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Ausführliche Sitzungsberichte
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Mittwoch, 20. Juni 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.
1. Eröffnung der Sitzung
 2. Verbesserung der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen (Aussprache)
 3. Verbesserung der Methode zur Anhörung des Europäischen Parlaments bei den Verfahren zur Erweiterung der Euro-Zone – Einführung der einheitlichen Währung durch Zypern am 1. Januar 2008 – Einführung der einheitlichen Währung durch Malta am 1. Januar 2008(Aussprache)
 4. Unterzeichnung von Rechtsakten, die im Mitentscheidungsverfahren angenommen wurden: siehe Protokoll
 5. Abstimmungsstunde
  5.1. Einheitliche Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige (Abstimmung)
  5.2. Verbot der Ausfuhr und sichere Lagerung von metallischem Quecksilber (Abstimmung)
  5.3. Gemeinschaftsprogramm Fiscalis 2013 (Abstimmung)
  5.4. Verbesserung der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen (Abstimmung)
  5.5. Einführung der einheitlichen Währung durch Zypern am 1. Januar 2008 (Abstimmung)
  5.6. Einführung der einheitlichen Währung durch Malta am 1. Januar 2008 (Abstimmung)
  5.7. Galileo (Abstimmung)
  5.8. Spezifische Probleme bei der Umsetzung und Anwendung der Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen und ihre Beziehung zur Lissabonner Agenda (Abstimmung)
  5.9. Millenniums-Entwicklungsziele: Zwischenbilanz (Abstimmung)
  5.10. Arbeiten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU 2006 (Abstimmung)
  5.11. Verbesserung der Methode zur Anhörung des Europäischen Parlaments bei den Verfahren zur Erweiterung der Euro-Zone (Abstimmung)
 6. Stimmerklärungen
 7. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
 8. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
 9. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 10. Auf dem Wege zu einem Vertrag über den Waffenhandel (Aussprache)
 11. MEDA und die Finanzhilfe für Palästina – Bewertung, Umsetzung und Kontrolle (Aussprache)
 12. Jugenddelinquenz: die Rolle der Frau, der Familie und der Gesellschaft (Aussprache)
 13. Strategie für die Außendimension des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Aussprache)
 14. Fragestunde (Anfragen an den Rat)
 15. Zusammensetzung der Ausschüsse und der Delegationen: siehe Protokoll
 16. Strategie für die Außendimension des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Fortsetzung der Aussprache)
 17. Austausch von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten (Aussprache)
 18. Entwicklungen in den Verhandlungen über den Rahmenbeschluss zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (Aussprache)
 19. Asyl: praktische Zusammenarbeit, Qualität der Beschlussfassung im gemeinsamen Europäischen Asylsystem (Aussprache)
 20. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 21. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: RODI KRATSA-TSAGAROPOULOU
Vizepräsidentin

 
1. Eröffnung der Sitzung
  

(Die Sitzung wird um 9.00 Uhr eröffnet.)

 

2. Verbesserung der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen (Aussprache)
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Ria Oomen-Ruijten im Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verbesserung der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen (KOM(2005)0507 – C6-0331/2005 – 2005/0214(COD)) (A6 0080/2007).

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete, ich möchte Frau Oomen-Ruijten für ihre Anstrengungen und die mühevolle Arbeit bei der Erstellung dieses Berichts danken.

Dieser Bericht war harte Arbeit, er erforderte die vereinten Bemühungen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, des Ausschusses für Wirtschaft und Währung und des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. Er bildet eine wichtige Grundlage für die weitere Diskussion und eine abschließende Einigung über diese wichtige Richtlinie, die im Kontext der wiederbelebten Lissabon-Strategie und des Sozialschutzes von Wanderarbeitnehmern und Arbeitnehmern im Allgemeinen, die sich auf dem Arbeitsmarkt bewegen, völlig gerechtfertigt ist.

Abgesehen von diesem Bericht begrüße ich die Atmosphäre, in der das Parlament mit der Kommission und dem Rat gearbeitet hat, denn dies hat uns die größtmögliche Chance gegeben, in erster Lesung eine Einigung zu erzielen.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um den deutschen Ratsvorsitz zu seiner Arbeit an diesem Problem und den echten Fortschritten zu beglückwünschen.

Die Herausforderung, die diese Richtlinie für das deutsche Rentensystem darstellt, sollte nicht unterschätzt werden, und dank des deutschen Ratsvorsitzes und Vizekanzler Müntefering konnten diese Fortschritte erzielt werden. Ich möchte jedoch mein Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, dass trotz all dieser Anstrengungen dieses Mal keine Einigung in erster Lesung erreicht werden konnte. Ich glaube jedoch, der konstruktive Ansatz, der bislang sichtbar wurde, wird bald zur Verabschiedung der Richtlinie führen. Dies wird große Auswirkungen auf die Hindernisse bei der Mobilität haben, die durch einige Zusatzversorgungssysteme entstanden.

Verehrte Abgeordnete, ich möchte noch einmal hervorheben, dass diese Richtlinie nicht nur eine Ansammlung von Worten ist. Sie betrifft direkt Millionen von Arbeitnehmern, die auf dem modernen Arbeitsmarkt den Arbeitsplatz wechseln und die Möglichkeiten der Zusatzrenten nutzen. Da 40 % der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag von unter fünf Jahren haben, ist es klar, wie wichtig unsere Aufgabe und wie wichtig diese Richtlinie ist.

Bevor ich zum eigentlichen Inhalt des Berichts komme, möchte ich kurz den Zweck und die Notwendigkeit eines europäischen Ansatzes in dieser Frage zusammenfassen. Die Kommission, die Mitglieder dieses Hohen Hauses, der Rat und die Sozialpartner haben lange ihre Unzufriedenheit über die offenkundige Unzulänglichkeit der Rechte und des Schutzes mobiler Arbeitnehmer in Hinblick auf die Verbindung zwischen ihren Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung und ihren zusätzlichen Rentenbeiträgen zum Ausdruck gebracht. Schon 1992 forderte der Rat die Mitgliedstaaten dringend auf, für Änderungen der an die Zusatzrentenansprüchen geknüpften Bedingungen einzutreten, um die Hindernisse bei der Mobilität der Arbeitnehmer zu beseitigen. Der Begriff der Hindernisse bei der Mobilität der Arbeitnehmer ist relativ geläufig, im Prinzip bedeutet dies jedoch, dass man verliert, wenn man mobil ist. Bei den bestehenden Systemen sind zu- und abwandernde Arbeitnehmer mehr oder weniger benachteiligt, wenn sie den Arbeitsplatz wechseln. Dies ist zuweilen kaum merkbar, sie haben jedoch niemals die Position und die Vorteile, die sie gehabt hätten, wenn sie nicht beschlossen hätten, den Arbeitsplatz zu wechseln und mobil zu werden.

Der erste Schritt zur Erreichung dieses Ziels war die Richtlinie 98/49/EG. Es war jedoch klar, dass mit dieser Richtlinie die Fragen nicht gelöst werden konnten, die den Sachverständigen zufolge besonders nachteilige Auswirkungen auf die Mobilität haben, nämlich der Erwerb und der Schutz zurückgestellter Rentenansprüche und die Portabilität dieser Ansprüche. Die vorgeschlagene Richtlinie zur Portabilität von Zusatzrentenansprüchen wurde nicht aus einer Laune heraus ausgearbeitet, sondern nach einer langen Zeit gründlicher Verhandlungen und Konsultationen, und dies nicht ohne Grund. Auch wenn die Sozialpartner zu Beginn aufgefordert wurden, aufgrund ihrer entscheidenden Rolle bei der Bereitstellung von Zusatzrenten Vorschläge einzureichen, zeigte es sich rasch, dass die einzige Möglichkeit, Fortschritte zu erreichen, in einem zielgerichteten Legislativvorschlag bestand, bei dem die Stellungnahmen der Sozialpartner und der Schlüsselteilnehmer berücksichtigt würden.

Ein solcher zielgerichteter Ansatz, bei dem nicht nur die enorme Vielfalt, und gelegentlich die rasche Entwicklung von Zusatzrentensystemen, sondern auch der freiwillige Charakter dieser Systeme zur Kenntnis genommen wird, war und ist noch der richtige Weg, diese komplexe und gefühlsgeladene Frage zu behandeln. Dies erklärt, warum die Kommission vernünftigerweise versucht hat, nicht den Harmonisierungsprozess einzuleiten, sondern eher Mindestanforderungen festzulegen. Abgesehen davon besteht eine unserer größten Aufgaben darin, das richtige Gleichgewicht zwischen der Beseitigung von Hindernissen bei der Mobilität und der Aufrechterhaltung des derzeitigen, stabilen und nachhaltigen Umfelds für die Entwicklung von Zusatzrenten zu finden.

Angesichts der positiven Fortschritte und der Herausforderungen, die wir mit der Ausarbeitung dieser Richtlinie zu bewältigen hatten, ist es recht enttäuschend, dass im Augenblick nicht alle Mitgliedstaaten im Rat in der Lage wären, eine Einigung oder einen Kompromiss zu den Bestandteilen dieser wichtigen Richtlinie zu erreichen. Es ist jedoch ermutigend, dass sich der Bericht, den wir heute erörtern, bei vielen Fragen im Wesentlichen mit dem Standpunkt der Kommission deckt. Meines Erachtens gibt es daher eine echte Chance, in naher Zukunft eine Einigung mit dem Rat zu erreichen.

Verehrte Abgeordnete, auch wenn die jüngsten Verhandlungen im Rat nicht zu einem Ergebnis geführt haben, meine ich, dass jeder Teilnehmer bestätigen kann, dass es einen starken Wunsch nach Einigung gab und im Rat dieser Wunsch immer noch besteht; dies schafft eine Grundlage für künftige Fortschritte. Gemäß diesem Geist der Zusammenarbeit möchte ich zwei der Hauptstreitpunkte zwischen Parlament und Rat hervorheben, bei denen wir einen Konsens aushandeln müssen. Der erste ist die Schlüsselfrage der Anerkennung zusätzlicher Ansprüche und wie die Mindestbedingungen aussehen sollten.

Ich nehme die Änderungsanträge und die Entscheidung, uns bei den Rechtsvorschriften auf Arbeitnehmer über 25 Jahren zu konzentrieren, mit großem Interesse zur Kenntnis. Viele empirische Erfahrungen zeigen, dass die Mobilität in dieser Altersgruppe deutlich geringer ist als die jüngerer Menschen, daher ist Ihr Änderungsantrag äußerst sinnvoll. Ich bin mir auch bewusst, dass der Rat den Gedanken, die Anerkennung der Ansprüche von Personen über 25 Jahren auszunehmen, nicht befürworten wird; daher könnte dies einer der Bereiche sein, der Verhandlungen und einen Kompromiss erfordert. Ihre Versuche, die Hindernisse abzubauen, muss dennoch begrüßt werden, und meines Erachtens ist dies der richtige Weg nach vorn.

Die zweite Frage, die voraussichtlich zwischen Parlament und Rat erörtert werden muss, ist die des Geltungsbereichs der Richtlinie. Was die bestehenden Ansprüche und den Zeitpunkt angeht, zu dem diese Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden muss, so unterstützt die Kommission uneingeschränkt den wesentlichen Inhalt der Änderungsanträge zu Ziffer 2 und hält sie für angemessen und vernünftig. Die Kommission ist der festen Überzeugung, dass alle Beschränkungen des Geltungsbereichs und damit der Effizienz der Richtlinie möglichst gering ausfallen sollen, und unterstützt das Parlament in dieser Hinsicht. Die jüngste technische Änderung von Ziffer 5 des Berichts ist eine sinnvolle Klarstellung, die Missverständnissen darüber vorbeugen sollte, wie Ansprüche zu schützen sind. Ziffer 5 ist das Kernstück dieser Richtlinie und entscheidend für das Ziel, die Hindernisse bei der Mobilität von Arbeitnehmern zu beseitigen.

Ich möchte, wenn Sie gestatten, den Mitgliedern dieses Hohen Hauses sagen, dass in dieser Richtlinie keine Methode für den Schutz dieser Ansprüche vorgeschlagen wird. Es geht mehr darum, sicherzustellen, dass mobile Arbeitnehmer in Hinblick auf ihre aufgeschobenen Rentenansprüche gerecht behandelt werden. In Anbetracht der Art und Weise, in der sich der Arbeitsmarkt entwickelt und wie das aktive Berufsleben schrittweise verlängert wird, müssen wir meines Erachtens, wenn wir über mobile Arbeitnehmer sprechen, über alle Arbeitnehmer reden, denn im Laufe eines Berufslebens werden die meisten Arbeitnehmer mit Sicherheit zumindest einmal den Arbeitsplatz wechseln und können den Schutz in Anspruch nehmen, den der Richtlinienvorschlag bieten wird. Was die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht angeht, so teilen wir Ihre Ansicht, dass dies so rasch wie möglich geschehen sollte. Gleichzeitig sollten wir jedoch zugestehen, dass Änderungen dieser Richtlinie die Bereitstellung von Zusatzrenten in der EU nicht behindern sollten.

Abschließend möchte ich die in Ziffer 10 enthaltenen Vorschläge sehr begrüßen, deren Inhalt ich uneingeschränkt befürworte. Die Streichung von Ziffer 6 zur Übertragbarkeit von Ansprüchen halte ich für bedauerlich. Die im Bericht vorgesehenen Änderungen von Ziffer 10 stellen jedoch eine deutliche Botschaft dar, dass diese komplexe und hochtechnische Frage nicht vergessen, sondern lediglich vertagt wurde. Gleichzeitig prüft die Kommission gemeinsam mit dem Parlament und den Sozialpartnern Möglichkeiten, um noch bestehende Hindernisse bei der Mobilität in Hinblick auf die Zusatzrentensysteme wirksam und dauerhaft zu beseitigen.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, diese Richtlinie war in politischer und intellektueller Hinsicht äußerst komplex, ganz abgesehen von der komplizierten Natur des Gesamtkonzepts der Maßnahme. Die vorgeschlagene Richtlinie ist Teil unserer Antwort auf den demografischen Wandel, denn Zusatzsysteme werden mit Sicherheit eine zunehmend wichtige Rolle bei dieser Antwort spielen. Die Richtlinie ist auch Teil des Konzepts der Flexicurity, denn ihre Methode ist ein typisches Beispiel für größere Mobilität, verbunden mit einem verantwortungsvollen Sozialschutz. Meines Erachtens fällt diese Richtlinie ganz allgemein unter das Gesamtkonzept einer europäischen Sozialpolitik, das heißt, Arbeitnehmer in der EU sollten zu keiner Zeit und an keinem Ort in eine nachteilige Lage geraten.

Verehrte Abgeordnete, ich möchte Ihnen noch einmal für die Arbeit danken, die das Parlament bei der Aushandlung dieser Richtlinie geleistet hat.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kommissar, sehr geehrte Abgeordnete! Das Thema Portabilität von Betriebsrenten steht seit über 20 Jahren auf der europäischen Tagesordnung. Der Kommissar hat vorhin ausgeführt, welche Entwicklungen in der Zwischenzeit auch bei den Wanderarbeitnehmern zu verzeichnen waren. Nachdem 2002/2003 eine Initiative im Rahmen des so genannten Sozialpartnerschaftsverfahrens gescheitert war, hat die Europäische Kommission im Oktober 2005 den Entwurf einer so genannten Portabilitäts-Richtlinie vorgelegt.

Der Vorschlag der Kommission umfasst folgende vier Kernbereiche: erstens die Mitnahme von Betriebsrentenansprüchen in der Form eines Kapitalbetrags bei einem Arbeitgeberwechsel, also die Portabilität im engeren Sinne, zweitens die Festlegung von Unverfallbarkeitsfristen von Betriebsrentenanwartschaften, drittens die faire bzw. gerechte Behandlung einer Betriebsrentenanwartschaft, wenn ein Arbeitnehmer aus einem Unternehmen ausscheidet, und viertens Informationspflichten, die sicherstellen, dass die Arbeitnehmer über ihre Anwartschaften Bescheid wissen und ihre Alterssicherung besser planen können. Dabei geht es auch – Kommissar Špidla hat es angesprochen – um die Frage der Flexicurity.

Die Richtlinie regelt einen Bereich des Arbeits- und Sozialrechts und – das ist wichtig zu betonen – deshalb bedarf es der Einstimmigkeit. Nicht zuletzt deshalb gestalteten sich die Verhandlungen von Anfang an sehr schwierig. Das war auch bei einem solch hochkomplexen Thema nicht verwunderlich. Hinzu kommt, dass die Europäische Union nicht nur einen Anzug trägt, sondern dass eine große Vielfalt herrscht und nahezu jeder Mitgliedstaat ein eigenes Betriebsrentensystem hat, das mit den anderen in der Regel nicht zusammenpasst.

So wurde der zentrale Regelungsbereich der Richtlinie, die Mitnahme von Betriebsrentenkapital zu einem neuen Arbeitgeber, von vielen Mitgliedstaaten als hoch problematisch angesehen. Die Niederlande lehnten diese Möglichkeit von Anfang an ab. Schon unter der finnischen Präsidentschaft wurde deshalb die Portabilität im engeren Sinne aus dem Richtlinienvorschlag gestrichen. Wegen des Einstimmigkeitserfordernisses wäre ein Weiterverhandeln in diesem Punkt sinnlos gewesen.

Schwerpunkte der anschließenden deutschen Präsidentschaft waren die Konkretisierung der gerechten, fairen Behandlung, die Regelungen zur Informationsverpflichtung sowie der sachliche und zeitliche Anwendungsbereich der Richtlinie. In allen Punkten konnte nach intensiven Gesprächen und einer Vielzahl von bilateralen Kontakten auf fachlicher Ebene eine Einigung erzielt werden. Letztlich gelang es jedoch nicht, die im Ministerrat erforderliche Einstimmigkeit zu erzielen, was ich sehr bedauere. Insbesondere ein Mitgliedstaat sah sich durch ablehnende Beschlüsse von Parlament und Kabinett politisch gebunden.

Vor dem Hintergrund dieser grundlegenden politischen Vorbehalte gegen die Konzeption des ursprünglichen Vorschlags dürfte es wohl auch in Zukunft sehr schwierig werden, die für die Richtlinie notwendige Einstimmigkeit zu erzielen.

Wir wollen auf der Grundlage der Richtlinie die Mobilität der Arbeitnehmer fördern. Gleichzeitig müssen wir ihre Alterssicherung aber auch stärken. Dazu brauchen wir nicht nur eine Mehrheitsentscheidung des Europäischen Parlaments, auch die Zustimmung der 27 Mitgliedstaaten ist erforderlich. Vielleicht erreichen wir mehr, wenn der erste Schritt weniger ehrgeizig ist. Es braucht Zeit, bis das notwendige Vertrauen wachsen kann und die Staaten ohne betriebliche Altersversorgung eine solche einführen und die Staaten mit ausgeprägten Systemen sich nicht übervorteilt fühlen. Maximalforderungen sind vor diesem Hintergrund meiner Ansicht nach kontraproduktiv. Sie provozieren in der Tat nur Ablehnungsreflexe in den Mitgliedstaaten, bringen aber die Sache nicht voran. Wie bei allen Entscheidungen in dieser Europäischen Union gelingt eine Einigung nur dann, wenn bei allen der politische Wille zur Einigung vorhanden ist.

 
  
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  Ria Oomen-Ruijten (PPE-DE), Berichterstatterin. – (NL) Frau Präsidentin! Ich untertreibe, wenn ich sage, dass es sich um ein schwieriges Dossier handelt. Seit fast zwei Jahren beschäftigen wir uns mit neun Artikeln. Europäische Vereinbarungen über Zusatzrenten sind aus drei Gründen vonnöten.

Erstens, die gesetzlichen Renten, der erste Pfeiler, geraten zunehmend unter Druck, weil es immer weniger junge und immer mehr ältere Menschen gibt. Deshalb bedarf es vernünftiger Regelungen für die Renten im zweiten Pfeiler. Derzeit hat jeder zehnte Arbeitnehmer in Europa einen Zusatzrentenvertrag abgeschlossen. In Großbritannien und Deutschland liegt dieser Anteil bei weit über 50 %, und in Dänemark, Schweden und den Niederlanden gehören sogar 90 % der Arbeitnehmer einem Zusatzrentensystem an. Grund genug also, die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner zu ermutigen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und den Aufbau eines effizienten Systems für die Altersversorgung in Angriff zu nehmen.

Zweitens, fast täglich begegne ich Menschen, die den Arbeitsplatz gewechselt haben und dafür bestraft werden, weil sie von ihrem Recht auf Mobilität Gebrauch machen. Sie haben eine Rente aufgebaut, Beiträge eingezahlt, aber wenn sich das Kapital nicht ändert, nützt es ihnen nichts, wenn sie in den Ruhestand gehen. Diese Richtlinie will dieses Problem angehen.

Drittens, im Rahmen der Lissabon-Agenda predigen wir, dass die Mobilität von Arbeitnehmern weiter gefördert werden sollte. Jedermann ist für die Anwendung dieses Prinzips, die Umsetzung bereitet uns jedoch Probleme. Mein Ziel war und ist es nach wie vor, eine Rechtsvorschrift vorzulegen, die etwas bringt, nicht zuletzt den Arbeitnehmern, die für die Mitgliedstaaten und Sozialpartner machbar ist und die zudem den Verwaltern von Zusatzrentensystemen hinreichenden Spielraum zur Anpassung bietet. Eine Rechtsvorschrift, die nur Ausnahmen enthält, oder ein Gesetz, das nicht für alle Mitgliedstaaten gilt und noch dazu erst 2018 in Kraft tritt, ist nicht sinnvoll. Wir müssen die Probleme der Zukunft jetzt anpacken.

Mein Dank gilt insbesondere den Herren Ettl und Cocilovo, den anderen Schattenberichterstattern für soziale Angelegenheiten, Frau Lulling für ihre Hinweise, aber auch den Berichterstattern und Schattenberichterstattern früherer Rentenberichte, Herrn Karas und Frau van den Burg. Gemeinsam stehen wir für ein Ergebnis und übernehmen auch Verantwortung für diesen Bericht des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.

Auf dieser Grundlage – und das sage ich auch in Richtung der Ratspräsidentschaft – können wir Fortschritte erzielen, ohne bestehende Systeme zu gefährden. Im Übrigen handelt diese Richtlinie von Mindeststandards. Nichts hält die Sozialpartner davon ab, in einer Vereinbarung mehr Schutz zu bieten.

Lassen Sie mich nunmehr kurz die wesentlichen Punkte umreißen. Erwerb. Die Bedingungen, die das Parlament für den Erwerb vorschreibt, wirken sich auf einige Systeme aus. Zeit für die Anpassung ist vonnöten, und diesen zusätzlichen Zeitraum von fünf Jahren sieht Änderungsantrag 22 vor.

Die ruhenden Rentenansprüche. Gemeinsam mit der deutschen Präsidentschaft wurde die heutige Formel entwickelt, und bald steht das Grundprinzip zur Abstimmung, das die Mitgliedstaaten nach ihrem Gutdünken ausgestalten können. Bei der Übertragbarkeit war recht schnell klar, dass dies zu weit führt, wir haben diese Möglichkeit nicht weiter verfolgt. Was die Information betrifft, so erhalten die Arbeitnehmer leichter Zugang zum Status ihrer Renten.

Möglicherweise brauchen die Mitgliedstaaten also mehr Zeit zur Anpassung ihrer Systeme, und eben diese Zeit gesteht das Parlament ihnen zu. Wir lassen den Mitgliedstaaten bis 2013 Zeit, damit sie gemeinsam mit den Sozialpartnern ihre Systeme sowohl im Bereich des Erwerbs als auch der fairen Behandlung ruhender Rentenansprüche ändern können.

Nach zwei Jahren nahezu permanenter Beratungen ist es nunmehr an der Zeit, dass das Parlament Farbe bekennt. Hinzufügen möchte ich, dass die Signale, die ich empfangen habe, nicht zuletzt von der kommenden portugiesischen Präsidentschaft und von meinem Heimatland, den Niederlanden, eindeutig positiv sind, weil dieser Bericht zahlreiche Anknüpfungspunkte für die zweite Lesung bietet.

Wenn wir die Ziele von Lissabon erreichen wollen, dann nur auf der Grundlage derart konkreter Themen. Heute haben wir es nicht geschafft, zu einem Abschluss zu kommen. Wir werden mit dem Rat verhandeln, und ich als Berichterstatterin und wir als Parlament werden uns weiterhin um eine möglichst konstruktive Haltung bemühen, um dieses Problem zu lösen, denn das ist tatsächlich dringend geboten.

 
  
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  Eoin Ryan (UEN), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und Währung. – (EN) Frau Präsidentin! Auch ich möchte Frau Oomen-Ruijten zu ihrer Arbeit an diesem sehr schwierigen und komplexen Gesetz danken, das wie bereits gesagt wurde, schon seit 15 bis 20 Jahren in der Diskussion ist.

Als Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaft und Währung zu diesem Bericht betrachte ich es jedoch als unabdingbar, dass die Bürger die Leistungen ihrer Zusatzrenten bei einem Stellenwechsel in ein anderes Unternehmen oder in einen anderen Mitgliedstaat mitnehmen können. Wenn dies der Fall ist, wird die Zahl der Menschen erheblich steigen, die innerhalb des Binnenmarkts in anderen Mitgliedstaaten arbeiten.

Diese Richtlinie muss gewährleisten, dass Arbeitnehmer bei einem Arbeitsplatzwechsel nicht unnötig benachteiligt werden und dass eine faire Anpassung des Werts ihrer Rente vorgenommen wird, wenn sie eine neue Stelle annehmen.

Darüber hinaus müssen wir die Tatsache würdigen, dass die Arbeitgeber diese Zusatzrentensysteme auf freiwilliger Basis anbieten. Deshalb sollten alle unnötigen finanziellen Belastungen, die durch ein solches System entstehen, so gering wie möglich gehalten werden. Es ist allerdings keine leichte Aufgabe, diesen beiden Zielen gleichermaßen gerecht zu werden, doch ich glaube, dass die Kompromisstexte der finnischen und der deutschen Ratspräsidentschaft ein Schritt in die richtige Richtung sind.

Meiner Ansicht nach dürfen Arbeitnehmer, die ermutigt werden, mobil und flexibel zu sein, durch einen Arbeitsplatzwechsel bei der Rente nicht unnötig benachteiligt werden. Derzeit können ein Wechsel des Arbeitsplatzes oder eine Beschäftigung im Ausland erhebliche Einbußen zur Folge haben. Zudem müssen wir dafür sorgen, dass das Ausscheiden von Arbeitnehmern aus einem Rentensystem nicht dazu führt, dass die im System verbleibenden Versorgungsanwärter Nachteile erleiden.

Eine der größten und schwierigsten Herausforderungen wird in den nächsten zehn Jahren für alle Mitgliedstaaten darin bestehen, einen Weg zur Lösung der Probleme zu finden, die mit der Überalterung unserer Bevölkerung auf uns zukommen. Die Renten werden, sofern das nicht heute bereits der Fall ist, zu einem zentralen Thema in den Mitgliedstaaten werden. Wenn man bedenkt, dass dieses Gesetz schon seit 15 bis 20 Jahren auf unserer Tagesordnung steht, ist es höchste Zeit, dass wirksame Maßnahmen in diesem Bereich getroffen werden und dass sichergestellt wird, dass Arbeitnehmer bei einem Arbeitsplatzwechsel in einen anderen Mitgliedstaat oder in ein anderes Unternehmen in ihren Rentensystemen fair behandelt und geschützt werden.

 
  
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  Astrid Lulling (PPE-DE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man wie ich Berichterstatterin des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter und Mitglied der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischen Demokraten ist, fühlt man sich mitunter wie auf hoher See, das heißt man ist in Gottes Hand. So ist es mir mit meinem Entwurf einer Stellungnahme ergangen, denn in der angenommenen Version erkenne ich mein eigenes Kind nicht mehr wieder.

Das, was ich zu Beginn der Arbeit an diesem äußerst umstrittenen Richtlinienvorschlag empfohlen hatte, ist entweder schon nicht mehr vorhanden, weil es von einer Mehrheit der gerade zufällig im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter Anwesenden abgelehnt, oder weil es vom federführenden Ausschusses gar nicht vorgemerkt wurde. Daher kann ich nur bedauern, dass ich keine Spur mehr von dem wichtigsten Vorschlag des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter finde, in dem auf eine Umsetzung dieser Richtlinie unter Beachtung der Richtlinien auf dem Gebiet der Gleichbehandlung und der Chancengleichheit von Frauen und Männern gedrängt wurde.

Die heftigsten Diskussionen zum Wesen der Sache setzten erst nach der Annahme meiner Stellungnahme ein, die über ein Jahr zurückliegt und deren Ziel vor allem war, Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz wechseln oder ihre Berufstätigkeit unterbrechen oder beenden – sei es aus familiären Gründen oder um ihr Arbeits- und Familienleben besser miteinander zu vereinbaren –, vor allem die Möglichkeit zu sichern, ihre Rentenansprüche aufrechtzuerhalten, d. h. weiterhin Beiträge zu zahlen.

Ich möchte nicht auf Einzelheiten des immer noch andauernden Streits eingehen, in dem es unter anderem um Arbeitgeber geht, die Zusatzrentenleistungen bieten, um ihre Arbeitnehmer zu binden, wohingegen diese Richtlinie dem Anliegen dient, die Mobilität der Arbeitnehmer zu fördern. Zwar weiß ich, dass es nicht einfach sein wird, diese beiden Sichtweisen zu vereinbaren, dennoch möchte ich sagen, dass das wichtigste Ziel, das es für die Arbeitnehmer zu verwirklichen gilt, die unter Wahrung der Subsidiarität und der Flexibilität innerhalb oder außerhalb eines EU-Mitgliedstaats ihren Arbeitgeber wechseln, darin besteht, erworbene Ansprüche unter annehmbaren Bedingungen zu sichern, d. h. dass weder die finanzielle Tragfähigkeit der Versorgungssysteme noch das Angebot von Zusatzrenten durch die Arbeitgeber infrage gestellt wird.

 
  
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  Othmar Karas, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wir sagen alle ja zum Binnenmarkt, und er gehört ausgebaut, weil er unsere stärkste Antwort auf die Globalisierung ist. Wir sagen alle ja zur Mobilität, aber sie ist in der Europäischen Union ungenügend entwickelt. Den Binnenmarkt stärken und die Mobilität unterstützen setzt aber voraus, dass wir dabei die soziale Sicherheit als Netz nicht aus dem Auge verlieren. Wir müssen die betriebliche Altersversorgung – die zweite Säule – in Europa stärken, als Ergänzung zur ersten Säule, nicht als Ersatz. Deshalb haben wir die Pensionsfondsrichtlinie für die kapitalgedeckte betriebliche Altersversorgung beschlagen. Wir müssen natürlich auch eine Portabilitätsrichtlinie für die innerbetrieblichen Rentenansprüche machen.

Wir müssen dabei sicherstellen, dass die Rechtsansprüche der Arbeitnehmer erhalten bleiben. Geklärt werden müssen demnach die Übertragbarkeit – was bei neuen Verträgen einfacher ist als bei alten –, der Anspruchserwerb und die Behandlung ausgeschiedener Arbeitnehmer ebenso wie schlafende Ansprüche. Was ist die Berechnungsgrundlage, wie behandeln wir die Höhe und Länge der Beitragszahlungen, die erwartete Länge der Auszahlung? Es geht um eine Balance zwischen der wirtschaftlichen Sicherheit der Unternehmen und der sozialen Sicherheit der Arbeitnehmer, und es geht um eine Balance zwischen jenen, die im Unternehmen bleiben, und jenen, die aus Gründen der Arbeitsplatzsicherheit oder aus Karrieregründen aus dem Unternehmen scheiden.

Wir werden mit dem heutigen Beschluss nicht zum Abschluss kommen. Er ist eine Positionierung des Parlaments als Grundlage für weitere Verhandlungen. Wir wollen eine Lösung. Wir wollen aber eine Lösung, die beides, die unternehmerische Sicht und die soziale Sicherheit, auf Augenhöhe behandelt und einen Kompromiss findet. Daher bitte ich, den Antrag des Sozialausschusses zu unterstützen.

 
  
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  Harald Ettl, im Namen der PSE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Ein besonderes Dankeschön an Ria Oomen-Ruijten für die ausgezeichnete Arbeit. Wenn der Vertreter der deutschen Ratspräsidentschaft heute von Maximalforderungen geredet hat, dann ist das wohl eine maßlose Übertreibung, die jeder Grundlage entbehrt.

Der Richtlinienvorschlag ist als Teil der Lissabon-Agenda anzusehen und erfüllt die Forderungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass mit dem Abbau der Hemmnisse für die Arbeitnehmerfreizügigkeit auch der Erwerb und die Wahrung der erworbenen Rechte und Ansprüche bei Zusatzpensionen gesichert werden müssen. Für die Mitgliedstaaten ist eine fünfjährige Anpassungs- und Gestaltungsfrist für eine faire Behandlung der ruhenden Ansprüche vorgesehen.

Dieser Punkt in Artikel 5 ist zugleich Kernelement des Richtlinienvorschlags. Wird der Antrag des Abgeordneten Mann dazu angenommen, nimmt man dem Richtlinienvorschlag den wesentlichen Inhalt, und für die Arbeitnehmerseite wird die Vorlage wertlos. Wir verabschieden Wirtschaftsgesetze, reden großartig über gute soziale Rahmenbedingungen, tun dann aber das Gegenteil. Eine derartige Vorgangsweise, durch Thomas Manns Abänderungsvorschläge auf die Spitze getrieben, ist für die Sozialdemokratische Fraktion nicht annehmbar, weil diese Punkte auf die Kernelemente und auf die Schlüsselfragen des Richtlinienvorschlags abzielen.

Ich bitte Sie darum, der Vorlage der Berichterstatterin für eine fortschrittliche Lösung zu folgen.

 
  
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  Luigi Cocilovo, im Namen der ALDE-Fraktion. (IT) Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte der Berichterstatterin sowie den zahlreichen Abgeordneten, die als Schattenberichterstatter tätig waren, für ihre Bemühungen und für die Bearbeitung dieses vielschichtigen Themas danken.

Ich möchte jedoch klarstellen, dass die Vielschichtigkeit niemandem entgehen dürfte. Es gibt niemanden, der über die Unterschiede zwischen den diversen Fonds nicht Bescheid wüsste: Umlagefonds, kapitalgedeckte Fonds, leistungs- und beitragsbezogene Fonds, Fonds, die in Wahrheit Betriebskassen sind, und Fonds, die auf der Grundlage von Pensionsrückstellungen der Unternehmen gebildet werden. Es ist daher schwierig, Lösungen zu finden, die dieser äußerst differenzierten Situation Rechnung tragen. Gleichwohl ist auch wahr, dass wir in dieser Sache mehr Konsequenz hätten zeigen müssen.

Ich denke dabei insbesondere an den Rat, der sich meines Erachtens in einen Sumpf verwandelt, der sämtliche Bemühungen des Parlaments um eine ausgewogene und kohärente Fortentwicklung im Sozialbereich aufsaugt und zersetzt. Das gilt beispielsweise für die Arbeitszeitrichtlinie und die Richtlinien, die das Parlament zur Regelung der Leiharbeitsunternehmen angenommen hat. Im Rahmen des Möglichen haben wir einige Fortschritte erzielt, obwohl wir unvermeidliche Kompromisse oder sogar vollständige Niederlagen hinnehmen mussten, doch bei der Übertragbarkeit sind wir keinen Schritt vorangekommen. Das Problem wurde einmal mehr aufgeschoben.

In diesem Punkt hoffen wir, dass die bescheidenen, jedoch positiven Schritte in Richtung der Gewährleistung einiger Mindestanforderungen nicht wieder zunichte gemacht werden. Dazu gehören beispielsweise die Anwartschaftsbedingungen für Arbeitnehmer, die unter die zweite Säule fallen, die Bedingungen für die Erstattung der vor der Begründung einer Anwartschaft für ausscheidende Arbeitnehmer eingezahlten Beiträge und die Bedingungen für die Behandlung ausscheidender Arbeitnehmer, die ihre Beiträge im Fonds belassen, insofern die Leistungsauszahlung im Wesentlichen verschoben wird, jedoch bereits Ansprüche in deren Höhe erworben wurden. Bei diesen Fragen sind die in dem Bericht angegebenen Mindestschwellen in einigen Fällen noch strittig oder wurden in Frage gestellt.

In Zukunft brauchen wir einen anderen Ansatz, um diese Probleme in Angriff zu nehmen – einen Ansatz, der sicherstellt, dass wir den an Mobilitätsprozessen beteiligten Arbeitnehmern zumindest die Sicherheit bieten können, dass sie nicht diskriminiert oder benachteiligt werden. Ich bin jedoch der Auffassung, dass jede unter den angegebenen Schwellenwerten bleibende Lösung derart negativ wäre, dass der in der Ablehnung im Parlament bestehende Ausweg das kleinere Übel wäre. Wir hoffen, dass zumindest der im Rahmen dieser Schwellenwerte erzielte Kompromiss im Verhältnis zum Rat aufrechterhalten werden kann.

 
  
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  Jean Lambert, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Auch ich möchte der Berichterstatterin für ihre Arbeit danken. Wie wir bereits gehört haben, war es kein leichter Weg bis zur heutigen Abstimmung, da wir auf immer wieder neue und manchmal kompromisslose Positionen des Rates reagieren mussten.

Meine Fraktion wird mehrere Änderungsanträge des Ausschusses unterstützen, vor allem die Anträge zur Änderung des Anwendungsbereichs dahin gehend, dass die Richtlinie nicht Arbeitnehmer, sondern Personen einschließt, die sicherlich dazu beitragen werden, dass die Regelung auch auf bestimmte Sonderfälle angewandt werden kann. Wir erwarten von dieser Richtlinie, dass sie alle einschließt, die mit ihrer Arbeit zu diesen Rentensystemen des zweiten Pfeilers beigetragen haben, und dass sie ohne Diskriminierung angewandt wird. Aus diesem Grund werden wir Änderungsantrag 34 sowie die Änderungsanträge einer anderen Fraktion nicht unterstützen.

Es wurde gesagt, dass die Mobilität zunehmend als wichtig angesehen wird. Tatsächlich gehört die Mobilität zu unserem Leben. Flexicurity ist ein Schlagwort in unseren Diskussionen, und mobile Arbeitnehmer brauchen ein sicheres Fundament, das unter anderem aus der Rente besteht. Es ist wichtig, dass sie die Risiken ihrer Altersversorgung aufteilen können, aber individuelle Versorgungsregelungen sind nicht unproblematisch, wie unsere Aussprache über Equitable Life in dieser Woche gezeigt hat. Dieses Beispiel sollte allen Mitgliedstaaten eine Warnung sein, die dazu tendieren, sich ausschließlich auf staatliche und private Rentensysteme ohne den Pfeiler der betrieblichen Rente zu verlassen. Wie wir wissen, enthält dieser Vorschlag keine Bestimmung, die die Einführung solcher Systeme vorschreibt, daher sollten diese Mitgliedstaaten den anderen keine Steine in den Weg legen.

Die Versicherten sollten aus der Gesamtsumme der angesparten Rentenbeiträge Leistungen erhalten und nicht zusehen müssen, wie ihre Beiträge bei mehreren Versicherungsträgern liegen und langsam zusammenschrumpfen. Änderungsantrag 48 zur Wiedereinführung der Portabilität, die das zentrale Element dieses Vorschlags ist, soll dies sicherstellen. Wir sind uns darüber im Klaren, dass es dafür keine Mehrheit gibt, aber wir wollen ein Zeichen setzen und den Rat wissen lassen, dass er endlich eine Regelung für diesen Bereich schaffen muss, weil hier dringender Bedarf besteht. Derzeit haben viele von uns den Eindruck, dass der Rat eine Verzögerungstaktik betreibt und zeitweise seine eigenen Forderungen nach mehr Mobilität unterläuft.

Wir brauchen Regelungen zum Schutz ruhender Ansprüche von Versorgungsanwärtern. Deshalb können wir Änderungsantrag 38 nicht unterstützen, der unserer Ansicht nach nicht den Interessen unserer Bürger, sondern nur dazu dient, diesen Vorschlag zu untergraben. Wir werden in diesem Punkt die Position des Ausschusses unterstützen. Mit den altersbezogenen Bestimmungen in Artikel 4 und den langen Unverfallbarkeitsfristen in den Änderungsanträgen des Ausschusses haben wir jedoch Probleme. Wir betrachten sie als diskriminierend, und entgegen den Aussagen der Kommission glauben wir, dass sich die aktuelle Entwicklung fortsetzen und die Mobilität auch bei über 25-Jährigen zunehmen wird. Änderungsantrag 47 beruht deshalb auf dem in den Mitgliedstaaten geltenden gesetzlichen Mindestalter für die Ausübung einer Vollzeitbeschäftigung, das zumindest in einem Fall bei 15 Jahren liegt. Wir können eine Regelung, die über den Vorschlag der Kommission hinausgeht, nicht unterstützen.

Außerdem treten wir mit Änderungsantrag 49 für die schnellstmögliche Umsetzung ein. Doch jetzt muss der Rat seiner Verantwortung gerecht werden und einen Vorschlag vorlegen, der das umsetzt, was der Rat zugesagt hat, und der die Situation der Arbeitnehmer verbessert, die innerhalb der Europäischen Union ihren Arbeitsplatz wechseln.

 
  
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  Jiří Maštálka, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (CS) Meine Damen und Herren, ich möchte zunächst die Berichterstatterin zu dieser umfassenden Arbeit beglückwünschen – sie hat in der Tat den gesamten ursprünglichen Kommissionsvorschlag umgeschrieben.

Leider ist es ihr meines Erachtens nicht gelungen, einige wichtige Differenzen zu beseitigen und einen Kompromissvorschlag auszuarbeiten, der für alle akzeptabel wäre – wie wir dies an dem weiterhin negativen Ansatz einiger Mitgliedstaaten sehen. Ich halte es auch für bedauerlich, dass der Rat trotz der langwierigen Verhandlungen über den Entwurf nicht in der Lage war, einen gemeinsamen Standpunkt zu finden.

Was mich betrifft, so ist der ursprüngliche Kommissionsvorschlag aus meiner Sicht weitaus angemessener für die betroffenen Teile der Bevölkerung als der Vorschlag der Berichterstatterin, denn er bietet Rentenberechtigten mehr Rechte. Es ist kaum verständlich, warum die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäische Demokraten weiterhin den Vorschlag der Berichterstatterin unterstützt, obwohl der wichtigste Teil ausgelassen wurde, nämlich die Übertragbarkeit von Rentenansprüchen von einem Mitgliedstaat in einen anderen. Unsere Fraktion begrüßt die Streichung von Ziffer 6 zur Übertragung von Ansprüchen, nicht nur aufgrund der steuerlichen Fragen, des Fehlens eines gemeinschaftsweiten Berechnungssystems und des Fehlens von Mindeststandards bei der Indexierungspolitik, sondern hauptsächlich, weil die Übertragung von Rentenansprüchen höhere Kosten für die Rentenberechtigten zur Folge hätte.

Unsere Fraktion lehnt insbesondere die vom Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten angenommenen Punkte ab, weil sie den ursprünglichen Kommissionsvorschlag untergraben, beispielsweise durch die Heraufsetzung des Mindestalters für die Einlösung dieser Ansprüche von 21 auf 25 Jahre, die Verkleinerung des Kreises derer, denen diese Ansprüche gewährt werden, die Herausnahme Selbstständiger aus dem Entwurf und die Verlängerung der Dauer der Mitgliedschaft in einem System, um diese Ansprüche einzufordern, auf fünf Jahre.

Mit anderen Mitgliedern unserer Fraktion – der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke – habe ich eine Reihe von Änderungsanträgen eingereicht, mit denen diese äußerst wichtigen Punkte zumindest verbessert werden dürften. Unser Abstimmungsverhalten insgesamt wird davon bestimmt sein, ob unsere Änderungsanträge angenommen werden.

 
  
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  Derek Roland Clark, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Die vier Rentenexperten, die im Mai des vergangenen Jahres an einer Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten teilnahmen, hielten diese Richtlinie nicht für eine optimale Lösung. Sie erklärten, dass damit das Subsidiaritätsprinzip nicht ausreichend gewahrt wird und zu viel zu schnell erreicht werden soll.

Sogar im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten ist die Richtlinie umstritten. Ich habe noch nie erlebt, dass die Mitglieder ihre Standpunkte so vehement und lautstark vertreten. Das liegt daran, dass dieses Thema überaus schwierig ist, weil die Mitgliedstaaten so unterschiedliche Ansätze im Bereich der Altersversorgung verfolgen. Es gibt unterschiedliche Systeme, daher ist das Thema so komplex.

Ich befürworte es ausdrücklich, dass Arbeitnehmer mobil sind und ihre Rentenansprüche bei einem Arbeitsplatzwechsel mitnehmen und in das bestehende System weiter Beiträge einzahlen können, aber ich bin der Meinung, dass die Trägerunternehmen die Details regeln sollten. Dafür sind sie schließlich da. Sie haben die fachliche Kompetenz – sollen sie sich also den Kopf darüber zerbrechen. Immerhin haben wir jetzt eine Dienstleistungsrichtlinie, die auch in diesem Bereich zu einer Vereinfachung beitragen sollte.

Ich fordere die Abgeordneten daher auf, meinen ablehnenden Änderungsantrag zu unterstützen. Sie werden sich dabei in guter Gesellschaft befinden: Der Vorschlag wurde bereits im Rat abgelehnt und deshalb wird er irgendwo in einem Regal verstauben.

 
  
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  Luca Romagnoli, im Namen der ITS-Fraktion. – (IT) Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Recht auf Freizügigkeit in den EU-Mitgliedstaaten darf in Bezug auf die Zusatzrenten nicht beeinträchtigt werden. Weder die Rentensysteme der einzelnen Mitgliedstaaten noch die Bedingungen für den Erwerb von Rentenanwartschaften dürfen die Portabilität der Rentenansprüche in Frage stellen.

Europas Bevölkerung hat im Durchschnitt eine längere Lebenserwartung und, wie Frau Oomen-Ruijten ganz richtig hervorgehoben hat, erlangen Zusatzrenten unionsweit zunehmend an Bedeutung, insbesondere wenn wir den Lebensstandard der älteren Bevölkerung im Rahmen eines europäischen Gesellschaftsmodells gewährleisten wollen, das, obwohl es verbesserungswürdig ist, ein System bleibt, das seinesgleichen auf anderen Kontinenten sucht.

Es ist daher unerlässlich, die Mechanismen für den Erwerb von Zusatzrentenanwartschaften und deren Übertragbarkeit weiter zu verbessern, ohne Abstriche von dem zu tolerieren, was als unbedingt notwendig erscheint. Insbesondere sollte der Anwendungsbereich aller zusätzlichen Gruppensysteme ausgedehnt werden. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass in diesen Bericht die Grundsätze aufgenommen werden, die auch für Invaliditäts- und Hinterbliebenenrenten gelten.

Was die Beitragszeit anbelangt, so stimme ich dem erforderlichen Mindestzeitraum von fünf Jahren für die Begründung der Anwartschaft und den anderen Bedingungen, die in den Änderungsanträgen zur Regelung dieser Anwartschaft niedergelegt sind, zu. Die Bedingungen für die Behandlung von Zusatzrentenansprüchen, die ausscheidende Arbeitnehmer erworben haben, erscheinen ausgewogen, wohingegen ich der Auffassung bin, dass weitere Fortschritte vonnöten sind, um die Portabilität der Ansprüche zu verbessern.

Schließlich leben wir in einer Zeit, da die Mitgliedstaaten versuchen, Flexibilität und Mobilität bei der Arbeit, deren Ausmaße ich für übertrieben halte, mit Anreizen für den Zugang zur sozialen Sicherheit zu verbinden.

In diesem Rahmen sollten die Sorgen der jungen Leute um ihre zukünftigen Renten und einen menschenwürdigen Lebensstandard im Alter, der wohl kaum aufrechterhalten werden kann, nicht nur ständig wiederholt, sondern ernsthaft von den Institutionen in Angriff genommen werden, umso mehr als sich gezeigt hat, dass die Rentensysteme mit festgelegtem Beitragsplan geringere Garantien für Renten bieten, die den Lebenshaltungskosten angemessen sind. Wie die Berichterstatterin und viele andere Kollegen betonten, sollte die Mobilität bei der Arbeit besser belohnt werden, vor allem durch Zusatzrentengarantien.

 
  
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  Jim Allister (NI). – (EN) Frau Präsidentin! In einer Zeit, in der nur noch wenige Arbeitsplätze eine lebenslange Beschäftigung bieten, in der die staatlichen Rentensysteme generell nicht mehr ausreichen, in der uneingeschränkte Arbeitsmobilität herrscht und in der Europa besonders stark von der Überalterung der Bevölkerung betroffen ist, sind Unzulänglichkeiten der Versorgungssysteme für unsere Bürger zunehmend von Bedeutung. Deshalb sollte alles getan werden, um angemessene und flexible Rentensysteme sicherzustellen.

Zusatzrenten sind für viele ein wichtiger Teil ihrer finanziellen Absicherung, daher sollten die hierfür geltenden Regelungen kein Hindernis darstellen und nicht restriktiv sein. Noch sollten sie den Regierungen Zugriff darauf ermöglichen, zum Beispiel über verdeckte Steuern, wie dies im Vereinigten Königreich häufig der Fall ist.

Mein wichtigstes Anliegen ist aber, dass wir mit der Förderung der Mobilität von Rentenansprüchen nicht einfach noch eine weitere EU-Regelung einführen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich hier um freiwillige Systeme handelt. Die Mitgliedstaaten müssen die Kontrolle darüber behalten, was in ihren eigenen Ländern mit ihren unterschiedlichen Systemen und Praktiken geschieht.

 
  
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  Thomas Mann (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Im Binnenmarkt soll die Mobilität der Arbeitnehmer gefördert und nicht behindert werden. Das gilt auch für Ansprüche aus Betriebsrenten beim Arbeitsplatzwechsel. Doch die Systeme sind unterschiedlich geprägt. In Frankreich und Spanien gelten sie vorwiegend für Manager. In Mitgliedstaaten wie Österreich, Luxemburg und Deutschland sind sie eine freiwillige Leistung. Ziel ist es, qualifizierte Mitarbeiter langfristig an die Unternehmen zu binden. Betriebstreue wird also belohnt. Der Wert beträgt allein in Deutschland 250 Milliarden Euro.

Was in den Mitgliedstaaten eigenverantwortlich erreicht wurde, darf aber nicht durch europäische Zwangsharmonisierung zerstört werden. Zu hohe Mindeststandards und zu hohe Kosten verhindern, dass betriebliche Systeme neu entstehen oder erhalten bleiben. Der EU-Durchschnitt liegt bei 10 %. Ein Beitrag zu seiner Erhöhung sind meine Änderungsanträge, die die Unterstützung der EVP-ED-Fraktion gefunden haben.

Erstens: Ich bin für die Absenkung des Mindestalters auf 25 Jahre. Die Kommission will 21 Jahre. Der vorliegende Bericht verzichtet sogar völlig auf Altersangaben. Das funktioniert nicht! Jüngere Arbeitnehmer wechseln häufig ihren Arbeitgeber, was zu einer Fülle von Kleinstrenten und zu enormen Verwaltungskosten führt.

Zweitens: Die Unverfallbarkeit von fünf Jahren unterstützt – im Gegensatz zur Auffassung des Kollegen Ettl – die Position der deutschen Ratspräsidentschaft, die sich intensiv um Einigung bemüht hat. Die von der Kommission geforderten zwei Jahre werden Mehrkosten von 20 % verursachen. Das weiß die Kommission. Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten will überhaupt keine Fristen. Wer soll das bezahlen?

Drittens: Gemeinsam mit 80 Kollegen bin ich für die Streichung der Dynamisierung. Wenn Mitarbeiter, die das Untenehmen gewechselt haben, genau so behandelt werden sollen wie Mitarbeiter, die im Betrieb sind, entstehen Mehrkosten von 30 %. Der niederländische Sozialminister befürchtet ein finanzielles Debakel für sein Land, in dem 90 % aller Beschäftigten Betriebsrente erhalten.

Nur auf der Grundlage von Machbarkeit und Finanzierbarkeit haben Betriebsrenten eine echte Zukunftschance. Sollten die Anträge meiner Fraktion nicht angenommen werden, empfehle ich die Ablehnung des gesamten Berichts.

 
  
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  Jan Andersson (PSE).(SV) Frau Präsidentin! Lassen Sie mich zunächst der Berichterstatterin, Frau Oomen-Ruijten, für ihren konstruktiven und ausgewogenen Vorschlag danken.

Zusatzrenten spielen in vielen Mitgliedstaaten eine wichtige Rolle und werden in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen. Meiner Ansicht nach zeichnet sich der Bericht durch eine große Ausgewogenheit aus. So wird einerseits die geografische Freizügigkeit zwischen den Mitgliedstaaten gesichert und andererseits der Unterschiedlichkeit der einzelnen Systeme Rechnung getragen.

Einige behaupten, dass diese Richtlinie unnötig sei, aber das Gegenteil ist der Fall, sie ist dringend notwendig. Viele der in Europa existierenden Systeme wurden ausgehend von einem Arbeitsmarkt geschaffen, der früher ganz anders aussah. Heute haben wir einen flexiblen Arbeitsmarkt zwischen den Ländern und Unternehmen sowie über Ländergrenzen hinweg, was auch zu Veränderungen in den Rentensystemen führen muss.

Ich bin aus verschiedenen Gründen schon immer gegen das Recht auf Übertragung der Renten gewesen und bin froh, dass es jetzt gestrichen wurde. Wir haben unterschiedliche Steuersysteme und Lebenserwartungen in den einzelnen Ländern. Außerdem würde ein Recht auf Übertragung der Renten teilweise zu einer Aushöhlung der Fonds für diejenigen führen, die in dem jeweilige Fonds verbleiben. Es ist wichtiger, wie vorgeschlagen zu verfahren, nämlich uns auf die ruhenden Ansprüche zu konzentrieren, damit diejenigen, die einen Rentenfonds verlassen, nicht diskriminiert werden, sondern ihre Rechte voll und ganz anerkannt bekommen.

Meiner Ansicht nach sollten die Anwartschaftszeiten und das Mindestalter so niedrig wie möglich sein, da sie die Mobilität behindern. Hier haben wir im Parlament ein Maß an Ausgewogenheit gefunden, das auch berücksichtigt, dass wir langfristig Anwartschaftszeiten und Mindestalter aufgeben.

Wenn das Parlament für den Vorschlag von Frau Oomen-Ruijten und dem Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten stimmt, bestehen gute Voraussetzungen für eine Einigung. Wir haben versucht, einen Dialog mit dem Rat zu führen und sind in unseren Auffassungen nicht weit voneinander entfernt. Ich hoffe, wir stimmen dieser Stellungnahme zu. Meiner Ansicht nach wird dies auch ein Anreiz für den Rat sein und eine Übereinkunft bei der zweiten Lesung ermöglichen.

 
  
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  Ona Juknevičienė (ALDE).(LT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir behandeln heute eine sehr wichtige Richtlinie, mit der die Freiheit der Arbeitnehmer, eine angemessene Beschäftigung zu wählen, gestärkt werden sollte. Sie sollte ein weiterer Stimulus sein, um die Wettbewerbsfähigkeit des Arbeitsmarktes der Gemeinschaft zu verbessern. Ich beglückwünsche Frau Oomen-Ruijten, die dieses Dokument vorbereitet hat, und ich hoffe, dass bei der Abstimmung eine Mehrheit des Parlaments sie unterstützen wird.

Ich beglückwünsche Sie zu Ihren Bemühungen, die Mobilität der Arbeitnehmer zu fördern und alle Hindernisse zu beseitigen, die ihr im Weg stehen. Diese Richtlinie ist ein Schritt hin zu einer Wiederbelebung des Arbeitsmarktes, Anreize für Investitionen und Wettbewerb und die Stärkung der sozialen Sicherheiten für die Arbeitnehmer.

Gemeinschaftsmitglieder haben das Recht, zu entscheiden, ob sie Zusatzrentensysteme haben wollen. Derzeit gibt es sie in sieben der zehn Mitgliedstaaten, die 2004 beigetreten sind, nicht. Dazu gehört Litauen. In einigen Ländern sind Zusatzrentensysteme nicht weit verbreitet und schließen nur einen unwesentlichen Teil der Beschäftigten ein. Ich hoffe, dass diese Länder, in denen es keine Zusatzrentensysteme mit Arbeitgeberbeteiligung gibt, die Vorteile dieser Systeme verstehen und die Erfahrungen ihrer Nachbarn nutzen werden, um solche Systeme für ihre Bevölkerung einzurichten.

Damit die vorgeschlagene Richtlinie ihr Ziel erreicht, ist es sehr wichtig, dass Zusatzrentensysteme mit Arbeitgeberbeteiligung begünstigt werden, und angesammelte Mittel nicht nur innerhalb jedes Landes, sondern in der ganzen Gemeinschaft übertragbar sind. Es ist auch sehr wichtig, dass Arbeitgeber das Recht haben, die Rentensysteme und Formen der Portabilität auszuwählen, die kostengünstig sind und keine finanziellen Verluste mit sich bringen.

Ich unterstütze den Standpunkt der Berichterstatterin, dass diese Richtlinie so breit wie möglich angewendet werden sollte, und es keine Ausnahmen bei der Auflage einer Übertragbarkeit der Ansprüche geben sollte. Eine flexible und tatsächliche Portabilität von Renten ist eine ergänzende soziale Garantie für Arbeitnehmer und ein Antrieb, die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu nutzen. Dadurch wird wiederum ein Hindernis bei der Mobilität aus dem Weg geräumt, das Potenzial des Arbeitsmarkts der gesamten Europäischen Union ausgeschöpft, und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit verbessert.

 
  
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  Elisabeth Schroedter (Verts/ALE). – Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kommissar, sehr geehrter Herr Ratspräsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist bedauerlich, dass dieses Thema vor allen Dingen in dem Land, das ich am besten kenne, immer noch nach der völlig veralteten Ansicht behandelt wird, Betriebsrenten seien eine Prämie für langjährige Betriebszugehörigkeit. Das sind sie doch längst nicht mehr! Sie sind die zweite Säule der Altersversorgung, und sie werden häufig tariflich in Verbindung mit Lohnverzicht vereinbart, und zwar in den heutigen Lebens- und Arbeitsbiografien. Diese Biografien sind gekennzeichnet von Mobilität, Unterbrechungen und verschiedensten Arbeitsverhältnissen. In den unteren Einkommensstufen kann man heute von staatlichen Renten kaum noch leben.

Für diese Wirklichkeit ist der Kommissionsentwurf zur Übertragbarkeit von Betriebsrenten konsequent, logisch und ambitioniert. Es kann nicht sein, dass in der heutigen Zeit, wo Mobilität erstens erwünscht und zweitens das Berufsleben ohne sie gar nicht mehr vorstellbar ist, sowohl die Übertragbarkeit als auch die ruhenden Ansprüche aus einer Richtlinie für Betriebsrenten gestrichen werden sollen. Wer das vorhat, bringt die jüngere Generation darum, eine eigene Altersversorgung aufzubauen. Wer das vorhat, belastet in der Zukunft die öffentlichen Kassen, weil Menschen nach einem langen, aber bewegten Arbeitsleben in die Armut getrieben werden.

Ich bedauere es außerordentlich, dass die Bereitschaft der Mitgliedstaaten zu gering gewesen ist, den mutigen Schritt der Kommission mitzugehen. Die deutsche Präsidentschaft hat mit ihrem unannehmbaren Entwurf zum Scheitern im Rat beigetragen, und sie sollte sich nicht hinter den Niederländern verstecken.

Selbst wenn die Übertragbarkeit heute noch keine Mehrheit bekommt, dürfen wir dieses wichtige Anliegen für die Alterssicherung der nächsten Generation langfristig nicht aufgeben und müssen dieses Ziel gemeinsam – vielleicht in kleinen Schritten – erreichen.

 
  
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  Mary Lou McDonald (GUE/NGL). (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte Frau Oomen-Ruijten ebenfalls zu ihrer Arbeit gratulieren. Ich bin wie sie der Auffassung, dass wir uns mit dem, was dieses Parlament will, und dem, was die Bürger in Europa brauchen, befassen müssen, weil außer Frage steht, dass die Bürger aus den unterschiedlichsten Gründen mobiler sind als früher und dass diese Mobilität gefördert und unterstützt werden muss.

Ich unterstütze den ursprünglichen Vorschlag der Kommission, der über den uns heute vorliegenden Bericht hinausgeht. Ich verstehe nicht, weshalb vorgeschlagen wird, das Mindestalter von 21 auf 25 Jahre heraufzusetzen. Ich räume ein, dass sich Arbeitnehmer häufig erst sehr viel später über ihre Rentenansprüche Gedanken machen, aber ich glaube, dass wir die Menschen grundsätzlich ermutigen sollten, möglichst frühzeitig entsprechende Regelungen zu treffen und sich mit diesen Dingen zu befassen. Aus diesem Grund werden wir in unserer Fraktion die Anträge unterstützen, die auf eine Änderung dieser altersbezogenen Bestimmungen abzielen.

Außerdem ist mir nicht klar, weshalb diese Regelungen nicht auch für Selbstständige gelten. Ich halte dies für sehr bedenklich, und diese Bedenken werden sich im Abstimmungsverhalten unserer Fraktion widerspiegeln.

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM). – (EN) Frau Präsidentin! Die Ergebnisse der Untersuchung zur Aufklärung der Vorfälle um Equitable Life haben bei vielen Zweifel geweckt, ob ihre Rente sicher ist. Wer sich während seines Arbeitslebens finanziell einschränkt, um Geld für den Ruhestand zur Seite zu legen, tut dies aus einem ganz bestimmten Grund: Er will sich und seine Familie absichern. Angesichts der demografischen Entwicklung und der sich abzeichnenden Überalterung der europäischen Bevölkerung haben die Bürger das Gefühl, sich nicht auf die staatliche Rente verlassen zu können. Der Staat wird pragmatisch handeln und tun, was getan werden muss, wenn über ein Drittel der Bevölkerung über 65 Jahre alt ist. Die Arbeitnehmer von heute betrachten die staatlichen Rentensysteme als Fundament, auf dem sie durch Zusatzrenten ihr Einkommen für möglicherweise 20, 30 oder sogar 40 Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben erhöhen können.

Mir ist bewusst, dass es schwierig ist, einen Mittelweg zwischen dem Schutz bestehender Rentenregelungen und der Schaffung eines Rahmens zu finden, der dem Druck standhält, der durch die zunehmende Überalterung der europäischen Bevölkerung entstehen wird, und der zudem sicherstellt, dass Rentner nicht während ihres gesamten Ruhestands dafür streiten müssen, dass sie das Geld zurückbekommen, das sie in der Zeit ihrer Erwerbstätigkeit gespart haben.

 
  
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  José Albino Silva Peneda (PPE-DE).(PT) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Frau Oomen-Ruijten zu ihrem hervorragenden Bericht beglückwünschen. Sie hat uns einen kühnen, ausgewogenen und zeitgemäßen Vorschlag vorgelegt, der ganz klar in Richtung Entwicklung einer entscheidenden Komponente des europäischen Aufbauwerks, und zwar in Richtung mehr Freizügigkeit mit mehr Schutz geht.

Meine Damen und Herren! Die Globalisierung der Wirtschaft und die Alterung der Bevölkerung sind zwei Fragen, auf die Europa noch keine eindeutige und überzeugende Antwort gefunden hat. Eine globalisiertere Wirtschaft setzt die Bereitschaft zur Veränderung voraus, und das wiederum bedeutet eine größere Mobilität. Voraussetzung für die Mobilität der Beschäftigten ist wiederum die Gewährleistung des Erwerbs, der Bewahrung und der Übertragung von Rentenansprüchen. Darüber hinaus ist die Mobilität von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung des Binnenmarktes.

Zum anderen zwingt die Alterung der Bevölkerung mit dem damit verbundenen und vorhersehbaren Anstieg der öffentlichen Ausgaben, die finanzielle Nachhaltigkeit der Modelle der sozialen Sicherung zu gewährleisten. Diese Aufgabe wird umso leichter zu lösen sein, desto mehr die Voraussetzungen für Systeme geschaffen wurden, die die staatlich finanzierten Renten ergänzen. Die Tendenz geht aufgrund des finanziellen Drucks, vor denen die staatlichen Stellen durch die demografische Entwicklung gestellt werden, eindeutig in diese Richtung.

Die größte Herausforderung für die EU heute ist es, den Kernbereich der Werte, die die Grundlage des europäischen Sozialmodells bilden, zu erhalten und gleichzeitig auf der Weltbühne wettbewerbsfähig zu sein. Das wird nur möglich sein, wenn wir politisch handeln und wenn wir in der Lage sind, nicht nur einige Aspekte dieses Sozialmodells zu überarbeiten, sondern entschlossen auch die Vertiefung des Binnenmarktes angehen, insbesondere in Bezug auf den freien Verkehr, in diesem Falle den freien Personenverkehr. Der Vorschlag, über den wir heute diskutieren, ist ein sehr positives und ermutigendes Signal.

 
  
  

VORSITZ: LUISA MORGANTINI
Vizepräsidentin

 
  
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  Karin Jöns (PSE). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Herr Ratspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch an Frau Oomen-Ruijten für diese ausgezeichnete Arbeit! Wir können doch nicht von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern immer mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt verlangen und sie gleichzeitig auffordern, mehr für die eigene Altersvorsorge zu tun, ohne vielen von ihnen überhaupt auch nur irgendeine Chance zu geben, Betriebs- oder Zusatzrentenansprüche erwerben zu können. Rund 20 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten inzwischen nur noch befristete Arbeitsverträge. 40 % – der Kommissar hat es bereits gesagt – arbeiten inzwischen weniger als fünf Jahre in einem Betrieb. Betriebsrenten vor diesem Hintergrund als Treueprämien zu bezeichnen, wie dies beispielsweise in meinem Land der Fall ist, ist geradezu zynisch!

Wir brauchen dringend zeitgerechtere Regelungen. Wer an langen Unverfallbarkeitsfristen festhalten will, wer darüber hinaus die ruhenden Anwartschaften aus dem Geltungsbereich der Richtlinie völlig ausklammern möchte, und wer dann auch noch will, dass eine derart kärgliche Regelung erst 2018 in Kraft tritt, der ist immer noch nicht in der Realität angekommen! Das wollte ich eigentlich meinem Kollegen Thomas Mann sagen, der aber inzwischen bereits das Plenum verlassen hat.

Es kommt doch nicht von ungefähr, dass Kommission und Parlament hier ganz nah beieinander liegen. Wir müssen die Konsequenzen aus der zunehmenden Alterung unserer Gesellschaft ziehen. In meinem Land kamen z. B. 1970 noch acht Beschäftigte für eine Rente auf, 2030 werden es nur noch zwei Beschäftigte sein. Deshalb müssen wir schleunigst die Notbremse ziehen. Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, dass jeder Arbeitnehmer auch wirklich die Chance hat, sich selbst die geforderte Vorsorge erarbeiten zu können. Natürlich müssen auch die Arbeitgeber mit in die Pflicht genommen werden. Mir kann niemand weismachen, dass die von uns vorgeschlagenen Regelungen – so wie sie im Bericht Oomen-Ruijten stehen – Zigtausende von Unternehmen in die Insolvenz treiben!

