.

Die Regierung des Landes steht vor großen Herausforderungen, insbesondere was die Polizei- und Justizreform und den Kampf gegen Korruption betrifft. Wie ich bereits im März an dieser Stelle in der Beantwortung einer Anfrage des Abgeordneten Ryszard Czarnecki betont habe, sollen nun die offenen Fragen rasch angegangen werden. Das Tempo des Beitrittsprozesses hängt somit in erster Linie von den Bemühungen und Leistungen der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien selbst ab. Der nächste Fortschrittsbericht der Kommission wird darüber Aufschluss geben. Die Union wird das Land auch weiterhin aktiv bei der Verwirklichung dieses Ziels unterstützen.

 
  
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  Bernd Posselt (PPE-DE). – Drei kurze Anmerkungen zu dieser ausgezeichneten Antwort. Erstens würde ich Sie gerne fragen, wie es mit der Umsetzung des Abkommens von Ohrid, insbesondere mit der Kommunalreform steht. Sind Sie mit den Entwicklungen im Inneren zufrieden?

Zweitens: Wie bewerten Sie die Ankündigung der künftigen slowenischen Ratspräsidentschaft, auf ein Datum hinzuarbeiten?

Drittens: Zeichnet sich eine Entspannung in der heiklen Namensfrage ab?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich fange beim letzten Punkt an, weil auch ich weiß, dass er sehr umstritten ist. Am besten wäre es, wenn es zwischen den zwei betroffenen Ländern zu einer Regelung kommen könnte, aber es gibt noch kein Ergebnis, auf das man sich verständigen könnte.

Zum Datum: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, ging es um die slowenische Präsidentschaft. Was ich vorhin vorgetragen habe, zeigt ja, dass der Europäische Rat zwar das Signal gegeben hat, diesem Land den Status eines Beitrittskandidaten zu verleihen, dass wir jedoch immer noch keine Beitrittsverhandlungen führen, in der Hoffnung, nach dieser Aussprache weitere Fortschritte zu erzielen. Ich halte es an dieser Stelle nicht für günstig, ein Datum festzusetzen.

Wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, wenn das entsprechende Reformtempo erreicht ist, wenn die Ergebnisse da sind, dann ist der Europäische Rat bereit, konkrete Daten festzusetzen, damit die nächsten Schritte eingeleitet werden können.

Was das Ohrid-Abkommen betrifft, Herr Posselt, kann ich Ihnen momentan keine genaue Einschätzung der Lage geben, aber ich würde Ihnen gerne die Antwort nachreichen.

 
  
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  Andreas Mölzer (ITS). – Herr Minister! Wenn Mazedonien tatsächlich irgendwann der EU beitreten sollte, könnte das so etwas wie ein babylonisches Sprachenwirrwarr auslösen, da dieser Staat allein über sechs Amtssprachen verfügt. Ist sich der Rat eigentlich dieser Problematik einer drohenden Sprachenexplosion bewusst?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Auf dem Gipfel in Thessaloniki hat die Europäische Union einstimmig zum Ausdruck gebracht, dass es angesichts der vorangegangenen Entwicklungen in den Ländern des westlichen Balkans notwendig ist, diesen Ländern den Beitritt in Aussicht zu stellen. Diese Entscheidung war von dem Gedanken geleitet, Stabilität in diese Region zu bringen.

All die Dinge, die Sie jetzt gerade im Zusammenhang mit der Sprachenvielfalt angesprochen haben, werden nicht gleich von Anfang an Berücksichtigung gefunden haben. Aber wichtig ist, dass wir in dieser Region einen Beitrag zur Stabilität leisten, und deshalb ist die von Ihnen angesprochene Problematik zunächst einmal ein untergeordneter Punkt. Die Europäische Union hat im Übrigen schon ganz andere Probleme gelöst.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE). – Teilen Sie die Auffassung, dass die Vorbereitung und Billigung eines neuen Grundvertrags oder Verfassungsvertrags oder einfach eines neuen Vertrags eine Voraussetzung für den Beitritt von Mazedonien, Kroatien oder anderen Ländern des Westbalkans ist?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Wir haben in diesem Haus schon verschiedentlich über die Geschwindigkeit der Erweiterung und natürlich auch über die Grenzen der Erweiterung diskutiert. Wir haben aber gleichzeitig vor dem Hintergrund bereits getroffener Entscheidungen gesagt – etwa der vorhin zitierten Entscheidung von Thessaloniki –, dass die Europäische Union bei weiteren Erweiterungen handlungsfähig bleiben muss.

Es war bereits klar, dass die EU-15 andere Strukturen gebraucht hätte, um handlungsfähig zu bleiben. Dies trifft erst recht bei 25 bzw. 27 Mitgliedstaaten zu. Wenn die Perspektive für weitere Beitritte bestehen soll, muss die Europäische Union zunächst einmal diese Voraussetzungen erfüllen, also handlungsfähig und transparent sein.

Ich sage deshalb immer wieder, wie auch die Ratspräsidentin das bereits hier in Straßburg erklärt hat: Diejenigen, die eine beschleunigte Erweiterung der Europäischen Union fordern, sind manchmal genau jene, die Schwierigkeiten mit dem Verfassungsvertrag haben. Wenn man aber eine baldige oder mittelfristige Einbindung der Beitrittskandidaten in die Europäische Union will – und das kann man aus politischen Gründen ja durchaus vertreten –, dann muss man allerdings die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Europäische Union handlungsfähig ist. Diese Voraussetzungen bestehen derzeit nicht!

 
  
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  Die Präsidentin. – Anfrage Nr. 8 von Sajjad Karim (H-0192/07)

Betrifft: Darfur

Die sudanesische Regierung unterlässt es nicht nur weiterhin, ihrer Verantwortung zum Schutz ihrer Bürger in Darfur nachzukommen, sondern unterstützt auch weiterhin die Janjawid-Milizen, die gemeinsam mit sudanesischen Regierungstruppen die Hauptverantwortung für schwere Verletzungen der Menschenrechte und der internationalen humanitären Rechte in diesem Gebiet tragen. Ist der Rat vor der Hintergrund der jüngsten Weigerung der sudanesischen Regierung, Visa für die hochrangige Mission des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen nach Darfur auszustellen, die einer konsequenten Ablehnung der notwendigen Entsendung einer UN-Friedenstruppe folgt, bereit, gezielte Sanktionen gegen Karthum in Erwägung zu ziehen? Kann der Rat bestätigen, dass er alles in seiner Macht Stehende unternehmen wird, um auf Russland und China dahingehend Druck auszuüben, dass sie aktiv werden, da ihre strategischen Ölinteressen in Sudan ihnen gute Möglichkeiten zur Beeinflussung der sudanesischen Regierung bieten?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Der Rat hat energisch auf die Weigerung der sudanesischen Regierung reagiert, der Bewertungsmission des VN-Menschenrechtsrates für den Sudan Visa zu erteilen, und die mangelnde Kooperationsbereitschaft der sudanesischen Regierung zutiefst bedauert.

Zuvor hatte die Europäische Union wiederholt Demarchen beim sudanesischen Außenminister unternommen und an den Sudan appelliert, mit dieser Mission zusammenzuarbeiten. Der Rat begrüßt, dass der VN-Menschenrechtsrat bei seiner vierten Sitzung den Bericht der Mission zur Kenntnis genommen und im Konsens eine Resolution zur Menschenrechtslage in Darfur angenommen hat, in der ein Gremium aus Sonderberichterstattern beauftragt wird, alle bisherigen Empfehlungen zur Verbesserung der Menschenrechtslage in Darfur zu überprüfen und ihre Umsetzung voranzutreiben.

Der Rat hat am 15. März 2007 bekräftigt, dass er eine dringende Prüfung weiterer Maßnahmen gegen den Sudan durch den VN-Sicherheitsrat unterstützt, und darauf hingewiesen, dass gemäß der Resolution 1591 des VN-Sicherheitsrates diejenigen, die den Friedensprozess behindern, zur Verantwortung gezogen und geeignete Maßnahmen ergriffen werden müssen. Der Rat hat gleichermaßen seine Entschlossenheit zum Ausdruck gebracht, insbesondere im VN-Rahmen gegen jede Konfliktpartei, die die Umsetzung der Unterstützung der Vereinten Nationen für die Mission der Afrikanischen Union in der Region Darfur in Sudan, einschließlich der Durchführung der vereinbarten hybriden AU-VN-Operation, behindert, weitere Maßnahmen in Betracht zu ziehen.

Der Darfur-Konflikt ist bei Gesprächen sowohl mit China als auch mit Russland regelmäßig erörtert worden, beispielsweise auch auf Tagungen im Rahmen des politischen Dialogs. Dabei wurde konsequent der Standpunkt vertreten, dass die sudanesische Regierung sich für eine politische Lösung des Konflikts einsetzen und ihre eindeutige Zustimmung zur Durchführung des gesamten VN-Unterstützungspakets für die AMIS-Mission geben muss.

 
  
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  Fiona Hall (ALDE), stellvertretend für den Verfasser. – (EN) Im Hinblick auf Darfur herrscht der schreckliche Eindruck vor, dass wir uns in einer Sackgasse befinden. Es gibt viel Händeringen, aber keine Fortschritte, und die jüngsten Ereignisse haben diesen Eindruck eher noch verstärkt.

Zieht der Rat in Ermangelung einer Einigung über eine UNO-Friedenstruppe neben den weiteren Maßnahmen, die er momentan prüft, eine von der EU kontrollierte Flugverbotszone in Betracht, bei der die Kontrollflugzeuge jenseits der Grenze im Tschad stationiert sind? Diese Option wurde seit 2004 immer wieder diskutiert. Ist der Ratspräsident der Ansicht, dass es jetzt an der Zeit wäre, dies in die Tat umzusetzen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Der Rat der Außenminister hat sich am vergangenen Montag in Luxemburg noch einmal mit dem Sudan und Darfur beschäftigt. Wie Sie vielleicht wissen, hat der Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen, Jan Eliasson, daran teilgenommen.

Die Situation, die in dieser Region sowieso schwierig war, ist in der Tat nicht besser geworden, weil zu den bereits bestehenden Konflikten zwischen den unterschiedlichen Parteien im Sudan noch ein weiterer Konflikt hinzugekommen ist, nämlich dass sich plötzlich Stämme gegenseitig bekriegen.

