Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Hubert Pirker im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über Asyl: praktische Zusammenarbeit, Qualität der Beschlussfassung im gemeinsamen europäischen Asylsystem (2006/2184(INI)) (A6-0182/2007).
Hubert Pirker (PPE-DE), Berichterstatter. – Herr Präsident, Herr Kommissar und Vizepräsident der Kommission! Mit den Vorschlägen, die wir in diesem Bericht ausgearbeitet haben, bewegen wir uns einen Schritt weiter in Richtung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems.
Der Bericht, dem – davon gehe ich aus – das Parlament eine breite Zustimmung geben wird, ist ein eindeutiges Bekenntnis des Europäischen Parlaments zu einem funktionierenden europäischen Asylsystem, das zum Ziel hat, rasche, faire und sichere Entscheidungen im Interesse der Betroffenen zu treffen. Es baut auf eine engere Kooperation der Behörden auf, und das sollte zum Ziel haben, dass das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten aufgebaut wird und wächst, dass Entscheidungen schneller getroffen werden und damit jenen schneller als bisher geholfen wird, die tatsächlich einen Anspruch auf Asyl haben, und dass auch Asylmissbrauch entsprechend bekämpft werden kann.
Ich konnte zehn Kernforderungen herausarbeiten und ich bedanke mich insbesondere bei den Schattenberichterstatterinnen für die Unterstützung und bei der Kommission für den ausgezeichnet ausgearbeiteten Vorschlag, der als Basis für diese Diskussion gegolten hat. Diese zehn Kernforderungen sind folgende:
Zum Ersten geht es um die Festlegung einheitlicher Verfahrensabläufe, damit rasche und sichere Entscheidungen getroffen werden.
Das Zweite ist die Einführung einer Liste sicherer Drittstaaten, wo je nach Einzelfall, aber sehr klar entschieden werden kann, ob ein Anspruch besteht oder eben nicht besteht.
Das Dritte ist die Erstellung einer gemeinsamen Datenbank über die Situation in den Herkunftsländern, so dass alle zuständigen Beamten in den unterschiedlichen Mitgliedstaaten über die gleiche Information über die Zustände verfügen und damit in der Lage sind, aufgrund des in allen europäischen Ländern gleichen Informationsmaterials sichere Entscheidungen zu treffen.
Das Vierte ist: Wir brauchen entsprechend hochqualifizierte Beamte, die die Entscheidungen treffen. Daher rührt der Vorschlag, ein europäisches Curriculum zu entwickeln, damit die Qualifikation in allen Staaten nach gleichen Standards erworben wird.
Das Fünfte ist, dass wir Mitgliedstaaten, die einem besonderen Migrationsdruck ausgesetzt sind, insofern zur Hand gehen, dass wir temporär begrenzt – so lange wie notwendig – Expertenteams zur raschen Abwicklung von Asylverfahren zur Verfügung stellen, die sich aus Experten der verschiedenen Mitgliedstaaten zusammensetzen.
Der sechste Punkt ist, dass wir verbesserte Maßnahmen im Zusammenhang mit der Rückführung von Personen brauchen, und zwar von Personen, die den Flüchtlingsstatus nicht erhalten, und von Personen, denen der Flüchtlingsstatus aberkannt wird.
Der siebte Punkt ist – und er geht in den Bereich der Prävention, ich habe ihn schon mehrfach angesprochen –, dass wir Informationskampagnen intensivster Art starten müssen, um in den Herkunftsländern und in den Transitländern potenzielle Migranten über die Risiken der illegalen Einwanderung und die Konsequenzen im Falle der Nichtzuerkennung des Flüchtlingsstatus aufzuklären und ihnen ebenso zu sagen, wie sie legal in die Europäische Union einreisen können.
Der achte Punkt bezieht sich auf die Europäische Unterstützungsagentur. Hier waren wir im Ausschuss nicht der Meinung des Kommissionsvorschlags. Ich halte es vielmehr für besser, der Kommission mehr Personal und mehr Geld zur Verfügung zu stellen und nicht wieder eine neue Agentur zu errichten. Ich glaube, das ist effizienter und kostengünstiger.
Der neunte Punkt ist, dass wir von den Mitgliedstaaten einfordern müssen, dass Richtlinien oder Verordnungen, die auf europäischer Ebene beschlossen werden, dann tatsächlich in die Realität umgesetzt werden. Hier ist der Vorschlag, eine so genannte Äquivalenzliste zu erstellen, das heißt, dass die Staaten bekanntgeben, durch welche Maßnahmen sie entsprechende Unionsvorgaben ihrer Meinung nach umgesetzt haben.
Der zehnte Punkt schließlich ist die Lastenteilung, die einerseits gegeben ist durch die Unterstützung von Expertenteams, damit eben in Sondersituationen die Verfahren rascher abgewickelt werden können. Indirekt erreichen wir auch ein gewisses Maß an Lastenteilung, wenn wir einheitliche Verfahren haben, weil sich Menschen dann nicht verstärkt dorthin wenden, wo die Verfahren schlampig oder mit falschen Informationen abgewickelt werden. Das sollte nicht der Fall sein.
Wir haben uns bemüht, in einem Punktekatalog konkret herauszuarbeiten, wie wir glauben, dass in Zukunft Menschen, die tatsächlich auf der Flucht sind und den Asylstatus – das heißt den Flüchtlingsstatus – erhalten, schnell geholfen werden kann, aber anderen Menschen genau so klar gemacht werden kann, dass sie diesen Status nicht erreichen können.