 
  
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  Anne E. Jensen (ALDE).(DA) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Herr Ratsvorsitzender! Auch ich halte den Vorschlag, den Frau Oomen-Ruijten heute vorgelegt hat, für konstruktiv und möchte ihr danken. Der Vorschlag trägt der Mobilität auf dem Arbeitsmarkt umfassend Rechnung, ohne bestehende Systeme der gegenseitigen Unterstützung wie die dänischen Arbeitsmarktrenten zu unterlaufen. Auch wenn man viel Verständnis für Bestimmungen wie die von der Kommission vorgeschlagenen haben mag, die es ermöglichen würden, das eigene Rentensystem ungehindert zu übertragen, so ist es doch schwierig, ein Modell zu finden, das zu den bestehenden Regelungen passt. Daher halte ich die erreichte Lösung, die keine Übertragung von Renten vorsieht, für gut.

In Dänemark haben wir Bestimmungen, die das Recht der Arbeitnehmer auf kostenlose Übertragung ihrer Renten in den ersten zwei Jahren nach einem Arbeitsplatzwechsel sicherstellen, und eine Höchstgrenze für die Gebühren festlegen, die Rentenversicherungsunternehmen erheben können, wenn eine Rente übertragen wird. Dies hält jedes einzelne EU-Land natürlich nicht davon ab, in ähnlicher Weise seine eigenen Regeln für die Übertragung von Renten zu entwerfen. Die uns vorliegenden Vorschläge sichern die grundlegenden Rentenansprüche des einzelnen Sparers und schließen Bestimmungen zum Erwerb von Rentenansprüchen sowie ruhenden Ansprüchen und der Bereitstellung von Informationen ein. Dies ist das Mindeste, das wir fordern müssen. Und für diejenigen, die beim Wechsel des Arbeitsplatzes nationale Grenzen überschreiten, sind diese Rechtsvorschriften äußerst wichtig.

 
  
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  Kyriacos Triantaphyllides (GUE/NGL).(EL) Frau Präsidentin! Der Richtlinienvorschlag, über den wir hier sprechen, fördert Unsicherheit, die Erleichterung von Entlassungen und Umschulung und Neueinstellung in eine andere Arbeit zu unsicheren Bedingungen auf der Grundlage einseitiger Markterfordernisse, statt eine dauerhafte und geregelte Vollzeitarbeit mit Rechten. Trotzdem hat die Europäische Kommission den Vorschlag erneut vorgelegt und auf Kosten der Bürger ein politisches Spiel gespielt, um dessen Annahme zu sichern.

Dieser Vorschlag zielt darauf ab zu beseitigen, was in ihm als Hindernis für die Freizügigkeit zwischen Mitgliedstaaten und die Mobilität innerhalb eines Mitgliedstaates bezeichnet wird, Hindernisse, die durch einige Bestimmungen in den Zusatzrentensystemen geschaffen werden. Diese Hindernisse betreffen die Bedingungen für den Erwerb von Rentenansprüchen, den Erhalt von ruhenden Ansprüchen sowie die Übertragbarkeit erworbener Ansprüche. Diese werden natürlich alle nach unten nivelliert. Aus diesem Grunde können wir diesen Vorschlag leider nicht unterstützen.

 
  
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  Jens-Peter Bonde (IND/DEM).(DA) Frau Präsidentin, in Dänemark haben wir Rentenrücklagen in Höhe von mehr als 2 200 Milliarden Kronen, die sich durch Steuervergünstigungen angesammelt haben. Und nun kommt der Europäische Gerichtshof mit einem Urteil, das uns verbietet, in anderen Ländern aufgelaufene Rentenrücklagen zu besteuern. Wir sollen nun umfassende Steuervergünstigungen ohne die Garantie späterer Steuereinnahmen zulassen. Die Juni-Bewegung setzt sich für einen freien Wettbewerb ein, um den Menschen für ihre Beiträge die höchst möglichen Rentenzahlungen zu bieten, aber es muss ein fairer Wettbewerb sein.

Wir wollen auch unser mit Steuermitteln finanziertes Sozialmodell mit den gleichen sozialen Rechten für alle beibehalten. Beispielsweise erhalten die Bürger Altersrenten unabhängig davon, ob sie erwerbstätig waren oder nicht. Dies ist ein Bürgerrecht, das man allein dadurch erwirbt, in Dänemark zu leben. Müssen wir jedem, der sich in Dänemark niederlässt, Altersrenten zahlen, werden diese Renten bald gekürzt werden. Eine Regelung, die vorsieht, dass ein dänisches Ehepaar seine staatliche Rente und vorgezogene Altersrente unversteuert in ein Steuerparadies mitnehmen könnte, würde für die Gesellschaft so teuer sein, dass sie sich auf die Höhe dieser Renten auswirken würde.

Die EU muss dem andersartigen dänischen Modell mit seinen hohen Steuern und den entsprechend hohen Sozialleistungen Rechnung tragen. Wir brauchen praktische Regeln, die es den Menschen ermöglichen, ihre Renten mitzunehmen, wenn sie in ein anderes Land ziehen. Doch diejenigen, die wegziehen, müssen ihre Renten nicht von allen anderen bezahlt bekommen, die Steuern zahlen. Die Juni-Bewegung fordert den Rat und die Kommission auf, unsere mit Steuermitteln finanzierten sozialen Rechte zu respektieren.

 
  
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  Csaba Őry (PPE-DE).(HU) Wie Sie ebenfalls wissen, begingen wir 2006 das Jahr der Mobilität in Europa. Vertreter der europäischen Institutionen, Vertreter der Verwaltungen der Mitgliedstaaten sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen erläuterten auf zahlreichen berufsbezogenen Veranstaltungen ihre Standpunkte dazu, wie wichtig die Förderung der Mobilität innerhalb der Europäischen Union ist.

Ausgehend davon sollte sich jedes Organ der EU, die Europäische Kommission, der Rat, das Parlament und jeder Mitgliedstaat endgültig verpflichtet haben, die Mobilität im Allgemeinen und grundsätzlich zu fördern. Doch das gilt immer nur dann, so lange diese wichtige Frage ganz allgemein erörtert wird. Sobald es um eine Entscheidung über bestimmte Maßnahmen oder Bestimmungen geht, schwindet die Begeisterung, mit der die Entscheidungsträger während der allgemeinen Diskussion über diese Frage gesprochen haben, wie von Zauberhand. Im Vordergrund stehen Bedenken und Probleme. Dieses Gefühl haben wir auch, wenn die neuen Rechtsvorschriften, die die Portabilität von Zusatzrenten sicherstellen sollen, erörtert werden.

Befürworter des Erhalts des Status quo und völliger Passivität gibt es viele. Sie weisen darauf hin, dass es in Deutschland ein seit langem bestehendes Modell gibt, das auch nicht im Geringsten geändert werden kann. Ich bin ganz und gar dafür, geschichtliche Traditionen zu achten. In diesem Fall sprechen wir jedoch über die Interessen aller europäischen Arbeitnehmer und die gesamte europäische Wirtschaft. Ich bin in jedem Fall der Ansicht, dass diese Frage höhere Priorität hat. Wir können nicht zulassen, dass der Schwung der europäischen Entwicklung wegen solcher Einzelinteressen verloren geht, die, würden sie berücksichtigt, bedeuten würden, dass mehrere zehn Millionen Arbeitnehmer in einem bestimmten Mitgliedstaat gegenüber dem Rest der EU-Arbeitnehmer ernstlich diskriminiert würden.

Die Förderung der Mobilität, die Gewährleistung der Portabilität von Zusatzrenten sind Themen, die in jedem Fall auf EU-Ebene behandelt werden müssen. Gelingt uns dies nicht, werden wir wohl gegenüber dem internationalen Wettbewerbsumfeld weiter zurückfallen, in dem wir mit unseren Herausforderern, den Volkswirtschaften in Südostasien, Indien und Nordamerika, konkurrieren. Wir müssen einsehen, dass unvermeidbare Ereignisse geschehen, und dass es äußerst wichtig ist, Maßnahmen zu ergreifen, die über Grenzen und Arbeitskräfte hinausgehen. „It is a must“, wie die Engländer sagen. Ich möchte Sie daher bitten, dies zu unterstützen. Eine weitere, abschließende Bemerkung. Renten und Investitionen betreffen Arbeitnehmer persönlich, vor allem, wenn Unternehmen dafür bezahlen.

 
  
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  Alejandro Cercas (PSE).(ES) Frau Präsidentin! Ich werde dort fortfahren, wo Herr Őry geendet hat, denn ich teile mit ihm die Sorgen und die Genugtuung. Auch ich beglückwünsche den Ausschuss, die Berichterstatterin, Frau Oomen-Ruijten, für ihren Mut, dieses Minenfeld mit der Überzeugung und dem Willen betreten zu haben, voran zu kommen und die Hindernisse, die uns im Weg stehen, zu beseitigen.

Es ist entscheidend, dass unsere Worte mit unseren Taten im Einklang stehen. Es gilt, die der Mobilität und der Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Weg stehenden Hindernisse abzubauen. Wir sagten das bereits, in Lissabon wurde es erklärt, der Rat hat es tausend Mal wiederholt, aber wir kommen nicht weiter. Von größter Wichtigkeit ist auch, die Rechte der Arbeitnehmer, die mobil sind und sich in der Gemeinschaft und in unseren eigenen Ländern bewegen, zu achten und zu wahren.

Deshalb äußere ich meine Sorge angesichts der Schwierigkeiten im Rat und der Probleme, die heute auch im Parlament auftreten können. Ich bin vor allem beunruhigt, weil der Rat wieder einmal unsere begründeten, minimalen Hoffnungen zunichte macht. Die minimalen Fortschritte werden blockiert aufgrund nationaler Probleme und aus nationalem Eigeninteresse. Ich bin besorgt, denn es ist nicht das erste und wird nicht das letzte Mal sein, dass sich die Damen und Herren des Rates gegenüber den Forderungen der Europäer taub stellen. Ich bin besorgt, weil es heißt, die bisherige Tätigkeit des Parlaments würde der nachfolgenden Arbeit als Grundlage dienen, während der Konsens des Parlaments in keiner Weise dazu beiträgt, die Positionen des Rates aufzubrechen. Ich bin besorgt, weil eben diese Probleme des Rates in das Parlament getragen werden und wir heute eine schwierige Abstimmung haben werden.

Hoffen wir, Frau Oomen-Ruijten, dass die Änderungsanträge, die Ihren Bericht ausbremsen sollen, keinen Erfolg haben und dass Ihr vernünftiger, das Minimum enthaltende Bericht von allen unterstützt wird und als Grundlage für weitere Fortschritte dienen kann, die Europa dringend benötigt und die von den Bürgern verlangt werden, deren Meinung unsere Regierungen nicht hinreichend zur Kenntnis nehmen.

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki (ALDE). – (FI) Frau Präsidentin! Es muss möglich sein, Rentenansprüche von einem Land auf ein anderes zu übertragen. Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist davon abhängig, dass die Menschen ihre Rente ohne Schwierigkeiten, unbürokratisch und ohne Antragsverfahren beziehen können.

Ich bin daher dafür, die im Zusammenhang mit den Zusatzrenten für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer bestehenden Probleme aus der Welt zu schaffen. Die Übertragung von Zusatzrentenansprüchen von einem Rentensystem auf ein anderes ist allerdings aufwändig und erhöht den bürokratischen Aufwand und die Kosten. In künftigen Rechtsvorschriften der Europäischen Union sollte diese Möglichkeit der Übertragung von Zusatzrentenansprüchen deshalb nicht vorgesehen sein. Außerdem gibt es eine einfachere Lösung: Im Rahmen des betreffenden Zusatzrentensystems sollte dem Arbeitnehmer die Rente separat ausgezahlt werden, die sich in diesem System angesammelt hat. Das wäre eine einfachere, effektivere und kostengünstigere Lösung für die Arbeitnehmer, Rentenempfänger und die Rentensysteme selbst.

 
  
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  Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL).(EL) Frau Präsidentin! Wenn wir die Mobilität der Arbeitnehmer wahren wollen, müssen wir auch für die Portabilität ihrer Ansprüche sorgen. Wir können nicht erwarten, dass Arbeitnehmer sich mobil verhalten, die Mobilität aber letztlich dazu führt, dass sie ihre Rentenansprüche verlieren, die sie im Laufe vieler Jahre in ihrem Heimatland begründet haben. Es gibt hier enorme Hindernisse und Probleme, die von neoliberalen Ansätzen herrühren.

Ich möchte Frau Oomen Ruijten für Ihre wichtige Arbeit danken, bedauere jedoch sagen zu müssen, dass unsere Fraktion dem Bericht in der vorliegenden Fassung nicht zustimmen kann, weil er in der grundlegendsten Frage, die von der neuen Richtlinie geregelt wird, nämlich bei den Bedingungen für den Erwerb zusätzlicher Rentenansprüche, den ursprünglichen Vorschlag der Kommission verschlechtert, indem eine fünfjährige statt einer zweijährigen Unverfallbarkeitsfrist und ein maximales Mindestalter von 25 statt 21 Jahren gefordert werden. Im Interesse junger Arbeitnehmer ist eine günstigere Regelung in Artikel 4 der Richtlinie erforderlich. Daher rufe ich Sie dazu auf, die Änderungsanträge 50 und 51, die wir für wichtig erachten, zu unterstützen.

 
  
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  Johannes Blokland (IND/DEM).(NL) Frau Präsidentin! Ich möchte Frau Oomen-Ruijten zu ihrem Bericht beglückwünschen. Die Portabilität von Zusatzrentenansprüchen ist keine Selbstverständlichkeit. Wenn die Niederlande – die schließlich Vorreiter sind – in der Rentendebatte schon ein Veto erwägen, wenn eine neue Rentengesetzgebung vorgeschlagen wird, dann gibt das sicherlich zu denken.

Es ist ungemein wichtig, dass neue Schritte gesetzt und eine bessere Harmonisierung der einzelnen Rentensysteme gewährleistet werden. Neben der Harmonisierung gibt vor allem die finanzielle Leistungsfähigkeit der einzelnen Rentensysteme Anlass zur Sorge. Es leuchtet ein, dass nicht jedermann dem Bericht zustimmen kann, da die Berichterstatterin in Bezug auf die Kommissionsvorlage vorgeschlagen hat, keine weiteren Ausnahmen zuzulassen.

Mir stellt sich noch eine Frage. Wenn die Befreiungsmöglichkeit in Artikel 9 Absatz 3 entfällt, werden die Mitgliedstaaten dann zum Übergang auf ein kapitalgedecktes Rentensystem ermutigt? Das sollte doch sicherlich geschehen. In der Europäischen Union, in der es den Menschen freisteht, in verschiedenen Mitgliedstaaten zu arbeiten, muss es ein geeignetes Sozialversicherungssystem geben. Und die Übertragung von Rentenansprüchen, die individuell erworben wurden, ist dann das Mindeste.

 
  
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  Anja Weisgerber (PPE-DE). – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle sind uns einig, dass die Mobilität der Arbeitnehmer gefördert werden muss. Diese Richtlinie hat aber in vielen Mitgliedstaaten, wie zum Beispiel in Luxemburg, Österreich und Deutschland, große Auswirkungen auf die gesamten Betriebsrentensysteme. Lediglich 1,5 % der Arbeitnehmer wechseln zu einem Arbeitgeber in einem anderen Mitgliedstaat. Von der Richtlinie sind aber auch alle anderen 98,5 % der Arbeitnehmer betroffen, die in ihrem Mitgliedstaat bleiben. Und dies möchte ich an die Adresse von Frau Jöns sagen: Diesen Arbeitnehmern schaden wir, wenn die Betriebsrenten, die ja freiwillig sind, von den Unternehmen nicht mehr angeboten werden, weil sie nicht mehr finanzierbar sind. Dann können ganze nationale Systeme kollabieren.

Betriebsrenten sind angesichts der zunehmenden Alterung der Gesellschaft von großer Bedeutung. Die Unternehmen sind allerdings nicht verpflichtet, Betriebsrenten anzubieten. Eine Anwendung der Richtlinie auf Altzusagen – wie bisher vorgesehen – hätte eine Bestrafung der Unternehmen zur Folge, die in der Vergangenheit umfangreiche Pensionszusagen gegeben haben. Hier laufen wir Gefahr, dass sich Unternehmen aus der freiwilligen Betriebsrente zurückziehen.

Ferner soll nach dem jetzigen Vorschlag des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten sofort ab dem 25. Lebensjahr eine Rentenanwartschaft erworben werden, ohne dass eine Unverfallbarkeitsfrist gilt. Dies hätte einen enormen Bürokratie- und Kostenanstieg zur Folge und wäre damit nicht mehr finanzierbar. Die Anpassung der Rentenanwartschaften von ausgeschiedenen Arbeitnehmern an den Wert der Anwartschaften von aktiven Arbeitnehmern, die so genannte Dynamisierung, bedeutet einen Kostenanstieg von 30 %. Dies war der Hauptgrund, weshalb der niederländische Arbeitsminister gegen die Richtlinie gestimmt hat.

Wir brauchen zuverlässige, plan- und finanzierbare Regelungen. Wir sind für Mobilität, aber zu solchen Konditionen, dass die Betriebsrentensysteme, die für die Arbeitnehmer sehr wichtig sind, nicht in Gefahr geraten.

Sollten die diesbezüglichen Änderungsanträge nicht angenommen werden, werde ich deshalb im Sinne der Arbeitnehmer gegen den Bericht stimmen.

 
  
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  Ieke van den Burg (PSE).(NL) Frau Präsidentin! Gestatten Sie mir einige Bemerkungen. Zunächst zu der Analyse der deutschen Präsidentschaft, weshalb es derart schwierig ist, dieses Dossier zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Von Anfang an war es meines Erachtens falsch, dass Ausnahmen vereinbart wurden, insbesondere seitens Ihres Landes, was eine Lawine ins Rollen brachte, in deren Verlauf auch andere Länder auf Ausnahmen bestanden. Letzten Endes führte das dazu, dass von dem, was in der Richtlinie stand, nichts mehr übrig blieb. Das muss meines Erachtens in der Analyse Erwähnung finden.

Zweitens, die Rolle der Arbeitgeber, Sozialpartner und Rentenfonds selbst. Nach meiner festen Überzeugung müssen sie selbst das Nötige unternehmen, aber wie Kommissar Špidla bereits darlegte, haben sie ihre Chance vertan. Gleichwohl vertrete ich die Auffassung, dass, wenn wir diese Richtlinie jetzt ohne dieses Element der Werteübertragung annähmen, dies insofern als Anreiz dienen würde, als sie dieses Element selbst noch einmal überdächten. Und diesem speziellen Punkt möchte ich noch einmal den nötigen Nachdruck verleihen. Ich war auch gegen Artikel 6 der Kommissionsvorlage, der ein individuelles Recht auf Werteübertragung vorsah. Da jedoch eine Regelung vonnöten ist, müssen die erforderlichen Anstrengungen unternommen werden.

Was die ruhenden Ansprüche betrifft, Herr Mann, waren die Niederlande bestimmt nicht deshalb gegen diesen Teil, weil er nicht finanzierbar wäre. Wir haben dafür in unserem Land eine wunderbare Regelung gefunden, der zufolge Inhaber ruhender Ansprüche auch an den Erträgen, die ihre Beitragseinlagen erzielen, beteiligt sind. Niederländer, die beispielsweise in Deutschland oder anderen Ländern gearbeitet haben und mobil waren, haben keinen Zugang zu den von ihnen in diesen Ländern erworbenen Ansprüchen. Das ist eine unfaire Behandlung. Deshalb ist Artikel 5 über ruhende Ansprüche meines Erachtens derart wichtig. Zutiefst enttäuscht bin ich daher sowohl über die deutsche Präsidentschaft als auch über Herrn Mann, die sich nunmehr darum bemühen, dass diese Rechte nur für künftige ruhende Ansprüche gelten. Das Argument der rückwirkenden Kraft ist wirklich Unsinn. Rentenansprüche werden jährlich festgestellt, nicht zuletzt für die aktiven Teilnehmer. Für ruhende Teilnehmer kann dies auf genau dieselbe Weise geschehen. Mit rückwirkender Kraft hat das nichts zu tun, sondern einfach nur mit der Anpassung von Regelungen. Und das ist eine angemessene Beteiligung, die sie haben müssen.

Kurzum, den Bericht Oomen-Ruijten befürworten wir vorbehaltlos, und wenn es nach uns geht, wird er hoffentlich nicht wie die Entsenderichtlinie in dem von Herrn Cocilovo erwähnten Morast stecken bleiben, sondern jetzt tatsächlich vom Rat in Angriff genommen.

 
  
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  Carlo Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das von den Arbeitnehmern für eine Zusatzrente eingezahlte Geld ist Geld, das den Arbeitnehmern gehört. Auch das Geld, das die Arbeitgeber einzahlen, damit ihre Beschäftigten später im Ruhestand besser leben können, ist Geld, das den Arbeitnehmern gehört. Es sollte daher keine Probleme bei der Annahme einer Richtlinie über die Portabilität von Ansprüchen geben, die die Arbeitnehmer ohnehin schon besitzen.

Herr Mann, Sie sagen, diese Richtlinie, die die Kommission so mutig vorgeschlagen hat, bringe erhebliche Kosten für die Versicherungsfonds mit sich, weshalb sie abgelehnt werden müsse. Ich setze dem entgegen, je höher die Kosten für die Rentenfonds sind, desto größer ist der Nutzen für die Arbeitnehmer und desto höher wird die Zahl der Arbeitnehmer sein, die den freiwilligen Pensionsfonds beitreten.

Letztendlich stelle ich wieder einmal mit Bedauern fest, dass der Rat als Bremse der Europäischen Union wirkt. Da die Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten der EU erforderlich ist, genügt eine einzige Gegenstimme im Rat, um einen Vorschlag zu blockieren. Daher frage ich mich, wieso wir weiterhin die Tatsache beklagen, dass in Frankreich und in den Niederlanden gegen die Verfassung gestimmt worden ist. Wir alle wollen Europa voranbringen, doch wenn es darum geht, die Erwartungen, die die Bürger in uns setzen, wirklich zu erfüllen, nehmen wir immer den Standpunkt ein, der am ungünstigsten für die Bürger und die Arbeitnehmer ist. Es ist klar, dass wir auf diese Weise nicht vorankommen können.

 
  
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  Proinsias De Rossa (PSE). – (EN) Frau Präsidentin! Ich gratuliere Frau Oomen-Ruijten und allen, die mitgeholfen haben, einen breiten Konsens auf diesem äußerst schwierigen Gebiet zu finden. Wir brauchen heute eine klare Mehrheit für den Bericht von Frau Oomen-Ruijten, und wir müssen dafür sorgen, dass die Änderungsanträge von Thomas Mann abgelehnt werden. Ich möchte an meine Kollegen und auch an die Kollegen in der GUE/NGL-Fraktion appellieren, über ihren eigenen Schatten zu springen und den Vorschlag bei der heutigen Schlussabstimmung zu unterstützen.

Es ist sehr enttäuschend, dass wir nach 20 Jahren der Diskussion über Portabilität und erworbene Ansprüche letztlich nicht mehr erreicht haben als eine Richtlinie, die im Grunde nur die Frage der erworbenen Ansprüche, nicht aber die Portabilität regelt. Nichtsdestotrotz unterstütze ich zum jetzigen Zeitpunkt diesen speziellen Ansatz. Ich weiß sehr genau, warum wir uns in der derzeitigen Lage befinden, und wir brauchen ein Signal von den Mitgliedstaaten, dass sie ernsthafte Schritte unternehmen werden, um die Hindernisse für eine uneingeschränkte Portabilität zu beseitigen.

Das Veto des Rates in diesem Politikbereich muss abgeschafft werden. Ich meine damit nicht speziell und nicht zwangsläufig das Veto im Zusammenhang mit dieser konkreten Richtlinie – obwohl ich dies für sinnvoll hielte –, ich bin vielmehr der Auffassung, dass das Veto im Bereich der Sozialpolitik generell abgeschafft werden muss. Ich hoffe, dass sich die anstehende Regierungskonferenz in den nächsten Monaten mit diesem Thema befassen wird. Die Ausweitung der Mehrheitsbeschlüsse wird nicht dazu führen, dass jemandem eine bestimmte Position aufgezwungen wird, aber sie wird bewirken, dass die Mitgliedstaaten und der Rat die anstehenden Probleme anpacken und darüber verhandeln müssen, anstatt Lösungen zu blockieren.

Ich glaube, dass der Rat nach der heutigen Abstimmung Ernst machen muss. Er kann nicht erwarten, dass die Gewerkschaften die im Zusammenhang mit der Arbeitsrechtsreform geforderte Anpassungsfähigkeit akzeptieren, wenn er selbst nicht bereit ist, eine Regelung für dieses für die Sicherheit der Arbeitnehmer zentrale Thema zu schaffen.

 
  
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  Gabriele Stauner (PPE-DE). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Herr Ratspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Richtlinienvorschlag bringt schwere Probleme mit sich, wie so oft, wenn Menschen unmittelbar betroffen sind. Hier geht es um nicht weniger als um Rentenanwartschaften, also um eine der Quellen, aus der das Auskommen im Alter gespeist wird. Deutschland, Österreich, die Niederlande und Luxemburg haben sehr detaillierte betriebliche Rentenversicherungssysteme, die von hoher Qualität sind und beiden Seiten – Arbeitnehmern und Arbeitgebern – zugute gekommen sind.

Ziel einer europäischen Richtlinie muss es sein, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem ursprünglichen Motiv der Betriebstreue und dem Erfordernis der Mobilität der Arbeitnehmer, was von der Wirtschaft und auch von der Europäischen Kommission ja so vehement eingefordert wird. Wie es bei der Übertragbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherungsansprüche innerhalb der Europäischen Union – der so genannten Proratisierung – funktioniert, so muss es meines Erachtens auch für die Betriebsrentenansprüche funktionieren. Wer Mobilität will, muss auch die damit verbundenen Konsequenzen tragen. Ich unterstütze die Änderungsanträge meiner Fraktion, doch unabhängig davon, ob sie angenommen werden oder nicht, unterstütze ich den Bericht insgesamt, weil er Sicherheit, Vorhersehbarkeit und Planbarkeit für Arbeitnehmer und Unternehmer bringt.

Allerdings zeigt dieser Richtlinienvorschlag auch ein grundsätzliches Problem auf, in dem sich die Gesetzgebung der EU in diesem sozialen Bereich befindet. Es ist nämlich Einstimmigkeit im Rat erforderlich. Dass diese im Rat kaum zu erreichen ist, zeigt dieser Fall exemplarisch, trotz der anzuerkennenden Bemühungen der derzeitigen Ratspräsidentschaft. Deshalb wird die Entscheidung unseres Parlaments kaum über den Tag hinaus Bestand haben, denn eine mögliche Entscheidung im Rat und ihr Inhalt sind offen. Wir als Parlament müssen deshalb – um erfolgreich für die Bürgerinnen und Bürger zu arbeiten – auf Mehrheitsentscheidungen auch in diesem Bereich dringen.

 
  
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  Monica Maria Iacob-Ridzi (PPE-DE). – Îndeplinirea obiectivelor de la Lisabona constituie o prioritate pentru noi toţi. De aceea, orice iniţiativă care promovează creşterea mobilităţii forţei de muncă şi care poate contribui la creşterea economică şi la reducere şomajului este binevenită. Armonizarea legislativă în domeniul pensiilor suplimentare, care să promoveze mobilitatea europeană a muncii, nu poate fi realizată, însă, în mod abrupt. Unele state membre au sisteme mai dezvoltate, cu o îndelungată tradiţie în domeniu, iar altele sunt în stadiul incipient al introducerii pensiilor suplimentare. De aceea, vreau să felicit raportorul pentru reflectarea acestei diversităţi în toate amendamentele aduse directivei. Suntem în faţa unui raport echilibrat, care facilitează păstrarea sau rambursarea drepturilor de pensii suplimentare, dobândite de angajaţii care schimbă locul de muncă, fără a împovăra angajatorii, fondurile de pensii private sau ceilalţi contribuabili. Este un prim pas pe care toate statele membre îl pot accepta şi pe care se poate construi mai departe.

Transferul pensiilor de orice fel trebuie să fie posibil pentru cetăţenii europeni care lucrează într-un alt stat membru al Uniunii. Un avantaj în plus pentru angajat este transparenţa sporită a sistemului. Statele membre sunt obligate să ia măsurile necesare pentru ca angajaţii să fie informaţi despre drepturile băneşti ce li se cuvin, în cazul în care încetează să lucreze pentru o anumită companie. Pentru România , introducerea acestei directive în domeniul pensiilor suplimentare înseamnă un standard care ne permite să dezvoltăm acest sector economic, aflat în stadiu incipient în ţara noastră, fără a mai suporta costurile implicate de o reformă. Începând cu 2008, legislaţia românească prevede introducerea pensiilor suplimentare, ceea ce însemnă că aproape toţi cetăţenii români vor putea beneficia de drepturile conferite de această directivă. Cu toate acestea, este nevoie de timp pentru a implementa noile cerinţe. De aceea, sprijin ideea acordării unui termen suplimentar de şaizeci de luni pentru punerea în practică a măsurilor prevăzute în directivă.

 
  
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  Piia-Noora Kauppi (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Ich freue mich aus mehreren Gründen, dass dieser Bericht heute vor uns liegt. Die vorgeschlagenen Änderungen gehen in eine sehr vernünftige Richtung.

Während des Verfahrens waren wir etwas irritiert über die Vorschläge der Kommission, beispielsweise zur rückwirkenden Umsetzung der Bestimmungen über Unverfallbarkeitsfristen und über die Unterscheidung zwischen staatlichen, privaten und Zusatzrenten. Glücklicherweise werden wir, wenn wir die vorgeschlagenen Änderungen heute akzeptieren, ein sehr viel besseres Ergebnis erreicht haben, als es der ursprüngliche Vorschlag der Kommission gewesen wäre.

Wir dürfen den Gesamtzusammenhang nicht aus den Augen verlieren. Wenn wir freiwillige Systeme zu bürokratisch machen und wenn diese Systeme sich so sehr von den heutigen Alternativen unterscheiden, wird sie niemand anbieten, am wenigsten die KMU. So werden wir das Ziel, die Arbeitgeber zu einer Ausweitung der freiwilligen Systeme auf mehr Arbeitnehmer zu bewegen, nicht erreichen. Außerdem würden die Unternehmen dadurch die Möglichkeit verlieren, freiwillige Systeme als attraktive Instrumente zur Gewinnung von Mitarbeitern und als Belohnung für deren Loyalität einzusetzen. Zudem könnte der potenzielle Verlust von Investitionen in Millionenhöhe drohen.

Ziel ist es, möglichst viele Unternehmen zu ermutigen, sich für geeignete Zusatzrentensysteme zu entscheiden, und so unter anderem dazu beizutragen, die Auswirkungen der demografischen Zeitbombe auf staatlich finanzierte Systeme der sozialen Sicherheit etwas abzuschwächen. Dies kann auch dadurch gefördert werden, dass es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, wann und wie sie die Portabilität verwirklichen, so dass den in den Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen böse Überraschungen erspart bleiben.

Wenn wir hier klug handeln, kann die EU ohne Verletzung des Subsidiaritätsprinzips einen wirksamen Beitrag zur Modernisierung der sozialen Sicherheit und zur Erreichung ihrer Ziele von Lissabon leisten.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE).(EN) Frau Präsidentin! Ich unterstütze die Mobilität der Arbeitnehmer und die Verbesserung der Portabilität von Rentenansprüchen ausdrücklich, aber es ist wichtig, dass dieser Vorschlag zu einem sehr komplexen und fachspezifischen Thema nicht dazu führt, dass die Zahl der Arbeitgeber zurückgeht, die freiwillige Rentensysteme für ihre Arbeitnehmer anbieten. Wir müssen es Arbeitgebern, die über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen ermöglichen, großzügige Altersversorgungsleistungen anzubieten, um hoch qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu belohnen.

Einer aktuellen Eurobarometer-Erhebung zufolge rechnen 50 % der jüngeren Arbeitnehmer und 30 % der Arbeitnehmer zwischen 45 und 54 Jahren damit, dass sie innerhalb der nächsten fünf Jahre ihren Arbeitsplatz wechseln werden. Deshalb sollte es unser Ziel sein sicherzustellen, dass Arbeitnehmer bei jedem Arbeitsplatzwechsel ihre Rücklagen für die Altersversorgung mitnehmen können. In diesem Zusammenhang unterstütze ich die von unserer Berichterstatterin, Frau Oomen-Ruijten, unternommenen Anstrengungen zur Wahrung ruhender Ansprüche.

Da die gesetzlichen Rentensysteme der Mitgliedstaaten angesichts der demografischen Entwicklung und des Alterslastquotienten zunehmend in Bedrängnis geraten, gewinnen Zusatzrentensysteme immer stärker an Bedeutung. Es ist jedoch wichtig, dass Unternehmen die Möglichkeit erhalten, Rentensysteme mit einem Zugangsniveau anzubieten, das für sie tragbar ist. Ich kann mit dem in diesem Punkt erreichten Kompromiss des Rates leben, nach dem in Rentensystemen, bei denen ein Mindestalter festgelegt wird, dieses Alter 25 Jahre nicht übersteigen darf. In Irland haben 54 % aller Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung und die Unverfallbarkeitsfrist beträgt zwei Jahre. Diese Regelung funktioniert bei uns gut, aber ich kann eine Unverfallbarkeitsfrist von fünf Jahren akzeptieren, wenn dadurch die Angst vor zu hohen Kosten verringert und ein Kompromiss erreicht wird, der die Übertragung von Kapital aus Rentensystemen des privaten Sektors gewährleistet, ohne diese Systeme zu unterminieren.

Ich hoffe, dass die noch vorhandenen Probleme möglichst bald ausgeräumt werden können und dass der überarbeitete Vorschlag der Kommission einen Weg aufzeigen wird, der sowohl im Rat als auch im Parlament größere Zustimmung findet. Schließlich ist unser Ziel, wie der Herr Kommissar sagte, nicht die Harmonisierung, sondern die Festlegung von Mindestanforderungen, um sicherzustellen, dass bei einem Arbeitsplatzwechsel die Ansprüche auf eine später auszuzahlende Rente nicht verloren gehen.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Frau Präsidentin, sehr geehrter Kommissar, meine Damen und Herren Abgeordneten! Herzlichen Dank für Ihre Beiträge. Ich möchte noch auf einen Punkt zu sprechen kommen, der von verschiedenen Kollegen auch angesprochen worden ist.

Natürlich haben viele Bezug genommen auf die Lissabon-Strategie, auf die Frage der immer stärker erforderlichen Mobilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und die Handlungsanforderungen, die sich daraus ergeben, etwa entsprechende Regelungen zu finden, gerade was die Portabilität von Betriebsrentenansprüchen angeht.

Unabhängig von der Bewertung der einzelnen Vorschläge, die Sie gemacht haben, bzw. die im Bericht vorkommen, ist im Rat Einstimmigkeit erforderlich. Und ein Mitgliedstaat sagt klar, er sie auch an den Parlamentsbeschluss gebunden. Kolleginnen und Kollegen, die im nationalen Parlament sind, haben also ihre Regierung aufgefordert, bei den Verhandlungen im Rat entsprechend zu agieren und entsprechende Vorschläge zu machen, was dazu geführt hat, dass letztlich gerade diese Einstimmigkeit, die wir brauchen, nicht zustande gekommen ist.

Frau Kollegin Schroedter, wir brauchen auch keine Legenden zu bilden und auch hier die Rolle Deutschlands zu kritisieren. Es war schon unter finnischer Präsidentschaft klar, in welche Richtung wir gehen können, wo es Annäherung gibt und wo nicht. Deshalb wurde die Portabilität im engeren Sinne damals herausgenommen. Wir haben versucht, in all den vielen Gesprächen ein Verständnis, eine Einigung zustande zu bringen; am Schluss hat jedoch die Zustimmung eines Mitgliedsstaates gefehlt. Ich habe durch einen Beitrag positive Signale aus den Niederlanden und aus Portugal – also der kommenden Präsidentschaft – erhalten. Wenn dann der Wille vorhanden ist, noch aufeinander zuzugehen, ist hoffentlich zumindest in bestimmten Bereichen noch eine Einigung möglich.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. (CS) Verehrte Mitglieder, diese Aussprache kann mit Sicherheit als Erfolg gelten, denn in vielerlei Hinsicht ist es gelungen, den Vorstoß zu verdeutlichen, den der Ansatz im Bericht von Frau Oomen-Ruijten darstellt.

Verdeutlicht wurde der Gedanke des Schutzes und der Stärkung der Rechte von zu- und abwandernden Arbeitnehmern und im Gegenzug die Erhaltung und Stärkung des langfristigen Gleichgewichts dieser Zusatzsysteme, denn die offenkundige Ungerechtigkeit der derzeitigen Lösung wird unvermeidlich dazu führen, dass sich weniger Menschen an diesen Zusatzsystemen beteiligen. Auf lange Sicht gesehen, wird dieser Ansatz natürlich zu einer Stärkung führen.

Meines Erachtens gibt es in der modernen menschlichen Gesellschaft, die von sehr wenig Gewissheiten gekennzeichnet ist, dennoch zwei tief verankerte Gewissheiten. Eine ist natürlich die, dass der Tod kommen wird. Die zweite Gewissheit moderner Systeme ist, dass meine Rentenansprüche auf faire Weise abgesichert sein werden. Meines Erachtens ist dies eine so grundlegende Gewissheit, dass es sehr gut ist, sie zu stärken, wann immer wir die Gelegenheit dazu haben.

Meine Damen und Herren, kurz gesagt, die Aussprache hat gezeigt, dass der Bericht von Frau Oomen-Ruijten einem starken, vernünftigen Ansatz folgt, der sich auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft gründet und die Lage für mobile Arbeitnehmer verbessert, indem aufgeschobene Ansprüche geschützt und der angemessene Erwerb von Ansprüchen gewährleistet wird. Die Aussprache hat deutlich gezeigt, dass dieser Bericht sehr ausgewogen ist und bestehende Systeme weder beeinflusst noch behindert, auch nicht auf nationaler Ebene.

Ich möchte auch auf einige Standpunkte eingehen, die in der Aussprache vertreten wurden. Einer war, dass es in dem Bericht darum gehe, Rentenansprüche dynamischer zu gestalten. Dieser Gedanke taucht weder im ursprünglichen Vorschlag noch im Bericht von Frau Oomen-Ruijten auf.

Verehrte Abgeordnete, meines Erachtens ist es richtig, diesen Bericht uneingeschränkt zu unterstützen. Er schafft eine gute Grundlage für die weitere Entwicklung, die, wie die Aussprache gezeigt hat, äußerst wichtig ist, und meines Erachtens stellt er eine wesentliche Verbesserung der bestehenden Lage dar.

 
  
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  Die Präsidentin. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet heute statt.

Schriftliche Erklärung (Artikel 142)

 
  
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  Richard Seeber (PPE-DE), schriftlich. – Die Mobilität der Arbeitnehmer ist ein Grundrecht in der Europäischen Union. Dies kann nur verwirklicht werden, wenn entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Sozialsysteme. Es genügt eben nicht, dass nur die staatlichen Rentenansprüche übertragbar sind, sondern dies muss auch für betriebliche Rentensysteme gelten.

Wichtig ist, dass die Regelungen administrierbar bleiben und nicht durch gut gemeinte Ansätze den Zusatznutzen zerstören, weil es durch eine eventuelle Überbürokratisierung zu einer Blockade kommt. Insgesamt ist der gewählte Ansatz ein Schritt in die richtige Richtung.

 

3. Verbesserung der Methode zur Anhörung des Europäischen Parlaments bei den Verfahren zur Erweiterung der Euro-Zone – Einführung der einheitlichen Währung durch Zypern am 1. Januar 2008 – Einführung der einheitlichen Währung durch Malta am 1. Januar 2008(Aussprache)
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  Die Präsidentin. Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

- die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Verbesserung der Methode zur Anhörung des Europäischen Parlaments bei den Verfahren zur Erweiterung der Euro-Zone,

- den Bericht von Werner Langen im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über den Vorschlag für eine Entscheidung des Rates gemäß Artikel 122 Absatz 2 EG-Vertrag über die Einführung der einheitlichen Währung durch Zypern am 1. Januar 2008 (KOM(2007)0256 – C6-0151/2007 – 2007/0090(COD)) (A6-0244/2007), und

- den Bericht von Werner Langen im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über den Vorschlag für eine Entscheidung des Rates gemäß Artikel 122 Absatz 2 EG-Vertrag über die Einführung der einheitlichen Währung durch Malta am 1. Januar 2008 (KOM(2007)0259 – C6-0150/2007 – 2007/0092(COD)) (A6-0243/2007).

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Thema, bei dem es um Verfahrensfragen geht, sollten wir zunächst nicht das erfreuliche Ergebnis der Konvergenzberichte der Kommission und der Europäischen Zentralbank zu Zypern und Malta vergessen. Die Präsidentschaft begrüßt es sehr, dass die Kommission feststellen konnte, dass Zypern und Malta ein hohes Maß an dauerhafter Konvergenz erreicht haben und sie auf dieser Grundlage Vorschläge zur Euro-Einführung in diesen beiden Ländern vorlegen konnte.

In der Sitzung des Rates am 5. Juni 2007 haben die Wirtschafts- und Finanzminister die Einschätzung der Kommission einvernehmlich geteilt, dass Zypern und Malta die Voraussetzungen für die Einführung des Euro erfüllen.

Die Präsidentschaft würde es daher sehr begrüßen, wenn der Erfolg Zyperns und Maltas nicht von Verfahrensfragen überlagert wird und Europäisches Parlament, Kommission und Rat zu einer einvernehmlichen Lösung kommen.

Es liegt in unser aller Interesse, Unsicherheiten und Verzögerungen bezüglich der technischen und rechtlichen Vorbereitungen Zyperns und Maltas auf die Einführung des Euro zu vermeiden. Ich danke dem Europäischen Parlament ausdrücklich für seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit.

Die Präsidentschaft hat Verständnis für das Anliegen des Europäischen Parlaments und versteht den Wunsch, mehr Zeit für eine Prüfung von Konvergenzberichten und Vorschlägen der Kommission für Ratsentscheidungen über die Einführung des Euro zur Verfügung zu haben.

Allerdings sind der Rat und die Präsidentschaft an die im EG-Vertrag festgelegten Verfahren gebunden. Der Zeitplan ist im Wesentlichen von den Regelungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes einschließlich der Maastricht-Meldeverordnung vorgegeben.

Die Verpflichtung des Rates, das Europäische Parlament zu Vorschlägen für die Einführung des Euro in Mitgliedstaaten zu konsultieren, ist in Artikel 122 Absatz 2 des EG-Vertrags niedergelegt. Die Präsidentschaft ist der Ansicht, dass der Rat im Falle Zyperns und Maltas diese Bestimmung des EG-Vertrags respektiert hat.

Der Rat hat die beiden Kommissionsvorschläge für Ratsentscheidungen am 21. und 22. Mai 2007 erhalten, jeweils in drei Sprachfassungen. Die übrigen Sprachfassungen wurden dem Rat im Laufe der folgenden beiden Wochen übermittelt. Am 25. Mai hat der Rat das Europäische Parlament zu den beiden Vorschlägen der Kommission konsultiert.

In seinem Konsultationsersuchen hat der Rat darauf hingewiesen, dass es wünschenswert sei, wenn das Europäische Parlament seine Stellungnahmen zu den Vorschlägen der Kommission auf seiner Plenarsitzung vom 18.-21. Juni beschließen könnte. Damit könnten diese Stellungnahmen dem Rat in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs am 21. Juni 2007 zur Verfügung stehen.

Obwohl es keine rechtliche Voraussetzung ist, würde es die Präsidentschaft sehr begrüßen, wenn die Aussprache der Staats- und Regierungschefs auch die Position des Europäischen Parlaments berücksichtigen könnte. In jedem Fall sind die Stellungnahmen des Europäischen Parlaments eine Voraussetzung dafür, dass der Rat seine beiden Entscheidungen über die Euro-Einführungen annehmen kann.

Die Präsidentschaft unterstützt grundsätzlich die von Präsident Barroso in seiner Antwort vom 13. Juni 2007 auf das Schreiben von Präsident Pöttering unterbreiteten Vorschläge. Die Präsidentschaft ist der Ansicht – das hat die Präsidentin des Rates, Frau Angela Merkel, in einem Schreiben an den Präsidenten des Europäischen Parlaments vom 19. Juni dargelegt –, dass diese Angelegenheit in erster Linie die Kommission und das Europäische Parlament betrifft.

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung dieses Parlaments und dem Berichterstatter, Herrn Langen, für die zügige Prüfung der Konvergenzberichte über Zypern und Malta, die am 16. Mai von der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank angenommen wurden, meinen Dank aussprechen.

Morgen wird der Europäische Rat in Brüssel über die Erweiterung des Euro-Währungsgebiets auf diese beiden Länder beraten, und wir alle vertrauen darauf, dass der ECOFIN-Rat am 10. Juli, nach der morgigen positiven Entscheidung des Europäischen Rates, den endgültigen rechtskräftigen Beschluss fassen wird, diese beiden Länder in die Eurozone aufzunehmen.

Dieses Parlament und der ECOFIN-Rat vom 5. Juni stimmen mit der Analyse der Kommission und der Zentralbank überein, was die Erfüllung der vertraglich festgelegten Konvergenzkriterien durch Zypern und Malta angeht.

Beim Treffen mit den Koordinatoren des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Parlaments am 7. Juni hatte ich Gelegenheit, Ihnen zu erläutern, dass uns in der Kommission für die Erarbeitung der Konvergenzberichte die vollständigen und glaubwürdigen Angaben dieser beiden Länder vorlagen.

In einigen Begleitdokumenten zum Entschließungsantrag besteht eine Verwirrung zwischen den Angaben, die sich auf die vierteljährlichen Finanzkonten beziehen, und den Angaben zum Defizitverfahren, die von den Ländern zweimal im Jahr gemeldet werden, Daten zum Defizit und zur Verschuldung. Ich muss vor dem Plenum des Parlaments wiederholen, dass die Kommission in Bezug auf die notwendigen Informationen zur Entscheidungsfindung über Defizitverfahren keinerlei Vorbehalte in der Frage der Qualität der von Malta und Zypern übermittelten Angaben hat. Es bestehen keine Vorbehalte irgendwelcher Art.

Bei Malta hat die Kommission ihre Stellungnahme zum Kriterium der Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen abgegeben, zu der noch die Zustimmung seitens des ECOFIN-Rates zur Aufhebung des Defizitverfahrens fehlte, das 2004 für dieses Land eingeleitet worden war. Der ECOFIN-Rat hat am 5. Juni diesen Punkt der Einstellung des Defizitverfahrens für Malta bestätigt.

Es gibt auch Präzedenzfälle in der Frage einer bedingten Bestätigung der Erfüllung der Auflagen im Konvergenzbericht, was die Stabilität des Wechselkurses oder die Defiziterklärung angeht. Daher besteht im Zusammenhang mit der Erfüllung dieses Kriteriums durch Malta keinerlei Sondersituation oder Ausnahme. Es wurde das allgemeine Verfahren angewendet, das auch in vielen anderen vorangegangenen Fällen für viele andere Länder zur Anwendung kam.

In den nächsten Wochen und nach Bestätigung der positiven Entscheidung durch den Rat über die Erweiterung der Eurozone auf Zypern und Malta wird die Kommission die beiden Berichte über den Vorbereitungsstand jedes Landes auf den Beitritt zum Euro vorlegen. Ich bin mir auch der diesbezüglichen Bedenken einiger Abgeordneter bewusst. Dieser Bericht über den Grad der Vorbereitung auf den Umtausch der Münzen und Banknoten ist nicht dasselbe wie die Konvergenzberichte. Es handelt sich hier nicht um ein Konvergenzkriterium, und die Kommission veröffentlicht regelmäßig Berichte und Mitteilungen zu diesem Thema, und das werden wir auch in den nächsten Wochen tun.

Unter diesen Umständen, meine Damen und Herren, können wir voraussagen, dass am 1. Januar 2008 das Euro-Währungsgebiet durch den Beitritt von Zypern und Malta aus 15 Mitgliedstaaten bestehen wird. Das ist ein äußerst positiver Schritt für diese beiden Länder, für die Eurozone und die gesamte Europäische Union. Der Euro ist zweifellos eine der größten Errungenschaften der europäischen Integration, und je mehr Bürger seine Vorteile genießen, desto umfassender wird die Fähigkeit der Union anerkannt, ihren Bürgern größere Garantien für Prosperität und sozialen Wohlstand zu bieten.

Meine Damen und Herren, mit dieser Debatte über den Antrag von Zypern und Malta auf den Beitritt zum Euro-Währungsgebiet geben die europäischen Institutionen zum vierten Mal ihre Stellungnahme über die Mitgliedschaft in der Eurozone ab. Das erste Mal geschah dies im Jahre 1998, dabei sollten alle Länder ermittelt werden, die sofort zu Beginn, am 1. Januar 1999, zum Euroraum gehören würden. Damals wurde entschieden, dass elf Mitgliedstaaten der Eurozone beitreten. Zwei Jahre später, im Jahr 2000, wurde der Antrag Griechenlands geprüft und beschlossen, dass Griechenland ab dem 1. Januar 2001 zum Euroraum gehören würde. Im vergangenen Jahr diskutierten und beschlossen alle europäischen Institutionen den Beitritt Sloweniens zum Euro-Währungsgebiet ab dem 1. Januar 2007. Und nun haben wir diesen Antrag von Zypern und Malta, der hoffentlich am 10. Juli vom Europäischen Rat und dem ECOFIN-Rat endgültig gebilligt wird.

Somit kann keine Rede davon sein, der Euroraum sei ein geschlossener Klub, wie mitunter behauptet worden ist. Dieser Klub steht weit offen für alle Mitglieder, die ihm beitreten wollen und die bereit sind und die Bedingungen dafür erfüllen.

Dem Euro-Währungsgebiet werden nach diesen vier Verfahren zur Bildung und Erweiterung der Eurozone ab nächstem Jahr 15 Mitgliedstaaten angehören, zwei weitere haben eine Opt-out-Klausel (das Vereinigte Königreich und Dänemark), und weitere zehn Mitgliedstaaten sind noch nicht Mitglied der Eurozone, und ich hoffe, dass sie in den nächsten Jahren beitreten werden.

Ohne eine Prognose darüber abgeben zu wollen, wann vielleicht alle Voraussetzungen für den Beitritt zur Eurozone erfüllt sind, werden die europäischen Institutionen meiner Meinung nach in den nächsten Jahren praktisch jährlich ihre Stellungnahme zu neuen Mitgliedschaften abgeben müssen, das legt der Vertrag so fest, der den Euro zur offiziellen Währung der Mitgliedstaaten der Union erklärt.

In seinen Artikeln 121 und 122 bestimmt der Vertrag ebenfalls, welche Kriterien ausschlaggebend dafür sind, ob ein Mitgliedstaat die Bedingungen für die Einführung der Einheitswährung erfüllt, und er legt das Verfahren fest, nach dem die Europäischen Institutionen vorzugehen haben. Auf den Entschließungsantrag, den die Abgeordneten zu diesen Konsultationsverfahren des Parlaments im Zusammenhang mit der Erweiterung der Eurozone vorbereitet haben, möchte ich im zweiten Teil meiner Rede eingehen.

Nach dem Vertrag muss das Verfahren fünf Akteure einbeziehen: die Kommission, die Europäische Zentralbank, das Parlament, den Europäischen Rat und den ECOFIN-Rat. Allerdings enthält der Vertrag keine konkrete Vorschrift in Bezug auf die Fristen, innerhalb derer jede Institution ihre Stellungnahme abgeben muss.

Bei vier Gelegenheiten, zu denen wir unsere Stellungnahme gegeben haben, sind wir einem ähnlichen Zeitplan gefolgt: Erstens ist da der Antrag zur Aufnahme in das Euro-Währungsgebiet durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten, er wird in der Regel am Anfang des Jahres vor dem Jahr gestellt, in dem das Land der Eurozone beizutreten wünscht; zweitens, die Bewertung der Kommission und der Europäischen Zentralbank, ob die Voraussetzungen erfüllt sind oder nicht, sie erfolgt im Frühjahr; drittens, die endgültige Entscheidung des Rates, der die Stellungnahme des Parlaments und die Debatte im Europäischen Rat berücksichtigt, sie findet gewöhnlich Mitte des Jahres vor der Einführung statt; und schließlich die Einführung des Euro durch den Mitgliedstaat oder die Mitgliedstaaten am 1. Januar des Folgejahres.

Es gibt eine Reihe von bestimmenden Faktoren bei diesen Schritten, und ich möchte sie nennen, weil alle Institutionen mit ihnen zu tun haben. Erstens, warum wird der Euro am 1. Januar eingeführt? Aufgrund der gewaltigen rechtlichen, wirtschaftlichen, steuerrechtlichen, buchhalterischen und praktischen Auswirkungen des Währungswechsels wäre es äußerst unklug, einen anderen Termin als den 1. Januar für die Einführung des Euro in Betracht zu ziehen, und ich glaube, darin sind wir uns alle einig.

Zweitens sollte den Mitgliedstaaten eine Zeitspanne gewährt werden, um sich gründlich und effektiv auf den Beitritt zum Euro vorzubereiten, und aufgrund unserer Erfahrungen aus vorangegangenen Erweiterungen können wir sagen, dass es im Interesse der Bürger des betreffenden Landes, die am meisten unter den Folgen einer schlecht vorbereiteten Einführung des Euro leiden würden, wünschenswert ist, dass die europäischen Institutionen den Entscheidungsprozess einige Monate vor diesem 1. Januar abschließen, an dem die Münzen und Banknoten eingeführt werden und der unwiderrufliche Wechselkurs in dem Land, das den Euro einführt, in Kraft tritt.

Das sind die wichtigen praktischen Faktoren, und natürlich liegt keiner davon in den Händen der Kommission. Aufgabe der Kommission ist es allerdings, in Zusammenarbeit mit der Europäischen Zentralbank den Konvergenzbericht über die Erfüllung oder Nichterfüllung der Kriterien anzunehmen. Der Termin für die Annahme des Konvergenzberichts durch die Kommission ist festgelegt, zum einen durch den Zeitpunkt, an dem der Mitgliedstaat seinen Antrag einreicht – die Kommission kann nicht entscheiden, wann ein Mitgliedstaat den Antrag stellt –, und zum anderen durch den Zeitpunkt, an dem die Kommission die verlässlichen und exakten Daten erhält, die sie benötigt, um eine zweckdienliche, genaue und korrekte Bewertung vornehmen zu können, ob die Konvergenzkriterien erfüllt wurden oder nicht.

Deshalb hängt der Termin für den Konvergenzbericht der Kommission einerseits davon ab, wann der Mitgliedstaat den Antrag einreicht, und andererseits davon, wann die Kommission über einschlägige, genaue und korrekte Angaben verfügt, um die Bewertung durchzuführen.

1998 und 2000 nahm die Kommission die Konvergenzberichte im Allgemeinen Anfang Mai an. 2006 und 2007 fand die Annahme Mitte Mai statt, weil seit 2005 die Frist für die Mitgliedstaaten zur Übermittlung ihrer Haushaltslage um einen Monat verschoben wurde, vom 1. März auf den 1. April, um von dem Mitgliedstaat, der in das Euro-Währungsgebiet aufgenommen werden will, präzise und richtige Informationen über die Haushaltsausführung des Vorjahrs zu erhalten. Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass die Meldungen zum 1. März nicht alle genauen Angaben enthielten, die erforderlich sind, um sich ein ausreichendes Bild zu verschaffen, wie das vorangegangene Haushaltsjahr abgeschlossen wurde.

Wenn wir also bedenken, dass Zypern und Malta das Kriterium der Wechselkursstabilität am 2. Mai dieses Jahres erfüllten, blieb der Kommission zwei Wochen Zeit, ebenso wie im Fall von Slowenien im vergangenen Jahr, um die Konvergenzberichte zu erarbeiten. Was ich Ihnen mit dieser vielleicht zu detaillierten Schilderung sagen will, ist, dass alle Institutionen knappe Fristen für die Entscheidung in diesem Verfahren haben.

Die Frist, die dem Parlament zur Verfügung steht, wird zum einen durch die Annahme des Konvergenzberichts durch die Kommission und die Zentralbank, aber zum anderen auch durch den Zeitplan bestimmt, den der Rat für seinen Entscheidungsprozess festlegt, sowohl im Europäischen Rat als auch in der Beratung des ECOFIN-Rates, und das liegt eindeutig nicht in den Händen der Kommission.

Auf jeden Fall hat der Präsident der Kommission, Herr Barroso, ein Schreiben an Präsident Pöttering gerichtet, in dem er darauf verweist, dass die Kommission bereit ist, nach Wegen zu suchen, die es jeder Institution gestatten, die ihr durch den Vertrag übertragenen Befugnisse in diesem Verfahren auf bestmögliche Weise wahrzunehmen, und die Kommission und ich persönlich möchten in Reaktion auf den Entschließungsantrag dieses Parlaments unseren Willen zum Ausdruck bringen, eine Vereinbarung zwischen den drei Institutionen über ein Verfahren zu Stande zu bringen, mit dem wir unsere Arbeitsweise angesichts der objektiven Grenzen, die uns bei der Entscheidungsfindung in diesem Bereich auferlegt sind, verbessern können.

Meine Damen und Herren! Der Wirtschafts- und Währungsausschuss weiß sehr wohl, und auch Sie alle sollten es wissen, dass die Kommission und ich Ihnen natürlich zur vollen Verfügung stehen, wenn es darum geht, vorliegende Informationen vor Ablauf dieser Frist bereitzustellen – zur wirtschaftlichen Lage der Beitrittskandidaten und zum Stand der Erfüllung der Konvergenzkriterien –, noch ehe die Mitgliedstaaten ihren Antrag einreichen.

 
  
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  Werner Langen (PPE-DE), Berichterstatter. – Frau Präsidentin, Herr Staatsminister, Herr Kommissar! Gestatten Sie mir, bevor ich auf Malta, Zypern und das Verfahren komme, einige Vorbemerkungen zum Euro. Der Euro ist zweifellos ein sehr erfolgreiches Projekt. Er ist stabil nach innen und außen. Das sollten wir bei der heutigen Debatte nicht vergessen. Nach innen mit niedrigen Inflationsraten, nach außen durch die Tatsache, dass er zur zweiten wichtigen Währung in der Welt geworden ist, dass er sehr stabil gegenüber dem Dollar ist. Das alles ist nicht vom Himmel gefallen. Es ist das Ergebnis einer Konstruktion, in der den Mitgliedstaaten und der Kommission die Hauptverantwortung zukommt: die Maastrichter Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts – der ja unter der Federführung von Kommissar Almunia schon einmal aufgeweicht wurde –, das Defizitverfahren, die klaren statistischen Unterlagen und die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank. Nur wenn das alles zusammen greift, wird der Euro auf Dauer eine stabile Währung bleiben. Ich sage das als Vorbemerkung, weil über das Verfahren noch geredet werden muss.

Natürlich ist der Vertrag klar. Aber im Vertrag steht auch, dass das Europäische Parlament angehört werden muss. Herr Kommissar, ich sage das ganz offen: Wir lassen uns nicht auf eine Restgröße reduzieren! Die Kommission – so habe ich das eben gehört – hat alles richtig gemacht, und das Parlament muss sein Zeitfenster suchen. Dann werden wir – und das ist der Inhalt des Entschließungsantrags –, sollte es keine interinstitutionelle Vereinbarung geben, mit den Inhalten, die wir nachher mit großer Mehrheit beschließen werden, beim nächsten Mal unsere Beratungen unterbrechen, so wie wir das in der Agrarpolitik auch machen. Dann werden wir diese Dinge nicht so schnell verabschieden, wie das jetzt zum dritten Mal von uns gefordert wurde. Ich sage das ganz klipp und klar: Das Parlament lässt sich nicht als Restgröße behandeln, von niemandem!

Jetzt zu Zypern und Malta: Ich bin froh, dass wir eine Erweiterung von 13 auf 15 Teilnehmerstaaten befürworten können. Malta und Zypern haben im Februar einen Konvergenzbericht nach Artikel 121 beantragt mit dem Ziel der Mitgliedschaft. Wenn wir die vorliegenden Daten prüfen – die zweifellos existierenden Datenprobleme hat der Kommissar geschildert –, müssen wir Folgendes feststellen: Zypern, das seit langem am Währungssystem II teilnimmt, das seit 5. Mai die Anforderungen hinsichtlich der langfristigen Zinssätze erfüllt, wo das Pro-Kopf-Einkommen mit 85 % des EU-Durchschnitts gut ist, und das große Konvergenz zeigt, hatte gleichwohl ein Problem mit den Daten, und zwar mit den vierteljährlichen Finanzkonten. Das ist auch am 3. Mai noch erörtert worden.

Wir sollten die Datenklarheit auch hinsichtlich der Verantwortung der Kommission prüfen. Es reicht nicht, wenn die Kommission sagt, wir sind auf die Daten angewiesen und die Mitgliedstaaten liefern sie. Die Kommission ist dafür verantwortlich, dass diese Daten auch stimmen! Am Beispiel Griechenlands haben wir es erlebt: Bei Griechenland hat die Kommission keine ausreichende Prüfung vorgenommen, und ein halbes Jahr später haben wir eine Überraschung erlebt.

Zypern erfüllt die Bedingungen, und Zypern hat auch – was ein kritischer Punkt war – das Zentralbankgesetz angepasst, wenn auch erst lange nach Beantragung des Konvergenzberichts, nämlich am 15. März, also über einen Monat später. Aber das Gesetz ist jetzt angepasst, die Inflation ist niedrig, die Verschuldung der öffentlichen Hand liegt immer noch über 60 %, bewegt sich aber in die richtige Richtung. So können wir heute sagen, dass wir den Beitritt Zyperns uneingeschränkt befürworten. Ich bin sicher, dass das Europäische Parlament dies tun wird.

Bei Malta ist es ähnlich, allerdings mit einer Ausnahme: Wir befürworten den Beitritt Maltas. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung hat sich am Montag mit großer Mehrheit – bei Malta mit 39 Ja-Stimmen und bei Zypern mit 38 Ja-Stimmen und einer Enthaltung – fast einstimmig für den Beitritt der beiden Staaten ausgesprochen. Aber bei Malta hatten wir das Problem, dass in dem Moment, als der Konvergenzbericht vorgelegt wurde, das Defizitverfahren noch nicht abgeschlossen war. Da hat die Kommission einen Konvergenzbericht vorgelegt, der nicht Artikel 2 des Protokolls über die Konvergenzkriterien entspricht. Der regelt, dass zum Zeitpunkt der Prüfung das Defizitverfahren abgeschlossen sein muss. Das ist ein Faktum. Wir haben den Bericht trotzdem akzeptiert, aber die Kommission sollte hier nicht sagen, sie habe alles richtig gemacht, und nur dieses böse Parlament störe sie in ihren Beratungen mit dem Rat.

Schließlich zu unserem Entschließungsantrag: Wir haben die Berichte und die Briefe von Kommissionspräsident Barroso und Angela Merkel entgegengenommen. Frau Merkel hat ein schwieriges Verfahren zu absolvieren. Sie muss alle 26 anderen Mitgliedstaaten hören. Herr Barroso braucht nur eine Kommissionsentscheidung. Ich bin damit einverstanden, dass wir entscheiden, obwohl bei weitem nicht alle unsere Wünsche erfüllt sind, aber deshalb fordern wir ja eine interinstitutionelle Vereinbarung. In dieser Vereinbarung, die bis Jahresende 2007 verabschiedet sein soll, fordern wir von Rat und Kommission ein Entgegenkommen beim Zeitablauf. Sonst werden wir beim nächsten Mal – und das wird voraussichtlich die Slowakei sein – auf unseren Rechten auf eine mindestens zweimonatige Beratungszeit bestehen. Dann werden wir diesen Zeitablauf, den wir zum dritten Mal mitgetragen haben, beim nächsten Mal nicht mehr mittragen.

In diesem Sinn begrüßen wir, dass Zypern und Malta Mitglieder werden können. Wir fordern aber von Kommission und Rat angemessene Beratungsbedingungen für das Europäische Parlament!

 
  
  

VORSITZ: GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 
  
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  David Casa, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (MT) Herr Präsident, ich möchte nicht beginnen, ohne zuvor der Bevölkerung von Malta und Gozo meine Anerkennung für die großen Fortschritte zum Ausdruck zu bringen, die sie in den drei Jahren, seit Malta Mitglied der Europäischen Union ist, vollbracht hat. Dies waren schwierige Jahren mit zahlreichen Herausforderungen. In diesen drei Jahren haben die Malteser bewiesen, dass sie fähig sind, sich an die Zukunft anzupassen. Es war eine äußerst interessante Zeit für mein Land, und ich kann ganz klar sagen, dass die Ergebnisse allmählich sichtbar werden. Die Einführung des Euro im kommenden Januar bestätigt dies.

Malta hat ganz deutlich bewiesen, dass es in der Lage ist, die notwendigen Kriterien zu erfüllen, um sicherzustellen, dass sich dieser wichtige Übergang reibungslos vollzieht. Dieser Übergang wird die Wirtschaft des Landes stärken und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit. Ein Wandel ist niemals einfach. Ich glaube jedoch, dass Malta sehr gut vorbereitet ist, diese neue Herausforderung im Januar anzunehmen. Wir dürfen nicht vergessen, dass Malta eine beschränkte Frist gesetzt wurde, um die für diese Umstellung notwendigen Maßnahmen zu treffen. In weniger als drei Jahren hat Malta seine Inflationsrate auf 2,2 % gesenkt. Das Verhältnis der Staatsverschuldung gegenüber dem Bruttoinlandsprodukt nimmt in Richtung auf den Referenzwert von 60 % ab. Es gab einen beträchtlichen Rückgang beim Haushaltsdefizit, das sich nun auf weniger als 3 % beläuft. Auch darf nicht vergessen werden, dass die maltesische Lira seit dem Beitritt Maltas zum WKM2-Programm keine Abwertung hinnehmen musste und es im Land niemals auch nur einen Hauch von Unsicherheit gab. Wie Kommissar Almunia sagte, hat Malta ein hohes Niveau der Nachhaltigkeit und Konvergenz erreicht. Malta und die Malteser sind daran gewöhnt, Herausforderungen anzunehmen und zu bewältigen, Herausforderungen, die in der Vergangenheit bei weitem nicht gering waren und dennoch im Laufe der Geschichte zu einer Erfolgsserie führten. Dies ist ein historischer Augenblick für die Europäische Union, denn er wird zu einer größeren Eurozone führen, der mehr Länder und mehr Menschen angehören. Dies ist auch ein historischer Augenblick für Malta, denn er wird zur weiteren Integration seiner Bürger in die Europäische Union beitragen.