Der Rat hat aber auf ausdrücklichen Wunsch des Sonderbeauftragten zunächst einmal keine weiteren Maßnahmen ergriffen. Der Sonderbeauftragte hat dafür geworben, noch einmal politische und diplomatische Wege zu beschreiten, um vielleicht bei einer veränderten Einstellung von Seiten Chinas die Zustimmung zu einer VN-gestützten Mission zu erreichen.

Die Außenminister haben aber erklärt, dass die Europäische Union an weitere wirksame Maßnahmen gegenüber dem Sudan denkt, wenn es in absehbarer Zeit keine entsprechenden Signale gibt. Und das kann kein Thema für den Sankt-Nimmerleins-Tag sein, man kann das nicht auf Wochen und Monate hinausschieben und einfach abwarten.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE). (LT) Bundeskanzlerin Merkel hat bei ihrer Einleitung zur Berliner Erklärung Darfur als offene Wunde bezeichnet und gesagt, dass es Zeit für einseitige Maßnahmen der Europäischen Union sei.

Ich würde gern noch einmal von Ihnen hören: Wie lange müssen wir auf diese Beschlüsse warten? Laufen die diplomatischen Verhandlungen noch, auch wenn sie bisher keine Ergebnisse gebracht haben und höchstwahrscheinlich auch nie welche bringen werden?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich habe versucht, deutlich zu machen – das war das Ansinnen des vorletzten Rates der Außenminister –, dass wir uns noch einmal einen Eindruck verschaffen wollen, und zwar jetzt über den Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen, aber auch über Informationen des Sonderbeauftragten der Afrikanischen Union. Ich gebe gerne zu, dass das wirklich eine offene Wunde ist. Ich bitte aber, das Anliegen dieses Sonderbeauftragten ernst zu nehmen und zu versuchen abzuschätzen, ob gewisse Bewegungen, die es in den letzten Tagen gegeben hat, vielleicht doch zu einer Lösung führen können, so dass eine gemischte Mission möglich ist.

Ich wiederhole aber: Das ist kein Projekt, bei dem wir Woche um Woche abwarten, ohne dass es Ergebnisse gibt. Es sollten entsprechende Schritte der Europäischen Union eingeleitet werden, sollte dieser Prozess, den Herr Eliasson sich wünscht und den wir uns auch wünschen, nicht in Gang kommen.

 
  
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  Esko Seppänen (GUE/NGL). – (FI) Herr Minister! Die Europäische Union verfügt über Kampftruppen, in denen derzeit deutsche, finnische und niederländische Soldaten Dienst tun. Können Sie sich eine Situation vorstellen, in der Kampftruppen aufgeboten würden, um die Lage in Darfur zu beruhigen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Die Soldaten aus Europa haben eine ganz eng umrissene Aufgabe. Im Wesentlichen handelt es sich um eine Aufgabe der Afrikanischen Union. Deshalb haben wir auch am vergangenen Montag nochmals deutlich gemacht, dass die Gelder für die Aufrechterhaltung dieser Mission langsam zu Ende gehen und die Europäische Union dann natürlich über diesen Termin hinaus die afrikanische Aktion finanziell unterstützen muss. Die Ratspräsidentschaft hat auch ausdrücklich angeregt, Überlegungen anzustellen, inwieweit die Mitgliedstaaten bilateral noch einmal Geld geben können, um diese Aktion der Afrikanischen Union im Sudan, in Darfur, zu unterstützen, wenn die Gelder auf der europäischen Ebene nicht ausreichen.

 
  
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  Die Präsidentin. – Anfrage Nr. 9 von Tobias Pflüger (H-0196/07)

Betrifft: Extralegale Hinrichtungen auf den Philippinen

Wie beurteilt der Rat die politische Situation auf den Philippinen, wo seit dem Amtsantritt der Regierung von Gloria Macapagal-Arroyo im Jahr 2001 über 830 linke politische Aktivisten, Journalisten, Anwälte, Richter, Menschenrechtler, Geistliche und Gewerkschafter extralegalen Hinrichtungen, die von UN-Sonderberichterstatter Philip Alston erst jüngst scharf kritisiert wurden, zum Opfer fielen? Wie beurteilt der Rat in diesem Zusammenhang die offensichtliche Untätigkeit der Regierung Arroyo sowie Berichte, wonach die philippinische Armee hinter diesen Morden steckt?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrter Herr Kollege Pflüger! Wie in der Antwort auf die Anfrage 619/2007 bereits ausgeführt wurde, ist der Rat über die außergerichtlichen Hinrichtungen auf den Philippinen informiert. Die Europäische Union bringt regelmäßig ihre tiefe Besorgnis über diese Vorkommnisse zum Ausdruck und fordert die Behörden nachdrücklich auf, das Problem rasch anzugehen und dabei auch unabhängige Ermittlungen zuzulassen, um die Täter vor Gericht zu bringen und Präventivmaßnahmen zu ergreifen.

Wie bereits in der erwähnten Antwort festgehalten wurde, ist die EU bereit, die Philippinen beim Ausbau des Justizsystems zu unterstützen. Die EU ist sich völlig darüber im Klaren, dass es nicht allein fachlicher Kompetenz bedarf, um den außergerichtlichen Hinrichtungen auf den Philippinen ein Ende zu setzen, sondern dass hierzu auch der entscheidende politische Wille seitens der höchsten Führung erforderlich ist. Die EU wird diesen Willen auch weiterhin nachdrücklich anmahnen. Wir hoffen, dass die ordnungsgemäße Untersuchung und Verfolgung dieser Verbrechen auch eine vorbeugende Wirkung haben werden.

Die Mitgliedstaaten der EU und die Kommission treffen im April Vorbereitungen für eine kurzfristig zu entsendende Erkundungsmission nach Manila zur Bewertung des Bedarfs an fachlicher Unterstützung. Dies erfolgt auf ein entsprechendes Ersuchen von Außenminister Romulo, der um Unterstützung gebeten hat, damit die Empfehlungen der mit der Aufklärung der ungeklärten Tötungsfälle betrauten Melo-Kommission umgesetzt werden können.

 
  
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  Tobias Pflüger (GUE/NGL). – Sind dem Rat folgende außergerichtliche Hinrichtungen bekannt: Cipriano Ligaspo, ermordet am 14. März; Carlito Getrosa, ermordet am 11. März; Che Che Gandinao, ermordet am 10. März; Felisa Timog Ocampo und Renato „Atong“ Torrecampo Pacaide, ermordet am 2. März?

Meine Frage ist, ob eigentlich Sanktionen überlegt werden. Sie haben eben gesagt, dass die philippinische Regierung auf eigenen Wunsch hin unterstützt werden soll. Das Problem liegt ja im Wesentlichen darin, dass die Regierung mit involviert ist. Ist das insofern der richtige Ansatz?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich weiß, dass es zu vielen bedauernswerten außergerichtlichen Hinrichtungen gekommen ist. Mir sind die Namen nicht im Einzelnen bekannt, man könnte der Sache jedoch nachgehen. Ich glaube, dass es in dem Prozess zwischen der EU und den Philippinen notwendig ist, die politische Adresse — die sicherlich Einfluss auf bestimmte Entwicklungen hat — zu erreichen. Auch ist es richtig und wichtig, dass die Europäische Union dann, wenn selbst aus dem Land heraus Defizite im Justizsystem festgestellt werden, entsprechende Maßnahmen zur Unterstützung ergreift und hoffentlich auch zur Aufklärung der Fälle beitragen kann.

 
  
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  Die Präsidentin. – Anfrage Nr. 10 von Sahra Wagenknecht (H-0199/07)

Betrifft: Angriffe auf Anti-Kriegsaktivisten in Sri Lanka

Am 9. Januar wurden Mitglieder des United People's Movement (UPM) in Sri Lanka vor einer öffentlichen Kundgebung von einem bewaffneten Schlägertrupp angegriffen und verfolgt. Medienberichten zufolge soll an diesen Angriffen auch ein stellvertretender Minister, Herr Mervyn Silva, beteiligt gewesen sein.

Wie beurteilt der Rat in diesem Zusammenhang die direkten Angriffe von Mitgliedern der srilankischen Regierung auf Friedensaktivisten in Sri Lanka? Welche Konsequenzen aus diesen Vorfällen zieht der Rat für eine weitere Unterstützung der Regierung Sri Lankas?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Dem Rat liegen keine Beweise dafür vor, dass die Regierung von Sri Lanka mit diesem Zwischenfall in Verbindung gestanden hat. Da können auch keine Schlüsse hinsichtlich der Konsequenzen dieses Zwischenfalls für die Beziehungen zwischen der EU und der Regierung von Sri Lanka gezogen werden.

Allgemeiner betrachtet ist der Rat aber tief besorgt über die Entwicklungen in Sri Lanka. Die Europäische Union fordert beide Seiten nachdrücklich auf, die Gewalt sofort zu beenden und unverzüglich an den Verhandlungstisch zurückzukehren, damit auf der Grundlage von konstruktiven Vorschlägen eine tragfähige Lösung für den Konflikt gefunden werden kann. Ungeachtet der offensichtlichen Schwierigkeiten prüft die Europäische Union im Rahmen ihrer Rolle als eine der Mitvorsitzenden der Tokyoter Konferenz der Geberländer weiterhin alle Möglichkeiten der Bereitstellung von Unterstützung für den Friedensprozess in Sri Lanka.

 
  
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  Sahra Wagenknecht (GUE/NGL). – Sie haben gerade gesagt, dass der Rat tief besorgt ist, aber meine Frage ist dann doch sehr konkret: Was will der Rat tun, damit auf Sri Lanka eingewirkt wird, damit die Militäroffensive gegen die Befreiungstiger von Tamil Eelam — die ja schon jetzt sehr viel zivile Opfer gefordert hat — eingestellt wird und sie gezwungen werden, an den Verhandlungstisch zurückzukehren?

Die zweite Frage: Ist dem Rat bekannt, dass auch Waffen aus EU-Mitgliedstaaten in diesem Konflikt eingesetzt werden?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Zum letzten Punkt ist mir nichts bekannt. Wir werden aber der Frage nachgehen, ob dazu Informationen vorliegen.

Zu der Frage, welche Maßnahmen der Rat zu treffen gedenkt: Ich kann Ihnen sagen, dass der Rat die Arbeit der Monitoring Mission in Sri Lanka und auch den eingesetzten norwegischen Vermittler unterstützt. Wir haben die Konfliktparteien wiederholt zur Einhaltung des Waffenstillstandsabkommens von 2002 aufgefordert und die Achtung der Menschenrechte angemahnt.

