Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Claire Gibault im Namen des Ausschusses für Kultur und Bildung über den sozialen Status der Künstler (2006/2249(INI)) (A6-0199/2007).
Nathalie Griesbeck (ALDE), stellvertretende Berichterstatterin. – (FR) Herr Präsident! Da Claire Gibault heute Abend nicht abkömmlich ist, bat sie mich, sie zunächst bei Ihnen zu entschuldigen und Ihnen ihr Bedauern über ihr Fehlen zu übermitteln und Ihnen dann an ihrer Stelle diesen wichtigen Bericht vorzustellen.
Wenn es eine universelle Verbindung gibt, die uns alle als europäische Bürgerinnen und Bürger über unsere Unterschiede hinaus eint, so ist es die Kultur. In diesem Zusammenhang ist Europa derzeit dabei, sein Vorhaben zu verwirklichen, nämlich sich angesichts der Globalisierung zu behaupten und damit seine Identität und seine kulturelle Vielfalt zu bewahren. Die „europäische kulturelle Ausnahme“ ist derzeit auf dem Wege, universell zu werden.
Bei ihrer Wahl in dieses Parlament hatte sich Claire Gibault verpflichtet, sich bei den europäischen Behörden für die Interessen der europäischen Künstler einzusetzen. Dieser Bericht gibt ihr, mittels der Rede, die ich am heutigen Abend hier halte, und all der Arbeit, die sie geleistet hat, Gelegenheit dazu. In diesem Zusammenhang wünscht sie, dass ich allen Schattenberichterstattern, all den zahlreichen Kolleginnen und Kollegen, die an ihrer Seite gearbeitet haben und an der Endfassung dieses Textes beteiligt waren, in ihrem Namen Dank zu sagen.
Die Wahl des Themas zur Lage der Künstler in Europa ergab sich für sie zwangsläufig. Es lag ihr aufgrund ihres Berufs und ihrer Tätigkeit als Orchesterleiterin besonders am Herzen. Wie Albert Camus ist sie überzeugt, dass wir uns dafür entscheiden müssen, die Kultur in den Mittelpunkt unseres Gesellschaftsmodells zu stellen und das künstlerische Schaffen und den freien Zugang zur Kultur zu einem vorrangigen Anliegen in Europa zu machen.
Im Gegensatz zu den weithin verbreiteten Ansichten sind die meisten Schwierigkeiten, auf die die Künstler stoßen, nicht allein kultureller Art, sondern stehen häufig im Zusammenhang mit der Mobilität, der Visa-Politik, der Gesundheit, der sozialen Sicherheit, der Arbeitslosigkeit und der Rente. Claire Gibault dachte über konkrete Schritte zur Verbesserung des täglichen Lebens der Künstler nach und schlägt vor allem vor, einen speziellen Ausweis einzuführen, der gerade ihre Mobilität erleichtern soll. Sie stellte sich ein „Europäisches Berufsregister“ zur Bekämpfung illegaler Arbeit vor, und auch eine europäische elektronische Sozialversicherungskarte, um die Planung einer künstlerischen Laufbahn zu erleichtern. Claire Gibault schlug auch die Herausgabe eines praktischen Leitfadens für Künstler vor, in dem sowohl die für sie geltenden, von den europäischen Behörden erlassenen Sozialvorschriften, als auch deren Anwendung in den verschiedenen Mitgliedstaaten enthalten sein sollten.
Ferner verwies sie auf die Notwendigkeit der Förderung der künstlerischen Ausbildung an den Schulen, denn das ist für sie, wie auch für uns alle, eine echte kulturelle Herausforderung in Europa. Allerdings kann man sich unschwer vorstellen, dass die Gewinnung der Öffentlichkeit und die Demokratisierung des Zugangs zur Kultur ohne die Entschlossenheit der Europäischen Union, eine echte Politik im Bereich der künstlerischen Ausbildung in Gang zu bringen, nicht vorwärtskommen werden.
Ihr Bericht wurde daher am 7. Mai im Ausschuss für Kultur und Bildung einstimmig angenommen. Er ist innovativ und stellt einen echten Fortschritt für die Künstler dar, denn er berücksichtigt sowohl deren schwierige Lage als auch die Notwendigkeit, die Anpassungsfähigkeit ihrer Tätigkeit zu erhalten, und er schlägt Lösungen vor, die den Künstlern in Zukunft mehr Kontinuität in Aussicht stellen und ihnen damit größere Gelassenheit vermitteln.
Morgen soll über die Änderungsanträge abgestimmt werden, vor allem über die beiden Änderungsanträge, auf die Claire Gibault besonderen Wert legt, denn sie würden dem künstlerischen Schaffen einen neuen Impuls verleihen und die derzeit dringend benötigte Risikobereitschaft in diesem Bereich fördern. Um bezüglich dieser Aspekte voranzukommen, wird es darum gehen – wie übrigens ihr Bericht deutlich macht –, vor allem die Ergebnisse der einschlägigen Studie der Kommission auszuwerten und sich sowohl die Vor- als auch die Nachteile zu vergegenwärtigen.
Betrachtet man das Gemeinschaftsrecht näher, so verhielt es sich der Kultur gegenüber nicht so gleichgültig, wie man meinen könnte. Claire Gibault hat in ihrem Bericht einen Gedanken aufgegriffen, der seinerzeit bereits von Victor Hugo und Alfred de Vigny entwickelt worden war, wonach Künstler auch über ihren Tod hinaus weiter zur Unterstützung ihrer Zeitgenossen beitragen können. Die internationalen Bestimmungen, die von der EU übernommen wurden, berechtigen die Mitgliedstaaten, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um ihr kulturelles Erbe zu schützen, das unter anderem aus rechtlich nicht geschützten Werken besteht, d. h. aus Werken, die der Allgemeinheit 70 Jahre nach dem Tod ihres Urhebers und 50 Jahre nach der ersten Ausstrahlung eines Werkes durch seinen Interpreten zugänglich gemacht werden.
Claire Gibault hat sich mit diesem Gedanken auseinander gesetzt. Sie schlägt eine Sichtweise vor, wonach es im Geiste der kulturellen Solidarität auf europäischer Ebene ausreichen würde, dass jeder Mitgliedstaaten für sich selbst prüft, wie ein Teil der Einkünfte aus der kommerziellen Nutzung der Werke einbehalten und für das künstlerische Schaffen und die Verbesserung der sozialen Lage der europäischen Künstler bereitgestellt werden kann. Somit würden neue Möglichkeiten der Unterstützung entstehen, die geeignet wären, Innovation und Pluralismus zu fördern und neue kulturelle Ausdrucksformen zu erschließen. Das ergäbe ein sehr schönes Bild der Solidarität zwischen den Generationen.
Gestatten Sie mir abschließend, jenen Satz zu zitieren, den wiederum Victor Hugo in einer öffentlichen Sitzung vor den französischen Abgeordneten geäußert hat: „Wir sind alle eine Familie, die Toten gehören den Lebenden und die Lebenden müssen von den Toten geschützt werden“. Könnte man sich einen schöneren Schutz wünschen?
Der Präsident. – Eine hervorragende Definition des Urheberrechts!
Ján Figeľ, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich danke Frau Gibault, die selbst Künstlerin ist, für die Ausarbeitung dieses äußerst wichtigen Berichts, sowie Nathalie Griesbeck, die diesen Bericht heute Abend hier vorgestellt hat.
Im Zusammenhang mit dem 50. Jahrestag der Römischen Verträge wird uns meines Erachtens bewusst, wie viel Kultur dem europäischen Aufbauwerk zugrunde liegt. Wir haben auf EU-Ebene Programme und Projekte, die die Mobilität der Künstler in Europa befördern und damit den interkulturellen Dialog in der Europäischen Union intensivieren. So haben wir z. B. 2006, im Europäischen Jahr der Mobilität der Arbeitnehmer, drei Projekte von insgesamt 41 Projekten in diesem Jahr kofinanziert, in deren Mittelpunkt die Mobilität von Künstlern stand. Diese Projekte haben dazu beigetragen, dass die unterschiedlichen Hürden, die der Mobilität von Künstlern im Wege standen, EU-weit besser erkannt werden. Das ist ein erster Schritt, und ich weiß, wenn wir die Lage der Künstler in Europa verbessern wollen, dann müssen noch viele Herausforderungen bewältigt werden, was das lebenslange Lernen, Arbeitserlaubnisse und den sozialen Status anbelangt.
Im vorigen Monat habe ich eine Mitteilung zu Kultur mit dem Titel „Eine europäische Kulturagenda im Zeichen der Globalisierung“ vorgeschlagen, die auch von der Kommission gebilligt wurde. Ich habe diese Mitteilung dem Ausschuss für Kultur und Bildung sowie auf der letzten Ratstagung den Ministern vorgelegt. Ihr Ziel besteht darin, alle Interessenten – Mitgliedstaaten, Gemeinschaftsorgane und Kulturschaffende – in eine gemeinsame Agenda der Prioritäten für die kommenden Jahre einzubinden. Zu den wichtigsten Aufgaben der Strategie gehört die Verbesserung des Status der Künstler, die eng mit einer verbesserten Mobilität und der Verbreitung von Kunstwerken in der Europäischen Union verknüpft ist. Das ist eine Voraussetzung, wenn es uns gelingen soll, einen europäischen Kulturraum zu schaffen. Deshalb freue ich mich, mit Ihnen in dieser Angelegenheit eng zusammenzuarbeiten, besonders aber mit den Mitgliedstaaten, denn hierfür ist in erster Linie die nationale, regionale und lokale Ebene zuständig.
Nun zurück zum Bericht. Ich begrüße vor allem, dass die Betonung auf lebenslangem Lernen, Weiterbildung und Umschulung liegt. In der Erstausbildung wird der Keim für eine künstlerische Begabung gelegt, doch wesentlich ist die Weiterbildung, um die soziale Lage der Künstler in einer sich schnell entwickelnden Kulturwirtschaft sicherzustellen. Wie Ihnen bekannt ist, gehört die Festigung der Bande zwischen Bildung und Kultur auch zu meinen Zielen, denn ich beabsichtige, das Jahr 2009 zum „Europäischen Jahr der Kreativität und Innovation“ zu machen. Es laufen Arbeiten zu einer Eurydice-Erhebung über kulturelle und künstlerische Bildung als Pflichtfach an europäischen Schulen. Das ist ein Schritt in Richtung der Verbesserung unserer Wissensbasis, und ich hoffe, dass dieses Jahr der Forschungstätigkeit wie auch der Entwicklung einer solideren und besseren faktischen Grundlage sowie einer auf gesicherten Erkenntnissen beruhenden Politik und Praxis im Hinblick auf die künstlerische Bildung Auftrieb geben wird.
Abschließend möchte ich betonen, dass die Frage des Status der Künstler in Europa ein sehr weit gefasstes Thema ist, das nicht allein von einem für Kultur zuständigen Kommissionsmitglied behandelt werden kann. Deshalb werde ich im Rahmen der von uns im letzten Monat vorgeschlagenen Mitteilung eng mit meinen für Beschäftigung, Justiz und Binnenmarkt zuständigen Kollegen zusammenarbeiten, um dafür zu sorgen, dass der Spezifik des kulturellen Sektors in anderen EU-Programmen und EU-Politiken gebührend Rechnung getragen wird.
Der Präsident. Vielen Dank, Herr Kommissar. Wir wünschen allen Künstlern große Erfolge, insbesondere denjenigen, die an der in dieser Woche beginnenden Biennale in Venedig teilnehmen. Vor allem jedoch Tracey Emin.
Erna Hennicot-Schoepges, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Frau Gibault zu der umfassenden Arbeit beglückwünschen, die sie in diesen Bericht investiert hat. Kommissar Frattini informierte kürzlich über seinen Entwurf einer Richtlinie zur europäischen Greencard, mit der hoch qualifizierte ausländische Arbeitnehmer angezogen und ihnen ermöglicht werden soll, sich fünf Jahre lang in der Europäischen Union aufzuhalten und ohne Visum zu bewegen.
Im November letzten Jahres haben wir dank einer von der Kommission in Auftrag gegebenen Studie erfahren, dass auf dem Gebiet der Europäischen Union eine Berufsgruppe von 5,8 Millionen europäischen Bürgern existiert, die 3,1 % der erwerbstätigen Bevölkerung ausmacht und einen Umsatz von 654 Milliarden Euro erbringt. Diese Berufsgruppe arbeitet ganz legal und ihre Angehörigen werden dennoch in vielen Mitgliedstaaten wie Illegale behandelt. Ich meine Künstler und Beschäftigte in darstellenden Berufen.
Viele von uns gehen gern ins Konzert, ins Theater oder in den Zirkus, aber sobald unsere Mußestunde vorüber ist, geht die Arbeit des Künstlers weiter – für ein bisschen Beifall, häufig für einen Elendslohn und fast immer verbunden mit Problemen in den Steuer- und Sozialversicherungsbehörden. Daher beglückwünsche ich unsere Berichterstatterin, dass sie beleuchtet, was im Hintergrund geschieht. Dies ist allerdings nicht unser erster Versuch, denn 1992 hatte Doris Pack bereits einen umfangreichen Bericht erarbeitet ebenso wie Frau Vaz da Silva im Jahr 1999. Und nicht zu vergessen die Initiativen kultureller Organisationen, deren Ziel die Förderung der Mobilität und die Anerkennung eines Status für Künstler ist. Dieser Bericht ist kein Ergebnis, sondern ein Anfang.
Nun, da wir das UNESCO-Übereinkommen angenommen haben und die Kommission uns ihre strategische Agenda für die Kultur vorgelegt hat, ist es Zeit zu handeln. Herr Kommissar, ich ersuche die Mitgliedstaaten und die Kommission nachdrücklich, ihre Geigen zu stimmen und die zahllosen technischen und praktischen Probleme ohne Aufschub in Angriff nehmen. Dabei sind Sie nicht allein, Herr Kommissar, das wissen wir, aber die in diesem Bericht angeregten sowie die beiden anderen Initiativen, auf die ich verwiesen habe, müssen umgesetzt werden. Genug der Worte, packen wir es an!
Gyula Hegyi, im Namen der PSE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Auf meinem Flug heute Morgen von Budapest nach Brüssel traf ich den Leiter des ungarischen Philharmonischen Orchesters. Er beglückwünschte mich zum Bericht Gibault und erklärte, er und seine Kollegen seien damit sehr zufrieden. Die Glückwünsche gebühren Frau Gibault, die sich mit einer guten Einstellung und guten Absichten mit diesem so wichtigen Thema befasst hat.
Wir alle achten die Künstler und anerkennen den großen Beitrag, den sie zur europäischen Kultur leisten. Wir sollten sie unterstützen, indem wir ihren sozialen Status verbessern. Wichtig ist für sie, dass sie Informationen über die unterschiedlichen sozialen Regelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten erhalten. Das betrifft beispielsweise Bestimmungen in Bezug auf Krankenversicherung, Arbeitslosigkeit und Rente. In einigen neuen Mitgliedstaaten wurden in der Tat unter dem so genannten ancien regime recht gute soziale Bedingungen für die Künstler geschaffen, doch das hat sich während der Übergangszeit geändert. Die Probezeiten von Künstlern müssen als tatsächliche Arbeitszeit anerkannt werden.
Die Freizügigkeit von Künstlern und Mitarbeitern im Allgemeinen aus den neuen Mitgliedstaaten ist noch immer nicht gewährleistet. Visaerleichterungen für Künstler aus Drittländern sind zwar wichtig, doch müssen wir der Freizügigkeit aller Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union Vorrang einräumen.
Ich begrüße diesen Bericht. Meine sozialdemokratischen Kollegen und ich werden dafür stimmen. Als Abgeordneter aus einem neuen Mitgliedstaat muss ich allerdings für alle europäischen Bürgerinnen und Bürger den freien Zugang zum Arbeitsmarkt fordern.
Ferner sei darauf hingewiesen, dass sich einige herausragende ungarische Künstler weigern, aufgrund der entwürdigenden Behandlung durch die amerikanischen Grenzbehörden in die Vereinigten Staaten zu reisen.
Der Präsident. – Ja, wir alle haben Erfahrungen mit dieser entwürdigenden Behandlung gemacht.
Alfonso Andria, im Namen der ALDE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Frau Griesbeck höflichst bitten, der Berichterstatterin, Frau Gibault, meine herzlichsten Glückwünsche zu ihrer ausgezeichneten Arbeit zu übermitteln. Gestützt auf ihre Erfahrungen in diesem Bereich, die sie als Dirigentin sammeln konnte, vermochte sie die wichtigsten Hindernisse herauszuarbeiten, denen die Künstler auf ihrem Weg begegnen. Ich stimme vollkommen mit ihr überein, wenn sie feststellt, dass kein Künstler zu keinem Zeitpunkt seiner beruflichen Laufbahn vollständig vor materieller Unsicherheit geschützt ist, und eben deshalb müssen gezieltere Maßnahmen ergriffen werden, um die Künstler und die Akteure dieses Sektors zu schützen.
Der besondere Charakter künstlerischer Tätigkeiten macht eine Anpassung des Rechtsrahmens der Mitgliedstaaten notwendig, um den Status der Künstler abzusichern, doch ebenso erforderlich sind Harmonisierungsmaßnahmen der EU, um ihre Mobilität zu erleichtern. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Voraussetzungen für ein einheitliches Ausbildungssystem zu schaffen, um die unionsweite Anerkennung der Berufsabschlüsse zu gewährleisten, eine zunehmende Professionalität des Unterrichts in den verschiedenen Kunstsparten zu garantieren und dies durch den Austausch und Verbindungen zwischen Lehrern und Studenten nach dem Modell des Erasmus-Programms zu fördern.
Ein Vorschlag schließlich, der meines Erachtens interessant und überlegenswert ist, betrifft die Einführung eines speziell für Künstler geltenden befristeten Visums, das die Mobilität der Kunstschaffenden aus Europa und aus Drittstaaten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit erleichtert. Im Übrigen ist die Universalsprache der Kunst bekanntlich ein außergewöhnlicher Träger kultureller, gesellschaftlicher und menschlicher Werte und ihrer Förderung.
Abschließend möchte ich bemerken, dass ich die beiden Änderungsanträge der Berichterstatterin bei der morgigen Abstimmung im Plenum unterstützen werde, insbesondere Änderungsantrag 20a, dem zufolge neue Formen der Unterstützung für Künstler eingeführt werden sollen, und zwar mittels eines entsprechenden Fonds, der durch eine Abgabe auf die kommerzielle Nutzung der originellen Schöpfungen und ihrer rechtlich nicht geschützten Darstellungen gebildet wird.
Zdzisław Zbigniew Podkański, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Der Status der Künstler hat stets Interesse geweckt und lebhafte Debatten ausgelöst. Alle jene, die an der Ausgestaltung des Status der Künstler arbeiten, haben jedoch denselben Fehler begangen. Sie haben übersehen, dass es neben den professionellen Künstlern auch Amateurkünstler einschließlich der Volkskünstler gibt. Sie haben vergessen, dass die jeweilige Nationalkultur auf der Volkskultur fußt, die oft auch als traditionelle Kultur bezeichnet wird.
Wir müssen uns auch dessen bewusst sein, dass durch den Wandel in unserer Gesellschaft viele traditionelle Berufe und Fertigkeiten, die für die Bewahrung des nationalen kulturellen Erbes wichtig sind, von der Bildfläche verschwinden. Die geplante „Europäische Charta für das künstlerische Schaffen“ sollte deshalb auch die Volkskünstler und Kunsthandwerker einschließen. Begrüßenswert ist auch die Absicht, eine gemeinsame Datenbank einzurichten, mit der die Mobilität der Künstler in Europa gefördert werden könnte.
Thomas Wise, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Wie Sie sicher erwarten, gibt es viele Dinge in diesem Bericht, die mir Kopfschmerzen bereiten, aber leider reicht die Zeit nur, um mich mit einem Punkt zu befassen. Frau Gibault schlägt in ihrem Bericht ein Pilotprojekt zur Einführung von Sozialversicherungskarten für Künstler vor. Könnte das der Anfang von einem weiteren Ende sein? Soll das dann auf alle Berufe und Tätigkeiten ausgeweitet werden? Brauchen wir dann alle eine Karte, bevor wir eine Beschäftigung annehmen? Könnte man dann daran gehindert werden, auf seinem gewünschten Gebiet eine Arbeit aufzunehmen, wie das schon der Fall bei Fotografen aus Drittländern in Deutschland ist, die erst eine Arbeitserlaubnis benötigen? Und wer, bitte, wird das alles organisieren? Noch mehr Bürokraten?
So, wie die Überregulierung die Wirtschaft lähmt, wird dieser Vorschlag auch der Kunst die Luft zum Atmen nehmen. Er wird also auch weiterhin für eine ausländische Dominanz im Bereich der Kunst und der Unterhaltung – im Wesentlichen aus den Vereinigten Staaten – sorgen. Ich prophezeie, dass diese Entschließung, so sie denn angenommen wird, ein weiteres Beispiel eines Rechtsakts mit ungewollten Folgen sein wird.
Eugen Mihăescu, im Namen der ITS-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Was ist ein Künstler? Wo ist sein Platz? Ist er von marginaler oder zentraler Bedeutung? Ein bekannter oder unbekannter Künstler? Stets unverstanden, verrissen und arm oder reich und berühmt? Schwarm der Eliten oder Paria der Konsumgesellschaft? Schmarotzer am Tisch der Reichen oder hoch auf den revolutionären Barrikaden? Bild der Verzweiflung oder Spiegelbild des Glücks?
Was ist ein Künstler? Jemand, der Sinn für die Künste hat und das Schöne liebt und dem Ausdruck verleiht? Wenn dem so ist, was kann der Künstler in einer Gesellschaft tun, die hässliche Dinge hervorbringt? Sich in seinen Elfenbeinturm einschließen oder auf die Straße gehen und sich unter die aufgebrachte Menge mischen? Sollte es den Status des Künstlers geben, würde dieser sein Dilemma lösen oder ihn noch weiter in Bedrängnis bringen? Während wir hier den künstlerischen Schöpfer von allen Seiten unter die Lupe nehmen, schützt, rettet und inspiriert ihn der andere, der höchste Schöpfer.
Es war die Rede vom Künstler als dem Bürger – das ist Propaganda! Man sprach vom Künstler als dem Zeugen seiner Zeit – das ist eine Definition der Kunstkritik. Meiner Ansicht nach ist der Künstler Seismograph dieser Gesellschaft. Wir können ihm helfen, indem wir Gesetze für ihn schaffen, aber dann würden wir ihn mit künstlerischer Bürokratie überhäufen. Denn der Künstler hat die Dinge, die heute neu für uns sind, bereits erlebt, verarbeitet und aufgebraucht.
Manolis Mavrommatis (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Frau Gibault, einer hoch angesehenen Künstlerin in der Welt der Oper, dazu gratulieren, dass sie ihre Rolle im Europäischen Parlament genutzt hat, um Licht auf die Probleme von Künstlern zu werfen, die sich aus den unterschiedlichen Systemen der sozialen Sicherheit in den einzelnen Mitgliedstaaten ergeben. Ferner möchte ich auch Frau Hennicot für ihre wertvolle Beratung bei der abschließenden Entscheidung unserer Fraktion zu diesem wichtigen Thema danken.
Der Großteil der Schwierigkeiten von Künstlern ist nicht kultureller Art, sondern steht im Zusammenhang mit Fragen der Freizügigkeit, Gesundheit, Sozialversicherung, Arbeitslosigkeit und Rentenansprüchen der Künstler. Die Kommission muss ihre Aufmerksamkeit auf das gegenwärtige System der Visa und Aufenthaltsgenehmigungen für Künstler lenken und eine Gesetzgebung auf diesem Gebiet und in diesem Sektor vorschlagen. Darüber hinaus muss eine europaweite Studie durchgeführt werden, um die in den Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften zu analysieren, um die Vergütung für die Inhaber von Urheber- und ähnlichen Rechten sicherzustellen.
Künstlerisches Schaffen trägt zur Entwicklung und Bewahrung des kulturellen Erbes bei, macht uns mit neuen Kunsttrends und Fortschritten in den einzelnen Ländern bekannt, insbesondere von jungen Künstlern. Staat und Gesellschaft müssen im nationalen und europäischen Rahmen den Schaffensprozess sowie die soziale und wirtschaftliche Absicherung der Künstler unterstützen, denn Kunst ist ja bekanntlich keine Ware. Daher ist es unser aller Pflicht, die künstlerischen Ausdrucksformen zu schützen und die Kreativität in Europa zu stärken.
Maria Badia i Cutchet (PSE). – (ES) Herr Präsident! Auch ich möchte zunächst Frau Gibault zu diesem Bericht beglückwünschen, dessen Ziel darin besteht, die Probleme und Schwierigkeiten der allgemein auf künstlerischem Gebiet tätigen Menschen bei Fragen wie Gesundheit, Sozialversicherung, Arbeitslosigkeit, Ruhestand und auch Mobilität zu prüfen und, wenn möglich, Lösungen dafür zu bieten.
Ich werde nicht über diese Fragen sprechen – das haben meine Vorredner bereits getan –, aber ich möchte kurz die künstlerischen Studien ansprechen. Zunächst müssen wir ihre Bedeutung hervorheben und somit die Notwendigkeit unterstreichen, der Kunsterziehung von Kindheit an Aufmerksamkeit zu schenken.
Zweitens möchte ich darauf verweisen, dass die Mitgliedstaaten die von den nationalen Konservatorien und Schulen ausgestellten Diplome und Zeugnisse anerkennen müssen, um eine allmähliche Konvergenz zu erreichen und, wenn möglich, sich auch den Zielen von Bologna im Jahre 2010 anzunähern.
Drittens möchte ich die Bedeutung der Förderung künstlerischer Regelstudiengänge betonen, die mit anderen von den Mitgliedstaaten anerkannten offiziellen Studienrichtungen vergleichbar sind, um den Studierenden nicht nur die Möglichkeit zu geben, ihr künstlerisches Talent zu entwickeln, sondern ihnen auch allgemeine Fähigkeiten zu vermitteln, in anderen Berufsfeldern bestehen zu können. Der kulturelle und künstlerische Sektor und der Bereich der darstellenden Künste braucht das, damit die Erwartungen der Kunststudenten nicht zunichte gemacht werden. Dies erfordert Investitionen in das künstlerische Geflecht, in Infrastrukturen, in die Förderung der künstlerischen Ausbildung und der kulturellen Aktivitäten.
Ich hoffe, dass die Mitgliedstaaten diesem Bericht, der für diese Menschen eine sehr große Hilfe sein kann, die erforderliche Aufmerksamkeit schenken.
Ljudmila Novak (PPE-DE). – (SL) Wir Europäer sind stolz darauf, dass unsere kulturelle Vielfalt und unsere hervorragenden Kunstwerke einen Teil unserer Identität ausmachen. Allerdings wird selten erwähnt, dass diese Kunstwerke oftmals von verarmten Künstlern geschaffen wurden, die zu Lebzeiten keine ordentliche Entlohnung für ihre Arbeit erhielten und nur postum Ruhm genießen. Auch heute fehlt es nicht an Künstlern, die sich aufgrund der komplizierten Verfahren zur Erlangung von Arbeitsgenehmigungen oder bei der Berechnung ihrer Arbeitsjahre am Rande des Existenzminimums befinden, obgleich sie großartige Werke schaffen, die in ganz Europa gewürdigt werden.
Da Kultur und Kunst zu jenen Bereichen gehören, die nicht nur für geistige Erbauung sorgen, sondern auch beachtliche wirtschaftliche Gewinne abwerfen und viele Arbeitsplätze schaffen, ist es schier unglaublich und fast untragbar, dass heutige Spitzenkünstler auch mit Fragen des Überlebens und sozialer Unsicherheit konfrontiert sind. So ist ein Künstler in Slowenien auch in anderen Teilen Europas ein Künstler, und es wäre höchst bedauerlich, wenn verwaltungstechnische Barrieren ihn ausschließlich auf sein eigenes Land beschränken würden und so den Bürgern anderer Mitgliedstaaten die Chance genommen würde, sich mit seinen Arbeiten auseinandersetzen zu können.
Auf dem Gebiet der Bildung und im europäischen Arbeitsmarkt legen wir großen Wert auf Mobilität, die insbesondere für Künstler und Nutzer von Kunst von Wichtigkeit ist und die einen entscheidenden Beitrag zum interkulturellen Dialog und dem gegenseitigen Zusammenhalt von Nationen und Kulturen in der Europäischen Union leistet. Aus diesem Grund wäre es nur gerechtfertigt, wenn Europa sichtbare Schritte unternähme, um die Gesetzgebung so weit zu harmonisieren, dass sie für den Laien brauchbar und verständlicher wird bzw. wenn wenigstens einige angemessene Instrumente eingeführt würden, die zu größerer Mobilität und zu mehr sozialer Sicherheit von Künstlern beitragen.
Doris Pack (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar! Dieser Bericht von Frau Gibault setzt die gleichen Prioritäten, die das Parlament mit meinem Bericht vor 15 Jahren und vor acht Jahren mit dem Bericht von Frau Vaz da Silva gesetzt hat. Man muss sich wirklich fragen, wie oft das Parlament noch dieselben Forderungen stellen muss, damit überhaupt jemand reagiert. Ich war froh, als ich jetzt gehört habe, dass der Herr Kommissar vielleicht doch einen kleinen Schritt in die Richtung geht, die wir vor 15 Jahren vorgeschlagen haben. Es dauert halt manchmal sehr lange!
Dieser Bericht sagt, dass eine Bestandsaufnahme des sozialen Status der Künstler vorgenommen werden muss. Die Schwierigkeiten und Hindernisse, die der Künstler in Sachen Mobilität im Rahmen der Visapolitik hat, müssen klar definiert werden. Ich weiß, dass das Parlament derzeit den Visakodex in Bearbeitung hat, und hoffe sehr, dass auch die Künstler von diesem Visakodex profitieren können. Das ist ein lang gehegter Wunsch von uns, und ich glaube, dass das jetzt auf einem guten Weg ist. Es geht um die soziale Absicherung, es geht um Fragen der Arbeitslosigkeit und der Rente.
Wir haben bereits in dem Bericht von 1992 ein Statut für Künstler gefordert. Stellen Sie sich das einmal vor! 1992, wo war damals die Slowakei, Herr Kommissar? Wir haben damals schon versucht, Anstöße zu geben, was die steuerliche Behandlung von Kunstwerken angeht, und eine Harmonisierung für die Arbeiten der Künstler herbeizuführen, gerade auch was die Mehrwertsteuer angeht. Wir haben versucht, einen Fonds zu schaffen. Wir haben versucht, einen Ausweis für Künstler zu schaffen. Alles schon 1992! All das wird jetzt wieder gefordert. Aber man muss alles wiederholen – das habe ich als Lehrerin gelernt –, damit es sich überhaupt festsetzt. Hier aber setzt sich alles so tief fest, dass nichts mehr an die Oberfläche kommt. Also, Herr Kommissar, unsere Worte in Ihr Ohr! Aber es ist ja nicht nur Ihr Ohr. Es ist eigentlich Aufgabe der Mitgliedstaaten. Deshalb richten sich die Forderungen heute genau wie damals wiederum an die Mitgliedstaaten, spezielle Formen der Förderung zu suchen.
Mein Bericht von damals war viel mutiger als der, den wir heute vorzulegen wagen, weil wir Angst haben, es könnte manches nicht umgesetzt werden, und weil wir heute sehr viel vorsichtiger sind. Wir müssen unsere Demokratien daran messen, wie viel wir für die Kultur tun, wie viele Möglichkeiten wir ihr einräumen. Frau Gibault hat Möglichkeiten aufgezeigt, wie das, was wir tun sollten, von Kommission und Mitgliedstaaten umgesetzt werden kann. Ich wünsche Ihnen viel Glück dabei!
Ovidiu Victor Ganţ (PPE-DE). – Doresc, de la bun început, să salut iniţiativa Doamnei Claire Gibault
Este, de fapt, un nou efort de a sensibiliza Comisia Europeană şi statele membre în legătură cu statutul artiştilor în Europa. Aş dori să insist asupra unor idei conturate în raport pe care le consider extrem de importante, dar şi realizabile. Sunt convins de necesitatea unui Euro-pass, un registru profesional european pentru artişti care să consemneze activitatea acestora. Documentul ar veni în sprijinul mobilităţii specifice acestei bresle. În ceea ce priveşte această mobilitate, trebuie să facem o distincţie netă între cea a artiştilor şi cea a lucrătorilor în general. De aceea, solicităm statelor membre să elimine orice restricţie privind accesul pe piaţa muncii pentru artiştii din noile state membre. Totodată este esenţială recunoaşterea reciprocă de către statele membre a diplomelor şi certificatelor eliberate de către instituţiile de învăţământ de profil. Aceasta ar facilita atât schimburile la nivelul studenţilor, cât şi la nivelul artiştilor profesionişti, precum şi posibilitatea de a fi angajaţi pe baza acestora. Nu putem accepta nici situaţia în care artiştii europeni care lucrează în afara Uniunii să nu-şi poată transfera drepturile de pensie şi securitate socială la revenirea în ţara de origine din motive pur birocratice şi, de aceea, solicităm o iniţiativă şi în acest sens.
Luând aceste măsuri am convingerea că, vom contribui direct de la nivel comunitar la dezvoltarea culturii europene fără a leza principiul subsidiarităţii care guvernează acest domeniu. Nu cred că există un mijloc mai bun de cunoaştere şi apropiere între cetăţenii europeni decât actul artistic, respectiv cultura ca atare.
Carlo Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Pack, ich war erschrocken über Ihren Entschluss, die Mitgliedstaaten und die Kommission zu kritisieren, weil sie untätig geblieben sind, obgleich Sie diesen Vorschlag als Erste schon vor 15 Jahren unterbreitet hatten. Es wäre jedoch noch schlimmer gewesen, Sie hätten das, was Sie jetzt zum Ausdruck brachten, 15 Jahre später geäußert, denn dann hätte es heißen müssen: „Vor 30 Jahren habe ich eine Regelung für Künstler vorgeschlagen.“ Mit der Initiative von Frau Gibault werden sicher Schritte eingeleitet, um die Lage zu verbessern. Doch nun möchte ich mit meinem Redebeitrag beginnen, den ich vorbereitet habe.
In Europa, Herr Präsident, hegen alle Bürgerinnen und Bürger der 27 Mitgliedstaaten irgendwelche Hoffnungen. Sind sie Arbeitnehmer, hoffen sie auf eine Zukunft, und sind sie betagte Rentner, hoffen sie auf eine sichere Existenz in der Gegenwart. Unter ihnen sind auch Künstler, die eine Tätigkeit ausüben, die sehr oft vielen Millionen Bürgern, die ihnen zusehen, zuhören, ihre Darbietungen schätzen und genießen, Unterhaltung und Vergnügen bereitet.
Unser gegenwärtiges Ziel ist es jedoch, dass die Künstler als Arbeitnehmer mit denselben Rechten wie alle Arbeitnehmer betrachtet werden; Künstler sind Menschen und Arbeitnehmer, und als solche haben sie Anspruch auf Arbeitsbedingungen, die eines europäischen Bürgers würdig sind.
Wie viele Künstler gibt es, die nicht berühmt werden, die tagtäglich bescheiden ihrer künstlerischen Tätigkeit nachgehen und kein angemessenes Entgelt erhalten oder denen nicht der gebührende Respekt entgegengebracht wird, und die später keine gerechte Rente bekommen? Ich bin sicher, dass diese Initiative dazu beitragen wird, auch für die Künstler eine Zukunft oder eine Gegenwart zu sichern.
Ján Figeľ, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte mich bei Ihnen allen für die äußerst interessante Aussprache bedanken. Meiner Meinung nach wird dieser Bericht dazu beitragen, nicht nur den Dialog zu fördern, sondern auch die Zusammenarbeit in Europa zugunsten der künstlerischen Kreativität und der Kultur voranbringen.
Mir hat gefallen, mit welchem Enthusiasmus Frau Pack an dieses Thema herangegangen ist. In der Regel sind Menschen wie sie den Entwicklungen weit voraus, aber wir brauchen einen solchen Ansatz.
1992, also vor 15 Jahren, wollten die meisten Leute, insbesondere die Mitgliedstaaten, die Frage der Kultur nicht berühren, da die Subsidiarität ein heikles Thema ist. Nunmehr will man durch Kultur mehr erreichen, weil andere Gegebenheiten existieren: der Markt, der Euro. Das Problem ist nicht recht greifbar. Damit will ich nicht sagen, dass wir eine Harmonisierung brauchen, aber wir brauchen bessere Bedingungen, damit die Kulturen besser gedeihen können, um Vertrauen zu schaffen, interkulturelle Beziehungen aufzubauen und Ähnliches.
Daher war die Mitteilung vom vergangenen Monat die erste in fünfzig Jahren, in der die Kommission eine Art politisches Manifest veröffentlichte und eine gemeinsame kulturelle Agenda vorschlug. So wird eine Art jährliches Forum, das Forum in Davos, veranstaltet werden. Es soll Mitgliedstaaten, Akteure und die EU-Organe zusammenführen, um kulturelle Fragen zu diskutieren, nach vorn zu bringen und Antworten zu geben.
In Bezug auf neue Programme – einige Male wurde Erasmus erwähnt – werden wir in diesem Jahr dreimal so viele Möglichkeiten haben, um die Mobilität zu erhöhen oder die Intensität von Erasmus zu verdreifachen. Allerdings ist dafür die Kompatibilität der Studiengänge bzw. die Anerkennung von Diplomen, akademischen Graden und Qualifikationen erforderlich. Ich habe im letzten Herbst vorgeschlagen – und das ist auch Bestandteil des Europäischen Qualifikationsrahmens des Parlaments und des Rates –, unsere Qualifikationen lesbarer, vergleichbarer und übertragbarer zu machen. Bitte unterbreiten Sie Ihre Vorschläge im Herbst oder bis zum Ende dieses Jahres unter dem portugiesischen Ratsvorsitz.
Abschließend möchte ich bemerken, dass es viele Visaanträge gibt. Visaerleichterungen gibt es bereits, und ich hoffe, dass die Mitgliedstaaten – mit Ausnahme von Irland, dem Vereinigten Königreich und Dänemark – diese Visaerleichterungen für Studenten einführen, um die Mobilität von Studenten und anderen zu verbessern.
Für Arbeitnehmer, das heißt Fachkräfte, wollen wir im September Vorschläge für zwei wichtige Richtlinien vorlegen. Dabei handelt es sich zum einen um eine horizontale Rahmenrichtlinie über die Grundrechte aller Wanderarbeiter. Dieser Vorschlag sieht die Schaffung einer kombinierten Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis vor, wodurch der Verwaltungsaufwand verringert wird. Die andere ist in dieser Hinsicht noch wichtiger angesichts dessen, was viele von Ihnen gesagt haben. Es handelt sich um einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Zulassung von hoch qualifizierten Arbeitnehmern. Diese Richtlinie kann in bestimmten Fällen direkt für Künstler aus Drittländern angewandt werden und ihnen erleichterten Zugang zu den Arbeitsmärkten der EU ermöglichen. Wir können 15 oder 5 Jahre zurückgehen, aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, nach vorn zu schauen, und gemeinsam können wir etwas erreichen.
Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Kommissar, und Dank auch an alle Abgeordneten, die sich an der Aussprache beteiligt haben.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen statt.
Schriftliche Stimmerklärungen (Artikel 142)
Gábor Harangozó (PSE), schriftlich. – (HU) Die Europäische Union braucht eine Verfassung! Der Verfassungsvertrag kann nicht nur eine wichtige Rolle spielen bei der Aufwertung der Europäischen Union in der Weltpolitik, der Vereinfachung von Gemeinschaftsrecht und Beschlussfassung sowie der Verbesserung der Transparenz und damit ihrer Zugänglichkeit für die Bürger, sondern er kann auch dazu beitragen, ein unternehmensfreundliches Klima zu schaffen und den Binnenmarkt zu vollenden. Die Schaffung einer Verfassung ist auch eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit. Sie ist eine Antwort auf die Herausforderungen von außen und innen.
Der im Juni 2005 gebilligte Vertrag enthält die Grundwerte der Gemeinschaften, die sich im Laufe ihrer Entwicklung bis heute ausgeprägt haben, sowie die gemeinsame und die gemeinschaftliche Politik, deren Wahrung im Interesse des gesamten Vorhabens der Integration sowie aller Mitgliedstaaten und EU-Bürger ist. Der Verfassungsvertrag wurde von den Staats- und Regierungschefs aller Mitgliedstaaten unterzeichnet; in achtzehn der Mitgliedstaaten hat auch das Ratifizierungsverfahren stattgefunden. Trotz der Ablehnung in den Referenden in Frankreich und den Niederlanden dürfen wir nicht länger warten, das Potenzial der Integration zu nutzen, das der Schaffung einer Verfassung innewohnt.
Die Bemühungen der deutschen Präsidentschaft, die vorbereitenden Arbeiten für einen neuen Vertragsentwurf einzuleiten, sind willkommen, und das Europäische Parlament möchte eine aktive Rolle in diesem Prozess spielen. Der jetzt ausgearbeitete Vertragsentwurf sollte so wenig Änderungen wie möglich enthalten und weiterhin den Schutz der genannten Werte der Gemeinschaft sicherstellen.
Gleichzeitig halte ich es für wichtig, dass zu dem geänderten Vertrag eine gründlichere, länger angelegte und objektivere Informationskampagne in jedem Mitgliedstaat stattfindet, um ein höheres Maß an Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen. Sie sollte in Teilen mit Gemeinschaftsmitteln finanziert werden. Bei dieser Informationskampagne sollte dem Europäischen Parlament und seinen Abgeordneten als den Interessenvertretern der EU-Bürger eine herausragende Rolle zukommen.