Der Präsident. Ich erkläre die am Donnerstag, dem 10. Mai 2007 unterbrochene Sitzungsperiode für wieder aufgenommen.
2. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
3. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
4. Unterzeichnung von Rechtsakten, die im Mitentscheidungsverfahren angenommen wurden: siehe Protokoll
5. Schaffung einer umweltfreundlichen Wasserstoffwirtschaft und zur Initiierung einer dritten industriellen Revolution in Europa (schriftliche Erklärung): siehe Protokoll
6. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
7. Übermittlung von Abkommenstexten durch den Rat: siehe Protokoll
8. Mündliche Anfragen und schriftliche Erklärungen (Vorlage): siehe Protokoll
12. Erklärung der finanziellen Interessen: siehe Protokoll
13. Arbeitsplan
Der Präsident. Der endgültige Entwurf der Tagesordnung dieser Tagung, wie er in der Konferenz der Präsidenten in ihrer Sitzung vom Mittwoch, dem 16. Mai 2007, gemäß Artikel 130 und 131 der Geschäftsordnung festgelegt wurde, ist verteilt worden. Zu diesem Entwurf wurden folgende Änderungen beantragt:
Dienstag:
Die Fraktion der Grünen beantragt, die Schlussabstimmung über den Bericht von Frau Aubert über die ökologische Erzeugung und Kennzeichnung von ökologischen Erzeugnissen Aubert (A6-0061/2007) auf die Juni-Tagung in Straßburg zu verschieben.
Monica Frassoni, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte lediglich unseren Antrag auf Vertagung der Abstimmung auf die Juni-Tagung begründen. Unser Antrag erfolgt aus Gründen der „Gesetzgebungstechnik“, einem ziemlich mysteriösen Begriff, der unserer Auffassung nach bedeutet, dass die Vertagung der Abstimmung um einige Wochen unserem Parlament dabei helfen könnte, ein positives Verhandlungsergebnis zu erzielen, das zumindest im Vergleich zu der Situation positiver wäre, die entstehen würde, wenn wir über dieses Dossier morgen abstimmen würden. Wie Sie wissen, ist dieses Thema von großer Bedeutung für die Bürger. Deshalb haben wir beantragt, die vom Parlament unterstützte Rechtsgrundlage als Ganzes zu ändern. Ich bitte Sie daher, unseren Antrag auf Vertagung der Abstimmung lieber zu unterstützen, anstatt den Bericht an den Ausschuss zurückzuüberweisen.
Der Präsident. Ich nehme an, dass diese Begründung auch schon das Plädoyer für den Antrag war, so dass wir jetzt zur Gegenrede kommen.
Struan Stevenson, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! So sehr es mir missfällt, anderer Meinung zu sein als Frau Frassoni, aber wir haben den Bericht Aubert bei der letzten Plenarsitzung vertagt und ihn an den Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zurückverwiesen. Es gibt wohl nur sehr geringe Chancen, eine Rechtsgrundlage zu erzielen, weswegen alle Koordinatoren, mit Ausnahme der Verts/ALE-Fraktion, zustimmten, über diese Angelegenheit bei der jetzigen Plenarsitzung endgültig abzustimmen – die Abstimmung findet morgen statt. Ich muss meine Kollegen und alle anderen Fraktionen, die durch ihre Koordinatoren im Ausschuss zugestimmt haben, bitten, diesen Vorschlag der Verts/ALE-Fraktion abzulehnen und morgen die endgültige Abstimmung durchzuführen.
(Das Parlament lehnt den Antrag ab.)
Der Präsident. – Die EVP-ED-Fraktion und die Sozialdemokratische Fraktion beantragen, die Aussprache über die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Lage in Palästina nicht mit der Einreichung von Entschließungsanträgen abzuschließen.
Hannes Swoboda, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Unsere Fraktion hat das letzte Mal eine ganz klare Position zum Ausdruck gebracht, was die Frage Palästina betrifft, insbesondere die Anerkennung der palästinensischen Regierung.
Ich glaube aber, dass wir in dieser schwierigen Zeit zuerst in diesem Haus eine gemeinsame Linie finden müssen. Dazu hat es noch nicht genügend Gespräche gegeben. Zudem überstürzen sich die Ereignisse in Palästina, so dass eine unausgereifte, nicht wirklich auf breiter Basis stehende Entschließung in der jetzigen Situation sicherlich nicht dienlich wäre – noch dazu, wo auch ein Besuch Ihrerseits bevorsteht. Ich schlage also vor, die Entschließung aus diesen Gründen zurückzuziehen, nicht weil wir unsere Meinung geändert haben, sondern weil wir genug Zeit für Gespräche mit den anderen Fraktionen finden wollen.
Francis Wurtz, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Ich lehne den Antrag nicht völlig ab.
Natürlich bedauere ich, dass es keine Entschließung geben wird und wir die sehr konstruktive Entschließung, auf die sich die Konferenz der Präsidenten am Mittwoch geeinigt hatte, nicht annehmen können. Doch ich verstehe auch die Argumentation von Herrn Swoboda.
Wenn ich mein Bedauern äußere, dann weil das genau die Botschaft wäre, die wir an dieses Volk senden müssten, um ihm wieder ein wenig Hoffnung zu geben und dem, was von seinen so anfälligen Institutionen geblieben ist, wieder etwas Leben einzuhauchen.
Ich befürworte also den Vorschlag von Herrn Swoboda, doch schlage ich vor, dass die Konferenz der Präsidenten am Donnerstag sachlich prüft, wie wir den 40. Jahrestag der Resolution 242 begehen könnten, denn dieser Jahrestag fällt genau in die Zeit unserer Minisitzung. Ich hoffe, dass der Konsens, den wir auf der Konferenz der Präsidenten gemeinsam zu dieser bedeutenden Frage zu finden vermochten, sich auch anlässlich dieses 40. Jahrestages konkretisieren wird.
(Das Parlament nimmt den Antrag an.)
(Der Arbeitsplan ist somit angenommen.)
14. Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen
Der Präsident. Als nächster Punkt folgen die Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen.
Edit Bauer (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ende August 2006 wurde in der Slowakei eine ungarische Studentin zusammengeschlagen. Auf ihre Bluse schmierten die Täter zwei Parolen, die aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg nur allzu gut bekannt sind, als die Ungarn aufgrund der Kollektivschuld aus der Slowakei ausgewiesen wurden: „Ungarn, verschwindet auf die andere Seite der Donau!“ und „Slowakei ohne Parasiten!“. Damals sagte der slowakische Ministerpräsident, dass sich ein derartiger Zwischenfall überall auf der Welt hätte ereignen können.
Nach einer sehr merkwürdigen, zwei Wochen dauernden Ermittlung teilte der Innenminister den Medien mit, dass nichts geschehen sei und die Studentin alles nur erfunden habe. Sie werde möglicherweise der Falschaussage angeklagt. Das geschah letzte Woche und ist für die in der Slowakei lebenden Ungarn ein echter Schock.
Das Opfer sowie die Studenten und Lehrkräfte, die Zeuge ihres Zustands nach dem Überfall waren, setzen sich nun gegen die Polizei, die die Studentin anklagte, und die Regierung, die sie erniedrigte, zur Wehr.
Die ersten beiden Bestandteile des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sind gescheitert. Dieser Fall wird sicherlich ein Test für die Justiz sein. Natürlich ist die Sache fraglich: Wird das Gericht zuungunsten der Polizei und der Regierung entscheiden?
Gary Titley (PSE). – (EN) Herr Präsident! Vor 18 Tagen wurde die dreijährige Britin Madeleine McCann aus einem portugiesischen Hotel entführt. Bisher konnte das Mädchen trotz umfangreicher Suche durch die Polizei nicht gefunden werden. Im Vereinigten Königreich, in Portugal und Spanien wird sehr ausführlich über diesen Fall berichtet, aber ich weiß nicht, ob dies auch in anderen Mitgliedstaaten der Fall ist. Es besteht der Verdacht, dass sie entführt wurde und sich nun außerhalb Portugals befindet.
Erstens hoffe ich, im Namen dieses Hohen Hauses zu sprechen, wenn ich ihrer Familie unser Mitgefühl ausspreche, möchte jedoch auch darum bitten, dass die Behörden aller Mitgliedstaaten diesen Fall publik machen. Wie wir wissen, besteht die ernst zu nehmende Gefahr, dass es hier um Handel mit Minderjährigen geht, wobei wir hoffen, dass dies in Madeleines Fall nicht zutrifft, möchten jedoch den Behörden aller Mitgliedstaaten dringend ans Herz legen, wachsam zu sein und dieses Mädchen zu finden, bevor ihm möglicherweise etwas Schlimmes zustößt.
Toomas Savi (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte auf das aktuelle Problem zwischen Estland und Russland aufmerksam machen. Selbst nach der Unterstützung, die Estland vom Europäischen Parlament und von EU-Mitgliedstaaten erfahren hat, unternimmt die Russische Förderation nichts, um ihre systematischen Internet-Angriffe zu beenden, die offizielle Kommunikationsverbindungen und Webseiten der estnischen Regierung blockieren.
Diese Angriffe finden nach wie vor statt. Sie werden hauptsächlich außerhalb Estlands organisiert und von IP-Adressen der russischen Regierung aus gesteuert. Darüber hinaus werden die intensiven Propaganda-Angriffe über das Internet fortgesetzt und ständig neue Handynachrichten mit Aufrufen zu bewaffnetem Widerstand und weiterer Gewalt verschickt. Diese Nachrichten werden sogar im Fernsehen und in anderen Medien verbreitet.
Die Regierung Estlands hat versucht das Problem zu lösen und sehr aktiv kommuniziert, aber die russische Seite hat keinerlei Kooperations- und Dialogbereitschaft an den Tag gelegt.
Leopold Józef Rutowicz (UEN). – (PL) Meine Damen und Herren! In zwei Tagen werden wir über die Roaming-Richtlinie abstimmen. Ich möchte unterstreichen, dass gerade solch eine Richtlinie jeden Bürger in der Europäischen Union berührt, da die meisten Unionsbürger ein Mobiltelefon besitzen.
Die Annahme der Richtlinie wird zweifellos als ein großer Erfolg gefeiert werden. Dennoch scheint es eben nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung zu sein. Es ist aber ein Anfang gemacht worden, und wir versuchen, bürgerfreundlicher zu werden.
Ich möchte gern anregen, das Thema Roaming zum Gegenstand einer breiteren Konsultation zu machen. In Deutschland beispielsweise betrifft Roaming etwa 100 Millionen Menschen, während es in kleinen Ländern wie Litauen, Lettland und Estland es nur, sagen wir, ein paar Millionen berührt. Das ist unfair, und ich glaube deshalb, dass wir trotz dieses Fortschritts, den die Annahme der betreffenden Verordnung bedeuten würde, überlegen sollten, wie auf lange Sicht die Roaming-Barrieren zwischen Ländern aufzuheben wären.
Milan Horáček (Verts/ALE). – Herr Präsident! Belgien hat mit der Quasi-Ausladung seiner Heiligkeit des Dalai Lama zum zweiten Mal auf inakzeptable Weise chinesischem Druck nachgegeben. Im Zusammenhang mit einer Handelsdelegationsreise, die im Juni unter Führung des Kronprinzen stattfindet, hat die Regierung ihren wirtschaftspolitischen Opportunismus bewiesen und europäische Werte geopfert. Weder die EU noch ihre Mitgliedstaaten dürfen sich von Führungen, die die Menschenrechte in so starkem Maße missachten wie die chinesische, den Empfang bestimmter Persönlichkeiten verbieten lassen. Die Menschen in Tibet werden unterdrückt, Tausende fliehen jedes Jahr unter größten Gefahren. Die Einmischung chinesischer Behörden in die Angelegenheiten eines EU-Mitgliedstaats ist unerhört und unbedingt zu verurteilen. Wir sollten uns deutlich vom belgischen Vorgehen distanzieren und unsere Unterstützung für die Initiative wallonischer Abgeordneten bekunden, die eine erneute Einladung seiner Heiligkeit nach Belgien anstreben. Der Dalai Lama ist in Europa willkommen!
Der Präsident. Herr Kollege Horáček, ich möchte Sie darüber informieren, dass ich dem belgischen Ministerpräsidenten einen Brief geschrieben und um Aufklärung in dieser Frage gebeten habe. Ich möchte hier ganz offiziell vor dem Europäischen Parlament erklären: Wenn der Präsident des Europäischen Parlaments einen Gesprächspartner zu einem Gespräch einlädt, wie es beim Dalai Lama der Fall war – ich wollte ihn treffen, wollte mit ihm sprechen –, und dies durch die Verweigerung einer Visumerteilung unterbunden wird, dann sind unsere Rechte als Europäisches Parlament betroffen. Wir dürfen nicht bereit sein, dies zu akzeptieren. Ich erwarte nun zunächst einmal die Antwort des belgischen Ministerpräsidenten. Aber ich bin der Meinung, dass wir in dieser Frage unsere Rechte und damit auch die Rechte anderer geltend machen müssen.
(Beifall)
Thomas Mann (PPE-DE). – Herr Präsident! Mein Kollege Milan Horáček hat soeben berechtigterweise das Einknicken der belgischen Regierung vor den Chinesen heftig kritisiert. Der Dalai Lama wurde gezwungen, seine Teilnahme an der Internationalen Tibet-Konferenz am 11. Mai abzusagen. Daraufhin musste die geplante Audienz mit Europa-Abgeordneten, die der Tibet-Intergroup angehören, gestrichen werden.
Ich hatte am Tag danach, am 12. Mai, in Leipzig Gelegenheit, anlässlich einer Preisverleihung für Frieden, Optimismus und Zivilcourage, den Dalai Lama zu treffen. Ich habe ihm meine Empörung gegenüber dem Verhalten der belgischen Regierung ausgedrückt.
Herr Präsident, ich danke Ihnen ausdrücklich für Ihre Intervention. Unser Europäisches Parlament wird als die Stimme der Menschenrechte weltweit anerkannt. Davon werden wir uns zu keiner Zeit abbringen lassen, auch nicht durch wirtschaftlichen Druck.
Manuel Medina Ortega (PSE). – (ES) Herr Präsident! Ich möchte auf den jüngsten schwierigen Fall illegaler Einwanderung auf den Kanarischen Inseln eingehen: Etwa 750 illegale Einwanderer sind an unseren Küsten gelandet. Dieser Zwischenfall fiel zeitlich mit einer Unterbrechung der FRONTEX-Operationen zur Grenzkontrolle zusammen.
Die spanische Regierung hat unverzüglich reagiert und alle diese Immigranten in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt, doch es sei hier nochmals an die Zusage von Herrn Frattini erinnert, die FRONTEX- und die HERA-Operationen zu einer ständigen Einrichtung zu machen. Wir dürfen nicht alles einer einzigen Regierung überlassen, denn die Frage der illegalen Einwanderung betrifft die gesamte Europäische Union.
Péter Olajos (PPE-DE). – (HU) Es ist nun schon das sechste Jahr, dass Österreich den einzigen unberührten Fluss Ungarns, die Raab, verschmutzt. Als Einwohner, Nichtregierungsorganisationen, Bürgermeister, Minister, Abgeordnete des Europäischen Parlaments, ja sogar der Präsident Ungarns Protest anmeldeten, hatten die österreichischen Behörden doch die Dreistigkeit zu behaupten, dass sie die EU-Vorschriften haargenau befolgen würden. Die Behörden haben damit das Problem des schaumbedeckten Flusses einfach Brüssel und uns – dem Europäischen Parlament – zugeschoben.
Ich persönlich bin mit den Umweltschutzvorschriften der EU ziemlich gut vertraut, aber mir ist nicht bekannt, dass wir jemals einen Rechtsakt verabschiedet hätten, wonach Chemikalien in einen Fluss eingeleitet werden dürften. Ich kann mich nicht erinnern, dass die EU jemals den Wunsch hegte, dass wild lebende Tiere und Pflanzen in Binnengewässern aussterben sollen oder dass auf diesen Gewässern Schaum treiben soll, der bei unseren Kindern Hautkrankheiten hervorruft. Jeder, der behauptet, dass dies den EU-Vorschriften entspricht, ist ein Lügner.
Die österreichischen Minister sollten nicht mit dem Finger auf Brüssel zeigen oder Protestschreiben gegen das tschechische Atomkraftwerk bei Temelin verfassen, sondern lieber mit ihrer eigenen Umweltverschmutzung aufhören.
Glyn Ford (PSE). – (EN) Herr Präsident! Am Mittwoch wird die britische Regierung ihr Grünbuch „Energie“ veröffentlichen, wie die britische Presse – vor allem die Independent on Sunday – im Laufe des Wochenendes durchsickern ließ.
Wenn diese Berichte stimmen, soll die Atomindustrie im Namen des Umweltschutzes wieder zum Leben erweckt werden, aber, was für Europa viel wichtiger ist, es wird eine Zusage zum ersten großen nachhaltigen CO2-freien Energiesystem in Europa geben, nämlich zur Staumauer und zum Gezeitenkraftwerk an der Flussmündung des Severn. Dadurch werden mit Kosten in Höhe von 15 bis 20 Milliarden Euro bis zu 8 % des britischen Energiebedarfs gedeckt, die Auswirkungen des Klimawandels im Mündungsgebiet überwacht, dringend erforderliche Arbeitsplätze im Südwesten Großbritanniens und in Wales geschaffen sowie neue Straßen und Bahnübergänge gebaut, wobei die Freizeitaktivitäten im Bereich Wassersport enorm zur Ankurbelung der lokalen Wirtschaft beitragen sollen. Ich hoffe, dass wir dieses Projekt im Namen Europas gutheißen können.
Eduard Raul Hellvig (ALDE). – Intervenţia mea are în vedere deschiderea fluvială a canalului Bâstroe şi a problemelor pe care le creează această deschidere.
La 14 mai 2007, Ucraina a deschis această cale navigabilă, care practic străbate una dintre cele mai mari rezervaţii ale biosferei din Europa, Rezervaţia Naturală Delta Dunării. Este un spaţiu care adăposteşte mii de specii de păsări, plante şi animale, dintre care unele sunt rare sau pe cale de dispariţie. Aşa cum rezultă din studiile de impact făcute de diverse organizaţii interguvernamentale şi de mediu internaţionale, consecinţele construirii canalului nu sunt doar individuale sau bilaterale (mă refer aici la pagube ecologice, economice şi culturale produse ţării noastre). Totuşi, efectele sunt şi europene, şi globale, şi aceasta fiindcă vorbim de consecinţe ecologice negative, care aduc atingere principiilor care definesc conceptul de dezvoltare durabilă. Dacă dorim ca până în anul 2010 să asistăm la o diminuare a gradului de distrugere a biodiversităţii în Europa, este imperativă armonizarea intereselor economice cu protecţia biodiversităţii. Până nu este prea târziu, chestiunea canalului Bâstroe trebuie abordată ţinând seama de responsabilitatea ce ne revine faţă de generaţiile viitoare. În interacţiunea dintre om şi mediu, natura nu trebuie sacrificată, fiindcă anumite pierderi sunt ireversibile.
Ryszard Czarnecki (UEN). – (PL) Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das internationale Auswahlverfahren zur Ermittlung der Gastgeberstadt für die EXPO 2012 ist in eine entscheidende Phase eingetreten. Im November dieses Jahres wird der Beschluss dazu in Paris bekannt gegeben. Drei Länder haben das Finale des Wettbewerbs erreicht, und zwar Südkorea in Asien, Marokko in Afrika und Polen in Europa. Meine Heimatstadt Wrocław vertritt Europa.
Ich wende mich an dieses Hohe Haus, um an die europäische Solidarität zu appellieren, und rufe alle 27 stimmberechtigten Mitgliedstaaten dazu auf, die Bewerbung von Wrocław, der einzigen europäischen Kandidatenstadt, zu unterstützen.
Das könnte ein gutes Beispiel für europäische Solidarität sein, von der im Europäischen Parlament so oft die Rede ist. Sollten mein Land und meine Heimatstadt Wrocław erfolgreich sein, wäre es für viele Europäer viel einfacher, diese faszinierende Ausstellung zu besuchen. Nach Polen hätten unsere Bürgerinnen und Bürger eine viel kürzere Reise als nach Korea. Ich bitte deshalb das Hohe Haus eindringlich, die Bewerbung Wrocławs um die Ausrichtung der EXPO 2012 aktiv zu unterstützen.
Monica Frassoni (Verts/ALE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Kolleginnen und Kollegen haben ganz klar über ernste und komplizierte Fragen gesprochen. Ich möchte nun die Aufmerksamkeit auf ein Thema lenken, das ich für besonders wichtig halte, da wir heute den ganzen Nachmittag über Umweltfragen sprechen werden, und ich möchte hierzu eine Bitte formulieren: Es geht um das Problem der Fahrräder, die von diesem Parlament benutzt werden; um 14.20 Uhr waren schon keine mehr vorhanden! Ich möchte Sie auffordern, Herr Präsident, das Präsidium zu ersuchen, die Zahl der Fahrräder, die uns allen, Abgeordneten wie Beamten, zur Verfügung stehen, zu erhöhen. Das wäre ein sehr einfacher Weg, um unseren Zielen der Emissionsverringerung gerecht zu werden!
Der Präsident. Wenn diejenigen, die die Anschaffung von Fahrrädern beantragen, dann auch mit diesen fahren, kann man dem Gedanken näher treten. Wir werden das erörtern.
Georgios Karatzaferis (IND/DEM). – (EL) Herr Präsident! Stellen Sie sich vor, jemand würde in Ihrem Wahlkreis auftauchen, Ihren Namen führen und unter Ihrem Namen als Kandidat gegen Sie antreten. Würde Sie das etwa nicht stören? Ich glaube, das würde jeden stören.
Genau das passiert zurzeit mit Vardarska, das den Namen Makedonien angenommen hat, einen historischen Namen, den mein Land, Griechenland, seit nunmehr dreitausend Jahren trägt. Und dann stellt sich gestern der amerikanische Präsident hin und meint geradeheraus, ohne Europa nach seiner Meinung zu fragen, er entscheide und bestimme, dass der Name gegeben werden soll.
Wir Griechen ärgern uns darüber. Wir Griechen sind stets eine Nation, ein Land gewesen, das Europa alles gegeben hat: die Olympischen Spiele, die Philosophie, das antike Theater, alles, worum man uns bat. Ja, wir haben Europa die Zivilisation gegeben.
Europa kann uns deshalb jetzt nicht vor den Kopf stoßen, sich über uns hinwegsetzen und uns demütigen. Es sollte jedem klar sein, dass dies eine heikle Angelegenheit ist.
Ich habe Karten aus dem letzten Jahrhundert, die ich Ihnen geben kann, auf denen die Region Vardarska genannt wird. Fragen Sie einen Briefmarkenverein und man wird Ihnen Briefmarken mit dem Namen Vardarska zeigen. Man darf uns nicht unsere Geschichte und unsere Helden, Alexander den Großen und Philipp, wegnehmen.
Griechenland wird das nicht zulassen, und man wird uns zum Äußersten treiben, zu etwas, was in Europa heutzutage nicht vorkommen dürfte.
Димитър Стоянов (ITS). – Г-н председател, през април 1876 г. българският народ въстана, за да отхвърли турското робство. Скоро град Батак се присъедини към това всенародно въстание. В началото на май турските милиции, наречени „башибозук“, избиха 8000 от деветхилядното население на града, като на 17 май 1876 г. избиха 3000 жени, деца и старци, събрани и укрили се в черквата на града.
Международна европейска анкетна комисия установи тези зверства, които бяха извършени в Батак и другите въстанали градове като Перущица, Копривщица, Котел, Клисура и други. Тази комисия беше председателствана от американския журналист-кореспондент на британски вестници Макгахан, който описа тези зверства в своята книга „Турските зверства в България“.
Днес, обаче, има опити този геноцид да бъде отречен, да бъде заличен. Затова мен политическата коректност ме кара да стана и да кажа тук пред всички, че ще внеса писмена декларация, в която искам Парламентът да признае този геноцид над българите и да заклейми всеки един опит той да бъде отречен.
László Surján (PPE-DE). – (HU) (Der Abgeordnete hatte zu Beginn seines Redebeitrags nicht sein Mikrofon eingeschaltet, und daher kann der Anfang seiner Ausführungen nicht vollständig wiedergegeben werden.)
… der Durchschnittslohn liegt bei unter 500 Euro pro Monat, und der Mindestlohn beträgt weniger als 280 Euro. Das niedrige Lohnniveau ist ein Erbe der sozialistischen Planwirtschaft und stellt eine besondere Form der Staatsverschuldung dar. Früher hatte der Staat anstelle der Löhne viele Dienstleistungen kostenlos oder sehr preisgünstig angeboten. So war die Gesundheitsversorgung beispielsweise ein verfassungsmäßig verbrieftes Recht.
Seit 1990 gehen die Gewinne, die durch nicht gezahlte Löhne entstehen, nicht mehr an die Gemeinschaft, sondern an die Arbeitgeber. Diese sind nicht verpflichtet, die zusätzlichen Gewinne zugunsten der Allgemeinheit einzusetzen. Während Dienstleistungen ihren Marktpreis haben, ist das Lohnniveau unverändert geblieben. Die Nutznießer dieser Situation sind der Staat, die Arbeitgeber und die Länder, die Arbeitnehmer aus Niedriglohnländern mit offenen Armen empfangen. Dieses Problem geht uns alle an, denn es kann keine andere Lösung geben, als dass die neuen Mitgliedstaaten schnell ihren Entwicklungsrückstand aufholen, damit die Kohäsionspolitik auch wirklich ein Erfolg wird. Hier besteht noch weiter dringender Handlungsbedarf.
Georgios Papastamkos (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin! Die Kommission hat unlängst Verbesserungen bei der Umstrukturierungsregelung im Zuckersektor angekündigt und dabei eingestanden, dass für nicht wettbewerbsfähige Erzeuger attraktive Anreize fehlen, um aus diesem Sektor auszusteigen.
Nun liegt also ein neuer Vorschlag vor, dessen Ziel der Kommission zufolge darin besteht, die Zuckererzeugung in der Europäischen Union auf ein akzeptables Niveau zu senken. Ich möchte Sie daran erinnern, dass das Europäische Parlament gefordert hat, den betreffenden Erzeugern eine Umstrukturierungsbeihilfe je Tonne aufgegebener Quote in Höhe von 50 % zu gewähren.
Zudem sollte die Kommission ein spezifisches Programm zur Erhöhung des Verbrauchs von Biokraftstoffen ausarbeiten, in dem alternative Möglichkeiten zum Ausstieg aus dem Zuckersektor angeboten werden und mit dessen Hilfe der Anbau von Energiepflanzen in der Europäischen Union effektiv gefördert wird.
Lassen Sie mich noch einen letzten Gedanken äußern: Wie das jüngste Urteil des Gerichtshofs zur Marktordnung für Baumwolle bestätigt, ist die Kommission verpflichtet, die Auswirkungen der vorgeschlagenen Reformen sorgfältig zu beurteilen. Bei der Umstrukturierung der Marktordnung für Zucker hat sie dies, wie sich herausgestellt hat, nicht getan.
Marc Tarabella (PSE). – (FR) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedauere, dass Kommissar Louis Michel um seine Beurlaubung gebeten und sie auch bekommen hat, um sich um einen Sitz im belgischen Senat bewerben zu können. Mit diesem Schritt begibt er sich auf das Feld der nationalen politischen Kämpfe, während er doch aufgrund seiner Ernennung zum europäischen Kommissar über allen politischen Auseinandersetzungen stehen sollte. Ich verurteile daher diesen Mangel an Achtung, den er gegenüber seiner so bedeutenden Funktion als europäischer Kommissar erkennen lässt. Zudem wirkt sich dieses negative Verhalten leider auch auf die Arbeitsfähigkeit der Kommission aus.
Des Weiteren hat Brice Hortefeux, der neue französische Minister für Immigration, am 21. Mai um 8.15 Uhr auf Europa 1 in einem Gespräch mit dem französischen Journalisten Jean-Pierre Elkabach erklärt, dass er seine Immigrationspolitik nicht durchführen werde – ich zitiere –, „ohne dass sie in Übereinstimmung mit der europäischen Politik steht“, und dass er in der kommenden Woche ein Gespräch mit Kommissar Louis Michel zu diesem Thema haben werde. Die Lage, in der sich die Kommission und insbesondere Kommissar Michel befinden, ist – wie man sehen kann – zumindest widersprüchlich.
Ich denke, die Kommission sollte den Kommissaren nur gestatten, sich als Kandidat an Europawahlen oder aber nur an Wahlen zu beteiligen, die mit dem Ende ihrer Amtszeit zusammenfallen, um solche heiklen Situationen auszuschließen. Ich werde diesbezüglich ebenfalls eine schriftliche Anfrage an die Kommission einreichen.
Marie Anne Isler Béguin (Verts/ALE). – (FR) Frau Präsidentin! Auch ich möchte zum Thema Afrika sprechen, um Ihre Aufmerksamkeit zu erregen, denn es war in der Tat zu spät, um eine Dringlichkeitsentschließung einzureichen.
Lassen Sie mich also die Aufmerksamkeit der Mitglieder des Europäischen Parlaments auf die Lage im Norden Malis und im Norden Nigers lenken, die sich zu ungunsten der Tuaregbevölkerung entwickelt. Noch können wir einen größeren Konflikt, einen Krieg in dieser Region vermeiden, in der sich die Lage trotz des Abkommens von Algier und dem im März in Kidal durchgeführten Forum gegenwärtig dramatisch verschlechtert. Die Tuaregs legten die Waffen am 9. März nieder, und heute besetzt die malische Armee die Wasserstellen und bestimmte Dörfer, während neue Truppen von Süden vorrücken.
Frau Präsidentin, meiner Meinung nach muss man eingreifen, ehe in diesem Teil Afrikas ein Krieg ausbricht, da Algerien als Vermittler nicht verfügbar ist. Ich bitte Sie daher, einen dringlichen Antrag an die Kommission und die Ratspräsidentschaft zu richten, dass die Troika auf die malischen Behörden einwirkt, damit sie sich bereit finden, an den Verhandlungstisch mit den Tuaregs zurückzukehren, um erneut über die Umsetzung des Abkommens von Algier zu diskutieren.
Was den Niger betrifft, so ist die Lage der Tuaregs dort nicht besser, denn sie werden von den Unternehmen ausgebeutet, die den Uranabbau betreiben, der für sie keinerlei Vorteil erbringt.
Marios Matsakis (ALDE). – (EN) Frau Präsidentin! Die vorwiegend von der türkischen Armee organisierten und unterstützten fanatischen, nationalistischen Demonstrationen der letzten Zeit werden bedauerlicherweise von der Türkei auf den von der türkischen Armee besetzten nördlichen Teil Zyperns exportiert. So fand eine Demonstration dieser Art am vergangenen Samstag auch in der von der türkischen Armee besetzten zyprischen Stadt Morfou statt. Extreme nationalistische Organisationen wie die so genannten Grauen Wölfe hielten Banner hoch, auf denen Slogans standen wie „Wir sind keine Zyprer, wir sind Türken“, „Zypern ist türkisch und wird dies auch bleiben“ und „Was für ein großer Segen, Türke zu sein!“.
Diese Demonstration fand statt, während die türkische Armee und Marine illegal Militärübungen im nördlichen Teil Zyperns abhielten. Es liegt auf der Hand, dass die türkischen Armeegeneräle nun noch einmal versuchen, die zyprische Bevölkerung – türkischer wie griechischer Herkunft – zu verängstigen und einzuschüchtern, um ihre politischen Ziele in der Türkei durchzusetzen. Die jüngste Warnung des Parlamentspräsidenten an die Oberbefehlshaber der Armee in Ankara kam zum richtigen Zeitpunkt und war auch angemessen. In Anbetracht der soeben beschriebenen Entwicklungen fordere ich den Präsidenten auf, eine zweite Botschaft zu übermitteln und zu betonen, dass die türkischen Armeegeneräle ihre Politik der Förderung von Einschüchterung und der Schürung von nationalistischem Hass auf der Insel Zypern beenden müssen.
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Die Europäische Union hat auf dem Gipfel von Samara auf deutliche Weise Einigkeit demonstriert. Dies ist zu begrüßen und verheißt Gutes für die Zukunft. Es erhebt sich aber die Frage, wie dauerhaft sich eine solche Politik während der nächsten Jahre erweisen wird.
Russland verfügt über reichhaltige Energiequellen. Könnte dies nicht zu Verhältnissen führen, unter denen sich die Europäische Union in so genannte bessere und schlechtere Partner nach russischer Bewertung teilen ließe?
Ist unser Gedächtnis so kurz, dass wir uns schon nicht mehr an die Erdgasleitung erinnern, die durch die Ostsee verlegt werden soll? Es ist bedauerlich, dass sich die Europäische Union in dieser Frage nicht verständigen konnte, denn die Eigeninteressen einzelner Mitgliedstaaten waren zu groß und zu widersprüchlich, als dass Einigkeit erreicht werden konnte.
All zu oft sprechen wir von Einigkeit oder Kompromiss, gerade so wie es uns genehm ist. Das verheißt nichts Gutes für die Zukunft des Europäischen Verfassungsvertrags.
Trotzdem sollten wir uns über das Erreichte freuen.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL). – (PT) Frau Präsidentin! Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um den portugiesischen Arbeitnehmern und ihrer Gewerkschaftszentrale CGTP-IN, die am 30. Mai einen Generalstreik in Portugal durchführen werden, meinen Gruß zu entbieten. Die portugiesischen Arbeitnehmer kämpfen gegen die wachsende Arbeitslosigkeit, die immer unsicherer und flexibler werdenden Beschäftigungsverhältnisse und die so genannte Flexicurity, gegen die Kürzung der Gehälter und gegen das drastische Anwachsen von Ungleichheit und Armut, für eine mit Rechten verbundene Beschäftigung, für Kollektivverträge, höhere Gehälter und die gerechte Verteilung des geschaffenen Reichtums.
Die portugiesischen Arbeitnehmer kämpfen für die Verteidigung der öffentlichen Dienste, des Gesundheits-, Bildungs- und Justizwesens und der sozialen Sicherheit sowie der öffentlichen Verwaltung dieser Dienste. Die portugiesischen Arbeitnehmer kämpfen gegen die Politiken der Demontage der Infrastruktur des produktiven Sektors und der Einstellung öffentlicher Investitionen sowie dagegen, der Erhöhung der Profite der großen Wirtschafts- und Finanzgruppen Vorrang vor den wirtschaftlichen Erfordernissen des Landes einzuräumen.
Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin! Auch ich möchte mit meiner schwachen Stimme in den Chor all jener europäischen Bürger einstimmen, die sich angesichts der Wiederbelebung des Traums von einem gesamteuropäischen Vertrag, einem Vertrag der Europäischen Union, wünschen würden, dass darin ein Hinweis auf die historische Wahrheit der Herkunft Europas enthalten ist.
Darin sollte ihrer Ansicht nach festgestellt werden, dass die Wurzeln unserer Zivilisation in der antiken griechisch-römischen Zivilisation sowie in den christlichen Werten liegen, die unter anderen Namen zu universellen Werten geworden sind.
Diese Verankerung einer historischen Wahrheit steht keineswegs im Widerspruch zu der religiösen Toleranz bzw. zu den liberalen Ideen, die uns allen als Europäern eigen sind.
Csaba Sándor Tabajdi (PSE). – (HU) Die Ereignisse der letzten Wochen, das Gipfeltreffen EU-Russland, das aggressive Verhalten Russlands gegenüber Estland und die unterschiedliche Auslegung des Tages des Sieges am 9. Mai machen deutlich, dass es zwischen den neuen und alten Mitgliedstaaten nicht nur wirtschaftliche und soziale Unterschiede gibt, sondern dass sie die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg auch ganz anders erlebt haben.
Während der Sieg der antifaschistischen Verbündeten, darunter der Sieg der Sowjetunion, für den Großteil Westeuropas zweifelsohne die Befreiung bedeutete, brachte er für Mitteleuropa und die baltischen Staaten lange Jahre der sowjetischen Besetzung, diktatorische Verhältnisse und in einigen Fällen sogar den Beginn der Massenunterdrückung mit sich.
Die Beziehungen zwischen der EU und Russland dürfen nicht von der Vergangenheit überschattet werden. Dazu muss Russland aber auch seine Außenpolitik ändern und darf nicht Estland und anderen EU-Mitgliedstaaten gegenüber aggressiv auftreten. Die neuen Mitgliedstaaten wiederum müssen ihre Verbitterung über das, was in der Vergangenheit geschehen ist, überwinden.
Zdzisław Zbigniew Podkański (UEN). – (PL) Frau Präsidentin! Der Grundsatz der Vielsprachigkeit ist eine der Säulen der Europäischen Union. Das bedeutet: Jede der 23 Amtssprachen hat die gleiche Stellung; dass will heißen, sie genießt einen gegenüber den übrigen Sprachen gleichberechtigten Status. Das bedeutet auch, dass Bürgerinnen und Bürger das Recht auf Informationen über die Europäische Union in ihrer Muttersprache haben.
Bislang widerspricht die Art und Weise, wie die Europäische Kommission Finanzmittel der Informationspolitik zuweist, dem vorgenannten Grundsatz. Ein Beispiel dafür ist der Fernsehkanal Euronews, der aus dem Haushalt der Europäischen Union gestützt wird. Alle Mitgliedstaaten tragen zum Haushalt bei, aber die Sendungen werden nur in sechs Amtssprachen ausgestrahlt.
Nach meiner Meinung sollte die Haltung zur Vielsprachigkeit fest und konsistent sein, und keine Sprache dürfte diskriminiert werden. Es ist unsere Pflicht, die Nationalsprachen Europas zu pflegen, weil sie unsere Identität, unseren Reichtum und unsere Schönheit in der Vielfalt verkörpern.
Monica Maria Iacob-Ridzi (PPE-DE). – Electoratul român i-a acordat sâmbătă Preşedintelui României, domnul Traian Băsescu, o încredere covârşitoare, aproape 75% din opţiuni, cu 1 milion de voturi mai mult decât la alegerea sa din 2004. Alianţa politică nefirească, care a plănuit şi a dus la capăt suspendarea în Parlament a preşedintelui, se vede redusă la o susţinere populară de 25%, o cifră infimă pentru un bloc format din cinci partide. Politica acestei alianţe pro-demitere a fost una profund imorală şi antieuropeană, vechii comunişti au mers umăr la umăr cu noii liberali, stânga şi-a organizat mitingurile antiprezidenţiale împreună cu partidul de extremă dreapta România Mare, lucru de neconceput la nivelul familiilor politice europene din care acestea fac parte, şi anume Socialiştii Europeni şi Identitate, Tradiţie şi Suveranitate. Această confruntare a consumat multe energii, iar guvernul actual a sacrificat alegerile pentru Parlamentul European pentru a face loc acestui referendum. Rezultatul referendumului din România transmite însă un semnal foarte bun pentru Parlamentul European. Se ştie că Preşedintele Băsescu susţine planurile actualei preşedinţii germane a Uniunii Europene de revigorare a dezbaterii asupra viitorului Europei, afirmând-o în repetate rânduri, inclusiv în Parlamentul European. Am mare încredere că domnul Traian Băsescu, preşedintele Nicolas Sarkozy, cancelarul Angela Merkel şi ceilalţi şef de state, împreună cu Parlamentul European, vor găsi, în perioada imediat următoare, o formulă pentru un tratat de bază european, care să primească sprijinul cetăţenilor europeni.
Willy Meyer Pleite (GUE/NGL). – (ES) Frau Präsidentin! Ich möchte die EU-Organe – Kommission, Rat und Parlament – auffordern, die jüngste Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen über den Westsahara-Konflikt zu unterstützen.
In ihrem Punkt 2 fordert der Sicherheitsrat eine gerechte, dauerhafte und beiderseits akzeptable politische Lösung, die zu einer Selbstbestimmung des Volkes der Westsahara führt.
Zwar spricht die Resolution deutliche Worte, doch keineswegs klar ist die anhaltende Position des Königreichs Marokko, das diese Resolution systematisch verletzt und dem Volk der Sahara das Recht auf Selbstbestimmung verweigert.