Zudem hat die Europäische Union auch im Genfer Menschenrechtsrat einen eigenen Resolutionsentwurf zur Menschenrechtslage in Sri Lanka eingebracht. Dieser Entwurf bringt die Besorgnis der EU über die jüngste Eskalation der Gewalt in Sri Lanka zum Ausdruck und ruft zu einer sofortigen Beendigung der Gewalt und der damit einhergehenden Verletzung der Menschenrechte und humanitären Grundrechte auf.

Ich hoffe, dass das zu einem nächsten Schritt führt. Die von Ihnen angesprochene Frage werden wir noch einmal prüfen und Ihnen Informationen zukommen lassen.

 
  
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  Tobias Pflüger (GUE/NGL). – Zu Beginn der jetzigen Eskalation des Konfliktes in Sri Lanka wurde ja auch hier im Hause eine Debatte darüber geführt, inwieweit es vonseiten der EU sinnvoll war, die LTTE auf die EU-Terrorliste zu setzen. Wie bewerten Sie heute die Maßnahme, die LTTE auf die Terrorliste zu setzen, nachdem der Konflikt ja enorm eskaliert ist? War das im Nachhinein sinnvoll? War das insbesondere zu diesem Zeitpunkt sinnvoll?

Eine zweite Frage: Norwegen spielt in diesem Konflikt, insbesondere auf der Verhandlungsebene, eine sehr positive Rolle, und es ist auf diplomatischem Wege von Norwegen aus Kritik in Richtung EU geäußert worden, dass die Rolle der EU doch etwas einseitig regierungsfreundlich sei. Was meinen Sie dazu?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich kann die letzte Feststellung nicht teilen. Ich habe vorhin zum Ausdruck gebracht, dass es angesichts der Konflikte und der Probleme auch für die Zivilbevölkerung notwendig ist, dass beide Teile in die Lösung des Konflikts einbezogen werden. Die Europäische Union hat deshalb keiner der Parteien, auch nicht der Regierungspartei, mehr Vertrauen geschenkt. Es muss im Maßnahmenkatalog der EU und anderer Institutionen, die dort aktiv sind, vorgesehen sein, dass der Konflikt dauerhaft beigelegt wird.

Zu der ersten Frage kann ich persönlich keine Bewertung vornehmen. Das lasse ich aber auch noch einmal prüfen.

 
  
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  Die Präsidentin. – Anfrage Nr. 11 von Danute Budreikaite (H-0201/07)

Betrifft: Ökologische Auswirkungen der Nordpipeline

Im Rahmen der neuen Politik der Nördlichen Dimension, zu deren Bestandteilen die Ostseestrategie zählt, richtet sich das Hauptaugenmerk auf den Umweltschutz und den Klimawandel. Die Ostsee ist eines der am stärksten verschmutzten Meere der Welt. Außerdem lagern auf ihrem Grund aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs 282 000 Tonnen gefährlicher Waffen. Eine aktive Wirtschaftstätigkeit in der Ostsee und insbesondere der geplante Bau der Nordpipeline können eine ökologische Katastrophe auslösen, deren Folgen schwer vorhersehbar sind.

Ist das den Vorsitz innehabende Land, das an dem Projekt beteiligt ist, nicht der Ansicht, dass die EU, bevor mit der Durchführung solcher Projekte begonnen wird, ein unabhängiges Sachverständigengutachten über die möglichen ökologischen Auswirkungen des Baus einer Gasleitung einholen müsste? Die Gutachten der Projektautoren, bei denen es um ihre eigenen Interessen geht, werden die Bürger der Gemeinschaft sicher nicht von der Sicherheit des Projekts überzeugen.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Der Rat spielt bei der Planung oder beim Bau der Pipeline keine direkte Rolle, denn die Durchführung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, und es ist Aufgabe der Kommission, sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten diese Rechtsvorschriften ordnungsgemäß anwenden.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE).(LT) Ich bin mit dieser Antwort zweifelsohne nicht zufrieden. Das heißt nicht, dass EU-Mitgliedstaaten auf dem Territorium der Europäischen Union machen können, was sie wollen. Russische Experten haben bereits festgestellt, dass sich dort auf dem Meeresboden eine Menge Munition befindet, sodass jetzt über eine Änderung des Verlaufs der Gaspipeline nachgedacht wird.

Die Russen sind der Meinung, dass Gasprom die Erlaubnis erhält, bewaffnete Milizen einzusetzen, die zusammen mit der Marine der baltischen Staaten die gesamte Pipeline und all diejenigen kontrollieren, die dieses Gebiet befahren und die Umwelt nutzen.

Die Ostssee gehört uns allen, und ich glaube nicht, dass diese Angelegenheit nur zwei Länder betrifft.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich möchte noch einmal klarstellen, dass diese Pipeline nicht von einem Staat geplant wird, sondern von privaten Unternehmen. Diese Unternehmen müssen entsprechende Anträge einreichen. Da auch verschiedene Mitgliedstaaten betroffen sind, müssen die einschlägigen Vorschriften beachtet werden.

Ich habe das vor einiger Zeit schon einmal hier gesagt: Es gibt verschiedene Aspekte. Sie nannten die Munitionsfunde, die es in der Tat gibt. Das ökologische System und andere Fragen sind zu berücksichtigen. Das kann aber alles nur dann im Hinblick auf die europäischen Rechtsvorschriften geprüft werden, wenn ein Antrag gestellt wurde und die entsprechenden Verfahren eingeleitet wurden. Es gibt keine Sonderrechte für das eine oder andere Unternehmen, sondern es müssen die nationalen und auch die europäischen Vorschriften, insbesondere was den Umweltschutz angeht, beachtet werden.

 
  
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  Nils Lundgren (IND/DEM). – (SV) Wenn es zu Streitigkeiten kommt und in schwedischen Territorialgewässern eine Umweltprüfung vorgenommen wird, entscheidet dann der Europäische Gerichtshof oder der schwedische Umweltgerichtshof in dieser Sache?

Es gab sehr unterschiedliche Informationen darüber, ob der Rat den Bau der deutsch-russischen Gasleitung in der Ostsee genehmigt hat. Hat der Rat einen solchen Beschluss gefasst?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Soweit ich weiß, würde kein Rat hier eine Bewertung abgeben. Zunächst ist es eine unternehmerische Entscheidung von Privatunternehmen. Es baut ja nicht die Bundesrepublik Deutschland. Es bauen – bzw. wollen bauen – Konsortien aus Deutschland mit niederländischen Anteilen. Wenn Verfahren eingeleitet werden und die Mitgliedstaaten für ihren Bereich zu prüfen haben, ob die Baumaßnahme diesen Vorschriften entspricht, bzw. wenn der Antragsteller mit dieser Entscheidung nicht einverstanden ist, dann werden natürlich zunächst die nationalen Gerichte angerufen.

 
  
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  Die Präsidentin. – Anfrage Nr. 12 von Georgios Papastamkos (H-0203/07)

Betrifft: Territoriale Agenda der EU

Eines der prioritären Ziele der deutschen EU-Präsidentschaft besteht in der Verabschiedung der Territorialen Agenda der EU.

Welche Maßnahmen plant der Rat, um eine integrierte städtische und ländliche Entwicklungspolitik energisch voranzutreiben? Wird die geplante „Leipzig-Charta“ diese Politik effizient mit einer auf Entwicklung ausgerichteten Regionalpolitik verknüpfen und wenn ja, auf welche Weise?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Der Rat als solcher ist nicht an den Initiativen beteiligt, die mit der Charta von Leipzig zur nachhaltigen europäischen Stadt und der territorialen Agenda der EU zusammenhängen. Diese Initiativen werden von den Mitgliedstaaten in einem informellen Rahmen ergriffen.

Die Charta von Leipzig und die territoriale Agenda der EU sind Angebote der europäischen Minister für Raum- und Stadtentwicklung zur besseren Berücksichtigung der städtischen und territorialen Gegebenheiten bei der Durchführung der EU-Politiken, beispielsweise bei der Frage, wie eine integrierte Raum- und Stadtentwicklungspolitik zu den Zielen von Lissabon und Göteborg – mehr nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Stärkung des europäischen Sozialmodells – beitragen kann. Daher sollen die Ergebnisse des informellen Ministertreffens allen europäischen Institutionen zugeleitet werden. Diese können dann in Eigenverantwortung prüfen, inwieweit die Berücksichtigung städtischer und territorialer Belange für die Erreichung ihrer politischen Ziele hilfreich ist.

 
  
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  Georgios Papastamkos (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin! Ich möchte dem Minister für seine Antwort danken. Die territoriale Agenda stellt aber nun einmal eine Priorität der deutschen Ratspräsidentschaft dar und nimmt in ihrem Programm einen wichtigen Platz ein. Deshalb möchte ich den Minister bitten, uns noch detaillierter zu erläutern, worin die Ziele einer solchen territorialen Agenda bestehen, welche Ansicht der deutsche Ratsvorsitz dazu vertritt und wie er sie bis Ende Juni in sein künftiges Programm einbeziehen wird.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Erst einmal müssen bestimmte Ergebnisse ausgewertet werden, und dann kann man sie zumindest dort, wo man Themen ausgemacht hat, an die entsprechenden Institutionen weitergeben.

Der Ansatz bestand darin, dass es gerade auch im grenzüberschreitenden Bereich Möglichkeiten zur integrierten Stadtentwicklung oder Raumentwicklung gibt. Unsere Präsidentschaft dauert nur noch etwas mehr als zwei Monate. Ich gehe davon aus, dass der amtierende Präsident am Ende seiner Präsidentschaft Ergebnisse vorlegen und sie den betreffenden Institutionen zur Verfügung stellen wird.

 
  
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  Die Präsidentin. Die Anfragen, die aus Zeitgründen nicht behandelt wurden, werden schriftlich beantwortet (siehe Anlage).

Ich danke dem Ratspräsidenten und seinen Kollegen.

Die Fragestunde ist geschlossen.

(Die Sitzung wird um 19.00 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 
  

(1) ABl. L 167 vom 26.6.2002, S. 1.
(2) ABl. L 118 vom 14.5.2003, S.12.


19. Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Gérard Deprez im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke und zur diesbezüglichen Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates (KOM(2006)0401 – C6-0253/2006 – 2006/0140(COD)).

 
  
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  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Die Kommission begrüßt nachdrücklich den zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat erreichten Kompromiss zur Verordnung über die Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke.

Bekanntlich besteht in der Europäischen Union seit den vergangenen fünf Jahren zunehmender Bedarf an der Bereitstellung von operativer Hilfe für die Mitgliedstaaten, die aufgrund ihrer geografischen Lage und der Kompliziertheit ihrer Außengrenzen die schwersten Lasten in Fragen der Grenzkontrolle zu tragen haben. Als Reaktion darauf gründete die Europäische Union 2004 die Frontex-Agentur als Maßnahme zur Kanalisierung der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft mit dem Ziel der operationellen Zusammenarbeit. Darüber hinaus wird ab dem nächsten Jahr ein neuer Außengrenzenfonds zur Absicherung der finanziellen Solidarität eingesetzt werden, wodurch die Kapazität alle Mitgliedstaaten gestärkt wird, damit sie den Anforderungen gerecht werden können, die sich durch die verschiedenen Außengrenzen ergeben.

Die Einrichtung eines Mechanismus zur Schaffung und zum Einsatz von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke stellt eine weitere Solidaritätsmaßnahme dar. Sie ist in der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft ein wichtiger Schritt nach vorn, indem die Außengrenzen der Europäischen Union überwacht und an diesen Grenzen Personenkontrollen vorgenommen werden.

Die Soforteinsatzteams werden zu einer gut ausgebildeten, spezialisierten Grenzsicherungsreserve werden, die von der Frontex-Agentur kurzfristig in einen Mitgliedstaat entsandt wird, der solcher Hilfe bedarf. Als etwas in dieser Hinsicht Neues und Bahnbrechendes werden die Soforteinsatzteams in die Lage versetzt, alle notwendigen Funktionen im Zusammenhang mit Personenkontrollen an Außengrenzen genau so auszuüben wie die nationalen Grenzwachen des gastgebenden Mitgliedstaats.

In diesem Zusammenhang möchte die Kommission die folgende mündliche Erklärung zum Internationalen Seerecht und zu den internationalen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Schutzes abgeben.

Jeder Mitgliedstaat, der sich an Operationen beteiligt, die von Frontex auf hoher See koordiniert werden, bleibt völlig an seine individuelle Verpflichtung gebunden, den vor allem in der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951 und in dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen

und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe verankerten Grundsatz der Nichtabweisung gegenüber allen Menschen in seinem Zuständigkeitsbereich zu achten. Findet in den Territorialgewässern eines Mitgliedstaats eine Aufbringung statt oder wird eine Rettungsaktion ausgeführt, dann ist der gemeinschaftliche Besitzstand in Fragen des Asylrechts anzuwenden. Dazu gehört die Verordnung von Dublin. In Ermangelung anderer einschlägiger Kriterien wäre also der Mitgliedstaat, in dessen Gewässern die Aufbringung oder die Rettungsaktion vorgenommen wurde, für die Prüfung jeglicher Asylansprüche zuständig. Nach Annahme dieser Verordnung behalten diese Grundsätze im Fall künftiger Aufgaben der Soforteinsatzteams ihre volle Gültigkeit.

Wie die Kommission in ihrer Mitteilung vom 30. November 2006 über den Ausbau von Grenzschutz und -verwaltung an den südlichen Seegrenzen der Europäischen Union hervorhob, ist nicht klar, unter welchen Bedingungen ein Staat verpflichtet sein könnte, die Verantwortung für die Prüfung eines Asylantrags zu übernehmen, sofern die Aufbringung oder Rettungsaktion auf hoher See oder in den Territorialgewässern eines Drittlandes vorgenommen wird. Auch ist unklar, unter welchen Bedingungen der Mitgliedstaat, in dem eine von der Frontex-Agentur koordinierte Operation stattfindet, als letztendlich zuständig für die Einhaltung dieses Grundsatzes angesehen werden kann.

Natürlich sollte die künftige Entwicklung eines integrierten Systems der Verwaltung der äußeren Seegrenzen auf einem eindeutigen gemeinschaftlichen Verständnis der Schutzpflichten der Mitgliedstaaten beruhen. Dazu hat die Kommission vorgeschlagen, dass die Mitgliedstaaten diese Probleme kollektiv und pragmatisch entweder im Kontext umfassenderer bilateraler oder regionaler Vereinbarungen oder aber durch die Ausarbeitung praktischer Leitlinien in enger Zusammenarbeit mit der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation, dem Hochkommissar für Flüchtlinge der Vereinten Nationen und anderen einschlägigen Stellen angehen.

Zur Unterstützung dieses Prozesses wird die Kommission in Kürze eine Studie zum Seerecht veröffentlichen, in der diese und andere relevante Probleme behandelt werden. Auf die Veröffentlichung der Studie folgt dann eine Expertentagung mit den Mitgliedstaaten, auf der unter Berücksichtigung der Zuständigkeitsgrenzen der Gemeinschaft in diesem Bereich und der mündlichen Erklärung die praktischen Folgemaßnahmen festgelegt werden sollen.

Abschließend möchte ich noch einmal hervorheben, dass die Kommission mit großer Genugtuung die gute Zusammenarbeit zwischen den drei an der Erreichung einer Vereinbarung über diese äußerst wichtige neue Gemeinschaftsvorschrift beteiligten Institutionen vermerkt, und dem Berichterstatter, Herrn Deprez, den Schattenberichterstattern und dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres für ihre ausgezeichneten Beiträge zum Erfolg dieses Dossiers herzlich dankt.

 
  
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  Gérard Deprez (ALDE), Berichterstatter. (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir, gleich eingangs eine erfreuliche Feststellung zu treffen: Wenn der Entwurf für die so genannte RABIT-Verordnung unserem Haus bereits morgen zur Verabschiedung in erster Lesung vorgelegt werden kann, so ist das der Tatsache zu danken, dass unsere drei Institutionen in einer Weise zusammengearbeitet haben, die ich als beispielhaft bezeichnen würde.

Zuerst ist der Beitrag der Kommission zu nennen, deren ursprünglicher Vorschlag eine hohe Qualität aufwies und die während des gesamten Diskussionsprozesses stets eine große Fähigkeit bewies, Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen und den Weg zu einem Kompromiss zu ebnen. Auch der Rat hat seinen Beitrag geleistet, insbesondere während der finnischen und jetzt während der deutschen Präsidentschaft. Er hat stets seinen Willen bekräftigt, den Prozess zum Erfolg zu führen, und keine Mühen gescheut, um alle Mitgliedstaaten zu überzeugen. Besonderer Dank gebührt dem letzten Vorsitz von Frau Monika Schmitt-Vockenhausen. Und was mich betrifft, so konnte ich im Namen des Parlaments von Anfang an – und dafür möchte ich mich öffentlich bedanken – auf eine solide Unterstützung und das Vertrauen einer Mehrheit der Schattenberichterstatter der anderen Fraktionen im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres bauen. Ihnen möchte ich von dieser Stelle aus meinen Dank aussprechen.

Der Kern des Problems, um das es hier geht, Herr Präsident, ist simpel und dringend zugleich. Es handelt sich darum, die Hilfe der EU-Mitgliedstaaten für diejenigen unter ihnen zu organisieren, die sich mit der plötzlichen und massiven Ankunft illegaler Zuwanderer konfrontiert sehen, die die Außengrenzen der Union überschreiten wollen. Dieses Problem betrifft heute bekanntlich – und dramatische Bilder erinnern ständig daran –, die Länder im Süden der Union. Jedoch kann niemand ausschließen, dass morgen andere Grenzen, besonders im Südosten und Osten nicht dem gleichen plötzlichen und immer wiederkehrenden Druck ausgesetzt sind.

Der uns vorliegende Verordnungsentwurf bestätigt vier grundlegende Prinzipien, die ich im Namen des Parlaments stets entschieden verteidigt habe. Das erste Prinzip: Die Solidarität hinsichtlich der Kontrolle der Außengrenzen ist keine Option, sondern eine Verpflichtung. So ist in dem Verordnungsentwurf vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten sich an dem Soforteinsatzpool beteiligen und der Agentur Frontex auf deren Ersuchen Grenzschutzkräfte zur Verfügung stellen, sofern sie nicht selbst eine Notsituation zu bewältigen haben.

Das zweite große Prinzip: Die für den Pool abgestellten Grenzschutzbeamten sind bei ihrem Einsatz innerhalb der Soforteinsatzteams auf dem Territorium eines anderen Mitgliedstaates keine Ersatzkräfte oder zweitrangigen Beamten im Vergleich zu den Grenzschutzbeamten des Einsatzmitgliedstaates. Die Angehörigen der Einsatzteams erhalten ihre Anweisungen selbstverständlich von dem Einsatzmitgliedstaat, ansonsten sind sie den nationalen Grenzschutzbeamten gleichgestellt. Sie haben die gleichen Aufgaben zu erfüllen. Sie haben das Recht, ihre eigene Uniform zu tragen, die zusätzlich mit einer Armbinde mit den europäischen Abzeichen versehen ist. Sie dürfen nach dem innerstaatlichen Recht des Herkunftsmitgliedstaats zulässige Dienstwaffen mit sich führen, sofern keine Uneinigkeit zwischen den beiden betroffenen Staaten besteht. Sie können die Befugnis erhalten, nationale und europäische Datenbanken abzufragen, und das im ursprünglichen Entwurf vorgesehene Akkreditierungsdokument wurde von den herabsetzenden Elementen befreit, die es meiner Meinung nach enthielt.

Das dritte große Prinzip, und da wende ich mich speziell an Herrn Catania, besteht darin, dass unter allen Umständen die Grundrechte zu achten sind. So sieht der Verordnungsentwurf Folgendes vor: Erstens haben sich die Teammitglieder ebenso wie die einheimischen Grenzschutzbeamten jedes diskriminierenden Verhaltens zu enthalten; zweitens haben sie unter Einhaltung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich des internationalen Schutzes und der Nicht-Abschiebung zu handeln; und drittens haben die Teammitglieder unter voller Einhaltung der sich aus dem Internationalen Seerecht ergebenden Verpflichtungen, speziell bezüglich Such- und Rettungsmaßnahmen, zu handeln. Dies wurde vorhin auch durch den Kommissar bestätigt. Deshalb ist der von Ihnen, Herr Catania, eingebrachte Änderungsvorschlag gar nicht erforderlich. Ich würde sogar sagen, er wäre beleidigend, denn er geht von der Annahme aus, dass die Grenzschutzbeamten, einschließlich der spanischen, italienischen oder nun auch maltesischen, nicht das Anliegen hätten, wenn sie Schiffe in Seenot entdecken, die Menschen zu retten. Schließlich sieht der Verordnungsentwurf vor, dass die europäischen Richtlinien zum Schutz der persönlichen Daten voll angewandt werden.

Das vierte Prinzip: Wenn ein Notfall vorliegt, so bedeutet das einen Notfall für alle. Da es darum geht, mit Notsituationen fertig zu werden, sehen die Bestimmungen der Verordnung sehr kurze Fristen für die Umsetzung der Maßnahmen vor. Der Direktor von Frontex verfügt über höchstens fünf Arbeitstage, um über einen Einsatz zu entscheiden. Sobald der Einsatzplan aufgestellt ist, muss der tatsächliche Einsatz der Teams spätestens innerhalb von weiteren fünf Arbeitstagen erfolgen. Angesichts dessen ist daher nur verständlich, dass sich die Haushaltsbehörde für den Fall eines gerechtfertigten Einsatzes, für den die Haushaltsmittel von Frontex jedoch nicht ausreichen, verpflichtet, unter Achtung der Bestimmungen der Haushaltsordnung, unverzüglich eine Haushaltslösung zu finden. Das ist der Sinn des Änderungsvorschlags, der zum Text des Verordnungsentwurfs hinzugefügt wurde und der die diesbezügliche Einigung zwischen der Kommission, dem Parlament und dem Rat widerspiegelt.

So viel, Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, zu dem Entwurf, über den unser Haus morgen abzustimmen hat. Ich zweifle nicht und hoffe, dass er breite Zustemmung finden wird.

 
  
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  Agustín Díaz de Mera García Consuegra, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(ES) Herr Präsident! Ich werde die mir zustehenden drei Minuten nicht voll in Anspruch nehmen, denn es handelt sich um einen sehr guten Bericht, der mit einer Arbeitsmethode abgefasst wurde, die Anerkennung verdient, und daher beglückwünsche ich Herrn Deprez.

Weiterhin freue ich mich über das zwischen dem Rat, der Kommission und dem Europäischen Parlament zustande gekommene wichtige Übereinkommen.

Schließlich möchte ich einige wenige Überlegungen anstellen.

Ich weise darauf hin – wie ich es im Präsidium meiner Partei letzte Woche in Granada getan habe –, dass die Zuständigkeit für die Überwachung der Grenzen und der Außengrenzen den Mitgliedstaaten und nur den Mitgliedstaaten obliegt.

Was also ist FRONTEX? FRONTEX und die Soforteinsatzteams sind hauptsächlich Mittel der Koordinierung und der Kooperation.

Die Soforteinsatzteams sind zusätzliche Instrumente der Zusammenarbeit, um zu verhindern, dass die Außengrenzen der Union so durchlässig werden wie die Binnengrenzen und zwischen ihnen ein Szenario humanitärer Desolation entsteht. Vergessen wir nicht, dass die Europäische Union die Zahl der Toten, die bei der unmenschlichen, waghalsigen Fahrt über den Atlantik unter Nutzung der kriminellen Mechanismen mafiöser Strukturen ums Leben kamen, gerade mit 10 000 beziffert hat.

Die Soforteinsatzteams, die Gegenstand eines großen Konsenses und so großer Einigkeit sind, bilden ein zusätzliches Instrument zur Mitwirkung und Zusammenarbeit.

Diese obligatorische Solidarität ist kein Widerspruch an sich, Herr Präsident. Sie stellt eine notwendige Realität dar, die wir heute in dem Übereinkommen verankert haben und die morgen, wie ich hoffe, die Unterstützung der breiten Mehrheit dieses Hauses finden wird.

Das Finanzinstrument, auf das Herr Deprez Bezug genommen hat, ist viel mehr als eine Absichtserklärung zur Bewältigung kritischer Situationen und des massiven Eindringens in einen Teil unseres Territoriums. Es ist eine unmittelbare Reaktion, mit der Solidarität bewiesen wird und Haushaltsmittel bereitgestellt werden.

Ich möchte schließen, wie ich begonnen habe, Herr Präsident, indem ich meine Freude über das Zustandekommen eines Instruments äußere, das von einer großen Solidarität zeugt und für die Kontrolle der Unionsgrenzen von hohem Nutzen ist.

 
  
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  Javier Moreno Sánchez, im Namen der PSE-Fraktion. (FR) Herr Präsident, ich möchte mich der Muttersprache unseres Berichterstatters bedienen, um ihn zu beglückwünschen und ihm für seine sorgfältige Arbeit sowie ihr Ergebnis, den ausgezeichneten Bericht, den wir morgen annehmen werden, zu danken.

Herr Deprez, ohne in simple Wortspiele verfallen zu wollen, glaube ich, dass Sie es verstanden haben, zusammen mit den Schattenberichterstattern ein echtes Soforteinsatzteam innerhalb des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres zu bilden, was es uns ermöglicht hat, rasch zu handeln, um in erster Lesung einen Text zu verabschieden, der bei der Abstimmung im Ausschuss breite Zustimmung gefunden hat.

Dank des konstruktiven Dialogs mit der deutschen Präsidentschaft, die diese Verordnung zu einer ihrer Prioritäten gemacht und sich sehr empfänglich für unsere Vorschläge gezeigt hat, ist es uns auch gelungen, unsere Vorschläge beim Rat geltend zu machen.

(ES) Meine Damen und Herren! Gemeinsam haben wir den Text verbessert, der einmal mehr die Reife dieses Hauses zeigt, wenn es um die Erarbeitung von Rechtsvorschriften auf solch einem sensiblen Gebiet wie dem Kampf gegen die illegale Einwanderung geht. Daher müssen wir den Bereich der Mitentscheidung auf alle Aspekte der Einwanderungspolitik ausweiten.

Wir begrüßen, dass der Rat Justiz und Inneres am vergangenen Donnerstag in Luxemburg die Verordnung und den Kompromiss der drei Institutionen zur Sicherstellung der entsprechenden Finanzierung der Operationen angenommen hat.

Die Teams sind in diesem Sommer hoffentlich einsatzbereit, oder sogar früher, wie der Vizepräsident der Kommission, Herr Frattini, gefordert hat.

Ich glaube, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen, meine Damen und Herren. Wir kommen langsam voran, doch wir sind auf einem guten Weg. Wir haben einen kleinen Schritt hin zu einer gemeinsamen Einwanderungspolitik getan.

Unsere jeweiligen Regierungen haben begriffen, dass die Einwanderung eine gemeinschaftliche europäische Herausforderung darstellt, die eine globale und gemeinsame Antwort auf der Grundlage von Solidarität, gegenseitigem Vertrauen und geteilter Verantwortung erforderlich macht.

In dieser Hinsicht hat der verbindliche Grundsatz der Solidarität der Mitgliedstaaten, wie er in Artikel 3 der Verordnung festgeschrieben ist, sehr große Bedeutung. Dieses Instrument ist kein Allheilmittel, doch es bedeutet einen Fortschritt im Kampf gegen die illegale Einwanderung und den Menschenhandel.

Diese Teams werden zu einer stärkeren Solidarität und gegenseitigen Hilfe beitragen, um die europäischen Außengrenzen bewachen zu können, Leben zu retten – insbesondere im Atlantik und im Mittelmeer – und die Einwanderer, die versuchen, illegal auf das Territorium der Union zu gelangen, ordentlich zu behandeln.

Unsere Bürger wollen, dass die Europäische Union auf ihre Sorgen reagiert. Die Soforteinsatzteams sind eine konkrete Antwort.

Unsere Bürger und die Einwanderer verdienen es, dass wir die Frage der illegalen Einwanderung mit Ernsthaftigkeit anpacken. Deshalb möchte ich die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten zur Konsequenz auffordern. Sie können nicht in Granada die von der spanischen Regierung vorgenommene Legalisierung kritisieren, während in Luxemburg gleichzeitig zwei von Ihrer politischen Familie geführte Regierungen ankündigen, demnächst Legalisierungen vorzunehmen, was wir Sozialisten im Übrigen völlig verstehen und respektieren.

Meine Damen und Herren der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten, lassen Sie sich nicht von der spanischen Volkspartei leiten, die mit Platzpatronen auf die spanische Regierung schießt.

 
  
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  Bernat Joan i Marí, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (FR) Herr Präsident! Lassen Sie mich zunächst den Berichterstatter, Herrn Deprez, zu seiner Arbeit beglückwünschen. Ich sehe darin eine sehr konsequente, sehr interessante und gut gemachte Arbeit zu einem wirklich schwierigen Thema. Ich glaube, man kann von einer stufenweisen Einigung sprechen.

(EN) Wir können darüber aus langer Sicht, mittlerer Sicht oder kurzer Sicht sprechen. Ich halte dies für einen guten Bericht und für eine gute Lösung unserer derzeitigen und bisherigen Probleme in der Europäischen Union. Die gemeinschaftlichen Vorschriften gehorchenden Soforteinsatzteams werden ein gutes Instrument sein, um die notwendigen Maßnahmen zu treffen, wenn Menschen illegal in die Europäische Union einreisen.

Andererseits denke ich, dass Europa eine gemeinschaftliche Einwanderungspolitik braucht. Als Mitglied der Freien Europäischen Allianz bin ich dagegen, dass die Mitgliedstaaten Besitzer ihrer Grenzen sind. Künftig sollten meiner Meinung nach die Grenzen der Europäischen Union eine Frage der Gemeinschaft sein. Wir müssen in dieser Frage zusammenarbeiten und, stets im Einklang mit den wichtigsten europäischen Werten und den Grundsätzen der Europäischen Union, eine gemeinsame Migrationspolitik ins Auge fassen. Die Europäische Union muss einheitlicher auftreten und in diesen Fällen die besten Maßnahmen bereithalten.

Auch müssen wir den AKP-Ländern und insbesondere unseren Nachbarn im südlichen Mittelmeerraum in ihrer Entwicklung helfen. Eine Lösung in diesem Teil der Welt zu finden, ist eine Garantie für die Lösung unseres derzeitigen Problems. Die Lösung der Probleme in den Ländern, aus denen die Menschen in die Europäische Union einwandern, ist die wichtigste Voraussetzung zur Vermeidung dieser mitunter tragischen Lage.

Nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern die gesamte Europäische Union sollten sich über die Einwanderungspolitik im Klaren sein, auch Regionen mit konstitutionellen Befugnissen, zum Beispiel die Kanarischen Inseln. Die Regierung der Kanarischen Inseln sollte bei der jüngsten Krise in diesem Teil der Welt ein Mitspracherecht haben. Nebenbei bemerkt, heute ist der 300. Jahrestag der Schlacht von Almansa, in der das Königreich Valencia geschlagen wurde und das Ende der katalanischen Nation seinen Anfang nahm. Ich meine, die Regionen, die staatenlosen Nationen und alle politischen Körperschaften in der Europäischen Union haben in solchen Fragen ein Mitspracherecht.

Wie gesagt, ich halte den Bericht für vollständig, für sehr gut und sehr interessant. Doch hegen wir gewisse Befürchtungen, vielleicht aus einem Gefühl der Verantwortung heraus, darunter auch die Befürchtung, die Maßnahmen der Teams könnten die Menschen davon abhalten, Schutz zu suchen, und dass ihnen damit das ihnen nach internationalen Übereinkommen zustehende Asylrecht verwehrt wird. Wir haben das in Gesprächen mit Migranten erfahren, die illegal nach den Kanarischen Inseln gekommen waren. Diese Menschen haben es wegen des unzureichenden Informationsflusses und aus anderen Gründen nicht leicht, um Asyl nachzusuchen, wenn sie das wirklich beabsichtigen.

Die Position der Verts/ALE-Fraktion ist die, dass die Soforteinsatzteams nur einen Teil der Maßnahmen im Rahmen der Frontex-Verordnung bilden und insbesondere dann zum Einsatz kommen sollten, wenn an den Außengrenzen eine Unterstützung dringend geboten scheint. Das Für und Wider dürfte also in einem engen Zusammenhang mit der Haltung der Fraktion zu den Frontex-Operationen stehen. Wir sehen insofern die Verordnung als ein Instrument bei unverzüglichem Handlungsbedarf.

 
  
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  Giusto Catania, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mich bei Herrn Deprez für die von ihm geleistete Arbeit bedanken, denn sie versetzt uns in die Lage, seinen Bericht in erster Lesung anzunehmen. Das beweist seine Fähigkeit, zwischen den Fraktionen, dem Rat und der Kommission zu vermitteln.

Ich möchte ihm danken, obgleich ich all meine Vorbehalte in Bezug auf diese Verordnung aufrecht erhalte, weil sie meines Erachtens eigentlich nur dazu dient, FRONTEX, dieser nutzlosen kleinen Agentur, die von den Gemeinschaftsorganen geschaffen wurde und bis gestern nichts geleistet hat, eine Aufgabe zu geben. Ich glaube, die Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke ist eine reine Propagandaübung, denn es ist klar, dass die Krise der Europäischen Union im Bereich der illegalen Einwanderung in Wirklichkeit nicht von Südeuropa oder von den Booten ausgeht, die über das Meer zu uns kommen. Das wird eingehend durch alle verfügbaren Daten und Statistiken belegt. Sogar die Kommission gibt an, dass nur 14 % der in Europa lebenden illegalen Einwanderer auf dem Seeweg kommen.

Deshalb verstehe ich nicht, warum es notwendig sein soll, solche Soforteinsatzteams zu bilden. Dasselbe gilt auch für die südeuropäischen Länder – Italien, Spanien und auch Malta, ein Land, dem wir helfen sollten. Herr Borg weiß sicher besser als ich, dass wir versuchen sollten, Malta zu unterstützen, vielleicht indem wir die Dublin-II-Verordnung ändern, und nicht indem wir Soforteinsatzteams fordern, denen es schwer fallen wird, in diesem Meeresgebiet einzugreifen und zu sagen, ob sie sich in italienischen oder in maltesischen Gewässern befinden.

Ich glaube daher, dass wir versuchen sollten, eine kohärente, seriöse Politik in diesem Bereich umzusetzen, indem wir möglicherweise unser Herangehen völlig ändern. Aus diesem Grund wiederhole ich, dass die einzig sinnvolle Aufgabe dieser Soforteinsatzteams darin bestehen kann, Menschenleben auf See zu retten.

Herr Deprez, die Frage ist nicht, ob die Polizisten gut oder böse sind. In den letzten Jahren wurde umfassend bewiesen, dass die Seeunglücke zugenommen haben. Es gibt Statistiken, aus denen unbestreitbar hervorgeht, dass viele Tausend Menschen im Mittelmeer und im Atlantischen Ozean ertrunken sind. Deshalb brauchen wir nach meinem Dafürhalten Soforteinsatzteams, deren vorrangige Aufgabe es ist, all die Männer und Frauen, die Europa zu erreichen versuchen, zu retten.

Es wäre aus meiner Sicht keineswegs überflüssig, diese Notwendigkeit in dem vorliegenden Bericht hervorzuheben, und deshalb fordere ich das Parlament und Herrn Deprez auf, meinen Änderungsantrag, in dem unmissverständlich erklärt wird, dass die Seerettung eine der Hauptaufgaben dieser Teams sein muss, zu unterstützen.

Wenn wir diesen Weg wählen, werden wir meiner Meinung nach ernsthaft dazu beitragen können, die Einwanderungspolitik und die Kontrolle der Außengrenzen zu einer gemeinsamen und für Europa nützlichen Aktion zu machen.

 
  
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  Johannes Blokland, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (NL) Zunächst möchte ich den Berichterstatter zu der schnellen Behandlung seines Berichts beglückwünschen. Das ist auch ein gutes Omen für die Soforteinsatzteams.

Vergangenes Jahr durfte ich zusammen mit Herrn Deprez und anderen die Frontex-Agentur in Warschau besuchen, und das hat sich als eine ausgesprochen lehrreiche Erfahrung erwiesen. Die Agentur steckte noch in den Kinderschuhen und ihre Tätigkeit befand sich in voller Entwicklung, mit entsprechend hohen Erwartungen in der Öffentlichkeit und bei den Politikern, was dann zu enttäuschenden Ergebnissen führen kann. Das Frontex-Mandat ist nämlich begrenzt. Für die Bildung von Soforteinsatzteams ist die Agentur auf die Mitarbeit der Mitgliedstaaten angewiesen.

Die Umsetzung des Vorschlags erfüllt mich zwar in zweierlei Hinsicht mit Sorge, aber vielleicht kann Kommissar Borg dazu Stellung nehmen und meine diesbezüglichen Besorgnisse ausräumen. Meine erste Sorge betrifft die Verfügbarkeit von Arbeitskräften und Ausrüstung. Die Mitgliedstaaten, die Vertragsstaaten von Frontex sind, haben sich zur Mitarbeit verpflichtet, und dieser Verpflichtung können sie sich nur in Ausnahmefällen entziehen. Von dem Herrn Kommissar würde ich gern erfahren, welche Ausnahmemöglichkeiten sich die Mitgliedstaaten vorbehalten konnten. Und sind diese ausreichend präzisiert worden, so dass Frontex die personellen und technischen Ressourcen fristgemäß zur Verfügung gestellt werden können?

Meine zweite Besorgnis bezieht sich auf die Koordinierung in den Mitgliedstaaten. Frontex benötigt nämlich ausgebildete Experten. Darüber hinaus ist insbesondere im Mittelmeerraum seetüchtiges Material notwendig. Mir scheint, dass hauptsächlich die Verteidigungsorganisation der Mitgliedstaaten dieses Personal und Material bereitzustellen imstande ist, während die Verpflichtungen in diesem Bereich von den Justizministern auf Ratsebene eingegangen werden. So muss in meinem Land der Justizminister mit dem Verteidigungs- und dem Innenminister Rücksprache über Personal- und Materialzusagen nehmen. Jeder Minister verfolgt dabei seine eigenen Interessen. Kann der Herr Kommissar Aufschluss darüber geben, ob dieses Koordinierungsproblem auch in anderen Mitgliedstaaten auftritt und inwieweit die Verteidigungsorganisationen betroffen sind?

 
  
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  Giuseppe Castiglione (PPE-DE). (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst Herrn Deprez für die großen Anstrengungen, die er auf diesen Bericht verwendet hat, danken und ihn herzlichst dazu beglückwünschen, dass es ihm gelungen ist, in so kurzer Zeit zu einem derart wichtigen und dringenden Thema einen Kompromiss mit dem Rat zu erzielen.

Die Wellen der illegalen Einwanderung, die im letzten Sommer an den südlichen Grenzen der Europäischen Union beobachtet wurden, erfassen nicht nur die direkt involvierten Mitgliedstaaten, sondern alle Mitgliedstaaten der Union. In Sizilien, und Herr Catania weiß das nur zu gut, kann man sehen, wie dringend es ist, das Problem anzupacken und zu lösen.

In den kommenden Monaten werden wie jedes Jahr illegale Einwanderer auf Lampedusa und anderen Inseln landen, in einem fort, Tag und Nacht, bei schrecklichem Wetter und unter extrem gefährlichen Bedingungen. Der wirksame Schutz unserer Außengrenzen erfordert daher eine realistische Politik zur Vorbeugung von Gefahren für die innere Sicherheit und zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung und des Menschenhandels.

Die Bildung von Soforteinsatzteams an den Grenzen ist eine erste, praktische, gemeinsame Reaktionsmaßnahme, gestützt auf die Solidarität, die Achtung der Menschenrechte und die gegenseitige Unterstützung der Mitgliedstaaten, die aufgefordert sind, sich mit finanziellen und personellen Mitteln daran zu beteiligen. Unsere nationalen Polizeikräfte dürfen nicht länger mit der schwierigen Aufgabe des Grenzschutzes und, was noch wichtiger ist, der Aufnahme und Hilfe für die illegalen Einwanderer allein gelassen werden.

Unsere Bürger können nicht länger in dieser Unsicherheit und Instabilität leben und fordern ständig konkrete Maßnahmen von uns, um gegen die organisierten kriminellen Banden vorzugehen, die Geschäfte mit der illegalen Beförderung von Menschen machen und nur allzu oft den Schwarzarbeits- und den Prostitutionsmarkt versorgen. Ich hoffe, dass die Grenzschutzbeamten der Soforteinsatzteams noch in diesem Sommer in Aktion treten können, um diesen Forderungen nachzukommen.

Gleichzeitig müssen wir unsere Bemühungen an dieser Front fortsetzen und nach den besten Lösungen für das Einwanderungsproblem suchen. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Gesetzesvorlage der italienischen Regierung in diese Richtung geht; anstatt mit uns gemeinsam einen ernsten Kampf gegen die illegale Einwanderung zu führen, zog es diese Regierung vor, eine widersprüchliche, improvisierte Politik voranzubringen, die zwangsläufig schlimme Auswirkungen in der gesamten Europäischen Union haben wird.

Herr Kommissar, da es dringend erforderlich ist, Kontinuität zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten zu gewährleisten, fordere ich Sie auf, diesem brennenden Problem allergrößte Aufmerksamkeit zu widmen, damit unsere vorrangige Verpflichtung, den Schwächeren zu helfen, zunehmend mit unserem wachsenden Sicherheitsbedürfnis verbunden werden kann.

 
  
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  Wolfgang Kreissl-Dörfler (PSE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte dem Kollegen Deprez sehr herzlich für seine – wie gewohnt – hervorragende Arbeit zu diesem Thema und in anderen Bereichen danken.

Mit diesem Projekt haben wir einen Schritt nach vorne getan. Die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten wird gestärkt und die Verantwortung geteilt. Wir können es nicht zulassen, dass Länder wie Spanien, Malta oder Italien mit diesem Problem alleine gelassen werden. Wir müssen aber auch auf die grüne Grenze schauen. Auch da gibt es Zuwanderung in großem Ausmaß.

Entscheidend für uns als Sozialisten ist aber auch, dass all die Positionen zu Menschenrechten nicht nur auf dem Papier stehen, dass nicht diskriminiert wird und dass wir als Parlament kontrollieren, wie dies dann in der Praxis umgesetzt wird. Was geschieht mit den Menschen, die zurückgeschickt werden? Werden sie wieder diesen zum Teil korrupten Regierungen übergeben? Wir haben ja das Desaster in Marokko erlebt, als die Zurückgeschickten einfach in die Sahara verfrachtet wurden und man sie dort am liebsten ohne Wasser hätte verdursten lassen! Diese Überlegungen müssen wir genauso mit einbeziehen und berücksichtigen.

Ich warne davor, FRONTEX und die Eingreiftruppe jetzt als Allheilmittel zu sehen. Sie sind ein Instrument, aber nicht die Lösung des Problems! Wir brauchen eine gemeinsame Migrationspolitik, nicht nur eine gemeinsame Abschiebepolitik! Was wir benötigen, ist kein neuer Schutzwall für Europa, kein Eiserner Vorhang im Atlantik oder im Mittelmeer, sondern wir müssen uns dem Problem grundsätzlich stellen. Und dazu müssen wir auch die Problemlösungen in den Ländern vorantreiben.

Ich sage Ihnen eines: Sollte sich der Klimawandel weiter verschärfen, sollten die Regierungen in den Herkunftsländern noch korrupter werden und korrupt bleiben, dann werden wir mit mehr Zustrom rechnen müssen. Denn wir würden nicht anders handeln, wir würden doch unser Glück auch woanders suchen, anstatt zu verhungern oder elend zu krepieren!

Ich gratuliere noch einmal zu dem Bericht. Ich bin froh, dass wir es geschafft haben! Wir als Parlament müssen dann das weitere Vorgehen auch kontrollieren.

 
  
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  Athanasios Pafilis (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Brauchen wir wirklich bestens ausgerüstete Soforteinsatzteams, die das Recht haben, Verhaftungen vorzunehmen, die Waffen tragen und berechtigt sind, ihre Waffen zur Selbstverteidigung zu benutzen, die Gewalt anwenden und wie Sondereinsatzkommandos mit neuester technischer Ausrüstung, also wie militärische Streitkräfte agieren, um sich um erschöpfte Einwanderer zu kümmern oder solche Menschen zu retten, die sich auf der Suche nach einem besseren Leben über die Meere wagen? Wollen Sie uns wirklich glauben machen, dass diese Truppen dafür eingesetzt werden?

Unserer Ansicht nach verbergen diese Verordnung und dieser Bericht die wahre Natur Ihrer Politik, die aggressiv ist: Sie schaffen Soforteinsatzteams, die für externe Operationen eingesetzt werden sollen, Soforteinsatzteams, die zur Bekämpfung jeder Art von Krisen herangezogen und sogar gegen ihr eigenes Volk eingesetzt werden können. Damit sind wir nicht einverstanden.

Bei Ihrer Argumentation, dass diese Teams die Mafia bekämpfen werden, unterschätzen Sie meines Erachtens den gesunden Menschenverstand. Wenn der politische Wille da ist, dann wird man all diese Schmuggler aufspüren und gegen die Mafia vorgehen. Wie ist es möglich, dass diese illegalen Einwanderer sie finden können, die verschiedenen Polizeibehörden dazu aber nicht in der Lage sind? Aber solch einen politischen Willen gibt es gar nicht, da es die Mafia ist, die dem europäischen Kapital billiges „Fleisch“, billige Arbeitskräfte, also Einwanderer, besorgt. Wenn es wirklich Ihr Anliegen ist, die illegalen Einwanderer zu schützen, warum stellen Sie dann nicht mehr Geld bereit, um nationale Behörden einzurichten, die eingreifen und das Leben dieser Menschen schützen? Wir sind mit alledem nicht einverstanden. Unseres Erachtens ist dies antidemokratisch und läuft – wie ihre gesamte Politik – darauf hinaus, die Massen zu unterdrücken.

 
  
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  Carlos Coelho (PPE-DE). (PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich mich Herrn Díaz de Mera und Herrn Castiglione, beide aus meiner Fraktion, in ihrem Lob für den Berichterstatter Herrn Deprez anschließen, der uns wie immer einen ausgezeichneten Bericht vorgelegt hat. Herr Deprez hat sich rastlos um einen Kompromiss zwischen allen Fraktionen und dem Rat bemüht, damit eine Einigung in der ersten Lesung möglich ist.

Dies ist eine höchst begrüßenswerte Initiative zu einer Zeit, da Europa die gewaltigste Migrationskrise seiner Geschichte erlebt. Der Massenzustrom illegaler Einwanderer an den europäischen Küsten zwingt uns dazu, dringend Maßnahmen zu ergreifen. Auch wenn vor allem die Regionen im Süden Europas direkt betroffen sind, darf man nicht davon ausgehen, dass das Problem ausschließlich auf diese Mitgliedstaaten und Regionen begrenzt ist. Eine irreguläre Massenzuwanderung und die damit verbundene humanitäre Tragödie haben Folgen für die Sicherheit und den Zusammenhalt in der gesamten europäischen Gemeinschaft.

Ich begrüße die verschiedenen operativen Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Schutz und der Verwaltung unserer Seeaußengrenzen im Süden, wie etwa die Einrichtung eines operativen Kontrollzentrums für die Koordinierung eines Patrouillennetzes für die Mittelmeerküste und der Aufbau eines Zentralregisters für die verfügbare technische Ausrüstung für die Kontrolle und Überwachung der Außengrenzen, über das die notwendigen Ressourcen – zum Beispiel Schiffe, Hubschrauber und Flugzeuge – für gemeinsame Operationen zur Verfügung gestellt werden. Außerdem begrüße ich von ganzem Herzen die Bildung eines Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke, das schnelle technische und operative Unterstützung für darum ersuchende Mitgliedstaaten leisten wird.

Dies wird ein Weg sein, um die Solidarität und gegenseitige Unterstützung der Mitgliedstaaten zu fördern. Diese Verordnung betrifft die Entsendung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke, um schnelle Unterstützung zu leisten, sollten sich frühere Situationen, wie beispielsweise auf den Kanarischen Inseln, wiederholen. Ich stimme zu, dass die Unterstützung für einen begrenzten Zeitraum, in Ausnahme- und Notsituationen und auf Ersuchen durch den betreffenden Mitgliedstaat bereitgestellt wird.

Herr Präsident! Die europäische Agentur FRONTEX sollte eine zentrale Rolle bei der Koordinierung dieser Unterstützung spielen und sie unverzüglich und effektiv übernehmen. Innerhalb von fünf Tagen wird eine Entscheidung getroffen und ein Plan aufgestellt, in dem die Dauer, die geographische Lage, der auszuführende Einsatz sowie die Zusammensetzung, Zahl und Profile der Experten, die jeder Mitgliedstaat für das Team bereitstellen soll, aufgeführt sind. Wir alle – im Parlament, in der Kommission und im Rat – müssen auf institutioneller Ebene für die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen sorgen, damit der Einsatz wirksam verlaufen kann.

 
  
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  Ryszard Czarnecki (UEN). – (PL) Herr Präsident! Vielen Dank für Ihre Geduld. Polnische Mitglieder des Europäischen Parlaments aus verschiedenen Fraktionen sind heute mit dem Kommandeur des polnischen Grenzschutzes zusammengetroffen, der zugleich Verbindungsoffizier an der polnischen Botschaft in Belgien ist. Er hat uns eingehend vor Augen geführt, wie wichtig das Problem ist, über das wir heute sprechen.

Ich bin ein Vertreter Polens, das neben Finnland die längste Landaußengrenze in der Europäischen Union hat. Deshalb sind der wirksame Schutz der Außengrenzen durch Kontrollen und Sicherungsmaßnahmen sowie die Bekämpfung von illegaler Zuwanderung und Menschenhandel für uns so wichtig.

Die Teams, über die wir heute sprechen, sind umso notwendiger, als die EU für Zuwanderer von mehreren Kontinenten wie auch aus der ehemaligen Sowjetunion zu einem immer attraktiveren Wirtschaftsparadies wird. Ich stimme mit Herrn Coelho überein, der von einer gewaltigen Krise sprach, die uns bevorsteht. Die einzige Bedingung für die Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke ist unsere uneingeschränkte Zustimmung zu dem Antrag des Mitgliedstaats, dessen Grenzen von dem Problem betroffen sind.

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar! Die illegale Einwanderung hat mittlerweile dramatische Ausmaße angenommen. Seriöse Schätzungen sprechen von etwa 15 Millionen Illegalen in Europa. Wenn Sie allein die Zahlen von 2005 und 2006 vergleichen, dann sehen Sie, dass es eine Versechsfachung gegeben hat.

Die Schlepperkriminalität ist zu einem Riesengeschäft geworden und ist Teil der organisierten Kriminalität. Manche Mitgliedstaaten sind mit dieser Situation ganz einfach überfordert. Sie können nicht alleine gelassen werden und bedürfen der Hilfe. Hier setzt die Maßnahme der Europäischen Union an.