Ich danke für die Zusammenarbeit und die Unterstützung.
Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte vor allem dem Berichterstatter, Herrn Pirker, für seinen Bericht danken, der eine Reihe äußerst nützlicher Empfehlungen enthält.
In vielen dieser Empfehlungen geht es um die Ziele, die ein wirklich umfassendes gemeinsames europäisches Asylsystem verfolgen sollte. Viele der vom Europäischen Parlament in diesem Bericht geäußerten Besorgnisse wurden bereits in unserem Grünbuch über das künftige gemeinsame Asylsystem angesprochen, das ich am 6. Juni vorstellte und das von der Kommission angenommen wurde. Ich habe vor, dazu eine breite europäische Debatte auf den Weg zu bringen.
Somit besteht das auf europäischer Ebene verfolgte Ziel schließlich darin, gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen. Asylbewerber sollten in allen Mitgliedstaaten unter gleichen Bedingungen Zugang zu Schutz haben – das ist die erste Voraussetzung. Das in der ersten Phase angestrebte Ziel bestand darin, den Rechtsrahmen in den Mitgliedstaaten auf der Grundlage gemeinsamer Mindestnormen zu harmonisieren. Das Ziel der zweiten Phase sollte jedoch darauf ausgerichtet sein, unionsweit höhere einheitliche Schutzstandards und ein gleiches Schutzniveau zu erreichen sowie ein hohes Maß an Solidarität zwischen den EU-Mitgliedstaaten sicherzustellen.
Es ist notwendig, vorhandene Lücken und Defizite aufzuspüren und die Harmonisierung der Rechtsvorschriften voranzutreiben, wobei ein hoher Standard zu gewährleisten ist. Beispielsweise muss nach Mustern für die Gestaltung eines einheitlichen Verfahrens für die Bewertung des Antrags auf Gewährung des Flüchtlingsstatus und für den subsidiären Schutz gesucht werden. Ferner muss über die Notwendigkeit einer vollständigeren Harmonisierung und Erläuterung der europäischen Vorschriften für Aufnahmebedingungen für Asylbewerber nachgedacht werden.
Außerdem müssen wir uns Gedanken machen, ob die Kriterien für die Zuordnung der Zuständigkeit, die gegenwärtig laut Dublin-II-Verordnung gelten, ergänzt werden sollten, um auch andere Faktoren zu berücksichtigen. Dazu gehört beispielsweise eine gerechtere Verteilung zwischen den Mitgliedstaaten ausgehend von ihrer Kapazität, Asylanträge zu bearbeiten und anerkannten Flüchtlingen eine langfristige Perspektive zu bieten. Das ist ein äußerst wichtiger Punkt, der von einer Reihe von Mitgliedstaaten angesprochen wurde, insbesondere von unseren maltesischen Freunden, die auf die Notwendigkeit hingewiesen haben, die gegenwärtige Dublin-Verordnung einzubeziehen. Ich werde diese Frage untersuchen. Anhand der Ergebnisse dieser breiten Debatte und nach einer öffentlichen Anhörung, die am 18. Oktober unter voller Einbeziehung des Parlaments stattfinden wird, werde ich Anfang 2008 einen Strategieplan vorlegen. Der Strategieplan wird weitere Maßnahmen für die Schaffung des umfassenden Asylsystems in Verbindung mit einem Zeitrahmen für seine Annahme beinhalten. Ich bin überzeugt, dass es uns mit dem entsprechenden institutionellen Rahmen, der das Europäische Parlament in den Gesetzgebungsprozess voll einbezieht – ich meine damit das Mitentscheidungsverfahren – gelingen wird, diese hochgesteckten Ziele zu erreichen.
Zu den von Herrn Pirker in seinem Bericht angesprochenen konkreten Fragen der praktischen Zusammenarbeit möchte ich sagen, dass es notwendig ist, dass die Mitgliedstaaten ihre Praxis stärker angleichen. Zweifelsohne ist die Ausbildung einer der Bereiche, in denen eine praktische Zusammenarbeit erfolgt. Gegenwärtig wird ein europäisches Curriculum erarbeitet. Wir werden in einigen Monaten, das heißt bis Ende des Jahres, ein erstes gemeinsames Portal als Pilotprojekt für den Austausch von Informationen über die Herkunftsländer einrichten. Im Augenblick werden dadurch lediglich einige vorhandene Datenbanken miteinander verknüpft, zu denen ausgewählte nationale Behörden Zugang haben. Meine Dienststellen beabsichtigen allerdings auch, eine Machbarkeitsstudie durchzuführen, um zu untersuchen, wie die praktische Zusammenarbeit besser strukturiert unterstützt werden kann. Dies sollte durch eine Europäische Unterstützungsagentur erfolgen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass der Europäische Flüchtlingsfonds die Mitgliedstaaten durch Gemeinschaftsaktionen bei der Durchführung von Projekten in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen finanziell unterstützen kann, so dass sie die Qualität ihrer Asylsysteme verbessern können. Dieser Aspekt wird im neuen Weltprogramm für 2007 besonders hervorgehoben.
Die Kommission hat weiterhin vorgeschlagen, den Europäischen Flüchtlingsfonds zu verändern, um insbesondere den Mitgliedstaaten schnelle finanzielle Unterstützung zu gewähren, die aufgrund der plötzlichen Ankunft von Einwanderern an ihren Grenzen, von denen einige internationalen Schutz benötigen, unter einem besonderen Druck stehen. Darüber hinaus wird die neue Haushaltslinie „Vorbereitende Maßnahme: Migrationssteuerung – Tätige Solidarität“ – so lautet nämlich der Name des Projekts – zur Unterstützung von Mitgliedstaaten verwendet, die besondere Schwierigkeiten haben. Wir werden dieses Projekt mit einem zusätzlichen Betrag in Höhe von etwa 7 Millionen Euro ausstatten.