In der vorigen Woche wurden drei Menschenrechtsaktivisten in El Aaiún verhaftet. Das Königreich Marokko verhöhnt gezielt dieses Grundrecht.
Ich glaube nicht, dass die Gemeinschaftsorgane diese Situation ignorieren dürfen. Wir sprechen von einem Land, Marokko, das das Völkerrecht und die Menschenrechte der besetzten Gebiete systematisch verletzt, und ich hoffe deshalb, dass wir alle diese Resolution, insbesondere ihren Punkt 2, unterstützen werden.
Tunne Kelam (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Die russischen Behörden versuchen, eine prominente russische Anwältin, Frau Karina Moskalenko, ihres Berufs zu berauben bzw. ihr die Anwaltszulassung zu entziehen.
Frau Moskalenko ist weithin als engagierte Verfechterin der Menschenrechte anerkannt, die zahlreiche Berufungsfälle vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hier in Straßburg gebracht hat. Über 20 von ihnen wurden zugunsten russischer Staatsbürger entschieden, die für ihre Rechte eintraten und gegen die russische Regierung vorgingen. Dieser mutigen Frau die Anwaltszulassung zu entziehen, ist eine wirklich groteske Art der Ehrung ihrer Person durch die russische Regierung. Ich appelliere an alle Kollegen, sich für die Rechte dieser russischen Anwältin einzusetzen.
Petr Duchoň (PPE-DE). – (CS) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Thema Freizügigkeit in der EU gerät in letzter Zeit immer öfter ins Blickfeld. Auf jeden Fall kann das für die Grenzübergänge zwischen der Tschechischen Republik und Österreich festgestellt werden. Österreichische Aktivisten organisieren regelmäßig Blockaden von Grenzübergängen, und dies zumindest mit stillschweigender Billigung einiger österreichischer Behörden. Die Protestaktionen richten sich gegen das Kernkraftwerk Temelín in der Tschechischen Republik.
Die Blockade von Verkehrswegen durch solche Demonstrationen stellt meiner Ansicht nach eine Verletzung europäischen Rechts dar und trägt ganz gewiss nicht zur Förderung gutnachbarlicher Beziehungen zwischen beiden Mitgliedstaaten bei. Ich respektiere, dass einige Bürger Österreichs Kernenergie ablehnen, doch haben sie nicht das Recht, ihrer Meinung in einer Weise Ausdruck zu verleihen, die die Freiheit anderer beschneidet. Einige österreichische Politiker haben die Blockade der Grenzübergänge als nicht annehmbar erkannt und sich von diesen Aktionen distanziert. Doch damit ist es nicht getan. Das Recht auf Freizügigkeit muss gewährleistet werden. Nach meinem Dafürhalten sollte die EU die Entwicklung der Kernenergie unterstützen.
Vladimír Maňka (PSE). – (SK) Meine Kollegin, Frau Bauer, kam auf den Fall eines angeblichen Überfalls zu sprechen, der im vergangenen Jahr in der Slowakei auf eine Studentin verübt worden sein soll.
Im Zuge der Ermittlungen wurden besondere Untersuchungen in verschiedenen Bereichen der forensischen Biologie, Chemie, Genetik sowie eine Handschriftanalyse und Gesundheitsprüfungen durchgeführt. Die Ermittlungen ergaben, dass die Aussagen der Studentin nicht der Wahrheit entsprachen. Die Studentin hat sich somit des Vergehens einer Falschaussage und des Meineids schuldig gemacht. Unter diesen Umständen würden die Ermittlungsbeamten in jedem demokratischen Staat Anklage wegen Falschaussage und Meineid erheben.
Der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des ungarischen Parlaments erklärte auf einer Pressekonferenz, dass die Slowakei ihre strafrechtlichen Ermittlungen auf frei erfundene Vorwürfe stützen würde und dass dies ein Skandal sei. Werte Kolleginnen und Kollegen, derartige Erklärungen ausländischer Politiker stellen einen direkten Eingriff in die Arbeit unabhängiger Strafverfolgungsbehörden dar und sollen doch nur die Spannungen weiter schüren. Das müssen wir verurteilen. Die Ermittlungen und strafrechtlichen Verfahren werden in Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften durchgeführt, und der Fall wird von einem unabhängigen Gericht entschieden werden.
Gerard Batten (IND/DEM). – (EN) Frau Präsidentin! Die Bevölkerung Großbritanniens wird in Kürze unter zwei völlig neuen und unnötigen Gesetzen zu leiden haben. Das erste betrifft das Home Information Pack, das notwendige Angaben über Immobilien enthält, mindestens 600 GBP kosten soll und ohne das Hausbesitzer ihr Eigentum nicht mehr verkaufen dürfen. Das zweite Gesetz schreibt vor, dass der Hausmüll nicht mehr jede Woche, sondern nur noch alle zwei Wochen abgeholt wird. Beide Gesetze sind direkte Folgen von EU-Richtlinien – der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden bzw. der Richtlinie über Abfalldeponien. Die wöchentliche Hausmüllabfuhr wurde 1875 Gesetz, um Krankheiten wie Cholera und andere Epidemien, an denen tausende Menschen starben, auszurotten. Nur die EU konnte Großbritannien wieder dahin zurückversetzen, wo es sich vor 1875 befand, und von den Briten zugleich verlangen, für dieses Privileg Wucherpreise zu zahlen. Das sind zwei weitere gute Gründe – sofern welche nötig wären –, warum Großbritannien aus der Europäischen Union austreten sollte.
Die Präsidentin. – Damit ist dieser Tagesordnungspunkt geschlossen.
15. Auswirkungen und Folgen der Ausklammerung von Gesundheitsdiensten aus der Dienstleistungsrichtlinie (Aussprache)
Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Bernadette Vergnaud im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz über Auswirkungen und Folgen der Ausklammerung von Gesundheitsdiensten aus der Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt (2006/2275(INI)) (A6-0173/2007).
Bernadette Vergnaud (PSE), Berichterstatterin. – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gesundheitsdienste stellen einen der Grundpfeiler des europäischen Sozialmodells dar. Daher sind sie aus der Dienstleistungsrichtlinie ausgeklammert worden und müssen im Rahmen von umfassenderen Überlegungen über den Gesundheitssektor in Europa gesondert behandelt werden.
Die Konsultation der Kommission darf sich nicht nur auf die Patientenmobilität beschränken, sondern muss Anlass sein, zu ermitteln, welche Rolle die Europäische Union spielen und welchen Mehrwert sie erbringen muss, um jedem Bürger nicht nur den gleichen Zugang zu Gesundheitsleistungen, sondern auch ein hohes Gesundheitsschutzniveau unter Beachtung der einzelstaatlichen Zuständigkeiten und des Subsidiaritätsprinzips zu gewährleisten.
Die europäische Gesundheitspolitik darf sich nicht auf die Mobilität der Patienten und der Angehörigen medizinischer Berufe beschränken und darf nicht ausschließlich auf die Errichtung eines Binnenmarktes für Gesundheitsleistungen abzielen, der zu einem Zweiklassensystem führen würde, das nur den zahlungskräftigsten Patienten nützen würde und in dem die Gesundheitseinrichtungen um die wohlhabendsten Patienten konkurrieren würden. Zudem wird aufgrund der Einkommensunterschiede bei den Angehörigen der medizinischen Berufe durch Probleme der medizinischen Demografie der Zugang zur gesundheitlicher Betreuung in den Mitgliedstaaten beeinträchtigt, in denen die Dienstleister weniger verdienen und daher dazu neigen, sich im Ausland niederzulassen. Die Patienten müssen das Recht haben, sich im Rahmen der Freizügigkeit in einem anderen Mitgliedstaat behandeln zu lassen, allerdings geht es auch nicht an, den Medizintourismus zu fördern.
Auch wenn die Gesundheitsdienste den Regeln des Vertrages unterliegen, können sie trotzdem nicht als gewöhnliche gewerbliche Dienstleistungserbringer betrachtet werden, da sie mit einer Aufgabe von öffentlichem Interesse betraut sind. Es muss ein Gleichgewicht herrschen zwischen freiem Personenverkehr und vorherrschenden nationalen Zielen im Zusammenhang mit der Steuerung der Krankenhauskapazitäten, der Kontrolle der Gesundheitsausgaben und dem finanziellen Gleichgewicht der sozialen Sicherungssysteme. Zudem bleiben die Mitgliedstaaten zuständig für die Organisation, die Planung und Finanzierung ihrer Gesundheitssysteme.
Allen europäischen Bürgern muss ungeachtet der Höhe ihres Einkommens oder ihres Wohnorts ein gleicher und erschwinglicher Zugang zur medizinischen Versorgung gemäß den Grundsätzen der Universalität, der Qualität, der Sicherheit, der Kontinuität und der Solidarität gewährleistet werden. Damit wird ein Beitrag zum sozialen und territorialen Zusammenhalt der Union geleistet, während gleichzeitig die finanzielle Nachhaltigkeit der nationalen Gesundheitssysteme sichergestellt wird. Die Mobilität der Patienten darf den Staaten nicht als Vorwand dienen, ihre eigenen Systeme zu vernachlässigen.
Mit den Entscheidungen des Gerichtshofes sind im Laufe der Verfahren eine Reihe von Begriffen eingeführt worden, die einer Klarstellung bedürften. Dies trifft beispielsweise zu auf die Unterscheidung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung sowie auf den Begriff der „zumutbaren Wartezeit“. Ich bedauere, dass die Kommission nur teilweise auf die Mobilität der Angehörigen der medizinischen Berufe eingegangen ist, denn diese Frage bedarf einer eingehenden Untersuchung. Der Personalmangel in den europäischen Gesundheitsdiensten wird mit der Zeit immer ernster. Zudem sind wir mit einer Bevölkerungsalterung konfrontiert. Ist es daher vernünftig, sich mit dieser Frage heute noch nicht zu befassen? Ich glaube nicht.
Die Union muss sich verpflichten, die Patienten umfassend zu informieren, damit sie sachkundig entscheiden können, wer sie nach welchen Verfahren behandeln kann. Erst dann, wenn alle diese Fragen im Zusammenhang mit den Verfahren und Kriterien gelöst sind, wird es auf unserem Territorium „europäische Patienten ohne Grenzen“ geben. Im Bereich der Zusammenarbeit könnte die Union die Errichtung eines europäischen Netzwerkes von Referenzzentren sowie den Austausch von Kenntnissen zu den besten Behandlungsmethoden zwischen den einzelnen Ländern fördern.
Es ist bedauerlich, dass die Sozialdienste in der Konsultation restriktiv beschrieben werden, denn im Bereich der Integration weisen sie eine Dimension auf, die über bloße Fürsorge und Aktivitäten zugunsten der Ärmsten hinausgeht. Des Weiteren entspricht die willkürliche Unterscheidung zwischen Gesundheitsdiensten und Sozialdiensten von allgemeinem Interesse nicht dem tatsächlichen Charakter der erbrachten Leistungen. In einer Vielzahl von Fällen werden soziale und Gesundheitsleistungen unterschiedslos erbracht. Dies trifft insbesondere auf Gesundheitsleistungen mit sozialer Begleitung zu. Und wie steht es mit der ärztlichen Versorgung in Altersheimen und in speziellen Einrichtungen für Behinderte?
Im Gegensatz zu dem, was in der Konsultation der Kommission unterschwellig impliziert wird, besagen die Entscheidungen des Gerichtshofes weder, dass sich das Parlament auf die bloße Kodifizierung der Rechtsprechung zu beschränken hätte, noch hindern sie es daran, seine Rolle als Gesetzgeber voll wahrzunehmen. Die in Bezug auf Einzelfälle getroffenen Entscheidungen des Gerichtshofes reichen nicht aus, um eine Gesundheitspolitik festzulegen. Die diesbezüglichen Entscheidungen müssen im Rahmen des demokratischen Entscheidungsprozesses getroffen werden.
Angesichts der Vielzahl der von der Generaldirektion Binnenmarkt im Bereich der Gesundheitsversorgung angestrengten Vertragsverletzungsverfahren und der unbefriedigenden Rechtslage, in der sich die Bürger als Nutzer befinden, ist es aus Gründen der Kohärenz erforderlich, eine Richtlinie zu den Gesundheitsdiensten zu erlassen, in der die gemeinsamen Werte und die Grundsätze, die für die Gesundheitssysteme in der Union gelten sollen, präzisiert werden, damit die Bürger in einem Bereich ihres täglichen Lebens, der Gesundheitsversorgung, wieder Vertrauen in die Union fassen, denn Gesundheit ist ihr höchstes Gut. Der von der Union erbrachte Mehrwert kann in diesem Sinne von wesentlicher Bedeutung sein und kann auch der Lissabon-Strategie neue Impulse verleihen.
Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Es freut mich sehr, die Gelegenheit zu haben, dieses Thema noch einmal mit Ihnen zu erörtern. Wir haben es bereits mehrmals diskutiert, unter anderem auch im Ausschuss.
Es geht heute um eine reale Situation. Einerseits gibt es eine Reihe von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs und eine einschlägige Rechtsprechung und andererseits hat das Europäische Parlament beschlossen, was die Kommission akzeptiert und ebenfalls befürwortet hat, die Gesundheitsdienste aus der Dienstleistungsrichtlinie auszuklammern.
Wie versprochen sind wir, als die Diskussion stattfand und die Gesundheitsdienste aus der Dienstleistungsrichtlinie ausgeklammert wurden, in einem speziellen Bereich des Gesundheitswesens auf europäischer Ebene tätig geworden; daher unsere Initiative, mit einem Konsultationspapier zu beginnen, eine öffentliche Anhörung in Gang zu bringen und dann mit einem konkreteren Vorschlag weiterzumachen.
Die Anhörung der Öffentlichkeit ist beendet und uns liegen bereits die Ergebnisse vor. Wir haben zu diesem Thema schon zwei Diskussionen auf Ministerebene geführt und werden nach der heutigen Aussprache einen vollständigeren Eindruck vom Standpunkt nicht nur der Organe, sondern auch der Unionsbürger haben und dann für die nächste Phase – den Entwurf des Vorschlags – bereit sein. Ich kann Ihnen versichern, dass die heutige Diskussion und natürlich auch der Bericht einen wesentlichen Beitrag dazu leisten werden, wie wir hier weiter vorgehen. Daher möchte ich der Berichterstatterin danken und ihr zu einem sehr gründlichen und umfangreichen Bericht gratulieren und auch den anderen Ausschüssen für ihre Beiträge danken.
Wir befinden uns mitten in diesem Prozess, der es uns ermöglicht, die Festlegung der Strategien wieder den politischen Entscheidungsträgern zu überlassen. Diejenigen, die über das Mandat verfügen, Entscheidungen zu treffen und Strategien vorzuschlagen, werden dies in diesem wichtigen Bereich auch tun.
Wie ich bereits sagte, ist der Anhörungsprozess beendet. Es gab mehr als 300 Beiträge von den Mitgliedstaaten, regionalen Behörden, Organisationen, die Patienten bzw. die einschlägigen Berufszweige vertreten, und Anbietern von Gesundheitsdienstleistungen – ja sogar Krankenhäusern und Einzelpersonen. Auch wenn die Meinungen je nach den Gegebenheiten, die für die einzelnen Beiträge galten, verschieden waren, gab es dennoch einen gemeinsamen Ansatz: Es gibt einen zusätzlichen Nutzen, wenn Europa hier gemeinsam handelt. Die Diskussion geht über die Patientenmobilität hinaus und umfasst viele andere Bereiche wie Informationen für Patienten, Patientenrechte, die Freizügigkeit der Fachkräfte, Zusammenarbeit der Angehörigen der Gesundheitsberufe, Exzellenzzentren, Austausch bewährter Praktiken in allen Bereichen, die zu einer wirksamen grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung zum Vorteil der Patienten, der Bürger führen – was uns am meisten am Herzen liegt –, ohne die Gesundheitssysteme in den Mitgliedstaaten unnötig zu belasten.
All diese Beiträge und Ihr Bericht von heute werden ein sehr wichtiger Bezugspunkt für unseren nächsten Schritt sein, der in einem konkreten Vorschlag bestehen wird.
Wir geben zu, dass Gesundheitsdienste etwas Besonderes sind – dass sie sich von anderen Dienstleistungen in der Europäischen Union unterscheiden – und die Herausforderung daher darin besteht, wie zwischen dem Binnenmarkt und sozialen Werten entschieden werden und ein Rahmen geschaffen werden kann, der sowohl die Vorteile der Freizügigkeit mit sich bringen als auch die Achtung der gesundheitspolitischen Ziele und sozialen Werte bewirken kann, vor allem da dies die Gesundheitsminister kürzlich bei der informellen Ratstagung in Aachen bestätigt haben.
Ich bin davon überzeugt, dass im Bericht des Parlaments umfassend auf die Themen eingegangen wird, die viele Betroffene und die Minister angesprochen haben. Dadurch wird betont, dass auf europäischer Ebene etwas unternommen werden muss.
Was das Instrument, das wir nutzen können, betrifft, so wurden, wie ich eingangs sagte, die Gesundheitsdienste auf Verlangen des Europäischen Parlaments im vergangenen Jahr aus dem Geltungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen und die Kommission ersucht, konkrete Vorschläge zu den Gesundheitsdiensten auszuarbeiten. Die Kommission hat diesem Ansatz zugestimmt und hat daher nicht die Absicht, die Diskussion über die mögliche Wiederaufnahme in die Dienstleistungsrichtlinie neu zu eröffnen. Wir befinden uns jetzt vielmehr in der Endphase der Ausarbeitung eines konkreten Vorschlags für diese speziellen Fragen. Es wird ein Paket mit verschiedenen Maßnahmen geben, wobei das erste, wie im Bericht gefordert, konkrete Legislativvorschläge in diesem Bereich umfassen wird. Daran werden verschiedene weitere Schritte anschließen.
Wie ich bereits sagte, wird das Hauptziel für uns alle jedoch der Vorteil für die Unionsbürger, die europäischen Patienten sein, wobei stets das Subsidiaritätsprinzip berücksichtigt wird.
Harald Ettl (PSE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten. – Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Ein hochwertiger Gesundheitsdienst ist für alle europäischen Bürger von großer Bedeutung. Gesundheit gewinnt vor dem Hintergrund einer europaweit alternden Bevölkerung zusätzlich an Bedeutung. Gesundheitsdienstleistungen verfolgen ähnliche Ziele wie andere Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse und basieren auf dem Solidaritätsprinzip, den Grundwerten und dem gleichberechtigten Zugang. Die Universalität, die Gleichbehandlung und die Solidarität müssen weiterhin sichergestellt werden.
Im Beschäftigungs- und Sozialausschuss wurde noch einmal bestätigt, dass die Ausklammerung der Gesundheitsdienstleistungen aus dem Geltungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie vorgesehen war, um Gesundheitsdienste als ein höheres Gut der Europäischen Union hervorzuheben. Die Korrektur des Abstimmungsergebnisses des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz im Plenum ist notwendig, um für die weitere Bearbeitung nicht ein falsches Signal zu setzen. Die Dienste müssen durch weitere Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene anerkannt werden und dürfen dem freien Wettbewerb nicht untergeordnet werden.
Wir brauchen einen gesetzlichen Rahmen, einen Vorschlag, zum Beispiel eine sektorale Richtlinie für Gesundheitsdienstleistungen, in die die Sozialpartner und Entscheidungsträger mit einbezogen werden. Bei Behandlungsschäden am Patienten müssen klare Haftungsregeln vorhanden sein.
Die Kostenrückerstattung muss transparent und nachvollziehbar sein. Bei der Niederlassung von Dienstleistungserbringern müssen die gleichen sozialen, Arbeits- und Qualitätskriterien eingehalten werden. Gesundheitsdienstleistungen sind nicht Dienstleistungen irgendeiner beliebigen Art. Wir müssen vorsichtig damit umgehen und letzten Endes geht es ja auch um Ihre Gesundheit.
VORSITZ: GÉRARD ONESTA Vizepräsident
Jules Maaten (ALDE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. – (NL) Herr Präsident! Im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz möchte ich nun meinerseits einige Anmerkungen zu dieser Aussprache anbringen. Gesundheitsdienste sind selbstverständlich ein grundlegender Bestandteil der sozialen Infrastruktur Europas; wenn sich Europa durch etwas spezifisch auszeichnet und sich von anderen unterscheidet, ist es eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung für alle Bürger ungeachtet der persönlichen Umstände.
Unser Ausgangspunkt bei dieser ganzen Diskussion sollte demnach der sein, dass Patienten letztendlich eine angemessene Behandlung erhalten müssen und möglichst in der Nähe ihres Wohnorts, da dies für die meisten Patienten offensichtlich wichtig ist. Natürlich gibt es Situationen, in denen dies nicht möglich ist, beispielsweise, wenn Wartezeiten bestehen oder es sich um seltene Krankheiten handelt, die nur auf europäischer Ebene behandelt werden können.
Obwohl die Gesundheitsversorgung in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, begrüßt der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit dennoch die Initiative der Kommission, ein Verfahren der Konsultation zur besten Vorgehensweise für eine Gemeinschaftsaktion einzuleiten.
Charlotte Cederschiöld, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (SV) Hier geht es nicht um die Dienstleistungsrichtlinie, auch wenn jemand, der diese Aussprache verfolgt, dies annehmen könnte. Im Grunde geht es darum, wie wir die Probleme lösen, die infolge der Ausklammerung von Gesundheitsdiensten aus der Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt entstehen. Vor allem beschäftigen wir uns damit, wie Patienten und Dienstleistungserbringer dennoch ihre grenzüberschreitenden Rechte behalten können. Die gegenwärtigen Rechte gründen sich auf die Verträge und verschiedene Rechtssachen und dürfen nicht durch abgeleitetes Gemeinschaftsrecht beeinträchtigt werden, zumindest nicht ohne dass die Bürgerinnen und Bürger darüber informiert werden. Wir wollen keine neuen Dienstleistungen oder neue Rechte einführen, sondern den Rechtsstaat und die vorhandenen Rechte schützen.
Dem Europäischen Gerichtshof zufolge ist ein vorläufiger Bescheid eine übliche Begrenzungsmethode. Wir von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten wollen die Verwendung von vorläufigen Bescheiden nicht ausweiten. Unserer Ansicht nach sind einige Fälle, die der Gerichtshof als legitime Abweichungen von der Grundregel der Freizügigkeit von Personen und Dienstleistungen anerkannt hat, ausreichend.
Moderne Gesundheitsfürsorge erfordert Planung mit festen Strukturen und einer klaren Finanzierung. In diesem Bereich brauchen die Mitgliedstaaten wohl noch immer einen gewissen Spielraum für sich.
Wie viele Redner bereits dargelegt haben, bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. Die Kommission sollte geeignete Instrumente zum Umgang mit den einzelnen Teilen dieses großen Pakets wählen und sich auf Lösungen konzentrieren, die Freizügigkeit, Freiheit und Sicherheit für den einzelnen Unionsbürger fördern. Die Menschen müssen geschützt werden und nicht die nationale Bürokratie. Wir haben nichts dagegen, dass eine Spezialisierung innerhalb der EU zu einer qualitativ hochwertigeren Gesundheitsfürsorge führt. Als EU-Bürger können wir grenzüberschreitende Lösungen annehmen. Wir haben ein Recht darauf, sowohl als Patienten als auch als Dienstleistungserbringer. Diese Lösungen sind vorhanden und müssen genutzt werden, auch wenn die Gesundheitsdienste aus der Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt ausgeklammert sind. Es liegt in der Zuständigkeit der Kommission, Lösungsvorschläge vorzulegen. Ich appelliere an die Kommission, die Rechtssachen zu kodifizieren, die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für den Inhalt der Gesundheitsfürsorge zu betonen und nicht zuzulassen, dass die Bürger dann nicht noch weniger Rechte als bisher haben werden. Parlament und Kommission müssen einander unterstützen.
Evelyne Gebhardt, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar! Wir haben im Europäischen Parlament die Gesundheitsdienstleistungen aus der Dienstleistungsrichtlinie mit Bedacht herausgenommen, denn diese besonderen Dienstleistungen brauchen eine besondere Qualität, ein hohes Niveau an Gesundheitserbringung und diese so gestaltet, dass jeder Mensch und egal, wo er wohnt, egal, wie groß sein Portemonnaie ist, auch tatsächlich Zugang zu diesen Gesundheitsdienstleistungen hat.
Das ist der Kern dessen, was wir zu machen haben, und deswegen haben wir gesagt: Das sind keine kommerziellen Dienstleistungen. Sie müssen also aus der Dienstleistungsrichtlinie herausgenommen werden. Umso erstaunter waren wir, als die Liberalen und Konservativen im Ausschuss gemeinsam den Beschluss gefasst haben, Gesundheitsdienstleistungen wieder in die Dienstleistungsrichtlinie aufzunehmen. Das ist absolut falsch und ich bitte Sie, noch einmal darüber nachzudenken und diesen Beschluss wieder zurückzunehmen, denn wie Kommissar Kyprianou richtigerweise gesagt hat, geht es jetzt darum, eine richtige Antwort auf die Fragen zu den Gesundheitsdienstleistungen zu geben, und zwar im Hinblick auf die gesamte Bandbreite, die geregelt werden muss. Das ist das, was wir vor uns haben. Schauen wir also nach vorne und nicht zurück. Schauen wir, dass wirklich Gesundheitsdienstleistungen auf hohem Niveau gestaltet werden können.
Ich fordere die Konservativen und die Liberalen auf, dafür zu sorgen, dass Punkt 71 wieder aus dieser Entschließung herausgenommen wird, die ansonsten eine sehr gute Entschließung ist.
Ich möchte die Berichterstatterin Bernadette Vergnaud zu ihrem Bericht beglückwünschen, denn das, was in groben Zügen darin aufgenommen worden ist, zeigt einen positiven und wegweisenden Bericht, der einen Weg aufzeigt, wie wir damit umgehen können. Es freut mich sehr, dass sowohl Kommissar Kyprianou, also die Kommission als auch die Minister im Ministerrat zum Ausdruck gebracht haben, dass sie durchaus bereit sind, diesen Weg zu gehen. Lassen Sie uns also nach vorne gehen und diese Fragen in einer besonderen sektoriellen Richtlinie behandeln. Dann können wir ein gutes Werk für die Bürgerinnen und Bürger zu Ende bringen.
Toine Manders, im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich möchte dem Kommissar für seine Einführungsrede und Frau Vergnaud für die gute Zusammenarbeit danken.
Nachdem ich mehrfach sagen hörte, Gesundheitsdienste gehörten nicht in den Geltungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie, frage ich mich, worum es hier eigentlich geht. Die jetzt vorgeschlagene Ziffer ist das Ergebnis geschlossener Kompromisse, und damit ist auch der von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten, der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament sowie der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa nachdrücklich gestellten Bedingung, dass nämlich die Gesundheitsdienste als lex specialis in die Dienstleistungsrichtlinie aufgenommen werden sollten, gebührend Rechnung getragen worden.
Da diese Ziffer nun, wie ich festgestellt habe, für erheblichen Wirbel gesorgt hat, habe ich einen Änderungsantrag eingebracht, um sie zu ersetzen und dem zu entsprechen, was der Kommissar soeben ausgeführt hat. Zwischen dem freien Dienstleistungsverkehr, der Achtung der Patientenrechte, der freien Ausübung eines Gesundheitsberufes in Europa und der Niederlassungsfreiheit bedarf es nämlich eines ausgewogenen Verhältnisses.
Diesem Erfordernis wird der neue Änderungsantrag gerecht, und ich hoffe, dass sich die PSE- Fraktion und die PPE-DE-Fraktion damit einverstanden erklären können, dass wir den Änderungsantrag gemeinsam annehmen können und dass wir schließlich zu einem neuen Vorschlag gelangen werden, durch den Gleichbehandlung und Solidarität für alle Europäer, das heißt für alle europäischen Bürger und alle europäischen Patienten, sichergestellt werden.
Vermieden werden muss ein Szenario, bei dem medizinische Dienste lediglich als gemeinwohlorientierte Leistungen angesehen werden und mithin nicht unter den EU-Vertrag fallen würden, mit der Folge, dass jeder Mitgliedstaat wieder sein eigenes System einrichten würde, Grenzen geschlossen würden, keine Freizügigkeit bestünde, Patientenrechte nicht anerkannt würden und die Wohlhabenden sich nicht in Europa behandeln lassen, sondern nach Peking jetten würden, um sich dort die bestmögliche Behandlung mit Geld zu erkaufen.
Sollte Europa in diese Richtung weisen, hieße dies meines Erachtens die Gefahr eines Rückfalls ins siebzehnte Jahrhundert, das zwar ein goldenes Zeitalter gewesen sein mag, aber meines Erachtens wohl doch nicht dem entspricht, was Europa anstrebt.
Daher erhoffe ich mir eine breite Zustimmung zu dem von der liberalen Fraktion zur Ersetzung von Ziffer 71 eingereichten Änderungsantrag, damit eine separate Richtlinie für Gesundheitsdienste erstellt werden kann, sowie die Unterstützung aller Kompromissänderungsanträge, die jedenfalls von uns befürwortet werden, da es sich um ein ausgezeichnetes Paket handelt. Damit wird es uns hoffentlich gelingen, alle unsere Zielsetzungen zu erreichen.
Pierre Jonckheer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Die Fraktion der Grünen/Europäische Freie Allianz hat die Arbeit von Frau Vergnaud unterstützt, der ich für ihr offenes Ohr danken möchte.
Allerdings muss ich gestehen, dass mir ihr ursprünglicher Bericht lieber war, der weniger als 30 Ziffern enthielt. Ich bitte den Kommissar und unsere Kollegen, die Begründung zu lesen, die nicht abgeändert worden ist und die mir viel klarer erscheint als die 72 Ziffern, die wir jetzt haben.
Meine Fraktion hat eine Reihe von Änderungsanträgen erneut eingebracht, die einerseits die Ausklammerung der Gesundheitsdienste aus der Dienstleistungsrichtlinie bekräftigen und andererseits die Notwendigkeit spezifischer Rechtsvorschriften nachdrücklich betonen und gleichzeitig darauf verweisen, dass bereits bestimmte Verordnungen existieren, insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 883/2004, auf deren Grundlage die Mobilität und die Kostenerstattung bei bestimmten Gesundheitsleistungen erfolgt.
Meiner Meinung nach wird in dieser Debatte deutlich, dass die Schwierigkeit in dieser wie in anderen Fragen zum einen in dem Interesse besteht, das nicht nur die nationalen Regierungen, sondern auch die Betreiber der Gesundheitssysteme in jedem Land haben, die Kontrolle über die Organisation und die Finanzierung der Gesundheitsleistungen generell zu behalten, und zum anderen darin, nicht zuzulassen, dass die Entscheidungen des Gerichtshofes allein möglicherweise unerwünschte Leitlinien begründen. Hierbei denke ich insbesondere an die als „Förderung des Medizintourismus in der Europäischen Union“ bezeichnete Erscheinung. Ich halte das ebenso wie zahlreiche Beteiligte für keine wünschenswerte Entwicklung.
Hingegen bin ich der Meinung – und hier möchte ich nicht nur auf unsere eigenen Änderungsanträge verweisen, sondern auch auf die der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke –, dass wir die Verantwortung jedes Mitgliedstaats sehr, sehr deutlich hervorheben müssen, seinen Bürgern und allen seinen Gebietsansässigen den Zugang zu Gesundheitsleistungen von hoher Qualität zu gewährleisten. Meiner Meinung nach ist es nicht zumutbar, Entfernungen von 300, 500 oder 2 000 km zurücklegen zu müssen, um in den Genuss einer angemessenen Zahnbehandlung zu gelangen, wie dies gegenwärtig der Fall ist. Ich denke nicht, dass dies wirklich die beste Lösung ist.
In diesem Sinne machen wir unser Stimmverhalten bei der Endabstimmung von den Abstimmungsergebnissen für die einzelnen Änderungsanträge abhängig.
Søren Bo Søndergaard, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (DA) Herr Präsident! In Sachen Gesundheit vertreten wir einen klaren Standpunkt. Unserer Meinung nach sind gleiche Chancen auf qualitativ hochwertige Gesundheitsbetreuung vor Ort ein Grundrecht für alle. Daher möchten wir auch festhalten, dass jede einzelne Regierung in jedem einzelnen der 27 Mitgliedstaaten dafür verantwortlich ist, eine angemessene Gesundheitsversorgung für ihre Bürger sicherzustellen. Ferner sind wir auch unmissverständlich der Ansicht, dass diejenigen Regierungen, die ihren Bürgern diese angemessene Versorgung versagen, weil sie es entweder nicht wollen oder nicht können, die Unterstützung durch ihre Bürger nicht verdienen.
Wir sind daher auch gegen den Bericht, den wir heute in diesem Hohen Hause erörtern, mit dem die Verantwortung von den einzelnen Regierungen auf die Marktkräfte übertragen werden soll. Es ist bestimmt kein Zufall, dass der Bericht mit einer Aufforderung an die Kommission schließt, Gesundheitsdienste wieder in die Dienstleistungsrichtlinie aufzunehmen.
Wir haben nichts gegen eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Gesundheit und wir befürworten, dass es in Grenzregionen zu einer engen Kooperation kommt, zum Teil mit dem Ziel, einen unkomplizierten Zugang zu Krankenhäusern in der näheren Umgebung sicherzustellen. Wir sind auch für Zusammenarbeit im Gesundheitswesen auf europäischer Ebene in Bezug auf seltene Krankheiten. Trotzdem stellen wir uns einer Entwicklung entgegen, im Rahmen derer dann Patienten quer durch die gesamte EU an die Orte befördert würden, die jeweils für den Kostenträger finanziell am attraktivsten sind. Wir haben diese Methode schon viel zu lange hingenommen, was Schweine betrifft. Wir sollten sie nicht auch noch für menschliche Patienten einführen. Im Namen meiner Fraktion muss ich daher meine Mitabgeordneten auffordern, gegen den Vorschlag in seiner derzeitigen Form zu stimmen.
Jens-Peter Bonde, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (DA) Herr Präsident! Gesundheit ist ein von den Vereinten Nationen anerkanntes Menschenrecht. Das Recht auf eine gute Gesundheit wird vom Vertrag in Verbindung mit allen EU-Politiken garantiert. Statt Subventionen für ungesunde Lebensmittel abzuschaffen, wollen die Anhänger des Binnenmarktes nun die Gesundheit in eine Ware umwandeln, die unter Marktbedingungen frei verkauft werden kann. Damit würde die Palette der Gesundheitsdienstleistungen für diejenigen verbreitert, die es sich leisten können, aber für jene eingeschränkt, die sich den Marktpreis nicht leisten können. Es würden preiswerte Dienstleistungen für Reiche angeboten, die in arme Länder reisen, um dort Gesundheits-Checkups durchführen zu lassen. Folglich würde es für die meisten Menschen in armen Ländern, aber auch für viele Arme in reichen Ländern schwerer werden, Gesundheitsleistungen zu bezahlen. Die Dienstleistungsrichtlinie würde zu Wettbewerb bei den Gehältern im Gesundheitssektor führen. Ausländische Unternehmen könnten sich beliebig niederlassen und Gesundheitsdienstleistungen aller Art anbieten. Die dänischen Steuerzahler müssten die gleichen Subventionen für alle Anbieter aufbringen, ungeachtet der gelieferten Qualität und der gezahlten Gehälter. Da könnten wir auch gleich unser dänisches Vertragsmodell mit seinen demokratisch verabschiedeten Vereinbarungen in das Museum für Arbeit stellen. Bei Wahlen dürften die Menschen nicht länger für Gesundheitsbetreuung für alle stimmen. Stattdessen sollten wir den Mitgliedstaaten erlauben, das in ihrem Gesundheitswesen von ihnen gewünschte Verhältnis zwischen privaten und öffentlichen Leistungen selbst festzulegen, und sollten wir das dänische Modell mit seinen steuerfinanzierten Sozial- und Gesundheitsleistungen für alle respektieren, so wie auch unser Vertragsmodell im Arbeitsmarkt.
Irena Belohorská (NI). – (SK) In ihrem Bericht beschäftigt sich die Berichterstatterin mit verschiedenen sehr ernsthaften Fragen, denen die Europäische Union momentan gegenübersteht, wie die Kostenerstattung für Gesundheitsdienste, die Mobilität von Patienten bzw. medizinischen Fachkräften und die Haftung für Fehler.
Ich möchte betonen, dass ein Patient keinesfalls als Tourist oder Gesundheitsshopper betrachtet werden darf. Patienten nehmen Gesundheitsdienste im Ausland in Anspruch, weil bestimmte Behandlungen in ihren Heimatländern nicht angeboten werden oder die Wartezeiten übermäßig lang sind. Die Gefahr, dass die medizinische Versorgung zu einem Tummelplatz von Gesundheitstouristen werden könnte, ist recht gering. Jeder Patient würde lieber in seiner vertrauten Umgebung in der Nähe seiner Verwandten behandelt werden, wo er die Sprache versteht. Laut den Statistiken macht die Patientenmobilität ungefähr 1 % der Gesundheitsdienste aus. Doch angesichts des Rechts auf Freizügigkeit wird dieser Prozentsatz künftig auf alle Fälle ansteigen. Es kann keine echte Freizügigkeit ohne den Zugang zu Gesundheitsdiensten geben. Daher ist es unsere Aufgabe, für einen solchen Zugang zu sorgen, ohne dass komplizierte Verhandlungen mit den Versicherungsunternehmen erforderlich sind. Diese Lösung würde auch mit dem Grundsatz in Einklang stehen, dass alle Bürger im gesamten Gebiet der Europäischen Union die gleichen Rechte haben.
Ich habe in dem Bericht keinen Hinweis darauf gefunden, dass die Überlebenschancen des Einzelnen von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat stark variieren. Warum haben slowakische Frauen, die an Brustkrebs leiden, eine um 30 % geringere Chance, wieder gesund zu werden, als schwedische Frauen? Warum besteht für polnische Patienten, die an Darmkrebs erkrankt sind, eine 30 % geringere Überlebenschance als für französische Patienten?
Für viele scheint die Patientenmobilität – auch wenn sie nur einen Anteil von 1 % ausmacht – eines der Hauptprobleme zu sein. Niemand interessiert sich jedoch dafür, dass etliche Ärzte und Krankenschwestern aus den zwölf neuen Mitgliedstaaten ausgewandert sind. Warum sind wir so stark auf das Problem der Patientenmobilität fixiert und kümmern uns überhaupt nicht um die Mobilität von Ärzten?
Ich fordere die Kommission nachdrücklich auf, einen neuen Entwurf für eine Strategie vorzulegen, in dem eine künftige Lösung für dieses Problem vorgeschlagen wird. Dazu zählen die Förderung der elektronischen Gesundheitsdienste, der Abbau von Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten und die Nutzung der Strukturfonds für gesundheitspolitische Zwecke.
Marianne Thyssen (PPE-DE). – (NL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Der Titel des Initiativberichts, der Gegenstand unserer Aussprache ist, nennt den präzisen Grund, weshalb er ausgearbeitet wurde: die Ausklammerung von Gesundheitsdiensten aus der Dienstleistungsrichtlinie. Ich darf Sie daran erinnern, dass diese Ausklammerung aufgrund einer von einer breiten Mehrheit dieses Hauses getroffenen Entscheidung beschlossen wurde, die die einmütige Unterstützung sowohl der Kommission als auch des Rates gefunden hatte.
Meiner Ansicht nach handelte es sich um eine gerechtfertigte Entscheidung, erstens weil Gesundheitsdienste nicht genauso behandelt werden können wie gewöhnliche kommerzielle Dienste, zweitens weil ein Patient kein Verbraucher ist, und drittens weil in erster Linie die Mitgliedstaaten für die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens in ihrem Hoheitsgebiet zuständig und verantwortlich sind. Daher vertraue ich darauf, dass wir am Mittwoch eine schlüssige Entschließung in diesem Bereich verabschieden können.
