Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Fragestunde (B6-0125/2007).
Wir behandeln die folgenden Anfragen an den Rat.
Anfrage Nr. 1 von Manolis Mavrommatis (H-0354/07)
Betrifft: Steuerpolitik in der EU
Die von den einzelnen Mitgliedstaaten verfolgte Steuerpolitik sollte im Einklang mit den Zielen der Gemeinschaft im Hinblick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Wettbewerbsfähigkeit der EU, den Binnenmarkt und den freien Kapitalverkehr stehen. Die 27 Mitgliedstaaten sind allein verantwortlich für die Gestaltung und Umsetzung der Politik im Bereich der direkten Steuern, während gemäß den gemeinschaftlichen Bestimmungen, die die einzelnen Bereiche der Steuerpolitik in der EU regeln, bei allen Beschlüssen, die in diesem Zusammenhang gefasst werden, unter den 27 Einhelligkeit herrschen muss. Die Mehrwertsteuer (MwSt.) für Produkte hat sich in den letzten Jahren zu einer ziemlich komplizierten Angelegenheit entwickelt. Konkret schwanken die Mehrwertsteuersätze in den EU-Ländern zwischen 3 % in Luxemburg und 25 % in Dänemark. Wird die EU sich verstärkt darum bemühen, ein gemeinsames Mehrwertsteuersystem einzuführen? Wie weit ist die diesbezügliche Debatte vorangeschritten und welche Ansicht vertreten die Mitgliedstaaten in Bezug auf die Einführung einer gemeinsamen Mehrwertsteuer?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Frau Präsidentin! Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem wurde 1967 durch die erste und die zweite Mehrwertsteuerrichtlinie eingerichtet. Diese beiden Richtlinien gaben die allgemeinen Strukturen des Systems vor. Die ausführlichen Vorschriften für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems wurden 1977 durch die Annahme der sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie eingeführt. Diese Richtlinie wurde seither zahlreichen Änderungen unterzogen, die meist durch die Schaffung des Binnenmarktes und die damit verbundene Beseitigung der Steuergrenzen zwischen den Mitgliedstaaten bedingt waren.
Seit dem 1. Januar 2007 ist die sechste Richtlinie aufgehoben und durch die Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ersetzt worden, die alle Änderungen umfasst, die durch die Rechtsakte zur Änderung der Grundrichtlinie vorgenommen wurden. In Bezug auf die Mehrwertsteuersätze ist in der Richtlinie grundsätzlich die Anwendung eines Normalsatzes sowie eines oder zweier ermäßigter Sätze vorgesehen. Der Normalsatz beträgt mindestens 15 %. Diese Mindesthöhe ist bis zum 31. Dezember 2010 festgelegt. Die ermäßigten Sätze, die mindestens 5 % betragen, gelten für Waren und Dienstleistungen, die in der Richtlinie definiert werden. Ferner sind in der Richtlinie bestimmte Ausnahmen und Übergangsregelungen von dieser allgemeinen Regel vorgesehen, damit die Mitgliedstaaten auf spezifische Situationen reagieren können.
Damit die Auswirkungen der ermäßigten Sätze besser eingeschätzt werden können, sieht die Richtlinie außerdem vor, dass die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens am 30. Juni 2007 auf der Grundlage der von einer unabhängigen Expertengruppe für Wirtschaftsfragen durchgeführten Untersuchung einen globalen Bewertungsbericht über die Auswirkungen der auf lokal erbrachte Dienstleistungen angewandten ermäßigten Sätze vorlegt, insbesondere in Bezug auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, das Wirtschaftswachstum und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts.
Manolis Mavrommatis (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin, Herr Minister! Wie die Kommission sagte, müssen Sie Informationen über die Auswirkungen der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze auf die Wirtschaftskraft und die Schaffung von Arbeitsplätzen in den Mitgliedstaaten zur Verfügung haben und diese bis zum 30. Juni 2007 bekanntgeben.
Zu erwarten ist eben nur, dass sich unterschiedliche Mehrwertsteuersätze erheblich auf die verschiedenen Sektoren im Binnenmarkt und auf das Florieren der Volkswirtschaften in den Mitgliedstaaten auswirken, so dass einzelne Wirtschaftsindikatoren schlechter ausfallen werden und sich die Ungleichheiten in Wirtschaft und Gesellschaft verschärfen.
Ich frage Sie, Herr Minister: Kennen Sie bereits die Auswirkungen unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze, und wenn ja, wie sehen sie aus?
Und abschließend noch die Frage: Welche Maßnahmen erwägt der Rat, um die negativen Konsequenzen dieser Unterschiede zu mildern?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter! Ich habe auch gesagt, dass es unterschiedliche Entwicklungen und Entscheidungen in dem Rahmen, in dem das in der Europäischen Union möglich ist, gegeben hat. Es sollte ja gerade auch dazu dienen, dass wir, wenn der Bericht der Expertengruppe vorgelegt wird, die Fakten auf dem Tisch haben, um bewerten zu können, ob es sozusagen Hindernisse für das Funktionieren des Binnenmarktes gibt oder nicht, und welche Auswirkungen in bestimmten Sektoren auftreten, in denen es in der Vergangenheit ermäßigte Sätze gab. Ich bitte um Verständnis dafür, dass wir diesen Bericht abwarten sollten. Danach müssen wir gemeinsam – der Rat, aber auch das Europäische Parlament – eine Bewertung vornehmen.
Jörg Leichtfried (PSE). – Herr Minister, ich möchte die Frage etwas erweitern: Es ist zwar recht schön, wenn versucht wird, einheitliche oder angeglichene Mehrwertsteuersätze in Europa zu erreichen. Aber das Ziel der europäischen Steuerpolitik müsste doch sein, am Ende innerhalb der gesamten Europäischen Union einheitliche bzw. zumindest vergleichbare Steuersätze und Steuern zu haben. Es würde mich interessieren, wie diese Frage generell im Rat diskutiert wird, ob es Ansätze dazu gibt, und wenn ja, welche.
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Soweit ich unterrichtet bin, hatten wir in der Vergangenheit beispielsweise bei der Körperschaftssteuer eine Debatte über die Höhe der Steuersätze und über die unterschiedlichen Indikatoren für eine gemeinsame steuerliche Bemessungsgrundlage. Sie wissen, dass unter der deutschen Ratspräsidentschaft einige Arbeiten dazu geleistet worden sind, aber noch keine Einigung erzielt wurde.
In Bezug auf die Mehrwertsteuer sage ich noch einmal, dass wir uns als nächsten Punkt damit befassen werden. Was bringt dieser Expertenbericht? Welche Vorschläge und welche Auswertungen nimmt die Kommission vor? Welche Vorschläge werden dem Rat unterbreitet? Eine aktuelle Diskussion über die konkrete Frage, die der Abgeordnete gestellt hat, hat es im Rat jedoch nicht gegeben.
Die Präsidentin. Anfrage Nr. 2 von Claude Moraes (H-0356/07)
Betrifft: Grenzüberschreitende Zusammenarbeit der EU zum Schutz der Kinder vor Missbrauch – gegenseitige Anerkennung der Aberkennung von Qualifikationen für die Arbeit mit Kindern
Innerhalb der EU besteht dringender Bedarf an wirksamen Systemen, die sicherstellen, dass ungeeignete Personen kein Beschäftigungsverhältnis aufnehmen können, das sie in Kontakt mit Kindern bringt.
Das Europäische Parlament hat am 1. Juni 2006 seinen Bericht über die 2004 auf den Weg gebrachte „Initiative des Königreichs Belgien im Hinblick auf die Annahme durch den Rat eines Rahmenbeschlusses betreffend die Anerkennung und Vollstreckung in der Europäischen Union von Berufsverboten aufgrund von Verurteilungen wegen Sexualstraftaten gegen Kinder“ (14207/2004 – C6-0244/2004 – 2004/0818(CNS)) angenommen.
Welche Fortschritte in Richtung Annahme des vorgeschlagenen Rahmenbeschlusses durch den Rat sind bisher erzielt worden, ist dies doch für die Gewährleistung des Schutzes der Kinder in Europa von entscheidender Bedeutung?
Wenn es im Hinblick auf die Annahme keine Fortschritte geben sollte, wie gedenkt der Rat dann dafür zu sorgen, dass alle mit dieser Initiative angestrebten Ziele erreicht werden? (Es gilt sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten Verbote für die Arbeit mit Kindern, die Einzelpersonen von anderen Mitgliedstaaten auferlegt wurden, anerkennen und im eigenen Land ebenfalls durchsetzen.)
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Die Initiative des Königreichs Belgien im Hinblick auf die Annahme eines Rahmenbeschlusses durch den Rat betreffend die Anerkennung und Vollstreckung von Berufsverboten in der Europäischen Union aufgrund von Verurteilungen wegen Sexualstraftaten gegen Kinder wurde vom Rat eingehend erörtert. Im Anschluss an diese Erörterung hat der Ausschuss gemäß Artikel 36 auf seiner Tagung am 22./23. März 2007 beschlossen, diesen Fragenkomplex im Zusammenhang mit dem Rahmenbeschluss über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zu regeln und den Entwurf dieses Rahmenbeschlusses entsprechend zu ändern.
Anlässlich der Tagung des Rates Justiz und Inneres in Luxemburg hat der Rat am 13. Juni 2007 Einvernehmen für eine allgemeine Ausrichtung für einen Rahmenbeschluss über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister erzielt und einvernehmlich die Initiative des Königreichs Belgien zum Abschluss gebracht. Damit ist insbesondere dem wichtigen Aspekt der belgischen Initiative Rechnung getragen worden, dass Informationen über einschlägige Verurteilungen und Berufsverbote, die in einem Mitgliedstaat ausgesprochen wurden, auch anderen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, damit von jedem Mitgliedstaat aus den Informationen die notwendigen Schlussfolgerungen gezogen werden können, die erforderlich sind, um Kinder vor den Gefahren des sexuellen Missbrauchs zu schützen.
Claude Moraes (PSE). – (EN) Ich möchte dem amtierenden Ratspräsidenten für die Antwort danken, ihn aber gleichzeitig bitten, dass der deutsche Ratsvorsitz die in der gesamten Europäischen Union bestehenden echten Befürchtungen angesichts der jüngsten Vorfälle möglicher Kindesentführungen zum Zwecke der Ausbeutung anerkennt. Ich möchte ihn bitten zu bestätigen, dass es sich hierbei jetzt um ein wichtiges Thema in der Europäischen Union – für sein Land, für mein Land und für andere – handelt und sichergestellt werden muss, dass wir noch vor der Beendigung des deutschen Ratsvorsitzes zu einem Schluss bezüglich des Austauschs von Strafregistern von Personen kommen, die mit Kindern arbeiten und eine Gefahr für sie darstellen.