Schließlich besteht, wie der Berichterstatter soeben erklärte, eines unserer wichtigsten politischen Ziele darin, eine klare Unterscheidung zwischen Wirtschaftsmigranten einerseits und echten Flüchtlingen andererseits zu treffen. Damit haben wir glaubhafte europäische Politiken für die Rückführung von Drittstaatenangehörigen, die sich illegal bei uns aufhalten, und achten voll und ganz ihre Menschenrechte und Grundfreiheiten.
Bernadette Vergnaud (PSE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Das Europäische Parlament hat sich stets für die Einführung einer gemeinsamen Asylregelung bis 2010 eingesetzt. Der Bericht von Herrn Pirker, den ich zu seiner ausgezeichneten Arbeit beglückwünsche, weist auf die Notwendigkeit hin, dieses Ziel weiter zu verfolgen.
Ziel der Entwicklung einer gemeinsamen Asylpolitik muss der Schutz der betroffenen Personen und nicht etwa die Verringerung der Zahl der Asylanträge oder deren Verlagerung nach außen sein. Die europäische Politik muss auf der Verpflichtung beruhen, Asylsuchende aufzunehmen, sowie auf der Beachtung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung gemäß der Genfer Konvention. Die Ausarbeitung eines einheitlichen Statuts, die Verbesserung der Qualität der Beschlussfassung, die einheitlichen europäischen Verfahren der Zusammenstellung und Prüfung der Daten, die gemeinsame Nutzung von Informationen über die Herkunftsländer und die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten werden es, so hoffe ich, ermöglichen, dass Personen, die angesichts ihrer Lage dringend schutzbedürftig sind, in aller Sicherheit auf europäisches Territorium gelangen können und ihr Antrag ordnungsgemäß geprüft wird.
Die Notwendigkeit der Verbesserung der Zusammenarbeit im Hinblick auf Informationen über die Herkunftsländer darf sich nicht auf die Führung einer generalisierten Liste von Drittstaaten beschränken, da die Zuverlässigkeit einer solchen Liste vom Zufall abhängig wäre. Es muss im Gegenteil eine individuelle Evaluierung auf Basis der Menschenrechte eingeführt werden.
Europa muss auch die Belastungen und die Zuständigkeit für seine Asyl- und Einwanderungspolitik unter den verschiedenen Mitgliedstaaten aufteilen und dabei Ländern wie Malta helfen, die nicht mehr in der Lage sind, neue Zuwanderungsströme aufzunehmen.
Darüber hinaus hatte ich als Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter bereits besorgt darauf hingewiesen, dass die Geschlechterdimension in der Mitteilung der Europäischen Kommission überhaupt nicht vorhanden ist. Aspekte betreffend die Rechte der Frauen sowie den Schutz von Minderjährigen werden völlig außer Acht gelassen. Das Gleiche trifft auf die Rechte Homosexueller und Transsexueller zu. Ich bin auch der Ansicht, dass Verfolgungen aus Gründen des Geschlechts, wie eheliche und häusliche Gewalt, Genitalverstümmelungen bei Frauen, sexueller Missbrauch, Ehrenverbrechen, Vergewaltigungen, Zwangsehen sowie Verbrechen im Zusammenhang mit der Anwendung der Scharia rechtlich als ausreichende Gründe für die Gewährung von Asyl angesehen werden müssen. Die Kommission muss konkrete Kriterien für die Gewährung von Asyl oder eines besonderen humanitären Status für Frauen festlegen, die unter dieser Art von Gewalt leiden.
Ich hatte außerdem auf die Notwendigkeit verwiesen, für Personen, die befugt sind, Asylbewerber, vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen aufzunehmen, spezielle Ausbildungsmaßnahmen zu schaffen und für solche Personen geeignete Aufnahmeeinrichtungen bereitzustellen. Ich freue mich, dass der Berichterstatter dies berücksichtigt hat, auch wenn ich es bedauere, dass solchen Geschlechterfragen, die mir wesentlich erscheinen, weil wir nicht mehr darüber hinwegsehen können, dass in den meisten Aufnahmeeinrichtungen die Mindestrechte des Individuums nicht beachtet werden, in seinem Bericht lediglich ein einziger Punkt gewidmet ist. Aber indem ich die Ausführungen des Kommissionsmitglieds verfolgte, konnte ich feststellen, dass ihm dieses Thema am Herzen liegt, wofür ich ihm danke. Nun bin ich von größerer Zuversicht erfüllt.
Carlos Coelho, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (PT) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Pirker gratulieren und ihm sagen – obwohl Herr Weber das sicherlich mit größer Autorität tun wird –, dass die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten seinen Bericht, mit dem die Zusammenarbeit und der Entscheidungsprozess im Bereich der Asylpolitik verbessert werden sollen, selbstverständlich unterstützen wird. Ich gratuliere Herrn Frattini zu seinen Ausführungen und möchte in diesem Zusammenhang feststellen, dass dies ein Bereich ist, der die Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung sehr gut widerspiegelt.
