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Ausführliche Sitzungsberichte
Dienstag, 22. Mai 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.

15. Fragestunde (Anfragen an die Kommission)
Protokoll
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Fragestunde (B6-0018/2007).

Wir behandeln die folgenden Anfragen an die Kommission.

Erster Teil

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 30 von David Martin (H-0301/07)

Betrifft: Die negativen Folgen der europäischen Biokraftstoffziele

83 % der weltweit produzierten Biokraftstoffe kommen aus Indonesien und Malaysia. Um u. a. den wachsenden Bedarf der EU an Biokraftstoffen zu befriedigen, holzen sowohl Indonesien als auch Malaysia große Waldgebiete – bei denen es sich oft um ökologisch wertvolle Regenwälder handelt – ab, um Palmölplantagen anzulegen. Ist der Kommission bewusst, dass einem aktuellen Bericht der UNO zufolge bis 2022 98 % dieser Wälder verschwunden sein könnten? Ist sich die Kommission der Auswirkungen bewusst, die die Entwaldung auf die einheimische Tier- und Pflanzenwelt hat? So werden viele Orang-Utans in Rehabilitationszentren untergebracht und haben kaum Aussicht auf eine spätere Auswilderung. Einem niederländischen Interessenverband zufolge werden bis zu 50 % der für neue Plantagen benötigten Flächen durch die Trockenlegung von Torfgebieten oder das Verbrennen von Torf gewonnen, wobei enorme Mengen an Kohlendioxid freigesetzt werden.

Wie kann die Kommission die von der EU anvisierte Senkung der Emissionen bis 2020 um 20 % mit einem möglichen Anstieg der Kohlenstoffemissionen in Indonesien und Malaysia vereinbaren (von dem gleichen Interessenverband wird Indonesien als weltweit drittgrößter Verursacher von CO2-Emissionen eingestuft)? Gedenkt die Kommission eine Kennzeichnung für „nachhaltige“ Palmöle einzuführen? Wird die Kommission ein Einfuhrverbot für Biokraftstoffe in die EU in Betracht ziehen?

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. (EN) Die Kommission teilt die Sorge des Herrn Abgeordneten bezüglich der Entwaldung und der Trockenlegung von Torfgebieten in Südostasien und ist sich der Verbindung zur rasch ansteigenden Nachfrage nach Palmöl bewusst. Die Palmölproduktion wächst jährlich um etwa 9 %; über 80 % des Palmöls wird in Malaysia und Indonesien erzeugt.

Um entscheiden zu können, wie das Problem angegangen werden soll, muss man eine klare Vorstellung von Angebot und Nachfrage in diesem Bereich haben. Im Jahr 2006 machte indonesisches und malaysisches Palmöl etwa 1 % der Biokraftstoffe weltweit aus. Palmöl wird heute vornehmlich für Nahrungsmittel und andere nichtenergetische Bereiche verwendet. Lediglich 1 % des in Indonesien und Malaysia erzeugten Palmöls wurde 2006 zur Herstellung von Biokraftstoffen eingesetzt.

Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass die Nachfrage nach Bioenergie künftig ansteigen wird, und zwar nicht nur in der Europäischen Union, und das wird die Produktion von Palmöl für die Erzeugung von Biokraftstoffen ankurbeln. Dabei ist sich die Kommission bewusst, dass die wachsende Nachfrage nach Biokraftstoffen in Verbindung mit dem von der Gemeinschaft anvisierten Biokraftstoffziel für 2020, wenn nichts unternommen wird, die Umwelt zusätzlich belasten könnte, was dem von Parlament, Kommission und Rat verfolgten nachhaltigen Ansatz zuwiderliefe.

Derzeit gibt es keine Zertifizierungspflicht, die garantiert, dass tropische Regenwälder und Torfgebiete in Südostasien durch die Produktion von Palmöl unabhängig von dessen Verwendung nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Kommission wird im Rahmen ihres Legislativvorschlags deshalb einen Nachhaltigkeitsplan für Biokraftstoffe vorsehen, der gewährleisten soll, dass der Biokraftstoffsektor einen Beitrag zur Lösung dieses Problems leistet.

Die Kommission arbeitet zurzeit an der Gestaltung dieses Plans. Er soll Maßnahmen umfassen, die der Konversion von tropischen Wäldern und Torfgebieten zum Zweck der Biokraftstofferzeugung entgegenwirken. Außerdem sind Maßnahmen vorgesehen, mit denen Produktionsmethoden unterbunden werden sollen, die in Bezug auf Treibhausgase als ineffizient einzustufen sind. Diese Maßnahmen werden sowohl für innerhalb der EU erzeugte als auch für eingeführte Biokraftstoffe gelten. Ausgehend davon muss bei allen Bemühungen zur umfassenden Bewältigung der Auswirkungen des Ölpalmenanbaus auf die Umwelt dies mit Blick auf alle Endverbraucher von Palmöl geschehen.

Die Kommission, der Rat und das Parlament haben sich alle für einen ausgewogenen Ansatz im Bereich Biokraftstoffe ausgesprochen, bei dem der enorme Bedarf durch einheimische Erzeugung und Einfuhren gedeckt werden soll, die Produktion aber auf nachhaltiger Grundlage erfolgen wird.

 
  
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  David Martin (PSE). – (EN) Vielen Dank für Ihre Antwort, Herr Kommissar. Akzeptieren Sie, dass das Ziel der Biokraftstoffpolitik der Europäischen Union darin besteht, Emissionen weltweit und nicht nur in der Europäischen Union zu senken? Meine Sorge, die mich auch zu dieser Frage veranlasst hat, besteht darin, dass wir möglicherweise nicht zur Senkung der Emissionen weltweit beitragen, wenn wir nur die durch Biokraftstoffe verursachten Emissionen in Europa messen und nicht die Emissionen, die bei der Herstellung und beim Transport dieser Biokraftstoffe verursacht werden.

Ich freue mich über das, was der Kommissar bezüglich des Nachhaltigkeitsplans gesagt hat. Wird die Kommission auch prüfen, wie wir unter dem Gesichtspunkt der Emissionen zwischen guten und schlechten Biokraftstoffen unterscheiden können?

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. (EN) Ich teile definitiv die Ansicht, dass unser globaler Plan in der Bekämpfung der globalen CO2-Emissionen besteht, und aus diesem Grund werden wir natürlich auch den von der Verwendung von Biokraftstoffen verursachten CO2-Fußabdruck prüfen.

Wenn die in einer Region produzierten Biokraftstoffe in eine andere Region transportiert werden müssen, dann können wir das nicht künstlich verbieten. Aus diesem Grund sollte unser Plan vorsehen, dass die besten Biokraftstoffe stärker gefördert werden, und auf diese Weise wiederum würde es keinen Anreiz geben, Palmöl zur Versorgung unseres Marktes über weite Strecken zu transportieren.

Außerdem ist es meines Erachtens äußerst wichtig zu verstehen, dass wir uns parallel für den Schutz von Torfgebieten und Regenwäldern einsetzen müssen. Denn, ganz gleich, was wir tun, wir werden möglicherweise nachhaltig handeln. Es wird aber andere Gebiete geben, die einfach nur Palmöl wollen.

Deshalb müssen wir uns in den in Bali anlaufenden Verhandlungen für eine Regelung zum Schutz der Regenwälder einsetzen und gleichzeitig nach Möglichkeiten suchen, um die Anpflanzung weiterer Wälder auf der Erde zu fördern, und zwar nicht für Palmöl für unseren Verkehr, sondern zur Senkung der durch den Verkehr insgesamt verursachten CO2-Emissionen.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE). (LT) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte gerne wissen, wie eine erhöhte Produktion von Biokraftstoff sich auf den Nahrungsmittelmarkt auswirken kann. Der zur Herstellung von Biokraftstoff verwendete amerikanische Mais ist wesentlich teurer als Getreide. Wird es langfristig, wenn wir immer mehr auf solche erneuerbaren Energiequellen übergehen, zu einer Krise auf dem Nahrungsmittelmarkt kommen?

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. (EN) Diese Frage ist gerechtfertigt. In der Europäischen Union gibt es sehr viele ungenutzte Flächen. Folglich könnte man viele dieser Flächen zur Erzeugung von Biomasse verwenden, und zwar nicht nur für Biokraftstoffe, sondern auch zur Erzeugung von Wärme, zur Kühlung oder zur Erzeugung von Elektrizität. Eine Reihe von Ländern hat das Nachhaltigkeitsziel erreicht; sie erzeugen 12 % ihrer Elektrizität aus Biomasse. Gleichzeitig produzieren sie auch Biokraftstoffe. Es gibt also Möglichkeiten für die Nutzung solcher Flächen. Wenn ich mir die zweite Generation von Biokraftstoffen anschaue, dann gibt es durchaus Flächen, die zur Produktion von Biokraftstoffen genutzt werden könnten.

Die Kommission hat ausgerechnet, dass die Europäische Union 14 % ihres Bedarfs decken könnte, selbst wenn wir keine Biokraftstoffe aus anderen Teilen der Welt importieren.

Was den Anstieg der Lebensmittelpreise betrifft, so wirken hier etliche Faktoren. Sie haben als Beispiel Mais genannt. Der Preis von Mais wird auf dem Weltmarkt bestimmt, und er wurde in starkem Maße beeinflusst von der anhaltenden Trockenheit in Australien und dem potenziellen Wachstum in den USA. Wenn der Landwirt die Wahl hat zwischen der Herstellung von Biokraftstoffen oder Grundnahrungsmitteln, dann hat das Auswirkungen. Ich glaube aber, der Markt wird angemessen reagieren, und wenn unser Nachhaltigkeitsplan, der die Produktion von Biokraftstoffen mit geringeren CO2-Emissionen fördern wird, erst einmal in Kraft ist, dann wird sich dieser Markt einpegeln.

Ich habe nie gesagt, dass wir in der Lage sein werden, das gesamte Öl, das wir verbrauchen, durch Biokraftstoffe zu ersetzen. Es gibt Möglichkeiten sowohl in der EU als auch weltweit, aber es wird nie möglich sein, alles von uns verbrauchtes Öl zu ersetzen. Derzeit würde ich sagen, dass es keine Frage von Lebensmittelpreisen oder der Verwendung von Biokraftstoffen ist, denn weltweit werden Biokraftstoffe nur in sehr geringem Maß eingesetzt, und sie haben sich bisher definitiv nicht auf den Preis von Lebensmitteln ausgewirkt.

 
  
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  Reinhard Rack (PPE-DE). – Herr Kommissar, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass es durchaus Sinn macht, dafür zu sorgen, dass auf Brachland in Europa nun Pflanzen angebaut werden, aus denen man Treibstoffe gewinnen kann. Ein aktuelles Problem ergibt sich dabei bei der Produktion von Braugerste, weil die Förderung für die Produktion von Biokraftstoffen es für den Landwirt attraktiver macht, hier andere Produkte anzubauen. Somit hatten wir im eigenen Land, in der eigenen Wirtschaft Probleme, für einen nicht ganz unwichtigen Wirtschaftszweig – die Produktion von Bier – die entsprechenden Grundstoffe zu erzeugen.