Unterdessen bleiben Gesundheitsdienste selbstverständlich Dienstleistungen im Sinne des Vertrags, sodass dafür weiterhin die Rechte und Freiheiten des Vertrags gelten. Wir wollen nicht wieder, wie seinerzeit im Falle der Dienstleistungsrichtlinie, alles dem Gerichtshof überlassen, und erneut müssen hier verschiedene Ziele miteinander in Einklang gebracht werden: Zum einen geht es um ein möglichst reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts und zum anderen auch um Spielraum für eine in jeder Hinsicht verantwortungsvolle Gesundheitspolitik. Unser Augenmerk muss dabei auf Ausgewogenheit und Rechtssicherheit gerichtet sein.
Eine Kodifizierung der bestehenden Rechtsprechung zu den Rechten und Pflichten sowohl der mobilen Patienten als auch der mobilen Dienstleistungserbringer ist zweifellos vonnöten, aber nicht ausreichend. Als Aufgabe stellt sich nach wie vor die Sicherung eines zusätzlichen Nutzens für die Menschen hinsichtlich der Qualität der Versorgung ebenso wie der Gewährleistung eines Spielraums für die Mitgliedstaaten, damit sie weiterhin die Verantwortung für die von ihnen zu beschließenden Weichenstellungen zu übernehmen imstande sind.
Wir haben uns noch nicht darüber geeinigt, was genau auf europäischer Ebene zu regeln sein wird und mithilfe welcher Instrumente, doch stellen der vorliegende Bericht, die von dem Kommissar durchgeführte Konsultation sowie die vorhergehende Entschließung zur Patientenmobilität meiner Überzeugung nach wertvolle Beiträge zur Weiterentwicklung der Politik in diesem Bereich dar, und wir sehen den diesbezüglichen Initiativen des Kommissars erwartungsvoll entgegen.
Robert Goebbels (PSE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der ursprüngliche Bericht meiner geschätzten Kollegin Bernadette Vergnaud müsste theoretisch die Zustimmung aller Abgeordneten finden.
Das Ziel, allen – allen Europäern – zu ermöglichen, auf dienstlichen oder privaten Reisen in ganz Europa angemessene gesundheitliche Versorgung zu erhalten, ergibt sich schlicht und einfach aus der Freizügigkeit.
Doch kann das Recht der Patienten auf Mobilität nur gewährleistet werden, wenn die Staaten der Union die Möglichkeit behalten, die Gesundheitsleistungen zu regeln, um deren Finanzierung kontrollieren zu können, denn wenn die Gesundheit auch von unschätzbarem Wert ist, so verursacht sie doch Kosten, und zwar steigende Kosten. Diese Kosten wachsen ständig, und es besteht die Gefahr, dass die Finanzierung des sozialen Schutzes und der gesundheitlichen Versorgung für alle in allen unseren Staaten nicht mehr zu gewährleisten ist.
Bestimmte politische Kräfte in diesem Parlament haben eine höchst einfache Lösung für dieses Problem parat, die von praktisch allen Gesundheitsministern befürwortet wird: Allein auf den Markt zu vertrauen und die Finanzierung der sozialen Sicherheit privaten Versicherungen zu überlassen.
Ich habe den Verdacht, dass auch Kommissar Kyprianou diese etwas ultraliberalen Ansichten teilt, denn er äußerte gegenüber dem Figaro, dass der Wettbewerb zwischen den europäischen Gesundheitsdiensten unvermeidlich sei, und gegenüber der Financial Times: „People can shop around“.
Die Sozialdemokratische Fraktion des Europäischen Parlaments kann einer solchen Auffassung nicht zustimmen. Sie befürwortet das Recht auf gesundheitliche Behandlung für alle in ganz Europa, doch sie ist gegen einen Markt, der den Wohlhabendsten die bestmögliche Behandlung bietet, während die Ärmsten und am wenigsten Mobilen nur Anspruch auf eine Mindestversorgung haben.
Diejenigen, die glauben, der Markt allein könne eine gesundheitliche Versorgung von hoher Qualität für alle gewährleisten, sollten sich einmal die Lage in den USA vor Augen führen. Dieses große Land hat die höchsten Gesundheitskosten der Welt, d. h. sie liegen bei rund 15 % des BIP, was praktisch das Doppelte des europäischen Durchschnitts ausmacht. Doch dieses äußerst teure System schließt immer mehr US-Bürger aus: 2006 hatten 46,6 Millionen Amerikaner keine Sozialversicherung. Dies ist wahrlich kein Beispiel, Herr Präsident, dem Europa folgen sollte.
Antonyia Parvanova (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Auch ich möchte Frau Vergnaud für die wunderbare Zusammenarbeit bei der Erstellung dieses Berichts danken. Dieses Hohe Haus hat kürzlich eine Entschließung zur grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung angenommen, und heute befassen wir uns schon mit der nächsten. Warum? Weil uns heute, da der Zugang zur Gesundheitsversorgung und den entsprechenden Dienstleistungen für Europa zum Thema wird, durch die Ausklammerung der Gesundheitsdienste aus der Dienstleistungsrichtlinie die dringende Aufgabe erwächst, dafür zu sorgen, dass die Menschen in künftigen Rechtsvorschriften ungeachtet ihrer Landesgrenzen Zugang zur Gesundheitsversorgung haben werden.
Im Urteil des Gerichtshofs wurde eindeutig anerkannt, dass bei der Behandlung im Ausland die Grundsätze und Freiheiten des Binnenmarkts gelten. Wir sollten ein gemeinsames Sicherheits- und Qualitätsniveau der Gesundheitsdienste sowie die praktische Umsetzung der Patienten- und Bürgerrechte in der gesamten EU sicherstellen. Die Patientenrechte müssen Teil der künftigen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften im Gesundheitswesen sein. Wir sollten beide Dimensionen der grenzüberschreitenden Mobilität anerkennen und gewährleisten, dass Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe keine ungerechtfertigten Verzögerungen mehr erdulden müssen. Die Patienten müssen Zugang zu innovativen Behandlungen und Technologien haben. Wir sollten den Prozess steuern und ihm ein befähigendes Umfeld schaffen.
In der Medizin ist Rechtssicherheit erforderlich, ebenso das Niederlassungsrecht, um hochwertige Sicherheits- und Qualitätsstandards zu gewährleisten. Die Regelungslücke wird von den aktuellen EU-Rechtsvorschriften nicht geschlossen. Die Kommission sollte eine Initiative einbringen, bei der die oben genannten Grundsätze eingehalten werden.
Kartika Tamara Liotard (GUE/NGL). – (NL) Herr Präsident! Als wir vor zwei Jahren die Dienstleistungsrichtlinie behandelten und ich Berichterstatterin dieses Parlaments für das Gesundheitswesen war, empfahl ich die Ausklammerung der Gesundheitsdienste aus der Dienstleistungsrichtlinie, und das Parlament war anschließend meiner Empfehlung gefolgt. Ich finde es zutiefst betrüblich, dass das Parlament, sollte es dem jetzt vorliegenden Vorschlag, den seinerzeitigen Beschluss rückgängig zu machen, zustimmen, jegliche Glaubwürdigkeit verlieren wird.
Ich spreche hier nicht nur von dem fatalen Änderungsantrag von Herrn Manders, wonach die Gesundheitsdienste wieder in die Dienstleistungsrichtlinie aufgenommen werden sollen – allerdings scheint er einen gewissen Rückzieher zu machen, obwohl er im Wesentlichen nichts Neues gesagt hat –, sondern die ganze Idee einer EU-Richtlinie für Gesundheitsdienste erscheint mir als Einmischung, die zu weit geht.
Selbstredend muss ein Vorschlag zur Gewährleistung des Rechts der Patienten auf angemessene grenzüberschreitende Gesundheitsfürsorge ausgearbeitet werden, doch darf dies nicht dazu führen, dass Mitgliedstaaten ihre Verantwortung zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen und ausreichenden Gesundheitsversorgung vernachlässigen. Die Patienten geben einer guten Versorgung in der Nähe ihres Wohnorts und ihrer Angehörigen den Vorzug. Juristisches Tauziehen darf auf keinen Fall zum Vorwand für die Liberalisierung der EU-Gesundheitsdienste genommen werden.
Gesundheitsdienste nehmen einen ganz bestimmten Platz in der Gesellschaft ein. Zugänglichkeit und Qualität und nicht das Erzielen von Gewinnen müssen auch weiterhin stets im Vordergrund stehen. Gesundheitsversorgung ist kein Markt, und Europa sollte nicht versuchen, sie zu einem solchen zu machen. Gemäß Artikel 152 des Vertrags ist die Gesundheitsversorgung Aufgabe der Mitgliedstaaten, und das sollte im Interesse des Patienten und der Beschäftigten im Gesundheitswesen meiner Ansicht nach zweifellos auch weiterhin der Fall sein.
Jeffrey Titford (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! In diesem Bericht wird sehr befürwortet, dass die grenzüberschreitende Gesundheitsfürsorge im Rahmen der Dienstleistungsrichtlinie verwirklicht werden soll. Im Bericht heißt es, dass „die Mitgliedstaaten die Einwohner eines anderen Mitgliedstaates in Bezug auf den Zugang zu Gesundheitsdiensten auf gleichberechtigter Grundlage behandeln sollten, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Privatpatienten oder Kassenpatienten handelt.“ Darüber hinaus sollte es eine „Kodifizierung der geltenden Rechtsprechung zur Erstattung der Kosten von grenzüberschreitenden Gesundheitsdiensten“ geben.
Sagen wir doch ganz unmissverständlich, was diese beiden Punkte für Großbritannien bedeuten. Der erste besagt, dass ein Besucher oder Einwanderer aus einem anderen EU-Land, der keinen einzigen Cent in den National Health Service eingezahlt hat, Anspruch auf denselben Zugang zur Gesundheitsversorgung wie ein Einwohner Großbritanniens hat, der sein ganzes Arbeitsleben lang Steuern und nationale Versicherungsbeiträge gezahlt hat, und somit dessen Behandlung verzögert. Der zweite Punkt öffnet der EU Tür und Tor, sich über die Regierungen der Mitgliedstaaten hinwegzusetzen und vorzuschreiben, nach welchen Regeln die Kosten von grenzüberschreitenden Gesundheitsdiensten zu erstatten sind, wodurch unvermeidlich festgelegt wird, wie das Gesundheitswesen insgesamt finanziert und verwaltet wird. Ein einheitliches, von der EU verwaltetes Gesundheitssystem stellt ein Horrorszenario dar, das zu schrecklich ist, um es sich auszumalen, und dem eine ahnungslose Welt niemals ausgesetzt werden sollte.
Malcolm Harbour (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Die Gesundheitsdienste verbleiben im Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten, und für die Organisationen im Gesundheitswesen sind nach wie vor die Regierungen der Mitgliedstaaten zuständig. Das hält jedoch unsere Bürger nicht davon ab, zu reisen, auf Reisen krank zu werden, sich dauerhaft in einem anderen Land niederzulassen und Zugang zur Gesundheitsversorgung haben zu wollen – darüber sollte Herr Titford vielleicht in einer ruhigeren Stunde noch einmal nachdenken.
Ich möchte Frau Vergnaud für diesen Bericht danken, der sehr umfangreich ist. Er enthält viele wertvolle Beiträge zu der Arbeit, die Sie, Herr Kommissar, begonnen haben, und wurde absolut zum richtigen Zeitpunkt verfasst. Es ist ziemlich klar, dass die Gesundheitsdienste nicht wieder in die Dienstleistungsrichtlinie aufgenommen werden. Den Kompromissvorschlag, den Herr Manders morgen einreicht und der das klarstellen wird, werden wir natürlich unterstützen.
Das sollte uns nicht davon ablenken, uns mit einigen wirklich wichtigen Fragen, die in diesem Vorschlag aufgegriffen werden, zu beschäftigen, weil immer mehr Menschen die Grenzen des Systems infrage stellen werden. Eines der bahnbrechendsten Urteile des Gerichtshofs kam aufgrund einer britischen Patientin zustande, die in ein anderes Land reiste, um sich ein künstliches Hüftgelenk einsetzen zu lassen, da der Gesundheitsdienst in ihrem eigenen Land – leider meinem Heimatland Großbritannien – diese Operation nicht innerhalb eines vertretbaren zeitlichen Rahmens durchführen konnte. Das Gericht entschied zu ihren Gunsten, worüber der Kommissar noch sprechen wird. Ich habe gegen den Grundgedanken dieses Urteils nichts einzuwenden, weil es hier meines Erachtens um ein Recht geht, das allen Menschen in der Europäischen Union zustehen sollte.
Es wird jedoch sehr schwierige Fragen geben, die sich uns erst allmählich stellen. Die innovativen Behandlungen, die einer meiner Vorredner erwähnte, vor allem bei Krebserkrankungen, stellen das öffentliche Gesundheitswesen bereits jetzt vor wirklich gravierende Probleme. Was geschieht, wenn teure, lebensverlängernde Behandlungen in einem anderen Land als dem Heimatland möglich sind und man dorthin reist, um sie zu erbitten?
Dieser Bericht ist wichtig, weil er ein Thema behandelt, mit dem wir uns immer stärker auseinandersetzen müssen. Ich empfehle Ihnen diesen Bericht und hoffe, dass der Kommissar mit einer einfallsreichen Antwort aufwarten wird.
Harlem Désir (PSE). – (FR) Herr Präsident! Ich möchte zunächst unserer Berichterstatterin, Frau Vergnaud, danken, deren Arbeit leider vom Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz gestutzt wurde, denn – wie uns Kommissar Kyprianou vor Augen führte – haben wir einerseits die Rechtsprechung, d. h. die vom Gerichtshof ausgelegten Verträge, und anderseits die vom Europäischen Parlament bei der Abstimmung über die Dienstleistungsrichtlinie vertretene Position, nach der klar zu unterscheiden ist zwischen dem, was unter den Binnenmarkt fällt, und dem, was zur Verteidigung der sozialen Werte der Union unter andere Mechanismen fallen muss.
Ich denke in der Tat, dass der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz – leider nicht nur Herr Manders allein, denn um die Mehrheit zu erzielen, mussten ihn die PPE- und die ALDE-Mitglieder des Ausschusses wohl oder übel unterstützen –, etwas äußerst Bedauerliches getan hat, als er versuchte, die Gesundheitsdienste wieder in den Rahmen der Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt einzubeziehen, denn in keinem unserer Länder gelten dieselben Rechtsvorschriften sowohl für gewerbliche Dienstleistungen und Bauwesen als auch für Krankenhausdienste und die Versorgung von Kranken, da beiden Kategorien ganz unterschiedliche Ansätze zugrunde liegen.
Wir müssen zwar einerseits die Subsidiarität, die Finanzierungsmechanismen unserer Sozialsysteme, die Zulassungsmechanismen für die Gesundheitseinrichtungen beachten, doch andererseits müssen wir auch den europäischen Raum und die Freizügigkeit in diesem Raum, berücksichtigen und daher den Zugang aller zu den Gesundheitsdiensten fördern. Allerdings müssen dafür besondere Mechanismen gelten. Daher denke ich, dass wir ebenso wie für die sozialen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse wie auch für die sonstigen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse spezielle Richtlinien neben der Richtlinie für die gewerblichen Dienstleistungen im Binnenmarkt brauchen.
Ich hoffe nicht nur, dass der Kompromiss zu der Klarstellung führen wird, dass die Gesundheitsdienste nicht in der Richtlinie über die Dienstleistungen im Binnenmarkt einbegriffen sind, sondern dass wir auch nachdrücklich eine spezifische Richtlinie für die Gesundheitsdienste fordern.
Eva-Britt Svensson (GUE/NGL). – (SV) Es ist noch nicht lange her, dass die beiden großen Fraktionen einen Kompromiss bezüglich der Dienstleistungsrichtlinie erreicht hatten, und einige werteten es als großen Erfolg, dass die Gesundheitsdienste dabei ausgeklammert wurden. Jetzt wird trotzdem versucht, diese Deregulierung durch die Hintertür einzuführen, was dazu führen würde, dass die ärztliche Versorgung der Menschen von einem Menschenrecht zu einer Ware auf einem Markt wird.
Gemäß den Verträgen liegen Gesundheitsfürsorge und Gesundheitsschutz in der ausschließlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, und EU-Vorschriften sind weder erforderlich noch wünschenswert. Zusammenarbeit ist gut, aber eine Rechtsetzung ist es in diesem Fall nicht.
Ich hoffe, dass diejenigen, die eine Ausklammerung der Gesundheitsdienste aus der Dienstleistungsrichtlinie begrüßt haben, für eine Festigung dieses Erfolgs sorgen, indem sie bei der Abstimmung für die Änderungsanträge der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke stimmen.
Othmar Karas (PPE-DE). – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass alle jene, die im Ausschuss der Ziffer 71 zugestimmt haben, wenigstens jetzt merken, welchen Bärendienst sie der Debatte damit erwiesen haben, denn wir diskutieren soeben mehr über die Systemfrage als über die Substanzfrage.
Wir haben ganz bewusst die Gesundheits- und Sozialdienstleistungen aus der Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen. Warum? Weil es in dieser Frage nicht um liberal oder national, sondern um das Verständnis für die Sensibilität gegenüber dem Gesundheits- und Sozialsektor und um die Bereitschaft geht, sehr spezifisch diesen Bereich zu regeln und nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Marktmechanismen zu beurteilen.
Wir haben zu definieren, welche Gesundheitsdienstleistungen überhaupt gemeint sind. Welche Dienstleistungen fallen unter das Subsidiaritätsprinzip? Diese Dienstleistungen können aufgrund Ihres Charakters in der Tat nicht als gewöhnliche marktbedingte Dienstleistungen betrachtet werden. Es geht auch um den Schutz der Bürgerinnen und der Bürger.
Es tut mir sehr leid – und ich sage das sehr offen –, dass die Abstimmung im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz über den Antrag der Liberalen für Verunsicherung gesorgt hat. Die Ziffer 71 wird von der großen Mehrheit dieses Hauses abgelehnt, auch von uns. Sie bedeutet einen Rückschritt. Wir wollen zu dem mit der Dienstleistungsrichtlinie gestarteten Konsultationsprozess über die Regelung einen aktiven Beitrag leisten.
Verwechseln wir nicht ständig die Patientenmobilität mit dem Umgang mit der Dienstleistungsfreiheit. Die Patientenmobilität steht außer Streit. Die Frage der Regelung der Dienstleistungsfreiheit der unternehmerisch Tätigen bedarf einer differenzierten Regelung und eines sensiblen Umgangs. Dabei dürfen die Mitgliedstaaten nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden. Sie haben für die höchste Qualität zu sorgen, nicht der europäische Gesetzgeber.
Edit Herczog (PSE). – (HU) Ich begrüße die Tatsache, dass gerade jetzt, da zahlreiche EU-Mitgliedstaaten mit der Reform ihres Gesundheitswesens beschäftigt sind, auch das Europäische Parlament dieser Frage in einem gesonderten Bericht nachgeht. Ich gratuliere meiner Kollegin, Frau Vergnaud, zu ihrer Arbeit.
Im Bereich der Gesundheitsfürsorge wird das Verhältnis zwischen sozialen und wirtschaftlichen Möglichkeiten und Pflichten zunehmend gespannter. Während uns die technologische und digitale Revolution der modernen Welt mit immer neuen viel versprechenden Lösungen auf dem Gebiet der Prävention, Behandlung und Therapie in den Bann zieht, sind die hohen Kosten dieses Fortschritts bereits für viele Bürger außer Reichweite. Wir können sagen, dass die Aufgabe eines sozialen Europas – eines Europas der Solidarität – darin besteht, jedem Bürger der Europäischen Union unabhängig von seiner Nationalität, seinem Einkommen oder den nationalen Grenzen Zugang zu modernen Gesundheitsdiensten zu bieten.
Die öffentliche Gesundheitsfürsorge ist gewiss keine wirtschaftliche, industrielle oder gewerbliche Dienstleistung. Dennoch sind die Dienstleistungen, die sich um den Gesundheitssektor drehen, fast ausschließlich gewinnorientierter Natur. Die Einrichtungen und Unternehmen brauchen ja auch ihre Gewinne, um die weitere Forschung, Entwicklung und Innovationen finanzieren zu können.
Deshalb müssen die EU-Länder und wir EU-Politiker eine Lösung finden, damit sich Unternehmen, die in den Bereichen Prävention, Ernährung, Bewegung, diagnostische Hilfsmittel, Arzneimittel und medizinische Instrumente tätig sind, nicht allein auf die bereits knappen Mittel für die öffentliche Gesundheitsfürsorge verlassen, um weitere Wachstumsraten zu erzielen.
Obwohl wir erst jetzt nach einer Lösung für die erwähnten Herausforderungen suchen, steht bereits eines fest: Jede Lösung muss auf der Prämisse beruhen, dass die Last von allen gemeinsam getragen wird. Hier sind also alle 485 Millionen Einwohner gefragt. Es geht beispielsweise nicht an, dass wir in Ungarn eine Million Bürger haben, die nicht gerade zu den ärmsten zählen und dennoch die allgemein zugänglichen Gesundheitsdienste in Anspruch nehmen, ohne auch nur eine müde Mark in die Gemeinschaftskasse einzuzahlen. Die soziale und wirtschaftliche Solidarität gebietet es, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Verwirklichung des Grundsatzes der Rechtssicherheit und der Gleichheit vor dem Gesetz beitragen.
Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident! Gesundheitsfürsorge ist eine öffentliche Dienstleistung und darf nicht der Zügellosigkeit des freien Marktes überlassen werden. Der angemessene Rahmen für die Gewährleistung der Patientenmobilität ist in den Verordnungen (EG) Nr. 1408 und Nr. 883/2004 festgelegt worden. Sämtliche Probleme können in diesem Rahmen geregelt werden und nicht dadurch, dass man ihn umstößt.
Sollte mit den Gesundheitsdiensten à la Bolkestein verfahren werden, so wird dies zu einer Verschlechterung der Qualität von Gesundheitsdienstleistungen, zum Abbau öffentlicher Dienstleistungen zugunsten von privaten Dienstleistungen sowie natürlich zu einer Verringerung des Gesundheitsschutzes für sozial Schwächere führen.
Den Versuchen, die Gesundheitsdienstleistungen mithilfe der berühmt-berüchtigten Manders-Richtlinie und/oder mit der geänderten und bereits in den Kulissen lauernden Richtlinie „durch die Hintertür“ in die Bolkestein-Richtlinie einzubeziehen, muss eine entschiedene Abfuhr erteilt werden.
Für das Europäische Parlament, das vor einigen Monaten zu diesem Thema ein unterschiedliches Votum abgegeben hat, ist die Frage, wie es jetzt dazu steht, eine Frage der Glaubwürdigkeit und Konsequenz, der große Bedeutung zukommt. Ich hoffe, dass wir diesmal nicht noch einmal unsere Meinung ändern werden.
Zuzana Roithová (PPE-DE). – (CS) Meine Damen und Herren! Die Mitgliedstaaten müssen die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs respektieren und die Kommission muss sie in Verordnungen über soziale Sicherheit integrieren. Ich spreche vom Recht auf Kostenerstattung für grenzüberschreitende Gesundheitsdienste. Wenn Patienten erste Hilfe in Anspruch nehmen, haben sie nicht zuvor die Genehmigung ihrer Krankenkasse einzuholen. Die Kommission und die Mitgliedstaaten müssen Einigung darüber erzielen, was als Behandlung einer nicht akuten Krankheit gilt, für die der Patient eine vorherige Genehmigung benötigt. Im vorigen Jahr hat das Parlament falschen Argumenten nachgegeben und die Gesundheitsdienste auf Drängen der Linken, der Gewerkschaften und einiger Regierungen aus dem Geltungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie ausgeklammert. Demzufolge muss dieses Recht noch in Gesetzesform gebracht werden, da Verordnung Nr. 1408/1971 nicht aktualisiert wurde.
Die Vorstellung, Mobilität würde zu einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung führen, ist abwegig. Ich rufe daher zu mehr Vertrauen in ausländische Gesundheitsleistungen auf und unterstreiche das damit verbundene Recht der Patienten auf Informationen über die Qualität von Gesundheitseinrichtungen. Wir fordern die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Qualitätskontrollsysteme im Gesundheitswesen zu koordinieren, ohne dass die Union in die Rechte der Mitgliedstaaten eingreift. Zu den Schlüsselprogrammen gehören Patientensicherheit und die nationale bzw. internationale Zulassung von Krankenhäusern und ambulanten Gesundheitsdiensten. Wenn Patienten darüber informiert sind, welche ausländischen Krankenhäuser freiwillig internationale oder nationale Standards einhalten, werden sie mehr Vertrauen haben, gut betreut zu werden, selbst wenn sie die Sprache vielleicht nicht sprechen. Das ist der wichtigste Punkt, wenn es um Vertrauen in europäische Gesundheitseinrichtungen und die Widerlegung eigennütziger Argumente gegen die Patientenmobilität geht.
Ich weiß, dass mein Vorschlag zum Abbau von Hindernissen bei der Erbringung nichtstaatlicher – also privater – grenzüberschreitender Dienstleistungen zu einem politischen Thema geworden ist. Ich wünsche mir sehr, dass Ärzte und Krankenschwestern die Hindernisse überwinden, die ihnen von Politikern in den Weg gelegt werden, die das Recht der Öffentlichkeit auf mehr Auswahlmöglichkeiten bei den Gesundheitsleistungen herunterspielen und die freie Wahl fürchten.
Barbara Weiler (PSE). – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zuerst einmal der Kommission ein Lob aussprechen, denn sie beteiligt das Parlament und alle Akteure sehr frühzeitig an der neuen Richtlinie. Das war wohl nicht immer so selbstverständlich. Darum bin ich auch zuversichtlich, dass die neue Richtlinie sorgfältig geplant ist und einerseits entsprechende Folgenabschätzungen, nämlich die soziale und ordnungspolitische Folgenabschätzung und die Subsidiarität, und andererseits die europäischen Bürgerrechte beinhaltet.
Regelungen zu grenzüberschreitender Gesundheitsvorsorge sind notwendig geworden und werden auch von vielen Bürgern erwartet, von den Arbeitnehmern in unseren Grenzregionen, von Wanderarbeitnehmern, von Rentnern in Südeuropa und in Griechenland, und – das habe ich gerade gehört – auch von den Fernfahrern in Europa, aber darüber hinaus auch von allen anderen Arbeitnehmern, die früher nicht in den Genuss kommen konnten, weil es den Privatpatienten vorbehalten war. Das wurde schon ein paar Mal erwähnt. Darum finde ich es umso absurder, dass die GUE/NGL hier die Privilegien der Privatversicherten festigen will.
Von einer vorsichtigen, behutsamen Öffnung der nationalen Systeme werden wir alle profitieren können. Eine konstruktive Wettbewerbssituation für die Anbieter, eine Konkurrenz der besten Methoden, der sinnvollsten Forschungen und der erfolgreichsten Strategien im Gesundheitswesen kann nützlich sein. Alles muss natürlich unter den Kriterien erfolgen, die schon genannt worden sind und die eben nicht für den Binnenmarkt gelten, nämlich Qualität, Sicherheit, Solidarität und Nachhaltigkeit.
Dieses Parlament – davon bin ich überzeugt – wird dabei diesen Kriterien auf jeden Fall entsprechen.
Milan Gaľa (PPE-DE). – (SK) Ich möchte Frau Vergnaud und den Schattenberichterstattern für ihre Arbeit danken.
Zunächst möchte ich über die verschiedenen Arten von Mobilität sprechen, die im Gesundheitssektor vorkommen können. Da wären beispielsweise die grenzüberschreitenden Gesundheitsdienste, wobei die Dienstleistung von einem Land erbracht und von einem anderen in Anspruch genommen wird, ohne dass Patienten und medizinische Fachkräfte ihr Heimatland verlassen. Zu diesen Diensten zählen unter anderem die Telemedizin, die Ferndiagnose und die Fernverschreibung von Arzneimitteln. Zweitens gibt es die Patientenmobilität im herkömmlichen Sinne, von der in den meisten Fällen die Rede ist. Ganz konkret geht es hier um die Inanspruchnahme von Dienstleistungen im Ausland, wobei der Patient zur Niederlassung des Anbieters reist, um sich dort behandeln zu lassen. Drittens kann qualifiziertes Personal vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat Dienstleistungen erbringen, was man als Mobilität von medizinischen Fachkräften bezeichnet. Die vierte Möglichkeit ist die dauerhafte Erbringung solcher Dienstleistungen, indem Gesundheitseinrichtungen in einem anderen Mitgliedstaat aufgebaut werden, wie mein Kollege, Herr Karas, zuvor erwähnte.
Um für all diese Arten von Mobilität allmählich Rechtsvorschriften zu finden und sie anschließend umzusetzen, müssen wir uns zunächst verschiedene grundsätzliche Fragen stellen und Antworten darauf finden. Dies sind folgende Fragen: Gibt es gemeinsame Werte und Grundsätze für die Gesundheitsversorgung, auf die sich alle EU-Bürger verlassen können? Wie können wir ein angemessenes System für die Kostenerstattung sicherstellen? Wie können Patienten und Fachleute Anbieter von Gesundheitsdiensten herausfinden und miteinander vergleichen? Inwieweit haben die Mitgliedstaaten Handlungsspielraum, um ungerechtfertigte Hindernisse für die Freizügigkeit abzubauen? Wie können wir langfristige Pflege- und Sozialleistungen gewährleisten? Das sind nur einige von vielen Fragen.
Die Kommission sowie der Rat und das Parlament müssen gemeinsam Antworten auf diese Fragen finden, indem Rechtsvorschriften geschaffen werden, in denen den Folgen und Auswirkungen der Ausklammerung von Gesundheitsdiensten aus der Richtlinie über die Dienstleistungen im Binnenmarkt Rechnung getragen wird.
Maria Matsouka (PSE). – (EL) Herr Präsident! Die Gesundheit ist keine Ware und sollte auch nicht als solche betrachtet werden, eine Ware, die noch dazu den Marktbedingungen und dem Wettbewerb unterliegen soll.
Das Gesundheitswesen ist ein gemeinnütziger Bereich, und daher muss es eine Reihe von Kriterien wie Qualität, Zugänglichkeit, Universalität und Solidarität erfüllen.
Wir müssen den Bestrebungen, die Marktphilosophie unter dem Vorwand der Modernisierung auf den Gesundheitssektor auszudehnen, was der Gerichtshof auf seine Weise ermöglicht hat und was die Sprachrohre des Wirtschaftsliberalismus jetzt wieder aufs Tapet bringen, unverzüglich Einhalt gebieten.
Leider ist dies bei einigen sozialen Dienstleistungen bereits geschehen. Wir sollten es nicht zulassen, dass sich das in diesem Bereich wiederholt.
Es macht keinen Sinn, die Gesundheitsdienstleistungen wieder unter den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie zu stellen. Dieses Vorhaben wurde vom Europäischen Parlament im November letzten Jahres abgelehnt.
Die Europäische Kommission muss den Mut haben, und sie muss von ihrem Recht Gebrauch machen, Gesetzesinitiativen zu ergreifen und eine gesonderte Richtlinie zu Gesundheitsdienstleistungen vorschlagen. Sie sollte zudem den Mut haben, einen Vorschlag für eine Rahmenrichtlinie zu unterbreiten, mit der ein Rechtsrahmen für die Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse geschaffen wird.
Sie, meine verehrten Kollegen vom rechten Flügel, die Sie hier über die Mehrheit verfügen, haben dadurch, dass Sie unerwarteter Weise erneut die Frage ins Spiel gebracht haben, die Gesundheitsdienstleistungen in die Dienstleistungsrichtlinie, bekannt als Bolkestein-Richtlinie, einzubeziehen, wieder einmal dazu beigetragen, dass die Union an Glaubwürdigkeit verliert.
Handeln Sie entsprechend Ihren Aufgaben und spielen Sie nicht mit dem Leben der europäischen Bürger. Demonstrieren Sie mit Ihrer Stimme, dass die Gesundheit keine Ware darstellt.
(Beifall)
Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (FR) Herr Präsident! Ich beginne auf Französisch, weil ich Herrn Goebbels etwas sagen möchte. Ich bin in meinem politischen Leben schon als alles Mögliche bezeichnet worden, doch dies ist das erste Mal, dass man mich als ultraliberal hinstellt.
Daher möchte ich einige nähere Erläuterungen abgeben, denn meiner Meinung nach sind meine Erklärungen gegenüber dem Figaro sowie gegenüber der Financial Times nicht richtig verstanden worden. Um sicher zu gehen, dass ich diesmal richtig verstanden werde, spreche ich jetzt auf Englisch weiter.
(EN) Was ich den Zeitungen gesagt habe, war, dass die momentane Situation nicht auf meine Politik zurückzuführen ist. Was ich beschrieben habe – und darauf möchte ich jetzt zurückkommen –, war die Realität, die nach den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs entstanden ist, denen zufolge die Regeln des Binnenmarktes für die Gesundheitsversorgung gelten, auch wenn sie öffentlich finanziert wird.
Wahrscheinlich ist es nicht die Politik des Parlaments, sondern eine Realität, mit der wir arbeiten müssen. Es ist unvermeidlich, dass es, wenn man sich im Ausland behandeln lassen kann, einen gewissen Wettbewerb gibt; die Bürger sollten die Wahl haben. Unsere Aufgabe ist es nun, dafür zu sorgen, dass dieses Recht, das der Europäische Gerichtshof anerkannt hat, zum Wohle der Unionsbürger angewandt wird und nicht die Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten untergräbt und zerstört.
Es wurde viel zur Subsidiarität nach Artikel 152 gesagt, und ich möchte Ihnen ins Gedächtnis zurückrufen, was der Gerichtshof dazu gesagt hat. Der Gerichtshof urteilte, dass obwohl die Mitgliedstaaten das Recht haben, Gesundheitsdienstleistungen und medizinische Betreuung zu organisieren und durchzuführen, die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, dass sie aufgrund anderer Bestimmungen die Anpassung ihrer nationalen Gesundheitssysteme, also die Anwendung der Binnenmarktvorschriften, vornehmen müssen.
Das ist also die erste rechtliche Realität, mit der wir arbeiten müssen, aber natürlich gibt es auch eine faktische Realität. Bedauerlicherweise bestehen innerhalb der europäischen Gesundheitssysteme Ungleichheiten: Die Mitgliedstaaten können nicht alle ihren Bürgern dasselbe Niveau der Gesundheitsfürsorge bieten. Wer behandelt werden möchte, reist ins Ausland und zieht vor den Gerichtshof, falls ihm dieses Recht verweigert wird. Ich denke, Sie stimmen mir sicherlich zu, dass nicht jede Unionsbürgerin bzw. jeder Unionsbürger nach Luxemburg reisen und auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs warten kann, ob sie bzw. er operiert werden darf oder nicht.
Daher stellt sich uns die Aufgabe, wie wir sichern können, dass diese vom Gerichtshof geschaffenen Grundsätze sowohl für die Bürger als auch für die Mitgliedstaaten funktionieren. Ich muss betonen, dass unser Hauptziel darin besteht, uns mit den Ungleichheiten innerhalb der Europäischen Union zu befassen. Wir verfügen über Politiken und Strategien – die wir zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Jahr diskutieren werden –, um dieses Ziel zu verwirklichen.
Zudem ist es äußerst wichtig, dass wir anerkennen, was bereits gesagt wurde, nämlich dass die Bürger lieber zuhause, in Wohnortnähe, behandelt werden würden und dass das für uns alle größte Priorität hat. Aber bis die Ungleichheiten beseitigt sind, müssen die Menschen sich wohl zur Behandlung ins Ausland begeben. Außerdem ist es, wie bereits gesagt wurde, in Grenzregionen sinnvoller, ins Nachbarland als in die weit entfernte eigene Hauptstadt zu reisen. Dafür gibt es auch wissenschaftliche Gründe: Mitunter gibt es in einem anderen Mitgliedstaat bessere Behandlungsmöglichkeiten durch Fachleute.
Diese Fragen sind in den geltenden Rechtsvorschriften nicht erfasst, weil es nicht nur um Patientenmobilität geht. Wir arbeiten auch an der Sicherheit, der Qualität, den Patientenrechten und dem Recht der Patienten auf Information. Alle diese Aspekte erfordern Rechtsvorschriften, die viel detaillierter sind als die zurzeit geltenden. Darüber hinaus unterscheiden sich die Grundsätze in den bestehenden Rechtsvorschriften von denen, die der Gerichtshof beschrieben hat, weswegen wir uns damit befassen müssen.
Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass all dies funktioniert. Meines Erachtens beschäftigen wir uns zurzeit mit einer der wichtigsten Initiativen auf diesem Gebiet. Die Patientenmobilität sollte die Gesundheitsversorgung im Heimatland ergänzen, nicht ersetzen. Das ist das Hauptziel, aber alle Bürger müssen unabhängig von ihrem Einkommen, ihrer Bildung oder ihren Sprachkenntnissen, dieselben Chancen haben. Sie müssen dazu in der Lage sein, dieses Recht so zu nutzen, wie es von den Politikern beschlossen wird, aber das muss auf der Grundlage der Gleichheit aller Unionsbürger geschehen.
Der Medizintourismus steht auf einem ganz anderen Blatt. Damit befassen wir uns nicht, dieses Thema berühren wir nicht, dazu ermutigen wir nicht. Das ist Sache des Privatsektors, der Privatleute und der privaten Mittel. Damit werden wir uns auch in Zukunft nicht beschäftigen. Aber auch das ist Realität: Es wird gereist, um Urlaub mit medizinischer Behandlung zu verbinden, aber hiermit befassen wir uns momentan nicht.
Das Thema der grenzübergreifenden Gesundheitsversorgung muss so bald wie möglich – jetzt, und zwar aktiv – angegangen werden, bevor es zu umfangreich geworden ist. Es geht nicht nur um die Bezahlung der Gesundheitsbetreuung, sondern auch um deren Verfügbarkeit, die durch die ins Land reisenden Patienten unter Umständen nicht mehr gewährleistet werden kann. Das ist ein weiteres Thema, das wir berücksichtigen werden.
Wir werden sämtliche Interessen der Patienten zusammenfassen. In Anbetracht der Gegebenheiten, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, und trotz der verschiedenen Ansätze und Ideologien in Bezug auf die Details ist es äußerst wichtig, dass wir zusammenarbeiten, um das zu erreichen, was für die Unionsbürger am besten ist. Das ist meine Absicht, und ich hoffe, dass das Europäische Parlament mit uns gemeinsam auf dieses Ziel hinarbeiten wird.
Robert Goebbels (PSE). – (FR) Herr Präsident! Ich möchte Kommissar Kyprianou bescheinigen, dass er kein Ultraliberaler ist und dass ich mir seine allgemeinen Orientierungen sehr aufmerksam angehört habe.
Doch, Herr Kommissar, was mich wirklich schockiert hat in der Mitteilung der Kommission, ist der folgende Satz – ich zitiere: „Die vom EuGH in diesem Bereich bereits festgelegten Grundsätze sind von allen Gemeinschaftsmaßnahmen zu beachten.“ Wir müssen zwar die Rechtsprechung berücksichtigen, doch in allen unseren Ländern sind die Gesetzgeber dazu da, die Gesetzestexte zu ändern, wenn sich die Gerichte auf gefährliches Gelände vorwagen. Ich finde, die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs sind häufig zu liberal. Es ist an uns als Mitgesetzgeber und der Kommission, den Kurs zu korrigieren, wenn dies notwendig ist.
Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Ich werde mich sehr kurz fassen, weil ich derselben Meinung bin, aber es hängt alles vom Kontext ab. Ich werde jetzt keinen Rechtsstreit anfangen, aber wir werden alles berücksichtigen. Ich habe von Anfang an gesagt, und ich zögere nicht, dies öffentlich zu sagen, dass ich davon überzeugt bin, dass politische Entscheidungen von den Politikern und nicht den Gerichten getroffen werden sollten. Wir werden die Gelegenheit haben, einen konkreten Vorschlag zu diskutieren, aber die Abschnitte des Gerichtshofsurteils über die Auslegung des Vertrags immer im Hinterkopf behalten. Wenn es um den Vertrag geht, der das höchste Rechtsinstrument der Europäischen Union ist, muss eine Rechtsvorschrift ihn einhalten. Wenn es nicht um den Vertrag geht, gibt es die Flexibilität. Wie ich bereits sagte, stehen uns zur Beratung jedoch juristische Dienste zur Verfügung. Einigen wir uns erst einmal auf die Vorgehensweise und finden wir danach einen entsprechenden Rechtsweg!