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter, ich habe schon einmal gesagt, dass in der Tat die Initiative aufgenommen worden ist und dass sich auch die Justiz- und Innenminister erst vor kurzem darüber verständigt haben, das wesentliche Kernanliegen, das der belgischen Initiative zugrunde liegt, umzusetzen. Unabhängig von gewissen Unterschieden in Bezug auf Informationen, die weitergegeben werden dürfen, haben wir in dem zentralen Punkt, zu dem Belgien diese Initiative gestartet hat, jetzt eine gemeinsame Lösung in der Europäischen Union gefunden. Ich finde, das ist ein wichtiger Schritt. Sie werden verstehen, dass die noch verbleibende Zeit des deutschen Ratsvorsitzes vermutlich nicht mehr ausreichen wird, um über andere Bereiche eine Verständigung zustande zu bringen.
Sarah Ludford (ALDE). – (EN) Ist es nicht ganz entsetzlich, dass es drei Jahre nach Annahme des Vorschlags und wo jeder der Meinung ist, dass die Bereitstellung von grenzübergreifenden Informationen über Sexualstraftäter eine der dringlichsten Prioritäten ist, die auch von der Bevölkerung einhellig begrüßt wird, noch immer keine Vereinbarung gibt? Und der Rat erklärt, er werde sich in Kürze mit dem Thema befassen!
Ist es nicht furchtbar, dass die britische Regierung versucht, aus diesem Europäischen Raum des Rechtsvollzugs in der europäischen Zusammenarbeit auszusteigen, so dass – auch wenn hier Einvernehmen erzielt wird – unsere Kinder nicht einmal durch Maßnahmen geschützt wären, die das Aufspüren von Sexualstraftätern ermöglichen?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich will jetzt weniger auf die noch ausstehende Entscheidung in Bezug auf die Änderung des Vertrages über eine europäische Verfassung eingehen. Aber ich habe doch deutlich gemacht, dass sich die Justizminister am 13. Juni verständigt haben und dass eine Lösung durch Integration dieses wesentlichen Elements über den Strafregisteraustausch aus der belgischen Initiative Eingang in den geplanten Rahmenbeschluss gefunden hat. Es ist vor allem wichtig zu wissen: Wenn nur ein Mitgliedstaat die Information hat, was geschieht dann, wenn jemand woanders eine berufliche Tätigkeit aufnimmt? Ist das dann in der Europäischen Union bekannt? Das ist jetzt durch den gefundenen Rahmenbeschluss sichergestellt.
Die Präsidentin. Anfrage Nr. 3 von Marie Panayotopoulos-Cassiotou (H-0358/07)
Betrifft: Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen oder Kindern mit Lernschwierigkeiten
Obwohl das Jahr 2007 das Jahr der Chancengleichheit für alle ist, werden Menschen mit Behinderungen oder speziellen Bedürfnissen weiterhin wegen ihrer besonderen Situation diskriminiert. Typische Beispiele sind hier a) die Lage von behinderten Menschen, die keinen Versicherungsschutz haben und sich im Falle eines Unfalls auf ihre Familien verlassen müssen und b) die Lage von Kindern mit Lernschwierigkeiten (z. B. Stottern, Dyslexie), die mit uneinheitlichen nationalen Rechtsvorschriften für den schulischen Bereich konfrontiert sind. Das bedeutet, dass in gewissen Ländern Lernprobleme berücksichtigt werden, indem beispielsweise bei Dyslexie vornehmlich mündliche Prüfungen abgehalten werden, während in anderen Mitgliedstaaten nicht diese Möglichkeiten vorgesehen sind – nicht einmal an Europaschulen.
Wird der Rat intervenieren, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen eine Privatversicherung abschließen können und dass Kinder mit Lernschwierigkeiten, insbesondere in Europaschulen, entsprechend berücksichtigt werden?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich darf gleich aus der Sicht der Präsidentschaft des Rates sagen, dass Sie eine sehr wichtige und berechtigte Frage gestellt haben. Der Rat ist sich in vollem Maße bewusst, dass es von Bedeutung ist, das Wohlergehen von Behinderten und Kindern mit Lernschwierigkeiten zu gewährleisten.
Der Rat möchte die Gelegenheit nutzen, auf den allgemeinen gesetzlichen Rahmen für die Bekämpfung von Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf aus Gründen der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung aufmerksam zu machen. In dieser Richtlinie, die sich auf Artikel 13 des Vertrages stützt, werden Mindestanforderungen festgelegt, die von allen Mitgliedstaaten erfüllt werden müssen. Nur erstreckt sich dieser gesetzliche Rahmen weder auf Versicherungen noch auf das Bildungswesen. Die Mitgliedstaaten können jedoch Bestimmungen einführen oder beibehalten, die dem Gleichheitsgrundsatz in noch stärkerem Maße gerecht werden als die der Richtlinie und einen Schutz vor Diskriminierungen in Bereichen mit nationaler Zuständigkeit vorsehen.
Was das europäische Jahr der Chancengleichheit für alle betrifft, so stellt der Rat befriedigt fest, dass die Kommission beabsichtigt, mehrere Untersuchungen zu veröffentlichen, die für Ihre Frage von Belang sind. Diese Untersuchungen sollen ein Schlaglicht auf die soziale Lage unter Einbeziehung von Bildung und Ausbildung von Behinderten werfen und statistische Angaben zu den Behinderten zusammenfassen, die vor allem von Behörden der sozialen Sicherheit bereitgestellt wurden, so dass sich eine realistische Sicht auf die Lage von Behinderten insgesamt unter Einbeziehung der Bildungsdimension ergibt.
Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin! Herr Ratspräsident, vielen Dank für Ihre Antwort.
Ich möchte darauf hinweisen, dass Deutschland bereits Verständnis für Menschen mit Behinderungen demonstriert und es dort Rechtsvorschriften gibt, die es ihnen ermöglichen, eine Versicherung abzuschließen, so dass sie am Arbeitsplatz gleichbehandelt werden.
Die Europäischen Schulen verfügen nicht über die gleichen Maßnahmen zur Unterstützung von Kindern mit Behinderungen wie die Mitgliedstaaten, und daher möchte ich den Rat bitten, entsprechende Initiativen zu ergreifen.
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich müsste diesem Sachverhalt, den Sie gerade vorgetragen haben, noch einmal nachgehen. Aber ich habe schon einmal gesagt: Auf der einen Seite muss versucht werden, in Bezug auf bestimmte Dinge neue Initiativen zu entwickeln. Wenn die Kommission diesen Bericht vorstellt, werden wir sehen, wo Lücken bestehen. Dann können diese sicherlich entweder über die Europäische Union oder aber – wovon ich ausgehe – im Bereich der nationalen Zuständigkeiten durch gesetzliche Maßnahmen geschlossen werden.
Die Präsidentin. Anfrage Nr. 4 von Manuel Medina Ortega (H-0361/07)
Betrifft: Regierungszusammenarbeit und Übergangsklauseln in der Einwanderungspolitik
Einwanderungsfragen nehmen in den Politikbereichen der Europäischen Union immer breiteren Raum ein, und Mechanismen der Regierungszusammenarbeit wie Frontex oder die Soforteinsatzteams werden ausgebaut. Welche Pläne hegt der Rat, um in diesem Bereich die gemeinschaftliche Säule zu stärken, insbesondere durch die in den Verträgen der Europäischen Union vorgesehenen so genannten Übergangsklauseln?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Frau Präsidentin! Ich bitte um Nachsicht dafür, dass ich in der Antwort jetzt viele technische Dinge nennen muss, die vielleicht nicht immer verständlich sind. Aber diejenigen, die sich mit der Materie intensiv befassen, wissen natürlich, wie wichtig in diesem Bereich die Grundlagen hierfür sind.
Maßnahmen in diesem Bereich, also bei der Migration, können derzeit gemäß Teil III Titel IV des Vertrags über die Europäische Gemeinschaft getroffen werden. Die Bereiche, in denen Maßnahmen im Rahmen der Mitentscheidung mit dem Europäischen Parlament getroffen werden, erfahren nach Artikel 67 Absatz 2 Gedankenstrich 2 eine Erweiterung durch den Beschluss 2004/927/EG des Rates vom 22. Dezember 2004 über die Anwendung des Verfahrens des Artikels 251 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft auf bestimmte Bereiche, die unter Titel IV des Dritten Teils dieses Vertrags fallen.
Die meisten Maßnahmen nach diesen Bestimmungen werden nun im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens getroffen. Der Europäische Rat hat allerdings die Ansicht vertreten, dass der Rat bis zum Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa die in Artikel 63 Nummer 3 Buchstabe a und Nummer 4 EG-Vertrag genannten Maßnahmen im Bereich der legalen Migration von Staatsangehörigen dritter Länder in die und zwischen den Mitgliedstaaten weiterhin einstimmig beschließen sollte. Diese und andere Fragen werden im laufenden Vertragsreformprozess noch geprüft.
Manuel Medina Ortega (PSE). – (ES) Frau Präsidentin! Ich möchte dem Ratspräsidenten für die Informationen danken, die er uns gegeben hat und derer sich dieses Parlament trotz ihres technischen Charakters voll bewusst ist.
Im Parlament herrscht zurzeit außerordentlich große Besorgnis über das Unvermögen des Rates, die Probleme der Einwanderung mithilfe der Regierungszusammenarbeit zu lösen. Ich möchte nur einen Punkt ansprechen, nämlich die Aufrechterhaltung der Dublin-II-Verordnung, durch die es uns jetzt nicht möglich ist, Solidarität mit der Republik Malta zu üben, um den Einwanderungsproblemen zu begegnen, ein Thema, das auf Gemeinschaftsebene gelöst werden könnte.
Mich beunruhigt, dass die Regierungsmethode nicht ausreichend ist und wir zum ersten Pfeiler übergehen müssen. Ein Beispiel dafür ist die Frage der Dublin-II-Verordnung.
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Kollege! Wir haben in vergangenen Runden bereits oft über die Migrationfrage gesprochen. Ich habe mehrfach darauf hingewiesen – auch im Zusammenhang mit einer anderen Debatte von heute –, dass morgen und übermorgen in den Schlussfolgerungen des Rates der Gesamtansatz zur Migration sicherlich eine wesentliche Rolle spielen wird, dass wir uns des Themas annehmen, dass es nicht nur ein Thema ist. Sie fragen zu Recht, wie Staaten, beispielsweise Malta – aber auch anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union – geholfen werden kann. Wir werden aber auch versuchen, für die Fragen und Ursachen von Migration und speziell illegaler Migration gemeinsam mit den Herkunftsländern Lösungen zu finden.
Die andere Frage ist natürlich eine technische Frage. Aber das hängt natürlich alles davon ab, wie wir mit der Frage der Zukunft des Vertrages über eine europäische Verfassung umgehen werden.
Andreas Mölzer (ITS). – Herr Minister! Massenlegalisierungen von illegalen Zuwanderern in verschieden EU-Staaten wurden ja häufig als Einladung aufgefasst und haben zu wahren Flüchtlingsstürmen geführt und auch den Schlepperbanden Hochkonjunktur beschert.