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. Man könnte fragen, was wichtiger ist: Nahrung oder Energie? Als wir uns noch selbst mit Erdöl und Erdgas versorgen konnten, war die Situation eine andere. Heute müssen wir alles importieren. Wir wissen, dass auch global die Nachfrage nach Erdöl und Erdgas steigt. Und doch möchten wir das gleiche Niveau an Komfort halten. Das bedeutet, dass ein Teil unserer Bemühungen in die Produktion von Energie fließen muss. Wie gesagt: Zurzeit haben wir so viele Möglichkeiten und Reserven, dass wir all diese Möglichkeiten ausschöpfen müssen.

Doch müssen wir auch klug sein und nicht irgendetwas machen, wofür wir später teuer bezahlen müssen. Die Schemen, die wir entwickeln, bedeuten einen ersten Schritt. Wir haben alle Möglichkeiten, diese Schemen so zu gestalten, dass es für die Nahrungsmittelindustrie zu keinen großen Schwierigkeiten kommt.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 31 von Danute Budreikaite (H-0303/07)

Betrifft: Energieabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten und Russland

Mit der Veröffentlichung des Energiepakets im Januar 2007 durch die Kommission kam neuer Schwung in die Bemühungen einiger Mitgliedstaaten um eine Versorgung mit Energieressourcen aus Russland durch den Abschluss zweiseitiger oder dreiseitiger Abkommen mit diesem Land.

Russland, Griechenland und Bulgarien unterzeichneten ein Abkommen über eine Erdölleitung, die das Schwarze Meer mit der Ägäis verbinden wird. Mit ihrem Bau soll Ende 2007 begonnen werden, und sie soll im Jahr 2011 fertig gestellt werden.

Ungarn wird zusammen mit der russischen „Gazprom“ die Gasleitung „Blauer Strom“ bauen, die in der Türkei beginnen und durch Bulgarien und Rumänien führen wird. Diese Gasleitung wird auf der gleichen Trasse wie die von der EU geplante Gasleitung „Nabucco“ verlaufen. Ein neues Abkommen mit Russland trägt die Bezeichnung „Abkommen zur Diversifizierung der Gasversorgung“.

Was hält die Kommission von einer solchen Diversifizierung der Energieversorgung, wenn es sich bei dem Lieferanten um dieselbe „Gazprom“ handelt? Welche Auswirkungen könnten derartige Abkommen auf die Durchführung der gemeinsamen Energiepolitik der EU haben?

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. (EN) Das sind Fragen, die wir bereits in der Vergangenheit diskutiert haben: Wie sichern wir eine ausreichende Energieversorgung für die Europäische Union. Bekanntlich decken wir heute 50 % unseres Energiebedarfs aus Einfuhren, und wir wissen, dass dieser Anteil künftig weiter steigen wird. Er könnte bei 65 % liegen, wobei über 80 % des von uns verbrauchten Gases und sogar über 90 % des Öls importiert werden.

Aus diesen Gründen werden wir auch künftig mit allen traditionellen Lieferanten zusammenarbeiten. Im Falle von Gas ist das Russland, das gegenwärtig 27,5 % unserer Lieferungen abdeckt. Aus Norwegen beziehen wir 14 % unseres Öls und aus Algerien 12,5 %. Aus diesem Grund sind wir daran interessiert, unsere Verbindungen zu den traditionellen Lieferländern zu festigen und neue Versorgungswege zu erschließen. Versorgungswege für Gas und Öl sind bestimmten Gefahren ausgesetzt. Ich würde hier die jüngste Explosion in einem Gasleitungssystem der Ukraine erwähnen. Das hat sich definitiv auf den Transport ausgewirkt, da es aber andere Wege für die Lieferung von Gas gibt, war der EU-Binnenmarkt nicht betroffen. Klar ist jedoch, dass zusätzliche Versorgungswege für die Verbraucher von Vorteil sind.

Die Abhängigkeit der EU von Russland sollte nicht überbewertet werden, denn in Anbetracht der Tatsache, dass Russland über die größten Gasvorräte verfügt und zu den Ländern mit den größten Ölvorkommen zählt, ist es nur natürlich, dass Russland unser wichtigster Lieferant ist. Die Ölpipeline Burgas-Alexandroupoli ist meines Erachtens ein wichtiges Vorhaben, da sie die türkischen Meerengen umgeht. Damit verringert sie erstens die Gefahr einer Umweltkatastrophe und stellt zweitens einen zusätzlichen Versorgungsweg für den Transport von nördlich des Kaspischen Meeres gefördertem Öl auf die europäischen Märkte dar. Aus diesem Grund unterstützt die Kommission dieses Vorhaben, eben weil es für einen zusätzlichen Versorgungsweg sorgt und nicht unsere Abhängigkeit von Russland erhöht.

Gleichzeitig ist es unbedingt erforderlich zu diversifizieren; erstens weil die Abhängigkeit von einem Anbieter dem Monopollieferanten die Möglichkeit gibt, den Preis zu diktieren, und weil sich damit aber auch die Auswahlmöglichkeiten der Verbraucher beeinflussen lässt. Aus diesem Grund hat die Europäische Union eine aktive Diversifizierung ihrer Lieferungen vorgenommen. Zu den Gebieten, aus denen wir in diesem Jahr Lieferungen beziehen, zählen das Kaspische Meer und das Feld Sha-Deniz in Aserbaidschan. Dort haben wir eine sehr gute Zusammenarbeit mit den Nachbarländern von Aserbaidschan, mit Georgien und der Türkei, aufgebaut.

Nabucco wird das nächste Vorhaben sein, das umgesetzt werden wird. Dabei handelt es sich um ein ehrgeizigeres Vorhaben. Es wird etwas länger dauern, aber der Zeitplan steht, und wir werden von dieser Quelle Lieferungen über den vierten potenziellen Gasversorgungskorridor erhalten. Mit der angekündigten neuen Ölleitung von Samsun nach Ceyhan, einem zusätzlichen Ölversorgungsprojekt, über das Öl vom Schwarzen Meer und aus der Region des Kaspischen Meeres in die Europäische Union fließen wird, diversifizieren wir gleichzeitig auch unsere Öllieferungen.

Wir fördern die Zusammenarbeit mit derartigen Ländern weltweit, denn obwohl es auf dem Gasmarkt drei große Anbieter gibt – Russland, den Iran und Katar –, existieren weitere Lieferanten, die die Lieferungen erhöhen könnten. So wird Norwegen seine Lieferungen an die Europäische Union in den nächsten Jahren um annähernd 50 % steigern. Gleiches gilt für Algerien, das zusätzliche Lieferungen bereitstellen wird. Außerdem entstehen immer mehr LNG-Terminals.

Aus diesem Grunde sollten wir meines Erachtens weiterhin mit Russland zusammenarbeiten. Wir sollten auch künftig Energieressourcen von Russland kaufen, denn für Russland ist die EU der beste Markt, weil es der nächstgelegene Markt ist und weil die Verbindungen seit geraumer Zeit existieren. Doch aus Gründen der Versorgungssicherheit sollten wir unbedingt diversifizieren.

Ferner möchte ich zwei weitere Elemente hervorheben, denn man kann sich nicht ausschließlich auf Einfuhren verlassen. Es ist unbedingt erforderlich, dass wir Energiequellen in der Europäischen Union erschließen, dass wir der Energieeffizienz einen wesentlich größeren Stellenwert einräumen und unsere interne Energieinfrastruktur, ob nun Pipelines oder unser Stromnetz, ausbauen. Die Europäische Union ist in all diesen Bereichen sehr aktiv, wobei wir stets anerkennen, dass jedes Land über seinen Energiemix selbst entscheidet. Doch mit Hilfe der Binnenmarktinstrumente und der Instrumente im Rahmen des Gemeinschaftsrechts fördern wir die Nutzung lokaler Ressourcen und eine stärkere Energieeffizienz.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE). (LT) Ich danke unserem Kollegen von der Kommission für diese Antwort und die von ihm geäußerte Hoffnung, dass wir dennoch andere, alternative Energiequellen finden werden. Wie ich in meiner Frage bereits gesagt habe und wie auch in der gegenwärtigen Lage deutlich wird, ist es offenkundig, dass sich – unabhängig von der Art des Abkommens und ob es sich um eine Erdöl- oder Erdgasleitung handelt – am anderen Ende immer Russland befindet. Russland hat die Erdöllieferungen an Litauen eingestellt und behandelt Lettland in der gleichen Weise. Daher können wir dieser Versorgungsquelle nicht viel Vertrauen entgegenbringen, und ich möchte darum bitten, dass wir alle gemeinsam Anstrengungen unternehmen, um schnell Projekte für andere, alternative Energiequellen umzusetzen.

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. (EN) Nun, ich rate den Mitgliedstaaten immer, aktiv zu sein. Ich hoffe, dass sie hören, was Sie sagen und was ich sage, denn es ist immer wichtig, dass die Mitgliedstaaten untereinander zusammenarbeiten und nach Alternativen suchen. Theoretisch könnten die baltischen Länder bei Bedarf ein zusätzliches Energieterminal nutzen.

Aber es ist Aufgabe der Regierungen zu entscheiden, wie die Diversifizierung und die Zusammenarbeit aussehen sollen und welche Anbindungen sie herstellen wollen. Ich bin sehr froh darüber, dass uns die Anbindung des Marktes der baltischen Länder an Finnland gelungen ist. Jetzt geht es darum, den Verbund mit Polen und künftig mit anderen nordischen Ländern herzustellen. Das würde zudem das Risiko ausschalten, dass eine Versorgungsunterbrechung aus einer Richtung das gesamte Land in Mitleidenschaft zieht.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). – Herr Kommissar! Mich würde interessieren, wie im Bereich der Transeuropäische Netze (TEN) die finanzielle Unterstützung gesichert werden soll. Gibt es einen Terminplan, wann für diese TEN-Leitungen – wie z. B. Nabucco oder Bluestream – tatsächlich Mittel fließen, und könnten Sie sich vorstellen, dass der Zeitplan für die Überprüfung 2008 entsprechend vorbereitet wird?

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. Die Kommission wird in diesem Bereich nur teilweise unterstützend tätig, weil uns im Haushalt nicht so viele Mittel zur Verfügung stehen. Natürlich unterstützen wir die Gesellschaften und die Unternehmen, die dort Geld investieren können. Es ist eine wirtschaftlich sehr interessante Sache, in Energietransport zu investieren. Zurzeit kann ich sagen, dass der Zeitplan für Nabucco mit 2012 festgelegt ist. Die Kommission hat bereits eine begrenzte finanzielle Unterstützung geleistet, aber auch die politische Unterstützung ist wichtig. Der Koordinator für dieses Projekt wird in den nächsten Monaten bekannt gegeben, natürlich in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament.

Ich glaube, dass wir nach der Annahme des Energiepakets die Möglichkeit haben, zu dieser Frage zurückzukommen, wenn die Haushaltsperspektive diskutiert wird. Meiner Meinung nach gibt es auch die Notwendigkeit, mehr Mittel für Transeuropäische Energienetzwerke zu reservieren, weil es Richtungen gibt, die strategisch wichtig und gleichzeitig für die Wirtschaft nicht so profitabel sind. Deshalb brauchen wir mehr Geld. Aber wir haben noch Zeit, all das zu analysieren und einen Vorschlag vorzubereiten.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE). – (EN) Vielen Dank für Ihre Antworten, Herr Kommissar, die wirklich sehr beeindruckend sind.