Ich möchte auch dem Berichterstatter für seine Arbeit in diesem Bereich danken, die sich als sehr nützlich erwiesen hat.

 
  
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  Dariusz Rosati, im Namen der PSE-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Ich möchte zunächst meiner Genugtuung darüber Ausdruck geben, dass die Euro-Zone zum 1. Januar 2008 zwei neue Mitglieder haben wird, nämlich Zypern und Malta. Beide Länder haben die im Vertrag niedergelegten Konvergenzkriterien erfüllt. Ich möchte unseren Kolleginnen und Kollegen aus Zypern und Malta herzlich gratulieren.

Die Erweiterung der Euro-Zone ist ein wichtiger Prozess, der die stärkere Integration in der Europäischen Union fördert. Das hat auch positive Auswirkungen auf die Kandidatenländer und die wirtschaftliche Position der Euro-Zone. Länder, die sich auf ihren Beitritt zur Euro-Zone vorbereiten, entwickeln sich viel schneller als jene, die der Euro-Zone bereits angehören. Hinzu kommt ihre bessere makroökonomische Lage vor allem in Bezug auf die öffentliche Verschuldung und die Haushaltsdefizite. Die neuen Mitglieder werden die Euro-Zone und die einheitliche Währung stärken.

Allerdings finde ich es nicht gut, dass das Parlament bei der Bewertung des Beitritts dieser neuen Länder zur Euro-Zone unter großem Zeitdruck arbeiten muss. Unser gegenwärtiger Zeitplan erlaubt es uns nicht, eine fundierte Stellungnahme zu erarbeiten. Deshalb zielt der Entschließungsantrag, der heute hoffentlich angenommen wird, darauf ab, eine Debatte über eine interinstitutionelle Vereinbarung in Gang zu setzen, die die wirksame und effiziente Prüfung der Konvergenzberichte künftig erleichtert.

Ich begrüße die aufgeschlossene und konstruktive Haltung, die Präsident Barroso und Kommissar Almunia soeben im Namen der Kommission zum Ausdruck gebracht haben. Herr Minister Gloser, der Rat wird hierzu hoffentlich auch einen konstruktiven Beitrag leisten. Ich gehe davon aus, dass ein wirksamer Mechanismus für eine reibungslose Erweiterung der Euro-Zone in der Zukunft geschaffen wird.

In der Aussprache über die Erweiterung der Euro-Zone muss auch darauf hingewiesen werden, dass einige der verbindlichen Konvergenzkriterien von Maastricht der heutigen Situation nicht mehr angemessen sind. Das gilt vor allem für die Inflation. Insbesondere scheint es erstens nicht angebracht, die Kriterien für den Beitritt zur Euro-Zone anhand der durchschnittlichen Inflationsrate in Ländern festzulegen, die nicht der Euro-Zone angehören.

Zweitens: Das derzeitige Kriterium berücksichtigt nicht die Tatsache, dass das rasche Wirtschaftswachstum in den neuen Mitgliedstaaten natürlich eine höhere Inflationsrate mit sich bringt, die keineswegs ein Zeichen wirtschaftlicher Schwäche ist. Ganz im Gegenteil: Hieran wird deutlich, dass die neuen Mitgliedstaaten zu den entwickelten Volkswirtschaften der alten Union aufholen.

Drittens: Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass die Kommission und die Europäische Zentralbank in den Konvergenzberichten eine andere Definition des Begriffs der Preisstabilität verwenden, als die Europäische Zentralbank in der Währungspolitik. Der Vertrag indes enthält nur eine Definition von Preisstabilität. Wir können schließlich nicht mit zwei verschiedenen Auslegungen dieses Begriffes arbeiten.

In seiner jetzigen Form stellt das Inflationskriterium für einige der neuen Mitgliedstaaten auf lange Sicht ein Hindernis für ihren Beitritt zur Euro-Zone dar. Damit werden die Mitgliedstaaten auf Dauer in zwei Kategorien unterteilt, nämlich in die Länder der Euro-Zone und jene, die nicht dazugehören. Das gefährdet den Zusammenhalt der Union und widerspricht dem Geist des Vertrages. Die Konvergenzkriterien sind vor 16 Jahren unter ganz anderen Umständen festgelegt worden. Sie müssen der heutigen Situation angepasst werden. Ich plädiere für eine eingehende Aussprache zu diesem Thema.

 
  
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  Donato Tommaso Veraldi, im Namen der ALDE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Erstes möchte ich Herrn Langen, dem Berichterstatter, für die hervorragende Arbeit, die er trotz der knapp bemessenen Zeit geleistet hat, meinen Dank aussprechen.

Tatsache ist, dass die Kommission am 16. Mai 2007 ihren Konvergenzbericht über die Kriterien für den Beitritt Maltas und Zypern zur einheitlichen Währung angenommen hat und das Europäische Parlament am 25. Mai um eine Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über die Einführung der einheitlichen Währung durch Zypern und Malta am 1. Januar 2008 ersucht worden ist. In Anbetracht der Zeitknappheit war es dem Parlament nicht möglich, die Situation in diesen Ländern sowie die von der Kommission vorgelegten Berichte eingehend zu prüfen.

Nichtsdestotrotz bekunde ich meine Zustimmung zur Einführung der gemeinsamen Währung durch Zypern und Malta, denn die Konvergenzkriterien wurden erfüllt. In Malta lag die durchschnittliche Inflationsrate in den letzten zwölf Monaten bei 2,2 % und damit unter dem Referenzwert von 3,0 %. Das übermäßige Defizit wurde durch eine nachhaltige Rückführung des Haushaltsdefizits unter den Schwellenwert von 3 % des BIP korrigiert und die Schuldenquote ist rückläufig und nähert sich dem Referenzwert von 60 % des BIP. Bis März 2007 lag der durchschnittliche langfristige Zinssatz in Malta bei 4,3 % und damit unter dem Referenzwert von 6,4 %. Die maltesische Wirtschaft ist weitgehend in die Europäische Union integriert und das Leistungsbilanzdefizit verringerte sich im Jahr 2006 auf 6,3 %, zum Teil auch dank ausländischer Direktinvestitionen.

Was Zypern anbelangt, so lag seine durchschnittliche Inflationsrate im Zwölfmonatszeitraum bei 2,0 % und damit unter dem Referenzwert von 3 %. Für 2007 ist nach der Frühjahrsprognose 2007 der Kommissionsdienststellen mit einem unveränderten Defizit von 1,4 % des BIP zu rechnen. Seit dem Beitritt Zyperns zum Wechselkursmechanismus WKM II blieb der Wechselkurs für das Zypern-Pfund hinreichend stabil. Der durchschnittliche langfristige Zinssatz lag in den letzten zwölf Monaten bei 4,2 % und damit unter dem Referenzwert von 6,4 %. Die zyprische Wirtschaft ist eng mit der Europäischen Union verflochten. Die Kommission ist der Auffassung, dass die wirtschaftliche Integration trotz des gestiegenen Leistungsbilanzdefizits abgeschlossen ist.

Um zu vermeiden, dass es künftig erneut zu Problemen mit den Verfahrenszeitplänen kommt, muss die Methode der Anhörung des Europäischen Parlaments verbessert werden, indem eine interinstitutionelle Zusammenarbeit zwischen Rat und Kommission eingeführt wird. Das wird uns den notwendigen Zeitrahmen verschaffen, um die Vorschläge der Kommission und der Europäischen Zentralbank ordnungsgemäß zu prüfen. Diesbezüglich empfand ich den Meinungsaustausch mit Kommissar Almunia und die Antwort von Kommissionspräsident Barroso auf das Schreiben unseres Parlamentspräsidenten, Herrn Pöttering, als ziemlich positiv. Die Kommission sollte dem Parlament alle Anträge der Mitgliedstaaten auf Vorlage von Konvergenzberichten rechtzeitig mitteilen und gemeinsam mit dem Parlament und dem Rat den Zeitplan für das Verfahren festlegen.

 
  
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  Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Ich ergreife in dieser Aussprache über die Erweiterung der Euro-Zone um Zypern und Malta das Wort, um Sie auf Folgendes aufmerksam zu machen. Erstens führt uns die Kommission einmal mehr vor Augen, wie wichtig es ist, dass die neuen Mitgliedstaaten vor ihrem Beitritt zur Euro-Zone alle Maastrichtkriterien erfüllen. Gleichwohl lässt sie die Tatsache außer Acht, dass viele der alten Mitgliedstaaten bei der Einführung des Euro diese Kriterien nicht erfüllten.

Zweitens: Trotz der Überarbeitung des Stabilitäts- und Wachstumspakts hat sich, was die Einhaltung der Maastrichtkriterien anbelangt, an der nachsichtigen Haltung der Kommission gegenüber den größten Mitgliedstaaten nichts geändert. Die Kommission scheint, wie in der Vergangenheit, auch weiterhin hohe Haushaltsdefizite und vor allem eine öffentliche Verschuldung zu tolerieren, die oft 60 % des BIP überschreitet. Statistische Daten belegen das. Im Jahr 2006 betrug die öffentliche Verschuldung in den Ländern der alten Europäischen Union 63,3 % des BIP, und in der Hälfte der Länder der Euro-Zone überstieg diese Verschuldung 60 % des BIP.

Drittens: Die Haltung der Kommission gegenüber Ländern, die der Euro-Zone beitreten wollen, schwankt stark. Erst kürzlich wurde Litauens Antrag auf Beitritt zur Euro-Zone abgelehnt, obwohl das Land die Maastrichtkriterien erfüllt hatte und die Inflationsrate nur knapp 0,1 % über dem Referenzwert lag.

Da mag die rasche Zustimmung der Kommission zur Aufnahme von Zypern und Malta in die Euro-Zone verwundern, zumal die Verschuldung der öffentlichen Hand in beiden Ländern deutlich über 60 % des BIP liegt. Im Jahr 2006 belief sich die öffentliche Verschuldung Zyperns auf 65,3 % und die Maltas auf 66,5 % des BIP. Überdies haben beide Länder Probleme, Eurostat statistische Daten über ihre finanzielle Lage bereitzustellen.

Trotz meiner hier geäußerten Zweifel möchte ich Zypern und Malta zu ihrem Beitritt zur Euro-Zone beglückwünschen.

 
  
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  Cem Özdemir, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sowohl Malta, als auch der griechische Teil Zyperns erfüllen die Maastricht-Kriterien. Insofern ist es folgerichtig, die Euro-Zone um beide Länder zu erweitern. Wenn es nach mir und nach uns ginge, dürften auch gerne weitere Mitgliedsländer der Europäischen Union der Euro-Zone beitreten, wenn sie die Kriterien erfüllen. Das kann nur gut sein für die Europäische Union.

Allerdings bleibt ein Wehrmutstropfen, das möchte ich ansprechen: Leider wurde auf Zypern die Chance vertan, beide Teile Zyperns in die Euro-Zone mit einzubeziehen und damit auch ein Signal für die Wiedervereinigung der Insel Zypern auf der Basis einer bikommunalen, einer bizonalen Lösung zu setzen. Das ist sehr zu bedauern, denn dadurch wird die Mauer auf Zypern leider nicht kleiner sondern größer werden.

 
  
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  Andreas Mölzer, im Namen der ITS-Fraktion. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wirtschaftsexperten scheinen sich über einen allgemeinen ökonomischen Aufschwung im Euro-Raum einig zu sein. Sie sprechen sogar von einer anhaltend positiven Beschäftigungstendenz. Allzu oft aber ist meines Erachtens nur ein Anstieg der Teilzeitbeschäftigung – oder der neuen Beschäftigungsformen, wie man das beschönigend nennt – zu verzeichnen, der kaum die verloren gegangenen Vollzeitarbeitsplätze ausgleichen kann. Über schwindende Kinderzahlen brauchen wir uns bei diesen Voraussetzungen nicht zu wundern. Von einem Mac-Job lässt sich keine Familie ernähren! Hier von einem Aufschwung zu schwärmen, ist für jeden Einzelnen aus dem Millionenheer der Arbeitslosen in der EU ein Schlag ins Gesicht. Ein Hohn für all jene, die zu den Millionen Menschen zählen, die sich als working poor bezeichnen lassen müssen.

Wir haben ein nicht zu unterschätzendes Problem der Vergrößerung bestehender Divergenzen im Euro-Raum, etwa einer kontinuierlichen Verschlechterung der Wettbewerbsposition in den südeuropäischen Ländern. Dass der Euro kein Allheilmittel ist, belegt allein das Beispiel Großbritanniens. Die britische Wirtschaft steht bekanntlich auch ohne den Euro gut da. Großbritannien steht weltweit an sechster Stelle der verarbeitenden Industrie und an achter Stelle bei den Dienstleistungen. Allein schon aus diesem Grund sollte meines Erachtens kein EU-Mitglied zur Euro-Einführung gedrängt werden. Ängste wie die vor der Abgabe von Souveränitätsrechten an die Europäische Zentralbank sind ebenso ernst zu nehmen wie der von der Bevölkerung befürchtete Preisanstieg. Der Euro wird eben von vielen Millionen Bürgern als Teuro empfunden, da er maßgeblich zu Preissteigerungen bei den Waren des täglichen Bedarfs geführt hat. Daran werden weder offizielle Gegenstatistiken noch Imagekampagnen etwas ändern. Wenn in einem EU-Land die Euro-Einführung ansteht, dann sollte meines Erachtens generell immer der Souverän, nämlich das Volk, entscheiden.

 
  
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  Panayiotis Demetriou (PPE-DE).(EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich dem Berichterstatter Herrn Langen und den Mitgliedern des Wirtschafts- und Währungsausschusses für ihren positiven Bericht zum Beitritt meines Landes Zypern und natürlich auch Maltas zum Euroraum meinen Dank aussprechen. Ich möchte auch Herrn Almunia für die Unterstützung danken, die er Zypern während dieses gesamten Zeitraums zur Erreichung dieses Ziels gewährt hat. Trotz des engen Zeitfensters, das die Kommission dem Parlament eingeräumt hat, und trotz der geäußerten Kritik hat Herr Langen großes Verantwortungsbewusstsein bewiesen, Verfahrensfragen umgangen und – ich wiederhole – die Fähigkeit gezeigt, in seinem positiven Bericht zum Kern der Frage zu kommen. Nochmals meinen Dank an Herrn Langen.

Das Europäische Parlament belohnt Zypern heute für seine über einen langen Zeitraum getätigten Anstrengungen zur Sanierung seiner Wirtschaft und zur Angleichung an die Indikatoren der Europäischen Union. Das Europäische Parlament gibt somit das dritte grüne Licht von Seiten der Gemeinschaftsorgane für die Einführung des Euro in Zypern. Auf diese Weise wird der Euro jetzt auch nah an den Nahen Ost rücken und über Zypern eine Währungsverbindung zwischen Europa und den arabischen Ländern hergestellt werden. Der Währungsraum der Europäischen Union wird sich von Brüssel bis zum äußersten Ende des östlichen Mittelmeerraums erstrecken. Zypern hatte immer eine starke Wirtschaft; sogar in den schwierigen Jahren nach der Invasion und der Besetzung Nord-Zyperns durch die Türkei und dem Verlust seiner grundlegenden wirtschaftlichen Ressourcen konnte es eine starke Wirtschaft entwickeln. Daher wird alles, was bis zum 1. Januar 2008 von Zyperns Seite für die vollständige wirtschaftliche Integration und Konvergenz erforderlich ist, getan werden müssen, und Sie können versichert sein, dass es getan wird. Was die Stellungnahme von Eurostat zur Bereitstellung unzureichender Daten angeht, begrüßen wir Herrn Almunias Klarstellung.

Ich vertraue darauf, dass bis zum 1. Januar 2008 die notwendige Grundlage für eine echte Lösung der Zypern-Frage und die politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Wiedervereinigung Zyperns geschaffen sein wird, damit der Euro die Währung aller Zyprer, der griechischen und der türkischen gleichermaßen, wird. Die Europäische Union hat eine Verpflichtung, eine Initiative in diese Richtung zu ergreifen.

 
  
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  Pervenche Berès (PSE).(FR) Herr Präsident, Herr Gloser, Herr Kommissar! Dies ist nun tatsächlich das vierte Mal, dass das Europäische Parlament aufgerufen wurde, sich zum Euro-Währungsgebiet – in seiner ursprünglichen Zusammensetzung oder im Zusammenhang mit den Erweiterungen – zu äußern. Der Euro ist für unsere Mitbürger keine Angelegenheit von geringem Belang – mit ihm halten sie eine der wertvollsten Errungenschaften der Europäischen Union in der Hand.

Gleichwohl haben wir seit dem letzten Jahr, seit dem Beginn der Aussprache über den Beitritt Litauens den Eindruck, dass sie zu einer Aussprache geworden ist, bei der jede politische Frage ausgeklammert werden soll bzw. in der lediglich rein technische Argumente vorgebracht werden dürfen.

In dieser Aussprache verlangt das Europäische Parlament, auf dem normalen Wege zu einem solchen Beschluss kommen zu können. Dazu benötigt es wie jede Einrichtung Zeit. In diesem Sinne ist auch das Schreiben abgefasst, das unser Präsident an die Präsidenten der beiden anderen Organe gerichtet hat. Die Antwort, die wir vom Kommissionspräsidenten erhalten haben, ist geprägt von Kooperations- und Kompromissbereitschaft, was wir anerkennen. Seitens des Rates ist dies ein „work in progress“. Aber wir müssen mehr als das tun, Herr Gloser. Für uns ist es notwendig, dass Sie die gleiche Abstimmungs- und Kompromissbereitschaft zeigen wie die Kommission, andernfalls wird es schwierig sein, diesen Weg weiterzugehen.

Abgesehen von den technischen Argumenten möchte ich nicht, dass die Diskussion ihren Lauf nimmt, ohne dass wir irgendwann die Probleme der Führung des Euro-Währungsgebietes ansprechen. Denn in welcher Lage befinden wir uns denn letztlich heute mit zwei Ländern, die sich definitiv für ein Opting out entschieden haben, und Ländern, die sich für dieses Währungsgebiet entscheiden und ihm angehören sollen, ohne dass man sich überhaupt einmal die Frage nach der Führung dieses Gebiets stellt?

Wir nähern uns dem Zeitpunkt, da die Rotation der Stimmrechte der Europäischen Zentralbank (EZB) gelten wird. Wir haben diese Regelung hier in unserem Parlament kritisiert und werden sie meiner Ansicht nach weiterhin kritisieren. Wir sind außerdem der Ansicht, dass die Eurogruppe nicht ganz befriedigend funktioniert, dass dort noch Verbesserungen erforderlich sind.

Morgen soll der Beitritt der Slowakei erfolgen und dann wird unser Zeitplan bis zum Jahr 2012 deutlich lockerer sein. Nutzen wir diese Frist, um die Führung des Euro-Währungsgebiets zu verbessern, andernfalls werden unsere Mitbürger das Vertrauen in diese ihre Währung verlieren, wenn das geografische Gebiet, für das sie gilt, erweitert wird, ohne dass dem eine Verbesserung der Arbeitsweise vorausgeht.

Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, möchte ich ein letztes Wort zum Inflationskriterium sagen. Ich weiß, dass dieses Kriterium 1992 festgelegt wurde, zu einem Zeitpunkt, da Europa ganz anders war als heute. Wenn man jedoch die Maastricht-Kriterien auf einer streng wirtschaftlichen Grundlage und unabhängig von jedweden politischen Erwägungen revidieren will, die zu einer Wiederaufnahme dieser Aussprache führen würden, dann gäbe es andere Aspekte der Maastricht-Kriterien, die revidiert werden müssten.

 
  
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  Marios Matsakis (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Die Eurozone ist eine der wichtigen Einrichtung, die die europäischen Nationen näher zusammenbringt und das Wohl und die Aussichten unserer Völker auf die gemeinsame Zukunft in einem vereinten Europa noch enger verbindet.

Aus diesem Grund freuen sich die Bürger, die ich als zyprisches Mitglied des Europäischen Parlaments vertrete, über die Entscheidung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, den Vorschlag der Kommission über die Einführung der einheitlichen Währung durch Zypern am 1. Januar 2008 anzunehmen.

Mit Bedauern habe ich jedoch festgestellt, dass in Ziffer 7 Buchstabe b der Begründung des Berichts fälschlicherweise erklärt wird, dass die Regierung der Republik Zypern gegen die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 501/2004 vom 10. März 2004 über die vierteljährlichen Finanzkonten des Staats verstoßen und bisher nur eingeschränkte Daten und Dokumentationen an Eurostat übermittelt hat.

Gestern habe ich mich in dieser Angelegenheit schriftlich an den Finanzminister von Zypern sowie an die Kommission gewandt. Ich freue mich, dass Kommissar Almunia in einem Schreiben an mich und heute Morgen hier im Plenum den Sachverhalt so schnell richtig gestellt hat. Vielleicht wäre auch jetzt noch eine entsprechende Korrektur oder Klarstellung im Bericht möglich. Ich wäre dem Berichterstatter dankbar, wenn er dabei helfen könnte.

Die Einführung des Euro durch Zypern wird neben allen anderen Vorteilen zwei weitere positive Auswirkungen haben. Erstens wird sie die Türkei auf einer ganz praktischen Ebene näher an Europa heranführen, weil der Euro die türkische Lira als Währung in dem von der Türkei besetzten Nordteil Zyperns ersetzen wird.

Zweitens werden durch die Einführung Europa und das Vereinigte Königreich enger miteinander verbunden, weil der Euro die Währung sein wird, die von der Zivilbevölkerung in den beiden britischen Kolonien auf Zypern, Akrotiri und Dhekelia, verwendet wird. In diesen Gebieten wird das Pfund – wenn auch nur das Zypern-Pfund als koloniale Variante des mächtigen britischen Pfunds – durch den Euro ersetzt werden. Diese Kolonien werden das erste britische Hoheitsgebiet sein, in dem der Euro offiziell als allgemeine Währung eingeführt wird. Vielleicht wird der Euro von den Kolonien aus allmählich das britische Festland erreichen, sicher zur Freude aller britischen Abgeordneten des Europäischen Parlaments, von denen ich heute übrigens nur wenige hier in diesem Haus sehe.

Abschließend möchte ich alle meine Kollegen auffordern, diesen Bericht zu unterstützen. Bei dieser Gelegenheit darf ich Sie alle einladen, 2008 nach Zypern zu kommen, die zyprische Gastfreundschaft und die Sonne zu genießen und ihre Euros großzügig auszugeben.

 
  
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  Alexander Radwan (PPE-DE). – Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Ich beschränke mich heute auf das Verfahren, und gehe nicht auf die vielen anderen angesprochenen Punkte ein. Inhaltlich kann ich mich unumwunden dem Kollegen Langen in seiner Bewertung von Malta und Zypern und hinsichtlich der Zustimmung des Parlaments anschließen.

Ich konzentriere mich also auf das Verfahren. Da nehme ich einfach die Worte von Staatsminister Gloser als Ausgangspunkt, der sagte, man sollte sich nicht primär das Verfahren anschauen. Da war von Verständnis, Wünschen und Prüfen die Rede. Für das nächste Verfahren möchte ich sagen: Wir werden die Wünsche des Rates und der Kommission, unsere Entscheidungen zeitnah zu treffen, verständnisvoll prüfen. Aber wir werden das nächste Mal auch das Verfahren nutzen, das das Parlament für solche Sachen vorsieht. Wir verstehen die Zwänge des Rates mit seinem Sitzungskalender durchaus. Auch die Zwänge der Kommission, auch der Termin 1. Januar, das ist alles im Parlament nachvollziehbar. Aber wenn umgekehrt nicht verstanden wird, dass auch wir im Parlament ein bestimmtes Verfahren haben und jetzt zum wiederholten Male bei diesem Verfahren, eine der Grundregeln, z. B. betreffend die Übersetzungsfristen, nicht gebührend beachten können, dann wird das nächstes Mal die entsprechenden Konsequenzen haben.

Man kann also man nur darauf drängen, dass eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Institutionen zustande kommt. Andernfalls müsste man beim Rat darauf achten, dass das Parlament zukünftig nicht mehr befasst wird. Es wurde ja davon gesprochen, dass dies in dem entsprechenden Vertrag verankert ist, und wenn es im Vertrag verankert ist, muss man sich dran halten. Das deutsche auswärtige Amt und alle auswärtigen Ämter im europäischen Kontext haben immer wieder mal danach getrachtet, das Parlament nicht allzu stark werden zu lassen. Das betrifft jedoch andere Bereiche.

Aber ein Bereich, der mir ganz wichtig ist, ist die Datenbasis. Darum wollen wir uns im Parlament ausreichend damit befassen. Wir haben Griechenland, wir haben Ungarn erlebt. Wir nehmen die Kommission in die Verantwortung, eine Garantie dafür abzugeben, dass die Daten, auf denen der Beschluss für einen Beitritt basiert, auch weitestgehend so geprüft sind, dass man von ihrer Richtigkeit ausgehen kann. Ich verweise nur auf den ungarischen Finanzminister, der nach dem, was in Ungarn passiert ist, öffentlich darüber philosophiert hat, welche Variationsmöglichkeiten man eigentlich als Finanzminister bei den nach Brüssel gelieferten Daten hat. Auch EZB-Präsident Trichet hat darauf hingewiesen, dass die Erhebung der Daten in der Europäischen Union entsprechend problematisch ist.

Für uns ist entscheidend, dass die Kommission bei entsprechenden Problemen nicht auf Eurostat verweist, sondern, dass sie selber dafür die Verantwortung trägt. Wir möchten die Kommission aber auch gegenüber den Mitgliedstaaten stärken. Es geht nämlich nicht, dass die Kommission entsprechenden Forderungen nachkommen muss, aber die Mitgliedstaaten die Kontrollmöglichkeiten der Kommission dort, wo es notwendig ist, nach wie vor mit allen Mitteln beschränken.

 
  
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  Joseph Muscat (PSE). – (MT) Danke, Herr Präsident! Die heutige Abstimmung ist für Malta entscheidend, denn auch wenn gewichtige und legitime Argumente dazu vorgebracht wurden, welches die richtige Zeit für die Einführung des Euro gewesen wäre, gibt es doch einen politischen Konsens und die Verpflichtung, sicherzustellen, dass die Umstellung am 1. Januar 2008 vorgenommen wird. Sobald die Europäische Kommission die von den maltesischen Behörden vorgelegten Statistiken und Methoden gebilligt hat, werden diese von allen europäischen Behörden akzeptiert werden, wenn die gleiche Grundlage von aufeinander folgenden Regierungen verwendet wird.

In den kommenden Jahren müssen umfangreiche Arbeiten zur Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen durchgeführt werden, um die Kriterien von Maastricht zu erfüllen. Wie die Kommission und die Europäische Zentralbank erklärten, hat die maltesische Regierung bisher auf den einmaligen Verkauf öffentlichen Vermögens zurückgegriffen und dabei weiterhin den steuerlichen Druck erhöht, vor allem auf Arbeitnehmer und die Mittelschicht. Dies lässt sich nicht aufrecht erhalten. Der Nationale Ausschuss leistet gute Arbeit bei der Vorbereitung auf die Umstellung auf den Euro, doch es muss mehr getan werden, um die Verbrauchervertretungen direkt an der Widerlegung der Vorstellung zu beteiligen, der Euro würde zu höheren Lebenshaltungskosten führen. Mehr grundlegende Informationen sind nötig, auch Informationen zu den Zinssätzen. Die Initiative „FAIR“, die es einzelnen Unternehmen ermöglicht, Absprachen über doppelte Preisauszeichnung zu treffen, ist zu loben. Jedoch nehmen derzeit nur wenig mehr als die Hälfte der Unternehmen von Malta und Gozo an diesem System teil. Ich fordere die übrigen Unternehmen, die sich dieser Initiative noch nicht angeschlossen haben, dringend auf, dies unverzüglich zu tun.

Lassen Sie uns die Umstellung zum Euro zu einem Erfolg machen. Dies sollte allerdings nicht dazu verleiten, zu denken, so würden die wirtschaftlichen Probleme des Landes gelöst. Die Lösung dieser Probleme ist bei uns selbst zu suchen. In den letzten Jahren ist das Bruttoinlandsprodukt Maltas von 78 % auf 71 % des europäischen Durchschnitts gesunken. Der in diesem Zeitraum verzeichnete Fortschritt stammte größtenteils aus großen Bankgewinnen und Regierungsvorhaben mit Direktausgaben. Diese Art der Politik wird in Hinblick auf das Konvergenzkriterium nur in sehr geringem Umfang verfolgt werden können. In der Zwischenzeit ging es mit den Sektoren, die Motoren unserer Wirtschaft sein sollten, wie Tourismus und verarbeitendes Gewerbe, bergab. Dies hat sich ganz deutlich an dem wirtschaftlichen und sozialen Schock gezeigt, den unser Land gestern erlitten hat, als 570 Personen aufgrund der Schließung der VF-Fabrik an einem Tag ihren Arbeitsplatz verloren. Deshalb sind nationale Anstrengungen erforderlich, die den Wettbewerb in diesen Bereichen wirklich begünstigen.

 
  
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  Ieke van den Burg (PSE) . – (EN) Herr Präsident! Ich muss mich bei meinen zyprischen und maltesischen Kollegen dafür entschuldigen, dass ich dieses historische Ereignis des Beitritts zur Eurozone mit dieser Debatte über unsere institutionellen Probleme bei der Handhabung von Beitrittsfragen störe. Dies schmälert jedoch keineswegs unsere Unterstützung für die Einführung des Euro durch Zypern und Malta sowie für beide Berichte von Herrn Langen.

Wir wollen den Euro-Beitritt dieser beiden Länder nicht mit der Diskussion über das zukünftige Verfahren belasten, aber ich hoffe, dass wir heute mit der Kommission und dem Rat zu einer Einigung kommen werden, um sicherzustellen, dass das Verfahren zukünftig verbessert wird und das Parlament eine wirksamere Möglichkeit erhält, seinen Standpunkt zu diesem Thema zu äußern.

Deshalb haben wir diese nicht legislative Entschließung über das Verfahren eingereicht. Wir möchten zu einem Treffen mit den anderen beiden Organen eingeladen werden, damit wir eine interinstitutionelle Vereinbarung zu mehreren, in unserem Entschließungsantrag aufgeführten Punkten erarbeiten können. In diesem Text wird ein System der Vorankündigung gefordert, bei dem uns die Mitgliedstaaten ihren Wunsch nach einem EURO-Beitritt frühzeitig mitteilen, damit wir mit der Prüfung der Gegebenheiten beginnen können, und der Inhalt bezieht sich auf die Bewertung der Qualität der Statistiken und der vorgelegten Daten.

Mein letzter Punkt betrifft die Terminplanung für das förmliche Verfahren. Wir sind uns darüber im Klaren, dass alle Verfahrensschritte in einem sehr kurzen Zeitraum stattfinden müssen. Doch wenn wir besser vorbereitet sind, werden wir besser in der Lage sein, eine ernsthafte Diskussion zu führen.

Der Herr Kommissar hat seine Bereitschaft signalisiert, mit uns gemeinsam eine solche interinstitutionelle Vereinbarung auszuarbeiten. Ich möchte Herrn Gloser auffordern, uns im Namen des Rates, der deutschen Ratspräsidentschaft und zukünftiger Ratspräsidentschaften ebenfalls eine solche Zusage zu geben.

 
  
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  Antolín Sánchez Presedo (PSE).(ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Der Antrag von Zypern und Malta auf Überprüfung des Grades ihrer Konvergenz wurde eingereicht, bevor diese Länder ihre zweijährige Teilnahme am Wechselkursmechanismus, die am 2. Mai 2005 begann, vollendet hatten, und die Berichte der Europäischen Zentralbank und der Kommission wurden nach dem gleichen Muster erarbeitet wie die von Griechenland, Litauen und Slowenien.

Auch wenn es stets sinnvoll ist, die Prozesse zur Erweiterung des Euro-Währungsgebiets und die Mitwirkung des Europäischen Parlaments zu verbessern, richtet sich meine Hauptbotschaft an unsere Mitbürger in Zypern und Malta. Sie sollen unseren Standpunkt erfahren, dass Zypern und Malta der Eurozone beitreten und in der Lage sein sollen, ab Anfang kommenden Jahres alle Vorteile der Währungsunion zu genießen.

Diese Erweiterung des Euroraums wird ein bedeutender Schritt im europäischen Integrationsprozess sein. Zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung wird die Mehrheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Eurozone gehören.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich bei Ihnen, sehr geehrter Herr Langen, als Berichterstatter recht herzlich bedanken für beide Teile Ihres Beitrags: Sie haben sich dafür ausgesprochen, Malta und Zypern in die Euro-Mitgliedschaft aufzunehmen, und dies trotz der von Ihnen im zweiten Teil Ihrer Ausführungen geäußerten Bedenken hinsichtlich des Zeitfaktors. Es ist wichtig, dass wir dies vor Ablauf der verschiedenen Fristen, wie Kommissar Almunia vorhin gesagt hat, realisieren können. Beide Länder brauchen eine bestimmte Zeit, um diesen Schritt vorzubereiten, damit die betroffenen Bürgerinnen und Bürger auf Malta und Zypern nicht letztlich Leidtragende einer zu langsamen Vorbereitung sind.

Ich möchte noch einmal ausdrücklich darauf Bezug nehmen, dass der Europäische Rat gegenüber dem Präsidenten des Europäischen Parlaments zum Ausdruck gebracht hat, dass eine schwierige Situation vorlag, dass möglicherweise zu wenig Zeit vorhanden war. Ich möchte auch noch einmal auf die Frage eingehen, was machbar ist. Was ist schon vor Ablauf bestimmter offizieller Fristen möglich? Die Zeitpläne sind festgelegt. Wir können nicht davon abweichen, weil es Bestimmungen im EG-Vertrag gibt. Die andere Frage ist, inwieweit Sie in der Konsultation zwischen dem ECOFIN und Ihrem Ausschuss die entsprechenden Informationen erhalten, um permanent beobachten zu können und somit vorbereitet zu sein. Die Frage ist auch, inwieweit Ihnen schon vorab Berichte der jeweiligen Länder, die einen Antrag auf Aufnahme gestellt haben, zur Verfügung stehen.

Ich möchte auf verschiedene hier in der Debatte gestellte Fragen hin noch einmal sagen: Auf der einen Seite sind viele Punkte festgelegt. Aber dort, wo eventuell Möglichkeiten zur Veränderung bestehen – was Frau Merkel in ihrem Schreiben an Herrn Pöttering ausgeführt und was auch der Kommissionspräsident angesprochen hat – müssen wir durch entsprechende Vorschläge der Kommission in der Diskussion bleiben, um diese Möglichkeiten zu erkennen. Alles andere muss abgewartet werden. Ich bitte daher um Verständnis, dass ich zu diesem Punkt heute für den Rat keine Zusagen geben kann.

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident, Herr Ratsvorsitzender, meine Damen und Herren! In dieser abschließenden Rede zur Aussprache möchte ich in meinem Namen und in dem der Kommission Zypern und Malta nochmals zu den Anstrengungen beglückwünschen, die sie unternommen haben, um dieses Ziel zu erreichen und den Euro im Interesse ihrer Wirtschaft und ihrer Bürger erfolgreich einführen zu können.

Meiner Ansicht nach wird dadurch erneut deutlich, dass die Eurozone kein geschlossener Klub ist und dass der Beitritt zum Euro nicht nur eine Pflicht der Mitgliedstaaten darstellt, sondern auch eine hervorragende Chance für jene, die die Einheitswährung mit 318 Millionen anderer Europäer teilen wollen, und für die Länder, die bereits zur Wirtschafts- und Währungsunion gehören.

Daher halte ich es für eine gute Entscheidung, den Beitritt von Zypern und Malta zum Euro zu unterstützen, wie es Herr Langen in seinem Bericht tut.

Zwei Bemerkungen zur Erfüllung der Kriterien möchte ich noch machen: In seiner Rede stellte Herr Langen in Frage, wie Zypern und Malta die Kriterien erfüllt haben oder die Form, in der die Kommission die Erfüllung dieser Kriterien in ihrem Konvergenzbericht bewertet hat.

Ich muss sagen, dass die Einstellung des Defizitverfahrens gegen Malta, das auf dem letzten ECOFIN-Rat auf Vorschlag der Kommission erfolgte, für Malta eine notwendige Voraussetzung darstellt, um das Maastricht-Kriterium in diesem Punkt zu erfüllen, und der Konvergenzbericht der Kommission vom 16. Mai besagte, dass Malta, wenn der ECOFIN-Rat der Einstellung des Defizitverfahrens zustimmen würde, das Kriterium erfüllt hätte. Wir haben so gehandelt, um den Konvergenzbericht nicht zu verzögern, denn ansonsten hätten wir mit der Veröffentlichung des Konvergenzberichts bis zum 5. Juni warten müssen und Sie hätten noch weniger Zeit gehabt, ihn zu diskutieren.

Die von der endgültigen Zustimmung abhängige Bewertung der Erfüllung hatte somit das Ziel, die Arbeit des Parlaments und des Rates zu unterstützen und sie nicht zu behindern.

Die Zahlen sehen wie folgt aus: Die von Zypern und Malta gemeldeten Daten zum Defizit und zur Verschuldung im Rahmen der Defizitnotifizierungsverfahren, die zweimal im Jahr, am 1. April und am 1. Oktober, stattfinden, – die von Eurostat analysiert wurden und dessen Stellungnahme am 23. April veröffentlicht wurde – sind so zuverlässig wie die der anderen Mitgliedstaaten. Eurostat hat keine Vorbehalte in Bezug auf die Angaben zum Defizit und zur Verschuldung.

Es gibt keinen Grund, die Zahlen von Zypern und Malta in Frage zu stellen und dies im Falle von Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Deutschland, Schweden, Dänemark oder anderen Mitgliedstaaten nicht zu tun. Dafür ist kein Grund vorhanden.

Schwierigkeiten treten bei anderen Zahlen auf: bei den Angaben der vierteljährlichen Finanzkonten in den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen, mit den Arbeitslosenzahlen bei der derzeitigen Erhebung der Arbeitskräfte in Deutschland und mit den französischen Angaben, doch das ist tägliche statistische Arbeit, und wenn das Parlament Eurostat mehr Mittel bewilligen will, so sind sie willkommen. Wenn das Parlament die Tätigkeit von Eurostat unterstützen will, so sollen Sie, verehrte Abgeordnete, wissen, dass ich als verantwortliches Kommissionsmitglied für Eurostat immer dankbar für die Hilfe des Parlaments gegenüber der Kommission und Eurostat bin, doch ich möchte hier keinen Zweifel an der Gültigkeit und Qualität der Zahlen lassen, auf deren Grundlage wir die Bewertung vornehmen, ob Zypern und Malta ihre Konvergenzkriterien erfüllen.

Was die Verfahren angeht, so wende ich mich direkt an Sie, Herr Langen. Die Kommission grenzt das Parlament in keiner Weise aus oder behindert seine Arbeit in dieser Debatte, und sie hat weder den Wunsch noch einen Grund, dies zu tun. Ganz im Gegenteil, ich habe, ebenso wie Herr Barroso in seinem Schreiben, die uneingeschränkte Bereitschaft der Kommission und des Kommissars für Wirtschaft und Währung, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, zum Ausdruck gebracht.

Bitte hören Sie mir zu, Herr Langen, denn ich erkläre Ihnen – und ich wiederhole die Aussage des Präsidenten der Kommission in seinem Schreiben an Herrn Pöttering und meine Worte vom 7. Juni im Wirtschafts- und Währungsausschuss in Ihrer Anwesenheit –, dass wir jederzeit bereit sind, Informationen mit Ihnen auszutauschen und Ihnen alle verfügbaren Informationen zu übermitteln. Doch Sie können von der Kommission nicht verlangen, dass sie erklärt, ein Land hätte definitiv das Defizitkriterium erfüllt, wenn der Rat das Defizitverfahren noch nicht eingestellt hat. Im nächsten Jahr, wenn die Slowakei einen Antrag stellt, werden wir wieder vor diesem Problem stehen, denn gegen die Slowakei läuft derzeit ein Defizitverfahren, das erst eingestellt werden kann – falls eine Einstellung angezeigt ist –, nachdem die endgültigen Haushaltszahlen für 2007 von Eurostat validiert worden sind.

Deshalb werden weder wir noch der ECOFIN-Rat die Entscheidungen über eine Einstellung des Defizitverfahrens gegen die Slowakei früher treffen können, als in diesem Jahr das Defizitverfahren gegen Malta eingestellt wurde.

Wir können dem Konvergenzbericht vorgreifen und sagen, dass die Slowakei, wenn der ECOFIN-Rat die Einstellung bestätigt, das Kriterium erfüllen wird. Das ist eine Hypothese. Aber wir können im Februar nicht sagen, dass die Slowakei das Defizitkriterium erfüllt, wenn die Einstellung erst im Mai oder Juni nächsten Jahres beschlossen werden kann. Ebenso wenig können wir eine genaue Bewertung vornehmen – und Sie fordern von uns mit Recht eine exakte Analyse –, ob die Länder die Maastricht-Kriterien, die Konvergenzkriterien, erfüllen, bevor wir im Mai 2008 die Frühjahrsprognose kennen, die von der Kommission und ihren Diensten nicht im Voraus angenommen oder veröffentlicht werden kann, denn wenn wir die Frühjahrsprognose vorziehen, handelt es sich um die Winterprognose, die keinen Überblick über die Wirtschaftslage und die Wirtschaftsdaten für das Frühjahr geben wird.

Daher möchte ich vor diesem Parlament klarstellen, dass der Konvergenzbericht des nächsten Jahres nicht vor Mai präsentiert werden kann. Die Kommission, das Parlament und der Rat müssen daher miteinander sprechen und eine Form finden, in der wir gewissenhaft, kohärent und kollegial zusammenarbeiten können, um die richtigen Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt zu treffen, damit die Bürger der nächsten Länder, die sich den 13 gegenwärtigen Mitgliedern der Eurozone anschließen werden, nicht unter den Folgen einer verspäteten Entscheidung und einer mangelhaften Vorbereitung auf die Einführung der Euronoten und -münzen leiden.

Das ist die Haltung und Überzeugung der Kommission. Es sollte eine Vereinbarung zwischen den drei Institutionen geben. Das ist wünschenswert. Es ergibt keinen Sinn, dass wir bei jeder Erweiterung des Euro-Währungsgebiets über die Verfahren und nicht über die Beitrittsländer und über die positiven Auswirkungen für ihre Bürger diskutieren. Wir müssen dieses Problem lösen, aber das wird uns nur gelingen, wenn die drei Institutionen zusammenarbeiten und die objektiven Einschränkungen berücksichtigen, unter denen die Institutionen ihre Entscheidung treffen müssen.

 
  
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  Werner Langen (PPE-DE), Berichterstatter. – Herr Präsident! Ich muss auf die letzten Äußerungen von Herrn Kommissar Almunia Bezug nehmen. Ich bin ziemlich enttäuscht über die Art, wie er mich interpretiert und nicht wiedergegeben hat.

Erstens habe ich nicht gesagt, dass die Daten von Zypern und Malta schlechter als die der anderen Staaten sind. Aber die Kommission hat uns bei Portugal, Ungarn und Griechenland schlechte Daten als gut verkauft. Das ist ein Faktum! Zweitens geht es nicht darum, dass wir die Länder angreifen, sondern dass die Kommission Verantwortung übernimmt. Drittens hat die Kommission am 3. Mai 2007 das Dokument KOM(2007)0230, den Bericht an das Europäische Parlament und den Rat – Qualitätsbericht über die vierteljährlichen Finanzkonten des Staates –, vorgelegt. Darin sind Slowenien, Malta und Zypern beanstandet worden. Nicht mehr und nicht weniger steht in der Begründung meines Berichts.

 
  
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  Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. (ES) Herr Präsident, Herr Langen! Zum letzten Aspekt möchte ich nochmals bemerken, dass die Kommission und Eurostat zu diesen vierteljährlichen Finanzkonten natürlich eine Reihe von Ländern, auch Zypern und Malta, zur Übermittlung, Nachbesserung und Ergänzung von Informationen auffordern. Ich möchte jedoch wiederholen, dass diese Statistiken nicht relevant für die Bewertung sind, ob ein Land die Konvergenzkriterien erfüllt oder nicht. Es gibt tausende Statistiken, viele Statistikserien, die von den Ländern an Eurostat übermittelt werden müssen und die zum statistischen Apparat des europäischen Statistiksystems gehören. Doch diese Statistiken, im Fall von Zypern und Malta unvollständig und unzureichend, sind nicht jene Statistiken, die wir verwendet haben und die wir für die Bewertung der Konvergenzkriterien heranziehen müssen. Das sind andere Statistiken.

Zu Ihrem vorigen Kommentar: Portugal, Italien, Frankreich, Griechenland, Ungarn und viele andere Länder haben von Eurostat Revisionen der BIP-, der Defizit- oder der Verschuldungsdaten oder vieler anderer Faktoren erhalten. Aber natürlich geht es jedoch besonders um das Defizit und die Verschuldung.

Sie, Herr Langen, und alle anderen verehrten Abgeordneten wissen, dass diese Revisionen erfolgt sind, und Sie wissen, dass die Zahlen, die wir dank der Arbeit von Eurostat und der Kommission verwenden, einer Arbeit, die in den letzten drei Jahren erheblich verbessert wurde, jetzt realistischer sind. Sie haben gemeinsam mit dem Rat eine Verordnung verabschiedet, die bessere Instrumente und größere Möglichkeiten für die Überprüfung der Daten bietet, die von jedem Mitgliedstaat an Eurostat übermittelt werden. Wir danken Ihnen für die Unterstützung, die Eurostat erhalten hat und die uns in die Lage versetzt, unsere Arbeit mit einer höheren Qualität als zuvor zu verrichten, und wenn ich als verantwortlicher Kommissar für Eurostat neue Rechtsinstrumente brauche, um die Qualität dieser Arbeit zu verbessern, werde ich Sie darum ersuchen.

Heute kann ich Ihnen sagen, wenn ich die Glaubwürdigkeit und Qualität der Daten über Haushalt, Defizit und Verschuldung mit denen vergleiche, die mir vor drei Jahren zur Verfügung standen, dann ist hier eine deutliche Verbesserung eingetreten, und darüber sollten wir uns alle freuen. Werfen Sie der Kommission nicht vor, dass sie ihre Arbeit gut macht, indem sie Ihnen und allen anderen bessere Zahlen über die Defizite und die Verschuldung vorlegt.

 
  
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  Pervenche Berès (PSE).(FR) Herr Präsident! Ich fordere Herrn Langen und alle seine Kolleginnen und Kollegen auf, sich auch dann so aktiv wie heute an der Aussprache zu beteiligen, wenn wir uns im Rahmen der derzeit laufenden Aussprache im Wirtschafts- und Währungsausschuss beispielsweise mit der Verbesserung der Arbeitsweise von Eurostat befassen und wenn wir Texte verabschieden wie die, von denen der Kommissar gerade gesprochen hat, die eine bessere Governance von Eurostat ermöglichen sollen. Bei solchen Anlässen sehe ich Sie nicht.

Ich möchte Herrn Gloser fragen, ob er bereit wäre, sich im Namen des Rates und im Sinne der Antwort von Kommissionspräsident Barroso an Herrn Pöttering dafür einzusetzen, dass wir uns dann, wenn die Prüfung eines weiteren Antrags auf den Beitritt zum Euro-Währungsgebiet ansteht, gemeinsam an einen Tisch setzen, um uns auf einen gemeinsamen Zeitplan in den drei Organen zu einigen.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Wir haben in der Debatte gehört, welche Möglichkeiten es gibt. Der Kommissar und Herr Barroso haben Vorschläge gemacht. Nun muss man sich zusammensetzen und klären, was unter den gegebenen vertraglichen Bestimmungen noch möglich ist. Die Zeit dazu sollten wir nutzen.

 
  
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  Der Präsident.(FR) Zum Abschluss der Aussprache wurde gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung ein Entschließungsantrag eingereicht(1).

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen, Donnerstag, dem 21.6.2007, statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Louis Grech (PSE), schriftlich. – (EN) Die Unterstützung der maltesischen Öffentlichkeit wird unter anderem davon abhängen, wie sich der Beitritt zur Eurozone auf die Bürger, die Geschäftswelt und die Wirtschaft selbst auswirkt. Dabei stehen drei wichtige Faktoren im Vordergrund. Der erste ist die erfolgreiche Einführung. Nach einem etwas schleppenden Beginn werden die Vorbereitungen nun allem Anschein nach zügig weitergeführt und es ist zweifelsohne äußerst wichtig, dass die Verbraucher und die Wirtschaft diesen Prozess aufmerksam überwachen und steuern.

Bisher haben wir meist nur etwas über die Vorteile gehört, über den Nutzen für die maltesischen Verbraucher bei Auslandsreisen, die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des touristischen Reiseziels Malta, über geringere Transaktionskosten für Unternehmen, die sich am innergemeinschaftlichen Handel beteiligen usw. Die potenziellen Nachteile sind dagegen nur am Rande erwähnt worden.

Einerseits muss sich Malta der Politik, den Anpassungsmechanismen und den Maßnahmen der Europäischen Zentralbank, beispielsweise bei den Zinssätzen und den monetären Aggregaten, unterordnen, die gravierende Auswirkungen für uns haben werden. Andererseits dürfen wir nicht versuchen, die Beitrittskriterien durch einen allzu strengen wirtschaftlichen Sparkurs zu erreichen, sondern durch eine nachhaltige Wirtschaftpolitik, die sicherstellt, dass wir nicht gegen die Vorschriften verstoßen.

 
  
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  Richard Corbett (PSE), schriftlich. – (EN) Ich hoffe, dass sich wie zuletzt nun Zypern und Malta noch mehr Länder für einen Euro-Beitritt entscheiden werden, weil die von Großbritannien vertretene Position dadurch noch auffälliger wird.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich der Euro rasch als weltweit stärkste Währung etabliert und nun den US-Dollar als Leitwährung im Welthandel abgelöst hat – sein Anteil am Welthandel liegt bei 45 %, der Anteil des Dollars bei 37 % – wird zunehmend deutlich, dass das Vereinigte Königreich durch seine Ablehnung eines Euro-Beitritts Nachteile erleidet.

 
  
  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

 
  

(1) Siehe Protokoll.


4. Unterzeichnung von Rechtsakten, die im Mitentscheidungsverfahren angenommen wurden: siehe Protokoll
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  Marco Cappato (ALDE). – (IT) Herr Präsident, gemäß Artikel 28 unserer Geschäftsordnung sind Anfragen zu den Arbeiten des Präsidiums innerhalb von 30 Tagen nach ihrer Vorlage zu beantworten.

Vor etwa drei Monaten, am 28. März, unterbreitete ich eine Anfrage zu den Äußerungen, die Kardinal Angelo Scola in Gegenwart unseres Parlamentspräsidenten getätigt hatte und denen zufolge er es für unangebracht hielt, dass das gegenwärtige Europäische Parlament fortwährend Erklärungen zu Themen wie Ehe, Familie und Leben abgibt. Angesichts eines derartigen Angriffs gegen dieses Parlament beschloss ich damals, die erwähnte Anfrage zu stellen, und ich halte es für wichtig, dass das Präsidium des Parlaments dieses Hohe Haus und seine Beschlüsse gegen Angriffe eines fremden Staates wie Vatikanstadt verteidigt.

 
  
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  Der Präsident. Herr Kollege! Wenn das so ist, wie Sie sagen – und daran habe ich keinen Zweifel –, dann müssen Sie natürlich eine Antwort bekommen. Die tüchtigen Damen und Herren in meiner Nähe werden der Sache nachgehen, so dass Sie dann eine Antwort bekommen.

 

5. Abstimmungsstunde
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die Abstimmungsstunde.

(Abstimmungsergebnisse und sonstige Einzelheiten der Abstimmung: siehe Protokoll)

 

5.1. Einheitliche Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige (Abstimmung)
  

- Bericht: Coelho (A6-0211/2007)

– Vor der Abstimmung

 
  
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  Carlos Coelho (PPE-DE), Berichterstatter. – (PT) Herr Präsident! 2003 hat das Parlament zwei Initiativen der Kommission zu diesem Thema abgelehnt. Ich begrüße es, dass die Kommission dem Parlament Recht gegeben hat, indem sie die Frage des Aufenthaltstitels von der Visa-Frage abgekoppelt hat.

Ganz abgesehen von den technischen Fragen bei der Interferenz zwischen unterschiedlichen Chips handelt es sich in der Tat um verschiedene Fragen. Eine Sache ist es, einen Identitätsausweis zur Verwendung im Schengen-Raum zu haben, die andere, ein Reisedokument zur Verwendung außerhalb des Schengen-Raums. Damit kann die Identität aller Drittstaatenangehörigen, die sich rechtmäßig im Schengen-Raum aufhalten, in gleicher Weise festgestellt werden.

Deshalb möchte ich der Kommission zu ihrem Vorschlag gratulieren, biometrische Identifikatoren, die das Gesichtsbild und Fingerabdrücke in interoperablem Format enthalten, einzuführen. Die Nutzung dieser biometrischen Daten ist die beste Form, um der Verwendung und der Annahme falscher Indentitäten vorzubeugen.

Gleichwohl möchte ich die Aufmerksamkeit des Rates darauf lenken, dass diese Änderungen beim Aufenthaltstitel denselben hohen Sicherheitsniveaus, die bei der Ausstellung von nationalen Personalausweisen gelten, genügen müssen. Darüber hinaus möchte ich die Aufmerksamkeit der Kommission auf die Lücken in Bezug auf die Erfassung der Daten insbesondere von Kindern oder Menschen, die aufgrund verschiedener Behinderungen, keine Fingerabdrücke beibringen können, lenken. Schließlich möchte ich die Aufmerksamkeit der Kommission auf die Datenschutzstandards und darauf lenken, dass eine detaillierte Liste der Behörden, die Zugang zu den Daten haben werden, sowie der für die Durchführung der Kontrollen der Aufenthaltstitel zuständigen Stellen aufgestellt werden muss, um eine missbräuchliche Nutzung der sensibelsten Daten auszuschließen.

 

5.2. Verbot der Ausfuhr und sichere Lagerung von metallischem Quecksilber (Abstimmung)
  

- Bericht: Papadimoulis (A6-0227/2007)

 

5.3. Gemeinschaftsprogramm Fiscalis 2013 (Abstimmung)
  

- Bericht: Hans-Peter Martin (A6-0117/2007)

– Vor der Abstimmung

 
  
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  Hans-Peter Martin (NI), Berichterstatter. – Herr Präsident! Nur ganz kurz muss ich Ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Der vorliegende Bericht über das Gemeinschaftsprogramm Fiscalis, ein legislativer Bericht, wurde zu einem Fall schändlicher Zensur. Die Begründung meines Berichtes wurde eigenmächtig und völlig unverständlicherweise von der Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, der Sozialistin Pervenche Berès, zensuriert. Das ist eines Parlamentes, das sich demokratisch nennt, nicht würdig. Sie finden die zensurierten Passagen nach einer langen Auseinandersetzung zur Geldverschwendung und zur Kontrolle der Europäischen Kommission in einem Addendum – vielleicht Herr Präsident, können Sie für Ruhe sorgen – in einem Addendum, das beigelegt ist für die, die es interessiert.

(Unruhe)

 
  
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  Der Präsident. Sie waren die Ursache für diese Unruhe. Ich weise Ihre Beschuldigungen gegenüber der Kollegin hier zurück. So verhält man sich hier im Parlament nicht!

(Beifall)

 
  
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  Pervenche Berès (PSE).(FR) Herr Präsident! Es hat sich so ergeben, dass die Begründung zu diesem Bericht völlig im Widerspruch zur Abstimmung über die Entschließung im Ausschuss steht. Nun ist es Sache unseres Plenums, über diese Entschließung abzustimmen. Daher habe ich unseren Berichterstatter gemäß unserer Geschäftsordnung gebeten, die Formulierungen aus der Begründung zurückzunehmen, die der im Ausschuss angenommenen Entschließung nicht entsprachen. Diese Formulierungen wurden der Begründung unter strikter Anwendung unserer Geschäftsordnung in Form einer Minderheitenansicht beigefügt.

Ich danke Ihnen, Herr Präsident, dass Sie mir gestattet haben, dem Plenum das demokratische Verfahren zu erläutern, wie es im Wirtschafts- und Währungsausschuss real gehandhabt wird.

(Beifall)

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank, Frau Kollegin. Ich habe nicht daran gezweifelt.

 

5.4. Verbesserung der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen (Abstimmung)
  

- Bericht: Oomen-Ruijten (A6-0080/2007)

 

5.5. Einführung der einheitlichen Währung durch Zypern am 1. Januar 2008 (Abstimmung)
  

- Bericht: Langen (A6-0244/2007)

 

5.6. Einführung der einheitlichen Währung durch Malta am 1. Januar 2008 (Abstimmung)
  

- Bericht: Langen (A6-0243/2007)

 

5.7. Galileo (Abstimmung)
  

- Entschließungsantrag: Galileo (B6-0238/2007)

 

5.8. Spezifische Probleme bei der Umsetzung und Anwendung der Rechtsvorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen und ihre Beziehung zur Lissabonner Agenda (Abstimmung)
  

- Bericht: McCarthy (A6-0226/2007)

 

5.9. Millenniums-Entwicklungsziele: Zwischenbilanz (Abstimmung)
  

- Bericht: Kinnock (A6-0220/2007)

 
  
  

– Vor der Abstimmung über Ziffer 9

 
  
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  Vittorio Agnoletto (GUE/NGL). – (IT) Herr Präsident, ich schlage vor, am Schluss von Ziffer 9 den folgenden Text hinzuzufügen: „bedauert, dass die italienische Regierung noch nicht ihren Anteil für 2006-2007 in Höhe von 260 Millionen Euro in den Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria eingezahlt hat, und fordert die italienische Regierung auf, diese Schuld rasch zu begleichen.“

 
  
  

(Der mündliche Änderungsantrag wird berücksichtigt.)

– Vor der Abstimmung über Ziffer 45

 
  
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  Maria Martens (PPE-DE).(NL) Herr Präsident! Ich verlese den Text auf Englisch:

„Calls on the EU to increase funding to ensure that progres in basic science and biomedicine results in new and affordable drugs, vaccine and diagnostics for neglected diseases, to support the development phases of R&D, and to secure the use of new products by neglected populations whilst respecting the TRIPS provisions;“

(NL) … und dann wird ein Teil gestrichen. Die Passage, die entfällt, lautet:

und wird ersetzt durch:

„whilst respecting international patent rights, without which pharmaceutical R&D would collapse;“

 
  
  

(Der mündliche Änderungsantrag wird berücksichtigt.)

 

5.10. Arbeiten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU 2006 (Abstimmung)
  

- Bericht: Cornillet (A6-0208/2007)

– Vor der Abstimmung über Ziffer 9

 
  
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  Thierry Cornillet (ALDE), Berichterstatter. – (FR) Herr Präsident! Unsere Kollegin, Frau Morgantini, hat ebenfalls einen mündlichen Änderungsantrag eingereicht und ich schlage vor, die beiden miteinander zu verbinden. Es würde also darum gehen, den mündlichen Änderungsantrag von Frau Morgantini anzunehmen und ihn durch folgende Formulierung zu ergänzen: „und die internationale Gemeinschaft aufzurufen, für den tatsächlichen Einsatz dieser multinationalen Truppe zu sorgen“. Die beiden Änderungsanträge würden sich ergänzen und zusammen einen einzigen Änderungsantrag ergeben.

 
  
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  Luisa Morgantini (GUE/NGL). – (IT) Herr Präsident, ich möchte mitteilen, dass ich bereit bin, den Vorschlag von Herrn Cornillet zu akzeptieren.

 
  
  

(Die mündlichen Änderungsanträge werden berücksichtigt.)

 

5.11. Verbesserung der Methode zur Anhörung des Europäischen Parlaments bei den Verfahren zur Erweiterung der Euro-Zone (Abstimmung)
  

- Entschließungsantrag: Euro-Zone (B6-0264/2007)

 

6. Stimmerklärungen
  

- Bericht: Coelho (A6-0211/2007)

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Wie unsere Fraktion erklärt, wirft dieser Vorschlag zur Einführung biometrischer Daten in das einheitliche Modell des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige mehrere „Probleme hinsichtlich seiner technischen Durchführbarkeit, der Kosten und des Risikos seines Missbrauchs auf“.

Wie wir betont haben, ist es mehr als fragwürdig, ob die Einführung biometrischer Identifikatoren tatsächlich die Sicherheit erhöht oder ob sie durch die Risiken des Missbrauchs, technischer Fehler und eines Mangels an Transparenz und vernünftigem Datenschutz eher eine Bedrohung der Sicherheit darstellt.

Es handelt sich um eine unverhältnismäßige Maßnahme, die Teil einer supranationalen Dynamik ist, also um eine Maßnahme, mit der auf EU-Ebene Überwachungs- und Kontrollinstrumente eingerichtet werden sollen, ohne dass dies von „besonders konsequenten und strengen Sicherheiten, hauptsächlich bezüglich der Art und Weise ihrer Erhebung und Verwendung“ flankiert wird, und ohne dass es überhaupt möglich ist zu gewährleisten, dass ihre Verwendung „in einer relativ sicheren Umgebung stattfindet“.

Da der Bericht eine Folge und integraler Bestandteil des gegenwärtigen Abgleitens in einen von den EU-Institutionen verfolgten Sicherheitswahn ist, lehnen wir ihn ab.

 
  
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  Mary Lou McDonald (GUE/NGL), schriftlich. – (EN) Der zweite geänderte Vorschlag zur Einführung biometrischer Daten in die Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige wirft mehrere Probleme hinsichtlich seiner technischen Durchführbarkeit, der Kosten und des Risikos seines Missbrauchs auf. Es steht immer noch nicht eindeutig fest, ob die Einführung biometrischer Identifikatoren tatsächlich die Sicherheit erhöht oder ob sie durch die Risiken des Missbrauchs, technologischer Fehler und eines Mangels an Transparenz und vernünftigem Datenschutz eher eine Bedrohung der Sicherheit darstellt. Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission hat sich ebenfalls als technisch unmöglich erwiesen, und die für seine Ausarbeitung zugewiesenen Finanzmittel sind zum Teil vergeudet worden. Aus diesen Gründen können wir den geänderten Vorschlag der Kommission, der wieder nur die Kosten und technischen Schwierigkeiten in Höhen treiben würde, die dem Wertzuwachs im Bereich der Sicherheit völlig unangemessen sind, nicht unterstützen.

 
  
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  Andreas Mölzer (ITS), schriftlich. Dank der Visionen mancher Multi-Kulti-Träumer ist eine für die autochthone Bevölkerung immer schwerer tragbare Situation entstanden. Die Zuwanderer und deren Kinder nehmen nicht nur vielfach keine Rücksicht auf die autochthone Bevölkerung, sondern verlangen im Gegenteil immer mehr Rechte für sich, wollen die christlich-abendländischen Wurzeln anscheinend ausreißen und stellen sich umgekehrt, was Pflichten oder Bringschulden wie Integrationswille anbelangt, schlichtweg taub.

Die generelle Öffnung von gemeinnützigem Wohnraum für Drittstaatenangehörige und nicht integrierte Neo-EU-Bürger hat nicht nur zu starker Verunsicherung bei der angestammten Bevölkerung geführt, sondern auch eine massive Verschlechterung der Wohn- und Lebenssituation nach sich gezogen, bei der Gewaltausbrüche bald zum Alltag gehören. Angesichts dieser Realitäten gilt es, generell das Aufnahmerecht zu verschärfen. Der Bericht Coelho ist dafür nicht geeignet, weshalb ich ihn auch abgelehnt habe.

 
  
  

- Bericht: Papadimoulis (A6-0227/2007)

 
  
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  Milan Gaľa (PPE-DE). – (SK) Ich bin von Beruf Zahnarzt. In der Zahnheilkunde wird Quecksilber für Amalgamfüllungen verwendet, und ich verfolge mit Interesse die EU-Strategie zu Quecksilber und die Beseitigung von Quecksilber aus allen Lebensbereichen, wenn eine geeignete Alternative vorhanden ist. Im Prinzip kann ich vielen der Maßnahmen zustimmen, die die Kommission in Form von Rechtsaktentwürfen im Sinne der Quecksilberstrategie vorgelegt hat.

Ich bin jedoch sehr gespannt, wie wir mit der Auffassung umgehen, dass Quecksilber auch in der zahnärztlichen Praxis verboten werden sollte, wo Quecksilberamalgam seit nunmehr 150 Jahren zum Einsatz kommt, und das ziemlich erfolgreich. Es gibt keine relevanten Hinweise oder Belege für die toxischen Wirkungen von Amalgam bei zweckentsprechender Anwendung. Ebenso wenig liegt ein eindeutiges Gutachten darüber vor, ob geeignete alternative Füllmaterialien vorhanden sind. Wenn Amalgamabfälle in Zahnarztpraxen ordentlich getrennt werden und wir sie ordnungsgemäß, sicher und dauerhaft entsorgen, wie im Bericht vorgeschlagen, dann besteht derzeit keine Notwendigkeit eines Verzichts auf Amalgam als Füllmaterial.

 
  
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  Richard Seeber (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich möchte den Bericht ausdrücklich unterstützen und habe auch dafür gestimmt. Es ist wichtig, dass wir über eine europäische Strategie für Quecksilber verfügen, da es eines der schwersten Umweltgifte ist, und Europa hier sicher Vorreiter sein muss. Ich habe teilweise gegen Verschärfungen gestimmt, weil ich glaube, dass es notwendig ist, Einschleifregelungen für die Wirtschaft vorzusehen und einen sanften Übergang zu ermöglichen, um insgesamt die Wettbewerbsfähigkeit nicht zu sehr zu gefährden. Auch gilt meine Angst der Überbürokratisierung, und deshalb ist es notwendig, hier mit dem rechten Augenmaß vorzugehen. Insgesamt ist das ein sehr positiver Bericht.

 
  
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  Liam Aylward, Brian Crowley, Seán Ó Neachtain und Eoin Ryan (UEN), schriftlich. – (EN) Wir haben gegen die Änderungsanträge gestimmt, in denen vorgeschlagen wird, flüssiges Quecksilber in Einrichtungen über Tage zu lagern. Von der Kommission sind keine Folgenabschätzungen über die Sicherheit einer solchen Lagerung durchgeführt worden und es gibt keine Technologie zur Verfestigung von flüssigem Quecksilber: Die Lagerung von Quecksilber in Einrichtungen über Tage ist daher unter sicherheitsrelevanten und die zeitliche Dauer betreffenden Aspekten fragwürdig (in den Änderungsanträgen wird vorgeschlagen, dass diese Lagerung nur zeitlich begrenzt sein sollte). Ohne eine neue Technologie wäre die Lagerung nicht zeitlich begrenzt. Hingegen wurden von der Kommission Folgenabschätzungen zur Lagerung von flüssigem Quecksilber in Salzbergwerken oder in tiefen, harten Gesteinsschichten unter Tage durchgeführt, die ergeben haben, dass dort eine sichere Lagerung möglich ist.