Die Präsidentin. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch, dem 23. Mai, statt.
16. Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 (Aussprache)
Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt der Bericht (A6-0089/2007) von Adamos Adamou im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit über die Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 (2006/2233(INI)).
Adamos Adamou (GUE/NGL), Berichterstatter. – (EL) Frau Präsidentin! Der uns zur Abstimmung vorliegende Bericht beschäftigt sich mit der Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010. Über die Dringlichkeit und Bedeutung dieses Themas sind sich die meisten von uns einig. Das ist auch der Grund, weshalb von den Kollegen so wenige Änderungsanträge eingereicht worden sind und der Bericht vom Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit einstimmig verabschiedet wurde.
Ich beglückwünsche die Kommission zu ihrer Mitteilung, zu ihrem konzeptuellen Ansatz, ihren vorrangigen Zielsetzungen für den Zeitraum 2007-2008 und ihren wesentlichen Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele. Dennoch muss ich an dieser Stelle meiner großen Sorge über den anhaltenden Verlust der biologischen Vielfalt und den Rückgang der damit verbundenen Ökosystemleistungen Ausdruck verleihen.
Ich denke, wir alle erkennen die dringende Notwendigkeit, Bemühungen zu unternehmen, den Zusagen nachzukommen, um den Verlust der Artenvielfalt in der Europäischen Union bis zum Jahr 2010 einzudämmen.
Der Aktionsplan ist ein wichtiges Instrument und die letzte Gelegenheit, die Akteure auf der Ebene der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten für Schlüsselaktionen zusammenzubringen, um die für 2010 gemachten Zusagen einzuhalten. Ich räume jedoch ein, dass der Aktionsplan nicht ausreicht, um auf lange Sicht die biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen zu erhalten.
Weiterhin muss betont werden, wie wichtig es ist, dass das Netz Natura 2000 zu Land und zu Wasser vervollständigt, effizient gemanagt und finanziell angemessen ausgestattet wird. Hervorzuheben ist auch die Bedeutung der rechtzeitigen und effektiven Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, um einen guten ökologischen Zustand der Binnengewässer zu erreichen.
Ich fordere die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass Projekte, die aus dem Kohäsionsfonds bzw. den Strukturfonds finanziert werden, die biologische Vielfalt und die Ökosystemleistungen nicht beeinträchtigen, sondern der biologischen Vielfalt optimal zugute kommen.
Ich komme nun zu einem anderen Thema: Wir müssen erkennen, dass invasive gebietsfremde Arten eine erhebliche Bedrohung der biologischen Vielfalt darstellen und dass die Ausbreitung von invasiven gebietsfremden Arten aufgrund der wachsenden Mobilität der Menschen und des steigenden Warentransports zunimmt.
Was den Handel anbetrifft, so sind die ökologischen Auswirkungen des Handels der EU auf die Artenvielfalt nicht zu übersehen. Ich fordere die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, unbedingt Maßnahmen zu ergreifen, mit denen die negativen Auswirkungen dieses Handels auf tropische Wälder unterbunden oder auf ein Minimum reduziert werden können. Die Kommission muss möglichst bald analysieren, welche Möglichkeiten es gibt, mit weiteren Vorschriften die Importe illegal geschlagenen Bauholzes einzuschränken.
Der Klimawandel stellt ein sehr wichtiges Kapitel und einen eigenen Politikbereich in der Mitteilung der Kommission dar. Die Entwicklung eines Ökosystem-Ansatzes bei der Anpassung an den Klimawandel ist lebenswichtig, insbesondere bei Maßnahmen, die die Land-, Wasser- und Meeresnutzung betreffen.
Was die Mittelausstattung anbelangt, kann ich meine Enttäuschung und meine große Besorgnis über die sich aus Entscheidungen über den Finanzrahmen ergebenden finanziellen Zwänge bei der Unterstützung von Aktionen zur Artenvielfalt nicht verbergen. Die Mitgliedstaaten müssen alle verfügbaren Möglichkeiten im Rahmen der GAP, der GFP, des Kohäsions- und der Strukturfonds, der Programme LIFE+ und des 7. Rahmenprogramms ergreifen und nationale Mittel bereitstellen.
Bei der Überprüfung des Haushaltsplans 2008-2009 muss stärker auf den Finanzbedarf geachtet werden, wobei auch beurteilt werden sollte, ob Mittel, die die EU für die Finanzierung der biologischen Vielfalt, insbesondere für Natura 2000, bereitstellt, überhaupt ausreichend sind.
Ich danke meinen Kolleginnen Frau Doyle und Frau Isler Béguin für ihre Änderungsanträge; insbesondere danke ich Frau Béguin, die bei Ziffer 67 die Wasserkraft ergänzt hat, was mir entgangen war.
Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Schlussfolgerungen der im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit in Auftrag gegebenen Erhebung zur Artenvielfalt lenken: Es entsteht der Eindruck, Initiativen zur Eindämmung des Verlusts der Artenvielfalt sind nicht erfolgreich, weil ihre Umsetzung nicht möglich ist und der politische Wille fehlt. Der Aktionsplan der Europäischen Union bis zum Jahr 2010 ist sehr ehrgeizig, aber leider schlägt er keine einfachen Lösungen für das Problem der Umsetzung, die mangelnde Mittelausstattung und den fehlenden politischen Willens aufseiten der Mitgliedstaaten vor.
Wir müssen eine deutliche Botschaft aussenden und Druck auf unsere Regierungen ausüben, damit die hoch gesteckten Ziele des Aktionsplans erreicht werden.
Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich Kommissar Dimas entschuldigen, der heute bedauerlicherweise nicht hier sein kann.
Vor genau einem Jahr hat die Kommission ihre Mitteilung über die Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 und darüber hinaus angenommen. Da morgen der Internationale Tag der biologischen Vielfalt ist, diskutiert das Parlament seinen Bericht also genau zum richtigen Zeitpunkt.
Es freut mich, dass das Parlament diese Gelegenheit nutzt, um der Welt unmissverständlich deutlich zu machen, wie wichtig der Schutz der Artenvielfalt unserer Erde ist. Das Thema des diesjährigen Internationalen Tages der biologischen Vielfalt ist „Biologische Vielfalt und Klimawandel“. Ich habe es bereits mehrmals gesagt und möchte es auch heute wieder betonen, dass der Verlust der Artenvielfalt die Erde ebenso sehr bedroht wie der Klimawandel. Wie der Klimawandel stellt der Rückgang der Artenvielfalt ein wirtschaftliches und ein soziales Problem dar und bedroht zusehends die globale Sicherheit. Beide Phänomene stehen in engem Zusammenhang zueinander. Der Klimawandel ist ein Hauptverantwortlicher für den Verlust von Arten, und zugleich trägt der Verlust von Ökosystemen zum Klimawandel bei.
Die Bekämpfung des Klimawandels steht nun im Mittelpunkt des Projekts Europa und ganz oben auf der politischen Agenda der Mitgliedstaaten. Bedauerlicherweise trifft das für den Rückgang der Artenvielfalt noch nicht zu. Die Gefahr ist hier vielleicht weniger offensichtlich, aber wenn wir uns nicht mehr mit den Fakten befassen, ist die Situation ebenso Besorgnis erregend.
Aufgrund menschlicher Tätigkeiten geht das Aussterben bereits zwischen 100- und 1000-mal so schnell wie ohne menschlichen Einfluss auf die Natur – es sterben jährlich rund 30 000 bzw. stündlich drei Arten aus. Wird dieser Prozess nicht kontrolliert, werden wir innerhalb der nächsten Jahrzehnte eine mehrere Millionen Jahre währende Evolution ausgelöscht haben. Dieser dramatische Artenverlust ist von Bedeutung, weil er die Ökosysteme schwächt, deren Bestandteile die Arten sind.
Im UNO-Millenniums-Bewertungsbericht für Ökosysteme aus dem Jahr 2005 werden folgende zwei Hauptaussagen gemacht: Erstens hängt unser aller Wohlstand und Wohlergehen letzten Endes von Ökosystemleistungen, wie zum Beispiel von Rohstoffen, Arzneimitteln und sauberem Wasser, ab. Zweitens werden die Ökosysteme so zersplittert, geschwächt und zerstört, dass rund zwei Drittel ihrer Leistungen im Rückgang begriffen sind. Im Zusammenwirken mit ökologischen Gefahren wie dem Klimawandel, dem Bevölkerungswachstum und dem ansteigenden Pro-Kopf-Verbrauch bedeutet dies, dass der Druck auf die Arten und Ökosysteme zunimmt.
Wenn wir nicht unverzüglich etwas unternehmen, werden wir bald an einem Punkt angelangt sein, an dem die globalen Ökosysteme einen gefährlichen und unumkehrbaren Wandel durchgemacht haben, da wir ohne ein Eingreifen unsererseits bald einen Punkt erreicht haben werden, an dem der Klimawandel gefährlich wird. Denn mit dem Klimawandel verstreicht die Gelegenheit, gefährliche Veränderungen des Ökosystems zu verhindern, rasch.
Die Mitteilung zur biologischen Vielfalt aus dem Vorjahr stellt einen ersten Versuch der Europäischen Union dar, dem Problem des Rückgangs der Artenvielfalt konsequent zu begegnen. Sie sollte als eines der wichtigsten strategischen Dokumente der Kommission Barroso angesehen werden, und sie enthält zwei innovative Aspekte, die besonders wichtig sind. Erstens wird in der Mitteilung das Konzept der Ökosystemleistungen in die Diskussion auf EU-Ebene eingeführt. Es wird hervorgehoben, inwiefern diese Leistungen für unseren Wohlstand und unser Wohlergehen unerlässlich sind. Außerdem wird darin der notwendige Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Artenvielfalt und dem Rückgang dieser Leistungen hergestellt.
Die zweite Neuerung besteht darin, dass in der Mitteilung ein sehr spezifischer Aktionsplan für den Zeitraum 2007-2013 festgelegt wird. Dieser Aktionsplan stellt einen wichtigen Fortschritt dar, da er klar und deutlich enthält, was auf der Ebene der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten zu tun ist. Nur durch zusätzliche Maßnahmen auf diesen beiden Ebenen werden wir die nötigen Fortschritte erzielen können. Darüber hinaus enthält der Aktionsplan klare Aussagen darüber, was getan werden muss, um die Verpflichtung der Europäischen Union einzuhalten den Verlust der biologischen Vielfalt in der EU einzudämmen und weltweit die Verarmungsrate bis 2010 zu verringern. Durch eine regelmäßige Bewertung anhand klarer Zielvorgaben können sowohl die Kommission als auch die Mitgliedstaaten für die Einhaltung zur Verantwortung gezogen werden.
Es freut mich sehr, dass im Bericht des Parlaments die Mitteilung und ihr Aktionsplan begrüßt werden. Ich möchte unserem Berichterstatter Adamou für seine Bemühungen und den Herren Berman Gklavakis vom Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung bzw. vom Fischereiausschuss für ihre Beiträge danken. Im Bericht werden die ebenso freudigen Reaktionen des Rates, des Ausschusses der Regionen und des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie der Umwelt-NRO begrüßt. Es liegt offenbar ein breiter Konsens darüber vor, was getan werden muss. Die Herausforderung besteht nun darin, diese politische Unterstützung in echte Aktionen an der Basis umzusetzen.
Es kann für ein Parlament kaum eine wichtigere Frage geben als das Überleben des Lebens auf der Erde. Ich bitte Sie eindringlich, diese Gelegenheit zu nutzen und eindeutig zu vermitteln, wie gravierend der Rückgang der Artenvielfalt ist und wie dringend die Mitteilung über die biologische Vielfalt und ihr Aktionsplan auf allen Ebenen uneingeschränkt und energisch umgesetzt werden müssen.
Thijs Berman (PSE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. – (NL) Frau Präsidentin! Mit diesem wichtigen Bericht von Herrn Adamou zieht das Parlament die Alarmglocke. Das Muster ist nur allzu vertraut.
Die Kommission und das Parlament geben sich in Sachen Umwelt ambitioniert, die Staats- und Regierungschefs ziehen nach, indem sie feierliche Erklärungen abgeben und sogar Abkommen schließen, ihren Worten dann aber keine Taten folgen lassen. Die Mitgliedstaaten errichten Barrieren, wo im allgemeinen Interesse Europas eigentlich Handlungsbedarf bestünde. Trotz des in Brüssel herrschenden Einvernehmens über die ehrgeizigen Ziele, bleiben diese wegen kurzfristiger Interessen in den Mitgliedstaaten auf der Strecke. Dem Schutz der biologischen Vielfalt muss in allen Politikbereichen Priorität eingeräumt werden.
Nach Ansicht des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung bietet die Evaluierung der Agrarpolitik im Jahr 2008 eine wichtige neue Chance, den Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten, auch wenn es dazu einer Aufstockung der Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums bedarf und größerer Nachdruck auf den Natur- und Landschaftsschutz gelegt werden muss.
Ferner müssen die Maßnahmen wie die Einhaltung bestimmter Grundanforderungen (cross compliance) einer kritischen Bewertung unterzogen werden. Es ist doch hervorragend und logisch, Landwirte für die Dienste, die sie für die Umwelt leisten, zu vergüten, sofern sich denn diese Initiative im Hinblick auf die biologische Vielfalt und ein nachhaltiges Europa als wirksam erweist.
Ioannis Gklavakis (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Fischereiausschusses. – (EL) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich Herrn Adamou herzlich für die von ihm geleistete sehr gute Arbeit danken. Nicht danken möchte ich hingegen den Regierungen der Staaten, die sich 2001 zu bestimmten Maßnahmen verpflichtet haben, diese jedoch nicht eingeleitet haben, was einen weiteren Rückgang der Arten und das Aussterben von Organismen zur Folge hat. Herr Borg sagte es bereits, stündlich sterben auf unserem Planeten drei Arten aus.
Statistiken der UNO zufolge besteht die Gefahr, dass 54 % der Süßwasserorganismen in der Europäischen Union ausgerottet werden. Hierfür gibt es viele Gründe, die beiden wichtigsten sind die Verschmutzung der Gewässer und die Überfischung. Dafür sind wir verantwortlich, ebenso wie die Fischer.
Unser Ziel muss es sein, die Verschmutzung der Gewässer zu verringern, sei diese nun zu Lande, von der Industrie oder zu Wasser verursacht, denn wir dürfen nicht vergessen, in den letzten 15 Jahren sind allein bei Schiffsunfällen 55 000 Tonnen Öl ins Mittelmeer geflossen.
Das zweite Ziel muss die Aufstockung der Fischbestände sein. Wir müssen begreifen, dass wir Fisch nur in der Menge fangen dürfen, die nachwachsen kann. Mehr zu fischen ist ein Verbrechen an der Umwelt.
Wir müssen auch die besten Fischereimethoden nutzen. Hier müssen wir weltweite Anstrengungen einleiten, damit Drittländer diese besten Verfahren ebenfalls einsetzen. Als Anrainer des Mittelmeeres wollen wir das Mittelmeer schützen, aber das Mittelmeer hat 27 Anrainerstaaten, von denen nur sieben der Europäischen Union angehören; und Drittstaaten richten oft viel höhere Schäden an.
Die Überfischung muss abgebaut und es müssen die besten Fischereimethoden genutzt werden. Alles andere wäre Diebstahl an der Zukunft unserer Kinder.
John Bowis, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Im Namen meiner Kollegin Doyle, der Schattenberichterstatterin, möchte ich unserem Kollegen Adamou für seinen Bericht danken. Dieser Bericht ist positiv und gibt überall die richtigen Anstöße: Es werden die Natura-2000-, die Vogelschutz- und Habitat-Richtlinie erwähnt; die wirksame Umsetzung von REACH und der Rechtsvorschriften für Wasser und Pestizide genannt; und es wird zum Ausdruck gebracht, wie besorgt wir alle angesichts der finanziellen Zwänge in Bezug auf Natura 2000 und andere Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt sind.
Ich begrüße auch, was Kommissar Borg hierzu sagte und wiederhole besonders das, was zur Untätigkeit der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gesagt wurde. Unser Ziel war 2010 – und nicht „2010 und darüber hinaus“ –, aber wir sind alles andere als nah dran an unserem Ziel, dem Rückgang der biologischen Vielfalt bis zu dem genannten Jahr, das nicht mehr so weit weg ist, Einhalt zu gebieten.
Auf dem Weg hierher habe ich einen Artikel in der Times gelesen, in dem es ebenfalls um den Verlust von Lebensraum, den Einsatz von Pestiziden und die Einführung von gebietsfremden Arten ging, über die wir so viel gehört haben. Thema dieses Artikels waren die Vögel – mehrere tausend Vogelarten sind in Gefahr. Insgesamt sind 2 033 Arten bedroht; 86 % der am meisten bedrohten Arten sind gefährdet, weil ihr Lebensraum aufgrund von Dämmen, Fischfang, Rinderbeständen usw. verloren geht oder sich verschlechtert.
Darüber hinaus gibt es das Problem der gebietsfremden Arten, und Frau Doyle würde, wenn sie hier wäre, über das Grauhörnchen und den Schaden sprechen, den es dem in Europa heimischen Eichhörnchen zugefügt hat, zwar vor allem in Großbritannien, aber nun auch in Italien, von wo aus es sich nach Norden sowie über Frankreich und Spanien ausbreitet. Dann gibt es noch den Schaden, den der Asiatische Marienkäfer und die Chinesischen Wollhandkrabbe anrichten. Diese Arten sind da, sie richten Schaden an und sind gefährlich, nicht nur für die menschliche Gesundheit, sondern auch für die Gesundheit unserer Umwelt und unserer natürlichen einheimischen Arten.
Anne Ferreira, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich Herrn Adamou zu seinem Bericht beglückwünschen und die darin enthaltenen Maßnahmen und Aktionen begrüßen.
Es handelt sich um zahlreiche und verschiedenartige Maßnahmen, doch scheint es mir heute, dass es mehr Klarheit und Effizienz brächte, wenn wir unsere Prioritäten hierarchisch ordnen und uns auf die dringlichsten Fragen konzentrieren würden, auch wenn dies nicht einfach ist. Doch je mehr sich die Anwendung unserer Entscheidungen verzögert, umso zahlreicher und dringlicher werden die umzusetzenden Maßnahmen. Zudem wissen wir, dass im Umweltbereich alles miteinander zusammenhängt.
Seit fast zwei Jahrzehnten ist uns nun schon bewusst, dass wir die Grenzen der Biosphäre erreicht haben und dass es nicht vorwärts geht. Doch treffen wir in der Praxis trotz der immer alarmierenderen Zukunftsaussichten nicht die konsequenten Entscheidungen, die wir in unseren Texten befürworten.
Der Schutz der Artenvielfalt muss, wie bereits gesagt, auf allen Ebenen der öffentlichen Politikbereiche wie Verkehr, Landwirtschaft, Landesplanung, Fremdenverkehr, Fischerei usw. erfolgen. Wir wissen auch, dass Cardiff ganz hinten in den Schubfächern der Kommission steckt. Es bleibt zu hoffen, dass der Kausalzusammenhang zwischen dieser Erscheinung und dem Schwinden der Artenvielfalt im Rahmen der Arbeiten des nichtständigen Ausschusses zum Klimawandel ermöglicht, endlich voranzukommen.
Des Weiteren möchte ich einen besonderen Punkt in Herrn Adamous Bericht hervorheben, der sich auf die GVO bezieht. Ich unterstütze nachdrücklich die an die Kommission gerichtete Aufforderung, deren Auswirkungen auf die Ökosysteme und die von ihnen ausgehenden möglichen Gefahren für die Artenvielfalt zu bewerten.
Wir sollten nicht vergessen, dass auch der Mensch Teil der Artenvielfalt ist. Daher, wie Sie soeben sagten, Herr Borg, und da wir heute Abend in diesem Haus in dasselbe Horn blasen, lassen Sie uns handeln, lassen Sie uns unseren Aktionsplan umsetzen, damit die Europäische Union endlich beispielgebend wird!
Chris Davies, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte zunächst einige lobende Worte zu den Fortschritten sagen, die wir in der Europäischen Union gemacht haben. Wir haben einige Produkte, Pestizide und Praktiken verboten; wir haben unsere Flüsse gereinigt und einige bedeutende Gebiete vor einer weiteren Erschließung bewahrt – und die Ergebnisse sind sichtbar. In Großbritannien sieht man jetzt zum Beispiel viel mehr rote Milane und Raubvögel am Himmel und die Otter kehren in unsere Flüsse zurück. Aber wie es so oft geschieht, wird ein Schritt nach vorn und werden dann zwei oder drei Schritte zurück gemacht, indem die Zerstörung von Lebensräumen weitergeht, invasive gebietsfremde Arten Schaden anrichten und wir nur allzu oft durch unsere eigenen Tätigkeiten töten.
Manchmal tragen wir ganz allein die Schuld. Ein klassisches Beispiel: Wir berauben unsere Meere allzu oft nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“ und unsere entsprechenden Politiken sind, Kommissar Borg weiß das besser als wir alle zusammen, einfach untragbar und lächerlich. Manchmal kommt der Schaden aber nur durch Versehen zustande. Mit dem Wechsel der Anbaumethoden sollen zum Beispiel natürlich keine Vogelarten ausgerottet werden, aber hier sehen wir eine der Wirkungen, zu denen es in manchen Fällen kommen kann, und warten interessiert ab, ob die Ergebnisse der Änderungen an der Gemeinsamen Agrarpolitik positive Ergebnisse zeitigen.
Manchmal wissen wir nicht, wer bzw. was schuld daran ist, aber als Politiker vermeiden wir es noch immer, das Vorsorgeprinzip anzuwenden. Wie sonst erklären Sie die irrsinnige Entscheidung derjenigen Mitgliedstaaten, die für die Ablehnung der Kommissionspläne zur Wiederauffüllung der Aalbestände gestimmt haben, deren Anzahl katastrophal zurückgegangen ist? Kurzfristige Erwägungen wie diese bedeuten, dass gewisse Arten sich nun allzu oft in Richtung Ausrottung bewegen.
Ein Ziel für die Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt zu setzen, ist leicht –, besonders wenn noch neun Jahre Zeit sind – es ist das allerleichteste überhaupt, ein Ziel zu finden, dessen Verwirklichungszeitpunkt in sehr weiter Ferne liegt. Aber das Ende dieser Frist kommt nun immer näher, und es müssen einige schwierige Entscheidungen getroffen werden, wenn es erreicht werden soll. Jetzt, da mehr als die Hälfte ihrer Amtszeit vorbei ist, können einige Kommissionsmitglieder meines Erachtens allmählich sehen, wie sich das Ende ihres eigenen Amtes abzeichnet. Hoffentlich werden sie die verbleibende Zeit gut nutzen. Entscheidungen, die auf kurzfristiger politischer Zweckmäßigkeit beruhen, werden schnell vergessen, aber deutliche Schritte zur Umkehrung negativer Entwicklungen und zum Schutz von Arten werden ihnen den Respekt der Geschichte einbringen.
Marie Anne Isler Béguin, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin! Auch ich möchte zunächst unserem Berichterstatter zu seiner ausgezeichneten Arbeit gratulieren. Natürlich ist der Titel sehr ehrgeizig: die Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt, des Verschwindens der pflanzlichen und tierischen Arten bis zum Jahr 2010 und darüber hinaus. Wir würden gern glauben, dass dies möglich ist!
Doch wir wissen, wie schwierig es auf kurze Sicht ist, die einzelnen europäischen und multilateralen Instrumente, für die wir jeden Tag hier die Noten schreiben, zum Gleichklang zu bringen. Zu einem Zeitpunkt, da die Aufmerksamkeit der Bürger und der Medien auf den Klimawandel gerichtet ist, muss die Wichtigkeit der biologischen Vielfalt hervorgehoben werden, denn im Kampf gegen den Klimawandel gibt es keine bessere Strategie als die Förderung der dynamischen Entwicklung der Ökosysteme, wie Kommissar Borg dies soeben trefflich dargelegt hat.
Wie Sie verstanden haben, erfordert die Artenvielfalt einen dynamischen Ansatz, und wenn wir über die Artenvielfalt in situ in Europa nachdenken, dann geht es um die Erhaltung von Tier- und Pflanzenarten von Gebieten, deren Verwaltung und Planung so eng wie möglich mit der örtlichen Bevölkerung erfolgen müssen. In diesem Zusammenhang sind der politische Wille und die Fähigkeit der Behörden zur Dialogführung ausschlaggebend, um spezifische Umweltnetze wie Natura 2000 zu entwickeln und zu unterstützen.
Im Gegensatz dazu stellt das Ex-Situ-Management der Artenvielfalt mehr eine Praxis der bloßen Erhaltung von Tier- und Pflanzenarten dar. Neben den, wie ich sagen möchte, verstaubten Sammlungen in unseren Museen ist die heute praktizierte In-Situ-Erhaltung natürlich darauf gerichtet, das Schlimmste zu verhindern, indem genetisches Material in agronomischen Zentren aufgewahrt wird, wo es angeblich in Sicherheit sein soll. Ich stelle mir jedoch Fragen zur Finanzierung der beratenden Gruppen für die internationale Agrarforschung und deren Funktionsweise, denn sie muss die örtliche und die indigene Bevölkerung einbeziehen.
Lassen Sie mich abschließend unterstreichen, wie wichtig für unsere Bevölkerung und unsere Territorien eine ordnungsgemäße Umsetzung der europäischen Vorschriften ist, denn wie wir wissen, hängt alles zusammen, und so muss beispielsweise die Wasser-Rahmenrichtlinie angewendet werden. Für die Artenvielfalt ist das Wasser ein Medium, das die Dynamik der Ökosysteme bereits im Vorfeld sichert. Daher kommt es darauf an, zu gewährleisten, dass sich das Süßwasser nicht verschlechtert, anstatt sich mit dem vagen Begriff des „guten Umweltzustands“ zufrieden zu geben
Justas Vincas Paleckis (PSE). – (LT) Frau Präsidentin! Wie der Berichterstatter schließe auch ich mich denen an, die laut Alarm schlagen. In den drei Jahrzehnten bis 2000 ist die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten in der Welt um 40 % zurückgegangen. Dann entschloss sich die Europäische Union, den Niedergang der Artenvielfalt aufzuhalten. Die Zeit läuft ab. Wenn es uns nicht gelingt, die Ausrottung von Tier- und Pflanzenarten in der Welt aufzuhalten, müssen wir die weiße Flagge hissen und eingestehen, dass menschliche Aktivität die Natur zerstört und dass unser grenzenloser Drang nach Profit und Vergnügen die Menschenfamilie selbst zerstören könnte.
In vielen neuen EU-Mitgliedstaaten mangelt es an Informationen über das Verschwinden von Tier- und Pflanzenarten und über die Bedeutung dieses Problems. Bei der Umsetzung von Projekten, die vom Kohäsionsfonds und von den Strukturfonds finanziert werden, wird immer noch kaum darüber nachgedacht oder diskutiert, wie man Schaden für die Artenvielfalt vermeiden kann. Die Europäische Kommission sollte das Netz Natura 2000 auf die 12 neuen Mitgliedstaaten ausdehnen. In diesen Ländern ist die Artenvielfalt im Allgemeinen größer als in den alten EU-Mitgliedstaaten, und deshalb muss sie auf jeden Fall geschützt werden, indem man sie für „grünen“ Tourismus nutzt.
Die EU-Bürger müssen verstehen, welcher Nutzen sich aus der Artenvielfalt und Ökosystemen ziehen lässt. Man muss bedenken, dass der Rückgang der Vielfalt Auswirkungen auf die Erzeugung von Nahrungsmitteln, Kraftstoff, Fasern und Arzneimitteln, die Regulierung von Wasser, Luft und Klima, die Erhaltung der Fruchtbarkeit des Bodens und den Kreislauf der Nährstoffe hat. Leider leben wir im Moment auf Kredit und berauben unsere Kinder und Enkelkinder, die möglicherweise in einer immer unfruchtbareren Welt leben werden, in der sie Lebewesen von früher nur in Museen, auf Fotografien und in Filmen sehen können.
Die Kommission tut recht daran, die Einbeziehung der Artenvielfalt und die Pflege von Ökosystemen in die Politikmaßnahmen und Programme aller wichtigen Bereiche vorzuschlagen, ebenso den Schutz der Artenvielfalt der Meere und die Verringerung der Verschmutzung in Landwirtschaft und Industrie. Dies erfordert viel finanzielle Unterstützung und Aufmerksamkeit. Die zur Bekämpfung des Klimawandels eingesetzten Mittel dürfen der Artenvielfalt nicht zum Nachteil gereichen. Die EU muss der Welt ein noch klareres Beispiel dafür geben, wie Wirtschaftwachstum mit dem Schutz der natürlichen Umwelt und der Erhaltung von Tier- und Pflanzenarten abgestimmt werden kann.
Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich die Qualität der heutigen Aussprache loben. Auch ich bin von dem Bericht sehr angetan und möchte mich insbesondere zu drei seiner Themen äußern.
Erstens: Sie begrüßten den konzeptionellen Ansatz der Mitteilung, in der eine Verbindung zwischen dem Verlust der biologischen Vielfalt und dem Rückgang der Ökosystemleistungen hergestellt wird. Sie erkennen an, wie unheimlich wichtig gesunde Ökosysteme für Wohlstand und Wohlergehen sind. Sie schlagen vor, sämtliche horizontalen und sektorbezogenen EU-Politiken an dem Ziel der Erhaltung der Ökosystemleistungen auszurichten und fordern die Kommission auf, Untersuchungen durchzuführen und Vorschläge für praktische Maßnahmen zu machen, um die Kosten für den Verlust der Artenvielfalt zu internalisieren.
Daran arbeiten wir bereits, und ich möchte eine neue Initiative der Kommission und der deutschen Ratspräsidentschaft herausstreichen, die darauf abzielt, eine ökonomische Studie über die Kosten, die aufgrund des Verlustes an biologischer Vielfalt entstehen, auszuarbeiten – entsprechend dem Stern-Bericht über die Ökonomie des Klimawandels. Meiner Meinung nach könnte eine solche Überprüfung einen Wendepunkt darstellen. Wenn wir das Bewusstsein dafür schärfen, was Untätigkeit kostet, werden wir die Gelegenheit haben, die politische Meinung darauf zu fokussieren, dass noch nie dagewesene Maßnahmen erforderlich sind, um den Verlust der biologischen Vielfalt einzudämmen.
Zweitens möchte ich Ihre Meinungen zum Thema biologische Vielfalt und Klimawandel in den Mittelpunkt stellen. Sie betonen, wie wichtig ein Ökosystemansatz für die Anpassung an den Klimawandel ist.
Drittens erkennen Sie an, dass der Aktionsplan ein Instrument von lebenswichtiger Bedeutung ist, um diejenigen zusammenzubringen, die auf Ebene der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten dafür verantwortlich sind, die für 2010 gemachten Zusagen einzuhalten. Was jetzt zählt, ist das Ausmaß, in dem dieser Aktionsplan tatsächlich umgesetzt wird.
Was den Punkt betrifft, den der Berichterstatter hinsichtlich der gebietsfremden Arten ansprach, so möchte ich sagen, dass die Arbeit noch nicht abgeschlossen ist und dass wir, sollten Lücken festgestellt werden, die neue gemeinschaftliche Rechtsvorschriften erfordern, dann berücksichtigen werden, dass rechtzeitig Vorschläge vorgelegt werden. In meinem Zuständigkeitsbereich liegt sogar ein Vorschlag für eine Verordnung des Rates über den Einsatz gebietsfremder Arten in der Aquakultur annahmebereit vor.
Was die Frage der Finanzierung angeht, so möchte ich anführen, dass die Kommission 2004 vorgeschlagen hat, dass die künftige Kofinanzierung der Gemeinschaft für Natura 2000 in die wichtigsten Finanzinstrumente aufgenommen werden sollte. Ferner wurden im Rahmen von LIFE+ der Fonds für internationale Entwicklungszusammenarbeit der Gemeinschaft und im Siebten Forschungsrahmenprogramm Finanzierungsmöglichkeiten für die Artenvielfalt in der Natur geschaffen. Ich möchte jedoch hervorheben, dass in der Mitteilung darauf hingewiesen wird, dass sich der Finanzbeschluss des Europäischen Rates vom Dezember 2005 auf die im Rahmen dieser Instrumente verfügbaren Finanzmittel auswirkt. Es wird klargestellt, dass die Mitgliedstaaten auch durch ihre Eigenmittel eine angemessene Finanzierung sicherstellen müssen.
Was das Ziel der Eindämmung des Rückgangs der biologischen Vielfalt bis 2010 betrifft, so ist seine Verwirklichung möglich – wenngleich die Zeit auch schnell voranschreitet –, erfordert aber von der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten ein schnelleres Handeln.
Was die Punkte zur Fischerei, also zu meinem Tätigkeitsbereich, anbelangt, so kann ich Herrn Gklavakis nur zustimmen, dass wir eine nachhaltige Fischerei brauchen und sowohl hinsichtlich der Gemeinschaftsgewässer als auch bezüglich der internationalen Ozeane und Meere in dieser Richtung arbeiten müssen. Hierzu möchte ich noch sagen, dass die Ziele und Maßnahmen für die Artenvielfalt im Bereich Fischereipolitik, wie in der Mitteilung festgelegt, völlig im Einklang mit der Gemeinsamen Fischereipolitik stehen und größtenteils bereits in unser Arbeitsprogramm für die kommenden Jahre integriert sind. Ich kann eine Reihe von Beispielen nennen, wie die Gemeinsame Fischereipolitik zum Schutz der biologischen Vielfalt beiträgt, so zum Beispiel durch Bestandsauffüllungspläne für mehrere Fischarten, Einschränkungen des Fang- und Fischereiaufwands, Rechtsvorschriften zum Schutz von Walen vor Beifängen und zum Schutz von Lebensräumen wie Tiefseekorallenriffen. Darüber hinaus enthält die Verordnung über das Mittelmeer, die letztes Jahr angenommen wurde, wichtige Bestimmungen zur Verringerung der Auswirkungen des Fischfangs auf den Meeresboden.
Es sind noch weitere Maßnahmen geplant. Ich könnte hier zum Beispiel die Mitteilung vom März 2007 nennen, in der es um die schrittweise Reduzierung unerwünschter Beifänge und die Abschaffung von Rückwürfen in der europäischen Fischerei geht. Sie sieht vor, stufenweise für jede einzelne Fischerei ein Rückwurfverbot einzuführen und Vorgaben für die akzeptable Höchstmenge an Beifängen festzulegen.
Auch die Arbeiten zur Ausweitung des Natura-2000-Netzes auf Meeresgebiete machen in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion Entwicklung Fortschritte, ebenso die Bekämpfung der IUU-Fischerei.
Was die Aalbestände angeht, so werde ich im Juni noch einmal zum Rat gehen, und stimme zu, dass die Verordnung dieses Mal ohne weitere Abschwächungen angenommen werden muss.
Die Präsidentin. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 22. Mai statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Gyula Hegyi (PSE), schriftlich. – (HU) Niemand weiß ganz genau, wie viele Lebewesen auf der Erde existieren. Schätzungen zufolge gibt es ungefähr 20-30 Millionen verschiedene Arten, von denen uns knapp 1,8 Millionen bekannt sind. Leider sind viele Arten durch die verheerenden Auswirkungen der Zivilisation ausgestorben, bevor wir sie überhaupt entdecken konnten. Im letzten Jahrhundert hat der Verlust an biologischer Vielfalt ein größeres Ausmaß angenommen als jemals zuvor in der Geschichte der Menschheit. Aus Untersuchungen geht hervor, dass jedes Jahr 140 000 Arten vom Erdball verschwinden. Schuld an diesem Artenschwund ist eindeutig der Mensch, der die Wälder zerstört und die Gewässer, den Boden und die Luft verschmutzt. In einem jüngsten Bericht heißt es, dass zwischen 20 und 30 % aller Pflanzen- und Tierarten aussterben könnten, wenn die globale Temperatur um mehr als 2,5°C ansteigt.
Daher ist dringend geboten, dass die Europäische Kommission eine langfristige Strategie vorschlägt, die den Verlust an biologischer Vielfalt zum Stillstand bringt. Es muss sichergestellt werden, dass die Natura-2000-Programme schnellstmöglich EU-Direktzahlungen erhalten, da sie ja schließlich zum Schutz der biologischen Vielfalt aufgelegt wurden. Auch im Hinblick auf Ungarn ist es ganz wichtig, dass Grundstückseigentümer, deren Grund und Boden in das Natura-2000-Schutzgebietssystem einbezogen wurde, nicht von der Europäischen Union enttäuscht werden.
Véronique Mathieu (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Die Artenvielfalt ist mehr als eine Priorität, sie ist eine Notwendigkeit, und es muss rasch gehandelt werden, um das Schwinden der Artenvielfalt bis 2010 zu stoppen.
Es ist eine Weltpremiere, dass sich die Europäische Union wirkliche Ziele in diesem Bereich setzt; es bleibt zu wünschen, dass sie für die übrige Welt beispielgebend ist. Nachhaltige Entwicklung, nachhaltige Jagd sind nicht nur Begriffe, die gerade in Mode sind, sondern sind vielmehr das Symbol eines Wandels der bisher in Industrie, Produktion und Jagdwesen üblichen Praktiken.
Die Jäger und die Jagdvereine haben im Übrigen nicht auf die Europäische Union, auf die Europaabgeordneten und noch weniger auf diesen Bericht gewartet, um sich Ziele zur Achtung der Arten und Räume zu setzen, insbesondere durch Stiftungen zum Schutz von Lebensräumen und Wildtieren, die bereits seit mehreren Jahren sehr effektiv wirken.
Daher lege ich Wert darauf, dass die Jagd nicht verurteilt, sondern im Gegenteil in ihren Bemühungen um gutes Umweltmanagement unterstützt wird.
Deshalb kann ich die Formulierung von Ziffer 20 nur bedauern, in der die Jagd als mitschuldig für die Verschlechterung der Artenvielfalt hingestellt und so das Bestehen einer nachhaltigen Jagd ignoriert wird.
17. Finanzierungsinstrument für die Umwelt (LIFE+) (Aussprache)
Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt der Bericht (A6-0180/2007) von Marie Anne Isler Béguin im Namen der Delegation des Europäischen Parlaments im Vermittlungsausschuss über das Finanzierungsinstrument für die Umwelt (LIFE+) (PE-CONS 3611/2007 – C6 0105/2007 – 2004/0218(COD)).
Marie Anne Isler Béguin (Verts/ALE), Berichterstatterin. – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen am Ende eines Weges, der besonders lang war. Zum Abschluss dieses Vermittlungsverfahrens zum Umweltfinanzierungsinstrument Life+ möchte ich vor allem meinen Kolleginnen Schattenberichterstatterinnen danken: Cristina Gutiérrez, Frédérique Ries und Marie-Noëlle Lienemann. Meiner Meinung nach hätte das Vermittlungsverfahren ohne sie nicht erfolgreich abgeschlossen werden können, denn – wie hervorgehoben werden muss – wenn wir äußerst positive Ergebnisse erzielt haben, dann weil wir im Europäischen Parlament einen konsequenten Standpunkt vertreten haben, weil wir in mehreren Punkten der Kommission und dem Rat gemeinsam die Stirn geboten haben, wie ich formulieren möchte.
Ebenfalls danken möchte ich den Dienststellen des Parlaments und dem Umweltausschuss. Mein Dank gilt auch der Kommission und insbesondere Kommissar Dimas, dem ich eine baldige Genesung wünsche. Bekanntlich kann er heute Abend nicht hier sein, doch ich danke ihm und seinen Dienststellen, dass sie uns unterstützt haben, dieses Vermittlungsverfahren mit Erfolg zu Ende zu bringen. Weiterhin danke ich ebenfalls dem Rat, auch wenn er heute Abend hier nicht vertreten ist. Ich denke, wir können Herrn Gabriel und den Ratsvertretern danken, die zum Erfolg der Vermittlung beigetragen haben, denn wie ich mich erinnere, hatten wir am Abend der Vermittlungssitzung zuweilen den Eindruck, uns säßen Finanzminister und nicht Umweltminister gegenüber. So traten wir als Abgeordnete für einen soliden Haushalt für die Umweltminister ein, doch diese vermittelten den Eindruck, als wollten sie es gar nicht. Zum Abschluss dieser allgemeinen Danksagung möchte ich mich bei Frau Kratsa-Tsagaropoulou bedanken, die die Vermittlungsdelegation des Parlaments leitete, sowie beim Vorsitzenden unseres Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, Herrn Ouzký.