Ich möchte Sie fragen, ob die Kommission bemerkt hat, dass Russland nie Schwierigkeiten bei der Versorgung der „alten“ EU-Mitgliedstaaten mit Öl und Gas macht, während Litauen, Lettland, Ungarn und andere neue Mitgliedstaaten viele Probleme hatten. Was halten Sie von dieser Art der Behandlung als Abnehmer erster bzw. zweiter Klasse?

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. (EN) Dafür gibt es zwei Erklärungen. Erstens verfolgen die neuen Mitgliedstaaten bisweilen keine sehr klare Diversifizierungspolitik; zumindest haben sich einige der neuen Mitgliedstaaten nicht um eine möglichst umfassende Diversifizierung bemüht und sind so noch abhängiger von einem einzigen Lieferanten, nämlich Russland, geworden.

Zweitens glaube ich nicht, dass Russland das absichtlich macht. Das hängt lediglich damit zusammen, dass diese Länder bei einer Lieferunterbrechung als Erste betroffen sind. Hinzu kommt, dass sie anfälliger sind als die alten Mitgliedstaaten, da ihre Versorgung weniger diversifiziert ist. Die Mitgliedstaaten sollten mehr tun und stärker in die Diversifizierung in Bezug auf den Energiemix, die Lieferwege und Lieferanten investieren.

Wenn die Infrastruktur betroffen ist, dann sind diese Länder die ersten, die in Mitleidenschaft gezogen werden, weil die Netze historisch ja auf eine Anbindung an Russland als dem Lieferanten ausgelegt worden waren, wobei diese Länder die Abnehmer waren. Deshalb entsteht dieser Eindruck, aber ich würde wiederholen, dass sich dieses Problem mit Hilfe der Diversifizierung vermeiden lässt. Jedes Land sollte diversifizieren, um Probleme im Zusammenhang mit der Lieferung der Ressourcen zu minimieren. Ich glaube außerdem, dass sich die Lieferanten dann um möglichst fristgemäße Lieferungen bemühen und Netze reparieren würden, sobald undichte Stellen auftreten.

 
  
  

Zweiter Teil

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 33 von Claude Moraes (H-0298/07)

Betrifft: Hass-Internetseiten

Welche Auffassung vertritt die Kommission hinsichtlich der Verbreitung so genannter Hass-Internetseiten, insbesondere solcher, die Hass propagieren und zu Hass aufrufen, also Internetseiten mit rassistischen, antisemitischen oder gegen Roma gerichteten Inhalten, sowie Internetseiten, die Namen und persönliche Angaben von Aktivisten enthalten, um Übergriffe gegen diese zu initiieren.

Ist der Kommission bekannt, ob im Vereinigten Königreich oder anderen Ländern durch die Parlamente Maßnahmen eingeleitet wurden, um gegen diese Internetseiten vorzugehen? Schlägt die Kommission Maßnahmen in diesem Sinne vor?

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (EN) Rassistische und fremdenfeindliche Gewalt sowie rassistische Äußerungen sind eine sehr traurige Realität in ganz Europa. Dem Jahresbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Rassenhass und Fremdenfeindlichkeit für das Jahr 2006 zufolge war in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten in den letzten Jahren eine Zunahme der rassistischen Gewalt und anderer rassistischer Straftaten zu verzeichnen.

Die Kommission hat sämtliche Erscheinungs- und Ausdrucksformen von Rassismus unabhängig von ihrer Quelle oder Art der Manifestation stets auf das Schärfste abgelehnt und verurteilt. Eine Maßnahme zur Bekämpfung rassistischer Äußerungen befindet sich dann und nur dann vollkommen im Einklang mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung, wenn sie nicht Artikel 10 Ziffer 2 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte widerspricht.

Ich bin der Erste, der zugibt, dass es nicht einfach ist, eine eindeutige Grenze zwischen dem Schutz der freien Meinungsäußerung und der Definition rassistischer Äußerungen als Straftatbestand zu ziehen und dass dies sorgfältige Überlegung erfordert. Ich bin jedoch überzeugt, dass es kein Widerspruch ist, die Bürger vor rassistischen Äußerungen zu schützen und gleichzeitig zu gewährleisten, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung als eine Grundfeste unserer Gesellschaft erhalten bleibt.

Das ist der Geist, in dem der Rat am 20. April 2007 eine politische Einigung über einen Rahmenbeschluss erzielt hat, mit dem gesichert werden soll, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in allen Mitgliedstaaten wirksam und angemessen bestraft wird. Dieser Rahmenbeschluss verpflichtet die Mitgliedstaaten, vorsätzliche Handlungen wie die öffentliche Aufstachelung zu Gewalt oder Hass gegen eine nach Kriterien der Rasse definierte Gruppe von Personen oder zu einer solchen Gruppe gehörende Personen unter Strafe zu stellen.

Die Aufstachelung zu Gewalt oder Hass wird zudem in der gesamten EU unter Strafe gestellt, wenn sie durch die öffentliche Verbreitung oder Verteilung von Bildmaterial erfolgt. Verteilung bedeutet in diesem Zusammenhang jegliche Verteilung auf dem Wege der Übertragung, die die Verbreitung über Internetseiten einschließt.

Mir sind keine parlamentarischen Maßnahmen im Vereinigten Königreich oder anderen Mitgliedstaaten zur Bekämpfung derartiger Internetseiten bekannt. Es wird jedoch erwartet, dass der Rahmenbeschluss zumindest in einigen Mitgliedstaaten zur Verabschiedung neuer Rechtsvorschriften zur Bekämpfung rassistischer Straftaten, einschließlich solcher, die über das Internet verübt werden, führen wird.

 
  
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  Claude Moraes (PSE). – (EN) Herr Kommissar! Ihre Antwort ist Ausdruck der Mühe, die Sie in den Rahmenbeschluss zur Bekämpfung rassistischer Straftaten investiert haben, und Sie machen deutlich, dass diese Art der Internetkriminalität inzwischen auf Webseiten zu finden ist, die, wenn sie in gedruckter Form vorliegen würden, jeder in diesem Haus als zutiefst beleidigend empfinden würde. Sie sind im Internet jedoch ebenso beleidigend. Meinen Sie, dass der Rahmenbeschluss diese Aufgabe angemessen erfüllen kann, oder wäre Ihrer Ansicht nach die ebenfalls aktuelle Mitteilung über die Bekämpfung der Internetkriminalität ein nächster Schritt, oder glauben Sie, dass man die Mitgliedstaaten einfach auffordern sollte, die jeweiligen Gesetze zur Bekämpfung der drastischen Zunahme von äußerst beleidigenden Webseiten umzusetzen, die zu Rassenhass und Gewalt auffordern, nur weil jemand anders ist?

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meiner Meinung nach ist der Rahmenbeschluss ausreichend. Wir haben ihn nach einer fünf Jahre währenden politischen Diskussion angenommen, und meines Erachtens müssen wir nun dafür sorgen, dass er von den Mitgliedstaaten vollständig und zügig umgesetzt wird, und vor allem, dass diese Regeln erfolgreich in der Praxis angewendet werden. Heute hat die Kommission eine allgemeine Mitteilung zur Internetkriminalität angenommen, in der die Notwendigkeit eines europäischen Netzwerks aller Polizeibehörden unterstrichen wird, um zu ermitteln, ob das Internet, diese außerordentliche und positive revolutionäre Erfindung, von Kriminellen genutzt wird, wie es leider geschieht. Wir haben in der Tat beobachtet, dass rassistische Straftaten und die Aufhetzung zur Gewalt in Europa zunehmen.

 
  
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  Andreas Mölzer (ITS). – Herr Kommissar, ein weiterer, meines Erachtens nicht zu vernachlässigender Aspekt in dieser Frage ist die Vielzahl der von fundamentalistischen Moslems betriebenen antiwestlichen Propaganda- und Hassseiten im Internet, auf denen zum Kampf gegen die westliche Welt und deren Ideale aufgerufen wird. Ist sich die Kommission dieser Aktivitäten bewusst und gibt es Maßnahmen, auch hier gegenzusteuern?

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (FR) Dieser Aspekt wird im Mittelpunkt der Diskussionen stehen, die in zwei Tagen, also noch diese Woche, innerhalb der G8 vorgesehen sind, wo die Europäische Union und die übrigen Partner eben diese Frage der Aufhetzung zu Gewalt und Terrorismus im Internet beraten werden. Der Weg, den auszuloten ich vorschlage, besteht darin, das Verhalten derer als strafbar zu erklären, die konkret zu terroristischen kriminellen Handlungen aufrufen und sich hierzu des Internets bedienen. Mein Vorschlag wird dem Ministerrat in einigen Monaten vorgelegt werden.

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE). – Herr Vizepräsident der Kommission! Ich habe eine Frage, die sich auf das Internet und indirekt auf den Terrorismus bezieht. Als Maßnahme gegen Terrorismus wurde die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung erlassen.

Ist es richtig, dass Wertkarten-Handys, Webmail-Betreiber, wie etwa Hotmail oder auch private Server davon nicht erfasst werden können? Damit ist ein relativ großer Kreis beschrieben, den auch terroristische Netzwerke nutzen könnten, um diese Erfassung zu umgehen. Worin liegt jetzt der konkrete Mehrwert dieser Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung?

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Zusatznutzen dieser Richtlinie besteht darin, dass sie die Registrierung eines Telefongesprächs erlaubt: nicht des Inhalts, sondern lediglich der Tatsache, dass an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Uhrzeit und von einem bestimmten Telefon aus ein Gespräch geführt wurde. Das war, wie alle wissen, hilfreich, um die spezifischen Bewegungen einiger Krimineller und Terrorismusverdächtiger nachzuvollziehen.

Selbstverständlich muss es uns mithilfe der Technik gelingen, auch diejenigen aufzuspüren, die modernste Technologien nutzen, wie private Provider oder SIM-Karten, die nicht offiziell registriert wurden. Doch das ist ein technologisches Problem. In der heutigen Mitteilung über Internetkriminalität habe ich eine Konferenz mit dem privaten Sektor und mit der Industrie vorgeschlagen, die im November in Brüssel stattfinden wird und bei der wir uns einen Überblick über die neuen Sicherheitstechnologien verschaffen werden, die dazu dienen, die ordnungsgemäße Nutzung des Internet zu gewährleisten.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 34 von Glenis Willmott (H-0300/07)

Betrifft: EU-weite Hotline für die Opfer von Zwangsprostitution

Aufgrund des Drängens seitens des Europäischen Parlaments im Juni 2006 sprach das für Justiz, Freiheit und Sicherheit zuständige Kommissionsmitglied über Pläne, eine EU-weite (mehrsprachige) Hotline für die Opfer von Zwangsprostitution einzurichten. Eine solche Hotline wäre als Anlaufstelle für die Opfer von Frauenhandel gedacht, die es ihnen ermöglicht, mit einer neutralen Person zu sprechen, eine gute Möglichkeit, um die Opfer zu ermutigen, Rat und Unterstützung zu suchen. Die Schwierigkeit, sämtliche Telefongesellschaften im damaligen Europa der 25 zur Zustimmung zu bewegen, wurde als Hindernis für die Einrichtung einer solchen Hotline angeführt.

Welche Maßnahmen ergreift die Kommission derzeit, um diese Hotline Wirklichkeit werden zu lassen, und inwieweit ist es bisher (wenn überhaupt) gelungen, die Telefongesellschaften für diesen Plan zu gewinnen?

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (EN) Wie Sie wissen, setzen sich die Kommission und ich mich persönlich energisch für die vollständige Umsetzung des von mir Anfang 2006 vorgeschlagenen und von diesem Parlament gebilligten europäischen Aktionsplans zur Bekämpfung des Menschenhandels ein. Er erstreckt sich auf den Schutz der Opfer des Menschenhandels. Seine Umsetzung erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, Institutionen und Organisationen der Zivilgesellschaft. Der Aktionsplan sollte als langfristiges Programm angesehen werden, von dem sich die EU in ihrer Arbeit in naher Zukunft und auf jeden Fall über den Sommer 2007 hinaus leiten lassen wird.

Ich halte kostenlose Telefon-Hotlines für einen wertvollen Mechanismus, um bedürftige Opfer zu beraten. Vor allem schaffen sie Vertrauen. Ich setze mich dafür ein, dass unverzüglich eine Hotline für Opfer und potenziell vom Menschenhandel betroffene Personen eingerichtet wird, die für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union gilt. Sie wissen vielleicht, dass wir als Kommission am 15. Februar 2007 einen Beschluss gefasst haben, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, eine Reihe sechsstelliger nationaler Telefonnummern für einheitliche gebührenfreie Rufnummern für Telefondienste von sozialem Wert, die alle mit 116 beginnen, zu reservieren. Einer der vielen Bereiche könnte ein Telefondienst für die Opfer des Menschenhandels sein.

Mit diesem Beschluss konnte bereits erreicht werden, dass die Nummer 116 000 für Hotlines zur Meldung vermisster Kinder reserviert wird. Ich werde mich ausführlich zum letztgenannten Vorhaben auf einer Konferenz zum Internationalen Tag der vermissten Kinder, die am 25. Mai in Brüssel stattfinden wird, und auf der Konferenz für die Rechte des Kindes, die am 4. Juni 2007 in Berlin stattfinden wird, äußern. Die 116-Nummern lassen sich insofern mit der Notrufnummer 112 vergleichen, als sie Zugang zu nationalen oder lokalen Organisationen gewähren, die den fraglichen Dienst im Mitgliedstaat, in dem die Nummer angerufen wurde, anbieten.

Wir haben eine öffentliche Konsultation eingeleitet, um festzustellen, für welche weiteren Dienste eine einheitliche europäische gebührenfreie Rufnummer sinnvoll wäre. Im Rahmen dieser Konsultation konnten bis zum 20. Mai Vorschläge eingereicht werden. Wir gehen davon aus, dass dies noch vor Jahresende zur Reservierung weiterer Nummern für andere Dienste führen wird. Es wird dann Aufgabe der Mitgliedstaaten, ihrer Aufsichtsbehörden für Telekommunikationsdienste und der Telefonbetreiber sein, diese Nummern zu schalten, damit die Bürger sie anrufen können.

Die Reservierung einer gemeinsamen Rufnummer und die Einrichtung eines Netzes von Hotlines ist der erste praktische Schritt zur Unterstützung der Opfer. Neben der Einrichtung eines Netzes von Hotlines versuchen wir die Unterstützung für die Opfer des Menschenhandels auch auf andere Weise zu verbessern. Ich fühle mich in meinem Engagement für diese Angelegenheit dadurch bestärkt, dass das im Rahmen des Haushalts 2007 aufgelegte spezifische Programm zur Bekämpfung der Kriminalität vier Projekte im Bereich der Prävention und Bekämpfung von Verbrechen in spezifischen Bereichen, einschließlich des Menschenhandels, vorsieht. Wir unterstützen zudem die Einführung eines europäischen Tages gegen den Menschenhandel, der auf die Probleme im Zusammenhang mit dem Menschenhandel aufmerksam machen soll. Die Initiative wird am 18. Oktober dieses Jahres stattfinden. Wir setzen uns nachdrücklich dafür ein, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für diese Problematik zu schärfen und die politischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass diejenigen, die auf Hilfe angewiesen sind, diese in hoher Qualität erhalten.

 
  
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  Glenis Willmott (PSE). – (EN) Vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort, Herr Kommissar, aber können Sie uns sagen, ob Sie meinen, dass die Bemühungen der EU zur Bekämpfung der Zwangsprostitution während der Fußballweltmeisterschaften in Deutschland erfolgreich waren und welche Erfahrungen daraus für künftige internationale Sportereignisse in Europa gezogen werden können wie z. B. die Olympischen Spiele, die 2012 in London stattfinden werden?

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. – (IT) Ich kann Ihnen sagen, dass wir eine Evaluierung der Ergebnisse der polizeilichen Zusammenarbeit während der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland durchgeführt haben, deren Schlussfolgerungen wir veröffentlichen werden, und danach wird eine Debatte darüber stattfinden, in die das Europäische Parlament meiner Meinung nach voll einbezogen werden muss.

Wir betrachten die Erfahrungen bei der Fußball-WM als positives Schulbeispiel. Vermutlich ist es uns gelungen, den Transport Tausender von Mädchen, die der Prostitution zugeführt werden sollten, durch europäisches Gebiet zu vereiteln. Dabei haben 12 Mitgliedstaaten der Europäischen Union zusammengearbeitet. Deutschland und die deutsche Polizei haben ausgezeichnete Arbeit geleistet. Wir haben die Schlussfolgerungen, die wir veröffentlichen werden, als Beitrag zu anderen künftigen Sportereignissen in Europa angeboten. Ich kann Ihnen sagen, dass die Volksrepublik China erhebliches Interesse im Hinblick auf die Durchführung der Olympischen Spiele 2008 in Peking gezeigt hat. Mit anderen Worten, dies ist eine Erfahrung, die als hilfreiches Modell beurteilt wird.

 
  
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  Richard Seeber (PPE-DE). – Herr Kommissar! Ich halte das für eine ausgezeichnete Initiative, aber wie machen wir den Opfern klar, dass sie diese Nummer nutzen können? Hat die Kommission die für die Verbreitung dieser Information erforderlichen Mittel eingeplant? Wie stellen Sie sicher, dass es in der Praxis wirklich funktioniert? Bei den Opfern, z. B. jungen Frauen aus Russland, handelt es sich ja zumeist um Personen, die keine EU-Sprache sprechen. Wie stellen Sie in der Praxis sicher, dass diese Hotlines auch funktionieren – meist besteht ja sehr starker Zeitverzug – und man nicht in eine Warteschleife geschaltet wird und vielleicht erst nach einer halben Stunde eine passende Antwort bekommt?

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. – (IT) Selbstverständlich haben wir auch dieses operative Problem behandelt und geprüft: Die erste Nummer, genauer gesagt, die 116000, ist für Kinder gedacht. Wir werden sie überall bekannt machen: in Schulen, auf Flughäfen und Bahnhöfen und durch Publikationen, in denen mit ganz einfachen Worten dargelegt wird, dass es da eine Nummer gibt und dass die Person, die unter dieser Nummer zu erreichen ist, nicht nur die Sprache des Landes spricht, in dem das Telefonat geführt wird. Wir bauen gegenwärtig Schritt für Schritt die Möglichkeit aus – die übrigens auch in dem Vertrag mit den Auftragnehmern, die diese Dienstleistung erbringen werden, vorgesehen ist –, dass zumindest alle Amtssprachen der Europäischen Union gesprochen werden. Gewiss müssen wir auch an Sprachen wie Russisch denken. Vorläufig, als erste Etappe, wird die Auftragsvergabe vor den Sommerferien erfolgen, sodass diese Telefonnummer tatsächlich benutzt werden kann, und wir werden eine massive Werbekampagne starten. Genauso werden wir verfahren, wenn die anderen Nummern, außer der 116000, mit bestimmten Prioritäten zugewiesen werden, zu denen mit Sicherheit die Opfer der Zwangsprostitution gehören.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE). (LT) Herr Präsident, Herr Kommissar! Sie haben wirklich ein umfassendes Programm zur Kriminalitätsbekämpfung vorgestellt und auch einige spezielle Hotlines erwähnt. Ich möchte gerne wissen, ob die große Anzahl solcher Hotlines nicht zu Verwirrung führen kann. Können denn beispielsweise die Opfer von illegalem Menschenhandel die 112 anrufen und um Hilfe bitten?

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (EN) Diese spezielle Rufnummer, wie beispielsweise die 116 000, wird alle nationalen Hotlines ablösen. Es wird also nur eine Rufnummer geben. In meinem Heimatland gibt derzeit eine Nummer, und in Frankreich gibt es eine andere. Künftig wird es nur die 116 000 für vermisste Kinder geben usw. All diese speziellen europäischen Rufnummern werden natürlich die jeweiligen nationalen Nummern ablösen.

 
  
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  Arlene McCarthy (PSE). – (EN) Herr Präsident! Eine Bemerkung zur Geschäftsordnung. Ich bin nicht einverstanden mit dem Ablauf der Fragestunde. Die Abgeordneten nehmen sich die Zeit und erarbeiten Fragen, die dann sechs bis acht Wochen im Voraus eingereicht werden, und dann werden diese Fragen nicht behandelt, weil Sie anderen Abgeordneten das Wort erteilen, die hereinspazieren, einen Blick auf die Liste werfen und vielleicht ein flüchtiges Interesse an einer bestimmten Frage haben. Sie haben zwei Fragestellern bzw. Personen Redezeit gegeben, die sich nicht die Mühe gemacht haben, eine ordnungsgemäße Anfrage an den Kommissar zu stellen. Dagegen protestiere ich, weil ich mir die Mühe gemacht habe, ordnungsgemäße Anfragen zu erarbeiten, und ich möchte eine Antwort vom Kommissar, damit ich die Presse entsprechend über die Angelegenheit informieren kann.

Wenn das die Art und Weise ist, in der Sie die Fragestunde durchführen möchten, dann werden die Abgeordneten künftig keine Fragen mehr vorlegen wollen.

 
  
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  Der Präsident. – Frau McCarthy, Ihre Frage ist wichtig, aber ich halte mich lediglich an die Geschäftsordnung.

Da der Fragesteller nicht anwesend ist, ist die Anfrage Nr. 38 hinfällig.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 39 von Marco Cappato (H-0289/07)

Betrifft: Zugang zur Kommunikation für Menschen mit Behinderungen

Was unternimmt die Kommission bzw. was gedenkt sie zu unternehmen, um den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu den Kommunikationsinstrumenten zu erleichtern, wie insbesondere Breitband-Internetzugang, SMS und Videoanrufe zum Selbstkostenpreis für Gehörlose, Untertitelung von Fernsehsendungen, wobei allgemeine und wahlpolitische Informationssendungen den Anfang machen müssten, sowie kostenlose digitale Unterschrift?

 
  
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  Viviane Reding, Mitglied der Kommission. (EN) In Beantwortung der Frage des Herrn Abgeordneten möchte ich feststellen, dass die Strategie der Europäischen Union in Bezug auf Menschen mit Behinderungen im Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen für den Zeitraum 2003-2010 verankert ist, der dem Zugang zu den Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) Vorrang einräumt. Sie wissen sicher auch, dass die Integration eine der Säulen des i2010-Aktionsplans darstellt. Ausgehend davon hat die Kommission 2005 eine Mitteilung zur e-Zugänglichkeit angenommen, und eine Mitteilung über die e-Integration ist in Vorbereitung und soll bis Ende 2007 verabschiedet werden. Sie wird Vorschläge für neue Maßnahmen zum gegebenen Zeitpunkt enthalten.

Dabei arbeiten wir nicht nur an konkreten Aktionen, sondern wir fördern auch die Forschung zur Entwicklung neuer Methodologien und neuer Dienste für Behinderte. So verfügen wir ja auch über das Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation – das CIP –, das unsere IKT-Politik mit Pilotprojekten unterstützt und so weiter und so fort. Es wurden verschiedene Maßnahmen im Bereich der e-Zugänglichkeit sowie in einem weiteren Bereich vorgeschlagen, dessen Bedeutung künftig weiter zunehmen wird, und zwar IKT für ältere Menschen. Sehr oft sind genau das die Bürger, denn es gibt Menschen mit Behinderungen und sehr oft haben auch ältere Menschen diese Behinderungen, sie werden künftig einen sehr hohen Anteil an der Bevölkerung ausmachen. Deshalb werden sich die IKT für ältere Menschen zur Unterstützung ihres Alltags zu einem wichtigen Element unserer künftigen Politiken entwickeln, und zwar nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Forschung und praktischen Anwendung.

Wir unterstützen auch die Standardisierung im Bereich der e-Zugänglichkeit. So haben wir eine Initiative eingeleitet, um auf EU-Ebene die Zugänglichkeitsanforderungen für das öffentliche Beschaffungswesen im IKT-Bereich durch eine EU-Norm zu harmonisieren, weil wir glauben, dass einheitliche Normen die Entwicklung zugänglicher IKT-Produkte durch die Industrie fördern und damit deren Inanspruchnahme erhöhen wird, was wiederum niedrigere Preise zur Folge hätte. Folglich besteht zwischen all diesen Elementen ein Zusammenhang.

Es gibt auch einige vertikale Fragen. Im Juni 2007 werden wir eine Stärkung der Rechte behinderter Nutzer beim Zugang zu Notdiensten vorschlagen und einen Gemeinschaftsmechanismus zur Lösung von Problemen im Bereich der e-Zugänglichkeit einführen. Wir werden Gelegenheit haben, diese Probleme mit dem Parlament zu diskutieren, wenn wir gemeinsam nach einer Lösung für den Universaldienst suchen werden. Bis Ende 2007 oder Anfang 2008 – der Termin steht noch nicht genau fest – wird eine öffentliche Konsultation laufen, und das wird die Zeit sein, in der das Parlament und unsere wichtigsten Stakeholder Vorschläge vorlegen können, um Einfluss auf die Gestaltung des Universaldienstes zu nehmen.

Ein ganz konkretes Problem dürfte übermorgen gelöst werden, denn dann wird der Rat auf seiner Tagung zur Richtlinie über die audiovisuellen Mediendienste die Änderungen des Europäischen Parlaments annehmen. Das Parlament hatte eine Änderung über die Untertitelung vorgeschlagen, die die Zugänglichkeit zu audiovisuellen Mediendiensten für Menschen mit Behinderungen verbessern wird. Ich hoffe, der Rat wird diese Änderung akzeptieren und die neue Politik wird sich dann ebenfalls in diese Richtung bewegen.

Die Frage der digitalen Unterschriften wird angesichts der Herausbildung einer sicheren elektronischen Kommunikation zwischen gewerblichen und öffentlichen Diensteanbietern und Nutzern an Bedeutung gewinnen. Die Kommission wird sich im Nachgang zur europäischen Richtlinie für elektronische Unterschriften und dem Aktionsplan eGovernment mit dieser Problematik beschäftigen und dabei auch die Belange von Menschen mit Behinderungen in Betracht ziehen.

Ich kann Ihnen sehr persönlich sagen, dass die verschiedenen Ratsvorsitze der Europäischen Union alle einen Kongress oder eine Ausstellung – also eine offizielle und öffentliche Veranstaltung – durchgeführt haben, um zu demonstrieren, wie die Forschungsergebnisse in die Praxis umgesetzt worden sind. Das habe ich stets für ein sehr gutes Beispiel gehalten, das wir in unsere eGovernment-Aktivitäten aufnehmen sollten, die von der Kommission und der Europäischen Union vorgeschlagen, aber größtenteils von den lokalen Gebietskörperschaften sowie den regionalen und nationalen Regierungen umgesetzt werden. Ich habe mich von der Begeisterung überzeugt, mit der regionale und vor allem lokale Behörden die Ergebnisse unserer Arbeit aufgreifen, um Menschen mit Behinderungen in ihrer Region auf praktische Weise zu unterstützen.

 
  
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  Marco Cappato (ALDE). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin Frau Reding dankbar für die sehr ausführliche und systematische Darlegung der geltenden Politikmaßnahmen. Insbesondere danke ich ihr für die Verbindung, die sie, ganz in meinem Sinne, hergestellt hat in Bezug auf den engen Zusammenhang zwischen den Technologien, die Menschen mit Behinderungen helfen können, und jenen, die für ältere Menschen hilfreich sein können.

Im Hinblick auf den demografischen Trend in Europa, dessen Bevölkerung im Durchschnitt immer älter wird, kann die technologische Revolution Lösungen bieten, die von enormer gesellschaftlicher Tragweite sind. Der letzte Punkt, auf den ich Ihre Aufmerksamkeit lenken möchte, ist der, dass für einige völlig bewegungsunfähige Menschen, die sich vielleicht nur über die Bewegung ihrer Augen verständlich machen können, solche Technologien nicht nur ein Problem oder eine Hilfe sind, sondern ein Mittel, um ein grundlegendes Bürgerrecht wahrzunehmen, das Recht auf freie Meinungsäußerung.

 
  
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  Viviane Reding, Mitglied der Kommission. (EN) Es gibt etliche Technologien und Verfahren, mit denen den Betroffenen diesbezüglich geholfen werden kann. Ich bin der Überzeugung, dass vor allem auf der Ebene der Gesellschaft auf das Problem der alternden Bevölkerung reagiert werden muss. Aber diese gesellschaftliche Reaktion ist auch eine Chance für die europäische Industrie, denn wenn unsere Industrie gesellschaftliche Impulse von den Entscheidungsträgern, von denen, die auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene Verantwortung tragen, erhalten, dann können sie beginnen, Systeme, Dienstleistungen und Produkte für ältere Menschen auf den Markt zu bringen. Ich glaube, dass davon nicht nur unsere Gesellschaft profitieren wird, sondern auch unsere Wirtschaft.

Das ist also ein Wendepunkt. Das ist auch eine Frage des Wachstums und des Arbeitsmarktes, denn wenn uns keine Fehler unterlaufen, dann können wir Systeme auf gesellschaftlicher Ebene wie auch kommerzielle Güter und Dienstleistungen in Drittländer exportieren. Ich glaube also wirklich, dass all diese Elemente zum Wohle unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft eng zusammenwirken.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 40 von Georgios Papastamkos (H-0296/07)

Betrifft: Trennung der elektronischen Kommunikationsmärkte

In einer kürzlich in Brüssel gehaltenen Rede wies Kommissarin Reding darauf hin, dass im Telekommunikationssektor der EU eine „europäische Methode“ angewendet werden müsse, bei der Infrastrukturen und Dienstleistungen voneinander getrennt werden, um im Bereich der terrestrischen Verbindungen einen echten Wettbewerb zu gewährleisten. Als grundlegendes Instrument für den nationalen Gesetzgeber schlägt sie eine rechtliche Trennung zwischen den Netzwerkstrukturen und den Dienstleistungsebenen vor, wobei sie selbst eine vollständige funktionale Trennung für die elektronischen Kommunikationsmärkte nicht ausschließt.

Kann die Kommission näher erläutern, was sie unter der „europäischen Methode“ versteht? Gehört ihrer Ansicht nach die griechische Telekommunikationsgesellschaft zu den Unternehmen, bei denen eine vollständige Trennung möglich wäre?

 
  
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  Viviane Reding, Mitglied der Kommission. (EN) Der Herr Abgeordnete möchte wissen, was ich mit der „europäischen Methode der Trennung“ meine. Wir verfügen derzeit über einen Rahmen im Bereich der Telekommunikation, der den nationalen Aufsichtsbehörden in Fällen, in denen Märkte nicht wettbewerbsfähig sind, Regulierungsinstrumente und Abhilfemaßnahmen bietet. Im Rahmen der Überprüfung dieses Rahmens wird die Kommission untersuchen, wie der Binnenmarkt für Telekommunikationsleistungen gestärkt werden kann.

Eine mögliche Neuerung wäre die bessere Arbeit mit Abhilfemaßnahmen, denn diese werden bisweilen nicht eingesetzt oder nicht schnell genug eingesetzt, was auf dasselbe hinausläuft. Wir haben auch festgestellt, dass die funktionale Trennung dabei ein mögliches diesbezügliches Instrument darstellt. Dabei würde das Netzgeschäft eines marktbeherrschenden Akteurs von dem Teil des Geschäfts getrennt, der den Endkunden eine Dienstleistung anbietet.

Diese funktionale Trennung kann den Anbietern von Netzleistungen den Anreiz bieten, den sie brauchen, damit sie zwischen Großkunden keinen Unterschied machen. Das wiederum kann zur Verbesserung der Bedingungen für den echten Wettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt beitragen.

Es geht also nicht darum, marktbeherrschende Akteure zum Verkauf von Geschäftsbereichen zu zwingen, wie das in anderen Teilen der Welt – beispielsweise in den USA bei AT&T – passiert ist. Diesen Weg wollen wir nicht einschlagen, und deshalb spreche ich von einer „europäischen Methode“. Es wäre dann Aufgabe der einzelnen nationalen Aufsichtsbehörden, die Bedingungen im eigenen Mitgliedstaat zu prüfen, bevor eine derartige Abhilfemaßnahmen in Betracht gezogen wird. So wurde beispielsweise in Großbritannien im Falle von Openreach verfahren. Das ist also ein Beispiel, über das wir in diesem Fall verfügen.

Der Herr Abgeordnete erkundigte sich auch nach Griechenland. Im Falle von Griechenland wäre es die griechische Aufsichtsbehörde, die die Wettbewerbsbedingungen und alle sonstigen relevanten Faktoren auf dem griechischen Markt auf der Grundlage der nationalen Vorschriften und im Einklang mit dem aktualisierten Gemeinschaftsrahmen prüft und gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen vorschlagt, sofern diese seiner Ansicht nach notwendig und im Interesse des griechischen Marktes sind.

 
  
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  Georgios Papastamkos (PPE-DE).(EL) Ich bedanke mich bei der Kommissarin für ihre Antwort. Allerdings habe ich das Gefühl, dass wir in der Europäischen Union in der Praxis 27 unterschiedliche Rechtssysteme haben. Was die elektronische Kommunikation betrifft, so sind wir von einem echten Binnenmarkt noch weit entfernt.

Sie unternehmen auf diesem Gebiet zweifellos große Anstrengungen. Diese regulatorische Ungewissheit oder, um es anders auszudrücken, die starke Fragmentierung führt im Hinblick auf Investitionen zu Unsicherheiten, zu Unsicherheit im Wettbewerb, zu Unsicherheit bei Innovationen und schafft damit weniger Arbeitsplätze.

Meine Frage lautet daher: Können wir von einer europäischen Telekommunikationsindustrie sprechen, ohne dass wir eine einheitliche gesamteuropäische Rechtsetzung haben?

 
  
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  Viviane Reding, Mitglied der Kommission. (EN) Der Herr Abgeordnete hat vollkommen Recht. Zurzeit gibt es noch keinen europäischen Telekommunikationsmarkt. Das muss sich meines Erachtens ändern, denn Europa kann seine Stärke im Bereich der Telekommunikation nur dann erhalten – und Europa ist stark; wir zählen in diesem Bereich auf dem Weltmarkt zu den führenden Kräften –, wenn wir die 27 bisweilen widersprüchlichen Regulierungssysteme durch ein einziges System ersetzen, das sinnvoll ist, das auch grenzüberschreitende Dienste und Investitionen zulässt und das die Entwicklung großer europäischer Akteure ermöglicht, die in mehreren Ländern aktiv sind. Wir arbeiten jetzt an der Öffnung des Marktes für internationales Roaming. Darüber wird das Europäische Parlament morgen entscheiden, und das ist immer ein Hinweis darauf, in welche Richtung wir uns entwickeln wollen.

Ich werde selbstverständlich einen Vorschlag zur Reformierung des Pakets im Bereich der e-Kommunikation vorlegen, damit dieser europäische Markt funktioniert, nicht, um die nationalen Aufsichtsbehörden abzuschaffen. Die brauchen wir meines Erachtens, denn sie kennen ihre Märkte am besten. Es geht nicht darum zu harmonisieren, sondern darum, Logik in die Abhilfemaßnahmen zu bringen, die sie vorschlagen und die rasch angewendet werden müssen, damit für alle Märkte die gleichen Wettbewerbsbedingungen gelten und damit die einzelnen Branchen grenzüberschreitend tätig werden können, ohne dass sie durch die mangelnde Marktöffnung auf anderen Märkten behindert werden.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 41 von Katerina Batzeli (H-0310/07)

Betrifft: Europäischer Rahmen für die sicherere Benutzung von Mobiltelefonen durch Kinder und Jugendliche

Der Beginn der Anwendung des am 6. Februar von führenden Mobilfunkbetreibern der EU verabschiedeten Europäischen Rahmens für die sicherere Benutzung von Mobiltelefonen durch Kinder und Jugendliche wird als ein erster bedeutender Schritt zum Schutz der Minderjährigen vor den mit dem Gebrauch von Mobiltelefonen verbundenen Gefahren begrüßt. Es besteht jedoch die Ansicht, dass diese Politik in die Mitteilung der Kommission im Hinblick auf eine EU-Kinderrechtsstrategie (KOM(2006)0367 endg.) aufgenommen werden sollte.

Welche Mittel sind zur Umsetzung dieses Rahmens auf nationaler Ebene geeignet, um seine Anwendung und die Kontrolle durch Eltern, Lehrer und die Verantwortlichen für die Betreuung Minderjähriger wirklich sicherzustellen? Wie wird die Kommission angesichts der Tatsache, dass der europäische Rahmen einen Selbstregulierungskodex der europäischen Unternehmen darstellt, an der Aufsicht über seine Einhaltung in den Mitgliedstaaten und an der Bewertung seiner Effizienz beteiligt? Worin bestehen die Zuständigkeiten der nationalen Regelungsbehörden bei der Ausgestaltung der nationalen Selbstregulierungskodices bis spätestens Februar 2008 und der Aufsicht über ihre Anwendung? Hält es die Kommission für zweckmäßig, künftig eine für Mitgliedstaaten und Unternehmen verbindliche gemeinschaftliche Gesetzgebungsinitiative zu ergreifen, zumal die Selbstregulierung alleine nicht ausreichend sein kann?

 
  
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  Viviane Reding, Mitglied der Kommission. (EN) Wenn ich recht gehört habe, dann wurde diese Frage meines Erachtens bereits teilweise durch meinen Kollegen Herrn Frattini beantwortet, der sich ebenfalls zu diesem Thema geäußert hat. Die Tatsache, dass er diese Frage bereits teilweise beantwortet hat, zeigt ganz klar, dass die Kommission als Ganzes über die Entwicklung unserer Gesellschaft besorgt ist und dass die Kommission als Ganzes Maßnahmen ergreift, um in diesem Bereich voranzukommen.

Am 6. Februar dieses Jahres haben 15 führende europäische Mobilfunkbetreiber und Anbieter von Inhalten gemeinsam einen Europäischen Rahmen für die sicherere Benutzung von Mobiltelefonen durch Kinder und Jugendliche unterzeichnet. Das ist eine freiwillige Vereinbarung, eine Absichtserklärung, im Rahmen derer sich die Mobilfunkindustrie zusammen mit der GSM Association of Europe bereiterklärt, sowohl existierende als auch künftig anzunehmende Codes auf ihrer Webseite zu überwachen, zu veröffentlichen und zu übersetzen. Diese Selbstregulierungskodices werden dann beispielsweise Eltern oder Großeltern oder Erziehern helfen, die Probleme von Kindern, die mobile Telefone der dritten Generation nutzen, zu verstehen. Diese Vereinbarung ist das Ergebnis einer von mir einberufenen Diskussion im Rahmen einer hochrangigen Gruppe, der Kinderorganisationen, Verbraucherorganisationen und Gremien für die Inhalteklassifizierung sowie Aufsichtsgremien angehörten. Die Absichtserklärung sieht eine Reihe von Grundsätzen vor und verpflichtet die Unterzeichner, auf eine Selbstregulierung auf nationaler Ebene hinzuarbeiten.

Auf der Pressekonferenz nach der Unterzeichnung sagte ich, dass ich Vertrauen in die Unterzeichner habe. Ich gebe ihnen ein Jahr, bis Februar oder März kommendes Jahres, um diese Vereinbarung umzusetzen. Dann werden wir uns erneut mit dieser Thematik befassen, und wir werden sehen, ob sie sie umgesetzt haben. Wenn ja, dann wäre das wunderbar, und wir könnten uns über potenzielle Korrekturen oder künftige Projekte unterhalten. Werden unsere Erwartungen nicht erfüllt, dann wird die Kommission die Einführung spezifischer Maßnahmen prüfen.

 
  
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  Katerina Batzeli (PSE).(EL) Ich danke der Kommissarin für diese Antwort. Niemand in diesem Hohen Hause bezweifelt die Rolle der Kommission bei dieser wichtigen Frage. Ich möchte der Frau Kommissarin zwei Fragen stellen, um die Aussprache etwas voranzubringen. Meiner Meinung nach handelt es sich hier um ein freiwilliges Memorandum, wie sie selbst sagte, und es wird davon ausgegangen, dass sich der Sektor selbst reguliert. Daher möchte ich feststellen, dass die Kommission im Wesentlichen wissen sollte, was sie nach dem Februar 2008 überprüfen will.

Mit anderen Worten: Wird sie die Mitgliedstaaten auffordern, bestimmte gemeinsame Codes umzusetzen, damit sie diese Angelegenheit überwachen kann? Werden die besten Verfahren jedes Mitgliedstaats kodifiziert und analysiert?

Noch ein Letztes: Wie verfährt die Kommission mit den Eltern, die von diesem Sektor nichts wissen, und welche Gemeinschaftsprogramme können genutzt werden, um sie zu informieren?

 
  
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  Viviane Reding, Mitglied der Kommission. (EN) Dank ihrer Vorbereitung konnte die Kommission die Mobilfunkbetreiber zu dieser Initiative bewegen, denn die Mobilfunkbetreiber wussten sehr genau, dass die Kommission nicht tatenlos bleiben würde.

Wir haben bei unserer Erhebung festgestellt, dass viele Kinder – und zwar die Mehrzahl der über Zwölfjährigen – ein Mobiltelefon benutzen. Vor allem Kameratelefone und Ortungsdienste können problematisch sein; so erwiderten 10 % der befragten britischen Nutzer, dass ein ihnen unangenehmes Foto gemacht wurde, 17 % der Kinder und Jugendlichen fürchteten, dass das Bild ins Internet gestellt und an andere weitergegeben wurde, und 14 % hatten Erfahrungen mit dem so genannten „Cyber-Bulling“. Eine Erhebung von „Save the Children Finland“ ergab, dass 30 % der Sieben- bis Fünfzehnjährigen Opfer von Mobbing über ihr Handy geworden waren.

Wir wissen also, dass es ein Problem gibt, aber das heißt nicht, dass wir den Eltern nahelegen, ihren Kindern das Mobiltelefon zu entziehen. Das wäre die falsche Reaktion. Deshalb ist es auch so wichtig, dass es beispielsweise eine Kontrolle des Zugangs auf Inhalte, die für Erwachsene bestimmt sind, geben sollte sowie Sensibilisierungskampagnen für Eltern und Großeltern – die häufig Mobiltelefone für ihre Enkel kaufen – und für die Kinder selbst.

Wichtig ist, dass kommerzieller Inhalte nach nationalen Regeln der Sittlichkeit und Angemessenheit klassifiziert und dass, wie Kommissar Frattini erklärt hat, illegale Inhalte auf Handys wirklich bekämpft werden. Wir haben erst heute in der Kommission beschlossen, diesen Kampf gegen illegale Inhalte aufzunehmen. Dabei geht es nicht um illegale Inhalte als solche, sondern um die potenziellen Gefahren für Kinder, und hier spielen die Informationskampagnen eine besonders wichtige Rolle. Wir werden die weiteren Entwicklungen auf diesem Gebiet überwachen, und wir werden kontrollieren, was die Unterzeichner dieser Absichtserklärung vereinbart haben. Ich habe den Europäischen Rahmen für die sicherere Benutzung von Mobiltelefonen durch Kinder und Jugendliche heute mit und kann der Abgeordneten ein Exemplar geben, so dass sie überprüfen kann, ob sich die Betreiber beispielsweise in ihrem Land daran halten. Ich wäre ihr sehr dankbar, wenn sie mich entsprechend informieren könnte.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 43 von Bernd Posselt (H-0288/07)

Betrifft: Lage in der Vojvodina

In den vergangenen Jahren ist es in der Vojvodina wiederholt zu brutalen Übergriffen gegen Angehörige von Minderheiten gekommen. Serbische Flüchtlinge wurden systematisch in von Minderheiten bewohnten Orten angesiedelt, um diese zu majorisieren, und EU-Gelder, etwa für die Lehrerbildung in den Minderheitensprachen, sind nicht bei den Adressaten angekommen.

Sind diese Missstände abgestellt? Wie beurteilt die Kommission insgesamt die Entwicklung in der Vojvodina?

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Die Kommission verfolgt die Lage in der Vojvodina sehr aufmerksam. Wir haben die Behörden nachdrücklich gebeten, bei interethnischen Zwischenfällen unverzüglich einzugreifen. Wir haben die Behörden aufgefordert, gute interethnische Beziehungen zu fördern und den multiethnischen Charakter der Vojvodina zu bewahren und dieses multikulturelle Modell zu erhalten.

Wie im Fortschrittsbericht über Serbien vom November 2006 festgestellt wurde, hat sich die interethnische Lage in der Vojvodina verbessert. Die Zahl der Zwischenfälle ist zurückgegangen. In den ersten Monaten des Jahres 2007 wurde kein Zwischenfall gemeldet. Die Behörden haben eine Reihe von Maßnahmen bezüglich des offiziellen Gebrauchs von Minderheitensprachen und –schriften sowie der Vertretung von Minderheiten im Justiz- und Polizeiapparat ergriffen.

Auch im Bereich Bildung konnten Verbesserungen erzielt werden. Die Einfuhr von Lehrbüchern in albanischer und ungarischer Sprache für den Gebrauch in der Vojvodina wurde gebilligt. In Subotica wurde eine Lehrerbildungseinrichtung für Ungarischlehrer gegründet, die im vergangenen Oktober den Betrieb aufnahm. Natürlich müssen diese Maßnahmen weiter entwickelt und ergänzt werden.

Wir haben jedoch festgestellt, dass die Verabschiedung neuer Gesetze über die Nationalräte für Minderheiten nicht vorangekommen ist, und es gibt nach wie vor Probleme hinsichtlich von Informationen in Minderheitensprachen. Deshalb haben wir die serbischen Behörden gebeten, weitere wirksame Maßnahmen in diesen Fragen zu ergreifen.

 
  
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  Bernd Posselt (PPE-DE). – Herr Kommissar, ich hätte zwei Fragen. Zum einen: Wie sieht es mit den leider stattfindenden systematischen Ansiedlungen von serbischen Flüchtlingen aus Bosnien und auch aus dem Kosovo aus, die die ethnische Zusammensetzung des Gebiets sehr verändern, etwa in der großen ungarischen Gemeinde Temerin bei Novi Sad? Die zweite Frage: Was ist mit den Lehrerbildungsanstalten, die mit EU-Mitteln für die Rumänen, Slowaken und Ruthenen eingerichtet werden sollten, was jedoch ins Stocken geraten ist? Sind die inzwischen eingerichtet?

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) In Beantwortung der Zusatzfrage von Herrn Posselt zur Gemeinschaftshilfe für die Vojvodina und der Berücksichtigung der Minderheitenrechte dabei ist festzustellen, dass das Gebiet Gemeinschaftshilfe in großem Umfang erhalten hat, die gezielt für die von Herrn Posselt erwähnten Bereiche bereitgestellt wurde, wobei es nicht möglich ist, exakt den Gesamtbetrag für die autonome Provinz Vojvodina zu ermitteln.

Wir haben unserer Wirtschaftshilfe folgende Überlegungen zugrunde gelegt: Geschichte, d. h. Wiederaufbau nach dem Krieg, insbesondere der Sloboda-Brücke; Geographie, im Rahmen des integrierten Grenzschutzes; sowie Wirtschaft.

Die Vojvodina ist im Vergleich zu anderen Gebieten Serbiens relativ wohlhabend. Deshalb hat die Vojvodina, obwohl sie 25 % der Fläche der Republik ausmacht und 20 % der Bevölkerung dort leben, 36 % der Kreditlinie absorbiert, die die EU für KMU bereitgestellt hat.

Insgesamt ist klar, dass wir diese Wirtschaftshilfe für die von Herrn Posselt erwähnten Verwendungszwecke einsetzen, und ich kann ihm versichern, dass diese Gelder gut für den Schutz von Minderheiten und deren Rechten verwendet werden.

 
  
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  Reinhard Rack (PPE-DE). – Herr Kommissar, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass sehr viel EU-Fördergelder zum Schutz von Minderheiten und speziellen Anliegen der Union ausgegeben werden. Wäre es nicht auch möglich oder ist es nicht auch notwendig, sicherzustellen, dass entsprechender politischer Druck auf Serbien ausgeübt wird, in seiner Politik bestimmte Missstände gar nicht erst entstehen zu lassen bzw. seine Politik dahingehend zu verändern, dass wir nicht später mit EU-Geldern sanieren müssen?

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Ich teile die Ansicht des Herrn Abgeordneten, dass wir parallel zur Wirtschaftshilfe auch politische Mittel einsetzen müssen. Eben das tun wir in Bezug auf die Vojvodina. Wir haben diese Fragen bei der serbischen Regierung angesprochen. Ich gehe davon aus, dass wir jetzt, da das Land eine neue demokratische Regierung hat, die reform- und europaorientiert ist, eine bessere Chance haben, gehört zu werden und zu gewährleisten, dass unsere Sorgen bezüglich der Position der Vojvodina in Serbien berücksichtigt werden.

Die neue serbische Verfassung enthält detaillierte Bestimmungen in Bezug auf Menschenrechte und den Schutz von Minderheiten. Sie enthält jedoch einige missverständliche Formulierungen, was den Umfang der territorialen Dezentralisierung angeht. Das neue serbische Parlament wird eine Schlüsselrolle bei der ordnungsgemäßen Umsetzung der Verfassung spielen, und zwar insbesondere was die Verbesserung des Schutzes von Minderheiten sowie die Schaffung von Formen der örtlichen Selbstverwaltung betrifft, die sich im Einklang mit europäischen Normen befinden. Ausgehend davon ist es zu begrüßen, dass Parteien ethnischer Minderheiten dank einer Änderung des Wahlgesetzes im neuen serbischen Parlament über mehrere Sitze verfügen.

 
  
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  Zsolt László Becsey (PPE-DE). (HU) Da ich ganz in der Nähe der Vojvodina geboren bin, möchte ich die Aufmerksamkeit des Kommissars auf einige Aspekte der tatsächlichen Lage dort richten. Einer davon ist die Frage, ob es ein Problem darstellt, dass die in der Vojvodina ansässigen Angehörigen der ungarischen Minderheit in der Praxis immer noch als Kriegsverbrecher betrachtet werden. Das Gesetz der Antigone wird hier nicht geachtet, denn es wird ihnen nicht gestattet, ihre Toten zu begraben oder ihrer auch nur zu gedenken.

Oder ist es etwa kein Problem, dass es keine Gleichheit bei der Beschäftigung, der Privatisierung, in staatlichen Institutionen oder im Bildungsbereich gibt? Es wäre gut, wenn Sie noch einmal auf die Anfrage des Kollegen Posselt bezüglich der Zwangsansiedlungen antworten würden. Ich würde Herrn Olli Rehn gern eine vollständige Liste aller Vorfälle zukommen lassen, die es allein in letzter Zeit gegeben hat.

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Wie ich in unseren Fortschrittsberichten feststellte, haben wir die Lage der ungarischen Minderheit in der Vojvodina sehr sorgfältig analysiert. Wir haben diese Angelegenheiten auch mit den serbischen Behörden diskutiert, die uns versichert haben, dass sie eine verstärkte Mitarbeit von Vertretern nationaler Minderheiten im Polizei- und Justizapparat anstreben, aber sie behaupten, dass es bei geeigneten Kandidaten oftmals am Interesse mangele. Meines Erachtens sollten wir diesen politischen Druck bzw. diese politische Ermutigung unbedingt fortsetzen.

Sobald wir die Probleme gelöst haben, die die im eigenen Land vertriebenen Menschen zur Migration veranlasst haben, dürften sich unsere Chancen verbessern, die von Ihnen erwähnten Probleme zu vermeiden. Ich beziehe mich dabei natürlich insbesondere auf die Frage der Gespräche über den Status des Kosovo. Es muss eine gut durchdachte Statusregelung geben, und ich bin überzeugt davon, dass eine solche Regelung keine destabilisierende Wirkung auf ethnisch gemischte Gebiete wie die Vojvodina haben wird. Deshalb legen wir allen Beteiligten nahe, verantwortungsbewusst zu handeln. Die Kommission ist der festen Überzeugung, dass zwischen dem Kosovo und der Vojvodina keine Parallele gezogen werden kann.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 44 von Dimitrios Papadimoulis (H-0290/07)

Betrifft: Umsetzung des Seerechtsübereinkommens durch die Türkei

Die Kommission stellt in ihrer Antwort (E-0802/07) fest, dass das Seerechtsübereinkommen in der Tat Teil des gemeinschaftlichen Besitzstandes ist, von dem erwartet wird, dass die Türkei ihn nach ihrem Beitritt zur Europäischen Union übernimmt und durchsetzt. In einer früheren Antwort (E-4160/06) erklärt die Kommission, dass sie von der Türkei erwartet, dass sie den gemeinschaftlichen Besitzstand zum Zeitpunkt ihres Beitritts zur Europäischen Union übernommen und in vollem Umfang durchgeführt hat.

Warum hat die Kommission innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ihre Meinung geändert? Ist die Türkei nun verpflichtet, das Seerechtsübereinkommen „nach ihrem Beitritt zur Europäischen Union“ zu übernehmen und durchzusetzen oder muss sie den gemeinschaftlichen Besitzstand „zum Zeitpunkt ihres Beitritts zur Europäischen Union“ übernommen und in vollem Umfang durchgeführt haben? Kann die Kommission ihren Standpunkt juristisch begründen?

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Die Kommission hat ihren Standpunkt in Bezug auf die Verpflichtungen der Türkei zur Übernahme des gemeinsamen Besitzstandes nicht geändert. Es besteht kein Widerspruch zwischen den beiden Antworten, auf die sich der Herr Abgeordnete bezieht. Im Gegenteil, sie widerspiegeln ein und denselben Ansatz. Von der Türkei wird so wie von allen anderen Kandidatenländern erwartet, dass sie den gemeinsamen Besitzstand bis zum Zeitpunkt des Beitritts, also spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem sie der Europäischen Union beitritt, übernimmt und durchsetzt.

 
  
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  Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL).(EL) Herr Kommissar! In jüngster Zeit gab es zahlreiche unglückselige Zwischenfälle mit der Türkei. Die türkische Armee mischt sich offen in die politische Entwicklung ein. Die Republik Zypern erhält Drohungen, weil sie und ihre Nachbarländer – im Einklang mit dem Seerechtsübereinkommen – die Nutzung ihrer ausschließlichen Wirtschaftszone vorantreibt. 160 kurdische Kandidaten, darunter Leila Zana, wurden von den bevorstehenden Wahlen ausgeschlossen.

Stellen diese Aktionen eine Achtung des gemeinschaftlichen Besitzstands dar? Möglicherweise wird es langsam Zeit, dass die Kommission gegenüber der türkischen Führung eine deutlichere und konkretere Sprache spricht.

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Die von dem Herrn Abgeordneten angesprochenen Fragen sind äußerst wichtig, aber sie reichen über diese spezielle Frage hinaus. Leider habe ich keine Zeit, um detailliert darauf einzugehen. Ich möchte jedoch unterstreichen, dass wir gegenüber der Türkei sowohl fair als auch streng sein müssen, um die negative Entwicklung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Türkei aufzuhalten.

Mit „fair und streng“ meine ich, dass wir fair sein müssen, indem wir unser Wort und uns an unsere Zusage halten, dass die Türkei, wenn sie alle Bedingungen für einen EU-Beitritt erfüllt, der Union beitreten kann. Gleichzeitig können wir streng und rigoros sein und von der Türkei erwarten, Reformen durchzuführen und die Rechte der Bürger zu achten, so dass beispielsweise die Kurdenfrage oder die Rechte von Frauen und der Gewerkschaften in Angriff genommen werden können und das Recht auf freie Meinungsäußerung in der Türkei dank der Aussicht auf EU-Mitgliedschaft besser durchgesetzt werden kann.

Wir müssen der Türkei gegenüber also fair und streng sein.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 45 von Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (H-0340/07)

Betrifft: Politische Krise in der Türkei und Beitrittsaussichten

In den letzten Tagen ist die Türkei anlässlich der Präsidentschaftswahlen in eine tiefe politische Krise geschlittert, die gravierende Zweifel über die Funktionsfähigkeit der demokratischen Institutionen aufkommen lässt. Das türkische Verfassungsgericht erklärte den ersten Durchgang der Wahlen für ungültig, und diese Entscheidung wurde von der Regierung entschieden angezweifelt. Der Ministerpräsident erklärte, dass das parlamentarische System blockiert sei, und verlangte vorgezogene Neuwahlen, während der türkische Generalstab die Warnung aussprach, dass er die Wahl des islamischen Abdullah Gül zum Präsidenten verhindern werde.

Wie beurteilt die Kommission diese Situation in einem Land, das ein Beitrittskandidat der EU ist? Das für Erweiterungsfragen zuständige Kommissionsmitglied, Olli Rehn, erklärte, dass die Streitkräfte die Autonomie der demokratischen Verfahren respektieren müssten und dass die EU auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, des Rechtsstaats und der Souveränität der politischen Kräfte gegenüber dem Militär aufbaue, und betonte, dass die Achtung dieser Grundsätze, die zentraler Bestandteil der Kriterien von Kopenhagen sind, eine Voraussetzung für den Beitritt eines Landes zur EU sei. Stehen solche Eingriffe des Militärs nach Ansicht der Kommission im Einklang mit den Anforderungen des gemeinschaftlichen Besitzstandes? Welche Auswirkungen könnten sie auf das Beitrittsverfahren der Türkei haben? Sind weitere Reaktionen von Seiten der Kommission zu erwarten, wenn die Entwicklungen in der Türkei nicht den demokratischen Grundsätzen der EU entsprechen?

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Die türkische Regierung hat das Urteil des Verfassungsgerichts respektiert und Schritte zu dessen Umsetzung eingeleitet. Das war unabhängig von den Ereignissen, die dazu geführt haben, für die politische Stabilität des Landes von großer Bedeutung.

Um eben die politische Stabilität zu erhalten, unterbreitete die Mehrheitspartei der Großen Nationalversammlung den Vorschlag, vorgezogene Neuwahlen durchzuführen. Die Große Nationalversammlung entschied mit großer Mehrheit, dass am 22. Juli 2007 vorgezogene Neuwahlen stattfinden werden.

Die Kommission geht davon aus, dass die Parlaments- und die sich anschließenden Präsidentschaftswahlen demokratisch und in einer von einer verantwortungsvollen Debatte und politischer Stabilität geprägten Atmosphäre stattfinden werden. Was die Rolle des Militärs betrifft, so habe ich vielfach festgestellt, dass ich eine hohe Meinung von den türkischen Streitkräften habe, was die Erfüllung ihrer Pflichten bei der Landesverteidigung und ihren Beitrag zum internationalen Frieden betrifft, aber, wie ich nach der Erklärung des Stabschefs Ende April sagte, muss das Militär die demokratische Entscheidungsfindung den demokratisch gewählten Gremien der Türkei überlassen.

Es sollte eigentlich auf der Hand liegen, dass ein Land, das der Europäischen Union beitreten will, sämtliche demokratischen Prinzipien respektiert, einschließlich der Dominanz der demokratisch gewählten Gremien in den Beziehungen zwischen dem zivilen Bereich und dem Militär, und das befindet sich meiner Ansicht in völligem Einklang mit einer säkularen Demokratie bzw. dem demokratischen Säkularismus, wie er in der türkischen Verfassung verankert ist.

Sobald das neue Parlament gewählt und die neue Regierung im Amt ist, muss die Türkei unbedingt die legislative Arbeit neu beleben und mit frischer Kraft an die Durchführung der Reformen gehen, die zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit und der Grundfreiheiten im Lande beitragen werden.

 
  
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  Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (PPE-DE).(EL) Ich danke Ihnen für Ihre Antwort, Herr Kommissar. Sie waren wiederum gezwungen, etwas zu wiederholen, was Sie der Türkei bei zahlreichen Gelegenheiten – wie Sie selbst bemerkten – in Bezug auf die Stellung, die sie als Beitrittskandidat der Europäischen Union einnehmen muss, gesagt haben.

Ich möchte Sie fragen, ob diese Krise nicht mehr zum Vorschein gebracht hat, ob sie nicht eine Schwäche aufgezeigt hat. Haben Sie nicht auch zu anderen Mitteln gegenüber den politischen und militärischen Akteuren gegriffen? Ich nehme doch an, dass Sie Ihre ermahnenden Worte während Ihrer Begegnungen wiederholt und öffentlich ausgesprochen haben.

Ich wollte mit meiner Frage nur in Erfahrung bringen, ob Sie angesichts des Ernstes der Krise und der Dinge, die sie ans Licht gebracht hat, weiter gegangen sind.

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Vielen Dank für diese sehr wichtige Frage, Frau Kratsa-Tsagaropoulou. Ich führe sogar sehr viele Gespräche mit der türkischen Regierung – nach Meinung einiger Leute in Europa sogar zu viele! Doch in Zeiten politischer oder konstitutioneller Krisen, in denen sich die Türkei befand und meiner Meinung nach derzeit befindet, ist es besonders wichtig, dass wir die Kommunikation aufrechterhalten und intensive Gespräche mit der türkischen Regierung und allen wichtigen Akteuren in der türkischen Gesellschaft führen, um klarzustellen, welche Erwartungen die Europäische Union mit einem potenziellen EU-Beitritt der Türkei verbindet. Natürlich bildet die Dominanz der demokratisch gewählten Gremien in den Beziehungen zwischen dem zivilen Bereich und dem Militär dabei eine Hauptvoraussetzung.

Wie die Kommission Anfang Mai nach meiner Erklärung in Bezug auf das politische Eingreifen des türkischen Militärs in dieser angespannten Situation eindeutig feststellte, gründet sich die Europäische Union auf die Grundsätze der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit und den Vorrang der demokratischen und zivilen Macht vor der des Militärs. Wenn ein Land Mitglied der Union werden will, dann muss es diese Prinzipien anerkennen. Das ist der Kern der Kopenhagener Kriterien für den EU-Beitritt. Das wurde gegenüber der türkischen Regierung und sonstigen politischen Akteuren in der Türkei eindeutig klargemacht und auch den türkischen Bürgern über die türkischen Medien vermittelt. Mehr Lautstärke dürfte da meines Erachtens wenig hilfreich sein. Stattdessen brauchen wir Klarheit und Präzision, und was unsere Erklärung betrifft, so ist unsere Erklärung vom 2. Mai an Deutlichkeit nicht zu übertreffen.

 
  
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  Κonstantinos Hatzidakis (PPE-DE).(EL) Herr Kommissar! Ich gehöre nicht zu denen, die wollen, dass die Türkei zu einer unkontrollierbaren Macht in dem Gebiet wird. Andererseits frage ich mich, welches Verfassungsgericht in einem demokratischen Land, nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt, entschieden hätte, dass ein Quorum von zwei Dritteln für die Wahl des Präsidenten der Republik erforderlich ist!

Damit wäre die Opposition eines jeden Landes in der Lage, die Wahl des Präsidenten der Republik zu kontrollieren.

Die Kommission stellte in ihrer Erklärung fest, dass sie die Rechtsstaatlichkeit und ihre Vorschriften respektiert und sich nicht in türkische Angelegenheiten einmischen möchte. Aber handelt es sich hier um Rechtsstaatlichkeit? Meiner Ansicht nach war die Erklärung der Kommission nicht ausgewogen.

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. (EN) Vielen Dank für Ihre Anschlussfrage, Herr Hatzidakis, sowie für Ihre eigene Frage, in der Sie der Kommission in ihrer Stellungnahme „zuviel Toleranz“ vorgeworfen haben. Sie haben ferner eine eindeutigere Formulierung gefordert.

Als Kommissar muss ich wiederholen, was ich bereits gesagt habe, dass ich nämlich nicht an mehr Lautstärke oder eine Megaphon-Diplomatie glaube. Ich glaube an Klarheit, Präzision und Konsequenz. Diesbezüglich sind wir mit dem Herrn Abgeordneten meines Erachtens einer Meinung, denn wir haben, wie ich bereits sagte, wiederholt auf die Bedeutung des Vorrangs der demokratischen und zivilen Macht vor der militärischen verwiesen. Gleichzeitig kommt es aber auch darauf an, die Beitrittsverhandlungen aufrechtzuerhalten und dabei praktische Fortschritte zu erzielen, denn worum es den Nationalisten in der Türkei wirklich geht, das ist ein Abbruch der Beitrittsverhandlungen. Das Geschenk möchte ich den türkischen Nationalisten nicht machen. Dagegen ist es viel besser, den EU-Beitritt der Türkei anzustreben, den Beitrittsprozess am Leben zu erhalten und auf das gemeinsame Ziel hinzuarbeiten, denn nur so kann sich die Türkei zu einem europäischeren, demokratischeren Land entwickeln, in dem die Rechtsstaatlichkeit und die Grundfreiheiten respektiert werden.

Was Ihren Verweis auf das Verfassungsgericht betrifft, so kann ich Ihre Frage nachvollziehen, und wir haben das Urteil des Verfassungsgerichts ebenfalls zur Kenntnis genommen. Ich möchte eine Feststellung des Kollegiums der Kommissare vom 2. Mai zitieren, als wir diese Angelegenheit diskutierten und unseren Standpunkt gegenüber der türkischen Regierung und der türkischen Öffentlichkeit deutlich machten. Wir stellten fest, dass diese rechtmäßige Entscheidung des Verfassungsgerichts unabhängig von den bedauerlichen Ereignissen, die diesem Urteil vorausgingen, jetzt von allen Parteien respektiert werden sollte, weil die Achtung staatlicher Institutionen eine Grundvoraussetzung für politische Stabilität darstellt. Das ist doch recht deutlich.

Ferner haben wir erklärt, dass die Europäische Kommission unter diesen Umständen die Ankündigung von baldigen Neuwahlen zur Gewährleistung der politischen Stabilität und der demokratischen Entwicklung in der Türkei begrüßt. Auch hier kann man kaum deutlicher werden.

 
  
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  Der Präsident. – Die Anfragen, die aus Zeitgründen nicht behandelt wurden, werden schriftlich beantwortet (siehe Anlage).

Die Fragestunde ist geschlossen.

(Die Sitzung wird um 20.05 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: MAREK SIWIEC
Vizepräsident

 
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