Wir sind uns durchaus darüber im Klaren, dass bereits in nächster Zeit eine entsprechende Technologie entwickelt werden könnte. Wir begrüßen es, dass der Rat der vom Europäischen Parlament geforderten Aufnahme einer Bestimmung in den Vorschlag für eine Verordnung zugestimmt hat, die vorsieht, dass 2010 geprüft wird, ob der Anwendungsbereich der Verordnung ausgeweitet werden soll und ob andere Optionen für die Lagerung von Quecksilber zur Verfügung stehen.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) 1990 empfahl die Oslo-Paris-Kommission (OSPAR) die Umstellung sämtlicher Chloralkali-Anlagen mit Quecksilberzellen (MCCAP) bis 2010 auf quecksilberfreie Technologie. In seiner Entschließung zur Quecksilberstrategie der Gemeinschaft (März 2006) forderte das Europäische Parlament die Kommission auf, Maßnahmen zur Umsetzung des OSPAR-Übereinkommens zu ergreifen.

Abgesehen von laufenden Quecksilberemissionen aus MCCAP müssen bei Umstellung auf quecksilberfreie Technologien die großen Quecksilbermengen in den Zellen in umweltverträglicher Weise entsorgt werden.

Um zu verhindern, dass dieses überschüssige Quecksilber auf den Weltrohstoffmarkt gelangt, wurde im Oktober 2006 der Vorschlag für eine Verordnung verabschiedet, die ab dem 1. Juli 2011 die Ausfuhr von metallischem Quecksilber verbietet. Dieser Termin soll jetzt vorgezogen werden.

Der Vorschlag enthält zugleich Vorschriften über die unbedenkliche Lagerung des überschüssigen Quecksilbers, das hauptsächlich aus MCCAP stammt; um den Weiterverkauf zu unterbinden. Gegenwärtig befinden sich in Europa rd. 12 000 Tonnen Quecksilber in Quecksilberzellen. In diesem Zusammenhang hat sich Euro Chlor (EU-Verband der Chloralkaliindustrie) nach Aufforderung durch das Parlament bereit erklärt, eine freiwillige Vereinbarung über die Lagerung des überschüssigen Quecksilbers zu erarbeiten.

 
  
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  Marie-Noëlle Lienemann (PSE), schriftlich. – (FR) Der Umgang mit Quecksilber stellt für den Umweltschutz ein erhebliches Problem dar.

In Europa müssen mehr Quecksilberabfälle gelagert werden, weil unsere Industrie im Hinblick auf die Risiken des Verbrauchs dieses Metalls, vor allem bei der Erzeugung von Chlor, keine Vorsorge getroffen hat.

Die erste Lehre: Wir müssen baldigst alle unsere Herstellungsmethoden überdenken, um auf die umweltpolitische Umwälzung vorbereitet zu sein, zu der es unvermeidlich kommen wird.

Ferner ist es erforderlich, die Lagerung der Abfälle ständig zu überwachen, indem regelmäßige Kontrollen durchgeführt werden. Deshalb habe ich für Änderungsantrag 25 gestimmt, der die endgültige Lagerung über Tage und in Untertagedeponien ausschließt. Leider kam für diesen Antrag keine Mehrheit zustande. Gleichwohl rechtfertigen die übrigen Verbesserungen des Textes die Zustimmung zum endgültigen Bericht.

 
  
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  Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich. (EL) Obwohl in dem Bericht eingeräumt wird, dass es derzeit keine absolut sichere Methode zur Lagerung von metallischem Quecksilber gibt, wird mit ihm versucht, eine bestimmte Form des „Gebiets-Rassismus“ zu legalisieren, indem die Wahl der spanischen Provinz Almadén als Standort für die dauerhafte Lagerung des giftigsten chemischen Elements der Erde durchgesetzt wird. Das Schlimmste ist, dass man sich in dem Bericht bemüht, die Durchsetzung dieses bestimmten Gebiets mit dem Vorhandensein von Infrastruktur und „Arbeitskräften“ zu rechtfertigen. Anders gesagt, wird die Arbeitslosigkeit unverhohlen als Mittel benutzt, um auf die Arbeitnehmer Druck auszuüben, damit sie einwilligen, ihre Region in ein Deponiegelände für giftige Quecksilberabfälle aus der gesamten EU zu verwandeln, was unkalkulierbare Risiken für die Gesundheit der Bewohner und die Umwelt bedeutet.

Der im Bericht enthaltene Vorschlag für die Beteiligung und Finanzierung von NRO aller Art bei der entscheidenden Frage der Anwendung quecksilberfreier Technologien in Entwicklungsländern und so genannten „im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen“ ist Teil dieser gefährlichen Politik, da hier Regeln umgangen werden, die sich aus verbindlichen bilateralen Abkommen in diesem Sektor ergeben.

Aus diesem Grund hat die Kommunistische Partei Griechenlands sich der Stimme enthalten.

Die Kommunistische Partei Griechenlands vertritt die Ansicht, dass die Frage, wo metallisches Quecksilber gelagert und entsorgt werden sollte, Sache der Wissenschaft und der Anwendung ihrer Schlussfolgerungen ist und nicht von Entscheidungen, die die Interessen und Gewinne von Unternehmen widerspiegeln.

 
  
  

- Bericht: Oomen-Ruijten (A6-0080/2007)

 
  
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  Milan Gaľa (PPE-DE). – (SK) Zusatzrentensysteme, die als „zweite Säule der Sozialversicherung“ bezeichnet werden, sind ein untrennbarer Bestandteil der modernen Gesellschaft. In der Vergangenheit haben wir in mehreren Mitgliedstaaten Reformen der Arbeitsmärkte und Sozialversicherungssysteme erlebt, die auch Reformen des Rentensystems beinhalteten. Ich möchte gern die Slowakei als Beispiel für ein Land anführen, in dem im Rahmen einer Reform der Sozialversicherung Zusatzrentensysteme eingeführt wurden. Eine Vielzahl slowakischer Bürger ist bereits der zweiten Säule beigetreten.

Ersparnisse, die in der zweiten Säule angelegt werden, befinden sich in Privatbesitz. Sie sind sicherer als die Versprechungen des Staates, Renten aus dem Staatssäckel zu bezahlen. Ein Vorzug der zweiten Säule besteht darin, dass Ruhegeldleistungen nicht mehr von der demografischen Zusammensetzung eines Landes abhängig sind, sondern von den Ersparnissen, die für den Bürger persönlich angelegt werden. Aus diesen Gründen, und im Geiste einer Förderung der Mobilität der Arbeitnehmer in den Mitgliedstaaten, habe ich den Richtlinienentwurf begrüßt, der dazu dienen soll, die Portabilität von Zusatzrentenansprüchen zu verbessern. Ich bin der Auffassung, dass es auf diese Weise möglich sein wird, die Zahl der Probleme im Zusammenhang mit den Anwartschaften durch Bewahrung ruhender Rentenansprüche sowie mit der Portabilität erworbener Ansprüche zu verringern.

 
  
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  Agnes Schierhuber (PPE-DE). – Herr Präsident! Binnenmarkt und Mobilität brauchen die soziale Sicherheit, auch nach dem aktiven Arbeitsleben. Hier gilt es, die Balance zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu halten, die zum Erwerb von Rentenansprüchen unbedingt notwendig ist.

Dies war die erste Lesung, und wir werden noch viele Diskussionen führen. Die ÖVP-Delegation hat den Bericht Oomen-Ruijten uneingeschränkt unterstützt, da wir der Meinung sind, dass es der richtige Ansatz ist, um Mobilität und Binnenmarkt weiter auszubauen.

 
  
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  Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE).(LT) Herr Präsident, zunächst möchte ich der Berichterstatterin, Ria Oomen-Ruijten, und den anderen Kollegen danken, die diesen Bericht zur Verbesserung der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen vorbereitet haben. Ich habe für dieses Dokument gestimmt, da ich glaube, dass es positive Auswirkungen in den meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben wird, vor allem den jüngsten EU-Mitgliedern. In den baltischen Ländern, der Tschechischen Republik, der Slowakei, in Ungarn und Malta wurden bisher noch keine Rechtsvorschriften zu Zusatzrenten erlassen, wohingegen in den skandinavischen Ländern und Slowenien die Mehrheit der Arbeitnehmer an solchen Rentensystemen beteiligt ist.

Die Forderung unseres Parlaments, die EU-Mitglieder zu verpflichten, schrittweise eine einfachere Portabilität von Rentenansprüchen anzustreben, sollte vor allem den neuen Mitgliedstaaten und ebenso Griechenland, Italien und Portugal neuen Antrieb geben, ihre Rechtsvorschriften dahingehend zu ändern, dass die Mobilität der Menschen in der Europäischen Union gefördert und nicht bestraft wird.

 
  
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  Carlo Fatuzzo (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, ich ergreife gern das Wort, um Europa zuzurufen: „Wenn du da bist, dann lass uns Taten sehen!“. Europa muss mehr Mut zeigen, es muss das Herz eines Löwen haben und darf kein Angsthase sein.

Die Richtlinie über die Portabilität von Zusatzrentenansprüchen ist von ausschlaggebender Bedeutung für alle europäischen Bürger und Arbeitnehmer. Mit der Annahme dieses Vorschlags tun wir zwar etwas für die Arbeitnehmer, doch werden wir in der Tat kein Resultat erreichen, zu dem die europäischen Bürger Europa gratulieren können. Deshalb, Herr Präsident, sollten wir nicht über das Scheitern der Verfassung bei den Referenden in Frankreich und in den Niederlanden lamentieren. Europa muss mutiger sein.

 
  
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  Lena Ek, Olle Schmidt, (ALDE), schriftlich. (SV) Für mich als Liberalen ist es schwer, gegen einen Vorschlag zu stimmen, der auf die Verbesserung der Möglichkeiten für eine größere Mobilität der Menschen in Europa abzielt. Es wird auch nicht leichter, wenn der Vorschlag darüber hinaus die Menschen ermuntern soll, eine aktivere Verantwortung für ihre Rentenversicherung zu übernehmen, eine wirklich entscheidende Frage für die Zukunft. Dennoch konnte ich nicht für den ursprünglichen Verschlag stimmen.

Das Problem ist zweifacher Art. Zum einen kann man sich fragen, ob diese komplizierte Fragestellung angesichts der sehr unterschiedlichen Rentensysteme in den einzelnen Mitgliedstaaten geeignet ist, auf europäischer Ebene behandelt zu werden. Zum anderen musste ich feststellen, dass Schweden, ebenso wie Deutschland, ein System hat, das besonders schlecht für diese Art von Umstellung geeignet ist. Das schwedische Modell, in dem solche Fragen von den Sozialpartnern beschlossen werden, ist mit dem Vorschlag des Berichterstatters nicht vereinbar. Erhebliche Probleme könnten auch entstehen, wenn enorme Summen in Fonds angelegter Mittel plötzlich in kurzer Zeit freigesetzt würden, um die Möglichkeit der Übertragung von Renten sicherzustellen.

Langfristig spreche ich mich für ein System aus, in dem die Menschen die Arbeit und das Land wechseln können, ohne sich Gedanken machen zu müssen, wie sich dies auf ihre Rente auswirkt. Darum habe ich letztendlich für den Bericht in der im Plenum geänderten Version gestimmt, in der nationale Ausnahmen zugelassen werden.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Bei der Portabilität von Rentenansprüchen sind mindestens zwei wichtige Aspekte zu berücksichtigen: die Sicherstellung der Ansprüche der Beschäftigten und die Nachhaltigkeit der staatlichen Systeme der sozialen Sicherung.

In diesem Fall geht es ausschließlich um die Zusatzrentensysteme und nicht um die staatlichen Systeme der sozialen Sicherung. Unter Berücksichtigung dieser beiden Aspekte lehnen wir die im Bericht vorgestellten, den ursprünglichen Vorschlag der Kommission ändernden Änderungsanträge ab, die darauf abstellen, das Zugangsalter zu den Zusatzrentensystemen von 21 Jahren auf 25 Jahre zu erhöhen und den Zeitraum für den Erwerb von Anwartschaften auf mindestens fünf Jahre festzuschreiben.

Die Zusatzrentensysteme dürfen jedoch die staatlichen Systeme nicht ersetzen. Die auf Solidarität und Universalität beruhenden staatlichen Systeme der sozialen Sicherung sind ein Grundpfeiler jedweden Staates und etwas, das in einer gerechteren und stärker auf Gleichstellung ausgerichteten Gesellschaft gewährleistet sein muss.

Die Ablehnung unserer Änderungsanträge hat uns sehr enttäuscht, vor allem des Änderungsantrags, der darauf abzielte, die ursprüngliche Position der Kommission zum Mindestalter von 21 Jahren mit einem Zeitraum von zwei Jahren für den Erwerb von Anwartschaften zu verknüpfen, was für die Arbeitnehmer günstiger wäre. Deshalb haben wir am Ende dagegen gestimmt.

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. (SV) Wir haben gegen diesen Vorschlag gestimmt. Die Juniliste unterstützt voll und ganz einen gut funktionierenden Binnenmarkt und damit das Prinzip, dass ein Arbeitnehmer erworbene Rentenansprüche problemlos zwischen den Mitgliedstaaten übertragen kann. Allerdings sind wir nicht der Ansicht, dass die EU sich um die Form der jeweiligen Rentensysteme der Mitgliedstaaten kümmern sollte, so lange alle EU-Bürger in jedem System gleichberechtigt behandelt werden. Wir stehen daher einer Reihe einzelner Vorschläge im Bericht kritisch gegenüber, wie den Ansichten zu den Bedingungen für die Unverfallbarkeit für Versicherungsnehmer eines Zusatzrentensystems, die Ansichten zum Mindestalter für Rentenansprüche oder die EU-Regeln für die Wartezeiten für den Eintritt in ein Rentensystem. Die Ausformung der jeweiligen Rentensysteme durch die Mitgliedstaaten muss einzig und allein eine nationale Angelegenheit sein, solange alle EU-Bürger in den einzelnen Systemen gleichberechtigt behandelt werden.

 
  
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  Bogusław Liberadzki (PSE), schriftlich. (PL) Ich stimme für den Bericht von Frau Ria Oomen-Ruijten über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verbesserung der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen (COM(2005)0507 – C6-0331/2005 – 2005/0214(COD)).

Demografischer Wandel und eine alternde Bevölkerung haben uns erkennen lassen, dass wir Zusatzrentensysteme und Systeme der sozialen Sicherheit brauchen, die ein Leben in Würde gewährleisten. Die neue Richtlinie und der Bericht von Frau Ria Oomen-Ruijten zielen darauf ab, die Mobilität der Arbeitnehmer innerhalb und zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union durch die Festlegung von Mindestanforderungen für den Erwerb und Erhalt von Zusatzrentenansprüchen zu verbessern.

In dem Bericht wird ganz richtig herausgearbeitet, wie die Mitgliedstaaten die Übertragung erworbener Rentenansprüche – insbesondere bei Einführung neuer Zusatzrentensysteme – kontinuierlich unterstützen. Spätestens fünf Jahre nach der Durchführung dieser Richtlinie erstellt die Kommission einen Bericht über die Bedingungen der Übertragung des den Zusatzrentenansprüchen der Arbeitnehmer entsprechenden Kapitals.

 
  
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  Thomas Mann (PPE-DE), schriftlich. Ich habe gegen den Bericht zur Portabilitätsrichtlinie gestimmt. Das eigentliche Ziel, die grenzüberschreitende Mobilität der Arbeitnehmer zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken, wurde klar verfehlt. Im EU-Durchschnitt kommen nur 10 % aller Arbeitnehmer in den Genuss von Betriebsrenten. Die soeben beschlossenen hohen Mindeststandards führen dazu, dass wegen der erwarteten Kostensteigerungen um mindestens 20% kaum Interesse am Auf- oder Ausbau von Betriebsrentensystemen besteht. Ich befürchte, dass das, was Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf nationaler Ebene zum beiderseitigen Vorteil über Jahrzehnte geschaffen haben, jetzt in Frage gestellt ist.

Das Mindestalter für den Erwerb von Betriebsrenten wurde ganz gestrichen. Die Unverfallbarkeitsfrist von fünf Jahren wurde abgeschafft. Die Mindeststandards sollen auch noch rückwirkend gelten – ein klarer Widerspruch zum Grundsatz des Vertrauensschutzes. Ich habe auch für die Streichung der Dynamisierung gestimmt, die vom EuGH mit großer Wahrscheinlichkeit als „faire Anpassung“ interpretiert und als Verpflichtung ausgelegt werden dürfte. Werden Mitarbeiter, die ihr Unternehmen gewechselt haben, genau so behandelt wie Mitarbeiter, die im Betrieb sind, entstehen nach Berechnungen des Deutschen Bundesrates Mehrkosten von 30 %.

Der EU-Kommissar Špidla hat angekündigt, einen neuen Vorschlag zu präsentieren. Der wird sich – nach der Nichteinigung im Rat – weitgehend

am heutigen Beschluss des EP orientieren und damit nicht nur in Deutschland Betriebsrentensysteme gefährden.

 
  
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  Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. – (NL) Richtlinie 98/49/EG handelt zwar von der Wahrung ergänzender Rentenansprüche von Arbeitnehmern und Selbstständigen, die innerhalb der Europäischen Union zu- und abwandern, bietet jedoch auf der Ebene der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen und der Flexibilität von Erwerbsbedingungen keine Garantien.

Damit befasst sich die Kommissionsvorlage. Sie legt Fristen fest und schlägt drei Mindestregeln für die Portabilität von Ansprüchen vor: entweder sie verbleiben in dem Unternehmen (ruhende Ansprüche), sie werden in einem bestimmten Zeitraum übertragen, oder sie werden in bar ausbezahlt (bis zu einem bestimmten Schwellenwert). Der Kommission zufolge soll die neue Richtlinie für alle Zusatzrenten gelten, die arbeitsbezogen sind.

Besonders bedauere ich, dass der Bericht Oomen-Ruijten den Vorschlag der Portabilität der Rentenansprüche von der Richtlinie ausnimmt. In ihrer jetzigen Form bezieht sie sich nur auf ruhende Ansprüche.

Nach meinem Dafürhalten sollte die neue Richtlinie alles daransetzen, Arbeitnehmer zu unterstützen, die in Zusatzrentenansprüche investieren. Demzufolge darf niemand aufgrund von Mindestbedingungen in puncto Alter oder Fristen ausgeschlossen werden. Ich kann den Bericht nur dann befürworten, wenn in der Richtlinie der von der Kommission vorgeschlagene weit gefasste Geltungsbereich erhalten bleibt. Andernfalls werde ich dagegen stimmen.

 
  
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  Georgios Toussas (GUE/NGL), schriftlich. (EL) Der Vorschlag für eine Richtlinie der Kommission in seiner Fassung mit den arbeitnehmerfeindlichen Änderungen, die gemeinsam von den Christdemokraten, den Sozialdemokraten und den Liberalen, mit Unterstützung der MdEP von Nea Dimokratia und PASOK, angenommen wurden, fügt allen nationalen Zusatzversicherungssystemen der EU schweren Schaden zu. Er bedeutet eine Verschlechterung für die Versicherung und den Ruhestand der Arbeiter, eine Absenkung der Renten und einen Anstieg des Rentenalters. Er beschleunigt die Verfahren für private Versicherungsunternehmen, um ihren Anteil an diesem Sektor zu vergrößern. Diese reaktionären Veränderungen laufen im Wesentlichen auf das so genannte „Drei-Pfeiler-System“ hinaus, das aus der staatlichen Hauptrente sowie einer Zusatzrente und einer Betriebsrente von privaten Unternehmen besteht. Der Schlag gegen die Rechte der Arbeiter im Bereich der Zusatzrentensysteme hängt mit dem Bestreben der Monopole zusammen, die Reserven in diesen Versicherungsfonds für die Finanzierung ihrer Investitionen zu nutzen und zugleich die Akzeptanz des „Investitionsrisikos“ oder eines möglichen Verlustes des Geldes der Arbeiter zu legalisieren.

Nea Dimokratia und die PASOK stimmen einerseits für alle volksfeindlichen Maßnahmen im Europäischen Parlament und halten den Arbeitern in unserem Land andererseits Predigten und täuschen sie, indem sie sich bemühen, dem Volk unter der Maske des Biedermanns gegenüberzutreten.

Die Kommunistische Partei Griechenlands ruft die Arbeiter dazu auf, ihren Kampf gegen die arbeitnehmer- und volksfeindliche Politik der EU zu verstärken, die staatlichen Sozialversicherungssysteme zu verteidigen und die Befriedigung der Bedürfnisse, die sie in der heutigen Zeit haben, sowie höhere Renten und ein geringeres Renteneintrittsalter zu fordern.

 
  
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  Thomas Ulmer (PPE-DE), schriftlich. Ich habe gegen die Portabilitätsrichtlinie gestimmt, da das eigentliche Ziel der Richtlinie, die grenzüberschreitende Mobilität der Arbeitnehmer zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken, verfehlt wurde. Die Regelung zur Übertragung von Betriebsrentenanspüchen hat nur noch empfehlenden Charakter für die Mitgliedstaaten. Daher hatte ich immer wieder geraten, die Richtlinie gänzlich zu verwerfen, da sie überflüssig geworden ist.

 
  
  

- Bericht: Langen (A6-0244/2007)

 
  
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  Andreas Mölzer (ITS). – Herr Präsident! Auch wenn die Euro-Einführung zweifellos vielerlei Erleichterungen gebracht hat – wie etwa beim grenzüberschreitenden Handel –, darf man dabei weniger positive Aspekte, wie etwa die Abgabe von Souveränitätsrechten oder Preissteigerungen, nicht übersehen.

Ebenso wie bei einer EU-Erweiterung wird schließlich auch bei der Einführung des Euro in neuen Mitgliedstaaten die sensible Stabilität des gesamten Systems beeinflusst. Deshalb ist meines Erachtens unbedingt sicherzustellen, dass das Gleichgewicht des Gesamten nicht durch die Zuführung schwacher Volkswirtschaften ins Schwanken gerät.

Nun mag es zwar sein, dass Zypern und Malta bereit sind. In der Vergangenheit wurde jedoch allzu oft mit gezinkten Karten gespielt, um in den Euro-Club aufgenommen zu werden. Eine derart wichtige Entscheidung darf meines Erachtens keineswegs über die Köpfe der Bevölkerung hinweg entschieden werden, weshalb ich mich in diesem Fall der Stimme enthalten habe.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Wir haben uns bei dieser Abstimmung der Stimme enthalten, weil nur jeder Mitgliedstaat souverän entscheiden muss, ob er dem Euroraum betreten möchte oder nicht. Dennoch ist unsere Haltung gegen die Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion und des Euro-Währungsgebiets bekannt. Das Beispiel Portugal zeigt klar, dass der Euro ein Instrument ist, das zur Lohnmäßigung und zur Flexibilisierung der Arbeit eingesetzt wird. Durch das Festhalten an der nominalen und nicht der realen Konvergenz wird der Euro zu einem Element, das sich nachteilig auf Wachstum, Beschäftigung und Lebensbedingungen auswirkt – stets im Dienste allerdings der großen europäischen multinationalen Unternehmen und der Finanzgruppen.

Darüber hinaus sei hervorgehoben, dass die Beschleunigung der Erweiterung des Euroraums auch mit politischen Kriterien zusammenhängt, vor allem mit der Stärkung der politischen Integration und des Eurogebietes selbst. Mit den beiden neuen Mitgliedstaaten – Malta und Zypern – gehört der Eurozone über die Hälfte der EU-Mitgliedstaaten an. Das ist eine wichtige psychologische Schwelle zu einem Zeitpunkt, da im Eurogebiet die Unzufriedenheit der Arbeitnehmer und der Bevölkerungen wächst und die Beratungen über den künftigen Verfassungsvertrag laufen. Deshalb akzeptiert die Mehrheit den Beitritt, obwohl Malta nicht alle Kriterien der nominalen Konvergenz erfüllt. Wie in der Vergangenheit ist dies keine „wirtschaftliche“, sondern eine politische Entscheidung.

 
  
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  Cem Özdemir (Verts/ALE), schriftlich. Auf der Basis wirtschaftlicher Kriterien ist die Entscheidung zweifelsohne folgerichtig. Aus politischer Sicht ist diese Entscheidung trotzdem bedauerlich. Hiermit wird die Chance verpasst, dass beide Seiten der Insel Zypern gemeinsam in die Eurozone eintreten können. Statt mit einer gemeinsamen Euro-Währung den Norden und Süden zusammenzubringen, werden die Gräben zwischen beiden Teilen der Insel vertieft.

 
  
  

- Bericht: Langen (A6-0243/2007)

 
  
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  John Attard-Montalto (PSE). – (MT) Danke, Herr Präsident. Die Regierung hat als ihre Politik das Ziel festgelegt, den Euro zum 1. Januar 2008 einzuführen. Dazu wurden eine Reihe von Kriterien erfüllt, beispielsweise hinsichtlich des Defizits und der Inflation. Diese hatten offensichtlich nachteilige Auswirkungen auf die Finanzpolitik der Regierung sowie den schwächeren Teil der Gesellschaft.

Wir haben tatsächlich geglaubt, es gebe eine Alternative, den Euro zwar einzuführen, jedoch weniger rasch. Offensichtlich wird unser Beitritt zur Eurozone eine Reihe positiver Auswirkungen, aber auch nachteilige Folgen in anderen Bereichen haben. Mit Blick auf nationale Interessen hat die Delegation der maltesischen Labour-Partei jedoch dafür gestimmt.

 
  
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  Sylwester Chruszcz (NI). – (PL) Herr Präsident! Wir haben heute über die Erweiterung der Euro-Zone und den Beitritt Zyperns und Maltas zu dieser Zone gesprochen und abgestimmt. Die souveräne Entscheidung über die Abschaffung der nationalen Währung in Zypern und Malta überlasse ich den Bürgern dieser Länder. Als Vertreter der Liga Polnischer Familien im Europäischen Parlament jedoch bin ich angesichts der negativen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen auf die Menschen in Polen gegen den Beitritt unseres Landes zur Eurozone.

In sämtlichen aktuellen Meinungsumfragen hat sich bestätigt, dass die Mehrheit der Polen den Euro nicht will. Ich denke, wir sollten nicht nur übereilte Maßnahmen vermeiden, sondern den Euro in Polen gar nicht erst einführen. Ich teile auch nicht die heute geäußerte Auffassung, dass die Mitgliedstaaten die Pflicht hätten, der Euro-Zone beizutreten. Die polnischen Bürger sollten darüber in einem nationalen Referendum entscheiden, und ich hoffe, der polnische Złoty wird – wie das britische Pfund sowie die dänische und die schwedische Währung auch – eine nationale Währung in Europa bleiben.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Bekanntermaßen haben wir die Errichtung der Wirtschafts- und Währungsunion und den Euro abgelehnt. So haben wir gegen den Entschließungsantrag des Parlaments vom 2. Mai 1998 über die Errichtung des Euroraums, dem ursprünglich 12 Staaten angehörten, darunter Portugal, gestimmt. Unserer Auffassung nach fallen die Geldpolitik und die Möglichkeit der Ausgabe von Zahlungsmitteln in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Deshalb haben wir diese Übertragung der Souveränität abgelehnt, durch die es unmöglich ist, auf die wirtschaftlichen und sozialen Probleme jedes Landes zu reagieren, wie das Beispiel Portugal verdeutlicht.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt steht die Erweiterung des Euroraums in engem Zusammenhang mit politischen Kriterien, zum Beispiel mit der Stärkung der politischen Integration und der des Eurogebietes selbst, wie dieser Fall deutlich zeigt, denn Malta erfüllt ja gar nicht alle Kriterien der nominalen Konvergenz. Gleichwohl gehört mit den beiden neuen Mitgliedstaaten – Malta und Zypern – der Eurozone über die Hälfte der EU-Mitgliedstaaten an. Das ist eine wichtige psychologische Schwelle zu einem Zeitpunkt, da im Eurogebiet die Unzufriedenheit der Arbeitnehmer und der Bevölkerungen wächst und die Beratungen über den künftigen Verfassungsvertrag laufen.

Wir respektieren jedoch die souveräne Entscheidung eines Mitgliedstaates, der Eurozone beitreten zu wollen. Deshalb unsere Stimmenthaltung.

 
  
  

- Berichte: Langen (A6-0244/2007 und A6-0243/2007)

 
  
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  Jonathan Evans (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Die britischen Konservativen haben den Beitritt des Vereinigten Königreichs zur Euro-Zone von Anfang an abgelehnt. Wir haben jedoch nie anderen souveränen Nationen das Recht abgesprochen, ein gemeinsames Währungssystem zu schaffen. Unsere Enthaltung bei der Abstimmung steht im Einklang mit der von uns vertretenen Auffassung, dass die Mitglieder der Euro-Zone darüber entscheiden sollen, welche Geldpolitik im Interesse einer stabilen Währung am besten verfolgt werden sollte.

 
  
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  Bruno Gollnisch (ITS), schriftlich. (FR) Bezüglich der Einführung des Euro durch Malta und Zypern werden wir genauso abstimmen wie bei Slowenien, d. h. wir werden uns der Stimme enthalten. Wir werden nicht gegen etwas auftreten, was wie wir hoffen, dem bewussten Willen souveräner Völker entspricht.

Allerdings müssen wir feststellen, dass damit eine Grenze überschritten wurde, denn diese Länder sollen den Euro nicht etwa auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin annehmen, sondern weil sie die „dummen“ Maastricht-Kriterien, wie Herr Prodi gesagt haben soll, nahezu erfüllt haben. Wurden ihre Bürger darüber in Kenntnis gesetzt? Wenigstens eines dieser Länder erfüllt besagte Kriterien nicht und keines von beiden, so scheint es, stellte die für eine korrekte Bewertung des Standes ihrer Vorbereitung erforderlichen Statistiken zur Verfügung. Wozu diese Eile? Die technischen Durchführungsbestimmungen für den konkreten Übergang zur Einheitswährung sind eine große Unbekannte. Und die „Aufnahmefähigkeit“ des Euro-Währungsgebiets, die sonst Herrn Langen Sorgen bereitete, ist von der Bildfläche verschwunden und spielt in den Untersuchungen keine Rolle mehr.

Hier sehen wir uns erneut dem „Fahrradsyndrom“ gegenüber, unter dem das europäische Aufbauwerk wohl leidet – wenn es nicht fährt, fällt es um. Das Euro-Währungsgebiet soll um jeden Preis erweitert werden. Punkt! Allerdings sind es die Bürger Europas, die den Preis dafür zahlen!

 
  
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  Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. (SV) Wir haben uns bei der Schlussabstimmung zu diesen Berichten der Stimme enthalten, denn es ist allein Sache der Bürger Zyperns und Maltas, am besten in einer Volksabstimmung, über eine eventuelle Mitgliedschaft ihres jeweiligen Landes im Euroraum zu entscheiden.

Wir halten es für besser, wenn Schweden außerhalb der Währungsunion verbleibt und empfehlen auch anderen Ländern keine solche Mitgliedschaft.

 
  
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  Marie-Noëlle Lienemann (PSE), schriftlich. – (FR) Ich habe für die Einführung des Euro in Malta und Zypern gestimmt, denn es geht dabei um die Unterstützung der verstärkten Integration dieser Länder im Sinne der EU. Dennoch hätte diese Entscheidung mit Maßnahmen einhergehen müssen, die eine demokratischere Steuerung der gemeinsamen Währung ermöglichen würden (Errichtung einer echten Wirtschaftsregierung des Euro-Währungsgebiets, die in der Lage sein sollte, einen Ausgleich für die Macht der Europäischen Zentralbank (EZB) zu schaffen; Änderung der Ziele der Zentralbank, damit die Wachstumsforschung und die Vollbeschäftigung einbezogen werden können, Änderung der Kriterien des Stabilitätspaktes, damit künftig die öffentliche Investitionspolitik keinen Nachteil erleidet).

Geben wir Acht, dass wir die Erweiterung des Euro-Währungsgebiets nicht endlos weiter betreiben, ohne über neue Perspektiven zu verfügen.

 
  
  

- Entschließungsantrag: Galileo (B6-0238/2007)

 
  
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  Richard James Ashworth (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Die Delegation der britischen Konservativen unterstützt den Entschließungsantrag des Haushaltsausschusses, in dem die Kommission aufgefordert wird, geänderte Vorschläge für eine Verordnung zur Finanzierung des Programms Galileo vorzulegen. Erhebliche Bedenken haben wir allerdings gegen Vorschläge, nach denen das Programm aus dem bestehenden Haushaltsplan der Europäischen Union finanziert werden sollte.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Wir bedauern, dass die Mehrheit des Parlaments die von unserer Fraktion eingereichten Änderungsanträge abgelehnt hat, mit denen garantiert werden sollte, „dass das Programm Galileo auf keinen Fall für militärische Zwecke genützt werden sollte“ und dass Garantien gegen jedwede zukünftige Privatisierung dieses Programms vorgesehen werden müssen, umso mehr als seine Umsetzung vollends durch öffentliche Mittel sichergestellt wird.

Bedeutet diese Ablehnung, dass nach der viel gerühmten Finanzierung durch die öffentliche Hand bereits jetzt die inakzeptable Möglichkeit, das Programm für den privaten Sektor auszuschreiben, in Erwägung gezogen wird?

Unsere Haltung ist eindeutig.

Wir sind der Auffassung, dass das Programm Galileo (Europäisches Satellitennavigationsprogramm) einen Beitrag zur Zusammenarbeit, zum wissenschaftlich-technischen Fortschritt und zum Informationszugang und -austausch leisten kann.

Es handelt sich um ein Projekt, das auf einer Strategie der öffentlichen Investition und der öffentlichen Kontrolle beruhen muss, so dass eine öffentliche Dienstleistung erbracht werden kann. Dann gibt es auch einen gleichberechtigten Zugang und die entgeltfreie Nutzung der verfügbaren Informationen für alle Nutzer.

Es handelt sich um ein Vorhaben, in dessen Rahmen die Rechte, die Garantien und die Freiheiten der Bürger sichergestellt sein müssen. Ebenfalls zu garantieren ist, dass es nicht für militärische Zwecke genutzt und/oder dem Trend der übermäßigen Orientierung auf Sicherheitsbelange unterworfen wird.

 
  
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  Jens Holm, Kartika Tamara Liotard, Helmuth Markov, Erik Meijer, Søren Bo Søndergaard und Eva-Britt Svensson (GUE/NGL), schriftlich. – (EN) Die europäischen Mitgliedstaaten werden zur Zahlung von weiteren 2,4 Milliarden Euro aufgefordert, damit das europäische Satellitennavigationsprogramm Galileo fertig gestellt werden kann. Jahrelang wurde behauptet, dass durch dieses Programm technologische Innovationen entstehen, die Bedürfnisse der Verbraucher erfüllt und Arbeitsplätze geschaffen würden und dass Europa dadurch von den Vereinigten Staaten unabhängig werden würde. Angesichts dieser Vorteile kann es gerechtfertigt sein, Gemeinschaftsmittel zur Verfügung zu stellen, statt dieses Feld allein den gewinnorientierten multinationalen Unternehmen oder der amerikanischen Rüstungsindustrie zu überlassen. Solange Galileo ein System ist, das friedlichen Zwecken dient, lehnen wir es nicht grundsätzlich ab. Leider wird Galileo 10 bis 20 Jahre zu spät entwickelt, und in der Zwischenzeit hat das amerikanische Gegenstück GPS bereits den Weltmarkt erobert. Dadurch wird Galileo zu einem kostspieligen Prestigeprojekt. Dass Gemeinschaftsmittel in enormem Umfang in dieses Projekt fließen, mag die großen Konzerne freuen, aber die Wähler und Verbraucher werden darin zunehmend eine skandalöse Geldverschwendung sehen. Europäische Unternehmen sind nicht an einer Beteiligung an öffentlich-privaten Partnerschaften interessiert, weil sie wegen des Rückstands zu GPS keine Gewinne erwarten. Sie hoffen darauf, dass sie 2012 ohne jegliche Gegenleistung von einer umfangreichen Investition der Gemeinschaft profitieren können. Deshalb wollen wir nicht noch mehr Geld für Galileo ausgeben. Wenn es keine echten Perspektiven für Galileo gibt, sollten wir uns nicht davor scheuen, das Programm zu stoppen.

 
  
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  Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. (SV) Die EU-Mitgliedstaaten werden technologisch von den gegenwärtigen und zukünftigen militärischen Großmächten, wie USA, Russland und China, abhängig sein, wenn wir kein eigenes Satellitennavigationsprogramm entwickeln.

Galileo ist zweifellos notwendig, aber dieses kostenintensive Programm sollte zum größten Teil durch private Akteure mit politischer Hilfe finanziert werden. In Ziffer 6 des Entschließungsentwurfs wird erklärt, das Europäische Parlament sei der Auffassung, dass das Programm Galileo vollständig aus dem Haushaltsplan der Europäischen Union finanziert werden sollte. Ich bin nicht bereit, so weit zu gehen und habe daher gegen den Entschließungsentwurf in seiner Gesamtheit gestimmt.

 
  
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  Lydia Schenardi (ITS), schriftlich. – (FR) Wir unterstützen das Galileo-Projekt, auch wenn wir hinsichtlich unserer Unterstützung einige Vorbehalte geltend gemacht haben.

Hingegen können wir diese Entschließung nicht unterstützen. Es ist bedauerlich, dass sich dieses Parlament nach dem vorhersehbaren Scheitern der öffentlich-privaten Partnerschaft bereit erklärt, auf ein unabhängiges GPS-System zu verzichten, wenn es kein rein gemeinschaftliches Projekt mehr ist, um direkte Finanzierungen der Mitgliedstaaten aufzunehmen.

Galileo ist nützlich! Es muss finanziert werden, auf welche Art und Weise auch immer. Sollte es der Kommission nicht gelingen, bei Hunderten von Milliarden Euro, die bis 2013 ausgegeben werden sollen – und nicht etwa immer für einen nützlichen Zweck – 2,4 Milliarden Euro zu finden? Und was dann? Weshalb sollten die Staaten ausgeklammert werden? Galileo ist kein Spielzeug und auch kein exklusives und symbolisches Projekt des Brüsseler Europas, das uns glauben machen will, dass es sich nicht nur um sich selbst, seine eigenen Zuständigkeiten und sein Weiterbestehen sorgt.

Lassen Sie doch einmal das Dogmatische beiseite. Stecken Sie in dieses industrielle Abenteuer nur ein Viertel des politischen Willens, den eine Handvoll Staaten vor einigen Jahren aufgebracht hat, um eine europäische Luft- und Raumfahrtindustrie aufzubauen, und damit unter Beweis gestellt hat, was Sie nicht zugeben wollen, dass nämlich die zwischenstaatliche Zusammenarbeit funktioniert. In Brüssel hingegen tritt man auf der Stelle.

 
  
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  Geoffrey Van Orden (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Das erklärte Ziel dieses Entschließungsantrags besteht darin, dass Galileo sozusagen per Blankoscheck aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, um die politischen Ambitionen der EU zu unterstützen. Gemeinsame Technologieprojekte sind nicht immer erfolgreich. Sie erfordern keine Beteiligung der EU und sollten nur durchgeführt werden, wenn klare wirtschaftliche, strategische oder die Industrie betreffende Gründe dafür sprechen, und nicht, um den Ehrgeiz der EU, ein globaler Akteur zu sein, zu unterstützen.

Die britischen Konservativen sind der Ansicht, dass Galileo Chancen für die britische Industrie und die F&E in Großbritannien bieten muss, aber dies wird durch den vorliegenden Entschließungsantrag nicht gewährleistet. Der Entschließungsantrag unterstützt den Vorschlag der Kommission, öffentliche Mittel – über den EU-Haushalt – zur vollständigen Finanzierung des Galileo-Projekts zu verwenden. Diese Vorgehensweise wird die Steuerzahler im Vereinigten Königreich und in anderen EU-Mitgliedstaaten noch weiter belasten, und das, obwohl sie in diesem Bereich nicht das geringste Mitspracherecht haben.

Lehnte die EU in der Vergangenheit einen möglichen Einsatz für militärische Zwecke noch ab, so hat man diese Zurückhaltung inzwischen aufgegeben. In der Mitteilung der Kommission zur europäischen Raumfahrtpolitik vom 26. April 2007 wird die „Deckung des einschlägigen Sicherheits- und Verteidigungsbedarfs Europas“ als eines der wichtigsten Ziele genannt. Als erklärte Gegner der ESVP lehnen die britischen Konservativen alle Vorschläge ab, die darauf abzielen, die Befugnisse der Kommission auf den Bereich der Verteidigung auszuweiten.

 
  
  

- Bericht: McCarthy (A6-0226/2007)

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Uns genügte schon der erste Erwägungsgrund, um gegen diesen Bericht zu stimmen. Ziel der Gemeinschaftsgesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen ist die Öffnung – Liberalisierung wäre wohl das bessere Wort – der öffentlichen Märkte in den EU-Mitgliedstaaten für den grenzüberschreitenden Wettbewerb, um die Entwicklung des Binnenmarkts in Übereinstimmung mit der Liberalisierungsagenda der Lissabon-Strategie zu unterstützen.

Natürlich sind wir für nationale Vorschriften über Ausschreibungstransparenz, Voraussetzung ist jedoch, dass sie die Chance nicht verbauen, öffentliche Aufträge für die Förderung des Wirtschaftsgeflechts und, bedenkt man deren Größe und Bedeutung, der nationalen kleinen und mittleren Unternehmen zu nutzen. Aber es gibt hier einen substanziellen Unterschied, der uns zur Ablehnung veranlasste, und zwar dass diese Frage auch weiterhin in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen sollte.

Was das öffentliche Beschaffungswesen betrifft, so stellen wir fest, dass es auch als Instrument zur Förderung der Sozial- und der Umweltpolitik wichtig ist, da bei der Vergabe von Aufträgen Kriterien Berücksichtigung finden, die sich auf soziale und ökologische Aspekte beziehen. Wir sind also dagegen, dass hier unter dem Vorwand der Durchsetzung des Diskriminierungsverbots oder sonstiger wirtschaftlicher Interessen eine Begrenzung auf die supranationale Ebene erfolgt.

 
  
  

- Bericht: Kinnock (A6-0220/2007)

 
  
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  Gay Mitchell, Mairead McGuinness, Colm Burke und Jim Higgins (PPE-DE) , schriftlich. – (EN) Wir haben für den ersten Teil von Ziffer 40 und gegen den zweiten Teil dieser Ziffer gestimmt. Bei Ziffer 41 haben wir ebenfalls dem ersten Teil zugestimmt, den zweiten Teil aber abgelehnt. Bei der Abstimmung über die Entschließung als Ganzes haben wir uns der Stimme enthalten.

Der Grund für unsere Enthaltung ist, dass wir nicht signalisieren wollten, dass wir eine Auslegung des Worts „Rechte“ im Sinne einer Befürwortung der Abtreibung unterstützen. Selbstverständlich unterstützen wir die Millenniumsziele im Grundsatz und deshalb haben wir nicht gegen die Entschließung als Ganzes gestimmt.

 
  
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  Edite Estrela (PSE), schriftlich. (PT) Ich habe für den Bericht Kinnock (A6-0220/2007) „Bericht über die Millenniums-Entwicklungsziele – Zwischenbilanz“ gestimmt, da wir meiner Auffassung nach eine umfassende Partnerschaft benötigen, um die Millenniums-Entwicklungsziele zu erreichen. Deshalb ist es wünschenswert, dass die nationalen Parlamente und die Zivilgesellschaft der betreffenden Länder eingebunden werden.

Ein wesentlicher Aspekt für die Umsetzung dieser Ziele ist die Verringerung der Armut um 50 % bis 2012. Dabei soll Problemen wie HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Auch die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern und die Diskriminierung der Frauen sind Aspekte, die in den Entwicklungsprogrammen berücksichtigt werden müssen.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. (PT) Begrüßenswert ist die Anerkenntnis im Bericht, dass die Lage in der Welt sehr ernst ist.

Wie im UNO-Bericht aus dem Jahr 2006 über die Millenniums-Entwicklungsziele kritisiert wird, waren die Fortschritte zur Verringerung des Hungers zu schleppend, und die Zahl der hungernden Menschen hat sich mit 854 Millionen (17 % der Weltbevölkerung) sogar noch erhöht. Fast 16 000 Kinder sterben täglich aus mit dem Hunger verbundenen Gründen.

Der Bericht verschweigt jedoch einmal mehr die Ursachen, die zu dieser nicht zu tolerierenden Situation führen.

Es muss verurteilt werden, dass zur selben Zeit, da täglich 16 000 Kinder aus mit dem Hunger verbundenen Gründen sterben:

- die US-Regierung in ihren Haushalt für 2007 über 600 Milliarden Dollar für Militärausgaben einstellt,

- die 691 reichsten Menschen der Welt ein Nettovermögen von 2,2 Milliarden Dollar besitzen, was dem Gesamtreichtum der 145 ärmsten Länder entspricht,

- die 500 reichsten Menschen ein Gesamteinkommen haben, das größer als das der 146 Millionen ärmsten Menschen der Welt ist,

- die 8 Millionen reichsten Menschen ein Nettovermögen besitzen, das 80 % des BIP aller Länder der Erde entspricht.

Das ist der Kern des Problems.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. – (EN) Der Ansatz der Berichterstatterin zu diesem äußerst wichtigen Thema verdient unsere Anerkennung. Es ist dringend notwendig, unsere Anstrengungen zu verstärken, damit wir die Millenniums-Entwicklungsziele erreichen können. Das bedeutet einen umfassenden Schuldenerlass und die Aufstockung, bessere Koordinierung und gezieltere Ausrichtung der Hilfe.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) In dem Rahmen, der für die Erklärung zur Abstimmung zur Verfügung steht, möchte ich zwei Anmerkungen machen, die ich für wichtig halte.

In Ziffer 1 der Entschließung heißt es: das Europäische Parlament „unterstreicht, dass das übergreifende Ziel der Entwicklungszusammenarbeit die Bekämpfung der Armut ist und sein muss; betont jedoch, dass dieser Kampf nicht auf materielles Wachstum begrenzt ist und dass daher Demokratieaufbau und die Förderung von grundlegenden Menschenrechten, der Rechtsstaat und die Grundsätze der Gerechtigkeit, Ausgewogenheit, Transparenz und Rechenschaftspflicht stets im Mittelpunkt einer solchen Zusammenarbeit stehen müssen“.

Ich habe nicht gegen diese Entschließung gestimmt, weil ich weiß, dass diese Anliegen von uns verlangen, einen möglichst großen Beitrag zu leisten, jedoch muss auch darauf hingewiesen werden, dass es keinen wirksamen Kampf gegen die Armut geben kann, wenn wir nicht ihre Ursachen bekämpfen. Unter den strukturellen Ursachen ist immer die mangelhafte Regierungsführung zu nennen. Deshalb, und nicht weil irgendein Modell eingeführt werden soll, ist es so wichtig, den Kampf an diesen beiden Fronten gleichzeitig zu führen. Andernfalls tun wir nichts weiter, als heute ein Problem zu lösen, vor dem wir morgen erneut stehen werden.

Ich bedauere es sehr, dass, wie im Bericht bekräftigt wird, „Portugal, das während seiner Ratspräsidentschaft Gastgeber des EU-Afrika-Gipfels sein wird, 2006 lediglich einen Anteil von 0,21 % ODA/BIP erreicht hat“.

 
  
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  Konrad Szymański (UEN), schriftlich. (PL) Ich sah mich gezwungen, gegen den Bericht über die Millenniums-Entwicklungsziele – Zwischenbilanz zu stimmen.

Die Aufnahme der Vorschläge, Abtreibungen aus EU-Mitteln zu finanzieren, in diesen Bericht führt unweigerlich zu einer Spaltung in Bezug auf die Hilfestrategie für Afrika. Damit wird die Wirksamkeit unserer Maßnahmen untergraben. Abtreibung ist weder in moralischer noch medizinischer Hinsicht eine Antwort auf das Problem der Müttersterblichkeit.

EU-Mittel zur Finanzierung von Abtreibungen in Afrika zu verwenden, ist mit dem Grundsatz der Hilfeleistung unvereinbar. Das macht alle Bürger der Europäischen Union zwangsläufig zu indirekt Beteiligten und stellt zudem eine Art moralischen Imperialismus gegenüber Afrika dar. Die fortgesetzte Unterstützung dieses Hohen Hauses für die Finanzierung von Abtreibungen in Entwicklungsländern ist der größte Fehler, den wir bei der Gestaltung der Politik der humanitären Hilfe gemacht haben.

 
  
  

- Bericht: Cornillet (A6-0208/2007)

 
  
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  Gerard Batten, Roger Knapman und Thomas Wise (IND/DEM), schriftlich. – (EN) Die UKIP erkennt die Legitimität der Paritätischen Versammlung AKP-EU nicht an und kann diesen Änderungsantrag daher nicht unterstützen. Wir unterstützen den Text aber im Grundsatz und hoffen sehr, dass die internationale Gemeinschaft als Ganzes sicherstellen wird, dass die internationalen Einreiseverbote für führende Politiker des Regimes von Simbabwe uneingeschränkt eingehalten werden.

 
  
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  Derek Roland Clark (IND/DEM), schriftlich. – (EN) Die UKIP erkennt die Legitimität der Paritätischen Versammlung AKP-EU nicht an und kann diesen Änderungsantrag daher nicht unterstützen. Wir unterstützen den Text aber im Grundsatz und hoffen sehr, dass die internationale Gemeinschaft als Ganzes sicherstellen wird, dass die internationalen Einreiseverbote für führende Politiker des Regimes von Simbabwe uneingeschränkt eingehalten werden.

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich. – (EN) Die Arbeit der Paritätischen Versammlung AKP-EU ist angesichts der großen Zahl der am wenigsten entwickelten Länder in dieser Gruppe und des Umfangs der Entwicklungshilfe, die die EU für die AKP-Länder bereitstellt, von größter Bedeutung. Ich unterstütze viele der Forderungen, die im vorliegenden Bericht erhoben werden, beispielsweise nach einer stärkeren Einbeziehung der nationalen Parlamente und der Zivilgesellschaft in den nationalen Prozess der Programmierung der Hilfe in den AKP-Ländern.

 
  
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  Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. (PT) Wie aus dem Bericht hervorgeht, sind die von der Paritätischen Versammlung AKP-EU sowohl 2006 als auch in früheren Jahren durchgeführten Tätigkeiten eine ausgezeichnete Form zur Entwicklung der Strukturen, der Beziehungen und des Dialogs, die für die Errichtung der für die guten Beziehungen zwischen beiden Partnern und für die Entwicklung wirklich nutzbringender Projekte erforderlichen Grundlagen unerlässlich sind.

Dies vorausgeschickt, muss angemerkt werden, dass die erreichten Fortschritte durchaus lobenswert sind, dass wir uns aber auf das konzentrieren müssen, was noch vor uns liegt. Wir haben die Pflicht – die einerseits moralischer und ethischer Art ist und andererseits in unserem eigenen Interesse liegt –, die Entwicklung in den assoziierten Ländern zu unterstützen, mit ihnen die Mechanismen zur Öffnung der Volkswirtschaften zu entwickeln und die Globalisierung gemeinsam zu einer allseits nützlichen Entwicklung zu machen. Dabei liegt es an uns, die Schwierigkeiten, die sich auftun werden, zu meistern, sie in ihrem Umfang zu verringern oder zu beseitigen.

Somit ist es mit Blick auf einige dieser Partner von großer Bedeutung, dass der nächste, während der portugiesischen Ratspräsidentschaft stattfindende EU-Afrika-Gipfel Ergebnisse zeitigt. Lieber ein Realismus mit Ergebnissen als Utopien ohne Geschichte.

 

7. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
  

(Die Sitzung wird um 13.00 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: LUIGI COCILOVO
Vizepräsident

 

8. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll

9. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll

10. Auf dem Wege zu einem Vertrag über den Waffenhandel (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission – Auf dem Wege zu einem Vertrag über den Waffenhandel.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, verehrte Frau Kommissarin Ferrero-Waldner, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der illegale Handel mit Waffen und die verantwortungslose Exportkontrollpolitik einiger Staaten befeuern weltweit Konflikte, untergraben die Beachtung von Menschenrechten und fördern Kriminalität und Terrorismus. Sie hindern darüber hinaus ganze Regionen an nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklung.

Vor diesem Hintergrund entstand vor einigen Jahren die Idee, globale Prinzipien für den Waffenhandel in einem Abkommen verbindlich festzuschreiben. Die Idee des Waffenhandelsabkommens ATT war geboren. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich von Anfang an für ein solches Abkommen eingesetzt, und auch die derzeitige Ratspräsidentschaft misst diesem Prozess große Bedeutung bei. Auf einer Sitzung am 18. Juni hat der Rat für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen erneut die Wichtigkeit eines Waffenhandelsabkommens betont.

Es hat mich sehr gefreut, dass der Berichterstatter für den EU-Verhaltenskodex für Waffenausfuhren des EP, Herr Romeva i Rueda, der Einladung der Präsidentschaft zum informellen Seminar für die Mitglieder der Ratsarbeitsgruppe COARM Anfang Januar nach Berlin gefolgt ist. Er hat dort ausführlich die Ansichten des Europäischen Parlaments zu einem globalen Waffenhandelsabkommen dargestellt. Die Präsidentschaft teilt Herrn Romevas Auffassung, dass ein solches Abkommen von außerordentlicher Bedeutung ist, um den weltweiten Waffenhandel rechtsverbindlichen und verantwortungsvollen Regeln zu unterwerfen.

Ein wichtiger Schritt war die Annahme der Resolution 61/89 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 6. Dezember 2006. Der Generalsekretär wird darin aufgefordert, die Positionen der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zu eruieren und spätestens 2008 eine Expertengruppe einzurichten. Deren Aufgabe wird es sein, Machbarkeit, Umfang und Elemente eines solchen Vertrages auszuloten. Zahlreiche EU-Mitgliedstaaten waren im Vorfeld der Generalversammlung an der Ausarbeitung der Resolution beteiligt und haben bei Drittstaaten für deren Annahme geworben.

Der Aufforderung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen sind bislang ungefähr 80 Staaten gefolgt, darunter sämtliche EU-Mitgliedstaaten. Die Ratspräsidentschaft hat in einer eigenen EU-Stellungnahme an den Generalsekretär den EU-Verhaltenskodex als positives Beispiel für internationale Kooperation auf dem Gebiet der Rüstungsexportkontrolle herausgestellt und für ein Waffenhandelsabkommen geworben. Gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedstaaten wirbt die Präsidentschaft auch weiterhin für das Einreichen nationaler Papiere. Eine große Anzahl positiver Stellungnahmen ist von herausgehobener Bedeutung, um die große Unterstützung, die das Projekt weltweit genießt, zu demonstrieren.

Entscheidend für den Erfolg eines solchen Abkommens wird sein, die Beteiligung nicht nur aller großen Exporteure von Rüstungsgütern sicherzustellen, sondern auch deren Importeure einzubinden. Die Vereinten Nationen sind demnach der richtige Ort für diese Verhandlungen.

Lassen Sie mich exemplarisch auf zwei Themenfelder hinweisen, denen die Expertengruppe besondere Aufmerksamkeit widmen muss, damit ein solches Abkommen wirksam sein kann: Erstens muss der Geltungsbereich des Abkommens detailliert aufgeschlüsselt werden. Dazu wird es einer eigenen Kontrollliste bedürfen. Diese darf sich nicht auf die Kategorien des Waffenregisters der Vereinten Nationen beschränken, sondern muss beispielsweise auch auf kleine und leichte Waffen, Munition und MANPADS Anwendung finden. Auch Herstellungsausrüstung und Technologie sollten in geeigneter Form berücksichtigt werden.

Zweitens muss das Abkommen zudem ausführliche Kriterien beinhalten, die bei Exportentscheidungen zu berücksichtigen sind. Zu diesen Kriterien gehören unter anderem die Beachtung von Waffenembargos, die Achtung der Menschenrechte im Bestimmungsland, die Wahrung regionaler Stabilität, die Verhinderung interner oder regionaler Konflikte, die Förderung nachhaltiger Entwicklung und die Verhinderung einer unerwünschten Umleitung der Güter.

Mit diesen Fragen haben sich weltweit bereits zahlreiche Regionalorganisationen befasst. Der Verhaltenskodex der Europäischen Union für Waffenausfuhren ist das am weitesten entwickelte internationale Instrument für Rüstungsexportkontrolle. Die Europäische Union kann daher insbesondere für diese Fragen auf ihre Erfahrungen mit dem Verhaltenskodex verweisen. Dabei muss sie jedoch den Eindruck vermeiden, es gehe darum, den EU-Verhaltenskodex anderen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen aufzuzwingen. Schließlich gibt es derzeit eine bemerkenswerte Unterstützung für dieses Projekt in allen Teilen der Welt. Der Europäischen Union, zu der einige bedeutende Exportnationen gehören, kommt in diesem Prozess allerdings eine besondere Verantwortung zu.

Lassen Sie mich auch die Rolle der Zivilgesellschaft besonders würdigen: Nichtregierungsorganisationen, Wissenschaftler und Medien haben einen erheblichen Anteil daran, dass zögernde Regierungen sich von der Notwendigkeit eines Waffenhandelsabkommens überzeugen ließen. Sie haben von Anfang an wertvolle Anstöße und Beiträge geliefert und ich darf die Nichtregierungsorganisationen ermuntern, sich auch weiterhin aktiv in diesen Prozess einzubringen.

Die Präsidentschaft nimmt mit Freude zur Kenntnis, dass sich das Europäische Parlament verschiedentlich für den Abschluss eines globalen Waffenhandelsabkommens ausgesprochen hat und seine interparlamentarischen Kontakte dafür nutzt. Den jüngsten Entwurf einer Entschließung habe ich mit großem Interesse gelesen und begrüße ausdrücklich die engagierten Vorschläge. Ich hoffe sehr, dass wir den intensiven Dialog mit dem Europäischen Parlament auch in dieser wichtigen Frage weiter fortführen und vertiefen können.

(Beifall)

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte die Ausführungen des Ratspräsidenten ergänzen.

In den letzten Jahren stand die Bekämpfung der illegalen Verbreitung von Waffen vermehrt im Mittelpunkt der politischen und öffentlichen Aufmerksamkeit, und dieses Thema ist uns allen nach wie vor sehr wichtig. Ich möchte den Damen und Herren Abgeordneten zu ihrer Vorreiterrolle im Zusammenhang mit dem rechtsverbindlichen Vertrag über den Waffenhandel gratulieren, mit dem der internationale Handel mit konventionellen Waffen geregelt werden soll. Dies ist ein ehrgeiziger Ansatz, der die Schaffung gemeinsamer internationaler Normen vorsieht. Wenn ich richtig informiert bin, haben Sie Ihren Entschließungsantrag bereits eingereicht. Die Kommission begrüßt ferner die vor zwei Tagen vorgelegten Schlussfolgerungen des Rates, auf die ich nicht näher eingehen muss, da sie bereits erwähnt worden sind.

Wir alle kennen die negativen Auswirkungen, die die verantwortungslose Ausfuhr von Militärausrüstungen auf die regionale Sicherheit, die Wirtschaftsentwicklung und die Sicherheit der Menschen in einigen der ärmsten Länder der Welt hat. Ein Vertrag über den Waffenhandel wäre von großem Nutzen, um beispielsweise die illegale Verbreitung von Kleinwaffen und leichten Waffen einzudämmen. Diese Waffen verursachen großes menschliches Leid, und da sie die Welt unsicherer machen, haben sie auch Auswirkungen auf unsere eigene Sicherheit und unseren Wohlstand.

Der illegale Handel mit konventionellen Waffen hat ebenfalls weltweite Konsequenzen und das bedeutet, dass wir die Kohärenz zwischen der Sicherheitspolitik der EU und der Entwicklungshilfe der Gemeinschaft verbessern müssen. Zwischen der Entwicklung und der Sicherheit besteht heute ein engerer Zusammenhang als jemals zuvor und die Bedrohung, die diese illegalen Waffen darstellen, geht über die unmittelbare Gewalt hinaus, die sie auslösen. In unserer globalisierten Welt sind sinkende BIP und zurückgehende Auslandsinvestitionen, um nur zwei Beispiele zu nennen, Fehlschläge, die sich nur wenige Länder leisten können.

Selbst ein Vertrag über den Waffenhandel wird nichts daran ändern, dass weltweit große Mengen illegaler Waffen im Umlauf sind. Zusätzlich zu dem entschlossenen politischen Engagement der Union leisten wir daher praktische Unterstützung für den Aufbau legislativer und administrativer Kapazitäten, und auf diese Weise spielt die EU eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung der illegalen Verbreitung von Kleinwaffen und leichten Waffen.

Wir arbeiten sehr konsequent an der Umsetzung der 2005 beschlossenen EU-Strategie zur Bekämpfung der illegalen Verbreitung von Kleinwaffen und leichten Waffen. Dies ist, wie Sie wissen, kein neuer Bereich für uns. Die Kommission ist hier seit vielen Jahren sehr aktiv und hat darüber hinaus Erfahrung in der Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, Universitäten, NRO und der Zivilgesellschaft gesammelt, was die Bewältigung der Folgen eines fragwürdigen bzw. illegalen Waffenhandels angeht. Es bleibt noch viel zu tun, sowohl durch den Vertrag als auch darüber hinaus.

(Beifall)

 
  
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  Ana Maria Gomes, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) In den letzten Jahren gab es für alle, die sich für Waffenkontrolle und Abrüstung im Rahmen multilateraler Rechtsinstrumente einsetzen, kaum Anlass zur Freude. Der Beschluss der UNO-Generalversammlung vom Dezember des vergangenen Jahres, den Prozess der Ausarbeitung eines weltweiten Übereinkommens über den Waffenhandel (ATT) offiziell einzuleiten, ist eine der seltenen Gelegenheiten, die Anlass zum Feiern geben.

Auch wenn es für uns keine Überraschung war, so ist das Abstimmungsverhalten der Vereinigten Staaten von Amerika, die mit ihrer Ablehnung der diesen Prozess einleitenden Resolution allein dastanden, zu bedauern. Bei diesem Übereinkommen geht es nicht nur darum, einen gemeinsamen rechtlichen Nenner für die Einfuhr, die Ausfuhr und den Transfer von konventionellen Waffen zu finden, eine globale Antwort auf einen vollkommen globalisierten Handel zu geben und einheitliche Kriterien zu entwickeln, durch die der Waffenhandel den Geboten der Menschenrechte, der Stabilität und der nachhaltigen Entwicklung unterworfen wird.

Es geht auch um die Mobilisierung der öffentlichen Meinung in den entwickelten Ländern gegen die Undurchsichtigkeit der in Millionenhöhe abgeschlossenen legalen Verträge über den Waffenverkauf an verbündete Länder. Der skandalöse Beschluss der Regierung des Vereinigten Königreichs, die Untersuchung über Waffenverkäufe dieses Landes an Saudi-Arabien zu verhindern, und damit eine Untersuchung von Korruption auf höchster Ebene, ist ein ausgezeichnetes Beispiel für den wahren Charakter des Waffenhandels.

Nur in diesem Bereich wagt es eine europäische Regierung, eine ernsthafte Untersuchung im Namen des nationalen Interesses zu blockieren. Wegen der besonderen Behandlung des Waffenhandels seitens der Regierungen überall auf der Welt muss ein speziell auf die Kontrolle dieses Handels zugeschnittenes Übereinkommen entwickelt werden. Die EU kann und muss sich in diesem Bereich an die Spitze stellen und die Auslegung und Umsetzung der Lehren aus ihrem Verhaltenskodex forcieren, was insbesondere in Bezug auf die Kriterien einer nachhaltigen Entwicklung und im Hinblick auf die Menschenrechte gilt, damit diese Lehren sich in dem neuen Übereinkommen widerspiegeln, denn diese beiden Aspekte sind, wie Frau Ferrero-Waldner unterstrich, besonders wichtig.

In diesem Sinne begrüße ich die Schlussfolgerungen des letzten Rates „Allgemeine Angelegenheiten“, in denen hervorgehoben wurde, wie wichtig es ist, die Anstrengungen mit anderen Staaten und regionalen Organisationen für die Ausarbeitung eines neuen Übereinkommens zu bündeln. Nun muss die EU diesen guten Willen nur noch in eine in einem Gemeinsamen Standpunkt des Rates niedergelegte diplomatische Strategie für ein solches Übereinkommen umwandeln. Solange nicht Vernunft und Skrupel in das Weiße Haus einkehren, muss Europa in diesem Bereich nachdrücklich die Führungsrolle übernehmen.

 
  
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  Marios Matsakis, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Es ist wirklich beschämend, dass wir trotz der Gefahren für die Menschheit, die durch die unzähligen verantwortungslosen Waffengeschäfte über so viele Jahre hinweg entstanden sind, noch immer keinen rechtsverbindlichen UN-Vertrag über den internationalen Waffenhandel haben. Doch selbst wenn es einen solchen Vertrag gäbe, bezweifle ich, dass wir die Mittel oder die Verantwortlichen den Willen gehabt hätten, diesen Vertrag streng zu überwachen und ordnungsgemäß umzusetzen. Aber dies sind Fragen, mit denen wir uns erst befassen sollten, wenn wir einen solchen UN-Vertrag haben.

Heute ist es für die Skrupellosesten und Blutdürstigsten in allen Teilen der Welt sehr einfach, sich Waffen zu beschaffen. Wer genug Geld und die richtigen Beziehungen hat, kann alles kaufen, von der Handfeuerwaffe bis zum Kampfjet. Es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis auch Nuklearwaffen auf dem freien Markt beschafft werden können.

Warum, so mag man sich fragen, herrschen in der Gesellschaft unseres 21. Jahrhunderts so verabscheuungswürdige Zustände? Die Antwort ist relativ einfach: Es wird immer geistesgestörte Menschen auf dieser Welt geben, die anderen ihre krankhaften kriminellen Absichten aufzwingen wollen und ebenso wird es immer gewissenlose Händler geben, die jedem das Werkzeug für Tod und Zerstörung liefern, solange sie dabei gut verdienen. An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass die höchst lukrativen Unternehmen der Rüstungsindustrie immer mehr und immer schneller noch modernere Tötungsmaschinen produzieren.

Ich weiß, dass wir die Welt nicht von heute auf morgen ändern können und dass die Mächte des Bösen immer einen gewissen Einfluss auf das Schicksal der Menschen haben werden. Doch wir müssen wenigstens einen Anfang machen und versuchen, die Dinge ansatzweise zu ändern. Somit unterstütze ich diesen Entschließungsantrag, in dem die Festlegung gemeinsamer internationaler Normen für die Einfuhr, die Ausfuhr und den Transfer von konventionellen Waffen gefordert wird. Dies ist immerhin besser als gar nichts und wir können nur darauf hoffen, dass die Menschen eines Tages vernünftig genug sein werden, um einzusehen, dass die Herstellung von Waffen völlig überflüssig ist.

Noch ein letztes Wort. Ich halte es für erwähnenswert, dass über die Hälfte der 17 weltweit führenden Waffenexporteure EU-Mitgliedstaaten sind. Diese Zahl sollte uns allen zu denken geben.

 
  
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  Raül Romeva i Rueda, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(ES) Herr Präsident! Diese Haus hat sich schon viele Male für einen internationalen Vertrag über den Waffenhandel ausgesprochen.