In einem Raum ohne Grenzen, in einem Raum der Freizügigkeit, ist das Asyl vielleicht das deutlichste Beispiel für einen Bereich, in dem eine Harmonisierung zwischen den Mitgliedstaaten und die Schaffung eines gemeinsamen Systems erforderlich sind. Wir arbeiten ja auf das Jahr 2010 hin, und wenn alles planmäßig verläuft, funktioniert das gemeinsame Asylsystem bis dahin bereits. Dabei ist mir klar, dass es sich um einen sehr schwierigen und heiklen Bereich handelt, für den die Strategie des kleinsten gemeinsamen Nenners, des „Wettbewerbs um die niedrigsten Standards“ beschlossen wurde, was letztendlich zum Fortbestand unterschiedlicher Regelungen zwischen den Mitgliedstaaten und zur Fortsetzung des so genannten Asylshopping führt.
Ich möchte drei kurze Bemerkungen zu Fragen machen, die ich für wesentlich erachte. Erstens halte ich es für notwendig, ein einheitliches Verfahren in der gesamten EU zu schaffen, das sicherstellt, dass die Beschlüsse rasch gefasst werden und ordnungsgemäß begründet und gerecht sind. Zweitens möchte ich das noch einmal wiederholen, was Herr Kommissar bereits ausführte, dass nämlich die Qualität der Beschlüsse von der Qualität der Information abhängt. Deshalb muss sowohl für die Erfassung der Informationen als auch für ihre Übermittlung ein optimales Verfahren festgelegt werden. Und schließlich halte ich es für notwendig, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu verstärken, was auch bedeutet, dass das Problem der Solidarität und der Aufteilung der Lasten angepackt werden muss.
Claude Moraes, im Namen der PSE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich begrüße diesen Bericht, weil wir in den letzten Monaten einen deutlichen Rückgang der Gesamtzahl der Asylsuchenden beobachten konnten, die aus Ländern mit dem höchsten Asylbewerberpotenzial in die Europäische Union kommen. Doch ihre Zahl ist gegenwärtig teils im Ergebnis des Irakkrieges im Steigen begriffen. Und die Personen, die infolge extremer Armut in die Europäische Union kommen – das sind die Menschen, die wir in Malta, Lampedusa und so weiter finden –, stellen für dieses Parlament und für die Europäische Union ein riesiges Problem dar.
Deshalb ist jeder Bericht, der zu einem besseren Verfahren und einer besseren gemeinschaftsweiten Asylpolitik beiträgt, sehr willkommen. Wir begrüßen vor allem die Kompromisse, die im Bericht gemacht wurden, von ganzem Herzen, ebenso die Zusammenarbeit seitens des Berichterstatters, Herrn Pirker.
Was wollen wir mit diesem Bericht erreichen? Ich beziehe mich da ganz konkret auf das, was Herr Pirker aufgelistet hat, sowie auf die Ausführungen von Herrn Frattini, weil wir der Ansicht sind, dass ein einheitliches Verfahren enorm wichtig ist. Ebenso wichtig ist die Beschlussfassung in einer einzigen Operation, die die Prüfung der Kriterien für die Gewährung des Flüchtlingsstatus und der Kriterien, die Zugang zu subsidiärem Schutz gewähren, zusammenfasst. Eine solche Effizienz bei Asylentscheidungen ist unabdingbar.
Nach unserem Dafürhalten lässt die Qualität der Asylentscheidungen innerhalb der Europäische Union sehr zu wünschen übrig. Es steht außer Frage, dass die Qualität dieser Entscheidungen – und ich spreche aus eigenen Erfahrungen als Anwalt, der Asylanträge bearbeitet hat, – verbessert werden muss. Wir wissen, dass wir zur Erreichung einer solchen Qualität bei Asylentscheidungen offene Systeme mit Informationen brauchen, die wirklich aussagekräftig sind: ausführliche Informationen, Informationen mit Querverweisen. Was wir eigentlich nicht wollen, sind Datenbanken, die vielleicht nur für Offizielle zugänglich sind, sondern solche, die auch von Fachleuten von außerhalb konsultiert werden können. In vielen Mitgliedstaaten gibt es gegenwärtig bereits diese Qualität der Entscheidungen, und das ist außerordentlich wichtig.
Was die Rolle der Kommission betrifft, so sind wir auch dafür, dass die Tür für eine europäische Agentur weiterhin offen bleibt, denn wir wollen, dass die Kommission eine umfassende Rolle spielt und mit ausreichenden Mitteln ausgestattet ist. Wir können nicht beides haben – es geht nicht, dass die Kommission in der Asylfrage in der Europäischen Union eine Rolle spielen soll, wir jedoch dafür kein Geld ausgeben und sie nicht mit den entsprechenden Mitteln ausstatten.
Es wird zwischen unseren Fraktionen Differenzen hinsichtlich einer gemeinsamen Liste sicherer Drittstaaten geben, doch meiner Meinung nach verdienen die gemachten Kompromisse die Unterstützung dieses Hohen Hauses. Zu Dublin II: Wir wissen, dass es Unzulänglichkeiten in Bezug auf die gerechte Verteilung der Lasten – einem der wichtigsten Themen dieses Berichts – sowie die Asylfrage in der Europäischen Union gibt. Wir müssen alles daransetzen, dass Dublin II und die gerechtere Verteilung der Lasten Wirklichkeit wird. Wenn dieser Bericht beitragen kann, dass wir uns in Richtung auf ein gemeinsames Asylsystem bewegen, dann verdient er die Unterstützung dieses Hauses. Wir werden als Sozialdemokratische Fraktion diesen Bericht voll und ganz unterstützen.