Gestatten Sie einen kleinen Rückblick. Wir befinden uns im Stadium der dritten Lesung und damit in dem der Vermittlung. Ich erinnere daran, dass die Arbeiten an diesem Bericht zu Life+ zu gleicher Zeit wie die Prüfung der Finanziellen Vorausschau begonnen haben, denn wir waren der Auffassung, dass ein Life+-Haushalt, der Teil des Gesamtfinanzrahmens für die Umwelt für die kommenden sieben Jahre ist, nicht außerhalb der Finanziellen Vorausschau festgelegt werden könne. Deshalb haben wir Druck auf den für die Finanzielle Vorausschau zuständigen Ausschuss und insbesondere auf Herrn Böge gemacht, denn unserer Auffassung nach war der Umwelthaushalt äußerst dürftig und musste aufgestockt werden. Eine Aufstockung schien uns umso notwendiger, da die Kommission bestimmte Eckpunkte gesetzt hatte. So hätte beispielsweise aufgrund der Einbeziehung der Verwaltung von Natura 2000 der Life+-Haushalt um 21 Milliarden Euro erhöht werden müssen. Wir waren uns vollkommen bewusst, dass dies eine enorme Summe war und dass die Ressourcen das nicht hergaben, doch wir haben auf diese Strategie gesetzt, um nachzuweisen, dass im Unionshaushalt tatsächlich keine spezielle Haushaltslinie für Natura 2000 enthalten war. Dies war unsere Strategie für die erste Lesung, und sie hat uns faktisch Einstimmigkeit eingebracht.
Doch im Stadium des Gemeinsamen Standpunkts haben wir natürlich kein wirkliches Gehör gefunden. Der Haushaltsberichterstatter, Herr Böge, kam uns etwas entgegen, indem er uns 100 Millionen Euro zugestand. 100 Millionen Euro für Life+ ist eine lächerlich geringe Summe angesichts des Bedarfs, der sich aus den Notwendigkeiten ergibt, die wir gegenüber unseren Mitbürgern vertreten: Bekämpfung des Klimawandels, Bekämpfung des Schwindens der Artenvielfalt, Sanierung unserer Böden, Sanierung unserer Flüsse, der Kampf um die Rettung unseres Grundwassers, um nur einiges aufzuzählen.
Natürlich waren diese 100 Millionen Euro willkommen, denn wir nehmen alles, was wir bekommen können, doch zu unserem großen Erstaunen – und dies hat uns wütend gemacht – waren dann von den uns zugesprochenen 100 Millionen Euro plötzlich wieder 50 Millionen Euro verschwunden, weil sie dem Gesamthaushalt zugeschlagen worden waren. Das hat uns sehr wütend gemacht, doch noch mehr erzürnt hat uns, dass die die Aufteilung im Hinblick auf die Verwaltung des Haushalts für uns als Europäisches Parlament völlig unakzeptabel war.
Wir waren der Auffassung, und sind dies immer noch, dass der Naturschutz auf europäischer Ebene verwaltet werden muss, denn diese Politik ist ein positiver Punkt für das Europäische Parlament, eine positive Politik, mit der sich unsere Mitbürger identifizieren. Diese Politik musste also unbedingt auf der europäischen Ebene angesiedelt bleiben, doch die vom Rat und der Kommission verfolgte Strategie sah vor, dass 80 % der Mittel von den Mitgliedstaaten verwaltet werden sollten. Diese Art der Renationalisierung von europäischen Politiken konnten wir nicht hinnehmen.
Daher bestand unser Ziel darin, vom Rat die Zustimmung zu erreichen, dass die Verwaltung des Umweltbudgets auf der Ebene der Kommission verbleibt. Ich denke, wir haben hier einen eindeutigen Sieg errungen, denn der Rat hat im Vermittlungsverfahren mehrere Dinge akzeptiert: nämlich dass die Verwaltung des Unionshaushalts zentral erfolgt, d. h. auf europäischer Ebene; dass die Kommission ihre Mittel für die Verwaltung im Umweltbereich verdoppelt, d. h. von 1 % auf 2 % erhöht; dass 50 % des Haushalts für die Artenvielfalt und den Naturschutz vorgesehen werden; dass der Haushalt 2007 dieses Jahr angewendet werden kann und dass die NRO bereits dieses Jahr Finanzmittel erhalten können.
Ich denke daher, wir haben eine sehr gute Arbeit geleistet, Frau Präsidentin. Nochmals vielen Dank an alle, an den Rat und die Kommission, dass wir das Vermittlungsverfahren abschließen konnten, und zwar, wie ich hinzufügen möchte, in dem vom Parlament vorgeschlagenen Sinne, zum Nutzen unserer Mitbürger, denn in deren Vertretung besteht unsere Aufgabe.
Joe Borg, Mitglied der Kommission. – (EN) Frau Präsidentin! Zunächst einmal möchte ich im Namen von Kommissar Dimas der parlamentarischen Delegation, die an der Konzertierungssitzung mit dem Rat am 27. März teilgenommen hat, meine ehrliche Anerkennung aussprechen. Mein besonderer Dank gilt Frau Kratsa-Tsagaropoulou, die die Delegation des Parlaments geleitet hat, und der Berichterstatterin, Frau Isler Béguin. Letzterer möchte ich vor allem für ihren exzellenten Beitrag zu den Verhandlungen ein Lob aussprechen. Dies gilt nicht zuletzt für ihren entschlossenen Kompromissvorschlag, den sie am Abend der Konzertierungssitzung unterbreitet hat, sodass wir eine schnelle Einigung über das Programm LIFE+ erzielen konnten. Ich bin sehr froh, dass wir die offenen Fragen geklärt und ein zufrieden stellendes Ergebnis erreicht haben.
Wie aus dem Vorschlag in seiner jetzigen Fassung hervorgeht, wird LIFE+ zur Kofinanzierung von Projekten dienen, die zur Verbesserung des Umweltschutzes in Europa beitragen. Mit diesem Programm sollen der Ausbau von Netzwerken, der Kommunikation und der Ordnungspolitik im Umweltbereich gefördert und der Austausch bewährter Konzepte in der Europäischen Union unterstützt werden. Unzählige Akteure warten auf den ersten Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen im Rahmen des neuen Programms, der laut den Plänen der Kommission schon bald nach Inkrafttreten der Verordnung im Frühherbst veröffentlicht werden soll. Die Kommission kann den Kompromisstext rückhaltlos befürworten, und ich möchte das Parlament auffordern, das von seinem Verhandlungsteam erzielte gute Ergebnis zu billigen.
Darüber hinaus möchte ich der Berichterstatterin für ihre Ausführungen danken. Ich habe sie sehr aufmerksam verfolgt.
Cristina Gutiérrez-Cortines, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (ES) Frau Präsidentin! Das Verfahren des LIFE-Programms, vor allem in der Endphase des Vermittlungsverfahrens, macht deutlich, in welchem Umfang wir in Europa Widersprüche feststellen und wie notwendig es ist, dass das Parlament weiterhin die Bürgerinnen und Bürger ganz direkt vertritt.
LIFE war stets ein Referenzprojekt: Viele NRO, viele Fachleute und Gemeinden haben erfahren, was europäische Politik ist, haben gelernt zu wetteifern und wollen sich dank des LIFE-Programms an der Umweltpolitik beteiligen.
Jedes Volk, so klein es auch sei, ist stolz, ein LIFE-Projekt zu erhalten. Das Gleiche gilt für die Beratungsstellen, die Bediensteten, die an diesen Projekten arbeiten, und für die Gesellschaft selbst.
Doch in dem Widerspruch, den wir zurzeit durchleben, da wir zum einen „zwischenstaatlich“ sind und zum anderen eine europäische Verfassung wollen, ist am Ende der ersten Lesung beschlossen worden, dass die Mittel durch die Regierungen mithilfe nationaler Agenturen verwaltet werden.
Das Parlament war dagegen, denn es vertritt die Auffassung, dass, wenn eine Sache hervorragend funktioniert – wie im Fall von LIFE – keine Notwendigkeit für eine Veränderung vorliegt. Wenn Europa bereits einen zusätzlichen Nutzen daraus gezogen hat und wenn ein Image von Güte und Qualität entstanden ist, warum soll das nicht aufrechterhalten werden?
Deshalb haben wir nach langem Kampf erreicht, dass die Mittel zum Teil den Ländern zugewiesen werden, doch auch weiterhin – und wir konnten die Kommission und danach den Rat überzeugen, diesem Vorschlag zuzustimmen –, werden alle Projekte das Recht haben, von der Kommission angehört und bewertet zu werden, auch wenn zunächst eine Sichtung durch die Länder erfolgt. Ich möchte, dass diese Botschaft klar und deutlich im Protokoll steht: Sie alle haben das Recht auf eine Bewertung durch die Kommission.
Abschließend: „Länderübergreifende Projekte“ bedeutet, dass für die Flüsse, das Wasser, das von einem zum anderen Land fließt, die Vögel und sogar die Luft erstmalig eine Plattform für eine Arbeit auf internationaler Ebene existiert.
Marie-Noëlle Lienemann, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin! Lassen Sie mich zunächst Frau Isler Béguin beglückwünschen, die viel Energie, Kompetenz und Talent aufgewendet hat, um heute diese äußerst positive Entscheidung zu erreichen. Mein Dank geht auch an die Schattenberichterstatterinnen, denn meiner Meinung nach ist dieser Erfolg der vereinten Front aller Fraktionen in diesem Haus sowie dem Verständnis der Kommission zu verdanken.
Das von unserem Parlament gesetzte politische Zeichen ist eindeutig: Wir treten für Umweltpolitiken ein, die mit Haushalten versehen sind, denn es ist zwar wichtig, dass Europa Normen vorgibt und Ziele setzt, doch ist es nicht weniger wichtig, dass es finanzielle Mittel bereitstellt, damit auf lokaler Ebene gehandelt werden kann, damit Innovationen, aber auch Erfahrungsaustausch und neue Praktiken ermöglicht werden.
Die zweite Botschaft besagt, dass wir einen Gemeinschaftsansatz, einen europäischen Ansatz und nicht bloß einen zwischenstaatlichen Ansatz vertreten. Die Umweltpolitiken werden von allen EU-Mitgliedstaaten als die am stärksten legitimierten angesehen, als Politiken, die eine Gemeinschaftsdimension aufweisen. Es wäre töricht gewesen, Life zu renationalisieren, wo unsere Mitbürger doch mehr Integration erwarten. Ich werde hier nicht die Argumente meiner Kollegen wiederholen, die hervorhoben, dass die Mitgliedstaaten zwar Vorschläge unterbreiten, doch dass das letzte Wort der Kommission zukommt, und dass es daher notwendig ist, die Kommission mit entsprechenden Mitteln auszustatten, um sowohl die Dossiers zu bearbeiten als auch über Kommunikation, Austausch, Mobilisierungswochen einen Überblick über die Innovationen zu erstellen – sehr gut! Glückwunsch auch für die Verdoppelung der Mittel, die damit der Kommission zur Verfügung stehen! Glückwunsch ebenfalls für die grenzübergreifenden Projekte.
Es ist äußerst wichtig, dass über praktische Tätigkeiten verschiedene Länder geeint werden, die zwar gemeinsame Ziele verfolgen, aber manchmal nicht die Verbindung sehen, die sie beispielsweise in Bezug auf die Artenvielfalt eint, und die nun durch LIFE die Möglichkeit erhalten, die Gemeinsamkeiten in ihren Aktionen und ihrem Erfahrungsaustausch herauszuarbeiten.
Schließen möchte ich, Herr Kommissar, mit einem Wunsch, nämlich dass die Kommission, wie sie sich gegenüber unserer Berichterstatterin verpflichtet hat, sich wirklich einen Überblick über die für Natura 2000 zugesagten Mittel verschafft, denn es kommt darauf an, dass dieser große Kampf für die Artenvielfalt lokal unterstützt wird, da in vielen Fällen die Leute vor Ort noch Zweifel haben oder sich nicht immer bewusst sind, was auf dem Spiel steht. Auf jeden Fall meinen Glückwunsch zu diesem Vermittlungsverfahren, zu dieser endgültigen Einigung; lang lebe LIFE!
Frédérique Ries, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin! Heute gelten meine ersten Dankesworte selbstverständlich unserer Berichterstatterin Marie Anne Isler Béguin sowie den Schattenberichterstatterinnen, Frau Lienemann und Frau Gutiérrez von der PSE- bzw. der PPE-Fraktion, mit denen wir zwei Jahre lang – wie sie in Erinnerung riefen – ständig versucht haben, die Kommission und vor allem die Mitgliedstaaten, wie ich sagen möchte, von der Zweckdienlichkeit dieser von Brüssel initiierten und gelenkten Umweltpolitik zu überzeugen.
In dieser Hinsicht sollten wir heute mit unserer Freude nicht hinter dem Berg halten: Das Ergebnis der Vermittlung, die Sie, Frau Präsidentin, am 27. März mit Bravour zum Abschluss geführt haben, ist äußerst lehrreich. In der Politik wird oft gesagt, dass Kämpfe in schweren Zeiten gewonnen werden, doch die Delegation des Europäischen Parlaments für LIFE+ hat den Beweis erbracht, dass Kämpfe auch in der Einheit über alle politischen Trennlinien hinweg und im allgemeinen Interesse der Bürger, der Europäer, gewonnen werden können.
Meine zweite Bemerkung: Ich stelle fest, dass es der Europäischen Kommission nicht zum Vorteil gereicht, wenn sie sich dort, wo die Verträge ihr eindeutige Befugnisse zusprechen, wie im umweltpolitischen Bereich, auf eine bloße Mittlerrolle, wie ich sagen möchte, beschränkt.
Frau Isler Béguin hat alle in diesem Vermittlungsverfahren erreichten Fortschritte bereits trefflich dargelegt, so dass ich nicht noch einmal darauf zurückkommen werde. Ich meinerseits möchte das herausstellen, was ich als unseren symbolträchtigsten gemeinsamen Erfolg bezeichnen möchte. Damit meine ich natürlich die Durchsetzung eines Aktionsbereichs Natur und Artenvielfalt, für den mindestens 50 % der LIFE-Haushaltsmittel, der operativen Ressourcen aufzuwenden sind. Es war unumgänglich, die Finanzierung von Natura 2000 aufzustocken. Erstens weil, wie ich sagen möchte, Natura 2000 gut läuft. Frau Gutiérrez-Cortines hat geschildert, wie stolz diejenigen sind, die diese Finanzmittel erhalten werden. Im Falle der Region Brüssel-Hauptstadt, die ich gut kenne, gehören zu diesen geschützten Gebieten nicht weniger als 2 333 Hektar, darunter der bekannte Brüsseler Stadtwald (Forêt de Soignes) sowie das Woluwe-Tal. Auf Unionsebene sind die Zahlen ebenfalls sehr beeindruckend: Natura 2000 umfasst über 25 000 Gebiete; es handelt sich um ein Netzwerk, das in 16 Hauptstädten vertreten ist und nahezu 20 % des Festlandsgebiets der EU-27 umfasst.
Zweitens – und darauf haben Herr Adamou und weitere Redner in der vorangegangenen Aussprache bereits hingewiesen – hat sich die Europäische Union 2001 in Göteborg verpflichtet, den Verlust der Artenvielfalt bis 2010 zu stoppen. Drei Jahre vor diesem Endtermin sind wir noch weit von diesem Ziel entfernt, um es gelinde auszudrücken.
Der Life+-Haushalt mag zwar obszön erscheinen, ist obszön – 1,51 % des Jahreshaushalts der Union, was für sieben Jahre 1 894 Milliarden ausmacht –, doch habe ich noch immer die Hoffnung, dass sich zwischen der Europäischen Union, den Mitgliedstaaten, den Regionen und den Gemeinden Übereinstimmung darüber herausbilden wird, die Finanzierung von Natura 2000 zu verstetigen. Und man möge uns auch nicht sagen, dass mit 308 Milliarden Euro, d. h. mit dem vereinten Haushalt der Strukturfonds und des Kohäsionsfonds, zu wenig Haushaltsmittel für den Naturschutz zur Verfügung stehen. Die ist nicht mehr und nicht weniger als eine Frage der Priorität und der Glaubwürdigkeit gegenüber den Bürgern Europas.
Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! In der Debatte zum Finanzierungsinstrument LIFE+ spreche ich im Namen der Fraktion Union für ein Europa der Nationen. Ich möchte dabei folgende Aspekte hervorheben. Erstens: Das Finanzierungsinstrument für die Umwelt LIFE+ (2007-2013) läuft auf eine Fortführung der meisten vom Generaldirektorat Umwelt bereits durchgeführten Programme hinaus, z. B. des Programms LIFE 3, mit dem die nachhaltige Städteentwicklung unterstützt wird, und des NRO-Programms.
Zweitens: Wir sollten es begrüßen, dass das Parlament durch das Vermittlungsverfahren den Rat davon überzeugen konnte, dass die Europäische Kommission wie bisher für die zentrale Lenkung des Programms zuständig ist.
Drittens: Zu Recht wird darauf verwiesen, dass die Position des Parlaments in Betracht gezogen und die Finanzierung für die Ausführung des Instruments um 40 Millionen Euro aufgestockt wurde.
Viertens: Der Rat hat die Position des Parlaments auch insofern berücksichtigt, als mindestens 50 % der Haushaltsmittel von LIFE+ Projekten zugewiesen werden sollen, die den Umweltschutz und die biologische Vielfalt betreffen.
Fünftens: Es wurde ebenfalls gemeinsam entschieden, dass mindestens 15 % des Haushalts länderübergreifenden Projekten zufließen sollen.
Da die meisten der wichtigen Abänderungen des Europäischen Parlaments während des Vermittlungsverfahrens akzeptiert worden sind, wird die UEN-Fraktion für diesen Bericht stimmen. Abschließend möchte ich dem Berichterstatter und allen, die auf so wirksame Weise zum Vermittlungsverfahren beigetragen haben, meinen Glückwunsch aussprechen.
Edite Estrela (PSE). – (PT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zunächst gilt mein Glückwunsch allen, die sich am Vermittlungsverfahren über LIFE+ beteiligt haben und zu einer Einigung gelangt sind, die wir als sehr positiv einschätzen, vor allem weil es dem Parlament gelungen ist, eine beträchtliche Aufstockung (um 40 Millionen Euro) gegenüber dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates sicherzustellen. Wir alle haben gewonnen, insbesondere die europäische Umwelt.
Von den förderfähigen Maßnahmen für LIFE+ möchte ich die Überwachung der Wälder, die Informations- und Mitteilungsmaßnahmen und vor allem die Sensibilisierungs- und Ausbildungskampagnen der an Initiativen zur Waldbrandverhütung beteiligten Akteure hervorheben. Diese Maßnahmen gehen mit unseren Besorgnissen konform, die im Initiativbericht des Umweltausschusses über Naturkatastrophen, dessen Berichterstatterin ich war, zum Ausdruck gebracht worden sind.
Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt ist die Garantie, dass mindestens 50 % der Haushaltsmittel für LIFE+ für die Finanzierung von Projekten zur Unterstützung der Erhaltung der Natur und der biologischen Vielfalt verwendet werden. Der Rat hatte ja in seinem Gemeinsamen Standpunkt vorgesehen, lediglich 40 % der Mittel für solche Projekte zu verwenden, was angesichts des Finanzierungsbedarfs für das Netz Natura 2000 und die Umsetzung der Habitat-Richtlinie eindeutig unzureichend ist.
Leopold Józef Rutowicz (UEN). – (PL) Frau Präsidentin! Ich möchte Frau Isler Béguin für den Bericht über das Finanzierungsinstrument für die Umwelt (LIFE+) danken.
Der Vermittlungsausschuss hat sich auf den Text der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates geeinigt. Diese Verordnung ist ein solides Finanzierungsinstrument und wird die Belange des Umweltschutzes in Mitgliedstaaten der Europäischen Union befördern. Der Fonds wird hauptsächlich dazu verwendet werden, die aus dem Treibhauseffekt erwachsenden Veränderungen wie Dürren und Überflutungen zu begrenzen, die die Wälder, die Natur und die biologische Vielfalt schädigen.
Die Verordnung weist zu Recht darauf hin, dass diese Mittel nicht für Verwaltungsaufwendungen eingesetzt werden dürfen, die nicht im direkten Zusammenhang mit Maßnahmen von LIFE+ stehen. Die Überwachung der Mittelverwendung aus dem LIFE+-Fonds durch das Europäische Parlament wird gewährleisten, dass das Geld korrekt in den am besten dafür geeigneten Bereichen eingesetzt wird. Eine ständige Überwachung ist wegen der breiten Palette der damit verbundenen Maßnahmen und der begrenzt verfügbaren Mittel von wesentlicher Bedeutung. Die Umsetzung aller Projekte wird der Europäischen Gemeinschaft einen zusätzlichen Nutzen bringen. Die Mittelzuweisung für dieses Programm muss auch verstärkt werden, sobald günstige Bedingungen dafür entstehen.
Wenn die Verordnung in korrekter Weise umgesetzt wird, werden es die Mittel für LIFE+ nach meiner Auffassung möglich machen, die geplanten Maßnahmen durchzuführen. Ich möchte auch allen danken, die so effektiv im Vermittlungsausschuss mitgewirkt haben.
VORSITZ: LUISA MORGANTINI Vizepräsidentin
Karin Scheele (PSE). – Frau Präsidentin! Wir beschließen morgen in dritter und letzter Lesung die Verordnung über das Finanzierungsinstrument für die Umwelt (LIFE+). Ich möchte Frau Isler Béguin zu dem Ergebnis der Vermittlung im Gesetzgebungsprozess insgesamt gratulieren und ihr für ihr Engagement danken, das aufgrund der sehr unterschiedlichen Standpunkte während des gesamten Gesetzgebungsprozesses mehr als notwendig war.
Die Umsetzung, die Aktualisierung und die Weiterentwicklung der Umweltpolitik und des Umweltrechts der Gemeinschaft sind die allgemeinen Ziele von LIFE+. Dazu brauchen wir Geld, und genau das war der Knackpunkt, genau darum ging es in den heißesten Diskussionen: wie viel Geld wir brauchen und vor allem, wie dieses Geld verwaltet werden soll. Wir haben im Vermittlungsverfahren nicht alles erreicht, was wir uns vorgestellt haben, aber es ist uns gelungen, eine Erhöhung von 40 Millionen Euro zu erreichen. Wir haben auch durchgesetzt, dass ein System der zentralen Verwaltung beibehalten wird. Die Mitgliedstaaten wollten ja, dass 80 % der Mittel von den Mitgliedstaaten selbst verwaltet werden sollen, und wir haben erreicht, dass es auch in Zukunft eine gemeinschaftliche Politik in dieser Frage geben wird.
Im Rahmen der Verordnung über LIFE+ werden lediglich Projekte vorbildlicher Praxis oder Demonstrationsprojekte im Zusammenhang mit der Verwaltung von Natura 2000-Gebieten finanziert. Deshalb ist es notwendig, eine angemessene Finanzierung für die Verwaltung der Natura 2000-Netze zu gewährleisten. Kommission und Mitgliedstaaten müssen diese Finanzierung sicherstellen.
Die Präsidentin. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 22. Mai, statt.
18. Umweltqualitätsnormen im Bereich der Wasserpolitik (Aussprache)
Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgt die Aussprache über den Bericht von Anne Laperrouze im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Umweltqualitätsnormen im Bereich der Wasserpolitik und zur Änderung der Richtlinie 2000/60/EG (KOM(2006)0397 – C6-0243/2006 – 2006/0129(COD)) (A6-0125/2007).
Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Ich freue mich, diese Aussprache über den Vorschlag für Umweltqualitätsnormen im Bereich der Wasserpolitik zu eröffnen, der die Wasserrahmenrichtlinie – das Herzstück der EU-Wasserschutzpolitik – ergänzen soll. Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Laperrouze, und dem Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit für seine bemerkenswerten Anstrengungen danken. Mein Dank gilt auch dem Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie, dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und dem Fischereiausschuss sowie insbesondere den Verfassern der Stellungnahmen, Herrn Rübig, Frau Bourzai und Frau Corbey, für ihren äußerst konstruktiven und hilfreichen Beitrag zu diesem wichtigen Dossier.
Der Schutz von Flüssen, Seen, Küsten- und Meeresgebieten vor der Verschmutzung mit gefährlichen Stoffen hat für die Kommission höchste Priorität. Seit den 1970er-Jahren, als die Kommission ihre erste entscheidende Maßnahme ergriff, haben wir erhebliche Fortschritte gemacht. Doch während wir einige Umweltprobleme lösen konnten, tauchten schon wieder neue auf. Der Chemiecocktail in unseren Gewässern ist immer komplexer geworden, und die Verschmutzungsquellen konzentrieren sich nicht mehr nur an einer Stelle, sondern sind breit gestreut und nicht klar abgrenzbar. Für Selbstzufriedenheit ist nie Zeit gewesen.
Um die Verschmutzungsprobleme, die durch diese gefährlichen Stoffe verursacht werden, in den Griff zu bekommen, hat die Kommission seit der Verabschiedung der Wasserrahmenrichtlinie mehr als 30 Rechtsakte der Gemeinschaft vorgeschlagen bzw. angenommen. Diese kann ich hier jetzt nicht alle aufzählen, möchte aber einige Beispiele hervorheben.
Erstens hat die Kommission die Vermarktung und Verwendung von 16 der prioritären Stoffe der Wasserrahmenrichtlinie verboten bzw. eingeschränkt. Weitere Beschlüsse für einige Pestizide, Biozide und andere bestehende Chemikalien sind in Vorbereitung. Zweitens haben wir uns auf die neue europäische Chemikalienpolitik REACH verständigt. Diese stellt einen Meilenstein dar, weil sie die Zulassung der gefährlichsten Stoffe und die Beschränkung der Risiken erforderlich macht, die von allen anderen in den Regulierungsbereich der Wasserrahmenrichtlinie fallenden Chemikalien ausgehen.
Zusammenfassend möchte ich noch einmal unterstreichen, dass die Kommission auch künftig die notwendigen Instrumente für die Begrenzung von Emissionen bereitstellen wird, sofern dadurch effektive und verhältnismäßige Maßnahmen auf den Weg gebracht werden können, die zur Bekämpfung der Verschmutzung durch prioritäre Stoffe beitragen. Zugleich halte ich an dem Prinzip der besseren Rechtsetzung und dem Grundsatz fest, dass nur dann zusätzliche Vorschläge unterbreitet werden, wenn die Gemeinschaftsebene nachweislich die beste Plattform für die Ergreifung von Maßnahmen ist.
Ich möchte nun zum Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Umweltqualitätsnormen für prioritäre Stoffe kommen. Ziel des Richtlinienvorschlags ist es, einheitliche und transparente Kriterien für die Beurteilung eines guten chemischen Zustands von Oberflächengewässern festzulegen, der bis 2015 erreicht werden muss. Der wichtigste Teil des Vorschlags ist daher in Anhang I zu finden: die Qualitätsnormen, die für alle Flüsse, Seen sowie Küsten- und Hoheitsgewässer gelten.
Im Hinblick auf die Meeresgewässer soll – wie Ihnen sicherlich bekannt sein wird – die vorgeschlagene Meeresstrategie-Richtlinie gewährleisten, dass in Gebieten, wo die Wasserrahmenrichtlinie nicht greift, ein ebenso hohes Schutzniveau für die Verschmutzung durch gefährliche Stoffe besteht. Ich möchte hervorheben, dass in den vorgeschlagenen Grenzwerten für die Qualitätsnormen bereits das Risiko berücksichtigt wurde, das diese Stoffe für das Meeresökosystem darstellen können. Der Vorschlag enthält außerdem zwei zusätzliche prioritäre gefährliche Stoffe und sieht die Aufhebung verschiedener Richtlinien vor, die zwischen 1982 und 1990 angenommen wurden.
Allerdings umfasst der Vorschlag aus den vorher erwähnten Gründen keine zusätzlichen Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung. Die Kommission ist der Auffassung, dass der Emissionsbegrenzung schon in anderen geltenden Gemeinschaftsvorschriften ausreichend Rechnung getragen wird, wie beispielsweise in der Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung.
Zum Schluss möchte ich betonen, dass wir das Ziel befürworten, ein hohes Schutzniveau für die aquatische Umwelt sicherzustellen. Die Kommission hat am 22. März 2007 – dem Internationalen Tag des Wassers – ihren ersten Bericht über die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie veröffentlicht. Darin unterstreicht sie, dass trotz der erzielten Fortschritte noch immer großer Handlungsbedarf – vor allem bei den Mitgliedstaaten – besteht, wenn wir durch die erfolgreiche Umsetzung dieser Richtlinie eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung erreichen wollen.
Der vorliegende Vorschlag ist ein weiterer Schritt in diese Richtung, und ich werde mit dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung der Ziele zusammenarbeiten, die wir uns gemeinsam im Jahr 2000 gesetzt haben. Es sind aber noch weitaus mehr Schritte erforderlich, und ich hoffe insofern auf Ihre Unterstützung.
Anne Laperrouze (ALDE), Berichterstatterin. – (FR) (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kommissar, Sie haben eben darauf verwiesen, dass die chemische Belastung der Oberflächengewässer eine Gefahr für die aquatische Umwelt, für das Ökosystem und folglich für die menschliche Gesundheit sei. Sie haben weiterhin festgestellt, dass das Ziel dieser Tochterrichtlinie der Wasserrahmenrichtlinie die Bekämpfung der Verbreitung von Schadstoffen in den Oberflächengewässern sei. Zu diesem Zweck wird eine Bestandsaufnahme der Emissionen, Einleitungen und Verluste durchgeführt, um zu überprüfen, ob die Ziele der Reduzierung bzw. der Beendigung der Emissionen, Einleitungen und Verluste von Schadstoffen gemäß Artikel 13 Absatz 7 der Rahmenrichtlinie erreicht werden, wobei der Termin für das Ziel der Beendigung das Jahr 2025 ist. Diese Richtlinie wird zur Aufhebung der bestehenden, in Anhang IX der Rahmenrichtlinie genannten Tocherrichtlinien führen.
Diese Richtlinie legt somit Grenzwerte für die Konzentration bestimmter Arten von Schädlingsbekämpfungsmitteln, Schwermetallen und anderen chemischen Substanzen in Oberflächengewässern fest, die für die Wasserflora und -fauna sowie für die menschliche Gesundheit schädlich sind. Die von der Kommission durchgeführten Folgenanalysen haben zur Festlegung von Umweltqualitätsnormen auf der Grundlage von Jahresdurchschnittswerten, die Schutz vor den Folgen von Langzeitexposition bieten, und von zulässigen Höchstkonzentrationen, die vor den Folgen von Kurzzeitexposition schützen, geführt. Allerdings wird über bestimmte UQN-Werte noch diskutiert, insbesondere für Benzol und Cadmium, Hexachlorbenzol, Hexachlorbutadien, Quecksilber, Nickel, Blei sowie polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, denn bestimmte Folgeanalysen sind noch nicht abgeschlossen, was sich auf jeden Fall erschwerend auf unsere Diskussionen ausgewirkt hat.
Aus den vom Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit eingereichten Änderungsanträgen geht der Wille hervor, gemeinsame Methodiken aufzustellen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden. Wir haben ebenfalls über die Möglichkeit von Übergangszonen, in denen Überschreitungen zulässig sind, diskutiert. Doch wäre es ein Fortschritt, wenn wir diesen Absatz streichen würden? Was wirklich zählt, ist doch die Analysezone. Wenn wir keine Übergangszonen festlegen würden, könnte das den unerwünschten Effekt haben, dass in diesen Zonen Kontrollen ausgelassen würden und wir dann nicht wüssten, was dort passiert.
Daher haben wir vorgeschlagen, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einzuräumen, Übergangszonen festzulegen, allerdings mit der Auflage, diese Zonen zu verringern, um langfristig auch dort die Umweltqualitätsnormen zu erreichen. Wir haben ebenfalls über den Sonderfall Hafengebiete diskutiert, in denen aufgrund der durch die von der Ausbaggerung von Flüssen und Mündungsgebieten verursachten Vermischung von Wassermassen die Qualitätsnormen bzw. die Analysemethoden möglicherweise nicht geeignet sind. Wir haben ausführlich darüber diskutiert, ob es angemessen wäre, der ursprünglich von der Kommission aufgestellten Liste noch hochtoxische Stoffe hinzuzufügen. Dies hat letzten Endes zu einem Kompromiss geführt. Wir fordern von der Kommission, diese neuen aufgelisteten Substanzen zu analysieren und dann über deren endgültige Einordnung als prioritäre Stoffe bzw. als prioritäre gefährliche Stoffe bis spätestens zwölf Monate nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie zu entscheiden.
Unser Kompromiss bezieht sich auf neue Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung. Wir halten die Emissionsbegrenzung für unabdingbar. Während die Kommission sich auf das Bestehen anderer Rechtsvorschriften zu chemischen Schadstoffen wie REACH, IPPC oder auch die Pestizid-Richtlinien verlässt, fordern wir, dass sie eine umfassende Bewertung der Kohärenz und Wirksamkeit aller Rechtsakte der Gemeinschaft vornimmt, die direkt oder indirekt zu einer guten Qualität der Gewässer beitragen, und gegebenenfalls die Anpassung bestehender bzw. den Erlass neuer Rechtsakte vorschlägt.
Abschließend möchte ich den Kommissionsvertretern und den verschiedenen Partnern, die mich bei der Abfassung dieses Berichts unterstützt haben, und selbstverständlich auch den Verfassern der Stellungnahmen der mitbefassten Ausschüsse für ihre konstruktive Zusammenarbeit bei einem äußerst technischen Dossier danken. Ich muss sagen, es war ein Vergnügen, mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Ich bitte Sie nunmehr, liebe Kolleginnen und Kollegen, diesem Bericht Ihre Zustimmung zu geben, damit wir einen Text erhalten, mit dem die Kontrolle der Wirksamkeit der EU-Umweltvorschriften möglich ist, d. h. mit dem wir feststellen können, ob es uns bis 2025 gelingen wird, den Emissionen von hochtoxischen Stoffen für den Menschen und die Umwelt ein Ende zu setzen.
Paul Rübig (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie. – Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kommissar, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst möchte ich der Kollegin Laperrouze für die ausgezeichnete Zusammenarbeit danken. Es handelt sich um ein technisches und schwieriges Dossier. Aber es ist für das Europa der 27 ein sehr wichtiges Dossier, weil die Harmonisierungsbestrebungen auch dazu dienen, Wettbewerbsverzerrungen im europäischen Raum zu verhindern.
Wir haben allerdings – das ist bei diesen technischen Dossiers so – auch die Genehmigungsverfahren und die Verwaltungslasten, die im Sinne des Prinzips der besseren Regulierung immer wieder überprüft werden sollten. Wir haben derzeit die Zielvorgabe, administrative Regelungen in Europa um 25 % zurückzufahren. Ich glaube, im Sinne einer besseren Rechtsetzung ist es notwendig, die Schwerpunkte richtig zu setzen. Insbesondere für kleine und mittlere Betriebe sind derartig technische Vorschriften und Überprüfungen nicht immer nur mit Kosten verbunden, sondern auch mit entsprechendem Verwaltungsaufwand.
Deshalb bitte ich die Kommission, immer wieder die technische Durchführbarkeit dieser Vorschriften zu prüfen, auf aktuellem Stand zu halten und natürlich auch die Verhältnismäßigkeit der Kosten zu untersuchen. Im Zeitablauf und mit den verschiedenen Stufen, die geplant sind, ist das eine wesentliche Grundvoraussetzung.
Damit komme ich zum absoluten Verschlechterungsverbot, das in der Praxis zahlreiche Probleme im Bereich der Industrie und der Landwirtschaft hervorrufen kann. Wir alle wissen, dass es gerade im Bereich Wasser heute Überschwemmungen und morgen Trockengebiete geben kann. Wenn man hier ein absolutes Verschlechterungsverbot einführte, würden diese Vorschriften innerhalb kurzer Zeit zu enormen Problemen im Bereich der Landwirtschaft und Industrie führen.
Robert Sturdy, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte Frau Laperrouze ebenfalls meine Glückwünsche aussprechen. Wir haben von Anfang an sehr gut zusammengearbeitet, und daran hat sich auch bis zum Schluss nichts geändert. Ausgangspunkt unserer Arbeit war, dass die Sicherheit der Bevölkerung und die Umwelt an erster Stelle stehen. Das war meines Erachtens außerordentlich wichtig.
Die vorgeschlagene Richtlinie setzt Grenzwerte für Konzentrationen in Oberflächengewässern von verschiedenen Stoffen fest, einschließlich Pestiziden, Schwermetallen und anderen gefährlichen chemischen Stoffen, die von der Berichterstatterin bereits erwähnt wurden. Diese Chemikalien stellen ein besonderes Risiko sowohl für die menschliche Gesundheit als auch für Tiere und Pflanzen – insbesondere in der aquatischen Umwelt – dar. Deshalb eignet sich dieser Rechtsakt sehr gut als i-Tüpfelchen auf der Wasserrahmenrichtlinie.
Es kommt darauf an, dass die Wasserverschmutzung begrenzt wird und eine Übereinstimmung mit der Wasserrahmenrichtlinie gegeben ist. Die Kommission muss gemeinsame Methoden festlegen, sodass nicht nur ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet wird, sondern auch Wettbewerbsverzerrungen verhindert werden. Die Änderungsanträge, die für die Plenarabstimmung über die Umweltqualitätsnormen eingereicht wurden, sollen den Text etwas verständlicher, besser handhabbar und leichter umsetzbar machen. Außerdem zielen die vorgeschlagenen zwei neuen Erwägungsgründe darauf ab, die Übereinstimmung mit den in der Wasserrahmenrichtlinie enthaltenen Anforderungen an prioritäre Stoffe zu gewährleisten. Momentan besteht noch kein Einvernehmen darüber, welche Maßnahmen für den Schutz von Sedimenten und Biota ergriffen werden sollen, worauf auch Frau Laperrouze hingewiesen hat. Und solange uns noch keine wissenschaftlichen Daten über die entsprechenden Konzentrationen vorliegen, müssen wir für eine genaue Überwachung sorgen. Anstatt nun also Grenzwerte für die Mitgliedstaaten festzulegen, sollten wir lieber die Konzentration von Stoffen in Sedimenten und Biota beobachten, um zu einer allgemeinen Norm zu gelangen.
Ziel dieses Vorschlags ist der Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit. Dies ist natürlich außerordentlich wichtig, aber ebenso wichtig ist, dass alle Elemente der Wasserrahmenrichtlinie praktikabel und realistisch sind. Dazu gehört auch, die Kosten auf ein vernünftiges Maß zu begrenzen und die Tatsache anzuerkennen, dass die Zielvorgaben ohne die erforderlichen technischen Möglichkeiten nicht erreichbar sind.
Ich möchte der Berichterstatterin noch einmal danken.
Marie-Noëlle Lienemann, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es hier mit einer äußerst wichtigen Tochterrichtlinie der Wasserrahmenrichtlinie zu tun.
Wie ich in Erinnerung rufen möchte, sieht diese Rahmenrichtlinie vor, bis 2015 den guten ökologischen Zustand der Oberflächengewässer und des Grundwassers in der Europäischen Union wieder herzustellen, und ich muss Ihnen sagen, Herr Kommissar, dass ihre äußerst langsame Realisierung uns sehr beunruhigt. Es war jedoch unumgänglich, einen Rahmen für das Verbot der prioritären Stoffe und der prioritären gefährlichen Stoffe zu schaffen und Normen für sie zu erlassen.