Das Besondere an dieser Debatte und der Entschließung, die wir heute vorgelegt haben, ist jedoch, dass jetzt sich die Vereinten Nationen damit befassen. Eine Resolution, die im Dezember 2006 mit Unterstützung von 153 Ländern verabschiedet worden war, bildete den Ausgangspunkt für unsere heutige Debatte. Und wir dürfen nicht vergessen, dass 153 Länder sie unterzeichnet haben, denn das gibt dem Prozess eine echte Legitimität.

In diesem Zusammenhang müssen wir einige Punkte der heute von uns vorgelegten Entschließung hervorheben.

Erstens sind die 153 Länder aufgefordert, ihre Berichte an den Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln, mit Bemerkungen dazu, welchen Inhalt und welchen Geltungsbereich der Vertrag nach ihrer Ansicht haben sollte, und sie sind vor allem um ihre Meinung im Hinblick auf seine Durchführbarkeit gebeten.

Zweitens müssen diese Berichte auf den derzeitigen internationalen Rechtsnormen basieren, insbesondere dem humanitären Völkerrecht und den Menschenrechten im Allgemeinen. Es bestehen bereits wichtige Verträge, die zu berücksichtigen sind.

Drittens müssen sich die Regierungen der Staaten verpflichten, eine genaue Überprüfung der Erfüllung und vor allem der Nichterfüllung der geltenden Bestimmungen, internationaler Embargos und, im Fall von Europa, der strikten Anwendung des Verhaltenskodexes für Waffenexporte vorzunehmen. Besonders hervorzuheben sind hier die Waffenausfuhren in den Sudan, ein Thema, das wir speziell in der Juli-Tagung diskutieren werden.

Viertens müssen sich die Regierungen auch für die Expertengruppe engagieren, die 2008 zur Festlegung des Vertragsinhalts gebildet werden soll, und sie müssen ihr jede nur mögliche Unterstützung geben.

Schließlich müssen wir uns bewusst sein, dass der Prozess zur Erarbeitung eines internationalen Vertrags über den Waffenhandel, auch wenn er in Gang gesetzt wurde, langsam voranschreiten wird, während die Waffenverkäufe in der Welt inzwischen weiter ansteigen. Nach dem SIP beliefen sich 2005 die Verkäufe, davon rund ein Drittel aus der Europäischen Union, auf 290 Milliarden USD. Daher müssen wir in der Zwischenzeit besonders streng und anspruchsvoll im Hinblick auf Kontrollmechanismen sein und der Überwachung der Zwischenhändler, der Einhaltung von Embargos sowie einer größeren Transparenz und parlamentarischen Kontrolle dieser Exporte besondere Aufmerksamkeit schenken.

 
  
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  Tobias Pflüger, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Ich begrüße ausdrücklich, dass es diesen gemeinsamen Entschließungsantrag zu einem internationalen Vertrag über Waffenhandel gibt. Denn die Zeit drängt: Weltweit explodieren die Rüstungsausgaben und die Rüstungsexporte. Laut der Studie des Stockholmer Instituts zur internationalen Friedensforschung (SIPRI) wurden im Vorjahr umgerechnet 900 Milliarden Euro, und damit pro Kopf der Weltbevölkerung 137 Euro für militärische Zwecke ausgegeben.

Das waren 3,5% mehr als 2005. In den vergangenen zehn Jahren sind die Rüstungsausgaben weltweit um 37% gestiegen. Beim internationalen Waffenhandel ermittelte SIPRI in seinem neuen Jahrbuch über Rüstung und Abrüstung insgesamt einen Anstieg um 50% seit 2002. Die beiden mit Abstand größten Exporteure waren dabei erneut die USA und Russland. Deutschland schob sich mit Rüstungsexporten von 9,2 Milliarden Dollar, 6,9 Milliarden Euro, zwischen 2002 und 2006 auf den dritten Platz vor Frankreich.

Die EU-Staaten sind weltweit vorne dabei, wenn es um die Rüstungsexporte geht. Allein im Vorjahr wurden aus Deutschland Rüstungsgüter für 3,9 Milliarden Dollar ausgeführt und damit mehr als doppelt soviel wie 2005 mit 1,5 Milliarden Dollar. Frankreich rüstete den Sudan aus, Belgien liefert Waffen an den Autokraten Kabila im Kongo, unter anderem damit dieser die Opposition massakrieren kann. Nachdem der Konflikt eingeheizt wird, kommt dann auch die EU mit militärischen Einsätzen in Afrika, Kongo, Sudan usw. Die Brandstifter löschen mit Benzin. Die EU und die Mitgliedstaaten müssen mit diesen Geschäften endlich aufhören. Rüstungsexporte verletzen weltweit Menschenrechte. Rüstungsexporte töten weltweit. Machen wir diesem Handel mit dem Tod endlich ein Ende!

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE).(LT) Herr Präsident, die Europäische Union, die immer für eine Konfliktlösung durch Verhandlung statt Gewalt eintritt, hat ein Interesse daran, das uneingeschränkte Wachstum von Unternehmen zu drosseln, die mit Mordinstrumenten handeln. Im vergangenen Jahr wurden, wie es bereits hieß, 900 Milliarden Euro für militärische Zwecke ausgegeben. Dies entspricht umgerechnet auf die Weltbevölkerung 137 Euro pro Einwohner. Was die Militärausgaben angeht, so befinden wir uns wieder in Zeiten des Kalten Krieges. Nahezu die Hälfte dieser gewaltigen Summe bilden die Rüstungsausgaben der Vereinigten Staaten.

Die Ausgaben für Waffen nehmen in gefährlicher Weise zu und betrugen im vergangenen Jahr fast 40 Milliarden Euro. Die größten Exporteure waren in den letzten Jahren die Vereinigten Staaten und Russland, wobei der Anteil der beiden Länder am globalen Waffenhandel jeweils 30 % beträgt, dicht gefolgt von der EU mit 20 %. Die größte Sorge ist dabei der Strom hochmoderner Waffen in die Konfliktregionen unberechenbarer Länder.

Im letzten Jahr unterstützten 153 Länder eine Resolution der Vereinten Nationen zu einem Prozess für den Abschluss eines Vertrags über den Waffenhandel. Derzeit ist eine Einigung aller Länder auf ein rechtlich bindendes Dokument, das eine internationale Bestimmung für die Importe und Exporte von Waffen ermöglichen würde, schwierig. Schritte der Vereinten Nationen in dieser Richtung sind jedoch entscheidend. Gleichzeitig muss hervorgehoben werden, dass einzelne Länder die wichtigsten Kämpfer gegen einen unverantwortlichen Waffenhandel und den Schaden sind, den dieser für Frieden, Sicherheit, Entwicklung und Menschenrechte mit sich bringt. Die internationale Gemeinschaft und ebenso die Öffentlichkeit jedes Landes, das den Waffenhandel für gefährliche und korrupte Unternehmungen nutzt, hat die Pflicht, in angemessener Weise Druck auf solche Regierungen und Parlamente auszuüben.

 
  
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  Margrietus van den Berg (PSE).(NL) Herr Präsident! Etwa eine Million Menschen werden jährlich durch Handfeuerwaffen, Maschinengewehre oder Granatwerfer verletzt. Weltweit ist das Ausmaß der Gewalt durch Schusswaffen ebenso wie das menschliche Leid enorm. In den jüngsten bewaffneten Konflikten werden oft einzig und allein kleine und leichte Waffen verwendet. Allein im südlichen Afrika zirkulieren etwa 30 Millionen leichte Schusswaffen. Im Nahen Osten bewegen sich die Schätzungen zwischen 60 und 110 Millionen. Die Mehrzahl dieser Waffen werden legal hergestellt und verkauft. Seit zig Jahren gelten internationale Verträge über die Kontrolle biologischer, chemischer und atomarer Waffen und ihre Verbreitung, aber trotz der gewaltigen Zahl von Todesopfern ist dies für den Verkauf und den Handel von konventionellen Waffen bislang noch nicht der Fall. Das führt zu Menschenrechtsverletzungen, Dauerkriegen und zunehmender Verarmung von Ländern. Diese Waffen werden mehrheitlich von fünf reichen Ländern hergestellt. 2005 belief sich der Anteil Russlands, der USA, Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens am weltweiten Waffenhandel auf 81 %.

Mehr als zwei Drittel dieser Waffen sind für Afrika, den Nahen Osten und Lateinamerika bestimmt. Nicht nur Menschenleben werden zerstört, sondern auch die Wirtschaft, Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung. Allein in Norduganda besuchten in den vergangenen 20 Jahren 2 500 Kinder wegen Waffengewalt keine Schule.

Die UN-Resolution vom 6. Dezember 2006 schafft optimale Voraussetzungen für ein Übereinkommen gegen diese freie Verbreitung und für die Kontrolle des Handels insgesamt. Selbstverständlich ist das immens wichtig, wenn wir konventionelle Waffen im Zaum halten wollen. Ich appelliere daher an den Rat – und von dem amtierenden Ratsvorsitzenden, Herrn Glomser, ist zu hören, dass etwas passieren wird –, vonseiten Europas eine massive, schnelle und positive Antwort zu geben und unsererseits die gravierenden Mängel bei der Anwendung des europäischen Verhaltenskodexes von 1998 anzugehen. EU-Waffen finden nach wie vor problemlos ihren Weg in Länder wie Sudan, China und Sierra Leone. Es ist höchste Zeit, dass wir diesen Kodex rechtsverbindlich machen. Das würde dem UN-Prozess einen enormen Schub verleihen.

 
  
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  Richard Howitt (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich war letztes Jahr im Auftrag dieses Parlaments zwei Wochen in der Demokratischen Republik Kongo. Vier Millionen Menschen starben im dort herrschenden Bürgerkrieg und natürlich konnte ein internationales Waffenembargo gegen dieses Land nicht verhindern, dass Waffen aus der ganzen Welt – unter anderem auch aus Deutschland und Frankreich, wie eindeutig erwiesen ist – in das Land gelangten und den bestehenden Konflikt noch verschärften. Es gibt kein Beispiel, das besser verdeutlichen könnte, weshalb die internationale Gemeinschaft mehr tun muss, um in diesem Bereich ihren Willen und ihre Werte durchzusetzen.

Wie es in unserem Entschließungsantrag heißt, fordern wir einen umfassenden, strikten und uneingeschränkt umgesetzten Vertrag über den Waffenhandel. Die Europäische Union kann in der internationalen Gemeinschaft eine zentrale Rolle dabei spielen, dass dieses Ziel mit dem vorliegenden Text auch tatsächlich erreicht wird. Ich bin sehr stolz darauf, dass in dem Text des Europäischen Parlaments, der uns heute vorgelegt wurde, hervorgehoben wird, dass der Waffenhandel „unannehmbares menschliches Leid verursacht und bewaffneten Konflikten, Instabilität, Terrorangriffen […] Vorschub leistet“. Ich danke Herrn Gloser, der deutschen Ratspräsidentschaft und dem Rat dafür, dass sie in ihrer Entschließung eine ähnlich harte Position vertreten und von „einer unerwünschten und verantwortungslosen Verbreitung konventioneller Waffen“ sprechen. Lassen Sie uns diese Worte ernst nehmen, damit wir auf das, was in den Vereinten Nationen beschlossen wird, wirklich Einfluss nehmen können.

Der nächste Schritt muss die Einbeziehung der Zivilgesellschaft sein. Ich glaube, dass wir unseren heutigen Stand dank der Kampagnen erreicht haben, die Mitte der 90er Jahre von den NRO durchgeführt wurden, die uns später bei der Erarbeitung des EU-Verhaltenskodexes tatkräftig unterstützt haben. Ich bin sehr stolz darauf, dass Fachleute vom Lauterpacht Centre der Universität Cambridge aus meinem Wahlkreis den ersten Entwurf dieses Vertrags erarbeitet haben, der der internationalen Gemeinschaft vorgelegt werden soll. Ich fordere die Abgeordneten auf, die Erklärung zur Unterstützung des Vertrags auf der Website controlarms.org zu unterzeichnen. Unsere Arbeit mit der Zivilbevölkerung ist unverzichtbar, damit wir die Unterstützung der gesamten Weltbevölkerung für einen wirksamen Vertrag erreichen.

Abschließend möchte ich sagen, dass ich mich sehr darüber freue, dass mein Heimatland, das Vereinigte Königreich, gemeinsam mit Finnland diesen Vorschlag in den Vereinten Nationen vorgestellt hat und dass ausnahmslos alle EU-Mitgliedstaaten der UNO bereitwillig ihre Unterstützung zugesagt haben. Wir sollten auch auf Europa stolz sein.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, Frau Kommissarin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich im Namen der Präsidentschaft des Rates sehr herzlich bei Ihnen für Ihre Beiträge, Ihre Anstöße, aber auch für die bisher ergriffenen Initiativen zu diesem sehr wichtigen Thema und auch für die bei manchen Beiträgen zum Ausdruck gebrachten Mahnungen bedanken.

Lassen Sie mich noch auf zwei Punkte eingehen: Erstens: Die Beachtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts in den Empfängerländern muss in jedem Fall gegeben sein, bevor eine Genehmigung erteilt werden kann. Ich habe deutlich gemacht, dass wir uns weltweit auf verschiedenen Ebenen für die Einhaltung der Menschenrechte engagieren. Das ist auch in diesem Parlament mehrfach ein Thema gewesen. Das Recht auf Leben, das Verbot der Sklaverei, politische und soziale Mitwirkungsrechte, Gleichheit vor dem Gesetz, Rede- und Versammlungsfreiheit und Diskriminierungsverbot werden weiterhin in zu vielen Staaten dieser Erde missachtet. Daher ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese Verletzungen grundlegender Werte nicht durch die Lieferung von Rüstungsgütern begünstigt werden.

Zweitens: Embargos. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, die OECD und die Europäische Union, haben gegen eine Reihe von Ländern Embargos verhängt, und im vorliegenden Entwurf einer Entschließung des Europäischen Parlaments wird insbesondere die Einhaltung des Embargos gegen den Sudan eingefordert. Ein Waffenhandelsabkommen muss unbedingt auch die Einhaltung von Embargos zu einem zentralen Kriterium erheben. Nicht von ungefähr steht dieses Kriterium ganz am Anfang des Kriterienkodex im Verhaltenskatalog der Europäischen Union.

Ich darf Ihnen versichern, dass wir uns als Präsidentschaft weiterhin für einen wirkungsvollen Vertrag über den Waffenhandel einsetzen werden. Die zentrale Rolle, die das Europäische Parlament in dieser Diskussion spielt, ist auch eine große Hilfe und Unterstützung. Ich hoffe, wir können das auch in den nachfolgenden Präsidentschaften weiterhin auf diese kooperative Art und Weise gestalten.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich danke dem Parlament für seine Unterstützung, für seine Initiative und für seinen Entschließungsantrag. Wie ich bereits erwähnte, unterstützt die Kommission im Zuge der allgemeinen EU-Anstrengungen die Aufnahme von Verhandlungen über einen rechtsverbindlichen Vertrag über den Waffenhandel im Rahmen der Vereinten Nationen – das muss ausdrücklich hervorgehoben werden.

Ein internationales Instrument zur Förderung strenger Verantwortungsnormen ist zweifelsohne wünschenswert, und damit dieses Vorhaben erfolgreich ist, müssen wir einen möglichst breiten Konsens erreichen und alle Staaten ermutigen, diese Initiative zu unterstützen. Wir wünschen uns eine rechtsverbindliche, unabhängige und eigenständige Initiative, die alle Transfers von konventionellen Waffen erfasst, die Grundsätze für die Definition illegaler Transfers festlegt, einschließlich der Überwachung, und die sich auf ein breites Fundament stützt. Wir wissen, dass es nicht einfach sein wird, alle weltweit aktiven Waffenlieferanten zu überzeugen, und deshalb ist es sehr wichtig für alle großen Waffenhersteller, dass eine Situation, wie wir sie beim IStGH oder beim Verbot von Antipersonenminen hatten, vermieden wird. Wir werden daher versuchen, einen möglichst breiten Konsens zu erreichen.

 
  
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  Der Präsident. – Zum Abschluss der Aussprache wurde gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung ein Entschließungsantrag(1) eingereicht.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag, dem 21. Juni 2007, statt.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


11. MEDA und die Finanzhilfe für Palästina – Bewertung, Umsetzung und Kontrolle (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Rodi Kratsa-Tsagaropoulou im Namen des Haushaltskontrollausschusses über MEDA und die Finanzhilfe für Palästina – Bewertung, Umsetzung und Kontrolle (2006/2128(INI) (A6-0210/2007).

 
  
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  Rodi Kratsa-Τsagaropoulou (PPE-DE), Berichterstatterin.(EL) Herr Präsident, Frau Kommissarin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt derzeit viele Gründe, weshalb der Bericht, über den wir heute sprechen, von größter Wichtigkeit und Aktualität ist.

Die schlechten Ergebnisse des Euromed-Prozesses und die zugleich riesigen Herausforderungen in dieser Region zwingen uns zu einer ernsthaften Prüfung und zu ernsthaften politischen und finanziellen Maßnahmen.

Die dramatische Situation in den palästinensischen Gebieten verschärft sich. Die Entwicklungen sind alarmierend; sie deuten auf eine weitere Zuspitzung der Lage hin und rufen uns dazu auf, unsere Schritte zu prüfen und uns unserer Verantwortung für die Zukunft bewusst zu werden.

Wir müssen auch überzeugende Antworten auf die Sorgen der europäischen Bürger geben, was die Verwendung der Mittel in Gebieten angeht, die im Bereich Demokratie, Verwaltung und Bewertungsmechanismen Defizite aufweisen.

Ich möchte das Parlament daran erinnern, dass das Programm MEDA unser Hauptinstrument für die Finanzierung der Euromed-Partnerschaft ist, indem es Maßnahmen sowohl im politischen und wirtschaftlichen Bereich im Hinblick auf die Schaffung einer Freihandelszone als auch im kulturellen und sozialen Bereich, der den dritten Pfeiler darstellt, unterstützt.

MEDA II, das jüngste von uns durchgeführte MEDA-Programm, war darauf angesetzt, im Zeitraum 2000-2006 5,3 Milliarden Euro bereitzustellen. Die MEDA-Verordnung lief 2006 aus, und heute haben wir ein neues Europäisches Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument, das 2007 in Kraft getreten ist. Wir denken, dass unsere Erfahrungen mit MEDA sehr nützlich für dieses neue Instrument sein werden.

Ich möchte das Parlament daran erinnern, dass sich die jährlichen Verpflichtungen bei MEDA II, dem der Großteil unseres Berichts gewidmet ist, zwischen 569 Millionen Euro im Jahr 2000 und 697 Millionen Euro im Jahr 2004 bewegten. Es gab also einen stetigen Zuwachs, wobei darauf hingewiesen werden muss, dass unsere Verpflichtungen zwischen MEDA I und MEDA II für Palästina, Syrien, Algerien und Marokko und für regionale Aktivitäten zugenommen, aber für Ägypten, Jordanien, den Libanon und Tunesien abgenommen haben. Ebenso war der Anstieg in verschiedenen Sektoren unterschiedlich hoch. Ein bedeutender Mittelzuwachs war bei Maßnahmen in Bereichen wie allgemeine und berufliche Bildung sowie wirtschaftliche und institutionelle Unterstützung zu verzeichnen, während im Rahmen von MEDA II weniger Mittel für andere Sektoren wie Landwirtschaft, lokale Entwicklung und privatwirtschaftliche Reformen gebunden wurden als im Rahmen von MEDA I.

Nach unseren Erfahrungen im Europäischen Parlament, den eingegangenen Informationen und dem Bericht des Rechnungshofes zu urteilen, hat sich die Verwaltung des Programms MEDA durch die Kommission seit den Anfangsjahren deutlich verbessert, und wir können sagen, dass sie unter Berücksichtigung der politischen Umstände, die in diesem Bereich eine Rolle spielen, als zufriedenstellend betrachtet werden kann und dass große Anstrengungen unternommen wurden, die zu einer ausgewogeneren Mittelzuweisung mit kürzeren Vorbereitungszeiten und rascheren Auszahlungen geführt haben.

Wir sollten die Europäische Kommission nun auffordern, bei zukünftigen Tätigkeiten die Tatsache zu berücksichtigen, dass die Anzahl der Projekte und Programme zunimmt, dass die Haushaltsförderung im Rahmen des Gesamtprogramms ausgeweitet wird, dass die Rolle, die von unseren Vertretungen gespielt wird, und die Übertragung von Verantwortlichkeiten auf lokaler Ebene als gut und wichtig bewertet wurde und gestärkt werden muss und dass die Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden eine Rolle spielte und wir dies fortführen müssen. Wir müssen auch alles in unserer Macht Stehende tun, um die Zusammenarbeit zwischen den Partnerländern im Mittelmeerraum (Süd-Süd-Partnerschaft) auszubauen, um die Verwirklichung der angestrebten Ziele der regionalen Zusammenarbeit und Integration zu erreichen.

Was die Interventionsbereiche betrifft, so sind wir der Auffassung, dass der wirtschaftliche Aspekt der Partnerschaft im Einklang mit den Erfordernissen des sozialen Zusammenhalts und einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung neu ausgerichtet werden muss, wobei nicht vergessen werden darf, dass zur Erreichung unserer Ziele eine ständige Überwachung und verstärkte Maßnahmen in allen Sektoren erforderlich sind.

Die Frage der Finanzmittel für Palästina ist ein wichtiger Teil unseres Berichts und wurde von den Kollegen mit großem Interesse verfolgt. Zwischen 1994 und 2006 hat die Kommission etwa 2,3 Milliarden Euro für die palästinensische Bevölkerung bereitgestellt. Die Zahlungen an die palästinensischen Gebiete lagen im Zeitraum 2002-2005 recht stabil bei 232 bis 260 Millionen Euro. Im Jahr 2006 wurden 700 Millionen Euro bereitgestellt, was unser bisheriger Rekord ist. Entsprechend der Entscheidung des Quartetts vom 9. Mai 2006 gibt es den vorläufigen internationalen Mechanismus, den die Europäische Kommission genutzt hat, um für dessen drei Fenster – Soforthilfe, Infrastruktur und Unterstützung der benachteiligten und ärmsten Teile der Bevölkerung – Mittel in Höhe von 107,5 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Unser Ausschuss hat unsere Beziehungen zur palästinensischen Regierung untersucht und nach dem besten Weg gesucht, Bedingungen für die politische und wirtschaftliche Unterstützung der palästinensischen Regierung selbst sowie für die Bereitstellung humanitärer Hilfe festzulegen, und um den Bericht auf den neuesten Stand zu bringen, habe ich zwei mündliche Änderungsanträge eingereicht, einen zu Ziffer 38, die nun überholt ist und entweder gestrichen oder von Grund auf geändert werden sollte, und eine neue Ziffer, die sich auf die Beschlüsse des Rates zur Unterstützung der neuen Regierung sowie zur Verpflichtung, im Rahmen des internationalen Mechanismus die erforderliche humanitären Hilfe für Gaza zu leisten, bezieht. Ich möchte festhalten, dass unsere Fraktion unser Vorhaben befürwortet, und ich denke, dass ich auch vom Rest des Parlaments Unterstützung für diese neue Ziffer erhalte.

(Beifall)

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, liebe Frau Ferrero-Waldner, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich ausdrücklich bei der Berichterstatterin bedanken. Wir haben die Empfehlungen ausgewertet und stimmen mit der Bewertung und natürlich auch mit den Schlussfolgerungen des Parlaments über das MEDA-Programm weitgehend überein.

Es wurde ja festgestellt, dass die durch das MEDA-Programm geleistete Unterstützung zweckdienlich war und einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung der MEDA-Ziele darstellte. Zudem wurde anerkannt, dass die Hilfe den Entwicklungsplänen und dem Bedarf der Empfängerländer entsprach. Ich möchte das hier ganz ausdrücklich feststellen, weil ich mich noch an gewisse Diskussionen erinnere.

Der Rat würdigt die Bemühungen der Kommission, die zu spürbaren Verbesserungen in Bezug auf die Geschwindigkeit und die Effizienz der Planung im Rahmen von MEDA II geführt haben.

Inzwischen ist das MEDA-Programm abgeschlossen und ab dem 1. Januar 2007 ist der Übergang zum Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument vollzogen. Mit dem Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument wurde ein maßgeschneidertes Instrument für die Umsetzung der Europäischen Nachbarschaftspolitik geschaffen.

Der Forderung des Europäischen Parlaments, die Zusammenarbeit zwischen den Partnerländern im Mittelmeerraum auszubauen, trägt das Regionalprogramm Süd Rechnung, das bis 2010 mit 343,3 Mio. € dotiert ist.

Wir teilen Ihre Ansicht, dass die Weiterverfolgung aller Ziele des Barcelona-Prozesses für die gesamte Region von entscheidender Bedeutung ist. Dass es uns trotz der Spannungen in der Region gelungen ist, miteinander sachliche Themen anzugehen und weiter auszubauen, zeigt, dass der Barcelona-Prozess, der euro-mediterrane Dialog in der Tat noch immer der geeignete Rahmen ist, Veränderungen im Mittelmeerraum zu erreichen.

Die Parlamentarische Versammlung Europa-Mittelmeer leistet durch ihren interparlamentarischen Dialog einen wichtigen Beitrag zur Vertiefung der Nord-Süd-Beziehungen. Ob Zivilgesellschaft, Regierung oder Parlament – wir haben trotz unterschiedlicher Strukturen und Aufgaben das Ziel, die Mittelmeer-Partnerschaft voranzubringen und wollen gemeinsam dazu beitragen.

Lassen Sie mich nun zu dem Teil des Berichts kommen, der sich mit der Finanzhilfe für die Palästinenser befasst. Zunächst möchte ich jedoch erwähnen, dass wir die jüngsten Entwicklungen in den palästinensischen Gebieten – und hier vor allem im Gazastreifen – mit großer Sorge beobachten. Die schweren Kämpfe zwischen der Fatah und der radikalislamischen Hamas in der vergangenen Woche haben dort über 100 Menschenleben und eine hohe Zahl von Verletzten gefordert.

Die Hamas-Milizen haben mit brutaler Gewalt gegen die legitimen nationalen Sicherheitskräfte, Zivilisten und humanitäre Helfer die faktische Herrschaft über das Gebiet übernommen. Präsident Abbas hat sich vor diesem Hintergrund gezwungen gesehen, die Regierung der Nationalen Einheit aufzulösen, den Notstand auszurufen und eine Notstandsregierung einzusetzen. Die mit saudischer Hilfe im Februar in Mekka erreichte innerpalästinensische Aussöhnung ist damit hinfällig, die Regierungsbeteiligung von Hamas ist beendet.

Auch die ohnehin schon schwierige humanitäre Lage im Gazastreifen hat sich weiter verschlechtert. Die Krankenhäuser sind völlig überlastet und medizinisch unterversorgt. Der ganz überwiegende Teil der Bevölkerung in Gaza ist von Lebensmittelhilfe abhängig. Die Hilfsorganisationen mussten einen Teil ihrer Arbeit einstellen, da sie um die Sicherheit ihres Personals fürchten – leider zu Recht, wie der Tod zweier Mitarbeiter von UNRWA durch die Kämpfe gezeigt hat.

Die Außenminister der Europäischen Union haben beim Allgemeinen Rat am Montag ein sofortiges Ende der Gewalt gefordert und Präsident Abbas ihre volle Unterstützung bei seinen Entscheidungen zugesichert. Sie haben die sofortige Wiederaufnahme normaler Beziehungen mit der neuen Regierung unter Regierungschef Fayyad beschlossen sowie ihre Absicht erklärt, die Bedingungen für eine Wiederaufnahme der direkten finanziellen und praktischen Unterstützung zu schaffen. Zudem haben die Außenminister bekräftigt, die Menschen im Gazastreifen in ihrer humanitären Notlage nicht allein lassen zu wollen. Welche weiteren Konsequenzen im Einzelnen aus der veränderten Situation gezogen werden müssen, wird derzeit diskutiert.

Die Einführung des Finanzierungsmechanismus TIM im Juni 2006 durch die Europäische Union hat maßgeblich dazu beigetragen, die dringendsten Bedürfnisse der notleidenden palästinensischen Bevölkerung aufzufangen. Die Struktur des TIM ist transparent, der Mechanismus hat sich als flexibles und wirkungsvolles Instrument erwiesen.

Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten haben im vergangenen Jahr bereits über 300 Mio. Euro Hilfe durch TIM direkt an die palästinensische Bevölkerung geleistet und setzen ihre Zahlungen, auch und gerade in der jetzigen Situation, weiter fort. Dies ist immer wieder zu unterstreichen und zu betonen, weil gelegentlich auch in der Öffentlichkeit etwas anderes vermittelt wird. Daher begrüßen wir auch die Entscheidung des Nahost-Quartetts, das Mandat des TIM um weitere drei Monate bis Ende September zu verlängern.

Zu Recht fordern Sie in Ihrem Bericht Israel dazu auf, die zurückbehaltenen Zoll- und Steuereinnahmen an die Palästinenser auszuzahlen. Auch die Europäische Union hat Israel hierzu wiederholt aufgerufen, so zuletzt in der Erklärung des Allgemeinen Rates vom 18. Juni. Die israelische Regierung hat – wir hatten ja einen Dialog mit der israelischen Außenministerin, Frau Livni – angekündigt, nunmehr zur Auszahlung bereit zu sein.

Wir versprechen uns davon auch einen dringend benötigten Impuls für die palästinensische Wirtschaft. Ohne eine spürbare Verbesserung auch in diesem Bereich wird eine politische Lösung keinen Erfolg haben können.

Auch hinsichtlich der von Ihnen angesprochenen notwendigen Reformen des öffentlichen Finanzgebarens, einschließlich der Finanzkontrolle und Rechnungsprüfung, ist die Europäische Union bereits tätig. Die Kommission unterstützt das palästinensische Finanzministerium durch technische Hilfe beim weiteren Ausbau transparenter Strukturen für den palästinensischen Haushalt.

Das Ziel der Europäischen Union ist und bleibt: Zwei Staaten – Israel und Palästina –, die Seite an Seite miteinander sowie mit den Nachbarn in der Region in Frieden leben. Wir wollen dazu beitragen, langfristig bessere Lebensbedingungen für die Palästinenser zu schaffen, anstatt Krisenmanagement zu betreiben. Die letzten Wochen haben mehr als deutlich gemacht, warum dies dringend nötig ist.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte Frau Kratsa-Tsagaropoulou für ihren hervorragenden Bericht danken. Er kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, da er die Zusammenarbeit mit dem südlichen Mittelmeerraum betrifft, während gleichzeitig auch die verstärkte Nachbarschaftspolitik umgesetzt wird. Ich möchte zuerst einige Worte zu den wesentlichen Feststellungen sagen, bevor ich mich der gegenwärtigen Situation in den palästinensischen Gebieten und unserer Reaktion darauf zuwende.

Was erstens die Ergebnisse von MEDA in den letzten 10 Jahren betrifft, so freut mich, wie positiv das Parlament den Beitrag dieses Programms zur Verwirklichung der Ziele der Erklärung von Barcelona beurteilt. Weitere Fortschritte können und sollten gemacht werden, aber ich teile die Ansicht des Parlaments, dass der Barcelona-Prozess der geeignetste Rahmen für die Mittelmeerpolitik bleibt. Dieser Prozess wird nunmehr von der Nachbarschaftspolitik unterstützt, die zur Entwicklung bilateraler Beziehungen und zur Verwirklichung eines Großteils der Ziele der Agenda von Barcelona beitragen wird.

Im Hinblick auf die Effektivität und Effizienz des Programms ermutigen die Feststellungen des Parlaments sowie des Rechnungshofs die Kommission, ihre Bemühungen um eine Verbesserung der Ergebnisse fortzusetzen. Es steht außer Zweifel, dass wir auch die verschiedenen Vorschläge der beiden Institutionen berücksichtigen werden. Ich verspreche, die Bemühungen der Kommission in dieser Hinsicht weiterzuführen. Wir haben bereits eine abschließende Bewertung der MEDA-Verordnung in Angriff genommen, und die Ergebnisse dürften Anfang 2008 vorliegen.

Alle unsere Bemühungen müssen im Zusammenhang mit den ständigen und zunehmenden Verbesserungen bei der Verwaltung des Programms gesehen werden, die die Kommission seit 2001 vorgenommen hat. Ich teile voll und ganz die Auffassung des Parlaments zur Förderung eines stärkeren sozialen Zusammenhalts und einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung. Ebenso bin ich wie Sie bereit, die Ziele des Barcelona-Prozesses zu verfolgen, wie sie im Bericht genannt wurden. Wir haben in dieser Hinsicht zahlreiche Initiativen durch thematische Unterstützung auf den Weg gebracht, beispielsweise auf den Gebieten der verantwortungsvollen Regierungsführung, der Demokratie und der Geschlechtergleichstellung. Was schließlich die Außenwirksamkeit betrifft, so hat diese für mich persönlich Vorrang. Hier machen wir gute Fortschritte.

In Ihrem Bericht, Frau Kratsa-Tsagaropoulou, analysieren Sie klipp und klar die Stärken und Schwächen des MEDA-Programms. Sie erkennen die erreichten Verbesserungen an, weisen jedoch auch auf Bereiche hin, in denen noch weitere Fortschritte gemacht werden müssen. Die neue ENPI-Verordnung, die seit Anfang dieses Jahres in Kraft ist, bietet ungeheuer viele neue Möglichkeiten. Wir freuen uns auf den weiteren Dialog und Ihre konstruktive Unterstützung.

Ich möchte nun zur gegenwärtigen Lage in den palästinensischen Gebieten kommen, die heute kritischer denn je ist. Wir verfolgen die Entwicklungen tagtäglich, ja, ich möchte sogar sagen stündlich. Im Augenblick kümmern wir uns um die dringendsten Bedürfnisse und werden dies höchstwahrscheinlich auch weiterhin tun müssen. Wie der Präsident des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ am Montag auf seiner Tagung erklärte, haben wir eine lange und intensive Debatte über den Nahen Osten geführt. Wir waren uns weitgehend darin einig, dass Präsident Abbas und seine neue Regierung unter Leitung von Ministerpräsident Fayyad unterstützt werden müssen. Das ist auch die vom Quartett verfolgte Linie.

Wie bereits gesagt wurde, wird die EU unverzüglich normale Beziehungen mit dieser Regierung wieder aufnehmen. Gleichzeitig dürfen wir aber auch die humanitären Bedürfnisse der Bevölkerung im Gazastreifen nicht außer Acht lassen. Wir werden die Menschen Palästinas niemals im Stich lassen.

Was die Hilfe betrifft, sollten unbedingt die Bedingungen für dringende, praktische und finanzielle Unterstützung geschaffen werden. Dazu gehört die Erweiterung der Soforthilfe im Rahmen des vorläufigen internationalen Mechanismus für weitere drei Monate, diesmal unter umfassender Mitwirkung von Salam Fayyad; die Fortsetzung der humanitären Hilfe auch im Gazastreifen; die Suche nach Möglichkeiten, wieder direkte finanzielle Unterstützung zu gewähren, wozu auch der Aufbau von Institutionen gehört; die Unterstützung der palästinensischen Zivilpolizei durch die Wiederaufnahme von EUROPOL COPPS und hoffentlich auch die Wiederaufnahme der EU-Grenzunterstützungsmission (EU-BAM) am Grenzübergang Rafah.

Ich habe gegenüber dem Rat und Ministerpräsident Fayyad keinen Zweifel daran gelassen, dass für die Wiederaufnahme der direkten Hilfe für die Palästinensische Autonomiebehörde bestimmte technische Bedingungen gegeben sein müssen – das heißt Kontrollverfahren – in Form der Haushaltskontrolle und –überprüfung. Ich kann Ihnen bestätigen, dass wir zu Ministerpräsident Fayyad und seinen Mitarbeitern bereits Verbindung aufgenommen haben, um zu beraten, wie das am besten erreicht werden kann. So fand erst gestern ein Treffen zwischen meinem Delegationsleiter und dem Ministerpräsidenten statt.

Als ersten Schritt beabsichtigen wir, 22 Millionen Euro direkt aus Reservemitteln zur Verfügung zu stellen, um der Palästinensischen Behörde bei der Begleichung der Zahlungsrückstände vor allem im privaten Sektor zu helfen, damit sie sieht, dass sich etwas bewegt.

Im Rahmen des TIM werden im Augenblick auch weiterhin für die Palästinenser unbedingt notwendige Mittel auf verantwortliche und transparente Weise fließen. Ab jetzt wird er zur Unterstützung der Regierung Fayyad wirken. Dafür möchte ich Ihnen danken. Ich begrüße die politische Einigung über die zusätzlichen 90 Millionen Euro für den TIM. Außerdem hoffe ich, dass das Verfahren für eine Entscheidung beschleunigt werden kann.

Wie der Ratspräsident bereits erklärte, ist das Wichtigste, dass die zurückgehaltenen palästinensischen Mittel – und dazu haben wir die Israelis ja schon oft aufgefordert – hoffentlich bald an die Regierung von Mahmoud Abbas ausgezahlt werden.

Abschließend möchte ich die Gelegenheit nutzen, um dem Parlament nochmals für seine Unterstützung zu danken, die in der Vergangenheit unabdingbar war und auch weiterhin sein wird. Im Rahmen des TIM, einer europäischen Initiative, haben wir ein hohes Maß an Unterstützung gewährt und mehr als eine Million Palästinenser erreicht – Medikamente, Krankenhausbedarf, Kraftstoffe für grundlegende öffentliche Dienstleistungen, Unterstützung der Armen und des öffentlichen Sektors. Ohne Ihre Hilfe wäre das nicht möglich gewesen. Und auch in Zukunft brauchen wir Ihre Unterstützung bei all den Dingen, die ich soeben aufgezählt habe.

 
  
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  Véronique De Keyser (PSE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. (FR) Herr Präsident! Der ausgezeichnete Bericht von Frau Kratsa, der ich für ihre Arbeit danke, enthält zwei wichtige Feststellungen.

Erstens: Die Palästina seit 2003 gewährte Hilfe wurde ordentlich verwaltet, und es gab keinen Betrug. Dies ist ein wesentlicher Aspekt, der die anhaltenden, aber ungerechtfertigten Gerüchte über die Korruptheit der Führung zum Schweigen bringen wird.

Zweitens: Dem vorläufigen Beihilfemechanismus, der nach den 2006 gegen die Hamas-Regierung verhängten Sanktionen eingeführt wurde, ist es leider trotz der eingesetzten Mittel nicht gelungen, ein humanitäres Drama mit erhöhter Kindersterblichkeit, dem Auftreten neuer Krankheiten und der extremen Armut in den besetzten Gebieten zu verhindern.

Allerdings scheint seit der Errichtung der Notstandsregierung nach der Auflösung der Regierung der nationalen Einheit die Hilfe auf wundersame Weise wieder eingesetzt zu haben und selbst die von den Israelis einbehaltenen Steuern könnten der neuen Regierung zurückgezahlt werden. Darüber bin ich sehr froh. Aber während das vom Bürgerkrieg heimgesuchte Land gespalten ist, führt dieser spektakuläre Meinungsumschwung zu einer ganz anderen Überlegung. Die Europäische Union ist für ihre Nahostpolitik seit Januar 2006 verantwortlich. Ziel dieser Politik war es, die Hamas zu isolieren und ihr den Wahlsieg wieder zu nehmen. Sie ignorierte die Fortschritte der politischen Plattform, auf der die Regierung der nationalen Einheit errichtet worden war; sie weigerte sich, Israel für die Entführung und Inhaftierung von 45 palästinensischen politischen Mandatsträgern zu verurteilen. Heute haben die Extremisten das Terrain erobert und in der Region ist ein rechtsfreier Raum entstanden: Die Palästinenser haben jeden Glauben an Gerechtigkeit und Demokratie verloren, und das Bild der Europäischen Union hat für lange Zeit Schaden genommen.

Natürlich unterstützen wir derzeit nicht die Machenschaften der Hamas, sondern wir verurteilen sie. Aber wenn Chaos Einzug hält, wenn ein Bürgerkrieg ausbricht, dann fließt Blut und es kommt zu Ausschreitungen, und ich behaupte, dass wir zum Entstehen dieses Chaos beigetragen haben. Seit Monaten schlägt das Europäische Parlament Alarm, dass die NRO um Hilfe ersuchen. Nicht einmal die UNO schweigt noch, lesen Sie doch den Bericht von dos Santos. In den Augen der internationalen Öffentlichkeit sind wir verantwortlich für dieses Desaster, und wenn die USA den Mut zu einem Baker-Hamilton-Ausschuss hatten, der über ihre Politik im Irak befinden soll, so fordere ich heute die Schaffung eines parlamentarischen Ausschusses, der unsere europäische Politik im Nahen Osten und seine derzeitigen Folgen beurteilen soll.

 
  
  

VORSITZ: ADAM BIELAN
Vizepräsident

 
  
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  Ingeborg Gräßle, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Ratspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte unserer Berichterstatterin ganz herzlich danken. Es ist fast schon schade für Ihren Bericht, dass er jetzt völlig überlagert wird von der einen Frage, nämlich ob es vertretbar ist, weiter Geld in diese schwierige Region zu geben oder nicht, weil es jetzt nur noch um Palästina geht. Ich möchte ihr für ihre beachtliche Arbeit danken, weil wir glauben, dass wir aus den Erfahrungen viel mehr für die künftigen Programme lernen müssen. Frau Kommissarin, eine meiner Bitten wäre, dass wir es in Zukunft vermeiden sollten, große Brüche in unseren Programmen entstehen zu lassen. Die EU ist Spezialistin darin, nach sieben Jahren alles neu zu machen. Ich glaube, dass die Haushaltskontrolleure auf Dauer einen sehr viel größeren Fortschritt erzielen könnten, wenn wir auf mehr Konstanz der Programme zählen könnten.

Wir sehen heute, dass die Aktualität diesen Bericht unserer Berichterstatterin schon mehrmals eingeholt hat. Sie hat sich mit diesem schwierigen Thema viel Mühe gegeben, gerade was Palästina angeht, mit Vor-Ort-Besuchen und einem klärenden OLAF-Bericht mit stundenlangen Diskussionen über diese sicherlich schwierigste Gegend der Welt. Wir stehen zum dritten Mal vor der Frage, ob es vertretbar ist, Gelder der Europäischen Union in diese Gegend zu vergeben. Wir haben im Ausschuss für Haushaltskontrolle trotz Bedenken vieler Kollegen ja gesagt, vor allem aus humanitären Gründen, weil wir wissen, was mit diesem Geld vor Ort auch an Positivem bewirkt wird und dass dieses Geld sehr fehlen würde, wenn es nicht mehr vorhanden wäre. Auch der Rat hat vorgestern wieder einmal eine Antwort auf diese Frage gegeben. Wir möchten daran erinnern, dass das Europäische Parlament als Haushaltsgesetzgeber und als Entlastungsbehörde mit im Boot sitzt.

Wir wollen auch die rechtmäßige Regierung Palästinas unterstützen und verweigern uns selbstverständlich dem humanitären Drama in Gaza nicht. Aber gerade weil dort Bürgerkrieg herrscht, ist die EU-Kommission uns besonders rechenschaftspflichtig und muss sich darauf einstellen, diese Rechenschaft auch abzulegen, zumal Budgethilfen die riskanteste Förderung sind.

Mir haben die Ankündigungen von Frau Kommissarin Ferrero-Waldner gefallen, dass die EU-Gelder auch in dieser Gegend zunehmend an eine erfolgreiche Reformpolitik geknüpft werden. Denn wir haben für eines kein Verständnis: Auch aus humanitären und politischen Gründen können wir uns nicht damit abfinden, dass unsere Hilfen immer wieder planmäßig kaputt gemacht werden.

 
  
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  Paulo Casaca, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Ratspräsident, Frau Kratsa-Tsagaropoulou, Frau Keyser, meine Damen und Herren! Wir sind heute hier zusammengekommen, um über den Bericht von Frau Kratsa-Tsagaropoulou über die Analyse des Europäischen Rechnungshofes zum Programm MEDA, des europäischen Programms für die Länder des südlichen Mittelmeergebietes, zu diskutieren. Im Mittelpunkt des Berichts steht die Gemeinschaftshilfe für Palästina.

Die Prüfung des Rechnungshofs betraf nicht die Hilfe für Palästina. Die einzige europäische Institution, die eine eingehende Prüfung dieses Finanzierungsmechanismus vorgenommen hat, das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF), hat es abgelehnt, den von ihr ausgearbeiteten Bericht herauszugeben, nicht einmal an die Mitglieder des Haushaltskontrollausschusses und auch nicht unter den Bedingungen der Vertraulichkeit.

Deshalb können wir nicht versichern, dass die Gemeinschaftsmittel in diesem Land ordnungsgemäß verwendet werden. Politisch jedoch stehen wir vor einem äußerst brisanten Dilemma: Einerseits sollen wir die Entwicklungszusammenarbeit und die Gewährung von Gemeinschaftshilfen an Bevölkerungsgruppen, die Opfer von Führern sind, die sich kaum oder gar nicht um ihr Wohlergehen kümmern, sicherstellen und andererseits gewährleisten, dass die Gemeinschaftsmittel nicht für den Kauf von Kriegsmaterial, für den Terrorismus, für Propaganda und für die Indoktrinierung insbesondere von Kindern, für Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Hass und Bombenattentate abgezweigt werden, wie sich jetzt im Falle von dem Libanon gewährten Hilfen herausgestellt hat.

Das ist eine äußerst wichtige Frage, die nach einer entschiedenen politischen Antwort auf der Grundlage der humanitären Überzeugung verlangt, dass alle Menschen ein Recht auf Leben haben und es dabei nicht interessiert, welcher Religion sie angehören oder welcher Volksgruppe. Es muss eine Politik sein, die in der Lage ist, Demagogie und Heuchelei zu widerstehen.

Deshalb begrüße ich nachdrücklich die Geste der israelischen Behörden von heute Vormittag, Hunderten von palästinensischen Flüchtlingen, die auf der Flucht vor der Terrorwelle im Gazastreifen mehrere Tange lang an den israelischen Übergangen festlagen, Passierscheine für das Westjordanland auszustellen. Ich möchte hier auch den aufrichtigen und brüderlichen Appell an die Behörden Israels und Ägyptens richten, unverzüglich möglichst umfassend mit den internationalen Kräften und der neuen von Präsident Mahmoud Abbas ernannten palästinensischen Regierung zusammenzuarbeiten, um den Palästinensern zu helfen, die vor den Verfolgungen im Gazastreifen fliehen, die viele Bewohner bereits das Leben kosteten.

Ich hoffe, dass wir – wie bereits unzählige Male in der Vergangenheit – auf die Zusammenarbeit des Amtes für humanitäre Hilfe der EG (ECHO) zählen können, um das Leiden im Gazastreifen zu lindern, vorausgesetzt dass dies ECHO nicht daran hindert, die nicht weniger dringlichen humanitären Maßnahmen für die irakischen Flüchtlingen nicht nur in Syrien und Jordanien, sondern auch in Ägypten, im Libanon oder in verschiedenen Golfstaaten fortzusetzen.

Palästina ist heute das Ziel einer fanatischen Ideologie, die die Religion benutzt, um ihre Gier nach Macht zu verbergen und die im Libanon und im Irak Verderben bringt. Wer auch weiterhin diese Realität nicht begreifen will, wird sich unweigerlich erneut mit Fakten konfrontiert sehen, die nicht vorauszusehen waren.

 
  
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  Jorgo Chatzimarkakis, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Staatsminister Gloser, Frau Kommissarin! Zunächst möchte ich der Berichterstatterin Rodi Kratsa-Tsagaropoulou für Ihren Bericht herzlich danken. Besonders der Teil zu MEDA ist sehr gut ausgearbeitet und zeigt die notwendigen Schritte auf, die gemacht werden müssen. Ein wirklich solides Stück Arbeit, Gratulation!

Ich möchte mich aus aktuellem Anlass in der Kürze der Zeit auf TIM beschränken, den Hilfsfonds für die Palästinenser. Der Berichtsentwurf macht deutlich, dass der Kommissarin hier ein wirkliches Glanzstück gelungen ist. Dafür gratuliere ich Ihnen, Frau Kommissarin, denn die EU war gezwungen, die Hilfszahlungen an die palästinensische Autonomiebehörde komplett einzustellen. Es gab für uns keine andere Wahl. Wir können Terroristen nicht unterstützen. Wir haben es in der Vergangenheit nicht getan, und wir sollten es auch in Zukunft nicht tun. Individuelles Leid muss aber stets dort bekämpft werden, wo es auftritt. Die Europäische Union hat mit TIM eine Lösung gefunden, die den hohen moralischen Ansprüchen der Europäer an die Auszahlung von Hilfsgeldern gerecht wird.

In diesem Zusammenhang glaube ich, dass Kritik an kleineren Abrechnungsfehlern und Ungenauigkeiten zur Kenntnis genommen werden muss, aber bitte nicht in den Mittelpunkt gerückt werden darf. Es handelt sich immerhin um ein Projekt, das ein bisschen mit heißer Nadel gestrickt wurde. Wir wissen alle, dass wir dabei unter gewissen Zwängen standen. Nicht einverstanden bin ich mit der unterschwelligen Kritik an der israelischen Strategie, Steuerzahlungen zunächst einzubehalten. Wir können den Israelis nicht vorwerfen, dass sie den Terroristen das Geld nicht auch noch nachgetragen haben, deswegen sollten wir es dabei belassen. Darüber hinaus haben die aktuellen Entwicklungen gezeigt, dass es richtig war, ein Faustpfand zu behalten, das nun Präsident Abbas und den moderaten Kräften doppelt zugute kommen kann. In diesem Zusammenhang möchte ich auch die Entscheidung Israels loben, den Grenzübergang Erez aus humanitären Gründen geöffnet zu haben, und so den vor der Hamas flüchtenden Palästinensern direkt zu helfen.

Abschließend möchte ich mich bei den Helfern vor Ort bedanken, denn die Hilfe muss von Menschen vor Ort erbracht werden. Das Europäische Parlament ist dankbar für den von ihnen geleisteten humanitären Einsatz. Das ist nicht leicht. Ihnen gilt unser herzlicher Dank.

 
  
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  Adamos Adamou, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(EL) Herr Präsident! Ich möchte Frau Κratsa-Tsagaropoulou zu der Art und Weise, wie sie diese schwierige Aufgabe gelöst hat, gratulieren, auch wenn ich bei einigen Punkten anderer Meinung bin.

Ich teile nicht die Ansicht von Herrn Chatzimarkakis; ich stelle mich gegen die Ansichten von Herrn Chatzimarkakis, und ich werde die Verantwortung herausstellen, die Sie, Frau Kommissarin, als Vertreterin der Europäischen Kommission für das Chaos tragen, das heute in Palästina herrscht. Sie tragen Verantwortung, weil Sie es nicht erlaubt haben, ein Verfahren anzuwenden, um einer Regierung mit dem Namen „Nationale Einheit“ Finanzmittel bereitzustellen. Darüber hinaus sind Sie allein verantwortlich für die derzeitige Lage, weil Sie in selektiver Weise und grundlos darauf bestanden haben, die institutionellen Kanäle und die gezielte Bereitstellung finanzieller Mittel für die Regierung der Nationalen Einheit zu umgehen, die die Vereinbarungen der PLO akzeptiert und folglich die Bedingungen des Quartetts erfüllt hatte. Und schließlich müssen wir uns von nun an im Klaren darüber sein, dass die Wiederaufnahme direkter finanzieller Beziehungen unter keinen Umständen von Bedingungen abhängen kann, die die Palästinenser spalten und Israels Expansionspolitik dienen.

Frau Kommissarin, ich möchte Sie bitten, Ihre Verantwortung zuzugeben und dementsprechend zu handeln.

 
  
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  Simon Busuttil (PPE-DE). – (MT) Danke, Herr Präsident. Ich möchte mich meinen Kollegen anschließen und Vizepräsidentin Kratsa zu ihrem äußerst interessanten Bericht beglückwünschen. Der Bericht ist gerade in dieser Zeit besonders wichtig und hilfreich, in der wir die Aufgabe haben, eine Botschaft der Hoffnung in einer völlig hoffnungslos erscheinenden Lage auszusenden. Dies ist die Herausforderung, vor der wir stehen, und unsere Antwort muss trotz allem lauten, dass wir unsere Bemühungen fortsetzen und Mut schöpfen müssen. Ich zweifle nicht, Frau Kommissarin, dass Sie gerade dies mit Ihrer Begeisterung tun und dass Sie weiterhin unser Hoffnungsträger in dieser schwierigen Lage sind.

Daher unterstützen wir die Initiativen, die Sie angenommen haben, wie den TIM-Mechanismus, von dem wir nun wissen, dass er verlängert wird. Sie haben unsere volle Unterstützung, weil wir wissen, dass dieser Mechanismus die grundlegenden Anforderungen erfüllt. Sie haben unsere Unterstützung auch, wenn es um die Fähigkeit geht, den palästinensischen Behörden direkte Hilfe zu leisten, denn es ist die Pflicht dieses Parlaments, sicherzustellen, dass das Geld in transparenter Weise ausgegeben wird.

Es ist zu bedauern, dass wir keine Zeit haben, über andere Aspekte des Mittelmeers zu sprechen, denn wir wissen, dass die MEDA-Mittel in anderen Ländern verwendet wurden, und zwar in einer lobenswerten Weise. Beispielsweise hat die Schnelligkeit, mit der das Geld in Ländern wie Marokko, Jordanien und Tunesien verwendet wurde, im Laufe der Zeit stark zugenommen.

 
  
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  Proinsias De Rossa (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte Frau Kratsa-Tsagaropoulou für einen wichtigen Bericht danken, in dem die ausgezeichnete Arbeit zum Ausdruck kommt, die von der Europäischen Union im Rahmen des MEDA-Programms geleistet wird. Ich habe allerdings einen Vorbehalt in Bezug auf Erwägung N, denn er widerspiegelt nicht die reale Situation nach der Bildung der Regierung der Nationalen Einheit. Meiner Meinung nach sollte hier eine Änderung vorgenommen werden, damit diese Erwägung besser den Tatsachen entspricht.

Meines Erachtens haben die Europäische Union und das Quartett nicht schnell bzw. pragmatisch genug auf die Bildung der Regierung der Nationalen Einheit durch die demokratisch gewählten Vertreter der Palästinenser reagiert. Meiner Meinung nach war dieses Versäumnis unsererseits der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Jetzt haben wir einen Staatsstreich im Gazastreifen, der die lang ersehnte friedliche Zukunft des palästinensischen Volkes bedroht. Ja, er ist zu verurteilen, doch jeder politische Neuling hätte eine solche Entwicklung vorhersagen können. Und viele von uns, die etwas in die Jahre gekommen sind, haben das im vergangenen Monat in diesem Hohen Hause ja auch getan.

Nach 40 Jahren brutaler Besetzung und ständiger Demütigung durch die israelischen Behörden in Verbindung mit der Weigerung der Welt, entsprechend ihrer eigenen demokratischen Normen zu handeln und die demokratische Wahl der Palästinenser anzuerkennen, ist es kaum verwunderlich, dass Palästina jetzt in eine solche Krise geraten ist. Aber selbst in diesem späten Stadium muss Europa versuchen, partnerschaftlich mit allen gewählten Vertretern des palästinensischen Volkes zusammenzuarbeiten, um das Vertrauen in die Politik, in Verhandlungen und in Wahlen wiederherzustellen.

Wir müssen alles in unseren Kräften Stehende tun, um Recht und Ordnung wiederherzustellen, denn das ist für das palästinensische Volk im Moment genauso wichtig wie humanitäre Hilfe.

 
  
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  Salvador Garriga Polledo (PPE-DE).(ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Die Europäische Union hat viel Zeit, Mühe und Haushaltshilfe für die Zusammenarbeit zwischen den Mittelmeerländern aufgewendet. Die Mittelbindung für die beiden MEDA-Programme beläuft sich auf mehr als 7 Milliarden Euro und über 600 Millionen Euro jährlich.

Unserer Meinung nach gehören die Aktionen im Rahmen von MEDA zu den größten Erfolgen der Europäischen Union und haben nicht nur zur wirtschaftlichen Entwicklung, sondern im entscheidenden Maße auch zur demokratischen Entwicklung und zum Schutz der Menschenrechte im gesamten Mittelmeerraum beigetragen.

Ich glaube, der größte Teil des Gesamtnetzwerks der Vereinigungen der Zivilgesellschaft in den Mittelmeerländern verdankt seine Existenz der Tätigkeit des MEDA-Programms. Deshalb sind wir überaus stolz darauf, dass die Ausführung dieses Programms in allen seinen Aspekten sehr gut ist.

Palästina war aus Haushaltssicht stets umstritten; es ist der Teil des MEDA-Programms, der die größten Schwierigkeiten verursacht. Die Direkthilfe für Palästina ist sehr schwer zu kontrollieren, wie einige Mitglieder sagten, sowohl im Hinblick auf ihre Bestimmung als auch auf ihre Anwendung. Ich möchte bemerken, dass wir in der letzten Legislaturperiode einen Untersuchungsausschuss zur Frage der direkten Haushaltshilfe hatten, dem auch ich angehörte. Seine Ergebnisse und Schlussfolgerungen führten zu einer Reihe von Lehren und Maßnahmen, die es unter anderem ermöglichten, diesen zeitweiligen Interventionsmechanismus zu schaffen.

Natürlich stehen wir heute vor einer Situation, in der die humanitäre und politische Realität alle Vorhersagen zur Haushaltshilfe überschreitet, die wir aus Sicht der Haushaltskontrolle anstellen konnten.

Deshalb teile ich die praktisch einmütige Auffassung dieses Parlaments, und wir stimmen voll und ganz mit diesem Beweis des Vertrauens in die palästinensische Regierung überein. Wir wissen, dass die direkte Haushaltshilfe sehr schwer zu kontrollieren ist, doch wir setzen ein Zeichen des Vertrauens, damit wir mit Hilfe aller in dieser Frage vorankommen.

 
  
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  Jamila Madeira (PSE).(PT) Herr Präsident! Das Programm MEDA hat, obwohl es ein recht neues Instrument ist, positive Ergebnisse vor Ort, auf der anderen Seite des Mittelmeers, gebracht. Es ist aber noch eine Wegstrecke zurückzulegen, ehe wirkliche Effizienz erreicht ist und das Programm von den Menschen, die direkt oder indirekt von ihm profitieren, anerkannt wird.

Nachdem ich mich von dem, was mit dem Programm MEDA im Gazastreifen und im Westjordanland erreicht worden ist, selbst überzeugen konnte, stelle ich mich hinter viele der von Frau Kratsa in diesem Bericht dargelegten Empfehlungen, und deshalb möchte ich sie beglückwünschen. Ich stimme ihr zu, dass es notwendig ist, die Hilfen und Maßnahmen auf spezifische Gebiete zu konzentrieren. Vielleicht müssen wir sie jedoch auf weitere Gebiete ausweiten, die sich kurzfristig ohne große Investitionen als nützlich erweisen werden, wie das bei den Mikrokrediten der Fall ist.

Wir befinden uns in einer Phase des Wandels in Palästina. Das muss ein Zeichen für die kurzfristige Wiederaufnahme der internationalen Finanzhilfe und dafür, dass Israel letztlich die illegale Zurückhaltung der Zolleinnahmen eines Volkes und einer Regierung beendet, denen buchstäblich die Luft zum Leben fehlt – ohne Lebensmittel, ohne Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit und ohne ein Morgen, für das es zu kämpfen lohnt.

Salam Fayyad hat nachgewiesen, dass er politisch kompetent und verantwortungsbewusst handelt. Wir als Europäische Union müssen den Palästinensern Mittel bereitstellen, und zwar sowohl in Form der Finanzhilfen, die wir in die Gebiete fließen lassen, als auch in Form unseres Engagements für die Aufhebung der Absperrung des Westjordanlands, durch die der freie Verkehr von Personen, Waren und Dienstleistungen zum Erliegen kommt – jeglicher Multiplikatoreffekt dieser Hilfe wird durch die Absperrmaßnahmen wieder zunichte gemacht.

Für all dies brauchen wir eine aktive, keine reaktive Europäische Union.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Präsident, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich nochmals ausdrücklich bei der Berichterstatterin, aber auch bei Ihnen, für die Debatte und Ihre Beiträge, die ja deutlich gemacht haben, dass es wichtig war, vor über zehn Jahren den Barcelona-Prozess einzuleiten und hierfür eine Politik zu gestalten. Das war auch ein Versuch, neue Instrumente zu finden.

Einige von Ihnen haben deutlich gemacht, dass dieses Programm auch dazu gedient hat, zur politischen Verbesserung und zur Infrastrukturverbesserung in diesen Ländern beizutragen. Wenn man bestimmte Länder am südlichen Rand des Mittelmeers betrachtet, wird man leider feststellen, dass manche Ziele noch nicht erreicht worden sind. Einige von Ihnen haben darauf hingewiesen, dass hier mehr Effizienz notwendig ist. Mit der Fortsetzung des europäischen Nachbarschaftsinstruments wird aber ein wichtiger Beitrag geleistet, um diesen euro-mediterranen Dialog abzusichern.

Ich möchte nochmals auf die besondere Situation der Palästinenser eingehen. Es wurde bereits mehrfach deutlich gemacht, und die Kommissarin wurde zu Recht dafür gelobt, dass sie in dieser schwierigen Situation einen Weg gefunden hat. Es ist auch wichtig zu sagen, dass wir helfen müssen. Aber wenn wir helfen – und manchmal wäre es pragmatisch –, darf dann nicht nach drei Monaten plötzlich Kritik an dem Verfahren laut werden. Aber ich glaube, Frau Kommissarin, es ist ein Weg gefunden worden, um in der Tat in der aktuellen Situation zu helfen.

Ich habe es bereits gestern im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten gesagt, dass man schon ein bisschen differenzieren muss, was Ursache und was Wirkung war. Die Europäische Union hat immer wieder gesagt, wie sie den Prozess im Nahen und Mittleren Osten unterstützen will. Aber sie hat auch hinsichtlich der Anerkennung der Regierung nach Wahlen gesagt, dass bestimmte Kriterien erfüllt sein müssen, nämlich der Verzicht auf Gewalt, die Einhaltung der Roadmap, auch die Akzeptanz des Staates Israel, also vorher festgelegte Bereiche. Das ist wichtig zu wissen. Wir haben ja auch Entsprechendes geleistet. Ich würde nicht immer alle Schuld auf unzureichende Anerkennung von Regierungen bzw. auf unzureichende Mittel schieben.

Die Europäische Union hat sich zuletzt im Rat der Außenminister dafür eingesetzt und auch erreicht, dass Israel jetzt eine wichtige Zusage gemacht hat, nämlich die eingefrorenen Mittel freizugeben. Sicherlich geschah dies auch in Verhandlungen mit den Palästinensern. Hier wird man – das hat die Kommissarin in der Debatte mit den Außenministern am vergangenen Montag deutlich gemacht – zu sehr schnellen Ergebnissen kommen, weil es wichtig ist, die Hilfe sowohl im Westjordanland als auch im Gazastreifen zu leisten.

 
  
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  Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Es ist durchaus wichtig anzuerkennen, dass zwischen MEDA und der neuen Nachbarschaftspolitik ein wichtiger Zusammenhang besteht. Es stimmt, wir haben allerhand erreicht: Die Mittelmeerländer arbeiten jetzt mit uns zusammen. Zum ersten Mal, und nicht nur auf multilateraler, sondern auch auf bilateraler Ebene, das heißt, nicht nur im Rahmen des Mittelmeer- und Barcelona-Programms, sondern auch bilateral im Nachbarschaftsprogramm.

Bei dem Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument handelt es sich um eine spezielle Maßnahme, die im Hinblick auf Programmierung und Umsetzung auf MEDA aufbaut. Allerdings haben wir uns bemüht, das Instrument etwas stärker zu konzentrieren und zu konkretisieren, um seine Wirksamkeit zu erhöhen.

Zu ECHO möchte ich sagen: Herr Michel, der für ECHO zuständig ist, hat alles Mögliche getan: 60 Millionen aus ECHO-Mitteln wurden in diesem Jahr den Palästinensern bereits über UN-Organisationen und NRO zur Verfügung gestellt.

Gestatten Sie mir einige kurze Bemerkungen zu OLAF. Wie Ihnen bekannt ist, erklärte der Generaldirektor, dass er sich an die verschiedenen Regeln und Verordnungen von OLAF halten muss. Gleichzeitig hat er jedoch eine Zusammenfassung der wichtigsten Schlussfolgerungen – etwa zehn Seiten – in einem Sonderbericht dem Haushaltskontrollausschuss vorgelegt. Ferner bot er an, vor dem Ausschuss zu erscheinen, um in einer geschlossenen Sitzung Fragen zu beantworten. Ich möchte jedoch klar stellen, dass dies lediglich Gelder für die Jahre 2001-2003 betrifft, nicht aber den letzten Zeitraum.

Ich möchte nun zu der schwierigen Frage Palästina und dem Einsatz unserer Finanzmittel dort zurückkommen. Erstens ist Ihnen bekannt, dass es sich hier um eine Politik der Europäischen Union, nicht nur um eine Politik der Kommission handelt. Somit waren es die Mitgliedstaaten insgesamt, die diese Politik beschlossen haben. Wir haben dann versucht, diese nach Kräften zu unterstützen. Als die Regierung der Nationalen Einheit gebildet wurde, haben wir nicht lange gezögert. Ich hatte mein erstes Treffen mit Salam Fayyad in der darauf folgenden Woche. Ich war mit ihm bereits zusammengetroffen, bevor er Regierungschef wurde, und wir haben nach Möglichkeiten gesucht, was getan werden kann. Er war es, der gesagt hat, dass wir uns Zeit lassen sollen: Sie haben den vorläufigen internationalen Mechanismus, dann nutzen Sie ihn auch weiterhin. Ich bin jedoch verpflichtet, dem Finanzministerium, dem zentralen Konto, einen Auftrag zu erteilen. Dann eröffnete er ein spezielles PLO-Konto, doch war das niemals das von uns genutzte Konto. Das war vor allem für Gelder aus den arabischen Ländern vorgesehen, vielleicht auch für Geld aus Israel, das im Endeffekt jedoch nicht gekommen ist.

Es steht also außer Zweifel, dass es sich um eine EU-Politik handelte. Jetzt haben wir eine neue Situation, auf die wir sofort reagiert haben. Und das hat auch das Quartett getan. Ich habe nur erklärt, was im Zusammenhang mit dieser Politik getan werden kann.

Der Abgeordneten, die Mikrokredite erwähnte, möchte ich sagen, dass wir der Wirtschaft helfen wollen, wieder auf die Beine zu kommen. Aus diesem Grund begleichen wir Zahlungsrückstände an Unternehmer von den 22 Millionen Euro aus einem Reserveprogramm. Das geschieht noch nicht lange, und wir haben das jetzt aktiviert, so dass wir auch eine gute Finanzkontrolle darüber haben.

Insgesamt haben wir das in unserer Macht Stehende getan und haben dabei jederzeit berücksichtigt, dass das palästinensische Volk nicht leidet. Wir versuchen zumindest, sie zu unterstützen.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag, dem 21. Juni 2007, statt.