Mario Borghezio, im Namen der UEN-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte die Absicht des Berichterstatters für lobenswert; er hat einen ausgezeichneten Bericht ausgearbeitet, der darauf abzielt, die Asylverfahren rationeller und effizienter zu gestalten.
Gleichwohl müssen wir die Bemühungen in dieser Richtung fortsetzen, nicht zuletzt um die rechtliche und praktische Auslegung dieses Instruments zu korrigieren, das, eben weil es unter dem humanitären Gesichtspunkt so wichtig ist, weder missbraucht noch mit anderen Bereichen und anderen Problemen, die uns stark bewegen und die nichts mit dem unveräußerlichen Grundsatz des Asylrechts zu tun haben, wie etwa die Wirtschaftsmigration, durcheinander gebracht werden darf.
Außerdem dürfen wir es aus moralischen Gründen nicht zulassen, dass ein so bedeutsames Instrument von kriminellen Vereinigungen benutzt wird, was vor kurzem die höchst brisanten Ergebnisse einer Untersuchung unserer Polizei in Italien gezeigt haben; sie hat eine extrem gefährliche Bande unschädlich gemacht, die in verschiedenen kriminellen Bereichen aktiv war und das bestehende Asylsystem zur Rekrutierung von Verbrechern nutzte. Ich bin sicher, die Kommission ist sich dieser Probleme zutiefst bewusst, die wir nicht genug hervorheben können, eben um dieses wichtige Instrument zu schützen.
Ferner möchte ich die Notwendigkeit herausstellen, Aufnahmezentren für Asylbewerber in sicheren Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union zu schaffen, denn „Dum Bruxelles o Strasburgo consulitur, Saguntum expugnatur“ [Derweil man in Brüssel oder Straßburg debattiert, fällt Segunt], d. h. gehen die Anlandungen weiter, werden auch der Angriff der kriminellen Vereinigungen und vor allem die Tragödie des Menschenhandels weitergehen, mit den Folgen, die wir alle kennen.
Wir müssen zudem äußerst wachsam sein, um zu vermeiden, dass Mitgliedern fundamentalistischer islamistischer Organisationen Asyl gewährt wird. Das geschieht nämlich, und oft werden auf diese Weise die Bedrohung durch Al Qaida und ihre Präsenz in Europa erhöht.
Was ich allerdings nicht befürworte ist die Empfehlung, dem Europäischen Gerichtshof weitreichendere Befugnisse im Asylbereich einzuräumen und den Mitgliedstaaten praktisch die Rechtsprechung zu entziehen. Insbesondere möchte ich den Rat dazu auffordern, dem Gerichtshof den vollen Umfang seiner Befugnisse im Bereich der Vorabentscheidung wieder zuzuerkennen.
Jean Lambert, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich bin mir nicht ganz sicher, wie wir von der Notwendigkeit hoher Sicherheitsstandards zu Al-Qaida gekommen sind. Ich werde versuchen, mich auf den Bericht zu konzentrieren, und nicht darauf, was darin nicht angesprochen wird.
Auch meine Fraktion möchte dem Berichterstatter für seine Arbeit an diesem Bericht danken, obgleich wir alle auf dem Weg zu einer Einigung bei einigen Kompromissen meiner Meinung nach die Sensibilität des Themas spüren konnten.
Wie bereits gesagt, berührt der Bericht eine Reihe wichtiger Punkte: die hohen Standards, die wir erwarten, das Primat des Schutzes, die Erhöhung der Qualität der Entscheidungen, die Bereitstellung solider Informationen über die Herkunftsländer für alle, die an dem Prozess mitwirken, effektive Ausbildung der Beamten, die Umsetzung der „Quality Initiative“ (wie kürzlich im Vereinigten Königreich, das zweifelsohne Unterstützung brauchte) sowie die Einbeziehung des UNHCR. Alle diese Punkte sind wichtig, denn die Beamten, die Entscheidungen treffen, entscheiden über Dinge, die für viele Personen, denen sie helfen sollen, Leben oder Tod bedeuten können.
Wir begrüßen die Anerkennung der Notwendigkeit eines einheitlichen Verfahrens in allen Mitgliedstaaten und erachten es als äußerst interessant, dass wir in dieser Woche darüber sprechen wollen, die Rolle des Gerichtshofes zu untersuchen. Das könnte ein guter Zeitpunkt sein, um diese Frage an den Rat weiterzuleiten.
Wir sehen der Aussprache über Dublin II mit Spannung entgegen, obwohl unsere Fraktion Änderungsantrag 17 zu diesem Thema unterstützen wird. Auch wir sind der Ansicht, dass es der Kommission an ausreichenden Mitteln fehlt, um die Umsetzung und Qualität der gemeinsamen Asylpolitik effektiv überwachen zu können. Wir hoffen, dass die einzelnen Fraktionen diese Botschaft beachten werden, wenn wir uns mit dem Haushaltsplan und dem entsprechenden Beschluss dazu befassen.
Uns ist bekannt, dass es Meinungsverschiedenheiten zur Unterstützungsagentur gibt, aber wir würden es – wie auch die Sozialdemokraten – begrüßen, wenn die Kommission ihre Absichten in dieser Hinsicht darlegen würde, damit wir prüfen können, ob wir diesen Vorschlag unterstützen können.
Wir haben zu diesem Bericht keine Änderungsanträge eingereicht, werden aber die konstruktiven Änderungsanträge zur Frage der sicheren Drittländer unterstützen. Allerdings sehen wir uns außerstande, einige der anderen Änderungsanträge zu befürworten.
