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Ausführliche Sitzungsberichte
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Dienstag, 19. Juni 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.
1. Eröffnung der Sitzung
 2. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
 3. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit (Bekanntgabe der eingereichten Entschließungsanträge): siehe Protokoll
 4. Situation in Palästina (Aussprache)
 5. Krise der „Equitable Life Assurance Society“ – Ergebnisse des Untersuchungsausschusses (Aussprache)
 6. Ein Regelungsrahmen für Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familienleben und Studienzeiten für junge Frauen in der Europäischen Union (Aussprache)
 7. Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen: siehe Protokoll
 8. Abstimmungsstunde
  8.1. Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.2. Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.3. Kennzeichnung der Betätigungseinrichtungen, Kontrollleuchten und Anzeiger von zweirädrigen oder dreirädrigen Kraftfahrzeugen (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.4. Schutz der Verbraucherinteressen: Unterlassungsklage (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.5. Lenkanlage von land- oder forstwirtschaftlichen Zugmaschinen auf Rädern ((kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.6. Höchstgeschwindigkeit und Ladepritschen von land- oder forstwirtschaftlichen Zugmaschinen auf Rädern (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.7. Land- oder forstwirtschaftliche Zugmaschinen (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.8. Sichtfeld und Scheibenwischer von land- und fortswirtschaftlichen Zugmaschinen (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.9. Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.10. Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.11. Schutz der Arbeitnehmer vor Asbest (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.12. Garantieleistung der Gemeinschaft für etwaige Verluste der EIB aus Darlehen für Vorhaben außerhalb der Gemeinschaft (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.13. Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.14. Reinrassige Zuchtrinder (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.15. Gemeinschaftsmarke (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.16. Bruteier und Küken von Hausgeflügel (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.17. Finanzierungssystem des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.18. Gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  8.19. Partnerschaftliches Fischereiabkommen EG/São Tomé und Príncipe (Abstimmung)
  8.20. Partnerschaftliches Fischereiabkommen EG/Kiribati (Abstimmung)
  8.21. Antrag auf Schutz der Immunität von Mario Borghezio (Abstimmung)
  8.22. Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen (Abstimmung)
  8.23. Katzen- und Hundefelle (Abstimmung)
  8.24. Entwicklung einer europäischen Breitbandpolitik (Abstimmung)
  8.25. Wirtschafts- und Handelsbeziehungen EU-Russland (Abstimmung)
  8.26. Wettbewerbspolitik 2005 (Abstimmung)
  8.27. Ergebnisse des Untersuchungsausschusses (Abstimmung)
  8.28. Ein Regelungsrahmen für Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familienleben und Studienzeiten für junge Frauen in der Europäischen Union (Abstimmung)
 9. Stimmerklärungen
 10. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 11. Zusammensetzung des Parlaments
 12. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 13. Schlussfolgerungen des G8-Gipfels – Millenniums-Entwicklungsziele: Zwischenbilanz (Aussprache)
 14. Arbeiten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU 2006 (Aussprache)
 15. Informationsreise nach Andalusien, Valencia und Madrid (Aussprache)
 16. Fragestunde (Anfragen an die Kommission)
 17. Spezifische Probleme bei der Umsetzung und Anwendung der Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen und ihre Beziehung zur Lissabonner Agenda (Aussprache)
 18. Ausnahmen von den Binnenmarktvorschriften für die Beschaffung von Verteidigungsgütern auf der Grundlage von Artikel 296 EGV (Aussprache)
 19. Verbot der Ausfuhr und sichere Lagerung von metallischem Quecksilber (Aussprache)
 20. Unterstützung der Landwirte nach Frostschäden (Aussprache)
 21. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 22. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

 
1. Eröffnung der Sitzung
  

(Die Sitzung wird um 9.05 Uhr eröffnet)

 

2. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll

3. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit (Bekanntgabe der eingereichten Entschließungsanträge): siehe Protokoll

4. Situation in Palästina (Aussprache)
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  Der Präsident. Sehr geehrter Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die schrecklichen Ereignisse und dramatischen Entwicklungen der letzten Tage im Gazastreifen haben uns alle zutiefst bewegt und beunruhigt. Wie Sie wissen, habe ich als Ziel meiner ersten Reise außerhalb der Europäischen Union den Nahen Osten gewählt und der Region einen Besuch abgestattet. Das Treffen mit dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, sollte zunächst in Ramallah stattfinden. Wegen der zunehmenden Auseinandersetzungen zwischen Fatah und Hamas bat mich Präsident Abbas, ihn an seinem Amtssitz in Gaza aufzusuchen, wo er sich zu Vermittlungsbemühungen aufhielt. Ich habe diesem Wunsch entsprochen. Genau heute vor drei Wochen habe ich mit Präsident Mahmud Abbas in Gaza gesprochen. Ich war beeindruckt von der ruhigen Entschlossenheit, mit der Präsident Abbas mir seine Überzeugungen vortrug. Dennoch spürte ich außerhalb seiner Amtsräume die Spannung, die die Luft bewegte.

Ich möchte Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, empfehlen, die gewalttätigen Anschläge der Hamasmilizen gegen die legitimen Sicherheitskräfte und Institutionen der Palästinensischen Autonomiebehörde aufs Schärfste zu verurteilen. Ich möchte Ihnen empfehlen, aus tiefer Überzeugung unsere Unterstützung für Präsident Abbas und unsere Solidarität mit ihm zum Ausdruck zu bringen.

Wir unterstützen den palästinensischen Präsidenten in seiner Entscheidung, den Ausnahmezustand auszurufen und eine Notregierung zu ernennen, um die politische Krise in den palästinensischen Gebieten schnellstmöglich lösen zu können. Wir haben in Salam Fayyad, den neuen Ministerpräsidenten, der mich kürzlich in Brüssel besucht hat, und in seine erwiesenen Führungsqualitäten großes Vertrauen. Ich werde dem neuen Ministerpräsidenten dieses Vertrauen noch heute ausdrücken, sollten Sie mich dazu beauftragen.

Die Aufgabe der neuen Regierung ist schwierig, sie wird die engagierte Hilfe der Europäischen Union und der internationalen Gemeinschaft benötigen. Im Einklang mit den gestrigen Schlussfolgerungen des Außenministerrats in Luxemburg möchte ich zum Ausdruck bringen, dass auch wir als Europäisches Parlament denen, die sich für den Frieden im Nahen Osten einsetzen und daran weiterarbeiten, aus tiefer Überzeugung mit Rat und Tat beistehen sollten.

Das Europäische Parlament hat gestern zur Eröffnung der Plenarsitzung beschlossen, die Beschlussfassung über eine Entschließung zur Politik der Europäischen Union gegenüber dem Nahen Osten auf die Plenarsitzung im kommenden Juli zu verschieben. Angesichts der fortgesetzten Instabilität und der sich andauernd verändernden Entwicklungen in der Region glaube ich, dass dies die richtige Entscheidung ist.

Jedoch bedeutet dies nicht, dass wir vorhaben, den Entwicklungen passiv zuzusehen. Die Europäische Union einschließlich des Europäischen Parlaments muss Vorreiter einer erneuerten Beziehung zum palästinensischen Volk und seinen verantwortlichen Repräsentanten sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen unserer Verantwortung gerecht werden und entsprechend handeln. Wir müssen alles in unserer Macht Stehende unternehmen, damit in den gesamten palästinensischen Gebieten wieder menschenwürdige Verhältnisse hergestellt werden. Wir müssen die Bevölkerung darin unterstützen, ihren dringlichsten menschlichen Bedürfnissen entsprechen zu können, aber wir müssen auch dazu beitragen, eine echte langfristige politische Perspektive zu entwickeln.

Der Rat der Außenminister hat gestern beschlossen, die normalen Beziehungen zur Palästinensischen Autonomiebehörde wieder herzustellen, was wir begrüßen sollten. So wurde in diesem Zusammenhang auch beschlossen, die notwendigen Bedingungen zu schaffen, um die Wiederaufnahme einer effizienten und transparenten finanziellen Direkthilfe zu ermöglichen, ebenso wie die Hilfe zum Aufbau funktionierender Institutionen. Die Missionen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik einschließlich der polizeilichen Zusammenarbeit werden fortgeführt. Das Europäische Parlament als entscheidender Teil der EU-Haushaltsbehörde sollte dieses nachdrücklich unterstützen.

Über diese Maßnahmen hinaus aber sollten wir als Europäisches Parlament die Palästinenser dazu aufrufen, erneut den Weg des Dialogs untereinander einzuschlagen, um so zu einer notwendigen Versöhnung im Hinblick auf einen künftigen palästinensischen Staat zu gelangen, der die Gesamtheit der palästinensischen Territorien umfasst. Es kann in niemandes Interesse sein, dass sich der Bürgerkrieg ausbreitet und andauert.

Es wird aber auch keinen Frieden ohne Israel geben können. Israel hat eine große Verantwortung. Bei meinem Besuch in Israel und vor allem in meiner Rede vor der Knesset habe ich nachdrücklich darauf hingewiesen, dass das Europäische Parlament die politischen Verantwortlichen in Israel aufruft, ihre eindeutige Unterstützung für Präsident Abbas zum Ausdruck zu bringen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch meine Aufforderung an Israel wiederholen, die seit mehreren Monaten zurückgehaltenen palästinensischen Zoll- und Steuereinnahmen in Höhe von circa 800 Millionen Dollar an Präsident Mahmud Abbas freizugeben. Die israelische Regierung hat ihre Bereitschaft dazu erklärt, sie sollte nun schnell umgesetzt werden. Die Europäische Union muss ein ehrlicher Vermittler sein, und ich sehe es als Aufgabe des Europäischen Parlaments an, hierbei einen verantwortlichen Beitrag zu leisten.

Israelis und Palästinenser haben die gleiche Würde. Sie haben das Recht, in gesicherten Grenzen zu leben. Möge der Tag kommen, dass Palästinenser und Palästinenser, Palästinenser und Israelis friedlich zusammen leben. Eine solche Politik der Versöhnung und Verständigung, soweit entfernt sie auch heute erscheinen mag, sollten wir, das Europäische Parlament, als die Vertretung der Völker Europas aus Überzeugung und Verantwortung unterstützen.

(Beifall)

 
  
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  José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich glaube, unser Parlament hat gut daran getan, die Tagesordnung zu ändern, um über die Lage im Nahen Osten zu diskutieren. Leider hege ich große Zweifel, dass unsere Debatte helfen wird, eine Lösung für den Konflikt zu finden, aber dennoch müssen wir sie natürlich führen.

Erst vor wenigen Tagen hatten wir mit dem Hohen Vertreter und Kommissarin Ferrero in Brüssel eine Debatte zur Lage im Nahen Osten, bei der wir des 40. Jahrestags des Sechs-Tage-Kriegs gedachten, in dem Israel den Gazastreifen, das Westjordanland und die Golan-Höhen besetzte.

Heute, nach 40 Jahren, müssen wir einräumen, dass die Situation noch immer stagniert – wie uns die französische Presse gestern in Erinnerung rief –, dass es nicht möglich war, einen palästinensischen Staat zu errichten und leider faktisch zwei Regierungen existieren, die sich gegenseitig befeinden. Gleichzeitig herrscht eine überaus ernste politische, wirtschaftliche, soziale und humanitäre Krise.

Herr Präsident, Sie fragten, was die internationale Gemeinschaft im Allgemeinen und die Europäische Union im Besonderen unternehmen kann, und was wir natürlich tun müssen, ist vor allem die Unterstützung von Mahmud Abbas und der gemäßigten Regierung von Salam Fayad, der nicht nur an der Spitze der Regierung im Westjordanland, sondern auch im Gazastreifen stehen muss.

Ferner gilt es, die internationale Blockade aufzuheben – wie Sie auch betonten, Herr Präsident –, die seit dem Wahlsieg der Hamas über Palästina verhängt ist. Daher begrüßen wir den gestrigen Beschluss des Ministerrats Allgemeine Angelegenheiten, die Direkthilfen an die Palästinensische Autonomiebehörde wieder aufzunehmen, und wir hoffen, dass uns das Treffen zwischen dem Präsidenten der Vereinigten Staaten und dem israelischen Premierminister heute in Washington in eben diese Richtung führt. Es ist auch Zeit, Herr Präsident, dass Israel den Palästinensern die ihnen geschuldeten Summen für Zollgebühren überweist.

Doch alle diese Voraussetzungen sind zwar notwendig, Herr Präsident, aber keineswegs ausreichend, denn wir wissen, dass die Lage im Gazastreifen noch immer von Gewalt geprägt ist und dass in dem schwierigen Gleichgewicht zwischen Krieg und Frieden Fortschritte im Nahen Osten nur erreicht werden können durch den Verzicht auf Gewalt als Mittel der politischen Aktion, durch die Anerkennung des Staates Israel und durch solche Maßnahmen wie die Freilassung des britischen Journalisten Alan Johnston, die zur Herstellung des Friedens beitragen können.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir Frauen und Männer in diesem Haus tragen alle politische Verantwortung und wissen genau, dass das höchste politische Gut die Einheit ist und dass es ohne Einheit nicht möglich sein wird, den Traum von einem lebensfähigen palästinensischen Staat, der friedlich mit seinen Nachbarn zusammenlebt, zu verwirklichen.

Herr Präsident, wie Sie sehr richtig sagten, ist es an der Zeit, dass die Waffen schweigen, damit der Dialog in den Vordergrund treten und der Frieden gestärkt werden kann, und es ist Aufgabe der Europäischen Union, zusammen mit weiteren Akteuren, wie den Vereinten Nationen oder der Arabischen Liga oder den anderen Mitgliedern des Quartetts, alle Kräfte zu mobilisieren, um besonnen und selbstlos in Übereinstimmung mit ihren Traditionen und ihren Werten und natürlich aus Sicht der humanitären Hilfe zu einem gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten beizutragen.

 
  
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  Martin Schulz, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir müssen das, was sich in den letzten Tagen ereignet hat, als einen Tiefpunkt der Entwicklung in der Region begreifen. Ich würde es aber auch als einen Tiefpunkt in unserer eigenen Rolle als Europäische Union im Verhältnis zum Nahen Osten begreifen. Der Außenministerrat hat gestern beschlossen, die Hilfen wieder aufzunehmen. Warum eigentlich jetzt erst, nachdem die staatliche Ordnung auseinandergebrochen ist?

(Beifall)

Sie, Herr Präsident, haben gerade gefordert, direkte Hilfen an Mahmud Abbas zu zahlen. Ich stelle die Frage, ob es auch sein kann, dass es vielleicht zu spät ist. Wäre vielleicht das, was sich jetzt ereignet – der Zerfall der staatlichen Ordnung im Gazastreifen – zu verhindern gewesen, wenn wir die Hilfen früher gezahlt hätten, und uns nicht der Strategie unterworfen hätten, dass man nicht mit der Hamas redet?

(Beifall)

Ich weiß darauf selbst keine Antwort, und wir sind sicherlich auch nicht berechtigt zu sagen, hätten wir es anders gemacht, dann wäre es besser gelaufen. Aber wir müssen zumindest diese Frage stellen dürfen.

Ist es nicht auch so, dass wir jetzt zum wiederholten Male erleben, dass die Europäische Union und die westliche Staatengemeinschaft insgesamt erlebt, dass es einen Prozess gibt, den ich wie folgt beschreiben will: Da wählt ein Volk eine Regierung, und uns gefällt diese Regierung nicht. Uns gefällt die von unseren Wahlbeobachtern selbst festgestellte einwandfreie Wahl, aber ihr Resultat gefällt uns nicht. Die Konsequenz, die wir daraus ziehen, ist die Blockade, und zwar eine vollständige Blockade. Warum haben wir eigentlich nicht mit den Mitgliedern der Regierung der nationalen Einheit, die nicht der Hamas angehören, gesprochen? Es gab eine große Anzahl von Mitgliedern der Regierung, die nicht der Hamas und auch nicht der Fatah angehörten. Der Dialog, auch mit den Kräften, die uns vielleicht kurzfristig nicht passen, ist trotzdem die einzige Möglichkeit, zu friedlichen Lösungen zu kommen.

Ich kann mich daran erinnern, dass ich als junger Mann – wie Sie alle – hier miterlebt habe, dass Jassir Arafat als der Topterrorist der Welt galt. Dieser Mann wurde später mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Ich fand es richtig, dass der Dialog mit ihm aufgenommen wurde. Die Geschichte hat bewiesen, dass der Dialog aus der Gewalt herausführte. Al Fatah gilt heute als unser Partner. Al Fatah war einmal die Terrororganisation überhaupt in der Welt! Deshalb müssen wir aus unseren eigenen Fehlern lernen.

Wenn wir auf die reale Situation schauen, ist nach wie vor nach meiner Auffassung und nach Auffassung meiner Faktion und der sozialdemokratischen Parteienfamilie nur ein Weg möglich: Wir müssen versuchen, alle beteiligten Kräfte und alle Interessengruppen an einen Tisch zu bekommen. Jeder, der mit Syrien redet, wird mit Acht und Bann belegt. Dabei wissen wir selbst, dass es in absehbarer Zeit zu Verhandlungen Israels mit Syrien kommen wird. Die Vorbereitungen laufen schon. Wir wissen, dass die israelische Regierung im vergangenen Jahr versucht hat, mit Syrien Kontakt aufzunehmen. Seien wir doch ein Stück ehrlicher und sagen: Natürlich gehört auch Syrien – gerade wenn man Einfluss auf die Hamas nehmen will – mit an den Verhandlungstisch.

Nun ist es sicherlich müßig, nur in die Vergangenheit zu schauen. Wir müssen an Direkthilfen leisten, was wir jetzt noch leisten können. Ich weiß nicht, ob es im Gazastreifen noch Einflussmöglichkeiten gibt. Aber wenn es sie gibt, dann muss mit diesen Hilfen vor allen Dingen die staatliche Infrastruktur aufgebaut werden, müssen Sicherheitskräfte unterstützt werden, die tatsächlich Sicherheit und keine Unsicherheit bringen. Aber an allererster Stelle – und das kommt mir in den ganzen Debatten der letzten zwei Tage zu kurz – müssen wir als Europäische Union dafür sorgen, dass es humanitäre Hilfe gibt. Denn was jetzt abläuft, ist auch Folgendes: Ein ohnehin Not leidendes Volk wird jetzt noch einmal zusätzlich in weiteres Elend gestürzt durch die radikalisierten bewaffneten Kräfte an den Rändern dieser Gesellschaft. Die Notleidenden sind wirklich die einfachen Leute, die kein Wasser, keinen Strom, keine medizinische Versorgung haben, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken können. Und nur, wenn wir das beheben können, schaffen wir die Atmosphäre der Bereitschaft zur Sicherheit, die Israel braucht, um in Frieden leben zu können. Denn eins ist ganz klar: Israel wird nicht sicherer leben können, wenn es eine immer weitere Radikalisierung und einen Bürgerkrieg gibt. Der schafft nur mehr Instabilität. Grundvoraussetzung für soziale Sicherheit ist immer, dass wir sie aufbauen und mit der sozialen Sicherheit in der Region die Bereitschaft zu mehr Frieden entwickeln können. Das muss die Hauptaufgabe der Europäischen Union sein, und nicht die Entsendung europäischer Soldaten, wie ich das in den letzten Tagen von manchem Repräsentanten unserer Union gehört habe. Es kann nicht sein, dass wir aus politischen Gründen kein Geld haben, um humanitäre Hilfe zu leisten, aber wohl Geld haben, um eine Truppe dorthin zu schicken. Das ist nicht jedenfalls nicht unser Weg. Ich hoffe, dass wir zum Dialog im Nahen Osten zurückfinden können.

(Beifall von links)

 
  
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  Graham Watson, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Wie Herr Schulz sagte, gibt es keine Rechtfertigung für die Aktionen der militanten Hamas, ganz gleich, wie schlecht die Palästinenser behandelt wurden.

Doch wenn die internationale Gemeinschaft vor einem Jahr ihr Engagement für Demokratie in Palästina fortgesetzt hätte, wenn wir den Dialog mit moderaten Hamas-Kräften nicht abgelehnt und die direkten Hilfszahlungen an eine frei gewählte Regierung nicht eingestellt hätten, dann hätte die Lage nicht diesen Tiefpunkt erreicht.

Finanzielle Sanktionen, mit denen die Anerkennung Israels erzwungen oder die Hamas von der Macht verdrängt werden sollte, haben die Palästinenser lediglich noch tiefer in die Verzweiflung getrieben und die Aussichten auf Frieden weiter verschlechtert.

Es bildet sich ein aus zwei Staaten bestehendes Palästina heraus, das von Gewalt, Sektierertum und Angst beherrscht wird, während eine Zwei-Staaten-Lösung für den Konflikt in immer weitere Ferne rückt.

Die Liberalen und Demokraten sind enttäuscht – wenngleich nicht überrascht –, dass sich die Lage so entwickelt hat. Vor einem Jahr haben wir gewarnt, dass das Leid der Palästinenser mehr Extremismus heraufbeschwören würde, und zwar vor allem im Gazastreifen, der einem Gefängnis ähnelt und wo 1,4 Millionen Menschen regelrecht eingesperrt und ihrer Lebensgrundlage beraubt sind.

Die Machtübernahme im Gazastreifen, die letzte Woche mit Gewalt erzwungen wurde, zeugt von der Nichtachtung des Grundsatzes der Rechtsstaatlichkeit, der für jede legitime Regierung eine Mindestanforderung darstellt.

Wenn die Hamas nicht aufpasst, dann hat sie damit möglicherweise ihre Sache verraten und, um den saudiarabischen Außenminister zu zitieren, den letzten Nagel in den Sarg des Traums von einem palästinensischen Staat getrieben.

Jetzt müssen sich alle Seiten den Tatsachen stellen, es sei denn, wir wollen den Bürgerkrieg die Oberhand über die Einheit gewinnen lassen. Die Ablehnung des Dialogs hat keinen weitergebracht.

Was jetzt gebraucht wird, das ist eine ordentliche Portion Pragmatismus – keine Verurteilung, keine Sanktionen und schon gar nicht die Ablehnung von Verhandlungen. Das ist die Option für Feiglinge, die zudem nach hinten losgehen dürfte. Ausgehend davon begrüßt meine Fraktion die Entschlossenheit von Premierminister Salam Fayyad, die Sicherheit wiederherzustellen und Präsident Abbas an den Verhandlungstisch zu holen. Wir begrüßen die Wiederaufnahme der direkten Hilfe für die Palästinensische Autonomiebehörde und die in Aussicht gestellte Freigabe von bis zu 800 Millionen US-Dollar an palästinensischen Steuereinnahmen durch die israelische Regierung.

Wir warnen jedoch davor, die Verwaltung des Westjordanlands auf Kosten des Gazastreifens zu unterstützen. Wenn man den Gazastreifen als „terroristisches Gebilde“ – wie offizielle Vertreter Israels ihn nannten – bezeichnet, bringt man die Region dem Frieden keinen Schritt näher, sondern sorgt nur für noch mehr Unsicherheit angesichts eines verzweifelten Volkes, das ausgehungert und von allem abgeschnitten ist, dass es zum Leben braucht und das beschließt, dass es nichts mehr zu verlieren hat.

Die Kontrolle des Gazastreifens durch die Hamas ist der Realität gewordene Alptraum. Die Europäische Union darf sich nicht bereitwillig an den Rand drängen lassen und zusehen, wie Iran zu einem Protagonisten in diesem Wettstreit aufsteigt.

Eines sollten wir in diesem Jahr zumindest gelernt haben, dass nämlich die Politik – und nur die Politik – Aussichten auf Frieden im Nahen Osten schaffen kann.

Während das Parlament zumindest immer Gespräche geführt hat, haben sich der Rat und die Mitgliedstaaten passiv verhalten. Jetzt ist es Aufgabe des Rates, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen zu stellen und sich aktiv für den Frieden in der Region einzusetzen.

(Beifall)

 
  
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  Brian Crowley, im Namen der UEN-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Das Wichtigste, woran wir hier heute denken müssen, das ist das Leben der Menschen, die unter der neuen Welle der Gewalt in den palästinensischen Gebieten zu leiden haben. Vor allem müssen wir an die Frauen und Kinder denken, deren Leiden nicht erst durch die Machtübernahme durch die Hamas in Gaza verursacht wurde oder die fehlende Verhandlungsbereitschaft palästinensischer und israelischer Behörden oder die Einstellung der Hilfe durch die Europäische Union und die USA; ihr Leiden begann vor 30 Jahren.

Jeder, der aus Palästina kommt, wird Ihnen sagen, dass es immer die Frauen und Kinder waren, die am meisten gelitten haben, aber sie haben stets am zähesten nach einem Weg aus der Verhandlungssackgasse, aus der Missachtung und dem Scheitern von Lösungsansätzen gesucht; ja dem Scheitern sowohl Israels als auch Palästinas, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, Vereinbarungen, die sie freiwillig geschlossen haben; dem Scheitern der USA und der Europäischen Union, ihre Zusagen in Bezug auf klare und offene Verhandlungen einzulösen; dem Scheitern anderer, an Israel und Palästina angrenzender Staaten, im Bemühen um letztlich eine Zwei-Staaten-Lösung auf der Grundlage der Überlebensfähigkeit und Gleichheit eine proaktive und positive Rolle zu spielen.

Die Kollegen werden sich erinnern, dass der Präsident des Parlaments vor einigen Wochen eine Reihe von Nobelpreisträgern eingeladen hatte, im Gebäude des Europäischen Parlaments in Brüssel zur Zukunft Europas sowie zu Gebieten und Themen, mit denen sie zu tun haben, zu sprechen. Es ist schon seltsam, dass man beim Durchlesen der Beiträge der an diesem Tag Anwesenden, die Träger des Friedensnobelpreises sind, feststellt, dass ausnahmslos alle erklärten, dass die Friedensbemühungen, an denen sie beteiligt waren, durch Dialog, Achtung der Vielfalt, Toleranz und Gleichheit zustande kamen. Die Entwicklungen der letzten 30 Jahre in Palästina zeigen, dass keines dieser vier Kriterien erfüllt wurde.

Als Yassir Arafat an der Spitze des palästinensischen Volkes stand, sagte Israel, man könne sich nicht mit ihm an einen Tisch setzen, man könne nicht mit ihm verhandeln. Als ein neuer Präsident das Amt übernahm, sagte Israel, man könne sich nicht mit ihm an einen Tisch setzen, man könne nicht mit ihm verhandeln, und wurde dabei stets von den Amerikanern und bestimmten Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterstützt. Wer glaubt, dass das, was mit der Hamas im Gazastreifen passiert ist, ein Zufall ist, der missdeutet – selbst noch im Nachhinein – unser Unvermögen in der Europäischen Union und in den USA, nach den Lösungen zu suchen, die wirklich gebraucht werden.

Jetzt haben wir erneut Gelegenheit, etwas zu tun. Wir haben eine neue Chance, Mut im Angesicht des Todes und der Katastrophe zu beweisen, Menschlichkeit im Angesicht von Unterdrückung und Ungerechtigkeit zu demonstrieren und uns zu erheben und für das einzutreten, was gut und richtig ist: dass wir Hilfe für das palästinensische Volk bereitstellen sollten, dass wir darauf bestehen sollten, dass Israel mit den demokratisch gewählten Vertretern des palästinensischen Volkes verhandelt und dass wir die palästinensischen Behörden bei der Gewährleistung von Rechtsstaatlichkeit in den palästinensischen Gebieten unterstützen sollten.

(Beifall)

 
  
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  Daniel Cohn-Bendit, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, was Sie heute gehört haben, ist die Analyse – damit sind wir alle einverstanden. Es sind sicherlich die Fehler aller Beteiligten, die wir heute bitter büßen. Wir, das heißt vor allem die Palästinenser, aber ich glaube auch die Israelis und alle, die daran Interesse haben, dass es in dieser Region einmal irgendeine Zukunft geben kann, und zwar nicht nur eine friedliche Zukunft, sondern überhaupt eine Zukunft.

Ich möchte mich auf die Frage beschränken: Was kann man machen? Erstens muss die Europäische Union angesichts der Fehler, die hier begangen werden, endlich aufwachen und handeln. Die Europäische Union muss handeln, weil sie die einzige politische Entität ist, die in der Lage ist, zu vermitteln. Die Amerikaner sind das aufgrund des Irakkriegs nicht, die Russen usw. auch nicht.

Es muss eine Initiative ergriffen werden, die bedeutet: ja, ja zur Direktzahlung, ja natürlich zur Unterstützung, ja zur Kontaktaufnahme mit Gaza, mit Hamas, um die humanitäre Situation in Gaza in Angriff zu nehmen. Nicht eine Erklärung abwarten, sondern handeln und dann die Erklärung einholen, das ist das Gebot! Das bedeutet, im Namen der Europäischen Union direkt in die Nation zu fahren und dann direkt weiterzumachen mit einem europäischen Quintett – was im Grunde genommen versucht wird, ohne dass es beim Namen genannt wird – und eine große Konferenz in der Region abzuhalten.

Martin Schulz hat Recht: Man muss mit Syrien reden und mit allen, mit denen wir sowieso verhandeln wollen und müssen, wenn es um Golan und die Grenzen des Libanon geht. Dies muss jetzt gemacht werden. Warum? Weil das die einzige Chance ist, dass in der Region wieder Hoffnung aufkeimt. Wo es wieder Hoffnung gibt, wird auch politischer Dialog möglich werden, und nicht umgekehrt!

Man wird immer davor gewarnt, dass eine Seite in Vorleistung tritt. Niemand wird in der Region in Vorleistung treten. Das sind die Lehren, die wir daraus ziehen müssen. Das heißt, es muss auch eine klare humanitäre Hilfe für Gaza geleistet werden. Niemand hat Interesse daran, dass die humanitäre Hilfe nur vom Iran kommt. Denn dann werden wir wieder weinen und sagen, dass wir das nicht wollten. Wenn wir es nicht wollen, verhindern wir es! Wenn wir es verhindern wollen, dann müssen wir tätig werden! Das ist das Gebot der Stunde.

Und Israel muss verstehen, dass eine Politik der Besatzung, die auf einer als ungerecht angesehenen Mauer basiert, keinen Frieden und keine Hoffnung bringen wird. Das muss Israel endlich einsehen. Aus dem Schlimmsten herauszukommen heißt, das zu machen, was man bis jetzt nicht gemacht hat, nämlich mit der neuen Regierung in Palästina klar in Verhandlungen um eine Sicherheitsgrenze jenseits dieser Mauer und den Wiederabbau der Mauer zu treten. Das bedeutet finanzielle Hilfe, humanitäre Hilfe und politische Initiative. Wenn das nicht geschieht, werden wir uns jeden Monat hier treffen und jammern und weinen.

 
  
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  Francis Wurtz, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (FR) Herr Präsident! Angesichts der Tragödie, die sich in den palästinensischen Gebieten abspielt, sind Appelle zur Einstellung der Gewalt vollkommen unwirksam, solange man sich weigert, die Ursprünge dieser vorhersehbaren Katastrophe zu sehen.

Diese nie da gewesene Explosion der Gewalt ist zuerst und vor allem das Produkt anderer Gewalttaten, die in einer vierzigjährigen militärischen Okkupation bestehen. Sie ist das Ergebnis der Straflosigkeit, die die gesamte internationale Gemeinschaft unter völliger Missachtung des Völkerrechts den israelischen Führern gewährt hat, wer sie auch seien und was sie auch tun. Diese Gewalt ist der Preis für den Verlust jeglicher Hoffnung auf einen palästinensischen Staat, der diesen Namen verdient. Und dafür tragen die europäischen Führer eine schwere Verantwortung!

Europa ist, wie es heißt, der größte Geber. Gut, aber wo liegt der Wert dieser Hilfen, wenn man zulässt, dass sich das tödliche Gift der ständigen Demütigung ausbreitet, was von der Situation in Gaza in grotesker Weise illustriert wird und durch eine dauerhafte Isolierung des Gazastreifens nur noch bis ins Extrem gesteigert würde? Welche Verantwortung liegt darin, durch die Ausrichtung auf die tödliche Strategie des Weißen Hauses die historischen Chancen wie den Friedensplan der Arabischen Liga seit 2002, den Erfolg des ersten demokratischen Prozesses in Palästina im Jahr 2006 und unlängst der Bildung einer Regierung der nationalen Union als letzte Chance vertan zu haben!

Mehrere von uns haben hier einen Alarmschrei nach dem anderen ausgestoßen. Der jüngste war ein Appell von über einhundert Parlamentariern, mit einer Politik Schluss zu machen, die mit Boykottmaßnahmen gegen die Regierung und der Einstellung der Direkthilfe die Verzweiflung eines am Rande der Implosion stehenden Volkes hervorrief. Man antwortete uns mit beruhigenden Worten über die Absichten des Quartetts, jener Illusion, die von der Bush-Administration vorgespiegelt gesetzt wird, um ihre Untätigkeit zu verschleiern.

Und nun richtet der Sondergesandte der UNO für den Nahen Osten höchstpersönlich seinerseits eine echte Anklagerede gegen all jene, darunter auch die Europäer, die, wie er es nennt, „Selbstzensur“ gegen die Besatzer üben und deren jüngste Entscheidungen zum Boykott und zum Einfrieren der Hilfe, wie er unterstreicht, verheerende Konsequenzen hatten. Ein solches historisches Versagen und eine solche Missbilligung seitens des höchsten UN-Vertreters in der Region machen eine außerordentliche Debatte auf höchster Ebene erforderlich. Wenn wir uns nicht zu Komplizen eines neuen Irak machen wollen, müssen wir künftig mit allem Nachdruck tief greifende strategische Änderungen unter voller Achtung des Völkerrechts fordern, wie sie seit vierzig Jahren erforderlich gewesen wären. Die Geschichte wird unser Richter sein.

 
  
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  Bastiaan Belder, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Die so genannte palästinensische Einheitsregierung Fatah-Hamas hat letzte Woche ein gewaltsames Ende gefunden. Dieses Haus sieht sich somit zwei palästinensischen Kabinetten gegenüber, die sich gegenseitig das Existenzrecht absprechen.

Rat und Kommission haben sich inzwischen eindeutig für das Notkabinett von Salam Fayad in der West Bank entschieden. Diese Position unterstützte ich voll und ganz, denn im Unterschied zur Fatahbewegung unter der Leitung von Mahmoud Abbas stellt die Hamas-Spitze Israels Existenzrecht innerhalb und außerhalb des Gazastreifens nach wie vor in Abrede. Aus rein religiösen Gründen lehnt die Hamas eine Zweistaatenlösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt ab. Mit diesem Thema, den religiösen Grundlagen der Hamas, sollte sich Herr Schulz vielleicht einmal etwas näher auseinandersetzen.

Angesichts der von Damaskus und Teheran permanent betriebenen regionalen Destabilisierungspolitik verstehe ich, dass diese destruktive Haltung der Hamas von der Islamischen Republik Iran und Syrien aktiv gefördert wird. Die Tatsache, dass bestimmte Mitglieder und sogar Fraktionen in unserem Haus der Hamas, die doch Israels Erzfeind ist, selbst heutzutage als gleichwertigem Gesprächspartner gegenübertreten und ihr vertrauen möchten, ist für mich hingegen völlig unbegreiflich.

Heißt das, dass die politische Zweistaatenlösung zu einer abgeschmackten Heuchelei in diesem Parlament geworden ist? Unterdessen wünsche ich dem palästinensischen Volk von Herzen eine uneigennützige Führung, die sich intern als starke Regierung erweist und extern aufrichtig um einen modus vivendi mit Israel bemüht ist. Die neu ernannte Notstandsregierung Fayad bietet diese Chance. Damit sie verwirklicht werden kann, zähle ich auf die helfenden, ermunternden und kontrollierenden Hände aller europäischen Institutionen.

 
  
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  Andreas Mölzer, im Namen der ITS-Fraktion. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Gaza-Streifen, das ist kein neuer Palästinenserstaat, das ist ein Gefängnis, in dem die Menschen, die Palästinenser, das palästinensische Volk, vor allem Frauen, Kinder und Alte unter schrecklichen Umständen abgeriegelt und kaserniert leben müssen.

Die jüngste Explosion von Gewalt, die Machtübernahme im Gaza-Streifen durch die der Hamas-Milizen, ist natürlich aufgrund von vielerlei Fehlverhalten auch der europäischen Politik, auch der US-amerikanischen Politik, natürlich der israelischen Politik und auch der Fatah möglich gewesen. Die israelische Politik, die der Palästinenserregierung die Steuermittel verweigert und eine Mauer gegen das palästinensische Volk gebaut hat, die USA, die all das zugelassen haben und sich als unfähig erwiesen haben, alle Streitparteien an einen Tisch zu zwingen, und schließlich die Europäer, auch wir hier in diesem Hause, die wir nicht in der Lage waren, einer demokratisch gewählten Regierung, die auch aus uns unsympathischen und unliebsamen Kräften besteht, Unterstützung zukommen zu lassen und dabei die Gemäßigten zu unterstützen, um auch in der Hamas jene Kräfte wachsen zu lassen, die einen Weg der Vernunft hätten einschlagen können, sind schuld an diesen Zuständen.

Wir wissen, dass nunmehr mit der Machtübernahme der Hamas vier radikale Faktoren im Nahen Osten existieren: der Iran, Syrien, die Hisbollah und eben die Hamas. Wir wissen auch, dass der radikale Islamismus, wie er von der Hamas gepredigt wird, sehr gefährlich ist, dass die verbündeten Faktoren jene Kräfte sind, die den islamistischen Terror weltweit unterstützen, und dass wir Europäer uns natürlich massiv dagegen wehren müssen.

Auf der anderen Seite müssen wir aber auch für das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser eintreten, sind wir dafür, dass die Palästinenser jene Kräfte in ihre Regierung wählen, die sie wollen, und nicht die, die wir wollen. Wir haben nicht die Möglichkeit uns das auszusuchen. Wir dürfen also die alten Fehler nicht wiederholen und müssen mit jenen palästinensischen Kräften reden und sie unterstützen, die die Mehrheit des Volkes hinter sich haben.

Die Sicherheit Israels ist eine wichtige Sache für Europa. Zukunftsperspektiven für das palästinensische Volk aber sind genau so wichtig, und wenn wir das erreichen, haben wir die Möglichkeit, auf längere Frist Frieden im Nahmen Osten zu schaffen.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE-DE), schriftlich. (SK) Die derzeitige Lage in den Palästinensischen Autonomiegebieten beunruhigt mich sehr. Die Palästinensische Autonomiebehörde ist gespalten. Ungeachtet des Wahlergebnisses waren Schwierigkeiten der gemeinsamen Regierung aus Fatah und Hamas vorprogrammiert, und es war lediglich eine Frage der Zeit, bis die Spannungen in einen blutigen Konflikt münden würden. Die Hamas brüstet sich mit ihrem Gründungspapier, in dem sie auf die Zerstörung Israels abzielt. Am aktuellen Verhalten der Hamas-Bewegung können wir ablesen, dass sie ihre terroristischen Denk- und Handlungsweisen nie völlig aufgegeben hat. Wie kann es uns also gelingen, den unter elenden Bedingungen in Flüchtlingslagern lebenden Palästinensern, die keine Arbeit haben, angemessene Hilfe anzubieten, wenn diese gleichzeitig eine Gruppierung wählen, die sich dem Terrorismus verschrieben hat und sich zum Ziel setzt, ihren israelischen Nachbarn zu vernichten? Wie erreichen wir die Durchsetzung der Oslo-Abkommen und damit die Errichtung zweier gleichberechtigter Staaten – Palästina und Israel –, wenn einer der Beteiligten nur davon träumt, durch Krieg und Terrorismus den Nachbarstaat auszulöschen, mit dem er in friedlicher Koexistenz leben soll?

Als Mitglied des politischen Flügels von Euromed rufe ich das Parlament auf, alle Formen des Terrorismus in Palästina und jedwedes Bündnis mit den Hisbollah-Terroristen aufs Schärfste zu verurteilen. Die Europäische Union muss den Friedensprozess sowohl in Palästina als auch in Israel unterstützen. Nicht zuletzt sollte vermieden werden, dass die humanitäre Hilfe der EU auf undurchsichtigem Wege in die Hände terroristischer Organisationen gelangt.

 

5. Krise der „Equitable Life Assurance Society“ – Ergebnisse des Untersuchungsausschusses (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

– den Bericht von Diana Wallis im Namen des Untersuchungsausschusses zur Krise der „Equitable Life Assurance Society“ über die Krise der „Equitable Life Assurance Society“ (2006/2199(INI)) (A6-0203/2007) und

– die Entwurf einer Empfehlung, eingereicht von Diana Wallis im Namen des Untersuchungsausschusses zur Krise der ,,Equitable Life Assurance Society“, zu dem Bericht des Untersuchungsausschusses zur Krise der „Equitable Life Assurance Society“ (B6-0199/2007).

 
  
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  Diana Wallis (ALDE), Berichterstatterin. – (EN) Herr Präsident! Für uns und für meine Kollegen in diesem Untersuchungsausschuss geht heute eine 18-monatige Reise zu Ende. Dieses Dokument kann meinen Schreibtisch verlassen und ist nun für Ihren bestimmt, Herr Kommissar.

Als ich mich letzte Woche auf den heutigen Tag vorbereitete, wurde ich von einem Journalisten gefragt, ob ich grenzüberschreitend Finanzdienstleistungsprodukte kaufen würde. Das hat mich nachdenklich gemacht, denn ich konnte darauf nicht sofort antworten. Ich sagte: „Nun, ich weiß vielleicht zuviel.“ Ich weiß aufgrund dieser Untersuchung zuviel, und das beunruhigt mich etwas – es beunruhigt mich sogar mehr als nur etwas. Würde ich nach all dem selbst zu Hause, im Vereinigten Königreich, wo all das passiert ist, Finanzdienstleistungsprodukte kaufen? Das ist ein Finanzzentrum, das zu den besten in der Europäischen Union gehören soll.

Dieses ganze Problem der traurigen Krise von Equitable Life berührt den Kern der Frage des Vertrauens der Verbraucher in unseren Binnenmarkt. Es berührt den Kern der Frage, ob wir als europäische Bürger das Vertrauen haben, für unsere Zukunft zu sparen, für unsere Rente und andere Investitionen. Wenn wir als Gesetzgeber kein ordnungsgemäßes Regulierungssystem für den Binnenmarkt schaffen können, schaffen wir enorme Probleme für die Zukunft.

Was also ist bei Equitable Life passiert? Anderthalb Millionen Versicherungsnehmer wurden Opfer der Krise von Equitable Life. Das ist wirklich eine Krise von europäischem Ausmaß, die auch auf europäischer Ebene geregelt werden muss. Ich denke, wir alle sind uns im Klaren darüber und verstehen, dass Finanzdienstleistungsunternehmen – wie auch andere Unternehmen – in der Lage sein müssen, in der gesamten Europäischen Union auf der Grundlage dessen, was bisweilen als Herkunftsland/Tätigkeitsland der Kontrolle oder Kontrolle durch das Ursprungsland bezeichnet wird, Handel zu treiben und geschäftstätig zu sein. Aber wenn wir das tun – und das tun wir eindeutig -, muss absolut klar sein, wer wofür verantwortlich ist. In diesem speziellen Fall war das eindeutig nicht klar.

Vor einigen Wochen, Herr Kommissar, war ich an einem Vermittlungsverfahren beteiligt, bei dem wir uns mehrere Stunden mit einem anderen Rechtsakt, bekannt als Rom II, befasst und versucht haben, das richtige Verhältnis zwischen Ursprungsland und anderen Gemeinschaftsinstrumenten zu finden. Das ist für uns jedoch nicht nur eine semantische oder Formulierungsübung. Am Ende des Prozesses sagte jemand zu mir: „So, nun kann jede Seite hineinlesen, was sie will.“ Das eben sollte nicht der Fall sein. Wir müssen um der Menschen willen, die davon betroffen sind, eindeutig festlegen, wer wofür die Verantwortung trägt.

Meine Kollegen und ich haben in diesem Fall von Equitable Life festgestellt, dass sich Opfer beispielsweise in Deutschland oder Irland an die Aufsichtsbehörde ihres Landes gewandt haben, und die Aufsichtsbehörde dort sagt: „Tut uns Leid, dafür sind wir nicht zuständig.“ Dann begaben sich diese Opfer zur britischen Aufsichtsbehörde, die sagt: „Tut mir Leid, das hat nichts mit mir zu tun. Sie sind nicht mein Problem.“ Das deutet entweder auf einen Mangel in unserer primären Rechtsetzung oder einen Mangel in deren Umsetzung im Vereinigten Königreich oder anderen Mitgliedstaaten hin. Das müssen wir klären. In Zukunft muss klar sein, wer für unsere Bürger zuständig ist, die letztlich den Schaden haben.

Wir haben also festgestellt, dass das britische Aufsichtssystem versagt hatte. Hinzu kam mangelnde Klarheit in Bezug auf Probleme, was Herkunfts- und Tätigkeitsländer betrifft, und vielleicht war man auch zu ehrfürchtig gegenüber einer Finanzinstitution, die es schon seit Hunderten von Jahren gab. Ein weiteres Problem war das Aufsichtssystem, das – umgangssprachlich ausgedrückt - vielleicht etwas zu zurückhaltend war. Wir wissen, dass wir nicht alle Risiken ausschalten können, aber wir haben auf jeden Fall Reserven.

Wir haben den Markt geöffnet, aber eines ist klar: Es gibt keine Mobilität ohne Haftung. Es muss diese Ausgewogenheit geben. Es muss ein Element des Schutzes geben. Und wie sieht dieses Element des Schutzes aus? Wir haben einen Ausschuss der europäischen Aufsichtsbehörden namens CEIOPS, der zusammentritt. Es wird besser, aber es handelt sich um eine Art freiwillige Zusammenkunft oder ein Frühwarnsystem und nicht um schwarz auf weiß vorliegende gesetzliche Regelungen, die den Marktzugang gestatten. Wir wissen also, dass sich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit verbessert, aber wir glauben, dass noch mehr getan werden kann und dass bezüglich der Aktualisierung des Siena-Protokolls Reserven existieren.

Dann sollen wir natürlich über Systeme für die alternative Streitbeilegung verfügen, um unseren Bürgern zu helfen, wenn etwas schiefgeht. Ich bin ein großer Fan der ADR, aber offen gestanden ist das, was wir eingerichtet haben und das sich auf dem offenen Markt behaupten soll, kläglich. Das irische System und das britische System sollen die besten sein! Ich bezweifle nicht, dass das stimmt, aber Sorge bereitet mir, was in anderen Mitgliedstaaten passiert. Wir müssen dafür sorgen, dass FIN-NET, das Netz für außergerichtliche Streitbeilegung, in jedem Mitgliedstaat ordnungsgemäß funktioniert, damit unsere Bürger sicher sein können, dass es etwas gibt, womit ihnen im Falle von ernsten Problemen geholfen werden kann.

Wo ist das einheitliche System für den grenzüberschreitenden Zugang zu Gerechtigkeit in der EU? Mag sein, dass es das für Leute mit dicker Brieftasche, die es sich leisten können, die Komplexität der Vorgänge zu verstehen, gibt, aber wir meinen, dass sich diese Frage nur beantworten lässt, wenn man den Bürgern die Möglichkeit gibt, kollektiv und grenzüberschreitend zu handeln, und dass wir dafür einen entsprechenden Mechanismus brauchen. Ich weiß, dass das vielen Menschen Angst macht, aber wir haben eindeutig festgestellt, dass es im Moment keinen richtigen Zugang zu grenzüberschreitender Gerechtigkeit gibt und die Ergebnisse ungleich ausfallen. Hier müssen wir etwas verbessern.

Die Petenten, die sich in diesem Fall an uns gewandt haben, waren hartnäckig, geduldig und verbissen. Sie gaben nicht auf, obwohl sie wussten, dass sie gegen das Vereinigte Königreich als Staat antraten. Es war sogar so, dass uns die Kommission anfangs sagte, dass in diesem Falle nichts zu machen sei. Aber wir haben während dieses Prozesses sehr viel über das Durchführungsverfahren gelernt. Künftig muss hier wesentlich vorausschauender gehandelt werden. Checklisten und anzukreuzende Kästchen reichen nicht aus. Wir wissen, dass es besser wird. Unsere Gesetzgebung muss transparenter werden. Wir brauchen Zusammenfassungen für die Bürger, damit die Bürger verstehen, worum es bei einer Regelung geht, sowie Entsprechungstabellen, damit wir wissen, was aus unserer Gesetzgebung in den Mitgliedstaaten geworden ist. Bessere Umsetzung braucht eine proaktive Kommission in Verbindung mit einem wachsamen Parlament.

Ich möchte mich bei allen meinen Kollegen und dem Sekretariat bedanken, die an diesem Bericht mitgearbeitet haben. Das war für uns Parlamentarier eine einmalige Chance. Ich glaube, dass dieser Bericht den Opfern helfen wird, die Parlamentarische Bürgerbeauftragte des Vereinigten Königreichs so in die Zange zu nehmen, dass sie möglicherweise Entschädigung erhalten. Vor allem aber hoffe ich, dass er unseren Institutionen einen kräftigen Anstoß in Bezug auf unsere Rechtsetzungsverfahren und das europäische Rechtssystem gibt.

Herr Kommissar, jetzt sind Sie am Zug – aber nicht nur Sie, hoffe ich, sondern auch der Kommissar für Justiz und der Kommissar für Verbraucherschutz. Wir warten auf Ihre Antworten.

 
  
  

VORSITZ: EDWARD McMILLAN-SCOTT
Vizepräsident

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Die Krise und der praktische Zusammenbruch der Equitable Life Assurance Society im Jahr 2000 war eine Tragödie für Hunderttausende von Inhabern von Policen, Rentnern und Versicherungsnehmern, und zwar nicht nur im Vereinigten Königreich, sondern auch in anderen EU-Mitgliedstaaten, in denen die Equitable Life tätig war. Viele haben große finanzielle Verluste erlitten und viel Leid erfahren.

Man sagt, Equitable Life sei die erste Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit gewesen. Ihre Geschichte reicht zurück bis in das Jahr 1762. Sie genoss einen ausgezeichneten Ruf. Wie konnte eine solch herausragende Versicherungsgesellschaft in derart große Schwierigkeiten geraten? Welche Schlussfolgerungen können daraus für den Versicherungsbinnenmarkt der EU und für den Binnenmarkt insgesamt gezogen werden?

Der uns heute vorliegende Bericht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist bei der Beantwortung dieser Fragen eine sehr wertvolle Hilfe. Ich möchte dem Untersuchungsausschuss meine aufrichtige Anerkennung für seine beispielhafte Arbeit aussprechen. Die Vorsitzende des Ausschusses, Frau McGuinness, und die Berichterstatterin, Frau Wallis, verdienen höchstes Lob. Der Ausschuss hat sehr hart gearbeitet, um die Wahrheit herauszufinden und allen Beteiligten, den Opfern, den Aufsichtsbehörden, Wissenschaftlern und der Kommission die Möglichkeit zu geben, ihre Ansichten darzulegen.

Der Bericht betrifft die Beaufsichtigung von Equitable Life. Darin wird zudem unterstrichen, dass die Mitte der 90er Jahre durchgeführten Umsetzungs- und Durchführungskontrollen aus heutiger Sicht unzureichend waren. Der Ausschuss stellt fest, dass sich die Kommission energischer für die ordnungsgemäße Durchführung und Anwendung der Versicherungsvorschriften der EU hätte einsetzen können. Ich fechte die Erkenntnisse des Berichts nicht an.

Fairerweise anerkennt der Bericht, dass die Dinge zu jener Zeit so gehandhabt wurden. Die Kommission hat zu jener Zeit mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln ihr Bestes getan. Ich stelle zudem mit Befriedigung fest, dass der Bericht ebenfalls den Standpunkt vertritt, dass die Kommission nicht als Aufsichtsbehörde der Aufsichtsbehörden fungieren kann.

Am bemerkenswertesten und positivsten ist aus meiner Sicht, dass der Tenor des Berichts auf der Zukunft liegt und nicht auf der Vergangenheit. Wie also können wir die Situation verbessern und verhindern, dass etwas Ähnliches erneut passiert?

Der Bericht gibt 47 Empfehlungen. Einige sind an die britische Regierung gerichtet, einige an die Kommission und andere wiederum an sämtliche Gemeinschaftsinstitutionen. Sie erstrecken sich auf die Umsetzung und das Aufsichtssystem, die Rolle der Kommission und die Rolle von Untersuchungsausschüssen.

Dabei handelt es sich ausnahmslos um wohl überlegte Empfehlungen, die eine sehr ernsthafte Prüfung verdienen. Ich kann dem Parlament versichern, dass die Kommission alle an sie gerichteten Empfehlungen äußerst gewissenhaft prüfen wird. Dem üblichen Verfahren entsprechend werden wir dem Parlament eine schriftliche Antwort vorlegen.

Gestatten sie mir einige kurze Bemerkungen zum Versicherungssektor, der den Kern der Equitable-Life-Affäre bildet. Ich beabsichtige, dem Kollegium der Kommissare im Juli unseren Vorschlag zu Solvabilität II vorzulegen. Er wird die Beaufsichtigung und Regulierung des Versicherungsgewerbes in der Europäischen Union umfassend reformieren und regulieren. Ein Schlüsselelement dieses Vorhabens ist die wesentlich engere Verknüpfung zwischen den Eigenkapitalanforderungen eines Versicherungsunternehmens mit dessen genauem Risikoprofil. Damit werden sich zwar auch künftig nicht alle Mängel ausschließen lassen, aber ein Zusammenbruch wie der von Equitable Life dürfte damit wesentlich unwahrscheinlicher werden.

Der Bericht befasst sich außerdem mit der allgemeineren Frage, wie gewährleistet werden kann, dass das Gemeinschaftsrecht korrekt angewendet wird, und wie die Umsetzung überwacht wird. Die Kommission wird in Kürze ihre Überlegungen zur Verbesserung der Anwendung des Gemeinschaftsrechts vorstellen. Ihre Empfehlungen enthalten diesbezüglich sehr wertvolle Gedanken.

Ich möchte mich nochmals bei Parlament und Untersuchungsausschuss für ihre Arbeit in dieser traurigen Angelegenheit bedanken und Ihnen versichern, dass die Kommission dafür Sorge tragen wird, dass die notwendigen Lehren auf EU-Ebene gezogen werden.

 
  
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  Robert Atkins, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Im Jahre 2004 erhielt der Petitionsausschuss zwei Petitionen im Namen von Versicherungsnehmern von Equitable Life aus der ganzen EU. Auf mein Betreiben hin und mit Unterstützung vieler Kollegen, die ein breites politisches Spektrum vertreten, veranlasste das Parlament eine Untersuchung von Equitable Life unter dem hervorragenden Vorsitz meiner verehrten Kollegin Frau McGuiness. Wir haben mit einigen der Tausenden von Personen gesprochen, die im Vereinigten Königreich, in Irland, Deutschland und etlichen anderen Ländern in finanzieller und emotionaler Hinsicht sehr unter dieser Angelegenheit gelitten haben. Wir haben Offizielle, Berater, Journalisten und sogar – in unbefriedigender Art und Weise – den Hauptgeschäftsführer befragt, aber die britischen Aufsichtsbehörden und die britische Regierung glänzten durch Abwesenheit.

Dabei stellten wir folgende Probleme fest: fehlerhafte Durchführung von EU-Rechtsvorschriften durch die britische Regierung; strukturelle Schwächen innerhalb der Finanzaufsichtssysteme des Vereinigten Königreichs und anderer Mitgliedstaaten sowie mangelnde Kommunikation zwischen ihnen; Mängel seitens der Kommission bei der angemessenen Überwachung der Durchführung von EU-Rechtsvorschriften durch einzelne Mitgliedstaaten; dubiose Aktivitäten von Mitarbeitern und Teilen der Führungsspitze von Equitable Life; die Unwirksamkeit der den Opfern zur Verfügung stehenden Schadenersatzsysteme sowie die Vernachlässigung von Pflichten und die Missachtung der angemessenen Erwartungen der Versicherungsnehmer durch diese Aufsichtsbehörden.

Wir gaben eine Reihe von Empfehlungen, deren Zahl sich, wie der Herr Kommissar feststellte, auf etwa 47 beläuft. An oberster Stelle steht dabei die Erkenntnis, dass die dritte Richtlinie Lebensversicherung nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurde und diesbezüglich Handlungsbedarf besteht. Wir müssen dafür sorgen, dass die Bürger der EU nicht nur in dem Land, in dem ein Unternehmen seinen Sitz hat, sondern in der ganzen EU Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht erwarten können.

Aber vor allem fordern ich und meine Kollegen in der Konservativen Partei, dass jene Versicherungsnehmer entschädigt werden, die aufgrund von Mängeln des Aufsichtssystems und der beteiligten Minister Schaden erlitten haben.

 
  
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  Proinsias De Rossa, im Namen der PSE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte eingangs die Befürwortung dieses Berichts durch den Kommissar begrüßen. Das ist meines Erachtens ein wichtiger Schritt auf dem langen Weg, den die Versicherungsnehmer eingeschlagen haben, um nach einer Lösung für ihre Schwierigkeiten zu suchen.

Ich möchte der Berichterstatterin und der Vorsitzenden sowie den Ausschussmitarbeitern und -mitgliedern für ihre Arbeit danken. Sie haben die Equitable-Life-Affäre sorgfältig analysiert, Schlussfolgerungen gezogen und Empfehlungen gegeben. Noch wichtiger ist vielleicht, dass sie untersucht haben, wie die europäischen Bürger auf dem Binnenmarkt besser geschützt werden können.

Dieser bedeutende und begründete Bericht betrifft die Zwangslage von 1,5 Millionen europäischen Bürgern, die ihre Rente bei Equitable Life investiert hatten, einem von Europas ältesten und angesehensten Lebensversicherern auf Gegenseitigkeit, der besonders großes Vertrauen genoss. Hunderttausende von Menschen sind in große Schwierigkeiten geraten, weil die nationale Aufsicht im Vereinigten Königreich und anderen Ländern, in denen Equitable Life tätig war, versagt hat.

Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas unterstützt diesen Bericht, aber nicht jeder ist über die Erkenntnisse unseres Ausschusses glücklich, wie einige Beiträge am heutigen Vormittag deutlich machen werden.

Einige argumentieren, die Kritik an der britischen Regierung sei übertrieben und die inzwischen erzielten Fortschritte würden nicht genügend gewürdigt. Wie dem auch sei, vor allem macht der Bericht deutlich, dass die europäischen Bürger wissen, dass sie sich an das Parlament wenden und ihrer Sache Gehör verschaffen können, und wir haben beim Zuhören gelernt, wie wir die Rechte der Bürger auf eine faire Behandlung auf dem Binnenmarkt besser schützen können.

Außer Zweifel steht, dass die so genannte Zurückhaltung seitens der britischen Aufsichtsbehörden das Unternehmen ermutigt hat, sich über einen langen Zeitraum etwas vorzumachen und damit seine Solvabilität zu unterminieren, was der Hauptgrund für diese Katastrophe ist. Daran werden auch noch so viele klagebegründende Tatsachen oder das Feilschen um Detailfragen nichts ändern. Klar ist auch, dass die Unternehmensführung einen großen Teil der Schuld für dieses unverantwortliche Vorgehen trägt.

Ausgehend davon ist es legitim, dass das Parlament die britischen Behörden auffordert, Möglichkeiten für die Entschädigung derjenigen zu prüfen, die in einigen Fällen ihre gesamten Ersparnisse verloren haben.

Klar ist auch, dass die Kommission weder gewillt ist noch über die erforderlichen Ressourcen verfügt, um die ordnungsgemäße Umsetzung von EU-Recht durchzusetzen bzw. zu kontrollieren, ob es im wirtschaftlichen Alltag ordnungsgemäß angewendet wird. Außerdem haben wir festgestellt, dass die dritte Richtlinie Lebensversicherung selbst ernste Mängel aufweist, die behoben werden müssen.

Ich möchte etwas zur Situation der etwa 8 000 irischen Versicherungsnehmer sagen, von denen etliche riesige Summen verloren haben. Für sie ist es doppelt schwierig, Schadenersatz zu erhalten. Sie haben die Versicherung in dem Glauben gekauft, dass sie in einen irischen Fonds investieren, der, wie sie dann feststellten, gar nicht existiert. Sie haben ferner festgestellt, dass die irische Aufsichtsbehörde vor der Krise nicht das geringste Interesse am Vorgehen von Equitable Life hatte und es in vernachlässigender Weise versäumt hat, die von der dritten Richtlinie Lebensversicherung vorgesehene Option der Umsetzung von Wohlverhaltensregeln zu nutzen. Damit waren die Versicherungsnehmer praktisch der britischen Finanzaufsicht ausgeliefert, die jegliche Verantwortung für nichtbritische Versicherungsnehmer ablehnte.

Ich möchte ferner auf die etwa 70 in diesem Bericht enthaltenen Schlussfolgerungen, Empfehlungen und Rechtsmittel verweisen, die eine Zusammenfassung unserer Erkenntnisse darstellen. Obwohl die Regulierung auf nationaler Ebene verbessert wurde, existieren nach wie vor große Lücken in Bezug darauf, wie wir dafür sorgen, dass finanzielle Dienstleistungen auch außerhalb ihres Herkunftslandes angeboten und in Anspruch genommen werden können.

Aus diesem Grund möchte ich abschließend auf den Vorschlag für eine kollektive Klage der Verbraucher vor nationalen Gerichten verweisen. Das gäbe Menschen, die keine Millionen auf dem Konto haben, die Möglichkeit ihr Recht bei Gericht einzuklagen. Es muss die Möglichkeit von Kollektivklagen vor nationalen Gerichten gegen transnationale Unternehmen oder nationale Aufsichtsbehörden geben, wenn der Grundsatz keine Mobilität ohne Haftung praktische Bedeutung haben soll.

 
  
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  Sharon Bowles, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich habe diese Angelegenheit aufgrund meiner Verbindungen mit Aylesbury, wo Equitable Life seinen Sitz hat, wo zahlreiche Arbeitsplätze verloren gingen und wo es viele Versicherungsnehmer gibt, aufmerksam verfolgt. Deshalb bin ich sehr froh, dass das Parlament die Umstände des Niedergangs von Equitable Life untersucht und hoffe, dass unsere Schlussfolgerungen den Versicherungsnehmern insofern Trost spenden, als sie bestätigen, dass viele ihrer Verdachtsmomente und Behauptungen begründet zu sein scheinen.

Ich bin dankbar für die Offenheit einiger – leider nicht aller – unserer Zeugen. Teile des uns vorliegenden Beweismaterials sind erstaunlich und sollten uns für die Zukunft die Augen öffnen. Vielleicht hatten wir es ja vermutet, aber reicht es aus, dass es die Kommission bei der Überprüfung der Umsetzung von Richtlinien bei einem schlichten Abhaken bewenden lässt? Ich bin froh, dass sie einräumt, dass das nicht ausreicht.

Wir bekommen häufig zu hören – und in vielerlei Hinsicht stimme ich dem zu -, dass sich die Aufsichtsbedingungen bereits stark verändert haben und sich im Zuge der Solvabilität-II-Richtlinie noch weiter verändern werden. Wir haben aber auch gehört, dass nicht alle Aufsichtsbehörden Einschüchterungsversuchen gegenüber immun sind, was im vorliegenden Fall ja ein Problem war. Wie der Kommissar sagte, kann Solvabilität II nicht alle Mängel ausräumen, und dazu ist sie auch nicht gedacht.

Die Untersuchung macht jedoch deutlich, dass Verbraucher und Versicherungsnehmer erwarten, dass ihre Investitionen sicher sind und dass jemand im Falle von Problemen die Verantwortung übernimmt und haftet. Andernfalls bleibt ein Zuwachs beim Abschluss von Privatrentenversicherungen ein frommer Wunsch.

Also ganz gleich, wie groß das Risiko ist, dass etwas schief läuft, wir können uns nicht vor der Frage der Entschädigung drücken, und auch wenn Solvabilität II nicht für alles eine Lösung vorsehen kann, ist es auf jeden Fall erforderlich, dass wir parallel dazu nach Möglichkeiten für die Entwicklung von Entschädigungsmechanismen suchen.

Abgesehen davon wurden in beschämender Weise Tatsachen unterschlagen, weil sich das britische Aufsichtssystem verändert hat und die Zuständigkeit vom DTI auf das Finanzministerium und danach an die FSA übertragen wurde, und jetzt haben wir eine so genannte unabhängige FSA ohne Haftung bei Vernachlässigung. Nach vorn schauend ist festzustellen, dass das Auswirkungen für beaufsichtigte Unternehmen wie auch für Versicherungsnehmer haben wird. Diesbezüglich besteht Handlungsbedarf, zumal möglicherweise Aufsichtsstrukturen in anderen Ländern aufgrund von Veränderungen in Richtung FSA-Modell gedrängt werden, und das wiederum bringt uns zurück zu generellen Fragen der Entschädigung.

Mit Blick auf die Zukunft müssen wir Ziffer 14 des Abschnitts Rechtsmittel in dessen weitester Auslegung sehr ernst nehmen. Darin heißt es: „Es sollte für die Regulierung immer eine uneingeschränkt verantwortliche Kompetenzkette geben. Die Hierarchie der Rechenschaftspflicht sollte auch dann nicht unterbrochen werden, wenn eine Reform der Aufsichtsverfahren/-gremien stattfindet.“

 
  
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  Seán Ó Neachtain, thar ceann an Ghrúpa UEN. – A Uachtaráin, ba mhaith liom ar dtús buíochas a ghabháil leis an tuairisceoir Diana Wallis as ucht an tuairisc seo a chur os ár gcomhair. Ar ndóigh, táimid ar fad anois ar an eolas faoi an 1.5 milliún duine as Ballstáit an Aontais Eorpaigh, 8 000 Éireannach ina measc, a chaill go leor airgid nuair a thit luach na bpinsean agus na gcláracha infheistíochta a bhí á reachtáil ag an gComhlacht Árachais, Equitable Life.

Maíonn an tuairisc go leor laigíochtaí rialaithe sa chomhlacht, laigíochtaí a thabharfadh le fios ag pointe i bhfad níos luaithe ná mar a tuigeadh go raibh fadhbanna airgeadais ollmhóra ag Equitable Life. Tagaimse leis an teoiric sin.

Maíonn an coiste go mba chóir go n-iompródh Rialtas na Breataine an caillteanas mór airgid a d’fhulaing go leor den phobal. Aontaím go láidir leis an moladh atá sa tuairisc, gur chóir do Rialtas na Breataine scéim chúitimh a chur i bhfeidhm dóibh siúd a chaill airgead mór tré chliseadh Equitable Life. Ba chóir go gcinnteofaí go bhfaigheadh Breatanaigh chomh maith le daoine ó thíortha taobh amuigh den Bhreatain, cúiteamh as a gcaillteanas.

Ba chóir go gcuirfeadh Ballstáit an AE agus an Coimisiún Eorpach córas rabhaidh i bhfeidhm, a thabharfadh fadhbanna maidir le rialú comhlachtaí airgeadais le fios go luath.

Mar fhocal scoir, ba chóir go nglacfadh agus go gcuirfeadh Rialtas na Breataine le aon mholtaí a dhéanfadh Ombudsman Pharlaiminteach an Ríocht Aontaithe, maidir leis na polasuithe a dhíol, a urraigh agus a riaraigh Comhlacht Árachais Equitable Life.

 
  
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  Heide Rühle, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch mein besonderer Dank gilt der Berichterstatterin. Ihr verdanken wir es, dass das Parlament einen umfangreichen und präzisen Untersuchungsbericht zur Equitable Life-Affäre zur Kenntnis nehmen und eindeutige und klare Schlussfolgerungen daraus ziehen kann. Damit gibt es für 1,5 Millionen geschädigte Versicherungsnehmer in Großbritannien und anderen europäischen Staaten neue Hoffnung auf finanzielle Entschädigung. Das Ergebnis ist eindeutig: Es wurden Versäumnisse des Vereinigten Königreichs bei der Umsetzung der einschlägigen EU-Versicherungsrichtlinie festgestellt. Neben den strukturellen Mängeln im europäischen Aufsichts- und Regulierungssystem werden aber auch die deutschen Aufsichtsbehörden kritisiert, nicht genug getan zu haben, um die Interessen der deutschen Versicherungsnehmer zu wahren.

Gerade für nichtbritische Anleger hat sich bezüglich möglicher Rechtsmittel und Schadensersatzforderungen ein regelrechtes Pingpongspiel entwickelt, bei dem sich keine der Behörden in den jeweiligen Ländern zuständig fühlte. Bei der Finanzaufsicht und beim Regulierungsrahmen gab es erhebliche Probleme, und dies nicht nur im Vereinigten Königreich. Eigentlich noch schwerwiegender ist, dass es auch auf EU-Ebene eindeutige Mängel im System der Aufsicht- und Finanzkontrolle sowie erschreckende Kommunikationsprobleme zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden gab. Dies ist aus europäischer Sicht brisant, da die Equitable Life ihre Leistungen in anderen EU-Staaten gemäß der dritten Lebensversicherungsrichtlinie nach dem von uns Grünen kritisierten Herkunftslandprinzip anbieten konnte. Danach überwacht lediglich die Behörde des Landes in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, die finanzielle Solidität und die Gewährleistung ausreichender Rückstellungen der jeweiligen Unternehmen.

Der Fall Equitable Life zeigt exemplarisch, dass es beim Abschluss eines Vertrages mit einem Versicherungskonzern mit Sitz in einem anderen europäischen Mitgliedsland zu Lücken beim Rechtschutz und der Finanzaufsicht kommen kann. Eine solche Rechtsunsicherheit zu Lasten der Verbraucher ist gerade in einem so sensiblen Bereich wie dem ständig wachsenden grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsmarkt nicht akzeptabel. Ich begrüße daher, dass der Untersuchungsausschuss speziell bei den laufenden Arbeiten zu den künftigen Eigenkapitelanforderungen an Versicherer im Rahmen des Projekts Solvency II gesetzliche Konsequenzen fordert.

Die Kommission wird ferner aufgefordert, bis Jahresende den geplanten Gesetzesvorschlag zur Einführung von Garantiefonds bei den Versicherern vorzulegen, um Finanzdienstleistungen, die Bildung von Rückstellungen für Verbindlichkeiten sowie Sicherungssysteme für in- und ausländische Kunden europaweit verbindlich vorzuschreiben.

 
  
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  Godfrey Bloom, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Bei dieser ganzen Geschichte hat sich nun wirklich niemand mit Ruhm bekleckert. Aber natürlich haben wir es wieder einmal mit einem Fall zu tun, bei dem die Maxime vom Ausschluss der Gewährleistung aufgegeben wird. Als Finanzökonom wusste ich Mitte der 90er Jahre, dass Equitable Life nicht auf solider Grundlage stand, aber das Unternehmen pries seine Pläne mit dem Slogan „Es gibt keine Zwischenhändler“ direkt bei der Öffentlichkeit an. Tja, bei den Zwischenhändlern handelte es sich um Fachleute, aber die Alles-für-nichts-Kultur hat sich wieder einmal durchgesetzt.

Und was ist mit dem Giganten in diesem Bereich, der National Provident Institution? Ein ganz ähnliches Problem, aber sie hatten unter ihren Kunden nicht so viele Anwälte und Politiker. Sprechen wir also von einer Gemeinsamen Ordnungspolitik wie der Gemeinsamen Agrarpolitik oder der Gemeinsamen Fischereipolitik? Warum übernehmen sie hier nicht unsere Buchführungs- und -prüfungssysteme? Gott möge uns helfen! Steuergelder für gescheiterte Investitionen? Das ist ein sehr unsicheres Pflaster, meine Damen und Herren. Marconi-Aktien? Institutionelle Pensionsfonds? Wo soll das hinführen? Manchmal gehen Investitionen schief. So ist das Leben. Das ist traurig, aber das muss man akzeptieren.

 
  
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  Ashley Mote, im Namen der ITS-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Dieser Bericht fordert die Einrichtung eines Entschädigungsprogramms für die Opfer durch die britische Regierung. Ein Artikel in der Zeitung „Scotland on Sunday“ interpretierte das so, als sei damit Schadenersatz in voller Höhe gemeint. Schön wär’s!

Bei den Untersuchungen unseres Ausschusses blieb die Parteipolitik im Hintergrund. Es ging um die Suche nach Fakten, obwohl sich einige Hauptzeugen weigerten, sich unseren Fragen zu stellen. Doch gegen Ende rückte die Parteipolitik wieder in den Vordergrund, und so ist dieser Bericht ein blasser Schatten dessen, was er sein könnte. Er hat kaum Zähne, und sein Biss ist recht schwach. Die Parlamentarische Bürgerbeauftragte des Vereinigten Königreichs hat ihren Bericht zum selben Thema absichtlich hinausgezögert, um diesen auszustechen, wovor der Ausschuss gewarnt worden war. Anstatt den Opfern zu helfen, versucht die britische Regierung aus Angst vor ihren Verpflichtungen diesen Bericht auf hinterlistige Art und Weise zu diskreditieren und zu unterminieren. Dieser Bericht hätte kategorisch auf einer umfassenden Entschädigung für alle Opfer unabhängig von ihrem Status bestehen sollen. Er hätte die britische Regierung auffordern sollen, sie für ihre Notlage und erlittenen Schäden zu entschädigen. Vor allem hätte er fordern sollen, dass die britische Regierung ein solches Programm ohne Ausflüchte und ohne weitere Verzögerung in Gang setzt. Es ist höchst bedauerlich, dass sie nichts davon tut.

Die EU hat den einfachen Bürgern im Vereinigten Königreich bisher recht wenig gebracht, aber das war zur Abwechslung eine Chance, um zu beweisen, dass die EU für reale Bürger eine reale Hilfe ist. Es ist bekannt, dass ich die britische Mitgliedschaft in dieser Institution nicht befürworte, aber selbst ich dachte, dass dies eine einmalige Chance für die Föderalisten ist, sich zu beweisen. Das Tor stand leer, und sie haben daneben geschossen.

Vor über 30 Jahren, als ich meinen Lebensunterhalt noch mit dem Schreiben von Drehbüchern verdiente, bat mich ein großes Versicherungsunternehmen – nicht dieses -, ihr gesamtes Ausbildungsprogramm zu schreiben. Danach war ich derart entsetzt, dass ich alle meine Lebensversicherungen aufgelöst habe. Dreißig Jahre später hat sich offenbar immer noch nichts geändert.

 
  
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  Jim Allister (NI). – (EN) Herr Präsident! Dieser Bericht und diese Aussprache sind für die tatsächlichen Probleme vieler unserer Wähler von mehr Belang als viele andere Aussprachen in diesem Hohen Haus. Es gibt viele Bürger, für die der Zusammenbruch von Equitable Life mit verheerenden Verlusten verbunden war. Zugesagte Erträge und ein Ruhestand ohne Geldsorgen lösten sich von heute auf morgen in Wohlgefallen auf, und bis zum heutigen Tag sind diese Bürger die Verlierer.

Dieser Bericht enthält eine Reihe von treffenden Aussagen, doch der Bericht allein kann wenig ausrichten, um die Zwangslage derjenigen zu lindern, die Geld verloren haben. Das wird kaum überraschen, denn der Untersuchungsausschuss war nicht in der Lage, Zeugen zum Erscheinen zu zwingen, und folglich war klar, dass er nie mehr tun konnte, als auf die Problematik aufmerksam zu machen und im besten Fall anderen in der Zukunft zu helfen. Lediglich die Regierung des Vereinigten Königreichs kann den Versicherungsnehmern, von denen viele in meinem Wahlkreis wohnen, über ein Entschädigungsprogramm in sinnvoller Weise helfen.

Ich glaube nicht, dass eine verstärkte EU-Kontrolle für Finanzdienstleistungen oder eine Einmischung in die einzelstaatliche Rechtsetzung die Lösung ist. Es sind strenge Kontrollen und eine strenge Aufsicht für den Sektor notwendig, wobei der Schutz der Investoren an erster Stelle stehen muss, doch das muss durch die nationalen Gesetzgeber bei strenger Überwachung durch Aufsichtsbehörden geschehen.

Ich gehe davon aus, dass der demnächst erscheinende Bericht der Parlamentarischen Bürgerbeauftragten des Vereinigten Königreichs die Problematik erfassen und nicht dem Druck nachgeben wird, mit dem man sie zu einer Beschönigung des Equitable-Life-Skandals bewegen will.

 
  
  

VORSITZ: LUIGI COCILOVO
Vizepräsident

 
  
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  Der Präsident. Ich möchte die Gelegenheit ergreifen, um eine zahlreiche Gruppe von Besuchern aus dem italienischen Wahlkreis Salerno, die unserer Arbeit auf Einladung von Herrn Andria beiwohnen wollen, willkommen zu heißen.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte eingangs der Berichterstatterin, Frau Wallis, für ihre engagierte Arbeit in dieser Angelegenheit danken. Mein Dank gilt ferner allen Mitgliedern des Ausschusses, die sehr gut zusammengearbeitet und die Politik außen vor gelassen haben – vielleicht nicht immer aber meistens – und vor allem dem Sekretariat, das heute anwesend ist und dem ich für seinen Fleiß danken möchte.

Vor 18 Monaten habe ich den Vorsitz dieses Ausschusses übernommen. Es war eine große Ehre, diese Aufgabe zu übernehmen, und ich glaube, dass man durch Zuhören sehr viel lernen kann. Ich habe mich gefreut, heute Morgen vom Kommissar zu hören, dass wir aus unseren Fehlern lernen. Ich nehme seine Feststellung zur Kenntnis, dass er die Erkenntnisse des Berichts nicht anficht, und ich begrüße seine Pläne bezüglich der besseren Rechtsetzung und der besseren Anwendung von EU-Recht.

Es gibt jedoch über eine Million Menschen, die von dieser Aussprache hören werden und die direkt betroffen sind. Definitiv lässt sich feststellen, dass diese Aussprache und unsere Arbeit die Arbeit der Europäischen Union den Bürgern näher gebracht hat, denn wir haben heute zwei der ursprünglichen Petenten, die sich an den Untersuchungsausschuss gewandt haben, nämlich Paul Braithwaite and Tom Lake, in unserer Mitte. Ich möchte sie heute hier begrüßen. Sie sind hartnäckig geblieben. Ich frage mich schon sorgenvoll, wo wir jetzt wären, wenn sie nicht immer wieder nachgehakt hätten. Wahrscheinlich würden wir immer noch einfach alles abnicken und abhaken, und nichts hätte sich geändert. Selbst falls wir keine Entschädigung erreichen – obwohl ich betone, dass wir uns darum bemühen werden -, haben sie nicht nur ihrer eigenen Sache einen großen Dienst erwiesen, sondern auch dem allgemeinen Bereich der Regelung von Finanzdienstleistungen.

Worin bestehen unsere Schlussfolgerungen nach achtzehnmonatiger Arbeit? Nun, dass das Vereinigte Königreich die dritte Richtlinie Lebensversicherung mangelhaft umgesetzt hat. Mag sein, dass es an den richtigen Stellen sein Kreuzchen gemacht hat, aber die tägliche Anwendung wies Mängel und Defizite auf. Es hat in verschiedenen Bereichen versagt. Das betrifft u. a. die Anfechtung der Doppelrolle des Aktuars, die starke Konzentration auf Solvabilitätsspannen und andere sehr wichtige Fragen. Das zurückhaltende Vorgehen des Gesetzgebers und diese übermäßige Unterwürfigkeit gegenüber der Geschäftsführung von Equitable Life – all das deutet auf einen Mangel an Kontrolle und Regelung hin.

Allzu oft stellten wir fest, dass die Behörden des Herkunfts- und Tätigkeitslandes in der Lage waren, die Verantwortung aufeinander abzuwälzen, so dass nichtbritische Versicherungsnehmer regelrecht in der Luft hingen. So kam die Untersuchung zu dem Schluss, dass sowohl die irischen als auch die deutschen Aufsichtsbehörden einen ungerechtfertigt passiven Ansatz gegenüber Equitable Life verfolgten. Besonders bedauerlich finde ich als irische Europaabgeordnete, dass keine irische Behörde die Verantwortung für die völlig unzureichenden Handlungen übernimmt, die die irische Aufsichtsbehörde vor 2003 im Zusammenhang mit Equitable Life unternommen hat.

Bei der Prüfung der Wiedergutmachungsmechanismen stellten wir fest, dass allenthalben Verwirrung und in erheblichem Maße Ungleichbehandlung herrschte, worauf meine Kollegen bereits eingingen.

Damit komme ich zu den Empfehlungen. Wir haben unseren Petenten und denjenigen, die in den Ausschuss kamen, um sich einen Eindruck von unserer Arbeit zu verschaffen, nie etwas vorgemacht. Wir haben nie Entschädigung versprochen, aber wir sind der festen Überzeugung, dass die britische Regierung verpflichtet ist, die Verantwortung für diese Affäre zu übernehmen, und wir empfehlen ihr, die Versicherungsnehmer von Equitable Life im Vereinigten Königreich, in Irland, Deutschland und anderen Ländern zu entschädigen. Außerdem muss das VK die Empfehlungen der parlamentarischen Bürgerbeauftragten des Vereinigten Königreichs akzeptieren und umsetzen, die diese in ihrem zweiten mit Ungeduld erwarteten Bericht über Equitable Life gegebenenfalls gibt.

Wir müssen etliche ordnungspolitische Belange verschärfen. Eine Frage müssen wir uns nach diesem Debakel allerdings stellen: Können wir es den Verbrauchern in der EU wirklich verübeln, dass sie nicht stärker grenzüberschreitend einkaufen, wenn die grenzüberschreitende Dimension des Verbraucherschutzes nicht ordnungsgemäß berücksichtigt wird? Was die unserer Berichterstatterin von einem Journalisten gestellte Frage, ob wir die Produkte grenzüberschreitend kaufen würden, betrifft, so ist die Antwort noch immer nicht besonders klar.

Wir haben die Empfehlungen vor uns, wir haben diesen bedeutenden fast 400 Seiten umfassenden Bericht vor uns; der Kommissar wird ihn aufgreifen, und dafür bin ich ihm dankbar. Ich möchte das Hohe Haus bitten, diesen Bericht und seine Empfehlungen ohne Einschränkung zu befürworten, und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Peter Skinner (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte der Berichterstatterin und den Kollegen im Ausschuss danken, die unermüdlich an diesem Fall gearbeitet haben. Mein Dank gilt auch den Petenten, die heute hier anwesend sind.

Ich wurde zum Berichterstatter für Solvabilität II ernannt. Einige dieser Punkte, und zwar insbesondere in Bezug auf die Beaufsichtigung der Herkunfts- und Tätigkeitsländer, werden nicht in dieser Aussprache untergehen. Die meisten werden sicher auch wissen, dass dies einer der Punkte ist, den wir weiter voranbringen werden. Zudem wurden im Verlaufe der Equitable-Life-Krise beträchtliche Veränderungen an Rechtsvorschriften und dem für die Finanzaufsicht zuständigen Apparat vorgenommen. Das Unternehmen existiert übrigens noch. Es ist nicht pleite gegangen, wie es im Bericht zunächst hieß, sondern es steckt lediglich in der Krise – einer schlimmen Krise, von der eine Million Menschen betroffen sind.

Doch wie jeder weiß, ist der Prozess noch nicht abgeschlossen. Das bedeutet, dass britische, irische und deutsche Beschwerdeführer dem Bericht der Bürgerbeauftragten entgegensehen können, der, wie bereits jemand sagte, noch vor Jahresende vorliegen wird. Ich hoffe, dass die Frage der Entschädigung sowie andere Fragen an dieser Stelle geklärt werden, denn da sollten sie auch geklärt werden.

Leider weist der Bericht einige Mängel auf, und ich weise wirklich nur ungern auf sie hin. Der erste betrifft die Aussage, die britische Regierung habe der Aufforderung, vor dem Ausschuss zu erscheinen, nicht oder kaum Folge geleistet. Minister sind zu den Beratungen gekommen, an denen sie teilnehmen konnten, und haben sich nicht, wie der Bericht andeutet, gedrückt. Ich war dabei. Ich habe die britischen Minister zur selben Zeit wie jeder andere getroffen. Sie haben sogar Schreiben mitgebracht, die bei anderen Regierungen fehlten, was meines Erachtens hätte in Betracht gezogen werden sollen. Drittens bin ich ganz und gar nicht der Meinung, dass die Umsetzung dieser speziellen Richtlinie gescheitert ist, wie ein Blick auf den Prozess zeigt. Wenn ein Scheitern vorliegt, dann kann Sir Robert Atkins vielleicht erklären, wie es denn dazu kommen konnte, zumal zu einer Zeit, als er der Regierung angehörte.

Ich fürchte, dieser Bericht ist da schwach, wo er stark sein sollte und etwas bewirken könnte, und da stark, wo er nichts bewirken kann; z. B. im Bereich der Beaufsichtigung, wo er etwas tun könnte und wo er etwas tun wird. Als Berichterstatter für Solvabilität II verspreche ich, dass wir etwas im Hinblick auf die Koordinierung der gemeinschaftsweiten Beaufsichtigung von Herkunfts- und Tätigkeitsländern unternehmen werden, damit die Opfer nie wieder von den Aufsichtsbehörden von Pontius zu Pilatus geschickt werden. Ich erwarte, dass mich der Kommissar in dieser Sache unterstützt.

 
  
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  Marcin Libicki (UEN). – (PL) Herr Präsident! Meine Anerkennung gilt selbstverständlich der Arbeit des Untersuchungsausschusses sowie der von Frau Diana Wallis. Wie stets begrüße ich die heute hier anwesenden Petenten wie auch Herrn Braithwaite und Herrn Lake. Schön, Sie alle zu sehen.

Was wir heute vorhaben, ist den erfolgreichen Bemühungen des Untersuchungsausschusses und vor allem auch des Petitionsausschusses zu danken, wo alles seinen Anfang nahm. Der Untersuchungsausschuss wurde aufgrund eines Berichts des Petitionsausschusses eingesetzt. Aufgabe des Petitionsausschusses ist es, den Bürgern zu helfen. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass es eine ganze Reihe von Fällen mit Hunderttausenden oder sogar Millionen von Opfern gegeben hat, wie etwa den Fall mit den Verbrauchsteuern auf Fahrzeuge in Polen und den Fall Lloyds, der ähnlich lag wie der Fall, über den wir heute sprechen. Ich erinnere auch an die Bezugnahme auf Gott in der Präambel des Verfassungsvertrags oder an die Sache mit dem Sender COPE, an die Unregelmäßigkeiten bei der Handhabung des Landerschließungsgesetzes in Valencia und den heutigen Fall der Equitable Life.

Millionen Menschen wenden sich an den Petitionsausschuss. Ihre Probleme werden hier erfolgreich gelöst oder erlangen zumindest die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit.

 
  
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  Jean-Paul Gauzès (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst den ausgezeichneten Bericht würdigen, den Frau Diane Wallis unter der konsequenten Leitung von Frau McGuinness erstellt hat.

Die Ermittlungen des Untersuchungsausschusses zur Krise der Versicherungsgesellschaft Equitable Life offenbarten die schädlichen Auswirkungen einer lückenhaften Umsetzung europäischer Rechtsvorschriften, die ihrerseits nicht hinreichend präzise sind. Die den Versicherten zugefügten Schäden müssen daher ausgeglichen und die Verfahrenshindernisse für ihre Entschädigung beseitigt werden.

Ich billige somit die Schlussfolgerungen des Berichts, in denen die britische Regierung aufgefordert wird, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und ein geeignetes System für die Entschädigung der Versicherten von Equitable Life im Vereinigten Königreich und im Ausland festzulegen.

Diese traurige Affäre muss für uns Anlass sein, die versicherungsrechtlichen Vorschriften zu verbessern, damit der Verbraucher sein Vertrauen in die Versicherungsprodukte und ganz allgemein in die Finanzdienstleistungen nicht verliert. Unser Parlament wird anlässlich der Debatten über Solvabilität II einen Beitrag zum Schutz der Anleger leisten können. Diese Richtlinie, die die für den Versicherungssektor geltenden aufsichtsrechtlichen Regeln zum Gegenstand hat, muss zu diesem Zweck Frühwarnsysteme für die nationalen Regulierungsbehörden und für die europäische Regulierungsbehörde im Versicherungssektor vorsehen.

Bei einer derartigen Richtlinie müssen der Rat und die Kommission, wie es der Bericht empfiehlt, möglichst wenig bzw. soweit machbar überhaupt keine Ausnahmeregelungen zulassen. Die Mitgliedstaaten ihrerseits müssen darauf verzichten, bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zusätzliche nationale Forderungen zu erheben, und so eine Überreglementierung vermeiden.

Gleichzeitig gilt es, die Umsetzung der Richtlinien im Versicherungssektor wie auch in anderen Bereichen besser zu kontrollieren. Das macht es erforderlich, dass die Kommission bei der Kontrolle der Qualität und der Effizienz der umgesetzten Rechtsvorschriften eine proaktive Haltung einnimmt. Zudem wäre eine engere Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten ein echter Faktor für Fortschritte in dieser Richtung.

 
  
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  Harald Ettl (PSE). – Herr Präsident! Über den Sinn eines derartigen Berichts bzw. eines derartigen Untersuchungsausschusses wird man noch lange diskutieren können. Und zur Wiedergutmachung des Schadens der Konsumenten wird das Ergebnis auch nicht führen. Auch wird zu sehr der Eindruck erweckt, dass man die Kommission und die verantwortliche Regierung als Folge des Berichts zur Kasse bitten kann. Wir können einige Lehren daraus ziehen, wie man etwas besser machen, besser regulieren und kontrollieren kann.

Der eigentlich alleinige Schadensverursacher, die Versicherung selbst, wird fast nur peripher berührt. Verschleierung hat die Geschäftspolitik dieser Versicherung dominiert. Kommissar McCreevy hat sich vor dem Ausschuss immerhin zu der Äußerung hinreißen lassen, dass dies eben die freie Marktwirtschaft sei. Wenn diese Einstellung zur Folge hat, dass man glaubt, die Eigenvorsorge für den Lebensabend einem so unkontrollierbaren Markt überlassen zu können, dann steht es um unsere gemeinsame politische Verantwortung verdammt schlecht! Das betrifft die Gesetzgeber, die nicht erfolgte Kontrolle der Kommission und die schlampige Umsetzung der Regelungen der zuständigen Regierung zu gleichen Teilen. Wenn dieser Bericht einen Sinn hat, dann den, dass der Rat, die Kommission und wir Begleit- und Kontrollgesetze schaffen müssen – das sage ich als Verantwortlicher für „Solvabilität I“ –, die den Konsumenten mehr Vertrauen und Sicherheit bringen können, gerade bezüglich der Vorsorge für den Lebensabend.

Vor allem aus diesem Grund stimme ich dem Bericht zu, der Signalwirkung hat, und ich glaube, dass er eine europaweite Lernfähigkeit der so genannten Marktwirtschaftler zur Folge haben wird und dass wir dementsprechend die notwendigen Maßnahmen zu setzen haben.

 
  
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  Tadeusz Zwiefka (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Der Bericht und die Empfehlungen, über die wir heute sprechen, betreffen ein ganz konkretes Problem, nämlich die Krise der Equitable Life. In diesem konkreten Fall kann es keinen Zweifel daran geben, dass die britische Regierung weder die Bestimmungen der dritten Richtlinie über die Lebensversicherung erfüllt noch geeignete Rechtsmittel zur Verfügung gestellt hat. Dem Untersuchungsausschuss zufolge liegt daher die Schuld hier bei der britischen Regierung.

Wir sollten jedoch bedenken, dass mit der Equitable Life eine starke und hochangesehene Gesellschaft in die Krise geraten ist. Eine solche Krise kann auch jedes andere Unternehmen – und zwar nicht nur in der Versicherungsbranche – in fast jedem Mitgliedstaat treffen. Deshalb reicht die Evaluierung der Fähigkeit der Mitgliedstaaten zur Umsetzung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts, wie sie die Europäische Kommission im Moment vornimmt, meines Erachtens nicht aus.

Ich stimme den Schlussfolgerungen des Untersuchungsausschusses, dass nämlich die Europäische Kommission der Qualität der Rechtsvorschriften auf Unionsebene wie auf der Ebene der Mitgliedstaaten größere Bedeutung beimessen muss, voll und ganz zu. Eine formalistische und nur auf die Statistik ausgerichtete Herangehensweise an die Überwachung der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht reicht bei weitem nicht mehr aus. Die Empfehlungen der Europäischen Kommission an die Mitgliedstaaten stützen sich auf die Annahme, dass das EU-Recht wirksam umgesetzt werden kann, wenn genügend ausreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung steht und die entsprechenden Mittel dafür bereitgestellt werden.

Dieser Einschätzung kann ich nicht uneingeschränkt zustimmen. Personalausstattung und die Höhe der uns zur Verfügung stehenden Mittel reichen als Maßstab nicht aus. Für die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts braucht es Entschlossenheit und Engagement. Diese Maßnahmen sind nur dann glaubwürdig, wenn die Länder autorisierte, kompetente und verantwortungsbewusste Institutionen mit der Umsetzung des EU-Rechts betrauen, deren Leistungen einer Bewertung unterzogen werden. Um die Aufgaben, vor denen die Mitgliedstaaten stehen, ordnungsgemäß ausführen zu können, bedarf es dreier Faktoren: Wissen, Kompetenz und Einsatzbereitschaft.

Der erste – also Wissen – stellt heutzutage kein Problem dar. Der zweite, nämlich die Fähigkeit zur Umsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstandes, betrifft die Zuteilung der entsprechenden Mittel für diesen Zweck und die Einstellung des geeigneten Personals – ein Punkt, dem die Kommission zurzeit den höchsten Stellenwert einräumt. Der dritte Faktor – die Bereitschaft – ist jedoch der wichtigste.

 
  
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  Joel Hasse Ferreira (PSE).(PT) Der Bericht Wallis über die Krise der „Equitable Life Assurance Society“ bietet nicht nur die Gelegenheit, um diese Frage zu klären, sondern auch um der Weiterentwicklung der Rechtsvorschriften und Empfehlungen einen neuen Impuls zu verleihen und im Versicherungssektor der EU eindeutigere Regeln festzulegen. Es gibt eine ganze Reihe sehr interessanter Empfehlungen, die sorgfältig von den anderen europäischen politischen Institutionen und den Regierungen der Mitgliedstaaten geprüft werden müssen. Ich zitiere aus dem englischen Original:

(EN) „The committee requests financial service legislation to provide for preventive early-warning systems that are able efficiently to signal potential problems arising from supervision or regulation of financial service companies, in particular when cross-border financial operations are involved.“

(PT) und weiter

(EN) „The committee strongly recommends the further implementation of more sophisticated mechanisms which are able to guarantee exemplary cooperation between national regulatory authorities.“

(PT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser Bericht und die Aussprache darüber stellen uns vor einige Schwierigkeiten. Wir müssen den Bürgern, Verbrauchern und Versicherten vertretbare Hoffnungen geben, sie dürfen aber weder übertrieben noch unbegründet sein. Meiner Meinung ist die Position gegenüber der britischen Regierung nicht gründlich genug durchdacht worden, ja, ich halte sie sogar für äußerst gefährlich. Ich habe deshalb gewisse Bedenken in Bezug auf diesen Bericht, vor allem wenn geschrieben steht:

(EN) „The committee sees it as an obligation of the United Kingdom Government to assume responsibility for its failures in providing redress for citizens’ grievances.“

(PT) Meine Damen und Herren, damit will ich aber in keiner Weise die enorme Arbeit schmälern, die während der gesamten Aussprache zu diesem Thema geleistet wurde. Und ich bleibe auch bei meiner Auffassung, dass wir einerseits eindeutigere und umfassendere europäische Regelungen im Versicherungsbereich anstreben müssen und andererseits mit Hilfe von Untersuchungsausschüssen bestimmte Regeln auf Veranlassung des Parlaments kodifizieren sollten.

 
  
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  Othmar Karas (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Versäumnisse wurden aufgedeckt, fahrlässiges Verhalten der Manager im Unternehmen dokumentiert, viele Lücken festgestellt, 70 Schlussfolgerungen und Empfehlungen durch den Ausschuss gemacht. Mit diesem Untersuchungsausschuss hat das Europäische Parlament seine Verantwortung wahrgenommen. Aber der Bericht ist nicht der Abschluss und die Beendigung eines Skandals, sondern er ist die Grundlage für die Notwendigkeit von Maßnahmen auf allen politischen und wirtschaftlichen Ebenen, die hier betroffen sind.

Das Vereinigte Königreich hat die Umsetzung der Dritten Lebensversicherungsrichtlinie unzureichend vorgenommen, die Kommission hat unvollständig kontrolliert, die Kontrolle der Aufsichtsbehörden ist in mehren Mitgliedstaaten ihrer Funktion nicht nachgekommen, das Management des Unternehmens hat das Vertrauen der Versicherten missbraucht, hat Menschen belogen und fahrlässig gehandelt, und die Kontrolle hat nicht funktioniert. Wir haben genug zu tun. Wir sollten aber auch deutlich sagen, dass das europäische Gesetz nicht die Ursache des Problems ist. Die Ursache ist die mangelnde Umsetzung und die fehlende Kontrolle der Politik.

Herr Kommissar, ich bin ein Anhänger der Marktwirtschaft, aber man sollte sich nicht auf den freien Markt ausreden. Wir haben im neuen Verfassungsvertrag ganz bewusst den freien Markt durch die soziale Marktwirtschaft ersetzt. Uns obliegt die Verantwortung, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen und die Kontrolle wahrzunehmen: so viel Markt wie möglich, aber so viel staatliche Kontrolle wie notwendig. Und in diesem Spannungsverhältnis kommt es darauf an, gerade in der Frage der Vorsorge, der Pensionen, erteilter Garantien und damit in der Frage des Umgangs mit dem Vertrauen der Bürger in politische und wirtschaftliche Maßnahmen anhand dieses Berichts die notwendigen politischen und wirtschaftlichen Schlussfolgerungen zu ziehen.

 
  
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  Pervenche Berès (PSE). – (FR) Herr Präsident! Wir alle hier sind darauf bedacht, gute Rechtsvorschriften zu erarbeiten und für ihre korrekte Umsetzung zu sorgen. Insofern haben wir es hier mit einem Schulbeispiel zu tun. Die Umsetzung wurde eindeutig nicht der Qualität der Rechtsvorschriften gerecht. Diese Situation gilt es zu verbessern.

Zweitens möchte ich feststellen, dass in Großbritannien bereits Schlussfolgerungen aus dieser Situation gezogen wurden, denn einige Aufsichtsorgane wurden nach dieser Affäre umgestaltet. Zweifellos muss man noch weiter gehen.

Drittens sind in Europa Fortschritte hinsichtlich grenzüberschreitender Tätigkeiten vonnöten. Wir werden in diesem Bereich nicht vorankommen, wenn wir nicht darüber nachdenken, worin eine Beaufsichtigung von Akteuren bestehen muss, die Finanzprodukte in mehreren EU-Mitgliedstaaten anbieten.

Viertens gilt es die Strategie für die Produktplatzierung zu verbessern. Man kann nicht ein beliebiges Finanzprodukt zu beliebigen Bedingungen verkaufen. Und es wird keinen integrierten Markt für Finanzdienstleistungen geben, wenn nicht die Art und Weise, wie die Finanzprodukte den Kunden angeboten werden, verbessert wird, sonst werden die Fälle von Misselling zunehmen.

Fünftens fordert der Untersuchungsausschuss den Ausschuss für Wirtschaft und Währung auf, seine Schlussfolgerungen zu berücksichtigen. Zweifellos steht bereits jetzt, noch bevor die Schlussfolgerungen dieses Untersuchungsausschusses vorliegen, die Frage der Umsetzung der Richtlinien sowie der Verbesserung der Solvabilität der Finanzunternehmen und der Qualität der Überwachung der Finanzmärkte im Mittelpunkt unserer täglichen Arbeit. Es versteht sich, dass durch dieses Schulbeispiel unsere diesbezügliche Entschlossenheit nur noch gesteigert wird.

Der letzte Punkt ist schließlich die Frage der Klagemöglichkeiten der Geschädigten. Natürlich kann es hier nicht darum gehen, die Einleitung von Sammelklagen zuzulassen. Jedoch müssen wir, um glaubhaft zu sein, im Rahmen der Anleger- und Sparerschutzvorschriften die europäischen Rechtsvorschriften verbessern, wenn es darum geht, die Klagemöglichkeiten der Geschädigten festzulegen.

 
  
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  Marco Pannella (ALDE). – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte das Präsidium des Parlaments lediglich daran erinnern, dass die Verdienste dieses Hohen Hauses, das sich im Hinblick auf ein gestern endlich eingetretenes Ereignis einig war und sich somit im Einklang mit dem von uns allen geliebten Europa – dem Europa von Altiero Spinelli und anderen – befand, hervorgehoben werden müssen.

Wir wissen, dass das Parlament geschlossen für die Abschaffung der Todesstrafe gekämpft hat. Gestern nun haben die 27 Mitgliedstaaten, dank dieses einmütigen Parlaments, aber auch dank des italienischen Parlaments, einstimmig beschlossen, dass wir gegen die Todesstrafe sind.

 
  
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  Der Präsident. Ihr Wortmeldung betraf zwar nicht direkt die Geschäftsordnung, doch werde ich Ihren Hinweis trotzdem an das Präsidium weiterleiten.

 
  
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  Neil Parish (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Frau McGuinness dafür danken, dass sie den Ausschuss mit großem Geschick geleitet und im Wesentlichen erfolgreich dafür gesorgt hat, dass die Politik aus der Debatte herausgehalten wurde. Ich möchte außerdem Frau Wallis für all die Arbeit danken, die sie als Berichterstatterin in dieser sehr komplexen Angelegenheit geleistet hat. Natürlich sind das reale Menschen, die reales Geld verloren haben. Viele von ihnen hatten dieses Geld für ihren Ruhestand beiseite gelegt, für ihre Familien, und sie sind aufgrund dieser Krise in eine echte Zwangslage geraten. Ich zolle ihnen meinen Tribut dafür, dass sie mit dieser Angelegenheit zu uns gekommen sind.

Man darf natürlich auch nicht vergessen, dass es Equitable Life schon sehr lange gab, was den Menschen natürlich großes Vertrauen in diese Finanzinstitution einflößte. Selbst unser Unterhaus in Westminster hatte Rentenprogramme, die an Equitable Life geknüpft waren. Man kann also schwerlich jemandem vorwerfen, dass er sein Geld in ihre Policen investiert. Dem Ausschuss liegen Beweise dafür vor, aus denen unzweifelhaft hervorgeht, dass die überschussbeteiligten Policen zu überhöhten Rentensätzen angeboten wurden, und das Unternehmen konnte die Auszahlung derartiger Beträge auf Dauer nicht durchhalten. Uns haben Aktuare gesagt, dass das Unternehmen zahlungsunfähig wird, wenn es weiter Rentensätze in dieser Höhe auszahlt. Doch man hat natürlich rechtzeitig personelle Veränderungen vorgenommen, so dass die neue Führungsspitze des neuen Unternehmens nicht für die Probleme ihrer Vorgängerin verantwortlich war.

Auf einem Binnenmarkt erwarten die Bürger Entschädigung, wenn sie Policen in Irland, Deutschland oder im Vereinigten Königreich kaufen, und für sie ist nicht von Belang, ob die EU oder der entsprechende Mitgliedstaat verantwortlich ist. Wichtig ist für die Betroffenen, dass sie Entschädigung erhalten. Und in diesem Punkt schließe ich mich Sir Robert Atkins und anderen an, die fordern, dass die britische Regierung sehr ernsthaft die Entschädigung von Menschen prüfen sollte, die reales Geld verloren haben. Wie ich bereits sagte, haben wir zweifelsfrei festgestellt, dass keine ordnungsgemäße Regulierung stattgefunden hat.

Ich empfehle diesen Bericht dem Hohen Haus.

 
  
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  Michael Cashman (PSE).(EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich meinen Kollegen Sir Robert Atkins korrigieren. Er sagte, der Untersuchungsausschuss sei auf sein Betreiben gebildet worden. Diejenigen, die im Petitionsausschuss mitarbeiten, werden sich erinnern, dass ich den Anstoß gegeben habe, aber ich bin bereit, ihn daran teilhaben zu lassen.

Er sagte, und ich muss ihn korrigieren, dass die britische Regierung wie auch die Aufsichtsbehörde durch ihre Abwesenheit glänzte. Wo war er, als wir mit dem Chief Secretary im Finanzministerium und der Aufsicht zusammentrafen? Leider glänzte er durch Abwesenheit. Wir brauchen keine Vorhaltungen von ehemaligen konservativen Regierungen, die Däumchen gedreht haben, während die Rente der Bürger den Bach hinunterging.

Ich begrüße diesen Bericht, kann ihm aber nicht meine uneingeschränkte Unterstützung geben. Meines Erachtens schweift er in Bereiche ab, in denen er nichts zu suchen hat. Er versäumt es, die Maßnahmen und Vorkehrungen, die die Labour-Regierung seit 1997 getroffen hat, ordnungsgemäß anzuerkennen. Er schweift ab und befasst sich mit der Rolle des Berichterstatters über das Parlament hinaus, mit der Rolle des Berichterstatters auf der Ebene der Mitgliedstaaten, und das halte ich für unangebracht. Das kommt einem Eingriff in die Souveränität der Parlamente der Mitgliedstaaten und ihrer gesetzlichen Verpflichtungen gemäß Vertrag gleich. Es stimmt, er enthält hilfreiche Vorschläge in Bezug auf den Binnenmarkt und die Verantwortung des Herkunftsstaates im Bereich Finanzdienstleistungen, aber ändert das etwas an der Not der Opfer, von denen wir heute zwei auf der Besuchertribüne haben? Leider nicht. Sie sind Opfer unseriöser Verkaufspraktiken, und wegen ihrer Notlage haben wir diesen nichtständigen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Ich möchte auch die Arbeit der Vorsitzenden dieses Untersuchungsausschusses loben, wovon die Opfer aber leider nichts haben werden. Sie ist vielversprechend, bietet aber keine Garantien.

Deshalb habe ich von Anfang an darauf gedrängt, dass wir die Beteiligten, einschließlich der britischen Regierung auffordern, sich an die Empfehlungen der parlamentarischen Bürgerbeauftragten des Vereinigten Königreichs zu halten. Wenn es eine Entschädigung gibt, dann wird, soviel ist klar, der britische Steuerzahler zur Kasse gebeten.

Die Gruppe der Labour-Abgeordneten wird nicht gegen diesen Bericht stimmen, aber sie wird sich aus den eben von mir erläuterten Gründen der Stimme enthalten. Bedauerlicherweise, da muss ich einem meiner Vorredner zustimmen, hat sich die Parteipolitik eingeschlichen, und damit wird den Opfern der Equitable-Life-Krise kein Dienst erwiesen.

 
  
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  Rainer Wieland (PPE-DE). – Herr Präsident! Die italienische Nation hat zahlreiche begnadete Artisten hervorgebracht. Aber ich halte es nicht für angemessen, dass so angesehene Kollegen wie der Kollege Pannella hier herkommen und das Parlament zum Zirkus machen, sich mal kurz in die letzte Reihe setzen, sich zur Geschäftsordnung zu Wort melden und etwas in einem völlig sachfremden Punkt vortragen. Das ist eine Respektlosigkeit gegenüber den Kollegen und auch den Zuhörern, die dieser Debatte folgen. Ich halte es auch nicht für angemessen, Herr Präsident, dass Sie nicht früher eingeschritten sind.

Zur Sache: Dieser Punkt ist in vielerlei Hinsicht ein Lehrstück. Wir sind als Parlament in eine neue Dimension eingetreten. Wir haben solche Petitionen aufgenommen und stehen kurz vor dem Ergebnis eines Untersuchungsausschusses. Ich möchte Frau Wallis und Frau McGuinness herzlich bitten, zumal wir schon erste Zuschriften bekommen: Wenn nach diesem Parlamentsbericht nichts geschieht, dann verzweifeln wir an Europa und dann verzweifeln wir an diesem Parlament. Ich möchte Frau Wallis und Frau McGuinness bitten zu überlegen, diesem Bericht, der noch veröffentlicht wird, einen kurzen Abriss dessen voranzustellen, was dieses Parlament kann und was nicht. Wir haben ja ein gewisses institutionelles Defizit, und dies muss in einfachen Worten und auch in Grafiken erklärt werden.

Es ist nicht so, dass das Vereinigte Königreich keine Entschädigungsregelungen und kein Entschädigungssystem hätte, sondern es ist vielmehr so, dass im Vereinigten Königreich ein anderer Haftungsmaßstab gilt. Dort wird für Vorsatz gehaftet, jedoch nicht für Fahrlässigkeit, Missmanagement oder anderes, was in anderen Mitgliedstaaten durchaus gegeben ist. Hier sind wir exakt beim Punkt. Wir werden in dieser Europäischen Union herausfinden müssen aus den alten Schützengräben zwischen Herkunftslandprinzip und Bestimmungslandprinzip, weil beide Extreme nicht angemessen sind und es uns bisher noch nicht gelungen ist, ein System auf der Mitte der Straße zu finden. Folglich kommt es zu derart vielen Unregelmäßigkeiten. Wir müssen versuchen, gerade für komplizierte Bereiche wie Finanzdienstleistungen ein neues System zu finden, sonst werden wir immer scheitern.

Ich hoffe, dass, wenn die englische Regierung zu einer Entschädigungslösung findet, diese Lösung dann für sämtliche Europäer gilt, weil der englische Steuerzahler in der Vergangenheit vom Erfolg der Firma Equitable Life profitiert hat, der sich nicht zuletzt ihrem Auftreten auf dem Binnenmarkt verdankt. Und dieses Auftreten auf dem Binnenmarkt hat zu Schädigungen von Bürgern in den anderen Mitgliedstaaten geführt.

 
  
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  John Purvis (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Viele Investoren, einschließlich zahlreicher Rentner, haben während der Baisse zwischen 2000 und 2003 Verluste erlitten. Der Unterschied im Falle der Equitable Life war Fahrlässigkeit. Die Funktion des Aktuars war neutralisiert worden, und das Geschäftsmodell stand auf äußerst wackligen Füßen, die nicht wegknickten, solange verkauft wurde. Aber wenn damit Schluss ist, was dann? Das Ganze kam einer Verkaufsmaschine gleich, die aus dem jahrhundertealten Ansehen Kapital schlug. Dabei war es ein auf Treibsand gebautes Kartenhaus, und das wusste die Geschäftsführung ebenso gut wie die Finanzaufsicht.

Wie ist Equitable Life damit durchgekommen? Das Unternehmen arbeitet unter einer EU-Richtlinie, deren Einhaltung angeblich von der zuständigen britischen Aufsichtsbehörde überwacht wurde. Die Aufsichtsbehörde wusste, dass das Fundament von Equitable Life alles andere als solide war, und klammerte sich an die vergebliche Hoffnung, dass sich im Verlaufe der Zeit alles zum Guten wenden oder ein Ritter ohne Furcht und Tadel kommen und das Unternehmen freikaufen würde. Deshalb durfte immer noch verkauft werden, obwohl der Verkauf hätte längst eingestellt werden müssen.

Wieso wurde eine Leitungsstruktur zugelassen, bei der der gesetzliche Aktuar gleichzeitig auch Chief Executive war? Wieso durfte Equitable Life den Verkauf in Großbritannien und in anderen Mitgliedstaaten fortsetzen, obwohl die zuständige Aufsichtsbehörde über die Situation bei Equitable Life informiert war?

Das ist nicht nur eine traurige Geschichte; es ist eine Geschichte der Pflichtverletzung. Es kann nicht hingenommen werden, dass Mitgliedstaaten ihre Aufsichtsbehörden vom Vorwurf der Pflichtverletzung freisprechen, wenn doch eigentlich das Ursprungslandprinzip und das Herkunfts-/Tätigkeitslandssystem am europäischen Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen funktionieren sollen.

Herr Kommissar, Sie müssen – gerade im Hinblick auf Solvabilität II - darauf bestehen, dass die Mitgliedstaaten und ihre Aufsichtsbehörden für Pflichtverletzungen in vollem Umfang haftbar sind. Es darf nicht zugelassen werden, dass Mitgliedstaaten diese Behörden von einer solchen Haftung freistellen.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich glaube, die Aussprache heute Vormittag hat gezeigt, dass die ordnungsgemäße Umsetzung und wirksame Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts eine Voraussetzung für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes darstellen. Es freut mich persönlich, dass sich der Untersuchungsausschuss über die spezielle Problematik von Equitable Life hinaus mit allgemeineren Aspekten der Umsetzungs- und Durchführungskontrolle befasst hat. Die auf realen Erfahrungen beruhenden Empfehlungen sollten dazu beitragen, dass wir in der aus 27 Ländern bestehenden Europäischen Union nicht aus dem Auge verlieren, was im alltäglichen Leben passiert.

Ihre Arbeit ist für unsere kontinuierlichen Maßnahmen zur Anwendung des Gemeinschaftsrechts von grundlegender Bedeutung, und Ihre Vorschläge sollten in der bevorstehenden Mitteilung ihren Niederschlag finden. Ihre Arbeit ist ferner für viele Opfer, die zusehen mussten, wie sich ihre Ersparnisse in Luft auflösten, von entscheidender Bedeutung. Klar ist, dass die britischen Behörden und die britische Justiz für die direkte Wiedergutmachung zuständig sind. Der noch in diesem Jahr vorzulegende Bericht der parlamentarischen Bürgerbeauftragten des Vereinigten Königreichs wird sich mit dieser Frage befassen.

Die Kommission hat hier keine Regelungsbefugnis, aber für uns und den Binnenmarkt sowie das Vertrauen der Verbraucher ist wichtig, dass Versicherungsnehmer unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat sie leben, gleich behandelt werden. Die Kommission nimmt auch die allgemeineren Empfehlungen zur Wiedergutmachung zur Kenntnis; jene, die eine Antwort auf europäischer Ebene fordern, werden derzeit geprüft. Gute Umsetzung beginnt mit guter Gesetzgebung, doch fragwürdige Kompromisse mit Texten, die jeder nach Belieben auslegen kann, bilden den Nährboden für eine schlechte Durchführung. Das ist eine gemeinsame Verantwortung – dafür sind alle Institutionen zuständig.

Abschließend möchte ich dem Untersuchungsausschuss und Frau Wallis als seiner Berichterstatterin zu ihrer ausgezeichneten Arbeit gratulieren. Alle Parteien wurden in fairer Weise gehört. Wir haben wichtige Lehren gezogen, die wir bei unserer künftigen Arbeit berücksichtigen werden.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet heute statt.

 

6. Ein Regelungsrahmen für Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familienleben und Studienzeiten für junge Frauen in der Europäischen Union (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Marie Panayotopoulos-Cassiotou im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter über einen Regelungsrahmen für Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familienleben und Studienzeiten für junge Frauen in der Europäischen Union (2007/2276(INI)) (A6-0209/2007).

 
  
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  Μarie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE), Berichterstatterin. – (EL) Herr Präsident! Herr Kommissar! Meine Damen und Herren! Die Zukunft der europäischen Wirtschaft und die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit und der Möglichkeit, in der Europäischen Union eine Arbeit aufzunehmen, hängen in hohem Maße vom Bildungs- und Ausbildungsstand der Bürger, vor allem der jungen Leute, ab, damit sie zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum sozialen Zusammenhalt in Europa beitragen können.

Die Bemühungen auf europäischer wie auf nationaler Ebene haben Früchte getragen. Im Europa der 25 des Jahres 2004 besuchte die Mehrheit der jungen Leute im Alter zwischen 20 und 24 Jahren eine höhere Bildungseinrichtung. Die Verlängerung der Studienzeit in Verbindung mit Ausbildung, Umschulung, Weiterbildung, lebenslangem Lernen und so weiter führt jedoch dazu, dass die jungen Menschen ihr persönliches, privates Leben oder die Gründung einer Familie oder das Streben nach der Erfüllung ihrer Wünsche zurückstellen, weil, wie im Grünbuch „Demografischer Wandel“ festgestellt wird, der Wunsch der Bürger Europas, eine Familie zu gründen und Kinder zu haben, nicht mit der Alltagswirklichkeit vereinbar ist. Im fortgeschrittenen Alter Kinder zu bekommen verursacht auch aus gesundheitlichen Gründen Probleme. Es belastet die Volksgesundheit und ist ein Hindernis für die demografische Entwicklung in Europa. Deshalb erfordert die Schaffung einer familienfreundlichen Gesellschaft – wie sie auch im Europäischen Jugendpakt vorgesehen ist –, dass das Privat- und Familienleben mit der Berufstätigkeit und der Studienzeit, die, wie sich zeigt, sehr lang ist, in Einklang gebracht werden muss.

Der Bericht, über den heute abgestimmt werden soll, hat das Ziel, den Ansatz herauszustellen, der notwendig ist, um Maßnahmen zur Unterstützung junger Leute auszuarbeiten. Dadurch erhalten sie die Möglichkeit, einerseits ihren Ausbildungsgang zu planen und andererseits ihren familiären Verpflichtungen, Kinder zu erziehen oder ältere Familienangehörige zu betreuen, gerecht zu werden, denn bekanntlich werden in wenigen Jahrzehnten zwei Drittel der Europäer im Seniorenalter sein.

Viele Studenten führen bereits ein derartiges Leben, bei dem sie ihr Studium mit Familienpflichten verbinden. Allerdings schwankt der Anteil zwischen den einzelnen Staaten erheblich, von 41 % in Schweden bis zu 12 % in Griechenland, 10 % in Österreich und 10 % in Lettland. Es bestehen also große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, was die Mobilität und den Zugang zur Bildung erschwert.

Das Ziel unseres Berichts, der keine Abstriche an der Subsidiarität vornehmen möchte, besteht deshalb darin, die familiären und sozialen Bedürfnisse der jungen Männer und Frauen, die neben ihrem Studium und ihrer Ausbildung Familienpflichten übernehmen, anzuerkennen und darauf zu reagieren. Die Mitgliedstaaten sind dafür zuständig, spezifische soziale Unterstützung zu gewähren, um den Wunsch junger Leute zu fördern, eine Familie zu gründen, ohne Rücksicht darauf, ob sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder ob ihre Eltern über ein Einkommen verfügen.

Familienleistungen können auch in Form von Darlehen, erschwinglichen Wohnungen, eines angemessenen Hortangebots an den Universitäten, Sozial- und Gesundheitsversorgung, größerer Flexibilität in der Studienzeit, des Verständnisses auf Seiten des Lehrkörpers für die besonderen Bedürfnisse studierender Eltern oder von Studenten mit Familienpflichten und des Einsatzes neuer Technologien gewährt werden, um ihnen das Leben zu erleichtern. Auch muss in stärkerem Maße eine Gleichstellungspolitik betrieben werden, um deutlich zu machen, dass die Last nicht allein von den Frauen getragen werden kann, wenn sie studieren.

Es erfüllt mich mit besonderer Genugtuung, dass die Kommission in ihrer Mitteilung die Notwendigkeit anerkennt, Studium, Ausbildung und Familienleben miteinander zu verbinden. Ich hoffe, dass mein Bericht den Anstoß zu weiteren Vorschlägen für familien- und jugendfreundliche Maßnahmen und zu einer vorwärts gerichteten Lösung für das demografische Problem gibt.

Ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen für die Änderungsanträge danken, durch die der Bericht verbessert wurde; allerdings unterstütze ich keine Änderungsanträge, die den Inhalt des Berichts beschränken oder ihn um Aspekte ergänzen, die mit seinem eigentlichen Thema nichts zu tun haben. Ich hoffe daher, dass mein Bericht angenommen wird.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich vertrete bei diesem Bericht meinen Kollegen Kommissar Špidla, der Probleme mit der Anreise hat und sich verspätet.

Ich möchte eingangs Frau Panayotopoulos-Cassiotou zur Qualität ihres Berichts und den darin enthaltenen sehr sachdienlichen Empfehlungen beglückwünschen. Die Kommission begrüßt im Wesentlichen den Entwurf einer Entschließung des Europäischen Parlaments im Hinblick auf Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familienleben und Studienzeiten für junge Frauen in der Europäischen Union.

Zwar sind bildungs- und familienpolitische Maßnahmen Sache der einzelstaatlichen Behörden, doch es sollte stets darauf geachtet werden, dass Familienleben und Studienzeiten vereinbart werden können. Auf dem Europäischen Rat in Stockholm und dem Europäischen Rat in Barcelona haben die Staats- und Regierungschefs anerkannt, dass die Zukunft der Wirtschaft und der europäischen Gesellschaft von ihren Bürgern und insbesondere von den jungen Generationen und ihrem Bildungsstand abhängen wird. Bildung und Ausbildung haben daher einen zentralen Platz im Lissabon-Prozess erhalten.

Diese Politiken sind für den Aufbau einer wirklich wissensbasierten europäischen Gesellschaft von entscheidender Bedeutung. Aus ökonomischen Gründen und aus Gründen der Gerechtigkeit und Chancengleichheit muss deshalb unbedingt dafür gesorgt werden, dass junge Männer und Frauen mit familiären Verpflichtungen die Möglichkeit haben, ein Studium aufzunehmen und abzuschließen.

Die Kommission stellt erfreut fest, dass sich der Entschließungsentwurf nicht nur auf Studenten mit Kindern konzentriert, sondern auch auf jene, die pflegebedürftige oder behinderte Personen betreuen. Sie begrüßt zudem die Empfehlungen in Bezug auf Betreuungseinrichtungen für Kinder, die Rolle der Väter und eine bessere Aufgabenverteilung in Haushalt und Familie als wichtigen Faktor bei der Verwirklichung der Chancengleichheit von Männern und Frauen. Dieser Ansatz befindet sich im Einklang mit der Politik der Kommission im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben.

Ermutigend findet die Kommission zudem, dass großer Wert auf die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau gelegt wird. Die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben bildet einen der sechs Schwerpunkte des von der Kommission im März 2006 beschlossenen Fahrplans für die Gleichstellung von Frauen und Männern. Wie im Entschließungsentwurf festgestellt wird, ist uns allen bewusst, dass Frauen selbst während des Studiums den größten Teil der Pflichten in Familie und Haushalt übernehmen. Ohne angemessene Unterstützung werden junge Frauen wahrscheinlich eher als Männer ihr Studium nicht fortsetzen, abbrechen oder nicht wiederaufnehmen, was unweigerlich zu ungleichen Chancen von Männern und Frauen im Berufsleben und zu einem Verlust ihres Potenzials führt.

Kinderkrippen und andere Möglichkeiten der Kinderbetreuung sind daher für die Gleichstellung der Geschlechter von wesentlicher Bedeutung. Im Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2006-2010 hebt die Kommission hervor, dass sich Kinderbetreuungsangebote zu langsam an soziale Entwicklungen anpassen, und verpflichtet sich, die Erreichung der Barcelona-Ziele für den Bereich Kinderbetreuung und den Aufbau anderer Betreuungsmöglichkeiten über die Strukturfonds und den Austausch von Good Practice zu unterstützen.

Ferner plant die Kommission, 2008 eine Mitteilung über die Erreichung der Kriterien von Barcelona vorzulegen, in der sie Bilanz über die erzielten Fortschritte und die verbleibenden Aufgaben ziehen wird.

Alle diese Elemente bilden Teil der Maßnahmen, die wir ergreifen müssen, um der demographischen Herausforderung zu begegnen. Kinderbetreuungsangebote erleichtern den Menschen die Wahl und ermöglichen ihnen, selbst zu entscheiden, wie viele Kinder sie haben möchten.

Sie wissen vielleicht, dass die Kommission auf der Grundlage von Artikel 138 EG-Vertrag eine Konsultation der europäischen Sozialpartner zur Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben eingeleitet hat. Die erste Phase lief im Oktober 2006 an, die zweite folgte im Mai 2007.

Die Kommission ist der Ansicht, dass es verschiedener legislativer und nicht legislativer Komponenten für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf sowie Privat- und Familienleben bedarf. Aus diesem Grund bat die Kommission die Sozialpartner im Konsultationsdokument um ihre Meinung zu einem Paket von legislativen und nicht legislativen Optionen. Ich stelle mit Freude fest, dass der Entschließungsentwurf die von der Kommission in ihren zwei Dokumenten für die Konsultation der europäischen Sozialpartner vertretenen Ansichten und Argumente im Wesentlichen widerspiegelt.

Abschließend verweise ich auf das im November 2006 verabschiedete Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens für den Zeitraum 2007-2013. Dieses Programm, das den neuen Schwerpunkt symbolisiert, der auf der Bildung liegt, könnte zur Förderung von Projekten genutzt werden, die Ihrem Anliegen entsprechen.

 
  
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  Anna Záborská, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich danke Frau Panayotopoulos für ihre gute Zusammenarbeit. Sie ermöglichte es, dass alle Fraktionen einen Beitrag zu diesem Bericht leisten konnten, ohne dass der Kern der Botschaft verfälscht wurde. Als Mutter von neun Kindern ist sie in Kompromissen geübt.

Lassen Sie mich zwei Punkte hervorheben. Zunächst müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, um zu verdeutlichen, dass die elterliche Verantwortung für junge Menschen nicht nur eine schwere Last zusätzlich zu den Bildungsanforderungen darstellt. Das gilt sowohl für junge Männer als auch für junge Frauen. Hierfür müssen geeignete Informationskampagnen in breitem Umfang durchgeführt werden.

Der zweite Punkt betrifft die nationalen und gemeinschaftlichen Politiken. Die Statistiken zeigen, dass in den skandinavischen Ländern 30 bis 40 % der in der Ausbildung befindlichen Jugendlichen sich das Glück und die Verantwortung der Elternschaft nicht versagen. Die Europäische Union könnte die Erfahrungen der skandinavischen Länder für alle Mitgliedstaaten nutzbar machen, indem sie den Dialog und den Austausch der besten Praktiken fördert. Die Hochschulen und beruflichen Bildungseinrichtungen tragen ebenfalls eine Verantwortung dafür, Kinderbetreuungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Es wäre interessant, auf dieser Ebene einen Wettbewerb zwischen den Hochschulen anzustoßen: Dieser dürfte sich nicht mehr nur auf die Qualität der Ausbildung beschränken, sondern müsste auch die Unterstützung für studentische Eltern umfassen.

Lassen Sie mich abschließend die Bedeutung der Großeltern und ihre herausragende Rolle im Prozess der Kindererziehung und der Unterstützung für junge Eltern, die studieren oder arbeiten, unterstreichen. Im Lichte der zahlreichen Veränderungen im Lebensweg der Arbeitnehmer in der Zeit der Globalisierung stellt das eine Chance für junge Rentner dar, sich anderweitig nützlich zu machen.

 
  
  

VORSITZ: EDWARD McMILLAN-SCOTT
Vizepräsident

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, im Namen der PSE-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Stockholm im Jahr 2001 sowie von Barcelona im darauf folgenden Jahr zufolge hängt die Zukunft der europäischen Wirtschaft und Gesellschaft weitgehend von der jungen Generation und ihrem Bildungsstand ab.

Im Zusammenhang damit sollten wir mit Blick auf eine demografische Erneuerung in Europa unser Augenmerk vor allem auf das Potenzial gebildeter junger Menschen richten. Hierzu bedarf es günstiger Voraussetzungen im sozialen Bereich, in der Wirtschaft und im Bildungssektor, die es den Menschen ermöglichen, zu einem früheren Zeitpunkt eine Familie zu gründen, ohne dass ihre bildungsmäßige oder berufliche Entwicklung darunter leidet. Wie aus den Schlussfolgerungen des Grünbuchs über den demografischen Wandel hervorgeht, ist das demografische Defizit in Europa darauf zurückzuführen, dass derzeit verschiedene Lebensphasen wie Studium, Arbeit oder Familie später abgeschlossen werden.

In vielen Ländern kommen die Studierenden während ihres Studiums familiären Verpflichtungen nach oder sie gründen noch vor Abschluss des Studiums eine Familie. In Schweden zum Beispiel bekommen 41 % der Frauen ihr erstes Kind vor Beendigung ihres Studiums, in Finnland sind es 31 %. Diesem Beispiel folgend sollten die übrigen Mitgliedstaaten die Situation junger Eltern, die noch studieren oder in der Berufsausbildung stehen, stärker berücksichtigen. Zu diesem Zweck könnten z. B. preiswerte Studentenversicherungen sowie eine soziale und medizinische Absicherung bereitgestellt werden, die auch auf Personen ausgedehnt werden könnten, für deren Unterhalt der/die Studierende aufzukommen hat.

Denkbar wäre auch, für junge Leute, die studieren und gleichzeitig arbeiten und familiäre Verpflichtungen haben, die Steuern zu senken und ihnen die Aufnahme von Darlehen zu vorteilhaften Bedingungen bei Kreditinstituten zu erleichtern. Bildungseinrichtungen sollten bei der Berechnung von Gebühren die finanzielle Lage dieser sozialen Gruppe berücksichtigen und ihnen auch bis zu sechs Monaten nach Studienabschluss entsprechende soziale Unterstützung gewähren, um ihnen die berufliche Integration auf dem Arbeitsmarkt zu erleichtern. Daher bitte ich darum, Ziffer 25 des Berichts zu unterstützen.

Wichtig ist auch, dass die Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit den Hochschul- und Berufsbildungseinrichtungen, eine flexiblere Organisation des Studiums anbieten, beispielsweise durch ein größeres Angebot an Fernstudiengängen, Programme für lebenslanges Lernen und Teilzeitstudien.

Damit die Studierenden ihre familiären Verpflichtungen mit ihrem Studium in Einklang bringen können, muss zudem dafür Sorge getragen werden, dass alle Studierenden mit Kindern Zugang zu einer guten und erschwinglichen staatlichen Vorschule und einem Kinderhort haben. Deshalb appelliere ich an Sie, für Ziffer 14 und 15 des Berichts zu stimmen.

Es ist an der Zeit, dass die Institutionen der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft ihre bewährten Praktiken zur Unterstützung von Studierenden mit Familienpflichten austauschen sowie innovative Maßnahmen, die in diesem Bereich von einigen europäischen Ländern eingeführt wurden, berücksichtigen.

Abschließend möchte ich der Berichterstatterin, Frau Panayotopoulos, herzlich für ihren hervorragenden Bericht danken.

 
  
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  Alfonso Andria, im Namen der ALDE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, Herr McCreevy, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das von Frau Panayotopoulos-Cassiotou in dem vorliegenden Bericht behandelte Problem ist von außerordentlicher gesellschaftlicher Bedeutung. Ich beglückwünsche die Berichterstatterin zu ihrem wirklich umfassenden Ansatz, mit dem die unzähligen Implikationen des Problems beleuchtet werden: Familie und Bildungswünsche, Geburtenrückgang, auf junge Paare zugeschnittene Wohnungspolitik, die Ziele der Lissabon-Strategie und lebenslanges Lernen, angefangen bei der allgemeinen Bildung, die als Menschenrecht durchgesetzt werden muss, und bei der notwendigen Investition in das Humankapital als Schlüsselinstrument für die Stärkung der sozialen Eingliederung.

Es ist symptomatisch, dass sich das Parlament im Europäischen Jahr der Chancengleichheit mit diesem Bericht auseinandersetzt. Die Notwendigkeit, Familien- und Berufsleben miteinander in Einklang zu bringen, wird zwar von den EU-Organen und von der Kommission, die dies als Grundprinzip in ihre jüngste Verwaltungsreform aufgenommen hat, anerkannt, doch hat dies entgegen unseren Erwartungen bislang noch keine konkreten und wirksamen Aktionen hervorgebracht. Solche Aktionen hätten – und werden hoffentlich – ein stärkeres Problembewusstsein bei den Mitgliedstaaten und somit politische Maßnahmen bewirken können, die auf die Bedürfnisse der jungen Frauen und Mütter zugeschnitten sind und ihnen Rechnung tragen, damit Chancengleichheit nicht nur proklamiert, sondern wirklich gefördert wird.

Von den Instrumenten, die die Berichterstatterin als nützliche Denkanstöße für die nationalen Entscheidungsträger vorgeschlagen hat, finde ich flexible Studienprogramme, beispielsweise Teilzeitkurse, den verstärkten Einsatz von auf neuen Technologien basierenden Lerntechniken, Steuererleichterungen für junge Studierende, die nebenher einer Erwerbstätigkeit nachgehen, Stipendien für unterhaltspflichtige Studenten sowie den erleichterten Zugang zu Vorschuleinrichtungen und Kinderhorten für besonders wirksam. Zu guter Letzt unterstütze ich den Vorschlag, den Austausch bewährter Praktiken zur Unterstützung von Studierenden zu fördern und dabei die positiven Erfahrungen einiger nordischer Länder zu nutzen.

 
  
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  Sebastiano (Nello) Musumeci, im Namen der UEN-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Europa – vor allem Südeuropa – leidet seit Jahren unter niedrigen Geburtenraten oder sogar, wie im Falle Italiens, unter einem negativen Bevölkerungswachstum.

Die Ursachen dafür, dass die Wiegen unserer Städte zu lange leer blieben, sind vielfältig und unterschiedlich: ständig steigende Lebenskosten, mit denen die Löhne nicht Schritt halten, und der späte Eintritt der Jugendlichen in den Arbeitsmarkt, der unter anderem auf den Wunsch und die Notwendigkeit zurückzuführen ist, länger zu studieren, um in einer immer anspruchsvolleren Gesellschaft besser bestehen zu können.

Das ehrgeizige und nicht leicht zu verwirklichende Ziel besteht deshalb nicht nur darin, das Recht der Jugendlichen auf Hochschulstudium und Ausbildung mit ihrem Wunsch, in einer frühen Lebensphase eine Familie zu gründen und Kinder zu haben, in Einklang zu bringen, sondern indirekt auch darin, die Ziele von Lissabon mit der demografischen Erneuerung der Gesellschaft zu vereinbaren.

Die Mitgliedstaaten müssen ein günstiges soziales, wirtschaftliches und bildungspolitisches Umfeld schaffen und sich dabei stets das endgültige Ziel der Förderung der Chancengleichheit vor Augen halten. So ist zum Beispiel die Anerkennung des in Nordeuropa zunehmende Verbreitung findenden Vaterschaftsurlaubs ein wirksamer Weg, um den berechtigten Wünschen junger Frauen entgegenzukommen.

Herr Präsident, wir alle wissen, dass die Bereiche Bildung und Familie unter die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, doch gerade deshalb finde ich – im Hinblick auf das Finden eines kleinsten gemeinsamen Nenners zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – den Vorschlag der Berichterstatterin, den Austausch bewährter Praktiken im Rahmen der Ministertreffen vorzusehen, vollkommen unterstützenswert. Aus diesem Grund gibt meine Fraktion dem Bericht ihre Zustimmung.

 
  
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  Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Viele sprechen von der Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Kinderbetreuung. Doch was passiert? Wir jammern, aber die Kommission und der Rat haben bei ihrem letzten Frühjahrsgipfel das Thema Kinderbetreuung nicht einmal mehr auf der Tagesordnung stehen. Das macht deutlich, welch niedrigen Stellenwert man ihm beimischt.

Herr Kommissar, ich erwarte, dass wir in der Gesetzgebung nicht im Stillstand verharren, sondern weiterkommen! Warum tut die Kommission nicht mehr, um die Beschäftigungsquoten von Männern und Frauen einander anzugleichen? Wir wissen, dass in den skandinavischen Ländern deshalb eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegeben ist, weil zum einen mehr Kinderbetreuungsmöglichkeiten vorhanden sind, zum anderen aber auch die Beschäftigungsquote von Frauen eine bessere ist. So geht in allen europäischen Ländern die Beschäftigungsquote für Frauen mit Kindern um 15% zurück, während sie für Väter um 6% steigt. Fast ein Drittel aller Frauen arbeiten Teilzeit. Wir verzeichnen in der Europäischen Union noch immer ein Lohngefälle, Deutschland nimmt hier mit 26% sogar den letzten Platz ein.

Ich erwarte mir also, dass die EU mit Vorschlägen kommt, anstatt nur mit hehren Worten. Ich erwarte mir auch, dass die Kommission eine Aussage dazu macht, wie es kommt, dass in Mitgliedstaaten wie Deutschland das so genannte Ehegatten-Splitting existiert, das eine Prämie fürs Zuhausebleiben ist, was der Kinderbetreuung ganz und gar nicht zugute kommt und eigentlich einen Verstoß gegen die Richtlinie „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ darstellt. Warum wird in der Politik der Europäischen Union das Kind nicht mehr ins Zentrum gerückt?

 
  
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  Věra Flasarová, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (CS) Sehr geehrte Damen und Herren! Ich begrüße den Bericht von Frau Panayotopoulos-Cassiotou, der die Frage der Vereinbarkeit von Familienleben und Studienzeiten für junge Frauen umfassend darstellt und eine Reihe von Lösungsvorschlägen enthält.

Letztlich besteht die größte Schwierigkeit darin, neue Wege für den Umgang mit uralten Stereotypen zu finden. Dem Bericht zufolge sind Frauen umso erfolgreicher auf dem Arbeitsmarkt, je höher ihr Bildungsniveau ist. Andererseits weist diese Erkenntnis darauf hin, dass für Frauen, die eine Familie gründen wollen, der Bildungsweg blockiert ist. In vielen Fällen führt dies dazu, dass Frauen, die sowohl eine Ausbildung als auch die Gründung einer Familie anstreben, das Kinderkriegen verschieben oder nur ein Kind bekommen.

Offenbar verhindert die Familie sowohl den beruflichen Aufstieg als auch das lebenslange Lernen. Arbeit und Bildung einerseits und Familienleben andererseits sind demnach wohl nicht vereinbar. Jeder Mensch – egal ob Mann oder Frau – der Erfolg und einen höheren Bildungsabschluss anstrebt, muss sich oftmals von der Vorstellung verabschieden, eine Familie zu gründen. Muss das so sein? Genau diese Frage stellen wir uns.

Auf der individuellen und – dies muss dazu gesagt werden – nicht systematischen Ebene stehen junge Frauen vor einem Dilemma, das nahezu unlösbar ist. Mit dem Bewusstsein für die Schwierigkeit dieser Aufgabe kann die Europäische Union fortschrittliche Ansätze und entsprechende Maßnahmen offerieren. Die nötigen Anforderungen sind in das System mit dem Ziel integriert, jungen Frauen die Vereinbarkeit von Familienleben und Studien- und Bildungszeiten zu erleichtern. Dementsprechend wird die Stellung von jungen Frauen auf dem Arbeitsmarkt gestärkt, was wiederum zu größerer wirtschaftlicher Gleichstellung der Geschlechter führt.

Eine moderne Gesellschaft braucht gut ausgebildete Männer und Frauen sowie ein funktionierendes Familienleben, das für das Großziehen von Kindern unabdingbar ist, indem es ein sicheres und solidarisches Umfeld für alle Familienmitglieder schafft. Eine Gesellschaft kann nicht aufhören, sich zu entwickeln. Gleichzeitig darf sie aber auch nicht die Familie opfern. Die gesellschaftlichen Verhältnisse dürfen Frauen weder den Zugang zu Bildung versperren, noch ihr Recht einschränken, Kinder zu bekommen. Dies sind kritische Notwendigkeiten, die in der Regel Konflikte verursachen. Aus diesem Grund sprechen wir von einem Ausgleich als Lösung des Problems.

Es liegt im Interesse der Gemeinschaft, insbesondere ihrer gesetzgebenden Gremien, der Bildungseinrichtungen und Arbeitgeber, sich der Tatsache bewusst zu sein, dass sich mögliche zeitweilige wirtschaftliche Verluste langfristig bezahlt machen. In Fällen, in denen Arbeitgebern dieser Fakt nicht klar ist, kann die Gemeinschaft eine Form der Entschädigung anbieten, um Verluste auszugleichen.

Traditionelle Lösungen, um Familienleben und Studienzeiten bzw. Beruf unter einen Hut zu bekommen, sind bekannt. Frauen, die ihre Kinder nicht durch Dritte betreuen lassen können bzw. dies ablehnen, müssen auf höhere Bildung und Karriere verzichten. Andersherum funktioniert dies allerdings auch. Es gibt eine geringe Zahl von Frauen, die Studium und Arbeit verbinden, denen Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung stehen oder deren Großeltern auf die Kinder aufpassen. Wenn keine dieser Möglichkeiten verfügbar ist, müssen sich Frauen zwischen Familie und Bildung und beruflichem Fortkommen entscheiden. Dies ist ein Dilemma, das der Vergangenheit angehören sollte, und es freut mich, dass die Berichterstatterin einige brauchbare Lösungsvorschläge unterbreitet hat, die darauf abzielen, diese Vergangenheit hinter uns zu lassen.

 
  
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  Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Dieses Dokument, in dem die Notwendigkeit anerkannt wird, dass junge Frauen in der Europäischen Union die Möglichkeit haben müssen, Bildung und Familie miteinander zu vereinbaren, beweist, dass wir in der Europäischen Union, die einen dramatischen, negativen demografischen Wandel erfahren hat und deren Bevölkerung altert, gewissermaßen zur Normalität zurückgekehrt sind. Die Ursachen für diese negative Entwicklung liegen in einer familienfeindlichen und die Abtreibung begünstigenden Politik. Hinzu kommt, dass mit Frauen für Empfängnisverhütungsmittel geworben wird.

Abgesehen von den in dem Dokument enthaltenen Forderungen bestünde eine wichtige Form der Hilfe für junge Studentinnen mit Kindern darin, die Mehrgenerationenfamilie wiedererstehen zu lassen, wo es ganz natürlich ist, dass Eltern ihre Kinder unterstützen. Ihre Unterstützung würde nicht nur zur Vertiefung der emotionalen Bindungen beitragen, sondern die Liebe der Großeltern, die ein unschätzbares Gut darstellt, würde sich auch positiv auf die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder auswirken. Mit dem Wiedererstehen der Großfamilie würde sich auch die geistige Gesundheit unserer Bürger verbessern, was wiederum die Umsetzung vieler Strategien erleichtern dürfte.

Es sind eine Reihe von Änderungsanträgen eingereicht worden, in denen dafür plädiert wird, den Mutterschaftsurlaub auf die Gesamterwerbszeit anzurechnen und den Erziehungsurlaub zu bezahlen. Damit würde sich die Situation junger Familien in Bezug auf die Kindererziehung und den Erwerb höherer Bildungsabschlüsse weiter verbessern.

 
  
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  Lydia Schenardi, im Namen der ITS-Fraktion. (FR) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Zu den Bereichen, die ausschließlich in der nationalen Zuständigkeit und Verantwortung verbleiben müssen, gehören auf jeden Fall Erziehung und Familie.

Dieser Bericht erinnert in seinem ersten Erwägungsgrund daran, dass allein die Mitgliedstaaten für diese Bereiche zuständig sind. Das Problem liegt jedoch darin, dass er bereits in den nachfolgenden Abschnitten anfängt nachzuweisen, dass Europa für die Förderung von aktiven Politiken tätig werden sollte, die beispielsweise die Vereinbarkeit zwischen Studium, Ausbildung, Privatleben und Familienleben fördern. Wenngleich wir mit einigen Vorschlägen in diesem Bericht grundsätzlich einverstanden sein können, steht fest, dass es nicht die Aufgabe von Brüssel und noch weniger der Kommission sein kann, den Mitgliedstaaten ihre Bevölkerungs-, Familien-, Bildungs- oder Berufsbildungspolitik vorzuschreiben. Jeder Staat muss seine Politik in diesen Bereichen selbst festlegen und durchführen. Wir brauchen uns nicht durch irgendeinen europäischen Text Maßnahmen diktieren zu lassen, die mit Moral, Religion oder Grundprinzipien und Grundwerten zu tun haben.

Doch nach und nach mischt sich Brüssel über Empfehlungen, Verordnungen oder sogar Richtlinien in die nationalen Politiken ein, ohne dazu befugt zu sein und ohne dass die Völker darum gebeten hätten. Diese systematische Propaganda, vor allem im familien- und bildungspolitischen Bereich, ist darauf gerichtet, im Namen einer Freiheit ohne Grenzen und ohne moralische Regeln das traditionelle Konzept der Familiengemeinschaft, bestehend aus Mutter, Vater und den gemeinsamen biologischen Kindern, zu zerstören.

 
  
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  Christopher Heaton-Harris (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich bin der Überzeugung, dass die meisten Frauen in Europa, die sich für eine Familie entscheiden, dies aus freien Stücken tun. Sie treffen eine Wahl, und zwar im Allgemeinen gemeinsam mit ihrem Partner, und sie wissen um die sozialen, erzieherischen und finanziellen Konsequenzen und haben diese diskutiert. Aber sie entscheiden sich für ein Kind, weil das eine wundervolle Sache ist.

Viele Mitgliedstaaten – so auch mein Heimatland – bemühen sich in vielfältiger Weise, Frauen nach der Kindererziehung die Möglichkeit zu geben, sich weiterzubilden oder ins Berufsleben zurückzukehren. Aus der Sicht dieses Berichts oder zumindest seines Titels ist das der politischen Diskussion wert. In Erwägung A stellt der Bericht ganz richtig fest, dass Bildung und Familie in die nationale Zuständigkeit und Verantwortung fallen. Und dafür sei dem Himmel Dank, denn beim Lesen dieses Berichts wird klar, wieso es der europäischen Öffentlichkeit so schwer fällt, dieses Parlament ernst zu nehmen, und wieso sich die Mitgliedstaaten zum Glück hartnäckig weigern, diese Zuständigkeit an Europa abzutreten.

Ich möchte zwei Ziffern zitieren. Ziffer 30 empfiehlt den Mitgliedstaaten, „auch Studierenden aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die Kinder haben, Vergünstigungen und soziale Förderung zu gewähren“. Bekanntlich wird die Frage der Zuwanderung in meinem Mitgliedstaat heiß diskutiert, und das wäre selbst für meine sozialistischen Gegner aus meinem Land einfach inakzeptabel. In Ziffer 10 werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, „die Steuern für in Ausbildung befindliche junge Männer und Frauen, die familiäre Verpflichtungen haben oder unterhaltspflichtig sind …, zu senken oder ganz auf eine Besteuerung zu verzichten“. Das ist jeder! Jeder Einzelne – also zahlt niemand Steuern, und das Land wird nicht mehr regiert.

Wir können sehr viel über die Verbesserung des Lebens von Frauen lernen, die ihr Familienleben mit Studienzeiten vereinbaren wollen, wenn wir einen Blick auf bewährte Erfahrungen in ganz Europa und insbesondere den nördlichen Mitgliedstaaten werfen. Ich würde jedoch sagen, dass der Ausschuss dieses Hauses für die Rechte der Frau bewiesen hat, dass er der für diese Art der Diskussion fast am wenigsten geeignete Ort ist.

 
  
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  Lissy Gröner (PSE). – Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Bericht ist ein weiterer Meilenstein im europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle. Wir haben im Grünbuch über die Demografie festgestellt, dass die Lebensphasen von jungen Menschen – von Studentinnen und Studenten – bezüglich Arbeit und Familie später abgeschlossen werden. Frauen haben in diesem Prozess die Chance erkannt, dass sie durch Bildung, durch Studium über den zweiten Bildungsweg einen besseren und eigenbestimmten Lebensweg führen können, und sie haben diese Chance genutzt.

59 % der Hochschulabsolventen sind Frauen. Damit haben die Frauen die Männer überflügelt. Bei den späteren Entscheidungen sieht es allerdings sehr viel schlechter aus. Da wirkt wieder die gläserne Decke: Nur 43 % der Doktoranden sind weiblich, bei den Professuren liegt der Frauenanteil nur noch bei 15%, und in Deutschland nur bei 8 %. Wen wundert es da, dass sich Frauen – gerade die Akademikerinnen – immer mehr gegen Kinder entscheiden?

Wir haben auf eine Überwindung der gesellschaftlichen Teilung, von Männer- und Frauenwelt, von Geschlechterstereotypen, hinzuarbeiten. Wir müssen Maßnahmen für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf den Weg bringen, z. B. durch bezahlbare Einrichtungen. Das wird festgestellt, und ich begrüße, dass die Kommission hier tätig werden will. Aber mit gutem Willen allein geht es nicht. Man muss Druck ausüben. Die Menschen werden selbst entscheiden, wie viele Kinder sie wann und ob sie überhaupt welche haben wollen. Ich weiß nicht, ob die jungen Akademikerinnen und Akademiker unsere Diskussion hier zur Kenntnis nehmen, aber wir müssen respektieren, dass sie ihre eigenen Entscheidungen treffen, und ihnen die Wahl erleichtern.

Wir müssen auch respektieren, dass heute immer mehr Menschen in alternativen Lebensmodellen leben wollen und dass sie das Bild der traditionellen Familie hinter sich gelassen haben. Das gilt im Übrigen vor allen Dingen für unsere Regierungen, die das respektieren müssen. Das gilt auch für die polnische Regierung, und es macht mich nahezu wütend, dass man sich hier von polnischer Seite wieder einmal ins Abseits stellt. Viele Freunde in Polen haben mich gebeten, das heute anzusprechen, und ich ergreife das Wort für die Menschen in Polen, die dasselbe Recht auf eine eigene Entscheidung haben.

 
  
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  Karin Resetarits (ALDE). – Herr Präsident! Die Berichterstatterin skizziert in diesem Bericht umfassend, was alles getan werden könnte und sollte, um Familienleben und Studium in der Europäischen Union besser unter einen Hut zu bringen.

Die demografische Entwicklung macht deutlich, dass immer weniger gut ausgebildete Frauen bereit sind, mit der Karriere gleichzeitig auch eine Familie zu begründen. Warum sollten sie auch? Junge Akademikerinnen stellen die höchsten Ansprüche an sich selbst, also stellen sie sie auch an die Familie. Das Sprichwort „Wem Gott schenkt ein Häschen, dem schenkt er auch ein Gräschen“ hat vielleicht in früheren Zeiten noch das weibliche Denken bestimmen können. Doch damit ist es vorbei.

Nun sind wir Politiker an der Reihe, Voraussetzungen zu schaffen, um den Ansprüchen junger Menschen gerecht zu werden. Das heißt, wir müssen wieder eine familienfreundliche Gesellschaft aufbauen. Momentan stehen wir vor den Trümmern. Wer heute Kinder großzieht, muss entweder sehr reich oder sehr genügsam sein. Denn unsere Gesellschaft hat bis jetzt alles mehr gefördert als Kinder. Schauen Sie sich doch um: Wo finden Kinder heute noch unbeschwerte Freiräume? Wo sind Kinder tatsächlich willkommen? Sogar Parkanlagen sind übersät mit Spielverbotsschildern. In meiner Heimatstadt Wien hat vorige Woche ein Mann auf spielende Kinder geschossen, weil sie angeblich zu laut waren. Die meisten Mitgliedstaaten investieren viel zu wenig Steuergeld in Bildung und Erziehung, Mr. Heaton-Harris. Unsere Klassenräume sind überfüllt, Lehrer sind überfordert. Wir wollen selbstbewusste Individualisten in Schulen großziehen, die noch wie Kasernen funktionieren.

Fördern wir familiengerechtes Wohnen? Nein, der Immobilienmarkt ist einzig und allein vom Profitdenken gesteuert! Ein junger Mensch in der Stadt ist heutzutage froh, wenn er sich ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft leisten kann. Das mag vor Jahrzehnten trotzdem niemanden davon abgehalten haben, eine Familie zu gründen. Doch heute wünschen sich junge Menschen vor allem Lebensqualität, und die muss Politik garantieren!

 
  
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  Wojciech Roszkowski (UEN). – (PL) Herr Präsident! Der Bericht von Frau Panayotopoulos-Cassiotou befasst sich mit einer für die Europäische Union außerordentlich wichtigen Frage, nämlich ihrer künftigen demografischen Entwicklung. Deshalb gebührt der Berichterstatterin Dank dafür, dass sie sich in dieser zurzeit nicht eben familienfreundlichen Atmosphäre dieses Problems angenommen und konkrete Lösungen vorgeschlagen hat.

Der Bericht enthält viele ausgezeichnete Maßnahmen, die jungen Europäern das Großziehen von Kindern erleichtern sollen. Diesen Maßnahmen wird jedoch kein Erfolg beschieden sein, solange wir an dieser Atmosphäre, in der über das angeblich nicht wünschenswerte inklusive Familienmodell – bestehend aus einem Mann und einer Frau – Unsinn geredet wird, nichts ändern.

Muss man erwachsenen Menschen sagen, dass nur in solchen Familien Kinder geboren werden? Wir in Polen sind uns dessen bewusst.

In Europa waren die Gesellschaften noch nie so reich, und es wurden noch nie so wenig Kinder geboren wie heute. Für eine Elternschaft gibt es sowohl objektive als auch subjektive Hindernisse.

Die Familie ist, was die Prioritäten bei der Lebensplanung anbelangt, in den Hintergrund getreten. Was zählt, sind Arbeit und Spaß. An erster Stelle steht heute das Vergnügen ohne jede Verpflichtung. Wir wissen nicht, wofür wir leben, und deshalb wissen wir auch nicht, welchen Sinn es haben soll, Kinder großzuziehen. Über diesem Europa steht heute schon geschrieben: mane, tekel, fares.

 
  
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  Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE).(ES) Herr Präsident! Ausbildung und Erziehung stellen in der Tat ein Grundrecht dar und spielen auch eine entscheidende Rolle, wenn es um die Achtung aller anderen sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Rechte geht.

Um eine bessere Vereinbarkeit von Familie, Arbeit und Studium zu erreichen, das Thema, mit dem wir uns heute beschäftigen, muss die komplizierte Frage von Zeiteinteilung und -management angepackt werden, nicht nur für die Frauen, sondern in der gesamten Gesellschaft. Dafür müssen wir soziale und wirtschaftliche Reformen vorschlagen, die unter anderem die Situation verändern, in der zumeist die Frauen definitionsgemäß den größten Teil oder die Gesamtheit der familiären und Pflegeaufgaben erfüllen.

Es gilt, dieser Herausforderung Rechnung zu tragen, indem wir die Politiken in Bereichen des täglichen Lebens fördern und dabei die Bedürfnisse umfassend berücksichtigen und Querschnittsmaßnahmen des öffentlichen Dienstes ergreifen. Dabei sollen solche Maßnahmen wie Kindergärten und öffentlicher Nahverkehr mit flexiblen Arbeitszeiten gewährleistet werden, die den konkreten Situationen entsprechen, ohne die Qualität der Dienstleistung zu beeinträchtigen. Weiterhin ist wirtschaftliche und steuerliche Hilfe zu gewähren, die es gestattet, die Bildung einer Familie letztendlich zu einer persönlichen Entscheidung zu machen, auch unter gleichgeschlechtlichen Personen.

 
  
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  Eva-Britt Svensson (GUE/NGL). – (SV) Ich möchte der Berichterstatterin für einen wichtigen Bericht danken, denn Bildung ist ein wichtiger Faktor für das Recht von Frauen auf eine Erwerbstätigkeit.

Die Begriffe Familienleben und Familie spielen in diesem Bericht, ebenso wie in anderen Berichten über Eltern und Kinder eine zentrale Rolle. Es wird keine Definition des Begriffs „Familie“ gegeben, aber ich gehe davon aus, dass dieser auch verschiedene alternative Familienkonstellationen umfasst und nicht nur das traditionelle Bild einer Kernfamilie mit Mutter, Vater und deren gemeinsamen biologischen Kindern. Der Familienbegriff muss vielmehr auch alleinerziehende Eltern, Eltern gleichen Geschlechts und andere Formen umfassen, die Menschen für ihr Leben wählen. Um dies deutlich zu machen, hoffe ich, wird das Parlament für Änderungsantrag 8 stimmen.

Der Bericht schlägt eine Reihe von Maßnahmen vor, die jungen Frauen die gleichen Bildungsmöglichkeiten bieten sollen wie Männern. Ich unterstütze die meisten dieser Vorschläge mit Ausnahme der Formulierung, die den Stellenwert älterer Familienmitglieder, das heißt der Großeltern, und ihre zentrale Bedeutung für die Kindererziehung und die Unterstützung von in Ausbildung befindlichen und erwerbstätigen Eltern betont. Die heutige Großelterngeneration steht oft selbst noch im Arbeitsleben. Und auch wenn sie Rentner sind, haben sie das Recht auf ein eigenes Leben, natürlich mit der selbstverständlichen Freude am Zusammensein mit den Enkelkindern. Aber sie sollen nicht die Verantwortung für die Kinderbetreuung übernehmen.

Die Gesellschaft hat eine Verantwortung für den Ausbau der Kinderbetreuung und anderer Betreuungsformen, damit alle Eltern, die eine solche Betreuung wünschen, weil sie sich entweder in der Ausbildung befinden oder erwerbstätig sind, Zugang zu einer qualitativ hochwertigen und pädagogisch soliden Betreuung für ihre Kinder erhalten können.

Frauen wie Männer haben ein Recht auf Ausbildung, Erwerbstätigkeit und Familienleben, und dürfen nicht vor eine Entweder/Oder-Wahl gestellt werden.

 
  
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  Georgios Karatzaferis (IND/DEM).(EL) Herr Präsident! Heute reden wir über zwei bedeutende Segnungen, vielleicht die wichtigste Segnung für jeden von uns, nämlich die, Kinder zu haben, und zugleich das Studieren, Lernen und Wissen. Diese beiden Dinge sind in jüngster Zeit jedoch vielleicht miteinander in Konflikt geraten, weil das Gebäralter der Frauen nach Aussage der Fachleute bei 35 Jahren liegt. Wenn die Hälfte dieser Jahre für ein Studium bis zum Alter von 30 oder 32 für einen weiter führenden akademischen Abschluss und eine Promotion ‚vergeudet’ wird, geht wertvolle Zeit verloren, in der ein Kind in die Welt gesetzt werden könnte. Die höchste Segnung bleibt also den gut Situierten vorbehalten. Sie sind in der Lage, ihren Kindern das Studium zu finanzieren und einer Frau neben der Mutterschaft das Studium zu ermöglichen. Wer nicht genug zum Leben hat, ‚verschiebt’ den Zeitpunkt, zu dem Kinder in die Welt gesetzt werden, und das ist, um es deutlich zu sagen, kriminell. Das ist ein Standesunterschied, den wir nicht zulassen sollten. Wir müssen Mittel und Wege finden, jungen Leuten in Form von finanzieller Unterstützung die Chance zu geben, zu studieren und eine Familie zu gründen, Kinder zu haben. Wir brauchen Kinder. In meinem Heimatland ist die Geburtenrate sehr niedrig, und das ist ein gewaltiges Problem. Kinder sind ein Thema, das ganz besondere Aufmerksamkeit verdient.

 
  
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  Pál Schmitt (PPE-DE).(HU) Fraglos müssen wir das Lernen fördern, insbesondere wenn ein junger Mensch in mehr als einem Bereich Verantwortung übernehmen möchte. Mutter zu sein, ist eine schwierige und herausfordernde Aufgabe, aber die viel beschworene wissensbasierte Gesellschaft kann nicht nur aus Männern bestehen. Aufgrund fehlender geeigneter Unterstützungsmaßnahmen neigen junge Frauen dazu, ihr Studium zu unterbrechen, es abzubrechen und nie wieder aufzunehmen, was zwangsläufig zur Ungleichheit von Männern und Frauen im Berufsleben und im Hinblick auf ihre spätere Produktivität führt.

In einem Europa mit einer niedrigen Geburtenrate und einer immer älter werdenden Bevölkerung müssen wir Frauen und jungen Paaren im Allgemeinen jede erdenkliche Hilfe zuteil werden lassen. Oder anders gesagt: jenen, die eine Familie gründen und Kinder haben wollen. Verbindet man diesen Wunsch mit dem nötigen Ehrgeiz zur persönlichen Weiterentwicklung und dem Streben zu lernen, muss die Gesellschaft dies belohnen und fördern.

Der Ausschuss für Kultur und Bildung bemüht sich ebenfalls, alle Hürden auf dem Weg zu lebenslangem Lernen abzubauen und zu gewährleisten, dass Studierende mit Familie unter Berücksichtigung ihrer besonderen Situation, beispielsweise ihrer eingeschränkten Mobilität, auch Zugang zu Lernmöglichkeiten erhalten. Dazu muss ein soziales Netz innerhalb der Mitgliedstaaten geschaffen werden, die sich Familien gegenüber solidarisch zeigen, da Letztere eine grundlegende Rolle für den Erhalt der Gesellschaft spielen. Wir brauchen ein Netz aus Kinderkrippen und Kindergärten, die geeignete Betreuungsangebote für die jüngsten Mitglieder der Gesellschaft bieten sowie Schulen, die eine Nachmittagsbetreuung anbieten, damit Kinder unter der Aufsicht von Fachpersonal beschäftigt sind.

Dabei geht es nicht ausschließlich um materielle Fragen, sondern auch um den Ansatz. Größtenteils hängt die Familien-, Bildungs-, Sozial-, Beschäftigungs- und Jugendpolitik unserer Regierungen davon ab. Allmählich begreifen wir, dass jedes Kind, das das Licht der Welt erblickt, mehr als sein Gewicht in Gold wert ist, denn es sichert unsere Zukunft und das Überleben unserer Völker sowie eine tragfähige Entwicklung.

Ich möchte der Berichterstatterin gratulieren, da der vorliegende Bericht trotz der Tatsache, dass Bildung, Lernen und verschiedene Systeme zur Unterstützung von Familien der Rechtsprechung der Mitgliedstaaten unterliegen, auf Lösungswege und lokale Praktiken aufmerksam macht, die ein äußerst nützliches Instrument für all jene EU-Mitglieder darstellen, in denen dieses Thema bislang noch stiefmütterlich behandelt wurde.

 
  
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  Edite Estrela (PSE).(PT) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Frau Panayotopoulos-Cassiotou zu ihrem Bericht beglückwünschen. Der demografische Wandel ist die größte Herausforderung, vor der Europa steht. Es ist ein sehr ernstes Problem, das dringende Maßnahmen erfordert. Die Lage ist von Land zu Land unterschiedlich, aber mit Sicherheit müssen Bedingungen im sozialen, wirtschaftlichen und Bildungsbereich geschaffen werden, damit die jungen Europäer so viele Kinder haben können, wie sie sich wünschen, ohne dass dies negative Auswirkungen auf ihre berufliche Entwicklung hat oder dass sie ihr Studium unterbrechen müssen.

Frauen sind nach wie vor am stärksten benachteiligt und sind beim Zugang zum Studium, während des Studiums selbst und beim lebenslangen Lernen Diskriminierung ausgesetzt. Darüber hinaus werden junge Familien in Großstädten häufig an die Peripherie verdrängt, so dass der Zeitaufwand für Fahrten zwischen Wohnung, Arbeitsstelle und Schule größer wird und die physische und psychologische Belastung steigt. Damit steht auch weniger Zeit zur Verfügung, die gemeinsam mit den Kindern verbracht werden kann. All das führt letztlich zu nicht kalkulierbaren volkswirtschaftlichen Kosten.

Die Politik der Gleichbehandlung der Geschlechter gründet auf zwei großen Herausforderungen: Beseitigung des Lohngefälles zwischen Männern und Frauen und Sicherstellung der Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Studium. Der Zugang zu Bildung und die Verwirklichung im Beruf sind Rechte sowohl der Männer als auch der Frauen.

Damit die Ziele der Lissabon-Strategie erreicht werden, müssen die Kommission und die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Systeme der sozialen Sicherheit, im Hinblick auf angemessenen Wohnraum, Kinderbetreuungseinrichtungen und Flexibilität der Lehrpläne, Studienpläne und Wahl der Bildungseinrichtungen Maßnahmen ergreifen, die die Besonderheiten der verschiedenen Arten von Familie berücksichtigen, zum Beispiel Eltern, die studieren, alleinstehende Mütter usw. Damit werden unsere jungen Menschen in die Lage versetzt, einen Beitrag zur wissensbasierten Gesellschaft, zur Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, zum sozialen Zusammenhalt und zur Erneuerung der europäischen Gesellschaft zu leisten.

 
  
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  Jan Tadeusz Masiel (UEN). – (PL) Herr Präsident! Wir alle verstehen und teilen die Sorge der Berichterstatterin um die Frauen, das Familienleben und die Tradition. Wir danken ihr für diesen Bericht, in dem nicht nur gefordert wird, dass Frauen die Möglichkeit haben müssen, Bildungserwerb und Familienleben miteinander zu vereinbaren, sondern auch eine noch wichtigere Frage behandelt wird, nämlich die Bevölkerungs- und Einwanderungspolitik der Union.

Frauen wollen studieren und Kinder haben. Leider lässt sich bei dem heutigen raschen Lebenstempo in der Welt oft nur eines dieser Ziele verwirklichen. Deshalb müssen wir jungen Frauen und Männern helfen, indem wir unsere Familienpolitik in der Europäischen Union und in den Mitgliedstaaten weitaus familienfreundlicher gestalten. Fehlt eine angemessene Unterstützung, so stellt das eine reale Gefahr für unsere christliche und europäische Gesellschaft dar. Selbst in Polen, das die Familie und die Tradition fördert, ist die Geburtenrate zu niedrig. In vielen Städten der Europäischen Union haben die Einwanderer mehr Kinder als die Einheimischen.

 
  
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  Hélène Goudin (IND/DEM). – (SV) Herr Präsident! Der Bericht greift ein ernstes Problem auf, das in vielen Mitgliedstaaten existiert: die Schwierigkeit eines Studiums mit Kindern. Zur Lösung wird eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen. Tatsache ist jedoch, dass diese Fragen nicht in die Zuständigkeit der EU fallen. Der Ausschuss mischt sich in rein nationale Fragen ein, darunter Steuern, das System der sozialen Sicherheit und Elternversicherungen, was völlig inakzeptabel ist.

Die Berichterstatterin verweist sehr richtig darauf, dass nordische Länder, darunter Schweden, über ein für studierende Eltern günstiges System verfügen. Meiner festen Überzeugung nach werden diese Systeme den Anforderungen am besten gerecht, aber die EU darf niemandem in dieser Frage ein bestimmtes System aufzwingen. Die Länder, in denen es Probleme gibt, werden bald die Unhaltbarkeit ihrer Situation erkennen und auf die Mitgliedstaaten mit funktionierenden Systemen blicken.

Ich werde nie aufhören, mich über die Vorschläge zu wundern, die in diesem Hause eingebracht werden. Dabei wird der Phantasie, gelinde gesagt, freien Lauf gelassen.

 
  
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  Roberta Alma Anastase (PPE-DE). – Pentru început, trebuie să mărturisesc că mă bucur că particip la o asemenea discuţie în Parlamentul European. Cred că e important să vorbim despre provocările lumii moderne, despre familie şi educaţie, despre noi şi viaţa noastră; iar documentul pe marginea căruia vorbim este unul serios şi consistent, şi pentru acest lucru daţi-mi voie să mulţumesc raportorului, doamna Marie Panayotopoulos Cassiotou.

Datele statistice arată că nivelul de instruire este invers proporţional cu nivelul sărăciei. Adică, cu cât un om are un nivel al studiilor mai ridicat, cu atât scade riscul sărăciei şi creşte şansa de a avea un loc de muncă bine plătit, o locuinţă, o maşină, în final o viaţă mai bună. Tot statisticile arată că nivelul de dezvoltare al unei societăţi este direct proporţional cu nivelul de instruire al membrilor ei. Pe de altă parte, cei cu un nivel ridicat de instruire nu au numărul de copii pe care şi-l doresc. De asemenea, o mare parte din ţările europene înregistrează o rată negativă a sporului natural şi se confruntă cu probleme serioase în ceea ce priveşte relaţiile dintre generaţii, înregistrându-se o creştere a numărului persoanelor aflate în întreţinere. Deci se impune o soluţie de mijloc, care să nu însemne nici renunţarea la copii şi familie, şi nici abandonarea şcolii. În găsirea acestui echilibru statul joacă un rol foarte important. El este cel în măsură să preia de pe umerii familiilor, de pe umerii părinţilor, o parte din responsabilităţile legate de educaţia şi îngrijirea copiilor; să adopte măsurile necesare pentru ca studenţii părinţi să poată beneficia de locuinţe adaptate nevoilor lor; să propună în asociere cu instituţiile de învăţământ o organizare mai flexibilă a studiilor; să faciliteze împreună cu instituţiile de credit acordarea de împrumuturi pentru cei care-şi întemeiază familii şi urmează o formă de instruire; să acorde burse; să scutească părinţii studenţi de la plata unor taxe şi impozite - adică într-o ţară statul poate crea un mediu care să încurajeze tinerii să nu aleagă între o opţiune sau alta. Cred, însă, că la toate acestea mai trebuie adăugată o responsabilitate a statului în ceea ce priveşte educaţia: introducerea educaţiei pentru parteneriat în cadrul familiei. Numai când cei doi soţi vor considera că în familie fiecare îl poate suplini pe celălalt, îi poate juca rolul şi chiar o vor face, atunci concilierea dintre viaţa de familie şi cea profesională este posibilă cu adevărat.

 
  
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  Teresa Riera Madurell (PSE).(ES) Herr Präsident! Studentinnen und Studenten mit familiären Pflichten haben spezielle Bedürfnisse im Hinblick auf Wohnung, Kinderbetreuung oder flexible Studienzeiten, und diese Situationen werden vom Bildungs- und Sozialsystem nicht immer berücksichtigt. Die Politik zur Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben darf deshalb die Belange der jungen Menschen während ihrer Studienzeit nicht ignorieren.

In diesem Zusammenhang sind auch die Studentinnen in einer besonders schwierigen Situation, denn obwohl sie studieren, sind sie es, die zumeist den größten Teil der familiären Pflichten erfüllen, nicht nur bei der Mutterschaft, sondern auch, wenn es um die Pflege von älteren oder behinderten Menschen geht.

Ohne entsprechende Unterstützung ist die Wahrscheinlichkeit bei jungen Frauen größer als bei Männern, dass sie ihr Studium unterbrechen und nicht wieder aufnehmen, was unweigerlich bedeutet, dass zwischen Männern und Frauen keine Chancengleichheit in ihrem künftigen Berufsleben besteht, und die Folge davon ist ein bedeutender Verlust an menschlichem Potenzial für den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft insgesamt.

Das Bildungsniveau einer Person hat unbestreitbare Auswirkungen auf die Beschäftigung, wie einige Vorredner sagten. Die Statistiken zeigen, dass die Arbeitslosenzahlen bei höher Qualifizierten niedriger sind. Wenn die Europäische Union das Ziel erreichen will, die Beschäftigungsrate der Frauen bis 2010 auf 60 % zu erhöhen, müssen klare Maßnahmen ergriffen werden, damit die Politik zur Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben schon zur Anwendung kommt, wenn die Menschen jung sind und sich noch in der Ausbildung befinden. Die Empfehlungen dieses Berichts sind deshalb sehr wichtig, und ich möchte Frau Panayotopoulos-Cassiotou zu ihrer Arbeit beglückwünschen.

 
  
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  Mieczysław Edmund Janowski (UEN). – (PL) Herr Präsident! Ich beglückwünsche Frau Panayotopoulos-Cassiotou zu ihrer Beharrlichkeit bei der Behandlung von Themen, die nicht nur unter sozialem Aspekt von Bedeutung sind, umso mehr, als sie selbst Mutter von neun Kindern ist. Eine der Herausforderungen der heutigen Zeit – die demografische Situation eingeschlossen – besteht darin, Lösungen zu finden, die es den Menschen ermöglichen, Kindererziehung mit Studium und beruflicher Karriere in Einklang zu bringen. Wir sprechen hier nicht nur über junge Frauen, sondern über junge Eltern ganz allgemein, nämlich Mütter und Väter.

An dieser Stelle sei hervorgehoben, dass der heute notwendige Erwerb einer Hochschulbildung mit anschließender Promotion oder verschiedenen Ausbildungsgängen, das Einschlagen einer beruflichen Laufbahn und der Schritt in die Selbständigkeit große Anstrengungen erfordern, und dass dieser ganze Prozess in der Regel mehr als vier Jahre in Anspruch nimmt. Andererseits lassen sich die Gesetze der Biologie nicht verleugnen. Deshalb müssen entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden, damit junge Menschen eine Familie gründen und zugleich ihre Ziele in Bezug auf den Erwerb von Bildung und die berufliche Entwicklung verwirklichen können. Wir brauchen außerdem ein günstiges, familienfreundliches Umfeld ohne Diskriminierung, das soziale Unterstützung, eine flexible Organisation des Studiums und Hochschulpraktika einschließt. Das Internet dürfte sich in dieser Hinsicht als überaus nützliches Instrument erweisen.

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM).(EN) Herr Präsident! Seit Jahrzehnten konzentrieren sich Politiker darauf, Frauen in den Arbeitsmarkt einzubeziehen, geschlechterspezifische Vorurteile auszuräumen und die Beförderung von Frauen im Beruf zu unterstützen. Dabei galt die Bildung stets als ein Mittel zum Zweck.

In diesem Entschließungsentwurf haben wir jedoch die Schwierigkeiten, die Frauen bei der Vereinbarung aller anderen Bereiche ihres Lebens haben, außer Acht gelassen bzw. diese beschönigt. Frauen waren fast gezwungen, auf eigene Kinder zu verzichten, und hatten sie dennoch welche, waren sie gezwungen, auf deren Erziehung zu verzichten. Und wenn sie sich für die Erziehung ihrer Kinder entschieden hatten, erwartete man übermenschlichen Einsatz von ihnen. Zum Glück zwingen die Frauen uns jetzt, über Änderungen nachzudenken und die Dinge flexibler zu gestalten, so dass sie Familie, Beruf und Bildung miteinander vereinbaren können. Wir müssen flexibel sein. Wir müssen den Frauen helfen, diese Elemente miteinander zu vereinbaren. Oder wir müssen den Frauen sogar die Möglichkeit geben, eine Auszeit zu nehmen, wenn sie dies wünschen, um Kinder zu bekommen und sie in dem Wissen großzuziehen, dass sie die Chance haben, wieder auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren.

 
  
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  Jerzy Buzek (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Die Europäische Union steht vor zwei großen Aufgaben, nämlich der Bewältigung der demografischen Krise und der Verbesserung des Bildungsniveaus vor allem der jungen Menschen. Es geht darum zu verhindern, dass junge Menschen zwischen Bildung und Familie wählen müssen. Frau Panayotopoulos-Cassiotous Bericht enthält gute Vorschläge, die dazu angetan sind, diese beiden europäischen Erfordernisse miteinander in Einklang zu bringen. Ich unterstütze die Vorschläge und die in dieser Aussprache geäußerten Auffassungen.

Ein noch größeres Problem ergibt sich jedoch nach dem Studium. In Europa erwerben mehr Frauen als Männer einen Hochschulabschluss, aber unter den Absolventen, die sich für eine langfristige Laufbahn in Wissenschaft oder Forschung entscheiden, sind Frauen nur zu einem Drittel vertreten. Nur jeder sechste Inhaber einer Professur in Europa ist eine Frau. Dem stehen 700 000 freie Stellen im Forschungsbereich gegenüber. Vor allem junge Wissenschaftler werden gebraucht. Wenn wir hier nichts ändern, werden wir das Wachstumsproblem nicht lösen und die Lissabon-Strategie nicht erfolgreich umsetzen können.

Deshalb ist es so wichtig, dass die in Frau Panayotopoulos-Cassiotous Bericht vorgeschlagenen Lösungen auch in der Zeit nach dem Studienabschluss Anwendung finden – für die Dauer der Arbeit an Universitäten, in wissenschaftlichen Instituten, Labors und Forschungszentren großer Konzerne.

Es ist für Frauen nahezu unmöglich, ihre wissenschaftliche Laufbahn wieder aufzunehmen, wenn sie zwei oder drei Kinder geboren und – wenn auch nur für kurze Zeit – selbst großgezogen haben. Große Anerkennung verdient deshalb meiner Ansicht nach die weltweite Kampagne, die von der UNESCO und von L'Oréal zur Unterstützung von Frauen in der Wissenschaft veranstaltet wird. Ich möchte Ihnen den Besuch der Ausstellung ans Herz legen, die das Europäische Parlament zusammen mit der UNESCO und L'Oréal im Oktober ausrichtet.

 
  
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  Christa Prets (PSE). – Herr Präsident! Es freut mich, dass sich heute an dieser Diskussion so viele Männer beteiligen. Ich nehme an, dass viele davon auch Väter sind, die etwas dagegen haben, dass ihre Töchter auch in Zukunft benachteiligt werden. Vielleicht schaffen wir es ja auf diese Art und Weise, zu mehr Gleichstellung zu kommen.

Wie wir heute schon oft gehört haben, gewinnt die Vereinbarkeit von Berufsleben und Privatleben immer größere politische Bedeutung, nicht zuletzt, weil wir auch erkannt haben, dass der Vorteil des großen Potentials an weiblichen Arbeitskräften einerseits und der Mangel an Kindern andererseits nicht mehr übersehen werden kann und darf.

Was die Kinderbetreuungsstätten anbelangt, ist die Umsetzung des Barcelona-Ziels leider sehr enttäuschend. Wir stellen in den verschiedenen Ländern unterschiedliche statistische Zahlen über Studenteneltern fest. In Österreich beispielsweise liegt der Anteil bei 10,8%, in Schweden bei 41%. Das ist doch ein Beweis dafür, dass man mit entsprechenden Rahmenbedingungen auch andere Situationen schaffen kann. Es liegt auf der Hand, wir müssen es nur aufgreifen.

Geburten während des Studiums dürfen nicht der Grund dafür sein, dass das Studium auf lange Zeit hinausgeschoben bzw. völlig abgebrochen oder erst gar nicht begonnen wird. Wir brauchen mehr Unterstützung, wir brauchen mehr Kinderbetreuungseinrichtungen an den Universitäten und Hochschulen, und dies zu sozial gerechten Tarifen.

 
  
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  Anna Hedh (PSE). – (SV) Heutzutage werden immer weniger Kinder in Europa geboren. Das hängt mit der gegenwärtigen Arbeitssituation und der gesellschaftlichen Entwicklung zusammen, aber auch damit, dass viele Frauen mit dem Kinderkriegen bis nach dem Abschluss ihrer Ausbildung warten. Mit zunehmendem Alter der Frau nimmt aber auch ihre Fruchtbarkeit ab.

Die Möglichkeit der Familiengründung für Studenten ist vom Standpunkt der Gleichstellung aus sehr wichtig. Gibt es keine ausreichende Unterstützung seitens der Gesellschaft, brechen viele junge Frauen ihre Ausbildung ab, wenn sie Kinder bekommen, oder beginnen erst gar nicht mit einem Studium. Das führt dann natürlich zu ungleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt und ist auch ein Verlust für die Wirtschaft, denn das Potenzial dieser Frauen geht verloren.

Dieses Muster sehen wir nicht zuletzt auch in Schweden. Mehr als 60 Prozent derjenigen, die in Schweden eine höhere Ausbildung beginnen, sind Frauen, aber dieser Anteil nimmt immer mehr ab, je höher in der Hierarchie man kommt. Besonders hoch ist die Anzahl der Frauen, die ihre Doktorandenausbildung abbrechen, sobald sie in das Alter kommen, in dem sie Kinder haben wollen, denn für Doktoranden ist es schwer, Elternurlaub zu nehmen.

Das Bildungsniveau der Frauen ist von entscheidender Bedeutung für Europas Wachstum und Innovationsfähigkeit sowie die persönliche Entwicklung der Frauen. Darum müssen die Mitgliedstaaten es den Studenten erleichtern, Kinder zu bekommen, so dass sie Studium und Familie vereinbaren können. Dies sollte mittels sozialer und wirtschaftlicher Reformen erfolgen, wie beispielsweise staatliche Finanzbeihilfen und eine gut ausgebaute, preiswerte Kinderbetreuung.

 
  
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  Gabriela Creţu (PSE). – Educaţia şi speranţa de viaţă sunt indicatori ai dezvoltării umane. Europa înregistrează performanţe în acest sens, ceea ce este bine, nu pericol social sau economic. Dificultăţile demografice provin din false priorităţi şi dintr-o repartizare a resurselor insensibilă la viaţă, în care omul pare mijloc pentru creşterea economică, nu invers. Un om nu este doar o valoare utilă, forţă de muncă şi contribuitor la asigurările sociale. Nici reproducerea forţei de muncă nu poate fi necesitate socială, ci răspundere individuală. Precum tribul indian dispărut, politicienii ar trebui să se întrebe la orice decizie: e bun şi pentru copii?

În cele referitoare la studenţii părinţi, trebuie să ţinem cont de specificul lor, de suprasolicitarea cauzată de o multiplă obligaţie: studiu; muncă pentru a întreţine şi creşte un copil; lipsa de locuinţe adecvate; părinţi care nu pot ajuta pentru ca sunt la vârsta activă şi sunt ei înşişi sub exigenţa reconcilierii; instituţii de învăţământ conservatoare o liceană însărcinată poate fi încă motiv de scandal şi exmatriculare ; anumite alocaţii nu sunt drept al copilului, ci drept derivat al celor care muncesc, excluzând studenţii; la vârsta studiilor numai un bărbat la patru femei doreşte un copil şi e devreme pentru reproducere artificială; feminizarea şi segregarea educaţională pe genuri face dificilă întemeierea unei familii în universitate.

Atingerea obiectivului „Barcelona” privind serviciile de îngrijire ale copilului este urgent necesară. Fără un avans rapid pentru o egalitate reală între femei şi bărbaţi... nu este şi suficientă, acolo unde familia poartă numele bărbatului, dar răspunde încă răspunderea femeii.

 
  
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  Catherine Stihler (PSE).(EN) Herr Präsident! Wann ist der beste Zeitpunkt für ein Kind? Darauf gibt es keine einfache Antwort, und Frauen müssen die Kindererziehung mit den Anforderungen von Beruf und Bildung vereinbaren.

Die Lissabon-Agenda ist bekannt für ihr Ziel, demzufolge sich Europa bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten, wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt entwickeln soll – einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen. Berechnungen zufolge würde dies bis 2010 die Gesamtbeschäftigungsquote in der EU auf 70 % und die Beschäftigungsquote der Frauen auf über 60 % anheben.

Das hat offensichtliche Auswirkungen für Frauen und Entscheidungen in Bezug auf Familie, Beruf und Bildung. Die Vorzüge von Bildung und Ausbildung für den Einzelnen und die Gesellschaft insgesamt liegen auf der Hand. Gleichzeitig verschieben viele Frauen aufgrund der Anforderungen in Beruf und Ausbildung den Kinderwunsch auf später. Ich begrüße, dass in der jüngsten Mitteilung der Kommission zur Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben anerkannt wird, dass die Politik auch junge Frauen und junge Männer betreffen muss, die sich noch im Studium befinden.

Wir müssen dafür sorgen, dass es leichter ist, Familienleben und Studium miteinander zu verbinden. Leider verfügen nur wenige EU-Länder über eine Palette von für studierende Eltern günstigen sozialen und wirtschaftlichen Maßnahmen. Studierende mit Familienpflichten haben erhebliche Schwierigkeiten sowohl beim Studium als auch im Alltag zu bewältigen. Sie haben nämlich spezifische Bedürfnisse, insbesondere was Wohnung, Betreuungsangebote und die Flexibilität beim Studienrhythmus usw. anbelangt. Davon sind besonders Frauen betroffen, die eher aufgrund familiärer Verpflichtungen ihr Studium aufgeben. Das führt von vornherein zu Nachteilen für Frauen, gegen die wir etwas unternehmen müssen.

Ich fordere die Kollegen nachdrücklich auf, diesen Bericht zu unterstützen.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE). – Potenţialul şi talentul femeilor nu trebuie irosit. Anul 2007 este anul egalităţii de şanse şi de aceea este imperios necesar să reconciliem viaţa de familie cu activitatea profesională prin flexicuritate, prin introducerea unei metode precum teleactivitatea şi, mai ales, să îmbunătăţim învăţarea continuă. În acelaşi timp, trebuie să fie dezvoltate facilităţi pentru îngrijirea copilului sub 3 ani, pentru cel puţin 90% din copiii cu această vârstă. Acestea trebuie să fie priorităţile noastre, dar mai ales ale miniştrilor însărcinaţi cu afaceri sociale şi protecţia familiei, în condiţiile în care, deşi 80,7% dintre tinerele cu vârste între 20 şi 24 de ani au absolvit liceul, femeile reprezintă doar 15% din persoanele ce deţin grade academice, şi doar 33% din cercetătorii europeni. Doar 28% din femeile cercetători ce lucrează în industrie au copii.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich freue mich festzustellen, dass Kommission und Parlament hinsichtlich der Bedeutung der Vereinbarung von Berufs- und Familienleben einer Meinung sind, und zwar insbesondere was die Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau betrifft. Das gilt auch, wie in der Initiative dieses Parlaments hervorgehoben wird, für die Zeit, bevor und nachdem junge Menschen in das Berufsleben eintreten.

Für Folgemaßnahmen zur Konsultation über die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben ist es noch zu früh. Vorerst gilt es zuzuhören; für Entscheidungen ist später Zeit. Die Kommission wird das Ergebnis der zweiten Phase der Konsultation, mögliche Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern und eine ausführliche Folgenabschätzung prüfen. Dann wird sie entscheiden, ob es notwendig ist, Vorschläge zur Ergänzung der geltenden Rechtsvorschriften in diesem Bereich zu unterbreiten.

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank, Herr Kommissar.

Die Aussprache ist geschlossen. Die Abstimmung findet in Kürze statt.

(Die Sitzung wird um 12.00 Uhr unterbrochen und um 12.05 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 

7. Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen: siehe Protokoll

8. Abstimmungsstunde
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Abstimmungsstunde.

(Abstimmungsergebnisse und sonstige Einzelheiten der Abstimmung: siehe Protokoll.)

 

8.1. Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Wallis (A6-0042/2007)

 

8.2. Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Wallis (A6-0043/2007)

 

8.3. Kennzeichnung der Betätigungseinrichtungen, Kontrollleuchten und Anzeiger von zweirädrigen oder dreirädrigen Kraftfahrzeugen (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Wallis (A6-0045/2007)

 

8.4. Schutz der Verbraucherinteressen: Unterlassungsklage (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Wallis (A6-0046/2007)

 

8.5. Lenkanlage von land- oder forstwirtschaftlichen Zugmaschinen auf Rädern ((kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Wallis (A6-0047/2007)

 

8.6. Höchstgeschwindigkeit und Ladepritschen von land- oder forstwirtschaftlichen Zugmaschinen auf Rädern (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Wallis (A6-0048/2007)

 

8.7. Land- oder forstwirtschaftliche Zugmaschinen (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Wallis (A6-0049/2007)

 

8.8. Sichtfeld und Scheibenwischer von land- und fortswirtschaftlichen Zugmaschinen (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Wallis (A6-0050/2007)

 

8.9. Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Mayer (A6-0132/2007)

- Vor der Abstimmung

 
  
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  Hans-Peter Mayer (PPE-DE), Berichterstatter. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als nachfolgender Berichterstatter für die Kodifizierung nach Frau Wallis möchte ich auf ein Problem aufmerksam machen, das auch unsere Kollegin Wallis hatte. Das Kodifizierungsverfahren ist ein einfaches und schnelles Verfahren. Es basiert auf einer Einigung von Rat, Parlament und Kommission und ermöglicht es, dass mehrmals veränderte Rechtsakte zu einem Rechtsakt gebündelt werden. Inhaltliche Änderungen sind ausdrücklich von der Kodifizierung ausgenommen, weshalb ich die Einigung über ein schnelles Verfahren grundsätzlich begrüße.

Die Prüfung wird von den juristischen Diensten des Rates, des Parlaments und der Kommission durchgeführt, die die überarbeiteten Rechtsakte sorgsam vergleichen. Das Ergebnis wird dann dem Rechtsausschuss und dem Berichterstatter vorgelegt.

Ich bin ein Fürsprecher einer Vereinfachung und besseren Rechtsetzung, allerdings mit einer Einschränkung. Als Berichterstatter erhalte ich die kodifizierten Rechtsakte zusammen mit dem Resultat der Prüfung durch die juristischen Dienste zwischen drei Wochen und einer Woche vor der Abstimmung im Rechtsausschuss. In dieser kurzen Zeit ist eine sorgfältige Prüfung so vieler Rechtsakte nicht möglich. Man sollte aber die Möglichkeit zur sorgfältigen Prüfung haben, wenn man anschließend in seinem Namen über Rechtsakte abstimmt.

Ich möchte daher bitten, dass zukünftig die kodifizierte Fassung den juristischen Diensten und dem Berichterstatter des Europäischen Parlaments gleichzeitig übersandt wird. Die Einfachheit des Verfahrens bliebe davon unberührt, und die Position des Berichterstatters wäre erheblich gestärkt. Ich denke, dies ist im Sinne des gesamten Parlaments und des Berichterstatters zur Kodifizierung.

(Beifall)

 

8.10. Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Mayer (A6-0167/2007)

 

8.11. Schutz der Arbeitnehmer vor Asbest (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Mayer (A6-0201/2007)

 

8.12. Garantieleistung der Gemeinschaft für etwaige Verluste der EIB aus Darlehen für Vorhaben außerhalb der Gemeinschaft (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Wallis (A6-0040/2007)

 

8.13. Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Wallis (A6-0041/2007)

 

8.14. Reinrassige Zuchtrinder (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Mayer (A6-0164/2007)

 

8.15. Gemeinschaftsmarke (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Mayer (A6-0165/2007)

 

8.16. Bruteier und Küken von Hausgeflügel (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Mayer (A6-0166/2007)

 

8.17. Finanzierungssystem des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Mayer (A6-0168/2007)

 

8.18. Gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen (kodifizierte Fassung) (Abstimmung)
  

- Bericht Mayer (A6-0200/2007)

 

8.19. Partnerschaftliches Fischereiabkommen EG/São Tomé und Príncipe (Abstimmung)
  

- Bericht Capoulas Santos (A6-0231/2007)

 

8.20. Partnerschaftliches Fischereiabkommen EG/Kiribati (Abstimmung)
  

- Bericht Morillon (A6-0228/2007)

 

8.21. Antrag auf Schutz der Immunität von Mario Borghezio (Abstimmung)
  

- Bericht Gargani (A6-0233/2007)

 

8.22. Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen (Abstimmung)
  

- Bericht Schnellhardt (A6-0035/2007)

 

8.23. Katzen- und Hundefelle (Abstimmung)
  

– Bericht Svensson (A6-0157/2007)

 

8.24. Entwicklung einer europäischen Breitbandpolitik (Abstimmung)
  

– Bericht Hökmark (A6-0193/2007)

 

8.25. Wirtschafts- und Handelsbeziehungen EU-Russland (Abstimmung)
  

– Bericht Quisthoudt-Rowohl (A6-0206/2007)

– Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 4

 
  
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  Gianluca Susta, im Namen der ALDE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, indem wir den Änderungsantrag betreffend die „hohen demokratischen Standards“ begrüßen, schlage ich im Namen meiner Fraktion vor, auch die Formulierung „und auf den Grundsätzen der freien Marktwirtschaft“ beizubehalten.

 
  
  

(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)

– Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 26

 
  
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  Godelieve Quisthoudt-Rowohl (PPE-DE), Berichterstatterin. – Herr Präsident! Ich möchte bei Änderungsantrag 26 im zweiten Teil im zweiten Satz das Wort could durch das Wort should ersetzen. Das ist mit der Sozialdemokratischen Fraktion so verabredet worden.

 
  
  

(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)

 

8.26. Wettbewerbspolitik 2005 (Abstimmung)
  

– Bericht Ferreira (A6-0176/2007)

– Vor der Abstimmung

 
  
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  Elisa Ferreira (PSE), Berichterstatterin. – (PT) Meine Damen und Herren! Da unvorhersehbare Verkehrsprobleme mich und andere Kollegen gestern daran hinderten, an der gestrigen Aussprache teilzunehmen, möchte ich an dieser Stelle den Schattenberichterstattern für ihre Aufgeschlossenheit und Kompromissbereitschaft danken, durch die es uns gelang, einen breiten Konsens zu erzielen.

Danken möchte ich ferner den Dienststellen der Kommission, insbesondere Frau Kroes für ihre Offenheit, ihr persönliches Interesse an dieser Frage und ihre Dialogbereitschaft. Die Zusammenarbeit zwischen den Organen der EU und eine starke Einbindung des Parlaments sind heute, zu einer Zeit, in der die europäische Wettbewerbspolitik strategische Bereiche wie Energie und Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und neue Bereiche wie die Umwelt erfasst und der Wettbewerb zum großen Teil eine globale Dimension erlangt hat, noch wichtiger.

Angesichts dieser Sachlage müssen wir die Modernisierung der Wettbewerbspolitik fortsetzen und den während der Ausarbeitung des vorliegenden Berichts entwickelten Geist der Zusammenarbeit im Interesse der europäischen Bürger bewahren.

 

8.27. Ergebnisse des Untersuchungsausschusses (Abstimmung)
  

– Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments (B6-0199/2007) Verfasserin: Wallis

– Vor der Abstimmung

 
  
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  Diana Wallis (ALDE), Berichterstatterin. – (EN) Herr Präsident! Das ist dieses Mal ein richtiger Bericht. Er ist das Ergebnis der 18-monatigen Arbeit eines Untersuchungsausschusses dieses Hohen Hauses. Während der Aussprache heute Vormittag sind Kollegen aus verschiedenen Fraktionen zu mir gekommen und haben gesagt, dass sie gern eine namentliche Abstimmung hätten. Darum hätten wir gestern bitten sollen, aber in Anbetracht der Zahl der Kollegen, die mich diesbezüglich angesprochen haben, frage ich mich, ob das jetzt möglich wäre.

 
  
  

(Dem Antrag wird stattgegeben.)

 

8.28. Ein Regelungsrahmen für Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familienleben und Studienzeiten für junge Frauen in der Europäischen Union (Abstimmung)
  

– Bericht Panayotopoulos-Cassiotou (A6-0209/2007)

– Vor der Abstimmung über Ziffer 24

 
  
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  Anna Hedh (PSE). – (SV) Ich habe einen mündlichen Änderungsantrag zu Ziffer 24, zweiter Satz. Dieser würde dann lauten: das Parlament „fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, Mutterschaftsurlaub und Elternzeit (Erziehungsurlaub) während des Studiums auf die Gesamterwerbszeit von Frauen/Männern und auf den Berechnungszeitraum zur Ermittlung ihrer Rentenansprüche anzurechnen, um so zur vollständigen Verwirklichung des Ziels einer echten Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern beizutragen“. Das Wort „Männern“ sollte also hinzugefügt werden.

 
  
  

(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)

Der Präsident. – Die Abstimmung ist geschlossen.

 

9. Stimmerklärungen
  

- Bericht Wallis (A6-0042/2007)

 
  
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  Véronique Mathieu (PPE-DE), schriftlich. (FR) Die Entwicklung der Arbeitswelt, die Anfälligkeit bestimmter Sektoren wie der Industrie, die Explosion des Dienstleistungssektors und die gestiegene Mobilität der Arbeitskräfte sind Erscheinungen, die das Europäische Parlament verpflichten, sich für einen besseren Schutz der Arbeitnehmer einzusetzen.

Bereits im Dezember wurde mit dem Bericht von Frau Bachelot ein Europäischer Fonds für die Anpassung an die Globalisierung eingesetzt, und dem gleichen Anliegen der Berücksichtigung der Arbeitnehmerrechte dient die Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers.

Alljährlich gehen Tausenden von Arbeitnehmern aufgrund des Bankrotts ihres Unternehmens häufig mehrere Monatseinkommen verloren, und sie geraten damit in eine verzweifelte Situation.

Diese Richtlinie wird die Kodifizierung aller Regeln betreffend den Schutz des Arbeitnehmers im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers ermöglichen. Sie soll für jedes Arbeitsverhältnis unabhängig von der Art des Vertrages gelten.

Die Vollendung des Binnenmarktes, die vielfach zu Unrecht beschuldigt wird, die Unsicherheit am Arbeitsmarkt zu verstärken, kann im Gegenteil Anlass für echte Rechtsvorschriften und die Schaffung eines Systems für den Schutz der Arbeitnehmer sein. Dieser Bericht, den ich unterstütze, liefert hierfür den Beweis.

 
  
  

- Bericht Mayer (A6-0132/2007)

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE-DE), schriftlich. (SK) Es freut mich außerordentlich, dass es uns gelungen ist, die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln zu verabschieden.

Die kodifizierte Version wurde mittels eines Datenverarbeitungssystems auf der Grundlage des konsolidierten Wortlauts der Richtlinie 89/655/EWG formuliert.

Es ist von großer Wichtigkeit, dass Arbeitgeber stets die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um durch angemessene Arbeitsmittel und -bedingungen den Schutz der Arbeitnehmer und deren Gesundheit zu gewährleisten.

Insbesondere neue Arbeitgeber neigen bisweilen dazu, sich mehr auf ihren Nettogewinn zu konzentrieren als in verschiedene Sicherheitsausrüstungen oder die Schaffung von sicheren Arbeitsbedingungen zu investieren. Im Ergebnis werden die Gesundheit und mitunter sogar das Leben der Arbeitnehmer aufs Spiel gesetzt. Nunmehr verfügen Arbeitgeber jedoch über klare Rahmenvorgaben mit genauen Anforderungen, die sie zu erfüllen haben. Daher begrüße ich die Verabschiedung dieses Textes, der eindeutig den Schutz von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz stärkt.

 
  
  

- Bericht Mayer (A6-0201/2007)

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE-DE), schriftlich. (SK) Wir haben den kodifizierten Vorschlag auf Basis der vorläufigen konsolidierten Fassung der Richtlinie 83/477/EWG in ihrer geänderten Version angenommen.

Mir ist bewusst, dass eine Verbesserung von Sicherheit, Hygiene und Gesundheitsschutz für Arbeitnehmer die Beseitigung von Asbest und sämtlichen asbesthaltigen Materialien am Arbeitsplatz vorsieht, da diese eine extreme Gefährdung der menschlichen Gesundheit darstellen, weil sie angeblich krebsauslösend sind.

Durch die Konsolidierung der Richtlinie entsteht ein verbindlicher Text, der die Verwendung von Asbest oder asbesthaltigen Materialien für Bau-, Abriss- und Sanierungsarbeiten verbietet und die Lage der bislang Asbest ausgesetzten Arbeitnehmer in jeder Hinsicht verbessern wird. Des Weiteren begrüße ich die Vorsorgemaßnahmen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz.

 
  
  

- Bericht Luis Manuel Capoulas Santos (A6-0231/2007)

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Der vorliegende Bericht betrifft das Fischereiabkommen mit São Tomé und Príncipe über die Fangmöglichkeiten der Gemeinschaft für vier Jahre (Beginn im Juni 2006). Im Rahmen dieses Abkommens besitzt Portugal fünf Lizenzen für den Einsatz von Oberflächenlangleinenfischern.

In diesem neuen Abkommen wurden die Fangmöglichkeiten insgesamt um 32 % verringert und die finanziellen Belastungen für die Reeder von 25 Euro auf 35 Euro je Tonne gemeldeter Thunfischfänge erhöht, während die finanzielle Belastung für die Gemeinschaft um denselben Betrag gekürzt wurde. Das sind Maßnahmen, die wir angesichts ihrer Folgen für den Sektor für sehr bedenklich halten.

Auf Gemeinschaftsebene werden somit Abkommen mit immer weniger Fangmöglichkeiten und stetig wachsenden Belastungen und Verpflichtungen für die Reeder abgeschlossen, so dass sich die Frage stellt, welcher Beitrag damit eigentlich zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Fischereisektors in den einzelnen EU-Ländern geleistet wird.

Und schließlich hegen wir die größten Zweifel in Bezug auf den Änderungsantrag Nr. 2, der im vorliegenden Bericht vom EP angenommen wurde und der der Kommission einen Ermessensspielraum zugesteht, wenn es um den Entzug von Lizenzen bei Nichterfüllung der Verpflichtungen geht. Deshalb muss unserer Auffassung nach das für diese Art von Situationen geltende Verfahren beibehalten werden.

 
  
  

- Bericht Morillon (A6-0228/2007)

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Das vorliegende Abkommen legt für die nächsten sechs Jahre die Fangmöglichkeiten der Gemeinschaft in den Gewässern von Kiribati fest, wobei im Wesentlichen die Bedingungen des Fischereiabkommens vom Mai 2003 beibehalten werden. In dem Abkommen, das ausschließlich die Thunfischerei betrifft, bleiben die Anzahl der für die Flotte Portugals verfügbaren Lizenzen – d. h. sechs Lizenzen für die Oberflächenlangleinenfischerei – sowie der Verteilerschlüssel für die Finanzierung mit dem Beitrag von 35 % seitens der Reeder unverändert.

Erwähnt werden muss jedoch die Änderung des Bezugsrahmens, denn die früher mit Drittstaaten abgeschlossenen Fischereiabkommen, die einen kommerziellen Charakter hatten, sind durch die neuen Partnerschaftsabkommen mit Protokollen im Bereich Fischerei ersetzt worden, deren Wirkung immer mehr auf Entwicklungshilfe hinausläuft.

In diesem Zusammenhang sei hervorgehoben, dass es immer weniger Fangmöglichkeiten gibt, die finanziellen Belastungen für die Fischereischiffe ansteigen und die Regeln für die Fischerei immer strenger werden. Das führt dazu, dass die meisten Flotten nicht in der Lage sein werden, diese Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Ferner kann man feststellen, dass manche Unternehmen aus EU-Ländern ihren Standort verlagern. Es handelt sich um eine Reihe von Fragen, die bei uns Bedenken und Fragen hervorrufen und die bei der Umsetzung dieser Abkommen eingehender untersucht und bewertet werden müssen.

 
  
  

- Bericht Schnellhardt (A6-0035/2007)

 
  
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  Richard Seeber (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich möchte mich vorab noch einmal beim Berichterstatter Horst Schnellhardt dafür bedanken, dass er einen ausgezeichneten Kompromiss ausgehandelt hat, der jetzt Gott sei Dank auch im Plenum die notwendige Mehrheit gefunden hat. Für uns Österreicher war insbesondere die Frage des Jagatees interessant. Es ist uns zusammen mit den Ministern im Rat, Pröll und Seehofer, geglückt, einen Kompromiss zu finden, der für uns durchaus gangbar ist. Auch unsere deutschen Freunde haben nun ein Getränk, das sie ausschließlich unter dem Namen Hüttentee produzieren dürfen. Ich glaube, so ist diese Frage bestmöglich und im allgemeinen Einvernehmen gelöst worden.

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE-DE). – (CS) Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Ihnen dafür danken, dass wir uns hier in diesem Hause bemühen, das kulturelle Erbe Europas zu schützen. Über politische Gräben hinweg ist es unser gemeinsames Ziel, dafür zu sorgen, dass die traditionellen technischen oder geografischen Bezeichnungen von Spirituosen korrekt sind und keine anderen Produkte unter demselben Namen vertrieben werden können. Damit schützen wir nicht nur die kulturelle Vielfalt, sondern auch die Rechte der Verbraucher. Ich habe deshalb so abgestimmt, damit sämtliche Verbraucher sicher gehen können, dass sie, wenn sie ein Glas Wodka, Whiskey, Rum oder tschechischen Slibowitz bestellen, genau das bekommen, was sie gern trinken wollen.

Ich habe mich damit dafür ausgesprochen, dass man anhand der Etikettierung in der Lage ist zu unterscheiden, ob es sich um eine traditionelle oder nicht traditionelle Spirituose handelt. Spirituosen, die zum Beispiel aus Bananen statt aus Kartoffeln, Getreide oder Melasse hergestellt werden, sollten nicht Bananen-Wodka heißen, sondern Bananendrink oder Bananengeist. Vielleicht wäre es dann nicht so schwierig, europäischen Wodka in der WTO zu schützen. Die europäischen Verbraucher müssen sicher gehen können, dass sie das Produkt kaufen, das sie verlangen, und keine Fälschung.

Für die Tschechische Republik ist es gleichermaßen bedeutsam, dass die Bezeichnung für tschechischen „Slibowitz“, der traditionell aus Pflaumen destilliert wird, nicht für europäische Spirituosen mit Pflaumengeschmack verwendet werden kann, weil diesen Pflaumensaft zugefügt wurde. Glauben Sie mir, sie halten dem Vergleich mit in Slibowitz destillierten Pflaumen nicht stand. Wenn Sie Zweifel hegen, lade ich Sie ein, in mein Heimatland zu kommen und selbst zu probieren.

Ich bitte darum, meine Zustimmung in der letzten namentlichen Abstimmung zu erfassen, da mein Gerät leider nicht funktionierte.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Bedauerlicherweise hat sich die Mehrheit der Abgeordneten für eine erweiterte Definition für Spirituosen ausgesprochen. Damit wurde eine jahrhundertealte Tradition aufgegeben.

Der Berichterstatter und die Befürworter einer erweiterten Definition unter den Abgeordneten haben damit Grundsätze unterstützt, die die Herstellung von Spirituosen von schlechterer Qualität und schlechterem Geschmack ermöglichen. Dies wiederum könnte zur Herstellung von Spirituosen aus verschiedenen landwirtschaftlichen Erzeugnissen, einschließlich solcher tierischen Ursprungs wie auch Produktionsabfälle, führen, die für die Gesundheit der Verbraucher schädlich sind.

Produkte wie Spirituosen werden mit bestimmten Regionen der Welt in Verbindung gebracht, die sich oftmals einer langen Tradition der Spirituosenherstellung rühmen können. Das sind nationale Produkte, mit denen man nicht herumexperimentieren kann, indem Bezeichnungen eingeführt werden, die nicht eindeutig sind. Genau das haben wir heute getan, und das ist eine falsche Entscheidung.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE).(SK) Der Beitritt der Slowakei zur Europäischen Union machte die Änderung der Bezeichnung von Alkohol und Spirituosen erforderlich. Die Erzeuger waren nicht sonderlich begeistert, aber sie erfüllten die notwendigen Änderungsvorgaben diszipliniert. Aus dem „Rum“, den sie herstellten, wurde „Um“. Um die Bezeichnung „Rum“ beibehalten zu können, hätte er forthin aus Zuckerrohr produziert werden müssen. Aus wirtschaftlichen Gründen zogen es die Hersteller jedoch vor, dem aus Getreide und Zuckerrübensirup gewonnenen Alkohol die Treue zu halten. Dies ist einer der Gründe, weshalb wir in der Slowakei nicht „Rum“, sondern „Um“ trinken. Bei Letzterem handelt es sich um eine Spirituose mit einem bestimmten Rumaroma, die die Menschen aufgrund ihres Geschmacks konsumieren, der sich über Generationen herausgeprägt und seit dem EU-Beitritt nicht verändert hat.

Aus diesem Grund habe ich Verständnis für meine Kolleginnen und Kollegen aus Polen, Schweden, Finnland, Estland, Lettland und Litauen. Deshalb habe ich auch den Änderungsantrag unterstützt und unterzeichnet, der eine strenge Definition für Wodka vorsieht, der ausschließlich aus Getreide, Kartoffeln und eventuell Zuckerrübenmelasse als einzigen akzeptablen Inhaltsstoffen hergestellt wird. Nach meinem Dafürhalten ist der Schnellhardt-Kompromiss inakzeptabel, da er zwar nicht die Etikettierung von aus Getreide, Kartoffeln oder Zuckerrübenmelasse hergestellten Wodkas ändern würde, aber auf Produkte angewendet werden könnte, die aus anderen Rohstoffen hergestellt werden und dann als „Wodka aus ...“ gefolgt vom Namen des ursprünglichen Inhaltsstoffes bezeichnet würden.

Eigentlich ist die Sache ganz einfach und EU-Definitionen sollten dies auch sein. Da dieser Änderungsvorschlag nicht angenommen wurde, habe ich mich der Stimme zum Bericht meines Kollegen Horst Schnellhardt enthalten.

 
  
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  Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE). – (LT) Herr Präsident! Ich möchte mich gern zum Bericht Schnellhardt äußern. Ich bin kein Fan von Wodka, und mir liegt nicht daran, das Produkt zu bewerben, aber ich bin der Meinung, dass der heute von uns angenommene Kompromiss sowie auch die Lösung im Hinblick auf die Begriffsbestimmung von Wodka einen Schritt nach vorn bedeuten. Ich habe dafür gestimmt, obgleich mein Heimatland Litauen gern eine wesentlich präzisere Definition gesehen hätte.

Nach meinem Dafürhalten erfüllen die von uns heute angenommenen Lösungen die Hoffnungen der Verbraucher und EU-Wodkahersteller, insbesondere aus unserer Region, nicht zur vollsten Zufriedenheit. Dennoch habe ich mich in dem Verständnis, dass es sich um einen Kompromiss handelt, für den Vorschlag ausgesprochen.

 
  
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  Andreas Mölzer (ITS). – Herr Präsident! Auch ich habe für den Bericht Schnellhardt gestimmt, weil jedes Land – auch meine Heimat Österreich – ihre eigenen, oftmals regionalen Spezialitäten und Spirituosen entwickelt haben.

Die Frage des Jagatees wurde bereits angesprochen. Sie war für uns sehr wichtig, da ich glaube, dass derartige Traditionen auch im Bereich der Spirituosen geradezu zur nationalen Identität eines Landes gehören.

Herstellungsmethoden zu schützen ist auch ein Garant für hochwertige Qualität und natürlich auch ein Garant dafür, dass etablierte Hersteller und Herstellungsmethoden geschützt werden. Dass nunmehr auch der so genannte Wodka-Krieg beendet wurde, war für mich ein weiterer Grund, für diesen Bericht gestimmt zu haben.

 
  
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  Carlos Coelho (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die neue Verordnung über Spirituosen wird für die Definition und die Herstellungsmethoden dieser Art von Getränken mehr Klarheit bringen.

Der Bericht Schnellhardt verbessert den Vorschlag der Kommission, fasst ihn klarer und bezieht Getränke ein, die schwer zu definieren sind, und andere, die im ursprünglichen Vorschlag völlig fehlten.

Wir unterstützen den Bericht, weil er ein umfassendes Dokument ist, in das die beiden, ursprünglich von der Kommission vergessenen portugiesischen Getränke – Madeira Rum und Poncha da Madeira – aufgenommen wurden.

In Bezug auf Wodka wurde für den Änderungsantrag gestimmt, in dem ein Verweis auf die zu seiner Herstellung verwendeten Ausgangsstoffe gefordert wurde, sofern er nicht aus den herkömmlichen Ausgangsstoffen (Kartoffeln, Getreide und Melasse) produziert wird.

Diese Position schien uns am angemessensten zu sein, da die traditionellen Werte und die Originalherstellung von Wodka geschützt werden und weil es im Interesse der Verbraucher liegt, dass eine eindeutige Definition des Produktes, das sie konsumieren, vorliegt.

Zum anderen ist dies eine Vorsichtsmaßnahme, die ausschließt, dass so etwas künftig noch einmal passiert und die Herstellung und Vermarktung beispielsweise eines traditionellen portugiesischen Getränks unterminiert werden.

Auch wenn dieser Änderungsantrag nicht angenommen wurde, haben wir den Bericht unterstützt. Es wurde auch, wenn auch weniger eindeutig, auf den bei der Herstellung von Wodka verwendeten Ausgangsstoff verwiesen.

 
  
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  Edite Estrela (PSE), schriftlich. (PT) Ich habe für den Bericht Schnellhardt über den Vorschlag für eine Verordnung zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen gestimmt, denn meiner Meinung nach darf eine Irreführung des Verbrauchers nicht zugelassen werden. Ich halte es demzufolge für wichtig, dass die Hersteller über die Eigenschaften des Erzeugnisses eindeutig informieren, was zu einer größeren Transparenz auf dem Markt führen wird.

Mit der Annahme einer einzigen Verordnung, in der die beiden bestehenden Verordnungen zusammengefasst werden, sollen die Grundlage für eine fundierte Politik im Bereich Spirituosen geschaffen werden und eine Anpassung der derzeitigen Rechtsvorschriften an die neuen, auch von der Welthandelsorganisation definierten technischen Anforderungen erfolgen.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Die Kommission hat diesen Vorschlag für eine Verordnung angenommen, um die für Spirituosen geltenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft zu aktualisieren und Kriterien für die Anerkennung der neuen geografischen Bezeichnungen festzulegen. Mit dem Vorschlag soll ferner das Ziel erreicht werden, den Verbraucher eindeutig über die Beschaffenheit des Erzeugnisses zu informieren und den Hersteller zu verpflichten, dem Verbraucher alle Angaben bereitzustellen, die notwendig sind, um eine Irreführung zu verhindern.

Dieser Text zwang zu einigen Kompromissen in letzter Minute zwischen den verschiedenen Fraktionen, um einen akzeptablen Vorschlag für eine Verordnung über die Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen zu erreichen.

Im Mittelpunkt stand die Auseinandersetzung darüber, was unter Wodka zu verstehen ist: Einige waren der Meinung, dass dieses Getränk ausschließlich aus Getreide, Kartoffeln und/oder Zuckerrübenmelasse hergestellt werden darf, andere setzten auf die Etikettierung, damit die Verbraucher unterscheiden können, welcher Ausgangsstoff für die Herstellung verwendet wurde.

Was Portugal betrifft, so gibt es meiner Meinung nach keine Probleme mit den Vorschlägen der Verordnung, namentlich in Bezug auf die geografischen Angaben, die verschiedene Brandweine, Tresterbrände, Birnen-Obstbrände, Madeira-Rum, Sandbeerlikör aus der Algarve, Buçaco, portugiesischen Kirschlikör, Likör aus Singeverga, portugiesischen Anis und Madeira-Punsch einschließen.

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. (EN) Ich werde für diesen Bericht stimmen. Ich akzeptiere, dass es notwendig ist, die Vorschriften für Wodka denen für Whisky anzugleichen. Gleichzeitig hoffe ich, dass wir auch künftig nicht die Not jener Kleinerzeuger von „Apfel- und Birnenbrand“ im Vereinigten Königreich aus den Augen verlieren, die in der Vergangenheit diskriminiert wurden.

 
  
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  Françoise Grossetête (PPE-DE), schriftlich. (FR) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, der darauf gerichtet ist, die Anwendbarkeit, Lesbarkeit und Eindeutigkeit der Etikettierung für Spirituosen zu verbessern.

So werden die Spirituosen in Übereinstimmung mit den neuen technischen Anforderungen, insbesondere mit den Regeln und Standards der WTO, gebracht.

Das Ziel besteht darin, den europäischen Erzeugern von Spirituosen zu gestatten, ihre geografischen Ursprungsbezeichnungen auf dem Weltmarkt beizubehalten.

Die Beibehaltung der Bezeichnung „landwirtschaftlicher Rum“ konnte bei den Verhandlungen erreicht werden. Erzeuger und Verbraucher billigten den erzielten Kompromiss vor allem bezüglich der Qualitätskriterien. In den französischen überseeischen Departements gestattet die Bezeichnung „landwirtschaftlicher Rum“, sich von den Wettbewerbern aus Drittländern zu unterscheiden. Die Bezeichnung „landwirtschaftlicher Rum“ für ein Produkt, das ausschließlich aus Zuckerrohrsaft erzeugt wird, ist ein von den Verbrauchern anerkanntes Qualitätssiegel.

Die in der Frage des Wodkas gefundene Lösung ermöglicht es ebenfalls, die Bezeichnung „traditioneller Wodka“ für ein Produkt beizubehalten, das aus Getreide, Kartoffeln oder Melasse hergestellt wurde, ohne die Herstellung aus anderen Agrarerzeugnissen zu verbieten. Im letzteren Falle muss auf der Etikettierung vermerkt sein „Wodka, hergestellt aus…“.

 
  
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  Jens Holm (GUE/NGL), schriftlich. (SV) Ich habe in der heutigen Schlussabstimmung gegen den Bericht Schnellhardt gestimmt. Ausgangspunkt ist die soziale Situation in Europa, wo der Alkoholverbrauch gesenkt werden muss. Die Arbeit für eine bessere öffentliche Gesundheit muss höchste Priorität genießen. In dieser Situation ist es absurd, dass das Europäische Parlament sich mit der Definition von Wodka beschäftigt und damit die Verwendung eines alkoholischen Getränks unterstützt, das in größeren Mengen für die Menschen schädlich ist.

 
  
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  Frédérique Ries (ALDE), schriftlich.(FR) Die Schlacht um den Wodka hat heute Mittag in diesem Saal bei der Abstimmung über die Änderung der Rechtsvorschriften über Spirituosen stattgefunden, bei der das Europäische Parlament zwar Fairness bewies, es aber an Entschlossenheit bei der Verteidigung der kulinarischen und der Weinbautraditionen fehlen ließ.

Fairness deshalb, weil das Europäische Parlament zu Recht der Auffassung war, dass Wodka, eine Spirituose, die traditionell in Polen, Schweden, Finnland und den baltischen Staaten hergestellt wird, den gleichen Rechtsschutz verdient wie andere Spirituosen mit geschützter Ursprungsbezeichnung wie Gin, Whisky oder Cognac.

Dann herrschte Konfusion, insofern als Erzeuger, die Wodka aus anderen Rohstoffen destillieren als aus Kartoffeln oder Getreide (anscheinend gibt es solche Erzeuger in Italien, im Vereinigten Königreich und sogar in Belgien), die Bezeichnung „Wodka“ für ihre Spirituosen beibehalten können, indem sie nur eine kleine Präzisierung auf dem Etikett vornehmen!

Letztlich werden in dieser Angelegenheit nicht die Verbraucher geschädigt, sondern eine gewisse Auffassung vom kulturellen Erbe und den in unseren Regionen und Territorien tief verankerten Ernährungs- und Weinbautraditionen. Europa muss jedoch die Menschen ermutigen, diese Herstellungstraditionen beizubehalten, und darf die lokalen Erzeuger nicht verzweifeln lassen.

 
  
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  Olle Schmidt (ALDE), schriftlich. (SV) Heute hat das Europäische Parlament über die Definition von Wodka abgestimmt. Die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, einschließlich meiner Person, hat vor allem für eine eng gefasste Definition von Wodka gestimmt, der aus der Sicht der Wodka produzierenden Länder ausschließlich Getreide und Kartoffeln enthalten darf. Leider hat sich diese enge Sichtweise nicht durchgesetzt, so dass Wodka zukünftig auch andere Ausgangsstoffe, z. B. Weintrauben, enthalten darf. Ich habe diese Formulierung schließlich akzeptiert, auch wenn sie nicht meine erste Wahl war.

 
  
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  Marek Siwiec (PSE), schriftlich. (PL) Das Europäische Parlament hat am 19. Juni 2007 über den Bericht von Horst Schnellhardt (PPE) abgestimmt, in dem unter anderem vorgeschlagen wird, die seit 1989 geltende, recht ungenaue Definition für Spirituosen zu aktualisieren.

Die jüngste Definition in dem vorliegenden Bericht, die das Europäische Parlament in Zusammenarbeit mit dem Rat anhand eines Vorschlags des deutschen Ratsvorsitzes erarbeitet hat, ist für Länder, die – wie vor allem Polen – als traditionelle europäische Wodkahersteller gelten, von Nachteil. So kann Wodka diesem Vorschlag zufolge nun aus allen landwirtschaftlichen Ausgangsstoffen hergestellt werden, was zur Tradition und Geschichte der Wodkaherstellung wie auch zu den Forderungen Polens und der skandinavischen Länder im Widerspruch steht.

Deshalb habe ich gegen den Kompromiss von Rat und Parlament gestimmt. Gleichzeitig plädiere ich dafür, die Liste der Rohstoffe, aus denen dieses Getränk hergestellt wird, auf Getreide, Kartoffeln und Zuckerrüben zu beschränken.

 
  
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  Catherine Stihler (PSE), schriftlich. (EN) Ich habe mich davon überzeugt, dass sich der erzielte Kompromiss nicht nachteilig auf schottischen Whisky auswirken wird. Deshalb unterstütze ich diesen Bericht.

 
  
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  Andrzej Jan Szejna (PSE), schriftlich. (PL) Ich stimme gegen den Bericht Schnellhardt zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen.

Eine erweiterte Definition für Wodka schadet zweifellos dessen Ansehen, geht damit doch eine reale Gefahr für seine Qualität einher. Wird Wodka auf den Markt gebracht, der nicht aus den üblichen Rohstoffen hergestellt wurde, der aber vom Ruf der aus Getreide und Kartoffeln produzierten Spirituose profitiert, so ist das auch eine Täuschung der Verbraucher, für die die Bezeichnung „Wodka “ für ein anerkanntes, hochwertiges Produkt aus Getreide und Kartoffeln steht.

Die polnische PSE-Delegation hat große Anstrengungen unternommen, um zu erreichen, dass bei der Festlegung der Definition für Spirituosen die Interessen Polens berücksichtigt werden, und sich dafür ausgesprochen, bei der Produktion von Spirituosen auf traditionelle Rezepturen und regionale Herstellungsverfahren zurückzugreifen. Unser Standpunkt erhielt jedoch nicht die Unterstützung der parlamentarischen Mehrheit.

 
  
  

- Bericht Svensson (A6-0157/2007)

 
  
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  Carlos Coelho (PPE-DE), schriftlich. (PT) Es muss ein Instrument geschaffen werden, mit dessen Hilfe es möglich ist, die Regeln für den Handel mit Katzen- und Hundefellen und daraus hergestellten Produkten auf dem Gemeinschaftsmarkt zu vereinheitlichen und ihr Inverkehrbringen, ihre Einfuhr in die Gemeinschaft sowie ihre Ausfuhr aus der Gemeinschaft vollständig zu untersagen.

Diese Forderung gründet nicht nur auf dem ethischen Aspekt, dass diese Tiere als Haustiere gehalten werden, sondern auch auf der Notwendigkeit, den Schutz und die Achtung des Wohls der Tiere auf einem Niveau sicherzustellen, das mit der grausamen Methode, in der diese Tiere gehalten und getötet werden, nicht gewährleistet ist.

Es muss das Vertrauen der Verbraucher und der europäischen Pelzhändler wiederhergestellt werden. Das kann nur mit einem gemeinsamen Rechtsrahmen erreicht werden, in dem die rechtlichen Anforderungen in allen Mitgliedstaaten hinsichtlich des Verbots des Verkaufs und des Vertriebs von Hunde- und Katzenfellen klar geregelt sind und die Hindernisse, die einem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes im Fellsektor im Wege stehen, insgesamt beseitigt werden.

Ich bin mir der weit verbreiteten Sorge der europäischen Bürger in Bezug auf diesen rechtswidrigen und unmoralischen Handel bewusst und vertrete daher die Auffassung, dass die Annahme eines konkreten Maßnahmenpakets in diesem Bereich durch die Union die Bürgernähe der europäischen Institutionen stärken wird.

 
  
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  Edite Estrela (PSE), schriftlich. (PT) Ich habe für den Bericht Svensson gestimmt, weil ich der Meinung bin, dass wir durch die Annahme eines Maßnahmenpakets, das die Nutzung von Hunde- und Katzenfellen untersagt, einen Beitrag leisten, um mit diesem zutiefst inhumanen Handel Schluss zu machen.

Darüber hinaus halte ich es für wesentlich, auf Gemeinschaftsebene Analysemethoden zu entwickeln, die eine wirksame Kontrolle der Herkunft der Hunde- und Katzenfelle ermöglichen, sowie die Ein- und Ausfuhr dieser Felle in den bzw. aus dem europäischen Markt zu verbieten. Deshalb machen Ausnahmeregelungen für deren Vermarktung keinen Sinn.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Im Ergebnis zahlreicher Petitionen und der geäußerten Besorgnisse wird in dieser Verordnung ein Verbot des Inverkehrbringens sowie der Ein- und Ausfuhr von Katzen- und Hundefellen sowie von Produkten, die solche Felle enthalten, in die Gemeinschaft bzw. aus ihr heraus vorgeschlagen. Durch das Verbot würden die unterschiedlichen Maßnahmen ersetzt, die die Mitgliedstaaten anwenden, um die Herstellung von Katzen- und Hundefellen bzw. den Handel mit diesen Fellen zu verbieten. Mit dem Vorschlag soll weiter sichergestellt werden, dass Informationen über neue Methoden, mit denen festgestellt werden kann, ob es sich um Katzen- oder Hundefell und nicht um andere Fellarten handelt, der Kommission zur Verfügung gestellt und zwischen den Mitgliedstaaten ausgetauscht werden.

Die Berichterstatterin unterstützt diesen Vorschlag nachdrücklich, unterstreicht jedoch, dass alle rechtlichen Schlupflöcher, die geeignet sind, das Einfuhr- und Handelsverbot zu unterlaufen, beseitigt werden müssen, die Zollkontrollen zu verschärfen sind und strengere administrative – und gegebenenfalls auch strafrechtliche – Sanktionen der Mitgliedstaaten vorgesehen werden müssen, um einen Rahmen entstehen zu lassen, der tatsächlich eine abschreckende Wirkung hat und mit dem dieser schändliche und illegale Handel beendet werden kann.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. Ich stimme für ein Ein- und Ausfuhrverbot von Katzen- und Hundefellen (und von Produkten, die diese Felle enthalten) in die und aus der EU ab dem 31. Dezember 2008. Besonders wichtig ist hier, dass keine Ausnahmen zugelassen werden und die Verordnung nicht zur Förderung des Pelzhandels beiträgt.

Die Idee der Kennzeichnungspflicht lehne ich als zu kostenaufwendig und nicht ausreichend ab.

Auch stimme ich für konkrete Strafmaßnahmen, wie z.B. Beschlagnahmungen oder Lizenzentzug und hoffe, dass die Mitgliedstaaten diese Sanktionen festlegen und ihre Durchführung sicherstellen werden. Über die Durchführung der Verordnung soll ein regelmäßiger Austausch stattfinden.

 
  
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  Catherine Stihler (PSE), schriftlich. (EN) Ein Verbot der Einfuhr von Katzen- und Hundefellen in die EU muss vollständig umgesetzt werden. Deshalb kann ich die von der Kommission vorgeschlagenen Ausnahmen nicht befürworten, aber ich unterstütze den Bericht ohne jede Einschränkung.

 
  
  

- Bericht Hökmark (A6-0193/2007)

 
  
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  Liam Aylward, Brian Crowley, Seán Ó Neachtain und Eoin Ryan (UEN), schriftlich. (EN) Wir begrüßen den Bericht Hökmark zur Breitbandpolitik. Wir haben die Änderungsanträge unterstützt, die die öffentlichen Stellen auffordern, alles zu tun, um zu gewährleisten, dass alle Bürger Zugang zu Breitbandangeboten haben. Die Vorzüge von Breitbandangeboten müssen auf alle Teile der europäischen Bevölkerung ausgedehnt werden, einschließlich Irland. Unseres Erachtens kommt öffentlichen Stellen eine entscheidende Bedeutung bei der Gewährleistung und beschleunigten Bereitstellung von Breitbandnetzen in wirtschaftlich weniger entwickelten Regionen zu, wo es schwieriger ist, eine IKT-Infrastruktur zu schaffen, die bezahlbar ist und einen ausreichenden Standard für die notwendigen Dienste aufweist, und zwar vor allem in ländlichen Gebieten. Zugang zu Breitbandangeboten ist eine wesentliche Voraussetzung für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung und den sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt sowie für die Verbesserung öffentlicher Dienste. Die Vorzüge von Breitbandanwendungen sollten nicht einigen wenigen vorbehalten sein, und eine Ausgrenzung in diesem Bereich sollte unbedingt vermieden werden.

 
  
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  Bernadette Bourzai (PSE), schriftlich.(FR) Ich bedaure, dass der Bericht Hökmark die zahlreichen Anregungen des Ausschusses für Regionalentwicklung; dessen Stellungnahme ich verfasst habe, nicht aufgegriffen hat.

Damit schob er das ursprüngliche Anliegen der Europäischen Kommission, dass nämlich „ungeachtet der allgemeinen Zunahme der Breitbandanschlüsse der Zugang in abgelegeneren und ländlicheren Regionen wegen der hohen Kosten aufgrund der niedrigen Bevölkerungsdichte und der Abgeschiedenheit eingeschränkt ist“, und die Suche nach entsprechenden Lösungen in den Hintergrund.

Unbestreitbar kommt es in bestimmten Gebieten der EU – d. h. in abgelegenen und ländlichen Gebiete und neuen Mitgliedstaaten – zu einem Marktversagen, das die Intervention staatlicher Stellen und vor allem der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften über die Strukturfonds erfordert. Ich habe solche Erfahrungen mit dem Projekt DORSAL im Limousin gemacht. Daher bin ich erfreut über die Annahme der beiden sozialdemokratischen Änderungsvorschläge, die wieder größere Realitätsnähe herstellen, denn gerade in den abgelegenen Regionen sind die IKT besonders notwendig und nützlich, da sie es ermöglichen, durch die Erleichterung der Beziehungen zwischen Nutzern und Dienstleistern – Kunden und Anbietern – sowie zwischen Bürgern und staatlichen Institutionen Entfernungen zu überwinden, die Kosten der Dienstleistungen zu reduzieren und die Fristen für deren Erbringung zu verkürzen.

 
  
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  Brigitte Douay (PSE), schriftlich.(FR) Ich habe für den Bericht Hökmark über die Entwicklung einer europäischen Breitbandpolitik gestimmt, denn die Initiativen für die Förderung des Zugangs aller zum Internet und ganz allgemein zum Wissen müssen unbedingt unterstützt werden.

Gemäß den Zielen von Lissabon kommt es darauf an, die Informationstechnologien zu entwickeln, darunter auch die Breitbandtechnologie. Wenngleich der Zugang zu den neuen Technologien in den entlegensten Regionen ein Ziel ist, dem sich die Europäische Union widmen muss, sind doch auch die nach wie vor bestehenden Unterschiede hinsichtlich der neuen Technologien innerhalb ein und derselben Region berücksichtigen. Es gibt noch immer zahlreiche Dörfer, die aufgrund ihrer großen Entfernung von den städtischen Zentren über keinen Internetzugang verfügen bzw. über einen zu langsamen Zugang, der keine zufrieden stellenden Verbindungen ermöglicht, während die jeweilige Region, zu der diese Dörfer gehören, insgesamt gut ausgestattet ist.

Im Interesse eines besseren Zusammenhalts müssten diese innerregionalen Unterschiede ebenfalls besser berücksichtigt werden, um die digitale Kluft zu beseitigen.

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. (SV) Der Berichterstatter verwendet in seiner Begründung des Berichts zwei einander widersprechende Argumente. Einerseits verweist er darauf, dass es nicht Aufgabe der Union sei, den Ausbau der Breitbandverbindungen zu finanzieren. Andererseits erklärt er, die Maßnahmen der Europäischen Union müssten eine Beschleunigung der Innovationen unterstützen, um Europa weltweit zum dynamischsten Markt zu machen.

Eine Breitbandpolitik auf Gemeinschaftsebene mit öffentlichen Mitteln zu verfolgen, ist an sich unhaltbar. Was geschieht, wenn diese Politik scheitert, wie das bei der Lissabon-Strategie der Fall war?

Nach Ansicht der Juniliste ist der Ausbau des Breitbandnetzes in erster Linie eine Aufgabe des Marktes. Die Marktakteure müssen durch technische Entwicklung im Rahmen des freien Wettbewerbs für eine Nachfrage nach ihren Diensten sorgen. Ferner ist die Juniliste der Auffassung, dass politische Zielsetzungen auf diesem Gebiet auf nationaler Ebene im Rahmen des institutionellen Wettbewerbs formuliert und erfüllt werden sollten, um konstruktive Lösungen zur Stimulierung des Breitbandausbaus zu finden.

Aus diesen Gründen stimmt die Juniliste daher gegen den Bericht in seiner Gesamtheit.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Wir begrüßen die Annahme unseres Änderungsantrages, indem wir der Auffassung sind, dass „ein allgemeiner Zugang zum Breitband eine wesentliche Voraussetzung für die soziale Entwicklung und bessere öffentliche Dienstleistungen ist und dass die öffentlichen Behörden alle Anstrengungen unternehmen sollten, um sicherzustellen, dass sämtliche Bürger einen Zugang zum Breitband haben, und somit zu ermöglichen, dass alle Teile der Bevölkerung von seinem Nutzen profitieren können, insbesondere in den weniger entwickelten Gebieten der Union“. Wir bedauern jedoch die Ablehnung unserer Änderungsanträge, die wie folgt lauten:

- „unter Hinweis darauf, dass es in mehreren Regionen in äußerster Randlage, deren Teile weit voneinander entfernt liegen, Gebietsteile gibt, die noch keinen Zugang zu wesentlichen IKT-Infrastrukturen, wie Breitband-Verbindungen zum Internet, haben, was beispielsweise bei den westlichen Inseln der Azoren (Flores und Corvo) der Fall ist, sodass hier eine weitere Benachteiligung gegeben ist, die zu den Beschränkungen infolge der extremen Randlage hinzukommt“;

- und „ist der Auffassung, dass die zwischen den Regionen in äußerster Randlage bestehenden Unterschiede berücksichtigt werden müssen, beispielsweise die Beschränkung, die, wie im Fall der Azoren und der Kanarischen Inseln, in der großen Entfernung zwischen den Gebietsteilen besteht, und dass demnach im gesamten Gebiet der jeweiligen Region allen Bewohnern der Anspruch auf Zugang zu wesentlichen IKT-Infrastrukturen, wie Breitband-Verbindungen zum Internet, garantiert werden muss“.

 
  
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  Bogusław Liberadzki (PSE), schriftlich. (PL) Ich stimme für den Bericht von Gunnar Hökmark über eine europäische Breitbandpolitik (2006/2273(INI)).

Wie der Berichterstatter richtig hervorhebt, können Breitbandinternetverbindungen zu einem fortschrittlicheren und für alle zugänglichen Gesundheitssystem beitragen und den Zugang zu beruflicher Bildung und Verwaltungsdienstleistungen verbessern. Die 500 Millionen europäischen Breitbandnutzer werden Europa in die Lage versetzen, sich zu einer weltweit führenden wissensbasierten Volkswirtschaft zu entwickeln. Die an die Mitgliedstaaten gerichtete Aufforderung, in jeder Schule, Universität und Bildungseinrichtung Breitbandanschlüsse einzurichten, findet meine uneingeschränkte Unterstützung.

Die Verbesserung der Breitbandinfrastruktur sollte meiner Ansicht nach Vorrang haben, und hierfür sollten auch beträchtliche Mittel bereitgestellt werden. Ich bin außerdem der Meinung, dass die EU-Mittel für die Erneuerung oder die Ersetzung von Breitbandnetzen verwendet werden sollten, die nicht über Verbindungen mit hinreichender funktionaler Leistungsfähigkeit verfügen.

 
  
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  Margie Sudre (PPE-DE), schriftlich.(FR) Die Dynamik der regionalen Wirtschaften hängt in starkem Maße vom Entwicklungsstand der Informations- und Kommunikationstechnologien, darunter dem Hochleistungs-Internetzugang über Breitbandverbindungen, ab.

Der Europäischen Union kommt unbestreitbar eine wesentliche Rolle bei der Unterstützung des Kampfes gegen die „digitale Kluft“ in ihren Mitgliedstaaten und Regionen zu, um den Graben zu verringern, der zwischen Einzelpersonen, Unternehmen und Regionen hinsichtlich des Zugangs zur Wissensgesellschaft besteht. Die staatlichen Beihilfen im Rahmen öffentlich-privater Partnerschaften müssen vorrangig auf die schlecht angebundenen Regionen ausgerichtet werden.

Durch drahtlose Verbindungen sowie mobile und satellitengestützte Kommunikation lässt sich die Breitbandtechnik in Regionen bringen, die schon immer von den Festnetzen ausgeschlossen sind, und so interessante und preiswerte Lösungen für die Bevölkerung in abgelegenen und schwer zugänglichen Gebieten wie Insel- und Bergregionen sowie selbstverständlich Regionen in äußerster Randlage anbieten.

In den Regionen in äußerster Randlage ist der Nutzen dieser Technologien noch größer als anderswo, denn sie ermöglichen es, Entfernungen zu überwinden, die Kosten zu reduzieren und Fristen zu verkürzen und so die Beziehungen der Nutzer zu ihren Dienstleistern, der Kunden zu ihren Anbietern oder auch der Bürger zu den staatlichen Behörden erleichtern.

 
  
  

- Bericht Quisthoudt-Rowohl (A6-0206/2007)

 
  
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  Andreas Mölzer (ITS). – Herr Präsident! Wir haben uns beim Bericht Quisthoudt-Rowohl der Stimme enthalten, obwohl es natürlich zu begrüßen ist, wenn der gegenseitige Handel zwischen Russland und der Europäischen Union im Vorjahr um 20 % gewachsen ist und einzelne Mitgliedstaaten etwa im Bereich von Öl und Gas enger mit Russland kooperieren. Es sollte generell eine Verbesserung der Zusammenarbeit angestrebt werden, wobei wir unser gegenseitiges Hauptaugenmerk auf die Lösung der Frage des Fleischembargos legen müssen. Vor allem gilt es, die russischen Vorwürfe mangelnder Qualität bzw. des Fleischschmuggels umgehend zu entkräften, um die Voraussetzungen für Verhandlungen hinsichtlich des zum Jahresende auslaufenden Vertrags über eine strategische Partnerschaft zu schaffen.

Energielieferungen werden ja, wie uns spätestens seit dem russisch-ukrainischen Konflikt klar sein sollte, als strategische und politische Waffe eingesetzt. Diesbezüglich werden wir uns bereits jetzt als Europäer eine einheitliche Linie und Strategieplanung überlegen müssen, um Russland auch mit einer klaren Position Paroli bieten zu können für den absehbaren Fall, dass sich derartige Dinge wiederholen. Dabei sollten wir aber nicht vergessen, dass unsere Abhängigkeit wechselseitig ist und dass es unser Ziel sein muss, eine tragfähige Achse zwischen Europa und Russland zu bilden, die meines Erachtens nicht nur für die Handelsbeziehungen gelten sollte.

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. (EN) Meines Erachtens sollten sämtliche Breitbandbetreiber einer Gemeinwohlverpflichtung unterliegen. Als jemand, der in einem Dorf in Gloucestershire wohnt, das erst in den letzten 12 Monaten an das Breitbandnetz angeschlossen wurde, kenne ich die wirtschaftlichen Konsequenzen der Ausgrenzung. Ich akzeptiere, dass zunächst die dichter besiedelten und zugänglicheren Regionen an das Breitbandnetz angeschlossen werden, aber der Ausbau des Netzes muss fortgesetzt werden, bis über 99 % der Bevölkerung versorgt sind. Es darf nicht zugelassen werden, dass sich die Dienstanbieter die Rosinen herauspicken und Randregionen und deren Wirtschaft unweigerlich das Nachsehen haben. Ich werde für diesen Bericht stimmen, da er einen großen Schritt in die richtige Richtung darstellt, auch wenn er das Ziel aus meiner Sicht nicht ganz erreicht.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Der Bericht spiegelt die gegenwärtigen interkapitalistischen Widersprüche zwischen den Großmächten EU und Russland wider. Im Text wird das Vorgehen gegenüber Russland dargelegt (womit sich zeigt, dass es sich um nichts anderes als einen Leitfaden der neoliberalen Politik handelt), mit dem Russland veranlasst werden soll, sich den Interessen und Bestrebungen der großen Finanz- und Wirtschaftskonzerne der EU zu fügen.

Sehen wir uns nur die Kritik an der „vor kurzem in der Russischen Föderation auf den Weg gebrachten Gesetzesvorlage [an], wonach die Regierung ausländische Angebote für Mehrheitsbeteiligungen an russischen Unternehmen zurückweisen und somit eine ausländische Beteiligung von mehr als 49 % an Unternehmen, die in 39 strategisch wichtigen Sektoren tätig sind, untersagen darf“. Die Mehrheit des EP „stellt die Gesetzesvorlage sowie die Auswahl und die wachsende Zahl von Wirtschaftszweigen in Frage, die als strategisch wichtig und grundlegend für die nationale Sicherheit [Russlands] eingestuft wurden“.

Da die eigentlichen Absichten vielleicht zu deutlich dargelegt worden wären, wurde der folgende Absatz gestrichen, „ist der Ansicht, dass dies keinen Fortschritt im Sinn einer Verbesserung des Investitionsklimas darstellt und grundlegende Fragen im Hinblick auf die Rolle des Staates in einer Marktwirtschaft und den Wettbewerb in Schlüsselsektoren der Wirtschaft aufwirft; vertritt die Auffassung, dass die Eigentumsverhältnisse in Bezug auf Kapitalgesellschaften in Russland ebenso wie in anderen Staaten eine Angelegenheit sind, die am besten der Markt regelt“.

Muss noch mehr gesagt werden?

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die Bedeutung Russlands für die EU ergibt sich aus einer Verknüpfung von Faktoren wie Geografie, Größe, strategische Lage, Bedeutung bei der Energieversorgung – vor allem als Alternative zu den Energiequellen im Nahen Osten –, den Erinnerungen, die in den meisten der Mitgliedstaaten, die seit den letzten beiden Erweiterungsrunden zur EU gehören, noch ganz frisch sind, den Handel und natürlich die Rolle Russlands in den internationalen Beziehungen. Aufgrund all dieser Faktoren ist Realismus gefordert. Realismus darf jedoch nicht mit Leugnung der Schwierigkeiten oder des Nichtvorhandenseins eines Wertesystems verwechselt werden. Das Russland von heute ist trotz einiger wichtiger Verbesserungen in verschiedenen Bereichen weit davon entfernt, eine freie und offene, die Menschenrechte umfassend achtende Demokratie zu sein.

Ich begrüße deshalb das Maß, in dem die EU auf dem letzten EU-Russland-Gipfel fähig war, mit einer Stimme zu sprechen und dass es ihr gelungen ist, zahlreiche Besorgnisse und Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten anzusprechen. Auch wenn die erzielten Ergebnisse nicht als ideal bezeichnet werden können, so ist ein Ansatz wie dieser, der die vielfältigen europäischen Interessen anerkennt und sie vertritt, und der seinem Wertesystem treu bleibt, vorzuziehen.

 
  
  

- Bericht Ferreira (A6-0176/2007)

 
  
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  Eoin Ryan (UEN). – (EN) Herr Präsident! Die heutige Abstimmung über den Bericht Ferreira ist ein erneuter Ausdruck der gnadenlosen Attacke gegen europäische Länder mit niedrigen Körperschaftssteuern. Die Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage bedeutet, dass die Finanzministerien der größeren EU-Mitgliedstaaten auf Kosten anderer größere Körperschaftssteuereinnahmen verbuchen können. Selbst wenn sich acht oder mehr Länder auf eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage einigen würden, hätte das zur Folge, dass bestehende bilaterale Steuerabkommen mit Mitgliedstaaten, die sich für eine Teilnahme an einem CCCTB-System entscheiden, ihre Gültigkeit verlieren würden.

Einige Mitgliedstaaten setzen sich bereits dafür ein, dass die Körperschaftssteuer in dem Land zu zahlen ist, in dem die entsprechenden Produkte verkauft werden. Aus irischer Sicht wäre das eine sehr unerfreuliche Aussicht, da viele der Großunternehmen in Irland nur Produkte herstellen oder Dienstleistungen anbieten, die in den größeren EU-Mitgliedstaaten verkauft werden. Gerade nach den sehr feindseligen und negativen Äußerungen des deutschen Finanzministers sollte sich jeder darüber im Klaren sein, dass Irland und andere Länder mit niedriger Körperschaftssteuer ein realer Kampf um deren Erhaltung ins Haus steht, die für eine hohe Erwerbsquote und niedrige Arbeitslosigkeit gesorgt und einen wichtigen Beitrag zu einer erfolgreichen Wirtschaft geleistet hat.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Ich habe mich gegen den Bericht von Frau Ferreira ausgesprochen, weil die Berichterstatterin in Ziffer 13 die EU-weite Festlegung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (CCCTB) vorschlägt. Die Konsolidierung der Bemessungsgrundlage stellt in meinen Augen einen ersten Schritt in Richtung der Harmonisierung der Körperschaftssteuer dar. Dieser Ansatz würde sich aufgrund der Verminderung des Wettbewerbsdrucks, dem die einzelnen Mitgliedstaaten ausgesetzt sind, negativ auswirken.

Meiner Ansicht nach ist der steuerliche Wettbewerb jedoch geradezu notwendig, da er die Staaten dazu zwingt, notwendige Reformen durchzuführen. Mein Heimatland, die Slowakei, erfährt dank zahlreicher, vom früheren Premierminister Mikuláš Dzurinda durchgeführten Reformen gerade einen wirtschaftlichen Aufschwung. Die Slowakei ist ein Beispiel dafür, wie einfache, transparent gestaltete und neutrale Regeln höhere Staatseinkünfte bringen können. Darüber hinaus hängt das Steueraufkommen nicht ausschließlich vom Steuersatz ab, sondern in erster Linie von einer breiten steuerlichen Bemessungsgrundlage und der Zahl der Befreiungen, Beihilfen, Sonderregelungen usw. Aus diesem Grund wende ich mich entschieden gegen jedwede Harmonisierungsbestrebungen im Hinblick auf die Körperschaftssteuer.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Im Allgemeinen nutzt das Parlament die sektorbezogenen Jahresberichte – in diesem Fall den Bericht über die Wettbewerbspolitik 2005 – um seine maximalistischen Positionen zu präsentieren. In diesem Fall tut das Parlament das in Bezug auf die Liberalisierung des Energiesektors bis zum 1. Juli 2007, in Bezug auf die Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung (mit einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage) und in Bezug auf die Verringerung und Eindämmung der staatlichen Beihilfen, was ein herausragendes Merkmal der Wettbewerbspolitik der EU ist. Unbedingt sollen auch die Wettbewerbsregeln geändert werden, wenn sie der Konzentration und Zentralisierung des Kapitals im Wege stehen. Das alles geschieht im Namen der neoliberalen Lissabon-Agenda. Deshalb stimmen wir dagegen.

Es gibt jedoch zwei Punkte, die besonders hervorgehoben werden sollten. Erstens bekräftigen wir unsere ablehnende Haltung gegenüber Veränderungen der bisherigen Strategie bei Unternehmensfusionen und den Auswirkungen auf den Wettbewerb. Mit diesen Veränderungen werden immer größere europäische multinationale Konzerne angestrebt, die weltweit konkurrieren sollen. Stattdessen sollte man lieber die Auswirkungen der Unternehmenskonzentration auf die einzelnen nationalen Märkte analysieren, denn die „Monopole“ und die staatlichen Behörden werden ja zugleich weiter kritisiert. Übrigens hat sich die Zahl der Übernahmen und Zusammenschlüsse seit 2003 verdreifacht. Zweitens ist festzustellen, dass versucht worden ist, die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Dienstleistungen von allgemeinem Interesse durch die Hintertür durchzusetzen.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE), schriftlich. (EN) Ich habe gegen Ziffer 13 sowie den gesamten Bericht über die Wettbewerbspolitik 2005 gestimmt. Ich lehne die Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage ab, weil ich glaube, dass dies ein erster Schritt in Richtung Steuerharmonisierung wäre.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Die Wettbewerbspolitik der Union ist in einer offenen Markwirtschaft von größter Bedeutung.

Maßnahmen im Bereich des fairen Handels von Waren und Dienstleistungen sind extrem wichtig, damit wir aus der Öffnung der Märkte größtmöglichen Nutzen ziehen – von niedrigeren Preisen und besserer Qualität über eine größere Auswahl für die Verbraucher bis hin zur wichtigen Entwicklung technologischer Neuerungen.

Wir haben heute für die Förderung einer umfangreicheren Klarstellung der Wettbewerbsregeln und die Stärkung der Rechtssicherheit gestimmt, damit sämtliche getroffenen Maßnahmen zur Verbesserung von Effizienz, Transparenz und Kohärenz dieser Politik möglichst nutzbringend eingesetzt werden können. Mit dem jetzigen Ansatz soll über eine rein formale Sichtweise in Bezug auf die Wettbewerbsregeln hinausgegangen werden, um uns zu befähigen, die tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen bestimmter Vorgehensweisen oder struktureller Veränderungen der Unternehmen besser zu bewerten. Darüber hinaus ist die Dezentralisierung eine weitere begrüßenswerte Tendenz. Ich habe deshalb für den Bericht Ferreira gestimmt.

 
  
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  Peter Skinner (PSE), schriftlich. (EN) Nach Ansicht der Labour Party im Europäischen Parlament EPLP verfolgt die Berichterstatterin generell einen richtigen Ansatz. Doch in der Frage der gemeinsamen konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage bleibt die EPLP bei ihrem seit langem vertretenen Standpunkt, dass dies eine Angelegenheit der nationalen Souveränität ist. Deshalb haben wir gegen den zweiten Teil von Ziffer 13 gestimmt.

 
  
  

- Bericht Wallis (A6-0203/2007)

 
  
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  Godfrey Bloom (IND/DEM), schriftlich. (EN) Die UKIP lehnt es aus einer Reihe von Gründen ab, die aus der Untersuchung der Equitable-Life-Affäre resultierenden Empfehlungen zu unterstützen. Diese Empfehlungen laufen im Wesentlichen auf eine Gemeinsame Ordnungspolitik ähnlich der Gemeinsamen Agrar- und der Gemeinsamen Fischereipolitik hinaus, die sich als katastrophal erwiesen haben.

Und wieso sollen die Steuerzahler Versicherungsnehmer von Equitable Life entschädigen, aber nicht die der National Provident Institution oder von gescheiterten institutionellen Rentenversicherungen, deren Fall weniger überzeugend ist?

 
  
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  Michael Cashman und Peter Skinner (PSE), schriftlich. (EN) Die EPLP hat die Einsetzung dieses Ausschusses unterstützt, weil sie glaubt, dass das Parlament damit zur Klärung sowie dazu beitragen kann, dass Lehren aus der Equitable-Life-Krise gezogen werden und die Opfer ein Mitspracherecht erhalten. Einige der Fakten der Krise sowie der Folgeereignisse sind im Bericht nicht erfasst, so dass das Endergebnis nicht ausgewogen ist. Außerdem wurde der Bericht von den Oppositionsparteien benutzt, um die Labour-Regierung zu attackieren, während bei den Versicherungsnehmern gleichzeitig falsche Erwartungen geweckt wurden.

Bei der Abstimmung geht es um die Empfehlung, die Erkenntnisse des Berichts anzunehmen und nicht den Bericht selbst, wobei es nach der Abstimmung im Ausschuss keine Gelegenheit gab, den Text zu ändern oder zu verbessern. Deshalb enthält sich die EPLP bei dieser Abstimmung der Stimme.

 
  
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  Derek Roland Clark (IND/DEM), schriftlich. (EN) Die UKIP lehnt es aus einer Reihe von Gründen ab, die aus der Untersuchung der Equitable-Life-Affäre resultierenden Empfehlungen zu unterstützen. Diese Empfehlungen laufen im Wesentlichen auf eine Gemeinsame Ordnungspolitik ähnlich der Gemeinsamen Agrar- und der Gemeinsamen Fischereipolitik hinaus, die sich als katastrophal erwiesen haben.

Und wieso sollen die Steuerzahler Versicherungsnehmer von Equitable Life entschädigen, aber nicht die der National Provident Institution oder von gescheiterten institutionellen Rentenversicherungen, deren Fall weniger überzeugend ist?

 
  
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  Bert Doorn (PPE-DE), schriftlich. (NL) Als Mitglied des Untersuchungsausschusses habe ich mich mit den Qualitätsaspekten der Rechtsetzung befasst.

Der Untersuchungsausschuss ist zu dem Schluss gelangt, dass die Kommission zwar die formale Umsetzung überwacht, die Durchführung jedoch nicht ausreichend kontrolliert. Werden die Rechtsvorschriften ordnungsgemäß umgesetzt und werden sie so umgesetzt, dass ihre Durchführung den Zielen des EU-Rechts entspricht?

Wir als Europaabgeordnete müssen ebenfalls ein weitaus wachsameres Auge darauf haben, was mit den in diesem Parlament verabschiedeten Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten geschieht. Meiner Ansicht nach muss der verantwortliche Berichterstatter im Auge behalten, was in den Mitgliedstaaten in der Folge getan wird. Der Berichterstatter muss Alarm schlagen, wenn etwas verkehrt läuft und erforderlichenfalls die Kommission mobilisieren. Ich würde auch für die Einschaltung der nationalen Parlamente plädieren.

Die strukturierte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der nationalen Aufsichtsbehörden lässt sehr zu wünschen übrig. Davon tangiert ist nicht nur die Aufsicht im Bereich der Finanzmärkte, sondern ebenso die Aufsicht in allen möglichen anderen Bereichen. In den Mitgliedstaaten nimmt die Zahl der unabhängigen Aufsichtsbehörden zu. Die große Frage ist: wer führt die Aufsicht über diese Aufsichtsbehörden? Und wer beaufsichtigt die Qualität der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden? Fällt hier der Europäischen Kommission nicht eine maßgebliche Rolle zu?

 
  
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  Glyn Ford (PSE), schriftlich. (EN) Ich werde mich bei diesem Bericht der Stimme enthalten. Als der Untersuchungsausschuss gebildet wurde, dachte ich, dies sei eine gute Gelegenheit, um wichtige Lehren aus dem Beinahe-Zusammenbruch von Equitable Life zu ziehen und die Opfer über die Vorgänge aufzuklären. Das Problem besteht darin, dass der Bericht sowohl wegen seiner Unterlassungs- als auch seiner begangenen Sünden enttäuscht. Er weckt bei den Versicherungsnehmern falsche Hoffnungen und Erwartungen, und er wurde in unverfrorener Weise benutzt, um die Regierung politisch zu attackieren. Ich kann es im Falle eines Untersuchungsausschusses, bei dem keine von unserer Geschäftsordnung vorgesehene Möglichkeit besteht, Änderungsanträge einzureichen, nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, für den Bericht zu stimmen.

 
  
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  Jeffrey Titford (IND/DEM), schriftlich. (EN) Die UKIP lehnt es aus einer Reihe von Gründen ab, die aus der Untersuchung der Equitable-Life-Affäre resultierenden Empfehlungen zu unterstützen. Diese Empfehlungen laufen im Wesentlichen auf eine Gemeinsame Ordnungspolitik ähnlich der Gemeinsamen Agrar- und der Gemeinsamen Fischereipolitik hinaus, die sich als katastrophal erwiesen haben.

Und wieso sollen die Steuerzahler Versicherungsnehmer von Equitable Life entschädigen, aber nicht die der National Provident Institution oder von gescheiterten institutionellen Rentenversicherungen, deren Fall weniger überzeugend ist?

 
  
  

- Bericht Panayotopoulos-Cassiotou (A6-0209/2007)

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE), Berichterstatterin. (EL) Herr Präsident! Ich möchte meine Ablehnung der Änderungsanträge 7 und 8 unterstreichen. Die Abstimmung wurde nicht überprüft, und ich möchte meinen Widerstand zum Ausdruck bringen, weil ihr Inhalt an der Sache vorbeigeht. Sie beziehen sich auf das Subsidiaritätsprinzip, und nach meiner persönlichen Auffassung wird der Gleichbehandlungsgrundsatz durch den Hinweis auf Ausnahmen geschwächt.

Ich hoffe, dass der Bericht ein gutes Ergebnis erhält und allen ohne Ausnahme hilft.

 
  
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  Alexander Lambsdorff (ALDE). – Herr Präsident! Für die Abgeordneten der Freien Demokratischen Partei erkläre ich, dass das Thema des Berichts von Frau Panayotopoulos-Cassiotou, nämlich Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familienleben und Studienzeiten, sehr wichtig ist. Wir haben an der Abstimmung teilgenommen, um den Kollegen, die daran gearbeitet haben, hier unsere Solidarität auszudrücken.

Nichtsdestotrotz halte ich für meine Kollegen fest, dass wir der Meinung sind, dass es sich hierbei um ein Thema handelt, das ausschließlich auf der nationalen Ebene zu behandeln ist, und nicht um eine Materie, mit der sich die Europäische Union befassen sollte. Dementsprechend sollte dieses Parlament diesen Bericht zum Anlass nehmen, um strenger zu überprüfen, für welche Themenfelder wir zuständig sind und welche wir besser den Nationalstaaten zur Behandlung überlassen.

 
  
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  Jan Andersson, Göran Färm, Anna Hedh, Inger Segelström und Åsa Westlund (PSE), schriftlich. (SV) Das Bildungsniveau der Menschen ist von entscheidender Bedeutung für die eigene persönliche Entwicklung sowie Europas Wachstum und Innovationsfähigkeit. Die Möglichkeit für Studenten, eine Familie zu gründen, ist vom Standpunkt der Gleichstellung aus außerordentlich wichtig. Daher müssen die EU-Mitgliedstaaten sich stärker engagieren und Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Menschen studieren und gleichzeitig eine Familie gründen können. Vor diesem Hintergrund haben wir für den Bericht gestimmt, obwohl die meisten darin behandelten Themen in die nationale, regionale und lokale und nicht in die europäische Zuständigkeit fallen.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) In diesem Bericht wird besonders herausgestellt, wie wichtig es ist, dass alle jungen Menschen, Männer wie Frauen, eine den neuen Anforderungen des Marktes angepasste qualitativ hochwertige Bildung und Ausbildung erhalten und ihre Kenntnisse ständig auf dem neuesten Stand halten, so dass sie in die Lage versetzt werden, ins Berufsleben einzutreten und dort auch ständig voranzukommen.

Da der Bildungsstand von wesentlicher Bedeutung für das Wachstum und die Innovationskraft einer Gesellschaft ist, würde sich nach Berechnungen der OECD die Wachstumsrate sofort um etwa 5 % und langfristig um weitere 2,5 % erhöhen, käme zur durchschnittlichen Dauer des Besuchs von Bildungseinrichtungen noch ein weiteres Jahr hinzu. In den Ländern mit einem höheren Ausbildungsniveau ist auch die Ungleichheit in der Bevölkerung geringer, was für Portugal, das Land mit den größten Unterschieden und dem niedrigsten Bildungsniveau in der EU, eine große Herausforderung darstellt.

Im Allgemeinen nimmt die Beschäftigungsquote mit dem erreichten Bildungsgrad zu. Betrachtet man die gesamte Bevölkerung im Alter zwischen 25 und 64 Jahren, so betrug die Beschäftigungsquote bei den Hochschulabsolventen im Jahr 2001 84 %; das sind 15 Prozentpunkte mehr als im Durchschnitt sämtlicher erreichten Bildungsgrade und fast 30 Prozentpunkte mehr als in der Gruppe mit Abschluss der unteren Sekundarstufe.

 
  
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  Bogusław Liberadzki (PSE), schriftlich. (PL) Herr Präsident! Ich stimme für den Bericht von Marie Panayotopoulos-Cassiotou über einen Regelungsrahmen für Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familienleben und Studienzeiten für junge Frauen in der Europäischen Union (2006/2276(INI)).

Die Mitgliedstaaten sollten der Situation junger Frauen und Männer mit Familie mehr Beachtung schenken. In dem Bericht wird ganz richtig die Notwendigkeit hervorgehoben, einen Regelungsrahmen für Maßnahmen zu schaffen, die junge Menschen stärker unterstützen, damit sie studieren und eine Familie gründen können, ohne sich zwischen diesen beiden Zielen entscheiden zu müssen.

Die Berichterstatterin schlägt vor, dass die Erwartungen junger Frauen und Männer, die neben ihrem Studium oder ihrer Ausbildung Familienpflichten nachkommen, sowohl auf der Ebene der Bildungssysteme als auch im Rahmen der Sozialsysteme stärker berücksichtigt werden. Zu diesem Zweck könnten z. B. preiswerte Studentenversicherungen sowie eine soziale und medizinische Absicherung bereitgestellt werden, die auch auf Personen ausgedehnt werden könnten, für deren Unterhalt der/die Studierende aufzukommen hat. Zudem könnten die Steuern für Studierende mit Familie gesenkt oder es könnte ganz auf eine Besteuerung verzichtet werden.

Die in dem Bericht an die Mitgliedstaaten gerichtete Aufforderung, in Zusammenarbeit mit den Hochschul- und Berufsbildungseinrichtungen eine flexiblere Organisation des Studiums anzubieten und dabei auf neuen Technologien basierende Lerntechniken zu nutzen, verdient – und das ist meine Meinung als Hochschuldozent – unsere volle Unterstützung.

 
  
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  Catherine Stihler (PSE), schriftlich. (EN) Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie von Beruf, Familie und Studium ist für gesunde und glückliche Arbeitskräfte von wesentlicher Bedeutung. Junge Frauen, die studieren und Kinder erziehen, sollten EU-weit stärker unterstützt werden.

 

10. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
  

(Die Sitzung wird um 12.55 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

 

11. Zusammensetzung des Parlaments
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  Der Präsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die zuständigen irischen Behörden haben mir mitgeteilt, dass Herr Colm Burke mit Wirkung von heute, 19. Juni 2007, anstelle von Herrn Simon Coveney zum Mitglied des Europäischen Parlaments benannt wurde. Ich darf den Kollegen Colm Burke sehr herzlich begrüßen. Herzlich willkommen hier im Europäischen Parlament. Wir wünschen Ihnen, dass Ihnen die Arbeit viel Freude macht.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte mich Ihnen anschließen und ebenfalls Herrn Colm hier begrüßen. Er löst unseren Kollegen Simon Coveney ab, der in das irische Parlament gewählt wurde. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und Simon für seine Zukunft in der Landespolitik viel Erfolg wünschen. In Colm Burke haben wir ausgezeichneten Ersatz aus Simons Wahlkreis Cork South gefunden.

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank, Frau Doyle. Mit Ihren guten Wünschen muss es ein Erfolg werden!

 
  
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  Der Präsident. Gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Geschäftsordnung nimmt Herr Burke solange sein Mandat nicht geprüft oder über eine Anfechtung noch nicht befunden worden ist, an den Sitzungen des Parlaments und seiner Organe mit vollen Rechten teil unter der Voraussetzung, dass er eine schriftliche Erklärung dahingehend abgegeben hat, dass er kein Amt innehat, das mit der Ausübung eines Mandats als Mitglied des Europäischen Parlaments unvereinbar ist.

 

12. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
  

(Das Protokoll der gestrigen Sitzung wird genehmigt.)

 

13. Schlussfolgerungen des G8-Gipfels – Millenniums-Entwicklungsziele: Zwischenbilanz (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

– die Erklärungen des Rates und der Kommission zu den Schlussfolgerungen des G8-Gipfels,

– den Bericht von Glenys Kinnock im Namen des Entwicklungsausschusses über die Millenniums-Entwicklungszielen – Zwischenbilanz (2007/2103(INI) (A6-0220/2007)).

Der Rat ist nicht vertreten.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einige Ausführungen zu den Ergebnissen des Gipfels von Heiligendamm bezüglich der Fragen zur Entwicklung und zu Afrika machen, wie dies gewünscht wurde.

Allein schon die Tatsache, dass diesen Fragen wiederum besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde, ist eine gute Nachricht. Dass Afrika erneut als ein wichtiges Thema im G8-Prozess bestätigt wurde, ist zwar positiv, aber enttäuschend, wenn man die konkreten Ergebnisse betrachtet. Ich habe volles Verständnis für die Kritiken derer, die von den Festlegungen zur Entwicklungshilfe enttäuscht sind. Die verabschiedete Kompromissformel begnügt sich schlichtweg damit, die Verpflichtungen von Glenneagles zu wiederholen, doch aus meiner Sicht hätte man ambitionierter vorgehen können.

Wir wissen, dass die EU der 27 zwischen 80 und 100 % der Zusagen der G8 für Afrika finanzieren wird. Wir dürfen nicht zulassen, dass die G8-Mitglieder von ihrer eigenen Verpflichtung abrücken, die, wie ich in Erinnerung rufen möchte, darin besteht, die Hilfe für Afrika zu verdoppeln. Einige G8-Mitglieder sind nicht auf dem richtigen Wege, um diese Verpflichtung einzuhalten. So ist beispielsweise die gesamte Hilfe der USA um 20 %, und die Japans um 10 % zurückgegangen, d. h. sie müssten zweifellos mehr tun.

Was die Fragen der Governance und der wesentlichen Prinzipien der Entwicklungspolitik betrifft, so bin ich erfreut darüber, dass unser Governance-Ansatz, das heißt ein multidimensionaler und ganzheitlicher Ansatz, sowie die von uns angeregten Formulierungen in die Abschlusserklärung über Afrika übernommen wurden. Unsere Governance-Strategie basiert auf Ergebnissen und Reformanreizen gegenüber den Ländern, die geeignete und glaubwürdige Governance-Reformen auf der Grundlage eines festen politischen Willens eingeleitet haben.

Lassen Sie mich hervorheben, dass im Mittelpunkt der Beratungen des diesjährigen G8-Gipfels das Bildungswesen stand: Das ist zweifellos einer unserer wertvollsten Beiträge. Die Erklärung bringt klar die Notwendigkeit zum Ausdruck, den bislang nicht gedeckten Bedarf in Höhe von geschätzten 500 Millionen US-Dollar für 2007 in allen von der „Fast Track Initiative“ erfassten Ländern zu finanzieren.

Ich freue mich auch über die Feststellungen im Abschlusstext zu den Finanzmitteln für das Gesundheitswesen, für den Globalen Fonds, für die Programme zur Vorbeugung der Mutter-Kind-Übertragung. Die zugesagten 60 Milliarden US-Dollar für die nächsten Jahre zur Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose stellen eine klare und konsequente Sprache dar im Vergleich zu den anfänglich gebrauchten vorsichtigen Formulierungen, in denen jede konkrete Angabe zu den geforderten Finanzmitteln fehlte.

Abschließen möchte ich meine Ausführungen zum G8-Gipfel mit einer allgemeineren Bemerkung. Der Schönheitswettbewerb um Zahlen und Erklärungen, zu dem die G8-Gipfel in Entwicklungsfragen geworden zu sein scheinen, findet nicht die Zustimmung unserer afrikanischen Partner. Im Gegenteil, denn sie halten uns die ausbleibenden Ergebnisse vor Ort und vor allem die mangelnde Einhaltung unserer Verpflichtungen vor. Und sie tun dies mit umso größerem Nachdruck, als sie in China ein Alternativmodell gefunden haben. China bezieht nicht nur massenhaft Rohstoffe aus Afrika, sondern errichtet auch Straßen, Ministerien und Krankenhäuser innerhalb weniger Monate nach dem Ersuchen und der erteilten Zusage. Das ist ein nicht zu unterschätzendes Plus, während unsere Verfahren, die übrigens im Wesentlichen durch den Rat und das Europäische Parlament entwickelt wurden, uns faktisch Fristen von mehreren Jahren zwischen dem Abschluss der Vereinbarung und der konkreten Umsetzung auferlegen.

Daraus gilt es eine Lehre in Bezug auf die G8 zu ziehen: Während Afrika seine Beziehungen mit den Schwellenländern immer mehr entwickelt, wird der Schönheitswettbewerb der G8 zu einer Nebenvorstellung mit immer weniger Überzeugungskraft werden, wenn es uns nicht gelingt, China und die übrigen Schwellenländer in die internationalen Initiativen für Afrika und die Entwicklung einzubeziehen: Übrigens werde ich aus diesem Grunde Anfang Juli nach China reisen, um mit den chinesischen Kollegen über Afrika zu sprechen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, gestatten Sie abschließend noch einige Worte zum Bericht von Frau Kinnock, d. h. zur Zwischenbilanz bei den Millenniums-Entwicklungszielen, deren gegenwärtige Bedeutung ich für unumstritten halte. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass die Millenniumsziele erreichbar sind, vorausgesetzt natürlich, dass alle Entwicklungsakteure, die Geldgeber, aber auch die Partnerländer, ihre Verpflichtungen einhalten. Dabei möchte ich das entschlossene und uneingeschränkte Engagement der Europäischen Union in dieser entscheidenden Periode der Umsetzung dieser Ziele unterstreichen.

Gestatten Sie zu diesem Punkt daher einige Bemerkungen bzw. Vorbehalte zu Details der in diesem Bericht enthaltenen Botschaft. Ich bin zwar sehr weitgehend einverstanden mit dem Inhalt des Berichts, bin jedoch ein wenig überrascht von der gemischten Botschaft, die dieser der Welt hinsichtlich der Leistung der Europäischen Union als Geldgeber vermittelt. Ich möchte daran erinnern, dass die Europäische Union, das sollten wir nicht vergessen, der größte Geber von Entwicklungshilfe ist, sowohl vom Volumen als auch vom Prozentsatz des Bruttoinlandsprodukts her: Wir wenden hierfür 100 Euro pro Einwohner auf, gegenüber nur 69 Euro in Japan und 53 Euro in den Vereinigten Staaten. Es geht hier nicht darum, der Selbstzufriedenheit zu frönen, denn auch hier sind natürlich noch Fortschritte möglich und notwendig. Sie sind im Übrigen vorgesehen, nachdem die Europäische Union sich im Europäischen Entwicklungskonsens dazu verpflichtet hat.

Insbesondere wird im Bericht beklagt, dass die Aufstockung der Hilfe bestimmter Mitgliedstaaten teilweise aus Schuldenerlassoperationen resultiere. Ich bin natürlich einverstanden mit dem Sinn dieser Bemerkung bzw. dieses Vorbehalts. Aber selbst wenn man den Schuldenerlass ausklammert, ist die Hilfe der Europäischen Union gestiegen, was bei den anderen großen Gebern nicht der Fall ist. Trotzdem sind wir empfänglich für dieses Argument, und deshalb hat die Kommission die Mitgliedstaaten aufgefordert, bis zum Jahresende einen nationalen Zeitplan auszuarbeiten, der die Mittelaufstockungen ausweist, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen sollen, bis 2010 ihre Entwicklungshilfeziele zu erreichen.

Nicht zu unterschätzen ist auch der Effizienzgewinn sowie der Multiplikatoreffekt aufgrund der Arbeitsteilung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten. Ebenfalls nicht zu unterschätzen sind die Bedeutung der Einstellung auf die Strategien und Verfahren der Partnerländer sowie ebenso wenig die zunehmende Gewährung von Haushaltszuschüssen in beträchtlicher Höhe. Auch hier spielt die Europäische Union unbestrittenen eine führende Rolle. Ich stelle jedoch ein gewisses Unbehagen gegenüber den Haushaltszuschüssen fest, die immerhin das bevorzugte Instrument der Partnerschaft auf der Grundlage des Vertrauens zwischen Partnern mit gleichen Rechten und Pflichten darstellen. Indem wir die nationalen Politiken unterstützen und uns in den Haushaltsprozess einbringen, entwickeln wir das günstigste Instrument für die Entwicklung von Eigenverantwortung durch die Partnerländer, was im Übrigen eine bessere Voraussehbarkeit und eine außerordentliche Flexibilität ermöglicht. Natürlich ist der Mechanismus noch verbesserungsfähig. Das ist Gegenstand des Vertrags für die Millenniumsziele, den die Kommission derzeit ausarbeitet – ich bin gestern kurz darauf eingegangen, als ich im Ausschuss unserem Kollegen Herrn van den Berg antwortete –, und wir werden in den nächsten Wochen Gelegenheit haben, mit Ihnen über die Kriterien und Bedingungen dieses Vertrags für die Millenniumsziele zu beraten.

Über diese kurzen Bemerkungen hinaus halte ich es für vorrangig, dass wir uns weiter für die Millenniumsziele einsetzen. Mit unserem Handeln werden die Entwicklungsländer eine klare Botschaft der Solidarität seitens der Europäischen Union erhalten, die ihre eigene Entschlossenheit nur stärken kann.

Abschließend danke und beglückwünsche ich Frau Kinnock zu diesem wichtigen Bericht, der die Fragen so stellt, wie sie gestellt werden müssen. Er ist ein äußerst nützlicher Beitrag und eine ständige Quelle der Inspiration für die Arbeit der Kommission.

 
  
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  Glenys Kinnock (PSE), Berichterstatterin. – (EN) Herr Präsident! Vielen Dank für Ihr Erscheinen, mit dem Sie dieser Problematik die ihr gebührende Bedeutung in diesem Parlament geben. Ich möchte ferner dem Kommissar für seine freundlichen Bemerkungen danken. Ich glaube, viele von uns bedauern zutiefst die Tatsache; dass es der Rat vorgezogen hat, heute bei den Diskussionen über den G8-Gipfel und die Millenniums-Entwicklungsziele nicht hier vertreten zu sein. Wir bedauern, dass er andere Prioritäten gesetzt hat.

Mein Bericht bietet Gelegenheit, auf halbem Weg Zwischenbilanz über erzielte oder nicht erzielte Fortschritte bei der Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele zu ziehen. Natürlich ist es so, dass viele südlich der Sahara gelegenen Länder in Afrika keine Aussicht haben, auch nur eines der Millenniums-Entwicklungsziele zu verwirklichen. Faktisch kein Land in Afrika ist auf dem Weg, die Millenniums-Entwicklungsziele für die Gesundheit von Müttern und Kindern zu erreichen. Deshalb ist unser Ausschuss übereingekommen, dass die Europäische Union bei der Förderung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit weiterhin eine Vorreiterrolle einnehmen sollte, indem sie finanzielle und andere Unterstützung bereitstellt. Die führenden Vertreter der reichen Länder verpflichteten sich 2005 auf dem G8-Gipfel in Gleneagles, die jährliche Hilfe für die armen Länder auf 50 Milliarden US-Dollar anzuheben und damit zu verdoppeln und gleichzeitig sämtliche Schulden zu erlassen.

Im Mai 2005 hatte der Europäische Rat bereits die Agenda für den im Juli desselben Jahres stattfindenden Gipfel in Gleneagles festgelegt. Man hatte sich auf eine – und das ist wichtig – zeitgebundene Verpflichtung von 0,7 % des BIP und den Erlass sämtlicher Schulden geeinigt. Als ich meinen Bericht schrieb, war klar, dass die Glaubwürdigkeit in Bezug auf einige Mitgliedstaaten der Europäischen Union ernsthaft in Frage gestellt war. In diesem Punkt bin ich ganz anderer Meinung als der Kommissar. Lässt man den Schuldenerlass außer Acht, so geraten einige Mitgliedstaaten in Rückstand. Die Schuldenvereinbarungen für den Irak und für Nigeria wurden so berechnet, dass sich ein verzerrtes Bild der tatsächlichen Hilfe bietet. Schätzungen zufolge belief sie sich 2006 auf 13 Milliarden US-Dollar. Im Jahr 2010, wenn die Hilfe für Afrika 50 Milliarden US-Dollar jährlich betragen soll, wäre der Schuldenerlass im Wesentlichen berücksichtigt und hätte daher keinen Einfluss mehr auf den Umfang der Hilfe, die ein Land bereitstellt. Aktuellen Schätzungen von Oxfam zufolge wird sich der Fehlbetrag auf schockierende 30 Milliarden US-Dollar belaufen.

Auf dem G8-Gipfel haben sich einige Mitgliedstaaten der Europäischen Union nachdrücklich für die Erfüllung der Zusagen eingesetzt. Aber, wie Sie sagten, Herr Kommissar, wurden auf dem Gipfel die Zusagen von 2005 zur Aufstockung der Hilfe wiederholt und bestätigt. Wir haben noch immer keine klaren Zeitpläne und verbindliche praktische Verpflichtungen. Wir brauchen mehr konkrete Angaben und klare finanzielle Zusagen, um beispielsweise die Finanzierungslücken für die Länder, die für die „Fast Track Initiative“ im Bereich Bildung bestätigt wurden, zu füllen.

Wir brauchen ferner Klarheit bezüglich der Verpflichtung, den allseitigen Zugang zur Behandlung von HIV/Aids zu verbessern. Man spricht von 5 Millionen Menschen bis 2010. Wir wollen wissen, ob das die Zahl der weltweit Betroffenen ist, denn wenn sie es ist, dann dürften das eher 10 Millionen sein. Betrifft sie lediglich Afrika, dann vermittelt das Kommunique ein etwas anderes Bild. Natürlich fehlt auch hier eine konkrete Fristsetzung. In der Realität ist es so, dass die Entwicklungsländer nicht daran interessiert sind, dass man ihnen einen Scheck in Aussicht stellt oder eine Art Schuldschein übergibt. Sie wollen in der Lage sein, so wie unsere eigenen Regierungen glaubwürdige und kalkulierte Pläne aufzustellen.

Zum Klimawechsel. Alle G8-Länder mit Ausnahme von Russland und den USA haben sich bereit erklärt, ihre Emissionen bis 2050 zu halbieren. Doch auch diesbezüglich muss ich feststellen, dass keine klaren verbindlichen Ziele gesetzt wurden und selbst für die 50 % bis 2050 wurde von den G8 in Deutschland kein Basisjahr vereinbart. Ferner gibt es keine Vereinbarungen zur Begrenzung des Klimawandels auf 2° C. Angesichts der Bedeutung, die wir dem Schuldenerlass und Hilfszusagen beimessen, ist uns klar, dass wir nach wie vor keine Lösung für die ganze Frage des gerechten Handels gefunden haben. Auf dem G8-Gipfel letztes Jahr in St. Petersburg wurde zu einem erfolgreichen Abschluss der Doha-Runde aufgerufen, aber es ist klar, dass die tatsächlichen Ereignisse wenig mit dem zu tun haben, worauf sich die Entwicklungsländer glaubten einzulassen, als sie in die Doha-Runde einstiegen. Die G8-Länder haben in Deutschland lediglich wiederholt, was sie vor einem Jahr bereits in St. Petersburg gesagt hatten.

Hinsichtlich der WPA empfehle ich insbesondere Herrn van den Bergs Änderungsantrag, der aufgrund eines Fehlers bei der Zusammenstellung des Ihnen vorliegenden Textes darin leider nicht enthalten ist. Meiner Ansicht nach stellt er eine sehr wertvolle Ergänzung zu der Debatte über WPA dar.

Abschließend möchte ich feststellen, dass es jetzt darauf ankommt, einen Gang hochzuschalten. 2005 marschierten Tausende unserer Bürgerinnen und Bürger weltweit unter dem Transparent „Make Poverty History“ (Setzt der Armut ein Ende). Wir sehen erste Erfolge unserer Hilfe. Es können echte Verbesserungen in Bezug auf die Linderung der Armut, die Zahl der Schulkinder, die Gesundheit und die Rettung von Menschenleben beobachtet werden. Es bedarf jedoch eines echten sozialen und politischen Wandels sowie eines wachsenden Verständnisses dafür, dass wir nicht Wohltätigkeit, sondern Gerechtigkeit für die Entwicklungsländer der Welt fordern.

(Beifall)

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank für Ihre ausgezeichnete Arbeit, Frau Kinnock, und herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Bericht.

 
  
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  Maria Martens, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (NL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Die Millenniums-Entwicklungsziele, die im Jahr 2000 festgelegt wurden, stellen ehrgeizige Pläne dar, die Armut in der Welt bis 2015 drastisch zu verringern. Ende dieses Monats ist Halbzeit, doch ist leider noch längst nicht die Hälfte dieser Ziele verwirklicht. Die Entwicklungsagenda ist erheblich im Verzug. Noch immer sterben zu viele Menschen an Hunger, noch immer haben zu viele Kinder keinen Zugang zur Bildung, noch immer sind zu viele Frauen benachteiligt und noch immer fordern AIDS, Malaria und Tuberkulose zu viele Opfer, und diese Liste ließe sich bedauerlicherweise noch weiter fortsetzen.

Die sowohl qualitative wie quantitative Verbesserung der Hilfe ist eine absolute Notwendigkeit, und viel hängt vom politischen Willen der Länder ab. Selbstredend müssen alle Länder ihr Versprechen einlösen, 0,7 % des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe bereitzustellen. Es geht jedoch nicht nur um Geld. Es geht vor allem um bessere und effektivere Hilfe sowie um eine bessere Koordinierung der Hilfe. Phantomhilfe, bei der die Mittel hauptsächlich für Berater, Evaluierungsberichte und Studien ausgegeben werden, muss eingedämmt werden.

Im Namen meiner Fraktion möchte ich noch einige weitere Punkte ansprechen. Als Erstes möchte ich auf die erforderliche Transparenz der Finanzströme hinweisen. Es muss Klarheit darüber bestehen, wohin die Gelder fließen. Zweitens, was den Schuldenerlass anbelangt, so stellen für viele Länder die Schulden ein Problem dar, doch kann und darf der Schuldenerlass keine Belohnung für das Missmanagement der Regierungen sein. Schulden dürfen infolgedessen nur unter strikten Bedingungen wie verantwortungsvolle Staatsführung und Transparenz erlassen werden. Es muss gewährleistet sein, dass die frei gewordenen Mittel tatsächlich für die Armutsbekämpfung verwendet werden. Drittens möchte ich die Bedeutung des Handels unterstreichen. Handel und Öffnung der Märkte können unter bestimmten Voraussetzungen ein kräftiger Motor für Wirtschaftswachstum sein. Die Länder müssen sich dabei auf unsere Unterstützung verlassen können.

Hinsichtlich der Rechte des geistigen Eigentums möchte ich davor warnen, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Für die Industrie muss die weitere Forschung auf dem Gebiet der Bekämpfung armutsbedingter Krankheiten attraktiv bleiben. Dazu bedarf es eines gewissen Patentschutzes geistiger Eigentumsrechte.

Was schließlich die sexuelle und reproduktive Gesundheit betrifft, so sind viele Frauen in Entwicklungsländern während und nach der Schwangerschaft hohen Risiken ausgesetzt und riskieren sogar ihr Leben. Viele von ihnen sterben daran unnötigerweise. Hilfe auf diesem Gebiet ist dringendst geboten. Deshalb sind wir für mehr Hilfe zugunsten dieser Frauen.

 
  
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  Margrietus van den Berg, im Namen der PSE-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Leider ist der Rat nicht anwesend, worüber die Sozialdemokratische Fraktion zutiefst enttäuscht ist. Im Jahr 2000 bekannten sich 191 Führer dieser Welt zu der Millenniumserklärung, bis 2015 die extreme Armut auszurotten sowie die Gesundheit und das Wohlergehen der Ärmsten zu verbessern. Heutzutage hat jeder fünfte Erdenbürger keinen Zugang zu den grundlegenden sozialen Dienstleistungen wie Bildung und sauberes Trinkwasser. In genau zweieinhalb Wochen ist Halbzeit auf dem Weg zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele. In dem hervorragenden Bericht von Herrn Kinnock, der unsere uneingeschränkte Zustimmung findet, wird Zwischenbilanz gezogen.

In den vergangenen siebeneinhalb Jahren wurde intensiv an der Verwirklichung dieser Ziele gearbeitet, und es wurden einige erhebliche Fortschritte gemacht. Vor allem in Asien ist die Armut stark zurückgegangen. Die Zahl der Menschen, die weniger als 1 US-Dollar pro Tag zur Verfügung haben, hat sich seit 1990 um mehr als 250 Millionen verringert. Auch in Lateinamerika ist eine deutlich steigende Tendenz festzustellen. In beiden Regionen ist die Anzahl unterernährter Kinder drastisch geschrumpft. Die Kindersterblichkeit sank um mehrere Prozente. Hunderttausende Menschen in Lateinamerika und Asien wurden aus der Armut befreit, worauf diese Regionen und die ganze Welt stolz sein dürfen.

Ein Übelstand in Asien und Lateinamerika ist nach wie vor die enorme Kluft zwischen Arm und Reich. Wir müssen bei der Durchführung von Strategien zur gerechteren Verteilung natürlicher Ressourcen und von Grund und Boden, zu gerechteren Abgaben, weniger Korruption und verantwortungsvollem Regieren behilflich sein. Ungeachtet allen Wachstums und Fortschritts bleiben noch zu viele Menschen von grundlegenden sozialen Dienstleistungen ausgeschlossen. Darauf müssen die europäischen Hilfsprogramme über den Weg der Zivilgesellschaft ausgerichtet sein.

Auf einem Kontinent allerdings hat es bei der Verwirklichung der Millenniumsziele in den vergangenen Jahren Rück- anstatt Fortschritte gegeben. Trotz einzelner heldenhafter Leistungen, trotz der Bemühungen vieler geht es mit Afrika bergab. Voraussichtlich wird keines der Millenniums-Entwicklungsziele rechtzeitig erreicht. In Afrika südlich der Sahara leiden Dreiviertel der Bevölkerungen an HIV/AIDS.

Die Zahl der Hungerleidenden in dieser Region ist um zig Millionen gestiegen. Wie lässt sich nun bei den erfolgreichen Bevölkerungsgruppen ein Umdenken bewirken? Wie können wir dazu beitragen, dass sich durch afrikanische Geschäftsleute, Frauengenossenschaften und Mikrokreditbanken das Blatt wendet? Indem wir erstens nicht nur die Opfer in den Mittelpunkt stellen, sondern auch die Erfolge, einschließlich beispielsweise die Beendigung von Kriegen wie unter anderem in Mosambik, ganz zu schweigen von afrikanischen Spitzendiplomaten wie Kofi Annan, Modehäusern aus Abuja, Winzern aus Südafrika, Piloten aus Ghana, Spitzenfußballspielern aus ganz Afrika und IKT-Unternehmerinnen. Sie werden es sein, die Afrika verändern. Mit ihnen wünsche ich mir eine Partnerschaft. Auf sie muss sich unsere europäische Hilfe konzentrieren. Ihnen müssen Handelsvorteile geboten werden anstatt sie mit unseren zu Schleuderpreisen verkauften Waren zu traktieren.

Es ist Zeit für einen Neubeginn, für eine Wende, nach der es aufwärts geht. Afrika kann nämlich neu erstehen, wenn seine Vorzüge und nationalen Ressourcen und unsere aufrichtige Zusammenarbeit in den Bereichen Hilfe und Handel miteinander kombiniert werden. Aufrichtige Zusammenarbeit bedeutet, dass wir den Europäischen Entwicklungsfonds und unsere Haushaltsmittel für Entwicklungshilfe stärker auf die Millenniums-Entwicklungsziele, auf Bildung und auf Gesundheitsfürsorge ausrichten.

Sie haben Recht, Herr Kommissar, Verträge zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele stellen dafür einen geeigneten Weg dar. Dies schließt auch die G8 mit ein, von denen für wichtige Aufgabenstellungen konkrete Fristen gesetzt wurden. Ehrliche Kooperation bedeutet großzügige Wirtschaftspartnerschaftsabkommen. Afrikanische Unternehmer müssen ihre Produkte auf unserem Markt mit einem Mehrwert absetzen können. Wenn das APS-plus dabei hilfreich sein kann, muss davon Gebrauch gemacht werden. Stellen wir eine afrikanische Mannschaft aus guten Spielern, aus Gewinnern, zusammen und geben wir in der zweiten Halbzeit des Wettspiels um die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele bis 2015 dem afrikanischen Team die Chance, diesen Fußballwettkampf zu gewinnen. Das käme Afrika und auch der übrigen Welt zugute.

 
  
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  Johan Van Hecke, im Namen der ALDE-Fraktion.(NL) Herr Präsident! Es ist wohl kein Zufall, dass in einer Debatte über Entwicklungszusammenarbeit viel Niederländisch gesprochen wird, worüber ich höchst erfreut bin.

Den Ergebnissen der G8 nach zu urteilen, lässt sich sagen, dass es auf dem Weg zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele nur noch einen Schritt nach vorn und zwei zurückgeht. Ja, in Heiligendamm wurde das Thema Afrika kurz angesprochen, sei es auch nur, um Bono und Bob Geldof nicht zu verstimmen. Die Versprechen von 2005 wurden nochmals wiederholt, neue Verpflichtungen wurden aber nicht eingegangen, geschweige denn ein Zeitplan festgelegt. Ich teile die Besorgnis von Herrn Kinnock, dass wir bei diesem Tempo 2015 unser Ziel nicht erreichen werden. Der Bericht unseres Kollegen Kinnock ist übrigens zu einem sehr ausgewogenen Dokument geworden, in dem auch den Anliegen unserer Fraktion Rechnung getragen wurde, die ich hier kurz aufzählen möchte.

Erstens, die 0,7 % dürfen nicht fetischisiert werden. Qualität und Effizienz der gewährten Hilfe sind mindestens genauso wichtig wie deren Quantität. Die so genannten Entwicklungsausgaben bestimmter Regierungen werfen viele Fragen auf, und die Koordinierung lässt häufig zu wünschen übrig. Zweitens, mehr direkte Haushaltshilfe ist unabdingbar, sollen die Millenniums-Entwicklungsziele erreicht werden, aber sie muss an Bedingungen geknüpft werden, in erster Linie an verantwortungsvolles Regieren sowie an die zwingend notwendige Durchführung der parlamentarischen Kontrolle. Drittens, wir sind für einen weiteren Schuldenerlass – keinen linearen, sondern einen an Konditionen gebundenen. Die dadurch frei werdenden Mittel könnten in einen Fonds fließen, der vorrangig für Bildung und Gesundheitsfürsorge eingesetzt wird.

Lassen Sie mich abschließend bemerken, dass die Diskussion, ob dem Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele oder der handelsbezogenen Entwicklungszusammenarbeit Priorität eingeräumt werden soll, Spiegelfechterei ist, an der wir uns nicht beteiligen wollen. Nach unserem Dafürhalten geht es nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch.

 
  
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  Konrad Szymański, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Nur die vereinte Anstrengung der internationalen Gemeinschaft kann Afrika heute helfen. Die fortgesetzte Finanzierung der so genannten reproduktiven Rechte, wie z. B. der Abtreibung, durch Europa stellt ein grundlegendes Hindernis für diese Einheit dar.

Abtreibung ist weder in moralischer noch medizinischer Hinsicht eine Antwort auf das Problem der Müttersterblichkeit in Afrika. Wenn wir den afrikanischen Frauen hier helfen wollen, müssen wir medizinische Hilfe, Trinkwasser sowie Bildungsmöglichkeiten und Gesundheitsdienstleistungen bereitstellen. EU-Mittel zur Finanzierung von Abtreibungen in Afrika zu verwenden, ist mit dem Grundsatz der Hilfeleistung unvereinbar.

Das macht alle Bürger der Europäischen Union zwangsläufig zu indirekt Beteiligten. Das ist auch eine Form des moralischen Imperialismus gegenüber Afrika, die von diesem Hohen Haus nicht gebilligt werden kann. Deshalb appelliere ich an Sie, gegen Ziffer 40 und 41 dieses Berichts zu stimmen. Mein Appell richtet sich vor allem an die christdemokratischen Abgeordneten dieses Hauses. Sollte er keinen Erfolg haben, sehen wir uns außerstande, diesen Bericht zu unterstützen.

 
  
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  Frithjof Schmidt, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir ziehen jetzt Halbzeitbilanz bei der großen Anstrengung zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele, und diese Bilanz ist schlecht. Das arbeitet der Bericht von Glenys Kinnock klar heraus. Meine Fraktion unterstützt diesen guten Bericht mit großem Nachdruck.

Wenn es politisch so weitergeht, dann werden viele Entwicklungsländer, insbesondere in Afrika, die Millenniums-Entwicklungsziele nicht erreichen und die meisten Industrieländer werden ihre Versprechen zur Leistung finanzieller Hilfe nicht einlösen. Der G8-Gipfel in Heiligendamm in Deutschland war dafür leider ein erneutes Beispiel.

Seit 1999 werden alle zwei Jahre immer wieder die gleichen Versprechungen gemacht und nicht eingelöst. Das erschüttert in den Augen vieler Entwicklungsländer unsere Glaubwürdigkeit als Europäische Union. Die Versprechen von Heiligendamm werden jetzt auf die Versprechen von Gleneagles angerechnet. Sechzig Milliarden US-Dollar für den Global Fund, aber man sagt, das verrechnen wir mit den nicht eingelösten Versprechen von Gleneagles. So etwas nennt man doppelte Buchführung. Das ist ein Verwirrspiel mit Zahlen ohne Verbindlichkeit für die einzelnen Länder.

Ich fand es sehr gut, Herr Kommissar, dass Sie in diesem Zusammenhang hier sehr deutliche Worte gefunden haben. Genau das ist nötig. Es ist unsere Aufgabe als Parlament, das klar zu benennen und entsprechenden Druck zu machen, damit wenigstens die Europäische Union ihren Stufenplan für das Erreichen des 0,7 %-Ziels bei der öffentlichen Entwicklungshilfe bis 2015 genau und ohne Buchungstricks einhält.

 
  
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  Tobias Pflüger, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Es handelt sich hier um eine Bilanz des G8-Gipfels. Auf diesem G8-Gipfel wurde eine Klimaerklärung abgegeben, die ganz offensichtlich nichts wert ist. Ich schließe mich den Erklärungen der Umweltorganisationen an. Greenpeace sagt, das sei absolut zu wenig, und der Bund für Umwelt und Naturschutz sagt, das seien schwammige Versprechen, die hier gegeben wurden. Alles ist sehr unverbindlich geblieben.

Herr Louis Michel, ich schließe mich Ihnen an, wenn Sie sagen, dass in Bezug auf Afrika sehr unzureichend diskutiert worden ist. Der Schuldenerlass für die ärmsten Länder ist immer noch überfällig. Da dies aber auch eine Debatte über den G8-Gipfel insgesamt ist, will ich noch einmal daran erinnern, dass diese G8-Staaten keinerlei Legitimation haben. Sie sind selbst ernannte Führer dieser Welt. Dieser G8-Gipfel hat 100 Millionen Euro gekostet, davon allein der Zaun um Heiligendamm schon 12,5 Millionen Euro. Es gab eine sehr erfolgreiche Demonstration von 80 000 Menschen gegen diesen G8-Gipfel, und die falschen und bedauerlichen Ausschreitungen wurden von der Polizei genutzt, um im Nachhinein rechtsstaatliches Vorgehen außer Kraft zu setzen. Wir wissen z. B. inzwischen, dass verdeckte Ermittler von der Polizei unter den Demonstranten waren und wohl auch zu Gewalttaten aufgerufen haben. Auch konnten Anwälte dort kaum ihre Arbeit tun, und Richter wurden zum Anhängsel der Polizei. Die Anwälte mussten lange darum kämpfen, um überhaupt zu den Gefangenen vorgelassen zu werden. Es sind Gefangenenkäfige eingerichtet worden, die Amnesty International klar kritisiert und als nicht in Ordnung bezeichnet hat. Im Umfeld dieses Gipfels wurde eine Repression betrieben, die eines Polizeistaats würdig ist. Bei Repressionen gegen Bürgerinnen und Bürger ist es nicht immer notwendig, in die Ferne zu schweifen, nein, mitten in der Europäischen Union, im Kontext dieses G8-Gipfels, wurden Menschenrechte mit Füßen getreten.

 
  
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  Georgios Karatzaferis, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (EL) Herr Präsident! Zunächst bin ich der Ansicht, dass kein Bürger auf der Welt Vertrauen in diesen G8-Gipfel hat. Er erinnert an die Feudalherren von vor 400 Jahren, die zusammenkamen und bestimmte Dinge beschlossen, ohne das Volk mitreden zu lassen. Dies ist moderner Feudalismus. Die G8 wird tagen, und es wird eine Lotterie veranstaltet, um zu bestimmen, welche acht Delegierten aus armen Ländern teilnehmen können. Wir reden über Afrika. Nennen Sie mir den Namen eines großen Krankenhauses in ganz Afrika. Würden Sie sich in Tansania behandeln lassen, Herr Präsident, wenn Sie eine schwere Krankheit hätten? Sie würden sich nach Deutschland oder England begeben. Nennen Sie mir den Namen einer großen Bank, die ihren Firmensitz in Afrika hat. Alle Großbanken, denen wir unser Geld anvertrauen, sitzen in der nördlichen Hemisphäre. Es handelt sich hier um eine besondere Form des Rassismus, zu der wir uns endlich bekennen sollten. Oder aber es wird zumindest eine Art von Rassismus gegenüber diesen Ländern geduldet. Was wir ihnen geben, ist wie das Trinkgeld, das wir unserem Fensterputzer geben.

Wir brauchen eine Entscheidung, eine Ideologie, der zufolge alle Bürger der Welt denselben Anspruch auf Demokratie und Gesundheit und Mitwirkung an den Entscheidungen haben, die sie betreffen. Ich bin nicht der Meinung, dass das, was heute geschieht, Demokratie ist. Wir teilen den Reichtum, wir verursachen überall auf der Welt Krebs, während sich die Supermacht Amerika weigert, Kyoto zu unterstützen, mit dem Ergebnis, dass Tod und Erderwärmung uns alle heimsuchen, und die Menschen haben kein Mitspracherecht. Deshalb brauchen wir mehr Demokratie, besseren Zugang und stärkere Achtung vor den Bürgern, vor allem in Ländern, in denen die Demokratie noch nicht hell genug leuchtet. Wir müssen vorsichtig sein, weil wir sonst eine neue AIDS-Epidemie aus Afrika bekommen, die katastrophaler als das AIDS sein wird, das so viele Bürger der nördlichen Hemisphäre ins Jenseits schickt.

 
  
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  Koenraad Dillen, im Namen der ITS-Fraktion. (NL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stelle erfreut fest, dass der Kommissar für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe wieder bei uns ist. Wir wissen, dass er sehr beschäftigt ist. Die Auszeit als Kommissar, die er sich genommen hat, um bei den Parlamentswahlen in Belgien eine aktive Rolle zu spielen, ist wohl zu Ende – und die Auszeit dieses EU-Kommissars hat sich für seine Partei sicherlich gelohnt, wozu ich ihn beglückwünschen möchte. Nichtsdestotrotz konstatieren wir mit Bewunderung und einiger Verwunderung, dass er selbst nach seiner Auszeit an beiden Fronten aktiv bleibt: hier in diesem Plenarsaal als Kommissar für Entwicklungszusammenarbeit, aber auch in Brüssel, wo fieberhaft an der Bildung einer neuen belgischen Regierung gearbeitet wird und wo der Kommissar die französischsprachige Grüne Partei meines Landes heute zur Regierungsbeteiligung auffordert. Es ist wahrlich keine leichte Aufgabe, den Job eines EU-Kommissars mit dem eines belgischen stellvertretenden „Informateurs“, der im Auftrag der Krone die Möglichkeiten einer Kabinettsbildung sondiert, zu kombinieren. Dabei erhebt sich wohl auch die Frage, ob diese Mischung nicht zu einer möglichen Befangenheit führen könnte und ob die Neutralität der Kommission hierdurch nicht in Frage gestellt wird.

Von dieser Bemerkung abgesehen sollten wir uns – und ich spreche jetzt über den Bericht Kinnock – lieber der Frage zuwenden, inwieweit unser Ansatz bei den Millenniums-Entwicklungszielen wissenschaftlich fundiert ist. Diese provozierende Frage wurde von Amir Attaran gestellt, einer Autorität auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit an der Universität Ottawa in Kanada. Herr Attaran hegt tatsächlich erhebliche Bedenken gegen die wissenschaftliche Grundlage dieser Ziele und vor allem dagegen, wie ihre Erreichung gemessen wird. Als Beispiel nennt er die Zielvorgabe in puncto Malaria und erklärt, dass selbst Institutionen wie die Weltgesundheitsorganisation einräumen, sich der betreffenden Daten, die angegeben werden, nicht sicher zu sein. Indem sie sich auf ungewisse Statistiken stützt, baut die UN in Bezug auf die Verwirklichung eines Teils der Millenniums-Entwicklungsziele laut Herrn Attaran auf Treibsand. Wissenschaftliche Zuverlässigkeit muss auch bei der Entwicklungszusammenarbeit oberstes Gebot sein. Es ist an der Zeit, dass über dieses Thema eine ausführliche Debatte geführt wird.

 
  
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  Alessandro Battilocchio (NI). – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich der Berichterstatterin und meinen Kolleginnen und Kollegen für die hervorragende Arbeit, die sie geleistet haben, sowie für die Unterstützung, die sie meinen Änderungsanträgen im Entwicklungsausschuss angedeihen ließen, meinen Dank aussprechen.

Ich möchte auf einige Punkte näher eingehen. Der Kampf gegen AIDS muss, vor allem in Anbetracht der letzten UN-Berichte und der spärlichen Ergebnisse, die bisher im Rahmen der Millenniums-Entwicklungsziele erreicht wurden, weiterhin eine Priorität für die internationale Gemeinschaft bleiben, eine unerschütterliche Verpflichtung und eine Verantwortung, die auf den Industrieländern lastet. Und zwar, weil es unmöglich ist, fortwährend von wirtschaftlicher Entwicklung, Bildung und Gesundheitsinfrastruktur zu sprechen, wenn die Erwerbsbevölkerung, die diese Reformen durchführen könnte, trotz Therapien und Medikamenten, die offenkundig noch nicht ausreichen und nicht effizient genug sind, Tag um Tag weiter dezimiert wird.

Dem Bericht von UNAIDS zufolge waren 2006 zwischen 4 und 6 Millionen Neuinfektionen zu verzeichnen, und im selben Jahr traten 3 Millionen Todesfälle auf, von denen 2/3 auf das südlich der Sahara gelegene Afrika entfielen, die Region also, für die die Millenniums-Entwicklungsziele hauptsächlich gelten. Es handelt sich um über 8 000 Todesfälle pro Tag, eine Zahl, die wirklich unhaltbar ist.

In diesem Kampf und im Kampf gegen die Armut im Allgemeinen haben wir unsere Ziele um Längen verfehlt, und die Ausreden jener Länder, die, wie leider auch mein Heimatland, die ohnehin minimalen Verpflichtungen – daran sei erinnert –, die sie gegenüber der internationalen Gemeinschaft eingegangen sind, noch nicht erfüllt haben, können nicht länger hingenommen werden. Von den Regierungen der Geberländer müssen wir darüber hinaus nicht nur eine effizientere Entwicklungshilfe, sondern auch größtmögliche Kohärenz mit ihrer Handelspolitik verlangen, denn Entwicklungshilfe zu leisten bedeutet vor allem, den Ländern in Schwierigkeiten die Chance zu geben, sich mit ihren eigenen Mitteln wieder aufzurichten.

Vor uns liegen also neue Herausforderungen, Aufgaben, Prüfungen und Verpflichtungen. Hoffen wir, dass Europa diesmal wirklich in der Lage ist, die ihm gebührende Rolle wahrzunehmen.

 
  
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  Gay Mitchell (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ende des Zweiten Weltkrieges, als die Konzentrationslager befreit wurden, sagten wir: „Nie wieder!“ Nie wieder sollte sich die Unmenschlichkeit von Menschen gegen Menschen wiederholen. Wir in diesem Hohen Haus und all jene, die letzte Woche am G8-Gipfel teilgenommen haben, wissen, dass jedes Jahr Millionen von Kindern im Alter von bis zu fünf Jahren sterben, weil sie keinen Zugang zu Impfstoffen haben, die für uns im so genannten Westen seit 30 Jahren selbstverständlich sind. Das ist noch viel beschämender als das, was in den Konzentrationslagern passiert ist, weil wir wissen, dass es passiert. Es passiert vor unseren Augen. Und was tun wir? Wir haben die Führungsrolle abgegeben. Wir haben die Führungsrolle an Rockstars abgegeben – und wir sollten dem Herrgott für sie danken, denn wenn wir sie nicht hätten, wer würde dann Druck ausüben? Es fehlt Europa in erschreckender Weise an politischem Durchsetzungsvermögen.

Wenn wir davon sprechen, wie wir Europa den Bürgern vermitteln, dann denken wir, wir können zu den Bürgern über Verfassungsverträge und dergleichen sprechen. Das ist Nonsens. Wie ich bereits sagte, reden die Bürger in den Kneipen von Dublin oder in deutschen Restaurants nicht über Verfassungsverträge. Aber schauen Sie sich die Menschen an, die nach Gleneagles kamen, die sich frei genommen haben, um nach Gleneagles zu marschieren, die all diese Rockkonzerte über die Dritte Welt besucht haben. Warum stellen wir uns nicht an die Spitze dieser Menschen? Wo sind die europäischen Staatsmänner und –frauen? Wir haben allenthalben Politiker – und noch dazu schlechte Politiker. Kein Delors, kein Kohl.

Hier ist Führungsstärke gefragt, und die G8 haben uns im Stich gelassen. Sie haben nicht die Führungsstärke gezeigt, die diese Problematik verdient, und dieses Haus darf nicht zulassen, dass das so bleibt. Wir müssen darauf bestehen, dass Politiker im Westen, in der Europäischen Union und im Rahmen der G8 in dieser Frage Führungsstärke zeigen. Alles andere ist inakzeptabel, und Sie, Herr Präsident, müssen dazu ebenfalls einen Beitrag leisten. Sie könnten in diesem Haus mit gutem Beispiel vorangehen. Sie könnten Einfluss auf jene nehmen, die in der Lage sind, Änderungen zu bewirken. Wir können etwas bewirken. Wir dürfen diese schwache Leistung nicht hinnehmen. Der G8-Gipfel war für die Menschen eine große Enttäuschung. Er hat deutlich gemacht, dass es uns an Staatsmännern, Staatsfrauen und führungsstarken Politikern fehlt, und ich hoffe, dass sich das ändert.

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank, Herr Mitchell. Ich weiß es zu würdigen, dass Sie dem Präsidenten des Europäischen Parlaments einen so hohen Stellenwert beimessen, aber er war nicht nach Heiligendamm eingeladen.

 
  
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  Ana Maria Gomes (PSE).(PT) Völkermord in Darfur, tiefe Krisen in Simbabwe, Somalia, Äthiopien und Nigeria, Korruption, Pandemien, Desertifikation, Waffenlieferungen, Wettlauf um Erdöl und andere Naturreichtümer – das alles sind Faktoren, die in Afrika immer mehr Konflikte heraufbeschwören und die Zahl der Verzweifelten, die ihr Leben riskieren, um nach Europa oder dorthin, wo sie bessere Bedingungen finden, zu gelangen, anwachsen lässt. Deshalb ist es deprimierend festzustellen, dass man auf dem G8-Gipfel sich darauf beschränkt hat, die nicht eingehaltenen Versprechen von Gleneagles einfach zu wiederholen. Wie der Bericht Kinnock zur Halbzeit gut dokumentiert, müssen die europäischen Regierungen und die Kommission die Millenniumsziele erst einmal als Priorität begreifen.

Speziell in Afrika müssen die Millenniumsziele Grundlage jedweder Sicherheits- und Entwicklungsstrategie sein, und deshalb darf die auf dem EU-Afrika-Gipfel im Dezember zu beschließende gemeinsame Strategie für die Zusammenarbeit nicht als Gelegenheit zu einem weiteren reinen „Fototermin“ verkommen. Im Ergebnis dieses Gipfels müssen sich die europäischen und afrikanischen Behörden im Interesse der Umsetzung der Millenniumsziele auf stufenweise zu erfüllende Verpflichtungen festlegen und Strategien erarbeiten, die auch Nachfolgeregierungen binden und über engstirnige, der Sache unangemessene Bemühungen, China unbedingt übertrumpfen zu wollen, hinausgehen.

In die Stärkung der demokratischen Institutionen und der Zivilgesellschaften in den afrikanischen Ländern zu investieren, heißt auch in jene zu investieren, die für Menschenrechte, für die Rechte der Frauen und für die bürgerlichen Freiheiten in Afrika kämpfen. Das heißt für die EU und ihre afrikanischen Partner, dass sie voneinander die Erfüllung verbindlicher Abkommen – wie des Cotonou-Abkommens – einfordern müssen. Ohne Justiz und ohne Rechtsstaat kann es keine gute Regierungsführung und schon gar keine nachhaltige Entwicklung geben.

 
  
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  Toomas Savi (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte zur Zwischenbilanz bei den Millenniums-Entwicklungszielen zwei Anmerkungen machen.

Erstens liegt es auf der Hand, dass die Beseitigung der Armut in der Welt eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts für die gesamte Menschheit darstellt. Für mich als Arzt ist es ganz klar, dass Armut und Krankheiten wie HIV/AIDS, Malaria und Tuberkulose Hand in Hand gehen und einen „Tsunami“ auslösen, der jedes Jahr Millionen von Menschenleben auslöscht. Es ist bedauerlich, dass aus dieser schrecklichen Tragödie eine nichts sagende alltägliche Zahl geworden ist. Die Beseitigung der Armut setzt die Ausrottung dieser Krankheiten und die Stärkung des Gesundheitswesens in Afrika durch die Bereitstellung zumindest der angekündigten 60 Milliarden US-Dollar durch die G8-Länder in den nächsten Jahren voraus. Die heutige Welt hat die Chance, diese Krankheiten in die Geschichtsbücher zu verbannen, und das muss uns gelingen.

Ich begrüße auch die Entscheidung der G8, dass 100 % der Schulden, die die hoch verschuldeten armen Länder beim IWF, der Weltbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank haben, erlassen werden sollen.

Die Millenniums-Entwicklungsziele können nur unter friedlichen Bedingungen erreicht werden. Das bedeutet, dass viele lokale militärische Konflikte in Afrika beendet werden müssen, vor allem die anhaltende Krise in Darfur, die mit der Missachtung grundlegender Menschenrechte einhergeht.

Zweitens möchte ich feststellen, dass die neuen Mitgliedstaaten, die noch vor kurzem offizielle Entwicklungshilfe erhielten und die seit einigen Jahren ein rasches BIP-Wachstum verzeichnen, nicht nur ihre festgesetzten Ziele erreichen, sondern ihre Beiträge erhöhen sollten. Selbstverständlich unterstütze ich Frau Kinnocks Bericht.

 
  
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  Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (UEN). – (PL) Herr Präsident! Ich möchte Sie auf drei Punkte aufmerksam machen. Bedauerlicherweise geht die von der Union der Fünfzehn für die Verwirklichung der Millenniumsziele bereitgestellte Hilfe – berechnet als Prozentsatz vom BIP – zurück. Die meisten Länder haben nicht einmal das Zwischenziel von 0,33 % erreicht. Im Bereich der Grundbildung machen die bereitgestellten Mittel nur 23 % und im Gesundheitsbereich 36 % des Bedarfs aus.

Nur 18 der 60 bedürftigen Länder wurden die Auslandsschulden erlassen. Das sind dennoch wichtige Entscheidungen, denn damit wird nicht nur die oftmals nicht tragbare finanzielle Belastung dieser Länder verringert, sondern die Länder, die von ihren Schulden entlastet wurden, haben damit, wie die Weltbank feststellte, ihre Ausgaben zu Bekämpfung der Armut verdoppelt.

Drittens: Am wirksamsten kann den armen Ländern geholfen werden, wenn die am stärksten entwickelten Länder der Welt ihnen Zugang zu ihren Märkten gewähren und die Entwicklung von Klein- und Kleinstunternehmen in den armen Ländern unterstützt wird.

Schließlich müssen auch die Entwicklung der örtlichen Gebietskörperschaften und der NRO gefördert sowie ein zentrales System für die Verwaltung der aus dem EU-Haushalt bereitgestellten Hilfe geschaffen werden, da nur auf diese Weise die Effektivität verbessert sowie Bürokratie und Korruption begrenzt werden können.

 
  
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  Margrete Auken (Verts/ALE). – (DA) Herr Präsident! Ich möchte Frau Kinnock für ihren ausgezeichneten Bericht zur Zwischenbilanz bei den Millenniums-Entwicklungszielen danken. Es freut mich insbesondere, dass wir eine Neubewertung von handelsbezogener Hilfe, Entwicklungshilfe und Landwirtschaftsbeihilfen fordern. Unsere verurteilungswürdige Praxis, mit einer Hand zu geben und mit der anderen oft sogar mehr zu nehmen, muss ein Ende haben. Gleichzeitig wird im Bericht auf eine Reihe extrem wichtiger Bereiche eingegangen, in denen Hilfe geleistet wird. Nichtsdestoweniger haben wir ihn nur mit Mühe durch den Ausschuss für regionale Entwicklung bekommen. Viele Änderungsanträge der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten wurden nur knapp abgelehnt. Wären sie angenommen worden, wäre der Bericht letztlich deutlich verwässert worden.

Ansonsten enthält der Bericht nur Versprechen, die die Mitgliedstaaten vor langer Zeit feierlich und mit großem Tamtam den armen Ländern gegeben haben sowie heftige Kritik an der Tatsache, dass diese Versprechen bislang nicht erfüllt wurden. Der Bericht weist deutlich darauf hin, dass die Praxis des Schuldenerlasses als clevere Möglichkeit, Verpflichtungen nachzukommen, verwerflich ist. Schulden werden in den Geberländern häufig abgeschrieben oder oft sogar vollständig amortisiert, was dazu führt, dass die Länder, die auf diese Weise Gelder in Form von Beihilfe erhalten, die reichen Geberländer sind. Der Anstand gebietet, dass wir dies nicht zulassen. Das Parlament sollte gemeinschaftlich diese Art der Gaunerei ablehnen.

Wir sollten auf Kritik und Selbstkritik beharren. Unsere Glaubwürdigkeit hat gelitten, denn Versprechen sollte man halten. Die Millenniums-Entwicklungsziele sowie die in den großspurigen Reden auf dem G8-Gipfel vergangene Woche zu den Problemen Afrikas dargelegten Ziele sind von Wichtigkeit. Die Tatsache, dass der Rat sich nicht einmal die Mühe gemacht hat, heute in diesem Hause anwesend zu sein, lässt Rückschlüsse darauf zu, wie ernst er seine Versprechen nimmt. Es ist faktisch schwierig zu verstehen, wie wir den Rat ernst nehmen sollen, wenn er sich selbst nicht ernst nimmt.

Man sollte sich jedoch nicht ausschließlich darauf konzentrieren, wie die Mitgliedstaaten die an sie gestellten Forderungen umgehen bzw. sich so einfach wie möglich aus der Pflicht zur Erfüllung der Vorgaben stehlen können. Wir sollten uns gemeinsam darauf einigen, wie wir unser Ziel, die Armut bis 2015 zu halbieren, erreichen können. Wenn wir darüber hinaus unsere Glaubwürdigkeit in den Entwicklungsländern wahren wollen, müssen wir streng darauf achten, dass wir unsere Versprechen tatsächlich auch erfüllen. Wir sollten uns bemühen, Wege zu finden, wie eine solche Überwachung erfolgen kann. Keiner von uns darf künftig ungestraft davonkommen, wenn er unsere Verpflichtungen ignoriert.

 
  
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  Vittorio Agnoletto (GUE/NGL). – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der G8-Gipfel steht für ein eklatantes Versagen bei der Bekämpfung der Armut und der globalen Erwärmung. Die müden Rituale eines Gipfels, der, obwohl er legitim ist, inzwischen der Geschichte zuwiderläuft, wenn man den Widerstand gegen die Einbeziehung der Schwellenländer wie Brasilien, Südafrika, China und Indien bedenkt, spiegelten sich in der Inhaltslosigkeit seiner Schlusserklärungen wider.

2005 in Schottland hatten sich die reichen Länder feierlich verpflichtet, die öffentliche Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2010 auf 50 Milliarden Dollar jährlich zu erhöhen, wobei die Hälfte davon Afrika zugute kommen sollte, um die Erreichung der von den Vereinten Nationen für 2015 festgelegten Entwicklungsziele zu gewährleisten.

Zwei Jahre danach sind entsprechend den Verlautbarungen des unter dem Vorsitz von Kofi Annan tätigen Africa Progress Panel lediglich 10 % der zugesagten Mittel auch wirklich aufgebracht worden. Und als wäre nichts geschehen, haben die G8-Länder in Rostock eine neue, sehr vage und absichtlich irreführende Verpflichtung bezüglich der Bereitstellung von 60 Milliarden Dollar für die AIDS-Bekämpfung übernommen. Es wurde keine Frist festgesetzt und für die Hälfte des Betrags wurden faktisch die Verpflichtungen wieder eingesetzt, die die US-Regierung bereits bis 2013 eingegangen war. Die Aufstockung um 3 Milliarden jährlich über die Zusagen hinaus, die bereits von anderen Regierungen, u. a. auch von den europäischen, gemacht wurden, reicht jedoch nicht aus, um die humanitäre Notsituation in Bezug auf AIDS und andere Pandemien zu bewältigen.

Was die globale Erwärmung anbelangt, so wurde es als Erfolg begrüßt, dass kein Beschluss gefasst wurde. Das Ergebnis der dreitätigen Sitzungen, die 120 Millionen Euro gekostet haben, war die Verweisung eines etwaigen Abkommens über die Begrenzung der Kohlendioxidemissionen an die UNO. Es wird kein einziges Versprechen gehalten werden können, wenn nicht die herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftsmodelle in Frage gestellt werden.

 
  
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  Hélène Goudin (IND/DEM). – (SV) Herr Präsident! Ich freue mich, dass der Juristische Dienst des Europäischen Parlaments festgestellt hat, dass es falsch ist, sich in diesem Bericht auf die nicht ratifizierte EU-Verfassung zu beziehen.

Die von mir vertretene Juniliste hat konsequent unterstrichen, dass es verwerflich ist, auf die EU-Verfassung zu verweisen, da die Bevölkerung zweier EU-Mitgliedstaaten in Volksbefragungen diese klar und deutlich abgelehnt hat. Um die Verfassung als Rechtsgrundlage oder Referenz anwenden zu können, muss sie einhellig ratifiziert werden. Ich appelliere an das Parlament, dies zukünftig zu respektieren.

Die reichen Länder der Welt haben eine moralische Verpflichtung, den Entwicklungsländern einen Teil ihres Wohlstandes abzugeben. Somit unterstütze ich von ganzem Herzen die in den Millenniums-Entwicklungszielen festgelegten wichtigen Zielsetzungen. Nach Ansicht der Juniliste sollten Entwicklungshilfefragen ausschließlich von den einzelnen Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit Organisationen behandelt werden, die über eine umfassende internationale Legitimität und lange Erfahrungen verfügen.

Die Rolle der EU sollte in diesem Zusammenhang vor allem in der Abwicklung der destruktiven Fischereiabkommen liegen, die die Union mit armen Entwicklungsländern abschließt, sowie in der drastischen Reformierung der protektionistischen Handels- und Agrarpolitik. Diese erschwert den Landwirten in armen Entwicklungsländern den Absatz ihrer Erzeugnisse auf dem europäischen Markt.

 
  
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  Anna Ibrisagic (PPE-DE). – (SV) Herr Präsident! Wir sprechen hier im Parlament oft darüber, wie viel wir gegenwärtig an Entwicklungshilfe zahlen und wie viel Geld wir zukünftig dafür aufwenden sollten. Dabei behaupten wir ständig, dass die Entwicklungshilfemittel nicht ausreichen und die Millenniums-Entwicklungsziele nicht erreicht werden. Wir werden diese Ziele nicht erreichen, wenn die Entwicklungsländer keine Hilfe erhalten, die es ihnen ermöglicht, ihre Wirtschaften zu entwickeln und sich damit selbst zu helfen.

Die Kollegen hier im Hause, die mich kennen, wissen, dass ich Schweden vertrete, aber vor 14 Jahren als Flüchtling aus Bosnien gekommen bin. Ich weiß daher, dass Menschen, die sich in einer schwachen Position befinden und Hilfe benötigen, solche Hilfe haben wollen, die dazu führt, dass sie sich in kurzer Zeit selbst helfen können und so schnell wie möglich selbstständig und unabhängig werden und dann keine Hilfe mehr benötigen. Was sie absolut nicht wollen, sind Leute, die Mitleid mit ihnen haben, und Hilfe, die zur Abhängigkeit von Hilfe auch in Zukunft führt. Auch vor diesem Hintergrund sollte meine Kritik an diesem Bericht betrachtet werden, wenn ich eine noch stärkere Betonung des Handels und seiner positiven Bedeutung für die Entwicklung fordere.

Ein weiteres Thema, das im Bericht ebenfalls nicht ausreichend betont wurde, ist die Liberalisierung. Die Ansicht, dass die Entwicklungshilfe erhöht werden sollte, ohne dass von den Entwicklungsländern beispielsweise eine Reduzierung ihrer Schulden verlangt wird, bedeutet, dass Entwicklungshilfe gewährt wird, ohne Forderungen nach Liberalisierung oder Schuldensanierung zu stellen. Ohne eine Liberalisierung wachsen jedoch die Schulden immer weiter an und es kommt zu der Situation, die ich zu Beginn meiner Ausführungen beschrieben habe, in der die Hilfe zur Abhängigkeit von Hilfe führt – zu einem Zustand, der niemals eintreffen darf.

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank, Anna Ibrisagic. Wenn man Ihren Namen zur Kenntnis nimmt, würde man nicht glauben, dass Sie so großartig schwedisch sprechen. Das ist ein tolles Beispiel.

 
  
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  Anne Van Lancker (PSE).(NL) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Kinnock zu einem zwar kritischen, aber meines Erachtens überaus sachdienlichen Bericht herzlich beglückwünschen. Dem Kommissar möchte ich für seine Betrachtungen im Anschluss an den G8-Gipfel von Heiligendamm danken. Ich kann Ihnen übrigens versichern, Herr Kommissar, dass ich Ihre Skepsis in Bezug auf das Ergebnis weitgehend teile.

2005 waren sich alle darin einig, dass die Millenniums-Entwicklungsziele erreichbar sind, sofern entsprechende Anstrengungen unternommen und Mittel bereitgestellt werden. Knapp zwei Jahre später stößt dieser Gedanke offensichtlich auf wesentlich geringere Begeisterung, denn über eine Wiederholung der Versprechungen von 2005 gehen die Staats- und Regierungschefs der G8 nicht hinaus. Wie einige unserer Kollegen hervorgehoben haben, vermochten die G8-Länder keinen für die Einlösung der Versprechen dringend notwendigen Zeitplan zu erstellen. Es besteht kein konkreter Finanzierungsplan, um Länder für ihre Zusagen und deren eventuelle Nichterfüllung in die Pflicht zu nehmen, und schon jetzt ist klar, dass es den G8-Ländern nicht gelingen wird, die notwendigen höheren Gänge einzulegen, um die Hilfe bis 2010 zu verdoppeln.

Allein schon bei der Bekämpfung von HIV/AIDS besteht ein riesiger Fehlbetrag. 2007 beträgt das Defizit nicht weniger als 9 Milliarden. Die auf dem Gipfel von Gleneagles gemachten Versprechen, bis zum Jahr 2010 den allgemeinen Zugang zur HIV-Prävention, -Behandlung und -Pflege zu gewährleisten, sind noch längst nicht erfüllt. Nur jeder sechste AIDS-Patient erhält Medikamente. Etwa alle zwölf Sekunden stirbt jemand an AIDS und 70 % der neuen HIV-Infektionen treten in Afrika südlich der Sahara auf. Das ist völlig inakzeptabel. 50 Milliarden US-Dollar, Herr Kommissar, für HIV, AIDS, Tbc und Malaria sind ganz einfach nicht genug, soll der Verpflichtung der G8 auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheit rechtzeitig nachgekommen werden.

Gestatten Sie mir noch eine letzte Bemerkung. Die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele ist nicht nur eine Geldfrage, sondern auch eine Frage von Rechten. Ohne den allgemeinen Zugang beispielsweise zu sexueller und reproduktiver Gesundheit lässt sich die Armut unmöglich bekämpfen. Ich hoffe, Herr Kommissar, Europa wird hier weiterhin eine Vorreiterrolle spielen.

 
  
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  Ignasi Guardans Cambó (ALDE).(ES) Herr Präsident! 2005 in Gleneagles erregten die G8-Führer Aufsehen mit ihrer Verpflichtung, 42 Milliarden für die Gesundheitshilfe in Afrika, insbesondere für AIDS, Malaria und Tuberkulose, zur Verfügung zu stellen.

2007 haben wir ein neues Versprechen von 44 Milliarden Euro. Ist das wirklich eine neue Zusage? Wir wissen es nicht. Oder ist es nur eine neue Form, ihr Versagen zu verschleiern, so wie es alle wichtigen NRO anprangern, die diese Berechnung aus nächster Nähe verfolgen? Es existiert kein konkreter Zeitplan und es ist nicht klar, in welcher Verbindung diese neue Verpflichtung mit den vorangegangenen Zusagen steht.

Wir müssen den Bürgern sagen, dass die Taten unserer Regierungen nicht mit ihren Worten übereinstimmen. Dieselben Regierungsverantwortlichen, die sehen, wie die Menschen in Panik aus Afrika in ihre Länder fliehen und dabei bereit sind, ihr Leben zu riskieren und im Mittelmeer umzukommen, bringen ihre große Betroffenheit angesichts dieser dramatischen Bilder zum Ausdruck, erfüllen aber ihre Versprechen nicht, wenn es darum geht, sie in politische Beschlüsse zu fassen.

Es sind Zusagen für mehr Hilfe notwendig – insbesondere natürlich für Gesundheit und Bildung. Diese Zusage muss aber auch auf den Verhandlungstisch gelegt werden. In ihrem Kommuniqué beschreibt die G8 den Erfolg der Doha-Runde als lebenswichtig für das Wirtschaftswachstum des afrikanischen Kontinents. Lebenswichtig, sagt die G8.

Nun, wenn wir von Afrika sprechen, wäre es heuchlerisch von uns, unsere humanitäre Erklärung und Hilfe von unserer Haltung am Verhandlungstisch der Doha-Runde zu trennen, und ich spreche hier nicht nur von der Europäischen Union, sondern von der gesamten ersten Welt, jener ersten Welt, die im Rahmen der G8 zusammenkommt.

Wir dürfen nicht den freien Handel, den Warenaustausch, die Bedeutung, die Doha für diese Länder haben kann, von dem trennen, was wir über humanitäre Belange und Hilfe sagen. Am Verhandlungstisch müssen unsere Zusagen zu etwas mehr werden, als einem Angebot in barer Münze.

Und schließlich muss die Hilfe in einem vernünftigen Rahmen erfolgen. Wir begrüßen die Unterstützung der G8 für das Infrastruktur-Konsortium für Afrika, das ICA. Sie ist eine konkrete Maßnahme, die ich hier besonders hervorheben möchte.

 
  
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  Eoin Ryan (UEN).(EN) Herr Präsident! Auch ich möchte Frau Kinnock zu ihrem ausgezeichneten Bericht gratulieren. Es ist schwierig, sich bei diesem Thema auf eine Minute zu beschränken, aber ich werde es versuchen. Die Schwierigkeit besteht meines Erachtens nicht nur darin, wie viel Geld von der EU oder der westlichen Welt für Afrika bereitgestellt oder nicht bereitgestellt wird, sondern das Problem ist auch, wie diese Hilfe verwaltet und koordiniert wird. Wir alle wissen um die Zwänge, die aus einer schlechten Regierungsführung in afrikanischen Ländern resultieren. In vielen Fällen bewirkt die Hilfe etwas, aber die Bereitstellung von Hilfe wird der Armut ohne gute Regierungsführung nie ein Ende setzen.

So könnte geprüft werden, ob es sinnvoll ist, dass einzelne europäische Staaten oder Gruppen von Mitgliedstaaten eine koordinierende Rolle bei der Verwaltung der Hilfe in einzelnen afrikanischen Ländern übernehmen. Das wäre ein sehr wichtiger Schritt, der dazu beitragen würde, die Geberländer für die von ihnen bereitgestellte Hilfe verantwortlich zu machen. Gleichzeitig wäre dies ein Beispiel für die Anwendung bewährter Praktiken bei der Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele.

Ich sage das ausgehend von meinen Erfahrungen, die ich als Minister der irischen Regierung bei meiner Arbeit mit armen Bevölkerungsgruppen in Dublin und anderen europäischen Städten gesammelt habe, und zwar war dabei eine Regierungsbehörde zuständig für die Koordinierung sämtlicher Fördermittel, die diese Gruppen von uns bekamen, und das war sehr erfolgreich. Meines Erachtens könnte in Bezug auf Afrika auf europäischer oder globaler Ebene in gleicher Weise verfahren werden.

Ich habe nicht genug Redezeit dafür, aber der Handel ist die andere große Frage. Ohne Handel wird es Afrika nicht gelingen, sich aus der Armut zu befreien. Das ist ein anderes Problem, das angegangen werden muss. Auf jeden Fall glaube ich, dass wir die Art und Weise, in der wir in Afrika unser Geld ausgeben und Maßnahmen durchführen, viel besser koordinieren müssen. Mit besserer Koordinierung könnten wir in diesem Bereich Verbesserungen erzielen. Wie wir alle wissen, ist das keine einfache Aufgabe, und es gibt keine einfachen Lösungen, aber wir müssen etwas an der Art und Weise ändern, in der wir den ärmsten Menschen in Afrika unsere Hilfe bereitstellen.

 
  
  

VORSITZ: GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 
  
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  Kathalijne Maria Buitenweg (Verts/ALE). – (NL) Herr Präsident! Erfreulicherweise konnte heute hier auf Fortschritte in einigen Regionen hingewiesen werden, doch ist die Situation in Schwarzafrika, wie meine Vorredner, unter anderem Herr Van den Berg, dargelegt haben, noch dramatisch. Es muss geografisch unterschieden werden, aber auch nach Geschlecht. Präsident Bush ist mittlerweile überzeugt, dass zur Bekämpfung von AIDS mehr unternommen werden muss, da sowohl Frauen als auch Männer davon betroffen sind. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dies eine wesentliche Voraussetzung ist, bevor mehr Mittel bereitgestellt werden können.

Müttersterblichkeit gibt es definitionsgemäß nur bei Frauen. Eine Verbesserung bei den sexuellen und reproduktiven Rechten ist nicht erkennbar. Offensichtlich ist ein Frauenleben für viele weniger wert. Südlich der Sahara stirbt jede 16. Frau an den Folgen der Schwangerschaft, etwa bei der Geburt oder durch unsichere Abtreibungen. Wie Sri Lanka zeigt, werden durch Investitionen Frauenleben tatsächlich gerettet. Herr Szymánski, Wasser und Arzneimittel allein reichen nicht aus. Frauen müssen selbst bestimmen können, ob sie schwanger werden möchten. Schwierige Entscheidungen, beispielsweise über Abtreibungen, müssen individuell getroffen werden und dürfen nicht Bestandteil allgemeiner, genereller Erklärungen sein, die hier von unseren bequemen Bänken aus abgegeben werden.

Herr Kommissar, Sie haben Recht, die EU ist ein wichtiger Geldgeber und erfüllt dabei auch eine wichtige Rolle. EU-Länder haben jedoch ihre Versprechen von Kairo ebenfalls noch nicht eingelöst. Welchen Mechanismus gedenken Sie im Hinblick darauf in Gang zu setzen?

 
  
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  Luisa Morgantini (GUE/NGL). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Kinnock, für ihren Bericht danken, der, wäre er rechtzeitig angenommen worden, den in der G8 versammelten Staatschefs sowie der ganzen Völkergemeinschaft die klare Botschaft vermittelt hätte, dass es unbedingt eines entschlossenen Handelns zur Herbeiführung eines Kurswechsels bedarf.

Das fordern Millionen von Menschen, die immer noch an Hunger, Durst und Krankheiten oder durch Kriege sterben. Es wäre zwar nicht ausreichend, doch immerhin schon viel, wenn die G8-Länder und die internationale Gemeinschaft zu ihren Verpflichtungen stehen würden. Wenn jedoch die strukturellen Ursachen von Armut und Unterentwicklung nicht angegangen werden, werden weiterhin Menschen sterben.

Kommissar Michel hat Recht, wenn er von der Notwendigkeit abgestimmter und kohärenter Strategien an mehreren Fronten spricht, wie Quantität und Qualität der öffentlichen Entwicklungshilfe, Schuldenerlass und Überarbeitung der internationalen Handelsregeln sowie, das steht außer Frage, Übernahme von Verantwortung, Transparenz und verantwortungsvolle Regierungsführung seitens der Entwicklungsländer.

Ich möchte einige Punkte hervorheben. Was die Qualität der Hilfe anbelangt, so muss vor allem Schluss gemacht werden mit der äußerst schädlichen Praxis von Hilfen, die an wirtschaftliche und geopolitische Interessen gebunden sind, sowie mit der Inkohärenz zwischen Entwicklungs-, Handels- und Agrarpolitik der Europäischen Union. Außerdem müssen die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen überdacht und muss nach alternativen, mit der Erreichung der MDGs zu vereinbarenden Wegen gesucht werden, um die Verhandlungen der Doha-Runde aus der Sackgasse herauszuführen.

Die drei Millenniums-Entwicklungsziele, die Gesundheitsfragen betreffen, werden nie erreicht werden, wenn kein allgemeiner Zugang zu den Behandlungsmethoden und Medikamenten gewährleistet wird. Zu oft wird durch die internationalen Bestimmungen über geistiges Eigentum das vorrangige Recht von Millionen Menschen auf Gesundheit und auf Leben zugunsten der Profite der multinationalen Pharmaunternehmen verletzt. Die enttäuschenden Vereinbarungen, die auf dem G8-Gipfel getroffen wurden, machen auch die Widersprüchlichkeit der Großmächte in der Welt deutlich, die 5 % des Betrags, den sie für Massenvernichtungswaffen ausgeben, für Entwicklung bereitstellen.

 
  
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  Manolis Mavrommatis (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! Ich meinerseits möchte Frau Kinnock zu ihrem Initiativbericht über ein derart wichtiges Thema beglückwünschen.

Für das Europäische Parlament ist es zur Hälfte des Zeitraums, der für die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele vereinbart wurde, aufschlussreich festzustellen, wie weit wir noch davon entfernt sind, sie zu erreichen, und als Folgerung daraus einige der Mittel zu ändern, mit denen wir sie erreichen wollen.

Es ist bedauerlich, dass zahlreiche Länder in der ärmsten Region der Welt, im subsaharischen Afrika, noch weit davon entfernt sind, die Millenniums-Entwicklungsziele zu erreichen. Die Millenniums-Entwicklungsziele werden mit Sicherheit erst dann erreicht werden, wenn die ärmeren Entwicklungsländer mehr und bessere Hilfe erhalten, um damit ihre eigenen einheimischen Ressourcen ergänzen zu können.

Die Vereinten Nationen, die Afrikanische Union, die G8 und die Europäische Union müssen den aktuellen Schätzungen Folge leisten, denen zufolge es notwendig ist, die Hilfe für Afrika auf rund 3,7 Milliarden Euro jährlich zu erhöhen.

Darüber hinaus muss die Europäische Union als größter Geber humanitärer Hilfe mit ihren Bemühungen fortfahren, die Schulden der Entwicklungsländer streichen zu lassen.

Jedoch muss ich gestehen, dass ich am meisten über das Unvermögen besorgt bin, das Ziel im Bildungswesen zu erreichen. Einhundertundzwanzig Millionen Kinder, davon 65 Millionen Mädchen, haben niemals eine Schule besucht. Zusätzlich zu Ziel 2, das vorsieht, allen Kindern eine kostenlose Grundschulausbildung zu ermöglichen, enthielten die Schlussfolgerungen des Weltkindergipfels 1990 das Ziel des allgemeinen Zugangs zur Bildung bis zum Jahr 2000, wobei mindestens 80 % der Kinder eine Grundschulausbildung durchlaufen haben sollten. Leider sind wir weit von diesem Ziel entfernt. Die Entwicklungsländer müssen sich bewusst werden, dass sie, wenn sie nicht in die Qualität ihrer Humanressourcen investieren, auf ewig zu demselben Entwicklungsstand verurteilt sind.

 
  
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  Linda McAvan (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte zum G8-Gipfel sprechen und zwei Anmerkungen machen. Die erste betrifft den Klimawandel. Das war eine erfreuliche Nachricht, denn die USA haben sich bereit erklärt, im UN-Prozess zu verbleiben. Die schlechte Nachricht ist, dass keine verbindlichen Ziele vereinbart wurden, und in mancher Hinsicht noch schlimmer ist, dass es uns nicht gelungen ist, die aufstrebenden Volkswirtschaften wie Indien, Brasilien und China in den Prozess einzubinden.

Herr Kommissar, wir haben in Vorbereitung auf Bali noch sehr viel zu tun. Ich weiß, dass der Klimawandel nicht in Ihr Ressort fällt, aber als für die Entwicklung zuständiger Kommissar spielen Sie in Bezug auf die Aufrechterhaltung der Dynamik im Kampf gegen den Klimawandel eine Schlüsselrolle, denn, wie Sie wissen, zahlen die Armen in den Entwicklungsländern schon jetzt den Preis für den Klimawandel. Deshalb hoffe ich, dass Sie dieser Problematik oberste Priorität einräumen.

Während die Armen einen hohen Preis zahlen, lassen es die Reichen, wenn wir uns einmal die Auslandshilfe – den anderen Hauptaspekt der G8 – anschauen, bei Lippenbekenntnissen bewenden. Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass die G8 bezüglich ihrer Hilfszusagen für die Entwicklungsländer noch weit von ihrem Ziel entfernt sind, wobei einige EU-Länder eine besonders schlechte Bilanz aufweisen.

Herr Kommissar, ich befürchte, dass wir uns in zwei oder drei Jahren an dieser Stelle erneut über mangelnde Fortschritte im Bereich Auslandshilfe beklagen werden. Das Versprechen, die Hilfe zu verdoppeln, wurde auf einem EU-Gipfel abgegeben. Führen Sie Buch darüber, oder müssen wir uns darauf verlassen, dass die NRO uns die Ergebnisse vorhalten? Eigentlich sollten wir einen Anzeiger für den Klimawandel und die Hilfe in Betracht ziehen, denn, was Herr Mitchell vorhin in Bezug auf die Glaubwürdigkeit und die EU sagte, stimmt. #???# Die Menschen werden uns danach beurteilen, was wir im Hinblick auf Probleme erreichen, die ihnen wirklich am Herzen liegen: die Bekämpfung des Klimawandels und der Armut. Die Verfassung ist für uns wichtig, aber nicht für die Öffentlichkeit. Deshalb müssen wir in diesen Fragen konkrete Ergebnisse vorweisen können, andernfalls wird unsere Glaubwürdigkeit gegenüber der Welt da draußen leiden.

 
  
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  Feleknas Uca (GUE/NGL). – Herr Präsident, Herr Kommissar Michel, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst bei Frau Kinnock für ihren Bericht bedanken. Aus zeitlichen Gründen gehe ich an dieser Stelle nur auf einen Punkt ein, der in dem Bericht bedauerlicherweise kaum Erwähnung findet. Die zentrale Bedeutung von menschenwürdiger Arbeit als Mittel zur Beseitigung von Armut spielt meines Erachtens eine enorme Rolle bei der Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele. Wo stehen wir heute, was diese Ziele angeht?

Wenn wir eine Halbzeitbilanz ziehen, so fällt diese in meinen Augen katastrophal aus. Die meisten der Millenniums-Entwicklungsziele wurden nicht einmal ansatzweise erreicht und werden realistischen Schätzungen zufolge auch bis 2015 nicht erreicht werden. Dies ist ein Armutszeugnis für die Geberländer. Daran ändern auch Zeitungsmeldungen zu vermeintlichen Erfolgen des G8-Gipfels nichts.

 
  
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  Nirj Deva (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Frau Kinnock hat wie stets einen guten Bericht erarbeitet, aber einen guten Bericht zu erarbeiten, wie wir das in diesem Parlament alle tun, reicht nicht aus.

Besonders bedenklich stimmt mich, dass Frau Kinnock in Ziffer 40 und vor allem in Ziffer 41 ihres Berichts den Aktionsplan von Maputo erwähnt. Nach meinem Verständnis fördert der Aktionsplan von Maputo Abtreibungen und geht weit über die Erklärung von Kairo hinaus. Die UNO-Erklärung der Rechte des Kindes stellt fest, dass das Kind in Ermangelung körperlicher und geistiger Reife der besonderen Sicherheit und Pflege vor und nach der Geburt bedarf, einschließlich eines ausreichenden rechtlichen Schutzes.

Angaben der UNO zufolge verhungern jährlich weltweit etwa 8,5 Millionen Menschen. Dem stehen 46 Millionen Kinder gegenüber, die laut WHO jedes Jahr abgetrieben werden. Das entspricht in etwa der Bevölkerung von Spanien. Das heißt, dass man vom Zeitpunkt der Empfängnis an ein fünfmal größeres Risiko hat, abgetrieben zu werden als an Hunger zu sterben. Man sollte die 46 Millionen Abtreibungen auch im Vergleich zu den insgesamt 56 Millionen Menschen, die jährlich weltweit sterben, sehen.

Diesen 46 Millionen Abtreibungen stehen auch 70 000 Frauen gegenüber, die sich bedauerlicherweise für eine illegale Abtreibung entscheiden und daran sterben. Damit ergibt sich folgendes Verhältnis: Auf jede Frau, die schwanger wird und dann an den Folgen einer illegalen Abtreibung stirbt, kommen 650 lebensfähige Kinder, die im Mutterleib, der von der Natur eigentlich als der sicherste Ort der Welt für die Entwicklung eines Babys eingerichtet wurde, abgetrieben werden.

Ich fordere meine Kollegen nachdrücklich auf, gegen die Ziffern 40 und 41 zu stimmen, die mit Müttersterblichkeit, um die es angeblich bei MDG 5 geht, nichts zu tun haben. Noch haben diese Ziffern etwas mit sexuellen oder reproduktiven Rechten zu tun, denn Abtreibung hat keinen Bezug zur Sexualität: Sie ist nicht gesund, sie hat natürlich nichts mit Reproduktion zu tun – ganz im Gegenteil – und sie ist meines Erachtens keinesfalls ein Recht.

 
  
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  Åsa Westlund (PSE). – (SV) Herr Präsident! Mich haben die Worte meines Vorredners sehr berührt, und mir fällt daher das Sprechen etwas schwer. Aber ich werde dennoch versuchen, mich an das zu halten, was ich eigentlich sagen wollte.

Als ich zur Schule ging, habe ich gelernt, dass die Menschen in Afrika deshalb hungern, weil sie die Bäume in ihrer Umgebung gerodet hatten, so dass dort nichts mehr wachsen konnte. In gewisser Weise hatten sie damit also ihre Situation selbst verschuldet. Heute deutet immer mehr darauf hin, dass in Wirklichkeit wir in der reichen Welt durch unseren Lebensstil und unsere erheblichen Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen Klimaveränderungen in Afrika südlich der Sahara verursacht haben, in deren Ergebnis die Menschen dort nicht mehr in der Lage sind, sich selbst mit Nahrungsmitteln und Wasser zu versorgen. Das verleiht zweifellos der Armut in der Welt eine andere Perspektive. Wenn wir selbst sie verursacht haben, wird unsere Verantwortung für die Beseitigung der Armut umso größer.

Der Bericht von Frau Kinnock enthält einen besonderen Abschnitt über den Klimawandel. Darin wird unsere Verantwortung unterstrichen, dafür zu sorgen, dass unser Kohlendioxidausstoß nicht die ärmsten Menschen auf der Welt trifft. Um das zu erreichen, müssen wir unsere Treibhausgasemissionen drastisch reduzieren und die Entwicklungsländer bei der Bewältigung der enormen Umstellungen in der Welt unterstützen.

Dabei geht es um alle möglichen Fragen, von der Bewältigung höherer Wasserstände bis zur Ermöglichung der Produktion erneuerbarer Energie in den Entwicklungsländern, die die Möglichkeit dazu haben und sich so selbst aus der Armut erheben können.

Wenn die Welt die Millenniums-Entwicklungsziele erreichen soll, müssen wir uns mehr auf diese Überlegungen konzentrieren und ihnen höhere Priorität einräumen. Wenn wir ernsthaft die Sterblichkeit beispielsweise durch HIV, AIDS und unsichere Schwangerschaften verringern wollen, dürfen wir nicht zulassen, dass die freie Entscheidung der Menschen und ihre Möglichkeiten des Schutzes vor lebensbedrohlichen Krankheiten und ungewollten Schwangerschaften durch religiöse Vorstellungen behindert werden. Reproduktive Rechte, Informationen über legalen Schwangerschaftsabbruch und Zugang zu Schwangerschaftsverhütungsmitteln sind und bleiben notwendige Bestandteile unserer Arbeit zum Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele. Alles andere sind nur Vorurteile, und ich bin erstaunt, sie hier in diesem Hause zu hören. Wir sollten doch aufgeklärter sein.

 
  
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  Tokia Saïfi (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Die heutige Aussprache sollte uns Anlass sein, mit klarem Blick auf den Weg zu schauen, den wir bis zur Realisierung der Millenniumsziele im Jahr 2015 noch vor uns haben. Hier sei daran erinnert, dass diese Ziele im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit wesentlich sind und dass sie Anreiz zu einer effizienten und kohärenten Hilfe sein müssen. Mit dem Näherrücken des Termins sollten wir angesichts der mageren Ergebnisse, die bisher insbesondere im subsaharischen Afrika erreicht wurden, anspruchsvoller sein und unsere Anstrengungen verstärken, um unsere Versprechen einlösen zu können. Angesichts der Herausforderungen muss die Europäische Union ihrer politischen Rolle voll gerecht werden, um die Mittel für die Entwicklung und die Effizienz ihrer Aktion auf dem afrikanischen Kontinent zu verstärken.

2015 rückt mit großen Schritten näher. Es ist also jetzt nicht die Zeit zu verschnaufen oder die Hände in den Schoß zu legen. Als weltweit wichtigster Geber für Entwicklungshilfe verfügt die Europäische Union über die Mittel, um den Ländern des Südens dabei behilflich zu sein, sich zu stabilisieren und einen wirtschaftlichen, sozialen und menschlichen Entwicklungsprozess zu durchlaufen: Deshalb sollten wir nun, da die Mittel verfügbar sind, über die Sicherung der Effizienz nachdenken, damit die Hilfe konkrete und nachhaltige Ergebnisse zeitigt.

Dies erfordert die Mobilisierung aller Akteure. Es geht hier nicht um Barmherzigkeit gegenüber diesen Ländern, sondern um Entwicklungshilfe. Bezüglich der Realisierung dieser grundlegenden Ziele wurden zahlreiche Versprechen gemacht. Genannt seien die Verpflichtungen, die bei dem äußerst enttäuschenden G8-Gipfel abgegeben wurden, der beschlossen hat, Hilfsgelder in Höhe von 44 Milliarden Euro für die Bekämpfung von Pandemien in Afrika bereitzustellen, und der die Verpflichtung von 2005 erneuert hat.

Wir wollen hoffen, dass diese Versprechen nicht nur leere Worte bleiben. Deshalb müssen diese Initiativen sich jetzt in konkreten und messbaren Aktionen niederschlagen. Dringendes Handeln ist geboten. Intensivieren wir unsere Anstrengungen in einem partnerschaftlichen Geist, um den Termin 2015 nicht zu verpassen.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Eine Minute ist sehr wenig, um sich zu einem derart umfangreichen Thema zu äußern. Der Grundton einiger der Beiträge in dieser Aussprache hat mich doch etwas erschüttert, und ich frage mich, ob afrikanische Frauen, wenn wir sie nach ihren Wünschen fragen würden, auch so antworten würden, wie wir es heute gehört haben. Die Frauen, mit denen ich in Malawi gesprochen habe, sprachen natürlich von der Notwendigkeit für Bildung, für Nahrungsmittel, für Arbeitsplätze und Hoffnung, und ich dachte, dass die Millenniums-Entwicklungsziele genau dafür sorgen würden, aber es ist klar, dass wir diese Ziele nicht rechtzeitig erreichen werden.

In den mir verbleibenden 30 Sekunden möchte ich vor allem auf den Aspekt des Handels in diesem Zusammenhang eingehen. Dabei sind die Ziffern 83 und 89 besonders interessant. So wird angedeutet, dass die WTO-Verhandlungen zur Lösung einiger der Probleme Afrikas beitragen könnten. Gleichzeitig aber wird in Ziffer 89 eindeutig festgestellt, dass die am wenigsten entwickelten Länder kaum von einer umfassenden Handelsliberalisierung profitieren werden, und ich glaube, dass die Afrikaner Handelshemmnisse auf ihrem eigenen Kontinent beseitigen und sich sehr gründlich mit dieser Problematik befassen müssen, während wir in Europa sie bei der Entwicklung des Handels mit der übrigen Welt unterstützen sollten. Doch wir würden gern mehr tun, und ich hoffe, dass diese Aussprache dazu beiträgt.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist natürlich immer frustrierend, wenn man innerhalb kürzester Zeit auf eine Flut von Anmerkungen reagieren muss, die in der Mehrzahl sehr berechtigt waren. Ich teile weitestgehend die Bemerkungen, die Urteile und die Ideen, die hier zum Ausdruck gebracht wurden.

Zunächst zu den G8. Ich muss sagen, dass auch ich sehr enttäuscht bin, dass die G8-Gipfel zu einer im Wesentlichen rituellen Veranstaltung werden, und ich muss zu meinem Bedauern feststellen: Je ritueller die Veranstaltung wird, desto mehr verliert sie an Glaubwürdigkeit, und früher oder später wird man sich fragen, ob sie wirklich noch von Nutzen ist.

Ich habe gehört, wie jemand, ich glaube von der linken Seite des Saales, die Frage nach der Repräsentativität oder der Legitimität der G8 stellte. Ich halte das für eine berechtigte Frage. Ganz offenkundig werden ganze Felder der geopolitischen und demografischen Realität nicht vertreten, was zu bedauern ist. Die G8-Gipfel werden zunehmend zu einem Beauty contest, und man sieht mit größtem Bedauern, dass das Konzept selbst in dem Maße diskreditiert wird, wie die Jahr für Jahr wiederholten Versprechen nicht eingehalten werden. Man kann aus solchen Zusammenkünften zwar stets einige positive Aspekte herauslesen, aber das reicht nicht aus, um uns zu der Überzeugung zu bringen, dass sie besonders nützlich und aufrichtig sind.

Ich muss mich zwangsläufig ein wenig auf meine Eindrücke verlassen, um auf einige der pointiertesten Bemerkungen zu antworten. Zunächst was HIV/AIDS betrifft: Die beiden wichtigsten Kanäle für die Gewährung der Finanzhilfe der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Bekämpfung von HIV/AIDS bestehen in der Unterstützung der Länder zur Stärkung des Gesundheitssektors, besonders in Afrika, und in der Bereitstellung von Mitteln über thematische Haushaltslinien. Sie dürfen mir glauben, dass wir hier alle uns zu Gebote stehenden Mittel einsetzen. Die in 21 afrikanischen Ländern durchgeführten Gesundheitsprogramme belaufen sich auf 396 Millionen Euro, weitere 62 Millionen Euro sind für die nächsten Monate vorgesehen. Ich will Ihnen nicht verhehlen, dass die Gemeinschaft mit Mitteln aus thematischen Haushaltslinien und aus dem AKP-Fonds des achten und neunten EEF einen Beitrag zum Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria leistet, in dem wir den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden des Verwaltungsrates innehaben. Seit Gründung dieses Fonds im Jahr 2002 hat die Europäische Gemeinschaft insgesamt 522,5 Millionen Euro für den Zeitraum 2002-2006 überwiesen. Zusammen mit den Beiträgen der Mitgliedstaaten ist die Europäische Union damit der Hauptgeldgeber für den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria.

Ein Wort zum Klimawandel, um einem Abgeordneten zu antworten: Ich teile voll und ganz Ihre Sorge bezüglich der Gefahr, die der Klimawandel für die Entwicklungsländer und ihre Bemühungen zur Realisierung der Millenniumsziele darstellt. Meiner Auffassung nach müssen die Fragen der Klimaveränderung in die Entwicklungszusammenarbeit einbezogen werden. Wir haben bereits im Jahr 2003 einen Aktionsplan der Europäischen Union zum Thema Klimawandel und Entwicklung verabschiedet, den wir gemeinsam mit den Mitgliedstaaten umsetzen. Die Fortschritte bei der Umsetzung dieses Aktionsplans werden gegenwärtig bewertet und machen deutlich, dass er zwar eine gute Grundlage für die gemeinsame Aktion der Europäischen Union darstellt, dass jedoch die derzeitige Form seiner Umsetzung nicht der Bedeutung und dem Umfang der Herausforderung gerecht wird.

Daher beabsichtige ich, eine Strategie zu entwickeln, um unsere Zusammenarbeit mit den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Entwicklungsländern zu vertiefen. Es gilt, eine globale Allianz zum Thema Klimawandel zu schaffen, die den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den Entwicklungsländern über die Reduzierung der Emissionen und die Anpassung an den Klimawandel verstärken soll. Ich werde in Kürze mit Ihnen über die Einzelheiten dieses Vorschlags beraten. Dies ist dann etwas Konkretes.

Auf die Abkommen über die Wirtschaftspartnerschaft will ich nicht ausführlich eingehen. Lassen Sie mich nur sagen, dass ich zu denen gehöre, die davon überzeugt sind, dass es keine echte Entwicklung – im Sinne der Schaffung von Einkünften, mit denen sich die sozialen Dienste und der allgemeine Zugang zu den Dienstleistungen des Staates finanzieren lassen –, geben wird, wenn nicht der Zugang zum Handel und die wirtschaftliche Dynamik gewährleistet sind. Von daher sind die Abkommen über die Wirtschaftspartnerschaft, wie wir sie verstehen und umsetzen, genau genommen reine entwicklungspolitische Abkommen. Priorität hat dabei nicht die kommerzielle Dimension, sondern die Entwicklung!

Die in dieser Frage zwischen einigen Leuten und mir möglicherweise bestehenden Meinungsverschiedenheiten sind bekannt und müssen als gegeben hingenommen werden. Die Entscheidung, die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen bis Ende 2007 abzuschließen, wurde von der Europäischen Union und den AKP-Ländern gemeinsam getroffen. Die in diesem Zusammenhang geführten Debatten und Auseinandersetzungen waren nützlich, denn sie haben dazu geführt, dass längere Übergangsperioden akzeptiert, die Spezifik bestimmter sensibler Produkte anerkannt und auch das Prinzip der Finanzierung von regionalen Fonds zum Ausgleich von Einnahmenverlusten durch die Abschaffung der Zollschranken akzeptiert wurden. Auf diese Frage werden wir noch zurückkommen, aber es ist zweifellos der in diesem Hause geführten Aussprache, die besonders durch Frau Kinnock und andere angestoßen wurde, zu verdanken, dass die Kommission, die Partner und die Betroffenen sehr viel flexiblere Vorschläge vorgelegt haben, die der Realität besser Rechnung tragen.

Nach meiner Überzeugung sind Schuldenerlasse ein Beitrag zur Entwicklungsfinanzierung. Diese Position hat nichts Außergewöhnliches. Sie gründet sich ganz einfach auf unseren gemeinsamen Bezugsrahmen in der Entwicklungspolitik, auf den europäischen Konsens, den das Europäische Parlament und die Kommission vor knapp anderthalb Jahren gebilligt haben. Der europäische Konsens bezieht sich auf die OECD-Definition der staatlichen Entwicklungshilfe und schließt Schuldenerlasse ein. Die Europäische Union hat sich im Übrigen verpflichtet, nachhaltige Lösungen für das Problem der unerträglichen Verschuldung zu finden.

Davon abgesehen, haben Sie natürlich Recht, Frau Kinnock. Jeder hofft – an erster Stelle natürlich ich -, dass diese Schuldenerlässe zusätzlich erfolgen. Und Sie haben ebenfalls Recht, wenn Sie sagen, dass das in Wirklichkeit nur ein One-Shot ist und dass die Länder, wenn sie ihre Verpflichtungen einhalten wollen, notwendigerweise in den nächsten Jahren die Beträge, die sie für ihre Entwicklungshilfepolitik aufwenden, real und absolut aufstocken müssen. Dies ist im Übrigen die Botschaft, die die Kommission in ihrer Mitteilung vom April an die Mitgliedstaaten gerichtet hat.

Was die Veränderung der Regeln der OECD betrifft – eine Frage, die in jüngster Zeit aufgeworfen wurde –, so halte ich sie nicht für notwendig. Meiner Meinung nach würde die Infragestellung dieser Regeln sogar das Risiko in sich bergen, eine Diskussion über die Anspruchsberechtigung für andere Finanzbeiträge zu eröffnen, die meiner Meinung nach nichts mit den Entwicklungspolitiken zu tun haben. Mehr möchte ich zu diesem Thema nicht sagen. Jeder wird genau wissen, woran ich denke.

Zu der wichtigen Frage der sozialen und menschlichen Entwicklung möchte ich sagen – und dies tue ich umso lieber als Herr Deva, der zu dieser Frage gesprochen hat, ein Mann ist, der meine ganze Achtung genießt –, dass ich Ihren Standpunkt nicht teile. Die Kommission unterstützt die Politiken und die Aktionen, die es Männern und Frauen gestatten, frei und sachkundig über die Zahl und die zeitliche Abfolge der Geburten zu entscheiden und die ihnen auch den Zugang zu Beratungsstellen für Familienplanung und sexuelle Gesundheit sowie zu qualifiziertem Geburtshilfepersonal ermöglichen.

Leider kann ich Ihre Position nicht teilen, die ich für viel zu radikal halte und die mir dem Begriff der individuellen Freiheit nicht genügend Rechnung zu tragen scheint. Ich sehe da einen philosophischen Unterschied, den man akzeptieren muss. Die Menschen sind unterschiedlich, Herr Deva, wir sind nicht zwangsläufig alle gleich, und meiner Meinung nach sind das Autoritäts- und das Unterordnungsargument zweischneidig. Wenngleich ich verstehe, dass Sie sagen, man könne eine Abtreibung weder praktisch noch prinzipiell akzeptieren, so meine ich, dass man sich auch einem religiösen Grundsatz nicht unterwerfen kann. Das ist zumindest meine Meinung.

Lassen Sie mich noch einen Punkt anführen, den ich für wichtig halte und der die Effizienz der Hilfe betrifft. Meiner Meinung nach wäre die Hilfe – sei sie international, europäisch oder anderer Art – sehr viel effizienter, wenn wir alle – ich will hier keine Schuldzuweisung betreiben – etwas weniger auf unsere eigene Fahne bedacht wären. Ich glaube, wenn wir wirklich das Ziel im Auge haben, das Elend zu lindern und den Ärmsten der Welt zu helfen, anstatt darauf zu sehen, wer was tut und wie jeder das, was er tut, auch sichtbar machen kann, dann würden wir sehr viel effizienter sein. Aus diesem Grunde arbeiten und handeln wir nach einem Verhaltenskodex, um zu versuchen, die Mitgliedstaaten dazu zu bringen, mehr Koordinierung, größere Geschlossenheit und eine rationalere Arbeitsteilung zu akzeptieren, weil wir nur so mehr Effizienz erreichen können.

Aber ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, denn ich höre Ihnen gut zu – fast alle teilen diesen Standpunkt, und Regierungen, Minister, Premierminister machen dies in ihren Reden zu einem ständigen Leitmotiv –, dass diese Ziele in der Praxis noch längst nicht erreicht sind. Wir haben im Vorfeld Analysen für die nationalen Strategiedokumente erstellt, und wir haben eine gemeinsame Programmplanung vorgeschlagen. Heute kann ich Ihnen sagen, dass für die Programmplanung des 10. Europäischen Entwicklungsfonds schätzungsweise etwa zehn Mitgliedstaaten beschlossen haben, an gemeinsamen Planungen teilzunehmen, aber auch sie werden sich nicht durchgängig an allen Planungen beteiligen. Es gibt sehr wenige Fälle gemeinsamer Programmplanungen. Das ist aber das Ziel. Das Ziel besteht nicht darin, zu wissen, wer was tut, sondern wer es am besten tut.

Wie ich bereits sagte, besteht die Kommission nicht darauf, unbedingt alle Fäden in der Hand zu behalten. Sie ist bereit, Verantwortung zu delegieren und Verantwortliche zu kofinanzieren, sozusagen Pilotländer für bestimmte Themen oder bestimmte Projekte, sobald mit einer solchen Delegierung ein höherer Mehrwert erzielt wird, als wenn wir allein handeln. In diese Richtung sollte man versuchen zu gehen. Ich bleibe optimistisch, denn meiner Meinung nach werden wir beim Vorangehen den Beweis erbringen, dass Effizienz von koordiniertem, geschlossenem und harmonisiertem Handeln abhängt, denn dies ist der Schlüssel für Effizienz.

 
  
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  Der Präsident. – Die gemeinsame Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung über den Bericht von Glenys Kinnock findet morgen statt.

 

14. Arbeiten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU 2006 (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Thierry Cornillet im Namen des Entwicklungsausschusses über die Arbeiten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU 2006 (2007/2021(INI)) (A6-0208/2007).

 
  
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  Thierry Cornillet (ALDE), Berichterstatter. (FR) Herr Präsident! Lassen Sie mich einige Zahlen zur Tätigkeit der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung im Jahr 2006 nennen. Wie üblich fanden zwei Tagungen der Versammlung statt, eine in Wien und eine in Bridgetown. Noch ein Wort zu Bridgetown: Bridgetown liegt auf Barbados, und Barbados gilt als Touristenziel, wie übrigens die gesamte Karibik. So hat sich natürlich die Presse darauf gestürzt und erklärt, die Europaabgeordneten hätten eine Vergnügungsreise in die Karibik unternommen. Es wäre allerdings ziemlich schwierig, die Arbeit einer paritätischen Versammlung zu organisieren, ohne sich in die Länder zu begeben, die ihr angehören. Nun ist es eine Tatsache, dass sich unter den Ländern der Karibik und des Pazifik wie auch Afrikas einige befinden, in denen der Tourismus zu den wichtigsten Wirtschaftsaktivitäten gehört. Ist das ein Grund, dort nicht hinzureisen? Das wäre doch völlig unangemessen gegenüber diesen Ländern und würde ein verzerrtes Bild von der Tätigkeit der AKP-Länder vermitteln.

Lassen Sie mich noch eine Zahl anführen: Es wurden neun Entschließungen verabschiedet, von denen ich nur einige nennen will, die die künftigen Probleme beleuchten wie Tourismus und Entwicklung, Vogelgrippe oder die Energieproblematik in den AKP-Ländern. Noch eine Zahl: Es gab sieben gemeinsame Delegationen, von denen eine, die nach Teneriffa und Malta gereist ist, zu Fragen der Migration von sich reden gemacht hat.

Ich möchte einige Punkte aus diesem Tätigkeitsjahr hervorheben. Zu nennen ist die Teilnahme, ja die steigende Teilnahme von nichtstaatlichen Akteuren an der Arbeit der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung. Das ist eine erfreuliche Tatsache, obwohl die Beteiligung dieser Akteure häufig über Parallelveranstaltungen erfolgt. Es handelt sich hier unbestreitbar um eine positive Ergänzung zur Tätigkeit unserer Versammlung. Ich hatte die Ehre, als Vizepräsident bis zur nächsten Präsidiumssitzung damit beauftragt zu sein, und ich glaube es ist wichtig, dass dieser Posten besetzt wird.

Ein weiterer Punkt betrifft die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen. Ich konnte feststellen, wie leidenschaftlich sich Kommissar Michel für diese Abkommen einsetzt. Auch hier hat die Paritätische Parlamentarische Versammlung eine entscheidende Rolle übernommen, indem sie die Verhandlungen begleitete und vor allem die beiderseitige Information ermöglichte: die der Europaabgeordneten zwecks einer besseren Kenntnis der AKP-Länder und die unserer AKP-Partner über gewisse Hirngespinste einiger überspannter Leute, die die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen als eine Art trojanisches Pferd des Liberalismus darstellten, und ich danke Kommissar Michel dafür, dass er nochmals erläutert hat, dass sie Instrumente der Entwicklungspolitik sind und dass ihre Bedingungen nicht unverrückbar feststehen, wie dies in den auf den Fluren der Paritätischen Parlamentarischen kursierenden Gerüchten behauptet wurde.

Zudem hatten wir Anhörungen mit den Verhandlungsleitern und den zuständigen Kommissaren zu diesem Thema und konnten so unsere Kenntnisse über die Wirtschaftspartnerschaften verbessern.

Was Darfur betrifft, so will ich nicht näher auf dieses Thema eingehen, das leider noch längst nicht ausgestanden ist. Lassen Sie mich nur eine unsinnige Erscheinung erwähnen: die Befassung getrennter Wahlkollegien. Bei der ersten Tagung in Wien hatten wir eine gemeinsame Entschließung zu Darfur verabschiedet, während in Bridgetown eine getrennte Abstimmung beantragt wurde, wodurch die Entschließung zu Fall gebracht wurde, da unsere AKP-Partner sie nicht annahmen. Sie hatten dem Druck einiger Länder nachgegeben. In dem Bericht schlage ich vor, diese Praxis aufzugeben, damit die Paritätische Parlamentarische Versammlung als eine wirkliche paritätische Versammlung arbeiten kann, in der ausschließlich demokratische Regeln herrschen.

Was die parlamentarische Dimension betrifft – ich komme anschließend noch einmal darauf zurück, Herr Kommissar –, so möchte ich Sie nur an die Verpflichtung erinnern, die Sie hinsichtlich der Übermittlung der strategischen Dokumente natürlich an die AKP-Länder und an das Europäische Parlament übernommen haben. Ich messe der Einbeziehung unserer AKP-Kollegen große Bedeutung bei.

Was schließlich die Entwicklung des Panafrikanischen Parlaments betrifft, so halte ich es für sehr wichtig, dass wir eine Partnerschaft zu diesem Parlament und parallel zur Afrikanischen Union unterhalten. Ich glaube, dass eine Delegation dorthin gereist ist und dass wir uns verpflichtet haben, ihre Präsidentin zu empfangen.

Ein weiterer Punkt: die Stärkung der Subregionen im AKP-Gebiet. Es gibt vier Regionen in Afrika sowie die Karibik- und die Pazifikregion, und es wäre günstig, die Subregionen zu stärken, da bei den Wirtschaftspartnerschaften nur ein regionaler Ansatz eine echte Umsetzung im Interesse aller ermöglicht.

Lassen Sie mich abschließend etwas zur parlamentarischen Dimension sagen. Es ist ganz wesentlich, dass wir, ich meine damit die Europaabgeordneten, aber ganz besonders unsere Kollegen aus den AKP-Ländern, uns Gedanken darüber machen, wie die Paritätische Parlamentarische Versammlung ihrer Funktion als Informationsquelle gerecht werden kann. Eine solche Funktion erfordert die Stärkung der Kapazitäten des Sekretariats der AKP-Seite. Dazu gehört eine vorherige Schulung und ein größeres Interesse unserer Abgeordnetenkollegen, vor allem für den Europäischen Entwicklungsfonds und seine Durchführung, aber auch für die Erarbeitung der integrierten nationalen und regionalen Pläne, für die nationalen Strategiedokumente sowie für die WPA. Wir freuen uns darüber, dass ein Teil der EEF-Mittel für die Schulung der Abgeordneten bereitgestellt wurde, damit die Paritätische Parlamentarische Versammlung auf Personen zurückgreifen kann, die über Strukturen verfügen, Überlegungen anstellen und Informationen besitzen, um die PPV zu einem wirklich effizienten Gremium zu machen.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Paritätische Parlamentarische Versammlung wird zu einem immer solideren Pfeiler der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den AKP-Ländern. Ich habe seit meiner Ernennung zum verantwortlichen Kommissar für Entwicklung und humanitäre Hilfe persönlich an allen Tagungen der PPV teilgenommen und kann gut nachvollziehen, welchen Weg diese Institution zurückgelegt hat. Die Versammlung trägt heute einen zunehmend parlamentarischen Charakter, die Debatten sind offener geworden, und es gibt weniger regionale Spannungen. Die PPV hat bewiesen, dass sie in der Lage ist, eine Vielfalt von Themen zu erörtern und Einigung zu sensiblen Themen zu erreichen, wie dem Wiederaufbau nach Konflikten, der nachhaltige Bewirtschaftung von Ressourcen oder den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen.

Der ausgezeichnete Bericht von Herrn Cornillet und dem Entwicklungsausschuss spiegelt diese Entwicklung getreu wider. Sie heben die Erfolge hervor, ohne jedoch die noch zu lösenden Probleme zu vergessen. Der Bericht weist auch auf die Herausforderungen hin, die sich am Horizont abzeichnen. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie unter Ziffer 2 die Absicht der Kommission würdigen, die Strategiedokumente der parlamentarischen Prüfung zu unterwerfen. Sie äußern zugleich Ihr Bedauern darüber, dass das nicht möglich war, aber Sie wissen zweifellos, dass die Mitgliedstaaten nach dem Standpunkt, den wir zu diesem Thema geäußert haben, sich darauf zu einigen vermochten, eine neue Bestimmung in die Verordnung für die Durchführung des 10. EEF aufzunehmen. Diese Bestimmung sieht vor, dass die AKP-Länderstrategiedokumente zum gleichen Zeitpunkt wie sie an die im EEF-Ausschuss vertretenen Mitgliedstaaten übermittelt werden, der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung zur Information vorgelegt werden müssen.

Ich begrüße diese Lösung, die zweifellos dem spezifischen Charakter des EEF Rechnung trägt, denn die Paritätische Parlamentarische Versammlung ist eine Institution, die im Übereinkommen von Cotonou anerkannt wird und folglich am besten geeignet ist, den korrekten Ablauf des Programmplanungsprozesses im Rahmen des 10. EEF zu überwachen, da dieser nicht zum Gemeinschaftshaushalt gehört. Zugleich bietet das der PPV die Chance, zu beweisen, dass sie in der Lage ist, eine echte politische Rolle in unserer Zusammenarbeit zu spielen.

Lassen Sie mich abschließend die Gelegenheit nutzen und der Regierung und dem Parlament von Barbados sowie dem österreichischen Ratsvorsitz für die ausgezeichnete Organisation der PPV-Tagungen im vergangenen Jahr danken. Einige von uns werden sich nächste Woche in Wiesbaden, in Deutschland, zur nächsten Tagung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung wiedersehen.

 
  
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  Maria Martens, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (NL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich beglückwünsche Herrn Cornillet zu seinem Bericht über die Arbeiten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU 2006. Es war wieder ein fruchtbares Jahr. Wichtige Themen wurden besprochen wie die Energieproblematik, der Tourismus und die Wasserprobleme in den AKP-Ländern, die Förderung von Frieden und Sicherheit, die Probleme im Zusammenhang mit der Fischereiwirtschaft in den verschiedenen Ländern und natürlich die WPA, die neuen Handelsabkommen.

Diese parlamentarische Delegation stellt weiterhin ein besonderes und einmaliges Gebilde dar. Die Tatsache, dass 77 MdEP und 77 AKP-Parlamentarier – ein Abgeordneter aus jedem AKP-Land – mehrmals im Jahr zusammenkommen, um über Entwicklungspolitik zu diskutieren, ist wichtig, und die Vorbereitungsarbeiten dazu, die von den EU- und den AKP-Ländern gemeinsam geleistet werden, sollten nicht vergessen werden. Diese Tagungen sind auch für unsere parlamentarische Tätigkeit von äußerster Wichtigkeit, da wir nicht nur über die Länder sprechen, sondern auch mit ihnen die Durchführung des Cotonou-Abkommens und die Entwicklungspolitik im Allgemeinen diskutieren. Das hätte bei der Europa-Afrika-Strategie natürlich von Anfang an geschehen müssen, doch war diese zu einseitig aus europäischer Sicht konzipiert. Zum Glück wird es künftig eine gemeinsame Strategie der Europäischen und der Afrikanischen Union für die Entwicklung Afrikas geben, der zu Recht Priorität eingeräumt wird. In Afrika herrscht die größte Armut, und sie nimmt die besorgniserregendsten Ausmaße an.

Es ist erfreulich festzustellen, dass sich die Paritätische Parlamentarische Versammlung ständig weiterentwickelt und dass der Dialog zwischen den AKP-Ländern und der Europäischen Union in Fahrt kommt. Ebenso erfreulich ist die Feststellung, dass es offensichtlich in zunehmendem Maße möglich ist, sensible Themen wie Korruption und Krisensituationen etwa am Horn von Afrika und im Sudan zur Sprache zu bringen. Ein neuralgischer Punkt bleibt Simbabwe. Da die Situation in diesem Land nicht hingenommen werden kann, müssen wir alles in unserer Macht Stehende tun, um die Position der Bürger dort zu schützen und den Menschenrechtsverletzungen Einhalt zu gebieten. Nächste Woche kommen wir wieder zusammen, in Wiesbaden, in Deutschland. Dieser Tagung sehe ich erwartungsvoll entgegen und hoffe auf einen weiteren konstruktiven Dialog, bei dem wieder Themen erörtert werden können, die heikel sind.

 
  
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  Glenys Kinnock, im Namen der PSE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Ich habe mich wirklich gefreut, vom Kommissar zu hören, dass sich die Paritätische Parlamentarische Versammlung inzwischen zu einer robusten Organisation entwickelt hat. Das ist sie in der Tat. Ich möchte ihm dafür danken, dass er an jeder PPV bisher teilgenommen hat. Ferner möchte ich anmerken, dass der Präsident des Parlaments an der Sitzung nächste Woche in Wiesbaden teilnehmen wird. So hat es auch sein Vorgänger, Präsident Borrell, gehalten, der jetzt Mitglied der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung ist.

Diese Mitarbeit ist von großer Bedeutung und verschafft der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung, die, wie von anderen – so Herrn Cornillet in seinem ausgezeichneten Bericht – bereits festgestellt wurde, wächst und gedeiht, Ansehen und Geltung. Das verdankt sie der Tatsache, dass sie von so vielen engagierten und aktiven Parlamentariern aus den AKP-Staaten und diesem Parlament gehegt und gepflegt wird. Wir pflegen eine sehr aktive Zusammenarbeit in der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung, und, wie Herr Cornillet auch diesbezüglich feststellt, weist unsere Arbeit einen immer ausgeprägteren parlamentarischen Charakter auf.

Wir haben eine sehr vielfältige Agenda, und ganz gleich welche Listen wir auch immer aufstellen mögen, unsere Arbeit hat als Bezugspunkt stets das Partnerschaftsabkommen von Cotonou, das eine verbindliche vertragliche Vereinbarung zwischen Europa und den AKP-Mitgliedern darstellt. Die Partnerschaft zwischen all diesen Ländern trägt einen absolut einmaligen Charakter. Das hat damit zu tun, dass das Partnerschaftsabkommen von Cotonou diese parlamentarische Dimension vorsieht. Darauf sollten wir sehr stolz sein.

Wichtig ist außerdem, dass wir uns intensiv bemüht haben, die Parlamentarier aus AKP-Ländern besser in die Lage zu versetzen, die Arbeit der Exekutive und der Regierungen ihrer Länder gründlich zu prüfen. Ferner ist es ihre Aufgabe, ihre Regierungen zur Rechenschaft zu ziehen, denn das wird von Parlamentariern erwartet. Aber offen gestanden werden die Parlamentarier in den meisten der AKP-Länder, in denen wir mit ihnen sprechen und arbeiten, selten in den Bereich der Arbeit ihrer Regierungen einbezogen.

Die Kommission trifft diesbezüglich auch eine gewisse Schuld, weil sie bei Konsultationen wie z. B. zu den Länderstrategiepapieren die Notwendigkeit von Verhandlungen und Konsultationen mit der Zivilgesellschaft in den entsprechenden Vereinbarungen verankert hat. Damit habe ich kein Problem; das ist sehr gut. Andererseits sind die Parlamentarier die gewählten Vertreter, und ich wünsche mir, dass sie viel stärker in die Programmplanung, die Durchführung, Überwachung und Evaluierung einbezogen werden. Außerdem müssen wir die nationalen Parlamente der EU auffordern, den Europäischen Entwicklungsfonds einer gründlichen Prüfung zu unterziehen. Damit können sie uns helfen.

Ich glaube, dass sich die Arbeit der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung in den 13 Jahren, denen ich ihr angehöre, verändert und verbessert hat. In der Vergangenheit wurde sie vollkommen von europäischen Parlamentariern beherrscht. Ich glaube, wir alle können guten Gewissens sagen, dass das nicht mehr der Fall ist.

 
  
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  Johan Van Hecke, im Namen der ALDE-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Herr Cornillet hat eine hervorragende schriftliche Zusammenfassung der Arbeiten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung (PPV) im Jahr 2006 vorgelegt, einer PPV, die an Glaubwürdigkeit und an Schlagkraft gewinnt, die schwierigen Debatten wie dem Thema Migration nicht mehr ausweicht und die auch den Mut zu Entscheidungen besitzt, obwohl das Streben nach Übereinstimmung noch immer die Regel ist. Ein typisches Beispiel dafür – und meines Erachtens auch einer der Höhepunkte – waren die Aussprache und die Entschließung über den Stand der Verhandlungen über die WPA, die dann als Grundlage, als Ausgangspunkt für den Bericht unseres Kollegen Sturdy gedient hat, den wir hier im Parlament angenommen haben und der von unseren Kollegen aus den AKP-Parlamenten teilweise unterstützt wurde.

Gestatten Sie mir noch zwei weniger positive Feststellungen. Erstens ist, wie Herr Cornillet bereits erwähnte, in Bridgetown eine ausgewogene Entschließung über Ostafrika, obwohl sie von einer großen Mehrheit der Mitglieder in der Versammlung befürwortet wurde, abgelehnt worden, weil man eine getrennte Abstimmung vorgenommen hatte. Dies steht im Widerspruch zum Geist der Solidarität und des Zusammenhalts innerhalb der PPV. Es stellt sich die Frage, ob die Geschäftsordnung nicht revidiert werden sollte, um Sperrminderheiten auf beiden Seiten auszuschließen.

Zweitens übt das AKP-Sekretariat– und dies muss offen und ehrlich gesagt werden – nach wie vor Druck auf das Stimmverhalten der AKP-Mitglieder aus. Auch das ist inakzeptabel ebenso wie der Einfluss, den die Botschafter systematisch auszuüben versuchen. Hoffnungsvoll stimmt, dass die AKP-Länder beschlossen haben, eine Studie über die Bewertung der Arbeit des Sekretariats zu erstellen, aber selbstverständlich muss bei dieser Bewertung etwas herauskommen.

Zusammenfassend und abschließend sei festgestellt, dass 2006 ein gutes Jahr für unsere PPV war. Hoffentlich kommen wir 2007 in Richtung einer Verstärkung ihres parlamentarischen und politischen Charakters noch einen Schritt weiter voran.

 
  
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  Marie Anne Isler Béguin, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, ich möchte im Namen meiner Fraktion, der Grünen und der FEA, ebenfalls den Bericht begrüßen. Meiner Meinung nach sollte allerdings die Analyse der Arbeiten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung in erster Linie politischer Art sein.

Es stellt sich die Frage, ob wir mit der Situation der AKP-Länder nach Jahren einer Entwicklungspolitik, bei der die Union die Rolle des größten Geldgebers spielt, zufrieden sein können, und welche Fortschritte es auf dem Wege der Demokratisierung gibt.

Bei unseren regelmäßigen Reisen in diese Länder können wir nur feststellen, dass das menschliche Elend dort zunimmt und dass die Demokratie immer noch in den Kinderschuhen steckt. Jedoch selbst wenn sich unsere Arbeit – wie Herr Cornillet feststellte – in der PPV gut entwickelt, darf dies uns nicht veranlassen, den Wald vor Bäumen nicht zu sehen, denn wir haben die Möglichkeit, noch weiter zu gehen, sowohl was die gegenseitige Achtung unserer europäischen Interessen als auch natürlich was die Erwartungen der AKP-Länder betrifft.

Und es gibt Hoffnungen, ein Beispiel hierfür ist der demokratische Übergangsprozess, der in Mauretanien eingeleitet wurde. Allerdings muss – und da wende ich mich an die Kommission – die Union ihre Zusagen einhalten und den Mauretaniern dabei helfen, ihren Wandlungsprozess zum Erfolg zu führen und menschenwürdige Lebensbedingungen zu schaffen. Die Unterstützung der PPV für die Nationalversammlung Mauretaniens könnte ein Schritt in diese Richtung sein.

Herr Kommissar, ich möchte auf jeden Fall die Bekämpfung der Armut ansprechen. Wir haben lange darüber diskutiert: Man muss sagen, dass eine der Voraussetzungen hierfür in der Regelung der Umweltfragen besteht, die – und hier wende ich mich an Herrn Cornillet – in unseren Arbeiten noch immer zu wenig Berücksichtigung finden.

Ich möchte auch den Bericht über die nachhaltige Entwicklung erwähnen, der im Rahmen unserer Arbeiten zu den derzeit von den AKP-Ländern umgesetzten Aktionsplänen erstellt wurde. Was tun wir, um die Wüstenbildung zu stoppen, die Hunderttausende Afrikaner dazu bringt, in unwürdige Slumsiedlungen zu fliehen oder sich selbst unter Lebensgefahr in ein vorgestelltes europäisches Eldorado aufzumachen? Diese Frage stellt sich, und die Welt erwartet eine Antwort.

 
  
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  Paul Marie Coûteaux, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (FR) Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen Vertreter der Mitgliedstaaten und Bedienstete der Kommission! Wir stimmen der allgemeinen Linie des Berichts Cornillet zu, die von gesundem Menschenverstand, gutem Willen und noblen Absichten zeugt, bei denen es sich allerdings, wie ich befürchte, zumeist um fromme Wünsche handelt.

Ein Punkt sei jedoch hervorgehoben, nämlich der allzu große Kontrast zwischen der Bedeutung und dem Gewicht, die heute der Frage unserer Beziehungen zu den afrikanischen Ländern beigemessen werden, und der Gleichgültigkeit der europäischen Oligarchien, besonders in diesem Parlament, gegenüber den Ländern des Südens.

Ja, werte Kolleginnen und Kollegen, unsere Sünde lautet Gleichgültigkeit. Es gibt keinen Vergleich zwischen der vielfach minimalen Bedeutung der Fragen, die neun Zehntel oder mehr unserer Debatten und unserer Abstimmungen einnehmen, und dem schwerwiegenden Charakter des sich verschlimmernden Ungleichgewichts zwischen Europa und Afrika. Ich sage Afrika, denn ich denke, man sollte den AKP-Bereich nicht allzu sehr ausweiten. Das Wesentliche sollte sich auf den ursprünglichen Kern der Lomé-Abkommen konzentrieren, der das subsaharische Afrika ist und bleiben sollte.

Zweifellos ist die Frage zu authentisch politisch, zu unmittelbar politisch, um von supranationalen Institutionen behandelt zu werden, die von Natur aus zu schwach sind, um sich anderen als technischen Fragen zu widmen. So gesehen ist es normal, dass man sich an die Staaten wendet und dass wir, wie es der Bericht Cornillet auf so ausgezeichnete Weise tut, eine stärkere Einbeziehung der nationalen Parlamente fordern, denn wenn wir die großen Probleme immer nur auf europäischer Ebene behandeln wollen, werden wir sie bald überhaupt nicht mehr behandeln und gleichzeitig die Staaten aus der Verantwortung entlassen.

Ja, werter Kollege Cornillet, die Lösung besteht hier wie anderswo darin, den Staaten und den nationalen Parlamenten als authentisch demokratischen Institutionen zu vertrauen.

 
  
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  Koenraad Dillen, im Namen der ITS-Fraktion.(NL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Obwohl dies nicht überraschend kommt, ist es doch zu begrüßen, dass die Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP-EU in ihrem Bericht anerkennt, dass das Thema Migration die künftigen Beziehungen zwischen der EU und den Entwicklungsländern und insbesondere Afrika beherrschen wird.

Zu den betreffenden Arbeiten und Empfehlungen dieser Einrichtung – denn bis zu einem gewissen Grad geht es in dem vorliegenden Bericht letztendlich darum – sind allerdings einige kritische Anmerkungen zu machen. Studienmissionen in Malta, Spanien und Senegal mögen zwar nützlich sein, haben aber diesmal leider wenig neue Erkenntnisse gebracht. Was lehrt uns ein Bericht über die Migration von Facharbeitern und deren Auswirkung auf die Entwicklung der jeweiligen Länder? Die Migration von Facharbeitern führt zu einem Brain Drain in den Herkunftsländern und ist für diese Länder auf jeden Fall schädlich.

Der größte Widerspruch besteht nämlich selbstverständlich darin, dass die Befürworter einer verstärkten Migration nach Europa zwecks Besetzung freier Stellen in so genannten Engpassberufen allzu oft vergessen, dass diese Migration zu einer Verarmung in den Herkunftsländern führt, mit der Folge, dass die Schwächsten Gefahr laufen, auf sich allein gestellt zu bleiben. Wir müssen den Mut haben, dies klar und deutlich auszusprechen. Letzten Endes lassen sich aber die Ansicht und die Antwort der Parlamentarischen Paritätischen Versammlung zur Migration voraussagen. Als Bindeglied zwischen den europäischen Institutionen wiederholt die Parlamentarische Paritätische Versammlung lediglich die Migrationspolitik des offiziellen Europas. Diese ist alles andere als eine effektive und entschlossene Einwanderungspolitik, bei der den Herkunftsländern klare Botschaften übermittelt und Bedingungen auferlegt werden, die den eigenen Bedürfnissen entsprechen.

Auch bei den Themen Menschenrechte, Demokratie und gute Regierungsführung ist dieses Forum ein getreues Spiegelbild der offiziellen EU-Politik und lässt das Aussenden eines entschiedenen Signals völlig vermissen. Eines Signals, das den betreffenden Ländern deutlich macht, dass der Nichtachtung der Menschenrechte und demokratischer Grundsätze damit begegnet werden muss, dass alle Formen der Entwicklungshilfe verringert oder gar ausgesetzt werden.

 
  
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  Gay Mitchell (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Zunächst begrüße ich diesen Bericht. Er ist hochaktuell, erscheint er doch am Vorabend der Tagung in Wiesbaden, an der wir teilnehmen werden. Allerdings – ich weiß nicht, ob der Kommissar dieser Aussprache tatsächlich zuhört – habe ich bisweilen den Eindruck, dass wir eine Art Nervensäge sind, die irgendwo an der Peripherie hartnäckig Probleme anspricht, die außer von uns selbst in unseren sehr schönen Berichten ansonsten wenig beachtet werden.

Aber ich denke, dass es eine Chance zur Innovation und für Veränderungen gibt. Ich komme aus einem Land, das buchstäblich in jüngster Vergangenheit unter einer Hungersnot litt. Ich habe mit jemandem gesprochen, der mit jemandem gesprochen hat, der die große Hungersnot in Irland selbst erlebt hat: Es ist also wirklich noch nicht so lange her. Einer der Faktoren, die in Irland wie auch in den USA wirklich etwas verändert haben, war der Besitz von Eigentum. Ich möchte Nirj Deva und Jürgen Schröder dafür loben, dass sie dieses Problem immer wieder angesprochen haben. Das ist meines Erachtens ein Problem, auf das wir aufmerksam machen müssen. Wir müssen versuchen, neue Ideen wie diese in den Vordergrund zu rücken.

Wenn man sich die irische Geschichte und die Gründe für die Teilung Irlands anschaut, so stellt man fest, dass viele Menschen, die in den Norden gezogen sind, kleine Grundstücke erhielten, die dann ihr Eigentum waren. Auf diesen bauten sie Flachs an, vermehrten ihr Kapital und erwarben Wohlstand. Im Süden gab es abwesende Verpächter und Pächter, die kein Geld für ihre Grundbedürfnisse hatten und denen der Boden nicht gehörte.

In den Vereinigten Staaten, die zu Beginn enorme Schwierigkeiten hatten, ist das Gleiche passiert. Die Menschen konnten Grund und Boden als ihr Eigentum erwerben, und das hat vieles verändert. Wir müssen vor allem in Afrika und in der Dritten Welt generell nach Wegen suchen, damit die Menschen Kapital als ihr Eigentum erwerben können. Obwohl ich die generelle Ausrichtung des Berichts begrüße und unterstütze, müssen wir nach neuen Wegen und Möglichkeiten für einen zusätzlichen Nutzen suchen, die wir - Parlament, Kommission und Rat – in die Problematik der Dritten Welt einbringen können. Meines Erachtens ist der Besitz von Eigentum eine Möglichkeit, die es weiterzuverfolgen lohnt.

 
  
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  Marie-Arlette Carlotti (PSE). – (FR) Herr Präsident! Ich möchte meinen Kollegen Thierry Cornillet zu seinem ausgezeichneten Bericht beglückwünschen. Er widerspiegelt klar und deutlich die beachtliche Arbeit, die die Paritätische Parlamentarische Versammlung im Jahr 2006 geleistet hat, welche sich durch die Qualität ihrer Ergebnisse, wie ich meine, als ein ausschlaggebender Akteur des Dialogs der Nord-Süd-Kooperation durchgesetzt hat.

Die PPV hat Profil gezeigt, indem sie sich in Wien eindeutig zu Darfur äußerte, indem sie ohne Tabu die Verantwortlichkeiten benannte und einen Fahrplan für einen Ausweg aus der Krise vorschlug. Sie zeigte ebenfalls Profil, indem sie sich in Bridgetown zu der Kernfrage der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen äußerte. Ihre Botschaft ist einhellig: Diese Abkommen müssen Instrumente der Entwicklung bleiben, wie Kommissar Michel vorhin in der Debatte bekräftigte.

Dieses politische Gewicht der Paritätischen Versammlung wird sich in den nächsten Monaten noch dadurch verstärken, dass die Kommission sich verpflichtet hat, ihr ein Recht auf Einsichtnahme in alle nationalen und regionalen Strategiedokumente der AKP-Zone einzuräumen, sowie durch die regionalen Konferenzen, die die Versammlung künftig durchführen kann, um konkrete Antworten zu sehr wichtigen spezifischen Fragen wie der Migration zu geben.

Angesichts dieser neuen Zuständigkeiten – selbst wenn es keine echten Zuständigkeiten sind –, müssen wir dafür sorgen, die PPV mit den erforderlichen Mitteln auszustatten, damit sie ihre Aufgaben durchführen kann. Ich will damit der Kommission und dem Kommissar sagen, dass wir gemeinsam flexible und effiziente Mittel finden müssen, um einvernehmlich an dem Verfahren für das nunmehr geltende Recht auf Prüfung der Strategiedokumente zu arbeiten. Das ist eine langwierige und schwierige Aufgabe, der wir uns stellen müssen.

Zugleich appelliere ich an die Arbeitsgruppe zur Parlamentsreform, der Spezifik und den Erfordernissen der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung Rechnung zu tragen, denn in dem gegenwärtig erarbeiteten parlamentarischen Zeitplan überschneiden sich einige unserer Verpflichtungen mit der Arbeit der PPV.

Lassen Sie mich abschließend Glenys Kinnock zu der Art und Weise beglückwünschen, in der sie den Ko-Vorsitz dieser Versammlung ausgeführt hat.

 
  
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  Fiona Hall (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Ich begrüße diesen Bericht meines Kollegen Herrn Cornillet. Er vermittelt einen zusammen- und umfassenden Eindruck von der Arbeit der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung im letzten Jahr.

Der Jahresbericht bietet eine gute Gelegenheit, um Bilanz zu ziehen und zu prüfen, was in der PPV gut funktioniert und wo es Reserven gibt. Wir sind unseren Wählern Rechenschaft darüber schuldig, ob nicht-legislative Gremien wie die PPV ihr Geld wert sind. Meines Erachtens gibt es drei positive Indikatoren: Die PPV ist robust, wie bereits gesagt wurde, sie verdient sich ihren Unterhalt und gewinnt ständig an Bedeutung. Wie der Berichterstatter bereits sagte, stellt die Einbeziehung nichtstaatlicher Akteure so wie die Zunahme von Rahmenveranstaltungen eine positive Entwicklung dar. Sie führen Abgeordnete zusammen, die gemeinsame Anliegen verfolgen, wie z. B. AKP-Delegierte, die entlegene und unter Dürren leidende Regionen vertreten, sowie Europaabgeordnete, die sich mit dem Klimawandel befassen. Gerade diese informellen Diskussionen bieten oftmals den besten Rahmen für eine Zusammenarbeit zwischen Europaabgeordneten und AKP-Parlamentariern.

Zweitens glaube ich, dass sich beide Seiten wünschen, dass die PPV rascher auf aktuelle Ereignisse reagieren kann. Darauf nimmt der Berichterstatter in Ziffer 17 Bezug. Natürlich muss die Debatte eine Struktur haben, aber die formelle aus Diskussionen und Berichten bestehende Struktur zieht die Dinge in die Länge. Wir müssen Wege finden, um die PPV direkter einzubeziehen und agieren zu lassen.

Damit komme ich zum meinem dritten Punkt: Die Teilnahme von Parlamentariern beider Seiten war bisweilen etwas enttäuschend. Natürlich sind die Parlamentarier beider Seiten zuallererst ihren eigenen Parlamenten verpflichtet, folglich wird es zwangsläufig zu terminlichen Überschneidungen kommen. Deshalb freue ich mich sehr, dass das Europäische Parlament eine Änderung des Zeitplans prüft und beabsichtigt, einige Wochen – die neuen „Türkis-Wochen“ - für externe Treffen zu reservieren. Ich hoffe, dass damit Aufgabenüberschneidungen vermieden und die aktive Teilnahme der 78 Europaabgeordneten wesentlich verbessert werden können. Das sollten wir bei der Einführung der Veränderungen am Zeitplan des Europäischen Parlaments ständig im Auge behalten.

 
  
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  Liam Aylward (UEN). – (EN) Herr Präsident! Eine der Fragen, um die es auf der bevorstehenden Tagung des AKP-EU-Rates nächste Woche in Deutschland gehen wird, wird die Neubewertung der EU-Politik in Bezug auf den Sudan sein. Die Sicherheitslage in Darfur verschlechtert sich immer weiter, daran besteht kein Zweifel. Ohne ein sicheres Umfeld können wir die bedürftigsten Menschen nicht erreichen. Die über vier Millionen Menschen, die derzeit in Darfur leben, sind von einer ausgewachsenen humanitären Krise bedroht. Allein 2006 wurde über eine halbe Million Menschen aus dem Sudan vertrieben.

Die internationale Gemeinschaft ist der sudanesischen Regierung gegenüber in Sachen Darfur einfach nicht energisch genug vorgegangen. Die sudanesische Regierung spielt mit der internationalen Gemeinschaft Katz und Maus, damit die Europäische Union und die UNO möglichst wenig Einfluss auf die Lage im Sudan haben.

Ich begrüße die jüngsten Bestrebungen zur Aufstockung der als Mission der Afrikanischen Union bekannten Streitkräfte der Afrikanischen Union im Sudan. Doch das Problem dabei besteht darin, dass diese Streitkräfte nicht gut ausgebildet und zahlenmäßig zu schwach sind. Außerdem muss die Europäische Union eine Verschärfung der Sanktionen gegen die sudanesische Regierung in Betracht ziehen, die auch ein Einreiseverbot für wichtige Mitglieder der sudanesischen Regierung in die Europäische Union vorsieht und verhindert, dass Vertreter der sudanesischen Regierung Investitionen in Europa vornehmen.

 
  
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  Geoffrey Van Orden (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Die PPV befasst sich nicht nur mit Afrika, aber es ist Afrika, das vornehmlich im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit steht. Vor zwei Wochen war Erzbischof Desmond Tutu im Parlament und sprach über Darfur sowie über Afrika im Allgemeinen. Er bedankte sich dafür, dass wir weder der Spendemüdigkeit noch dem Afropessimismus nachgegeben und auch nicht zugelassen haben, dass sich die Regierungen abwenden.

Aber er teilte unsere Sorge über das Regime in Simbabwe, das eine einstmals florierende Wirtschaft zerstört hat, seine Bürger unterdrückt und die Beziehungen zwischen Afrika und der Europäischen Union belastet.

Die Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) hat endlich anerkannt, dass es in Simbabwe ein Problem gibt, und den südafrikanischen Präsidenten Mbeki beauftragt, bei Gesprächen zwischen dem Mugabe-Regime und der simbabwischen Opposition zu vermitteln. Es gibt bereits erste Fortschritte. Vergangenes Wochenende fand in Südafrika das erste Zusammentreffen zwischen der ZANU (PF) und der MDC statt, aber es bleibt noch enorm viel zu tun. Es sei nur daran erinnert, dass erst vor wenigen Tagen zwei MDC-Aktivisten aus dem Distrikt Matobo entführt und ermordet wurden.

Nicht nur die SADC beginnt zu verstehen, dass das Mugabe-Regime ein Problem ist, sondern die AKP meldet sich ebenfalls zu Wort. Im März rief das PPV-Präsidium die simbabwische Regierung auf, die Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit im Einklang mit dem Cotonou-Abkommen wiederherzustellen. Nächste Woche steht Simbabwe auf der Tagesordnung der Tagung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU. Es ist dringend erforderlich, dass beide Seiten, sowohl die AKP als auch die EU, mit einer Stimme zu den schrecklichen Vorgängen in Simbabwe Stellung nehmen. Nach der PPV-Tagung wird die Afrikanische Union zu ihrem Gipfel in Ghana zusammentreten. Wir müssen alles in unseren Kräften Stehende tun, um die afrikanischen Nationen davon zu überzeugen, dass sie die Einsetzung von Präsident Mbeki auf diesem Gipfel entschlossen unterstützen und alles tun, um der Menschen in Simbabwe, ja aller Menschen in Afrika willen eine rasche politische Wende zum Besseren herbeizuführen.

 
  
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  Filip Kaczmarek (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Wenn es um die Entwicklungspolitik geht, sprechen wir oft davon, dass die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden müssen. Eine Möglichkeit, uns regelmäßig darüber zu informieren, was die Vertreter unserer Partner in den Entwicklungsländern wollen, ist die Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP-EU.

Der Bericht, der die Arbeit der Versammlung im letzten Jahr zusammenfasst, ist ein überaus aufschlussreiches und bedeutsames Dokument. Ich möchte Herrn Cornillet für seine Arbeit danken. Die Versammlung befasste sich mit einer Reihe von für die Entwicklungsländer wichtigen Themen, wie z. B. Energie, Wasser, Vogelgrippe, die Bedeutung der regionalen Integration für die Förderung von Frieden und Sicherheit, die sozialen und ökologischen Aspekte des Fischfangs, der wechselseitige Zusammenhang zwischen Tourismus und Entwicklung sowie der Stand der Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen.

Ich möchte Sie auf folgendes Problem aufmerksam machen. Ich denke, es hat wenig Sinn, einen Scheindialog mit den Vertretern von Ländern aufrechtzuerhalten, in denen regelmäßig Menschenrechte verletzt werden. Es ist ein reiner Mythos, dass die Teilnahme an der Arbeit der Versammlung oder aber der Status als Beobachter sich positiv auf ihre Politik auswirken würden. Einigen dient ihre Anwesenheit auf diesem Forum lediglich der Propaganda und weniger der Führung eines Dialogs. Propaganda bringt uns keine echten Lösungen. Das habe ich während der kommunistischen Herrschaft in Polen selbst erfahren. Damals sollte die Propaganda die Politik ersetzen. Länder, die sich so verhalten, verschwenden unsere Zeit, unser Geld und unser Potenzial. Sie schaden auch dem Ansehen der AKP-Länder. Sie verfolgen sehr kurzfristige Ziele, denn es geht ihnen darum, jegliche Kritik an der Situation in ihrem Land zu verhindern. Sie wollen sich von niemandem helfen lassen, weil sie der Ansicht sind, dass sie korrekt und richtig handeln.

Wenn die Versammlung ein echtes, gemeinsames Forum für die Erarbeitung politischer Positionen sein soll, dann muss sich an der Einstellung solcher Länder wie Kuba, Simbabwe oder Sudan etwas ändern.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola (PPE-DE).(FI) Herr Präsident! Als Mitglied der AKP-EU-Delegation habe ich an beiden Paritätischen Parlamentarischen Versammlungen im Jahr 2006 teilgenommen. Die Versammlung ist von großer Bedeutung für den politischen Dialog, wie er in Artikel 8 des Abkommens von Cotonou vereinbart ist. Die Tagungen in Wien und in Bridgetown waren im Großen und Ganzen erfolgreich, und es gab bei beiden lebhafte Debatten. Besonders zufrieden bin ich damit, wie deren parlamentarischer Charakter gestärkt worden ist.

Bei der Tagung in Barbados gehörte ich zu jenen, die die angenommene Entschließung zum Wasser in den Entwicklungsländern vorbereitet haben. Das Verfahren, bei dem jeweils ein parlamentarischer Vertreter der EU und einer der AKP gemeinsam eine Entschließung für die Parlamentarische Versammlung ausarbeiten, ist sehr positiv. Dieses Verfahren trägt zur Legitimität des Entscheidungsprozesses bei. Ich möchte hervorheben, dass es sehr wichtig ist, bedeutende Entschließungen, bei denen die ständigen Ausschüsse eine zentrale Rolle spielen, weiter zu verfolgen. Es muss ausreichend Zeit zur Verfügung gestellt werden, um den Dialog vertiefen zu können.

Für die Zukunft der Drittstaaten ist es von entscheidender Bedeutung, wie grundlegend eine gute Regierungsarbeit, Rechtsstaatlichkeit und demokratische Strukturen in der Gesellschaft verwurzelt sind. Das sind auch die Haupterwartungen, die die AKP-Länder im Hinblick auf ihre Entwicklung haben. Ich stehe daher vollinhaltlich hinter dem Antrag der Parlamentarischen Versammlung, einen Teil der Mittel aus dem Europäischen Entwicklungsfonds für konkrete Projekte zur Unterstützung von Verwaltungsreformen auszugeben. Die Fortbildungsprogramme für Parlamentarier sind ein Beispiel dafür. Ein weiteres Problem sind die geringen Ressourcen, die viele Mitglieder der Parlamente in den AKP-Staaten haben; sie verfügen über wenige Möglichkeiten, dem Ehrgeiz starker Regierungen etwas entgegenzusetzen.

Eine wesentliche Frage lässt der Bericht unerwähnt, nämlich dass es zwingend erforderlich ist, auf die untragbare Lage in Simbabwe zu reagieren. Die Situation der Menschenrechte im Lande ist eine der schlimmsten in Afrika, und die Regierung Mugabe stürzt das Land in immer tiefere Verzweiflung. Zweifellos wird sie auch bei der AKP-EU-Tagung in der kommenden Woche in Wiesbaden versuchen, die Diskussionen über die Lage des Landes zu blockieren. Das sollte unbedingt verhindert werden: Wir brauchen eine ordentliche Debatte.

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. (FR) Herr Präsident! Zunächst möchte ich sagen, dass ich natürlich nicht auf alle Anmerkungen antworten kann, aber die Kommission teilt die Auffassung, dass den nationalen Parlamenten eine entscheidende Rolle bei der Festlegung der nationalen Politiken und der Entwicklungsstrategien in unseren Partnerländern zukommt. Das als Antwort an Frau Kinnock.

Ich stimme ihr natürlich zu, man muss lediglich einen Weg finden, um dieses Ziel zu erreichen. Ich weiß nicht, ob ich meiner Rolle gerecht werde, wenn ich beispielsweise die nationalen Parlamente unserer Partnerländer auffordere, auf die nationalen Strategiedokumente zu reagieren. Die Achtung der institutionellen Nichteinmischung gilt nach wie vor, und ich weiß also nicht so recht, wie dieser Prozess organisiert werden kann. Ich zählte stark auf die Paritätische Parlamentarische Versammlung als Bindeglied zu den nationalen Parlamenten, aber ich bin durchaus bereit, wie ich versichern möchte, jede Lösung zu prüfen, um zu sehen, wie sich dieser Aspekt verbessern lässt.

Ich möchte Ihnen auch sagen, dass wir dank der Troika in der Vorbereitung der gemeinsamen Strategie EU-Afrika vorangekommen sind. In diese Tätigkeit ist das Europäische Parlament übrigens eng eingebunden. Auf der Grundlage der von der Troika erzielten Einigung wird die Kommission am 27. Juni eine Mitteilung über die Ziele dieser Strategie und die Etappen zu ihrer Annahme auf dem EU-Afrika-Gipfel in Lissabon am 7. und 8. Dezember dieses Jahres verabschieden. Meine Dienststellen stehen in ständigem Kontakt mit dem Parlament, sowohl zum Inhalt dieser Dokumente als auch zu dem organisatorischen Aspekt. Ich erachte es als sehr wichtig, dass die drei Hauptinstitutionen der Europäischen Union an der Erarbeitung dieser Strategien mitwirken.

Hierzu möchte ich unterstreichen, dass einer der innovativen Aspekte dieser Strategie beispielsweise in der Errichtung einer echten Partnerschaft der Völker bestehen soll. Ich würde daher gern die Parlamente – das Europäisches Parlament, das Panafrikanisches Parlament und die afrikanischen nationalen Parlamente – dauerhaft in die Umsetzung dieser Strategie einbinden. Ich bin offen für all Ihre Anregungen. Denkbar wären beispielsweise eine gemeinsame Anhörung des Europäischen Parlaments und des Panafrikanischen Parlaments, eine gemeinsame Sitzung der Europäischen Kommission und der Kommission der Afrikanischen Union. Denkbar wäre ebenso eine logistische und politische Unterstützung des Panafrikanischen Parlaments – was übrigens bereits vorgesehen ist –, und eine Unterstützung der afrikanischen nationalen Parlamente wäre auch möglich Es gibt übrigens Parlamente von EU-Mitgliedstaaten, die das bereits tun. Wir stehen erst am Anfang. Wir können also zusammenarbeiten, um diese wichtige Herausforderung zu meistern.

Lassen Sie mich auf einige zufällig herausgegriffene Bemerkungen antworten. Herr Van Orden, Sie haben den Fall Simbabwes im Zusammenhang mit dem EU-Afrika-Gipfel angesprochen. Worauf es heute ankommt – wobei ich zumindest weitgehend Ihr Urteil über Präsident Mugabe teile –, ist, dass die Europäische Union und Afrika diesen Gipfel überhaupt durchführen können. Ich erinnere daran, dass es seit Kairo kein Gipfeltreffen dieser Art mehr gegeben hat, während hingegen ein afrikanisch-chinesischer Gipfel abgehalten wurde. Es kommt mir also darauf an, dass unser Gipfel stattfindet.

Jemand hat auch Sanktionen gegen Sudan angesprochen. Ich muss Ihnen sagen, dass ich keine Probleme bezüglich von Sanktionen sehen würde, wenn man nachweisen könnte, dass sie nützlich sind und nicht zu Lasten der Bevölkerung gehen. Im Allgemeinen bin ich ziemlich zurückhaltend, was Sanktionen betrifft, ich glaube viel mehr an das Zuckerbrot als an die Peitsche, und ich halte viel von Ausübung von Druck. Im Übrigen bin ich nicht davon überzeugt, dass man zu dem Zeitpunkt, da Präsident al-Baschir die Hybridstreitkräfte gerade in Darfur akzeptiert hat, mit neuen Sanktionen drohen sollte. Sanktionen kann man jederzeit ergreifen, und ich bin nicht sicher, dass die Sanktionen, die manche im Auge haben, unbedingt von Nutzen sind.

Herr Mitchell sprach von Zugang zu Landeigentum. Diese Idee wurde von Herrn De Soto im Einzelnen dargelegt, und ich verfolge die Angelegenheit sehr genau. Ich gehöre im Übrigen einer informellen Arbeitsgruppe an, in der wir zusammen mit Madeleine Albright an dieser Idee des Landeigentums gearbeitet haben, die Ihnen sicher bekannt ist. Die Idee ist sehr verlockend, und ich versuche herauszufinden, wie wir im Rahmen des Europäischen Entwicklungsfonds dazu beitragen könnten. Versuche laufen bereits, und ich glaube, das ist ein äußerst interessanter und wichtiger Weg bei der Suche nach einer effizienten Lösung.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen statt.

 

15. Informationsreise nach Andalusien, Valencia und Madrid (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgen:

- die Anfrage zur mündlichen Beantwortung an den Rat – Informationsreise nach Andalusien, Valencia und Madrid von Marcin Libicki und Michael Cashman im Namen des Petitionsausschusses (O-0030/2007 - B6-0127/2007) und

- die Anfrage zur mündlichen Beantwortung an die Kommission – Informationsreise nach Andalusien, Valencia und Madrid von Marcin Libicki und Michael Cashman im Namen des Petitionsausschusses (O-0031/2007 - B6-0128/2007).

Ich sehe mich veranlasst, ebenso wie alle Kolleginnen und Kollegen die Abwesenheit des Rates zu bedauern, der nicht hier sein wird, um die Fragen der Abgeordneten zu beantworten.

 
  
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  Marcin Libicki (UEN), Verfasser. (PL) Herr Präsident! Ich möchte mich nur vergewissern, ob mir, wenn ich das richtig verstanden habe, zweieinhalb Minuten Redezeit zur Verfügung stehen, denn allem Anschein nach wird auch Herr Cashman zu diesem Thema sprechen. Gehe ich recht in der Annahme, dass ich zweieinhalb Minuten Redezeit habe? Ich möchte mich vergewissern, weil Sie das zuvor nicht erwähnt hatten.

Herr Präsident! Für Touristen und auch für Nordeuropäer, die in ein anderes Land ziehen wollen, ist die Mittelmeerküste am attraktivsten. Vor allem an der spanischen Küste gab es eine überaus intensive Urbanisierung. Aus diesen extremen Aktivitäten erwuchs eine Reihe von Konflikten.

Es gibt praktisch drei Konfliktparteien: die Erschließungsfirmen, die Behörden und die Bewohner. Betroffen davon sind – und das sollte unterstrichen werden – sowohl Spanier als auch Bürger anderer Mitgliedstaaten, die sich in diesen Regionen ansiedeln wollen oder dies schon getan haben.

Aufgrund der enormen Zahl von Petitionen, die beim Petitionsausschuss dazu eingereicht wurden, haben wir eine spezielle Informationsreise organisiert, und bereits im Dezember 2005 verabschiedete das Europäische Parlament eine auf diesen Petitionen basierende Entschließung zum Verstoß gegen die Richtlinien über das öffentliche Auftragswesen, die Wasserversorgung und die Verletzung von Eigentumsrechten.

In diesem Jahr fand eine weitere Informationsreise statt, und am 11. April 2007 formulierte der Petitionsausschuss unter Bezugnahme auf die vom Europäischen Parlament zuvor verabschiedete Entschließung seinen Standpunkt.

Im Zusammenhang damit möchte ich eine Anfrage an Kommission und Rat richten. Was haben die Kommission und der Rat unternommen, um sicherzustellen, dass das Gemeinschaftsrecht korrekt angewendet wird und die grundlegenden Eigentumsrechte der Bürger, wie sie in Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegt sind, respektiert werden?

 
  
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  Michael Cashman (PSE), Verfasser. – (EN) Herr Präsident! Es stimmt mich traurig, dass ich in dieser Angelegenheit erneut das Wort ergreifen muss. Mehr als 18 Monate, nachdem dieses Haus den Bericht Fourtou im Dezember 2005 mit überwältigender Mehrheit angenommen hat, debattieren wir immer noch dieselben Probleme, und nichts hat sich geändert. Der Rat ist abwesend – das ist beschämend!

Bürgern vieler Mitgliedstaaten, einschließlich meines Heimatlandes, aber auch aus Spanien, Deutschland, Holland und Belgien wird ihr rechtmäßig erworbenes Land ohne ordnungsgemäßes Verfahren weggenommen, was meines Erachtens eine Verletzung des EU-Rechts darstellt. Darüber hinaus sind sie gezwungen, hohe Summen – Zehntausende von Euro – für neue Infrastrukturen und neue Erschließungsmaßnahmen, die sie nicht wollen und die sich auf ihrem Land befinden bzw. dort stattfinden, zu zahlen.

Es ist unvorstellbar, dass sich diese von mir beschriebenen Vorgänge in der EU des 21. Jahrhunderts ereignen, aber für Tausende von Bürgern ist das traurige Realität. Die Menschen haben ihr Land oder ihre Immobilie in gutem Glauben gekauft und müssen nun zusehen, wie es ihnen im Ergebnis von Vorgängen wieder weggenommen wird, die man im besten Falle als administrative Inkompetenz und im schlechtesten als kriminelle Fahrlässigkeit oder Korruption beschreiben kann.

Der Petitionsausschuss wurde 2003 auf diese Angelegenheit aufmerksam gemacht. Damals hatten sich 15 000 Bürger schriftlich an uns gewandt und um Hilfe gebeten. Was haben wir unternommen? Nun, wir haben den Bericht Fourtou angenommen, der eine Reihe von Empfehlungen für die Regierung von Valencia enthält. Die Regierung von Valencia nahm geringfügige Veränderungen am LUV vor, von der jedoch die wichtigsten mit der rechtswidrigen Enteignung verbundenen Probleme unberührt bleiben. Dabei sollte erwähnt werden, dass noch schnell eine große Zahl von Vorhaben in Valencia durchgezogen wurde, bevor das neue Gesetz in Kraft trat. Das ist ein eindeutiger Hinweis darauf, dass Bau- und Erschließungsfirmen die Schlupflöcher im alten Gesetz weiter ausnutzen wollen.

Wir haben inzwischen drei Informationsreisen durchgeführt. Die letzte war beschämenden Angriffen seitens der Partido Popular ausgesetzt, die gleichzeitig Angriffe auf die Integrität dieses Hauses waren. Ich muss mit Bedauern feststellen, dass Herr Pöttering als Präsident dieses Hohen Hauses den Angriffen auf dieses Hohe Haus nach wie vor gleichgültig gegenübersteht.

Die Politiker der Partido Popular sagen, die Petitionen in Valencia seien frei erfunden. Der Schmerz ist real, und die Menschen sind so verzweifelt, dass sie sich an uns gewandt haben.

Die Kommission ist unzufrieden. Sie glaubt, dass möglicherweise gegen EU-Recht verstoßen wird. Deshalb sage ich Folgendes: Nichts zu tun ist keine Option. Wir haben unsere Möglichkeiten in diesem Haus ausgeschöpft, und die Angelegenheit wird beim Gerichtshof oder beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg geklärt werden, und das Ansehen der Partido Popular in Spanien wird davon nicht profitieren.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Herrn Libicki und Herrn Cashman für ihre Mühe bei der Erarbeitung des Berichts im Namen des Petitionsausschusses über die dritte Informationsreise nach Valencia danken. Die Reise gab Mitgliedern des Ausschusses die Möglichkeit, mit Vertretern der Verwaltungen und der Beschwerdeführer zusammenzutreffen und vor Ort Erfahrungen aus erster Hand zu sammeln.

Die Erschließungsvorhaben in Spanien, um die es hier geht, betreffen drei wichtige Aspekte: die öffentliche Auftragsvergabe, Grundrechte und Umweltvorschriften. Ich möchte Ihnen einen Eindruck unserer Aktivitäten in diesen Bereichen vermitteln.

Erstens: die öffentliche Auftragsvergabe. Die Kommission vertritt den Standpunkt, dass die Billigung von Erschließungsprojekten im Rahmen des Landerschließungsgesetzes von Valencia die Vergabe öffentlicher Bau- und Dienstleistungsaufträge umfasst. Wir sind der Auffassung, dass einige Aktivitäten in einer Weise durchgeführt wurden, die die EU-Vorschriften über die öffentliche Auftragsvergabe verletzt. Ich habe das Parlament im Dezember 2005 entsprechend informiert.

Deshalb haben wir beschlossen, in dieser Angelegenheit ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien einzuleiten. Die Kommission focht das damals existierende Landerschließungsgesetz an. Die Regionalbehörden billigten am 30. Dezember 2005 ein neues Grundstücksgesetz, mit dem das vorhergehende aufgehoben und ersetzt wurde. Doch mit dem neuen Gesetz werden einige der Fälle von Vertragsverletzung im Zusammenhang mit der Ausschreibungsbekanntmachung oder den Informationen, die dafür erforderlich sind, sowie der unklaren Definition des Vertragsgegenstandes nicht korrigiert. Es enthält weitere Bestimmungen, die ebenfalls mit der Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Dienstleistungs-, Liefer- und Bauaufträge inkompatibel sind. Wir haben das Rechtsverfahren 2006 fortgesetzt. Die Antworten, die wir von den zuständigen Behörden erhielten, waren nicht überzeugend. Deshalb gedenke ich vorzuschlagen, dass die Kommission diesen Fall an den Gerichtshof verweist.

Was zweitens die Grundrechte anbelangt, so kann die Kommission in diesem Bereich nicht eingreifen. Unseres Erachtens berühren die behaupteten Verletzungen von Eigentumsrechten keine Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, aufgrund deren die Kommission eingreifen könnte.

Drittens: die Umweltgesetzgebung. Auch hier kann die Kommission nur rechtliche Schritte einleiten, wenn eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts vorliegt. Doch was die Umwelt betrifft, so fällt die Landerschließungspolitik als solche nicht in die Zuständigkeit der Union. Die Dienststellen meines Kollegen Herrn Dimas untersuchen jedoch Fälle von Landerschließung mit behaupteten Verletzungen gemeinschaftlicher Umweltvorschriften. Ich kann Ihnen versichern, dass die Kommission auch künftig dafür sorgen wird, dass die zuständigen spanischen Behörden bei der Durchführung von Erschließungsvorhaben die Umweltvorschriften der EU einhalten.

Die Kommission hat bereits Maßnahmen in anderen Fällen, die in ihre Zuständigkeit fallen, eingeleitet, d. h. wenn Erschließungsvorhaben Umweltrichtlinien beispielsweise für Wasser oder zur Umweltverträglichkeitsprüfung verletzen.

 
  
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  Carlos José Iturgaiz Angulo, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(ES) Herr Präsident! Diese Angelegenheit wurde aktiv und passiv diskutiert und ich will ihr nicht auf den Grund gehen, denn es gab dazu wiederholte Debatten im Petitionsausschuss.

Allerdings möchte ich einen Punkt ansprechen, den ich für wichtig halte. Es geht darum, dass wir, wenn wir diesen Entschließungsantrag im Plenum behandeln, vor einem Kompetenzproblem stehen, denn ich glaube, meine Damen und Herren, dass wir uns in nationale Zuständigkeiten einmischen. Sie wollen die Beschlüsse der regionalen Parlamente ersetzen, Sie wollen die Beschlüsse der nationalen Parlamente ersetzen, Sie wollen das Verfassungsgericht ersetzen, Sie wollen das spanische Rechtsprechungsorgan ersetzen. Mit anderen Worten, dieser Entschließungsantrag ist eine Einmischung in die Kompetenzen von beispielloser Tragweite.

Daher bin ich der Ansicht, dass der juristische Dienst des Parlaments uns sagen sollte, ob wir über wirklich alles abstimmen können, wenn nationale und regionale Kompetenzen mit Füßen getreten werden, wie in diesem Fall.

Tatsache ist, dass mich die Antwort der Kommission beschwichtigt hat. Für meine Fraktion ist es beruhigend zu hören, dass es nicht möglich war und ist zu intervenieren, weil natürlich das Parlament und die Regierung von Valencia stets in Übereinstimmung mit dem Gesetz und der Rechtsprechung gehandelt haben, für die sich diese Regierung immer eingesetzt hat.

Ich möchte einfach mit einer Frage abschließen, die wir auch im Petitionsausschuss gehört haben: Uns wurde gesagt, dass die Bürger dies nicht vergessen würden und dass sie bei den Wahlen ihren Standpunkt deutlich machen und die Regierung in Valencia und Madrid bezahlen lassen würden für das, was geschehen ist.

Nun, die Bürger haben gesprochen und haben ihre deutliche Unterstützung für ein Programm, ein allseits bekanntes Projekt, für das, was in der Gemeinschaft Valencia und in der Gemeinschaft Madrid getan worden ist, zum Ausdruck gebracht, und sie haben den Regierungen der Volkspartei sowohl in Madrid als auch in Valencia die Mehrheit gegeben, nicht die relative, sondern die absolute Mehrheit.

 
  
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  Carlos Carnero González, im Namen der PSE-Fraktion.(ES) Herr Präsident! Ich glaube nicht, dass das Hauptziel der ausgezeichneten Arbeit des Petitionsausschusses darin besteht, irgendeine Regionalregierung in Spanien zu stürzen, so bedauerlich ihr Vorgehen auch gewesen sein mag. Der Petitionsausschuss hat nach einem Prinzip gehandelt, das politisch nicht in Zweifel gezogen werden kann.

Wenn es um den Schutz der Bürgerrechte geht, sind nationale Souveränität und nationale Grenzen nicht von Belang. Der Punkt ist, dass in einigen autonomen Gemeinschaften Spaniens, nicht im gesamten Land, einige Autonome Regierungen der Umwelt Schaden zufügen, die Nachhaltigkeit des Lebens der Bürgerinnen und Bürger beeinträchtigen und somit die individuellen und kollektiven Rechte verletzen. Das ist in Valencia der Fall und auch in Madrid, meiner Autonomen Gemeinschaft.

Die Präsidentin der Gemeinschaft von Madrid hat nicht nur in der Vergangenheit so gehandelt, sie versucht es auch weiterhin: Gerade heute haben sich ihre Projekte in diese Richtung bewegt. Wir sprechen nicht von Häusern, aber sie ist beispielsweise entschlossen, ein Straßenprojekt voranzutreiben – vorher die M-50, die sie jetzt M-61 nennt –, mit dem nichts weniger als der Monte de El Pardo, ein Gebiet von großer ökologischer Bedeutung, zerstört werden soll.

Ich möchte den Petitionsausschuss beglückwünschen und sagen, dass er den Forderungen der Petenten und Bürger stattgegeben hat – und diese Entschließungsantrag tut es auch –, und weiterhin möchte ich meine Unterstützung für diese wichtige Tätigkeit zum Ausdruck bringen und erklären, dass die Beleidigungen der Integrität dieses Hauses und der Mitglieder dieser Delegation ebenso untragbar waren wie einige der Inhalte, die hier verteidigt werden sollen. Wichtiger als alles andere ist, gemäß dem Recht zu handeln.

 
  
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  David Hammerstein, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(ES) Herr Präsident, Herr Iturgaiz! Die Wahlen gewonnen zu haben, gibt niemandem das Recht, die europäischen Rechtsvorschriften zu missachten. Ein reines Mehrheitsvotum für Mitglieder einer Stadtverwaltung darf nicht dazu führen, dass das öffentliche Interesse für die Rechtfertigung einer großen Amtsuntreue benutzt wird.

Eine politische Mehrheit darf nicht als Entschuldigung zur Aufhebung der lokalen Demokratie durch die Schaffung paralleler Stadträte dienen, deren Hauptakteure die unersättlichen Stadtplaner und die allmächtigen Bauunternehmen sind.

Die alleinige Tatsache, dass ein Stadtplanungsvorhaben angenommen ist, gibt niemandem das Recht, den Schutz der Wasserressourcen und wertvollen Landes mehrerer Generationen aufs Spiel zu setzen, indem alles mit einer Betonlawine zugeschüttet wird.

Was fehlt, sind eine größere Transparenz und ein Minimum an Respekt gegenüber kleinen Eigentümern sowie die Beteiligung der Öffentlichkeit an allen Prozessen. Ja, der Bauskandal von Valencia, Andalusien und Madrid ist ein europäischer Skandal, der eine europäische Antwort verlangt.

Wir fordern die Kommission auf, angesichts der flagranten Verletzung der Richtlinie über öffentliche Auftragsvergabe, der Wasser-Rahmenrichtlinie und der Habitat-Richtlinie durch die valencianischen Behörden und andere regionale Regierungen energisch und unverzüglich zu handeln.

Viele der 750 000 Häuser, die im vergangenen Jahr in Spanien errichtet wurden, mehr als in Frankreich und Deutschland zusammen, stehen nicht im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht. Warum kann die Kommission nicht sofort tätig werden?

 
  
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  Proinsias De Rossa (PSE). – (EN) Herr Präsident! Die Probleme, um die es hier im Zusammenhang mit Spanien geht, beschränken sich natürlich nicht auf Spanien. Das soll ein kleiner Trost für unsere spanischen Kollegen auf der PPE-DE-Seite dieses Hauses sein. Ähnliche Probleme, wenn auch nicht im Hinblick auf Eigentumsrechte, gleichwohl aber in Bezug auf Auswirkungen auf die Umwelt, das Kulturerbe und sogar die Lebensqualität der Menschen sind im Ergebnis umfangreicher infrastruktureller Maßnahmen auch in Irland zu verzeichnen, und das scheint eine Problematik zu sein, die wir auf europäischer Ebene noch nicht in den Griff bekommen haben, weil die europäische Gesetzgebung nicht streng genug ist oder die Kommission einfach nicht schnell genug auf Beschwerden reagieren kann.

Als ich beispielsweise Madrid besuchte, wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Regionalbehörde eine um Madrid herumführende Ringstraße in eine städtische Straße umwidmete, dann beschloss, sie zu einer Autobahn auszubauen, sie dann in ein Dutzend Abschnitte unterteilte und argumentierte, dass aus diesen Gründen eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Jetzt hat die Kommission endlich entscheiden, dass das falsch war, aber bis diese Entscheidung getroffen wurde, waren bereits drei Viertel der Autobahn fertig.

 
  
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  Joan Calabuig Rull (PSE).(ES) Herr Präsident! Die Reisen des Europäischen Parlaments in die Region Valencia erfolgten aufgrund der Meldung von Fällen stadtplanerischen Missbrauchs, über die in den Medien berichtet wurde und die viele Bürgerinnen und Bürger beunruhigten.

Es sind nicht die Besuche durch MdEP, die potenzielle Hauskäufer verschrecken. In Wirklichkeit helfen diese Missionen Zehntausenden europäischen Bürgern, die in unserem Land leben wollen, dies in dem Vertrauen zu tun, an einem Ort mit klaren Rechtsvorschriften zu investieren, an dem die Umwelt geschützt wird. Die künftigen Käufer haben wachsende Ansprüche, und diese beiden Elemente stellen einen Wettbewerbsvorteil dar, der nicht durch unkontrollierte Stadtentwicklung zerstört werden darf.

In den letzten Jahren kamen zunehmende Beschwerden über derartige Missstände von Bürgern, die der Ansicht sind, Opfer von Maßnahmen geworden zu sein, durch die ihr Eigentum beeinträchtigt wurde oder die zu einer ernsthaften Schädigung der Umwelt, in der sie leben, geführt haben. Dennoch möchte ich auch darauf hinweisen, dass diese Fälle nicht zu verallgemeinern sind und nicht tagtäglich geschehen.

Die Zusagen der Regionalbehörden im Vorfeld dieser Missionen sind allerdings nicht eingehalten worden, ebenso wenig wurden die Probleme gelöst, die Gesetze reformiert, den Betroffenen geholfen oder die Empfehlungen dieses Parlaments von 2005 umgesetzt.

Am 27. Mai fanden Wahlen in der Region Valencia statt, und in der Tat ist dies ein guter Zeitpunkt für den Beginn einer neuen Etappe und vor allem, um dieses Problem anzuerkennen und zu korrigieren, um seine Lösung in Angriff zu nehmen, was die Regionalregierung bisher nicht getan hat, und auch die Tatsache einzuräumen, dass sie bisher nicht in der Lage war, diese Angelegenheit zu bereinigen. Außerdem ist es an der Zeit, die Arroganz abzulegen und aufzuhören, den MdEP, die diese Region besuchten, Missachtung entgegenzubringen.

Abschließend möchte ich sagen, dass meine Partei, die Sozialistische Partei, erneut bereit ist, wie sie es schon wiederholt war, zur Lösung dieses Problems beizutragen. Deshalb unterstreicht sie im Fall der Region Valencia nochmals, dass ein breites soziales und politisches Übereinkommen notwendig ist, das alle betroffenen Seiten einbezieht und die Reform des Stadtentwicklungsgesetzes von Valencia beinhaltet, um es in Übereinstimmung mit den Verträgen zu bringen und um die Rechtssicherheit für alle Seiten zu erhöhen sowie Mechanismen zu schaffen, die den Bürgern helfen, die der Ansicht sind, von stadtplanerischem Missbrauch betroffen zu sein, und zur Konfliktlösung beizutragen.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Viele Petitionen zu diesem Thema zeigen, dass der Kauf einer Immobilie eine echte Herausforderung sein kann. Die genannten Fälle werfen eine Reihe komplizierter Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Eigentumsrecht auf. Dafür sind ausschließlich die Mitgliedstaaten selbst zuständig; die Kommission kann hier nicht eingreifen. Diesbezügliche Ansprüche auf Wiedergutmachung müssen bei den nationalen Behörden gestellt werden, und wir können bei den Petenten keine falschen Erwartungen wecken.

Doch da, wo Fälle europäisches Recht berühren, nimmt die Kommission ihre Rolle als Hüterin der Verträge ernst und prüft, ob eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts vorliegt. Unserer Ansicht nach ist das in Bezug auf die Vorschriften über die öffentliche Auftragsvergabe der Fall. Wir haben bereits ein Vertragsverletzungsverfahren in dieser Sache eingeleitet. Wir beabsichtigen, dieses Verfahren fortzusetzen, bis die vollständige Einhaltung des Gemeinschaftsrechts gewährleistet ist.

 
  
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  Der Präsident. – Zum Abschluss der Aussprache wurde gemäß Artikel 108 Absatz 3 der Geschäftsordnung ein Entschließungsantrag eingereicht(1).

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag statt.

(Die Sitzung wird um 17.35 Uhr unterbrochen und um 18.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS
Vizepräsident

 
  

(1) Siehe Protokoll.


16. Fragestunde (Anfragen an die Kommission)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die Fragestunde (B6-0125/2007).

Wir behandeln die folgenden Anfragen an die Kommission.

Erster Teil

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 35 von Manolis Mavrommatis (H-0355/07)

Betrifft: Versicherungsgesellschaften in der EU

Informationen zufolge stellen Versicherungsgesellschaften Versicherungspolicen nur für Kraftfahrzeuge aus, die in dem Staat zugelassen sind und das amtliche Kennzeichen des Staates tragen, in dem die jeweilige Gesellschaft ihren Sitz hat, obwohl gemäß den Rechtsvorschriften der EU die Möglichkeit besteht, auch Kraftfahrzeuge zu versichern, die in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen sind. Gedenkt die Kommission vorzuschlagen, die dritte Richtlinie zur Direktversicherung 92/49/EWG(1) sowie die vierte Richtlinie zur Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung 2000/26/EG(2) zu überarbeiten und den europäischen Verbrauchern damit die Möglichkeit zu geben, selbst das Versicherungsunternehmen und den Staat zu wählen, bei bzw. in dem sie ihr Kraftfahrzeug versichern möchten? Ist die Kommission der Ansicht, dass diese Wahlfreiheit auch den Wettbewerb fördern und dazu beitragen wird, die Versicherungsbeiträge spürbar zu senken?

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Die Hauptziele des europäischen Rechtsrahmens sind ein hohes Maß an Schutz für die Opfer von Straßenverkehrsunfällen, die Förderung des freien Verkehrs von Kraftfahrzeugen und die Förderung der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Versicherungsunternehmen.

Der EU-Rechtsrahmen für die obligatorische Kraftfahrzeugversicherung ist eine der großen Erfolgsgeschichten der EU. Entwickelt in den frühen siebziger Jahren hat er wesentlich dazu beigetragen, dass die Freizügigkeit von Kraftfahrern und ihrer Fahrzeuge in der Union Realität werden konnte. Dank der Kfz-Versicherungsrichtlinien konnten Grenzkontrollen hinsichtlich des Versicherungsschutzes abgeschafft werden, so dass sich Fahrzeuge ebenso problemlos zwischen den Mitgliedstaaten bewegen können wie innerhalb eines Landes. Sie ermöglichen ferner eine einfache Entschädigung im Falle der Tausenden von Unfällen, an denen Fahrzeuge aus mehr als einem Mitgliedstaat beteiligt sind.

Die Richtlinien zur Kraftfahrzeugversicherung sehen vor, dass die Versicherer zur Schadensregulierung über eine lokale Präsenz verfügen müssen, und verpflichten sie zur Mitgliedschaft im lokalen Garantiefonds sowie des lokalen Grüne-Karte-Büros. Das bewahrt die Opfer vor grenzüberschreitenden Verhandlungen mit einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Versicherungsunternehmen.

Die Mitgliedschaft beim örtlichen Grüne-Karte-Büro sorgt für das reibungslose Funktionieren eines Systems, ohne das Versicherungszertifikate geprüft werden müssten. Sämtliche Mitgliedstaaten der EU, die Schweiz, Norwegen, Island, Kroatien und Andorra nehmen auf der Grundlage des multilateralen Abkommens daran teil.

Die Verbindung zwischen dem Land, in dem ein Fahrzeug zugelassen ist, und der Mitgliedschaft des Versicherers im Garantiefonds dieses Landes ist auch Ausdruck der Solidarität der örtlichen Kraftfahrergemeinschaft.

Die europäischen Verbraucher können ihre Kraftfahrzeuge EU-weit versichern, sofern die vorstehend erwähnten speziellen Bedingungen für Versicherer erfüllt sind. Ob Versicherer bereit sind, in einem anderen Land zugelassene Fahrzeuge zu versichern, das hängt im Wesentlichen von der Geschäftspolitik der Versicherungsunternehmen und ihrer Bereitschaft ab, Risiken abzudecken, die größtenteils oder vollständig in einem anderen Land bestehen, wo sich ganz andere Risikostrukturen ergeben können als die in ihrem Heimatland, mit denen sie vertraut sind.

Ausgehend davon überrascht es vielleicht nicht, dass der Umfang der grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeit in diesem Bereich sehr begrenzt ist. Bisweilen wird jedoch argumentiert, dass es in diesem Bereich zu wenig Wettbewerb gibt und dass mehr grenzüberschreitende Abschlüsse die Versicherungsprämien senken könnten. Wir prüfen diese Frage im Rahmen unserer laufenden öffentlichen Konsultation zu Finanzdienstleistungen für Privatkunden.

 
  
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  Manolis Mavrommatis (PPE-DE).(EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Vielen Dank für Ihre Antwort; im Anschluss an die Aussprache am heutigen Vormittag über den riesigen Equitable-Life-Skandal, in dessen Gefolge Millionen Opfer eine angemessene Entschädigung aufgrund der schlechten Verwaltung der Versicherungsgesellschaft verlangen, möchte ich jedoch auf meiner Frage bestehen.

Vielleicht reicht dieses Beispiel allein schon aus, um die Kommission davon zu überzeugen, dass der Kraftfahrzeugversicherungsmarkt liberalisiert werden muss und dass man es den Bürgern selbst überlassen sollte, sich für das zu entscheiden, was ihren Interessen am ehesten entspricht, denn dann wären sie für ihre Entscheidung voll und ganz persönlich verantwortlich.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Was wir heute Morgen im Zusammenhang mit dem Bericht des Untersuchungsausschusses zur Krise von Equitable Life diskutiert haben, betraf die Regulierung von Versicherungsgesellschaften und die Mängel, die der Untersuchungsausschuss in Bezug auf die Aufsicht, die Umsetzung von EU-Richtlinien und andere Probleme festgestellt hat.

Aber ich glaube, was der Herr Abgeordnete meint, ist die Tatsache, dass die Bürger die Möglichkeit haben sollten, ihre Kraftfahrzeugversicherung grenzüberschreitend abzuschließen. Das ist jedoch eine zweiseitige Transaktion. Der Kraftfahrer ist dazu auf eine Versicherungsgesellschaft angewiesen, die diese spezielle Leistung anbietet, und bisher deutet alles darauf hin, dass viele Versicherungsgesellschaften aus vielerlei Gründen nicht an einer grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeit interessiert sind. Ich denke, dass sie vielleicht nicht mit der Schadensregulierung in anderen Ländern, dem Rechtssystem oder der Höhe der gegebenenfalls zu zahlenden Entschädigung, die von Land zu Land sehr unterschiedlich sein kann, vertraut sind.

Deshalb wäre es, wie ich in meiner Antwort bereits ausgeführt habe, im Rahmen unserer Richtlinien für den Einzelnen möglich, solche Versicherungen unter bestimmten Bedingungen abzuschließen. Es muss aber natürlich auch eine Versicherungsgesellschaft geben, die dazu bereit und willens ist, diese Aspekte der grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeit zu akzeptieren.

Wie ich in meiner Antwort sagte, halte ich das für eine sehr gute Sache, und deshalb prüfen wir dies im Rahmen des Grünbuchs über Finanzdienstleistungen für Privatkunden. Wenn es etwas gibt, was wir tun können, um diese Prozesse zu erleichtern, dann greifen wir das auf. Bisher ist es jedoch so, dass wir zwar die Grenzen abbauen und den Markt liberalisieren wollen, dass man aber auch ein Unternehmen braucht, das dazu bereit ist, und das ist bisher nicht der Fall. Es gibt begrenzte Ausnahmen, aber insgesamt werden diese Möglichkeiten in diesem Geschäftsbereich nicht genutzt.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 36 von Brian Crowley (H-0411/07)

Betrifft: Informationskampagnen betreffend den Kauf von Immobilien in anderen EU-Mitgliedstaaten

Würde die Europäische Kommission in Erwägung ziehen, eine Informationsbroschüre zu verfassen und zu vermarkten, in der die unterschiedliche Besteuerung, Rechnungsführung und rechtliche Fragen erläutert würden, die potenzielle europäische Käufer beim Kauf einer Immobilie in einem anderen Mitgliedstaat der EU beachten sollten?

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Der Immobilienkauf stellt für die Verbraucher eine schwierige und zeitaufwändige Herausforderung dar. Rechtliche und finanzielle Fragen sind schon im eigenen Mitgliedstaat eine schwierige Angelegenheit. Diese Schwierigkeiten werden noch größer, wenn die Verbraucher eine Wohnimmobilie außerhalb des eigenen Mitgliedstaates kaufen: Oftmals sind die Verfahren ganz anders als „zu Hause“.

Zwar ist sich die Kommission dieser Tatsachen vollkommen bewusst, eine einfache Antwort gibt es aber nicht. Steuer- und Eigentumsrecht, die die Ursache für die Komplexität sind, fallen im Wesentlichen nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft.

Dennoch unterstützt die Kommission Initiativen für mehr Transparenz auf den europäischen Immobilien- und Hypothekenmärkten. Die Transparenz ist vor allem dann für die Verbraucher von besonders großer Bedeutung, wenn die einzelnen Länder unterschiedliche Vorschriften aufweisen. Die Verbraucher brauchen umfassende und genaue Informationen, damit sie beim Kauf einer Immobilie in einem anderen Mitgliedstaat eine Entscheidung in voller Kenntnis der Sachlage treffen können.

Die Bitte um ein Informationsheft für Käufer von Immobilien wurde auch im Rahmen unserer laufenden Überprüfung des europäischen Hypothekarkreditmarktes geäußert. In diesem Zusammenhang wurde von Betroffenen vorgeschlagen, dass die Kommission einen Online-Leitfaden zu den wichtigsten rechtlichen und sonstigen Fragen im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Kreditaufnahme einrichtet. Ich befürworte derartige Initiativen. Der Kauf von Immobilien in einem anderen Land ist die natürliche Folge der Freiheiten, die das Wesen des Binnenmarktes ausmachen. Wenn Verbraucher praktische Probleme haben oder Informationen brauchen, müssen wir versuchen, ihnen zu helfen, indem wir beispielsweise auf potenzielle Probleme hinweisen und sie darüber informieren, welche Gremien und Behörden ihnen behilflich sein können.

Die Kommission wird sich mit diesen Fragen beschäftigen und prüfen, was machbar ist. Aber ich will ehrlich sein: Das ist keine einfache Aufgabe. Die Kommission hat nicht notwendigerweise Zugriff auf sämtliche Informationen, die man braucht. Ebenso wenig wären wir in jedem Falle in der Lage, die Richtigkeit oder Aktualität entsprechender Informationen zu überprüfen. Bevor wir etwas unternehmen, müssen wir sicher sein, dass wir dieses Problem lösen können. Die Zusammenarbeit mit Dritten wäre ebenfalls eine Möglichkeit.

 
  
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  Brian Crowley (UEN). – (EN) Ich möchte dem Kommissar für seine Antwort danken. Ich nehme an, dass in diesem Bereich wie in allen anderen Bereichen vor allem der Grundsatz caveat emptor – der Käufer sehe sich vor – gilt. Es gibt jedoch komplexe Zusammenhänge, wie Sie ganz richtig erwähnten, und ich begrüße die Tatsache, dass Sie prüfen, was die europäischen Hypothekarkreditgeber in Betracht ziehen.

Es gibt jedoch noch einen weiteren Aspekt – man braucht ein zweites Testament. Wenn man eine Immobilie in einem anderen als dem Wohnsitzstaat besitzt, dann ist ein zweites Testament erforderlich, um unter diesen Bedingungen den Nachlass zu regeln. Obwohl es also Unterschiede zwischen den 27 Mitgliedstaaten und weitere komplexe Aspekte innerhalb der Mitgliedstaaten gibt, existieren bestimmte Kernwerte, die in die Webseite der Kommission Eingang finden könnten, wie Sie ganz richtig sagen.

Ich würde Sie bitten, weiter auf dieses Ziel hinzuarbeiten und gleichzeitig hervorzuheben, dass stets zuallererst der Grundsatz caveat emptor gelten sollte.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Ich stimme dem Herrn Abgeordneten auf jeden Fall zu. Wie ich bereits sagte, könnte sich dieser Aufgabenbereich als recht schwierig erweisen. Wie Herr Crowley sagte, muss stets der Grundsatz caveat emptor gelten. Das muss in allen Bereichen beachtet werden, ob man eine Immobilie oder Finanzprodukte kauft. Wie ich vorhin schon sagte, wenn jemand daher kommt und Ihnen etwas anbietet, das zu schön ist, um wahr zu sein, dann ist es das gewöhnlich auch. Das dürfen wir nicht vergessen.

Herr Crowley erwähnte das Problem eines zweiten Testaments. Erst letztes Wochenende las ich einen Artikel in einer Fachzeitschrift, in dem Bürgern, die beispielsweise eine Immobilie in Spanien besitzen, geraten wurde, unbedingt vor Ort testamentarisch zu regeln, wie mit der Immobilie zu verfahren ist. Übrigens habe ich gar keine Immobilie in Spanien, aber viele Iren, die ich kenne, haben eine und sind sich dieser Anforderung nicht bewusst. Dieser Artikel stand in einer Zeitschrift, die nur von Personen gelesen wird, die etwas mit Buchhaltung zu tun haben. Was Herr Crowley sagt, das ist sehr wichtig. Nur ein sehr kleiner Teil der Iren, die eine Immobilie im wunderschönen Spanien besitzen, wissen davon.

Eine der 48 Empfehlungen, die die Expertengruppe gegeben hat, war die Erarbeitung einer Informationsbroschüre. Es wird schwierig werden zu entscheiden, was wir angemessen in dieser Broschüre behandeln können, aber wir werden es auf jeden Fall versuchen. Da wir nicht auf alles eingehen können, stehen wir vor dem großen moralischen Problem, dass wir nicht sämtliche Informationen bereitstellen können, aber warten wir ab, was sich machen lässt. Wenn wir einen Binnenmarkt für alle Bereiche anstreben, dann ist es nur logisch, die Informationen bereitzustellen, die sich übergreifend auf die Bereiche beziehen.

Das Image der Europäischen Union würde ebenfalls davon profitieren, wenn ganz normale Bürger sagen, dass dies eine sehr lohnenswerte Maßnahme der Europäischen Union darstellt. Wir werden es versuchen. Wie erfolgreich wir damit sein werden, das weiß ich nicht.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE). – (LT) Herr Präsident! Herr Kommissar! Diese Frage ist zugegebenermaßen schwierig. Ich habe selbst ein Buch darüber geschrieben, wie man in den 15 alten Mitgliedstaaten ein Unternehmen gründet, einschließlich des Erwerbs von Immobilien, Besteuerung und anderer Aspekte. Sie haben darauf hingewiesen, es gäbe Informationsbroschüren. Könnten Sie bitte genauer angeben, welche Informationsbroschüren verfügbar sind? Wenn diese nicht vollständig sind, müssen sie aktualisiert werden, so dass Menschen, die sich frei in der Europäischen Union bewegen, alle Informationen zur Verfügung stehen, die sie diesbezüglich benötigen, einschließlich zum Kauf einer Immobilie.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) – Nur um gegebenenfalls etwas richtig zu stellen – es gibt sie noch nicht. Herr Crowley wollte wissen, ob wir die Erarbeitung einer Informationsbroschüre in Betracht ziehen, was auch von der Expertengruppe zum Thema Hypothekarkredite empfohlen wurde. Das wird derzeit von uns geprüft. Wir wollen sehen, was wir in Bezug auf eine ordentliche Informationsbroschüre unter Berücksichtigung der verschiedenen Vorbehalte, die ich selbst in dieser Sache habe, tun können.

Ich beglückwünsche die Abgeordnete zu ihrer Initiative, mit der sie sich dieser Angelegenheit offensichtlich aus beruflichen Gründen angenommen hat – ich nehme an, das war ein enormer Aufwand. Aber wie ich vorhin schon sagte, werden wir wahrscheinlich versuchen, die Erkenntnisse zusammenzufassen, die private Organisationen, welche sich gegebenenfalls zu einem gemeinsamen Ansatz bewegen lassen, bereits gesammelt haben. Wir wollen also bereits vorhandenes Wissen nutzen und nicht ganz von vorn anfangen. Vielleicht könnte die Frau Abgeordnete einige der Informationen, über die sie verfügt, an meine Dienststellen weiterleiten, so dass wir ihre offensichtlichen Fähigkeiten auf diesem Gebiet nutzen können.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 37 von Manuel Medina Ortega (H-0362/07)

Betrifft: Außendienst der Europäischen Union und Einwanderungspolitik

Vor kurzem wurden die Zuständigkeiten der Union in der Einwanderungspolitik erweitert und die Tätigkeiten der Kommission in diesem Bereich ausgebaut. Verfügt der Außendienst der Union über ausreichende Mittel, um die Mitgliedstaaten bei den in diesem Sektor entstandenen neuen Formen der Zusammenarbeit, bei Fragen wie der Einstellung legaler Einwanderer oder der Rückkehr der Einwanderer in ihre Herkunftsländer und ihrer Anpassung an die Herkunftsgesellschaften zu unterstützen?

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. (EN) Die externe Dimension der Migrationspolitik der EU und die Tätigkeit der Kommission in diesem Bereich haben sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. Das hängt mit den Migrationserfordernissen und insbesondere der Definition sowie der Umsetzung eines globalen Ansatzes in diesem Bereich zusammen. Das ist unserer Ansicht nach für die Zukunft von Bedeutung, und wir lassen nichts unversucht, um einen globalen Ansatz zu erarbeiten.

Im Rahmen dieses globalen Ansatzes arbeiten wir an verschiedenen Initiativen, die sich auf sämtliche Aspekte der Migration beziehen. Das beinhaltet auch die legale Migration, aber insbesondere den Kampf gegen die illegale Einwanderung, die Rückübernahme und Rückübernahmeabkommen, die Rückkehr, Reintegration, Asyl, Migration und Entwicklung sowie Migration und Integration.

Ich habe mich von Anfang an für das Ziel von 3 % im Rahmen der Nachbarschaftspolitik eingesetzt. Ich kann für die in meiner Verantwortung liegenden Länder diesbezüglich bereits erste konkrete Ergebnisse verbuchen. Gemeinsam mit Herrn Frattini und Herrn Michel habe ich der Kommission gerade erst die thematische Strategie für das thematische Programm zur Zusammenarbeit mit Drittländern in den Bereichen Migration und Asyl 2007-2010 zur Annahme vorgelegt. Das Programm sieht einen Richtwert von über 380 Millionen Euro für den Zeitraum 2007-2013 für die Zusammenarbeit mit Drittländern in den Bereichen Migration und Asyl, einschließlich der Arbeitsmigration und der Reintegration von Rückkehrern vor.

Die Delegationen der Kommission spielen bei der Umsetzung dieser ehrgeizigen Agenda sowohl auf politischer als auch auf operationeller Ebene eine Schlüsselrolle, und die Abteilungen der Kommission in Brüssel informieren die Delegationen der Kommission systematisch über neue Entwicklungen im Bereich Migration und beziehen sie entsprechend ein. Die Delegationen und die Abteilungen in Brüssel führen den politischen Dialog mit Drittländern gemeinsam.

Auf operationeller Ebene ist es zudem Aufgabe der Delegationen, Erfordernisse und Probleme zu ermitteln, um sicherzustellen, dass im Rahmen der Außenhilfe der Gemeinschaft finanzierte Aktionen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Hinzu kommt, dass Delegationen in Ländern, in denen die Migration als ein wichtiges neues Thema im Rahmen der Außenhilfe der Gemeinschaft hervorgetreten ist, durch die Abteilungen in Brüssel unterstützt werden, die zu diesem Zweck Ausbildungsmaßnahmen und Unterstützungsmissionen durchführt sowie thematische Netzwerke auf operationeller Ebene einrichtet.

Mit diesen Maßnahmen stellt die Kommission sicher, dass die Delegationen sowohl mit den Mitgliedstaaten als auch mit Drittländern zusammenarbeiten und die Gemeinschaftshilfe im Bereich der Migration umsetzen können.

 
  
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  Manuel Medina Ortega (PSE).(ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin! In den vergangenen Monaten habe ich die Erklärungen verfolgt, die Sie und auch Kommissar Michel und Kommissar Frattini abgegeben haben, und Ihre Zusagen waren für mich sehr ermutigend.

Ich habe Sorge, dass wir in der Europäischen Union häufig zu viel guten Willen äußern, wir geben Erklärungen ab, doch ihnen folgen keine Taten, da uns die Mittel fehlen. Frontex beispielsweise stand bei der Überwachung der illegalen Einwanderung vor gewaltigen Schwierigkeiten.

Die Verpflichtungen seitens der drei Kommissare würden die Schaffung eines neuartigen Außendienstes der Europäischen Union erforderlich machen, der nicht wirtschaftlicher oder politischer, sondern sozialer oder arbeitsbezogener Natur wäre, ähnlich den Arbeits- und Sozialeinrichtungen, die heute in allen Mitgliedstaaten existieren.

Vertritt die Kommissarin die Ansicht, dass ein derartiger Außendienst errichtet werden kann? Haben Sie ausreichende Mittel? Was kann das Parlament tun, um die Kommissarin bei der Ingangsetzung dieser neuen Aufgabe zu unterstützen?

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident, Herr Medina Ortega! Sie wissen, dass wir zurzeit Delegationen bei der Europäischen Kommission haben, die nicht über jede Art von Experten verfügen, aber wir versuchen, wie ich sagte, sie auszubilden. Doch sicherlich wäre es gut, künftig mehr Experten zu haben.

Ich bin wirklich stets offen für die Idee, dass die Mitgliedstaaten Beamte in die Delegationen der Kommission entsenden. Das haben wir beispielsweise in Mauretanien getan, als Reaktion auf ein Ersuchen der Vizepräsidentin der spanischen Regierung, die bei mir deswegen vorsprach, und ich habe die Delegationen sofort geöffnet.

Was Frontex angeht, so wissen Sie, dass es sich um eine Agentur der Mitgliedstaaten handelt, die deshalb komplizierter ist, aber Franco Frattini hat große Bereitschaft gezeigt, und mit umfangreicher Unterstützung unserer- und meinerseits hat er schon viel erreichen können, auch wenn für die Zukunft natürlich noch mehr zu tun bleibt.

Sie wissen auch, dass wir in Mauretanien und Marokko tätig sind, mit, ich würde sagen, erheblichen Mitteln und mit diesem Ausbildungsprogramm, mit dem Schutz der Grenzen, um diesen Ländern, aber auch den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu helfen, die derzeitige große Herausforderung der Einwanderung, insbesondere der illegalen Einwanderung, zu bewältigen.

 
  
  

Zweiter Teil

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 38 von Dimitrios Papadimoulis (H-0371/07)

Betrifft: Entwicklung des Defizits und der Staatsschulden in Griechenland

In ihrer Antwort auf eine frühere diesbezügliche Anfrage meinerseits (E-0574/07) erklärte die Kommission, der Bewertungsbericht werde dem BNE-Ausschuss erwartungsgemäß im Juli oder Oktober 2007 vorgelegt werden. Erst wenn alle notwendigen Schritte – im Hinblick auf die Beantwortung des vorangegangenen Teils der Anfrage – erfolgt seien, werde die Kommission den zusätzlichen Beitrag berechnen können.

Wann wird die Kommission endlich den Vorschlag der griechischen Regierung zur Revision des griechischen BNE prüfen? Wie haben sich das Defizit und die Staatsschulden in 2007 entwickelt und welches sind die Prognosen der Kommission für 2008? Welche Maßnahmen müssen ihres Erachtens getroffen werden, um den Trend zur Senkung des Defizits und der Staatsschulden aufrechtzuerhalten?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident, Herr Papadimoulis! Die Kommission ist dabei, ihre Analyse der revidierten Zahlen des BIP und BSP Griechenlands abzuschließen. Dabei hat sie das gleiche Verfahren angewandt wie bei allen anderen Mitgliedstaaten.

Das Verfahren und der Zeitplan sehen folgendermaßen aus:

Am 22. September des vergangenen Jahres legte Griechenland der Kommission die revidierten Daten seines Bruttoinlandsprodukts und seines Bruttosozialprodukts vor. Diese Angaben bedeuteten eine Korrektur nach oben von etwa 26 %. Ende Oktober letzten Jahres, ein Monat nach dem Erhalt dieser Information, leitete Eurostat diese Zahlen für eine erste Analyse an den BNE-Ausschuss der Mitgliedstaaten weiter.

Der Ausschuss gab damals eine Erklärung heraus, in der es hieß, er besäße keine ausreichenden Informationen über die revidierten Daten und die von Griechenland gemeldeten Änderungen in der Methodik. Der Ausschuss verwies ebenfalls auf die dringende Notwendigkeit einer umfassenden Zusammenarbeit Griechenlands mit Eurostat und der Vorlage einer komplett überarbeiteten Bestandsaufnahme seines BIP und BSP, wobei detailliert die neuen Quellen und Methoden zu erklären seien, die Griechenland für seine volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen verwendet hat, um Eurostat die Möglichkeit zu geben, eine lückenlose Überprüfung der neuen Daten vorzunehmen und den Ausschuss über die Ergebnisse dieser Kontrolle zu unterrichten.

Griechenland legte Eurostat die Bestandsaufnahme am 6. Februar dieses Jahres in Form eines 460-seitigen Dokuments in griechischer Sprache vor. Nach der entsprechenden Übersetzung schließt Eurostat jetzt die Analyse dieser Dokumentation ab und wird Ende dieses Monats eine Mission nach Griechenland entsenden. Wie auch bei Besuchen in anderen Ländern, werden Sachverständige anderer Mitgliedstaaten an dieser Mission teilnehmen, um die notwendige Transparenz zu gewährleisten.

Die Ergebnisse der Mission werden zunächst mit Griechenland analysiert, und die Kommentare in diesem Zusammenhang fließen in die endgültige Fassung des Bewertungsberichts der revidierten Daten des BIP und BSP Griechenlands ein. Eurostat wird diesen Bericht an den Ausschuss weitergeben, wo er eingehend diskutiert wird. Es ist zu hoffen, dass er bis spätestens Oktober 2007 vorliegt.

In Bezug auf den zweiten Teil Ihrer Anfrage: Gemäß unserer Frühjahrsvoraussage, die auf der Grundlage der nicht überarbeiteten griechischen BIP-Zahlen erfolgte, wird für dieses Jahr ein Absinken des öffentlichen Defizits auf 2,4 % im Vergleich zu 2,6 % im Vorjahr erwartet. Für 2008 sieht die Kommission, in der Annahme, dass die gegenwärtige Politik beibehalten wird, einen leichten Anstieg des öffentlichen Defizits voraus, von 2,4 % auf 2,7 %. Dies alles erfolgt auf der Grundlage der vor der Revision verfügbaren BIP-Daten.

Was die Höhe der Verschuldung betrifft, so wird eingeschätzt, dass sie weiter zurückgehen wird, von 104,5 % des BIP 2006 auf etwa 100,7 % in 2007 und 97,5 % in 2008. Angesichts dieser Zahlen empfahl die Kommission dem Rat am 16. Mai dieses Jahres, das zwei Jahre zuvor eröffnete Defizitverfahren einzustellen, und am 5. Juni dieses Jahres beschloss der ECOFIN-Rat, dieses Verfahren gemäß dem Vorschlag der Kommission zu schließen.

Weiterhin nahm der ECOFIN-Rat am 27. Februar dieses Jahres auf Empfehlung der Kommission seine Stellungnahme zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Griechenlands für die Jahre 2006-2009 an. In dieser Stellungnahme empfiehlt der ECOFIN-Rat Griechenland, die günstige wirtschaftliche Situation zu nutzen, um an der Erreichung des mittelfristigen Ziels – einem ausgeglichenen Haushalt – zu arbeiten, um das Haushaltsverfahren weiter zu verbessern, seine Transparenz zu erhöhen und eine längerfristige Haushaltsstrategie zu definieren, in der Mechanismen für die Überwachung und Kontrolle der Primärausgaben wirksam zur Anwendung kommen.

Zudem wird der griechischen Regierung aufgrund der hohen Verschuldung und des erwarteten Anstiegs durch die Alterung der Bevölkerung empfohlen, so bald wie möglich Voraussagen für die künftigen Ausgaben im Zusammenhang mit der Alterung zu erarbeiten, die Nachhaltigkeit der öffentlichen Rechnungsführung auf lange Sicht zu verbessern und dabei die notwendigen Mittel zur Erreichung des mittelfristigen Ziels zur Verfügung zu stellen.

Am 20. April verkündete der griechische Minister für Wirtschaft und Finanzen nach der Tagung der Eurogruppe in Berlin förmlich und öffentlich, dass die Regierung beschlossen habe, den Termin für die Erreichung dieses mittelfristigen Haushaltsziels von 2012 auf 2010 vorzuverlegen.

 
  
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  Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL).(EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.

In einer Erklärung nach dem 5. Juni haben Sie die Besorgnis der Kommission über das hohe Zahlungsbilanzdefizit der griechischen Wirtschaft zum Ausdruck gebracht und strikte Maßnahmen mit dem Ziel empfohlen, eine nachhaltige und dauerhafte Verringerung des Defizits und der Verschuldung zu erreichen. Meine Frage lautet daher: Haben Sie die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen mit der griechischen Regierung erörtert? Haben Sie von der griechischen Regierung Antworten und Zusagen hinsichtlich der von Ihnen als notwendig erachteten Maßnahmen erhalten?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident! Förmlich gesehen geht die Kommission nicht über das hinaus, was wir dem Rat vorgeschlagen haben, und der ECOFIN-Rat bestätigte die letzte Aktualisierung des Stabilitätsprogramms, das heißt, die langfristige Nachhaltigkeit der öffentlichen Rechnungsführung in Griechenland muss verbessert werden.

Griechenland ist einer der sechs Unionsstaaten, die nach unserem Bericht vom letzten Jahr ein hohes Risiko im Hinblick auf die fehlende Nachhaltigkeit ihrer öffentlichen Rechnungsführung tragen, zum großen Teil aufgrund der Tatsache, dass nach den derzeitigen demografischen Voraussagen ein starker Anstieg der Ausgaben für das Gesundheitswesen und für Pensionen erwartet wird. Das ist nicht der einzige Faktor, aber er ist eindeutig. Hinzu kommt die extrem hohe öffentliche Verschuldung, die, wie ich in meiner ersten Rede sagte, über 100 % des griechischen BIP beträgt.

Die griechische Regierung muss deshalb Reformen erarbeiten, die vom griechischen Parlament diskutiert und beschlossen werden müssen, um die Nachhaltigkeit zu verbessern. Jedem, der die griechische Wirtschaft und die öffentliche Rechnungsführung analysiert, ist völlig klar, dass diese Reformen eine Reform des Pensionssystems und des Sozialversicherungssystems durch die Verbesserung ihrer Nachhaltigkeit und somit ihrer mittel- und langfristigen Lebensfähigkeit beinhalten und gleichzeitig über die vorgenommene Korrektur des übermäßigen Defizits hinausgehen müssen.

Ein Strukturziel der griechischen Haushaltsstrategien muss weiterhin in einer Verringerung der öffentlichen Verschuldung bestehen, denn auch wenn sie zurückgeht, ist sie immer noch zu hoch.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 39 von Danute Budreikaite (H-0393/07)

Betrifft: Durchführung des Vertrags über den Beitritt des Königreichs Schweden zur Europäischen Union

Artikel 2 des Ersten Teils des Vertrags über den Beitritt des Königreichs Norwegens, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zur Europäischen Union besagt, dass ab dem Beitritt die ursprünglichen Verträge und die vor dem Beitritt erlassenen Rechtsakte der Organe für die neuen Mitgliedstaaten verbindlich sind und in diesen Staaten nach Maßgabe der genannten Verträge und dieser (Beitritts-) Akte gelten.

Dies bedeutet, dass Schweden gemäß dem 1995 im Wege eines Referendums angenommenen Beitrittsvertrag bei Erfüllung der Maastricht-Kriterien den Euro einführen muss. Ungeachtet der mit dem Beitrittsvertrag eingegangenen Verpflichtung lehnte Schweden jedoch die Einführung des Euro per Referendum ab.

Könnte die Kommission, die die Anwendung des EU-Rechts in den Mitgliedstaaten überwacht, den Fall Schweden kommentieren? Haben andere Mitgliedstaaten ebenfalls das Recht, sich entsprechender Verfahren zu bedienen, um beispielsweise ihre Energiesicherheit zu gewährleisten?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Was die Bestimmungen der einheitlichen Geldpolitik des Euro-Währungsgebiets angeht, ist Schweden derzeit einer der Mitgliedstaaten, auf die eine Ausnahme zutrifft. Im Moment unterliegen 13 Mitgliedstaaten dieser Ausnahmeregelung, darüber hinaus haben wir den Fall des Vereinigten Königreichs, für das die berühmte Opt-out-Klausel gilt und das deshalb nicht zu den Staaten mit Ausnahmeregelung gezählt wird.

Abgesehen von Dänemark sind alle anderen Mitgliedstaaten mit Ausnahmeregelungen, das sind zwölf, verpflichtet, den Euro als ihre Währung einzuführen. Dafür müssen sie sich bemühen, die im Vertrag festgeschriebenen Konvergenzkriterien zu erfüllen. Allerdings legt der Vertrag keine expliziten Fristen fest, in denen die Mitgliedstaaten dieser Pflicht nachkommen müssen.

Unser letzter Konvergenzbericht, der die Staaten mit Ausnahmeregelungen umfasst, wurde im Dezember 2006 veröffentlicht. Darin kam die Kommission zu dem Schluss, dass Schweden das Preisstabilitätskriterium, das Kriterium im Hinblick auf die Haushaltslage und das Kriterium in Bezug auf die Konvergenz der langfristigen Zinssätze erfüllt hat.

Allerdings hat Schweden nach diesem Konvergenzbericht das Wechselkurskriterium nicht erfüllt, das von dem jeweiligen Mitgliedstaat fordert, seinen Wechselkurs ohne starke Spannungen und über mindestens zwei Jahre vor der Prüfung in den normalen Bandbreiten des Wechselkursmechanismus (WKM II) gehalten zu haben.

Weiterhin verwies die Kommission im Konvergenzbericht vom letzten Dezember darauf, dass die schwedischen Rechtsvorschriften nicht in voller Übereinstimmung mit den Artikeln 108 und 109 des Vertrags stehen, was die Regelung der Zentralbank und ihre Integration in das europäische Zentralbanksystem betrifft.

Angesichts dieser Bewertung kam die Kommission zu dem Schluss, dass es nicht notwendig sei, den Status Schwedens als Mitgliedstaat mit einer Ausnahmeregelung in dieser Hinsicht zu ändern. Gemäß dem Vertrag werden die Kommission und die Europäische Zentralbank den nächsten Konvergenzbericht im Prinzip im Mai 2008 veröffentlichen.

Was den letzten Teil Ihrer Anfrage angeht, der einen Vergleich zur Energiesicherheit zieht, so haben die Bestimmungen der geltenden Verträge dem Europäischen Parlament und dem Rat bereits den Weg geöffnet, um Richtlinien zur Sicherheit der Erdgasversorgung und der Absicherung der Stromversorgung durch Investitionen in Infrastrukturen zu verabschieden. Diese Richtlinien müssen in nationales Recht umgesetzt werden, und bei der letztgenannten Richtlinie hat die Umsetzung bis zum 1. Dezember dieses Jahres zu erfolgen.

Daher sind die beiden Fragen aus rechtlicher Sicht nicht völlig identisch. Im Hinblick auf die Pflicht des Beitritts zum Euro legt der Vertrag keine zeitlichen Höchstgrenzen und keine Rechtsvorschriften für die Durchführung fest, sondern überlässt es der Konvergenzbewertung, die alle zwei Jahre erfolgt. In dem von Ihnen hier als Beispiel genannten Fall der Energiesicherheit gibt es jedoch Richtlinien, die von den Mitgliedstaaten anzuwenden sind, und bei Nichterfüllung kommen die entsprechenden Verstoßverfahren zum Tragen.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE). – (LT) Herr Kommissar! Ihre Antwort befriedigt mich nicht, da in Schwedens Beitrittsvertrag unmissverständlich erklärt wird, für Schweden seien sämtliche zu jenem Zeitpunkt geltenden Verträge verbindlich. Anders gesagt gibt es beim Prinzip der engeren Zusammenarbeit keine Ausnahmen. Jetzt haben die Schweden entschieden, die Einführung des Euro vier Jahre nach einem entsprechenden Referendum erneut abzulehnen. Bedeutet dies, dass man sich aussuchen kann, welche Teile des Beitrittsvertrags man erfüllen und welche man nicht erfüllen möchte? Ich denke dabei an das litauische Kernkraftwerk in Ignalina, das sicher ist und das die litauische Bevölkerung nicht schließen möchte. Sollten wir vielleicht einfach Abstand davon nehmen, das Kraftwerk zu schließen, ohne die anderen zu konsultieren?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident! Natürlich muss Schweden die Verträge einhalten. Die Tatsache, dass ein Referendum stattgefunden hat, entbindet Schweden nicht von seiner Pflicht, den Bestimmungen der Verträge nachzukommen. Die Kommission muss auch die Verträge anwenden, und sie überprüfte und überprüft auch weiterhin alle zwei Jahre, wie in den Verträgen gefordert, ob der betreffende Mitgliedstaat – in diesem Fall Schweden – die notwendigen Voraussetzungen für den Beitritt zum Euro erfüllt. Im Moment ist das nicht der Fall.

Schweden hat ein Problem, weil seine Währung nicht am Wechselkursmechanismus teilnimmt, und deshalb erfüllt es nicht das Wechselkurs-Stabilitätskriterium und das Kriterium der Anpassung seiner Rechtsvorschriften an die Bestimmungen der Artikel des Vertrags, die ich zuvor genannt habe, und darauf weisen wir hin. Allerdings müssen alle Mitgliedstaaten Anstrengungen unternehmen, um sich auf diesen Zeitpunkt vorzubereiten.

Wie Sie wissen, Frau Abgeordnete, und wie Sie alle wissen, ist das Ergebnis des schwedischen Referendums von 2003 nicht für alle Zeiten gültig. Wir kennen Fälle von Referenden, die seinerzeit eine bestimmte Position in einem konkreten Land zum Ausdruck brachten, aber diese Position änderte sich mit der Zeit, da der Willen seiner Bürger, der in Wahlen oder neuen Referenden zum Ausdruck gebracht wurde, sich geändert hat.

Ich möchte wiederholen, dass aus Sicht der Art der rechtlichen Verpflichtungen auf der Grundlage des Vertrags die Situation nicht vergleichbar ist, wenn wir zum einen die Notwendigkeit der Annäherung an die Wirtschafts- und Währungsunion und zum anderen die Forderung nach Erfüllung der Energiesicherheitsbestimmungen betrachten, die zu unseren grundlegenden Rechtsvorschriften gehören.

 
  
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  Der Präsident. Wir kommen nun zu den Zusatzfragen. Es wurden mehr eingereicht als ich akzeptieren kann. Deshalb kann ich nur zwei Mitgliedern des Europäischen Parlaments die Gelegenheit geben, zu sprechen. Ich bin an Artikel 109 und die im Anhang der Geschäftsordnung festgelegten Kriterien gebunden, in denen das Vorgehen in der Fragestunde (Fragen an die Kommission) geregelt ist. Ich habe mich für Herrn Lundgren und Frau Kauppi entschieden.

 
  
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  Nils Lundgren (IND/DEM). – (SV) Herr Präsident! Ungeachtet der Geschäftsordnung muss man natürlich beachten, wie diese gesamte Frage der schwedischen Mitgliedschaft in der Währungsunion behandelt worden ist. Im Vorfeld der Volksbefragung zum EU-Beitritt Schwedens 1994 wurde deutlich gemacht, dass wir im Falle eines „Ja“ zum Beitritt nicht verpflichtet wären, auch der Währungsunion beizutreten. Über dieses Thema hatten wir verhandelt und konnten später entscheiden. Das ist der politische Hintergrund zu dieser Frage.

Ich stimme dem Herrn Kommissar darin zu, dass Schweden nicht in den Wechselkursmechanismus ERM II gezwungen werden kann, solange wir die Anforderungen für einen Beitritt nicht erfüllen. Ich überlege jedoch - und diese Frage möchte ich an den Herrn Kommissar richten -, ob man sich wirklich vorstellen kann, dass ein Land, dass dem ERM II beigetreten ist…

(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident! Ich bin nicht sicher, ob Herr Lundgren eigentlich eine Frage gestellt hat, aber auf jeden Fall sind er und ich einer Meinung, dass zumindest dieser Punkt existiert, den Sie in Ihrer Rede genannt haben, Herr Lundgren, und es gibt auch rechtliche Unvereinbarkeiten, die es im Moment nicht gestatten zu sagen, Schweden würde die Kriterien für den Beitritt zum Euro erfüllen.

Ich möchte nochmals erklären, dass der Vertrag nirgendwo Mindest- oder Höchstfristen festlegt. Er schreibt eine allgemeine Pflicht vor, sich darauf vorzubereiten, sich um die Erfüllung der Auflagen zu bemühen, aber er stellt keinen konkreten Zeitplan auf. Der Vertrag muss daher mit der gleichen Flexibilität interpretiert werden, mit der er abgefasst wurde, nicht nach Kriterien, die anders sind als die im Vertrag. Auf jeden Fall möchte ich bemerken, dass wir gesunden Menschenverstand gebrauchen müssen, wie so häufig in der Politik. Wenn die schwedischen Bürger vor vier Jahren Nein sagten, werden wir sie fragen müssen, wenn sie sich entschließen, ihre Meinung zu ändern, wenn sie es denn tun. Ich glaube nicht, dass irgendein Land gezwungen werden kann, eine Währung gegen seinen Willen einzuführen.

 
  
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  Piia-Noora Kauppi (PPE-DE). – (EN) Ich möchte drei direkte Fragen stellen. Die erste ist rein technischer Natur: Stimmt die Klausel im schwedischen Beitrittsvertrag vollkommen mit der entsprechenden Klausel in den Beitrittsverträgen der zwölf Mitgliedstaaten überein, die nach 2004 beigetreten sind?

Zweitens ist Frau Budreikaitė, soweit ich weiß, weniger am Euro als an früheren Interpretationen der Beitrittsverträge interessiert. Wenn das Primärrecht keinen Termin für die Durchführung einer Regelung vorsieht, ist es dann möglich, etwas auf unbestimmte Zeit aufzuschieben?

Sind Sie drittens der Ansicht, dass das Referendum für die Debatte von Bedeutung ist?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Frau Kauppi, ich werde versuchen, Ihnen mit der gleichen Präzision zu antworten, mit der Sie Ihre Anfragen gestellt haben.

Erstens, für Schweden gelten exakt die gleichen Bestimmungen wie für die zwölf neuen Mitgliedstaaten. Die einzigen Mitgliedstaaten, die außerhalb der Eurozone bleiben und anderen Regeln unterliegen, sind Dänemark und das Vereinigte Königreich, die Opt-out-Klauseln haben, die sich auch untereinander unterscheiden. Der zweite Punkt ist die Zeit. Die Richtlinien haben eine Zeitskala, während für die Pflicht zur Schaffung der Grundlagen für den Beitritt zur Eurozone laut Vertrag keine Frist festgelegt ist. Drittens, was Ihre Frage zum Referendum angeht, so ist das ein Punkt, der von der Rechtsordnung eines jeden Landes abhängt.

Wenn ich mich nicht irre, ist das Referendum in Schweden in dieser Hinsicht nicht bindend. Es wäre für die schwedischen Bürger oder das schwedische Parlament schwierig, den Vertrag ausschließlich aus eigenem Entschluss zu ändern.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 40 von Ryszard Czarnecki (H-0435/07)

Betrifft: Beitritt Polens zur Eurozone

Wann wird Polen nach Auffassung der Kommission spätestens die Kriterien erreichen, die ihm den Beitritt zum Euroland ermöglichen? Wird dies im Jahr 2012 oder eventuell früher der Fall sein oder womöglich später, und wenn ja, wann?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Czarnecki! Mitgliedstaat der Europäischen Union zu sein, bringt die Pflicht mit sich, wie wir gerade in der letzten Antwort diskutiert haben, den Euro einzuführen, ausgenommen in Dänemark und dem Vereinigten Königreich, die eine Opt-out-Klausel ausgehandelt haben. Für die Mitgliedstaaten, die noch nicht Mitglieder der Eurozone sind, gilt die Pflicht, die Einheitswährung einzuführen, wenn sie die notwendigen Voraussetzungen dafür erfüllen, und sie müssen sich nach Kräften auf ihre Erfüllung vorbereiten.

Wenn die Kommission aufgrund ihrer eigenen Bewertung (dem Konvergenzbericht) sowie die Europäische Zentralbank bestätigen, dass Polen alle Auflagen von Artikel 121 Absatz 1 des Vertrags erfüllt, kann die Ausnahme für Polen laut Artikel 122 Absatz 2 aufgehoben werden und der Zloty kann durch den Euro ersetzt werden.

Im Moment erfüllt Polen die Konvergenzkriterien nicht vollständig in Bezug auf die Situation der öffentlichen Finanzen – denn das polnische Staatsdefizit liegt über 3 % – und es erfüllt auch nicht das Kriterium der Wechselkursstabilität, da der Zloty nicht zum Wechselkursmechanismus gehört. Ferner entsprechen die Rechtsvorschriften für die Regulierung der Zentralbank in Polen noch nicht den Forderungen des Vertrags, wie aus der Analyse unseres letzten Konvergenzberichts vom Dezember 2006 hervorgeht.

Die Kommission gibt keine Prognosen zu dem Zeitpunkt, an dem die Mitgliedstaaten die Auflagen erfüllen werden oder können, aber sicherlich ermutigt sie alle, ihre Aktionen auf die Erreichung der makroökonomischen Stabilität zu richten und das Produktivitätswachstum zu fördern. Diese Politik trägt zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Konvergenz bei, der besten Grundlage für die Vorbereitung der Länder, die der Eurozone beitreten wollen, um in den Genuss aller Vorteile zu kommen, die die Zugehörigkeit zur Einheitswährung bietet, wenn sie erst einmal zur Eurozone gehören.

 
  
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  Ryszard Czarnecki (UEN). – (PL) Herr Kommissar! Vielen Dank für Ihre Ausführungen. Allerdings sind uns die Bedingungen für einen Beitritt zur Eurozone bekannt. Mein Heimatland hat unmissverständlich klargemacht, dass dies aus wirtschaftlicher Sicht noch nicht der richtige Zeitpunkt ist und in einigen Jahren sicherlich darüber entschieden wird. Ich bin mir sehr wohl darüber im Klaren, dass die Europäische Kommission nicht über einen bestimmten Zeitpunkt diskutieren kann. Könnten wir dennoch ganz allgemein festhalten, dass 2012 ein für beide Seiten mehr oder weniger annehmbarer Zeitpunkt wäre?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident! Ich möchte nochmals betonen, dass es nicht Aufgabe der Kommission ist, darauf zu antworten. Meiner Ansicht nach ist es eine Frage, die an die polnische Regierung gerichtet werden sollte, und manchmal stelle ich sie. Wenn ich mit den entsprechenden polnischen Behörden zusammenkomme, frage ich sie: Sind Ihre Absicht, Ihr Zeitplan und die Ziele für den Beitritt zum Euro schon festgelegt? Und ich frage nicht aus reiner Neugier, sondern weil ich überzeugt bin, dass es für eine Wirtschaft wie die polnische – und viele andere Volkswirtschaften von Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nicht zur Einheitswährung gehören – von größtem Nutzen wäre, sich diesen Termin zu setzen, um die makroökonomische Politik und die Strukturreformen konsequent und kohärent auf die Erfüllung der Bedingungen zu orientieren und eine Wirtschaft zu entwickeln, die den größtmöglichen Nutzen aus der Zugehörigkeit zum Euro zieht.

Seit der Erweiterung haben wir einige sehr positive Momente im Verhalten der Devisenmärkte und der Finanzmärkte erlebt, doch das wird nicht immer der Fall sein, und die Finanzmärkte, die Ratingagenturen, die Investoren werden der polnischen Regierung ebenfalls diese Frage stellen. Nicht nur Sie, die Mitglieder des Europäischen Parlaments, und wir, die Kommissionsmitglieder, werden sie fragen, sondern auch die Wirtschaftsakteure, Beobachter und Investoren fragen an und werden es auch weiterhin mit immer größerem Nachdruck tun.

Deshalb ist es meiner Ansicht nach gut für alle, wenn die Länder, die dem Euro nicht nur als Pflicht, sondern vor allem aus Überzeugung beitreten werden und die einen Konvergenz-, Wachstums- und Modernisierungsprozess mit sehr großen Reformbemühungen durchleben, dieses Strategieelement klären; vor allem, weil es ihnen und ihren eigenen Interessen dient.

 
  
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  Richard Corbett (PSE).(EN) Wäre der Kommissar bereit, die gleiche Frage nochmals zu beantworten, allerdings in Bezug auf das Vereinigte Königreich? Wie Sie bereits sagten, ist das Vereinigte Königreich nicht verpflichtet, der Eurozone beizutreten, hat aber das Recht dazu, wenn die erforderlichen Bedingungen erfüllt sind. Wie weit ist das Vereinigte Königreich von der Erfüllung dieser Bedingungen eigentlich noch entfernt?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident! Es stimmt, dass die Situation im Vereinigten Königreich – wie ich bereits sagte und auch Sie bemerkten – nicht die gleiche ist. Das Vereinigte Königreich hat eine Opt-out-Klausel, und deshalb treffen die Kommentare, die ich vorher zu den zwölf Ländern gemacht habe, die diese Klausel nicht haben, auf dieses Land nicht zu.

Doch auch mit dieser Klausel wird der Tag kommen – und ich hoffe, dass Sie und ich ihn bald erleben werden –, an dem die britische Regierung trotz dieser Klausel beschließt, sich auf den Beitritt zum Euro vorzubereiten, weil sie ihn als positiv für die britische Wirtschaft erachtet. Wann das sein wird? Wenn Sie mich fragen, ob ich glaube, in diesem Jahr, werde ich Nein sagen, in diesem Jahr meiner Ansicht nach nicht.

Ich habe den Eindruck, dass es in der jetzigen Phase des Wirtschaftszyklus der britischen Wirtschaft und der Wirtschaft der Eurozone nicht mehr Argumente für einen Beitritt in den nächsten Monaten oder der unmittelbaren Zukunft geben wird. Allerdings beantworte ich diese Frage stets mit einer Anmerkung. Meiner Auffassung nach wird der Zeitpunkt kommen, da sich die Umstände, die von den Briten als guten Pragmatikern Monat für Monat in Bezug auf das Für und Wider eines Beitritts zum Euro analysiert werden, ändern und den britischen Bürgern, Politikern und der City von London, um drei wichtige Seiten in diesem Zusammenhang zu nennen, zeigen werden, dass es für die britische Wirtschaft positiv ist, zu einem gegebenen Zeitpunkt dem Euro beizutreten. Ich bin sicher, dass dieser Moment kommen wird, doch offen gesagt, meines Erachtens wird er erst nach der nächsten Krise eintreten.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE). – (LT) Sehr verehrter Herr Kommissar! Auch ich möchte die beiden letztgenannten Themen verknüpfen und Ihnen eine konkrete Frage stelle. Für mich persönlich stehen die Vorteile des Euro außer Frage, allerdings ist die Bevölkerung in einigen Ländern, die bislang den Euro nicht eingeführt haben, anderer Meinung. Wie würden Volksabstimmungen in Polen oder Litauen, Ungarn oder der Tschechischen Republik, in denen die Bürger gegen die Einführung des Euro gestimmt haben, die Lage beeinflussen? Der Einfluss auf das moralische Klima ist klar, aber wie sieht es mit der rechtlichen und praktischen Situation aus?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident! Ganz abgesehen von den politischen Problemen, die sich aus dem Nein in den Referenden ergeben haben – und das betrifft sowohl dieses Thema als auch andere –, würden meiner Ansicht nach die Konsequenzen einer Ablehnung in den von Ihnen genannten Ländern ganz anders als für die schwedische Wirtschaft oder als die Folgen der Opt-out-Klausel für das Vereinigte Königreich oder Dänemark sein.

Das Vereinigte Königreich, Dänemark und Schweden sind hoch industrialisierte, man könnte sogar sagen, postindustrielle Wirtschaften, die keinen nominalen und realen Konvergenzprozess durchlaufen müssen, die viele der Strukturreformen durchgeführt haben, die zur Erzielung des höchsten Nutzens aus der Zugehörigkeit zur Einheitswährung notwendig sind, und die das Vertrauen der Finanzmärkte, Investoren und Ratingagenturen besitzen. Leider trifft im Moment keines dieser Merkmale auf Polen, Ungarn und die Tschechische Republik zu, Länder mit hohen Wachstumsraten, die aber noch einen langen nominalen und realen Konvergenzprozess vor sich haben, der von ihnen, ihren Bürgern und öffentlichen Verwaltungen weit reichende Reformen und große Anstrengungen verlangt. Sie müssen auf Auslandsvermögen zur Finanzierung ihrer Investitionen und ihres Wachstumsprozesses zurückgreifen und das Vertrauen der Märkte und Investoren gewinnen. Wenn es diese Länder unterlassen, den Euro als mittelfristige Strategie im Rahmen ihrer makroökonomischen Politik und ihrer Gesamtpolitik zu fördern, würde ihnen dies daher meiner Ansicht nach große Schwierigkeiten einbringen.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 42 von Sarah Ludford (H-0365/07)

Betrifft: Planung der dritten Startbahn auf dem Londoner Flughafen Heathrow

Was wird die Kommission unternehmen, damit bei der Planung der dritten Startbahn auf dem Londoner Flughafen Heathrow nicht schon im Vorfeld gegen die EU-Vorschriften zur Verringerung der Luftverschmutzung und der Lärmbelästigung verstoßen wird?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident, Baroness Ludford! Nach dem EU-Recht ist es Aufgabe der Behörden des Vereinigten Königreichs, Umweltverträglichkeitsprüfungen für die Infrastrukturvorhaben vorzunehmen und sicherzustellen, dass alle zutreffenden Umweltvorschriften vor, während und nach der Ausführung dieser Projekte eingehalten werden. Dennoch verfolgt die Kommission aufmerksam die Umsetzung der einschlägigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts.

Die Pläne für die nachhaltige Entwicklung von Heathrow schließen eine Verpflichtung der britischen Regierung ein, keine dritte Startbahn ohne vorherige öffentliche Konsultation und nur bei strenger Einhaltung der Auflagen für Lärm und Luftqualität zu bauen. Daher wurde mit einer umfassenden Umweltverträglichkeitsstudie begonnen, die die Bestimmungen der für diese Studien geltenden Richtlinie von 1985 sowie die Bestimmungen der Richtlinie von 2001 über die strategische Umweltprüfung berücksichtigen muss.

Nach der Richtlinie von 1966 über die Kontrolle der Luftqualität und den daraus abgeleiteten Richtlinien müssen, falls notwendig, Luftqualitätspläne zum Tragen kommen, um Grenzwerte festzulegen, die einzuhalten sind. Die Belastungen durch den Flughafen Heathrow wurden im Luftqualitätsplan der Hauptstadt London berücksichtigt. 2005 überschritten jedoch die Luftqualitätswerte in diesem Gebiet häufig die für PM10-Feinstaub festgelegte Höchstkonzentration.

Weiterhin muss Heathrow nach der Richtlinie von 2002 über Umgebungslärm bis Ende dieses Monats eine strategische Lärmkarte erarbeiten, die eine Analyse der möglichen Situationen enthält. Ein Jahr nach Erstellung dieser Karte ist im Anschluss an eine öffentliche Konsultation ein entsprechender Aktionsplan aufzustellen.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Die Kommission verfolgt die Entwicklung des größten EU-Flughafens mit Interesse und überwacht die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts. Allerdings obliegen die spezifischen Vorkehrungen bei der Erweiterung des Flughafens, beispielsweise im Zusammenhang mit dem Bau einer dritten Startbahn, in diesem konkreten Fall der Kontrolle durch die britischen Behörden.

 
  
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  Sarah Ludford (ALDE). – (EN) Ich möchte dem Kommissar für seine Antwort danken. Es wird die Londoner beruhigen zu hören, dass die Kommission die Sache wirklich im Auge behält, obwohl, wie Sie ja sagen, in erster Linie die britische Regierung zuständig ist.

Eine weitere Startbahn würde täglich bis zu 500 zusätzliche Flüge für London bedeuten. Die optimistische Behauptung der britischen Regierung, dass die Luftverschmutzung die von der EU gesetzlich vorgeschriebenen Werte nicht überschreiten wird, scheint sich auf Hoffnungen in Bezug auf sauberere Flugzeuge und Beschränkungen für den Straßenverkehr in Flughafennähe zu gründen. Der Flugverkehr ist schon jetzt für ein Drittel aller Kohlenstoffemissionen in London verantwortlich. Deshalb würden wir die Kommission bitten, die Entwicklung sehr genau zu verfolgen. Wir erwarten demnächst die Konsultation, aber wichtig ist, dass die Kommission sehr wachsam ist, damit die Londoner geschützt sind.

 
  
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  Jim Allister (NI). – Es ist ja sehr einfach, neue Startbahnen heftig zu kritisieren, aber ist sich die Kommission bewusst, dass der Chief Executive von British Airways letzte Woche festgestellt hat, dass ohne dritte Startbahn keine Aussicht auf Wiederaufnahme der BA-Flüge zwischen meinem Wahlbezirk in Belfast und London, der Hauptstadt meines Heimatlandes, besteht, was ein Hinweis darauf ist, welche enorme Bedeutung eine dritte Startbahn für Heathrow hat. Vielleicht sollten jene, die sich dem Fortschritt voreilig in den Weg stellen, über die Benachteiligung und Härten nachdenken, die sie Bürgern im Vereinigten Königreich und anderswo zumuten, welche auf moderne und effiziente Flugverbindungen, die Projekte wie dieses ermöglichen würden, angewiesen sind.

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident, Baroness Ludford! Ich kann nur wiederholen, was ich in meiner Antwort auf die Anfrage von Baroness Ludford sagte.

Die Kommission muss die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts überwachen. Wie ich erklärte, gibt es eine Reihe von Richtlinien, die hier zur Anwendung gelangen, und wir sind für die wirksame Kontrolle ihrer Umsetzung verantwortlich.

Zu dem konkreten Fall, den Baroness Ludford in ihrer Anfrage angesprochen hat, möchte ich nochmals sagen, dass die Kompetenz für die dritte Startbahn in Heathrow bei den britischen Stellen liegt, und nach dem Subsidiaritätsprinzip kann die Kommission nicht in Angelegenheiten eingreifen, die in die Zuständigkeit eines bestimmten Mitgliedstaats gehören.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 43 von Georgios Papastamkos (H-0366/07)

Betrifft: Umweltpolitisches Handeln in Europa

Gedenkt die Kommission, einen umfassenden und kohärenten Aktionsplan zum umweltpolitischen Handeln auszuarbeiten, der den bestehenden Rechtsrahmen konsolidiert, vereinfacht und ihn für die Beteiligten sichtbar macht? Wird ein solcher Aktionsplan die neuen umweltpolitischen Rechtsetzungsinitiativen umfassen und den außenpolitischen Verpflichtungen Rechnung tragen, die die EU im Umweltsektor übernommen hat? Wird er darüber hinaus die Kohärenz zwischen der Umwelt-, der Handels- und der Industriepolitik gewährleisten?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident, Herr Papastamkos! Seit der Veröffentlichung ihres Weißbuchs im Jahre 2001 hat die Kommission stets die Bedeutung hervorgehoben, die sie der Qualität der Governance in ihrem Handeln beimisst, um sicherzustellen, dass die europäischen Institutionen effektiv und demokratisch und in fruchtbarer Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft funktionieren.

Die Governance ist ein Thema, das sich durch alle Politikbereiche zieht, nicht nur die Umwelt. Wir müssen jedoch einräumen, dass die Bürger und NRO besonderen Nachdruck auf die Qualität ihrer Umwelt legen und dass die Zivilgesellschaft unterrichtet sein und an den Umweltfragen mitwirken will.

Die Aarhus-Konvention von 1998 ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung, da sie den Zugang zu Informationen, die Beteiligung der Öffentlichkeit an den Entscheidungsverfahren und den Zugang zu den Gerichten, wenn es um Umweltthemen geht, gewährleistet. Diese Konvention, zu der die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten gehören, stärkt die im Weißbuch zum europäischen Regieren festgeschriebenen Verpflichtungen. Die Kommission hat in ihren Initiativen die Prinzipien der Governance in vollem Umfang umgesetzt.

Was die Punkte in der Anfrage von Herrn Papastamkos angeht, so möchte ich ihm erklären, dass alle wichtigen Maßnahmen, die die Kommission anderen Institutionen vorlegen will, in ihrem Jahresarbeitsprogramm enthalten sind. Dieses Programm wird den übrigen Institutionen unterbreitet – natürlich auch dem Parlament, wo es jedes Jahr diskutiert wird – und ist der Öffentlichkeit zugänglich. Die meisten Umweltmaßnahmen basieren auf dem 6. Umweltrahmenprogramm.

Ferner spiegeln alle Vorschläge der Kommission die Verpflichtungen der Gemeinschaft im Rahmen internationaler Abkommen wider, auch solche zu Fragen der Handelspolitik und der Umwelt.

Schließlich spielt die Kommission eine aktive Rolle in der Debatte über die Verbesserung des umweltpolitischen Handelns auf internationaler Ebene. Die EU hat einen praktischen Vorschlag zur Schaffung einer UN-Umweltorganisation auf der Grundlage eines UN-Umweltprogramms auf den Weg gebracht.

Diese Einrichtung hätte Befugnisse und klare Rechtsaufgaben bei der frühzeitigen Erkennung, Überwachung und Erfassung von Daten und würde auf einer soliden wissenschaftlichen Basis tätig sein und so die wissenschaftlich begründeten Entscheidungsprozesse und die Festlegung von Maßnahmen verbessern.

 
  
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  Georgios Papastamkos (PPE-DE).(EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Der Besitzstand auf dem Gebiet des Umweltschutzes umfasst rund 400 Texte des abgeleiteten Rechts und internationaler Übereinkommen, die selbstverständlich von Regierungen, örtlichen Behörden, Unternehmen und der Zivilgesellschaft umgesetzt werden. Was hat diese berühmt-berüchtigte Strategie der ‚besseren Rechtsetzung’ bisher gebracht?

Vor zwei Jahren habe ich hier in diesem Saal auf die Notwendigkeit hingewiesen, eine internationale Umweltschutzorganisation zu gründen. Wie steht die Kommission dazu? Die Umwelt ist, wie wir alle wissen, ein Allgemeingut und hat somit keine Grenzen. Wie steht die Kommission zur Gründung eines internationalen Umweltgerichtshofs?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Wie ich dem Abgeordneten in meiner ersten Antwort erklärte, arbeitet die Kommission mit anderen zusammen und schlägt die Schaffung einer multilateralen Umweltorganisation unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen vor, mit Befugnissen und klaren Rechtsaufgaben. Wir sind der Auffassung, dass dies zu einer Verbesserung der Entscheidungsverfahren und der Festlegung von Maßnahmen auf wissenschaftlicher Grundlage führen wird.

Was Ihren Vorschlag zu einem Gerichtshof angeht, so muss die Kommission noch einen endgültigen Standpunkt annehmen.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 44 von David Martin (H-0373/07)

Betrifft: EU-Ziele bezüglich der Konzentration von Treibhausgasemissionen

Die Europäische Union hat sich im weltweiten Vergleich die ehrgeizigsten Ziele zur Begrenzung der Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre gesetzt. Laut Auskunft der Kommission wird mit der Zielvorgabe von 550 ppm CO2-Äquivalent erreicht, dass die weltweite Durchschnittstemperatur um nicht mehr als 2°C gegenüber dem vorindustriellen Wert steigt.

In seinem vor kurzem vorgelegten Forschungsbericht argumentiert der Klimatologe Malte Meinshausen, dass die Chancen, die globale Erwärmung mit dieser Zielvorgabe auf 2°C zu begrenzen, lediglich 12 Prozent betragen. Im Entwurf eines Berichts des IPCC heißt es, dass die Wahrscheinlichkeit womöglich noch geringer ist. Im Jahr 2005 kam die Kommission bei den von ihr durchgeführten Forschungen zu dem Ergebnis, dass eine Stabilisierung der CO2-Emissionen auf einen Wert weit unter 550 ppm CO2 notwendig ist, wenn die realistische Chance bestehen soll, dass die weltweite Durchschnittstemperatur um nicht mehr als 2°C steigt.

Kann die Kommission erläutern, wie sie sich Ziele setzen kann, wenn sie mit Sicherheit weiß, dass diese nicht zu den erwünschten Ergebnissen führen? Was plant die Kommission, um die Konzentration von Treibhausgasen auf den von Malte Meinshausen empfohlenen Wert von 400 ppm zu senken, damit die Chancen, die globale Erwärmung auf 2°C zu begrenzen, möglichst groß sind?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident, Herr Martin! Die Kommission stützt sich in der Klimapolitik der EU und in ihrer wissenschaftlichen Analyse des Klimawandels auf die fundiertesten und aktuellsten Informationen, die zum jeweiligen Zeitpunkt verfügbar sind. Die Kommission weiß, dass nach jüngsten Forschungen die Chancen für die Erreichung des Ziels einer Erwärmung von maximal 2 °C durch die Stabilisierung des Treibhausgases auf einem Wert von 550 ppm CO2 gering sind.

Deshalb erklärt die Kommission in ihrer in diesem Jahr angenommenen Mitteilung mit dem Titel „Begrenzung des globalen Klimawandels auf 2 Grad Celsius“, dass es, um eine 50-%ige Chance zu haben, die Grenze von 2° C nicht zu überschreiten, notwendig sein wird, die Treibhausgaskonzentrationen in den nächsten Jahrzehnten wesentlich unter 550 ppm CO2 zu senken. Sie erklärt auch, dass die Emissionen danach weiter reduziert werden müssen, um eine Stabilisierung bei 450 ppm zu erreichen.

Das bedeutet, dass von heute bis 2050 der Treibhausgasausstoß weltweit um mindestens 50 % gegenüber dem Wert von 1990 gesenkt werden muss.

Die Analyse der Kommission hat verdeutlicht, dass dieses Ziel technisch machbar und wirtschaftlich durchführbar ist, wenn die Hauptverantwortlichen für die Emissionen schnell handeln. Diese technische Möglichkeit wurde kürzlich durch den Bericht der Arbeitsgruppe 3 des Regierungsgremiums für den Klimawandel bestätigt.

Die von Herrn Martin in seiner Anfrage erwähnten wissenschaftlichen Studien von Herrn Mainhausen untermauern ebenfalls dieses ambitiöse Ziel. Um den Klimawandel auf eine Temperaturerhöhung von 2° C zu begrenzen, müssen die entwickelten Länder die Initiative ergreifen und bis 2020 gemeinsam den Treibhausgasausstoß um 30 % im Vergleich zum Wert von 1990 senken. So lautet das Ziel, das in den Vorschlägen enthalten ist, die im Januar dieses Jahres in der Kommission angenommen wurden und die danach die Unterstützung des Rates erhielten.

Gleichzeitig müssen die Emissionen der Entwicklungsländer ihre Höchstvorgaben zwischen 2020 und 2025 erreichen. Wir stehen vor einer globalen Herausforderung, und die EU, die für 14 % des gesamten Treibhausgasausstoßes auf dem Planeten verantwortlich zeichnet, ist bereit, hierbei die führende Rolle auf der internationalen Bühne zu übernehmen.

Die Europäische Union ist sicher, dass die UN-Konferenz über den Klimawandel, die noch in diesem Jahr auf Bali stattfinden soll, einen Anstoß für Verhandlungen über die künftige internationale Zusammenarbeit zum Klimawandel nach 2012 geben wird, die zu einem Übereinkommen darüber führen wird – oder eher führen soll –, was zu tun ist, um zu einer globalen Reduzierung der Emissionen zu kommen.

Ich möchte hinzufügen, dass wir angesichts der Schlussfolgerungen des jüngsten G8-Gipfels – unter Beachtung der Fortschritte und Grenzen, die diese Schlussfolgerungen aufweisen – der Auffassung sind, dass vor ein paar Tagen in Heiligendamm wichtige Fortschritte zur dieser Vereinbarung erzielt wurden.

 
  
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  David Martin (PSE). – (EN) Erstens möchte ich dem Kommissar für seine sehr ausführliche und in gewisser Weise ermutigende Antwort danken. Er hat in dieser Antwort jedoch eingeräumt, dass mit der Zielvorgabe von 550 ppm seine Zielsetzungen kaum zu erreichen sein dürften. Wird die Kommission in Vorbereitung auf Bali vorschlagen, dass Europa die Initiative ergreifen und 400 ppm anstreben und damit gegenüber der übrigen Welt mit gutem Beispiel vorangehen wird? Ich akzeptiere auch sein Argument, dass ein europäischer Alleingang nicht ausreicht.

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident! Als Europäer sind wir überzeugt, dass es notwendig ist, wie ich in meiner ersten Antwort an Herrn Martin sagte, überaus große Fortschritte zu machen, und dass die EU eine führende Rolle in der Welt spielen muss.

Wenn wir gemeinsam handeln, können wir auf der Konferenz zur Post-Kyoto-Ära am Jahresende viel ambitiösere Ziele erreichen als es der Fall wäre, wenn andere Länder mit erheblichen Treibhausgasemissionen keine Verpflichtungen eingehen würden und Europa mit solchen Zusagen allein dastehen würde.

Wie wir in unseren Vorschlägen vom Januar sagten, muss sich auch Europa allein künftig ambitiöse Ziele setzen. Es wird jedoch nicht möglich sein, die Verpflichtungen einzugehen, die wir uns wünschen, wenn sich die anderen Konferenzteilnehmer nicht anschließen.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 45 von Bernd Posselt (H-0381/07)

Betrifft: Mülltourismus

Wie beurteilt die Kommission die Entwicklung des Mülltourismus zwischen Bayern und der Tschechischen Republik, und welche Maßnahmen plant sie, den Mülltourismus innerhalb der EU und in die unmittelbaren Nachbarregionen der EU zu reduzieren?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident, Herr Posselt! In der Europäischen Union gelten strenge Gesetze für den Transport von Abfällen zwischen Mitgliedstaaten und in Drittländer.

Die Gemeinschaftsvorschriften über den Transport von Abfällen ist darauf gerichtet, illegale Mülltransporte zu verhindern, auch wenn die Abfälle illegal von einem Mitgliedstaat in einen anderen verbracht werden, was, wie auch aus Ihrer Anfrage hervorgeht, als „Mülltourismus“ bezeichnet wird.

Der Transport von Abfällen wird nur genehmigt, wenn die nachfolgende Aufbereitung oder Entsorgung den Anforderungen an den Umweltschutz gemäß den Rechtsvorschriften der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten entsprechen.

Die europäischen Gesetze beinhalten die strengsten Auflagen für den Transport von gefährlichen Gütern und Abfällen, die für die Entsorgung bestimmt sind. Gemäß diesen Vorschriften ist es illegal, derartige Abfälle in andere Mitgliedstaaten zu befördern, wenn im Vorfeld keine entsprechende schriftliche Mitteilung an die zuständige Behörde des Herkunftslands erfolgt ist. Ferner müssen für die Überführung Genehmigungen seitens der zuständigen Stellen des Herkunfts-, Bestimmungs- und Transitlands vorliegen.

Eine der wichtigsten Prioritäten der Kommission ist die Überwachung der richtigen Anwendung der europäischen Rechtsvorschriften zum Transport von Abfällen durch die Mitgliedstaaten sowie die Verhinderung und zahlenmäßige Reduzierung illegaler Transporte. Die Kommission hat eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, um diese Ziele zu erreichen.

In diesem Jahr wurden Veranstaltungen und Treffen mit den Mitgliedstaaten organisiert, um auf dieses Problem aufmerksam zu machen und die Umsetzung und Einhaltung der Rechtsvorschriften für den Transport von Abfällen in den Mitgliedstaaten zu verbessern.

Ein weiterer wichtiger Schritt wird die Annahme eines Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie über den Schutz der Umwelt durch strafrechtliche Bestimmungen sein.

Wir können keine illegalen Mülltransporte von Deutschland in die Tschechische Republik oder das illegale Abladen von Müll am endgültigen Bestimmungsort akzeptieren. Wir wissen, dass es in anderen Mitgliedstaaten wahrscheinlich ähnliche Vorgänge gibt, neben dem Ereignis, das Sie in Ihrer Anfrage schildern. Die Kommission wird die Lage genau verfolgen, um eine korrekte Anwendung der europäischen Umweltgesetze zu gewährleisten.

Die Kommission und die Mitgliedstaaten tragen eine gemeinsame Verantwortung für die ordnungsgemäße Umsetzung der Rechtsvorschriften. Die Mitgliedstaaten müssen für die Überprüfung und Kontrolle der Transporte von Abfällen vor Ort sorgen und bei Verstößen angemessene und abschreckende Sanktionen verhängen.

 
  
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  Bernd Posselt (PPE-DE). – Vielen Dank Herr Kommissar für die gute und ausführliche Beantwortung. Ich habe noch zwei Zusatzfragen: Erstens: Sind Sie der Meinung, dass genügend gegen den illegalen Mülltourismus getan wird? Zweitens: Inwieweit verlagert sich das Phänomen nur an die neuen Außengrenzen, etwa zur Ukraine oder zu Südosteuropa?

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident! Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet, aber da Sie in Ihrer Anfrage und ich in meiner Antwort die Existenz solcher illegalen Transporte feststellen, kann ich Ihnen sagen, dass alles willkommen ist, was zusätzlich zu den schon laufenden Aktionen getan werden kann, und das betrifft sowohl unsere Pflicht, die Einhaltung der europäischen Rechtsvorschriften zu überwachen, als auch – das sagte ich in meiner ersten Antwort – die Aktionen der Mitgliedstaaten, die über die Instrumente zur Überprüfung und Inspektion vor Ort verfügen.

Was die Orte angeht, an denen solche illegalen Aktivitäten stattfinden, so machen Informationen deutlich – wie ich in meiner Antwort sagte –, dass Transporte dieser Art nicht nur zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik, sondern ebenfalls zwischen Deutschland und einigen anderen neuen Mitgliedstaaten erfolgen. Und es ist möglich, dass sie auch über die Grenzen der Europäischen Union hinausgehen.

Was den Transport zwischen den Mitgliedstaaten betrifft, so ist es auf jeden Fall äußerst nützlich, durch diese Debatte den Vorsatz und die Verpflichtung der europäischen Institutionen zu bestätigen, ihren Aufgaben so konsequent wie möglich nachzukommen und die Politiker der Mitgliedstaaten aufzufordern, ihren Teil beizutragen.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 54 von Claude Moraes (H-0357/07)

Betrifft: Krebs-Screening

In der EU sind 2 Millionen Menschen an Krebs erkrankt, wovon 276 678 im Vereinigten Königreich leben. Verfügt die Kommission im Zusammenhang mit den vor Kurzem vom Rat ausgesprochenen Empfehlungen zum Krebs-Screening über Informationen darüber, wie diese Empfehlung von den Mitgliedstaaten aufgenommen wird?

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Herrn Abgeordneten für die Frage danken, obwohl es mir ehrlich gesagt lieber gewesen wäre, wenn er sie in sechs Monaten gestellt hätte, denn wir arbeiten derzeit an einem Bericht zu genau dieser Problematik, d. h. zur Umsetzung der Empfehlung des Rates. Wir gehen davon aus, dass der Bericht bis Jahresende abgeschlossen sein wird. Wir erwarten folglich, dass zu diesem Bericht eine Diskussion stattfinden wird, und zwar vor allem unter slowenischem Ratsvorsitz in der ersten Jahreshälfte 2008.

Dieser Bericht wird über die Umsetzung und die möglichen Auswirkungen der Empfehlung in den Mitgliedstaaten, in den Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums und in den Kandidatenländern informieren. Wann immer möglich wird der Bericht konkret angeben, wie die existierenden europäischen Screening-Richtwerte für Brust- und Gebärmutterhalskrebs in den einzelnen Ländern umgesetzt werden. Wir werden die Angaben von zwei Hauptquellen erhalten: den Mitgliedstaaten, mit denen sich die Kommission direkt in Verbindung setzen wird, und dem Europäischen Krebsnetzwerk, dessen Aufgabe es ist, Angaben zur Auswirkung und zum Umfang der Umsetzung von unabhängigen Experten des Bereichs einzuholen.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen und Ihnen ferner mitteilen, dass wir auch über das 2005 gebildete Netz der Europäischen Union über Krebsinformation epidemiologische Daten in diesem Bereich erfassen. Das Netz wird von der Kommission kofinanziert und von der Internationalen Agentur für Krebsforschung verwaltet. Ziel ist es, Informationen zu erfassen, die für die Überwachung der Krebslast der europäischen Bevölkerung von Belang sind. Dieses Projekt wird planmäßig in zwei Monaten – Ende August 2007 – auslaufen. Im Prinzip werden von diesem Zeitpunkt an alle Daten zur Verfügung stehen.

 
  
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  Claude Moraes (PSE). – (EN) Ich habe die Frage gestellt, weil ich wusste, dass einige sehr gute Maßnahmen geplant sind, und dafür möchte ich dem Kommissar danken. Ich habe die Frage gestellt, weil ich mit Allgemeinmedizinern, Fachärzten und Onkologen in meiner Heimatstadt London gesprochen habe. Wir haben im Vereinigten Königreich eine für einen wohlhabenden Mitgliedstaat unproportional hohe Anzahl von Krebsfällen.

Ich möchte Ihnen folgende Frage stellen: Was sage ich den Onkologen bei meiner Rückkehr? Sage ich ihnen, dass Sie alles tun, damit die Empfehlung des Rates umgesetzt wird, dass die Kommission die proportionalen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten ernst nehmen wird und dass Sie einen Vergleich zwischen den Mitgliedstaaten anstellen werden, damit wir in Bezug auf einige dieser Raten, die viel zu hoch sind, etwas unternehmen können?

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Ich kann Ihnen versichern, dass ich alles tun werde, damit die Screening-Empfehlungen möglichst umfassend in die Tat umgesetzt werden. Allerdings sind es eben Empfehlungen. Dieser Schwäche des europäischen Systems müssen wir uns bewusst sein. Folglich muss letztlich jeder Mitgliedstaat selbst entscheiden, wie effektiv er sie anwendet und umsetzt. Vielleicht wird der Bericht etwas Druck auf die Mitgliedstaaten ausüben. Aus den uns bereits vorliegenden Informationen geht jedoch hervor, dass bezüglich der Umsetzung der Screening-Leitlinien nach wie vor große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen, und am schlimmsten ist die Situation leider in vielen der neuen Mitgliedstaaten.

Auf der Grundlage des Berichts wird eine Diskussion unter slowenischem Ratsvorsitz stattfinden, über die das Parlament demnächst informiert werden wird. Krebs wird während dieses Ratsvorsitzes das wichtigste Thema des Bereiches Gesundheit sein. Deshalb bin ich sicher, dass wir künftig noch mehrfach Gelegenheit haben werden, diese Problematik zu diskutieren. Ich werde meinerseits alles tun, damit diese Leitlinien und Empfehlungen möglichst effektiv und genau umgesetzt werden.

 
  
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  Reinhard Rack (PPE-DE). – Screenen ist wichtig, Vorbeugen ist besser. Es ist in den letzten Monaten erreicht worden, dass es einen Impfstoff gegen Gebärmutterhalskrebs gibt, eine Krebsart, die vor allem bei jungen Frauen immer besonders problematisch ist. Nun haben die Mitgliedsstaaten durchaus unterschiedliche Praktiken. Die einen machen das im Rahmen der Sozialversicherung zugänglich, die anderen lassen das nur privat finanzieren. Das wird dann sehr teuer und ist somit eine soziale Frage. Sieht die Kommission hier Möglichkeiten, auf die Mitgliedstaaten einzuwirken, um möglichst vielen jungen Frauen und Mädchen diese Impfung zugänglich zu machen?

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Ja, das ist mir bekannt, und wir hatten sogar die Möglichkeit, dieses Problem auf dem Informellen Rat Gesundheit im April in Aachen zu erörtern. Wir haben inzwischen das Europäische Zentrum für die Prävention und die Bekämpfung von Seuchen ECDC, das sich mit dieser Frage befasst, gebeten, Leitlinien zu erarbeiten und Empfehlungen in dieser Sache zu geben. Natürlich entscheiden die Mitgliedstaaten, wie Sie wissen, selbst darüber, welche Leistungen sie im Rahmen ihrer Gesundheitssysteme bereitstellen, aber ich glaube, dass wir diese Angelegenheit auf der Grundlage der Leitlinien des ECDC mit den Mitgliedstaaten weiter diskutieren und wissenschaftliche Fakten anbieten können. Die abschließende Entscheidung zur Finanzierung wird jedoch bei den Mitgliedstaaten liegen.

 
  
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  David Martin (PSE).(EN) Eine der großen Stärken der Europäischen Union im Bereich Gesundheit besteht darin, dass sie bewährte Praktiken propagieren kann. Wird die Kommission neben der Prüfung der Ergebnisse der Screening-Empfehlungen das Land, das in Bezug auf Screening, Behandlung und niedrige Sterblichkeitsraten am besten abschneidet, als Beispiel nehmen und nicht nur analysieren, wieso so gute Ergebnisse erzielt wurden, sondern auch, wie sie auf andere Mitgliedstaaten übertragen werden können? Es hat wenig Sinn, statistische Angaben zu erfassen und zu sagen: „diese Länder machen es gut“ oder „diese Länder machen es schlecht“. Wir müssen auch wissen, weshalb die besten Länder so erfolgreich sind und wie wir diese Erfolge auf andere Gesundheitssysteme in der ganzen Gemeinschaft übertragen können.

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Ja, angesichts der von mir erwähnten Einschränkungen in Bezug auf die Zuständigkeit für die Gesundheitsfürsorge zählt der Austausch von bewährten Praktiken für die Europäische Union zu den besten Möglichkeiten, um in diesem Bereich einen zusätzlichen Nutzen zu erzielen.

Der Austausch bewährter Praktiken, Netzwerke, Referenzzentren – all das sind Möglichkeiten, um voneinander zu lernen. Sie geben den Mitgliedstaaten die Chance, die von anderen Mitgliedstaaten erworbenen Erkenntnisse und deren Sachkompetenz zu nutzen. Bekanntlich haben wir vor einigen Wochen eine Aussprache über die Initiative im Bereich Gesundheitsdienstleistungen geführt, und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, Netzwerke, der Austausch von bewährten Praktiken sowie Referenzzentren werden einen wichtigen und systematischen Teil dieser Initiative bilden. Leider müssen bei diesen Formen der Zusammenarbeit noch immer einige rechtliche Hindernisse überwunden werden. Die Initiative wird hoffentlich auch zum Abbau dieser Hindernisse beitragen. Das wird einer der wichtigsten Schwerpunkte der Initiative sein, die wir voraussichtlich noch im diesem Jahr – wahrscheinlich im Herbst – vorlegen werden. Wir werden also Gelegenheit haben, auch darüber in diesem Hohen Haus zu diskutieren.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 55 von Marie Panayotopoulos-Cassiotou (H-0359/07)

Betrifft: Neue gesundheitspolitische Strategie

Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Kommission im Rahmen der neuen gesundheitspolitischen Strategie insbesondere im Hinblick auf Kinder, um gesundheitsgefährdenden Verhaltensweisen (beispielsweise Tabak- und Alkoholkonsum, Fettleibigkeit u. a.) vorzubeugen und entgegenzuwirken?

Ist die Kommission der Ansicht, dass die Kinder unabhängig von dem Einkommen und der Beschäftigung ihrer Eltern einen eigenständigen Anspruch auf Krankenhausbehandlung und medizinische Versorgung haben?

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EL) Herr Präsident! Die Europäische Kommission hat in der Tat die Absicht, eine neue Gesundheitsstrategie für 2007 zu verabschieden, und diese Strategie wird ein allgemeiner Rahmen mit quantifizierbaren Zielen sein, denen ein integrierter Ansatz gegenüber allen Initiativen im Gesundheitssektor auf europäischer Ebene zugrunde liegt. Ich stimme der, wie ich es nennen möchte, Unterstellung in der Frage der Frau Abgeordneten zu, dass Kinder und Jugendliche für die Europäische Kommission besondere Priorität haben.

Die Strategie wird Themen wie die Bedeutung einer gesunden Lebensführung und die Notwendigkeit, Fettleibigkeit, Rauchen und Alkoholismus zu bekämpfen, zum Gegenstand haben, wird sich aber auch besonders mit den Sektoren beschäftigen, die Kinder und Jugendliche betreffen.

Wie ich bereits bei der vorherigen Anfrage erklärte, wird unsere Initiative für hochwertige Gesundheits- und Sicherheitsdienstleistungen in Kürze verabschiedet, und in diesem Rahmen wird allen gemeinsamen Grundwerten Rechnung getragen, die vor einem Jahr von den Gesundheitsministern beschlossen wurden und die die Gesundheitssysteme in der Europäischen Union tragen. Zu den im Beschluss der Minister genannten Werten gehören die Gleichbehandlung, die Universalität und der gleichberechtigte Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle – und das gilt selbstverständlich auch für Kinder – ungeachtet ihrer finanziellen Verhältnisse, und diese Werte werden bei allen diesbezüglichen Initiativen der Europäischen Kommission berücksichtigt. Selbstverständlich fällt die Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, aber die Kommission wird die Mitgliedstaaten in diesem Bemühen unterstützen, und diese Werte werden auch bei unseren Initiativen berücksichtigt, wo und wann immer sie sich auf den Gesundheitssektor beziehen.

Nach unserer Überzeugung bildet all dies einen nützlichen Bezugspunkt für das gesamte Handeln der Gemeinschaft im Gesundheitswesen.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE) . – (EL) Herr Präsident! Weil gerade die Strategie auf dem Gebiet der Rechte des Kindes erörtert wird und der zuständige Ausschuss keine Stellungnahme im Gesundheitssektor abgegeben hat, möchte ich speziell zu den Kindern fragen, ob dafür gesorgt wurde, bestimmte regelmäßige Untersuchungen in ganz Europa zur Pflicht zu machen, um den Gesundheitsstandard und die Früherkennung von Krankheiten zu gewährleisten.

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EL) Herr Präsident! Es versteht sich von selbst, dass dies in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, aber im Rahmen der einzelnen Strategien, die verabschiedet werden, und im Zuge des Austauschs der besten Praxis in verschiedenen Sektoren wird selbstverständlich auch die Frage der besten Vorbeugungsmethode erörtert werden, und die frühzeitige Untersuchung ist mit Sicherheit ein wichtiges Verfahren zur Vorbeugung. Wir gehen jedoch davon aus, dass man sich damit in jedem Sektor gesondert befasst. Ich erwarte nicht, dass es eine horizontale Vorschrift speziell für Kinder geben wird; allerdings werden in jedem Gesundheitssektor und bei jedem Gesundheitsproblem, das vermieden werden kann, die Strategie und die Initiative die Kinder und die Vorbeugung eigens berücksichtigen.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE). – Herr Präsident! Herr Kommissar, Sie haben das Thema Alkoholismus erwähnt. In Österreich hat sich unter Jugendlichen ein seltenes oder doch nicht so seltenes Phänomen entwickelt, nämlich das so genannte Komatrinken. Es geht dabei anscheinend darum, in möglichst kurzer Zeit mit möglichst viel Alkohol bewusstlos zu werden. Ist das Ihrer Erfahrung nach ein ausschließlich österreichisches Phänomen, oder gibt es hier einen europäischen Trend? Falls es sich hier um einen europäischen Trend handelt, haben Sie schon irgendwelche Maßnahmen angedacht, um einem derartigen Extremtrinken entgegentreten und es auf Dauer verhindern zu können?

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EL) Herr Präsident! Dieses Problem des übermäßigen Alkoholgenusses mag in der Tat in den nördlichen und nordwestlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union seinen Ausgang genommen haben, weitet sich jetzt aber auf die südlicheren Länder aus. Wir wissen bereits, dass sich Spanien diesem Problem gegenübersieht, und ich habe häufig Gelegenheit gehabt, dieses Thema mit dem Gesundheitsminister zu erörtern.

Dieses Thema wird im Rahmen der im vergangenen Jahr beschlossenen und von den Mitgliedstaaten unterstützten Strategie zur Bekämpfung der schädlichen Folgen des übermäßigen Alkoholgenusses angegangen. Wir warten im Grunde auf die Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu diesem Thema, aber die Frage der Jugendlichen und der Bekämpfung dieser Form des übermäßigen Alkoholgenusses im Allgemeinen gehört zu den Hauptzielen der Strategie. In hohem Maße jedoch, und ich muss hier wiederholen, was ich schon zuvor gesagt habe, liegt die Zuständigkeit bei den Mitgliedstaaten. Wir sind jedoch der Überzeugung, dass es uns durch die Bemühungen zum Austausch der besten Praktiken und zur Weitergabe von Erfahrungen von einem Mitgliedstaat zum anderen und durch die Zusammenarbeit mit allen beteiligten Stellen gelingen wird, positive Ergebnisse zu erzielen. Aus eben diesem Grunde fand in der vergangenen Woche das erste Treffen des Europäischen Alkohol- und Gesundheitsforums statt, und selbstverständlich gehörte das von der Frau Abgeordneten angesprochene Problem zu den Themen, die vom Europäischen Alkohol- und Gesundheitsforum behandelt wurden.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). – Das Ziel ist eigentlich, gesund lange zu leben. Gibt es von Ihnen Vorschläge, wie die bestehenden Programme der Europäischen Union, z.B. das Siebte Forschungsrahmenprogramm oder das Programm für Wettbewerb und Innovation, genützt werden könnten, um diese Ziele zu erreichen, und wie sehen hier Ihre Planungen bis zum Jahre 2013 aus?

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EL) Herr Präsident! Selbstverständlich hat die Grundstrategie der Europäischen Kommission in dieser Periode allgemein die Vorbeugung zum Gegenstand. Aus eben diesem Grunde konzentrieren wir uns auf zahlreiche Bemühungen, bei denen es um die negativen Auswirkungen auf den Gesundheitssektor geht, wie ich schon früher gesagt habe, wie etwa Alkohol, Rauchen, Fettleibigkeit, geistige Gesundheit und alle diese Themen. Auch dies wird jedoch Bestandteil der Strategie sein; der Ansatz gilt für sämtliche europäischen Politiken in sämtlichen Sektoren, insbesondere in dem von Ihnen erwähnten Forschungssektor, und für andere Sektoren der Europäischen Union wie etwa die Sektoren Landwirtschaft, Verkehr und Regionalpolitik.

Speziell im Forschungssektor arbeite ich eng mit meinem Kollegen zusammen, und ein Großteil dieser Zusammenarbeit ist der Forschung im Gesundheitsbereich gewidmet, wie etwa der Krebsforschung, der Erforschung der Vogelgrippe und auf anderen Gesundheitssektoren, weil dies nach unserer Auffassung zu den Grundprioritäten gehört, was auch im siebten Finanzprotokoll anerkannt wird.

 
  
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  Der Präsident.

Anfrage Nr. 56 von Marc Tarabella (H-0360/07)

Betrifft: Gesundheitsdienste

Am 20.4.2007 legte die Kommission die Ergebnisse der im September 2006 eingeleiteten Konsultation über die Gesundheitsdienste vor.

Kann die Kommission, da sich die Mehrheit der Befragten für eine Gemeinschaftsaktion im Gesundheitsbereich ausgesprochen hat, in Grundzügen darlegen, wie sie diesem Wunsch entsprechen will, um insbesondere für eine bessere Information der Patienten zu sorgen, damit diese in Sachkenntnis entscheiden können, und um mehr Klarheit bezüglich der Vorgehensweise und der Fristen zu schaffen, die für die Patienten gelten, die sich in einem anderen Mitgliedstaat behandeln lassen wollen? Welche Beschwerdeverfahren im Falle der Ablehnung einer vorherigen Genehmigung durch die nationalen Behörden will die Kommission vorschlagen?

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Wie ich bereits sagte, hatten wir im Mai im Rahmen der Aussprache über den Bericht von Frau Vergnaud Gelegenheit, über diese Gesundheitsdienste zu sprechen. Das war für uns sehr hilfreich. Ich kann dem Parlament mitteilen, dass wir derzeit am Entwurf für einen Vorschlag arbeiten. Nach einigen ministeriellen Diskussionen wurde dies von den Gesundheitsministern auf der letzten Ratstagung bestätigt, auf der die Erwartung ausgesprochen wurde, die Kommission möge den Vorschlag genau so vorlegen, wie vom Parlament vorgeschlagen. Das wollen wir möglichst bald tun, auf jeden Fall noch in diesem Jahr.

Wir haben eine breite öffentliche Konsultation durchgeführt, und die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden ebenfalls in Betracht gezogen werden. Doch die wichtigste Erkenntnis lautet, dass eine Initiative auf europäischer Ebene mit einem Mehrwert verbunden ist. Einen wichtigen Teil wird dabei natürlich die Frage der Information bilden, und hier muss möglichst genau und objektiv vorgegangen werden. Wir beabsichtigen, Lösungen zu finden, die Patienten, medizinischem Fachpersonal und Leistungserbringern im Gesundheitswesen unter Achtung des Subsidiaritätsprinzips einen echten Mehrwert bieten, ohne neue bürokratische Hindernisse zu schaffen. Wir werden für Kohärenz zwischen den Vorschlägen zu den Gesundheitsdiensten und den aktuellen parallelen Initiativen der Kommission zu sozialen Leistungen von allgemeinem Interesse, zu allgemeineren Fragen in Bezug auf Leistungen der Daseinsvorsorge und der laufenden Modernisierung und Vereinfachung der Regelungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit sorgen.

Wie ich bereits sagte, spielt die Information der Bürger eine wichtige Rolle. Es wird also etwas bezüglich des Zugangs zu Informationen getan werden. Einige Maßnahmen wurden bereits eingeleitet; so wurde unlängst eine Webseite eingerichtet, aus der hervorgeht, wer für welche Kosten für Gesundheitsleistungen im Ausland zuständig ist. Diese Webseite gibt es bereits in französischer, englischer und deutscher Sprache, und sie wird demnächst auch in allen übrigen Amtssprachen zur Verfügung stehen.

Wir werden das Parlament natürlich über weitere Vorschläge informieren, sobald sie endgültig in der Kommission vorliegen. Bei den Vorschlägen wird es um folgende Hauptfragen gehen: bessere Information der Patienten, insbesondere über grenzüberschreitende Gesundheitsleistungen; die Qualität und Sicherheit von Gesundheitsdiensten generell; Rechte der Patienten auf Wiedergutmachung im Schadensfall; Achtung der Privatsphäre; Verfahrensgarantien für Patienten in Bezug auf eine Behandlung im Ausland; Erfassung von Daten über grenzüberschreitende Gesundheitsleistungen sowie Förderung der europäischen Zusammenarbeit zu Fragen wie europäischen Referenznetzen, der Entwicklung von Qualitäts- und Sicherheitsleitlinien oder der Erarbeitung von vergleichbaren Daten und Indikatoren.

 
  
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  Marc Tarabella (PSE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich wüsste gern, ob die Kommission bereits über jährliche Statistiken darüber verfügt, wie viele Bürger in den einzelnen Mitgliedstaaten Gesundheitsleistungen in einem anderen Staat in Anspruch nehmen möchten, und wenn ja, aus welchen wesentlichen Gründen. Kann die Kommission, falls solche Angaben nicht vorliegen, die Zahl eventueller Beschwerden von Bürgern von Mitgliedstaaten nennen, denen die Genehmigung zur Versorgung in einem anderen Mitgliedstaat versagt wurde?

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Eines der Probleme besteht darin, dass uns nicht ausreichend statistische Angaben zu dieser Frage vorliegen. Aber den uns vorliegenden Zahlen ist zu entnehmen, dass es sich um mindestens 1 % des Gesundheitswesens handelt. Das wird die Erwartungen erhöhen. Bisher war der Mangel an Informationen der Haupthinderungsgrund. Die Menschen wissen nicht, dass sie dieses Recht haben, und je mehr sie darüber erfahren, um so häufiger werden sie sich um eine Behandlung im Ausland bemühen. Wir haben hier die Möglichkeit, regulierend einzugreifen, bevor uns die Sache über den Kopf wächst, bevor es zu spät ist.

Ich fürchte, mir liegen keine Hinweise auf Beschwerden von Bürgern vor, denen die Genehmigung verweigert wurde. Bekanntlich hat sich der Europäische Gerichtshof mit Fällen von Bürgern befasst, die mit einem Negativbescheid nicht einverstanden waren, da aber die Bürger vielfach nicht wissen, dass sie auf europäischer Ebene Entschädigung fordern können, haben wir kein genaues und klares Bild in dieser Sache. Als ich Ihre Frage vorhin beantwortete, hatte ich lediglich die Angaben zu den grenzüberschreitenden Gesundheitsdiensten vor mir, die einen der Schwerpunkte der bevorstehenden Initiative bilden werden.

 
  
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  Der Präsident. Die Anfragen, die aus Zeitgründen nicht behandelt wurden, werden schriftlich beantwortet (siehe Anlage).

Die Fragestunde ist geschlossen.

(Die Sitzung wird um 19.40 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: MARIO MAURO
Vizepräsident

 
  

(1) ABl. L 228 vom 11.8.1992, S. 1.
(2) ABl. L 181 vom 20.7.2000, S. 65.


17. Spezifische Probleme bei der Umsetzung und Anwendung der Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen und ihre Beziehung zur Lissabonner Agenda (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Arlene McCarthy im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz über die spezifischen Probleme bei der Umsetzung und Anwendung der Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen und ihre Beziehung zur Lissabonner Agenda (2006/2084(INI) (A6-0226/2007).

 
  
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  Arlene McCarthy (PSE), Berichterstatterin. (EN) Herr Präsident! Ich möchte zunächst den Koordinatoren des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz danken, die meine Tätigkeit als Vorsitzende bei der Erarbeitung des ersten detaillierten Dokuments, das der Ausschuss zur Umsetzung und Anwendung der Rechtsvorschriften über den Binnenmarkt in Angriff genommen hat – nämlich zur Untersuchung der Wirksamkeit des öffentlichen Beschaffungswesens – unterstützt haben.

Der vorliegende Bericht ist das Ergebnis von Monaten umfassender Untersuchungen und informeller Konsultationen mit Mitgliedstaaten, Fachleuten und Spezialisten für öffentliche Beschaffung sowie Mitarbeitern der Kommission. Große Unterstützung leistete auch das Sekretariat des Binnenmarktausschusses, dem ich ebenfalls danken möchte.

Wir führten einen Workshop durch, um bewährte Verfahren näher zu beleuchten, wobei unser Hauptaugenmerk der öffentlichen Beschaffung und dem Nachweis der Entschlossenheit des Parlaments galt, eine bessere Rechtsetzung zu schaffen, die Erfahrungen der Unternehmen mit Rechtsvorschriften der EU zu verbessern und die Vorteile für die Bürger aufzuzeigen.

Warum haben wir uns gerade den Vorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen zugewandt? Etliche negative Artikel in der Presse in den Jahren 2003 bis 2006 schienen darauf hinzudeuten, dass der Binnenmarkt nicht funktioniert, weil die EU-Vorschriften über die Beschaffung ungenügend beachtet werden, insbesondere die Vorschriften über Nichtdiskriminierung aufgrund von Nationalität. Es wurde auch die Sorge geäußert, die Anzahl der illegal direkt vergebenen Aufträge nähme zu. Der Binnenmarkt im öffentlichen Beschaffungswesen, der auf rund 16 % des BIP der EU geschätzt wird und einen Wert von rund 1,7 Billionen Euro hat, ist zweifellos für das Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der EU von enormer Bedeutung. Immer öfter wird öffentliche Beschaffung von unseren lokalen Behörden vorgenommen, die damit insbesondere KMU Chancen für mehr Beschäftigung vor Ort bieten.

Unsere Analyse hat ergeben, dass bei der korrekten Anwendung der Rechtsvorschriften der EU in Bezug auf öffentliche Beschaffung tatsächlich eine Reihe von Problemen auftreten, einschließlich Fälle grenzüberschreitender Diskriminierung. Eine maßgebliche Anzahl der von der Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren betrifft Fragen der öffentlichen Beschaffung, und wir hätten einen Bericht erarbeiten können, der schlechte Praktiken anprangert oder jene fünf Mitgliedstaaten namentlich nennt, die die Richtlinien über öffentliche Beschaffung selbst 2007 noch nicht umgesetzt haben. Das hätte gewiss Schlagzeilen gemacht.

Wir meinen jedoch, dass die EU-weite Öffnung des öffentlichen Beschaffungsmarktes unter dem Strich positiv zur Gesundheit des Binnenmarktes beiträgt und der EU hilft, die Ziele von Lissabon zu erreichen. Deshalb haben wir es vorgezogen, uns stattdessen in konstruktiver Weise auf Maßnahmen zu konzentrieren, die die Bilanz der Mitgliedstaaten bei der Bewältigung bestehender – und auch entstehender – Probleme bei der Umsetzung und Anwendung verbessern.

Der Bericht empfiehlt daher, dass die Kommission einen Aktionsplan vorlegt, der die Mitgliedstaaten eindeutig ermutigt, sich den Problemen zuzuwenden. Wir raten zur Einführung kooperativer Praktiken zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission, darunter dem informellen Austausch von Informationen zu einem frühen Zeitpunkt. Wir unterstreichen die Rolle der informellen Streitbeilegung, neben der Einlegung formaler Rechtsmittel. Wir fordern die Kommission zur Veröffentlichung von Richtlinien für die Anwendung sozialer Kriterien auf, sobald ihre Studie hierzu abgeschlossen ist, und streben einen intensiveren Austausch bewährter Verfahren bei der öffentlichen Beschaffung an, zum Beispiel durch systematische Ausbildung von Beschaffungsexperten und Koordinierung der Tätigkeit europäischer Netzwerke für den Austausch bewährter Verfahren. Wir empfehlen die Annahme aller optionalen Elemente der neuen Richtlinie, wie E-Auktionen, und sind an der Einrichtung nationaler Beratungsstellen zur Unterstützung von sowohl auftragvergebenden Behörden als auch Bietern interessiert.

Wir erkennen, dass die Kommission über ausreichende Humanressourcen auf diesem Gebiet verfügen muss, um sich den Problemen zu stellen, und fordern auch eine bessere Datenerhebung zur öffentlichen Beschaffung, wobei wir wissen, dass dies allein wegen des Volumens und der unterschiedlichen nationalen Rechnungsführungssysteme ein sehr schwieriges Unterfangen ist. Wir werben um das politische Engagement der Mitgliedstaaten, insbesondere zur Beschleunigung der korrekten Umsetzung und Anwendung dieser Rechtsvorschriften.

Ein gegenwärtig heiß diskutiertes Thema sind „In-House“-Geschäfte und die Anwendbarkeit der Vorschriften für öffentliche Beschaffung auf öffentlich-öffentliche Partnerschaften. Der Ausschuss gelangte zu der Auffassung, dass nach der Rechtssache Teckal derzeit keine ausreichende Rechtsprechung des Gerichtshofes vorliegt, die Klarheit darüber schafft, wie sich staatliche Behörden verhalten sollten. Wir bitten die Kommission jedoch dringend, ihre Arbeit auf diesem Gebiet fortzusetzen, um diese Fragen zu lösen und Rechtsklarheit zu schaffen. Ich erinnere die Kollegen, dass wir unlängst den Bericht Weiler angenommen haben, der sehr gute Empfehlungen zu öffentlich-öffentlichen Partnerschaften enthält.

Letztendlich besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen diesem Bericht und der Zukunft des Binnenmarktes. Es wird erwartet, dass sich die Kommission im Herbst zu künftigen Politiken äußern wird.

Ich danke allen Kollegen, die sich an dieser Aussprache beteiligt haben, sowie allen, die an unserem Workshop sowie auf viele andere Weise mitgewirkt haben. Ich freue mich auf die starke Unterstützung der Kommission für einen meiner Meinung nach positiven und praxisnahen Bericht zur Verbesserung dieses wichtigen Sektors des Binnenmarktes.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Wie Sie wissen, beschäftigt sich die Kommission gegenwärtig mit der Zukunft des Binnenmarktes. Wir rechnen damit, im Herbst unsere Vorstellungen darüber vorzulegen, was in den kommenden Jahren im Mittelpunkt der Binnenmarktpolitik stehen sollte.

Ein wichtiges Element unserer Analyse ist die Frage, wie die korrekte Anwendung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft vor Ort besser gewährleistet werden kann. Ich begrüße es, dass Sie einen Bericht vorlegen, der sich mit diesem Thema auseinandersetzt und sein Augenmerk speziell auf öffentliche Beschaffung richtet, und beglückwünsche Ihre Berichterstatterin, Frau McCarthy, zu dieser Initiative.

Als eine wichtige Empfehlung schlägt der Bericht die Einrichtung nationaler Beratungsstellen zur Unterstützung öffentlicher Auftraggeber und der Bieter vor. Derartige nationale Anlaufstellen könnten bei der Gewährleistung der korrekten Anwendung der Vorschriften für öffentliche Beschaffung eine wichtige Rolle spielen. Es ist sehr sinnvoll, die Beratung für öffentliche Beschaffung mit Hilfe nationaler Beratungsstellen näher an die zahlreichen öffentlichen Auftraggeber und die jeweiligen Bieter heranzuführen. Die Kommission ist bereit, mit solchen nationalen Beratungsstellen zusammenzuarbeiten und ihre etwaigen Fragen zu beantworten.

Die Mitgliedstaaten sollten die im Bericht enthaltenen Vorschläge aufgreifen und zum Beispiel die genannten nationalen Beratungsstellen einrichten. Einige Mitgliedstaaten sind gegenwärtig dabei, Anlaufstellen oder Binnenmarktzentren zu schaffen, die Unternehmen und Bürger im Zusammenhang mit SOLVIT, dem freien Warenverkehr, oder der Dienstleistungsrichtlinie unterstützen könnten. Ich begrüße solche Initiativen und hoffe, dass solche nationale Zentren ihre Tätigkeit auf alle Sektoren des Binnenmarktes einschließlich öffentlichem Beschaffungswesen ausdehnen werden.

Wir möchten Ihnen auch versichern, dass die Kommission alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzt, um die schnellstmögliche Umsetzung der Beschaffungsrichtlinien von 2004 in jenen Mitgliedstaaten zu gewährleisten, die immer noch im Verzug sind. Ich bedaure, dass trotz unserer Anstrengungen, jedweden Rat und Unterstützung zu erteilen, rechtliche Schritte gegen eine Reihe von Mitgliedstaaten eingeleitet werden mussten, die den Umsetzungsprozess in nationales Recht nicht abgeschlossen haben. Wir können es uns aber nicht leisten, bei der Schaffung gleicher Bedingungen für alle Bieter in Europa Zeit zu verlieren.

Abschließend möchte ich unterstreichen, wir brauchen das Engagement der Mitgliedstaaten beim Thema öffentliche Beschaffung, um mit der korrekten Umsetzung und Anwendung voranzukommen. Fälle aus dem Bereich öffentliche Beschaffung machen immer noch einen viel zu hohen Anteil der gegen Mitgliedstaaten angestrengten Verletzungsverfahren aus. Dies beeinträchtigt den fairen Wettbewerb unter Bietern und ist auch für die öffentlichen Finanzen, und damit das Geld der Steuerzahler, von Nachteil. Ihr Bericht unterstreicht, wie notwendig Verbesserungen sind, und ich danke dem Parlament für seine Unterstützung.

 
  
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  Charlotte Cederschiöld, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich der Berichterstatterin, Frau McCarthy, für ihren ausgezeichneten Bericht vielmals danken.

Ich habe in letzter Zeit im Europäischen Parlament eine Tendenz beobachtet, die ich als Europäerin beunruhigend finde, und zwar ist das ein Nachlassen der Achtung vor den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes. Der EuGH zieht bei seinen Urteilen keine nationalen Erwägungen in Betracht: Er berücksichtigt die Interessen der Union und ihrer Bürger. Darüber hinaus gehört es zu den Grundlagen des Vertrags, dass die Rechtsprechung des EuGH in jedem Mitgliedstaat maßgeblich ist. Das Europäische Parlament hat vor allem eine gesetzgeberische Funktion. Bei der Wahrnehmung unserer Aufgabe ist es für uns wichtig, die europäische Herangehensweise des EuGH als unsere Richtschnur – und nicht etwa das EuGH als unseren Feind – zu betrachten, was heutzutage leider gar nicht so selten geschieht.

Die Rechtsvorschriften zur öffentlichen Beschaffung haben noch mit einigen Kinderkrankheiten zu kämpfen. Viele der Probleme sind auf mangelnde nationale Umsetzung bzw. Schwierigkeiten hierbei zurückzuführen. Es muss stets unser Ziel und das Ziel der Mitgliedstaaten sein, die Rechtsvorschriften möglichst verständlich und an wirkliche Bedürfnisse anpassbar zu gestalten. KMU sollten tatsächlich in der Lage sein, am grenzüberschreitenden Markt teilzunehmen, nicht nur theoretisch.

Wir müssen einen funktionierenden Rahmen für öffentlich-private Partnerschaften festsetzen und Rechtssicherheit sowohl für Unternehmen als auch für öffentliche Auftraggeber schaffen und kontrollieren, dass die Vorschriften der Gemeinschaft von allen eingehalten werden, ohne unnötigen Papierkrieg. Wir haben dafür zu sorgen, dass lokale und nationale Interessen unser europäisches Ziel nicht überdecken, das für alle Bürger und Unternehmen Europas nach wie vor das beste Ergebnis ist.

Schließen möchte ich mit der Bemerkung, ich vertraue auf die Kommission und auf unsere weitere gute Zusammenarbeit.

 
  
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  Manuel Medina Ortega, im Namen der PSE-Fraktion.(ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Frau McCarthy zu ihrem ausgezeichneten Bericht beglückwünschen, aber ich glaube, dies ist eine gute Gelegenheit, einige Dinge deutlich auszusprechen, damit die Menschen außerhalb dieses Plenarsaals, die normalen Bürger, sie verstehen können.

Ich habe eine gewisse praktische Berufserfahrung auf diesem Gebiet und muss darauf hinweisen, dass das öffentliche Beschaffungswesen der Prüfstein für die Bekämpfung der Korruption ist. Die Transparenz und der Grad des verantwortungsvollen Handelns der öffentlichen Verwaltungen werden daran gemessen, wie die Rechtsvorschriften funktionieren und von den Institutionen angewendet werden.

Ich möchte der Kommission zu der in Anwendung dieser Rechtsvorschriften geleisteten Arbeit gratulieren und dem Gerichtshof meine Anerkennung für die korrekte Anwendung dieser Gesetze aussprechen. Wie die Berichterstatterin bemerkte, dürfen wir den derzeitigen Zustand nicht hinnehmen, denn viele der Vorschriften der Europäischen Union sind noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden, und in der Europäischen Union gibt es leider noch viele öffentliche Verwaltungen, die das Gemeinschaftsrecht nicht korrekt anwenden.

Meines Erachtens ist es Zeit für die Kommission – wie die Berichterstatterin empfiehlt –, einen großen Aktionsplan aufzustellen, der auf die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts und seine Weiterentwicklung und, in Zusammenarbeit mit den Staaten, die für die Anwendung dieser Vorschriften verantwortlich sind, auf die Erreichung einer wirksamen Durchsetzung auf allen Verwaltungsebenen gerichtet ist, denn auch wenn in einigen Ländern vielleicht keine Korruption existiert, würde ich sagen, dass sie die größte Gefahr für die Tätigkeit der Verwaltungen und das Funktionieren unserer Demokratie darstellt.

Ich möchte Frau McCarthy nochmals meinen Dank aussprechen. Nach meiner Ansicht werden wir diesen Bericht morgen mit breiter Mehrheit annehmen können.

 
  
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  Heide Rühle, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Auch ich möchte mich bei Frau McCarthy für den ausgezeichneten Bericht bedanken. Auch ich bin der Meinung, dass wir dringend darauf achten müssen, dass die Richtlinien in die Praxis umgesetzt werden. Wenn eine Rechtsetzung lückenhaft ist, kann dies zu Rechtsunsicherheit und Wettbewerbsverzerrungen führen. Das sollten wir verhindern.

Wir haben bei diesem Bericht leider feststellen müssen, dass die neuen Richtlinien bis heute nur in 20 von 27 Mitgliedstaaten umgesetzt sind, und das, obwohl die Frist bereits am 21.1.2006 abgelaufen ist. Als häufigste Gründe für die mangelnde Umsetzung wurden ein Defizit an juristischem Sachverstand, mangelnde Humanressourcen, aber auch mangelnder politischer Wille in den Mitgliedstaaten genannt. Hier müssen wir also ansetzen, und ich halte die Vorschläge von Frau McCarthy für ausgezeichnet. Der Ausschuss schlägt der Kommission einen Aktionsplan vor, um die Mitgliedstaaten zu ermutigen, bisher bestehende und neue Umsetzungs- und Anwendungsprobleme im öffentlichen Beschaffungswesen anzugehen.

Ich finde es aber auch wichtig, dass der Ausschuss nochmals bekräftigt hat, dass es in bestimmten Bereichen eine gute Praxis gibt, die ausgetauscht werden soll. Mitgliedstaaten sollen Kenntnisse und best practices bezüglich der Umsetzung im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens aktiv untereinander austauschen und die Zusammenarbeit mit der Kommission in diesem Bereich verbessern. Der Ausschuss ermuntert die Mitgliedstaaten nachdrücklich, elektronische Kauftechniken zu koordinieren und zu vereinfachen und den Zugang zu solchen Beschaffungen zu erleichtern. Er begrüßt das Handbuch der Kommission über die Anwendung von umweltbezogenen Kriterien und fordert die Veröffentlichung von Leitlinien zur Anwendung von sozialen Kriterien. Auch das würde dazu beitragen, Rechtsunsicherheit zu verhindern.

Es gibt aber noch einen weiteren Bereich, auf den man hinweisen muss, wenn es um das Thema Rechtsunsicherheit geht, nämlich das ungelöste Problem der öffentlichen Zusammenarbeit, in Deutschland nennen wir sie interkommunale Zusammenarbeit. Hier betreiben Kommunen – und zwar wirklich nur Kommunen – untereinander Einrichtungen wie Kindergärten, Wasserversorgung, Wasserentsorgung und Müll. Sie machen das, weil es inzwischen im ländlichen Raum einen Bevölkerungsrückgang gibt und dieser durch gemeinsame Zusammenarbeit aufgefangen werden soll.

Ich bin nun der Meinung, dass diese Art von interkommunaler Zusammenarbeit eben nicht in das öffentliche Beschaffungswesen gehört, und ich würde erwarten, dass die Kommission hier endlich eine Klarstellung vornimmt. Aus diesem Grund wird übrigens auch die Grüne Fraktion den Änderungsantrag 12 zurückziehen und morgen nicht zur Abstimmung stellen.

 
  
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  Nils Lundgren, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Dies ist endlich einmal ein Bericht, für den jemand von der EU-skeptischen Partei Juniliste erhebliche Wertschätzung bekunden kann. Genau damit sollte sich die Europäische Union eigentlich beschäftigen, nämlich sicherzustellen, dass wir in den Bereichen, in denen wir den Markt gewählt haben, liberale wirtschaftliche Lösungen erhalten, was wir in jedem Fall tun sollten. Der Bericht ist daher genau richtig.

Die EU und die Kommission müssen unbedingt dafür sorgen, dass die Regelsysteme eingehalten werden und dass es absolut verboten ist, einheimische Lieferanten gegenüber ausländischen zu bevorzugen. Das liegt im Interesse sowohl der Verbraucher als auch der Bürgerinnen und Bürger.

Aber was wäre ich für ein EU-Skeptiker, wenn ich keine Einwände hätte? Ich habe zwei:

Erstens halte ich es für falsch, jetzt die Einstellung von mehr Personal bei der Kommission zu Überwachungszwecken zu fordern. Im Ausschuss für Haushaltskontrolle, dessen erster stellvertretender Vorsitzender ich bin, gehen wir in die entgegengesetzte Richtung. Wichtig ist nämlich, dass wir von den Mitgliedstaaten und den führenden Politikern, einschließlich Finanzministern und Ministerpräsidenten, fordern, dass sie die Regeln, denen jeder Mitgliedstaat der Europäischen Unionen unterliegt, auch wirklich einhalten.

Zweitens dürfen wir auch nicht vergessen, dass die Länder das Recht haben, andere Lösungen zu wählen. Wenn ein Land keine Deregulierung wünscht und eine staatliche Postbehörde oder eine andere Institution in staatlicher Regie behalten will, ist es absolut berechtigt, eine solche Position einzunehmen, und damit gibt es keinen Bedarf, ein solches Beschaffungswesen zu fordern.

 
  
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  Andreas Schwab (PPE-DE). – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte allen Koordinatoren und stellvertretend für sie der Berichterstatterin für die gute Arbeit an diesem Bericht danken. Wir waren uns fraktionsübergreifend einig, dass die Richtung und der Inhalt des Berichts so richtig sind, und dies zeigt auch das klare Votum des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz.

Grundsätzlich müssen wir beachten, dass das Vergaberecht innerhalb der EU in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich kohärent umgesetzt ist und dass deshalb die von der Kommission immer wieder geäußerte Behauptung, es gebe in bestimmten Mitgliedstaaten Probleme mit dem Vergaberecht, in dieser Form anhand von makroökonomischen Grundkriterien nicht haltbar ist, sondern dass wir unbedingt eine bessere Datenerhebung über die Probleme brauchen, die es im Bereich des Vergaberechts in den Mitgliedstaaten gibt. Deswegen freue ich mich sehr, dass dieser Punkt in dem Bericht aufgegriffen wird und die Kommission aufgefordert wird, die Datengrundlage bei der Bewertung der nationalen Vergaberechtssysteme breiter zu gestalten.

Ich möchte nun auf einige Änderungsanträge eingehen. Die meisten Änderungsanträge lehnen wir ab. Ich freue mich, dass Frau Rühle erklärt hat, dass der Änderungsantrag 12 zurückgezogen wird. Wir finden nicht alle Änderungsanträge des Kollegen Lipietz oder des Rechtsausschusses schlecht, aber sie würden den Bericht, der insgesamt sehr rund ist, etwas aufweichen.

Eine rechtzeitige und korrekte Umsetzung und Anwendung der Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen würde wesentlich dazu beitragen, dass die Ziele des Programms der EU für eine bessere Rechtsetzung erreicht werden und dass durch eine konsequentere und bessere Umsetzung die Anwendung der Richtlinie im Binnenmarkt verbessert wird.

Wir bitten die Kommission, aber insbesondere auch den Rat, auf die Mitgliedstaaten einzuwirken, mehr Kapazitäten dafür aufzuwenden, die Professionalität im Beschaffungswesen zu steigern und best practices auszutauschen, um eine einheitliche Anwendung dieser Vorschriften in allen Bereichen der Europäischen Union zu gewährleisten.

Zum Änderungsantrag der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa möchte ich noch anfügen, dass es die Kommunen natürlich vermutlich begrüßen, dass lokale Gebietskörperschaften unbürokratisch kooperieren sollen, aber dass letztlich die Rechtsprechung des EuGH weder in Spanien noch in Traxa wirklich klare Richtlinien für die Möglichkeiten interkommunaler Zusammenarbeit oder public-public partnerships schafft. Deswegen ist die Kommission gefordert zu prüfen, welche weiteren Schritte in diesem Bereich notwendig sind.

 
  
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  Barbara Weiler (PSE). – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Kommissar! Ich möchte mich dem Dank an unsere Ausschussvorsitzende anschließen, die diesen Bericht in einer hervorragenden Weise in der Linie unserer bisherigen Berichte erarbeitet hat und auch alle unsere Anregungen aufgenommen hat. Ich bedanke mich insbesondere, weil ich diesen Bericht als eine Konsequenz in der gleichen Folgelinie zu dem Bericht über die öffentlich-private Partnerschaft sehe, und das ist ja eigentlich sehr sinnvoll und auch hilfreich.

Die Vorschläge der Berichterstatterin finde ich hervorragend. Sie bringen uns in der Realisierung des Binnenmarktes grundsätzlich weiter. Die Kritik, die sie erwähnt, ist allerdings für uns alle, auch für die Öffentlichkeit, sehr überlegenswert.

Wenn wir lesen, dass die Gründe meistens „mangelnder nationaler juristischer Sachverstand, mangelnde Humanressourcen oder das Fehlen von politischem Willen in den Mitgliedstaaten sind“, dann ist das in der Tat ein Armutszeugnis. Wir erwarten von unseren Nachbarstaaten, von Asien und Afrika korrektes Handeln, und wir selbst erfüllen unsere selbst gestellten Ziele nicht. Nun möchte ich hier nicht nur Schuldzuweisungen vortragen, aber alle gerichtlichen Verfahren, die in diesem Zusammenhang stattfinden, sind ärgerlich, unnötig und teuer. Darum ist es wichtig, dass wir in diesem Bereich aktiv werden und auch die Aktivitäten der Kommission unterstützen.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es gut ist, dass die umweltbezogenen und sozialen Kriterien stärker bekannt gemacht werden. Es ist sehr überraschend, dass in den Mitgliedstaaten gerade die KMU, die Träger unserer wirtschaftlichen Innovationskraft, zum großen Teil nicht wissen, was möglich ist, und die Bürger in unseren Mitgliedstaaten meistens nur denken, es sei notwendig, den billigsten Bieter zu bedienen und sich nicht an anderen Kriterien zu orientieren.

Zum Schluss danke ich für die gute Zusammenarbeit, und weil sie so gut war, empfehle ich allen, die Änderungsanträge gestellt haben, diese zurückzuziehen.

 
  
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  Graham Booth (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Ich muss mich bei den Dolmetschern entschuldigen, der folgende Text funktioniert tatsächlich nur auf Englisch.

Meine 60 Sekunden Redezeit heute, das muss ich einsehen,

reichen nicht für eine Gettysburg-Rede.

Um diese so wertvolle, kurze Zeit möglichst gut zu nutzen,

werde ich die wichtigen Punkte aufzählen und in Reimform vortragen.

Kommissar Verheugen sagt, die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft

konfrontieren die EU-Mitgliedstaaten mit einer halben Billion Gesetzen.

Dies begünstigt größere Unternehmen und schadet den KMU.

Richtlinien wie diese werden sie in die Knie zwingen.

Mit dieser Situation unzufrieden, war der große Traum von Frau McCarthy

die zentralisierte Kontrolle des Themas öffentliches Beschaffungswesen.

Nationale Beratungsstellen und der Austausch von Daten als Ziel

haben Sie immer weiter graben lassen, obwohl sie bereits in einem Loch stand.

Wenn das sozialdemokratische Paradies Vorschriften braucht, die wir durchsetzen,

fresse ich meinen Hut, und meinen Mantel dazu, mit oder ohne Soße.

(Beifall von der IND/DEM-Fraktion)

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank, Herr Booth, Sie haben das dichterische Niveau dieses Parlaments gesteigert.

 
  
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  Malcolm Harbour (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Mir ist es leider nicht gegeben, auf so poetische Weise zu antworten. Gestatten Sie mir lediglich die Bemerkung: Wenn ich Herrn Booth sage, diese Regelung der öffentlichen Beschaffungswesens sollte Kleinunternehmen in Europa die größtmöglichen Vorteile bringen, finden wir sicherlich einen Hutmacher, der ihm einen Hut macht, den er zu gegebener Zeit fressen kann!

Ich möchte Frau McCarthy nicht nur für diesen Bericht danken, sondern auch dafür, dass sie einen klaren Kurs für unseren Ausschuss abgesteckt hat, indem sie die Prüfung dieser Richtlinien über das öffentliche Beschaffungswesen gelenkt und deren politische Bedeutung unterstrichen hat. Schließlich haben wir es beim öffentlichen Beschaffungswesen mit der ersten vollständig überarbeiteten Binnenmarktgesetzgebung aus den 50er-Jahren zu tun, und dennoch frage ich mich häufig, ob genügend Unternehmen dies als reale Chance begreifen.

Der wichtigste Hinweis lautet hier, die Mitgliedstaaten müssen sich wirklich anstrengen, um ihre Professionalität in Fragen der Beschaffung zu verbessern, wodurch sich Chancen eröffnen, nicht nur zum Wirtschaftswachstum in Europa beizutragen, sondern auch den Bürgern Dienstleistungen von höherer Qualität zu bieten, indem Kosten reduziert werden und die Qualität verbessert wird. Wir wissen, dass dort, wo dies geschieht, klare Vorteile entstehen, und um diese kleinen Unternehmen muss man sich in diesem Prozess kümmern.

Abschließend möchte ich sagen - und ich danke Frau McCarthy für die Aufnahme eines von mir selbst eingereichten Änderungsantrags - öffentliche Auftraggeber stehen angesichts der großen Mengen, die sie einkaufen, tatsächlich in der Pflicht, Innovationen bei Produkten und Dienstleistungen zu fördern. Im Rahmen der geltenden Richtlinien können sie der Beschaffung oder dem Wettbewerb vorausgehende Vereinbarungen schließen, um innovativen Lösungen, die den Bürgern spürbare Vorteile bringen, auf dem Markt zum Durchbruch zu verhelfen. Das ist die nächste Entwicklung, die wir in den Griff bekommen müssen, und ich weiß, dass Frau McCarthy und der Ausschuss – ich spreche hier als der Koordinator für meine Fraktion – hierbei zusammenarbeiten werden, um der europäischen Wirtschaft und all unseren Bürger weiterhin wirkliche Vorteile zu bieten.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE). – Licitaţiile publice reprezintă peste 16% din produsul intern brut comunitar. Sistemele de achiziţii dinamice şi licitaţiile electronice asigură transparenţa, accesul egal la piaţă şi realizarea de importante economii. În acelaşi timp, armonizarea procedurilor de achiziţii publice duce la creşterea competiţiei între întreprinderile mici şi mijlocii şi, implicit, a competitivităţii acestora. Programul comunitar IDA, destinat schimbului de date între administraţiile publice, a permis din 2003 cunoaşterea implementărilor de succes ale sistemelor de licitaţie electronice. Cu un an înainte, România a introdus sistemul electronic de achiziţii publice, în martie 2002. Cu un număr de peste 7200 de autorităţi publice contractante şi peste 7500 de ofertanţi înregistraţi în sistem, au fost astfel realizate economii faţă de bugetul planificat de 24%. Consider că utilizarea mijloacelor electronice pentru realizarea achiziţiilor publice va ajuta în mod real Uniunea Europeană să realizeze obiectivele propuse prin strategia de la Lisabona. Felicit raportorul pentru munca depusă.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Ich begrüße den Bericht von Frau McCarthy, der die spezifischen Probleme beleuchtet, die mit der Umsetzung und Anwendung der Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen verbunden sind, welche für die EU und den Binnenmarkt von wachsender wirtschaftlicher Bedeutung sind. Die Märkte für das öffentliche Beschaffungswesen in den EU-Mitgliedstaaten müssen sich für den grenzüberschreitenden Wettbewerb öffnen, um überall in der Gemeinschaft, insbesondere für kleine und mittlere Zulieferer, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

Die neue Richtlinie klärt nun, inwiefern ökologischen und sozialen Forderungen entsprochen werden soll. Allerdings sollte dabei darauf geachtet werden, dass Beschaffungsstellen bei der Anwendung der Kriterien Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten nicht benachteiligen. Ich pflichte der Berichterstatterin bei, dass die Einrichtung nationaler Beratungsstellen die öffentlichen Auftraggeber bei der korrekten Anwendung der Vorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen und die Bieter, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, bei Ausschreibungen für öffentliche Aufträge unterstützen würde.

Eine höchst professionelle und entpolitisierte Verwaltung spielt eine Schlüsselrolle für die erfolgreiche Umsetzung und Anwendung der europäischen Rechtsvorschriften. Nur durch ausgezeichnete Beamte mit umfassender Erfahrung im öffentlichen Dienste bzw. in der Kommunalverwaltung sowie regelmäßige Schulungen ist es möglich, angemessen auf die durch die europäische Gesetzgebung entstandenen neuen Herausforderungen zu reagieren. Die neuen ehemals kommunistischen Mitgliedstaaten scheinen in der Tat einen neuen Volkssport erfunden zu haben, indem eine neue Regierung nach Amtsantritt versucht, nahezu alle öffentlich Bediensteten in Positionen auszutauschen, bei denen es vor allem auf Professionalität ankommt.

Auf der Grundlage meiner eigenen langjährigen Erfahrung im öffentlichen Dienst und in der Kommunalpolitik sowie im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesen bin ich davon überzeugt, dass es nur einer professionell arbeitenden und glaubwürdigen Verwaltung gelingen kann, die europäischen Rechtsvorschriften auf verantwortungsbewusste Weise in nationale Gesetze zu übertragen. Dabei ist es gleichwohl von äußerster Wichtigkeit, dass die Mitgliedstaaten dem Einzelnen und juristischen Personen keine Verantwortlichkeiten aufbürden, die über die in nationales Recht umgesetzten Rechtsvorschriften hinausgehen. Insbesondere sollten sie kleine und mittlere Unternehmen von unnötigem Verwaltungsaufwand verschonen. Nach meinem Dafürhalten würde der aktive Austausch von Wissen und besten Praktiken unter den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Gesetzgebung im öffentlichen Beschaffungswesen sowie die Modernisierung und Vereinfachung der Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen die Leistungsfähigkeit in diesem Bereich deutlich erhöhen.

 
  
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  Małgorzata Handzlik (PPE-DE).(PL) Herr Präsident! Gemeinschaftliche Rechtsvorschriften, die auf ein gerechtes und nicht diskriminierendes öffentliches Beschaffungswesen abzielen, sind meiner Ansicht nach ein Schritt in die richtige Richtung, fördern sie doch die Entwicklung des gemeinsamen Marktes.

Die geltenden EU-Rechtsvorschriften legen Mindestnormen für das öffentliche Beschaffungswesen fest, die aber hauptsächlich wegen der Probleme bei ihrer Umsetzung in nationales Recht und des Fehlens eines wirksamen Systems, mit dem die Einhaltung der in der Richtlinie niedergelegten Anforderungen bei der Auftragsvergabe überprüft werden kann, oftmals unzureichend sind. Die Berichterstatterin legt diese Probleme zutreffend dar und zeigt Wege zu ihrer Lösung auf.

Hier geht es vor allem darum, dass starke nationale Unternehmen bevorzugt und die Grundsätze eines freien und fairen Wettbewerbs missachtet werden, und es geht natürlich auch um Korruption, durch die beispielsweise kleine und mittlere Unternehmen der Möglichkeit beraubt werden, an der Auftragsvergabe teilzunehmen. Wir brauchen deshalb für das öffentliche Beschaffungswesen ein Überwachungssystem, um illegale, direkte Auftragsvergaben zu verhindern. Deshalb teile ich die Auffassung, dass die Mitgliedstaaten die Unterstützung der Europäischen Kommission für eine bessere Umsetzung und Anwendung der Richtlinie umfassender nutzen sollten.

Von Vorteil wäre auch die Entwicklung von Beratungsstellen im öffentlichen Beschaffungswesen in den Mitgliedstaaten. Neben der Unterstützung für Unternehmen, die an der öffentlichen Auftragsvergabe teilnehmen, könnten diese Stellen auch die Lage in den Mitgliedstaaten überwachen und der Kommission statistische Daten übermitteln. Zudem sollten wir durch die Vereinfachung elektronischer Kauftechniken den Zugang zu solchen Beschaffungen erleichtern.

Wir dürfen nicht vergessen, dass das öffentliche Beschaffungswesen ein wichtiger Indikator für das Wirtschaftswachstum in der Union ist und gegenwärtig 16 % des BIP ausmacht. Ziel der Richtlinie ist es, diskriminierende Auftragsvergabepraktiken in den Mitgliedstaaten auszuschalten und das System so flexibel zu gestalten, dass ausländische Unternehmen gleichberechtigten Zugang zu den Märkten anderer Länder erhalten.

Abschließend möchte ich Sie darauf hinweisen, dass wir zur Lösung der Probleme bei der öffentlichen Auftragsvergabe nicht nur formale, sondern auch informelle Lösungen anstreben sollten, wie z. B. die Förderung bewährter Verfahren, den Austausch von Erfahrungen, die Organisation von Schulungen oder den Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Die strikte Umsetzung und Anwendung haben für die Kommission Vorrang. Die Kommission untersucht derzeit, wie die korrekte Anwendung unserer Vorschriften weiter verbessert werden kann.

Das Thema öffentliche Partnerschaften ist für etliche Mitgliedstaaten von besonderer Bedeutung. Es sind Fragen hinsichtlich der Notwendigkeit aufgetaucht, Begriffe wie „öffentlicher Auftraggeber“ oder „In-house“-Geschäfte zu klären.

Es wird ein Legislativvorschlag für diesen Bereich gefordert, entsprechende Änderungsvorschläge wurden eingereicht. Ich muss allerdings sagen, ich bin von der Notwendigkeit legislativer Maßnahmen nicht überzeugt. Angesichts der vorliegenden Hinweise halte ich ein solches Vorgehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt für verfrüht.

Die Kommission untersucht nationale Vorgehensweisen in diesem Bereich. Sollten diese Untersuchungen ergeben, dass eine Klarstellung notwendig ist, könnten wir darüber entscheiden, wie diese am besten zu bewerkstelligen ist.

Ich begrüße Ihren Bericht als einen Beitrag zur rechten Zeit zu diesen Überlegungen und sehe mit Freuden der Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament entgegen, damit der Binnenmarkt Verbrauchern und Unternehmen greifbare Vorteile bringt.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Mittwoch, dem 20. Juni 2007, statt.

 

18. Ausnahmen von den Binnenmarktvorschriften für die Beschaffung von Verteidigungsgütern auf der Grundlage von Artikel 296 EGV (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage an die Kommission über die Ausnahmen von den Binnenmarktvorschriften für die Beschaffung von Verteidigungsgütern auf der Grundlage von Artikel 296 EG-Vertrag von Arlene McCarthy im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (O-0022/2007 – B6-0122/2007).

 
  
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  Arlene McCarthy (PSE), Verfasserin. (EN) Herr Präsident! Ich bedauere, dass Herr Booth nicht im Saal ist, denn ich wollte ihm sagen, dass ich Musikliebhaberin bin. Vielleicht könnte er bei der nächsten Aussprache über meinen Bericht einen Euro-Rap vortragen!

Wie dem Herrn Kommissar bekannt ist, entfällt ein großer Teil der öffentlichen Beschaffung in der EU auf den Bereich Verteidigung. Schätzungen zufolge sind das rund 80 Milliarden Euro, bei einem kombinierten Verteidigungshaushalt der Mitgliedstaaten von 170 Milliarden Euro, und deshalb legen wir dieses Thema heute auf den Tisch: Im Bereich Verteidigung erfolgt die Beschaffung immer noch innerhalb äußerst zersplitterter nationaler Märkte.

Der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz nimmt daher die Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen vom 7. Dezember 2006 bezüglich der Anwendung von Artikel 296 des Vertrags auf die Beschaffung von Verteidigungsgütern zur Kenntnis. Diese hat zur Klarstellung des geltenden Rechtsrahmens beigetragen. Wir nehmen jedoch darüber hinaus auch Bemühungen der Kommission zur Kenntnis, neue Vorschriften vorzulegen, die wesentlich zur Schaffung eines wettbewerbsfähigeren Umfeldes für die europäische Verteidigungsindustrie und ihre Zulieferer beitragen dürften.

Wir möchten dem Kommissar daher folgende Fragen stellen: Welche Fortschritte gibt es hinsichtlich des Entwurfs der Richtlinie über die Beschaffung von Verteidigungsgütern, die nicht unter die Sonderregelung des Artikel 296 fallen? Welche Schritte plant die Kommission als nächstes auf diesem Gebiet? Wie bewertet die Kommission – unter dem Aspekt eines fairen und effizient funktionierenden Binnenmarktes - die Situation in der europäischen Verteidigungsindustrie, wo in mehreren Mitgliedstaaten eine erhebliche Anzahl hochqualifizierter Arbeitsplätze in Gefahr zu sein scheint? Welche Auswirkungen der Richtlinie werden für den Sektor erwartet, und worin besteht die Strategie der Kommission, die Mitgliedstaaten bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern zu engerer Zusammenarbeit zu bewegen, die Transparenz zu verbessern und allmählich ihre nationalen Beschaffungsmärkte für Verteidigungsgüter zu öffnen, um ein gut funktionierendes und konkurrenzfähiges Umfeld für diesen sensiblen Sektor zu schaffen? Wir würden auch gern erfahren, welche Schlussfolgerungen aus dem 2006 geschaffenen Verhaltenskodex gezogen werden können und wie die Kommission den künftigen Zusammenhang zwischen einer potenziellen Richtlinie und dem Verhaltenskodex sieht.

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank, Frau McCarthy. Ich möchte Sie daran erinnern, dass Rap-Musik und der Versbau des griechischen Elfsilbers denselben Rhythmus haben. Sie und Herr Booth sind sich also näher, als Sie glauben.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Vor vier Jahren gab die Kommission ihre Absicht bekannt, eine europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu entwickeln. Seitdem haben wir uns mit Hilfe einer Reihe von Initiativen bemüht, einen offeneren und faireren europäischen Verteidigungsmarkt zu schaffen. Die neue Richtlinie über das Beschaffungswesen für Verteidigungsgüter ist ein wesentliches Element dieser Gesamtstrategie und gehört zu den strategischen Prioritäten der Kommission für das laufende Jahr.

Derzeit findet die überwiegende Mehrzahl der Ausschreibungen für Verteidigungsgüter außerhalb gemeinschaftlicher Vorschriften statt. Die Mitgliedstaaten stützen sich auf die Sonderregelung gemäß Artikel 296 des Vertrages. Nach Ansicht der Kommission sollte diese Regelung auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Wir haben im Dezember des vergangenen Jahres eine Erläuterung zu diesem Punkt veröffentlicht. Trotzdem ist die Sonderregelung immer noch eher die Regel als die Ausnahme. Die Beschaffung von Verteidigungsgütern erfolgt daher in den meisten Fällen nach wie vor nicht nach den Prinzipien des Binnenmarktes. Das bedeutet, dass alle 27 Mitgliedstaaten Verteidigungsgüter nach ihren jeweiligen nationalen Vorschriften beschaffen, was oftmals undurchsichtige und manchmal diskriminierende Praktiken zur Folge hat.

Wir erkennen an, dass gegenwärtige Vorschriften für das öffentliche Beschaffungswesen für die besonderen Bedürfnisse der Beschaffung von Verteidigungsgütern schlecht geeignet sind. Wir glauben jedoch, dass durch die Öffnung nationaler Verteidigungsmärkte, die 0,8 % des BIP der Europäischen Union und ein Viertel der öffentlichen Beschaffung auf staatlicher Ebene ausmachen, erhebliche wirtschaftliche Gewinne erzielt werden können.

Die Mitgliedstaaten und die Industrie räumen diese Vorteile weitgehend ein. Faire und transparente Bedingungen würden Unternehmen, insbesondere KMU, die Teilnahme an Ausschreibungen in anderen Mitgliedstaaten erleichtern und so ihren Zugang zu Geschäftsmöglichkeiten auf einem weitaus größeren Binnenmarkt verbessern. Längere Fertigungsläufe würden Größenvorteile bringen. Dies würde wiederum zu einer Reduzierung der Kosten und zu niedrigeren Preisen beitragen, was letztendlich dem Steuerzahler zugute käme.

Unser Vorschlag sieht die Anpassung bestimmter Gemeinschaftsvorschriften für die Beschaffung an den besonderen Charakter der Verteidigung vor und bietet den Vergabebehörden mehr Flexibilität für sensible Beschaffungsaufgaben. Hierdurch wird es für die Mitgliedstaaten auch leichter, die Sonderregelung gemäß Artikel 296 des Vertrags nur in Ausnahmefällen anzuwenden. Wie bei den anderen Beschaffungsrichtlinien auch, werden sich die Mitgliedstaaten nach Umsetzung der Richtlinie weiterhin im Beratenden Ausschuss für öffentliches Auftragswesen über Fragen der Beschaffung von Verteidigungsgütern austauschen.

Ich möchte hervorheben, dass die neue Richtlinie den Verhaltenskodex der Europäischen Verteidigungsagentur anwenden wird. Der Verhaltenskodex gilt nur für Verträge, die aufgrund von Artikel 296 von den Vorschriften der Gemeinschaft ausgenommen sind, während die künftige Richtlinie für Verträge gelten wird, die nicht von den gemeinschaftlichen Vorschriften ausgenommen sind. Gemeinsam werden der Verhaltenskodex und die neue Richtlinie die Transparenz und den fairen Wettbewerb der Verteidigungspartner in der Europäischen Union verbessern.

Ich freue mich, mitteilen zu können, dass die Arbeiten am Vorschlag für eine Verteidigungsrichtlinie weit fortgeschritten sind. Gegenwärtig beenden die Dienststellen der Kommission die Folgenabschätzung, die uns mehr über die zu erwartenden Auswirkungen der Initiative auf den Markt, einschließlich sozialer Folgen, sagen wird. Parallel dazu arbeiten wir im Beratenden Ausschuss für öffentliches Auftragswesen und in der Europäischen Verteidigungsagentur eng mit den Mitgliedstaaten zusammen. Die Industrie ist ebenfalls in die Folgenabschätzung eingebunden.

Die Kommission hat die Annahme eines Vorschlags für den Herbst vorgesehen. Gegenwärtig planen wir, diesen im Rahmen eines Gesamtpakets zusammen mit einem Vorschlag für eine Verordnung über innergemeinschaftliche Transfers von Verteidigungsgütern und einer Mitteilung über Verteidigungsindustrien vorzulegen.

Seit wir uns mit dem Thema Beschaffung von Verteidigungsgütern beschäftigen, hat das Parlament stets zu unseren stärksten Unterstützern gehört. Die Entschließung des Parlaments aus dem Jahre 2005 zeigt dies ganz deutlich. Dafür möchte ich Ihnen danken. Ich hoffe, dass sich unsere erfolgreiche Zusammenarbeit weiter fortsetzen wird.

 
  
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  Malcolm Harbour, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Ich möchte zunächst das klare Engagement des Herrn Kommissars für die möglichst rasche Vorlage der neuen Richtlinie begrüßen und ihm für die kurze Darstellung einer Reihe wichtiger Maßnahmen danken, an denen er und seine Abteilungen bereits arbeiten. Dies ist ohne Frage ein besonders sensibler Bereich, sowohl wegen seiner strategischen Bedeutung als auch wegen bestimmter industriepolitischer Fragen, die den gesamten Verteidigungssektor betreffen.

Ich möchte im Folgenden zwei Punkte ansprechen, auf die der Herr Kommissar in seinen Schlussbemerkungen vielleicht eingehen könnte.

Erstens, es besteht kein Zweifel, dass es in vielen Bereichen der Beschaffung von Verteidigungsgütern sehr komplexe vertragliche Regelungen gibt, die häufig auch einen wesentlichen Teil der Produktentwicklung abdecken. Mit anderen Worten, die Spezifikation der Ausrüstung kann auch neue technologische Entwicklungen beinhalten. Diese Vereinbarungen werden sich in vielen Fällen von herkömmlichen Kaufverträgen deutlich unterscheiden, obwohl, wie ich in meiner Stellungnahme zum Bericht McCarthy feststellte, zunehmendes Interesse an transparenteren Bedingungen für derartige Verträge besteht. Ich wäre dem Kommissar sehr verbunden, wenn er erwähnen oder bestätigen könnte, dass er diese besonderen strategischen Bedürfnisse berücksichtigen wird.

Der zweite Punkt ist schwierig und bezieht sich darauf, dass Vereinbarungen über die Beschaffung von Verteidigungsgütern vielfach mit einer bestimmten Art von Ausgleichsvereinbarung verbunden sind. So können die beschaffenden Länder zum Beispiel an lokalen Investitionen in irgendeiner Form interessiert sein, die örtliche Unternehmen in die Montage der Ausrüstungen einbeziehen. Oder, in manchen Fällen gibt es einen völlig anders gearteten finanziellen Ausgleich in Form einer Vereinbarung über den Erwerb von Produkten eines Unternehmens auf einem anderen Markt.

Diese Vereinbarungen scheinen schwierige Fragen aufzuwerfen, sowohl in Bezug auf das Wettbewerbs- als auch das Beschaffungsrecht, und ich wäre sehr dankbar, wenn der Herr Kommissar bestätigen könnte, dass er diese bei der zugesagten Überprüfung der Richtlinie berücksichtigen wird.

 
  
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  Barbara Weiler, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es handelt sich hier nicht nur um ein heikles Thema, sondern erstaunlicherweise auch um ein Thema, bei dem die Mitgliedstaaten hartnäckig gegen europäisches Recht verstoßen.

Im Jahr 2004 haben wir über das Grünbuch diskutiert, 2006 kam dann die Entschließung des Parlaments und jetzt haben wir eine neue Auslegung, und dennoch ist in der Realität kaum etwas geschehen. Die Mitgliedstaaten tun weiter, was sie wollen. Ist die GASP in dieser Hinsicht gescheitert? Ich sehe nirgendwo in der Realität eine Verbesserung seit 2004. Artikel 296 unseres EG-Vertrags scheint den Mitgliedstaaten und den Abgeordneten der nationalen Staaten überhaupt nicht bekannt zu sein. Da ist nämlich in der Tat eine Sondersituation beschrieben und nicht die Regel. Hinzu kommt noch, dass der Europäische Gerichtshof nochmals festgestellt hat, dass es hier eben nicht um eine allgemeine automatische Ausnahme geht. Aber eine Verbesserung ist nicht zu sehen, obwohl – und auch das ist ja vielleicht noch erwähnenswert – der relevante Kreis der Betroffenen sich auf sechs Mitgliedstaaten beschränkt, und auch dort sehe im Moment keine Verbesserung.

Um es klar und eindeutig zu sagen: Ich will keine Erhöhung der Rüstungsetats, und meine Fraktion wünscht vor allen Dingen Einsparungen durch Kooperation und die Nutzung von Synergieeffekten. Dafür hat das Parlament einige Vorschläge gemacht, zum Beispiel dazu, welche Bestandteile der neue Verhaltenskodex beinhalten sollte. Herr Kommissar, vielleicht sagen Sie dazu noch etwas.

Wir haben Sie auch aufgefordert – und nicht nur Sie, sondern auch die Europäische Verteidigungsagentur –, mit uns besser zusammenzuarbeiten. Davon kann ich in der Realität auch nicht viel feststellen. Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass wir Ihnen vorgeschlagen haben, welche wettbewerblichen Auftragsvergabemechanismen Sie noch verändern müssten, um endlich zu erreichen, was wir alle hier im Hause wollen. Denn wir sind der Auffassung der Kommission, dass ein echter europäischer Verteidigungsmarkt notwendig ist, um die Kosten der Militärausgaben zu reduzieren und die Produktion im Sinne der Steuerzahler und der Bürger effizienter zu gestalten.

 
  
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  Alexander Lambsdorff, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Vorsitzender, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Erstmals herzlichen Dank, Herr Kommissar, für Ihre Ausführungen, in denen Sie den aktuellen Standpunkt der Kommission zu diesem Thema verdeutlichen. Sie haben darauf hingewiesen, dass das Parlament ein guter Verbündeter der Kommission ist. Wir unterstützen in der Tat Ihre Auffassung, dass ein transparenterer, effektiverer und offener europäischer Rüstungsmarkt ein wichtiges Ziel ist, sowohl für die Stärkung der Branche in Europa als auch für darüber hinausgehende Ziele. Ich glaube, was ich hier gesagt habe, gilt wirklich für alle Kollegen. Ich erinnere an den großen Konsens, den wir bei der Entschließung zum Grünbuch erzielt haben.

Wir hören mit Interesse, dass die Arbeiten an der Richtlinie für die Beschaffung von Verteidigungsgütern gut fortgeschritten sind und dass die Kommission im Herbst einen Vorschlag vorlegen will. Frau Weiler hat eben darauf hingewiesen, dass die Verteidigungsmärkte noch weitgehend national definiert sind. Der Staat ist der einzige relevante Nachfrager nach Verteidigungsgütern und in der Tat, erfolgen viele Vergabeentscheidungen nach wie vor unter Rückgriff auf zumindest zweifelhafte Rechtsgrundlagen.

Allerdings – und auch bin ich mit Frau Weiler einig – gibt es wenig Unterstützung für eine Erhöhung der Verteidigungsetats. Ich glaube, dass dieser Richtlinienentwurf genau der richtige Weg in die richtige Richtung ist, nämlich die Effizienzreserve in der europäischen Rüstungsindustrie zu heben, die Zersplitterung zu überwinden und tatsächlich zu mehr Effizienz und zu Skalenerträgen zu kommen. Herr Kommissar, deswegen begrüßen wir Ihre Ausführungen zu dem zu erwartenden Wachstum und zu größerer Wettbewerbsfähigkeit auf dem europäischen Verteidigungsgütermarkt. Ich glaube, dass das auch auf den Arbeitsmarkt für ausgebildete Kräfte einen positiven Einfluss haben wird.

Wir brauchen eine klare Definition derjenigen Güter, die unter die Ausnahmeregelung fallen. Die bestehenden Regelungen sind in der Tat nicht ausreichend, um den besonderen Bedürfnissen des Marktes für Verteidigungsgüter gerecht zu werden. Deswegen begrüßen wir auch die Initiative der Kommission, die Regeln den Gegebenheiten des Verteidigungsgütermarktes anzupassen und hier größere Flexibilität anzustreben. Ich wäre dankbar, wenn Sie sich dazu äußern könnten, warum Sie sich dafür entschieden haben, das allgemeine Vergaberecht anzupassen, anstatt eine eigene Richtlinie vorzulegen. Das mag sinnvoll sein, ich würde aber gerne von Ihnen dazu etwas hören.

Unter dem Strich stimmen wir Ihnen zu, wenn Sie sagen, dass eine Öffnung dieses Marktes zu mehr Transparenz und mehr Wettbewerb führen wird und dass wir letztlich damit den Steuerzahler entlasten.

Zum Schluss möchte ich festhalten, dass dieser Richtlinienentwurf meiner Ansicht nach in seiner Bedeutung weit über industriepolitische oder binnenmarktpolitische Betrachtungen hinausgeht. Er wird vielmehr einen Beitrag dazu leisten, die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik fortzuentwickeln, er wird also auf einem Gebiet Fortschritte bringen, das traditionell ein Kernbereich nationaler Souveränität ist. Die Richtlinie wird hier vielleicht nicht revolutionäre, aber doch hoffentlich messbare Fortschritte bringen hin zu einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die diesen Namen wirklich verdient. Im Übrigen wäre ich dankbar, wenn wir solche Debatten künftig in Brüssel führen könnten und nicht in Straßburg.

 
  
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  Leopold Józef Rutowicz, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Etwa 180 Milliarden Euro werden jährlich auf dem gemeinsamen Markt der Europäischen Union für Verteidigungszwecke ausgegeben. Fast die Hälfte davon fällt nicht unter die geltenden Vorschriften für das öffentliche Beschaffungswesen. Dieser Umstand, der sich von der Anwendung von Artikel 296 des Vertrags in Bezug auf die Beschaffung von Verteidigungsgütern herleitet, muss überprüft werden. Durch die Mitteilung ist dieser Punkt teilweise geklärt worden.

In Anbetracht der Spezifik der Rüstungsindustrie und ihrer notwendigen Integration in die Verteidigungspolitik der einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der NATO müssen wir die technische Kompatibilität der Ausrüstung und der Kommunikationssysteme wie auch das reibungslose Zusammenspiel von Ausrüstung und Geräten gewährleisten. Erforderlich sind eine intensivere Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ländern, eine gut funktionierende Verteidigungsindustrie und deren reibungslose Belieferung.

Zu diesem Zweck sollten wir eine Richtlinie über das öffentliche Beschaffungswesen im Verteidigungssektor ausarbeiten. Ein stabiler Rüstungsmarkt und Stabilität im Hinblick auf die Auftragsvergabe werden sich positiv auf den Beschäftigungsstand und die Leistungsfähigkeit des Sektors auswirken.

 
  
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  Andreas Schwab (PPE-DE). – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Grundlage für die heutige Aussprache ist der Bericht unseres ehemaligen Kollegen Joachim Würmeling. Auf dieser Grundlage hat die Kommission Ende letzten Jahres ihre Mitteilung herausgebracht, die eine Klarstellung zur Anwendung von Artikel 296 bringen sollte, aber die Auswirkungen dieser Mitteilung waren doch eher bescheiden. Sie war ja auch ursprünglich nur auf nichtmilitärische Güter ausgerichtet, damit fiel ein Großteil der militärischen Beschaffungen zwangsläufig unter den Anwendungsbereich dieser Ausnahmevorschrift.

Daher ist es wirklich Aufgabe der Kommission, dafür zu sorgen, dass durch die Vergaberegeln für die Beschaffungen im Verteidigungssektor zum einen die Arbeit der Europäischen Verteidigungsagentur wirklich unterstützt wird, und dass zum Zweiten der Tatsache Rechnung getragen wird, dass dieser Sektor – wie bereits von vielen Vorrednern gesagt wurde – Besonderheiten unterliegt. Deswegen, Herr Kommissar McCreevy, möchte ich Ihnen drei Fragen stellen.

Erstens: Hat eine Richtlinie in diesem Bereich nicht von vornherein den Makel, dass sie auf einer Mitteilung beruht, die ursprünglich nur nichtmilitärische Beschaffungen betreffen sollte und dass sie damit auch nicht das leisten kann, was wir uns von ihr für die Gemeinsame Sicherheitspolitik erwarten?

Zweitens: Wäre es nicht möglich, die Liste aus dem Jahr 1958, in der die Ausnahmen ja relativ klar festgelegt waren, die aber heute nicht mehr zeitgemäß ist, zu aktualisieren? Hat die Kommission diese Aktualisierung endgültig aufgegeben?

Drittens: Sie haben zu Recht davon gesprochen, dass das normale Vergaberecht für den Verteidigungssektor nicht geeignet ist. Ich wäre im Anschluss an das, was Kollege Lambsdorff gefragt hat, jedoch sehr daran interessiert, von Ihnen zu hören, in welcher Weise Sie mit einer Richtlinie den Besonderheiten des Verteidigungssektors Rechnung tragen wollen.

 
  
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  Karl von Wogau (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kollegen! Die 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union geben jedes Jahr 170 Milliarden Euro für Verteidigung aus. Diese 27 Mitgliedstaaten verfügen über 2 Millionen Soldaten, 10 000 Panzer und 3 000 Kampfflugzeuge. Dennoch war es nicht möglich, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei dem Konflikt auf dem Balkan das Blutvergießen beendet haben, sondern wir brauchten dazu unsere amerikanischen Freunde, die das für uns erledigt haben. Warum? Es gab damals noch keine gemeinsamen Entscheidungsstrukturen in der Europäischen Union, um derartige Einsätze durchführen zu können.

Einer der wesentlichen Gründe für die Ineffizienz der europäischen Verteidigung ist auch darin zu sehen, dass es keinen gemeinsamen Markt im Bereich der Verteidigung gibt. Einer der Gründe hierfür ist Artikel 296. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Artikel auch in Zukunft bestehen bleibt. Dieser Artikel wurde in der Vergangenheit exzessiv angewendet. Deshalb kam kein gemeinsamer europäischer Markt im Bereich der Verteidigung zustande. Zunächst einmal kam die Mitteilung der Kommission zur Klarstellung, was unter den Artikel 296 fällt und was nicht. Ich halte diese Mitteilung für nützlich. Dann wurde die Europäische Verteidigungsagentur aktiv. Der von ihr erlassene Verhaltenskodex war meines Erachtens ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Aber nun brauchen wir auch eine Gesetzgebung der Europäischen Union in diesem Bereich. Deshalb begrüße ich, dass diese Richtlinie jetzt vorgesehen ist.

Als Abgeordnete hören wir aber, gerade aus dem kommunalen Bereich, immer wieder sehr viel Kritik an den Ausschreibungsregeln der Europäischen Union. Darum werden wir als europäische Abgeordnete sehr genau darauf achten, dass die Regeln, die hier geschaffen werden, auch tatsächlich auf den Bereich der Verteidigung zugeschnitten sind und die Situation dort nicht verschlechtern, sondern sie verbessern. Das wird die Voraussetzung für unsere Zustimmung sein.

Im Übrigen hören wir immer wieder, dass wir Europäer zu wenig Geld für Verteidigung ausgeben. Wenn wir in diesem Bereich weiter gehen, hier einen gemeinsamen Markt schaffen, dann werden wir zumindest erreichen, dass wir für das gleiche Geld mehr Sicherheit bekommen.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Als Antwort auf die Ausführungen von Herrn Harbour, Herrn Lambsdorff und Herrn Schwab kann ich bestätigen, dass das Ziel einer spezifischen Richtlinie für die Beschaffung von Verteidigungsgütern gerade in der Berücksichtigung der Besonderheiten des Verteidigungsmarktes besteht. Wir räumen ein, dass der bestehende Rahmen für den Verteidigungsmarkt kaum geeignet ist. Natürlich müssen die Grundprinzipien der Vorschriften für öffentliche Beschaffung gelten, aber die Verteidigung stellt besondere Anforderungen bezüglich der Versorgungszuverlässigkeit, der Informationssicherheit und der Notwendigkeit ausgehandelter Verfahren.

Herr Harbour sprach auch Ausgleichsvereinbarungen an, ein sehr komplexes Thema. Ausgleichsvereinbarungen sind wirtschaftliche Entschädigungen, die die meisten Mitgliedstaaten von ausländischen Anbietern verlangen, wenn sie militärische Ausrüstungen im Ausland erwerben. Sie sind rechtlich problematisch, politisch umstritten und wirtschaftlich bedenklich.

Direkte Ausgleichsvereinbarungen stehen mit dem Gegenstand des Beschaffungsvertrags in unmittelbarem Zusammenhang. Sie können zuweilen unter Artikel 296 fallen, wenn der Beschaffungsvertrag selbst auf Grundlage dieses Artikels unter die Ausnahmeregelung fällt. Bei den meisten Ausgleichsvereinbarungen geht es jedoch um einen mittelbaren Ausgleich im nichtmilitärischen Bereich.

Aus Sicht der Kommission fallen solche Ausgleichsvereinbarungen nicht unter Artikel 296. Sie müssen das Gemeinschaftsrecht respektieren, selbst wenn sie im Zusammenhang mit Verteidigungsverträgen stehen, die unter die Sonderregelung des Artikels 296 fallen. Das heißt also, Ausgleichsvereinbarungen sind an sich problematisch, selbst in dem von Artikel 296 abgedeckten Bereich. Eine Behandlung dieses Problems im Rahmen der Verteidigungsrichtlinie würde lediglich den die Gemeinschaft betreffenden Teil des Verteidigungsmarktes erfassen und indirekte Ausgleichsvereinbarungen für gemäß Artikel 296 ausgenommene Verträge blieben unberührt.

Letzten Endes wird die Öffnung nationaler Verteidigungsmärkte, wie ich bereits sagte, wichtige wirtschaftliche Vorteile bringen und schließlich allen Steuerzahlern zugute kommen. Um dies zu erreichen, müssen wir einen neuen Rechtsrahmen schaffen, der bestimmte Vorschriften der Gemeinschaft für Beschaffung den Besonderheiten des Verteidigungssektors anpasst. Mit der neuen Richtlinie werden nationale Behörden bei sensiblen Beschaffungsaufgaben flexibler sein.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

 

19. Verbot der Ausfuhr und sichere Lagerung von metallischem Quecksilber (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Dimitrios Papadimoulis im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Verbot der Ausfuhr und die sichere Lagerung von metallischem Quecksilber (KOM(2006)0636 – C6-0363/2006 – 2006/0206(COD)) (A6-0227/2007).

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Es ist mir eine Freude, diese Aussprache über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Verbot der Ausfuhr und die sichere Lagerung von metallischem Quecksilber zu eröffnen. Ich möchte dem Verfasser und dem Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit für die bisher geleistete Arbeit danken. Darüber hinaus danke ich dem Ausschuss für internationalen Handel und seinem Berichterstatter, Herrn Holm, für die Mitarbeit an diesem Dokument.

Quecksilber ist international als hochgiftig für den Menschen, für Ökosysteme und für wildlebende Tiere anerkannt. Wurde die Quecksilberverschmutzung zunächst als akutes lokales Phänomen betrachtet, gilt sie heute als globales, weit verbreitetes und chronisches Problem. Hohe Dosen können für den Menschen tödlich sein, aber auch relativ niedrige Mengen können bereits erhebliche Entwicklungsstörungen des Nervensystems verursachen.

Vor diesem Hintergrund entwickelte die Kommission eine umfassende Gemeinschaftsstrategie für Quecksilber, die im Januar 2005 verabschiedet wurde. Ihr Hauptziel besteht in der Verringerung der Quecksilberexposition von Mensch und Umwelt durch eine Reihe von Maßnahmen, die alle Aspekte des Lebenszyklus von Quecksilber berücksichtigen. Das Europäische Parlament begrüßte die Strategie und ihren generellen Ansatz in ihrer im März 2006 angenommenen Entschließung.

Mit dem Ihnen nunmehr vorliegenden Vorschlag werden zwei der in der Strategie benannten Schlüsselmaßnahmen umgesetzt, nämlich Maßnahme 5 (durch das Verbot der Ausfuhr von metallischem Quecksilber aus der Gemeinschaft) und Maßnahme 9 (durch die Verpflichtung zur sicheren Lagerung von in der Chloralkaliindustrie nicht mehr benötigtem Quecksilber).

Die Urerzeugung von Quecksilber ging in der Gemeinschaft vor vier Jahren mit der Stilllegung der letzten aktive Mine im spanischen Almadén zu Ende. Allerdings trägt die aus Gründen des Umweltschutzes wünschenswerte stufenweise Einstellung der Verwendung von Quecksilberzellen in der Chloralkaliindustrie zur Erhöhung des Quecksilberangebotes bei: Bis die Umstellung auf quecksilberfreie Technologien abgeschlossen ist, wird dieser Industriezweig in den kommenden Jahren rund 12 000 Tonnen überschüssiges Quecksilber abgeben.

Das meiste Quecksilber wird derzeit aus der Gemeinschaft ausgeführt, und Exporte von bis zu 800 Tonnen jährlich landen, zumindest teilweise, in ungeregelten und unkontrollierten Anwendungen wie dem handwerklich geprägten Goldbergbau. Somit erhöht Quecksilber aus der EU das weltweite Quecksilberangebot.

Das grundlegende Ziel der vorgeschlagenen Verordnung ist es, solche Ausfuhren zu unterbinden und sicherzustellen, dass in der Chloralkaliindustrie nicht mehr benötigtes Quecksilber sicher gelagert wird und nicht wieder in die Umwelt gelangen kann.

Gestützt auf die Folgenabschätzung schlägt die Kommission auch die Anwendung der Verpflichtung zur sicheren Lagerung auf zwei weitere industrielle Quellen vor – Quecksilber, das bei der Reinigung von Erdgas sowie als Nebenprodukt bei der Förderung von Nichteisenmetallen anfällt.

Die Lagerpflicht ergibt sich logisch aus dem Ausfuhrverbot, da der kleine verbleibende Binnenmarkt für Quecksilber nicht in der Lage sein wird, die entsprechenden Mengen aufzunehmen. Mit Hilfe von Recycling und Rückgewinnung wird gewährleistet, dass für verbliebene rechtmäßige Verwendungen weiterhin Quecksilber zur Verfügung steht. Die Lagerung wird unter die Richtlinie über Abfalldeponien fallen, mit zusätzlichen Sicherheitsbestimmungen wegen der besonderen Eigenschaften metallischen Quecksilbers.

Ziel der Kommission war die Vorlage eines einfachen und unkomplizierten, durch solides Wissen untermauerten Legislativvorschlags, der gemäß den Prinzipien besserer Rechtsetzung überzogenen Verwaltungsaufwand für die Industrie oder staatliche Behörden vermeidet.

Der Vorschlag verzichtet auf das Ergreifen legislativer Maßnahmen auf Gebieten, auf denen die Folgenabschätzung keine zuverlässige Begründung für derartige Maßnahmen oder klare Aussagen über mögliche Folgen ergeben hat.

Ich möchte auch hervorheben, dass die betroffene Industrie, namentlich der Chloralkali-Sektor, ihre Unterstützung für diesen Vorschlag signalisiert und sich zur Unterzeichnung einer freiwilligen Verpflichtung bereit erklärt hat. Mit dieser Zusage verpflichtet sich die Industrie zur Auswahl hoch qualifizierter Lagerbetreiber und gewährleistet die Bereitstellung von Eckdaten über Quecksilberströme.

Die Kommission beabsichtigt, diese Verpflichtung entsprechend den in der 2002 angenommenen Mitteilung über Umweltübereinkommen festgelegten Prinzipien und Verfahren anzunehmen.

Zweck des Vorschlags ist nicht die Umsetzung der gesamten Quecksilberstrategie: Sein Anwendungsbereich ist bewusst viel enger gefasst. An weiteren Maßnahmen der Strategie wird gearbeitet.

 
  
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  Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL), Berichterstatter.(EL) Herr Präsident! Herr Kommissar! Meine Damen und Herren! Quecksilber und Quecksilberverbindungen sind hochgiftige Substanzen. Selbst in geringen Dosen wirken sie sich schädlich auf unser Herz-Kreislauf-, Immun- und Fortpflanzungssystem aus. In der Umwelt kann Quecksilber zu Methylquecksilber werden und sich in der Nahrungskette ansammeln, vor allem in der aquatischen Umwelt. In der japanischen Stadt Minamata starben 1956 8 000 Menschen infolge des Verzehrs von Fisch mit hohem Quecksilbergehalt.

Quecksilber ist ein globales Problem und erfordert zu seiner Lösung ein abgestimmtes internationales Vorgehen. Die Europäische Union kann nicht überzeugend zugunsten einer Verringerung des Angebots argumentieren und gleichzeitig weiterhin zu den Hauptlieferanten weltweit zählen. Der Kommissionsvorschlag für eine Verordnung stellt eine einzigartige Gelegenheit dar, den Exportkreislauf dieses gefährlichen Stoffes zu durchbrechen.

Es freut mich außerordentlich, dass sowohl der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit als auch der Rechtsausschuss die zweifache Rechtsgrundlage abgelehnt und sich für Artikel 175 als einzige Rechtsgrundlage entschieden haben, da der Zweck der Verordnung im Schutz der Umwelt und der Volksgesundheit besteht.

Was den Termin des Ausfuhrverbots angeht, so fordere ich etwas Gerechtes und Einfaches: Wir als Europäisches Parlament müssen bei der Entschließung bleiben, die wir selbst im März 2006 mit einer sehr großen Mehrheit zur Gemeinschaftsstrategie für Quecksilber angenommen haben. Deshalb fordere ich Sie auf, für Änderungsantrag 43 zu stimmen, damit wir im Einklang mit dieser erklärten Haltung des Europäischen Parlaments bleiben. Nach meiner Meinung sollten auch die Verbindungen und die quecksilberhaltigen Produkte, die bereits Verwendungs- und Vermarktungsbeschränkungen in der Europäischen Union unterliegen, in das Ausfuhrverbot einbezogen werden, wie wir im März letzten Jahres beschlossen haben.

Welche Botschaft richten wir an Drittstaaten, wenn wir die Quecksilberprodukte, die in der Europäischen Union verboten sind, weil sie gefährlich sind, dorthin exportieren? Denken wir an die wohlbekannte Redensart ‚bon pour l’orient’? Im Zusammenhang mit dem Verbot der Einfuhr von Quecksilber hat es keinen Sinn, einerseits Quecksilber aus der Europäischen Union zu lagern und andererseits Quecksilber zur Verwendung innerhalb der Europäischen Union einzuführen. Wir rufen zu gesundem Menschenverstand auf. Übrigens übersteigt das Angebot den Angaben der Kommission zufolge derzeit die Nachfrage, und dieser Zustand dürfte auch in der Zukunft anhalten.

Auch bei der Lagerverpflichtung für metallisches Quecksilber, das in der Chloralkaliindustrie nicht mehr verwendet wird, stützt sich meine Auffassung auf die Entschließung des Europäischen Parlaments. Solange es keine geeigneten Techniken für die endgültige Entsorgung von Quecksilber, vorzugsweise in verfestigter Form, gibt, fordere ich die vorübergehende Lagerung in wiederauffindbarer Form entweder in Salzgruben unter Tage oder in Einrichtungen über Tage, die ausschließlich zur Zwischenlagerung genutzt werden und entsprechend ausgestattet sind. Sonst wird der menschliche Körper selbst zur Lagerstätte für diesen Giftstoff. Jedenfalls sprechen wir hier nicht über Millionen Tonnen. Insgesamt werden die überschüssigen Quecksilbermengen in der Chloralkaliindustrie auf rund 12 000 Tonnen geschätzt, deren Volumen sich wegen der hohen Dichte auf etwa 1 000 Kubikmeter beläuft.

Gleichzeitig fordere ich die Verabschiedung eines Rahmens von Mindestvorschriften für die Lagerung, der eine ständige Überwachung, Sicherheitsmindestnormen, regelmäßige Berichterstattung, Informationsaustausch und Sanktionen bei Verstößen entsprechend dem Verursacherprinzip gewährleistet.

Die Verantwortung während der vorübergehenden Lagerung sollte bei dem Eigentümer der Lagereinrichtung bleiben, während die Mitgliedstaaten die administrative und finanzielle Verantwortung für die unbedenkliche endgültige Entsorgung übernehmen sollten. Ich fordere deshalb die Mitgliedstaaten auf, einen Fonds auf der Grundlage eines Finanzbeitrags der Chloralkaliindustrie einzurichten, der die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt. Ich fordere auch ein Verzeichnis der Käufer, Verkäufer und Händler von Quecksilber, um die regelmäßige Überwachung der Einfuhr- und Ausfuhrbewegungen zu ermöglichen.

Wehren wir uns gegen eine verwässerte Verordnung, die den Schutz der Volksgesundheit und der Umwelt nicht in dem von den Bürgern gewünschten Umfang bietet. Die Forderung nach einem Ausfuhrverbot und das Problem der Lagerung müssen auf der Grundlage dieser Kriterien behandelt werden. Die anfallenden Kosten für eine solche Zukunftsinvestition sind angesichts des Vielfachen, das sie an Nutzen einbringen, verhältnismäßig gering. Die Europäische Union, das Europäische Parlament können und müssen an der Spitze der weltweiten Bemühungen stehen, Quecksilber zurückzuziehen. Ich hoffe, dass unsere Beschlüsse morgen dazu beitragen.

 
  
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  Jens Holm (GUE/NGL), Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für Internationalen Handel. – (SV) Es ist höchste Zeit, diesen wichtigen Beschluss über ein Ausfuhrverbot für metallisches Quecksilber zu fassen. Viele wissen das vielleicht nicht, aber die EU ist in der Tat der weltweit größte Exporteur dieses Stoffes. Jährlich werden mehr als 1 000 t aus der EU in andere Länder exportiert, was fast einem Drittel des gesamten Welthandels mit Quecksilber entspricht. Das gefährliche Quecksilber landet fast ausschließlich in Entwicklungsländern, wo es sehr großen Schaden anrichtet.

Ich freue mich, dass ich eine Stellungnahme zu einem gut durchdachten Bericht meines Kollegen Papadimoulis abgeben kann. Bei diesem Bericht geht es nicht nur um ein Verbot der Ausfuhr von metallischem Quecksilber, sondern auch um die sichere Lagerung dieses gefährlichen Stoffes, was ich für äußerst positiv halte. Besonders froh bin ich darüber, dass Kollege Papadimoulis zahlreiche wesentliche Verbesserungen gegenüber dem Vorschlag der Kommission eingebracht hat.

Dazu gehören folgende Verbesserungen:

– Ausdehnung der Vorschriften auf Quecksilberprodukte und -verbindungen,

– Ausweitung des Verbots auf die Einfuhr,

– Inkrafttreten der Verbots ein Jahr früher als von der Kommission beabsichtigt, das heißt 2010 anstatt 2011,

– Schaffung eines Systems der Rückverfolgung der Handelswege von Quecksilber zur besseren Überwachung des Quecksilbers,

– Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Umstellung auf moderne, quecksilberfreie Technologien.

Diese Veränderungen entsprechen genau dem, was ich als Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für Internationalen Handel vorgeschlagen habe, und ich bin sehr dankbar dafür.

Das Einzige, was mich beunruhigt, ist die Forderung der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa nach getrennter Abstimmung. Bei einer getrennten Abstimmung würde die Gefahr bestehen, dass wichtige Teile dieses ansonsten ausgezeichneten Berichts unterminiert werden. Halten Sie sich deshalb bitte an die Linie des Berichterstatters zum Schutz der Umwelt und der Volksgesundheit und nehmen Sie nicht die marktfreundliche Haltung der ALDE-Fraktion an.

Morgen wird die EU also ihre Verantwortung wahrnehmen und das Abkippen von lebensgefährlichem Quecksilber in den Entwicklungsländern beenden. Es wird wirklich höchste Zeit. Mit unseren Änderungen und Verbesserungen wird die EU auch ihrer historischen Verantwortung gerecht, die Länder im Süden bei der Umstellung auf alternative, quecksilberfreie Technologien zu unterstützen. Das wird die Gesundheit von Tausenden Menschen und unsere gemeinsame Umwelt schützen. Und das wäre nicht schlecht!

 
  
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  Manuel Medina Ortega (PSE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Rechtsausschusses.(ES) Herr Präsident! Wir hatten im Rechtsausschuss keine Schwierigkeit mit der Frage der Rechtsgrundlage, denn das Ziel dieser Maßnahme ist nicht die Durchführung einer Handelspolitik – deshalb kommt Artikel 133 nicht zur Anwendung –, sondern der Gesundheitsschutz – somit trifft Artikel 175 zu. Der Rechtsausschuss hat daher vorgeschlagen, dass Artikel 175 als einzige Rechtsgrundlage herangezogen wird, mit allen