Ursprünglich sah die Rahmenrichtlinie völlige Übereinstimmung mit den internationalen Meeresübereinkommen, insbesondere dem OSPAR-Übereinkommen, vor. Dieses Vertragswerk enthält eine Aufstellung von Substanzen, die schrittweise beseitigt werden sollen, und meine Fraktion hielt es für unumgänglich, in die Liste der prioritären gefährlichen Stoffe der Richtlinie die im OSPAR-Übereinkommen aufgelisteten Stoffe uneingeschränkt einzubeziehen. Um einen Kompromiss zu ermöglichen, hat die Sozialdemokratische Fraktion jedoch den Vorschlag unserer Berichterstatterin, Frau Laperrouze – deren ausgezeichnete Arbeit und persönliches Engagement ich hier würdigen möchte –, akzeptiert und ihren Änderungsantrag zurückgezogen. Die Sozialdemokratische Fraktion wird jedoch in jedem Fall darauf achten, dass nach Abschluss der Arbeit der Sachverständigen und der Folgenabschätzungen die Kommission alles tut, um das höchste Schutzniveau zu erreichen, denn wie Sie wissen, geht es nicht nur um die Qualität unserer Gewässer, sondern auch um die unserer Meere und Ozeane sowie um die Übereinstimmung mit dem Richtlinienentwurf zur Strategie für die maritime Umwelt, über den wir in erster Lesung beraten haben.
Ansonsten befürworten wir voll und ganz die vom Umweltausschuss unterstützten Vorschläge, die ich wie folgt zusammenfassen möchte. Erstens muss es identische Messverfahren für die ganze Europäische Union geben, was im Übrigen auch leichter für die Mitgliedstaaten und transparenter für die Bürger ist. Zweitens soll es zwar Übergangszonen geben, doch mit einem Endtermin für deren Auslaufen, für den in erster Lesung das Jahr 2008 festgelegt bzw. vorgeschlagen wurde, wenn ich mich recht erinnere. Drittens schließlich der wichtige Punkt, dass dafür gesorgt wird, schrittweise die vollständige Kohärenz unserer Rechtsakte herzustellen, denn wir werden oft dafür kritisiert, verschiedene Ansätze miteinander zu vermischen, und die letztendliche Entscheidung muss für die Bürger erkennbar sein.
Henrik Lax, im Namen der ALDE-Fraktion. – (SV) Die Umwelt ist eine der wichtigsten Prioritäten für die EU, wobei drastische Maßnahmen erforderlich sind, wenn es uns gelingen soll, eine ökologisch nachhaltige Zukunft zu schaffen. Die Ostsee gehört zu den Meeren, die für ihre Erholung und ihr Überleben dringend strengere Umweltvorschriften benötigen. Darum möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf einige Aspekte des Vorschlags der Kommission zu Umweltqualitätsnormen richten, mit denen wir zurechtkommen müssen. Der Vorschlag der Kommission steht im Widerspruch zu Empfehlungen internationaler Organisationen wie der Helsinki-Kommission, beispielsweise in Bezug auf Stoffe wie DEHP. Widersprüchlich ist auch, dass die Kommission gemäß der Wasserrahmenrichtlinie überprüfen soll, ob die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen im Hinblick auf die Reduzierung der Emissionen bis spätestens 2015 nachkommen, dies aber im neuen Vorschlag auf 2025 geändert wurde. Darüber hinaus wird ein neuer Artikel vorgeschlagen, der so genannte Übergangszonen der Überschreitung der zulässigen Grenzwerte für umweltgefährliche Stoffe zulässt. Die Kommission gibt keine zufrieden stellende Begründung dafür, warum solche Übergangszonen eingeführt werden sollten. Ebenso wenig schlägt sie einen Mechanismus zum Erreichen einer guten Wasserqualität in diesen Gebieten vor. Das kann zu einer ernsthaften Aushöhlung unseres Umweltrechts führen. Wir brauchen gemeinsame, strenge und deutliche Vorschriften, um unsere Gewässer von Umweltgiften zu befreien. In diesen Fragen dürfen wir keine Kompromisse eingehen oder Entscheidungen aufschieben.
Margrete Auken, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (DA) Frau Präsidentin! Im Jahre 1995 einigten sich die Ostsee-Anrainerstaaten auf eine 25-jährige Pause in Bezug auf die Einleitung von einigen sehr gefährlichen Substanzen. Dieses Ziel wurde in das Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks (OSPAR) sowie in das revidierte Übereinkommen von Barcelona aufgenommen. Im Europäischen Parlament haben wir diesen Grundsatz in die Wasserrahmenrichtlinie aufgenommen, wenn auch ohne Frist. Die Kommission hat dann jedoch die Angelegenheit offensichtlich komplett vergessen. Eine lange Zeit verstrich – nicht die vereinbarten zwei Jahre, sondern viereinhalb Jahre –, bis die Kommission ihren Vorschlag vorlegte. Zudem war die Liste gefährlicher Substanzen viel zu kurz. Die Vorhaben in Bezug auf die aquatische Umwelt fielen in sich zusammen. Das ist nicht nur für das Wasser von Nachteil, sondern auch für den Ruf der EU. Die aquatische Umwelt geht alle Völker Europas etwas an, und wir in der EU müssen die Erwartungen der Menschen erfüllen. Wir dürfen die Versprechen nicht brechen, die wir so deutlich und so oft geäußert haben.
Zum Glück hat der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit sich sehr genau mit dem Kommissionsvorschlag auseinandergesetzt. Wir schulden Frau Laperrouze Dank für ihre Arbeit, die sie gemeinsam mit den anderen Fraktionsvorsitzenden im Hinblick auf die Vorlage wichtiger Kompromissvorschläge geleistet hat. Der Ausschuss hat seitdem über eine Reihe von Verbesserungen am Kommissionsvorschlag abgestimmt, sodass uns nunmehr in der Tat ein ausgezeichnetes Ergebnis vorliegt. Wie immer haben wir großen Druck von den reaktionären Industriezweigen erfahren müssen, die sich weigern, ihre Produktionsmethoden zu modernisieren. In der morgigen Abstimmung werden jedoch wir, das Europäische Parlament, dafür sorgen müssen, dass die EU die Ziele des OSPAR-Übereinkommens und der Wasserrahmenrichtlinie erfüllt. Wir dürfen vor der traditionellen Industrie, die die Verschmutzungen verursacht, nicht einknicken. Wir sind es unserer Umwelt, unserer Gesundheit und unseren Nachkommen schuldig, standhaft zu bleiben.
Johannes Blokland, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich Frau Laperrouze für ihre Arbeit danken. Ich möchte jedoch noch zwei Anmerkungen machen.
Erstens geht es um Fälle, in denen die Einhaltung der Umweltqualitätsstandards in einem Mitgliedstaat technisch nicht durchführbar ist oder sowohl sozial wie wirtschaftlich unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht. Für solche Fälle sollte eine Ausnahmeregelung vorgesehen werden wie in Artikel 4 der Wasserrahmenrichtlinie.
Meine zweite Anmerkung betrifft die Bestandsaufnahme von Verlusten. Durch den Schiffsverkehr und die Gezeiten werden Schadstoffe aus den Sedimenten freigesetzt. Diese Substanzen wurden schon früher eingeleitet und sollten nicht als Verluste eingestuft werden, da ihre Einleitung in einem früheren Stadium erfolgte.
Im Hinblick auf die Durchführung dieser Änderungen haben wir in der Fraktion Unabhängigkeit/Demokratie zwei Änderungsanträge, und zwar die Anträge 66 und 67, eingebracht, für die ich auf Ihre Unterstützung vertraue.
Irena Belohorská (NI). – (SK) Ich möchte die Berichterstatterin, Frau Laperrouze, zu ihrem Bericht über die Wasserpolitik beglückwünschen. Das Dossier, das heute erörtert wird, steht in engem Zusammenhang mit einem anderen Bericht, den ich selbst verfasst habe. Ich meine damit den Bericht über eine thematische Strategie zur nachhaltigen Nutzung von Pestiziden.
Alle acht Stoffe, die in der Gruppe der anderen Schadstoffe aufgeführt sind, sowie die meisten Stoffe aus der Gruppe der prioritären Stoffe zählen zu den Pestiziden. Die Verschmutzung der europäischen Gewässer durch Pestizide und andere Chemikalien ist äußerst gravierend. Dies rechtfertigt die Notwendigkeit, das Problem der Oberflächengewässer und Pestizide nicht auf einzelstaatlicher, sondern auf gemeinschaftlicher Ebene anzugehen. Daher begrüße ich nachdrücklich die Einführung von Umweltqualitätsnormen, die für alle 27 EU-Mitgliedstaaten verbindlich sein werden.
In meinem Bericht beschäftige ich mich unter anderem mit dem Schutz der aquatischen Umwelt. Zu den Maßnahmen, die in jüngster Zeit zur Verbesserung des Schutzniveaus vorgeschlagen wurden, gehören die Schaffung von mindestens 10 Meter breiten Schutzzonen entlang von Wasserläufen und ein Verbot für das Sprühen von Pestiziden aus der Luft. Dies schließt auch ein Verbot für den Einsatz verschiedener Pestizide in der Nähe von Wasserläufen sowie quantitative Beschränkungen für ihre Verwendung ein. Ich befürworte den Vorschlag der Berichterstatterin, die acht Stoffe aus der Gruppe der anderen Schadstoffe herauszunehmen und neu in die Gruppe der prioritären Stoffe einzustufen.
Fragen im Zusammenhang mit der aquatischen Umwelt sind jedoch nicht allein ein Problem der Europäischen Union, daher ist auch die Zusammenarbeit mit Drittstaaten wichtig. Denn derartige EU-Maßnahmen werden ohne Wirkung bleiben, solange verschmutztes Wasser weiterhin aus Drittländern in die Europäische Union fließt. In einigen Regionen im Osten der Slowakei, die zu den ärmsten Regionen des Landes gehören, ist die Grundwasserversorgung nur unzureichend. Hier wird deshalb Trinkwasser nicht aus dem Grundwasser gewonnen, sondern durch Klärung von Oberflächenwasser. Diese slowakischen Regionen stehen oft ganz grundsätzlichen Problemen gegenüber, wobei die Abwassersysteme unzureichend sind oder in einigen Regionen gänzlich fehlen. Daraus erklärt sich auch, dass in diesem Teil der Slowakei sehr häufig Magen-Darm-Erkrankungen auftreten. Dies hat zur Folge, dass wir hohe Summen für die Behandlung und Impfung ausgeben. Wir müssen solche Probleme vermeiden, indem wir gesundes Trinkwasser anbieten.
Investitionen in die Qualität des Oberflächenwassers sind Investitionen in die Gesundheit. Die Slowakei setzt nur rund 25 % der verfügbaren Strukturfondsmittel für umweltpolitische Zwecke ein. Dieser Prozentsatz ist beunruhigend niedrig. Ich schlage einen höheren Prozentsatz vor.
Péter Olajos (PPE-DE). – (HU) Die vorliegende Richtlinie schließt eine Rechtslücke und ist von außerordentlicher Bedeutung. Dies zeigt sich nirgends deutlicher als in den Streitigkeiten zwischen zwei Mitgliedstaaten, die vor sechs Jahren ihren Anfang nahmen und immer heftiger wurden, gerade weil es eine solche Richtlinie nicht gab.
Die Beziehungen zwischen Österreich und Ungarn – zwei Ländern im Herzen der Europäischen Union – sind zunehmend gespannt, da drei österreichische Lederfabriken ihr industrielles Abwasser in einen Fluss an der österreichisch-ungarischen Grenze einleiten. Dies hat zur Folge, dass der Fluss nun von einer Schaumschicht bedeckt ist. Doch die österreichischen Behörden weisen nach wie vor – ohne mit der Wimper zu zucken – jeden Vorwurf mit dem Hinweis zurück, dass dies im Rahmen der geltenden EU-Rechtsvorschriften erlaubt sei. Sie führen an, dass schließlich jede dieser Fabriken die Abwassergrenzwerte einhalten würde. Dabei verschweigen sie aber schamlos, welch umweltschädliche Auswirkungen die vielen Tonnen an industriellem Abwasser haben, die tagtäglich in diesen Fluss mit seinem niedrigen Wasserstand eingeleitet werden.
Diese Richtlinie trägt endlich der Belastbarkeit von natürlichen Gewässern Rechnung und würde außerdem 70 gefährliche Stoffe, darunter beispielsweise Pestizide, Reinigungs- und Lösungsmittel sowie Schwermetalle, verbieten. Solche Stoffe stellen eine Bedrohung für die Nachhaltigkeit der Ökosysteme und die menschliche Gesundheit dar.
Meine Änderungsanträge, in denen auch das Naphthalinsulfonat, das von den oben erwähnten österreichischen Lederfabriken in den Fluss eingeleitet wird, als gefährlicher Stoff eingestuft wird, fanden im Ausschuss breite Unterstützung. Daher bin ich zuversichtlich, dass sich das Parlament morgen bei der Abstimmung für eine strenge Regelung entscheiden wird. Ich möchte meine Kolleginnen und Kollegen bitten, meine Änderungsanträge und die Abänderungen der Kommission zu billigen. Wir sollten uns auf politischer Ebene um den Schutz der natürlichen Gewässer bemühen, damit sie nicht zu Abwasserkanälen der Industrie verkommen. Und noch etwas: Ich halte den vorgesehenen Zeitrahmen für viel zu lang, denn damit würde die Richtlinie erst im Jahr 2015 in Kraft treten und die direkte Einleitung von Abwasser bzw. Schadstoffen in Oberflächengewässer erst im Jahr 2025 unter Verbot gestellt werden.
Kathy Sinnott (IND/DEM). – (EN) Frau Präsidentin! Ich begrüße diesen Bericht über Umweltqualitätsnormen im Bereich der Wasserpolitik. Allerdings bin ich der Meinung, dass diese Politik nicht umfassend genug ist, um die Probleme, die wir in Irland mit dem Wasserversorgungssystem haben, in den Griff zu bekommen.
In Irland stammt ein Großteil des Trinkwassers aus Oberflächengewässern. Bei nahezu 25 % der öffentlichen Wasserversorgungsquellen des Landes besteht jedoch das Risiko, dass sie durch Kryptosporidien – einzellige Parasiten – verunreinigt werden könnten. Im Jahr 2005 stellte man fest, dass die Wasserversorgung in Galway gefährdet sei. Inzwischen können die Haushalte in Galway schon kein Wasser mehr benutzen. Sowohl in der Stadt als auch in der Grafschaft Galway brechen immer wieder Magen-Darm-Epidemien aus.
Ein weiterer Faktor, der zu den Wasserproblemen in Irland beiträgt, sind die Abwassereinleitungen aus Fabriken wie der Raffinerie „Aughinish Alumina“ in der Grafschaft Limerick. Diese stellt eine der größten Verschmutzungsquellen in der unmittelbaren Umgebung und der Region dar, weil ihre giftigen roten Schlammablagerungen ins Grundwasser durchsickern. In Irland wird dem Trinkwasser außerdem Hexafluorkieselsäure als so genanntes Arzneimittel zugegeben, das zur Prophylaxe von Zahnkaries dienen soll. Es ist jedoch rechtswidrig, eine Zwangsmedikation mit diesem gefährlichen und giftigen Abfallstoff durchzuführen, der für die Zunahme von Knochenkrankheiten verantwortlich ist. Der Zugang zu Trinkwasser ist ein grundlegendes Menschenrecht, eine Notwendigkeit. Wir hoffen, dass diese Richtlinie für qualitativ hochwertiges Trinkwasser in Irland sorgen wird.
Christa Klaß (PPE-DE). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir nun endlich auch über den letzten grundlegenden Rechtsakt beraten, der zu einer umfassenden und vorsorgenden europäischen Wasserpolitik und auch zur Ausführung der Wasserrahmenrichtlinie notwendig ist. Vorsorge ist besser als Nachsorge. Das gilt besonders im Bereich unseres lebensnotwendigen Wassers.
Gemäß der Wasserrahmenrichtlinie ist die prioritäre Stoffliste regelmäßig zu überarbeiten und den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen anzupassen. So erarbeiten wir keine statische bzw. fertige Liste, sondern wir befinden uns in einem dynamischen Prozess, der es möglich machen muss, neue Erkenntnisse und neue Stoffe aufzunehmen. Stoffe werden entwickelt und sie werden verwendet. Die vielen Beispiele, die die Kollegen hier aufgezeigt haben, beweisen das.
Nicht immer können wir sofort alle Auswirkungen eines Stoffes erfassen und bedenken. Als zum Beispiel in den sechziger Jahren die Anti-Baby-Pille auf den Markt kam, war das zuerst einmal ein revolutionärer Erfolg. Später erst stellte sich heraus, dass sich die hormonellen Stoffe in unserem Wasser anreichern. Somit ist eine dauernde Beobachtung notwendig, und so verstehen wir auch die neue Stoffliste im Anhang II. Die Berichterstatterin hat hier die Stoffe, die von den Kolleginnen und Kollegen als gefährlich bzw. eventuell gefährlich bezeichnet wurden, in einem Kompromiss zusammengefasst. Die Kommission wird nun aufgefordert, zu prüfen, was mit diesen Stoffen zu tun ist, und soll dem Parlament dazu einen Vorschlag vorlegen.
Diese Liste versteht sich als reine Auflistung von Stoffen, die geprüft werden sollen. Sie ist weder eine Einstufung, noch eine Vorbewertung einzelner Stoffe, und sie erhebt auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Alle Stoffe müssen wissenschaftlich bewertet werden, und wenn sich heraus stellt, dass sie als gefährlich einzustufen sind, dann sollten sie auch sofort dementsprechend klassifiziert werden. Eine gute europäische Wasserpolitik muss, wenn sie vorsorgend agieren will, immer auch neueste Erkenntnisse und Bewertungen berücksichtigen.
Richard Seeber (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Auch ich möchte mich bei der Berichterstatterin, Frau Laperrouze, für den ausgezeichneten Bericht bedanken. Es ist extrem wichtig, dass wir diese Richtlinie, die die Wasserrahmenrichtlinie vervollständigt, jetzt zeitgerecht vorlegen. Es ist auch von zentraler Bedeutung, ebenso wie die Berichterstatterin darauf hinzuweisen, dass Verschmutzung an der Quelle, an ihrem Ursprung bekämpft werden muss und dass diffuse Verschmutzungsquellen mit gemeinsamen Methoden angegangen werden müssen. Wettbewerbsverzerrungen sollen verhindert und gute Wasserqualitäten in der gesamten Union gewährleistet werden.
Ich möchte auf ein paar Änderungsanträge hinweisen, die meiner Ansicht nach sehr wichtig sind. Insbesondere das absolute Verschlechterungsverbot, auf das Kollege Rübig bereits hingewiesen hat, bringt in der praktischen Umsetzung einige Probleme mit sich. Wir müssen uns fragen, ob es angemessen ist, dass wir es hier statuieren, da ein Wirtschaften dann deutlich erschwert wird. Wir schießen hier teilweise über das Ziel hinaus. Die Beschränkung der Anwendbarkeit von Übergangszonen nur auf das Niedrigwasser stellt ebenfalls eine extreme Erschwernis für die Gewässerbewirtschaftung dar.
Des Weiteren sollten wir noch prüfen, wie die Auswahl der prioritären Stoffe und deren Einstufung wissenschaftlich korrekt durchgeführt werden kann. Es sind hierüber noch einige Studien vorzulegen, damit wir über eine ordentliche wissenschaftliche Basis verfügen, um die damit verbundenen Auflagen rechtfertigen zu können.
Besonders unterstützen möchte ich den Änderungsantrag 75 vom Kollegen Sturdy, der darauf hinweist, dass die technische Durchführbarkeit gegeben sein muss und insbesondere unverhältnismäßige Kosten vermieden werden müssen.
Kollege Olajos hat auf ein bilaterales Problem zwischen Österreich und Ungarn hingewiesen. Meines Wissens ist hierfür bereits eine Kommission eingesetzt worden. Wir sind natürlich besonders daran interessiert, dass dieses Problem gemeinsam ausgeräumt wird.
Miroslav Mikolášik (PPE-DE). – (SK) Ich möchte mich meinen Kolleginnen und Kollegen anschließen und der Berichterstatterin, Frau Laperrouze, ebenfalls für ihre ausgezeichnete Arbeit an diesem wichtigen Dokument danken.
Die Tatsache, dass wir im Europäischen Parlament nun schon seit zwei Jahren über das Thema Wasserreinheit diskutieren, macht deutlich, dass diese Frage ganz oben auf der politischen Agenda steht. Die heutige Aussprache ist sowohl in logischer als auch inhaltlicher Hinsicht mit der Grundwasserrichtlinie verbunden. Ich bin froh, dass das Europäische Parlament und der Rat bei den Erörterungen über die zwei vorherigen Normen zu einer Einigung gelangt sind, obwohl sie ihre Differenzen – wie allgemein bekannt ist – mithilfe eines Konzertierungsverfahrens beilegen mussten. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir als Abgeordnete des Europäischen Parlaments mehr Ehrgeiz an den Tag legen müssen, als dies die Kommission mit ihrem Vorschlag getan hat. So sollten wir einige zusätzliche Einträge vorschlagen, die derzeit noch auf der Liste der besonders gefährlichen Stoffe fehlen. Ich meine damit im Wesentlichen teratogene und krebserzeugende Stoffe sowie Schwermetalle, die in das Oberflächenwasser und sogar bis in das Grundwasser durchsickern, weil in Industriebetrieben mangelhafte Verfahren zur Anwendung kommen. Nicht zuletzt müssen all jene hart bestraft werden, deren Fahrlässigkeit und völlige Gleichgültigkeit dazu führen, dass Benzin, Erdöl und Erdölprodukte in Oberflächengewässer und Grundwasserreservoire durchsickern. Wie das so ist, musste die Slowakei – wie auch die angrenzende Tschechische Republik – die bittere Erfahrung machen, dass ihre Gewässer, einschließlich Grundwasser, während der Stationierung der sowjetischen Streitkräfte, die das Land 21 lange Jahre besetzt hielten, massiv verschmutzt wurden.
Zudem gilt es zu verhindern, dass besonders gefährliche Pestizide, die in der Landwirtschaft übermäßig zum Einsatz kommen und eine direkte Bedrohung für die Gesundheit der Bevölkerung darstellen, ins Grundwasser durchsickern. Bei der Festlegung der Zahl der besonders gefährlichen Stoffe sollten wir allerdings wissenschaftliche Informationen und Untersuchungsergebnisse berücksichtigen, was ihre Gefährlichkeit für den Menschen und andere lebende Organismen betrifft. Deshalb fordere ich die Kommission nachdrücklich zur Erarbeitung eines Gesetzesentwurfs auf, sodass bis spätestens 2015 neue verbindliche Standards in Kraft treten können.
Bernadette Bourzai (PSE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche hier als Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zu dem vorliegenden Vorschlag einer Tochterrichtlinie auf der Grundlage der Wasserrahmenrichtlinie.
Zunächst möchte ich Frau Laperrouze zu der ausgezeichneten Arbeit gratulieren, die sie zu diesem komplizierten und hochtechnischen Thema geleistet hat. Ich bin besonders erfreut über das Abstimmungsergebnis im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, denn zwölf der 21 vom Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung eingebrachten Änderungsanträge sind übernommen worden.
Kurz gesagt, ging es unserem Ausschuss darum, erstens das Vorsorge-, das Vorbeugungs- und das Verursacherprinzip zu betonen; zweitens die Notwendigkeit einer rationellen Nutzung des Bodens im Rahmen einer ökologischen Landwirtschaft hervorzuheben; und drittens durchzuführende ergänzende nationale und gemeinschaftliche Maßnahmen festzulegen, wie die Bestimmung weiterer Schadstoffe oder Überwachungsprogramme für Sedimente und Biota; viertens die Notwendigkeit einer formellen Bewertung der Kohärenz und Wirksamkeit der einzelnen Rechtsakte der Gemeinschaft zur Wasserqualität hervorzuheben; fünftens zu einer Koordinierung der Überwachungsprogramme und der einzelstaatlichen Bestandsaufnahmen im Falle von grenzüberschreitenden Wasserläufen aufzurufen; und schließlich sechstens die Notwendigkeit aufzuzeigen, dass die Mitgliedstaaten ihre Bestandsaufnahme mit einem Zeitplan für die Umsetzung von Zielen zur Reduzierung bzw. Einstellung der Emissionen ergänzen.
Joe Borg, Mitglied der Kommission. – (EN) Frau Präsidentin! Ich freue mich, dass Sie sich in den zur Diskussion stehenden Änderungsanträgen für die Umweltqualitätsnormen aussprechen, die die Kommission vorgeschlagen hat. Auch das neue Konzept der Übergangszonen der Überschreitung und die Bestandsaufnahmen scheinen die Zustimmung des Europäischen Parlaments zu finden. Ich danke Ihnen für diese Unterstützung, denn meines Erachtens bilden diese Elemente die Eckpunkte der vorgeschlagenen Tochterrichtlinie. Darüber hinaus gibt es viele Änderungsanträge, deren Absichten und Ziele ich uneingeschränkt befürworten kann.
Ich möchte zunächst erwähnen, dass mir das potenzielle Risiko, das von einigen der prioritären Stoffe ausgeht, ebenfalls Sorge bereitet. Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit schlägt in den Änderungsanträgen 53 bis 62 vor, dass 11 dieser chemischen Stoffe als neue prioritäre gefährliche Stoffe eingestuft werden sollten. Ich vertrete jedoch die Ansicht, dass wir durch die REACH-Verordnung und andere Gemeinschaftsvorschriften bereits in der Lage sind, diesen Risiken zu begegnen und negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu vermeiden.
Zudem möchte ich betonen, dass ich Ihre Sorge über die zunehmende Zahl neuer Schadstoffe teile, die in unserem Trinkwasser und unseren Badegewässern auftauchen. Der Umweltausschuss schlägt in den Änderungsanträgen 65, 68 und 78 vor, dass in die Liste prioritärer Stoffe noch 30 neue chemische Stoffe aufgenommen werden sollten, die bislang nicht von der Wasserrahmenrichtlinie erfasst werden. Die Kommission arbeitet derzeit an verschiedenen Initiativen, wie der Erhebung neuester Überwachungsdaten zu diesen und anderen Stoffen. Sie wird Ihnen über das Ergebnis dieser Initiativen im Jahr 2008 berichten, wenn auf den Vorschlag der Kommission hin die Überprüfung der Liste der prioritären Stoffe stattfindet.
Drittens gibt es viele Änderungsanträge, in denen eine Verbindung zu anderen einschlägigen Rechtsvorschriften hergestellt wird oder in denen der Kommission zusätzliche Aufgaben und Pflichten auferlegt werden. Obwohl die Kommission – hauptsächlich aus Gründen der Rechtsklarheit – keinen dieser Änderungsanträge akzeptieren kann, befürwortet sie doch in vielen Fällen die ihnen zugrunde liegenden Absichten und Ziele voll und ganz. Sollten weitere Verhandlungen stattfinden, bin ich entschlossen, die vorhandenen Ressourcen der Kommission zu nutzen, um den Bedenken des Europäischen Parlaments, die in diesen Änderungsanträgen zum Ausdruck kommen, Rechnung zu tragen.
Was eine mögliche Rechtskollision zwischen internationalen Übereinkommen, wie dem HELCOM-Übereinkommen, und neuen Rechtsakten betrifft, kann ich Herrn Lax versichern, dass die EU-Vorschriften mit den internationalen Übereinkommen in Einklang stehen werden. Das Parlament erörtert ja gerade die Richtlinie über den Schutz der Meeresumwelt, die die bestehenden regionalen Übereinkommen, wie das HELCOM-Übereinkommen, als wichtigste Umsetzungsplattformen nutzen wird, sodass eine vollständige Übereinstimmung garantiert ist.
Kurzum, im Hinblick auf die vorgeschlagene Tochterrichtlinie freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die Kommission 30 Änderungsanträgen vollständig, teilweise oder im Grundsatz zustimmen kann. Ich werde dem Generalsekretariat des Parlaments eine Liste übermitteln, die den Standpunkt der Kommission zu den Abänderungen enthält(1).
Schließlich wurden während dieser Aussprache zahlreiche zusätzliche Punkte aufgeworfen. Ich versichere Ihnen, dass ich diese aufmerksam zur Kenntnis genommen habe und Ihre Ideen, Standpunkte und Bedenken an Kommissar Dimas weiterleiten werde, der diese zweifelsohne einer eingehenden Prüfung unterziehen wird.
Die Präsidentin. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 22. Mai, statt.
Die Kommission kann 30 Änderungsanträge vollständig, teilweise oder im Grundsatz akzeptieren. Dabei handelt es sich um folgende Änderungsanträge: 1, 3, 4, 7, 8, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 21, 22, 23, 24, 25, 29, 30, 31, 34, 35, 36, 38, 40, 43, 48, 52, 73 und 79.
19. Daphne III: Bekämpfung von Gewalt (Aussprache)
Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die Empfehlung für die zweite Lesung des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass des Beschlusses des Europäischen Parlaments und des Rates zur Auflegung eines Programms zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen sowie zum Schutz von Opfern und gefährdeten Gruppen (Programm DAPHNE III) für den Zeitraum 2007-2013 als Teil des Generellen Programms „Grundrechte und Justiz“ (16367/1/2006 – C6-0089/2007 – 2005/0037(COD)) (Berichterstatterin Lissy Gröner) (A6-0147/2007).
Lissy Gröner (PSE), Berichterstatterin. – Frau Präsidentin! Ich freue mich – wenn auch nicht im vollen Saal – sondern eher in familiärer Atmosphäre, dass wir heute einen guten Tag für die Millionen Frauen, Kinder und Jugendliche haben, die Gewalt erfahren. Wir haben das Programm Daphne zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt und zum Schutz von Opfern für den Zeitraum 2007 bis 2013 als eigenständigen Teil des Rahmenprogramms Grundrechte und Justiz im beschleunigten Verfahren verabschiedet. Das sah nicht von Anfang an so aus, und ich danke Kommissar Frattini, dass er die Argumente des Europäischen Parlaments aufgegriffen und den ursprünglichen Plan, Daphne gemeinsam mit dem Antidrogenprogramm aufzulegen, verworfen hat.
Es ist durch intensive Verhandlungen – auch mit Rat und Kommission – gemeinsam gelungen, ein klares Programm aufzulegen und einer größeren EU mit einem wachsenden Gewaltphänomen ein wichtiges Steuerungselement, Daphne III, zu geben.
Mit der finnischen Ratspräsidentschaft hatte das Europäische Parlament bereits im November 2006 die politische Einigung erzielt. Im Gemeinsamen Standpunkt vom März 2007 hat dann auch der Rat insgesamt die Änderungsanträge aus der ersten Lesung weitgehend übernommen, zwar nicht in jedem Fall wortwörtlich, aber doch dem Sinne nach.
Ich erinnere noch einmal daran, dass gerade das eigene Zuhause der gefährlichste Ort für viele Frauen ist. Misshandlungen durch Ehemänner oder Partner, Väter oder Brüder gehören für Frauen aus allen Mitgliedstaaten zum Alltag. Jede dritte bis vierte Frau hat bereits Formen von körperlicher oder sexueller Gewalt erfahren. Die psychische Dimension ist unbezifferbar. Grenzüberschreitende Phänomene, wie Frauenhandel mit immer jünger werdenden Frauen, Genitalverstümmelungen in der Migrationsbevölkerung, Gewaltverbrechen im Namen der Ehre, Handel mit Kinderpornografie im Internet, homophobe Gewalt: die Liste der Aktionsfelder für das neue Programm Daphne III ist lang und war keineswegs vollständig.
Als Berichterstatterin, die seit Jahren für Daphne kämpft, freue ich mich, dass wir mit dem erhöhten Budget von jetzt 116 Millionen Euro viel mehr NROs erreichen werden. Der Frauenausschuss hat auf mehr Transparenz, den Abbau von bürokratischen Hürden und auf den erleichterten Zugang gerade für die kleineren Organisationen gedrängt.
Es ist uns auch gelungen, den Helpdesk-Dienst aufrechtzuerhalten und den vorhandenen Sachverstand, der in allen Mitgliedstaaten und bei den Partnern über die Grenzen der EU hinaus vorhanden ist, zu bündeln und in einen multidisziplinären Thinktank einfließen zu lassen, um eine bessere Verknüpfung mit unseren politischen Arbeiten zu erzielen. Ich erwarte, dass sich das neu zu gründende Gender-Institut weiterhin diesem Schwerpunkt der Gewaltbekämpfung widmen wird.
Allerdings, Herr Kommissar, müssen zwei Bereiche noch umgehend angegangen werden. Sie hatten uns bei der Debatte in der ersten Lesung des Daphne-Programms auch zugesagt, dass Sie sich um eine Rechtsgrundlage für die Gewaltbekämpfung bemühen werden. Wir befinden uns im Jahr 2007 immer noch in der Situation – und ich finde das untragbar –, dass sich Daphne III auf den Gesundheitsartikel 152 gründen muss. Es wäre angebracht, hier einen Schritt weiterzugehen. Zweitens sollte – und das ist in der Zusatzerklärung des Rates zum Daphne-Programm festgehalten, und auch Kommissionspräsident Barroso hat es uns am 8. März noch einmal zugesagt – eine Initiative für ein Europäisches Jahr zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen gestartet werden. Die Phänomene sind sehr vielseitig. Nach den Erfahrungen, die wir mit einer intensiven Umsetzung von Daphne I und II in allen Ländern bereits sammeln konnten – das österreichische Wegweisungsrecht haben viele umgesetzt und davon profitiert –, werden wir weiterhin dafür kämpfen, dass wir auf europäischer Ebene vom Erfahrungsaustausch profitieren, dass wir nationale Aktionspläne und Gesetzgebungen auf den Weg und in frühere Tabubereiche, nämlich die Tabubereiche der privaten Schlachtfelder, ein bisschen Hoffnungslicht bringen.
Ich empfehle deshalb dem Hohen Haus, Daphne III ohne weitere Änderungen auszudehnen, damit wir schnell zu einer Umsetzung kommen, um dem Terror im Privaten ein Ende zu setzen.
Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Die Bekämpfung jeglicher Formen von Gewalt und insbesondere Gewalt gegen Frauen, junge Menschen und Kinder gehört für mich persönlich und für die Europäische Kommission zu den wichtigsten Prioritäten.
Das DAPHNE-Programm dient der Kommission in der Tat als Schlüsselinstrument, wenn es um die Bekämpfung von Gewalt in Europa und die Unterstützung von Gewaltopfern geht. Seit im Jahr 1997 das erste DAPHNE-Programm aufgelegt wurde, konnten 460 Projekte finanziell unterstützt werden. Dies stellt einen erheblichen Beitrag seitens der EU dar. In diesem Jahr, im Jahr 2007, begehen wir den zehnten Jahrestag des DAPHNE-Programms. Ich bin sehr froh, dass das DAPHNE III-Programm nun kurz vor seiner Verabschiedung steht. Dieses neue Programm wird der Kommission gestatten, ihre Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt auszubauen. Daher war ich – und da bin ich der Berichterstatterin, Frau Gröner, sehr dankbar – von Anfang an dafür, das DAPHNE-Projekt auch weiterhin eigenständig fortzuführen und nicht mit anderen EU-Programmen, wie dem Drogenbekämpfungsprogramm, zu verknüpfen.
Das DAPHNE III-Programm wird von 2007 bis 2013 laufen und – wie die Berichterstatterin erwähnte – über einen Gesamtetat von mehr als 116 Millionen Euro verfügen, was – verglichen mit dem DAPHNE II-Programm – einer Aufstockung um mehr als 50 % gleichkommt. Ich möchte der Berichterstatterin und dem Europäischen Parlament für ihre große Unterstützung während des gesamten Verfahrens danken. Und ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen bei unserem gemeinsamen Kampf gegen Gewalt. Auch habe ich die äußerst interessante Idee zur Kenntnis genommen, ein Europäisches Jahr zur Bekämpfung von Gewalt gegenüber Frauen und Kinder durchzuführen.
Ich möchte lediglich einen Punkt hervorheben. Die Bekämpfung von Gewalt und der Schutz von Frauen und Kindern ist natürlich eine Frage der Sensibilisierung, aber auch eine Frage der Verbesserung der operativen Zusammenarbeit beim Austausch von Informationen. Daher halte ich die Idee eines eigenständigen Forums, wo Ideen und Gedanken ausgetauscht werden können, für äußerst begrüßenswert.
Wir bekräftigen unsere Entschlossenheit – und ich persönlich bekräftige auch meine Entschlossenheit –, nach neuen Möglichkeiten zu suchen, um die Frage der Gewalt gegen Frauen auch auf dem Rechtsweg besser verfolgen zu können. Bislang fällt ja die Rechtsgrundlage hierfür etwas dürftig aus. Aber ich betone nochmals meine persönliche Entschlossenheit, eine bessere Rechtsgrundlage zu finden, um den Spielraum zur Bekämpfung von Gewalt auszudehnen. Bei der ordnungsgemäßen Durchführung des DAPHNE III-Programms werden wir meines Erachtens gute Empfehlungen und Ideen erhalten, die sich in der Praxis umsetzen lassen.
Marie Panayotopoulos-Cassiotou, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Herr Kommissar! Ohne Frage ist es ein Grundrecht der Bürger Europas und jedes Einwohners der Europäischen Union, Freiheit, Sicherheit, Gerechtigkeit und Gesundheitsschutz für sich in Anspruch zu nehmen.
Die tägliche Realität lässt Zweifel an der erfolgreichen Umsetzung dieser Ziele aufkommen, und Gewalt zeigt sich sowohl im privaten Leben als auch an öffentlichen Orten.
Die Ausübung von Gewalt ist zweifellos eine Instinktreaktion, die aber überwunden werden kann, wenn im Bewusstsein eines jeden Menschen die Werte und Prinzipien des Zusammenlebens in einem Rechtsstaat sowie die Auffassung vom Leben und der Würde des Menschen als höchsten, über allen anderen Werten stehenden Gütern, verankert sind.
Als Schattenberichterstatterin für die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten beglückwünsche ich Frau Gröner sowie alle, die an der Formulierung des Gemeinsamen Standpunktes zur Annahme des neuen Programms beteiligt waren. Ich glaube, dass die breite Finanzierung den Ergebnissen von Aktionen aus zehn Jahren erfolgreicher Anwendung der Daphne-Programme und der Initiativen der Mitgliedstaaten zugute kommen wird, die darauf abzielen, Werte in den Mittelpunkt zu stellen, Ausbrüche von Gewalt zu vermeiden und gleichzeitig den Opfern Unterstützung anzubieten.
Meiner Meinung nach versprechen die neue Verbindung im Vorschlag und das Potenzial für die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen auch entsprechende Erfolge. Meine Kommentare beschränken sich auf die Anwendung.
Kombinierte Aktionen auf verschiedenen Ebenen, deren vorrangige Ziele Bildung und Schaffung eines sozialen Gewissens sind, das jede Form von Gewalt ablehnt und das menschliche Leben respektiert, von seiner Entstehung bis zu seinem natürlichen Ende.
Transparenz und ehrliche Bewertung bei der Auswahl von Aktionsplänen, kombinierte Aktionen mit anderen Gemeinschaftsprogrammen und -strategien wie „Fortschritt“ und die künftige Strategie zu den Rechten des Kindes.
Ich hoffe, dass Fortschritte bei der Bekämpfung von Gewalt in der Europäischen Union so schnell erzielt werden, dass es hauptsächlich um Aktionen zur Ausmerzung von Gewalt auf internationaler Ebene gehen wird, wenn eines der kommenden Jahre zum Europäischen Jahr gegen Gewalt erklärt wird.
Christa Prets, im Namen der PSE-Fraktion. – Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Ich möchte eine Klarstellung zur häufig angesprochenen Finanzierung anbringen. Wir sind derzeit 27 Länder und haben eine zwei Jahre längere Laufzeit. Also die 50% Erhöhung, das stimmt so nicht ganz, denn wir wollen ja einen viel größeren Wirkungsgrad erreichen. Trotzdem freuen wir uns, dass das Programm jetzt – wenn auch mit Verspätung – starten kann. Ich denke, dass wir hier dank der Hartnäckigkeit unserer Berichterstatterin einige sehr wichtige Forderungen eingebracht haben und umsetzen konnten, nämlich den Abbau der bürokratischen Hürden, die gesteigerte Transparenz und die Einrichtung des Help Desk.