 

12. Jugenddelinquenz: die Rolle der Frau, der Familie und der Gesellschaft (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Katerina Batzeli im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter über Jugenddelinquenz: die Rolle der Frau, der Familie und der Gesellschaft (2007/2011(INI)) (A6-0212/2007).

 
  
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  Katerina Batzeli (PSE), Berichterstatterin. (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Das Europäische Parlament öffnet heute die Akte der Jugenddelinquenz, eine Akte, die ständig anschwillt mit ungelösten Fällen, mit jugendlichen Straftätern und Opfern, in einer Gesellschaft, die besorgt ist, aber oft stigmatisiert und zersplittert reagiert, indem sie diese Jugendlichen als schlechtes Omen unserer Zeit betrachtet und ihre Bestrafung als Exempel fordert oder Gleichgültigkeit gegenüber ihrem Schicksal bekundet oder aber indem sie die Ursachen und die Bedeutung der Wiedereingliederung dieser Jugendlichen in die Gesellschaft herausstreicht.

Es ist außerordentlich schwer, die genauen Gründe für straffälliges Verhalten eines Jugendlichen zu ermitteln, weil das konkrete Verhalten eines Jugendlichen sich im Kontext des vielschichtigen Prozesses der Sozialisierung oder im Rahmen entsprechender sozialer Kontrolle herausbildet. Dennoch ist es möglich, zwei sichere Feststellungen zu treffen. Erstens: Die Straffälligkeit von Jugendlichen kann unter keinen Umständen als Krankheit bezeichnet werden, die auf physische, intellektuelle oder geistige Abnormitäten zurückzuführen ist. Zweitens: Um das Verhalten Jugendlicher – ob straffällig geworden oder nicht – analysieren zu können, müssen wir zunächst das Umfeld, in dem sie sich entwickelt haben, untersuchen, nämlich Familie, Schule und Freunde – also das ganze soziale Umfeld. Darüber hinaus jedoch gibt es in unserer heutigen Zeit auch externe Faktoren in ihrem Leben, wie die Massenmedien, moderne Technologien und besonders das Internet, die eigentlich mehr in die Welt der Erwachsenen gehören und auf die viele Jugendliche mit Aggressivität reagieren.

Sinn und Zweck unseres Berichts ist nicht so sehr, in die nationalen Gerichte und Strafrechtssysteme einzugreifen, da unser Ausschuss in diesem Bereich über keinerlei Kompetenz verfügt und die Rolle des Europäischen Parlaments hier sehr begrenzt ist. Unser Ziel besteht darin, die besten Verfahren auf nationaler Ebene herauszustellen, den Austausch von Informationen und Erfahrungen zu stärken, die zuständigen Stellen zu vernetzen und ihnen institutionelle, organisatorische und finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen. Die in den einzelnen Mitgliedstaaten gewonnenen Erfahrungen sind für die anderen Mitgliedstaaten ein wichtiger Indikator dafür, dass innovative und alternative Methoden wirksamer funktionieren können als die traditionelle Praxis, straffällig gewordene Jugendliche hinter Schloss und Riegel zu bringen und sie wie Verbrecher zu behandeln.

Auf nationaler und europäischer Ebene bedarf es einer integrierten Strategie mit Maßnahmen, die auf drei Grundpfeilern fußen: präventive Mechanismen, Mechanismen der sozialen Einbindung der Jugendlichen sowie außergerichtliche und gerichtliche Maßnahmen der Intervention. Bei der Konzipierung und Umsetzung einer integrierten nationalen und gemeinschaftlichen Politik kommt es in entscheidendem Maße darauf an, die unmittelbare soziale Beteiligung aller entsprechenden Stellen zu sichern – der regionalen und lokalen Behörden, der Bildungseinrichtungen, der Familien, der Nichtregierungsorganisationen und der Medien. Wie in den einzelnen Abschnitten des Berichts genauer ausgeführt, muss die Europäische Kommission folgende unmittelbare Prioritäten setzen:

Erstens muss sie eine Europäische Beobachtungsstelle für Jugendkriminalität auf der Grundlage nationaler Beobachtungsstellen einrichten.

Zweitens muss eine europäische Telefon-Hotline für Kinder eingerichtet werden.

Drittens müssen Grundlagenstrategien vorgelegt werden, die zum einen direkt auf die Verbreitung von Informationen und die Förderung der Einbindung von Präventionsmaßnahmen in vorhandene Gemeinschaftsprogramme ausgerichtet sind und zum anderen die Veröffentlichung einer Studie in Zusammenarbeit mit einem Netzwerk nationaler Sachverständiger beinhalten, die dann zu einer Mitteilung der Kommission und zur Ausarbeitung eines integrierten Rahmenprogramms zur Bekämpfung von Jugendkriminalität führt, finanziert über eine neue Haushaltslinie im Gemeinschaftshaushalt.

Zu den Basismaßnahmen im Programm könnten folgende Aktionen gehören: Verbreitung der besten Präventionspraktiken, Ermittlung und Analyse entwickelter Systeme für die Behandlung von jugendlichen Straftätern wie z. B. des Ansatzes der „Restorative Justice“ (beruhend auf der Wiedergutmachung verursachter Schäden), Entwicklung eines europäischen Modells für die Integration und die soziale Betreuung von Jugendlichen und jugendlichen Straftätern und vor allem die Verknüpfung der verantwortlichen Dienststellen auf lokaler und regionaler Ebene zu einem Netzwerk.

Herr Kommissar, ausgehend von der politischen Beachtung, die Sie den Rechten der Kinder einräumen, und den dazu von Ihnen geäußerten Vorschlägen wäre es sinnvoll, wenn Sie dieses Anliegen des Europäischen Parlaments mit in einen europäischen Plan für die Jugend aufnehmen. Es heißt, die so genannten bösen Kinder sind häufig auch verzweifelte Kinder. Geben wir ihnen doch das Lachen zurück.

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich begrüße diesen Bericht und unterstütze die wichtigsten Empfehlungen der Berichterstatterin, Frau Batzeli. In der Tat ist die Jugendkriminalität eine der Herausforderungen, denen wir uns in unseren modernen Gesellschaften stellen müssen. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen. Eine jüngst vom Europäischen Netz für Kriminalprävention durchgeführte Studie zum Thema Schikanen an Schulen hat gezeigt, dass Schikanen an Schulen in Europa ein großes Problem darstellen, und dass in einem Schulhalbjahr jeder siebente bis jeder dritte Schüler davon betroffen bzw. daran beteiligt ist.

Als einen ersten Schritt müssen wir unser Wissen über dieses Phänomen erweitern, indem wir entsprechende Daten zusammentragen. Die auf nationaler Ebene erhobenen Statistiken lassen sich nicht so leicht miteinander vergleichen, weil die Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten Unterschiede aufweisen und es bei der Erhebung der offiziellen Kriminalitätsstatistiken unterschiedliche Ansätze gibt. Das Europäische Netz für Kriminalprävention hat in den vergangenen fünf Jahren große Anstrengungen unternommen, um die Qualität und Vergleichbarkeit der Kriminalitätsstatistiken der Mitgliedstaaten zu verbessern. Darüber hinaus ist die Website des Netzwerkes zu einem effektiven Medium geworden, das Informationen über die Präventionspolitik der Mitgliedstaaten sowohl für Fachleute als auch für die Öffentlichkeit bereitstellt.

Zudem wird sich der Fünfjahres-Aktionsplan zum Aufbau einer Statistik, den die Kommission im August des vergangenen Jahres angenommen hatte, auch der quantitativen Erfassung von Jugendkriminalität und der Jugendstrafjustiz widmen, um uns auf europäischer Ebene eine breitere Sicht auf dieses Problem zu ermöglichen. Infolgedessen werden wir besser in der Lage sein, unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Arbeit von internationalen Organisationen den Bedarf an politischen Maßnahmen zu ermitteln und entsprechende Indikatoren zu entwickeln, und wir werden möglicherweise in der Lage sein, auf europäischer Ebene eine Strategie zur Prävention von Jugendkriminalität zu entwickeln.

Der Prävention kommt in diesem Bereich ganz klar eine entscheidende Rolle zu, und ich teile die Ansicht der Berichterstatterin, dass es zur Lösung des Problems nicht ausreicht, nur repressive Maßnahmen zu ergreifen. Wir müssen auf einer interdisziplinären und multi-institutionellen Basis operieren. Insbesondere spielen solche Politikfelder wie Raumplanung, sozialer Wohnungsbau, soziale Eingliederung, allgemeine und berufliche Bildung, Maßnahmen gegen Diskriminierung und Rassismus und die Integration von Migranten eine wichtige Rolle bei der Kriminalprävention, insbesondere im Bereich der Jugendkriminalität.

Darüber hinaus beweist die Erfahrung solcher Netzwerke, die sich der Prävention von Jugendkriminalität und städtischer Kriminalität widmen, dass alle sozialen Aktivitäten zur Verbesserung des Umfelds, wie Arbeiten an öffentlichen Flächen, die Sanierung von Plätzen, Beleuchtung, Straßenreinigung, Wohnungspolitik, die Bereitstellung von Einrichtungen und soziale Aktionen zu einer aktiven und anhaltenden Prävention von Jugendkriminalität beitragen.

Kriminalprävention muss außerdem einen wirksamen Beitrag zur Sicherheitspolitik der Gemeinschaft leisten, die darauf abzielt, die Entstehung von Kriminalitätsrisiken zu verhindern, insbesondere durch die Förderung einer gesunden und fürsorglichen Gesellschaft, die jungen Menschen das notwendige soziale Umfeld bietet, in dem sie ein Identitätsgefühl entwickeln, sich integrieren und ein sinnvolles Leben führen können. Uns muss klar sein, dass die Mitgliedstaaten und die örtlichen Behörden die Hauptverantwortung für eine effektive Umsetzung der Kriminalpräventionspolitik tragen. Das gilt ganz besonders für die Jugendkriminalität, die normalerweise auf lokaler Ebene verübt wird. Die örtlichen Behörden tragen daher die Hauptverantwortung für die Lösung des Problems und sollten im Idealfall von den nationalen Behörden unterstützt werden.

Zusammenarbeit und unterstützende Maßnahmen auf europäischer Ebene können zwar eine wichtige Rolle spielen, ersetzen jedoch die nationalen Politiken der Mitgliedstaaten nicht. Ich habe bereits auf die wichtige Arbeit hingewiesen, die das Europäische Netz für Kriminalprävention beim Zusammentragen von Informationen und bei der Ermöglichung des Informationsaustausches leistet. Doch das Netz spielt auch beim Austausch von Erfahrungen und bewährten Verfahren in Bezug auf effektive Präventionspolitiken zwischen den Mitgliedstaaten eine bedeutende Rolle. Darüber hinaus läuft seit vorigem Jahr sowohl in allen Mitgliedstaaten der EU als auch in den Beitritts- und Bewerberländern eine umfassende vergleichende Studie zum Thema Jugendkriminalität, die Ende dieses Jahres abgeschlossen werden soll. Ich werde Ihnen diese Studie selbstverständlich zur Verfügung stellen. Solche Studien werden eine solide Basis für künftige Entwicklungen in der gemeinschaftlichen Politik in diesem Bereich darstellen.

In den vergangenen Jahren wurden politische Initiativen im Bereich der Kriminalprävention durch beträchtliche finanzielle Zuschüsse aus verschiedenen gemeinschaftlichen Programmen gefördert. Im Rahmen der Programme Hippokrates und AGIS hat die Kommission in den vergangenen fünf Jahren in Bereichen wie der Schaffung eines sicheren städtischen Umfelds, dem Austausch von bewährten Verfahren im Bereich der Jugendkriminalität und der städtischen Kriminalität und der Entwicklung guter Verfahren für das Jugendgerichtswesen über 120 transnationale Projekte kofinanziert.

Da es notwendig ist, der unter Kindern und Jugendlichen herrschenden Gewalt einschließlich Schikanen an Schulen mit entschiedenen Maßnahmen entgegenzuwirken, hat die Kommission im Rahmen des Programms DAPHNE II, dem DAPHNE III folgen wird, zusätzlich verschiedene Projekte im Zusammenhang mit Gewalt und Schikanen unter Gleichaltrigen finanziert und wird dies auch weiterhin tun. Das Thema Schikanen an Schulen ist, wie bereits erwähnt, in den letzten Jahren immer stärker in den Mittelpunkt gerückt, und es gibt in diesem Bereich einige interessante Projekte. Die neue Generation der im Rahmen der neuen Finanziellen Vorausschau für die Bereiche Recht, Freiheit und Sicherheit eingerichteten Finanzprogramme, insbesondere das Programm „Prävention und Bekämpfung von Kriminalität“, wird zusammen mit Daphne III nationale und transnationale Projekte in diesem Bereich umfassend finanziell unterstützen.

Diese werden im gleichen Zeitraum, also 2007-2013, durch eine zusätzliche und umfassende Finanzierung in den Bereichen Bildung und Ausbildung, Jugend, Kultur und Bürgerrechte ergänzt. Ich bin mir sicher, dass Sie mit dem neuen Programm „Jugend in Aktion“ vertraut sind. Wie ich bereits erwähnte, ist Bildung einer der Schlüssel zur Prävention von Jugendkriminalität. Deshalb leisten diese Programme einen weiteren wichtigen Beitrag zu langfristigen präventiven Maßnahmen.

 
  
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  Esther Herranz García, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(ES) Herr Präsident, Herr Kommissar! Zunächst möchte ich die Arbeit des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter würdigen. Mein Dank gilt auch den Experten, die zu unserer öffentlichen Anhörung kamen, denn ihre Beiträge haben uns ein äußerst wertvolles Wissen zu der Frage vermittelt, wie die Jugendkriminalität in Europa bekämpft werden kann. Ich möchte auch Frau Batzeli zu diesem Bericht und den verehrten Abgeordneten zu ihrem Engagement und ihrer Arbeit gratulieren.

Allerdings ist das Anwachsen der Jugendkriminalität in Europa ein Phänomen, das wir nicht ignorieren dürfen. Die minderjährigen Straftäter werden immer jünger, was außerordentlich beunruhigend ist. Deshalb muss das Europäische Parlament die Mitgliedstaaten aufrufen, ihre Erfahrungen auszutauschen und Lösungen zur Eindämmung dieses Phänomens zu suchen.

Dafür ist nicht nur eine kohärente und wirksame Strategie wichtig, sondern auch die Beachtung der spezifischen Rolle der Familie, der Lehrer und der Gesellschaft insgesamt bei der Herausbildung von Wertvorstellungen unter den Jugendlichen. Ich möchte besonders die Rolle hervorheben, die wir Politiker in diesem Bereich spielen müssen, und daher begrüße ich die in La Rioja ergriffene Initiative, wo das Amt eines außerschulischen Koordinators geschaffen wurde. Hier handelt es sich um eine Person, die im engen Kontakt mit den Jugendlichen steht, mit ihnen gemeinsam die Freizeit außerhalb der Schule verbringt und ihre Entwicklung und soziale Integration fördert. Jetzt können wir diese Initiative durch ehrgeizigere Programme verstärken, wie solche, die der Kommissar erläutert hat.

Doch wenn wir von jugendlicher Gewalt sprechen, dürfen wir die soziale Realität nicht vergessen. Meine Damen und Herren, am 17. Mai 2003 wurde Sandra Palo, eine junge, geistig behinderte Spanierin, 22 Jahre alt, von vier Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren entführt, vergewaltigt, mehrmals überfahren und lebendig verbrannt. Nach vier Jahren in einer Jugendhaftanstalt wird einer der Täter demnächst freigelassen.

Meine Damen und Herren, Freiheit bringt Verantwortung mit sich, und unsere Gesellschaften, die frei sind, müssen Verantwortung übernehmen. Wenn wir verhindern wollen, dass sich Fälle wie der von Sandra Palo wiederholen, müssen wir jede Botschaft vermeiden, die unter den minderjährigen Jugendlichen das Gefühl weckt, straffrei zu bleiben, und wirksame Maßnahmen ergreifen, um das Vertrauen der Bürger in das System wiederherzustellen.

 
  
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  Lissy Gröner, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte vor allen Dingen Frau Batzeli für diesen Initiativbericht der Sozialdemokratischen Fraktion danken. Sie hat sich sehr gefreut, dass wir heute diesen bunten und sehr umfangreichen Vorschlag an Maßnahmen gegen die Jugendkriminalität bekommen haben. In erster Linie liegt natürlich die Umsetzung bei den Mitgliedsstaaten, aber auch wir in der Europäischen Union tragen Verantwortung, dem wachsenden Phänomen zu begegnen. Der Herr Kommissar hat ja auch die Strategie für die Rechte der Kinder vorgelegt. Das ist sicher ein weiterer Beitrag in die Richtung, gemeinsam etwas zu entwickeln. Wir dürfen nicht abwarten, bis wieder die Vorstädte brennen, um dann erst etwas zu unternehmen.

Wir müssen vor allen Dingen auch einen integrativen Ansatz haben, um die sozialen Probleme zu lösen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Jugendarbeitslosigkeit abgebaut wird, die Armut unter den Jugendlichen abgebaut wird und soziale Schieflagen behoben werden. Wir haben natürlich auch die Strukturfonds, die wir weiter nutzen können; da haben die Mitgliedsländer viele Möglichkeiten. Herr Kommissar, Sie haben das sehr deutlich gemacht – das DAPHNE-Programm bietet eine Fülle von wirklich guten Möglichkeiten, wie wir grenzüberschreitend dem Gewaltphänomen begegnen können und das Programm „Jugend in Aktion“ bietet solche positiven Maßnahmen.

Ich glaube aber, dass die Mitgliedsstaaten in noch viel größerem Umfang eine effiziente psychosoziale Betreuung von Problemfamilien anbieten müssen. Wir müssen die Rolle der Schule stärken im Kampf gegen Gewalt und Jugendkriminalität. Da sind wir in der Verantwortung, mit unserem Programm „Lebenslanges Lernen“ zu helfen. Ich glaube, dass die Medienverantwortung noch stärker betont werden muss. Auch hier gibt es eine Verantwortung, die Gewaltszenen zurückzufahren. Ein Verbot von Gewaltvideos und Gewaltspielen für junge Menschen halte ich für erforderlich.

Ich möchte mich beim Herrn Kommissar bedanken. Mit der Telefonhotline für Kinder und Jugendliche leisten wir einen wichtigen Beitrag, um Unterstützung zu leisten und den Jugendlichen Gehör zu verschaffen.

 
  
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  Marios Matsakis, im Namen der ALDE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Ich möchte der Berichterstatterin zu ihrem ausgezeichneten Bericht über dieses äußerst wichtige Thema, das das Leben aller Bürgerinnen und Bürger direkt oder indirekt beeinflusst, gratulieren.

Aus zahlreichen Studien wissen wir, dass die Jugendkriminalität in Europa auf dem Vormarsch ist. Hierbei handelt es sich um ein sehr deprimierendes und Besorgnis erregendes Phänomen der heutigen Zeit, das die Zukunft unserer Gesellschaft ernsthaft bedroht. Es muss etwas getan werden, um diesen Trend aufzuhalten und ihn, wenn möglich, sogar umzukehren.

Frau Batzeli hat sich mit dem Problem im Detail beschäftigt und dabei Bereiche der Ätiologie, Prävention und Bekämpfung von Kriminalität abgedeckt. Ich halte den präventiven Ansatz für besonders wichtig, und in diesem Zusammenhang spielen Mutter, Vater, die Familie im Allgemeinen, die Schule und die Gesellschaft eine extrem wichtige Rolle. Ich möchte an dieser Stelle zu Protokoll geben, dass meiner Ansicht nach in diesem Zusammenhang nicht die Rolle der Frau, sondern der Mutter relevant ist. Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass der Vater eine genauso wichtige Rolle spielt und daher vielleicht in die Überschrift des Berichts mit aufgenommen werden sollte.

Ich muss auch mit Bedauern feststellen, dass dieser Bericht auf Ausschussebene nur von Frauen angenommen wurde, wenn ich da richtig informiert bin, und Sie können mich gerne korrigieren, aber meines Wissens besteht dieser Ausschuss nur aus Frauen. Mir ist nicht so ganz klar, warum das in institutioneller und praktischer Hinsicht so ist. Nichtsdestoweniger hätte ich von den Ausführungen des Ausschusses in diesem Bericht einen größeren Beitrag von Männern erwartet. Warum dem nicht so ist, weiß ich nicht.

Es scheint, dass die Jugendkriminalität – zumindest bis zu einem gewissen Grad – ein Nebeneffekt des so genannten modernen Lifestyles und der an die Eltern gestellten Anforderungen ist, die aus ihren komplexen sozioökonomischen Bedürfnissen erwachsen. Vielleicht haben wir Eltern durch unseren Hunger nach Wohlstand und Karriere, der in den meisten Fällen nur gestillt werden kann, wenn sowohl Vater als auch Mutter viele – zu viele – Stunden am Tag außer Haus sind, unseren Kindern eine niedrigere Priorität eingeräumt.

Aus Anlass der gegenwärtigen Diskussion über diesen Bericht wäre es vielleicht klug, die Eltern dazu zu bewegen, für ein zwei Augenblicke in sich zu gehen und genau darüber nachzudenken, was in ihrem Leben die Hauptrolle spielt – ein höheres Einkommen oder mehr Zeit für ihre Kinder. Die Eltern kennen die Antwort.

 
  
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  Zdzisław Zbigniew Podkański, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Jugenddelinquenz ist eine Massenerscheinung, die leider zunimmt. Das bringt uns zu folgenden Fragen: Warum ist das so? Was ist falsch gelaufen? Welche Methoden und Modelle sollten wir bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität einsetzen?

Die einen wollen, dass wir gänzlich auf restriktive Methoden verzichten und uns auf Präventivmaßnahmen und die Förderung der sozialen Solidarität konzentrieren. Andere wieder fordern, die Rolle der Familie und der Schulen zu stärken. Es gibt aber auch extreme Forderungen nach der Isolierung jugendlicher Straftäter.

Bedauerlicherweise werden in allgemeinen Analysen und Konzepten die Hauptursachen für Fehler in der Erziehung oft nicht aufgezeigt. Dazu gehören neben der Globalisierung, durch die sich die wirtschaftliche Lage der Familien verschlechtert, die massenhafte Erwerbsmigration und die Auflösung der Familienbindungen sowie der fehlende Kontakt zwischen Kindern und Eltern, die für die Erziehung der Kinder überaus wichtig sind.

Zweitens werden die jungen Menschen durch die massenweise Verbreitung unethischer und unmoralischer Inhalte, die Aggression und Gewalt fördern, verdorben. Die Zusammenarbeit zwischen Eltern, Sozial- und Erziehungseinrichtungen und Schulen funktioniert nicht mehr richtig. Es wird mit kulturellen Traditionen gebrochen, und die Rolle der Kirche bei der Erziehung der jungen Menschen ist geschwächt. Es gibt keine Vorschläge zu positiven Alternativen.

Allem Anschein nach hat das Rascheln der Geldscheine die Herzen und Köpfe der Reichen und Mächtigen unempfindlich gemacht. Geld ist heutzutage wichtiger als Menschlichkeit. Es hat über den Humanismus und den Glauben an das Allgemeinwohl obsiegt.

 
  
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  Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Vielen Dank an die Berichterstatterin. Wir wissen, es ist ein wichtiger Schritt, dass die Jugendkriminalität endlich auf die EU-Agenda gesetzt worden ist und durch ein Gemeinschaftsrahmenprogramm auch wirklich ein positives Signal ausgeht.

Es ist richtig, dass wir Prävention ins Werk setzen müssen, damit Kinder und Jugendliche erst gar nicht gewalttätig werden und damit soziale Brennpunkte erst gar nicht entstehen. Ich finde es jedoch bedauerlich, dass hier so viele mit dem Kopf nicken, wenn behauptet wird, die Berufstätigkeit der Eltern sei schuld daran, während sie gleichzeitig tatenlos zusehen oder dazu beitragen, dass Einrichtungen für Jugendliche und Kinder geschlossen werden, die Kinder quasi auf die Straße geschickt werden und ihnen diese aktiven Angebote von der Gesellschaft verwehrt werden.

Ein zentrales Thema halte ich für sehr wichtig, nämlich die Gewalt in den Medien. Ich fand es bedauerlich, Kommissar Frattini, dass Sie so wenig darüber geredet haben und dass auch in Ihrem Kinderschutzbericht so wenig davon gesprochen wird. Wir wissen, dass Kinder bereits sehr früh mit Horror-, Porno- und Gewaltdarstellungen konfrontiert werden. In Deutschland sitzen um 22 Uhr noch 800 000 Kinder vor dem Fernseher, in den USA – so wissen wir – hat ein Jugendlicher mit 18 Jahren schon über 200 000 Gewaltszenen gesehen. Das macht deutlich, wie wichtig es ist, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen. Killerspiele, entweder auf Handy oder real gespielt, die Tötungshandlungen durch Simulation trainieren, schaffen einen Verlust von Empathie bei Jugendlichen. Hier hätte ich mir gewünscht, dass die Kommission etwas mehr tut.

Wir werden auch zum Kinderrechtsbericht noch Änderungsanträge vorlegen. Dort ist ein Verbot gefordert. Die Mitgliedstaaten müssen viel intensiver prüfen, ob der Jugendschutz im Bereich Medien nicht verbessert werden muss. Wir dürfen hier nicht wegsehen, nichts verniedlichen und nichts schönreden.

 
  
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  Ilda Figueiredo, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Herr Präsident! Man kann nicht über Jugenddelinquenz sprechen ohne ihre tiefer gehenden Ursachen zu untersuchen. Denn worauf wir unsere Aufmerksamkeit lenken müssen, sind schließlich die unbedingt erforderlichen Maßnahmen im Bereich der Prävention.

Die Hauptursache für dieses Problem – und das sollten wir nicht vergessen – liegt in der immer weiteren Durchsetzung der neoliberalen Politikansätze, die zur Verschärfung der sozialen und territorialen Ungleichheiten, zu Jugendarbeitslosigkeit – deren Nebenwirkungen viel größer sind als bei der sonstigen Arbeitslosigkeit –, zu dem hohen Niveau von Armut und sozialer Ausgrenzung aufgrund der niedrigen Gehälter und der Kürzung der Sozialleistungen geführt haben, ganz zu schweigen von der Schwächung der öffentlichen Dienstleistungen und den Folgen der prekären Beschäftigungsverhältnisse für das Leben der Familien und die Bildung der Kinder und Jugendlichen.

Deshalb brauchen wir eine völlige Abkehr von den Politiken, die überhaupt erst zu dieser Situation geführt haben. Wir müssen also Schluss machen mit diesen Strategien. Die Lebensbedingungen der Familien müssen verbessert werden, damit sie den Kindern und Jugendlichen mehr Aufmerksamkeit schenken können. Voraussetzung dafür ist, dass die Beschäftigten mehr Rechte haben, und auch bessere Löhne und kürzere Arbeitszeiten ohne Lohneinbußen. Es muss bessere öffentliche Dienstleistungen geben, einschließlich Bildung, medizinische Versorgung, Wohnraumversorgung und Sozialschutz. All das setzt jedoch, wie wir alle wissen, andere Orientierungen in den nationalen und Gemeinschaftspolitiken voraus, und zwar solche, die den Menschen und nicht dem Wettbewerb und den Profiten der Wirtschafts- und Finanzkonzernen Vorrang einräumt.

Es müssen, wie wir in unseren Vorschlägen gefordert haben, die in der Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 verankerten Werte gefördert werden. Wir beharren weiter darauf, dass es wichtig ist, dass die Richter, die mit Minderjährigen arbeiten, und all jene, die in den Jugendgerichten arbeiten, eine spezielle Ausbildung erhalten müssen, damit, ehe es zu spät ist, mehr für die Prävention getan wird.

 
  
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  Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Die Zunahme der Jugendkriminalität ist untrennbar mit dem wachsenden Niedergang und Verfall der Familie sowie der Propagierung einer feministischen Sichtweise der Rolle der Frau verbunden, der zufolge die Mutterschaft als eine Belastung und als ein Hindernis auf dem Weg zur Selbstverwirklichung gesehen wird.

Jugendliche Straftäter kommen meist aus zerrütteten und gestörten Familien und werden oft von ihren alleinstehenden Müttern großgezogen, die nicht nur mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben. Emotionale Probleme in den Beziehungen der Eltern zueinander, unethische und unmoralische Erziehungsmethoden, kriminelle Verhaltensmuster, schlechte Lebensbedingungen, Bildungsmängel und die Tatsache, dass Eltern zuwenig Zeit für ihre Kinder haben, führen dazu, dass diese sich zurückgewiesen und bedroht fühlen und eine feindselige Haltung gegenüber anderen Menschen entwickeln. Ein Kind, das keine Bindung mehr zu seinen Eltern hat, entwickelt oft noch vor seinem fünften Lebensjahr eine Neigung zu abnormem und kriminellem Verhalten. Diese Kinder entwickeln eine asoziale Persönlichkeit, denn die Liebe der Menschen zu verlieren, die für sie am wichtigsten sind, ist das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann.

Ein anderes Problem sind die destruktiven Auswirkungen einer liberalen Erziehung ohne Vorschriften und Verbote. Auch die Medien propagieren eine hedonistische Lebensweise, und es entsteht eine Atmosphäre wachsender Aggression und Gewalt, die auch vor der Welt der Politik nicht Halt macht. Wir dürfen überdies nicht vergessen, was die Abhängigkeit von Alkohol und Nikotin anrichtet, ebenso wenig die zerstörerische Kraft der Drogen und die soziale Schichtung. Dies alles führt zu Gegenreaktionen. Prävention muss in erster Linie darauf ausgerichtet sein, den ethischen und moralischen Grundsätzen in allen Lebensbereichen wieder Geltung zu verschaffen. Wir brauchen Vorschriften und Präventivmaßnahmen ebenso wie gerichtliche und außergerichtliche Maßnahmen. Wir müssen den Frauen ihre Persönlichkeit zurückgeben. Frauen, die nur dazu benutzt werden, die Ziele der Lissabonstrategie zu erfüllen, können ihre Kinder nicht in angemessener Weise großziehen.

In einer in ihrer Funktion zunehmend gestörten Gesellschaft – und damit meine ich nicht nur die Kriminalität – müssen wir dafür Sorge tragen, dass die Menschenwürde wieder respektiert und die Rolle der Mutterschaft und der Familie wieder anerkannt wird. Nur bei Kindern, die liebevoll umsorgt und nach moralischen Normen erzogen werden, besteht die Chance, dass sie die ethischen Grundsätze und das Gesetz befolgen.

 
  
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  Viorica-Pompilia-Georgeta Moisuc, în numele grupului ITS. – Raportul doamnei Bazeli tratează o gamă foarte largă de aspecte privind delicvenţa în rândul tineretului, prezentând în mod corect cauzele acestui fenomen extrem de grav, aflat în plină expansiune pe diverse paliere, atât în statele Uniunii Europene, cât şi în afara ei. Mă voi referi la două aspecte pe care nu le-am găsit semnalate în raport, şi anume:

1. Biserica – indiferent cărui cult îi aparţine, poate şi trebuie să aibă un rol din ce în ce mai important în sistemul educaţional al copiilor şi tineretului, în şcoală şi înafara şcolii. Cooperarea bisericii cu şcoala şi familia este benefică în prevenirea unor alunecări nedorite a tinerilor pe panta infracţională, în formarea unei mentalităţi sănătoase şi corecte despre viaţă, dar şi pentru recuperarea unor tineri aflaţi în situaţii critice. Educaţia religioasă în şcolile de toate gradele este cvasi-absentă. Ea ar trebui să-şi recapete locul pe care l-a avut în urmă cu mulţi ani.

2. Spiritul de disciplină şi de responsabilitate al tinerilor faţă de familie şi societate, faţă de chiar viaţa lor, lasă mult de dorit ca urmare a unor multiple cauze analizate, de altfel, în raport. În plus, în statele foste comuniste, constrângerile exagerate la care au fost supuşi tinerii generaţii după generaţii, au fost înlocuite acum, în ultimii şaptesprezece ani, într-o măsură mult prea mare, cu un libertinaj deschizător al unor periculoase alunecări, spre negarea valorilor naţionale şi europene şi copierea unor aşa-zise modele extrem de dăunătoare pentru formarea civică şi profesională a tinerilor.

Ca profesor şi ca pedagog, apreciez în mod deosebit efortul doamnei Bazeli pentru analizarea acestei problematici atât de complexe şi o rog să se aplece cu bunăvoinţă asupra celor mai sus amintite.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Im Wesentlichen ist die Jugenddelinquenz gefährlicher als die Erwachsenenkriminalität, da sie einen äußerst labilen Teil der Bevölkerung zu einer Zeit betrifft, in der sich die Persönlichkeit herausbildet, und den Jugendlichen droht dann sehr bald die soziale Ausgrenzung. Im Augenblick ist die Jugendkriminalität umso beunruhigender, da sie zu einem Massenphänomen geworden ist, geprägt von einem immer niedrigeren Alter, in dem das kriminelle Verhalten einsetzt, und von der zunehmenden Zahl von Straftaten, die von Kindern unter 13 Jahren verübt werden. Hinzu kommt, dass die von ihnen begangenen Taten immer grausamer werden.

Ich begrüße den Bericht von Frau Batzeli, in dem die Ursachen der Jugenddelinquenz klar ausformuliert werden und in dem nach Antworten darauf gesucht wird, wie sie schrittweise beseitigt werden kann. Aus den jüngsten psychologischen Studien geht hervor, dass die Familie der erste und einzige Ort ist, an dem ein Kind lernt, zu lieben, Respekt zu haben und respektiert zu werden. Gestörte Familien, in denen die Eltern nicht für ihre Kinder sorgen und in denen einem Kind nicht die notwendige Liebe, das notwendige Verständnis und die notwendige Unterstützung entgegengebracht wird, sind der Nährboden für die meisten jugendlichen Straftäter. Vor langer Zeit betrachtete Plato die Familie als Fundament des gesellschaftlichen Lebens und als Hauptort der Bildung und Erziehung. Auguste Comte beschrieb die Familie als Brücke zwischen dem Individuum und der Gesellschaft und hob ihre grundlegende Rolle in der Gesellschaft hervor.

Die Erziehung eines Kindes beginnt in den ersten Jahren seines Lebens in der Familie, also lange bevor es eine Schule betritt. Alles, was das Kind in der Schule oder außerhalb der Schule lernt, formt seine Einstellungen und seine Persönlichkeit richtig oder falsch. Die Pubertät ist eine Zeit, in der das geistige Leben intensiver erfahren wird, eine Zeit, die die eigene Haltung gegenüber den Problemen des persönlichen Lebens in der Gesellschaft formt, eine Zeit, in der besondere Unterstützung in der Familie notwendig ist. Die Rolle der Familie als erzieherisches Umfeld ist nicht nur auf die ersten Lebensjahre des Kindes beschränkt, sondern setzt sich fort, bis es selbständig wird, das heißt, bis es eine Arbeit findet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es stimmt, wenn es heißt, zu Hause ist man in den Armen, die einen halten, wenn man einmal weint. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die Jugendkriminalität in der Gesellschaft nur dann senken können, wenn wir ein nachhaltiges Umfeld schaffen, in dem jede Familie ihre verantwortliche Rolle in der Gesellschaft stärken kann. Die Familie muss unser Zufluchtsort, unser Lehrer und unsere Stütze sein.

 
  
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  Edite Estrela (PSE).(PT) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Frau Batzeli zu ihrem Bericht beglückwünschen, der vernünftige und dringend benötigte Vorschläge enthält, namentlich die Einrichtung einer Europäischen Beobachtungsstelle für Jugendkriminalität.

Die Zunahme der Jugenddelinquenz erfordert eine integrierte und wirksame Familien-, Schul- und Sozialpolitik, die zur Vermittlung sozialer und staatsbürgerlicher Werte und zur Sozialisierung der Jugendlichen beiträgt. Gleichzeitig sind Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung notwendig. Eine Gesellschaft mit schreienden sozialen Ungleichheiten kann weder den sozialen Zusammenhang fördern noch der Jugenddelinquenz vorbeugen.

Bilder von Erscheinungen der Jugendgewalt in zahlreichen entwickelten Ländern in der EU und in anderen Teilen der Welt lassen die Alarmglocken schrillen. Was bringt Hunderte von Jugendlichen dazu, Gewalt anzuwenden, um auf ihre Probleme aufmerksam zu machen? Die Familien, die Politiker und die Gesellschaft insgesamt müssen sich das fragen und herausfinden, wo und warum sie versagt haben.

Das Ansteigen der Jugenddelinquenz ist ein äußerst gravierendes Problem, und wir müssen uns fragen, was 13- bis 17-jährige Jugendliche dazu treibt, als eine Form der Unterhaltung schutzlose Personen zu misshandeln oder gar zu töten. Das ist schockierend. Es genügt aber nicht, das anzuprangern und zu verurteilen. Wir müssen handeln, damit wir es nicht, wenn es zu spät ist, bereuen und wie ein Vater einer dieser Jugendlichen, die ein solches Verhalten an den Tag gelegt haben, sagen müssen: Ich habe als Vater versagt.

Die Experten benennen die Ursachen, wobei an erster Stelle die fehlende Beaufsichtigung steht und an zweiter Stelle Untätigkeit. Ohne Beschäftigung, ohne Schule und ohne Arbeit werden die Jugendlichen verantwortungslos. Hinzu kommt eine freizügige Kultur mit wenigen oder gar keinen Pflichten, aber mit allen Rechten. Es ist auch nicht so, dass die Gesellschaft konsequent etwas von den jungen Leuten verlangt, es werden weder die Arbeit noch die Leistung geschätzt.

Einige dieser Jugendlichen waren selbst Opfer von Gewalt oder sind in einem Umfeld häuslicher Gewalt aufgewachsen. Andere fühlen sich entwurzelt, an den Rand der Gesellschaft gedrängt, kopieren das an Gewalt, was sie im Fernsehen sehen. Selbst Spiele für Kinder und Trickfilme fördern die Gewalt.

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Dieser Bericht ist alles andere als eine erbauliche Lektüre. Immer mehr Straftaten werden von immer jüngeren Teenagern begangen, und die Brutalität dieser Straftaten nimmt zu. Das ist für die betroffenen jungen Menschen und für jedes Mitglied der Gesellschaft ein ernstzunehmendes Problem, für das wir Lösungen finden müssen; doch unsere Problemanalyse muss genau sein.

Der Bericht enthält eine Auflistung der entscheidenden prägenden Einflüsse auf Kinder: Familie, Schule, Freundeskreis und das sozioökonomische Umfeld. Um der Genauigkeit willen würde ich zu dieser Auflistung noch hinzufügen: Massenmedien, Telekommunikation, womit ich Filme, Fernsehen, Computerspiele und das Internet meine – und mittlerweile auch die neuen Mobilfunktechnologien.

Studien haben gezeigt, dass Kinder mehr Zeit mit den Massenmedien verbringen als mit allen anderen Aktivitäten zusammen. Die Artikel 13 und 17 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, das in diesem Bericht als erste Instanz genannt wird, scheinen Kindern das uneingeschränkte Recht auf Massenmedien und Telekommunikation zuzugestehen und den Massen- und Telekommunikationsmedien den uneingeschränkten Zugang zu Kindern zu gestatten. Wenn man bedenkt, dass die Massenmedien momentan voll von Gewalt, Hass, Rassismus und Pornografie sind und sie auch von Kinderschändern benutzt werden – alles Faktoren, die einen potenziellen Beitrag zur Kriminalität leisten –, sollte man den Massenmedien dann wirklich dieses uneingeschränkte Recht zugestehen, und sollte man auch den Kindern dieses uneingeschränkte Recht zugestehen?

Wenn durch irgend einen anderen der aufgelisteten Faktoren, wie Familie oder Schule, Kinder missbraucht oder ihnen geschadet würde, dann würden wir das Kind zu seiner eigenen Sicherheit dort wegholen. Im Zuge der Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte des Kindes in der EU und in den Mitgliedstaaten müssen wir die Artikel 13 und 17 neu überdenken. Sie stammen aus dem Jahr 1989, als die Menschen noch nichts von der Rolle des Internets im Jahr 2007 ahnen konnten.

Wir müssen uns außerdem mit der Rolle der Väter beschäftigen. Nach Meinung von Psychologen sind es die Mütter, die dem Kind ein Gefühl für die eigene Identität und für seine Identität in der Familie geben, während die Väter das Kind auf die Gesellschaft vorbereiten und sie vernünftiges Verhalten lehren.

 
  
  

VORSITZ: RODI KRATSA-TSAGAROPOULOU
Vizepräsidentin

 
  
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  Amalia Sartori (PPE-DE). – (IT) Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Frau Batzeli für ihre Arbeit sowie dem Ausschuss für den uns vorgelegten Vorschlag danken.

In Anbetracht eines Problems, das sich weltweit ausbreitet und auf europäischer Ebene alarmierende Ausmaße sowohl in Bezug auf die Art als auch auf die Anzahl der von Jugendlichen begangenen Straftaten annimmt, halte ich es für richtig, dass wir uns fragen, was wir unternehmen können. Der Gedanke, geeignete Mindeststandards für alle EU-Länder einzuführen und bewährte Verfahren zu verbreiten, ist sicher ein hilfreicher Schritt zur Bewältigung dieses überhand nehmenden Problems. Deshalb teile ich die Auffassung, dass sich die Kommission dieses Themas annehmen muss.

Was den Inhalt des Textes selbst anbelangt, empfinde ich es als wichtig, einige Passagen hervorzuheben. Als Erstes müssen wir uns selbst und anderen immer wieder vor Augen halten, dass Kinder ein Wert für die ganze Gemeinschaft sind; sie sind unsere Zukunft. Deshalb liegt es im allgemeinen Interesse, die Kinder von Geburt an in eine Lage zu versetzen, die ihnen alles bietet, was notwendig ist, um Bürger der Europäischen Union zu werden. Das bedeutet eine Politik, die die Entwicklung der Kinder in der Familie, in der Schule und bei der Arbeit begleitet, Kampf gegen die Armut, eine Wohnungs- und Beschäftigungspolitik, öffentliche Dienstleistungen, strikte Achtung des Rechtes auf und der Pflicht zur schulischen und kulturellen Bildung bis zum Eintritt in das Erwerbsleben, Bekämpfung der zunehmenden Gewalt und Nulltoleranz gegenüber der Ausbeutung von Kindern und der Gewalt gegen sie, auch wenn sie in der Familie geschehen. Wir brauchen nicht nur Klarheit in Bezug auf die Rechte, sondern auch hinsichtlich der Pflichten und der zu verhängenden Strafen.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE). – Doresc să o felicit pe colega Bazeli pentru acest raport. Delicvenţa juvenilă şi violenţa în şcoli sunt fenomene care există în toate statele membre şi pe care avem responsabilitatea de a le combate prin strategii şi măsuri la nivel naţional şi european. Este nevoie de prevenire, de includerea socială şi reabilitarea delicvenţilor minori, precum şi de măsuri judiciare corespunzătoare. Pentru că anumite grupuri de minori sunt mai vulnerabile – fete între 14 şi 18 ani, grupuri de imigranţi, persoane fără domiciliu fix – şi pentru că există riscul ca organizaţii criminale să utilizeze minori pentru traficul de stupefiante, prostituţie şi furt, este important ca incitarea minorilor la delicte să se constituie în circumstanţe agravante pentru infractorii adulţi. Măsurile educative trebuie să devină prioritare şi este important să existe acorduri de parteneriat între diferite instituţii precum şcoală, poliţie, instituţie şi autorităţile locale pentru dezvoltarea de centre de recreere pentru tineri şi incluziunea socială a acestora. Instruirea părinţilor privind importanţa supervizării copiilor şi îndrumarea acestora, precum şi conştientizarea pericolelor, le va permite acestora să intervină de la primele semne ale apariţiei unor probleme de comportament.

 
  
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  Anna Záborská (PPE-DE).(FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, Frau Batzeli zu ihrem Bericht zu gratulieren. Bereits im Titel des Berichts wird darauf verwiesen, dass es Sache der Frau, der Familie und der ganzen Gesellschaft ist, auf die Jugenddelinquenz zu reagieren. Ich hätte gewünscht, dass in der Überschrift auch die Männer und Familienväter aufgeführt worden wären. Jedermann ist sich deren Bedeutung bewusst und ich wünschte, dass wir künftig den Mut hätten, ohne Scheu auf die Rolle der Familienväter in den einzelnen Politikbereichen der Europäischen Union hinzuweisen.

Fundierte Statistiken, vor allem die des irischen Forschers Patrick Fagan von der Heritage Foundation in Washington weisen eindeutig nach, dass die emotionale Bindung zwischen Eltern und ihren Kindern bereits im Säuglingsalter entsteht. Ausgehend von Statistiken der Kriminalpolizei zeigt er auf, dass die Gefahr der Jugendkriminalität umso geringer ist, je fester die emotionale Bindung innerhalb der Familie ist.

In der Strategie von Lissabon ist vorgesehen, dass für 60 % der Kleinstkinder ein Krippenplatz bereitgestellt werden soll. Ich stelle den Wunsch junger Eltern, die eine berufliche Laufbahn beschreiten wollen, nicht infrage, aber unter dem Blickwinkel der Statistiken und der Erfahrungen als Eltern, die wir alle teilen, meine Damen und Herren, müssen wir die Betreuung der Kinder in bestmöglicher Qualität fordern und Betreuungseinrichtungen, die zu einem erschwinglichen Preis zugänglich sind, müssen in der Nähe des Arbeitsplatzes eines Elternteils gelegen sein.

Ich danke der Berichterstatterin, dass sie auf die Bedeutung der Qualität der Betreuungseinrichtungen für die Kinder eingegangen ist.

Familie und Gesellschaft müssen gemeinsam für die Eindämmung der Gewalt von Jugendlichen die Verantwortung übernehmen. Die Gesellschaft muss den Rahmen für staatliche Maßnahmen festlegen. Ich lehne es ab, Gewalttaten junger Erwachsener nicht unter Strafe zu stellen und nicht als Straftat anzusehen, und ich empfehle, die Europäische Union zu beauftragen, eine Beobachtungsstelle für Jugendgewalt zu errichten, um die Erziehung der jungen Menschen zu institutionalisieren.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich beglückwünsche die Berichterstatterin zu der ausgezeichneten Arbeit, die sie uns vorgelegt hat, zu der guten Zusammenarbeit, die wir während der Prüfung der Änderungsanträge an den Tag gelegt haben, und zu dem integrierten Ansatz zum Problem der Jugenddelinquenz, den sie für uns erstellt hat.

Es bedarf der Zusammenarbeit aller zuständigen Stellen, die mit Kindern zu tun haben, um dieses Problem zu lösen, das in der menschlichen Gesellschaft nicht neu ist. Es besteht schon immer. Gestatten Sie mir, an etwas zu erinnern, das mich als Kind beeindruckt hat. Damals erzählte man uns die Geschichte von einem Häftling, der auf die Frage, wer die Schuld dafür trage, dass er als Schwerverbrecher im Gefängnis sitzt, antwortete, seine Mutter, der er im Alter von drei Jahren ein Ei gestohlen habe, was sie durchgehen ließ. Schuld sind also nicht die Eltern, die berufstätig sind – Eltern sind immer berufstätig –, sondern die Eltern, die keinen Respekt vor moralischen Grundsätzen haben, die Lehrer, die Kindern nicht dabei helfen, die Achtung der Menschenwürde als höchstes Gut zu erkennen. Dort fängt alles an, und deshalb sind wir gezwungen, Maßnahmen zur ergreifen, und wir müssen Maßnahmen ergreifen, und natürlich müssen wir Jugendliche bestrafen – oder wenn Ihnen das Wort zu hart ist, dann müssen wir eben Jugendliche tadeln –, damit sie Selbstbeherrschung lernen.

Selbstverständlich wird, wie wir gehört haben, Selbstbeherrschung vom frühen Kindesalter an gelehrt, und so stehen die Lehrer und die Einrichtungen, denen wir unsere Kinder von einem frühen Alter an anvertrauen, hier in der Verantwortung. Junge Menschen müssen lernen, aufrechte und verantwortungsbewusste Bürger zu sein, die ihren Charakter und ihre Fertigkeiten in das wirtschaftliche und soziale Leben ihrer Umgebung einbringen können.

Von einer Beobachtungsstelle halte ich nichts. Um das Problem zu bekämpfen, müssen die Mitgliedstaaten entsprechende Maßnahmen ergreifen und durch spezielle Aktionen mit geeigneten Finanzierungsmöglichkeiten ergänzen.

 
  
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  Tadeusz Zwiefka (PPE-DE). – (PL) Frau Präsidentin! Auch ich möchte Frau Batzeli für den ausgezeichneten Bericht danken. Selbstverständlich sind die meisten von uns ebenfalls der Meinung, dass die Jugendkriminalität zunimmt und zu einer wachsenden Bedrohung wird.

Wie mit der Jugenddelinquenz umgegangen wird und welche Präventivmaßnahmen zum Einsatz kommen, ist von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat ganz unterschiedlich. Hinzu kommt, dass einige Politiker dieses Problem für ihre eigenen spezifischen politischen Zwecke ausnutzen. Mit ihrer Forderung, die Strafen drastisch zu verschärfen, und an den Schulen eine strenge Disziplin einzuführen, lösen sie das Problem der Jugendkriminalität nicht, sondern verschlimmern die Lage eher noch.

Ich stimme der Einschätzung der Berichterstatterin, dass Prävention der wesentliche und hauptsächliche Teil einer Strategie zur Bekämpfung von Jugendkriminalität darstellen sollte, voll und ganz zu. Präventionsmaßnahmen sind langfristig, d. h. in der Regel auf einen längeren Zeitraum als die Amtsperiode eines Parlaments oder einer bestimmten Regierung angelegt. Sie bringen keine schnellen politischen Erfolge und sind zudem – als kurzfristige Maßnahmen – kostspieliger. Bedauerlicherweise setzen Politiker daher eher auf repressive Maßnahmen, die rasche und einfache Ergebnisse – vor allem in Gestalt des Medieninteresses – bringen. Deshalb besteht die wichtigste Aufgabe darin, das Problem der Jugendkriminalität vollständig zu entpolitisieren und einen gemeinschaftlichen Sozialrahmen festzulegen, anstatt sich auf den Bereich des Strafrechts zu konzentrieren, das in der Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten bleiben wird.

Ich teile die Ansicht, dass die Verabschiedung eines Kodex für Sozialprävention und Solidarität mit Jugendlichen ein bedeutender Schritt nach vorn wäre. Wie die Berichterstatterin betonte, sollte die Jugendkriminalität anhand von vier Kriterien analysiert werden, nämlich Familie, Schule, Freundeskreis und Umfeld. Nur dieser vielschichtige Ansatz bietet Aussicht auf Erfolg. Bei der Umsetzung familienfreundlicher Konzepte in den einzelnen Mitgliedstaaten sollte es deshalb nicht in erster Linie um finanzielle Anreize für die Geburt von Kindern gehen. Vielmehr muss das Ziel vor allem darin bestehen, die Familie nach der Geburt eines Kindes umfassend zu unterstützen. Das wichtigste Glied in dieser Kette ist nach meiner Überzeugung ohne Zweifel die Familie.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte der Berichterstatterin für diesen ausgezeichneten Bericht danken. Ich möchte Sie auf einen neuen Bericht zum Thema Jugendkriminalität aufmerksam machen, der in den vergangenen Wochen in Irland veröffentlicht wurde und der zeigt, dass vier von fünf jungen Menschen in unseren Gefängnisschulen unter psychiatrischen Problemen leiden. Der Bericht über emotionale Intelligenz, psychische Gesundheit und Jugendkriminalität wurde von zwei Wissenschaftlern des University College Dublin durchgeführt, und es sind weltweit die ersten Untersuchungen zu diesem Thema, weshalb die Ergebnisse für diese Diskussion auch so relevant sind. Laut Bericht leiden zwei Drittel aller jungendlichen Straftäter unter Verhaltensstörungen wie z. B. ADHD. Bei über der Hälfte wurde Alkohol- und Drogenmissbrauch festgestellt; einige haben bereits im zarten Alter von neun Jahren mit Cannabis und Alkohol angefangen und nehmen Kokain, seit sie dreizehn sind.

Die Forschungsergebnisse zeigen, dass junge Menschen sehr häufig unter psychiatrischen Störungen leiden, dass sie schwere Verbrechen begehen und dass sie im Bereich der emotionalen Intelligenz und der kognitiven Fähigkeiten erhebliche Defizite aufweisen. Wie ich bereits sagte, ist dies deshalb von so großer Bedeutung, weil das die ersten Untersuchungen dieser Art sind. Acht von zehn Jungen in dieser Studie erfüllen die Kriterien für die Diagnose von mindestens einer ernsthaften psychiatrischen Krankheit bzw. Störung.

Laut dieser Studie litten diese jungen Menschen im Durchschnitt an drei psychiatrischen Krankheiten bzw. Störungen. Demnach litten die Jungen, die wegen ihrer Probleme an einen psychiatrischen Dienst überwiesen worden waren, an fast dreimal so vielen Krankheiten bzw. Störungen.

Leider umfassen die für diese jungen Menschen gegenwärtig vorgesehenen Leistungen nichts, womit man den Problemen begegnen könnte, auf die diese Studie aufmerksam macht. Bei der großen Mehrheit werden diese Krankheiten bzw. Störungen nicht behandelt, und dieser Bericht zeigt – und ich würde sagen, das gilt auch für ganz Europa –, wie wichtig es ist, diese Probleme anzugehen. Eine Behandlung mildert nicht nur die Auswirkungen von Problemen der geistigen Gesundheit auf das Verhalten und die Entwicklung von Kindern, sondern sie führt auch zu einer beträchtlichen Reduzierung von straffälligem und kriminellem Verhalten, wovon die Gesellschaft und das Rechtssystem in hohem Maße profitieren – in Irland und ganz gewiss in der gesamten EU. Deshalb möchte ich dem Hohen Haus diesen Bericht ans Herz legen.

 
  
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  Die Präsidentin. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am morgigen Donnerstag, den 21. Juni 2007, statt.

 

13. Strategie für die Außendimension des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Aussprache)
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Bogdan Kilch im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts: Strategie für die Außendimension, Aktionsplan zur Umsetzung des Haager Programms (2006/2111(ΙΝΙ) (Α6-0223/2007).

 
  
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  Bogdan Klich (PPE-DE), Berichterstatter. (PL) Frau Präsidentin! Dieser Bericht sollte ursprünglich eine Rezension der Mitteilung der Kommission von 2005 über die in eben diesem Jahr vom Rat entwickelte Strategie werden. Während der Arbeiten stellte sich jedoch heraus, dass bei der Errichtung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts große Fortschritte gemacht wurden und die Arbeit neue Impulse erhalten hat. Es gab neue Dokumente, neue Entscheidungen und neue Maßnahmen. Unsere Situation heute ist eine ganz andere als noch vor anderthalb Jahren.

Deshalb habe ich mich entschlossen, nach vorn und nicht zurückzuschauen. Diese Sichtweise haben sich auch der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten zu Eigen gemacht. Es sollte daher nicht verwundern, dass der Bericht praktisch Empfehlungen für die Kommission und den Rat enthält.

Der Bericht beruht auf zwei Annahmen. Erstens: Innere und äußere Sicherheit sind in der heutigen Welt miteinander verflochten, sie beeinflussen sich gegenseitig und sind untrennbar miteinander verbunden. Zweitens: Wir müssen in unseren Rechtssystemen und in unserer Politik das Gleichgewicht zwischen bürgerlichen Freiheiten und Sicherheit für unsere Bürger wahren. Wenn wir also Sicherheit und Freiheit für unsere Bürger gewährleisten wollen, dann müssen diese Werte über die Grenzen der Europäischen Union hinaus gefördert, aber stets im Gleichgewicht gehalten werden.

Deshalb müssen wir in unserer Außenpolitik diese Grundsätze stets berücksichtigen und unsere Instrumente, nämlich unsere gemeinsamen Standpunkte und Maßnahmen, die bilateralen und multilateralen Abkommen, entsprechend anpassen. Wir sollten also in unsere Abkommen mit Drittstaaten beispielsweise sowohl Anti-Terrorismus-Klauseln als auch eine Menschenrechtsklausel aufnehmen. Im Rahmen der derzeitigen Zusammenarbeit mit diesen Ländern sollte die Europäische Union sowohl die Achtung der Menschenrechte als auch den gemeinsamen Kampf gegen den internationalen Terrorismus fördern.

Wir sind uns in diesem Parlament auch der gegenwärtigen Beschränkungen und Hindernisse für ein wirksames Handeln der Europäischen Union in diesem Bereich bewusst. Die Ursache hierfür liegt teilweise in unserer komplizierten und unklaren institutionellen Struktur, zum Teil aber auch in der mangelnden Bereitschaft, die europäische Integration zu vertiefen. Die Verfahrensweise bei Entscheidungen zur Zusammenarbeit und zu externen Abkommen ist in jeder Säule anders. Die seit langem geforderte polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen in der Gemeinschaft muss erst noch verwirklicht werden, und das sollte bald geschehen.

Wir hoffen, dass auf dem nächsten EU-Gipfel eine Regierungskonferenz einberufen wird, die bis Jahresende einen neuen Vertragsentwurf ausarbeitet. Von diesem Vertrag erwarten wir, dass er der Union Rechtspersönlichkeit verleiht, dass die derzeitige Säulenstruktur abgeschafft und die Zahl der Kategorien von Rechtsakten verringert wird sowie die Entscheidungsverfahren vereinfacht und vereinheitlicht werden.

Doch vorher – bevor der Vertrag in Kraft tritt, was erst im Jahr 2009 der Fall sein wird – sollte, wie im Bericht vorgeschlagen, gemäß Artikel 42 des Vertrages über die Europäische Union im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen sowie der Einwanderungspolitik und der Integration von Ausländern eine Brückenklausel – Passerelle-Klausel – zur Anwendung kommen. Das würde es dem Rat und uns ermöglichen, die neuen Gemeinschaftsmechanismen eher in diesen überaus wichtigen Bereichen einzuführen. Angesichts des Einwanderungsdrucks an unseren Grenzen im Süden und der Bedrohung durch das organisierte Verbrechen an unseren Grenzen im Osten wäre es ein großer politischer Fehler, anders zu entscheiden.

Da wir gerade über Grenzen sprechen, möchte ich die Kommission vor allem auf Ziffer 42 hinweisen, in der die für die Bürger von 12 EU-Mitgliedstaaten geltende, besonders unerfreuliche Visumpflicht für die Einreise in die Vereinigten Staaten erwähnt wird. Das Parlament fordert einmal mehr dazu auf, diese Angelegenheit zu regeln. Abschließend möchte ich allen meinen Mitstreitern – sowohl denen aus meiner Fraktion, als auch den Schattenberichterstattern aus anderen Fraktionen – und Kommissar Franco Frattini für ihre großartige und konstruktive Zusammenarbeit danken.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Vizepräsident der Kommission, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, für ihre Bürger einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu schaffen. Dieses Ziel kann die Europäische Union jedoch nicht allein verwirklichen. Der freie Personen- und Warenverkehr sowie Europas ökonomische Stärke und demokratische Stabilität haben die Europäische Union zum Ziel illegaler Migration, organisierter Kriminalität, des internationalen Drogenhandels, aber auch des islamistischen Terrorismus gemacht.

Das bedeutet, dass wir uns Gedanken darüber machen müssen, wie wir die bestehenden Mechanismen und Konzepte im Bereich Justiz und Inneres weiter entwickeln – und, Sie haben es gerade erwähnt, sehr geehrter Herr Berichterstatter – in die Außenbeziehungen der EU integrieren können.

Ich begrüße ausdrücklich das große Interesse, das das Europäische Parlament an den Außenbeziehungen in den Bereichen Justiz und Inneres und insbesondere an der genannten Strategie zeigt, und die Empfehlungen des Berichtes Klich geben wichtige Anregungen für Diskussionen im Rat, wie die Politik der Union in den Außenbeziehungen im Bereich Justiz und Inneres weiter vertieft und noch effektiver gestaltet werden kann.

Die Strategie für die externe Dimension der Justiz- und Innenpolitik stellt die Ziele und Vorgehensweisen ausführlich dar. Die Zusammenarbeit mit den Drittstaaten beinhaltet unter anderem die Unterstützung der Europäischen Union für die Institutionen und den Kapazitätsaufbau. Dies ist eine langfristige Aufgabe, deren Fortschritte innerhalb der gemeinsamen Institutionen beraten werden. Die direkten Nachbarn der Europäischen Union spielen eine besonders wichtige Rolle für die Sicherheit der Europäischen Union. Die Kapitel über die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres im Rahmen der Aktionspläne, die im Zuge der europäischen Nachbarschaftspolitik gemeinsam mit den Partnerstaaten angenommen worden sind, sind daher sehr ausführlich gestaltet.

Unter den Staaten der europäischen Nachbarschaftspolitik hat die Ukraine nicht nur aufgrund ihrer langen gemeinsamen Grenze mit der EU eine ganz besondere Stellung. Die Zusammenarbeit in mit der Ukraine in den Bereichen Justiz und Inneres ist schon weit fortgeschritten. Am 11. Juli wurde in Luxemburg mit der Unterzeichnung des Arbeitsabkommens zwischen Frontex und dem ukrainischen Grenzschutz eine weitere wichtige Grundlage gelegt. Zudem sind die Abkommen über Visaerleichterungen und Rückübernahme am 18. Juni unterzeichnet worden.

Die enge Zusammenarbeit mit den Nachbarregionen ist für die Union im Bereich Migration ganz besonders wichtig. Auf der Basis des Gesamtansatzes „Migration“ hat die Europäische Union in den letzten anderthalb Jahren die Zusammenarbeit mit den Staaten Afrikas und des Mittelmeerraums sehr intensiviert. Die Resultate sind ermutigend. Der Rat allgemeine Angelegenheiten hat vor wenigen Tagen, am 18. Juni, beschlossen, den Gesamtansatz Migration auf die östlichen und südöstlichen EU-Nachbarregionen auszudehnen. Neben den direkten Nachbarn hat die Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres mit den strategischen Partnern USA und Russland für die Europäische Union eine ganz besondere Bedeutung. Auch der Bericht geht entsprechend auf viele Aspekte dieser Partnerschaft ein.

Mit Russland wurden im Mai 2005 vier Fahrpläne für gemeinsame Räume verabschiedet: Der gemeinsame Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist auch nach Ansicht Russlands derjenige, bei dem bislang die besten Fortschritte erzielt wurden. Dazu gehört natürlich auch das Abkommen über Visa und Rückübernahme, das Anfang Juni in Kraft getreten ist.

Minister Schäuble hat beim letzten EU-Russland-Treffen der Justiz- und Innenminister mit seinem Amtskollegen Nurgalijew aber auch das unverhältnismäßige Eingreifen der russischen Sicherheitskräfte bei den von der Opposition veranstalteten Demonstrationen offen angesprochen. Kurz nach der Minister-Troika im Bereich Justiz und Inneres haben auch die regelmäßigen Menschenrechtskonsultationen mit Russland stattgefunden. Auch mit Usbekistan haben Menschenrechtsfragen unter deutscher Präsidentschaft im Rahmen des Unterausschusses Justiz und Inneres eine zentrale Rolle gespielt.

Im Zentrum des letzten Treffens mit den Vereinigten Staaten standen die Terrorismusbekämpfung, Visumfragen und Fragen des Datenschutzes, auch im Zusammenhang mit der Übermittlung von Flugpassagierdaten.

Die deutsche Präsidentschaft bemüht sich dabei auch in den letzten Tagen mit voller Kraft um den Abschluss eines neuen PNR-Abkommens mit den USA. Die USA sind auch kein leichter Verhandlungspartner, wie wir aus den Diskussionen wissen.

Darüber hinaus hat die deutsche Präsidentschaft auch die beiden strategischen Partner USA und Russland zusammen an einen Tisch gebracht, um über gemeinsame Sicherheitsherausforderungen zu beraten. Hierzu gehören Drogenbekämpfung, Terrorismusbekämpfung und Grenzmanagement.

Der Bericht widmet sich außerdem der Stärkung der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit. Die deutsche Präsidentschaft hat – so meine ich – Wesentliches zur Verbesserung der Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union erreicht. Hierbei sei insbesondere die politische Einigung zur Überführung der wesentlichen Teile des Vertrags von Prüm in den EU-Rechtsrahmen erwähnt.

Außerdem konnte eine politische Einigung zur Überführung von Europol in den Rechtsrahmen der Europäischen Union erreicht werden. Auch Frontex konnte während der letzten sechs Monate wesentlich gestärkt werden.

Hervorzuheben ist außerdem der im Bericht Klich erwähnte Rahmenbeschluss über den Austausch von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten.

Inwiefern eine Zusammenarbeit mit Drittstaaten, z. B. Russland, möglich ist, hängt auch vom dortigen Datenschutzniveau ab, das jeweils zu prüfen sein wird.

Globale Bedrohungen und Phänomene können nur im internationalen Zusammenwirken effektiv bekämpft werden. Die genannte Strategie für die Außendimensionen im Bereich Justiz und Inneres ist daher ein unverzichtbares Element bei der Schaffung eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Der Rat setzt auch weiterhin auf eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Ausschuss und dem Europäischen Parlament bei der Umsetzung und Weiterentwicklung dieser Strategie.

 
  
  

VORSITZ: DIANA WALLIS
Vizepräsidentin

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (IT) Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zweifellos stimmen wir alle dem Grundsatz zu, wonach die Grundrechte und -freiheiten der Menschen keine territorialen Grenzen kennen dürfen. Bedauerlicherweise kennen auch die organisierte Kriminalität und der Terrorismus keine Grenzen. Aus diesem Grund besteht, wie der Berichterstatter und der amtierende Ratspräsident betonten, ein immer engerer Zusammenhang zwischen der internen und der internationalen Dimension der Politik der Europäischen Union im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht.

Das bedeutet, dass wir gemeinsam in zweierlei Richtung auf ein wichtiges politisches Ziel hinarbeiten müssen: Erstens müssen wir einen internen Raum der Sicherheit stärken, der die Grundrechte und -freiheiten für die Bürger und Gebietsansässigen der Europäischen Union und eine Harmonisierung der Systeme und Vorschriften gewährleistet, um denjenigen, die darum ersuchen, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, und zweitens muss eine internationale Dimension gesichert werden, die gewissermaßen ein Instrument für die Außenpolitik der Europäischen Union bereitstellt, indem die Rolle des Rechts und der Institutionen gestärkt wird, die demokratischen Werte jenseits unserer Grenzen gefördert und die Institutionen gefestigt werden.

Das sind ehrgeizige außenpolitische Ziele für die Europäische Union, die zum einen durch Maßnahmen im Sicherheitsbereich und zum anderen durch die Achtung der Grundfreiheiten und -rechte erreicht werden. Diese beiden Werte können und müssen Hand in Hand gehen. Wie gesagt worden ist, darf es keinen Widerspruch geben zwischen der Gewährleistung der Sicherheit für die Bürger bzw. für jeden Menschen und der gleichzeitigen Gewährleistung der Achtung ihrer Grundfreiheiten. Diese gemeinsamen Werte müssen meines Erachtens die Grundlage für Abkommen, Beziehungen und Partnerschaften mit Drittländern bilden. Wenn Europa eine Rolle auf der internationalen Bühne wahrnimmt, muss deshalb unsere Politik die Förderung der Menschenrechte und der Demokratie mit einbeziehen.