Wie weit ist der Ausbau von Rückführungsabkommen geplant, vor allem mit jenen Staaten, die von der EU finanzielle Unterstützung bekommen?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Die Rückführung ist ein wichtiger Punkt, der auch in den gemeinsamen Debatten zwischen der Europäischen Union und afrikanischen Staaten, aber letztmalig auf der gemeinsamen Migrationskonferenz letztes Jahr in Tripolis auf der Tagesordnung stand. Das gilt natürlich in vielen Bereichen: Wir haben nämlich heute – obwohl das diese Diskussion nicht entscheidend beeinflusst hat – nicht nur eine Migrationswelle vom Süden in den Norden, sondern auch eine Migration vom Osten in den Westen. Gerade dort wird, wenn es um Visa-Bestimmungen geht, immer genau der Punkt mit aufgenommen, ob wir Regelungen für entsprechende Rückführungsabkommen finden können. Das ist aber auch in den Gesprächen beispielsweise mit Ländern aus der Afrikanischen Union der Fall. Ich kann Ihnen aber jetzt keine Zahl nennen, mit welchen Ländern bereits solche Abkommen abgeschlossen worden sind. Die werden wir aber sicherlich nachliefern können.
Louis Grech (PSE). – (MT) Auch wenn ich dem Präsidenten zustimme, dass es in der Diskussion um die Gründe der Abwanderung gehen muss, möchte ich doch wissen, wie der Standpunkt des deutschen Ratsvorsitzes zu Maltas Vorschlag der Lastenteilung lautet. Wir stimmen zu, dass dies möglicherweise im Lichte des Verfassungsvertrags erörtert werden muss, doch dies ist ein Notfall, der Dringlichkeitsmaßnahmen erfordert.
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Das sind ja zwei verschiedene Bereiche. Die Ursachen von Flüchtlingsströmen werden auch ein wichtiger Punkt beim Afrika-Gipfel unter portugiesischem Vorsitz im November sein. Was können wir gemeinsam mit den Herkunftsländern an den Situationen verbessern? Verantwortungsvolle Staatsführung, bessere Strukturen, Perspektiven für Arbeitsplätze, für Ausbildung?
Was können zum anderem wir als Europäische Union leisten? Da gab es vor kurzem schon Überlegungen von Kommissar Frattini, aber auch vom deutschen Ratsvorsitz, über die Einräumung einer zeitweiligen Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme. Dies wird weiter verfolgt. Außerdem haben wir sicher bei Frontex einen ersten Ansatz gefunden, Ländern zu helfen, die möglicherweise bestimmte Probleme nicht vor Ort lösen können und die Unterstützung durch Frontex erhalten.
Die Präsidentin. Anfrage Nr. 5 von Sarah Ludford (H-0364/07)
Betrifft: Kampf gegen Terrorismus und Menschenrechte
Welche Strategie schlägt der deutsche Ratsvorsitz nach dem EU-USA-Gipfel vom April 2007 vor, um zu gewährleisten, dass die transatlantische Zusammenarbeit im Kampf gegen Terrorismus und Kriminalität mit Methoden geführt wird, bei denen Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten geachtet werden?
Wann und wie wird der Ratsvorsitz vorschlagen, das Europäische Parlament in den transatlantischen Dialog über Sicherheit, der auch den Rechtsrahmen für den Kampf gegen Terrorismus berührt, einzubeziehen?
Welche Antworten hat der Ratsvorsitz bei den Mitgliedstaaten im Ergebnis des am 14. Februar 2007 angenommenen Berichts des Europäischen Parlaments zur außerordentlichen Überstellung angefordert und erhalten?
Beabsichtigt der Ratsvorsitz, eine aktuelle Information über die Besetzung der Stelle eines Koordinators für den Kampf gegen Terrorismus abzugeben, und prüft er, dieser Stelle in der Struktur des Rates nicht zuletzt zur Gewährleistung der Einhaltung von Artikel 6 des EU-Vertrags mehr Gewicht zu verleihen?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Auf dem EU-USA-Gipfeltreffen 2007 haben die Europäische Union und die Vereinigten Staaten Folgendes vereinbart: Im Einklang mit unseren gemeinsamen Werten bekräftigen wir, dass wir uns seit langem dafür einsetzen sicherzustellen, dass die Anstrengungen zur Bekämpfung des Terrorismus mit unseren Verpflichtungen nach dem Völkerrecht einschließlich der Menschenrechtsnormen, dem Flüchtlingsrecht und dem humanitären Völkerecht im Einklang stehen.
Wir werden unseren laufenden Dialog über die Grundrecht des Völkerrechts, die für unseren gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus von Belang sind, fortsetzen und vertiefen. Dieser Dialog hat zu einer besseren Kenntnis des Rechtsrahmens des jeweils anderen beigetragen und soll unsere Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung fördern.
Der Vorsitz unterrichtet das Europäische Parlament regelmäßig über die transatlantischen Beziehungen, unter anderem auch über Fragen im Zusammenhang mit dem Völkerrecht. Im Vorfeld des EU-USA-Gipfeltreffens am 24. April 2007 fand hier eine entsprechende Unterrichtung statt.
Transatlantischer Dialog: Der Gesetzgeber trägt zum transatlantischen Dialog über Sicherheit bei. Der Rat hat die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Februar 2007 zur außerordentlichen Überstellung auf der Tagung des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ am 5. März 2007 zur Kenntnis genommen. Der Vorsitz hat keine Antworten der Mitgliedstaaten auf die genannte Entschließung des Europäischen Parlaments angefordert bzw. erhalten. Die Stelle des Koordinators für die Terrorismusbekämpfung wird derzeit einer Bewertung unterzogen. Die Suche nach einem geeigneten Kandidaten bzw. einer geeigneten Kandidatin ist im Gange.
Sarah Ludford (ALDE). – (EN) Es wäre gut gewesen, wenn wir bei dieser Tagung eine umfassende Aussprache über die CIA-Überstellungen und Europas Komplizenschaft geführt hätten, so wie dies die Liberalen wollten. Aber leider haben sich die größten Fraktionen auf der rechten und linken Seite seltsamerweise geweigert, diesen Gedanken zu unterstützen. Dann hätten wir den Rat gemeinsam drängen können, endlich auf den Bericht des Parlaments und den von Dick Marty zu antworten.
Wie stellt der Rat die Einhaltung der Menschenrechte sicher, wie es in den Schlussfolgerungen des Gipfeltreffens heißt, wo doch bekannt ist, dass sich die Vereinigten Staaten bemühen, die EU-Mitgliedstaaten davon zu überzeugen, den Rechtsschutz zu verwässern? Will der Rat Abgeordnete des Parlaments zu diesen laufenden Geheimverhandlungen hinzuziehen, da doch angeblich ein hochrangiger Trilog zum Terrorismus geführt werden soll? Wir wurden niemals zum Aktionsplan konsultiert. Nach meinem Dafürhalten ist es an der Zeit, dass der Rat seine Partnerschaft mit dem Parlament in diesen Fragen verbessert.
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich bereits bei der Debatte über den transatlantischen Dialog erklärt, wie wichtig dieser ist und was wir von der Europäischen Union, aber auch als Ratsvorsitz zur Debatte beigetragen haben. Es ist in der Tat so, dass vieles angestoßen worden ist und dass es derzeit zwar nicht auf höchster Ebene, aber auf Arbeitsebene entsprechende Gespräche gibt. Ich bitte um Nachsicht, dass das vertrauliche Gespräche sind. Aber durch die regelmäßige Aufnahme der Thematik der transatlantischen Beziehungen in die Tagesordnung besteht auch in Zukunft die Möglichkeit, uns darüber auszutauschen, wie weit wir bei unserem beiderseitigen Bemühen um entsprechende Aufklärung gekommen sind.
Jörg Leichtfried (PSE). – Herr Minister, gestatten Sie mir die Anmerkung, dass ich der Meinung bin, dass Ihre Bemühungen in gewissen Teilbereichen vielleicht noch nicht ganz erfolgreich waren. Insbesondere – was meine Zuständigkeit betrifft – im Bereich der meines Erachtens unwürdigen und sicherlich die Menschenrechte verletzenden Kontrollen europäischer Passagiere auf amerikanischen Flughäfen. Ich denke, das ist ein Zustand, der auf Dauer nicht hinzunehmen ist. Es würde mich interessieren, was Sie gegen diese Maßnahmen, die in den Vereinigten Staaten unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung ergriffen wurden, zu tun gedenken?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter, ich will jetzt nicht auf Ihre Bewertung der Kontrolle in den Vereinigten Staaten eingehen. Ich weiß aber, dass die Vereinigten Staaten aufgrund bestimmter Vorkommnisse so handeln. Aber wie Sie wissen, sind wir in einem ständigen Dialog mit den Vereinigten Staaten über das Visa Waiver-Programm, damit die Visafreiheit auch für andere Staaten der Europäischen Union gilt. Ich werde Ihre Frage zum Anlass nehmen, dieses Thema nochmals aufzugreifen und möglicherweise auch dem nachfolgenden portugiesischen Ratsvorsitz nahezulegen, dieses Thema in den Gesprächen mit den Vereinigten Staaten anzusprechen.
Die Präsidentin. Anfrage Nr. 6 von Dimitrios Papadimoulis (H-0369/07)
Betrifft: Stationierung eines amerikanischen Raketenabwehrschirms in Mitgliedstaaten der EU
Die USA planen, ein Raketenabwehrsystem in Mitgliedstaaten der Europäischen Union – nämlich Polen und Tschechien – zu stationieren, um angeblich Schutz vor dem Iran und Nordkorea zu gewährleisten; dieses Abwehrsystem hat Beunruhigung in der europäischen Öffentlichkeit hervorgerufen, die der Meinung ist, dass solche Pläne den europäischen Kontinent zur Zielscheibe machen und neue Zwietracht säen. Gemäß einer Erklärung des Russischen Sicherheitsrats machen solche Pläne auch ein Überdenken der russischen Verteidigungspolitik notwendig, weil sie als Bedrohung für die Russische Föderation betrachtet werden.