Was die gemeinsame Erklärung, die Unterstützung für das Jahr gegen Gewalt anbelangt, so handelt es sich hierbei um eine Forderung, die wir ebenfalls schon sehr, sehr lange hier stellen. Ich möchte dringend appellieren, dass wir dies dann auch umsetzen, um alle Felder der Gewalt ein Jahr lang in den Mittelpunkt des politischen Geschehens rücken zu können und um hoffentlich bessere Lösungsansätze, speziell was den Frauen-, Kinder und Menschenhandel anbelangt, zu erreichen.
Anneli Jäätteenmäki, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FI) Frau Präsidentin! Eine wichtige Komponente des Daphne-Programms ist die sexuelle Gewalt und ihre Bekämpfung. Bedauerlicherweise ist der internationale Frauenhandel der drittgrößte graue Wirtschaftszweig in der Welt, gleich nach dem Drogen- und dem Waffenhandel. Schätzungen zufolge liegt der Umsatz des Frauenhandels allein in Europa bei rund 200 Millionen Euro. Das ist eine Menge Geld, und das ist auch eine Sache, die wirklich viele Menschen betrifft. Frauenhandel ist moderne Sklaverei, es ist Sklavenhandel. Wenn wir den Frauenhandel in Europa, etwas, das die Ausmaße der Sklaverei angenommen hat, ausrotten wollen, dann müssen wir wirksame Maßnahmen ergreifen. Untersuchungen besagen, dass gerade einmal eine von vier illegal eingewanderten Prostituierten vorher weiß, dass sie als Prostituierte arbeiten wird. Die anderen wurden belogen oder zur Prostitution gezwungen.
Ich bin froh, dass sich die Kommission und die Europäische Union dieser Angelegenheit angenommen haben, aber sowohl die Europäische Union als auch die Mitgliedstaaten haben noch viel zu tun.
Zweitens möchte ich einige Worte zur Gewalt in Familien sagen. Ich spreche lieber von der Gewalt in der Familie als von der Gewalt gegen Frauen, weil auch wir Frauen leider gewalttätig sein können, und Untersuchungen zeigen, dass Frauen manchmal sogar noch gewalttätiger als Männer sind und dass es, wenn sie einmal damit angefangen haben, keine Grenzen für ihr Handeln gibt. Es ist gut, öffentlich über Gewalt in der Familie zu sprechen, weil das die Wahrscheinlichkeit verbessert, dass Frauen und Männer Hilfe suchen und diejenigen anzeigen, von denen die Gewalttätigkeiten ausgehen. Heutzutage ist es allerdings häufig der Fall, dass sich die Opfer so schämen, besonders wenn der Gewalttäter jemand ist, der einem sehr nahe steht, dass sie sich nicht trauen, darüber zu sprechen. Je mehr darüber gesprochen wird, desto mehr haben die Menschen jedoch den Mut zu sagen, dass sie Opfer von Gewalt geworden sind.
Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Herzlichen Dank an die Berichterstatterin. Wir wissen, dass DAPHNE ein ganz herausragendes Programm ist. Es ist ein zwar kleines, aber erfolgreiches Programm der Europäischen Union. Im Kampf gegen Gewalt an Frauen und Kindern hat es schon entscheidende Fortschritte erzielen können.
Durch DAPHNE macht Europa deutlich, welchen Stellenwert die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen hat. Das Programm DAPHNE muss uns auch immer Mahnung und Ansporn sein, den Kampf gegen die Gewalt an Frauen und Mädchen in den Mittelpunkt zu stellen. In der Europäischen Union wird jede dritte Frau und jedes vierte Kind Opfer häuslicher Gewalt, aber der Kampf gegen die Gewalt steht noch immer nicht an der obersten Stelle der politischen Tagesordnung.
Ich hätte mir daher gewünscht, Herr Kommissar Frattini – ich weiß, Sie hatten sich bei vielen Gelegenheiten hier im Parlament dazu geäußert, und die Berichterstatterin hat es ebenfalls erwähnt –, dass wir eine eigenständige Rechtsgrundlage finden und die Gewaltbekämpfung zentraler in den Vordergrund stellen. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie uns heute einen Zeitplan vorgeben und deutlich machen, wann wir damit rechnen können, dass es eine eigenständige Politik in der Europäischen Union geben wird, damit der politischen Unterstützung auch Taten folgen.
Es ist klar: Die Gewalt gegen Frauen muss gestoppt werden. DAPHNE ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Daher brauchen wir endlich eine Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt. Ich hoffe, dass wir darauf nicht allzu lange warten müssen.
VORSITZ: MIGUEL ANGEL MARTÍNEZ MARTÍNEZ Vizepräsident
Ilda Figueiredo, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Herr Präsident! Ich möchte zu dieser Aussprache drei Anmerkungen machen: Erstens freue ich mich darüber, dass das Programm zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen und zum Schutz von Opfern und gefährdeten Gruppen weiterlaufen wird. Das war eine Forderung, die wir von Anfang an unterstützt haben, und wir begrüßen es sehr, dass dieses Ergebnis erreicht worden ist.
Zweitens möchte ich erwähnen, dass ich darüber enttäuscht bin, dass die Kommission, obwohl die Mittel im Vergleich zu den Vorgängerprogrammen aufgestockt wurden, unseren Vorschlag für eine noch höhere Aufstockung aufgrund der Erweiterung der EU und der fortdauernden gravierenden Probleme der Gewalt gegen Frauen, einschließlich der sexuellen Ausbeutung und des Menschenhandels, nicht vollständig akzeptiert hat.
Drittens möchte ich dazu aufrufen, dass die Kommission schnellstmöglich den Vorschlag vorlegt, den wir im Hinblick auf eine Initiative zu einem neuen Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, Kinder und Jugendliche vereinbart haben.
Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Seit der frühesten Geschichte bis zum heutigen Tage haben die Menschen mit Gewalt und Aggression zu tun. Dies stellt ein ernsthaftes gesundheitliches Problem dar, was nicht nur durch Erkrankungen, Störungen der Persönlichkeit und der Psyche, sondern auch durch Handlungen aus persönlicher Böswilligkeit belegt wird.
Die tieferen Ursachen von Gewalt können bis in die frühe Kindheit zurückverfolgt werden. Dazu beitragende Faktoren sind unter anderen angeborene Eigenschaften, Krankheiten und vor allem eine ungeeignete, ethischer und moralischer Grundsätze verlustig gegangene Erziehung. Eine solche Erziehung fördert die Entstehung von Narzissmus und Ichbezogenheit.
Bemühungen zur Bekämpfung von Gewalt müssen natürlich gegen physische Gewalt gerichtet werden. Sie müssen aber auch auf psychische Gewalt abzielen, die noch schädigender und weiter verbreitet ist. Psychische Gewalt kommt nicht nur im privaten Umfeld und im täglichen Leben vor. Sie ist auch Bestandteil verschiedener Formen von Lobbying und der Ausübung von Druck, die immer häufiger im politischen Bereich auftreten. Finanzmittel müssen für die Gewaltprävention eingesetzt werden, indem auf Empathie basierende Verhaltensformen gelehrt werden, und nicht einfach nur für die Minderung der Auswirkungen von Gewalt.
Lydia Schenardi, im Namen der ITS-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich ganz besonders über die vielen Bemühungen meiner Abgeordnetenkollegen sowie der Kommission, um die Umsetzung und das reibungslose Funktionieren des Daphne-Programms zu gewährleisten, das der Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, Jugendliche und Kinder dient, indem es insbesondere mit einer eigenen Haushaltslinie ausgestattet und sein Haushalt substanziell aufgestockt wird.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit auf eine besonders verabscheuenswürdige Erscheinung zu sprechen kommen, die sich in unseren Gesellschaften immer mehr ausbreitet: die Misshandlung von Säuglingen. So vergeht beispielsweise in Frankreich keine Woche, ohne dass in den Zeitungen unter der Rubrik „Vermischtes“ nicht über einen neuen Fall von Misshandlung oder Aussetzung eines Babys berichtet wird. Diese Entwicklung, die mit der Armut sowie der sozialen und emotionalen Misere, mit der von unseren Gesellschaften ausgehenden inhärenten Gewalt zusammenhängt, aber auch mit einem immer mehr zu Feindseligkeit und Frustration, zu Egoismus und generellem Mangel an Achtung neigenden menschlichen Verhalten, könnte eingedämmt werden, wenn Frauen und Familien in Schwierigkeiten mehr psychologische, aber auch materielle Unterstützung erhielten.
Es ist in der Tat dringend geboten, für diese in Not befindlichen Familien und Frauen präventive Maßnahmen zu ergreifen. Doch müssen diese Maßnahmen auch durch effektive strafrechtliche Sanktionen ergänzt werden. Ob es sich um Vergewaltigungen oder andere Fälle von physischer Gewaltanwendung handelt, die leider oft zum Tod führen, so ist die Palette der Strafen nicht abschreckend genug.
Die Bekämpfung der Gewalt hängt notwendigerweise auch davon ab, wie wir deren Verursacher behandeln. Ich denke dabei an das Internet, wo Perverse und Psychopathen ihren Obsessionen freien Lauf lassen können; ich denke an die Videospiele, in denen Sex und Gewalt an der Tagesordnung sind; ich denke an Drogen und andere psychotrope Substanzen, die den Konsumenten in einen Trancezustand versetzen; ich denke an den Alkohol, der bei übermäßigem Genuss insbesondere durch seine enthemmende Wirkung ungeheure Schäden verursacht.
Die Bekämpfung der Gewalt beginnt mit der Erziehung unserer Kinder und der Zukunft, die wir ihnen bieten wollen.
Edit Bauer (PPE-DE). – (SK) Als vor einigen Jahren in meinem Land gemeinnützige Einrichtungen eine Kampagne gegen Gewalt unter dem Motto „Jede Fünfte Frau” starteten, waren einige Mitglieder der politischen Elite sowie die Öffentlichkeit entrüstet. Sie meinten, dass dies vielleicht auf Österreich zutreffe, aber ganz bestimmt nicht auf die Slowakei. Damals lagen für die Slowakei noch keine Daten zum Thema Gewalt vor.
Aus jüngsten Untersuchungen geht hervor, dass die Lage noch viel schlimmer ist. Denn ungefähr 40 % der Schüler erklärten, dass sie Zeuge oder sogar Opfer von Gewalt gewesen seien. Mein Land ist in dieser Hinsicht wohl nicht besser oder schlechter als seine Nachbarländer. Gewalt ist ein besonders gravierendes soziales Problem, wie der Dialog mit eintausend Kindern und Jugendlichen ergab, der im Zuge der Erarbeitung einer Strategie für Kinderrechte geführt wurde. Eine der ersten Prioritäten, die im Laufe dieser Initiative festgelegt wurden, bezog sich auf Gewalt gegenüber Kindern.
Insofern begrüße ich den Bericht von Frau Gröner, die ihn mit außerordentlichem Engagement vorangetrieben hat. Ich freue mich sehr, dass dieses Programm ein so großer Erfolg geworden ist und nunmehr einen höheren Etat erhält. Es ist jedoch zwingend erforderlich, dass ein besserer Rechtsrahmen geschaffen wird, auf den man sich beim Kampf gegen Gewalt stützen kann. In dem Bericht zum Thema Menschenhandel wird unterstrichen, wie wichtig die Zusammenarbeit und bis zu einem gewissen Punkt auch die Harmonisierung der gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen Rechtsvorschriften ist. Das ist meines Erachtens auch in diesem Fall unabdingbar, und ich begrüße insofern die Bemühungen von Herr Frattini auf diesem Gebiet nachdrücklich.
Ich möchte auch die konstruktive und unentbehrliche Rolle der gemeinnützigen Einrichtungen in diesem Bereich hervorheben. Angesichts dessen würde ich Maßnahmen befürworten, um den gemeinnützigen Organisationen den Zugang zu Fördermitteln zu erleichtern.
Teresa Riera Madurell (PSE). – (ES) Herr Präsident! Gewalt gegen Frauen ist eine Geißel, die keine demokratische Gesellschaft tolerieren darf. Deshalb ist es entscheidend, gegen geschlechtsbezogene Gewalt vorzugehen, wenn wir eine wirklich demokratische, gerechte und solidarische Gesellschaft errichten wollen. Daraus resultiert die Bedeutung dieses Berichts. Ich beginne daher mit einem Glückwunsch an die Berichterstatterin zu ihrer ausgezeichneten Arbeit.
Das Programm DAPHNE ist ein wichtiges Instrument zur Unterstützung von Frauenorganisationen, die gegen geschlechtsspezifische Gewalt kämpfen, und seine Abtrennung vom Drogenpräventions- und -aufklärungsprogramm ließ es noch stärker und öffentlichkeitswirksamer werden.
Das Parlament hat einen echten Erfolg errungen, auch mit der Aufstockung seiner Mittel, der Einbeziehung von Menschenhandel und Zwangsprostitution als Formen der Gewalt und der Erwähnung von Genitalverstümmelungen und Verbrechen im Namen der Ehre.
Meine Damen und Herren, mein Land, Spanien, hat ein Gesetz verabschiedet, das bei der Bekämpfung der geschlechtsbezogenen Gewalt aus allen Blickwinkeln beispielgebend ist. Wir betrachten es als notwendiges Instrument, um diesen Straftaten in einer vernünftigen Frist ein Ende zu setzen.
Aus allen diesen Gründen halte ich es für überaus wichtig, so bald wie möglich einen europäischen Rechtsrahmen zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen einheitlich in allen Mitgliedstaaten zu schaffen. Ich stimme Frau Gröner zu, dass wir dringend Fortschritte in dieser Richtung erzielen müssen.
Inger Segelström (PSE). – (SV) Ich möchte Frau Gröner und dem Kommissar Frattini für ihre ausgezeichnete Arbeit danken. Ich war im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres verantwortlich für die Rücküberweisung an den Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, wo der Bericht hingehört.
Für uns schwedische Sozialdemokraten ist DAPHNE eine Herzensangelegenheit, denn es war die schwedische Kommissarin Anita Gradin, die sich so stark für die Rolle der EU bei der Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen engagiert hatte.
Solange Männer Gewalt gegen Frauen und Kinder ausüben, solange es einen Sexsklavenhandel mit Frauen und jungen Mädchen gibt, solange nicht alle Frauen in der EU das Recht auf freien Schwangerschaftsabbruch haben, solange gegen Frauen in der EU Gewalt im Namen der Ehre ausgeübt wird und solange die Rechte der Frauen in der EU gestärkt werden müssen, werden wir sozialdemokratischen Frauen auch weiterhin für DAPHNE und eine ausreichende Finanzierung dieses Programms kämpfen. Ich bedauere, dass wir keine Unterstützung für die Schaffung eines Netzes der Ombudsleute für Kinder erhalten haben, aber ich werde in dieser Frage noch einmal auf Kommissar Frattini und andere zurückkommen, wenn wir die Strategie für Kinder beschließen. Das Phantastische an DAPHNE ist, dass die Organisationen die Möglichkeit haben, neue Ideen auszuprobieren und sich durch Beispiele guter Methoden inspirieren zu lassen, die wir im Kampf gegen die Gewalt in der gesamten EU nutzen können.
Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (PSE). – (PL) Herr Präsident! Das Programm DAPHNE wurde 1997 aufgelegt. Mit seiner Hilfe konnten inzwischen über 370 Projekte zur Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen, Institutionen und Verbänden finanziert werden, die sich für die Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen einsetzen.
Haushaltsmittel in Höhe von etwa 117 Millionen Euro sind für DAPHNE III eingeplant. Wir müssen es begrüßen, dass der Rat entschieden hat, die meisten Abänderungen des Parlaments aus der ersten Lesung zu akzeptieren, namentlich diejenigen, die auf den Abbau von Bürokratie und die Bereitstellung von technischer Hilfe für Vorschläge abzielen. Es ist zum Teil dem Parlament zu verdanken, wenn die sehr wirksame spezielle Hotline für Gewaltopfer weiter in Betrieb bleiben kann. Außerdem soll eine Expertengruppe geschaffen werden, die Opfern Hilfe leistet und diese berät.
Die Ziele von DAPHNE III verdienen besondere Unterstützung. Sie schließen die Hilfe für eine gemeinsame Politik beim öffentlichen Gesundheitsschutz, bei der Bekämpfung von häuslicher Gewalt, beim Schutz der Rechte von Kindern und bei der Bekämpfung des Menschenhandels ein. In diesem Zusammenhang muss die Europäische Kommission sobald wie möglich den Vorschlag des Parlaments und des Rates über eine mögliche Initiative für ein Europäisches Jahr zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen prüfen.
Abschließend möchte ich der Berichterstatterin, Frau Gröner, danken.
Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 22. Mai, statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142 der Geschäftsordnung)
Zita Gurmai (PSE), schriftlich. – (HU) Gewalt gegen Frauen innerhalb der Familie ist ein ernstes soziales Problem, das mit der strukturell benachteiligten Stellung und der Diskriminierung von Frauen zusammenhängt, die in einer männlich dominierten Gesellschaft leider nach wie vor besteht. Wir reden hier von einem erniedrigenden und ungerechten Phänomen, das – wenn auch in Abstufungen – in allen Ländern und sozialen Schichten anzutreffen ist und negative Auswirkungen auf die Lebensbedingungen und das Alltagsleben von Frauen sowie ihre Teilhabe am Arbeitsmarkt hat. Ich betone: Gewalt von Männern gegen Frauen ist in einer modernen, demokratischen Gesellschaft inakzeptabel!
Aufgrund der früheren Erfolge des Programms DAPHNE steht fest, dass das Programm unbedingt fortgeführt werden muss. Ich halte es für ein herausragendes Ergebnis sowie eine bedeutende Chance, dass das neue Programm nun über mehr als den doppelten Etat verfügt als das vorherige Programm. Daher werden wir noch größere Erwartungen an das Programm knüpfen. Bei der Durchführung des Programms sollte besonderes Augenmerk auf mehr Transparenz, zielorientierte Konzepte und Effektivität gelegt werden. Außerdem sollten wir sicherstellen, dass diese Maßnahmen einen immer größeren Teil der Gesellschaft erreichen.
Beim Kampf gegen dieses zerstörerische Phänomen kommt es entscheidend darauf an, dass das Bewusstsein für dieses Problem geschärft und die soziale Prävention auf sämtliche Bereiche ausgedehnt wird. Was das Thema Gewalt gegen Frauen innerhalb der Familie betrifft, sind leider noch immer keine wirklich zuverlässigen und aussagekräftigen statistischen Daten verfügbar, die in allen Mitgliedstaaten auf einer einheitlichen Grundlage erhoben worden und somit hinreichend vergleichbar wären. Es müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen.
Katalin Lévai (PSE), schriftlich. – (HU) Ich begrüße es, dass die Kommission in einer gemeinsamen Erklärung des Parlaments und des Rates aufgefordert wird, eine Initiative für ein Europäisches Jahr zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen in Betracht zu ziehen.
Ich halte es für einen bedeutenden Durchbruch, dass der Rat bei der Festlegung seines Gemeinsamen Standpunkts den Erfolg des Programms DAPHNE anerkannt und die Fortsetzung des Programms während einer dritten Phase bis Ende 2013 einhellig befürwortet hat. Ein weiteres gutes Ergebnis ist, dass der Etat auf nahezu 117 Millionen Euro aufgestockt wurde, was im Vergleich zu den 50 Millionen für DAPHNE II und den 20 Millionen für DAPHNE I einen großen Schritt nach vorn darstellt.
Meines Erachtens können wir es als gemeinsamen Erfolg betrachten, dass das Parlament bei den Verhandlungen einige seiner Abänderungen erfolgreich verteidigt hat, beispielsweise die Erleichterung des Zugangs für NRO. Eine weitere bedeutende Errungenschaft besteht darin, dass das Parlament sicherstellen konnte, dass der Helpdesk-Dienst fortgesetzt und eine Denkfabrik zur fachmännischen Beratung eingerichtet wird.
Meine eigenen Bemühungen und Initiativen spiegeln sich darin wider, dass eine Einigung über die Erarbeitung einer gemeinsamen Erklärung zum Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen erzielt wurde.
Schließlich möchte ich in meiner Eigenschaft als Sprecherin der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament für Roma-Angelegenheiten darauf aufmerksam machen, dass innerhalb der Roma-Minderheit, die ja oft selbst schutzbedürftig ist, die schwächsten Mitglieder, nämlich Kinder und Frauen, mit einer Vielzahl von Nachteilen zu kämpfen haben. Sie werden am häufigsten zu Opfern von Gewalt, und daher fordere ich nachdrücklich, dass ein Programmschwerpunkt auf ihre Unterstützung und ihren Schutz gelegt wird.
20. Auswirkungen und Folgen der Strukturpolitiken auf den Zusammenhalt der EU (Aussprache)
Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Francisca Pleguezuelos Aguilar im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung über die Auswirkungen und Folgen der Strukturpolitiken auf den Zusammenhalt der EU (2006/2181(INI)) (A6-0150/2007).
Francisca Pleguezuelos Aguilar (PSE), Berichterstatterin. – (ES) Herr Präsident! Ich möchte meine Rede mit einem Glückwunsch an die Europäische Kommission zur Aktualität dieses Initiativberichts beginnen.
Er kam zum richtigen Zeitpunkt, was die vierte Debatte über den Zusammenhalt und die bevorstehende Aussprache über die Revision des Haushalts 2008-2009 der Europäischen Union angeht, da die Kohäsionspolitik wahrscheinlich die größte Haushaltslinie der Europäischen Union sein wird und der Mehrwert dieser Politik für alle klar zu Tage tritt.
Mit diesem Tätigkeitsbericht beabsichtige ich somit, diese Auswirkungen auf vier große Bereiche zu behandeln: den sozialen, den wirtschaftlichen, den territorialen Bereich und den Bereich der Governance, und ich möchte eine Reihe von Vorschlägen unterbreiten, die mehrere Ziele verfolgen.
Zunächst geht es natürlich um die Optimierung der Synergieeffekte zwischen den verschiedenen politischen Maßnahmen der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten.
Es geht auch um die Stärkung der Innovation und der territorialen Dimension des Zusammenhalts.
Ferner wollen wir die Konvergenz der Regionen und die Wirkung der Kohäsionspolitik genauer, mit neuen Indikatoren, messen.
Schließlich werden die Verbesserung der Governance und die stärkere Öffentlichkeitswirksamkeit der Kohäsionspolitik angesprochen, denn unser Ziel besteht darin, den europäischen Bürgerinnen und Bürgern diese Politik näher zu bringen.
Diesbezüglich möchte ich einige der Vorschläge in diesem Bericht besonders hervorheben. Zum einen die Notwendigkeit der Verstärkung der Verwaltungskapazitäten während der Umsetzung der neuen Kohäsionspolitik durch die Schaffung eines Netzwerks anerkannter Ausbilder, um alle Ausbildungsmaßnahmen durchzuführen, auf allen Ebenen, insbesondere auf der lokalen, wo meiner Ansicht nach die größte Arbeit zu leisten ist.
Was die Synergieeffekte zwischen den verschiedenen politischen Maßnahmen angeht, so wird die Kommission in diesem Bericht dringend aufgefordert, neue Wege zur Verbindung der Strukturfonds mit anderen Maßnahmen und anderen Gemeinschaftshilfen zu finden, um die Wettbewerbsfähigkeit, Forschung und Innovation zu fördern.
Dazu wird vorgeschlagen, natürlich neben der Unterstützung bewährter Praktiken und der Messung der Wirkung dieses Fonds, dass ESPON mit den notwendigen Mitteln und Befugnissen ausgestattet wird, um als echte Beobachtungsstelle für bewährte Verfahrensweisen handeln zu können.
Weiterhin streben wir ein territoriales Gleichgewicht zwischen städtischen und ländlichen Gebieten an, und daher wird vorgeschlagen, Anreize für den Austausch bewährter Verfahrensweisen in territorialen Netzwerken zu schaffen und insbesondere Wirtschaftsgebiete zu unterstützen, die weit entfernt von Ballungszentren liegen.
Wir müssen auch am Leitmotiv der territorialen Dimension, dem Polyzentrismus, und natürlich an der Nutzung neuer Technologien arbeiten.
Was die Innovation angeht, ein Faktor, der eindeutig von der Kohäsionspolitik angewendet wird, so regt der Bericht an, den Aho-Bericht anzunehmen, der vorschlägt, mindestens 20 % der Strukturfondsmittel der Förderung von FuE+I zu widmen, die nicht nur für Großprojekte sondern auch für kleinere Projekte und besonders in benachteiligten Regionen verwendet werden sollen.
Da mehr als 90 % des europäischen produktiven Sektors aus kleineren und mittleren Unternehmen besteht, halten wir es ebenso für äußerst wichtig, ihnen den Zugang zu europäischen Beihilfen und Programmen zu erleichtern, insbesondere in Bezug auf die Innovation.
Aus diesem Grund haben wir regionale und lokale Technologieberater vorgeschlagen, die in Verbindung mit den regionalen Projekten und Netzwerken fraglos zu einer größeren Dynamik dieser KMU beitragen werden.
Ich bin sicher, meine Damen und Herren, dass diese und andere im Bericht vorgeschlagene Maßnahmen die Möglichkeit bieten werden, die Sichtbarkeit der Kohäsionspolitik und ihrer praktischen Ergebnisse für die europäischen Bürgerinnen und Bürger zu vergrößern.
Zum Teil aufgrund der jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit etwaigen Auslagerungen in allen Produktionssektoren und in allen Ländern, einschließlich meines eigenen, möchte ich auch bemerken, dass ich drei Änderungsanträge zu meinem Bericht eingereicht habe. Sie unterstreichen und bekräftigen vor allem die bereits festgelegten Maßnahmen in von diesem Parlament angenommenen Entschließungen über Auslagerungen von Unternehmen sowie Wege, die die Gewähr geben sollen, dass Unternehmen, die Gemeinschaftsbeihilfen erhalten, ihre Tätigkeit nicht verlagern. Und vor allem, dass ihnen Sanktionen auferlegt werden, wenn sie es doch tun.
Ich bitte Sie, diese Änderungsanträge zu unterstützen, denn sie wurden, wie ich meine, bereits in diesem Haus diskutiert und angenommen.
Abschließend möchte ich allen Schattenberichterstattern und allen Abgeordneten danken, deren Vorschläge diesen Bericht bereichert haben, und ich hoffe, dass Sie ihn unterstützen werden.
Joe Borg, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Es ist mir eine Freude, hier vor dem Parlament zu erscheinen, um einen Meinungsaustausch über den Bericht von Frau Pleguezuelos Aguilar zu führen, der vom Ausschuss für regionale Entwicklung auf den Weg gebracht wurde. Ich habe mir von meiner Kollegin, Kommissarin Hübner, die heute leider nicht hier sein kann, sagen lassen, dass dieser Bericht – wie auch die vorhergehenden Berichte – wieder einmal ein Beispiel für unsere hervorragende und effektive Zusammenarbeit ist.
Ich teile voll und ganz die Ansicht, dass die Kohäsionspolitik unerlässlich ist, um einerseits die Unterschiede innerhalb der EU abzubauen und andererseits die Kluft zwischen den EU-Regionen und weltweit führenden Volkswirtschaften zu schließen. Die Kohäsionspolitik beruht schließlich auf einem modernen Paradigma der nachhaltigen Entwicklung, das sich wohl am besten als bedingte Unterstützung beschreiben lässt.
Um von dieser Politik zu profitieren, müssen die Mitgliedstaaten eine mittelfristige Strategie für die Mittelverwendung aufstellen und sich mit Geldern aus ihrem Staatshaushalt an EU-Förderprojekten beteiligen. Außerdem müssen sie auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene partnerschaftlich zusammenarbeiten und die Gemeinschaftsvorschriften und die EU-Politik respektieren. Diese Bedingungen haben zur Entstehung eines effizientes Verwaltungssystems geführt, an dem europäische, nationale, regionale und kommunale Behörde beteiligt sind – also ein auf mehreren Ebenen beruhendes Verwaltungssystem.
Darüber hinaus trägt die Kohäsionspolitik – wie in dem Bericht zu Recht hervorgehoben wird – in entscheidendem Maße zum Anstieg der Handelsströme im Binnenmarkt bei und hat somit positive Nebeneffekte außerhalb der Regionen und Länder, in denen diese Politik umgesetzt wird. Wir müssen jedoch zugeben, dass die Wirkung unserer Politik offenbar nicht ausreichend gemessen, erläutert oder gewürdigt wird.
Die Kohäsionspolitik sollte zweifelsohne an vielen verschiedenen Faktoren und nicht nur am BIP gemessen werden, weil dadurch auf kurze und lange Sicht zahlreiche wichtige Aspekte der Auswirkungen der europäischen Kohäsionspolitik unter den Tisch fallen. Der vierte Kohäsionsbericht wird daher eine eingehende Analyse des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts in der Europäischen Union enthalten, wobei eine Vielzahl von Indikatoren herangezogen wird.
Der Schlüssel für den Erfolg der Kohäsionspolitik liegt unter anderem sicherlich darin, dass es sich hierbei um eine integrierte, allumfassende Politik handelt. Die Kohäsionspolitik ist kein Sammelsurium aus sektorspezifischen Maßnahmen, sondern eine Politik, die verschiedene politische Maßnahmen unter dem Dach der Entwicklungsstrategie zusammenführt. Daher kann sie für jede europäische Region bzw. jedes europäische Gebiet maßgeschneiderte Lösungen bieten. Zugleich stellt sie eine neue politische Initiative dar, die in erheblichem Maße von der Koordinierung und von Synergien mit anderen gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen Politiken abhängt.
Damit wäre ich beim Zusammenhang zwischen der Strategie für Wachstum und Beschäftigung und der Kohäsionspolitik angelangt. Noch in diesem Jahr muss jeder Mitgliedstaat darlegen, wie die Kohäsionspolitik zur Umsetzung seines nationalen Reformprogramms beiträgt. In ihrem jährlichen Fortschrittsbericht für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates wird die Kommission außerdem die Fortschritte zusammenfassen, die bei der Umsetzung der EU-Prioritäten „Förderung der Wettbewerbsfähigkeit“ und „Schaffung von Arbeitsplätzen“ und insbesondere im Hinblick auf die Erreichung der Ziele der integrierten Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung für den Zeitraum 2005-2008 erzielt wurden. Des Weiteren haben wir das Verfahren der Vormerkung von Mitteln eingeführt, damit der Großteil der Mittel, die für die Kohäsionspolitik zur Verfügung stehen, in Schlüsselbereiche der Lissabon-Strategie investiert wird.
Bekanntlich ist die Programmplanungsphase noch nicht abgeschlossen. Doch anhand der verfügbaren Daten können wir bereits sagen, dass sich die stärkere strategische Ausrichtung der Kohäsionspolitik und die Fokussierung auf die Schaffung von Arbeitsplätzen bereits als Erfolg erwiesen haben. Zwischen 2007 und 2013 werden immerhin 200 Milliarden Euro in prioritäre Bereiche der Lissabon-Strategie investiert. Wenn man dann noch die nationalen Kofinanzierungsmittel und die privaten Gelder hinzunimmt, die bei Maßnahmen im Rahmen der Kohäsionspolitik fließen, dann könnte sich dieser Betrag gut und gerne verdoppeln. Vergleichen Sie das einmal mit den 150 Milliarden Euro für den Zeitraum 2000 bis 2006!
Für den neuen Planungszeitraum 2007-2013 haben wir außerdem die Koordinierungsmechanismen innerhalb der Kommission ausgebaut, sowohl was die Programmplanungsdokumente als auch den täglichen Arbeitsablauf betrifft. In gewisser Weise ist die Vorbereitung auf den Programmplanungszeitraum 2007-2013 zu einem Schnittpunkt verschiedener EU-Prioritäten geworden. Nehmen Sie beispielsweise die Bereiche Forschung und Entwicklung sowie Innovationen. Auf EU-Ebene wurden neue Synergien zwischen der Kohäsionspolitik, dem siebten Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung und dem Programm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation geschaffen. Im Rahmen der beiden letzten Programme wird den besonderen Gegebenheiten der Regionen mit Entwicklungsrückstand fortan besser Rechnung getragen. Die Kohäsionspolitik wiederum wird einen größeren Beitrag zur Finanzierung von Maßnahmen im Bereich Forschung und Entwicklung sowie Innovationen leisten.
Die Dienststellen der Generaldirektion Regionalpolitik arbeiten gemeinsam mit denen von Herrn Potočnik momentan an einer Mitteilung, die Informationen und Ratschläge zu der Frage bieten soll, wie die Ressourcen der Kohäsionspolitik und der FTE-Politik gebündelt werden können, um ihre jeweilige Wirkung zu erhöhen. Die Verabschiedung der Mitteilung ist für Juli geplant.
Nathalie Griesbeck (ALDE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Haushaltsausschusses. – (FR) Herr Präsident! Ich danken Ihnen, dass Sie mir in meiner Eigenschaft als Verfasserin der Stellungnahme des Haushaltsausschusses das Wort erteilt haben. Unser Ausschuss hat in der Tat seine Stellungnahme zu den Auswirkungen und Folgen der Strukturpolitiken auf den Zusammenhalt der EU einstimmig angenommen.
Es ist hier wohl nicht erforderlich, lang und breit darauf hinzuweisen, dass diese Politiken der höchste Ausdruck der Solidarität der europäischen Menschen sind. Praktisch tragen diese Politiken ganz augenscheinlich zu einer schrittweisen Angleichung des Lebensstandards der Europäer durch wirtschaftliche Hebeleffekte bei, doch ist festzustellen, dass es an gemeinsamen Indikatoren fehlt, mit denen ihre tatsächlichen Auswirkungen gemessen werden können. Unser Parlament, das – wie ich in Erinnerung bringen möchte – Teil der Haushaltsbehörde ist, muss über solche Indikatoren verfügen können, um eine bestmögliche Nutzung der Haushaltsressourcen zu gewährleisten und auch um die Kontrolle der Haushaltsausführung zu verbessern.
Daher möchte ich hier nochmals die Notwendigkeit der Schaffung eines – allen Mitgliedstaaten gemeinsamen – Messinstruments auf Grundlage der verschiedenen Indikatoren hervorheben, die – wie der Herr Kommissar soeben darlegte, dessen Ausführungen ich voll unterstütze – nicht nur das Wirtschaftswachstum, selbstverständlich die Arbeitslosigkeit, den Grad der Ausstattung mit Infrastrukturen, das Niveau von Forschung und Innovation, sondern auch Faktoren der Lebensqualität wie Lebenserwartung, Geburtenrate oder die Höhe der Arbeitsentgelte unserer Mitbürger berücksichtigen würden. Auf diese Weise könnte der Hebeleffekt für das Wohlergehen aller Europäer wirksam verbessert werden.
Ambroise Guellec, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als Schattenberichterstatter der PPE/ED-Fraktion möchte ich zunächst die sehr hohe Qualität des Berichts unserer Kollegin Pleguezuelos Aguilar würdigen. Gleichzeitig möchte ich zum Ausdruck bringen, welche Freude mir die gemeinsame Arbeit an diesem Bericht gemacht hat. Ich denke, die Berichterstatterin hat bereits das Wesentliche gesagt, sowie auch Frau Griesbeck, deren Ausführungen ich voll und ganz unterstütze. Ich meinerseits möchte Ihre Aufmerksamkeit lediglich auf vier Punkte lenken.
Erstens muss die Lage in der Tat richtig bewertet werden können, und dazu dürften die bereits erwähnten Indikatoren wesentlich sein. Gegenwärtig verfügen wir nur über das BIP, das wirklich nicht ausreichend ist.
Zweitens müssen wir auch die neuen territorialen Herausforderungen ordnungsgemäß einbeziehen, mit denen wir bereits konfrontiert sind. Damit meine ich die Bevölkerungsalterung, die Energie, den Klimawandel, aber auch die Agrarpolitik, die zweifellos die Kohäsionspolitik beeinflusst.
Drittens werden die Strukturpolitiken sehr bald das größte EU-Budget darstellen. Daher ist ein integrierter Ansatz, der nicht nur die anderen Unionspolitiken, sondern auch die der Mitgliedstaaten einbezieht, von äußerster Wichtigkeit.
Zum vierten Punkt, Herr Kommissar, besteht meiner Meinung nach noch ernsthafter Gesprächsbedarf. Es handelt sich um die Strukturpolitik und die Lissabonner Strategie. Natürlich muss die Strukturpolitik zur konkreten Umsetzung und zum Erfolg der Lissabonner Strategie beitragen, doch müssen wir dabei auf eine ausgewogene Entwicklung unserer Territorien achten. Für mich ist vollkommen klar, dass die Lissabonner Strategie an sich kein Faktor der Ausgeglichenheit ist, und daher müssen wir auf diesen Aspekt sehr sorgfältig achten. Wir werden sehr bald wieder Gelegenheit haben, über diese Frage zu sprechen, nämlich wenn dem Parlament der vierte Kohäsionsbericht übermittelt wird und wir darüber beraten, wie diese Politik künftig weiterentwickelt werden soll.
Constanze Angela Krehl, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst ganz herzlich bei der Berichterstatterin für die sehr engagierte Arbeit und für den guten Bericht bedanken, den sie vorgelegt hat.
Dieser Bericht gehört – wie auch einige andere, die wir zurzeit im Ausschuss für regionale Entwicklung behandeln – zu den Bausteinen der zukünftigen Struktur- und Kohäsionspolitik. Zukünftig heißt: Wir werden das in der Halbzeitbewertung 2009 überprüfen, aber wir werden 2014 mit einer Neugestaltung der Kohäsionspolitik beginnen müssen, die wir heute schon vorzubereiten haben.
Ich bin Frau Pleguezuelos Aguilar sehr dankbar, dass sie drei wichtige Punkte wieder in die Debatte eingebracht und verstärkt hat. Eine Herausforderung des 21. Jahrhunderts ist zweifelsohne die Frage der Wettbewerbssituation der gesamten Europäischen Union. Wie die Berichterstatterin zu Recht sagt, ist dabei die Entwicklung von Forschung und Technologie ein wesentliches Element, das natürlich auch im Bereich der Kohäsionspolitik die Grundlage für die Entwicklung – gerade auch der schwächer entwickelten Regionen – sein muss.
Die Frage der territorialen Zusammenarbeit ist ein zweiter Punkt, den wir gerade in einer Europäischen Union mit jetzt 27 Mitgliedstaaten noch stärker in das Zentrum unserer Politik stellen müssen. Gerade die Stadtzentren und die Frage, wie die Stadtzentren mit den ländlichen Regionen umgehen, sind eine Herausforderung, der wir uns in den nächsten Jahren intensiver stellen müssen.
Das dritte Problem, das Frau Pleguezuelos Aguilar angesprochen hat – und bei dem ich sie voll unterstütze –, ist, dass wir für die Regionen viel mehr tun müssen als bisher, die von Abwanderung betroffen sind und aus denen junge Menschen weggehen, weil sie dort keine Chancen mehr für sich sehen. Die Frage der gesamten demografischen Entwicklung in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist eine völlig neue Herausforderung an die Kohäsionspolitik. Zu Recht spricht die Berichterstatterin auch das Problem der Migration an.
Lassen Sie mich eine persönliche Bemerkung ganz am Schluss machen: Liebe Paca! Ich freue mich, dass du heute noch einmal hier sein und an der Debatte zu deinem Bericht teilnehmen kannst. Ich spreche im Namen unserer ganzen Fraktion, wenn ich dir für die nächsten Tage und die nächste Woche ganz viel Kraft und Energie wünsche, damit du mit guter Gesundheit und neuem Elan wiederkommst, um die Arbeit hier weiterzumachen.
Mojca Drčar Murko, im Namen der ALDE-Fraktion. – (SL) Die Koordinierung der Bemühungen im Bereich der Strukturpolitiken wird für die Verwaltung jener Länder, die der Europäischen Union 2004 und später beigetreten sind, eine große Herausforderung sein. Es liegt im Interesse aller, dies so reibungslos wie möglich zu gestalten.