In dem uns vorliegenden Bericht werden grundlegende Themen behandelt, die ich voll und ganz unterstütze: Stärkung der demokratischen Rechenschaftspflicht, Stärkung von Sicherheits- und Menschenrechtsaspekten, Gewährleistung eines hohen Maßes an Schutz vor Terrorismus und organisierter Kriminalität für die Bürger, Förderung der grenzüberschreitenden polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit und Entwicklung einer effektiven Einwanderungspolitik der Europäischen Union, gekennzeichnet durch eine Solidarität, die über die Grenzen der Europäischen Union hinaus gehen muss, eine europäische Asylpolitik für diejenigen, die internationalen Schutz benötigen, und gemeinsame Bemühungen zur strikten Bekämpfung des Menschenhandels, bei dem die Verzweiflung der Migranten ausgenutzt wird.

Wir sind teilweise schon dabei, all das zu erreichen. Die europäische Einwanderungspolitik nimmt immer mehr Gestalt an. In den letzten Wochen habe ich dem Parlament und dem Rat Dokumente unterbreitet, um die Debatte über die Wirtschaftsmigration und die zirkuläre Migration einzuleiten, damit die Mobilität gefördert und folglich der rein repressive Ansatz der Migrationspolitik aufgegeben wird, obwohl es nach wie vor erforderlich ist, gegen jede Form der Illegalität vorzugehen.

Erst vor wenigen Tagen habe ich ein Grünbuch über die Asylpolitik vorgelegt, zu dem dieses Parlament und alle interessierten Kreise ihren Beitrag leisten können, damit ich Anfang nächsten Jahres einen Aktionsplan präsentieren kann, um, wie versprochen, bis 2010 ein einheitliches Europäisches System für den Status des politischen Flüchtlings zu schaffen.

Es gibt mithin viele Migrations- und asylpolitische Themen, bei denen Europa auf der internationalen Bühne bereits eine Rolle spielt. Ich denke, dass die Europa-Mittelmeer-Dimension der Union in diesem Rahmen weiter gestärkt werden sollte, so wie Europa im Osten aktiv ist, was den Balkan, den Kaukasus, die Beziehungen zur Russischen Föderation und zur Ukraine betrifft. In dieser Region führen wir bereits in verschiedenen Bereichen Maßnahmen durch, die vom Vorgehen gegen Menschenhandel über die Bekämpfung sexueller Ausbeutung von Kindern und Frauen bis hin zum Kampf gegen Internetkriminalität reichen – ein anderes Thema, das offenkundig weder Grenzen noch Schranken kennt und das auf internationaler Ebene in Angriff genommen werden muss.

Es wurde schon viel zum Terrorismus gesagt. Es ist klar, dass die Terrorismusbekämpfung mit rechtsstaatlichen Mitteln fortgesetzt werden muss, doch ist es zweifellos erforderlich, die internationale Zusammenarbeit mit den großen Weltmächten fortzuführen und auszubauen.

Aus diesem Grund begrüße ich es sehr, dass der Berichterstatter die Bedeutung der Beschlussfassungsprozesse herausgestellt hat, die die Europäische Union entscheidungsfähig machen. Der Hinweis auf Artikel 42 EU-Vertrag, auf die so genannte „Passerelle-Klausel“, findet meine große Wertschätzung, doch halte ich es für außerordentlich wichtig, dass wir uns die durch die bevorstehende Tagung des Europäischen Rates gebotene Gelegenheit, den zukünftigen institutionellen Rahmen der Europäischen Union zu erörtern und dabei im Auge zu behalten, dass die Union im Bereich Sicherheit, Justiz und Grundfreiheiten nicht auf der Stelle treten darf, nicht entgehen lassen. Europa muss die Mittel haben, um schnell, effektiv und mit größerer demokratischer Legitimation Beschlüsse zu fassen, indem beispielsweise diesem Parlament und dem Gerichtshof der Europäischen Union eine größere Rolle übertragen wird.

Abschließend möchte ich noch einige Worte zur euro-atlantischen Zusammenarbeit sagen. Wie der amtierende Ratspräsident ausführte, stehen wir mit den Vereinigten Staaten von Amerika gegenwärtig in zwei schwierigen Verhandlungen. Die eine betrifft die Weitergabe von Daten über Finanztransaktionen, die ihren Ursprung in der SWIFT-Affäre haben, und die andere die Übermittlung von Fluggastdaten aus und in die Vereinigten Staaten. Ich hoffe, dass wir in beiden Fällen rasch zu Abkommen gelangen, die zum einen die Sicherheit unserer rechtlichen Positionen gewährleisten – d. h. sie müssen auf einer europäischen Rechtsgrundlage beruhen, anstatt auf eine Regelung im Rahmen bilateraler Beziehungen zu vertrauen – und zum anderen eine Balance zwischen den Erfordernissen der Terrorismusbekämpfung und der Gewährleistung der Vertraulichkeit personenbezogener Daten, denn beides sind entscheidende Menschenrechte. Ich hoffe, die USA akzeptieren den ausgewogenen Ansatz, den die deutsche Ratspräsidentschaft, mit Unterstützung der Kommission, anzuwenden versucht, und dass diese Abkommen bis Ende dieses Monats, bevor die deutsche Präsidentschaft endet, unter Dach und Fach sein werden.

Ich habe den Vorsitzenden des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Verhandlungsstand unterrichtet. Es gibt Aspekte, die noch nicht öffentlich gemacht werden können, weil die Verhandlungen noch im Gange sind, doch habe ich mich bemüht, den Vorsitzenden und die Koordinatoren der Fraktionen im Ausschuss ständig über die Ergebnisse der Verhandlungen auf dem Laufenden zu halten.

 
  
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  Aloyzas Sakalas (PSE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. (EN) Frau Präsidentin! Dieser Bericht wurde in erweiterter Zusammenarbeit zwischen dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres und dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten verfasst. Es ist mir eine große Freude, meinen Kollegen mitteilen zu können, dass sich Herr Klich und ich auf einen umfassenden Text geeinigt haben, der meiner Meinung nach die Ansichten beider Ausschüsse zum Ausdruck bringt. Ich bedanke mich vielmals bei Herrn Klich für seinen Einsatz, die Zusammenarbeit und seine Flexibilität.

Neben den vielen im Bericht angesprochenen Punkten lautet die wesentliche Botschaft an den Rat und die Kommission wie folgt: Erstens, es steht außer Frage, dass die innere Stabilität der EU in gewissem Maße von externen Faktoren wie der Lage in den Nachbarländern abhängt. Zweitens gibt es keinen einheitlichen Ansatz, um die politische Lage in diesen Ländern zu verbessern, da sich diese Länder bezüglich ihrer wirtschaftlichen, politischen und sozialen Gegebenheiten stark voneinander unterscheiden. Drittens ist es daher notwendig, die EU-Politik im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts konkret auf die einzelnen Nachbarländer zuzuschneiden.

 
  
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  Die Präsidentin. Die Aussprache wird bis 21.00 Uhr unterbrochen.

 

14. Fragestunde (Anfragen an den Rat)
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  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Fragestunde (B6-0125/2007).

Wir behandeln die folgenden Anfragen an den Rat.

Anfrage Nr. 1 von Manolis Mavrommatis (H-0354/07)

Betrifft: Steuerpolitik in der EU

Die von den einzelnen Mitgliedstaaten verfolgte Steuerpolitik sollte im Einklang mit den Zielen der Gemeinschaft im Hinblick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Wettbewerbsfähigkeit der EU, den Binnenmarkt und den freien Kapitalverkehr stehen. Die 27 Mitgliedstaaten sind allein verantwortlich für die Gestaltung und Umsetzung der Politik im Bereich der direkten Steuern, während gemäß den gemeinschaftlichen Bestimmungen, die die einzelnen Bereiche der Steuerpolitik in der EU regeln, bei allen Beschlüssen, die in diesem Zusammenhang gefasst werden, unter den 27 Einhelligkeit herrschen muss. Die Mehrwertsteuer (MwSt.) für Produkte hat sich in den letzten Jahren zu einer ziemlich komplizierten Angelegenheit entwickelt. Konkret schwanken die Mehrwertsteuersätze in den EU-Ländern zwischen 3 % in Luxemburg und 25 % in Dänemark. Wird die EU sich verstärkt darum bemühen, ein gemeinsames Mehrwertsteuersystem einzuführen? Wie weit ist die diesbezügliche Debatte vorangeschritten und welche Ansicht vertreten die Mitgliedstaaten in Bezug auf die Einführung einer gemeinsamen Mehrwertsteuer?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Frau Präsidentin! Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem wurde 1967 durch die erste und die zweite Mehrwertsteuerrichtlinie eingerichtet. Diese beiden Richtlinien gaben die allgemeinen Strukturen des Systems vor. Die ausführlichen Vorschriften für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems wurden 1977 durch die Annahme der sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie eingeführt. Diese Richtlinie wurde seither zahlreichen Änderungen unterzogen, die meist durch die Schaffung des Binnenmarktes und die damit verbundene Beseitigung der Steuergrenzen zwischen den Mitgliedstaaten bedingt waren.

Seit dem 1. Januar 2007 ist die sechste Richtlinie aufgehoben und durch die Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ersetzt worden, die alle Änderungen umfasst, die durch die Rechtsakte zur Änderung der Grundrichtlinie vorgenommen wurden. In Bezug auf die Mehrwertsteuersätze ist in der Richtlinie grundsätzlich die Anwendung eines Normalsatzes sowie eines oder zweier ermäßigter Sätze vorgesehen. Der Normalsatz beträgt mindestens 15 %. Diese Mindesthöhe ist bis zum 31. Dezember 2010 festgelegt. Die ermäßigten Sätze, die mindestens 5 % betragen, gelten für Waren und Dienstleistungen, die in der Richtlinie definiert werden. Ferner sind in der Richtlinie bestimmte Ausnahmen und Übergangsregelungen von dieser allgemeinen Regel vorgesehen, damit die Mitgliedstaaten auf spezifische Situationen reagieren können.

Damit die Auswirkungen der ermäßigten Sätze besser eingeschätzt werden können, sieht die Richtlinie außerdem vor, dass die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens am 30. Juni 2007 auf der Grundlage der von einer unabhängigen Expertengruppe für Wirtschaftsfragen durchgeführten Untersuchung einen globalen Bewertungsbericht über die Auswirkungen der auf lokal erbrachte Dienstleistungen angewandten ermäßigten Sätze vorlegt, insbesondere in Bezug auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, das Wirtschaftswachstum und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts.

 
  
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  Manolis Mavrommatis (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin, Herr Minister! Wie die Kommission sagte, müssen Sie Informationen über die Auswirkungen der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze auf die Wirtschaftskraft und die Schaffung von Arbeitsplätzen in den Mitgliedstaaten zur Verfügung haben und diese bis zum 30. Juni 2007 bekanntgeben.

Zu erwarten ist eben nur, dass sich unterschiedliche Mehrwertsteuersätze erheblich auf die verschiedenen Sektoren im Binnenmarkt und auf das Florieren der Volkswirtschaften in den Mitgliedstaaten auswirken, so dass einzelne Wirtschaftsindikatoren schlechter ausfallen werden und sich die Ungleichheiten in Wirtschaft und Gesellschaft verschärfen.

Ich frage Sie, Herr Minister: Kennen Sie bereits die Auswirkungen unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze, und wenn ja, wie sehen sie aus?

Und abschließend noch die Frage: Welche Maßnahmen erwägt der Rat, um die negativen Konsequenzen dieser Unterschiede zu mildern?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter! Ich habe auch gesagt, dass es unterschiedliche Entwicklungen und Entscheidungen in dem Rahmen, in dem das in der Europäischen Union möglich ist, gegeben hat. Es sollte ja gerade auch dazu dienen, dass wir, wenn der Bericht der Expertengruppe vorgelegt wird, die Fakten auf dem Tisch haben, um bewerten zu können, ob es sozusagen Hindernisse für das Funktionieren des Binnenmarktes gibt oder nicht, und welche Auswirkungen in bestimmten Sektoren auftreten, in denen es in der Vergangenheit ermäßigte Sätze gab. Ich bitte um Verständnis dafür, dass wir diesen Bericht abwarten sollten. Danach müssen wir gemeinsam – der Rat, aber auch das Europäische Parlament – eine Bewertung vornehmen.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE). – Herr Minister, ich möchte die Frage etwas erweitern: Es ist zwar recht schön, wenn versucht wird, einheitliche oder angeglichene Mehrwertsteuersätze in Europa zu erreichen. Aber das Ziel der europäischen Steuerpolitik müsste doch sein, am Ende innerhalb der gesamten Europäischen Union einheitliche bzw. zumindest vergleichbare Steuersätze und Steuern zu haben. Es würde mich interessieren, wie diese Frage generell im Rat diskutiert wird, ob es Ansätze dazu gibt, und wenn ja, welche.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Soweit ich unterrichtet bin, hatten wir in der Vergangenheit beispielsweise bei der Körperschaftssteuer eine Debatte über die Höhe der Steuersätze und über die unterschiedlichen Indikatoren für eine gemeinsame steuerliche Bemessungsgrundlage. Sie wissen, dass unter der deutschen Ratspräsidentschaft einige Arbeiten dazu geleistet worden sind, aber noch keine Einigung erzielt wurde.

In Bezug auf die Mehrwertsteuer sage ich noch einmal, dass wir uns als nächsten Punkt damit befassen werden. Was bringt dieser Expertenbericht? Welche Vorschläge und welche Auswertungen nimmt die Kommission vor? Welche Vorschläge werden dem Rat unterbreitet? Eine aktuelle Diskussion über die konkrete Frage, die der Abgeordnete gestellt hat, hat es im Rat jedoch nicht gegeben.

 
  
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  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 2 von Claude Moraes (H-0356/07)

Betrifft: Grenzüberschreitende Zusammenarbeit der EU zum Schutz der Kinder vor Missbrauch – gegenseitige Anerkennung der Aberkennung von Qualifikationen für die Arbeit mit Kindern

Innerhalb der EU besteht dringender Bedarf an wirksamen Systemen, die sicherstellen, dass ungeeignete Personen kein Beschäftigungsverhältnis aufnehmen können, das sie in Kontakt mit Kindern bringt.

Das Europäische Parlament hat am 1. Juni 2006 seinen Bericht über die 2004 auf den Weg gebrachte „Initiative des Königreichs Belgien im Hinblick auf die Annahme durch den Rat eines Rahmenbeschlusses betreffend die Anerkennung und Vollstreckung in der Europäischen Union von Berufsverboten aufgrund von Verurteilungen wegen Sexualstraftaten gegen Kinder“ (14207/2004 – C6-0244/2004 – 2004/0818(CNS)) angenommen.

Welche Fortschritte in Richtung Annahme des vorgeschlagenen Rahmenbeschlusses durch den Rat sind bisher erzielt worden, ist dies doch für die Gewährleistung des Schutzes der Kinder in Europa von entscheidender Bedeutung?

Wenn es im Hinblick auf die Annahme keine Fortschritte geben sollte, wie gedenkt der Rat dann dafür zu sorgen, dass alle mit dieser Initiative angestrebten Ziele erreicht werden? (Es gilt sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten Verbote für die Arbeit mit Kindern, die Einzelpersonen von anderen Mitgliedstaaten auferlegt wurden, anerkennen und im eigenen Land ebenfalls durchsetzen.)

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Die Initiative des Königreichs Belgien im Hinblick auf die Annahme eines Rahmenbeschlusses durch den Rat betreffend die Anerkennung und Vollstreckung von Berufsverboten in der Europäischen Union aufgrund von Verurteilungen wegen Sexualstraftaten gegen Kinder wurde vom Rat eingehend erörtert. Im Anschluss an diese Erörterung hat der Ausschuss gemäß Artikel 36 auf seiner Tagung am 22./23. März 2007 beschlossen, diesen Fragenkomplex im Zusammenhang mit dem Rahmenbeschluss über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zu regeln und den Entwurf dieses Rahmenbeschlusses entsprechend zu ändern.

Anlässlich der Tagung des Rates Justiz und Inneres in Luxemburg hat der Rat am 13. Juni 2007 Einvernehmen für eine allgemeine Ausrichtung für einen Rahmenbeschluss über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister erzielt und einvernehmlich die Initiative des Königreichs Belgien zum Abschluss gebracht. Damit ist insbesondere dem wichtigen Aspekt der belgischen Initiative Rechnung getragen worden, dass Informationen über einschlägige Verurteilungen und Berufsverbote, die in einem Mitgliedstaat ausgesprochen wurden, auch anderen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, damit von jedem Mitgliedstaat aus den Informationen die notwendigen Schlussfolgerungen gezogen werden können, die erforderlich sind, um Kinder vor den Gefahren des sexuellen Missbrauchs zu schützen.

 
  
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  Claude Moraes (PSE). – (EN) Ich möchte dem amtierenden Ratspräsidenten für die Antwort danken, ihn aber gleichzeitig bitten, dass der deutsche Ratsvorsitz die in der gesamten Europäischen Union bestehenden echten Befürchtungen angesichts der jüngsten Vorfälle möglicher Kindesentführungen zum Zwecke der Ausbeutung anerkennt. Ich möchte ihn bitten zu bestätigen, dass es sich hierbei jetzt um ein wichtiges Thema in der Europäischen Union – für sein Land, für mein Land und für andere – handelt und sichergestellt werden muss, dass wir noch vor der Beendigung des deutschen Ratsvorsitzes zu einem Schluss bezüglich des Austauschs von Strafregistern von Personen kommen, die mit Kindern arbeiten und eine Gefahr für sie darstellen.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter, ich habe schon einmal gesagt, dass in der Tat die Initiative aufgenommen worden ist und dass sich auch die Justiz- und Innenminister erst vor kurzem darüber verständigt haben, das wesentliche Kernanliegen, das der belgischen Initiative zugrunde liegt, umzusetzen. Unabhängig von gewissen Unterschieden in Bezug auf Informationen, die weitergegeben werden dürfen, haben wir in dem zentralen Punkt, zu dem Belgien diese Initiative gestartet hat, jetzt eine gemeinsame Lösung in der Europäischen Union gefunden. Ich finde, das ist ein wichtiger Schritt. Sie werden verstehen, dass die noch verbleibende Zeit des deutschen Ratsvorsitzes vermutlich nicht mehr ausreichen wird, um über andere Bereiche eine Verständigung zustande zu bringen.

 
  
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  Sarah Ludford (ALDE). – (EN) Ist es nicht ganz entsetzlich, dass es drei Jahre nach Annahme des Vorschlags und wo jeder der Meinung ist, dass die Bereitstellung von grenzübergreifenden Informationen über Sexualstraftäter eine der dringlichsten Prioritäten ist, die auch von der Bevölkerung einhellig begrüßt wird, noch immer keine Vereinbarung gibt? Und der Rat erklärt, er werde sich in Kürze mit dem Thema befassen!

Ist es nicht furchtbar, dass die britische Regierung versucht, aus diesem Europäischen Raum des Rechtsvollzugs in der europäischen Zusammenarbeit auszusteigen, so dass – auch wenn hier Einvernehmen erzielt wird – unsere Kinder nicht einmal durch Maßnahmen geschützt wären, die das Aufspüren von Sexualstraftätern ermöglichen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich will jetzt weniger auf die noch ausstehende Entscheidung in Bezug auf die Änderung des Vertrages über eine europäische Verfassung eingehen. Aber ich habe doch deutlich gemacht, dass sich die Justizminister am 13. Juni verständigt haben und dass eine Lösung durch Integration dieses wesentlichen Elements über den Strafregisteraustausch aus der belgischen Initiative Eingang in den geplanten Rahmenbeschluss gefunden hat. Es ist vor allem wichtig zu wissen: Wenn nur ein Mitgliedstaat die Information hat, was geschieht dann, wenn jemand woanders eine berufliche Tätigkeit aufnimmt? Ist das dann in der Europäischen Union bekannt? Das ist jetzt durch den gefundenen Rahmenbeschluss sichergestellt.

 
  
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  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 3 von Marie Panayotopoulos-Cassiotou (H-0358/07)

Betrifft: Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen oder Kindern mit Lernschwierigkeiten

Obwohl das Jahr 2007 das Jahr der Chancengleichheit für alle ist, werden Menschen mit Behinderungen oder speziellen Bedürfnissen weiterhin wegen ihrer besonderen Situation diskriminiert. Typische Beispiele sind hier a) die Lage von behinderten Menschen, die keinen Versicherungsschutz haben und sich im Falle eines Unfalls auf ihre Familien verlassen müssen und b) die Lage von Kindern mit Lernschwierigkeiten (z. B. Stottern, Dyslexie), die mit uneinheitlichen nationalen Rechtsvorschriften für den schulischen Bereich konfrontiert sind. Das bedeutet, dass in gewissen Ländern Lernprobleme berücksichtigt werden, indem beispielsweise bei Dyslexie vornehmlich mündliche Prüfungen abgehalten werden, während in anderen Mitgliedstaaten nicht diese Möglichkeiten vorgesehen sind – nicht einmal an Europaschulen.

Wird der Rat intervenieren, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen eine Privatversicherung abschließen können und dass Kinder mit Lernschwierigkeiten, insbesondere in Europaschulen, entsprechend berücksichtigt werden?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich darf gleich aus der Sicht der Präsidentschaft des Rates sagen, dass Sie eine sehr wichtige und berechtigte Frage gestellt haben. Der Rat ist sich in vollem Maße bewusst, dass es von Bedeutung ist, das Wohlergehen von Behinderten und Kindern mit Lernschwierigkeiten zu gewährleisten.

Der Rat möchte die Gelegenheit nutzen, auf den allgemeinen gesetzlichen Rahmen für die Bekämpfung von Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf aus Gründen der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung aufmerksam zu machen. In dieser Richtlinie, die sich auf Artikel 13 des Vertrages stützt, werden Mindestanforderungen festgelegt, die von allen Mitgliedstaaten erfüllt werden müssen. Nur erstreckt sich dieser gesetzliche Rahmen weder auf Versicherungen noch auf das Bildungswesen. Die Mitgliedstaaten können jedoch Bestimmungen einführen oder beibehalten, die dem Gleichheitsgrundsatz in noch stärkerem Maße gerecht werden als die der Richtlinie und einen Schutz vor Diskriminierungen in Bereichen mit nationaler Zuständigkeit vorsehen.

Was das europäische Jahr der Chancengleichheit für alle betrifft, so stellt der Rat befriedigt fest, dass die Kommission beabsichtigt, mehrere Untersuchungen zu veröffentlichen, die für Ihre Frage von Belang sind. Diese Untersuchungen sollen ein Schlaglicht auf die soziale Lage unter Einbeziehung von Bildung und Ausbildung von Behinderten werfen und statistische Angaben zu den Behinderten zusammenfassen, die vor allem von Behörden der sozialen Sicherheit bereitgestellt wurden, so dass sich eine realistische Sicht auf die Lage von Behinderten insgesamt unter Einbeziehung der Bildungsdimension ergibt.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE).(EL) Frau Präsidentin! Herr Ratspräsident, vielen Dank für Ihre Antwort.

Ich möchte darauf hinweisen, dass Deutschland bereits Verständnis für Menschen mit Behinderungen demonstriert und es dort Rechtsvorschriften gibt, die es ihnen ermöglichen, eine Versicherung abzuschließen, so dass sie am Arbeitsplatz gleichbehandelt werden.

Die Europäischen Schulen verfügen nicht über die gleichen Maßnahmen zur Unterstützung von Kindern mit Behinderungen wie die Mitgliedstaaten, und daher möchte ich den Rat bitten, entsprechende Initiativen zu ergreifen.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich müsste diesem Sachverhalt, den Sie gerade vorgetragen haben, noch einmal nachgehen. Aber ich habe schon einmal gesagt: Auf der einen Seite muss versucht werden, in Bezug auf bestimmte Dinge neue Initiativen zu entwickeln. Wenn die Kommission diesen Bericht vorstellt, werden wir sehen, wo Lücken bestehen. Dann können diese sicherlich entweder über die Europäische Union oder aber – wovon ich ausgehe – im Bereich der nationalen Zuständigkeiten durch gesetzliche Maßnahmen geschlossen werden.

 
  
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  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 4 von Manuel Medina Ortega (H-0361/07)

Betrifft: Regierungszusammenarbeit und Übergangsklauseln in der Einwanderungspolitik

Einwanderungsfragen nehmen in den Politikbereichen der Europäischen Union immer breiteren Raum ein, und Mechanismen der Regierungszusammenarbeit wie Frontex oder die Soforteinsatzteams werden ausgebaut. Welche Pläne hegt der Rat, um in diesem Bereich die gemeinschaftliche Säule zu stärken, insbesondere durch die in den Verträgen der Europäischen Union vorgesehenen so genannten Übergangsklauseln?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Frau Präsidentin! Ich bitte um Nachsicht dafür, dass ich in der Antwort jetzt viele technische Dinge nennen muss, die vielleicht nicht immer verständlich sind. Aber diejenigen, die sich mit der Materie intensiv befassen, wissen natürlich, wie wichtig in diesem Bereich die Grundlagen hierfür sind.

Maßnahmen in diesem Bereich, also bei der Migration, können derzeit gemäß Teil III Titel IV des Vertrags über die Europäische Gemeinschaft getroffen werden. Die Bereiche, in denen Maßnahmen im Rahmen der Mitentscheidung mit dem Europäischen Parlament getroffen werden, erfahren nach Artikel 67 Absatz 2 Gedankenstrich 2 eine Erweiterung durch den Beschluss 2004/927/EG des Rates vom 22. Dezember 2004 über die Anwendung des Verfahrens des Artikels 251 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft auf bestimmte Bereiche, die unter Titel IV des Dritten Teils dieses Vertrags fallen.

Die meisten Maßnahmen nach diesen Bestimmungen werden nun im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens getroffen. Der Europäische Rat hat allerdings die Ansicht vertreten, dass der Rat bis zum Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa die in Artikel 63 Nummer 3 Buchstabe a und Nummer 4 EG-Vertrag genannten Maßnahmen im Bereich der legalen Migration von Staatsangehörigen dritter Länder in die und zwischen den Mitgliedstaaten weiterhin einstimmig beschließen sollte. Diese und andere Fragen werden im laufenden Vertragsreformprozess noch geprüft.

 
  
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  Manuel Medina Ortega (PSE).(ES) Frau Präsidentin! Ich möchte dem Ratspräsidenten für die Informationen danken, die er uns gegeben hat und derer sich dieses Parlament trotz ihres technischen Charakters voll bewusst ist.

Im Parlament herrscht zurzeit außerordentlich große Besorgnis über das Unvermögen des Rates, die Probleme der Einwanderung mithilfe der Regierungszusammenarbeit zu lösen. Ich möchte nur einen Punkt ansprechen, nämlich die Aufrechterhaltung der Dublin-II-Verordnung, durch die es uns jetzt nicht möglich ist, Solidarität mit der Republik Malta zu üben, um den Einwanderungsproblemen zu begegnen, ein Thema, das auf Gemeinschaftsebene gelöst werden könnte.

Mich beunruhigt, dass die Regierungsmethode nicht ausreichend ist und wir zum ersten Pfeiler übergehen müssen. Ein Beispiel dafür ist die Frage der Dublin-II-Verordnung.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Kollege! Wir haben in vergangenen Runden bereits oft über die Migrationfrage gesprochen. Ich habe mehrfach darauf hingewiesen – auch im Zusammenhang mit einer anderen Debatte von heute –, dass morgen und übermorgen in den Schlussfolgerungen des Rates der Gesamtansatz zur Migration sicherlich eine wesentliche Rolle spielen wird, dass wir uns des Themas annehmen, dass es nicht nur ein Thema ist. Sie fragen zu Recht, wie Staaten, beispielsweise Malta – aber auch anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union – geholfen werden kann. Wir werden aber auch versuchen, für die Fragen und Ursachen von Migration und speziell illegaler Migration gemeinsam mit den Herkunftsländern Lösungen zu finden.

Die andere Frage ist natürlich eine technische Frage. Aber das hängt natürlich alles davon ab, wie wir mit der Frage der Zukunft des Vertrages über eine europäische Verfassung umgehen werden.

 
  
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  Andreas Mölzer (ITS). – Herr Minister! Massenlegalisierungen von illegalen Zuwanderern in verschieden EU-Staaten wurden ja häufig als Einladung aufgefasst und haben zu wahren Flüchtlingsstürmen geführt und auch den Schlepperbanden Hochkonjunktur beschert.

Wie weit ist der Ausbau von Rückführungsabkommen geplant, vor allem mit jenen Staaten, die von der EU finanzielle Unterstützung bekommen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Die Rückführung ist ein wichtiger Punkt, der auch in den gemeinsamen Debatten zwischen der Europäischen Union und afrikanischen Staaten, aber letztmalig auf der gemeinsamen Migrationskonferenz letztes Jahr in Tripolis auf der Tagesordnung stand. Das gilt natürlich in vielen Bereichen: Wir haben nämlich heute – obwohl das diese Diskussion nicht entscheidend beeinflusst hat – nicht nur eine Migrationswelle vom Süden in den Norden, sondern auch eine Migration vom Osten in den Westen. Gerade dort wird, wenn es um Visa-Bestimmungen geht, immer genau der Punkt mit aufgenommen, ob wir Regelungen für entsprechende Rückführungsabkommen finden können. Das ist aber auch in den Gesprächen beispielsweise mit Ländern aus der Afrikanischen Union der Fall. Ich kann Ihnen aber jetzt keine Zahl nennen, mit welchen Ländern bereits solche Abkommen abgeschlossen worden sind. Die werden wir aber sicherlich nachliefern können.

 
  
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  Louis Grech (PSE). – (MT) Auch wenn ich dem Präsidenten zustimme, dass es in der Diskussion um die Gründe der Abwanderung gehen muss, möchte ich doch wissen, wie der Standpunkt des deutschen Ratsvorsitzes zu Maltas Vorschlag der Lastenteilung lautet. Wir stimmen zu, dass dies möglicherweise im Lichte des Verfassungsvertrags erörtert werden muss, doch dies ist ein Notfall, der Dringlichkeitsmaßnahmen erfordert.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Das sind ja zwei verschiedene Bereiche. Die Ursachen von Flüchtlingsströmen werden auch ein wichtiger Punkt beim Afrika-Gipfel unter portugiesischem Vorsitz im November sein. Was können wir gemeinsam mit den Herkunftsländern an den Situationen verbessern? Verantwortungsvolle Staatsführung, bessere Strukturen, Perspektiven für Arbeitsplätze, für Ausbildung?

Was können zum anderem wir als Europäische Union leisten? Da gab es vor kurzem schon Überlegungen von Kommissar Frattini, aber auch vom deutschen Ratsvorsitz, über die Einräumung einer zeitweiligen Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme. Dies wird weiter verfolgt. Außerdem haben wir sicher bei Frontex einen ersten Ansatz gefunden, Ländern zu helfen, die möglicherweise bestimmte Probleme nicht vor Ort lösen können und die Unterstützung durch Frontex erhalten.

 
  
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  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 5 von Sarah Ludford (H-0364/07)

Betrifft: Kampf gegen Terrorismus und Menschenrechte

Welche Strategie schlägt der deutsche Ratsvorsitz nach dem EU-USA-Gipfel vom April 2007 vor, um zu gewährleisten, dass die transatlantische Zusammenarbeit im Kampf gegen Terrorismus und Kriminalität mit Methoden geführt wird, bei denen Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten geachtet werden?

Wann und wie wird der Ratsvorsitz vorschlagen, das Europäische Parlament in den transatlantischen Dialog über Sicherheit, der auch den Rechtsrahmen für den Kampf gegen Terrorismus berührt, einzubeziehen?

Welche Antworten hat der Ratsvorsitz bei den Mitgliedstaaten im Ergebnis des am 14. Februar 2007 angenommenen Berichts des Europäischen Parlaments zur außerordentlichen Überstellung angefordert und erhalten?

Beabsichtigt der Ratsvorsitz, eine aktuelle Information über die Besetzung der Stelle eines Koordinators für den Kampf gegen Terrorismus abzugeben, und prüft er, dieser Stelle in der Struktur des Rates nicht zuletzt zur Gewährleistung der Einhaltung von Artikel 6 des EU-Vertrags mehr Gewicht zu verleihen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Auf dem EU-USA-Gipfeltreffen 2007 haben die Europäische Union und die Vereinigten Staaten Folgendes vereinbart: Im Einklang mit unseren gemeinsamen Werten bekräftigen wir, dass wir uns seit langem dafür einsetzen sicherzustellen, dass die Anstrengungen zur Bekämpfung des Terrorismus mit unseren Verpflichtungen nach dem Völkerrecht einschließlich der Menschenrechtsnormen, dem Flüchtlingsrecht und dem humanitären Völkerecht im Einklang stehen.

Wir werden unseren laufenden Dialog über die Grundrecht des Völkerrechts, die für unseren gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus von Belang sind, fortsetzen und vertiefen. Dieser Dialog hat zu einer besseren Kenntnis des Rechtsrahmens des jeweils anderen beigetragen und soll unsere Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung fördern.

Der Vorsitz unterrichtet das Europäische Parlament regelmäßig über die transatlantischen Beziehungen, unter anderem auch über Fragen im Zusammenhang mit dem Völkerrecht. Im Vorfeld des EU-USA-Gipfeltreffens am 24. April 2007 fand hier eine entsprechende Unterrichtung statt.

Transatlantischer Dialog: Der Gesetzgeber trägt zum transatlantischen Dialog über Sicherheit bei. Der Rat hat die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Februar 2007 zur außerordentlichen Überstellung auf der Tagung des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ am 5. März 2007 zur Kenntnis genommen. Der Vorsitz hat keine Antworten der Mitgliedstaaten auf die genannte Entschließung des Europäischen Parlaments angefordert bzw. erhalten. Die Stelle des Koordinators für die Terrorismusbekämpfung wird derzeit einer Bewertung unterzogen. Die Suche nach einem geeigneten Kandidaten bzw. einer geeigneten Kandidatin ist im Gange.

 
  
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  Sarah Ludford (ALDE). – (EN) Es wäre gut gewesen, wenn wir bei dieser Tagung eine umfassende Aussprache über die CIA-Überstellungen und Europas Komplizenschaft geführt hätten, so wie dies die Liberalen wollten. Aber leider haben sich die größten Fraktionen auf der rechten und linken Seite seltsamerweise geweigert, diesen Gedanken zu unterstützen. Dann hätten wir den Rat gemeinsam drängen können, endlich auf den Bericht des Parlaments und den von Dick Marty zu antworten.

Wie stellt der Rat die Einhaltung der Menschenrechte sicher, wie es in den Schlussfolgerungen des Gipfeltreffens heißt, wo doch bekannt ist, dass sich die Vereinigten Staaten bemühen, die EU-Mitgliedstaaten davon zu überzeugen, den Rechtsschutz zu verwässern? Will der Rat Abgeordnete des Parlaments zu diesen laufenden Geheimverhandlungen hinzuziehen, da doch angeblich ein hochrangiger Trilog zum Terrorismus geführt werden soll? Wir wurden niemals zum Aktionsplan konsultiert. Nach meinem Dafürhalten ist es an der Zeit, dass der Rat seine Partnerschaft mit dem Parlament in diesen Fragen verbessert.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich bereits bei der Debatte über den transatlantischen Dialog erklärt, wie wichtig dieser ist und was wir von der Europäischen Union, aber auch als Ratsvorsitz zur Debatte beigetragen haben. Es ist in der Tat so, dass vieles angestoßen worden ist und dass es derzeit zwar nicht auf höchster Ebene, aber auf Arbeitsebene entsprechende Gespräche gibt. Ich bitte um Nachsicht, dass das vertrauliche Gespräche sind. Aber durch die regelmäßige Aufnahme der Thematik der transatlantischen Beziehungen in die Tagesordnung besteht auch in Zukunft die Möglichkeit, uns darüber auszutauschen, wie weit wir bei unserem beiderseitigen Bemühen um entsprechende Aufklärung gekommen sind.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE). – Herr Minister, gestatten Sie mir die Anmerkung, dass ich der Meinung bin, dass Ihre Bemühungen in gewissen Teilbereichen vielleicht noch nicht ganz erfolgreich waren. Insbesondere – was meine Zuständigkeit betrifft – im Bereich der meines Erachtens unwürdigen und sicherlich die Menschenrechte verletzenden Kontrollen europäischer Passagiere auf amerikanischen Flughäfen. Ich denke, das ist ein Zustand, der auf Dauer nicht hinzunehmen ist. Es würde mich interessieren, was Sie gegen diese Maßnahmen, die in den Vereinigten Staaten unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung ergriffen wurden, zu tun gedenken?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter, ich will jetzt nicht auf Ihre Bewertung der Kontrolle in den Vereinigten Staaten eingehen. Ich weiß aber, dass die Vereinigten Staaten aufgrund bestimmter Vorkommnisse so handeln. Aber wie Sie wissen, sind wir in einem ständigen Dialog mit den Vereinigten Staaten über das Visa Waiver-Programm, damit die Visafreiheit auch für andere Staaten der Europäischen Union gilt. Ich werde Ihre Frage zum Anlass nehmen, dieses Thema nochmals aufzugreifen und möglicherweise auch dem nachfolgenden portugiesischen Ratsvorsitz nahezulegen, dieses Thema in den Gesprächen mit den Vereinigten Staaten anzusprechen.

 
  
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  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 6 von Dimitrios Papadimoulis (H-0369/07)

Betrifft: Stationierung eines amerikanischen Raketenabwehrschirms in Mitgliedstaaten der EU

Die USA planen, ein Raketenabwehrsystem in Mitgliedstaaten der Europäischen Union – nämlich Polen und Tschechien – zu stationieren, um angeblich Schutz vor dem Iran und Nordkorea zu gewährleisten; dieses Abwehrsystem hat Beunruhigung in der europäischen Öffentlichkeit hervorgerufen, die der Meinung ist, dass solche Pläne den europäischen Kontinent zur Zielscheibe machen und neue Zwietracht säen. Gemäß einer Erklärung des Russischen Sicherheitsrats machen solche Pläne auch ein Überdenken der russischen Verteidigungspolitik notwendig, weil sie als Bedrohung für die Russische Föderation betrachtet werden.

Wie kommentiert der Rat die geplante Stationierung eines Raketenabwehrschirms in Mitgliedstaaten der Europäischen Union? Welche Maßnahmen wird er ergreifen, um diese Pläne zu vereiteln, die den Kalten Krieg in Europa wiederbeleben?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter! Das amerikanische Raketenabwehrsystem mit der geplanten Stationierung von zehn Raketen in Polen sowie eines Radarsystems in der Tschechischen Republik wurde noch nicht im Rat erörtert. Die bilaterale Zusammenarbeit der Vereinigten Staaten mit einigen Mitgliedstaaten der EU im Zusammenhang mit der Stationierung von Elementen des nationalen Raketenabwehrsystems der USA liegt in der nationalen Zuständigkeit der betreffenden Mitgliedstaaten. Der Rat hat deshalb nicht in Erwägung gezogen, das Thema der Raketenabwehr in Beratungen mit den USA oder mit der NATO zur Sprache zu bringen. Die Abwehr ballistischer Flugkörper ist ein Thema der Beratungen im Rahmen der NATO und des NATO-Russland-Rates. Am 19. April fand eine Sondersitzung über die Raketenabwehr im Rahmen des NATO-Rates und des NATO-Russland-Rates statt. Dieses Thema wurde auch auf einer informellen Tagung der NATO-Außenminister am 26./27. April in Oslo erörtert.

 
  
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  Dimitrios Papadimoulis (GUE/NGL).(EL) Frau Präsidentin! Die Antwort des Rates überrascht mich. Gut, mit den Amerikanern und der NATO wollen Sie nicht darüber reden. Haben Sie denn die Absicht, die Angelegenheit im Rat bei Ihren tschechischen und polnischen Kollegen zur Sprache zu bringen? Oder haben Sie alles der NATO übergeben? Der deutsche Außenminister hat seine Besorgnis geäußert, Herr Solana ebenfalls. Deutschland möchte unkomplizierte Beziehungen zwischen der EU und Russland. Beabsichtigen Sie, die Angelegenheit auf diesem Gipfel zu erörtern? Werden Sie sie überhaupt irgendwann einmal zur Sprache bringen? Welchen Sinn hat es, wenn der Rat Gespräche führt, diese aber nicht um Fragen gehen, die alle Bürger Europas beunruhigen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich beziehe mich noch einmal auf die Ausgangslage. Auf dem NATO-Rat in Prag wurde vor einigen Jahren unter den Partnern auch darüber abgestimmt, vor welchen neuen Herausforderungen wir stehen und welche möglicherweise neuen Antworten die NATO auf solche Herausforderungen finden muss. Die NATO hat entsprechende Arbeitsgruppen eingesetzt. In Riga wurde diese Debatte fortgesetzt, aber noch kein abschließendes Ergebnis erzielt. Wir sind uns beispielsweise in der gemeinsamen Bedrohungsanalyse einig.

In dieser Phase kam aber auch der Vorschlag Amerikas zu einem nationalen Raketenabwehrsystem. Wir sind der Auffassung, dass das Thema Raketenabwehrsystem generell im Bereich der NATO erörtert werden soll und nicht im Bereich der Europäischen Union. Ich kann nur nochmals bestätigen, dass es nicht Gegenstand der Erörterungen im Europäischen Rat gewesen ist und auch nicht sein wird.

 
  
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  Andreas Mölzer (ITS). – Herr Minister! Wenn Sie auch zu Recht darauf hinweisen, dass der Rat sich nicht mit dieser Frage befassen will, möchte ich – den Umfragen zufolge sind 51 % der Polen gegen die geplante Stationierung dieser amerikanischen Raketenabwehr – dennoch nachfragen, warum Forderungen von Bürgerinitiativen nach einer Volksbefragung abgetan werden und gesagt wird, Referenden seien ungeeignet. Wie steht der Rat zur Frage einer Beteiligung der Bevölkerung bei derart wichtigen Entscheidungen? Gibt es eine Möglichkeit, hier zumindest noch zu vermitteln?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Was die Frage über die Beteiligung der Bürger betrifft, so ist dies eine nationale Entscheidung. Es ist auch keine Vorgabe seitens des Ratsvorsitzes erforderlich. Das machen die Länder in eigener Verantwortung.

Ich möchte aber in diesem Zusammenhang nochmals zum Ausdruck bringen, dass es ja doch in der Frage generell Bewegung gegeben hat, vor allem zwischen Russland und den Vereinigten Staaten. Hier wurde verabredet, sich intensiv über das Thema auszutauschen und eine Vertrauensbasis zu schaffen. Das ist jetzt noch offen. Wie Sie wissen, hat Herr Putin vor kurzem entsprechende Vorschläge auch Amerika gegenüber gemacht. Ich meine, diese Gespräche sollten wir erst einmal abwarten.

 
  
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  Tobias Pflüger (GUE/NGL). – Meine Frage schließt direkt daran an. Gibt es denn eine Position des EU-Ratsvorsitzes zu dem Vorschlag Wladimir Putins, Aserbaidschan in dieses Raketensystem mit einzubeziehen?

Zweitens: Inwiefern entspricht die Position der EU bzw. die des Rates zum US-Raketensystem der Position der NATO, oder gibt es da einen Unterschied? Wenn es einen Unterschied gibt, wie sieht dieser aus?

Drittens: Beabsichtigt der Rat der EU, sich irgendwann einmal mit der Frage des Raketensystems zu beschäftigen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Der Rat hat sich bis jetzt nicht damit beschäftigt. Ich kann auch nicht vorwegnehmen, ob der Rat sich in Zukunft damit beschäftigen wird. Ich habe vorhin zum Ausdruck gebracht, dass dafür keine Stellungnahme des Ratsvorsitzes erforderlich ist, dass wir es aber angesichts der Debatten der letzten Tage außerordentlich begrüßt haben, dass die zunächst doch etwas konfrontative Situation zwischen den Vereinigten Staaten und Russland jetzt wieder auf eine andere Ebene zurückgeführt worden ist und dass man sagt, man wolle miteinander sprechen. Wir haben bisher die Auffassung vertreten, dass diese Angelegenheit Gegenstand für Beratungen in der NATO ist, und nicht im Europäischen Rat.

 
  
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  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 7 von Nils Lundgren (H-0374/07)

Betrifft: Gaspipeline durch die Ostsee

Es gibt unterschiedliche Meldungen darüber, inwieweit der Rat den Bau einer deutsch-russischen Gaspipeline durch die Ostsee gebilligt hat. Nicht zuletzt aus demokratischem Verständnis heraus ist es wichtig, dass die Bürger in dieser Frage informiert werden. Der Fragesteller hat schon früher diesen Punkt mit Vertretern der Kommission wie des Rates erörtert, ohne aber konkrete und zufrieden stellende Antworten zu erhalten.


Hat der Rat den Bau einer deutsch-russischen Gaspipeline durch die Ostsee gebilligt? Es ist doch davon auszugehen, dass die Billigung des Rates vor Ausführung des Vorhabens vorliegen muss? Ist es der Europäische Gerichtshof oder der Schwedische Umweltgerichtshof, der letztendlich zu entscheiden hat, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten im Hinblick auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung in schwedischen Gewässern kommt?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Es sei darauf hingewiesen, dass es keine Rechtsgrundlage gibt, nach der der Rat derartige Vorhaben, wie Sie sie in Ihrer Anfrage ansprechen, förmlich billigen oder ablehnen könnte. Mit anderen Worten: Solche Vorhaben können in Angriff genommen werden, ohne dass zuvor die Zustimmung des Rates eingeholt werden muss.

Es ist Ihnen sicherlich bekannt, dass in der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze und zur Aufhebung der Entscheidung 96/391/EG und der Entscheidung Nr. 1229/2003/EG an mehreren Stellen auf eine durch die Ostsee über die Offshore-Route verlaufende Gasfernleitung von Russland nach Deutschland Bezug genommen wird. Ich setze es auch als bekannt voraus, dass nach Anhang I dieser Entscheidung eine nordeuropäische Gasfernleitung zu den Vorhaben von europäischem Interesse zählt und somit zur Kategorie von Vorhaben gehört, denen oberste Priorität zukommt. Hinsichtlich der besonderen Bestimmungen über Vorhaben mit diesem Stellenwert verweist der Rat auf den verfügenden Teil der vorgenannten Entscheidung, die nach dem Mitentscheidungsverfahren vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen worden ist.

Insbesondere möchte ich Sie, Herr Abgeordneter, noch einmal auf Artikel 13 der Entscheidung hinweisen, in dem es wie folgt heißt: „Diese Entscheidung lässt die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung von Vorhaben und der Pläne oder Programme, die den Rahmen für die zukünftige Genehmigung der in Frage stehenden Vorhaben festlegen, unberührt. Sofern nach einschlägigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen ist, werden deren Ergebnisse berücksichtigt, bevor über die Durchführung der Vorhaben nach den einschlägigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft entschieden wird.“

Was den zweiten Teil der Anfrage anbelangt, so ist es nach dem Vertrag Sache der Kommission, die korrekte Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften sicherzustellen und bei Verstößen die Maßnahmen zu ergreifen, die sie für angemessen hält. Dieser Grundsatz ist natürlich auch auf die geltenden Gemeinschaftsvorschriften für Umweltverträglichkeitsprüfungen anzuwenden.

 
  
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  Nils Lundgren (IND/DEM).(SV) Frau Präsidentin! Als EU-Mitgliedstaat und als Land, das gegenwärtig den Ratsvorsitz innehat, plädiert Deutschland für eine gemeinsame Energiepolitik der EU. Dennoch schließt es eine bilaterale Vereinbarung mit Russland über eine umfassende Infrastrukturinvestition in Form dieser Erdgasleitung ab, ohne andere EU-Mitgliedstaaten im Ostseeraum zu konsultieren. Wie kommentieren Sie das?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Die Problematik war auch schon Gegenstand einer vorangegangenen Fragestunde. Ich kann nur noch einmal sagen, dass dieses Projekt ein privates und kein staatliches Projekt ist, und dass die Unternehmen, wenn sie dieses Projekt verwirklichen, alle entsprechenden Unterlagen einreichen müssen, auch in den Ländern, in denen diese Pipeline letztlich verlegt werden muss. Dort ist diese Prüfung nach den entsprechenden Bestimmungen vorzunehmen.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE). – Herr Minister! Bekanntlich ist diese Gaspipeline von verschiedenen Politikern, Experten und Wissenschaftlern besonders aus den skandinavischen und den baltischen Ländern sowie aus Polen heftig kritisiert worden. Vielleicht könnte der Rat dazu beitragen, dass die zuständigen Experten und Politiker zusammenkommen könnten, um das Problem gemeinsam zu beraten und vielleicht einen Modus vivendi zu finden.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Kollege! Es ist in erster Linie Aufgabe derjenigen, die dieses Projekt planen und durchführen wollen, die betreffenden Länder entsprechend zu unterrichten. Das geschieht durch eine entsprechende Antragstellung. Dieser Antragstellung wird sicherlich eine Prüfung in allen möglichen Bereichen folgen, insbesondere was die Umwelt und die Sicherheit anbelangt. Ich gehe davon aus, dass es auch entsprechende Gespräche geben wird. Aber das liegt zunächst einmal allein in der Initiative derjenigen, die sich an diesem Projekt beteiligen, und das sind Privatunternehmen und keine staatlichen Unternehmen.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE).(LT) Frau Präsidentin, Herr Minister, wir erörtern diese Frage nicht zum ersten Mal. Die Diskussion über ihre ökologischen Folgen weckt alle möglichen Bedenken und Ängste. Nun nimmt Russland bei der Umsetzung des Vorhabens seine eigene Umweltverträglichkeitsprüfung vor und erklärt, die Waffen auf dem Meeresboden seien nicht gefährlich. Erscheint es Ihnen nicht unlogisch, dass ein privater Projektleiter die Umweltverträglichkeitsprüfung durchführt?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Es gibt völkerrechtliche und europäische Rechtsvorschriften, die zu beachten sind. Völkerrechtlich gehe ich davon aus, dass auch Russland daran gebunden ist. Russland prüft ja nicht für sich allein und sagt, wenn das Ergebnis vorliegt, dann ist diese Pipeline generell umweltverträglich. Auch die anderen Partner sind entsprechend zu berücksichtigen. Ich wiederhole noch einmal, was ich in einer der vorausgegangenen Fragestunden gesagt habe, dass – schon im Interesse der Betreiberunternehmen dieser Pipeline – für ganz klare Transparenz gesorgt wird, um den Bürgerinnen und Bürgern die Ängste zu nehmen, und darüber gewacht wird, dass die Minen und Bomben, die noch auf dem Meeresgrund liegen, nicht zum Auslöser einer Gefährdung der Anwohner dieser Pipeline werden. Das wird eine sehr intensive Prüfung sein. Hier sind alle, vor allem die Unternehmen, verpflichtet, diese Prüfung durchführen zu lassen, so dass es nicht allein auf grünes Licht und eine Genehmigung durch Russland ankäme.

 
  
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  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 8 von Robert Evans (H-0375/07)

Betrifft: Überseeische Gebiete

Hat der Rat jemals über den ungewöhnlichen Umstand gesprochen, dass einige überseeische Gebiete, die sich buchstäblich auf der anderen Seite der Welt befinden, als Teil der EU gelten, während andere Orte, die innerhalb der EU-Grenzen liegen, als „außerhalb“ der EU betrachtet werden?

Ist es in Anbetracht der Auswirkungen dieser Anomalien nicht an der Zeit, eine Anpassung vorzunehmen oder diese Situation zu klären?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Der Rat hat diese Frage über den vom Herrn Abgeordneten zur Sprache gebrachten Aspekt nicht erörtert. Die physische Entfernung bzw. Nähe zu den 27 Mitgliedstaaten ist für die Beziehungen zwischen den einzelnen Ländern und den Gebieten der Europäischen Union nicht allein entscheidend. Die Beziehungen zu den überseeischen Ländern und Gebieten sind im vierten Teil des EG-Vertrages und in Ratsbeschlüssen geregelt. Der derzeit gültige Ratsbeschluss, der am 27. November 2001 angenommen und am 19. März 2007 geändert wurde, läuft zum 31. Dezember 2013 ab. Vor diesem Zeitpunkt wird der Rat die Situation überprüfen.

 
  
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  Robert Evans (PSE). – (EN) Damit wollte ich eigentlich darauf hinweisen, dass all das, was wir in diesem Parlament beschließen – wie Sie in Ihrer Antwort auf die letzte Anfrage, als Sie sich auf EU-Vorschriften bezogen, die einzuhalten sind, erklärten – für Orte wie Martinique oder Guadeloupe oder Französisch Guyana an der südamerikanischen Küste gilt, die Tausende Kilometer entfernt, weit weg von diesem Ort liegen, jedoch nicht für Orte wie die Kanalinseln, die sich zwischen Frankreich und Großbritannien befinden, oder die Isle of Man, Liechtenstein, Andorra – und ich könnte diese Liste noch fortsetzen. All das sind diese seltsamen kleinen Steueroasen und Ausnahmen, die wir offensichtlich zulassen, und in denen das EU-Recht nicht gilt.

Ist der Rat nicht der Meinung, dass es sich hier um eine solche Anomalie handelt, mit der wir uns nochmals befassen sollten? Wir sollten nach einem moderneren Weg suchen, statt zu versuchen, Dinge Tausende von Kilometern entfernt, jedoch nicht vor unserer eigenen Haustür, gesetzlich zu regeln.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich brauche wohl im Einzelnen nicht zu erwähnen, dass es sich bei den mit Ihrer Frage verbundenen Komplexen um außereuropäische Gebiete handelt, die aber zur Europäischen Union gehören, weil sie angesichts ihrer Verbindung zum Mutterland sozusagen Mitglieder der Europäischen Union sind. Sie wissen genau, dass Länder wie Andorra oder Liechtenstein zwar in Europa liegen, aber nicht Mitglieder der Europäischen Union sind. Ob die Zugehörigkeit dieser Gebiete und die Übertragung von Rechtsvorschriften auf die genannten Gebiete andauern, wird bei einer entsprechenden Überprüfung im Rat festgestellt werden.

 
  
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  Tobias Pflüger (GUE/NGL). – Häufig sind es ja Überseegebiete, in denen sich Militärbasen von EU-Mitgliedstaaten befinden. Ich möchte einen anderen Fall konkret ansprechen: In Zypern gibt es Gebiete, die sovereign military bases heißen und zu Großbritannien gehören, allerdings nicht Teil der Europäischen Union sind. Meine Frage in diesem Zusammenhang: Ist es ein tragfähiger Zustand, dass es in einem EU-Mitgliedstaat Gebiete eines anderen EU-Mitgliedstaates gibt, die nicht Teil der Europäischen Union sind?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich kann Ihnen das nur so erklären, dass es, wie Sie alle wissen, besondere Entwicklungen auf der Insel Zypern gegeben hat und dass hier eben noch ein besonderer Status vorliegt. Insofern haben hier eben noch alte Regelungen Bestand, die aber – wie ich mir vorstellen kann – sicherlich dann einer Änderung zugeführt werden, wenn der Zypernkonflikt insgesamt gelöst sein wird.

 
  
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  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 9 von Philip Bushill-Matthews (H-0378/07)

Betrifft: Mögliche Altersdiskriminierung von Piloten, die Flüge über Frankreich durchführen

Stellt die Weigerung Frankreichs, Piloten, die älter sind als 60 Jahre, das Überfliegen seines Staatsgebiets zu erlauben, einen Verstoß gegen die EU-Richtlinie über die Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (2000/78/EG(1) vom 27. November 2000) dar, auch wenn diese Piloten gemäß den Leitlinien der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation als Kopiloten tätig sind?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrter Abgeordneter! Sie wissen sicherlich, dass die Überwachung der ordnungsgemäßen Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten zunächst unter die Zuständigkeit der Europäischen Kommission fällt. Der Rat möchte daher nicht zu dem genannten spezifischen Fall Stellung nehmen.

 
  
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  Philip Bushill-Matthews (PPE-DE).(EN) Nun gut, das war eine recht knappe Antwort, allerdings eine nicht sehr freundliche. Mir ist klar, dass die Kommission für bestimmte Dinge zuständig ist, aber wollen Sie damit sagen, dass der Rat daran nicht interessiert ist und ihm die Altersdiskriminierung egal ist? Denn das ist die eindeutige Botschaft, die Sie aussenden.

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sie haben gerade gesagt, dass die Kommission die Hüterin der Verträge ist. Sie hat das entsprechend zu prüfen. Im Übrigen besteht für die Betroffenen die Möglichkeit, wenn denn ein Fall von Diskriminierung vorliegt, dies entsprechend überprüfen zu lassen.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). – Ich glaube, dass der Flugverkehr an und für sich einer Neuorganisation bedarf. Deshalb ist die Frage an den Rat berechtigt: Ist vorgesehen, hier in Zukunft eher im Rahmen der Regierungszusammenarbeit oder bilateral vorzugehen, wenn es Diskriminierungsschritte gibt, oder halten Sie es für richtig, dass die Kommission hier eine Initiative ergreift?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter! Wir haben ja in der Europäischen Union bzw. in den Mitgliedstaaten über die Umsetzung entsprechender Richtlinien eine lange Debatte geführt. Dabei war die Vorgabe auch, dass wir das in allen Mitgliedstaaten in nationales Recht umsetzen. Das ist die Grundlage, und wie bei allen anderen Rechtsvorschriften, wo es ein europäisches Recht gibt, haben die Bürgerinnen und Bürger, die sich betroffen fühlen oder die glauben, diskriminiert zu sein, die Möglichkeit, entsprechend vorzugehen, und zwar bis hin zur Klage beim Europäischen Gerichtshof.

 
  
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  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 10 von Bernd Posselt (H-0380/07)

Betrifft: Arbeitslosigkeit im Kosovo

Wie beurteilt die Ratspräsidentschaft die aktuelle Lage im Kosovo, wo die Verzögerung der Anerkennung seiner Unabhängigkeit auch in den letzten Monaten zu einer extrem hohen Arbeitslosigkeit beigetragen hat, und welche Schritte wird die EU wirtschaftlich und politisch noch in diesem Jahr im Kosovo setzen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter Posselt! Die gesamte politische Situation im Kosovo wird weiterhin vom Status-Prozess bestimmt. Mit der Übergabe des Status-Vorschlags des VN-Sondergesandten Ahtisaari an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist dieser Prozess in die maßgebliche Verantwortung des Sicherheitsrats gelangt. Die Außenminister der Europäischen Union haben mehrfach unmissverständlich ihre volle Unterstützung für den Sondergesandten Ahtisaari zum Ausdruck gebracht und ihrer Überzeugung Ausdruck verliehen, dass das Ahtisaari-Paket eine wesentliche Grundlage für eine nachhaltige, wirtschaftliche und politische Entwicklung des Kosovo darstellen sowie zur Stärkung der Stabilität in der gesamten Region beitragen kann.

Nach dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs der G8, bei dem eine Einigung zum Kosovo nicht möglich war, hat die EU-Ratspräsidentschaft alle beteiligten Seiten aufgerufen, ihre Anstrengungen zu intensivieren, um möglichst bald zu der Verabschiedung einer neuen Sicherheitsresolution der Vereinten Nationen zu gelangen. Die Europäische Union begleitet den Status-Prozess auch weiterhin intensiv.

Die Vorbereitungen der Europäischen Union für ihren Beitrag zur künftigen internationalen zivilen Präsenz im Kosovo nach einer Lösung der Status-Frage sind weit gediehen. Die Europäische Union ist bereit, in enger Abstimmung mit anderen internationalen Akteuren eine bedeutende Rolle bei der möglichen künftigen internationalen zivilen Präsenz zu übernehmen. Dazu sind Planungsteams vor Ort, die die mögliche künftige Tätigkeit eines EU-Sonderbeauftragten sowie einer ESVP-Mission im Bereich Polizei und Justiz vorbereiten. Der Abschluss dieser Vorbereitungen ist abhängig vom weiteren Verlauf des Status-Prozesses selbst sowie von der eigentlichen Status-Lösung.

Wie schon in der Vergangenheit werden auch in Zukunft erhebliche Hilfen der internationalen Gemeinschaft im Allgemeinen und der Europäischen Union im Besonderen erforderlich sein, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die soziale Situation im Kosovo zu verbessern. Dies kann nur in enger Abstimmung mit den internationalen Finanzinstitutionen und den Partnern vor Ort erfolgen. Sobald eine genaue Kostenschätzung – abhängig natürlich auch von der Status-Lösung – vorliegt, wird die Kommission ein Gesamtfinanzpaket ausarbeiten, das auch Gegenstand einer Geberkonferenz sein wird. Diese Geberkonferenz kann jedoch erst stattfinden, wenn der Status des Kosovo geklärt ist.

 
  
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  Bernd Posselt (PPE-DE). – Meine Zusatzfrage an Sie ist die folgende: Ist die Statusfrage des Kosovo nicht im Sinne des Europäischen Parlaments zu lösen? Weiß der Rat, dass das Europäische Parlament sich zu 75 % für den Ahtisaari-Plan plus internationale Unabhängigkeit plus unmittelbare Warnung vor einer weiteren Verzögerung ausgesprochen hat? Hält der Rat dies für eine Linie, die auch von anderen Institutionen übernommen werden sollte? Was meint der Rat zu der plötzlichen Äußerung, das Ganze um sechs Monate zu verschieben, wovor das Europaparlament ausdrücklich mit großer Mehrheit gewarnt hat, oder auch zu Äußerungen von Frau del Ponte, die überhaupt nicht dafür zuständig ist?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Natürlich sind uns die Debatten und Entschließungen des Europäischen Parlaments bekannt. Aber ich darf auch noch einmal auf eine ausführliche Diskussion im Rat der Außenminister am vergangenen Montag hinweisen, die morgen Abend in Brüssel eine Fortsetzung finden wird. Dabei wurde erneut eindeutig klargestellt, dass die Ahtisaari-Vorschläge zwar eine Grundlage bilden, dass wir jedoch für eine Lösung, die akzeptiert wird, eine Entscheidung im Rahmen der Vereinten Nationen benötigen.

Es wäre jetzt völlig falsch – und dies ist auch mit den Regierungen der Nachbarregionen besprochen worden – jetzt eine unilaterale Entscheidung zu treffen. Ich glaube, wir haben auch unseren Partner Vereinigte Staaten überzeugen können, dass eine multilaterale völkerrechtliche Entscheidung notwendig ist. Dazu wird es demnächst noch einmal Gespräche geben bei einem bilateralen Treffen zwischen Herrn Putin und Herrn Bush. Dabei wird es sicherlich auch um das Kosovo gehen. Ich warne jedoch jetzt schon davor, dass eine unilaterale Entscheidung keine gute Grundlage für andere noch anstehenden Entscheidungen wäre.

Ich weiß, dass in der Region auch Ungeduld herrscht. Wir haben beispielsweise der albanischen Regierung nochmals ausdrücklich gedankt, dass sie in den letzten Wochen und Monaten mäßigenden Einfluss ausgeübt und erklärt hat, dass eine völkerrechtliche Entscheidung vonnöten ist und keine einseitige Anerkennung nur von einzelnen Ländern.

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). – Sehr geehrte Ratspräsidentschaft! Welche Initiativen plant die Ratspräsidentschaft im Bereich der Wirtschaftspolitik, vornehmlich auch im Bereich der Energiepolitik? Könnten Sie sich vorstellen, dass man zum Beispiel die KMU-Charta oder die Energie-Charta als Ansatz verwendet, um auch im wirtschaftlichen Prozess der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken und auch die Lissabon-Agenda dort attraktiv umzusetzen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter! Uns ist ja bewusst – ausgelöst auch durch die Frage des Kollegen Posselt –, wie wichtig es ist, neben der politischen Stabilität auch wirtschaftliche Stabilität zu schaffen. Voraussetzung ist nun einmal eine grundlegende Entscheidung. Wir alle kennen die Umstände. Zu möglichen Perspektiven – Sie haben die in der Region bereits vorhandene Energiegemeinschaft angesprochen – müssen dann Entscheidungen getroffen werden, wenn die vorhergehende politische Entscheidung gefallen ist. Sie wissen aber auch aufgrund anderer Debatten, auch über Nachbarregionen, welche Möglichkeiten die Europäische Union diesen Ländern angeboten hat, die regionale Kooperation zu fördern. Da ist sicherlich der von Ihnen angesprochene Aspekt von großer Tragweite.

 
  
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  Die Präsidentin. Da sie dasselbe Thema betreffen, behandeln wir die folgenden Anfragen gemeinsam:

Anfrage Nr. 11 von Esko Seppänen (H-0382/07)

Betrifft: Athena-Mechanismus

Da durch die EU-Gründungsverträge die Zuweisung von Gemeinschaftsmitteln zur Finanzierung militärischer Operationen untersagt ist, haben sich die Mitgliedstaaten auf einen speziellen Athena-Mechanismus geeinigt. Wie hoch sind die Mittel der Mitgliedstaaten, die über diesen Mechanismus zur Finanzierung der verschiedenen Operationen eingesetzt wurden?

Anfrage Nr. 12 von Tobias Pflüger (H-0385/07)

Betrifft: Militärbudget, Athena-Finanzierungsmechanismus

Nach Auskunft der deutschen Bundesregierung vom Sommer 2006 erwirbt die EU zur Durchführung der Operation Althea von der NATO bestimmte Fernmeldeleistungen (Kostenteilung zwischen den beiden Organisationen) und verhandelt über den Erwerb des ursprünglich für die NATO hergestellten Kartenmaterials für Bosnien und Herzegowina oder mietet, dies aber bereits in Form einer regulären vertraglichen Vereinbarung jenseits von Berlin Plus, eine exakt bestimmte Infrastruktur (Container) im gemeinsam genutzten Hauptquartier Camp Butmir.

Hält der Rat nach dem jüngsten Beschluss des Rates zum Athena-Finanzierungsmechanismus eine ausreichende demokratische Haushaltskontrolle des Athena-Militärbudgets für gewährleistet und warum war es bisher nicht möglich, die Zahlungen an die NATO auszuweisen, die aus dem Athena-Budget getätigt werden, sowie Angaben über die exakte Mittelverwendung aus dem Athena-Haushalt zu veröffentlichen und das Europäische Parlament darüber zu informieren?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. In Artikel 28 des Vertrags über die Europäische Union sind die Grundsätze für die Finanzierung ziviler und militärischer Krisenbewältigungsoperationen niedergelegt. Operationen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen können nicht aus Gemeinschaftsmitteln finanziert werden.

Athena ist der vom Rat 2004 geschaffene Mechanismus zur Verwaltung der Finanzierung der gemeinsamen Kosten solcher Operationen. Die gemeinsamen Kosten liegen unter 10 %, die gesamten Mehrkosten einer Operation. Der Rest der Ausgaben wird nach dem Grundsatz, dass die Kosten dort getragen werden, wo sie anfallen, direkt von den Mitgliedstaaten finanziert.