Ich begrüße es, dass FRONTEX geschaffen worden ist, und ich begrüße es umso mehr, dass jetzt ein funktionierendes Instrument, nämlich die Soforteinsatzteams eingerichtet werden, so dass auf Anforderung der Mitgliedstaaten zeitlich und lokal begrenzt Hilfestellung geleistet wird, dass jedoch – wie Herr Díaz de Mera García Consuegra gemeint hat – auch klargestellt wird, dass die Kompetenz für die Grenzsicherung in den Händen der Mitgliedstaaten bleibt. Die RABITs leisten kurzfristige Hilfe – das muss uns klar sein. Mittel- und langfristig brauchen wir zusätzliche Maßnahmen. Ich erwarte, dass ein Kooperationsvertrag zwischen FRONTEX und Europol zustande kommt, um das Schlepperunwesen besser bekämpfen zu können, dass es auch Konsequenzen für Illegalität gibt – hier müssen wir auch an Rückführungshilfe denken –, und dass es zu keiner Massenlegalisierung mehr kommt, denn die Folge davon ist immer eine Sogwirkung und eine Verlagerung der Probleme auf andere Staaten.

Wir brauchen aber zusätzlich Aufklärungskampagnen im Interesse der Prävention, damit potenzielle Migranten wissen, wie legale Zuwanderung funktioniert, was die Konsequenzen einer illegalen Zuwanderung sind und welche Risiken damit verbunden sind. Außerdem müssen wir Stabilisierungs- und Hilfsprogramme in den Ursprungsländern von Migration forcieren. Mit diesen RABITs zeigen wir jedenfalls als Europäische Union, dass wir auf dem Weg in Richtung einer Sicherheitsunion sind, gleichzeitig aber nachdenken, wie wir mittel- und langfristig die Probleme der Migration und insbesondere der illegalen Migration lösen.

Ich danke dem Berichterstatter für seine ausgezeichnete Koordination!

 
  
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  Simon Busuttil (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich es meinen Kollegen gleich tun und Herrn Deprez, dem Berichterstatter, für seine ausgezeichnete Arbeit und insbesondere zur rechtzeitigen Fertigstellung dieses Berichts für die erste Lesung danken.

Ich begrüße dieses Gesetz von ganzem Herzen, denn es ist ein Instrument der Solidarität. Da es aus einem südlichen Mitgliedstaat kommt, begrüße ich es umso mehr, da ich mir dessen bewusst bin, dass Solidarität nicht immer leicht und billig zu haben ist.

Dieses Gesetz bedeutet, dass es für die Mitgliedstaaten nunmehr verbindlich ist, anderen Ländern, die sich in Schwierigkeiten befinden, zu helfen. Wie Herr Deprez sagte, ist die Solidarität obligatorisch und nicht optional. Das macht daraus echte Solidarität. Sie ist keine Wohltätigkeit, denn die ist freiwillig. Sie ist eine bindende Verpflichtung. Dank diesem Gesetz werden Länder, die sich in der Frage der Immigration in Notlagen befinden, endlich merken, dass sie nicht mehr völlig auf sich allein gestellt sind.

Daher bedeutet dieses Gesetz einen guten Schritt nach vorn. Allerdings reicht es, für sich genommen, nicht aus, um das Problem der illegalen Einwanderung zu bewältigen. Wir müssen es daher vermeiden, in der Öffentlichkeit Erwartungen zu wecken, dass mit diesem Gesetz alles gelöst wird; so wird es nicht sein. Also müssen wir auch mehr tun, um die südlichen Grenzen der Union zu stärken. Vergangenen November hat die Europäische Kommission eine Mitteilung zur Stärkung der südlichen Seegrenzen herausgegeben, und ich rufe die Kommission auf, den in dieser Mitteilung aufgeführten Initiativen Nachdruck zu verleihen. Vergessen wir nicht, dass die Kontrolle der Außengrenzen im Interesse aller Mitgliedstaaten liegt, nicht nur im Interesse jener Länder, die sich in Schwierigkeiten befinden, und sobald es in aller Interesse liegt, muss es auch in aller Verantwortung liegen – in gemeinsamer Verantwortung.

 
  
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  Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Busuttil. Dank auch für Ihr Verständnis. Ich weiß, dass Sie heute Abend gern auf Maltesisch gesprochen hätten, leider standen unsere Teams nicht zur Verfügung. Ich danke Ihnen für Ihre Flexibilität.

 
  
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  Francesco Musotto (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich denke, wir haben heute Abend ein wichtiges Ziel erreicht, denn die Einigung über die Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke hat gezeigt, dass alle EU-Organe begriffen haben, dass die illegale Einwanderung ein ernstes Problem ist, das nicht von den aufgrund ihrer geografischen Lage massiven Einwanderungsströmen ausgesetzten Regionen allein in Angriff genommen werden kann.

Wie wir in dem von diesem Parlament angenommenen Bericht über die Inseln hervorgehoben haben, konnte Europa angesichts der ständigen Ausnahmesituation in Regionen wie meiner, Sizilien, mit ihrem Höhepunkt auf Lampedusa, oder auf den Kanarischen Inseln und auf Malta, die unhaltbar durch die Anlandung illegaler Einwanderer belastet werden, nicht länger teilnahmslos bleiben. Es konnte nicht gleichgültig bleiben angesichts der menschlichen Tragödie der behelfsmäßigen Boote, die im Mittelmeer sinken, oder der organisierten Kriminalität, die von der Verzweiflung dieser Menschen profitiert. Mit der Öffnung der Binnengrenzen wurden die Außengrenzen zu unserer gemeinsamen Grenze, weshalb angemessene und langfristige Lösungen für das Einwanderungsproblem nur auf europäischer Ebene gefunden werden können.

Die Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke ist sicher nur der Anfang. Europa muss schnellstens eine legale Einwanderungspolitik annehmen, denn eine so wichtige Frage kann nicht nur den Regierungen überlassen werden. Die italienische Regierung hat vor kurzem ein Gesetz verabschiedet, das die vorherigen Bestimmungen ändert und modifiziert, doch das kann nicht als eine Dauerlösung betrachtet werden, die zur Aufnahme und zur Gestaltung einer besseren Zukunft führen kann.

Europa als Ganzes muss genau das Gegenteil tun. Es muss eine legale Zuwanderungspolitik ausarbeiten, die es ermöglicht, alle Einwanderungsströme, die wie der Wind nicht gestoppt werden können, aber kontrolliert werden müssen, zu bewältigen.

 
  
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  Barbara Kudrycka (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Die Soforteinsatzteams könnten zu einem wirkungsvollen Instrument für die Mitgliedstaaten und FRONTEX werden, obwohl sie für diese Agentur im Grunde nichts Neues sind. Wir waren schon vorher in gemeinsame Operationen eingebunden. Wir brauchen die Soforteinsatzteams, doch dürfen sie nicht dazu dienen, die Verantwortung für die Überwachung der eigenen Grenze, die gemäß den geltenden Verträgen bei den Mitgliedstaaten liegt, zu delegieren. Diese Teams sollten nur in echten Krisensituationen eingesetzt werden, wie sie im Rahmen vorangegangener Risikoanalysen nicht vorauszusehen waren. Nur dann haben die Mitgliedstaaten das Recht und die Pflicht, die Mechanismen der europäischen Solidarität in Gang zu setzen.

Ich bin mir durchaus darüber im Klaren, dass die Last der Überwachung der EU-Außengrenzen nicht gleichmäßig auf die Mitgliedstaaten verteilt wurde. Es gibt Staaten im Süden mit schwierigen Seegrenzen und Länder mit langen Landgrenzen. Zusammen mit anderen Komponenten eines integrierten Grenzschutzsystems, das ich hier als wichtige Ressource für unsere Außengrenzen erwähne, werden diese Teams zu einer besseren Zusammenarbeit und zur Koordinierung der Anstrengungen beitragen und bei der Bekämpfung von illegaler Zuwanderung und Menschenhandel helfen. Ich erwarte jedoch von FRONTEX und den Soforteinsatzteams (RABITS), dass sie die Rechte und Bedürfnisse der Menschen berücksichtigen, die die Grenze in gutem Glauben passieren. Deshalb müssen wir auch die Betreuung dieser Reisenden an den Grenzen besser koordinieren. Die Öffentlichkeit muss darüber aufgeklärt werden, worum es sich bei den Soforteinsatzteams handelt, welche Rechte und Pflichten diejenigen haben, die auf diese Teams treffen, damit Missverständnisse und unklare Situationen vermieden werden. Dafür sind Informationskampagnen erforderlich. Abschließend möchte ich meine Genugtuung darüber zum Ausdruck bringen, dass wir hinsichtlich der Bildung dieser Teams zu einem Konsens gelangt sind, und Herrn Deprez zu seinem ausgezeichneten Bericht beglückwünschen.

 
  
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  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Wie ich bereits sagte, begrüßt die Kommission nachdrücklich den zwischen den drei Institutionen zu diesem Dossier erreichten Kompromiss. Er stellt einen wichtigen Schritt in der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten dar und ist ein hervorragendes Beispiel der Solidarität in der Frage der Grenzkontrollen.

Bezüglich der in der Aussprache, vor allem von Herrn Blokland, vorgebrachten Fragen darf ich erklären, dass im Rat „Justiz und Inneres“ in der vergangenen Woche die meisten Mitgliedstaaten bereits technische Ausrüstungen usw. der Frontex-Agentur für gemeinsame Operationen zur Verfügung gestellt hatten. Darüber hinaus hat Vizepräsident Frattini diejenigen Mitgliedstaaten, die das noch nicht getan haben, aufgefordert, über ihre Beiträge nachzudenken.

Zur Frage der Abstimmung lassen Sie mich klarstellen, dass Frontex die Operationen unter Einbeziehung der zuständigen Behörden der vielen betroffenen Mitgliedstaaten koordinieren wird.

Abschließend möchte ich Herrn Deprez, dem Berichterstatter, zu seiner schwierigen Arbeit gratulieren, und ich begrüße die zwischen den Institutionen erzielte Vereinbarung zur Verordnung über die Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke. Ich wiederhole, dass dies ein ausgezeichnetes Beispiel der Solidarität und der operationellen Zusammenarbeit darstellt.

 
  
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  Der Präsident. – Ich danke Ihnen, Herr Kommissar.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen, am D