Giusto Catania, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute, am 20. Juni, ist Weltflüchtlingstag, weshalb diese Aussprache besonders gut passt.
Unsere Debatte ist jedoch durch große Heuchelei geprägt, denn erst vor zwei Tagen hat dieses Parlament beschlossen, das Problem der Irak-Flüchtlinge von der Liste der Dringlichkeitsfragen zu streichen. Das ist ein äußerst wichtiges Problem, sprechen wir doch von über vier Millionen Menschen, die vor einem infamen und unrechtmäßigen Krieg fliehen. Wir sollten dieses Thema und die Schwierigkeiten der Europäischen Union, diese, größtenteils außerhalb der EU aufgefangenen Flüchtlinge aufzunehmen, wirklich erörtern und darüber nachdenken, wie diese Flüchtlinge oftmals in unserem Hoheitsgebiet empfangen werden. Eine Delegation des Europäischen Parlaments begab sich vor kurzem nach Samo und stellte fest, dass sich in dem Auffanglager dieser Insel – einem schrecklichen Ort – irakische, palästinensische, libanesische und afghanische Asylsuchende befinden, alles Menschen, die aus Kriegsgebieten kommen.
Ich glaube daher, dass wir ausführlich und gründlich über die Notwendigkeit nachdenken sollten, die Beachtung des Asylrechts zu garantieren, um zu verhindern, was leider in den letzten Jahren oft in Europa passiert ist, nämlich Massenausweisungen und die nicht erfolgte Gewährleistung des Rechts auf Nichtzurückweisung. Zu oft haben wir Symbolfälle erlebt; Tatsache ist, dass der Migrationsdruck in den letzten Jahren gestiegen und die Zahl der in Europa bewilligten Asylanträge gesunken ist. Das deutet meines Erachtens darauf hin, dass wir in der Europäischen Union ein Problem haben.
Johannes Blokland, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Den 10-Punkte-Notfallplan von Herrn Pirker, den ich dazu beglückwünschen möchte, befürworte ich uneingeschränkt. In der vergangenen Woche waren wir wieder einmal über die Tatsache schockiert, dass Menschen auf dem Weg nach Europa ertranken. Elf Personen ertranken in der Nähe von Lampedusa. In der heutigen Ausgabe der niederländischen Zeitung „Trouw“ ist ein erschütternder Bericht somalischer Flüchtlinge zu lesen, die unter widrigen Umständen versuchten, Jemen zu erreichen.
Deshalb sollten wir uns dringend um ein besseres Asylverfahren bemühen und gleichzeitig Maßnahmen ergreifen, um Asylsuchende von illegalen Zuwanderern zu unterscheiden.
Eine bessere Asylpolitik durch praktische Zusammenarbeit mag wie eine sehr gute Idee klingen, aber sie ist eine Utopie. Praktische Zusammenarbeit reicht nicht aus. Es bedarf gerade auch des politischen Willens, die nötigen Schritte zu setzen. Wenn ich in den niederländischen Zeitungen von dem Treffen der Justizminister am vergangenen Dienstag in Luxemburg lese, dann drängt sich mir der Eindruck auf, dass dieser politische Wille fehlt, denn das laufende Diskussionsthema ist der eigentliche Einsatz von Menschen und Material.
Da wir über den gemeinsamen Einsatz von Frontex kein Einvernehmen erzielen können, ist eine gemeinsame Aufnahmepolitik für Flüchtlinge beispielsweise aus dem Irak unwahrscheinlich. Ohne einen gemeinsamen Standpunkt über die Sicherheit von Drittstaaten können keine offiziellen Berichte der EU erarbeitet werden, was schließlich Voraussetzung ist, um auf dem Gebiet einer harmonisierten Asylpolitik voranzukommen.
Ich erwarte größere Probleme bei der Umsetzung des Vorhabens, eine Liste sicherer Herkunftsstaaten zu erstellen. Welche Quellen sind zuverlässig? Können die Informationsquellen aus unsicheren Ländern veröffentlicht werden? Immerhin ist es in einer Diktatur lebensgefährlich, Beweismaterial gegen das Regime zu sammeln.
Das ist ein zweischneidiges Schwert. Eine Liste sicherer Staaten umfasst Länder, mit denen wir Handelsbeziehungen unterhalten können. Aber wenn ein Land nicht auf der Liste sicherer Staaten steht, sollten Flüchtlinge willkommen sein. Zur Förderung der Menschenrechte ist es dann unumgänglich, die Handelsbeziehungen mit unsicheren Ländern auszusetzen. Gerade hier drohen große Probleme. Die ehemaligen französischen oder britischen Kolonien, die derzeit im Griff eines grausamen Regimes sind, werden wohl kaum von den Beziehungen mit der Europäischen Union ausgeschlossen. Von Kommissar Frattini möchte ich wissen, wie er gedenkt, dieses Problem abzuwenden.
Darüber hinaus wirkt sich Transparenz positiv auf eine harmonisierte Asylpolitik aus. Herr Catania hat einen Änderungsantrag eingebracht, in dem er für offene Aufnahmezentren für Asylsuchende und andere Zuwanderer plädiert. In meinem Land leben Asylsuchende in offenen Asylbewerberzentren. Menschen, die sich illegal aufhalten, werden zu Recht in geschlossene Zentren gebracht. Die Einrichtung von Auffanglagern an den Außengrenzen der Union halte ich nicht für vernünftig. Die Unterstützung für eine Asylpolitik wird untergraben, wenn sich Menschen ohne gültige Papiere frei bewegen können. Wenn die Europäische Union eine menschenfreundliche und gerechte Asylpolitik formulieren will, muss der politische Wille dazu vorhanden sein. Ich rufe den Rat und die Kommission auf, diesen Willen zu zeigen und so neue Opfer zu vermeiden.
Irena Belohorská (NI). – (SK) Zunächst einmal möchte ich dem Berichterstatter für die Erarbeitung des Berichts zu diesem ernsten Thema meinen Dank aussprechen. Ich begrüße die Stärkung der praktischen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten angesichts der notwendigen Solidarität bei der Bewältigung von Problemen, die Mitgliedstaaten ohne Binnengrenzen nicht wirksam lösen können.
Ich stimme ihm zu, dass Beschlüsse über die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus schneller, gerechter und vorhersehbarer gefasst werden sollten, was an sich das letztendliche Ziel der Einführung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems darstellt. Als Berichterstatterin für eine Stellungnahme zur EU-Strategie im Bereich der Kinderrechte und besonders zur Lage der Kinder in Entwicklungsländern befasse ich mich mit Fragen der Kinder von Flüchtlingen, Kinder von staatenlosen Einwanderern und der binnenvertriebenen Kinder.
Viele Kinder von Flüchtlingen und asylsuchende Kinder werden wie Erwachsene behandelt, was bei ihnen ein dauerhaftes Trauma hinterlässt. Kinder leiden in Flüchtlingslagern, wo sie oft Opfer von Vernachlässigung, Gewalt, Missbrauch, Intoleranz und unzureichendem Rechtsschutz werden. Einwanderer, Flüchtlinge und vertriebene Kinder machen 5 % aller Asylbewerber aus. Daher sollten derartige Kinder bei ihrer Ankunft im Land gut ausgebildeten Rechtsvertretern zugewiesen werden, die in der Lage sind, die Interessen dieser Kinder am besten zu vertreten.
Simon Busuttil (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Pirker zu seinem ausgezeichneten Bericht beglückwünschen. Außerdem freut mich zu hören, dass die Kommission die Forderung meines Landes, Malta, nach einer gerechteren Verteilung der Verantwortung auch im Hinblick auf die Dublin-Verordnung unterstützt. So müssen bei jeder Überarbeitung der Dublin-Verordnung unbedingt die unbeabsichtigten Auswirkungen der gegenwärtigen Regelungen in Betracht gezogen werden, nach denen Länder wie mein Heimatland verpflichtet sind, eine unverhältnismäßig hohe Verantwortung zu tragen aus dem einfachen Grund, weil sie Grenzländer der Union sind.
Um eine gerechtere Teilung der Verantwortung zu erreichen, müssen wir dafür sorgen, dass Solidarität wirklich diesen Namen verdient. So muss gesagt werden, dass „Solidarität” bisher in der EU-Politik immer die Gewährung von Finanzhilfe bedeutete. Das genügt heute jedoch nicht mehr. Wir müssen darüber hinausgehen. Echte Solidarität muss wirklich bedeuten, dass mehr getan wird, als Geld für das Problem bereitzustellen, mehr, als lediglich einen Scheck auszustellen. Das muss auch heißen, dass die Last gemeinsam getragen wird, die Verantwortung geteilt wird. Das muss auch bedeuten, dass wir unsere Grenzen öffnen, um mit den Grenzländern die Verantwortung für den Umgang mit Asylsuchenden und anderen gemeinsam zu tragen, die oftmals auf gefährlichem, doch leider illegalem, Weg in das Hoheitsgebiet der EU kommen. Daher stimme ich im Hinblick auf die Überarbeitung der Dublin-Verordnung dem Bericht zu, dass eine gerechtere Verteilung der Lasten notwendig ist.
Abschließend noch eine Bemerkung zum Zeitplan: Wir sprechen über die Errichtung eines gemeinsamen Asylsystems bis 2010. Wir wissen jedoch alle, dass ein gemeinsames Asylsystem nicht im Jahre 2010 gebraucht wird, sondern heute dringend erforderlich ist. Daher sollten wir uns fragen, wie viele Menschenleben das bis 2010 noch kosten wird. Wie viel wird noch falsch gemacht, bevor die Mitgliedstaaten ihren nationalen Egoismus überwinden und das erkennen?
Inger Segelström (PSE). – (SV) Herr Präsident! Kommissar Frattini! Ich möchte zunächst Herrn Pirker für einen konstruktiven Bericht danken, den wir nach den Diskussionen im Ausschuss guten Gewissens unterstützten können.
Die Asylpolitik ist ein Gebiet, in dem die EU-Bürger von uns eine gemeinsame Lösung erwarten, da es sich hier um ein grenzüberschreitendes Problem handelt. Hier im Plenum und im Ausschuss haben wir schon oft die akute Situation im Mittelmeerraum diskutiert, die wir Mitglieder des Europäischen Parlaments immer noch nicht haben lösen können. Es ist schon skandalös, dass tagtäglich immer noch Menschen sterben. In meiner Fraktion gibt es sowohl Immigranten als auch Asylsuchende.
Seit Beginn Irakkrieges hat mein Heimatland Schweden von allen Ländern in der EU die meisten Flüchtlinge aufgenommen – etwa 10 000 – und wir gehören noch nicht einmal zu den größeren EU-Mitgliedstaaten. Wir müssen, wie Herr Pirker sagt, die Lasten gerechter verteilen. Daher glaube ich, dass wir nicht nur Erklärungen und Versprechen abgeben sollten, die wir dann nicht erfüllen, sondern stattdessen, wie im Bericht vorgeschlagen, den Informationsaustausch intensivieren, Informationen sammeln sowie die Verfahren bei der Bearbeitung der Anträge beschleunigen, aber auch den Mut haben zu sagen, dass wir für die Zukunft an ein offenes Europa glauben. Dem Menschenhandel muss ein Ende gesetzt werden, und auch der Handel mit Frauen und Kindern für die Prostitution und die Sexindustrie muss unterbunden werden. Es darf nicht länger möglich sein, die EU mit billigen Arbeitskräften zu versorgen, wenn die Arbeitgeber sie brauchen, und diese dann zurückzuschicken, wenn die entsprechenden Arbeiten erledigt sind. Dies sind komplizierte Fragen, aber es ist unsere Pflicht, die Probleme zu lösen, wenn wir es mit der Einführung eines gemeinsamen Asylverfahrens 2010 ernst meinen.
Für mich als Bürgerin Schwedens, das schon immer großzügig Flüchtlinge aufgenommen hat, ist es auch in Zukunft von absolut zentraler Bedeutung, dass wir zwar über eine Liste der als sichere Herkunftsstaaten geltenden Drittstaaten sprechen, bei jedem Flüchtling aber immer eine Einzelfallprüfung vornehmen. Anderenfalls werden viele Flüchtlinge auch weiterhin aufgrund ihrer Minderheitenzugehörigkeit, ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Flucht vor einem Krieg, zu dessen voraussichtlichen Verlierern sie vielleicht gehören, diskriminiert.
Ich hoffe, dieser Bericht bedeutet, dass wir jetzt den nächsten Schritt gehen, und dass alle EU-Mitgliedstaaten und wir als Mitglieder des Europäischen Parlaments gemeinsam die Verantwortung für die Lösung dieser dringenden Probleme, aber auch für langfristige Lösungen übernehmen.
Manfred Weber (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Asyl ist ein universelles Recht. Deswegen brauchen wir eine europäische Antwort, die wir teilweise schon gegeben haben. Die Vorschläge der Kommission sind sehr gut, und ich möchte hier offiziell zu Protokoll geben, dass wir auf unseren Kommissar im Innenbereich sehr stolz sein können. Er macht einen sehr guten Job. Unser Berichterstatter, Kollege Pirker, hat hervorragende Vorschläge vorgelegt. Wenn es jemand schafft, fraktionsübergreifend für ein solch schwieriges Thema Unterstützung zu bekommen, dann dokumentiert das, dass hervorragende Arbeit geleistet wurde. Deswegen danke dafür.
Obwohl kein Ratsvertreter anwesend ist, möchte ich mich beim Rat bedanken. Wir hätten den heutigen Abend nicht gestalten und die vielen Beschlüsse nicht fassen können, wenn wir in den letzten Monaten nicht einen aktiven deutschen Rat gehabt hätten.
Deswegen möchte ich einfach nur danke sagen. Die Innenpolitiker sind die fleißigen Politiker, wie man heute Abend an der Uhrzeit sieht. Wir arbeiten jetzt noch. Deswegen möchte ich Dankeschön sagen und meine Redezeit nicht ganz ausschöpfen, damit wir früher nach Hause gehen können.
Barbara Kudrycka (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Eine flexiblere Handhabung des Europäischen Flüchtlingsfonds ist für die Zusammenarbeit und die Verbesserung des Entscheidungsprozesses im Rahmen des gemeinsamen Asylsystems überaus wichtig. Der Berichterstatter, dem ich für diesen ausgezeichneten Bericht danken möchte, geht dort verschiedentlich auf dieses Problem ein.
Im vergangenen Jahr haben wir die Arbeiten an der Rechtsgrundlage für den nächsten Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2008-2013 abgeschlossen. Schon zu diesem Zeitpunkt fand der zusätzliche Vorschlag, den die Kommission während dieser Arbeiten unterbreitete, unsere Unterstützung. Die Kommission schlug vor, die Funktionsweise des Fonds zu ändern und ihn stärker auf solche Bereiche auszurichten wie die Harmonisierung der praktischen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, die Unterstützung im Falle eines besonders starken Zustroms von Einwanderern, die Migration innerhalb der Union und regionale Schutzprogramme in Drittländern.
Dazu haben wir die Ausgaben für Gemeinschaftsmaßnahmen von 7 % auf 10 % erhöht, die Verfahren zur Gewährung finanzieller Hilfen für Länder, die sich unerwartet einem massenhaften Zustrom von Asylbewerbern gegenübersehen, flexibler gestaltet und nach einem Verteilungsschlüssel konkrete Beträge zugewiesen. Diese Beträge schwanken zwischen 3 000 und 5 000 Euro pro Person für Transfers innerhalb der Union im Rahmen der regionalen Schutzprogramme. Es wurden bestimmte finanzielle Anreize geschaffen, um denjenigen zu helfen, die besonders betroffen sind, nämlich Kindern, Menschen, die medizinisch versorgt werden müssen, und Frauen.
Kommission und Mitgliedstaaten müssen den Fonds deshalb effektiv nutzen. Wir warten auf Leitlinien, Aktionspläne und konkrete Ergebnisse bei der Verwendung des Fonds, der die Lage der Flüchtlinge in Europa wesentlich verbessern wird. Ich möchte dem Berichterstatter nochmals für diesen hervorragenden Bericht danken.