Wie kommentiert der Rat die geplante Stationierung eines Raketenabwehrschirms in Mitgliedstaaten der Europäischen Union? Welche Maßnahmen wird er ergreifen, um diese Pläne zu vereiteln, die den Kalten Krieg in Europa wiederbeleben?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter! Das amerikanische Raketenabwehrsystem mit der geplanten Stationierung von zehn Raketen in Polen sowie eines Radarsystems in der Tschechischen Republik wurde noch nicht im Rat erörtert. Die bilaterale Zusammenarbeit der Vereinigten Staaten mit einigen Mitgliedstaaten der EU im Zusammenhang mit der Stationierung von Elementen des nationalen Raketenabwehrsystems der USA liegt in der nationalen Zuständigkeit der betreffenden Mitgliedstaaten. Der Rat hat deshalb nicht in Erwägung gezogen, das Thema der Raketenabwehr in Beratungen mit den USA oder mit der NATO zur Sprache zu bringen. Die Abwehr ballistischer Flugkörper ist ein Thema der Beratungen im Rahmen der NATO und des NATO-Russland-Rates. Am 19. April fand eine Sondersitzung über die Raketenabwehr im Rahmen des NATO-Rates und des NATO-Russland-Rates statt. Dieses Thema wurde auch auf einer informellen Tagung der NATO-Außenminister am 26./27. April in Oslo erörtert.
Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL). – (EL) Frau Präsidentin! Die Antwort des Rates überrascht mich. Gut, mit den Amerikanern und der NATO wollen Sie nicht darüber reden. Haben Sie denn die Absicht, die Angelegenheit im Rat bei Ihren tschechischen und polnischen Kollegen zur Sprache zu bringen? Oder haben Sie alles der NATO übergeben? Der deutsche Außenminister hat seine Besorgnis geäußert, Herr Solana ebenfalls. Deutschland möchte unkomplizierte Beziehungen zwischen der EU und Russland. Beabsichtigen Sie, die Angelegenheit auf diesem Gipfel zu erörtern? Werden Sie sie überhaupt irgendwann einmal zur Sprache bringen? Welchen Sinn hat es, wenn der Rat Gespräche führt, diese aber nicht um Fragen gehen, die alle Bürger Europas beunruhigen?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich beziehe mich noch einmal auf die Ausgangslage. Auf dem NATO-Rat in Prag wurde vor einigen Jahren unter den Partnern auch darüber abgestimmt, vor welchen neuen Herausforderungen wir stehen und welche möglicherweise neuen Antworten die NATO auf solche Herausforderungen finden muss. Die NATO hat entsprechende Arbeitsgruppen eingesetzt. In Riga wurde diese Debatte fortgesetzt, aber noch kein abschließendes Ergebnis erzielt. Wir sind uns beispielsweise in der gemeinsamen Bedrohungsanalyse einig.
In dieser Phase kam aber auch der Vorschlag Amerikas zu einem nationalen Raketenabwehrsystem. Wir sind der Auffassung, dass das Thema Raketenabwehrsystem generell im Bereich der NATO erörtert werden soll und nicht im Bereich der Europäischen Union. Ich kann nur nochmals bestätigen, dass es nicht Gegenstand der Erörterungen im Europäischen Rat gewesen ist und auch nicht sein wird.
Andreas Mölzer (ITS). – Herr Minister! Wenn Sie auch zu Recht darauf hinweisen, dass der Rat sich nicht mit dieser Frage befassen will, möchte ich – den Umfragen zufolge sind 51 % der Polen gegen die geplante Stationierung dieser amerikanischen Raketenabwehr – dennoch nachfragen, warum Forderungen von Bürgerinitiativen nach einer Volksbefragung abgetan werden und gesagt wird, Referenden seien ungeeignet. Wie steht der Rat zur Frage einer Beteiligung der Bevölkerung bei derart wichtigen Entscheidungen? Gibt es eine Möglichkeit, hier zumindest noch zu vermitteln?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Was die Frage über die Beteiligung der Bürger betrifft, so ist dies eine nationale Entscheidung. Es ist auch keine Vorgabe seitens des Ratsvorsitzes erforderlich. Das machen die Länder in eigener Verantwortung.
Ich möchte aber in diesem Zusammenhang nochmals zum Ausdruck bringen, dass es ja doch in der Frage generell Bewegung gegeben hat, vor allem zwischen Russland und den Vereinigten Staaten. Hier wurde verabredet, sich intensiv über das Thema auszutauschen und eine Vertrauensbasis zu schaffen. Das ist jetzt noch offen. Wie Sie wissen, hat Herr Putin vor kurzem entsprechende Vorschläge auch Amerika gegenüber gemacht. Ich meine, diese Gespräche sollten wir erst einmal abwarten.
Tobias Pflüger (GUE/NGL). – Meine Frage schließt direkt daran an. Gibt es denn eine Position des EU-Ratsvorsitzes zu dem Vorschlag Wladimir Putins, Aserbaidschan in dieses Raketensystem mit einzubeziehen?
Zweitens: Inwiefern entspricht die Position der EU bzw. die des Rates zum US-Raketensystem der Position der NATO, oder gibt es da einen Unterschied? Wenn es einen Unterschied gibt, wie sieht dieser aus?
Drittens: Beabsichtigt der Rat der EU, sich irgendwann einmal mit der Frage des Raketensystems zu beschäftigen?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Der Rat hat sich bis jetzt nicht damit beschäftigt. Ich kann auch nicht vorwegnehmen, ob der Rat sich in Zukunft damit beschäftigen wird. Ich habe vorhin zum Ausdruck gebracht, dass dafür keine Stellungnahme des Ratsvorsitzes erforderlich ist, dass wir es aber angesichts der Debatten der letzten Tage außerordentlich begrüßt haben, dass die zunächst doch etwas konfrontative Situation zwischen den Vereinigten Staaten und Russland jetzt wieder auf eine andere Ebene zurückgeführt worden ist und dass man sagt, man wolle miteinander sprechen. Wir haben bisher die Auffassung vertreten, dass diese Angelegenheit Gegenstand für Beratungen in der NATO ist, und nicht im Europäischen Rat.
Die Präsidentin. Anfrage Nr. 7 von Nils Lundgren (H-0374/07)
Betrifft: Gaspipeline durch die Ostsee
Es gibt unterschiedliche Meldungen darüber, inwieweit der Rat den Bau einer deutsch-russischen Gaspipeline durch die Ostsee gebilligt hat. Nicht zuletzt aus demokratischem Verständnis heraus ist es wichtig, dass die Bürger in dieser Frage informiert werden. Der Fragesteller hat schon früher diesen Punkt mit Vertretern der Kommission wie des Rates erörtert, ohne aber konkrete und zufrieden stellende Antworten zu erhalten.
Hat der Rat den Bau einer deutsch-russischen Gaspipeline durch die Ostsee gebilligt? Es ist doch davon auszugehen, dass die Billigung des Rates vor Ausführung des Vorhabens vorliegen muss? Ist es der Europäische Gerichtshof oder der Schwedische Umweltgerichtshof, der letztendlich zu entscheiden hat, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten im Hinblick auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung in schwedischen Gewässern kommt?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Es sei darauf hingewiesen, dass es keine Rechtsgrundlage gibt, nach der der Rat derartige Vorhaben, wie Sie sie in Ihrer Anfrage ansprechen, förmlich billigen oder ablehnen könnte. Mit anderen Worten: Solche Vorhaben können in Angriff genommen werden, ohne dass zuvor die Zustimmung des Rates eingeholt werden muss.
Es ist Ihnen sicherlich bekannt, dass in der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze und zur Aufhebung der Entscheidung 96/391/EG und der Entscheidung Nr. 1229/2003/EG an mehreren Stellen auf eine durch die Ostsee über die Offshore-Route verlaufende Gasfernleitung von Russland nach Deutschland Bezug genommen wird. Ich setze es auch als bekannt voraus, dass nach Anhang I dieser Entscheidung eine nordeuropäische Gasfernleitung zu den Vorhaben von europäischem Interesse zählt und somit zur Kategorie von Vorhaben gehört, denen oberste Priorität zukommt. Hinsichtlich der besonderen Bestimmungen über Vorhaben mit diesem Stellenwert verweist der Rat auf den verfügenden Teil der vorgenannten Entscheidung, die nach dem Mitentscheidungsverfahren vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen worden ist.
Insbesondere möchte ich Sie, Herr Abgeordneter, noch einmal auf Artikel 13 der Entscheidung hinweisen, in dem es wie folgt heißt: „Diese Entscheidung lässt die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung von Vorhaben und der Pläne oder Programme, die den Rahmen für die zukünftige Genehmigung der in Frage stehenden Vorhaben festlegen, unberührt. Sofern nach einschlägigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen ist, werden deren Ergebnisse berücksichtigt, bevor über die Durchführung der Vorhaben nach den einschlägigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft entschieden wird.“
Was den zweiten Teil der Anfrage anbelangt, so ist es nach dem Vertrag Sache der Kommission, die korrekte Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften sicherzustellen und bei Verstößen die Maßnahmen zu ergreifen, die sie für angemessen hält. Dieser Grundsatz ist natürlich auch auf die geltenden Gemeinschaftsvorschriften für Umweltverträglichkeitsprüfungen anzuwenden.
Nils Lundgren (IND/DEM). – (SV) Frau Präsidentin! Als EU-Mitgliedstaat und als Land, das gegenwärtig den Ratsvorsitz innehat, plädiert Deutschland für eine gemeinsame Energiepolitik der EU. Dennoch schließt es eine bilaterale Vereinbarung mit Russland über eine umfassende Infrastrukturinvestition in Form dieser Erdgasleitung ab, ohne andere EU-Mitgliedstaaten im Ostseeraum zu konsultieren. Wie kommentieren Sie das?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Die Problematik war auch schon Gegenstand einer vorangegangenen Fragestunde. Ich kann nur noch einmal sagen, dass dieses Projekt ein privates und kein staatliches Projekt ist, und dass die Unternehmen, wenn sie dieses Projekt verwirklichen, alle entsprechenden Unterlagen einreichen müssen, auch in den Ländern, in denen diese Pipeline letztlich verlegt werden muss. Dort ist diese Prüfung nach den entsprechenden Bestimmungen vorzunehmen.
Justas Vincas Paleckis (PSE). – Herr Minister! Bekanntlich ist diese Gaspipeline von verschiedenen Politikern, Experten und Wissenschaftlern besonders aus den skandinavischen und den baltischen Ländern sowie aus Polen heftig kritisiert worden. Vielleicht könnte der Rat dazu beitragen, dass die zuständigen Experten und Politiker zusammenkommen könnten, um das Problem gemeinsam zu beraten und vielleicht einen Modus vivendi zu finden.
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Kollege! Es ist in erster Linie Aufgabe derjenigen, die dieses Projekt planen und durchführen wollen, die betreffenden Länder entsprechend zu unterrichten. Das geschieht durch eine entsprechende Antragstellung. Dieser Antragstellung wird sicherlich eine Prüfung in allen möglichen Bereichen folgen, insbesondere was die Umwelt und die Sicherheit anbelangt. Ich gehe davon aus, dass es auch entsprechende Gespräche geben wird. Aber das liegt zunächst einmal allein in der Initiative derjenigen, die sich an diesem Projekt beteiligen, und das sind Privatunternehmen und keine staatlichen Unternehmen.