Wenn wir am Ende der Haushaltsperiode vom Erfolg der integrierten europäischen Strukturpolitik sprechen wollen, müssen wir die Kommunikation zwischen den verschiedenen Parteien sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene anregen, den Erfahrungsaustausch fördern und die Menschen dazu anhalten, von guten Beispielen zu lernen. Die Berichterstatterin schlägt Indikatoren vor, um einzelne Praktiken miteinander vergleichen zu können. Unsere Fraktion glaubt auch, dass die für Innovation vorgesehenen Mittel aus Strukturfonds für die Erreichung der Entwicklungsziele der gesamten Europäischen Union entscheidend sein werden.
Die Orientierung auf erneuerbare Energien ist ein Bereich, in dem nationale Entwicklungsinteressen und die Ziele der Gemeinschaft zusammenfallen. Zudem erfordert die nachhaltige Entwicklung von Städten koordiniertes Nachdenken über den Einsatz verschiedener strukturpolitischer Instrumente, da hierbei zahlreiche Ziele berührt werden, vom Wohnen über Beschäftigung bis hin zur Abfallwirtschaft als einem besonderen Aspekt der Einstellung zu natürlichen Ressourcen.
Wir stimmen der Berichterstatterin zu, die Indikatoren zur Messung von Fortschritten müssen so gewählt sein, dass man bei der Umsetzung von Strukturpolitiken angeregt wird, in verschiedenen Bereichen nach Synergien zu suchen. Die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere in der Gruppe der Kleinunternehmen, ist einer der möglichen Synergieeffekte, die genau beobachtet und analysiert werden müssen.
Abschließend möchte ich der Berichterstatterin, Frau Pleguezuelos, für ihre erfolgreiche Arbeit danken.
Mieczysław Edmund Janowski, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Der Ausschuss für regionale Entwicklung hat kürzlich mehrere wichtige Initiativberichte vorgelegt. Heute nun sollen wir das von Frau Pleguezuelos Aguilar erarbeitete Dokument erörtern. Ich möchte ihr bei dieser Gelegenheit öffentlich für ihre Arbeit danken.
Wir haben bereits sehr viel über Kohäsion innerhalb unserer Gemeinschaft gesprochen. Im Kern bedeutet Kohäsion das Ausgleichen von Unterschieden zwischen den reichsten und den ärmsten Regionen. Die Umsetzung dieser Politik ist stets mit Solidarität innerhalb der Union verknüpft. Das sollte man nicht vergessen, und dabei ist auch zu bedenken, dass im Rahmen der laufenden Finanziellen Vorausschau 310 Milliarden Euro für die Regionalpolitik bereitgestellt werden. Das entspricht fast 36 % der Aufwendungen der Union. Dies ist das Geld unserer Steuerzahler und muss so vernünftig wie möglich eingesetzt werden.
Es ist deshalb angebracht zu unterstreichen, wie nützlich es ist, eine integrierte Strukturpolitik zu gestalten, indem die Wirkungen von Maßnahmen im Rahmen der Strukturfonds und der Kohäsionsfonds mit anderen Bereichen der Politik der Union verknüpft werden. In seiner Rede an das Hohe Haus bezog sich der Herr Kommissar auf die wissenschaftliche Forschung und das Siebte Rahmenprogramm. Eine umfassende Zusammenarbeit zwischen den Institutionen der Union, den Mitgliedstaaten und den regionalen Behörden muss gewährleistet werden. Das schließt ein, die besonderen Umstände einzelner Regionen anzuerkennen und sowohl wirtschaftlich rückständige Gebiete als auch Gebiete mit schwierigen geografischen und sozialen Bedingungen zu berücksichtigen.
Es geht nicht darum, allen die gleichen Anteile zu geben, sondern Chancengleichheit für alle zu fördern, namentlich beim Zugang zu Bildung, bei der Gesundheitsfürsorge und im Umweltschutz. Eine solche Gleichbehandlung muss auch für die Behinderten gelten.
Hervorgehoben werden sollte die Erreichung einer harmonischen Entwicklung städtischer Gebiete, in denen etwa 80 % der Bevölkerung der Union leben. Geeignete Maßnahmen sind auch in den ländlichen Gebieten erforderlich, um zu gewährleisten, dass die Lebensbedingungen dort sich nicht wesentlich von denen in den Städten unterscheiden.
Außerdem muss das Hohe Haus Fragen der Familie und der Familienpolitik im breiteren Aktionsprogramm der Union berücksichtigen.
Ich freue mich, dass wir uns der Vorzüge interregionaler und grenzüberschreitender Zusammenarbeit bewusst sind. Eine auf Solidarität fußende Politik des Ausgleichs ist vonnöten, zusammen mit einer ebenfalls auf Solidarität bauenden nachhaltigen Entwicklungspolitik.
Wir müssen auch noch eine praktische Frage stellen: Mit welchem Indikator kann man Kohäsion am besten bewerten? Es ist richtig, dass wir uns nicht ausschließlich auf das Pro-Kopf-BIP beschränken.
Ich bin ganz sicher, dass dieser Bericht viel mehr bewirken wird, als einfach nur eine interessante Debatte zu beleben. Er wird es möglich machen, aus der bisherigen Erfahrung und der besten Praxis bezüglich der tatsächlichen ökonomischen, sozialen, territorialen und kulturellen Kohäsion Europas Nutzen zu ziehen. Das kann nur gut sein.
Pedro Guerreiro, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Wir möchten im Zusammenhang mit den Initiativberichten, die das Parlament im Vorfeld des Erscheinens des vierten Kohäsionsberichts und der Aussprache über den Gemeinschaftshaushalt 2008-2009 zur Zukunft der Strukturpolitik der EU vorgelegt hat, unseren Standpunkt bekräftigen, dass das Ziel der regionalen Entwicklungspolitik unserer Auffassung nach darin bestehen sollte, sich als das wichtigste Instrument für eine wirksame Verringerung der regionalen Ungleichgewichte und eine echte Konvergenz zwischen den einzelnen Ländern durch Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum herauszukristallisieren.
Dazu müssen der Umverteilungscharakter des Gemeinschaftshaushalts garantiert und gestärkt sowie die Mittel für die Kohäsion aufgestockt werden, und die Kohäsion muss Vorrang vor allen anderen Zielen, auch den in der Lissabon-Strategie verankerten Zielen, haben.
Daher sind wir gegen alle Versuche, die Mittelvergabe im Rahmen der künftigen Kohäsionspolitik von der Umsetzung so genannter sachdienlicher nationaler strategischer Entwicklungspolitiken abhängig zu machen, wie es im vorliegenden Bericht steht. Wir sind auch dagegen, dass die Mittelvergabe im Rahmen der Kohäsionspolitik an wirtschaftliche Leistungskriterien geknüpft wird, die auf Gemeinschaftsebene als zusätzliches Druckmittel gegen die Mitgliedstaaten in Bezug auf die Art und Weise, wie sie ihre Wirtschafts- und Sozialpolitiken gestalten, festgelegt werden sollen. Das würde an sich schon eine doppelte Bestrafung für die wirtschaftlich weniger entwickelten Länder bedeuten.
Jan Olbrycht (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Frau Pleguezuelos Aguilar zu dem Bericht gratulieren, der sich mit der wichtigen Frage der Effektivität der strukturpolitischen Maßnahmen befasst.
Die Kohäsionspolitik der Europäischen Union basiert auf strukturpolitischen Maßnahmen und ist ein ständiges, fortlaufendes Element der Politik der Europäischen Union, wenngleich sich Inhalt und Methoden im Laufe der Zeit ändern. Es ist angebracht zu unterstreichen, dass die Lissabon-Strategie gerade eine solche zeitweilige Übergangspolitik darstellt. Kohäsionspolitik ist aber eine ständige und fortlaufende Politik der Europäischen Union.
Kohäsionspolitik ist effektiv, wenn sie ihre Ziele erreicht und damit den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt stärkt. Ihre Effektivität hängt von mehreren Faktoren ab.
Erstens ist es wesentlich, die Komplementarität einzelner Politiken der Europäischen Union zu gewährleisten, sowohl der Gemeinschafts- als auch der nationalen Politiken, die auf Unionsebene koordiniert werden.
Zweitens sollte die Kohäsionspolitik den laufenden Entwicklungserfordernissen der Europäischen Union angepasst werden, z. B. der Verringerung der Diskrepanzen zwischen Regionen im Hinblick auf die Entwicklung einer wissensbasierten Wirtschaft und das Innovationstempo.
Drittens müssen sich öffentliche Behörden aller Art der Umsetzung der Kohäsionspolitik verpflichtet fühlen. Frau Pleguezuelos Aguilar ist deshalb dafür zu loben, dass sie auf so viele nationale, regionale und lokale Behörden eingegangen ist. Für eine effektive Kohäsionspolitik ist ein Mehrstufen-Management unabdingbar.
Die Debatte zu diesem Bericht fällt mit der Präsentation des Vierten Fortschrittsberichts der Europäischen Kommission über Kohäsion zusammen. Sie stellt eine nützliche politische Empfehlung für die Analyse der in dem Bericht enthaltenen Daten und für die Ableitung von Schlussfolgerungen dar, die auf den darin enthaltenen Analysen basieren.
Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (UEN). – (PL) Ich möchte auf die folgenden Fragen zur neuen Kohäsionspolitik aufmerksam machen.
Erstens: Während der laufenden Programmperiode ist die Kohäsionspolitik für die neuen Mitgliedstaaten besonders wichtig, weil der größte Teil der Mittel aus den Strukturfonds diesen Ländern zugewiesen werden.
Zweitens: Die neuen Mitgliedstaaten haben sich im Rahmen ihrer Entwicklungsstrategien ehrgeizige Ziele gesetzt. So ist z. B. eines der Ziele, das sich Polen in seinem nationalen strategischen Referenzrahmen gesetzt hat, die Erhöhung der Beschäftigungsrate von gegenwärtig 50 auf 60 %.
Drittens: Wichtig ist es, eine territoriale Dimension von Kohäsion zu erreichen und vor allem die Verringerung des Ungleichgewichts in der Entwicklung von städtischen und ländlichen Gebieten anzustreben.
Viertens: Neue Indikatoren sind erforderlich, um die Wirkung von Maßnahmen der Kohäsionspolitik bewerten zu können. Das Pro-Kopf-BIP allein reicht dazu nicht aus. Sehr oft passiert es, dass das BIP-Niveau in einem besonderen Gebiet dem EU-Durchschnitt nahe kommt, obgleich viele Teile desselben Gebiets erheblich unterentwickelt sind. Dies ist in Masowien der Fall, der Woiwodschaft, aus der ich stamme.
Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Zunächst einmal möchte ich dem Parlament für diese Aussprache und den Abgeordneten für ihre Beiträge danken.
Gestatten Sie mir, zwei Anmerkungen zu machen. Erstens: Es stimmt schon, dass die Kohäsionspolitik recht gut funktioniert, aber wir müssen sie noch stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken und mehr Informationen über ihre Ergebnisse verbreiten. Wir haben unsere Kommunikationsstrategie bereits ausgebaut, um mehr Aufmerksamkeit auf die ergriffenen Maßnahmen zu lenken. Außerdem zählt die Kommission darauf, dass uns die Abgeordneten des Europäischen Parlaments bei unseren Kommunikationsbemühungen auf nationaler und regionaler Ebene unterstützen. Insofern ist die Kommission offen für jegliche neue Ideen Ihrerseits.
Zweitens: Die Globalisierung bringt neue Herausforderungen mit sich, bietet aber auch Chancen. Daher sollte es die Kohäsionspolitik verstehen, die einen zu bewältigen und die anderen zu nutzen. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass sich unsere Arbeitskräfte an neue Herausforderungen anpassen können, sodass die wirtschaftliche Umstrukturierung kontinuierlich und ohne großen Aufwand vonstatten geht, ohne dass sich in räumlicher und zeitlicher Hinsicht negative Folgen ergeben.
Des Weiteren müssen wir sichern, dass in den Konzepten für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Regionen auch Fragen wie Überalterung der Bevölkerung, Migrationsströme, Klimawandel, Energieversorgung und schärferer Wettbewerb auf den Handelsmärkten angemessen Rechnung getragen wird. Wir sollten aber nicht allzu pessimistisch sein: Es gibt viele Regionen in der Union, die zu den wettbewerbsfähigsten und innovativsten Regionen der Welt zählen und denen die Globalisierung durchaus zugute kommt. Dies hat man dadurch erreicht, dass in die Vermittlung neuer Qualifikationen investiert, neue Talente gefördert bzw. angeworben sowie Netzwerke und Cluster unterstützt wurden.
Wenn die Union auf diese Erfolge und Entwicklungsstrategien aufbaut, dann kann sie auch ihr gesamtes Potenzial ausschöpfen und eine nachhaltige Wirtschaft mit hohen Wachstumsraten aufbauen.
Was die Bedeutung von Forschung und Entwicklung betrifft, möchte ich betonen, dass das Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung im Laufe der Zeit weiterentwickelt wurde und nun auch spezifische Maßnahmen zugunsten einzelner Regionen, insbesondere der Regionen mit den geringsten Kapazitäten für Forschung und Entwicklung, umfasst. Des Weiteren haben wir erkannt, wie wichtig eine einheitliche Herangehensweise der EU an Innovationen ist, indem auf einen Mix von Instrumenten aus der Forschungs- und Entwicklungspolitik und der Kohäsionspolitik zurückgegriffen wird. Im Rahmen der Kohäsionspolitik wurden wiederum die Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie Innovation beträchtlich aufgestockt – auf nahezu 50 Milliarden Euro für 2007-2013 –, damit sämtliche EU-Regionen genügend Kapazitäten haben, um beim Zugang zum Rahmenprogramm mithalten zu können.
Im Hinblick auf die Frage der neuen Indikatoren möchte ich unterstreichen, dass der Rahmen für die Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2007 bis 2013 festgelegt wurde. Am 7. Juni 2007 wird Kommissarin Hübner im parlamentarischen Ausschuss für regionale Entwicklung den vierten Kohäsionsbericht vorstellen.
Abschließend möchte ich Ihnen versichern, dass ich Ihre Vorschläge, Ideen und Bedenken aufmerksam zur Kenntnis genommen habe und diese an Kommissarin Hübner weiterleiten werden, die sie zweifelsohne eingehend prüfen wird.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 22. Mai, statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142 der Geschäftsordnung)
Margie Sudre (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Die Kohäsionspolitik, die zum größten Posten des EU-Haushalts werden wird, muss die Maßnahmen der Strukturfonds besser mit den anderen Gemeinschaftsposten abgleichen, um die Synergieeffekte mit dem Ziel zu erhöhen, die Wettbewerbsfähigkeit, die Forschung und Innovation in unseren Regionen zu fördern.
Die in den Regionen in extremer Randlage durchgeführten strukturpolitischen Maßnahmen hätten eine noch größere Wirkung, wenn die Union größere Flexibilität an den Tag legen und sich bereit finden würde, erforderlichenfalls gewisse „Gemeinschaftsdogmen“ aufzugeben und die besonderen Bedingungen dieser Regionen mehr zu beachten, deren Territorien nur eine geringe Größe aufweisen, fernab vom Binnenmarkt liegen und regelmäßig von Naturkatastrophen heimgesucht werden.
Mittels einer Analyse des Multiplikatoreffekts der Strukturfonds im Hinblick auf die Anziehung von privaten Investitionen muss es möglich werden, die Zusammenarbeit zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor zugunsten einer nachhaltigen, polyzentrischen und ausgewogenen Entwicklung des Unionsgebiets zu verstärken.
In diesem Sinne muss die EU-Strukturpolitik den Initiativgeist stimulieren, damit in den Regionen in extremer Randlage Exzellenzzentren entstehen, wobei sie sich auf die Bereiche stützen muss, die ihre Vorteile und ihr Know-How bestmöglich nutzen, wie beispielsweise Abfallwirtschaft, erneuerbare Energien, Mobilität der Studierenden, Forschung im Klimabereich oder Krisenmanagement.
21. Partnerschaftliches Fischereiabkommen EG/Dänemark und Grönland (Aussprache)
Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Joop Post im Namen des Fischereiausschusses über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates über den Abschluss des partnerschaftlichen Fischereiabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Regierung Dänemarks und der Autonomen Regierung Grönlands andererseits (KOM(2006)0804 – C6-0506/2006 – 2006/0262(CNS)) (A6-0161/2007).
Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte zunächst einmal Herrn Maat, der mit der Arbeit an diesem Thema begann, und dem Berichterstatter, Herrn Post, für ihre ausgezeichnete Arbeit danken.
Wie Ihnen bekannt ist, hat die Kommission am 2. Juni 2006 im Namen der Gemeinschaft und Grönlands ein neues partnerschaftliches Fischereiabkommen paraphiert, dem drei lange und schwierige Verhandlungsjahre vorausgingen. Das Abkommen trat am 1. Januar 2007 für einen Zeitraum von sechs Jahren in Kraft. Laut einem Beschluss des Rates vom 21. Dezember 2006 erfolgt zunächst eine vorläufige Anwendung des Abkommens.
Bevor ich einen kurzen Überblick über das neue partnerschaftliche Fischereiabkommen mit Grönland gebe, möchte ich noch kurz auf einige Punkte des vorherigen Abkommens eingehen, das seit dem Austritt Grönlands aus der EU im Jahr 1985 bestand. Kurz nachdem das Vierte Protokoll am 1. Januar 2001 in Kraft trat, übten der Rechnungshof und das Parlament scharfe Kritik an den Protokollen zum Fischereiabkommen mit Grönland. Die Gründe hierfür waren die Aufnahme von „Papierfisch“, der Ausschluss von Zahlungen an die Reeder und mangelnde Transparenz. Daraufhin erklärte die Kommission, dass im Rahmen der Halbzeitbewertung des Vierten Fischereiprotokolls mit Grönland Anpassungen notwendig seien, um eine klarere Trennung zwischen dem finanziellen Ausgleich für die Fangmöglichkeiten und der finanziellen Unterstützung für die Entwicklung des grönländischen Fischereisektors zu treffen. Die Überprüfung des Vierten Protokolls führte zu einer Aufspaltung der Mittel, wobei 25 % der Zuschüsse für die finanzielle Unterstützung des Fischereisektors vorgesehen wurden. Beschlossen wurden außerdem der Ausschluss des „Papierfisches“, die Festsetzung realistischer Fangquoten, die Einführung von Lizenzgebühren sowie die jährliche Durchführung wissenschaftlicher Bewertungen der Quoten. Diese wichtigen Änderungen wurden auch in das neue Abkommen eingearbeitet. So hat die Kommission bei den entsprechenden Verhandlungen auf der Festsetzung realistischer Fangquoten, der Streichung des „Papierfisches“, der Beibehaltung und sogar Erhöhung der Zahlungen an die Reeder und der Aufstellung eines von der EU finanzierten, klaren sektoralen Fischereiprogramms bestanden.
Ein weiteres Ergebnis der Halbzeitbewertung waren die Schlussfolgerungen des Rates vom Februar 2003, in denen der Rat erklärte, dass die künftige Zusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft und Grönland auf zwei getrennte Säulen gestützt würde: eine Regelung über eine erweiterte Zusammenarbeit in anderen Bereichen als der Fischerei und ein Fischereiabkommen. Diese erweiterte Regelung würde die Form eines Ratsbeschlusses und einer gemeinsamen Erklärung erhalten und vorsehen, dass Grönland jährlich 25 Millionen Euro für die Zusammenarbeit in anderen Bereichen als der Fischerei erhält. Dies legt den Schluss nahe, dass die Paraphierung des partnerschaftlichen Fischereiabkommens nicht nur den Abschluss der Verhandlungen vom vergangenen Jahr, sondern auch den Abschluss des Prozesses darstellt, der mit der Halbzeitbewertung des Vierten Fischereiprotokolls im Jahr 2003 und den Schlussfolgerungen des Rates vom Februar 2003 eingeleitet wurde.
Ich möchte nun auf das neue Abkommen zu sprechen kommen. Im vorherigen Protokoll war eine finanzielle Gegenleistung in Höhe von 42,8 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen, womit es zu den umfangreichsten bilateralen Fischereiabkommen zählte. Doch nach der Änderung der Gemeinschaftsquoten sind die Ausgleichszahlungen im neuen Protokoll beträchtlich gesunken. Einige Quoten wurden aufgrund der schlechten Bestandslage, der Bedürfnisse des grönländischen Fischereisektors und der Inanspruchnahme der Quoten durch die Gemeinschaft herabgesetzt. Andere hingegen konnten infolge der guten Bestandslage und der großen Nachfrage seitens der EU-Industrie angehoben werden. Die Quotenänderung hat dazu geführt, dass die finanzielle Gegenleistung der Gemeinschaft nunmehr bei 15,85 Millionen Euro pro Jahr liegt. In dieser Summe ist auch ein spezieller Betrag von 3,26 Millionen Euro enthalten, der für die Durchführung eines mehrjährigen Fischereiprogramms in Grönland genutzt werden soll. Darüber hinaus ist mit Zahlungen in Höhe von 2 Millionen Euro zu rechnen, die durch die Lizenzen der Reeder anfallen.
Im Hinblick auf die Änderungsanträge des Parlaments möchte ich betonen, dass die Kommission die darin enthaltenen Bedenken des Parlaments voll und ganz teilt. Bei den Änderungsanträgen 1 bis 3 vertreten wir jedoch die Ansicht, dass diese Punkte bereits im Protokoll selbst erfasst sind, sodass wir diese Anträge für überflüssig halten. Was die Änderungsanträge 4 und 6 zur Pflicht der Berichterstattung vor dem Parlament betrifft, möchte ich hervorheben, dass die Kommission der Forderung nach der Übermittlung solcher Informationen im Einklang mit den aktuellen interinstitutionellen Regelungen bereits nachkommt. In Bezug auf Änderungsantrag 5 zur Erfüllung der Meldevorschriften durch die Mitgliedstaaten möchte ich unterstreichen, dass die Kommission auch bislang schon die Beachtung der Fangmeldevorschriften überwacht. Des Weiteren ist im Anhang und in der Anlage zum Protokoll bereits vorgesehen, dass die Fahrzeuge erst ihre Meldepflicht für das abgelaufene Fischwirtschaftsjahr erfüllen müssen, bevor sie eine Lizenz für das folgende Jahr erhalten. Daher ist dieser Änderungsantrag ebenfalls unnötig.
Schließlich möchte ich im Hinblick auf den Änderungsantrag 7 Folgendes klarstellen: Der Rechnungshof und das Europäische Parlament hatten ja Kritik daran geäußert, wie die Kommission die Finanzierung der Fischereiabkommen mit Drittländern handhabt. Daher kann die Kommission diesen Änderungsantrag kaum nachvollziehen, der sich im Grunde genommen nicht von dem Mechanismus im geänderten Vierten Protokoll unterscheidet und der Kommission keine Möglichkeit bietet, die nicht ausgeschöpften Fangmöglichkeiten optimal zu nutzen. In Anbetracht der finanziellen Verantwortung der Kommission kann sie deshalb diesen Änderungsantrag nicht akzeptieren.
Abschließend möchte ich dem Parlament und insbesondere den Abgeordneten des Fischereiausschusses sowie dem Berichterstatter für ihre konstruktiven Beiträge zu diesem wichtigen und hart umkämpften Bereich danken.
Joop Post (PPE-DE), Berichterstatter. – (NL) Herr Präsident! Die fünf Minuten meiner Redezeit werde ich wohl kaum voll in Anspruch nehmen. In dem Bericht, der weitgehend das Werk meines Vorgängers, Herrn Maat, ist, geht es hauptsächlich um die allgemeine Zielsetzung der Fischereipolitik – mit anderen Worten um nachhaltige Fischerei –, und obwohl der Begriff „nachhaltig“ klar ist, geht seine Bedeutung ebenfalls eindeutig aus dem hervor, was Herr Borg vorhin ausgeführt hat und was in dem Abkommen und dem Protokoll festgelegt ist.
Primäres Ziel des partnerschaftlichen Fischereiabkommens mit Grönland ist der Ausbau der Beziehungen zwischen der EU und Grönland. Zusammenarbeit auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens ist heute notwendiger denn je. Wie wir alle seit längerem wissen, werden nämlich in den nächsten Jahren drastische Veränderungen auf die Fischereiindustrie zukommen. Aufgrund des Rückgangs der Fischbestände und aufgrund der Migration der Fischbestände – infolge der Erwärmung der Meere, wofür Kabeljau ein typisches Beispiel ist –, aber auch aufgrund der vorgeschriebenen Reduzierung der Fangquoten muss sich die Fischereiindustrie umstellen. Dies ist dem Sektor klar zum Bewusstsein gebracht worden und ihm auch selbst bewusst geworden, sodass von ihm nun in zunehmendem Maße entsprechende Maßnahmen in die Wege geleitet werden.
Für viele Fischer bedeutet dies eine einschneidende Änderung ihres Geschäftsbetriebs. Der künftige Betrieb muss letztendlich – womit ich längerfristig meine – zu einer Optimierung des Fischertrags führen, das heißt zu nachhaltigem Fischfang, bei dem die Meeresfänge in einem Verhältnis zur Produktion stehen und außerdem die Auswirkungen der Fischerei auf die Meeresumwelt möglichst gering sind.
Laut dem Bericht müssen sich Fischer stärker mit Meeresbewirtschaftung befassen, statt nur auf Jagd nach Fischgründen und Fischbeständen zu gehen. Dazu bedarf es der Zusammenarbeit, nicht nur untereinander, womit ich unter den Mitgliedstaaten meine, sondern auch mit Partnern wie Grönland, vor allem im Hinblick auf eine längerfristige Verbesserung der Produktionskette.
Als Berichterstatter stelle ich fest, dass sich die Kommission, und insbesondere der Kommissar, dafür einsetzt, und ich konstatiere, dass unser Fischereiausschuss zu derselben Schlussfolgerung gelangt ist.
Ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen für ihren konstruktiven Beitrag und möchte Ihnen den Bericht, für den Herr Maat vor einiger Zeit die Grundarbeit geleistet hat, wärmstens empfehlen.
Damit komme ich zum Schluss meines Beitrags und hoffe, dass der Bericht auf der nächsten Plenarsitzung angenommen wird.
Helga Trüpel (Verts/ALE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Haushaltsausschusses. – Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar! Auch ich begrüße, dass es bei den beiden Säulen – nämlich einerseits dem Fischereiabkommen mit Grönland und andererseits dem breiteren Kooperationsabkommen – klare Regelungen geben soll. Für den Haushaltsausschuss möchte ich Folgendes feststellen: Für uns geht es natürlich darum, ob das europäische Steuergeld so korrekt ausgegeben wird, wie wir es uns wünschen müssen.
Das bedeutet auf der einen Seite – und da möchte ich Sie sehr ermutigen, Herr Kommissar Borg –, dass wirklich sehr genau überprüft wird, was die einzelnen Schiffe fangen, und auf der anderen, dass illegale Fischerei, der Sie ja den Kampf angesagt haben, auf jeden Fall vermieden wird.
Der Haushaltsausschuss ist der Meinung, dass, wenn diese beiden Tatbestände nicht gegeben sind, auch kein weiteres Geld fließen soll. Denn wir müssen dafür Sorge tragen, dass das europäische Geld auch bei den Fischereiabkommen wirklich im Geiste dieser Fischereiabkommen verausgabt wird, das heißt keine illegale Fischerei und Schutz der Fischbestände, weil es ohne den Schutz der Fischbestände für die Fischer in Zukunft keine Arbeit mehr geben wird. Deswegen ist es hier klug, Ökonomie und Ökologie zu verbinden.
Carmen Fraga Estévez, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Es ist eine große Genugtuung, endlich über ein Fischereiabkommen mit Grönland diskutieren zu können, das die Mindestregeln finanzieller Transparenz und Nichtdiskriminierung zwischen Reedern und Mitgliedstaaten zu respektieren beginnt.
Wir müssen den Fortschritt anerkennen, der seit den vorangegangenen Abkommen erreicht wurde, einschließlich der Halbzeitänderung 2003, um sie – wie der Kommissar ganz richtig sagte – an die Leitlinien des Ministerrates und die Forderungen des Rechnungshofs und dieses Parlaments anzupassen, die hauptsächlich auf diese fehlende Haushaltstransparenz konzentriert sind, dessen schlimmstes Beispiel die institutionalisierte Gewohnheit war, astronomische Summen für „nicht vorhandenen Fisch“ oder Papierquoten zu zahlen.
Auf jeden Fall enthält dieses Abkommen noch zu viel Kleingedrucktes und sein Inhalt unterscheidet sich noch zu stark von anderen Abkommen.
Um nicht erneut Situationen wie in der Vergangenheit zu erleben, möchte ich deshalb den Kommissar fragen, ob er zusagen kann zu garantieren, dass wir nie wieder von Papierquoten hören oder solche grotesken Situationen erleben müssen, wie die der Fischerei der arktischen Seespinne – deren wiederholt von Reedern der Gemeinschaft beantragte Quoten schließlich ungenutzt blieben und nachdem sie ein Vermögen gekostet hatten, an Grönland zurückgegeben wurden –, und ob die nicht genutzten Fischereimöglichkeiten der Mitgliedstaaten, denen sie zugeteilt waren, von denen in Anspruch genommen werden können, die sie beantragen, so wie ja bei den anderen Abkommen vorgegangen wird.
Damit bleibt mir nur noch, Herr Präsident, den Berichterstatter, Herrn Post, zu beglückwünschen, der die schwierige Aufgabe hatte, einen von einem anderen Kollegen, Herrn Maat, begonnenen Bericht weiterzuführen, und der eine gewaltige Arbeit geleistet hat.
Herr Präsident, da mir noch einige Sekunden bleiben, möchte ich mich einmal mehr darüber beschweren, dass die Fischereiberichte in diesem Haus immer am Ende einer Abendsitzung behandelt werden. Ich möchte Sie als Vizepräsident und Spanier bitten, sich dafür einzusetzen, dass sich dies künftig nicht wiederholt.
Der Präsident. Frau Fraga! Der Vorteil, um diese Uhrzeit zu diskutieren, ist, dass nur weibliche Abgeordnete sprechen, da zu dieser späten Stunde anscheinend außer dem Berichterstatter und dem Präsidenten nur Frauen arbeiten.
Rosa Miguélez Ramos, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Ich möchte einfach eine Minute Redezeit nutzen, um meine Freude über die Aussage von Kommissar Borg zu diesem Abkommen auszusprechen.
Gerade heute Nachmittag habe ich mir meine Reden im Plenum des Parlaments zu Grönland aus dem Jahr 2003 und auch aus 2002 angesehen und meines Erachtens nähern wir uns dem, was wir damals sagten und seit damals wiederholen: Wir wollen, dass das Fischereiabkommen mit Grönland jedem beliebigen anderen von der Gemeinschaft unterzeichneten Fischereiabkommen so ähnlich wie möglich ist.
In dieser Hinsicht kann ich nur meine Genugtuung über die Tatsache zum Ausdruck bringen, dass es endlich eine ausgewogene Aufteilung der Kosten zwischen Reedern und Gemeinschaftshaushalt gibt. Darüber hinaus freue ich mich, dass die finanziellen Zahlungen mit den tatsächlichen, von Grönland angebotenen Fischereimöglichkeiten in Einklang gebracht worden sind, und ich stimme natürlich völlig mit dem Kommissar darin überein, den Änderungsantrag 7 abzulehnen, weil die Flotten ohne Quoten in der Lage sein müssen, Vorteile aus nicht genutzten Fischereimöglichkeiten zu ziehen.
Elspeth Attwooll, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident, Herr Kommissar! Die ALDE-Fraktion begrüßt das partnerschaftliche Fischereiabkommen mit Grönland. Wir möchten diese Gelegenheit nutzen, um der Autonomen Regierung noch einmal für die äußerst konstruktiven Gespräche zu dieser Thematik und anderen Fragen zu danken, die eine Delegation meiner Fraktion bei ihrem Besuch in Grönland im vergangenen Herbst mit ihr geführt hat. Für uns steht fest, dass das Abkommen beiden Seiten zugute kommt.
Wir hegen allerdings ernsthafte Bedenken gegenüber einem Aspekt der Verordnung, nämlich Artikel 3 Absatz 2. Dies würde nämlich der Kommission gestatten, die Lizenzen zwischen den Mitgliedstaaten neu zu verteilen, sofern die Fangmöglichkeiten nicht voll ausgeschöpft werden. Wir können ja den Wunsch der Kommission nachvollziehen, eine vollständige Gegenleistung für die EU-Mittel zu erhalten. Aber unseres Erachtens kann für Absprachen, bei denen der Zugang zu den Ressourcen auf der Grundlage von Schiffen und Tonnagen erfolgt, nicht das gleiche Verfahren gelten.
Das Abkommen mit Grönland beruht auf dem Erwerb von Quoten. Auch unterscheidet es sich von anderen Abkommen insofern, als mit Norwegen, Island und den Färöern Quoten ausgetauscht werden können, für die es keinen finanziellen Ausgleich gibt.
Außerdem ist laut der Grundverordnung für die Festsetzung der Quotenansprüche lediglich gestattet, dass die Mitgliedstaaten ihre Quoten mit anderen Vertragsparteien austauschen dürfen. Daher ist Artikel 3 Absatz 2 aus rechtlicher Sicht ziemlich fragwürdig. Auch würde dadurch der Grundsatz der relativen Stabilität unterwandert. In Änderungsantrag 7 ist eine alternative Regelung vorgesehen, um die optimale Nutzung der Fangmöglichkeiten sicherzustellen, ohne dass es zu derartigen Problemen kommt.
Hoffentlich wird die Kommission einsehen, dass unsere Bedenken gerechtfertigt sind. Zudem hoffen wir, dass das Parlament diesen Änderungsantrag unterstützen wird.
Catherine Stihler (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Berichterstatter danken.
In Artikel 3 Absatz 2 des Vorschlags hat die Kommission empfohlen, dass sie die Lizenzen eines Mitgliedstaates auf andere Mitgliedstaaten übertragen darf, sofern die Quoten nicht voll ausgeschöpft werden. Dies erscheint aus rechtlicher Sicht ziemlich fragwürdig, was auch vor kurzem vom juristischen Dienst des Rates in einer Sitzung der Arbeitsgruppe unterstrichen wurde. Da die Ausschöpfung bereits recht hoch ausfällt, ist dieser Vorschlag außerdem unnötig und würde den Grundsatz der relativen Stabilität unterwandern. Zudem hätten die Mitgliedstaaten dann nicht mehr die Möglichkeit, ihre Quoten mit anderen Mitgliedstaaten auszutauschen, ohne dass die Kommission an der Neuverteilung beteiligt ist.
Ich bin für die Beibehaltung des aktuellen Systems, das zu einer hohen Inanspruchnahme der Fangquoten geführt und die jeweiligen Rechte und Pflichten einer jeden Vertragspartei bewahrt hat. Das Konzept der relativen Stabilität ist von wesentlicher Bedeutung für die schottische Fischereiflotte und sichert unseren Fischern die historischen Rechte, die sie schon seit Jahrhunderten genießen. Durch die Ablehnung dieses Änderungsantrags würden diese Regelungen in Frage gestellt und die grundlegenden Unterschiede zwischen Fischereiabkommen mit südlichen Ländern, in denen es um Lizenzen geht, und Fischereiabkommen mit nördlichen Ländern, in denen es um Quoten geht, nicht berücksichtigt werden. Ich fordere die Kolleginnen und Kollegen auf, den Änderungsantrag 7 zu unterstützen, in dem der Grundsatz der relativen Stabilität und die historischen Fangrechte aufrechterhalten werden.
Joe Borg, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Zunächst einmal vielen Dank für all Ihre Anmerkungen und Ihre breite Unterstützung hinsichtlich des Vorschlags der Kommission für ein überarbeitetes Abkommen mit Grönland, das einen wichtigen Bestandteil des Netzes von partnerschaftlichen Fischereiabkommen darstellt, die zurzeit in Kraft sind.
Wie ich bereits erklärt habe, war diese Überprüfung hauptsächlich aus zwei Gründen erforderlich. Zunächst einmal musste sichergestellt werden, dass wir durch eine bessere und volle Ausschöpfung der Fangmöglichkeiten eine angemessene Gegenleistung für unsere Finanzzahlungen erhalten. Zweitens steht die Kommission nach der geäußerten Kritik seitens des Rechnungshofs und des Parlaments nunmehr in der Pflicht, dem Abkommen mehr Transparenz zu verleihen, was uns hoffentlich auch gelungen ist.
Ich stimme darin überein, dass die Nutzung der in diesem Abkommen festgelegten Fangmöglichkeiten und die Verwendung der bereitgestellten Mittel genauestens überwacht werden müssen. Was die im Protokoll vereinbarte finanzielle Gegenleistung betrifft, möchte ich betonen, dass die Kommission ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage keine wirtschaftliche Haushaltsführung gewährleisten kann. Wir brauchen also eine Transferregelung, die der Kommission im Falle einer unzureichenden Inanspruchnahme der Quoten gestattet, nicht genutzte Fangmöglichkeiten unter Wahrung des Grundsatzes der relativen Stabilität und des Artikels 25 der Grundverordnung zeitnah zu übertragen, um ihre optimale Ausschöpfung sicherzustellen.
Des Weiteren möchte ich unterstreichen, dass die neue Regelung, die in Artikel 3 Absatz 2 des Abkommens vorgesehen ist, vor allem die optimale Ausschöpfung der Fangmöglichkeiten und den Ausschluss des „Papierfisches“ ermöglichen soll. Was die Frage der relativen Stabilität betrifft, die von Frau Attwooll und Frau Stihler aufgeworfen wurde, möchte ich darauf hinweisen, dass die vorübergehende Übertragung von Fangmöglichkeiten von einem Mitgliedstaat auf einen anderen durch die Kommission nicht gegen den Grundsatz der relativen Stabilität verstößt, der gemäß Artikel 21 der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 des Rates die Aufteilung der Fangmöglichkeiten auf die Mitgliedstaaten regelt. Eine solche Übertragung wird keine Auswirkungen auf die künftige Aufteilung von Fangmöglichkeiten in den Gewässern Grönlands auf die Mitgliedstaaten haben. Vielmehr wird die Aufteilung jedes Jahr auf der Grundlage des Aufteilungsschlüssels – d. h. auf der Grundlage des Grundsatzes der relativen Stabilität – erfolgen.
Mit Artikel 3 Absatz 2 soll eine optimale Ausschöpfung sichergestellt werden, ohne die relative Stabilität zu gefährden. Dieser Artikel ist auch in allen anderen Drittlandabkommen mit finanziellem Ausgleich enthalten und findet entsprechende Anwendung. Das einzige Abkommen, in dem dieser Artikel nicht auftaucht, ist das bestehende Abkommen mit Grönland. Da das neue partnerschaftliche Fischereiabkommen einen finanziellen Ausgleich und öffentliche Gelder in beträchtlicher Höhe vorsieht, ist unbedingt erforderlich, dass die Kommission über die rechtlichen Mittel zur Ergreifung von Maßnahmen verfügt.
Darüber hinaus möchte ich betonen, dass es trotz der Verbesserungen, die im Rahmen des geltenden Abkommens erzielt wurden, nach wie vor keine optimale Inanspruchnahme der Quoten gibt. Wenn man die Transfers an Norwegen hinzunimmt, dann liegt die Nutzungsrate bei ungefähr 80 %. Zieht man die Transfers an Norwegen hingegen ab, dann sinkt die Nutzungsrate auf etwa 65 %. Meines Erachtens sind wir der Öffentlichkeit wesentlich bessere Ergebnisse schuldig. Dieser Artikel ist übrigens gerade Gegenstand von Diskussionen im Rat, der am 11. Juni eine Debatte zu diesem Thema führen und hoffentlich einen entsprechenden Beschluss verabschieden wird. Ich muss zugeben, dass der Wortlaut des Artikels klarer und besser gestaltet werden könnte, wobei der Grundsatz der relativen Stabilität gewahrt bleiben und die optimale Ausschöpfung der Fangmöglichkeiten sichergestellt werden muss.
Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um eine Einigung im Rat herbeizuführen. Dabei werden wir den Wortlaut dahingehend verbessern, dass im Rahmen dieses neuen Abkommens die optimale Ausschöpfung der Fangmöglichkeiten sichergestellt wird, ohne am Grundsatz der relativen Stabilität zu rütteln.
Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 22. Mai, statt.
22. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll