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Verfahren : 2006/2240(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0068/2007

Eingereichte Texte :

A6-0068/2007

Aussprachen :

PV 23/05/2007 - 4
CRE 23/05/2007 - 4

Abstimmungen :

PV 23/05/2007 - 5.11
CRE 23/05/2007 - 5.11
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2007)0206

Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 23. Mai 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.

4. Förderung menschenwürdiger Arbeit für alle (Aussprache)
Protokoll
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  Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Marie Panayotopoulos-Cassiotou im Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über das Thema „Menschenwürdige Arbeit für alle fördern“ (2006/2240(INI)) (A6-0068/2007).

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE) , Berichterstatterin – (EL) Frau Präsidentin! Gestatten Sie mir, kurz zu warten, bis der Herr Kommissar Platz genommen hat, und nehmen Sie bitte noch nicht die Zeit.

Der Begriff der menschenwürdigen Arbeit als Sammelbegriff für die Regelungen und Vorschriften, die die Achtung des Arbeitnehmers als Menschen gewährleisten, wurde im Jahre 2000 von der Internationalen Arbeitsorganisation eingeführt und im Rahmen der Anstrengungen zum Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele gemäß den Empfehlungen des UN-Gipfels der Staats- und Regierungschefs im September 2005 zu einem auf internationaler Ebene verfolgten Ziel weiterentwickelt.

Im Juli 2006 nahm das Hochrangige Segment des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen eine Erklärung an, in der die Priorität der Anstrengungen zum Erreichen des Ziels, eine produktive und menschenwürdige Vollzeitbeschäftigung für alle zu erreichen, betont wurde.

Der Begriff, der auf das aus dem Lateinischen stammende Adjektiv ‘decent’ zurückgeht, hat die Bedeutung Gewähren, Zugestehen, damit der Anstand gewahrt wird. Das griechische Wort für Würde betont die Notwendigkeit, etwas Wert beizumessen. Das deutsche Adjektiv „menschenwürdig“ leitet sich jedoch vollauf von dem Ziel eines universellen Bemühens ab, da es das Wort Würde mit dem Wort Mensch verbindet.

Die Mitteilung der Kommission über die Förderung der menschenwürdigen Arbeit für alle legt die Grundlagen für einen strukturierten Beitrag der Europäischen Union zur Umsetzung sämtlicher Ziele des integrierten Konzeptes der menschlichen Arbeit unter den Bedingungen der Freiheit, Gleichheit, Sicherheit und Menschenwürde.

Die vier Grundpfeiler des Konzepts der menschenwürdigen Arbeit sind bekanntlich die Schaffung von Arbeitsplätzen unter Gewährleistung einer produktiven Beschäftigung und der Wahlfreiheit, die Garantie von Rechten, der umfassende Sozialschutz und die Gewährleistung von Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften sowie die Förderung des sozialen Dialogs und der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten, wobei all diese Pfeiler horizontal von der Dimension der Achtung der Gleichstellung von Mann und Frau durchdrungen sind.

Fünf Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation gewährleisten die grundlegenden Beschäftigungsrechte: Gewerkschaftsfreiheit, Förderung von Tarifverträgen, Beseitigung der Kinderarbeit und gleiche Bezahlung für Männer und Frauen. Wir hoffen, dass auch die anderen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, die noch zur Ratifizierung anstehen, unterzeichnet und umgesetzt werden.

Nach dem Beschluss des Rates im Dezember 2006 begrüßt der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten des Europäischen Parlaments in seinem Bericht die Ziele der Kommission. Die Ziele müssen darauf ausgerichtet sein:

- sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt zu erreichen und sicherzustellen, dass er allen zugute kommt;

- das Unternehmertum zu stärken, indem die Ausgaben an die wechselnden Phasen des Konjunkturzyklus angepasst werden;

- eine aktive Arbeitsmarktpolitik als ein Element makroökonomischer Politik zu gestalten;

- die institutionellen Kapazitäten im Hinblick auf die Beteiligung der Sozialpartner zu stärken und den sozialen Dialog zu entwickeln;

- die Beschäftigungsfähigkeit aller Arbeitnehmer, insbesondere von Frauen, jungen und älteren Menschen, mithilfe modernisierter Bildungssysteme zu entwickeln;

- das lebenslange Lernen zu etablieren, damit jeder von den Fortschritten in Wissenschaft, Technik und Kommunikation profitieren kann, und es an die gestiegenen Anforderungen in Bezug auf Qualifikationen und berufliche Fähigkeiten anzupassen.

Sicherlich gibt es für die sozialpolitischen Maßnahmen und Regelungen auf dem Arbeitsmark kein Modell, das das einzig wahre ist. Die Europäische Union ist stolz, da es neben den Anstrengungen, die die Mitgliedstaaten auf breiter Front zur Ratifizierung der internationalen IAO-Übereinkommen unternehmen, eben gerade die Wirtschaftskraft ist, die die gemeinsamen Merkmale des sozialen Bewusstseins in umfassender Weise repräsentiert. Das europäische Sozialmodell zielt ab auf Produktivität und wirtschaftliche Leistungskraft zum Nutzen aller, ein hohes Niveau an sozialen Leistungen, die Einhaltung von Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften, Gewährleistung der Ausbildung, Weiterbildung und Schulung von Menschen aller Altersstufen und von Arbeitnehmern jeglicher Kategorie sowie auf sozialen Dialog und Chancengleichheit für alle.

Die Europäische Beschäftigungsstrategie, die Strategien zur sozialen Absicherung und sozialen Eingliederung, die nationalen Reformprogramme, die überarbeitete Lissabon-Strategie zur Entwicklung und Beschäftigung, die den gemeinschaftlichen Besitzstand bewahrt und verbessert, sowie die Europäische Strategie für nachhaltige Entwicklung stellen den Fahrplan dar, den die Europäische Union verfolgt, um die Ziele im Hinblick auf Verwirklichung der menschenwürdigen Arbeit zu erreichen.

Die menschenwürdige Arbeit ist auch eine Sache der Governance. Die Umsetzung effektiver politischer Maßnahmen, die der Gewährleistung menschenwürdiger Arbeit dienen, erfordert verantwortungsbewusste Institutionen, eine politische Verpflichtung für eine verantwortungsvolle Staatsführung und eine aktive und organisierte Zivilgesellschaft.

Was die Europäische Union betrifft, so hoffe ich, dass es ihr gelingen wird, die Flexibilität des Marktes mit der garantierten Sicherheit für die Arbeitnehmer in Einklang zu bringen. Die wirtschaftliche Globalisierung, die Globalisierung der Märkte, Technologien, der Kommunikation und der Beschäftigung sind ein Phänomen, das durch die Stärkung der wirtschaftlichen Multipolarität noch beschleunigt werden soll.

China erweist sich dabei als führend, ebenso wie Indien und andere Wirtschaftsmächte. Gleichzeitig beginnt sich eine Kluft zwischen Reich und Arm herauszubilden, selbst in den entwickelten und industrialisierten Ländern. Es ist an der Zeit, dass die Europäische Union der Welt zeigt, worin ihre Werte bestehen.

Mit diesem Bericht unterstützt das Europäische Parlament die Intention der Europäischen Kommission, das Thema menschenwürdige Arbeit in ihre außenpolitischen Aktivitäten sowie in ihre Zusammenarbeit mit den Institutionen der UNO, mit nationalen und regionalen Organisationen, den Sozialpartnern und anderen Bereichen der Zivilgesellschaft einzubeziehen.

Die Kommission und die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, die Bemühungen um die Gewährleistung menschenwürdiger Arbeit in den Programmen zur externen Zusammenarbeit und Handelspolitik effektiver zu koordinieren und die Umsetzung der nationalen Programme der IAO zur menschenwürdigen Arbeit zu unterstützen.

Ich danke den drei Ausschüssen für ihre Stellungnahmen und sage all jenen Dank, die mich bei der Präsentation dieses Berichts unterstützt haben.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete! Ich danke Frau Panayatopoulos-Cassiotou für ihren Bericht. Mehrere parlamentarische Fraktionen haben daran gearbeitet, und es handelt sich zweifelsohne um einen ausgezeichneten Bericht. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass menschenwürdige Arbeit eine von der Internationalen Arbeitsorganisation initiierte weltweite Initiative ist. Und dank des unermüdlichen Engagements seitens der EU ist es eine wirklich weltweite Initiative geworden, die von immer mehr Ländern unterstützt wird.

Das Konzept der menschenwürdigen Arbeit hat Rückhalt im Rat gefunden und war kürzlich auch Gegenstand eines Treffens der Arbeits- und Sozialminister im Rahmen des G8-Gipfels. Die Kommission schließt sich uneingeschränkt der Auffassung des Parlaments an, dass die Grundelemente menschenwürdiger Arbeit – soziale Unterstützung, soziale Kohäsion, würdige Arbeit und freie gewerkschaftliche Betätigung – in alle internationalen Kontakte, ob auf bilateraler oder multilateraler Ebene, sowie beim Aufbau individueller Projekte mit Drittländern einbezogen werden sollten. Dies steht voll und ganz in Einklang mit der sozialen Agenda der Kommission und mit den wichtigsten Leitlinien, die in der zuvor genannten Mitteilung enthalten sind.

Auch wenn das Projekt zunehmende Unterstützung erfährt, ist es mehr als deutlich, dass noch großer Handlungsbedarf besteht. Meines Erachtens muss zuallererst gewährleistet werden, dass alle ILO-Übereinkommen in der EU ratifiziert werden. Insofern nutzt die Kommission die ihr zur Verfügung stehenden Mittel, und wir sind derzeit stark in die Ratifizierungsverfahren und den sozialen Dialog im Zusammenhang mit den neuen Übereinkommen für Seeleute eingebunden.

Verehrte Abgeordnete, die Initiative „menschenwürdige Arbeit“ beruht ganz klar auf einer starken ethischen Grundlage. Außerdem wird uns diese Initiative ermöglichen, Prinzipien für die Globalisierung zu formulieren, so dass wir ihre Vorteile nutzen können und gleichzeitig ihre Nachteile minimieren. Es ist daher ein sehr lebendiger Prozess, und die Kommission wird aus den Chancen, die er mit sich bringt, auf jeden Fall das Beste machen.

 
  
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  Feleknas Uca (GUE/NGL), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Entwicklungsausschusses. – Frau Präsidentin! Die Hälfte der Arbeitnehmer in der Welt hat ein Einkommen von weniger als zwei Dollar am Tag, und die Hälfte der Weltbevölkerung verfügt über keinerlei Sozialschutz. Jedes Jahr sterben zwei Millionen Menschen bei Arbeitsunfällen und an Berufskrankheiten, und mehr als 160 Millionen Arbeitnehmer erkranken wegen arbeitsbedingter Risiken.

Die offiziell registrierte Arbeitslosigkeit ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Armen können es sich gar nicht leisten, nichts zu tun. Viele arbeiten Stunde um Stunde unter oftmals unzumutbaren Bedingungen, um wenigstens etwas zu verdienen. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten sollten alles daran setzen, die Förderung menschenwürdiger Arbeit bei der Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele umfassend zu berücksichtigen. Wir brauchen eine gerechte und innovative Steuerpolitik. Ich denke hierbei beispielsweise an die Besteuerung von Finanz- und Währungstransaktionen. Konzerne, die in Entwicklungsländern wiederholt gegen Menschenrechte und Arbeitsrechte verstoßen, müssen durch Sanktionen zur Einhaltung der Kriterien menschenwürdiger Arbeit gebracht werden. Ein Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Beschaffungsaufträge sowie von Exportkreditgarantien internationaler Finanzinstitutionen wäre hierfür ein geeignetes Mittel. Wir brauchen eine europäische Entwicklungs- und Handelspolitik, die die Menschen in die Lage versetzt, ihr Leben ökonomisch ...

(Die Präsidentin entzieht der Rednerin das Wort.)

 
  
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  Harlem Désir (PSE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für internationalen Handel. (FR) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, sehr geehrte Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich unserer Berichterstatterin Maria Panayotopoulos-Cassiotou für den Willen zur Zusammenarbeit, den sie gezeigt hat, und für die Qualität ihrer Arbeit danken.

Seit dem Gipfeltreffen der Vereinten Nationen im Jahr 2005 ist die Förderung menschenwürdiger Arbeit anerkanntes Ziel der gesamten internationalen Gemeinschaft. In ihrer Mitteilung hat die Europäische Kommission begonnen, die offenen Fragen diesbezüglich zu erörtern, nicht zuletzt die internationale Dimension. Ich beziehe mich auf die externen Politikbereiche der EU, insbesondere auf den internationalen Handel, weshalb sich der Ausschuss für internationalen Handel damit befasst hat.

Ich möchte mich also auf diesen Aspekt konzentrieren und meine Freude darüber ausdrücken, dass das Parlament mit diesem Bericht einige konkrete Vorschläge aufgreift, die von meiner Fraktion eingereicht wurden. Diese bereits in der Stellungnahme des Ausschusses für internationalen Handel angenommenen Vorschläge werden es ermöglichen, eine neue EU-Politik in die Wege zu leiten, die auf die Förderung sozialer Normen auf internationaler Ebene abzielt.

Erstens macht die EU bereits die Unterzeichnung von Handelsvorzugsverträgen mit Entwicklungsländern von der Ratifizierung der Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation abhängig. Jetzt fordern wir, dass es bestraft wird, dass die gewährten Präferenzen ausgesetzt werden, wenn Länder systematisch gegen grundlegende Arbeitsnormen und insbesondere gegen die Vereinigungsfreiheit verstoßen.

Zweitens müssen alle künftigen bilateralen Handelsabkommen und insbesondere die neuen Freihandelsabkommen, die im Rahmen der Strategie für ein globales Europa abgeschlossen werden sollen, Sozialklauseln für menschenwürdige Arbeitsbedingungen enthalten.

Drittens darf die multilaterale Dimension nicht vernachlässigt werden, denn der Großteil des Handels wird heute vom multilateralen Rahmen, den die WTO vorgibt, bestimmt. Die Kommissionsmitteilung erwähnt diesen jedoch mit keinem Wort.

Die Debatte muss daher im Rahmen der WTO wieder eröffnet werden. Europa könnte in dieser Hinsicht einige Initiativen ergreifen. Erstens könnte es innerhalb der WTO die Einrichtung eines Ausschusses „Handel und menschenwürdige Arbeit“ nach dem Muster des Ausschusses „Handel und Umwelt“ vorschlagen, der bedeutende Fortschritte ermöglicht hat. Zweitens könnte Europa fordern, dass der IAO ein Beobachterstatus bei der WTO eingeräumt wird. Drittens könnte es fordern, dass der Vorrang der Beschlüsse der Internationalen Arbeitsorganisation anerkannt wird, wenn Letztere beschließt, zu Handelssanktionen gegen Länder wie Burma aufzurufen, das scheinbar die Gewerkschaftsrechte missachtet.

Wir haben auch einige andere konkrete Vorschläge unterbreitet. Ich denke, dass es in unserem Interesse ist, eine Art geregelte Globalisierung zu fördern, die…

(Die Präsidentin entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Philip Bushill-Matthews, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Der Kommissar hat uns an die weltweite Initiative zur Förderung menschenwürdiger Arbeit erinnert, die vor kurzem von den G8-Staaten verabschiedet worden ist. Auf einem UN-Gipfel im September 2005 kamen 150 führende internationale Politiker überein, das Konzept menschenwürdiger Arbeit der Internationalen Arbeitsorganisation zu einem zentralen Ziel ihrer eigenen nationalen Politiken zu machen. Im Wesentlichen betrifft diese Agenda natürlich die Länder, in denen ein solches Konzept noch nicht existiert. In Europa sind die Rahmen, die die Bedingungen für menschenwürdige Arbeit schaffen, weitgehend vorhanden, wenngleich auch hier die Umsetzung noch verbessert werden kann.

Die Berichterstatterin hat bei der Erarbeitung dieses Berichts für das Parlament nicht nur großes persönliches Engagement bewiesen, sie hat auch gezeigt, dass ein Mitglied der Mitte-Rechts-Familie eine Vorreiterrolle bei dieser wichtigen Agenda übernehmen und zudem breite parteiübergreifende Unterstützung erreichen kann.

Nichtsdestoweniger hat es im Ausschuss eine Reihe von knappen Abstimmungen gegeben, die die generelle Ausgewogenheit des Berichts durch die Aufnahme neuer Punkte oder Ziffern verändert haben. Wir hoffen nun, dass wir hier bei der heutigen abschließenden Abstimmung im Haus durch Kompromisse mit anderen Fraktionen noch Änderungen erreichen können, entweder durch die Streichung oder die Korrektur der betreffenden Stellen. Bei der Förderung des Konzepts menschenwürdiger Arbeit sollten wir alle an einem Strang ziehen.

Das Parlament kann den Mitgliedstaaten natürlich nicht vorschreiben, was sie in diesem Bereich zu tun haben, und das ist auch gut so. Die Entscheidung liegt bei den Regierungen der Mitgliedstaaten. Alle betroffenen Regierungen sollten jedoch anerkennen, dass lebenslange Lernangebote wichtig sind, dass die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt aktiv verbessert werden muss, dass sehr viel mehr als bisher getan werden muss, um die Vereinbarkeit von Familien- bzw. Privat- und Berufsleben zu gewährleisten, und dass vor allen Dingen die Entwicklungsländer unterstützt werden müssen.

Dies ist ein Bericht, der alle Aspekte berücksichtigt und der von möglichst vielen gelesen werden sollte.

 
  
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  Stephen Hughes, im Namen der PSE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte der Berichterstatterin für ihren ausgezeichneten Bericht danken. Dieser Bericht beinhaltet eine sehr umfangreiche Entschließung mit insgesamt 94 Ziffern, deren wesentlicher Inhalt meiner Meinung nach in zwei Abschnitten zusammengefasst ist.

In Erwägung V heißt es, dass es „um die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union in sozial nachhaltiger Weise zu stärken, […] notwendig ist, die Produktivität zu erhöhen mittels Förderung menschenwürdiger Arbeit und der Qualität des Arbeitslebens, einschließlich der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, einer besseren Ausgewogenheit zwischen Arbeitsplatzflexibilität und -sicherheit, lebenslangem Lernen, gegenseitigem Vertrauen und Mitbestimmung sowie einer besseren Vereinbarkeit von Familien- bzw. Privat- und Berufsleben; […] dass die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts sowie jede andere Form von Diskriminierung zu bekämpfen […] ist.“

In Ziffer 6 wird die Kommission aufgefordert, „eine bessere Durchführung der innen- und außenpolitischen Maßnahmen der EU, insbesondere auf den Gebieten Entwicklung, Außenhilfe, Erweiterung, Nachbarschaftspolitik, Handel, Zuwanderung sowie bilaterale und multilaterale Außenbeziehungen, zur Förderung der Agenda für menschenwürdige Arbeit in die Tat umzusetzen.“

Würde der Inhalt dieser beiden Abschnitte vollständig umgesetzt, hätte die EU nicht nur innerhalb ihrer eigenen Grenzen, sondern weltweit große Fortschritte in der Förderung der Agenda für menschenwürdige Arbeit erreicht.

Wichtig sind aus meiner Sicht auch die Ziffern 46, 48 und 51, in denen es im Wesentlichen darum geht, dass europäische multinationale Unternehmen in ihrer weltweiten Geschäftstätigkeit ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden müssen. Sie basieren auf der Arbeit, die wir in diesem Bereich bereits geleistet haben.

In mehreren Ziffern wird hervorgehoben, dass die EU ihre starke Position in Handel und Wirtschaft zur weltweiten Förderung der Agenda für menschenwürdige Arbeit nutzen muss. In Ziffer 8 zum Beispiel wird die vollständige und ordnungsgemäße Umsetzung des APS+ gefordert, im Einklang mit der Debatte, die wir letztes Jahr mit Kommissar Mandelson über dieses Thema geführt haben.

Abschließend möchte ich Ziffer 47 besonders hervorheben. Hier wird die Entwicklung „eines Siegels für Produkte gefordert, die unter Bedingungen hergestellt werden, die die Grundsätze menschenwürdiger Arbeit und die grundlegenden Arbeitsnormen einhalten und insbesondere jeglichen Beitrag von Kinderarbeit ausschließen.“ Geben wir den europäischen Verbrauchern die Möglichkeit, die Agenda für menschenwürdige Arbeit durch ihre täglichen Kaufentscheidungen zu fördern.

 
  
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  Ona Juknevičienė, im Namen der ALDE-Fraktion. – (LT) Frau Präsidentin! Herr Kommissar! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich die Berichterstatterin, Marie Panayotopoulos-Cassiotou, zur Erstellung dieses so bedeutsamen Dokuments beglückwünschen und ihr für die Zusammenarbeit im Rahmen der Diskussion von Änderungen und bei der Suche nach Kompromissen danken.

Heute sprechen wir über den Versuch, menschenwürdige Arbeitsbedingungen für alle Menschen zu schaffen, unabhängig davon, ob sie in der Europäischen Union oder außerhalb der EU-Grenzen leben.

Die Initiative der Kommission erfährt meine uneingeschränkte Unterstützung, da die Steigerung der Beschäftigungszahlen und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu den wichtigsten Aufgaben gehören, die nicht auf die lange Bank geschoben werden sollten. Angesichts der Tatsache, dass wir über menschenwürdige Arbeit für alle Menschen sprechen, lohnt es sich, die Arbeitsbedingungen in der EU genauer unter die Lupe zu nehmen.

Kürzlich sprachen unsere Kollegin, Baronin Sarah Ludford, und ich in London mit einigen litauischen Bürgerinnen und Bürgern, die dort leben und arbeiten, sowie mit Vertretern von Gewerkschaften und Angestellten der litauischen Botschaft.

Offenbar können die meisten Litauerinnen und Litauer, die in London arbeiten, nur von menschenwürdigen Arbeitsbedingungen träumen. Arbeitsvermittlungsagenturen verletzen häufig die Gesetze, indem sie illegale Zahlungen für Arbeitsvermittlung und die Erstellung von Dokumenten verlangen. Sie nehmen den Menschen die Pässe ab und geben diese nicht zurück. Besonders schamlos ist die Ausbeutung im Hotelgewerbe, wo Arbeitgeber nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn zahlen. Nach diesem Besuch bezeichnete Sarah Ludford die litauischen Bürger in London als die Sklaven des 21. Jahrhunderts.

Herr Kommissar! Wir haben in Dublin eine Agentur, die für die Untersuchung der Arbeits- und Lebensbedingungen zuständig ist. Ich habe mehr als einmal mit dem Leiter der Agentur gesprochen und um eine Untersuchung gebeten. Jetzt fordere ich Sie, Herr Kommissar, auf, mit Hilfe dieser Agentur eine Untersuchung zur wirtschaftlichen, sozialen und psychologischen Ausbeutung von Migranten in der EU durchzuführen und Gegenmaßnahmen vorzuschlagen

Ich unterstütze den Standpunkt der Berichterstatterin, wonach die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat sämtliche politischen Mittel zur Verfügung stellen sollte, die erforderlich sind, um menschenwürdige Arbeitsbedingungen für die Bürger Europas zu schaffen. Außerdem sollte sie über deren Wirksamkeit Bericht erstatten.

 
  
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  Zdzisław Zbigniew Podkański, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Frau Präsidentin! Die Globalisierung innerhalb der Europäischen Union und weltweit bringt gewaltige Veränderungen in den Bereichen Eigentum, Kultur und Gesellschaft mit sich.

Die Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung und im Lebensstandard haben zu einer starken Wirtschaftsmigration geführt. Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation zufolge gibt es weltweit etwa 192 Millionen Erwerbslose und 86 Millionen Wanderarbeitskräfte, davon 34 Millionen in den Entwicklungsregionen.

Menschen, die Hunger leiden, sind bereit, ihr Heim und ihre Familie zu verlassen und jede Arbeit anzunehmen, die sie finden können; dadurch geraten sie oft in die Fänge von Kriminellen. Die Zahlen sind schockierend: Nach Angaben der IAO gab es allein im Jahr 2004 ca. 2,54 Millionen Zwangsarbeiter, von denen etwa 43 % sexuell ausgebeutet wurden.

Weshalb geschieht so etwas? Warum sind so viele Länder, darunter auch einige in der Europäischen Union, nicht in der Lage, dieses Problem unter Kontrolle zu bringen?

Die Antwort ist einfach: Das Kapital ist wichtiger als der Mensch, die Reichen ignorieren die Armen. Globalisierung und Liberalisierung begünstigen also ...

(Die Präsidentin entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Sepp Kusstatscher, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Der vorliegende Bericht enthält eine Menge guter Ideen und positiver Anregungen für menschenwürdige Arbeit. Danke, Frau Panayotopoulos-Cassiotou! Wir sollten bei unseren Forderungen aber auch bedenken, dass es in der EU mehr als 20 Millionen Arbeitslose gibt, die vielfach ausgegrenzt und stigmatisiert sind. Ebenso sollte man nicht vergessen, dass immer mehr Arbeitnehmer trotz Beschäftigung nicht das Lebensnotwendige verdienen und dass durch so genannte prekäre Arbeitsverhältnisse Arbeits- und Steuerrecht umgangen und vor allem junge Leute regelrecht ausgebeutet werden. Nebenbei wächst die Wirtschaft und steigt das Bruttosozialprodukt. Um eine gerechte Gesellschaft ohne Armut und ohne Ausgrenzung aufzubauen, bedarf es eines radikalen Paradigmenwechsels. Der beste Ansatz steckt in der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle. Die Kommission wäre gut beraten, dieses Konzept gemeinsam mit dem Rat gründlich zu prüfen.

 
  
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  Kyriacos Triantaphyllides, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Frau Präsidentin! Der Bericht der Kollegin ist im Großen und Ganzen zufriedenstellend. Das heißt, dass er das Konzept der menschenwürdigen Arbeit im Einklang mit der institutionellen Position der Internationalen Arbeitsorganisation fördert, ist meines Erachtens positiv.

Was jedoch das reine Konzept der menschenwürdigen Arbeit und die Umsetzung dieses Konzepts im Rahmen aller außenpolitischen Aktivitäten der Europäischen Union betrifft, so gibt es nach wie vor viel zu tun.

Das Gleichgewicht zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung sowie der sozialen und der beschäftigungspolitischen Entwicklung zu gewährleisten, das stellt für die Union gegenwärtig eine einzigartige Gelegenheit dar. Deshalb ist es erforderlich, die Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt sehr sorgfältig zu analysieren, und zwar nicht nur auf der Ebene der Beschäftigung, sondern auch im Hinblick auf seine Natur und seine Qualität, das heißt auf menschenwürdige Arbeit.

Und schließlich müssen wir als die Europäische Union dafür sorgen, dass die Gleichstellung der Geschlechter im Rahmen der Politik zur Gewährleistung der menschenwürdigen Arbeit durch integrierte und besser koordinierte globale Maßnahmen gefördert wird, die dazu dienen, die Nichtdiskriminierung und Gleichberechtigung sicherzustellen.

 
  
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  Derek Roland Clark, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Jeder von uns wünscht sich doch eine menschenwürdige Arbeit. Die Reinigung einer Kläranlage bei jedem Wetter, knietief im Morast zu stehen, um eine defekte Gasleitung zu reparieren, oder Asbest aus dem Berlaymont-Gebäude zu entfernen, kann man wohl kaum als menschenwürdige Arbeit bezeichnen, aber irgendjemand muss diese Arbeit tun. Oder wird eine menschenunwürdige Arbeit durch eine großzügige Bezahlung zu menschenwürdiger Arbeit?

Deshalb frage ich mich, was es mit Ziffer 82 auf sich hat, in der es um die Vereinbarung einer gemeinsamen Standarddefinition für Zwangsarbeit geht. Zwangsarbeit? Hier in der EU? Oder bezieht sich dies auf die Ausbeutung von Menschen, die Opfer des Menschenhandels geworden sind? Hier ist ein hartes Vorgehen notwendig, und der beste Weg dazu ist die Wiederherstellung der nationalen Grenzen und die gründliche Kontrolle aller, die diese Grenzen passieren wollen. Derzeit kann sich von der russischen Grenze bis zur Atlantikküste jedermann frei bewegen. Kein Wunder, dass der Menschenhandel, und in seinem Gefolge die Zwangsarbeit, ein enormes Ausmaß angenommen haben.

 
  
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  Cristian Stănescu, în numele grupului ITS. – Consecinţele sărăciei, ale excluziunii sociale, nu numai la nivel european, dar şi la nivel global, sunt devastatoare. Un trai decent în Europa se va baza pe atenţia pe care Uniunea o va da oamenilor care nu au un loc de muncă, acţiune susţinută prin propagarea principiilor sociale şi de politică externă. Desigur, este necesară armonizarea dialogului între instituţii, iar Comisia Europeană are un rol vital în aplicarea legislaţiei şi a responsabilităţilor care-i sunt conferite. Contribuţia organizaţiilor internaţionale, documentele prezentate în preambul de către raportor sunt de mare valoare pentru aprecierea obiectivă a acestui aspect, dar nu şi suficientă, fiindcă trebuie avute în vedere şi firmele private care pot asigura locuri de muncă şi pot oferi premisele creşterii economice şi implicit o viaţă mai bună. Prioritatea raportului dezbătut astăzi la Strasbourg sper să devină şi prioritatea guvernelor naţionale, care trebuie să pună cap la cap piesele acestui puzzle şi să elaboreze strategii socio-economice puternice pentru a se crea locuri de muncă, cu respectarea strictă a drepturilor fundamentale ale cetăţenilor şi cu combaterea încălcării dreptului la muncă. În acest context amintesc hărţuirea, exploatarea şi violenţa la locul de muncă, realităţi menţionate şi în raport şi la care nu trebuie să asistăm fără să dăm o replică pe măsură. Siguranţa şi ocrotirea sănătăţii la locul de muncă sunt alte subiecte propuse atenţiei, deoarece sunt condiţii esenţiale pentru asigurarea unei munci de calitate într-o Europă modernă. Globalizarea, politicile orientate pe principii greşite, delocalizarea masivă a întreprinderilor şi transferarea lor în afara graniţelor Uniunii Europene afectează cel mai mult piaţa de muncă şi relaţiile sociale în contextul strategiei de dezvoltare durabilă. Precaritatea sistemului trebuie stopată prin încurajarea legislaţiilor naţionale în domeniu, reformarea sistemului de învăţământ în zonele rurale şi acordarea unor facilităţi...

 
  
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  Alessandro Battilocchio (NI). – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich danke der Kommission und der Berichterstatterin für ihren Entschluss, ein so wichtiges Thema anzupacken. Ich werde nicht näher darauf eingehen, wie notwendig es ist, dafür Sorge zu tragen, dass alle Länder der Union und insbesondere die neuen Mitgliedstaaten so schnell wie möglich die wichtigsten Übereinkommen in diesem Bereich ratifizieren, oder dass die EU verpflichtet ist, jedwede Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der Religion, der ethnischen Herkunft oder der sexuellen Ausrichtung sowie jede Art von ungebührlichem Verhalten wie das immer noch vorherrschende Mobbing, das sowohl das Berufs- als auch das Privatleben beeinträchtigen kann, zu unterbinden.

Vielmehr möchte ich die Notwendigkeit betonen, nicht länger alles aus dem Blickwinkel einer Wirtschaft im industriellen Maßstab entsprechend dem Modell des 19. Jahrhunderts zu betrachten. Wir können für unsere Entwicklung weder auf eigene Rohstoffquellen noch auf ein Arbeitskräftereservoir ähnlich dem von China zählen, weshalb ein regelrechtes Umdenken erforderlich ist; wie müssen uns wirklich bewusst machen, dass wir in die Arbeitskräfte investieren, sie ausbilden und ihnen Sicherheiten und Entwicklungsmöglichkeiten bieten müssen. Das ist der beste, wenn nicht sogar der einzige Weg, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu fördern und die Ziele von Lissabon zu erreichen. Während in den neuen Wirtschaften wie Brasilien oder den asiatischen Tigerstaaten die Herausforderung des internationalen Handels auf der Quantität basiert, hat Europa die Pflicht und vor allem die Möglichkeit, sich davon abzuheben, indem es den Schwerpunkt auf Qualität, Kreativität und auf sein kulturelles, geistiges und wissenschaftliches Erbe legt – mit anderen Worte, auf die Kernelemente unserer Situation.

Der Dienstleistungssektor, dessen Rohstoff die Menschen, nicht als Körper, sondern als geistiges Potenzial gesehen, sind, ist nun der dominierende Sektor. Wenn wir also unseren Bürgern die Möglichkeit bieten, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse, die sie durch jahrelanges Lernen erworben haben, optimal zu entfalten, dann werden wir bereit sein, als Hauptakteur auf der internationalen Bühne zu agieren – eine Rolle, die wir zu verlieren drohen. Die wirtschaftliche Entwicklung muss dem Menschen zu Diensten sein, und nicht umgekehrt.

 
  
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  José Albino Silva Peneda (PPE-DE).(PT) Frau Präsidentin! Ich unterstütze den Bericht von Frau Marie Panayotopoulos-Cassiotou, die ich grüßen und beglückwünschen möchte. Die Qualität der Arbeit ist nicht nur eine Frage der Rechte der Arbeitnehmer. Das wäre eine kurzsichtige Auslegung. Die Qualität der Arbeit muss als ein viel umfassenderes Thema betrachtet werden, weil eine höhere Qualität der Arbeitsumwelt einer der wichtigsten Faktoren für eine höhere Produktivität und damit der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ist.

Die Qualität der Arbeit hängt ab von richtigen staatlichen Politiken und dem Handeln der Unternehmen auf verschiedenen Gebieten wie dem Zugang zu Infrastrukturen und Kommunikationstechnologien, zu Bildung, beruflicher Bildung, lebenslangem Lernen, Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und dem Zugang zum Arbeitsmarkt. Seitens der Unternehmen geht es dabei um Führungsqualitäten, berufliche Aufstiegsmöglichkeiten und Arbeitsorganisation. Außerdem möchte ich einen weiteren Grund hervorheben, weshalb wir diesem Problem so große Aufmerksamkeit schenken müssen. Damit Europa die unbedingt erforderlichen Reformen in verschiedenen Bereichen durchführen kann, um gegenüber der übrigen Welt wettbewerbsfähiger zu werden, ist eine Änderung der Verhaltensweisen und Einstellungen sowohl seitens der Unternehmen als auch der Beschäftigten zwingend notwendig.

Die Umsetzung dieser Reformen wird umso einfacher sein, je größer das Vertrauen zwischen den Beteiligten ist. Das Vertrauen wird umso größer sein, je intensiver der Dialog geführt wird und je größer die Transparenz bei den mit der Umstrukturierung und Veränderung einhergehenden Prozessen ist. Deshalb dürfen meiner Meinung nach die Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft unter den gegenwärtigen Bedingungen die Möglichkeiten nicht ungenutzt lassen, um den sozialen Dialog nicht nur auf Ebene der Mitgliedstaaten, sondern auch auf europäischer Ebene zu intensivieren. Diese Frage der Qualität der Arbeit wird uns helfen, diese große Chance zu nutzen.

 
  
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  Anne Van Lancker (PSE). – (NL) Herr Kommissar! Es ist höchst begrüßenswert, dass die Kommission die Strategie der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) für menschenwürdige Arbeit aktiv unterstützten wird.

Menschenwürdige Arbeit ist mehr als nur die Achtung der grundlegenden Arbeitsnormen der IAO, ungeachtet ihrer Wichtigkeit. Es geht auch um den Anspruch der Menschen auf angemessene Entlohnung, sozialen Schutz und das Recht, sich in Gewerkschaften zu organisieren.

Gegenwärtig verdienen weltweit 1,5 Milliarden Menschen nicht genug, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, obwohl 90 % aller Länder der Welt einen gesetzlichen Mindestlohn festgeschrieben haben. In vielen Fällen fallen jedoch Heimarbeiter, Landarbeiter oder Menschen mit prekären Arbeitsverträgen nicht unter diesbezügliche Regelungen bzw. wird das Gesetz nicht angewendet. Beratungen mit Sozialpartnern und Gewerkschaftsrechte spielen daher eine entscheidende Rolle, um jedem Menschen das Recht auf menschenwürdige Arbeit zu garantieren.

Aus diesem Grund bin ich besonders erfreut über die gemeinsame Erklärung des Europäischen Gewerkschaftsbundes und der amerikanischen Gewerkschaften, die sich gemeinsam für menschenwürdige Arbeit stark machen wollen.

Die EU sollte dem Thema der menschenwürdigen Arbeit eine zentrale Stellung in ihrer Außenpolitik einräumen, um die Vorzüge der Globalisierung gerechter zu verteilen und Sozialdumping im Hinblick auf die Lohn- und Arbeitsbedingungen in entwickelteren Wirtschaften zu vermeiden. Handelsvereinbarungen der Europäischen Union mit Ländern wie Indien oder Korea, die gegenwärtig ausgehandelt werden, sollten menschenwürdige Arbeit fördern, und Handelspräferenzen sollten zurückgenommen werden, wenn Länder soziale Grundrechte systematisch verletzen.

Europa sollte seine Partner in den Entwicklungsländern auch darin unterstützen, menschenwürdiger Arbeit in ihren nationalen oder regionalen Strategieplänen und in den europäischen Partnerschaftsabkommen einen gebührenden Stellenwert einzuräumen.

Nicht nur der Staat, sondern auch multinationale Konzerne haben eine große Verantwortung im Hinblick auf die Zusicherung von gerechten Löhnen und Arbeitsbedingungen. Multinationale Großunternehmen mit Sitz in der EU und Tochtergesellschaften und Unterauftragnehmer in anderen Teilen der Welt, die wiederholt die genannten Grundrechte missachten, gehören auf eine Schwarze Liste und sollten von jeglichen öffentlichen Ausschreibungen in Europa ausgeschlossen werden.

So übernimmt Europa die Führung im Rahmen der internationalen Anstrengungen, um der Globalisierung ein soziales Gesicht zu geben.

 
  
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  Marian Harkin (ALDE). – (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte der Berichterstatterin zu diesem umfassenden und ausgewogenen Bericht gratulieren. Einige Aussagen in diesem Bericht sind nicht auf ungeteilte Zustimmung gestoßen, doch ich möchte die Frage stellen, ob es irgendeinen Punkt in diesem Bericht gibt, der auf ein Mitglied der eigenen Familie nicht zutreffen sollte? Ich würde mir wünschen, dass die Bestimmungen dieses Berichts für meine Familienangehörigen gelten, ob sie nun in Irland oder in Polen leben oder Bürger von Drittstaaten sind. Wenn es also unser Ziel ist, menschenwürdige Arbeit für alle zu fördern und nicht nur für diejenigen, die aufgrund ihrer Geburt, ihrer sozialen Stellung oder ihrer Bildung Zugang zu menschenwürdiger Arbeit haben, ist dieser Bericht ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung.

Wie ich schon sagte, ist dies ein ausgewogener Bericht. Er berücksichtigt alle Gruppen, das Familienmitglied, um bei meinem Beispiel zu bleiben, das Arbeit sucht ebenso wie jenes, das als Kleinunternehmer ein KMU führt, das sich eine Existenzgrundlage aufbauen will und dabei menschenwürdige Arbeit schafft. Dieser Bericht fördert eine Wirtschaft, deren Ziel nicht in der Ausbeutung besteht, die kein Sozialdumping betreibt und nicht gegen die wichtigsten Arbeitsnormen verstößt. Ich denke, dass die meisten von uns gern für solche Unternehmen arbeiten oder sie vielleicht sogar leiten möchten.

Es besteht immer ein Spannungsfeld zwischen den Anforderungen des Marktes einerseits und der Förderung einer gerechten Gesellschaft andererseits. Eine bestimmte Gruppe von Arbeitskräften, nämlich die Pflegekräfte – die die größte Gruppe der Arbeitskräfte in Europa ausmachen –, sitzt häufig zwischen zwei Stühlen. Vom Markt wird ihre Leistung nicht anerkannt oder honoriert, da sie nicht wesentlich zum BIP-Wachstum beitragen. Dennoch sind sie es, die die Gesellschaft zusammenhalten. Ohne diese Arbeitskräfte würden die gesellschaftlichen Strukturen, wie wir sie kennen, zusammenbrechen, und wem würde dann der Markt nutzen?

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Eine würdige Arbeit, die zu Recht von der Internationalen Arbeitsorganisation unterstützt wird, muss die Förderung der Rechte der Arbeitnehmer in den verschiedensten Bereichen einschließen: Beschäftigung, Arbeitsentgelt, Arbeitsvertrag, Gesundheit, Hygiene und Sicherheit am Arbeitsplatz, berufliche Bildung, Aufstiegschancen, sozialer Schutz, soziale Sicherheit, Tarifverträge, sozialer Dialog und Beseitigung von Diskriminierung und Ungleichbehandlung. Wir brauchen uns nur die Zunahme unstabiler Arbeitsverhältnisse, schlecht bezahlter Beschäftigung, die Millionen von Arbeitsunfällen, die Armut unter den Arbeitnehmern, die Arbeitslosigkeit und die neuen Angriffe auf die Rechte derjenigen, die arbeiten, – deren deutlichstes Beispiel die so genannte Flexicurity ist, – anzusehen, um die Widersprüche zu verstehen, mit denen wir es zu tun haben und die zu Protesten und Kämpfen der Arbeitnehmer führen. So wird es in Portugal am 30. Mai einen von der CGTP ausgerufenen Generalstreik geben.

Die Kommission selbst ist ein Beispiel dieser Widersprüche, denn sie hat diese Mitteilung vorlegt und gleichzeitig den Entwurf für ein Grünbuch über die Arbeitsgesetzgebung veröffentlicht...

(Die Präsidentin entzieht der Rednerin das Wort.)

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM). – (EN) Frau Präsidentin! Es steht außer Frage, dass es Länder gibt, in denen die Ausbeutung der Beschäftigten an der Tagesordnung ist. Wir kritisieren dies völlig zu Recht, aber wir kaufen, tragen, essen und trinken jeden Tag Produkte, die unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt wurden. Solange wir nicht entschlossen handeln, wird sich nichts an dieser menschenverachtenden Praxis ändern.

Aber menschenwürdige Arbeit ist kein einseitiges Konzept. Die Beschäftigten müssen gerechte Arbeitsbedingungen erhalten, doch auch die Arbeitnehmer müssen ihre Arbeitsleistung auf faire und verantwortungsbewusste Weise erbringen. Nur wenn beide Seiten der europäischen Arbeitswelt sich gegenseitig anständig und respektvoll behandeln, wird die EU wettbewerbsfähig sein und soziale Nachhaltigkeit erreichen. Ich möchte Frau Panayotopoulos zu ihrem Bericht gratulieren. Sie hat alle gefährdeten Gruppen berücksichtigt – junge Arbeitnehmer, Mütter, sogar stillende Mütter, Teilzeitbeschäftigte und ältere Arbeitnehmer. Selbst die Heimarbeitskräfte hat sie nicht vergessen und ich denke, dass diese Gruppe auch die Menschen einschließt, die sich zu Hause in der Familie um die Kinder, um Behinderte oder um ältere Familienangehörige kümmern.

 
  
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  Jean-Claude Martinez (ITS).(FR) Frau Präsidentin! Arbeit für alle und darüber hinaus noch menschenwürdige Arbeit! Aber was ist das? Es ist die Arbeit junger Menschen, von Frauen, von Kindern im Vereinigten Königreich oder in Portugal; das ist die Arbeit von Gastarbeitern, von Sklaven in diplomatischen Vertretungen, insbesondere im Mittleren Osten; das ist die Arbeit von Angestellten in Frankreich; das sind diejenigen, die am Arbeitsplatz Selbstmord begehen, bei Renault beispielsweise; das sind die unmoralischen Gehälter – 1 000 Euro pro Monat für Kassierer, Bauarbeiter, Handwerker – die es gerade mal erlauben, die Arbeitskraft wiederherzustellen; und am Ende eines Lebens der Ausbeutung sind es unmoralische Renten in Höhe von 130 Euro für den Ehemann einer Bäuerin. Wenn es zehn Euro kostet, einen Hund ins Heim zu bringen, kann man nicht einmal eine Bäuerin im Ruhestand dorthin bringen!

Was sind die Gründe dafür? Das sind die neuen Formen des globalen Kapitalismus, bei dem es sich nicht um Industrie- sondern um Finanzkapitalismus handelt, der nach einer Gewinnspanne von 15 % strebt. Um einen solchen Gewinn zu erzielen, übt der Kapitalismus der Pensionsfonds, der Spekulationsfonds, der Hedgefonds drei Arten von Druck aus: auf die Gehälter, auf die Angestellten – die nach dem Just-in-time-Prinzip arbeiten, gestresst sind, daher die Selbstmordfälle – sowie auf die Zahl der Angestellten. Ein anderer Grund sind die Einwanderer aus Lateinamerika und Afrika, die in El Ejido in Andalusien in Werkstätten arbeiten, in Restaurants in Barcelona, auf Baustellen. Das ist Globalisierung, wenn chinesische Arbeiter, die für 25 Cent die Stunde arbeiten, zum internationalen Vorbild werden.

Was sollten wir tun? Vier Dinge: Wir sollten soziale Kämpfe führen, wir sollten juristische Kämpfe führen, in der IAO und in der WTO, indem wir Einfallsreichtum zeigen – nicht zuletzt durch Einführung abzugsfähiger Zölle –, wir sollten politische Kämpfe führen, und vor allem sollten wir scharfsichtig sein und die Dinge beim Namen nennen – der deregulierte Markt, das ist Kapitalismus und Globalisierung, und er ist auch globaler Finanzkapitalismus.

 
  
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  Jan Andersson (PSE). – (SV) Ich möchte der Berichterstatterin und auch der Kommission für einen sehr ausgewogenen Bericht danken. Außerdem danke ich der Kommission für ihren eingenommenen Standpunkt. In der EU beginnt langsam der Kampf für eine menschenwürdige Arbeit. Dabei geht es nicht nur um die Bekämpfung der Schwarzarbeit, sondern auch um vernünftige Arbeitsbedingungen in der Union. Dazu gehören existenzsichernde Löhne, Möglichkeiten für die berufliche Weiterentwicklung und die Einflussnahme am Arbeitsplatz. Wenn wir bei diesen Fragen auf internationaler Ebene vorankommen wollen, dann müssen wir das Prinzip der menschenwürdigen Arbeitsbedingungen zunächst bei uns selbst anwenden, was wir noch nicht voll und ganz tun. Wir müssen uns auch laufend mit der Situation in allen EU-Mitgliedstaaten auseinandersetzen. Auf internationaler Ebene haben wir für diesen Bereich die Übereinkommen der IAO, die eine gute Grundlage für weitere Maßnahmen bilden. Handel und offene Grenzen sind wichtig und werden von mir unterstützt. Gleichzeitig kommt es aber auch darauf an, sich für gute Umwelt- und Arbeitsbedingungen für die Menschen in den Ländern einzusetzen, die ärmer sind als die EU-Mitgliedstaaten. Dort geht es auch um die Koalitionsfreiheit und das Recht auf menschenwürdige Löhne und Arbeitsbedingungen. Welche Verantwortung tragen dabei die verschiedenen Akteure? Selbstverständlich hat die EU eine Verantwortung als internationaler Akteur im Handel und in anderen Bereichen. Die Mitgliedstaaten stehen ebenfalls in der Pflicht, aber auch die Unternehmen, die zudem eine soziale Verantwortung haben. Manchmal tun sich Widersprüche zwischen einer menschenwürdigen Arbeit und Wachstumsmöglichkeiten auf. Ich meine jedoch, dass diese beiden eng miteinander verbunden sind, denn ohne anständige Arbeit gibt es kein langfristig nachhaltiges Wachstum.

 
  
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  Georgios Karatzaferis (IND/DEM). – (EL) Frau Präsidentin! Es gibt keine menschenunwürdigen Arbeitsplätze oder Berufe. Selbst das älteste Gewerbe der Welt ist nicht menschenunwürdig. Aber es gibt menschenunwürdige Bedingungen, und die werden durch unsere Politik hervorgebracht.

Wenn jemand arm und schwach ist, dann wird er eine unwürdige Arbeit annehmen. Jean Valjean in Les Miserables war nicht unwürdig, als er den Brotlaib stahl. Wir haben jedoch 100 Millionen Europäer zu Jean Valjeans gemacht, und die multinationalen Unternehmen nutzen diese Zwangslage aus.

Einige Leute sollten begreifen, dass, wenn wir nicht unsere Politik ändern, wenn wir das Wort der Bankiers als heilig ansehen, Menschen nach wie vor zu menschenunwürdiger Arbeit getrieben werden. Herr Trichet hat die Zinssätze in zwei Jahren verdoppelt.

Wenn jemand mit einem Gehalt von 800 EUR einen Kredit aufnimmt, dann ist klar, dass er ihn nicht zurückzahlen kann. Also wird er eine unwürdige Arbeit akzeptieren. Wir tragen die Verantwortung und deshalb müssen wir einen Satz nach vorne machen. Nach so vielen Jahren kehren wir wieder zum Feudalismus zurück. Früher verfügte der Feudalherr über Reputation. Heute hat er eine Bank.

 
  
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  Magda Kósáné Kovács (PSE). – (HU) Der ausgezeichnete Bericht von Frau Panayotopoulos spricht für uns alle. Er verbindet die Notwendigkeit, „miteinander zu reden“ mit seriösen, relevanten und strategischen Ausführungen.

Seriös, da der Bericht eine verantwortungsbewusste und fachgerechte Darstellung der sozialen Unterschiede liefert, die den Prozess des Niedergangs beschleunigen. Im Text wird vor dem Hintergrund von demografischen Beschränkungen und neuen arbeitsmarktbedingten Einschränkungen wiederholt auf Frauen ebenso wie auf ältere Menschen, Behinderte, Migranten, ethnische Minderheiten und schlecht ausgebildete Menschen eingegangen.

Der Bericht ist höchst relevant, da in den Institutionen der Europäischen Union kürzlich eine Debatte über die Arbeitsrechtsreform, den sozialen Dialog und Maßnahmen zur Stärkung der sozialen Sicherheit gestartet wurde. Diese Diskussionen heben sich möglicherweise gegenseitig auf, aber unsere jetzige Entscheidung kann dazu beitragen sicherzustellen, dass sie letztlich alle in die gleiche Richtung verlaufen.

Die Aussagen des Berichts sind auch strategischer Natur, weil die darin verwendeten Konzepte „menschenwürdiger Arbeit“ aufzeigen, was Beschäftigungssicherheit, soziale Sicherheit, Partnerschaft, Rechte am Arbeitsplatz und die Gleichheit von Mann und Frau bedeuten bzw. bedeuten sollten. Alle diese Aspekte sind untrennbar verbunden mit der Strategie zur Bekämpfung der Armut und der Bedrohung durch die Armutsfalle.

Armut ist ein Schandfleck auf dem Gesicht Europas. Darum ist die Einführung eines Mindestlohnsystems in jedem EU-Mitgliedstaat unumgänglich, obgleich auch in diesem Bereich deutliche Unterschiede zwischen den alten und neuen Mitgliedstaaten zu erwarten sind. Nichtsdestotrotz bedeutet diese Regelung langfristig, dass menschenunwürdige Lebensstandards der Vergangenheit angehören werden.

 
  
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  Ole Christensen (PSE). – (DA) Frau Präsidentin! Jedes Jahr geschehen 270 Millionen Industrieunfälle. Insgesamt sterben alljährlich 2,2 Millionen Arbeitnehmer infolge einer unsicheren Arbeitsumgebung, und schätzungsweise 60 Millionen Kinder weltweit gehen harter und gefährlicher Arbeit nach. In der Welthandelsorganisation, in unseren Handelsabkommen und in unserer Entwicklungshilfe muss der Schwerpunkt vermehrt auf menschenwürdige Arbeit gelegt werden. Aber auch die europäischen Verbraucher müssen mobilisiert werden. Die Verbraucher sind bereit, für Arbeiternehmerrechte zu kämpfen. Wir sehen dies am wachsenden Interesse an Fair-Trade-Produkten, für die die Verbraucher bereit sind, mehr zu bezahlen, wenn sie sicher sein können, dass diese Waren unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen hergestellt wurden.

Verbraucher, Kunden, Arbeitnehmer und Investoren sollten die Möglichkeit haben, sich danach für oder gegen Produkte und Hersteller entscheiden zu können, ob die Arbeitnehmer im Herstellungsprozess Leib und Leben riskieren mussten oder nicht. Ein freiwilliges Siegel für Produkte, die unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen hergestellt werden, würde den Verbrauchern die Information geben, die notwendig ist, wenn menschenwürdige Arbeitsbedingungen im Interesse sowohl der Verbraucher als auch der Unternehmen bleiben sollen. Ein EU-Produktsiegel, das auf der Basis der von der Internationalen Arbeitsorganisation festgelegten Grundrechte von Arbeiternehmern entwickelt wurde, könnte etwas bewegen.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Verehrte Abgeordnete! Es wäre sehr schwierig, in der mir zur Verfügung stehenden Zeit einen angemessenen Beitrag zu dieser Aussprache zu leisten. Ich möchte daher versuchen, mich nur auf den wichtigsten Punkt zu konzentrieren. In der Aussprache ist ganz deutlich geworden, dass das Parlament die Förderung des Konzepts der menschenwürdigen Arbeit für alle nachdrücklich befürwortet und zwar dahingehend, dass es Teil einer von der Kommission formulierten Strategie bildet. Zweitens ist dies ein weltweites Projekt, das unter allen Bedingungen und in allen Ländern, ungeachtet ihres Entwicklungsniveaus, Gültigkeit hat und natürlich die Mitgliedstaaten der EU einschließt.

Es wurde auch betont, dass selbst in der EU die Standards bisweilen nicht immer gewahrt sind, insbesondere, wenn es um illegale Arbeit geht. Die Kommission hat daher einen Vorschlag angenommen, um hart gegen illegal arbeitende Migranten vorzugehen, und plant die Ausarbeitung einer kohärenteren Strategie zur Bekämpfung von unangemeldeter Arbeit.

Des Weiteren wird die Kommission im ersten Halbjahr 2008 einen Monitoringbericht über Initiativen der Union zu menschenwürdiger Arbeit veröffentlichen. Dieses globale Konzept führt viele verschiedene Bereiche zusammen, was in dem vorgeschlagenen Bericht ganz deutlich zum Ausdruck kommt. Ich möchte noch einmal die hohe Qualität des Berichts loben und dem Berichterstatter danken.

 
  
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  Die Präsidentin. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet heute um 12.00 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Tokia Saïfi (PPE-DE), schriftlich. (FR) Zu einer Zeit, da die Globalisierung Ursache von Spannungen und sozialer Ungerechtigkeit ist, müssen die europäischen Strategien zur Stärkung der sozialen Dimension der Globalisierung betont werden. Die Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit gehört zu diesen Strategien. Menschenwürdige Arbeit kann zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung beitragen, weil durch sie die Vorteile der Globalisierung optimiert werden können, indem die Nachteile verringert werden.

Es stimmt, dass die Liberalisierung des Handels zu den Zielen Wachstum, Vollbeschäftigung und Armutsverringerung beitragen soll, aber vor allem muss sie auf der Förderung menschenwürdiger Arbeit für alle aufbauen. Darüber hinaus muss menschenwürdige Arbeit, falls sie ein konstanter Faktor der externen Politikbereiche der EU sein soll, Voraussetzung und Bedingung der Handelsbeziehungen zwischen der EU und Drittländern sein. In diesem Zusammenhang sollte auf einen Mechanismus hingewiesen werden, der die Förderung menschenwürdiger Arbeit garantiert: das allgemeine Präferenzsystem. Das APS+ ist eine unentbehrliche Triebfeder, die zu Anstrengungen für nachhaltige Entwicklung, verantwortungsvolle Staatsführung und die Förderung grundlegender sozialer Rechte ermutigen kann.

 
  
  

VORSITZ: Edward McMILLAN-SCOTT
Vizepräsident

 
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