Danutė Budreikaitė (ALDE). – (LT) Frau Präsidentin, Herr Minister, wir erörtern diese Frage nicht zum ersten Mal. Die Diskussion über ihre ökologischen Folgen weckt alle möglichen Bedenken und Ängste. Nun nimmt Russland bei der Umsetzung des Vorhabens seine eigene Umweltverträglichkeitsprüfung vor und erklärt, die Waffen auf dem Meeresboden seien nicht gefährlich. Erscheint es Ihnen nicht unlogisch, dass ein privater Projektleiter die Umweltverträglichkeitsprüfung durchführt?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Es gibt völkerrechtliche und europäische Rechtsvorschriften, die zu beachten sind. Völkerrechtlich gehe ich davon aus, dass auch Russland daran gebunden ist. Russland prüft ja nicht für sich allein und sagt, wenn das Ergebnis vorliegt, dann ist diese Pipeline generell umweltverträglich. Auch die anderen Partner sind entsprechend zu berücksichtigen. Ich wiederhole noch einmal, was ich in einer der vorausgegangenen Fragestunden gesagt habe, dass – schon im Interesse der Betreiberunternehmen dieser Pipeline – für ganz klare Transparenz gesorgt wird, um den Bürgerinnen und Bürgern die Ängste zu nehmen, und darüber gewacht wird, dass die Minen und Bomben, die noch auf dem Meeresgrund liegen, nicht zum Auslöser einer Gefährdung der Anwohner dieser Pipeline werden. Das wird eine sehr intensive Prüfung sein. Hier sind alle, vor allem die Unternehmen, verpflichtet, diese Prüfung durchführen zu lassen, so dass es nicht allein auf grünes Licht und eine Genehmigung durch Russland ankäme.
Die Präsidentin. Anfrage Nr. 8 von Robert Evans (H-0375/07)
Betrifft: Überseeische Gebiete
Hat der Rat jemals über den ungewöhnlichen Umstand gesprochen, dass einige überseeische Gebiete, die sich buchstäblich auf der anderen Seite der Welt befinden, als Teil der EU gelten, während andere Orte, die innerhalb der EU-Grenzen liegen, als „außerhalb“ der EU betrachtet werden?
Ist es in Anbetracht der Auswirkungen dieser Anomalien nicht an der Zeit, eine Anpassung vorzunehmen oder diese Situation zu klären?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Der Rat hat diese Frage über den vom Herrn Abgeordneten zur Sprache gebrachten Aspekt nicht erörtert. Die physische Entfernung bzw. Nähe zu den 27 Mitgliedstaaten ist für die Beziehungen zwischen den einzelnen Ländern und den Gebieten der Europäischen Union nicht allein entscheidend. Die Beziehungen zu den überseeischen Ländern und Gebieten sind im vierten Teil des EG-Vertrages und in Ratsbeschlüssen geregelt. Der derzeit gültige Ratsbeschluss, der am 27. November 2001 angenommen und am 19. März 2007 geändert wurde, läuft zum 31. Dezember 2013 ab. Vor diesem Zeitpunkt wird der Rat die Situation überprüfen.
Robert Evans (PSE). – (EN) Damit wollte ich eigentlich darauf hinweisen, dass all das, was wir in diesem Parlament beschließen – wie Sie in Ihrer Antwort auf die letzte Anfrage, als Sie sich auf EU-Vorschriften bezogen, die einzuhalten sind, erklärten – für Orte wie Martinique oder Guadeloupe oder Französisch Guyana an der südamerikanischen Küste gilt, die Tausende Kilometer entfernt, weit weg von diesem Ort liegen, jedoch nicht für Orte wie die Kanalinseln, die sich zwischen Frankreich und Großbritannien befinden, oder die Isle of Man, Liechtenstein, Andorra – und ich könnte diese Liste noch fortsetzen. All das sind diese seltsamen kleinen Steueroasen und Ausnahmen, die wir offensichtlich zulassen, und in denen das EU-Recht nicht gilt.
Ist der Rat nicht der Meinung, dass es sich hier um eine solche Anomalie handelt, mit der wir uns nochmals befassen sollten? Wir sollten nach einem moderneren Weg suchen, statt zu versuchen, Dinge Tausende von Kilometern entfernt, jedoch nicht vor unserer eigenen Haustür, gesetzlich zu regeln.
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich brauche wohl im Einzelnen nicht zu erwähnen, dass es sich bei den mit Ihrer Frage verbundenen Komplexen um außereuropäische Gebiete handelt, die aber zur Europäischen Union gehören, weil sie angesichts ihrer Verbindung zum Mutterland sozusagen Mitglieder der Europäischen Union sind. Sie wissen genau, dass Länder wie Andorra oder Liechtenstein zwar in Europa liegen, aber nicht Mitglieder der Europäischen Union sind. Ob die Zugehörigkeit dieser Gebiete und die Übertragung von Rechtsvorschriften auf die genannten Gebiete andauern, wird bei einer entsprechenden Überprüfung im Rat festgestellt werden.
Tobias Pflüger (GUE/NGL). – Häufig sind es ja Überseegebiete, in denen sich Militärbasen von EU-Mitgliedstaaten befinden. Ich möchte einen anderen Fall konkret ansprechen: In Zypern gibt es Gebiete, die sovereign military bases heißen und zu Großbritannien gehören, allerdings nicht Teil der Europäischen Union sind. Meine Frage in diesem Zusammenhang: Ist es ein tragfähiger Zustand, dass es in einem EU-Mitgliedstaat Gebiete eines anderen EU-Mitgliedstaates gibt, die nicht Teil der Europäischen Union sind?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich kann Ihnen das nur so erklären, dass es, wie Sie alle wissen, besondere Entwicklungen auf der Insel Zypern gegeben hat und dass hier eben noch ein besonderer Status vorliegt. Insofern haben hier eben noch alte Regelungen Bestand, die aber – wie ich mir vorstellen kann – sicherlich dann einer Änderung zugeführt werden, wenn der Zypernkonflikt insgesamt gelöst sein wird.
Die Präsidentin. Anfrage Nr. 9 von Philip Bushill-Matthews (H-0378/07)
Betrifft: Mögliche Altersdiskriminierung von Piloten, die Flüge über Frankreich durchführen
Stellt die Weigerung Frankreichs, Piloten, die älter sind als 60 Jahre, das Überfliegen seines Staatsgebiets zu erlauben, einen Verstoß gegen die EU-Richtlinie über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (2000/78/EG(1) vom 27. November 2000) dar, auch wenn diese Piloten gemäß den Leitlinien der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation als Kopiloten tätig sind?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrter Abgeordneter! Sie wissen sicherlich, dass die Überwachung der ordnungsgemäßen Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten zunächst unter die Zuständigkeit der Europäischen Kommission fällt. Der Rat möchte daher nicht zu dem genannten spezifischen Fall Stellung nehmen.
Philip Bushill-Matthews (PPE-DE). – (EN) Nun gut, das war eine recht knappe Antwort, allerdings eine nicht sehr freundliche. Mir ist klar, dass die Kommission für bestimmte Dinge zuständig ist, aber wollen Sie damit sagen, dass der Rat daran nicht interessiert ist und ihm die Altersdiskriminierung egal ist? Denn das ist die eindeutige Botschaft, die Sie aussenden.
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sie haben gerade gesagt, dass die Kommission die Hüterin der Verträge ist. Sie hat das entsprechend zu prüfen. Im Übrigen besteht für die Betroffenen die Möglichkeit, wenn denn ein Fall von Diskriminierung vorliegt, dies entsprechend überprüfen zu lassen.
Paul Rübig (PPE-DE). – Ich glaube, dass der Flugverkehr an und für sich einer Neuorganisation bedarf. Deshalb ist die Frage an den Rat berechtigt: Ist vorgesehen, hier in Zukunft eher im Rahmen der Regierungszusammenarbeit oder bilateral vorzugehen, wenn es Diskriminierungsschritte gibt, oder halten Sie es für richtig, dass die Kommission hier eine Initiative ergreift?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter! Wir haben ja in der Europäischen Union bzw. in den Mitgliedstaaten über die Umsetzung entsprechender Richtlinien eine lange Debatte geführt. Dabei war die Vorgabe auch, dass wir das in allen Mitgliedstaaten in nationales Recht umsetzen. Das ist die Grundlage, und wie bei allen anderen Rechtsvorschriften, wo es ein europäisches Recht gibt, haben die Bürgerinnen und Bürger, die sich betroffen fühlen oder die glauben, diskriminiert zu sein, die Möglichkeit, entsprechend vorzugehen, und zwar bis hin zur Klage beim Europäischen Gerichtshof.
Die Präsidentin. Anfrage Nr. 10 von Bernd Posselt (H-0380/07)
Betrifft: Arbeitslosigkeit im Kosovo
Wie beurteilt die Ratspräsidentschaft die aktuelle Lage im Kosovo, wo die Verzögerung der Anerkennung seiner Unabhängigkeit auch in den letzten Monaten zu einer extrem hohen Arbeitslosigkeit beigetragen hat, und welche Schritte wird die EU wirtschaftlich und politisch noch in diesem Jahr im Kosovo setzen?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter Posselt! Die gesamte politische Situation im Kosovo wird weiterhin vom Status-Prozess bestimmt. Mit der Übergabe des Status-Vorschlags des VN-Sondergesandten Ahtisaari an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist dieser Prozess in die maßgebliche Verantwortung des Sicherheitsrats gelangt. Die Außenminister der Europäischen Union haben mehrfach unmissverständlich ihre volle Unterstützung für den Sondergesandten Ahtisaari zum Ausdruck gebracht und ihrer Überzeugung Ausdruck verliehen, dass das Ahtisaari-Paket eine wesentliche Grundlage für eine nachhaltige, wirtschaftliche und politische Entwicklung des Kosovo darstellen sowie zur Stärkung der Stabilität in der gesamten Region beitragen kann.
Nach dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs der G8, bei dem eine Einigung zum Kosovo nicht möglich war, hat die EU-Ratspräsidentschaft alle beteiligten Seiten aufgerufen, ihre Anstrengungen zu intensivieren, um möglichst bald zu der Verabschiedung einer neuen Sicherheitsresolution der Vereinten Nationen zu gelangen. Die Europäische Union begleitet den Status-Prozess auch weiterhin intensiv.
Die Vorbereitungen der Europäischen Union für ihren Beitrag zur künftigen internationalen zivilen Präsenz im Kosovo nach einer Lösung der Status-Frage sind weit gediehen. Die Europäische Union ist bereit, in enger Abstimmung mit anderen internationalen Akteuren eine bedeutende Rolle bei der möglichen künftigen internationalen zivilen Präsenz zu übernehmen. Dazu sind Planungsteams vor Ort, die die mögliche künftige Tätigkeit eines EU-Sonderbeauftragten sowie einer ESVP-Mission im Bereich Polizei und Justiz vorbereiten. Der Abschluss dieser Vorbereitungen ist abhängig vom weiteren Verlauf des Status-Prozesses selbst sowie von der eigentlichen Status-Lösung.
Wie schon in der Vergangenheit werden auch in Zukunft erhebliche Hilfen der internationalen Gemeinschaft im Allgemeinen und der Europäischen Union im Besonderen erforderlich sein, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die soziale Situation im Kosovo zu verbessern. Dies kann nur in enger Abstimmung mit den internationalen Finanzinstitutionen und den Partnern vor Ort erfolgen. Sobald eine genaue Kostenschätzung – abhängig natürlich auch von der Status-Lösung – vorliegt, wird die Kommission ein Gesamtfinanzpaket ausarbeiten, das auch Gegenstand einer Geberkonferenz sein wird. Diese Geberkonferenz kann jedoch erst stattfinden, wenn der Status des Kosovo geklärt ist.
Bernd Posselt (PPE-DE). – Meine Zusatzfrage an Sie ist die folgende: Ist die Statusfrage des Kosovo nicht im Sinne des Europäischen Parlaments zu lösen? Weiß der Rat, dass das Europäische Parlament sich zu 75 % für den Ahtisaari-Plan plus internationale Unabhängigkeit plus unmittelbare Warnung vor einer weiteren Verzögerung ausgesprochen hat? Hält der Rat dies für eine Linie, die auch von anderen Institutionen übernommen werden sollte? Was meint der Rat zu der plötzlichen Äußerung, das Ganze um sechs Monate zu verschieben, wovor das Europaparlament ausdrücklich mit großer Mehrheit gewarnt hat, oder auch zu Äußerungen von Frau del Ponte, die überhaupt nicht dafür zuständig ist?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Natürlich sind uns die Debatten und Entschließungen des Europäischen Parlaments bekannt. Aber ich darf auch noch einmal auf eine ausführliche Diskussion im Rat der Außenminister am vergangenen Montag hinweisen, die morgen Abend in Brüssel eine Fortsetzung finden wird. Dabei wurde erneut eindeutig klargestellt, dass die Ahtisaari-Vorschläge zwar eine Grundlage bilden, dass wir jedoch für eine Lösung, die akzeptiert wird, eine Entscheidung im Rahmen der Vereinten Nationen benötigen.
Es wäre jetzt völlig falsch – und dies ist auch mit den Regierungen der Nachbarregionen besprochen worden – jetzt eine unilaterale Entscheidung zu treffen. Ich glaube, wir haben auch unseren Partner Vereinigte Staaten überzeugen können, dass eine multilaterale völkerrechtliche Entscheidung notwendig ist. Dazu wird es demnächst noch einmal Gespräche geben bei einem bilateralen Treffen zwischen Herrn Putin und Herrn Bush. Dabei wird es sicherlich auch um das Kosovo gehen. Ich warne jedoch jetzt schon davor, dass eine unilaterale Entscheidung keine gute Grundlage für andere noch anstehenden Entscheidungen wäre.
Ich weiß, dass in der Region auch Ungeduld herrscht. Wir haben beispielsweise der albanischen Regierung nochmals ausdrücklich gedankt, dass sie in den letzten Wochen und Monaten mäßigenden Einfluss ausgeübt und erklärt hat, dass eine völkerrechtliche Entscheidung vonnöten ist und keine einseitige Anerkennung nur von einzelnen Ländern.
Paul Rübig (PPE-DE). – Sehr geehrte Ratspräsidentschaft! Welche Initiativen plant die Ratspräsidentschaft im Bereich der Wirtschaftspolitik, vornehmlich auch im Bereich der Energiepolitik? Könnten Sie sich vorstellen, dass man zum Beispiel die KMU-Charta oder die Energie-Charta als Ansatz verwendet, um auch im wirtschaftlichen Prozess der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken und auch die Lissabon-Agenda dort attraktiv umzusetzen?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter! Uns ist ja bewusst – ausgelöst auch durch die Frage des Kollegen Posselt –, wie wichtig es ist, neben der politischen Stabilität auch wirtschaftliche Stabilität zu schaffen. Voraussetzung ist nun einmal eine grundlegende Entscheidung. Wir alle kennen die Umstände. Zu möglichen Perspektiven – Sie haben die in der Region bereits vorhandene Energiegemeinschaft angesprochen – müssen dann Entscheidungen getroffen werden, wenn die vorhergehende politische Entscheidung gefallen ist. Sie wissen aber auch aufgrund anderer Debatten, auch über Nachbarregionen, welche Möglichkeiten die Europäische Union diesen Ländern angeboten hat, die regionale Kooperation zu fördern. Da ist sicherlich der von Ihnen angesprochene Aspekt von großer Tragweite.
Die Präsidentin. Da sie dasselbe Thema betreffen, behandeln wir die folgenden Anfragen gemeinsam:
Anfrage Nr. 11 von Esko Seppänen (H-0382/07)
Betrifft: Athena-Mechanismus
Da durch die EU-Gründungsverträge die Zuweisung von Gemeinschaftsmitteln zur Finanzierung militärischer Operationen untersagt ist, haben sich die Mitgliedstaaten auf einen speziellen Athena-Mechanismus geeinigt. Wie hoch sind die Mittel der Mitgliedstaaten, die über diesen Mechanismus zur Finanzierung der verschiedenen Operationen eingesetzt wurden?
Nach Auskunft der deutschen Bundesregierung vom Sommer 2006 erwirbt die EU zur Durchführung der Operation Althea von der NATO bestimmte Fernmeldeleistungen (Kostenteilung zwischen den beiden Organisationen) und verhandelt über den Erwerb des ursprünglich für die NATO hergestellten Kartenmaterials für Bosnien und Herzegowina oder mietet, dies aber bereits in Form einer regulären vertraglichen Vereinbarung jenseits von Berlin Plus, eine exakt bestimmte Infrastruktur (Container) im gemeinsam genutzten Hauptquartier Camp Butmir.
Hält der Rat nach dem jüngsten Beschluss des Rates zum Athena-Finanzierungsmechanismus eine ausreichende demokratische Haushaltskontrolle des Athena-Militärbudgets für gewährleistet und warum war es bisher nicht möglich, die Zahlungen an die NATO auszuweisen, die aus dem Athena-Budget getätigt werden, sowie Angaben über die exakte Mittelverwendung aus dem Athena-Haushalt zu veröffentlichen und das Europäische Parlament darüber zu informieren?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. In Artikel 28 des Vertrags über die Europäische Union sind die Grundsätze für die Finanzierung ziviler und militärischer Krisenbewältigungsoperationen niedergelegt. Operationen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen können nicht aus Gemeinschaftsmitteln finanziert werden.
Athena ist der vom Rat 2004 geschaffene Mechanismus zur Verwaltung der Finanzierung der gemeinsamen Kosten solcher Operationen. Die gemeinsamen Kosten liegen unter 10 %, die gesamten Mehrkosten einer Operation. Der Rest der Ausgaben wird nach dem Grundsatz, dass die Kosten dort getragen werden, wo sie anfallen, direkt von den Mitgliedstaaten finanziert.
Athena wird unter der Aufsicht eines Sonderausschusses verwaltet, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt, die über ihre jeweiligen Minister ihren eigenen nationalen Parlamenten rechenschaftspflichtig sind. Was die Operation Althea betrifft, so bezahlen sowohl die Europäische Union als auch die NATO ihren Anteil für gemeinsam genutzte Anlagen, Personal usw. Die NATO erhält für geleistete Dienste keine Rückerstattungen von Athena.
Esko Seppänen (GUE/NGL). – (FI) Frau Präsidentin, Herr Staatsminister! Ein System, dem es an demokratischer Kontrolle mangelt, ist ein sonderbares System. Mit demokratischer Kontrolle meine ich die Kontrolle durch das Parlament und nicht die Kontrolle des Europäischen Parlaments oder der nationalen Parlamente. So hebeln wir die Bestimmungen der Verträge aus, wie Sie gerade erklärt haben. Ich möchte nun gern wissen, ob die Verträge durch die neue Verfassung, für die der Vorsitz einen Entwurf vorgelegt hat, so abgeändert werden, dass diese Mittel ohne Anwendung des Athena-Mechanismus aus dem EU-Haushalt bereitgestellt werden können?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Über die Zukunft des europäischen Verfassungsvertrags möchte ich heute, am Vorabend des Europäischen Rates, nicht spekulieren. Wir werden sehen, welche Debatten geführt werden und welche Konsequenzen sich für die vertraglichen Bestimmungen ergeben.
Zum zweiten Punkt möchte ich sagen, dass in dem Ausschuss die jeweiligen Minister der Mitgliedstaaten vertreten sind, die wiederum, weil ja die Beiträge aus den Mitgliedstaaten kommen, letztendlich auch ihren Parlamenten gegenüber rechenschaftspflichtig sind. Soviel ich weiß, besitzen die Parlamente entweder entsprechende Fachausschüsse, die darüber befinden können und den jeweiligen Minister über die Verwendung der Mittel befragen können, oder es gibt Haushaltskontrollausschüsse, die die Verwendung dieser Mittel überprüfen.
Tobias Pflüger (GUE/NGL). – Die Realität ist leider etwas anders. Im Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung bekomme ich die Aussage, die EU würde Gelder an die NATO zahlen. Sie sagen jetzt, es werde nicht gezahlt. Das ist ja interessant. Das Problem ist, dass wir über die Nachfragen in den einzelstaatlichen Parlamenten die Zahlen nicht bekommen. Und wir bekommen sie auch nicht über den Haushaltsausschuss und auch nicht im Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung.
Wäre es möglich, dass die Ratspräsidentschaft eine Übersicht über die Ausgaben zusammenstellt, die bisher über diesen Athena-Mechanismus getätigt wurden?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Zum ersten Punkt kann ich sagen: Ich werde, wie vorhin gesagt, sicherlich der Angelegenheit, die Sie angesprochen haben, nachgehen und prüfen lassen, ob es einen Widerspruch gibt, wie Sie ihn beschreiben. Zum anderen kann ich als Vertreter des Ratsvorsitzes letztlich nicht darüber befinden, was die Gepflogenheiten und Rechte in den einzelnen Mitgliedstaaten sind, um hier eine solche Übersicht zu machen. Das ist den Nationalstaaten überlassen.
Die Präsidentin. Anfrage Nr. 13 von Inese Vaidere (H-0387/07)
Betrifft: Verhandlungen zwischen der EU und Georgien über den Abschluss von Abkommen über Visaerleichterungen und Rückübernahmen
Georgien ist ein wichtiger EU-Partner im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik. Seine gegenwärtige Regierung strebt eindeutig nach Europa und unternimmt Anstrengungen in Bezug auf Reformen im Sinne europäischer Werte, und sie zeigt sich durchaus in der Lage, diese auch durchzuführen.
Von Seiten der EU ist ein Mangel an Bereitschaft zu Gesprächen mit Georgien über Abkommen für Visaerleichterungen und Rückübernahmen zu beobachten. Dies steht im Widerspruch zu dem erfolgreichen Abschluss der EU-Abkommen über Visaerleichterungen und Rückübernahmen mit Russland, die am 1. Juni dieses Jahres in Kraft treten werden, und zu den entsprechenden Verhandlungen, die 2006 mit der Ukraine abgeschlossen und Anfang diesen Jahres mit der Republik Moldau aufgenommen wurden.
Eine Vereinfachung der derzeit für Georgien geltenden Visaregelungen war nie Gesprächsthema in der EU, und es überrascht, dass dieses Land anscheinend dafür bestraft wird, dass es sich derart für europäische Werte und Reformen engagiert.
Was unternimmt der Rat, um den Verhandlungsprozess mit Georgien in Bezug auf den Abschluss von Abkommen über Visaerleichterungen und Rückübernahmen zu beschleunigen, und welche Pläne hat er für die Verhandlungen?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich darf Ihnen als Vorsitz mitteilen, dass keine Initiativen ergriffen wurden, um der Kommission ein Mandat zur Aufnahme von Verhandlungen über entsprechende Abkommen mit Georgien zu erteilen. Im Aktionsplan EU-Georgien im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik ist jedoch jederzeit vorgesehen, dass ein Dialog über Fragen im Zusammenhang mit dem Personenverkehr einschließlich der Rückübernahme und der Ausstellung von Visa aufgenommen werden sollte.
Im Zusammenhang mit der Diskussion über eine mögliche Ungleichbehandlung von Bürgerinnen und Bürgern, die in Abchasien leben und dort ein Visum auf der Grundlage der neuen Abkommen bekommen, sowie mit der Frage, ob hier nicht möglicherweise Ungleichgewichte zwischen den Rechten der dort lebenden Menschen und denen der Menschen in Georgien selbst entstehen, möchte ich ergänzen, dass diese Debatte, die auch auf anderer Ebene im Europäischen Parlament stattgefunden hat, aufgegriffen wird, um eine Lösung herbeizuführen.
Inese Vaidere (UEN). – (LV) Herr Gloser, Sie haben gerade Abchasien und Südossetien genannt. Es ist wohl bekannt, dass Russland derzeit in sehr großem Umfang russische Reisepässe für Bewohner Abchasiens und Südossetiens ausstellt und so den Anteil der georgischen Bürger in diesen Regionen künstlich verringert. Die Europäische Union schafft durch ihre zögerliche Haltung bei der Gewährung dieser Visaerleichterung für Georgien indirekt einen zusätzlichen Anreiz für den Erwerb russischer Reisepässe, da russische Bürger derzeit mehr Möglichkeiten haben in die Europäische Union zu reisen als georgische Bürger. Ich möchte noch eine zweite Frage stellen: Warum wurden diese Gespräche über Visaerleichterungen für Georgien nicht im Rat begonnen? Welche besonderen Lösungen sehen Sie für diese meines Erachtens unannehmbare Situation?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Die Europäische Union hat mit Russland diesen Vertrag über Visa-Erleichterungen und entsprechende Rückführungsabkommen geschlossen. In den letzten Wochen ist die Erkenntnis aufgetaucht, dass dort – und ich kann ruhig den gleichen Begriff wählen wie Sie – ein Ungleichgewicht besteht, nämlich dass Bürger, die in Abchasien oder Südossetien wohnen, plötzlich die Gelegenheit haben, mit einem russischen Visum zu reisen, während dies den Bürgerinnen und Bürgern Georgiens nicht möglich ist. Das war der Anlass für die Europäische Union zu überlegen, wie im Rahmen der Nachbarschaftspolitik Gespräche hierüber mit Georgien aufgenommen werden können, um dann dem Ungleichgewicht – wenn es denn so weiterginge – zwischen der auf russischer Seite bestehenden Möglichkeit, ein Visum zu erlangen, und dem Fehlen dieser Möglichkeit auf georgischer Seite entgegenzutreten.
Die Präsidentin. Anfrage Nr. 14 von Leopold Józef Rutowicz (H-0390/07)
Betrifft: Annahme der Roaming-Richtlinie
Welche Maßnahmen wird der Rat ergreifen, um die Annahme der Roaming-Richtlinie zu beschleunigen, die für die Unionsbürger von entscheidender Bedeutung ist?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Kollege! Sie hatten bereits auf der Februar-Tagung nach dem Stand der Roaming-Verordnung gefragt. Ich freue mich daher, Ihnen folgende Antwort auf Ihre erneute Frage geben zu können, obwohl Ihnen der Inhalt sicherlich bereits bekannt sein dürfte, da das Thema Roaming uns alle betrifft, da wir ohne diese mobilen Telefone nicht mehr auskommen.
Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, unterliegt die auf Artikel 95 EG-Vertrag gestützte Roaming-Verordnung dem Mitentscheidungsverfahren gemäß Artikel 251 EG-Vertrag. Ich kann Ihnen versichern, dass sich alle drei Organe zum Ziel gesetzt haben, die Roaming-Verordnung so rasch wie möglich zu verabschieden. Der Rat hat auf seiner Tagung vom 6.-8. Juni eine politische Einigung über den Vorschlag erzielt und die Stellungnahme des Europäischen Parlaments in erster Lesung somit gebilligt. Die Rechts- und Sprachsachverständigen sind bereits mit der abschließenden Überarbeitung des Textes befasst, damit er im Wege eines beschleunigten Verfahrens angenommen werden kann. Die Annahme des Rechtsaktes wird für Ende Juni erwartet. Die Veröffentlichung im Amtsblatt wird unmittelbar danach erfolgen.
Leopold Józef Rutowicz (UEN). – (PL) Frau Präsidentin! Bedauerlicherweise wurde die Anfrage zu einem Zeitpunkt gestellt, da die Situation eine ganz andere war. Ich meine, wir sollten es deshalb begrüßen, dass diese Richtlinie so rasch verabschiedet wurde und die europäische Gesellschaft nun davon profitieren kann.
Das ist übrigens ein großer Erfolg für das gesamte Europäisch Parlament, den Rat und die Kommission. Kein solch großer Erfolg sind jedoch die in der Richtlinie festgelegten Tarife. Experten des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz zufolge waren diese Tarife ursprünglich niedriger. Der Berichterstatter hat sie im Laufe des Konsultationsverfahrens erhöht, und so wurden sie in der Richtlinie selbst schließlich auch höher angesetzt.
Ich habe aber in diesem Zusammenhang eine Frage. Roaming ist doch, wenn ich das mal so sagen darf, in Europa eigentlich inakzeptabel. Wann wäre denn damit zu rechnen, dass das Roaming in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ganz abgeschafft wird?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Wir alle wissen doch auch, dass zwischen den Zielen, die wir uns setzen, und dem, was wir erreichen, oft eine große Kluft besteht. Aber wir sollten uns doch jetzt darüber freuen, dass ein erster wichtiger Schritt gemacht worden ist, und es wird der Energie aller Beteiligten bedürfen, um das noch bis Ende Juni in Kraft zu setzen. Das ist auch ein Beispiel dafür, dass es ist richtig und wichtig ist, über Dinge des Verfassungsvertrages zu diskutieren.
Aber es war immer auch ein Ansatz der deutschen Präsidentschaft, dass die Bürgerinnen und Bürger auch das Europa der Projekte, der Resultate sehen müssen. Die demnächst in Kraft tretende Roaming-Verordnung ist ein Beispiel für die Handlungsfähigkeit Europas und für ein Projekt für die europäischen Bürgerinnen und Bürger. Wir wissen alle – da glaube ich schon an die Initiativen des Europäischen Parlaments –, dass es auch weiterhin Diskussionen über weitere Veränderungen geben wird.
Die Präsidentin.
Anfrage Nr. 15 von Danutė Budreikaitė (H-0392/07)
Betrifft: Durchführung der Nachbarschaftspolitik der EU
Die Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union erstreckt sich auf sechzehn Nachbarländer, die Mittelmeerländer Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Libanon, Libyen, Marokko, die Palästinensische Selbstverwaltung, Syrien und Tunesien und die Neuen Unabhängigen Staaten Ukraine, Moldau, Belarus, Armenien, Aserbaidschan und Georgien.
Zur Durchführung der Nachbarschaftspolitik ist für jedes Nachbarland ein Aktionsplan vorgesehen. Für die Nachbarschaftspolitik sollen 16% des Etats für auswärtige Beziehungen bereitgestellt werden.
Könnte das den Ratsvorsitz innehabende Land die Frage beantworten, mit welchen Nachbarländern Verträge gemäß dem Instrument der Nachbarschaftspolitik unterzeichnet wurden? Welche Mittel sind für welchen Zeitraum für die betreffenden Länder vorgesehen?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Bei dem Aktionsplan im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik handelt es sich um politische Dokumente, die Ausdruck einer politischen Einigung zwischen der Europäischen Union und den einzelnen Partnerländern über eine Agenda politischer, wirtschaftlicher und sektoraler Reformen sind und die zugleich kurz- und mittelfristige Prioritäten für Maßnahmen enthalten. Sie werden vom Assoziations- oder Kooperationsrat zwischen der Europäischen Union und dem jeweiligen Partnerland angenommen.
Was die Partnerländer im Osten betrifft, so sind mit fünf der sechs betreffenden Länder Aktionspläne im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik abgeschlossen worden. Als erste wurden am 21. Februar 2005 der Aktionsplan mit der Ukraine und am 22. Februar 2005 der Aktionsplan mit der Republik Moldau angenommen. Danach folgten Armenien, Aserbaidschan und Georgien, mit denen am 14. November 2006 einzelne Aktionspläne angenommen wurden. Mit Belarus ist kein solcher Aktionsplan angenommen worden, da die EU keine vertraglichen Beziehungen zu diesem Land unterhält. Belarus wird erst dann in den Genuss der umfassenden Vorteile der europäischen Nachbarschaftspolitik kommen, wenn es im Anschluss an freie und faire Wahlen eine demokratische Regierungsform eingeführt hat.
Mit den Partnerländern im Süden wurden folgende Aktionspläne im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik angenommen: Am 11. April 2005 mit Israel, am 4. Mai 2005 mit der Palästinensischen Behörde, am 2. Juni 2005 mit Jordanien, am 22. Juni 2005 mit Marokko, am 4. Juli 2005 mit Tunesien, am 19. Januar 2007 mit Libanon und am 6. März 2007 mit Ägypten. Einen Aktionsplan mit Algerien gibt es noch nicht, für Libyen und Syrien sind keine Aktionspläne angenommen worden, da die EU keine vertraglichen Beziehungen zu diesen Ländern unterhält.
Die Europäische Union wird für die Umsetzung der europäischen Nachbarschaftspolitik im Zeitraum 2007-2013 insgesamt 12 Milliarden Euro an EG-Mitteln zur Verfügung stellen, was einem realen Zuwachs von 32 % entspricht. Im Anschluss an Beratungen mit den EU-Mitgliedstaaten hat die Kommission gemäß der Verordnung Nr. 1638/2006 vom 24. Oktober 2006 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen zur Schaffung eines europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments die Aufteilung dieser Mittel beschlossen und Strategiepapiere und Richtprogramme angenommen, die Länder, Regionen und grenzübergreifende Programme für den Zeitraum 2007-2010 umfassen.
Was die Länderprogramme im Rahmen des Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments ENPI betrifft, so sehen die Mehrjahresbeträge für den Zeitraum 2007-2010 wie folgt aus: Für Algerien 220 Millionen Euro, für Armenien 98,4 Millionen Euro, für Aserbaidschan 92 Millionen Euro, für Belarus 20 Millionen Euro, für Ägypten 558 Millionen Euro, für Georgien 120,4 Millionen Euro, für Israel 8 Millionen Euro, für Jordanien 265 Millionen Euro, für Libanon 187 Millionen Euro, für Libyen 8 Millionen Euro, für die Republik Moldau 209,7 Millionen Euro, für Marokko 654 Millionen Euro, für die Palästinensische Behörde 632 Millionen Euro, für Syrien 130 Millionen Euro, für Tunesien 300 Millionen Euro und schließlich für die Ukraine 494 Millionen Euro. Im Falle von Libyen und der Palästinensischen Behörde ist anzumerken, dass keine Strategiepapiere oder Richtprogramme angenommen worden sind, da eine mittelfristige Programmplanung nicht möglich ist. Bei den genannten Zuweisungen handelt es sich daher nur um Platzzahlen.
Danutė Budreikaitė (ALDE). – (LT) Frau Präsidentin, danke für die ausführliche Antwort. Ich möchte eine Sache klarstellen. Bei der Umsetzung dieser Politik bestehen bestimmte Vereinbarungen und Aktionspläne mit einzelnen Ländern: zwischen der Europäischen Union und der Ukraine, zwischen der Europäischen Union und Georgien. Sind die Mitgliedstaaten, die an diese Länder angrenzen, in die Aufstellung der Aktionspläne einbezogen?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Wir hatten heute Nachmittag eine Debatte über MEDA bzw. über die Europäische Nachbarschaftspolitik, aber eher bezogen auf den Süden. Ich möchte deutlich unterstreichen, dass es für die Mitgliedstaaten, die am 1. Mai 2004 der Europäischen Union beigetreten sind, ein Impuls war zu sagen: Jetzt haben wir eine Außengrenze der Europäischen Union. Wir haben aber auch Nachbarn und sind an der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stabilität dieser Länder interessiert.
Deshalb haben wir in der Ausgestaltung und Weiterentwicklung der Europäischen Nachbarschaftspolitik auch einen Schwerpunkt gesetzt, vor allem mit dem wichtigen Aspekt, dass für jedes Nachbarland, das entsprechende Beziehungen zur Europäischen Union unterhält, je nach den individuellen Fortschritten ein Programm ausgearbeitet werden kann, so dass es maßgeschneiderte Programme beispielsweise für die Ukraine oder für Moldawien gibt. Ich kann nur sagen, sehr geehrte Frau Abgeordnete, dass die auch von Ihnen zitierten Länder an der Erstellung dieser Aktionspläne mitarbeiten und ein großes Interesse daran haben. Was diese Pläne und diese Nachbarschaftspolitik vorsehen, kann in bestimmten Sektoren, etwa dem Zugang zum Binnenmarkt, eine sehr wesentliche Rolle spielen. Da der Europäische Rat diesen neuen Ansatz der Nachbarschaftspolitik morgen und am Freitag in seinen Schlussfolgerungen absegnen wird, werden hoffentlich auch die nachfolgenden Ratspräsidentschaften die Möglichkeit haben, auf der Grundlage dieses Programms weiterzuarbeiten.
Esko Seppänen (GUE/NGL). – (FI) Herr Ratspräsident! Sie haben gesagt, dass es mit Belarus keine Nachbarschaftsprogramme gibt, weil es in dem Land noch keine demokratischen Wahlen gegeben hat. Allerdings gibt es ein solches Programm mit Aserbaidschan. Sind Sie der Auffassung, dass die Wahlen in Aserbaidschan frei und korrekt waren, und ist es Ihrer Meinung nach logisch, dass ein solches Programm mit Aserbaidschan vereinbart wurden, nicht jedoch mit Belarus?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter! Es hat auch mit den Ländern des Südkaukasus intensive Gespräche gegeben. Es hat entsprechende Berichte über die jeweiligen Fortschritte gegeben, so dass es auch aufgrund der Vorarbeit durch die Europäische Union dazu gekommen ist, dass im letzten Jahr entsprechende Aktionspläne verabschiedet wurden. Das heißt – nicht nur unterstellt –, dass die Prüfung ergeben hat, dass das Wahlen sind, um einen entsprechenden Aktionsplan gemeinsam mit Aserbeidschan abzuschließen.
Die Präsidentin. Anfrage Nr. 16 von James Nicholson (H-0394/07)
Betrifft: Brasilianisches Rindfleisch
Es muss sichergestellt werden, dass die europäischen Verbraucher volles Vertrauen in das ihnen angebotene Rindfleisch haben können. Wird der Rat daher nicht in Erwägung ziehen, ein sofortiges Verbot für Rindfleischausfuhren aus Brasilien in die Europäische Union zu verhängen anstatt bis Ende dieses Jahres abzuwarten?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter! Nach dem Gemeinschaftsrecht ist die Kommission dafür zuständig, die Schutzklausel zu handhaben. Der Rat hat daher keinen direkten Einfluss auf die Entscheidung, die die Kommission im Zusammenhang mit brasilianischem Rindfleisch getroffen hat.
James Nicholson (PPE-DE). – (EN) Vielen Dank, Herr Ratspräsident, aber ich bin mit dieser Antwort nicht ganz zufrieden. Gestern Abend habe ich an die Kommission auch eine Anfrage gerichtet, deren Antwort auch nicht gerade hilfreich war. Ich möchte dem Herrn Ratspräsidenten mitteilen, dass das Irish Farmers’ Journal und ein Vertreter der Irish Farmers’ Association bei ihrem Besuch in Brasilien eindeutige Beweise fanden, dass die Normen in Brasilien nicht eingehalten werden. Es besteht keinerlei Rückverfolgbarkeit. An den regionalen Grenzen gibt es keinerlei Kontrollen. Tagein tagaus werden Tiere in Brasilien aus Gebieten bewegt, in denen die Maul- und Klauenseuche herrscht. Es liegen Beweise vor, dass in der Europäischen Union verbotene Substanzen in Brasilien verwendet werden.
Ist es nicht langsam Zeit, dass wir in Europa aufhören, im Zusammenhang mit diesem Problem Lippenbekenntnisse abzulegen – wenn unsere Verbraucher davon betroffen sein könnten –, und brasilianisches Rindfleisch zu verbieten, weil das alle in der Europäischen Union zum Wohle der Hersteller und der Verbraucher auch wollen?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich sage ungern, dass der Rat dafür nicht zuständig ist. Aber Sie haben selbst gesagt, dass Sie die Möglichkeit ergriffen haben, diese Problematik auch gegenüber der Kommission vorzutragen. Sie ist dem Rat natürlich auch bekannt, aber es liegt jetzt an der Kommission, den entsprechenden Informationen nachzugehen. Dann hat die Kommission auch die Verantwortung, entsprechende Vorschläge zu unterbreiten und Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dies liegt wirklich nicht in der Kompetenz des Europäischen Rates.
Jim Allister (NI). – (EN) Herr Ratspräsident, Sie sagen, dafür sei die Kommission zuständig. Aber die Gesundheit der europäischen Bürger muss etwas sein, an dem der Rat nicht nur ein flüchtiges Interesse zeigt. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben gegen frisches brasilianisches Rindfleisch ein umfassendes Einfuhrverbot verhängt, da es keinerlei Rückverfolgbarkeit gibt, weil der Einsatz illegaler Wachstumshormone weit verbreitet ist und im Allgemeinen Kontrollen beängstigend selten durchgeführt werden. Ist die Gesundheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger weniger wichtig als die Gesundheit der Amerikaner? Wenn das nicht der Fall ist – weshalb haben wir dann brasilianisches Rindfleisch nicht bereits verboten?
Marian Harkin (ALDE). – (EN) Ich habe gehört, was der Rat sagte, bin jedoch der Meinung, dass er hier der Problematik ausweicht.
Gegenwärtig verhandeln wir mit den G4 in Potsdam, und ich wüsste gern, ob wir die Empfehlungen des Vorsitzenden des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung so einfach ignorieren können, der ein Einfuhrverbot für Rindfleisch aus Brasilien gefordert hat. Können wir über die im Abschlussbericht über einen Besuch des Europäischen Lebensmittel- und Veterinäramts in Brasilien gezogenen Schlussfolgerungen einfach so hinwegsehen? Darin heißt es ganz eindeutig, dass das gegenwärtige System der Kontrollen auf Rückstände von Tierarzneimitteln unzureichend ist.
Wesentliche Mängel sind nach wie vor bei der Gestaltung, dem Umfang und der Umsetzung der Rückstandskontrollpläne zu verzeichnen. Ich möchte die gleiche Frage wie meine Vorredner stellen. Meinen Sie nicht auch, dass es jetzt an der Zeit ist, etwas zu unternehmen und die europäischen Verbraucher zu schützen?
Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich stimme Ihnen zu, dass wir als Europäische Union handeln müssen, wenn die Informationen, die Sie gerade beschrieben haben, so vorliegen. Aber wir haben uns entsprechende Regeln gegeben. Ich kann nur Ihre Forderung im Sinne der Verbraucher aufgreifen und unterstützen, dass die Kommission die entsprechenden Gremien darüber unterrichtet, inwieweit sie es geprüft hat und welche Maßnahmen sie treffen kann. Aber ich bitte um Verständnis, dass wir nicht ständig die Rollen tauschen können. Wir haben klare Bereiche, und dafür ist die Kommission zuständig. Ich kann die Antwort der Kommission, die bei der heutigen Fragestunde nicht vertreten sein muss, nicht vorwegnehmen. Ich kann nur anbieten, noch einmal nachzufragen, damit Sie als diejenigen, die die Bürgerinnen und Bürger vertreten, eine entsprechende und klare Antwort der Kommission bekommen.
Die Präsidentin. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um Ihnen, Herr Ratspräsident, vielmals für Ihre Zusammenarbeit und das während des Ratsvorsitzes Ihres Landes bei unserer Fragestunde gezeigte Entgegenkommen zu danken.
Die Anfragen, die aus Zeitgründen nicht behandelt wurden, werden schriftlich beantwortet (siehe Anlage).
Die Fragestunde ist geschlossen.
(Die Sitzung wird um 19.05 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wieder aufgenommen.)