Athena wird unter der Aufsicht eines Sonderausschusses verwaltet, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt, die über ihre jeweiligen Minister ihren eigenen nationalen Parlamenten rechenschaftspflichtig sind. Was die Operation Althea betrifft, so bezahlen sowohl die Europäische Union als auch die NATO ihren Anteil für gemeinsam genutzte Anlagen, Personal usw. Die NATO erhält für geleistete Dienste keine Rückerstattungen von Athena.

 
  
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  Esko Seppänen (GUE/NGL). – (FI) Frau Präsidentin, Herr Staatsminister! Ein System, dem es an demokratischer Kontrolle mangelt, ist ein sonderbares System. Mit demokratischer Kontrolle meine ich die Kontrolle durch das Parlament und nicht die Kontrolle des Europäischen Parlaments oder der nationalen Parlamente. So hebeln wir die Bestimmungen der Verträge aus, wie Sie gerade erklärt haben. Ich möchte nun gern wissen, ob die Verträge durch die neue Verfassung, für die der Vorsitz einen Entwurf vorgelegt hat, so abgeändert werden, dass diese Mittel ohne Anwendung des Athena-Mechanismus aus dem EU-Haushalt bereitgestellt werden können?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Über die Zukunft des europäischen Verfassungsvertrags möchte ich heute, am Vorabend des Europäischen Rates, nicht spekulieren. Wir werden sehen, welche Debatten geführt werden und welche Konsequenzen sich für die vertraglichen Bestimmungen ergeben.

Zum zweiten Punkt möchte ich sagen, dass in dem Ausschuss die jeweiligen Minister der Mitgliedstaaten vertreten sind, die wiederum, weil ja die Beiträge aus den Mitgliedstaaten kommen, letztendlich auch ihren Parlamenten gegenüber rechenschaftspflichtig sind. Soviel ich weiß, besitzen die Parlamente entweder entsprechende Fachausschüsse, die darüber befinden können und den jeweiligen Minister über die Verwendung der Mittel befragen können, oder es gibt Haushaltskontrollausschüsse, die die Verwendung dieser Mittel überprüfen.

 
  
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  Tobias Pflüger (GUE/NGL). – Die Realität ist leider etwas anders. Im Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung bekomme ich die Aussage, die EU würde Gelder an die NATO zahlen. Sie sagen jetzt, es werde nicht gezahlt. Das ist ja interessant. Das Problem ist, dass wir über die Nachfragen in den einzelstaatlichen Parlamenten die Zahlen nicht bekommen. Und wir bekommen sie auch nicht über den Haushaltsausschuss und auch nicht im Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung.

Wäre es möglich, dass die Ratspräsidentschaft eine Übersicht über die Ausgaben zusammenstellt, die bisher über diesen Athena-Mechanismus getätigt wurden?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Zum ersten Punkt kann ich sagen: Ich werde, wie vorhin gesagt, sicherlich der Angelegenheit, die Sie angesprochen haben, nachgehen und prüfen lassen, ob es einen Widerspruch gibt, wie Sie ihn beschreiben. Zum anderen kann ich als Vertreter des Ratsvorsitzes letztlich nicht darüber befinden, was die Gepflogenheiten und Rechte in den einzelnen Mitgliedstaaten sind, um hier eine solche Übersicht zu machen. Das ist den Nationalstaaten überlassen.

 
  
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  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 13 von Inese Vaidere (H-0387/07)

Betrifft: Verhandlungen zwischen der EU und Georgien über den Abschluss von Abkommen über Visaerleichterungen und Rückübernahmen

Georgien ist ein wichtiger EU-Partner im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik. Seine gegenwärtige Regierung strebt eindeutig nach Europa und unternimmt Anstrengungen in Bezug auf Reformen im Sinne europäischer Werte, und sie zeigt sich durchaus in der Lage, diese auch durchzuführen.

Von Seiten der EU ist ein Mangel an Bereitschaft zu Gesprächen mit Georgien über Abkommen für Visaerleichterungen und Rückübernahmen zu beobachten. Dies steht im Widerspruch zu dem erfolgreichen Abschluss der EU-Abkommen über Visaerleichterungen und Rückübernahmen mit Russland, die am 1. Juni dieses Jahres in Kraft treten werden, und zu den entsprechenden Verhandlungen, die 2006 mit der Ukraine abgeschlossen und Anfang diesen Jahres mit der Republik Moldau aufgenommen wurden.

Eine Vereinfachung der derzeit für Georgien geltenden Visaregelungen war nie Gesprächsthema in der EU, und es überrascht, dass dieses Land anscheinend dafür bestraft wird, dass es sich derart für europäische Werte und Reformen engagiert.

Was unternimmt der Rat, um den Verhandlungsprozess mit Georgien in Bezug auf den Abschluss von Abkommen über Visaerleichterungen und Rückübernahmen zu beschleunigen, und welche Pläne hat er für die Verhandlungen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich darf Ihnen als Vorsitz mitteilen, dass keine Initiativen ergriffen wurden, um der Kommission ein Mandat zur Aufnahme von Verhandlungen über entsprechende Abkommen mit Georgien zu erteilen. Im Aktionsplan EU-Georgien im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik ist jedoch jederzeit vorgesehen, dass ein Dialog über Fragen im Zusammenhang mit dem Personenverkehr einschließlich der Rückübernahme und der Ausstellung von Visa aufgenommen werden sollte.

Im Zusammenhang mit der Diskussion über eine mögliche Ungleichbehandlung von Bürgerinnen und Bürgern, die in Abchasien leben und dort ein Visum auf der Grundlage der neuen Abkommen bekommen, sowie mit der Frage, ob hier nicht möglicherweise Ungleichgewichte zwischen den Rechten der dort lebenden Menschen und denen der Menschen in Georgien selbst entstehen, möchte ich ergänzen, dass diese Debatte, die auch auf anderer Ebene im Europäischen Parlament stattgefunden hat, aufgegriffen wird, um eine Lösung herbeizuführen.

 
  
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  Inese Vaidere (UEN).(LV) Herr Gloser, Sie haben gerade Abchasien und Südossetien genannt. Es ist wohl bekannt, dass Russland derzeit in sehr großem Umfang russische Reisepässe für Bewohner Abchasiens und Südossetiens ausstellt und so den Anteil der georgischen Bürger in diesen Regionen künstlich verringert. Die Europäische Union schafft durch ihre zögerliche Haltung bei der Gewährung dieser Visaerleichterung für Georgien indirekt einen zusätzlichen Anreiz für den Erwerb russischer Reisepässe, da russische Bürger derzeit mehr Möglichkeiten haben in die Europäische Union zu reisen als georgische Bürger. Ich möchte noch eine zweite Frage stellen: Warum wurden diese Gespräche über Visaerleichterungen für Georgien nicht im Rat begonnen? Welche besonderen Lösungen sehen Sie für diese meines Erachtens unannehmbare Situation?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Die Europäische Union hat mit Russland diesen Vertrag über Visa-Erleichterungen und entsprechende Rückführungsabkommen geschlossen. In den letzten Wochen ist die Erkenntnis aufgetaucht, dass dort – und ich kann ruhig den gleichen Begriff wählen wie Sie – ein Ungleichgewicht besteht, nämlich dass Bürger, die in Abchasien oder Südossetien wohnen, plötzlich die Gelegenheit haben, mit einem russischen Visum zu reisen, während dies den Bürgerinnen und Bürgern Georgiens nicht möglich ist. Das war der Anlass für die Europäische Union zu überlegen, wie im Rahmen der Nachbarschaftspolitik Gespräche hierüber mit Georgien aufgenommen werden können, um dann dem Ungleichgewicht – wenn es denn so weiterginge – zwischen der auf russischer Seite bestehenden Möglichkeit, ein Visum zu erlangen, und dem Fehlen dieser Möglichkeit auf georgischer Seite entgegenzutreten.

 
  
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  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 14 von Leopold Józef Rutowicz (H-0390/07)

Betrifft: Annahme der Roaming-Richtlinie

Welche Maßnahmen wird der Rat ergreifen, um die Annahme der Roaming-Richtlinie zu beschleunigen, die für die Unionsbürger von entscheidender Bedeutung ist?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Kollege! Sie hatten bereits auf der Februar-Tagung nach dem Stand der Roaming-Verordnung gefragt. Ich freue mich daher, Ihnen folgende Antwort auf Ihre erneute Frage geben zu können, obwohl Ihnen der Inhalt sicherlich bereits bekannt sein dürfte, da das Thema Roaming uns alle betrifft, da wir ohne diese mobilen Telefone nicht mehr auskommen.

Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, unterliegt die auf Artikel 95 EG-Vertrag gestützte Roaming-Verordnung dem Mitentscheidungsverfahren gemäß Artikel 251 EG-Vertrag. Ich kann Ihnen versichern, dass sich alle drei Organe zum Ziel gesetzt haben, die Roaming-Verordnung so rasch wie möglich zu verabschieden. Der Rat hat auf seiner Tagung vom 6.-8. Juni eine politische Einigung über den Vorschlag erzielt und die Stellungnahme des Europäischen Parlaments in erster Lesung somit gebilligt. Die Rechts- und Sprachsachverständigen sind bereits mit der abschließenden Überarbeitung des Textes befasst, damit er im Wege eines beschleunigten Verfahrens angenommen werden kann. Die Annahme des Rechtsaktes wird für Ende Juni erwartet. Die Veröffentlichung im Amtsblatt wird unmittelbar danach erfolgen.

 
  
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  Leopold Józef Rutowicz (UEN). – (PL) Frau Präsidentin! Bedauerlicherweise wurde die Anfrage zu einem Zeitpunkt gestellt, da die Situation eine ganz andere war. Ich meine, wir sollten es deshalb begrüßen, dass diese Richtlinie so rasch verabschiedet wurde und die europäische Gesellschaft nun davon profitieren kann.

Das ist übrigens ein großer Erfolg für das gesamte Europäisch Parlament, den Rat und die Kommission. Kein solch großer Erfolg sind jedoch die in der Richtlinie festgelegten Tarife. Experten des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz zufolge waren diese Tarife ursprünglich niedriger. Der Berichterstatter hat sie im Laufe des Konsultationsverfahrens erhöht, und so wurden sie in der Richtlinie selbst schließlich auch höher angesetzt.

Ich habe aber in diesem Zusammenhang eine Frage. Roaming ist doch, wenn ich das mal so sagen darf, in Europa eigentlich inakzeptabel. Wann wäre denn damit zu rechnen, dass das Roaming in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ganz abgeschafft wird?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Wir alle wissen doch auch, dass zwischen den Zielen, die wir uns setzen, und dem, was wir erreichen, oft eine große Kluft besteht. Aber wir sollten uns doch jetzt darüber freuen, dass ein erster wichtiger Schritt gemacht worden ist, und es wird der Energie aller Beteiligten bedürfen, um das noch bis Ende Juni in Kraft zu setzen. Das ist auch ein Beispiel dafür, dass es ist richtig und wichtig ist, über Dinge des Verfassungsvertrages zu diskutieren.

Aber es war immer auch ein Ansatz der deutschen Präsidentschaft, dass die Bürgerinnen und Bürger auch das Europa der Projekte, der Resultate sehen müssen. Die demnächst in Kraft tretende Roaming-Verordnung ist ein Beispiel für die Handlungsfähigkeit Europas und für ein Projekt für die europäischen Bürgerinnen und Bürger. Wir wissen alle – da glaube ich schon an die Initiativen des Europäischen Parlaments –, dass es auch weiterhin Diskussionen über weitere Veränderungen geben wird.

 
  
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  Die Präsidentin.

Anfrage Nr. 15 von Danutė Budreikaitė (H-0392/07)

Betrifft: Durchführung der Nachbarschaftspolitik der EU

Die Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union erstreckt sich auf sechzehn Nachbarländer, die Mittelmeerländer Ägypten, Algerien, Israel, Jordanien, Libanon, Libyen, Marokko, die Palästinensische Selbstverwaltung, Syrien und Tunesien und die Neuen Unabhängigen Staaten Ukraine, Moldau, Belarus, Armenien, Aserbaidschan und Georgien.

Zur Durchführung der Nachbarschaftspolitik ist für jedes Nachbarland ein Aktionsplan vorgesehen. Für die Nachbarschaftspolitik sollen 16% des Etats für auswärtige Beziehungen bereitgestellt werden.

Könnte das den Ratsvorsitz innehabende Land die Frage beantworten, mit welchen Nachbarländern Verträge gemäß dem Instrument der Nachbarschaftspolitik unterzeichnet wurden? Welche Mittel sind für welchen Zeitraum für die betreffenden Länder vorgesehen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Bei dem Aktionsplan im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik handelt es sich um politische Dokumente, die Ausdruck einer politischen Einigung zwischen der Europäischen Union und den einzelnen Partnerländern über eine Agenda politischer, wirtschaftlicher und sektoraler Reformen sind und die zugleich kurz- und mittelfristige Prioritäten für Maßnahmen enthalten. Sie werden vom Assoziations- oder Kooperationsrat zwischen der Europäischen Union und dem jeweiligen Partnerland angenommen.

Was die Partnerländer im Osten betrifft, so sind mit fünf der sechs betreffenden Länder Aktionspläne im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik abgeschlossen worden. Als erste wurden am 21. Februar 2005 der Aktionsplan mit der Ukraine und am 22. Februar 2005 der Aktionsplan mit der Republik Moldau angenommen. Danach folgten Armenien, Aserbaidschan und Georgien, mit denen am 14. November 2006 einzelne Aktionspläne angenommen wurden. Mit Belarus ist kein solcher Aktionsplan angenommen worden, da die EU keine vertraglichen Beziehungen zu diesem Land unterhält. Belarus wird erst dann in den Genuss der umfassenden Vorteile der europäischen Nachbarschaftspolitik kommen, wenn es im Anschluss an freie und faire Wahlen eine demokratische Regierungsform eingeführt hat.

Mit den Partnerländern im Süden wurden folgende Aktionspläne im Rahmen der europäischen Nachbarschaftspolitik angenommen: Am 11. April 2005 mit Israel, am 4. Mai 2005 mit der Palästinensischen Behörde, am 2. Juni 2005 mit Jordanien, am 22. Juni 2005 mit Marokko, am 4. Juli 2005 mit Tunesien, am 19. Januar 2007 mit Libanon und am 6. März 2007 mit Ägypten. Einen Aktionsplan mit Algerien gibt es noch nicht, für Libyen und Syrien sind keine Aktionspläne angenommen worden, da die EU keine vertraglichen Beziehungen zu diesen Ländern unterhält.

Die Europäische Union wird für die Umsetzung der europäischen Nachbarschaftspolitik im Zeitraum 2007-2013 insgesamt 12 Milliarden Euro an EG-Mitteln zur Verfügung stellen, was einem realen Zuwachs von 32 % entspricht. Im Anschluss an Beratungen mit den EU-Mitgliedstaaten hat die Kommission gemäß der Verordnung Nr. 1638/2006 vom 24. Oktober 2006 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen zur Schaffung eines europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments die Aufteilung dieser Mittel beschlossen und Strategiepapiere und Richtprogramme angenommen, die Länder, Regionen und grenzübergreifende Programme für den Zeitraum 2007-2010 umfassen.

Was die Länderprogramme im Rahmen des Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments ENPI betrifft, so sehen die Mehrjahresbeträge für den Zeitraum 2007-2010 wie folgt aus: Für Algerien 220 Millionen Euro, für Armenien 98,4 Millionen Euro, für Aserbaidschan 92 Millionen Euro, für Belarus 20 Millionen Euro, für Ägypten 558 Millionen Euro, für Georgien 120,4 Millionen Euro, für Israel 8 Millionen Euro, für Jordanien 265 Millionen Euro, für Libanon 187 Millionen Euro, für Libyen 8 Millionen Euro, für die Republik Moldau 209,7 Millionen Euro, für Marokko 654 Millionen Euro, für die Palästinensische Behörde 632 Millionen Euro, für Syrien 130 Millionen Euro, für Tunesien 300 Millionen Euro und schließlich für die Ukraine 494 Millionen Euro. Im Falle von Libyen und der Palästinensischen Behörde ist anzumerken, dass keine Strategiepapiere oder Richtprogramme angenommen worden sind, da eine mittelfristige Programmplanung nicht möglich ist. Bei den genannten Zuweisungen handelt es sich daher nur um Platzzahlen.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE).(LT) Frau Präsidentin, danke für die ausführliche Antwort. Ich möchte eine Sache klarstellen. Bei der Umsetzung dieser Politik bestehen bestimmte Vereinbarungen und Aktionspläne mit einzelnen Ländern: zwischen der Europäischen Union und der Ukraine, zwischen der Europäischen Union und Georgien. Sind die Mitgliedstaaten, die an diese Länder angrenzen, in die Aufstellung der Aktionspläne einbezogen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Wir hatten heute Nachmittag eine Debatte über MEDA bzw. über die Europäische Nachbarschaftspolitik, aber eher bezogen auf den Süden. Ich möchte deutlich unterstreichen, dass es für die Mitgliedstaaten, die am 1. Mai 2004 der Europäischen Union beigetreten sind, ein Impuls war zu sagen: Jetzt haben wir eine Außengrenze der Europäischen Union. Wir haben aber auch Nachbarn und sind an der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stabilität dieser Länder interessiert.

Deshalb haben wir in der Ausgestaltung und Weiterentwicklung der Europäischen Nachbarschaftspolitik auch einen Schwerpunkt gesetzt, vor allem mit dem wichtigen Aspekt, dass für jedes Nachbarland, das entsprechende Beziehungen zur Europäischen Union unterhält, je nach den individuellen Fortschritten ein Programm ausgearbeitet werden kann, so dass es maßgeschneiderte Programme beispielsweise für die Ukraine oder für Moldawien gibt. Ich kann nur sagen, sehr geehrte Frau Abgeordnete, dass die auch von Ihnen zitierten Länder an der Erstellung dieser Aktionspläne mitarbeiten und ein großes Interesse daran haben. Was diese Pläne und diese Nachbarschaftspolitik vorsehen, kann in bestimmten Sektoren, etwa dem Zugang zum Binnenmarkt, eine sehr wesentliche Rolle spielen. Da der Europäische Rat diesen neuen Ansatz der Nachbarschaftspolitik morgen und am Freitag in seinen Schlussfolgerungen absegnen wird, werden hoffentlich auch die nachfolgenden Ratspräsidentschaften die Möglichkeit haben, auf der Grundlage dieses Programms weiterzuarbeiten.

 
  
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  Esko Seppänen (GUE/NGL). – (FI) Herr Ratspräsident! Sie haben gesagt, dass es mit Belarus keine Nachbarschaftsprogramme gibt, weil es in dem Land noch keine demokratischen Wahlen gegeben hat. Allerdings gibt es ein solches Programm mit Aserbaidschan. Sind Sie der Auffassung, dass die Wahlen in Aserbaidschan frei und korrekt waren, und ist es Ihrer Meinung nach logisch, dass ein solches Programm mit Aserbaidschan vereinbart wurden, nicht jedoch mit Belarus?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter! Es hat auch mit den Ländern des Südkaukasus intensive Gespräche gegeben. Es hat entsprechende Berichte über die jeweiligen Fortschritte gegeben, so dass es auch aufgrund der Vorarbeit durch die Europäische Union dazu gekommen ist, dass im letzten Jahr entsprechende Aktionspläne verabschiedet wurden. Das heißt – nicht nur unterstellt –, dass die Prüfung ergeben hat, dass das Wahlen sind, um einen entsprechenden Aktionsplan gemeinsam mit Aserbeidschan abzuschließen.

 
  
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  Die Präsidentin. Anfrage Nr. 16 von James Nicholson (H-0394/07)

Betrifft: Brasilianisches Rindfleisch

Es muss sichergestellt werden, dass die europäischen Verbraucher volles Vertrauen in das ihnen angebotene Rindfleisch haben können. Wird der Rat daher nicht in Erwägung ziehen, ein sofortiges Verbot für Rindfleischausfuhren aus Brasilien in die Europäische Union zu verhängen anstatt bis Ende dieses Jahres abzuwarten?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Herr Abgeordneter! Nach dem Gemeinschaftsrecht ist die Kommission dafür zuständig, die Schutzklausel zu handhaben. Der Rat hat daher keinen direkten Einfluss auf die Entscheidung, die die Kommission im Zusammenhang mit brasilianischem Rindfleisch getroffen hat.

 
  
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  James Nicholson (PPE-DE).(EN) Vielen Dank, Herr Ratspräsident, aber ich bin mit dieser Antwort nicht ganz zufrieden. Gestern Abend habe ich an die Kommission auch eine Anfrage gerichtet, deren Antwort auch nicht gerade hilfreich war. Ich möchte dem Herrn Ratspräsidenten mitteilen, dass das Irish Farmers’ Journal und ein Vertreter der Irish Farmers’ Association bei ihrem Besuch in Brasilien eindeutige Beweise fanden, dass die Normen in Brasilien nicht eingehalten werden. Es besteht keinerlei Rückverfolgbarkeit. An den regionalen Grenzen gibt es keinerlei Kontrollen. Tagein tagaus werden Tiere in Brasilien aus Gebieten bewegt, in denen die Maul- und Klauenseuche herrscht. Es liegen Beweise vor, dass in der Europäischen Union verbotene Substanzen in Brasilien verwendet werden.

Ist es nicht langsam Zeit, dass wir in Europa aufhören, im Zusammenhang mit diesem Problem Lippenbekenntnisse abzulegen – wenn unsere Verbraucher davon betroffen sein könnten –, und brasilianisches Rindfleisch zu verbieten, weil das alle in der Europäischen Union zum Wohle der Hersteller und der Verbraucher auch wollen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich sage ungern, dass der Rat dafür nicht zuständig ist. Aber Sie haben selbst gesagt, dass Sie die Möglichkeit ergriffen haben, diese Problematik auch gegenüber der Kommission vorzutragen. Sie ist dem Rat natürlich auch bekannt, aber es liegt jetzt an der Kommission, den entsprechenden Informationen nachzugehen. Dann hat die Kommission auch die Verantwortung, entsprechende Vorschläge zu unterbreiten und Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Dies liegt wirklich nicht in der Kompetenz des Europäischen Rates.

 
  
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  Jim Allister (NI). – (EN) Herr Ratspräsident, Sie sagen, dafür sei die Kommission zuständig. Aber die Gesundheit der europäischen Bürger muss etwas sein, an dem der Rat nicht nur ein flüchtiges Interesse zeigt. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben gegen frisches brasilianisches Rindfleisch ein umfassendes Einfuhrverbot verhängt, da es keinerlei Rückverfolgbarkeit gibt, weil der Einsatz illegaler Wachstumshormone weit verbreitet ist und im Allgemeinen Kontrollen beängstigend selten durchgeführt werden. Ist die Gesundheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger weniger wichtig als die Gesundheit der Amerikaner? Wenn das nicht der Fall ist – weshalb haben wir dann brasilianisches Rindfleisch nicht bereits verboten?

 
  
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  Marian Harkin (ALDE). – (EN) Ich habe gehört, was der Rat sagte, bin jedoch der Meinung, dass er hier der Problematik ausweicht.

Gegenwärtig verhandeln wir mit den G4 in Potsdam, und ich wüsste gern, ob wir die Empfehlungen des Vorsitzenden des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung so einfach ignorieren können, der ein Einfuhrverbot für Rindfleisch aus Brasilien gefordert hat. Können wir über die im Abschlussbericht über einen Besuch des Europäischen Lebensmittel- und Veterinäramts in Brasilien gezogenen Schlussfolgerungen einfach so hinwegsehen? Darin heißt es ganz eindeutig, dass das gegenwärtige System der Kontrollen auf Rückstände von Tierarzneimitteln unzureichend ist.

Wesentliche Mängel sind nach wie vor bei der Gestaltung, dem Umfang und der Umsetzung der Rückstandskontrollpläne zu verzeichnen. Ich möchte die gleiche Frage wie meine Vorredner stellen. Meinen Sie nicht auch, dass es jetzt an der Zeit ist, etwas zu unternehmen und die europäischen Verbraucher zu schützen?

 
  
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  Günter Gloser, amtierender Ratspräsident. Ich stimme Ihnen zu, dass wir als Europäische Union handeln müssen, wenn die Informationen, die Sie gerade beschrieben haben, so vorliegen. Aber wir haben uns entsprechende Regeln gegeben. Ich kann nur Ihre Forderung im Sinne der Verbraucher aufgreifen und unterstützen, dass die Kommission die entsprechenden Gremien darüber unterrichtet, inwieweit sie es geprüft hat und welche Maßnahmen sie treffen kann. Aber ich bitte um Verständnis, dass wir nicht ständig die Rollen tauschen können. Wir haben klare Bereiche, und dafür ist die Kommission zuständig. Ich kann die Antwort der Kommission, die bei der heutigen Fragestunde nicht vertreten sein muss, nicht vorwegnehmen. Ich kann nur anbieten, noch einmal nachzufragen, damit Sie als diejenigen, die die Bürgerinnen und Bürger vertreten, eine entsprechende und klare Antwort der Kommission bekommen.

 
  
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  Die Präsidentin. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um Ihnen, Herr Ratspräsident, vielmals für Ihre Zusammenarbeit und das während des Ratsvorsitzes Ihres Landes bei unserer Fragestunde gezeigte Entgegenkommen zu danken.

Die Anfragen, die aus Zeitgründen nicht behandelt wurden, werden schriftlich beantwortet (siehe Anlage).

Die Fragestunde ist geschlossen.

(Die Sitzung wird um 19.05 Uhr unterbrochen und um 21.00 Uhr wieder aufgenommen.)

 
  
  

VORSITZ: ALEJO VIDAL-QUADRAS
Vizepräsident

 
  

(1) ABl. L 303 vom 2.12.2000, S. 16.


15. Zusammensetzung der Ausschüsse und der Delegationen: siehe Protokoll

16. Strategie für die Außendimension des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Fortsetzung der Aussprache)
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  Der Präsident. Wir setzen die Aussprache mit dem Bericht von Herrn Klich über den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts: Strategie für die Außendimension, Aktionsplan zur Umsetzung des Haager Programms fort.

 
  
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  Francisco José Millán Mon, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(ES) Herr Präsident! Die Außendimension ist von entscheidender Bedeutung für die Errichtung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Deshalb freue ich mich, dass das Parlament den Bericht Klich zu diesem Thema ausgearbeitet hat.

Bedrohungen wie Terrorismus, organisiertes Verbrechen, Drogenhandel und das Schleusen illegaler Einwanderer haben globalen, internationalen Charakter, und die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten können diese Probleme daher nicht allein bewältigen. Die Zusammenarbeit mit Drittländern und insbesondere den Nachbarstaaten ist wesentlich.

Ich möchte drei Grundgedanken hervorheben. Erstens, die Errichtung dieses Raums ist ein entscheidendes Ziel. Deshalb muss die Entwicklung der Zusammenarbeit mit Drittländern in den Außenaktionen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten eine Priorität darstellen.

Zweitens, diese Zusammenarbeit darf deshalb nicht allein in der Zuständigkeit des sehr aktiven und kompetenten Kommissars für Justiz, Freiheit und Sicherheit und des Rates Justiz und Inneres liegen, sondern muss auch zum Aufgabenbereich der Kommissarin für Außenbeziehungen und des Rates Auswärtige Angelegenheiten, des Hohen Vertreters und des Kommissars für Zusammenarbeit gehören. Daher legt der Bericht Klich besonderen Nachdruck auf diese notwendige Koordinierung.

Drittens teile ich viele der Standpunkte der Mitteilung der Kommission von 2005 über die Außendimension des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Allerdings würde ich in das Kapitel über die Prinzipien, von denen sich die Politik gegenüber Drittländern leiten lassen muss, den Grundsatz der positiven Konditionalität einfügen. Mit anderen Worten, wir müssen für die Drittländer Anreize und Stimuli zur Zusammenarbeit schaffen. Uns darf es nicht einerlei sein, ob sie mit der Europäischen Union kooperieren oder nicht.

Bei der Frage der illegalen Einwanderung beispielsweise – in Spanien leider ein Thema von größter Aktualität – darf es uns nicht gleichgültig sein, ob sie Rückübernahmevereinbarungen unterzeichnen oder nicht, ob sie bei der Identifizierung ihrer Staatsangehörigen und der Ausstellung von Dokumenten für sie behilflich sind oder nicht, ob sie die Machenschaften der organisierten Schleusergruppen tolerieren oder nicht. Wir müssen sie nachdrücklich auffordern, auf allen diesen Gebieten mit uns zusammenzuarbeiten, und wir müssen dies entsprechend honorieren. Ferner ist es erforderlich, diese Zusammenarbeit zu überwachen und sie zu bewerten. Dafür existiert bereits ein Bewertungsmechanismus, der nach dem Europäischen Rat von Thessaloniki 2003 aufgestellt wurde.

Meine Damen und Herren, wir leben in einer globalisierten und stark voneinander abhängigen Welt, und deshalb werden die Sicherheit und Freiheit unserer Bürger sowie die Kontrolle der Immigrantenströme ohne die Zusammenarbeit der Drittländer anfälliger und schwieriger zu gewährleisten sein.

 
  
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  Martine Roure, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts kann nur dann reibungslos funktionieren, wenn die Maßnahmen, die wir in der Europäischen Union treffen, auch auf unsere Beziehungen mit Drittländern ausgedehnt werden. Daher ist es wichtig, unsere Strategie für Freiheit, Sicherheit und Recht mit der Außenpolitik der Europäischen Union zu koordinieren. Ich möchte unsere beiden Berichterstatter Bogdan Klich und Aloyzas Sakalas beglückwünschen, dass es ihnen gelungen ist, in diesem Bericht unsere Prioritäten zu benennen.

Im Migrationsbereich können wir uns nicht mit einer besseren Befestigung unserer Grenzen zufrieden geben. Wir müssen einen echten Dialog mit den Drittländern aufbauen, der vor allem auf dem Schutz der Grundrechte und der Demokratisierung beruht. Daher möchten wir sicherstellen, dass die Grundrechte durch die Aufnahme einer Menschenrechtsklausel in Abkommen mit Drittstaaten integraler Bestandteil jedes europäischen Rechtsaktes sind.

Der Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus auf internationaler Ebene wird nur dann seine Wirkung entfalten, wenn wir eng mit unseren Verbündeten zusammenarbeiten. Aber wir müssen daran erinnern, dass sich die Terrorismusbekämpfung für die Europäische Union vor allem über die Stärkung der Grundrechte vollzieht. Wir können nicht die gleichen Waffen einsetzen wie die Terroristen. Gewalt und Barbarei müssen wir Rechtsstaatlichkeit und Justiz entgegensetzen! Daher drängen wir darauf, dass die europäischen Institutionen dafür Sorge tragen, dass die Wahrung der Menschenrechte, auch die der Menschen, die terroristischer Straftaten verdächtigt werden, gemäß den Schlussfolgerungen unseres nichtständigen Ausschusses zur behaupteten Nutzung europäischer Länder für die Beförderung und die unrechtmäßige Inhaftierung von Gefangenen durch die CIA unter keinen Umständen durch die Erfordernisse der Mitgliedstaaten im Kampf gegen den Terrorismus beeinträchtigt wird.

Schließlich möchte ich auf die Swift-Affäre und die Fluggastdaten (PNR) zu sprechen kommen. Unsere amerikanischen Freunde sind wichtige Bündnispartner. Folglich müssen wir eine weltweite Politik des Austauschs und des Schutzes von Daten unter Wahrung der europäischen Gesetzesvorschriften in diesem Bereich aushandeln.

 
  
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  Sophia in ‘t Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich sagen, wie schade es ist, dass der Berichterstatter nicht anwesend ist, denn ich wollte ihn zu seinem hervorragenden Bericht beglückwünschen und ihm für die gute Zusammenarbeit danken. Leider ist er nicht hier. Was aber noch schlimmer ist – auch der Rat fehlt wieder einmal. Ich werte das als ein Zeichen seines fehlenden Engagements für dieses wichtige Thema, insbesondere für den Aspekt der Menschenrechte in unseren Außenbeziehungen. Doch darauf werde ich später zurückkommen. Wenn es um Sicherheitsmaßnahmen, Maßnahmen des Kampfes gegen Terrorismus und Kriminalität geht, dann ist der Rat immer anwesend und in der Lage, ganz schnell Entscheidungen zu treffen, aber wenn es um Menschenrechte geht, dann glänzt er durch Abwesenheit. Ich möchte auf diesen Punkt ganz deutlich hinweisen.

Hier handelt es sich um einen ganz wichtigen Bericht, denn er befasst sich mit dem Hauptanliegen der Europäischen Union, nämlich der Demokratie, den Menschenrechten und den individuellen Freiheiten. Ich freue mich ganz besonders über den ersten Spiegelstrich von Ziffer 17, in dem es heißt, dass die Förderung von demokratischen Normen, Menschenrechten und politischen Freiheiten eine unverzichtbare Dimension der Außenbeziehungen ist und im Mittelpunkt aller Bestrebungen der Außendimension steht.

Meines Erachtens ist dies eine der wichtigsten Ziffern des Berichts. In den letzten sechs Jahren haben wir viele Maßnahmen im Kampf gegen Terrorismus und Kriminalität ergriffen, doch dieses Vorgehen war sehr unausgewogen, da der Aspekt der Menschenrechte fast völlig unter den Tisch fiel. Wir haben viel über Menschenrechte, bürgerliche Freiheiten und Demokratie gesprochen. Doch ich frage mich, ob wir noch immer das gleiche moralische Ansehen in der Welt genießen, wenn wir uns beispielsweise Guantánamo Bay, die Überstellungen und Inhaftierungen an geheimen Orten durch die CIA und die Tatsache ansehen, dass der Rat bis zum heutigen Tage noch keine Antwort auf die aufgeworfenen Fragen gegeben hat.

Wenn ich nur daran denke, wie zaghaft die Menschenrechtsverletzungen in Russland durch die Europäische Union verurteilt werden, und dass auf dem Gipfel an diesem Wochenende höchst wahrscheinlich die Charta der Grundrechte aus der Verfassung gestrichen wird, dann frage ich mich, welches politische Signal wir aussenden. Meiner Meinung nach sollten wir aufhören, über die Grundsätze der Menschenrechte und der Demokratie zu reden, und endlich damit beginnen, sie in die Tat umzusetzen und sie ernst zu nehmen.

Ein zweiter Punkt ist die demokratische Rechenschaftspflicht, die der Berichterstatter zu Recht in den Vordergrund stellt. Es ist ganz wichtig, dass das Europäische Parlament viel enger in diese Thematik einbezogen wird. Daher unterstütze ich auch die Forderung nach einer Brückenklausel. Allerdings wäre es noch besser, wenn der Rat an diesem Wochenende einen Beschluss über einen Vertrag oder eine Verfassung fassen würde, der die demokratische Kontrolle auf dem Gebiet der bürgerlichen Freiheiten, der Justiz und der inneren Angelegenheiten gewährleistet.

Martine Roure hat bereits auf einen wichtigen Aspekt im Kampf gegen den Terrorismus hingewiesen. Was die aktuellen Fälle SWIFT und PNR betrifft, müssen wir feststellen, dass es in dieser Hinsicht keinerlei demokratische Kontrolle gibt und dass die Einigung, die wir voraussichtlich mit den Amerikanern erzielen, unseren Normen einfach nicht genügt. Ich beginne mich zu fragen – und ich wende mich wiederum an den leeren Stuhl vor mir –, wie konsequent der Rat die Verhandlungen geführt hat. Uns ist bekannt, dass die Kommission große Anstrengungen unternommen hat – doch wie steht es mit dem Rat?

Kleine inoffizielle Gruppen wie die G6 und die hochrangige Kontaktgruppe, die hinter geschlossenen Türen über Fragen des Kampfes gegen den Terrorismus diskutieren, geziemen sich nicht für eine moderne Demokratie wie die Europäische Union.

 
  
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  Brian Crowley (UEN). – Beidh ceannairí an Aontais Eorpaigh ag bualadh le chéile an tseachtain seo, agus iad ag iarraidh Conradh nua don AE a chur le chéile. Beidh béim ar leith á chur acu ar chúrsaí dlí agus cirt.

Dar liomsa, ní chóir go mbeadh an chumhacht ag an AE socruithe dlí agus cirt a dhéanamh le vótáil trí thromlach cáilithe toisc go bhfuil córas dlí coiteann i bhfeidhm ag Éire agus an Bhreatain. Is córas dlí sibhialta atá i bhfeidhm ag na Ballstáit eile san AE.

(EN) Die Realität dessen, womit wir uns beschäftigen müssen, der neuen Bedrohungen, die sich vor uns auftun – ob Terrorismus, Menschenhandel, Drogenhandel, Asylfragen, illegale Einwanderung oder der Druck, unter dem die Dienste stehen, die sich mit all diesen Fragen befassen, – rückt in erster Linie einen Aspekt in den Vordergrund: nämlich das menschliche Zusammenwirken oder die Mitwirkung der Menschen.

Es ist unsere Aufgabe in der Europäischen Union, dafür Sorge zu tragen, dass wir alle uns zur Verfügung stehenden Instrumente nicht nur dazu nutzen, die Sicherheit und Gefahrenabwehr in unseren eigenen Regionen und Gebieten zu gewährleisten, sondern auch dafür zu sorgen, dass die Rechte der Menschen geschützt werden: derer, die möglicherweise Verdächtige sind, oder auch derjenigen, die vielleicht einmal zu irgendeinem Zeitpunkt mit einem Verdächtigen zusammengetroffen sind. Nur allzu oft müssen wir feststellen, dass man sich – nur weil man damit in Verbindung gebracht wird – aufgrund einiger der neuen drakonischen Gesetze, die in verschiedenen Ländern eingeführt wurden, eines Verbrechens schuldig macht. Deshalb ist die Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten so wichtig, denn das erleichtert und ermöglicht nicht nur den ungehinderten Informationsaustausch und die Aufklärungstätigkeit, die für die Bekämpfung vieler dieser Straftaten unabdingbar sind, sondern sorgt auch für den Einsatz der bewährtesten Verfahren bei den Polizei- oder Sicherheitskräften, die vielleicht noch nicht so gut sind.

Im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten haben wir für gewöhnlich das Konzept der „offenen Koordinierung“ vertreten, nämlich dass etwas Gutes zu anderen guten Dingen führt. In den Ländern der Europäischen Union gibt es positive Dinge, die andere Länder übernehmen können – nicht nur Drittländer, sondern auch Mitgliedstaaten. Aufgrund der Komplexität der Rechtssysteme in den einzelnen Mitgliedstaaten muss der Ministerrat auch weiterhin die Aufsicht haben. Das ist kein Bereich, der ausschließlich in die Zuständigkeit der Europäischen Union fallen darf. Ich hoffe, dass wir am Wochenende einen angemessenen Kompromiss in dieser Hinsicht finden.

 
  
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  Hélène Flautre, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Der Bericht Klich-Sakalas hat das Verdienst, dass er die unbedingte Notwendigkeit betont, bei der Umsetzung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts den Schutz der Menschenrechte zu garantieren. Allerdings werde ich morgen bei der Abstimmung gegen die Änderungsanträge stimmen, die darauf abzielen, jeden Hinweis auf die unrechtmäßige Beförderung und Inhaftierung mutmaßlicher Terroristen auf dem Territorium der Europäischen Union zu unterbinden, und ich werde meine Kolleginnen und Kollegen auffordern, dasselbe zu tun.

Heute begehen wir den Weltflüchtlingstag und mir sind noch die Worte im Gedächtnis, die Kofi Annan an diesem Ort hier zum Ausdruck brachte, in denen er die Politik der Europäischen Union in den Bereichen Asyl und Einwanderung als schändlich bezeichnete. Was hat sich seitdem geändert? Trotz der Konflikte, die überall auf unserem Planeten stattfinden, nimmt die Europäische Union immer weniger Flüchtlinge auf. Die Zahl der Asylbewerber hat sich seit den 90er Jahren halbiert. Derzeit ist beispielsweise die Quote der genehmigten Asylanträge für Menschen aus Darfur unglaublich gering. Die Europäische Union lehnt es auch ab, ihrer Verantwortung gegenüber Flüchtlingen aus dem Irak gerecht zu werden. Über vier Millionen Iraker sind gegenwärtig als Vertriebene unterwegs, und dennoch verkündete die deutsche Ratspräsidentschaft, dass es die Mitgliedstaaten nicht wünschen, sich an einem Programm für die Umsiedlung der Flüchtlinge zu beteiligen.

Die verbissenen Verhandlungen über Rückübernahmeabkommen, die Drittstaaten dazu verpflichten, auf ihrem Territorium alle Personen aufzunehmen, die es durchquert haben, führt, wie Sie wissen, zu katastrophalen humanitären Krisen und schweren Verletzungen des Rechts auf internationalen Schutz und des grundsätzlichen Abschiebungsverbots. Diese Abkommen verlagern Pflichten auf Drittstaaten, die auf sich zu nehmen diese in vielen Fällen nicht in der Lage sind. Diese Politik des Gewaltritts diskreditiert zum Teil anderweitig unternommene Bemühungen zum Schutz der Grundrechte in Drittländern.

Die Europäische Kommission sollte diesbezüglich konkrete und praktikable Vorschläge unterbreiten, um dieser schizophrenen Lage ein Ende zu bereiten. Es sollte ein transparentes Verfahren zur Überwachung der Abkommen und im Zusammenhang mit der Zurückweisung im Falle von Rechtsverletzungen ein wirksamer Rechtsbehelf eingeführt werden. Die Kommission könnte auch innerhalb der Frontex-Teams speziell in Fragen der Menschenrechte und des humanitären Rechts geschulte Verantwortliche einsetzen, damit die Einhaltung der Verpflichtungen und der internationalen Übereinkommen tatsächlich garantiert wird.

 
  
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  Adamos Adamou, im Namen der GUE/NGL-Fraktion.(EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wenn wir Berichte des Parlaments über einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts auswerten wollen, müssen wir einen objektiven Blick auf die Entwicklungen der letzten Jahre in diesem Bereich werfen.

Der Anti-Terrorismus-Koordinator der Europäischen Union unterliegt weder der institutionellen Kontrolle des Europäischen Parlaments noch der der nationalen Parlamente. Es wurden keine Fortschritte zu irgendeiner Frage der demokratischen Kontrolle erzielt. Wir hatten eine ernste Verpflichtung im Bereich der bürgerlichen Freiheiten und der Vertraulichkeit personenbezogener Daten im Namen der Terrorismusbekämpfung. Dazu möchte ich hier nur zwei Punkte nennen: die Verwendung biometrischer Daten in den Reisepässen aller Bürger und die Aufhebung des Vertraulichkeitsschutzes von Telefon- und Internettelefongesprächen.

Was wir früher als Nationen und Staaten wie unseren Augapfel geschützt haben, legen wir nun auf die Opferbank, und wir sind nahe daran, jeden, der sich für die Aufrechterhaltung von Freiheiten und persönlichen Rechte, als Helfershelfer des Terrorismus zu betrachten.

Die Geheimdienste der USA und anderer Staaten agieren ohne Kontrolle außerhalb ihres Staates und verletzen damit eine Reihe von Artikeln internationaler Rechtsübereinkommen. Ein typisches Beispiel dafür sind die geheimen CIA-Flüge. Und dennoch tut die Europäische Union und jeder, der hier im Parlament dafür gestimmt hat, nichts weiter, als die Einbindung des Vertrages von Prüm in das Gemeinschaftsrecht zu ratifizieren, als letztes Wort bei der Überwachung der Bürger in der Europäischen Union.

Es werden noch mehr Maßnahmen gefördert, die zur Sicherheitsagenda der Europäischen Union gehören und natürlich ihren strategischen Auffassungen zu ihrer Außenpolitik dienen, einschließlich einer zunehmenden Aufrüstung des Militärs und der Teilnahme an Militäroperationen.

Statt dass die Europäische Union auf internationaler Ebene eine führende Rolle übernimmt, um die Ursachen der Einwanderungswellen zu erforschen und die riesige Kluft zwischen reichen und armen Ländern zu schließen, ziehen wir es vor, im Rahmen von Frontex schnelle Eingreiftruppen einzusetzen, um Einwanderer „in die Flucht zu schlagen“.

Meine Damen und Herren, die Politik, die Sie verfolgen, ist nicht nur ungeeignet für die Lösung der Probleme, die sie theoretisch lösen soll, sondern verschärft diese Probleme sogar noch. Der einheitliche Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts mit dem Inhalt, mit dem Sie ihn ausstatten, führt zu noch weniger Freiheit, zu Unsicherheit und Unrecht. Nur bei einer Revision des Inhalts wird dieser Raum in der Lage sein, die Probleme in ernstzunehmendem Umfang zu lösen.

 
  
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  Carlos Coelho (PPE-DE).(PT) Herr Präsident, Herr Frattini, meine Damen und Herren! Die Errichtung eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist ein internes Ziel der Union, das jedoch auch eine Außendimension hat. In der Tat hängen die Aufrechterhaltung unserer Stabilität und unserer Sicherheit auch davon ab, wie wir die Beziehungen zu unseren Nachbarn und den übrigen Ländern der Welt gestalten. Das muss uns allen klar sein und dazu müssen wir eindeutige politische Botschaften aussenden.

Auch deshalb werde ich gegen den Vorschlag des Berichterstatters stimmen, die Verweise auf die CIA-Flüge aus dem Bericht herauszunehmen. Viele der Probleme, mit denen wir es zu tun haben, gleichen denen vieler anderer Länder. Die Erfahrungen und der Erfolg oder Misserfolg der Union in diesem Bereich ist für diese Länder ein nützlicher Bezugspunkt. Wir haben auf vielen Gebieten enorme Fortschritte erreicht, und Herrn Frattini möchte ich in diesem Zusammenhang für seine hervorragende Arbeit danken, die er in der Kommission geleistet hat. Gleichwohl gibt es im Bereich Asyl und Einwanderung, im Kampf gegen das organisierte Verbrechen und den Terrorismus, bei der Grenzverwaltung, in der Visapolitik und der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit noch viel zu tun.

Im Haager Programm und im entsprechenden Aktionsprogramm sind im Übrigen die Bereiche für die Zusammenarbeit mit Drittstaaten klar festgelegt. Auf konkrete Fragen müssen jedoch Antworten gefunden werden. Erstens stehen wir vor dem Problem der Kohärenz zwischen den Pfeilern. Die Maßnahmen im Bereich der Außenbeziehungen in Bezug auf Freiheit, Sicherheit und Recht haben oftmals einen übergreifenden Charakter und betreffen Gebiete, die den Zuständigkeitsbereichen verschiedener Pfeiler zuzuordnen sind. Solange es dieses System mehrerer Pfeiler gibt, müssen wir die Koordinierung zwischen diesen Pfeilern verbessern, um Doppelungen zwischen den zahlreichen Instrumenten, die zum Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts gehören, auszuschließen. Möglichst viele dieser Fragen müssten baldmöglichst dem ersten Pfeiler zugeordnet werden.

Zweitens haben wir es mit dem Problem der Komplexität und des internen institutionellen Rahmens zu tun. Mitentscheidung und die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit sind im Bereich der legalen Einwanderung unerlässlich.

Drittens muss die Rolle unseres Parlaments intensiviert werden, denn dem Parlament kommt bei der Stärkung der demokratischen Verantwortlichkeit der Maßnahmen der Union im Bereich der Außenbeziehungen eine wesentliche Rolle zu, und finden Verhandlungen über Abkommen in Verbindung mit dem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts statt, so muss es unbedingt auf dem Laufenden gehalten werden.

Zu erwähnen sind auch noch das gemeinsame europäische Asylsystem und die Aufstockung der Mittel für Frontex.

 
  
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  Genowefa Grabowska (PSE). – (PL) Herr Präsident! Wir sprechen heute über einen guten Bericht, der unsere Unterstützung verdient. Wir sollten uns freuen, dass die Union endlich über eine Strategie zur Umsetzung des Haager Programms verfügt. Bis dahin war es ein langer Weg. Fast jedes Jahr wurde im Parlament über Themen wie organisiertes Verbrechen, Korruption, Geldwäsche, illegale Einwanderung und Menschenhandel, Kampf gegen den Terrorismus, Bekämpfung der Drogen in Afghanistan, CIA, Datenschutz usw. gesprochen. Das Parlament hat auch Vorschläge zur Bekämpfung dieser Entwicklungen unterbreitet. Deshalb hat es so lange gedauert, bis die Strategie in ihrer jetzigen Form ausgearbeitet war.

Hier erheben sich folgende Fragen: Was wollen wir mit dieser Strategie erreichen? Wie wollen wir das erreichen? Weshalb wollen wir das tun? Die Antwort auf die erste Frage lautet im Bericht, dass wir vor allem eine besser funktionierende Demokratie wollen. Wir wollen eine polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit ebenso wie eine Kooperation in allen Bereichen des Schutzes der Menschenrechte und des Kampfes gegen den Terrorismus. Wir wollen – anders ausgedrückt – eine Zusammenarbeit in den Außenbeziehungen.

Wie wollen wir das erreichen? Wir haben dafür bereits Mechanismen entwickelt, insbesondere die Nachbarschaftspolitik. Wir verfügen über Institutionen wie EUROMED und EUROLAT. Es gibt bilaterale und multilaterale Abkommen. Das alles reicht aber nicht aus. Das Europäische Parlament muss unserer Auffassung nach eine größere Rolle spielen. Es sollte umfassender konsultiert werden. Auch müssen die Zuständigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten und der Union besser aufgeteilt werden, damit wir diese Probleme schneller und leichter lösen können. Das lässt sich nur mit einer europäischen Verfassung erreichen.

Die dritte Frage lautet: Weshalb wollen wir all das tun? Es bereitet uns Sorge, dass die Maßnahmen unserer Partner in Drittstaaten nicht immer mit den Normen der Europäischen Union im Einklang stehen. Wenn wir wollen, dass unsere Partner außerhalb der Union nicht nur wissen, was Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit bedeuten, sondern diese Grundsätze auch in der Praxis anwenden, müssen wir sie unterstützen. In dem Bericht werden hierfür geeignete Instrumente vorgeschlagen.

Mit unseren externen Maßnahmen dehnen wir den Raum der Demokratie, der Sicherheit, der Freiheit und der Gerechtigkeit weit über die Grenzen Europas hinaus aus. Das ist für die Bürger von Drittstaaten wichtig, spielt aber auch für die Bürger der Europäischen Union eine überaus bedeutsame Rolle. Ein größerer, zunehmend globaler und gemeinsamer Raum der Freiheit und der Demokratie macht das Leben der EU-Bürger sicherer und verleiht der Demokratie mehr Stabilität.

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki (ALDE). – (FI) Herr Präsident! In einem kürzlich vom Europarat veröffentlichten Bericht heißt es, dass es neue Beweise für geheime Gefangenenlager der CIA in Europa, nämlich in Rumänien und Polen, gibt. Das ist ein schwerer Schlag für die EU, jene Wertegemeinschaft, die lautstark die Menschenrechte propagiert. Es ist eine Schande für die EU, wenn sie die geheimen Gefangenenlager stillschweigend duldet. Diese Lager befinden sich deshalb in Europa, weil die US-amerikanischen Gesetze die Einrichtung solcher Lager auf dem Territorium der USA nicht zulassen. In Europa haben sich sowohl die Kommission als auch der Rat sehr still verhalten, und die Berichte des Europarates haben kaum zu irgendwelchen Maßnahmen geführt. Auch die Mitgliedstaaten sind in dieser Angelegenheit nicht ausreichend unter Druck gesetzt worden.

Die andere Sache, die ich ansprechen möchte, ist der EU-Gipfel am Wochenende. Ich hoffe, dort wird dahingehend Einigkeit erzielt, dass die Grundrechtecharta für rechtsverbindlich erklärt wird, so dass auch die Entscheidungsgremien der EU vor Gericht gebracht werden können, wenn Institutionen oder Behörden der EU die Menschenrechte nicht achten. Im Übrigen würde ich mir wünschen, dass Menschenrechtsangelegenheiten im Alltag der EU etwas ernster genommen werden und nicht nur bei offiziellen Anlässen eine Rolle spielen. Ich schließe mich dem an, was Sophia in’t Veld hier soeben gesagt hat.

 
  
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  Ģirts Valdis Kristovskis (UEN).(LV) Herr Frattini, meine Damen und Herren! Im Bericht Klich wird zu Recht die Notwendigkeit einer stärkeren Zuverlässigkeit in strafrechtlichen Fragen beim Austausch von Informationen mit Drittstaaten hervorgehoben. Wissen Sie jedoch, wie effizient die Koordinatoren der Zusammenarbeit — Eurojust, Interpol, Europol — und die Abkommen über polizeiliche oder justizielle Zusammenarbeit sind? Meine persönlichen Erfahrungen zeigen, dass sogar in den einfachsten Fällen eine Überprüfung aufgrund von Beweismitteln, die der Innenminister und die Staatsanwaltschaft bei Fällen der Korruption auf der Führungsebene der lettischen Polizei einleiteten, ein halbes Jahr in Lettland selbst dauerte, obwohl eine Überprüfung aufgrund von Beweismitteln im betroffenen Mitgliedstaat in weniger als einer Stunde möglich gewesen wäre. Herr Frattini, meines Erachtens ist es bei Fragen der zwischenstaatlichen Rechtshilfe, bei höchstwichtigen Fällen politischer Verbrechen oder von Wirtschaftskriminalität keineswegs hinnehmbar, dass sich der Schriftverkehr mit Drittstaaten über drei oder vier Jahre hinzieht. Dies ist aber bei Nachforschungen im Fall des Bürgermeisters von Ventspils, A. Lembergs, der Fall. Mit einem solchen Tempo bei der Leistung von Rechtshilfe kann die Korruption nicht erfolgreich bekämpft werden. Bedauerlicherweise schafft diese Situation einen rechtlichen Nihilismus in der Gesellschaft, die erwartet, dass Straftaten auch wirklich aufgeklärt werden. Herr Frattini, ich möchte Sie daher auf die Tatsache aufmerksam machen, dass es einzelne Fälle gibt, in denen neue Instrumente eingeführt und Fälle unterschiedlicher Kategorien vorrangig untersucht werden müssen, und dies – das ist wichtig – nicht nur von allen Seiten, sondern auch rasch.

 
  
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  Cem Özdemir (Verts/ALE). – (EN) Herr Präsident! Förderung und Gewährleistung der Menschenrechte sind ein Eckpfeiler des Fundaments der Europäischen Union und sollten sich eindeutig in der Strategie für die Außendimension des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts widerspiegeln. Daher fordern wir die Kommission und den Rat nicht nur auf, Berichte über die Einhaltung der Menschenrechte bei außenpolitischen Aktivitäten vorzulegen, sondern schlagen auch vor, dass die Europäische Agentur für Grundrechte die Gemeinschaftsorgane bei der Bewertung der Einhaltung der Menschenrechte in EU-Übereinkommen mit Drittländern unterstützt.

Die EU-Organe müssen nicht nur die Menschenrechte im Zusammenhang mit den Aktivitäten der EU fördern und schützen. Die Schlussfolgerungen, die der nichtständige Ausschusses zu der behaupteten Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechtswidrige Festhalten von Gefangenen gezogen hat, waren eindeutig. Wenn die EU zu dem Schluss kommt, dass der Schutz der Grundrechte auf ihrem Hoheitsgebiet oder durch kooperierende Partnerländer ernsthaft verletzt wurde, dann sollten Schritte eingeleitet werden, um das ans Tageslicht zu bringen und sicherzustellen, dass Sicherheitsbelange niemals die Achtung der Grundrechte des Einzelnen unterminieren.

Demokratische Rechenschaftspflicht und die Außendimension des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sind grundlegende Werte, die für hohe Standards in den Bemühungen der EU sorgen, die Zusammenarbeit zwischen der EU und internationalen Organisationen wie dem Europarat, der OSZE und den Vereinten Nationen zu verbessern.

 
  
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  Panayiotis Demetriou (PPE-DE).(EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Herr Klich hat einen vollständigen und in sich schlüssigen Bericht vorgelegt. Wir befürworten ihn, und ich gratuliere dem Berichterstatter dazu.

Wir reden und schreiben schon sehr lange sehr viel über die Strategie der Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, doch tun wir sehr wenig. Wir haben unsere Themenliste, wir haben unsere Gedanken und Empfehlungen, doch wir verfügen nicht über den erforderlichen Gemeinschaftsgeist, um drastische Maßnahmen zur Bekämpfung der entstehenden institutionellen Probleme zu ergreifen. Es fehlt an Entschlossenheit, außerhalb der Europäischen Union tätig zu werden. Jeder Mitgliedstaat verschanzt sich hinter seiner nationalen Souveränität, und wir verhindern wirksame gemeinsame Aktionen. So behindert beispielsweise die Weigerung, die „Passerelle-Klausel“ anzuwenden, das Funktionieren und die Effizienz der Europäischen Union, und wenn die Europäische Union nicht richtig funktioniert, wirkt sich dies sehr akut auf den Bereich Justiz und Inneres aus.

Die Säulen, Einstimmigkeit und die Furcht vor der Aufgabe nationaler Standards behindern die Förderung einer gemeinsamen Strategie zur Schaffung eines wirklichen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Diese Hindernisse blockieren die Anwendung der Strategie nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb der Europäischen Union, und die Außendimension des Haager Programms ist genauso wichtig wie seine Innendimension. Nur ein moderner konstitutioneller Rahmen wird dabei helfen, die Strategie für einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts von Grund auf zu fördern. Die historische Aufgabe, für eine Europäische Union zu sorgen, die besser funktioniert, muss von den Staats- und Regierungschefs morgen in Brüssel zufriedenstellend gelöst werden. Dazu müssen sie ihre gesamte historische Verantwortung unter Beweis stellen.

 
  
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  Jan Tadeusz Masiel (UEN). – (PL) Herr Präsident! Wie der Berichterstatter, der Herr Kommissar und der Herr Minister festgestellt haben, besteht zwischen interner und externer Sicherheit, Freiheit und Gerechtigkeit ein enger Zusammenhang, und Änderungen in einem Bereich beeinflussen die anderen.

Da ich nur eine Minute Redezeit zur Verfügung habe, möchte ich mich auf zwei Punkte beschränken. Zunächst zum Terrorismus. Ob es uns nun gefällt oder nicht: Terrorismus ist zu einem großen Teil mit der islamischen Kultur verbunden. Wir könnten ihn in Europa und der Welt eindämmen, wenn wir uns nicht so sehr in die Belange der Muslime einmischen und endlich das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat anerkennen würden. Das Wort Terrorismus wird in Bezug auf Letztere überstrapaziert, denn ihre Aktionen sind teilweise Bestandteil ihres Kampfes um die Freiheit, die sie im Jahr 1967 verloren haben. Ihre Aktionen waren oftmals die Reaktion auf Maßnahmen unsererseits.

Der zweite Punkt betrifft die Einwanderung. Die Bemühungen um eine Integration der Zuwanderer in Europa kosten uns zu viel, sie helfen nur einer kleinen Zahl von Menschen und sind in der Regel wenig erfolgreich. Besser wäre es, dieses Geld in die Bildung im jeweiligen Herkunftsland der Zuwanderer zu investieren. Kontrollierte Einwanderung scheint eine akzeptable Lösung zu sein.

 
  
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  Marian-Jean Marinescu (PPE-DE). – Începând cu 1 ianuarie 2007, România are o poziţie extrem de importantă în schema frontierelor externe ale Uniunii Europene, având în vedere zona geografică în care este situată şi faptul că reprezintă a doua frontieră verde ca lungime. România a preluat responsabilitatea de graniţă externă cu maximă atenţie, investind sume importante în sistemul integrat de securitate a frontierelor, realizând cel mai performant sistem în domeniu. Este nevoie, însă, în continuare de sprijinirea atât a României, cât şi a celorlalte ţări care sunt frontiere externe ale Uniunii.

Frontex are în acest sens un rol operaţional deosebit, iar alocarea de fonduri pentru lărgirea capacităţii sale de funcţionare ar reprezenta expresia colaborării şi solidarităţii dintre statele membre. Operarea cu ţările vizate de politica europeană de vecinătate reprezintă o garanţie suplimentară pentru prevenirea şi combaterea terorismului, pentru lupta împotriva crimei organizate, a imigraţiei clandestine sau a traficului de orice fel, precum şi pentru protecţia cetăţenilor Europei.

Un exemplu pentru extinderea stabilităţii politice la statele vecine Uniunii îl reprezintă acordurile încheiate în această săptămână între Comunitatea Europeană şi Ucraina privind facilitatea acordării vizelor şi readmisia persoanelor. În ceea ce priveşte cooperarea transatlantică, cred că statele Unite ale Americii trebuie să recunoască procesul de extindere al Uniunii inclusiv prin tratarea egală şi nepreferenţială a cetăţenilor acesteia. Toate statele membre contribuie la asigurarea securităţii transfrontaliere precum şi la lupta împotriva terorismului. Uniunea Europeană trebuie, deci, să ceară Statelor Unite, precum şi celorlalte state care nu respectă principiul de reciprocitate, să renunţe la vizele de intrare impuse unor state membre ale Uniunii Europene.

 
  
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  Ioannis Varvitsiotis (PPE-DE).(EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Auch wenn sich nur noch wenige Abgeordnete im Plenarsaal befinden, denke ich, dass noch genug da sind, um mir zuzuhören.

Bei der Annahme der Strategie über die Außendimension des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Jahr 2005 bestand das Ziel der Europäischen Kommission darin, die in der Innenpolitik der Europäischen Union verankerten Werte – Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte und internationaler Verpflichtungen – in andere Staaten zu exportieren. Zu der Strategie gehören sogar Maßnahmen in den Bereichen Zuwanderung, Menschenhandel, Schutz der Menschenrechte, Terrorismus, organisierte Kriminalität usw., und natürlich unterstützen wir all dies.

Es muss darauf hingewiesen werden, dass uns allen – ebenso wie der Europäischen Kommission – die Frage des Schutzes der Menschenrechte der Bürger besonders am Herzen liegt, und dass wir diesen Punkt sehr ernst nehmen.

Wir alle müssen aber auch wissen, dass dieses Unterfangen nicht einfach ist. Auch dürfen keine kurzfristigen spektakulären Ergebnisse erwartet werden, denn es bedarf der Koordinierung aller Mitgliedstaaten und der systematischen Unterstützung seitens der Kommission.

Allerdings gibt mir der Bericht die Gelegenheit, noch einmal zu betonen, dass ich als Mitglied des Europäischen Parlaments das Gefühl habe, lediglich als Stichwortgeber oder als einfacher Beobachter zu fungieren, da das Europäische Parlament an sich an den Konsultationen nicht beteiligt ist und kaum ausreichende Informationen zu diesen Fragen erhält und da letztendlich jeder Bericht, den wir als Parlament der Kommission vorlegen, kaum zur Kenntnis genommen wird. Natürlich waren im durchgefallenen Verfassungsvertrag Lösungen für eine verbesserte Stellung des Parlaments vorgesehen, wodurch die Voraussetzungen dafür geschaffen werden sollten, dass das Parlament wirklich als solches agieren kann. Deshalb müssen wir unsere Hoffnungen darauf setzen, dass die Bemühungen von Frau Merkel greifbare Ergebnisse bringen, obwohl ich befürchte, dass bestimmte Mitgliedstaaten ihre Vorbehalte aufrechterhalten werden.

Auf jeden Fall aber muss sich die Kommission einer engen Zusammenarbeit mit dem Parlament gegenüber etwas aufgeschlossener zeigen.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142 der Geschäftsordnung)

 
  
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  Monica Maria Iacob-Ridzi (PPE-DE), în scris. – Strategia Comisiei Europene pentru dimensiunea externă a spaţiului de libertate, securitate şi justiţie pune accentul pe un parteneriat puternic de securitate cu Statele Unite ale Americii, bazat pe reciprocitate şi încredere.

Cu toate acestea, cetăţenii a 12 state europene au încă nevoie de vize pentru a călători în SUA. Acest lucru constituie o violare a principiului reciprocităţii, întrucât toate statele UE au eliminat obligativitatea vizelor pentru cetăţenii americani. Mai mult, noile state membre au acceptat în procesul de aderare să preia Regulamentul 593 al UE, care suspendă vizele pentru unele state terţe, precum SUA. România a primit din partea Comisiei Europene promisiunea fermă că poziţia sa în privinţa eliminării vizelor va fi preluată în relaţiile Uniunii cu SUA.

De aceea, cer Comisiei să se folosească de toate instrumentele care-i sunt conferite de legislaţia europeană, de la negociere până la propunerea de instituire a unor măsuri echivalente pentru cetăţenii americani. În plus, Comisia trebuie să ridice problema vizelor în toate negocierile sale cu SUA, fie că este vorba de acordul privind evidenţa călătorilor, care se negociază în acest moment sau de alte înţelegeri din domeniul justiţiei şi afacerilor interne.

Nu putem fi un partener de securitate egal Statelor Unite ale Americii fără a beneficia de un tratament uniform acordat tuturor statelor membre.

 
  
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  Piia-Noora Kauppi (PPE-DE), schriftlich.(EN) Ich begrüße von ganzem Herzen viele Punkte im Bericht von Herrn Klich. Erstens wird darin ausdrücklich auf die Brückenklausel verwiesen. Weiterhin werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres unbedingt zu verbessern. Außerdem erinnert er an die Notwendigkeit einer besseren parlamentarischen Kontrolle, wie sie in der Verfassung und hoffentlich auch in dem neuen Verfassungsvertrag vorgesehen ist, der Ende des Jahres vorliegen soll.

Unabdingbar ist eine bessere Kohärenz zwischen der inneren Sicherheitsstrategie der Union, dem RFSR, und ihrer Außendimension, der GASP und der ESVP. Die Ursachen für Instabilität liegen nicht nur im Innern, sondern eindeutig auch außerhalb der Union. Letztendlich kann es der Union nur dann gelingen, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu schaffen, wenn die Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte in ihrem unmittelbaren Umfeld, gestärkt werden.

Der Handel mit Frauen und Kindern, mit Waffen und Drogen muss mit der Wurzel ausgerottet werden. Es bringt nichts, wenn die internen Kontrollen innerhalb der EU verstärkt werden, während die Probleme an unseren Außengrenzen zunehmen. Wenn der neue Europäische Auswärtige Dienst richtig konzipiert wird, kann er einen sinnvollen Beitrag zur Bewältigung dieser Herausforderung leisten.

 
  
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  Marianne Mikko (PSE), schriftlich. (ET) Meine Damen und Herren, infolge der Ausweitung der Europäischen Union ruht ein Großteil der Verantwortung für die Außenpolitik auf den Schultern der neuen Mitgliedstaaten, von denen einige klein sind, wie mein Heimatland, Estland.

Dies bedeutet, dass die Europäische Union bei der Verteidigung eines Raums, der sich auf Freiheit, Sicherheit und Recht gründet, geeint handeln muss. Dies gilt für die Außenpolitik und die innere Sicherheit.

Als Leiter der Delegation für Moldawien muss ich wiederholen, dass die festgefahrene Situation in Moldawien und Georgien derzeit die Hauptursache für Instabilität in unserer Nachbarschaft ist.

Der Schlüssel zur Beseitigung dieser Konfliktherde liegt im Kreml. Wir müssen den Dialog mit Russland definitiv verbessern. Dies bedeutet nicht, Russland Komplimente zu machen, sondern eine offene Kommunikation mit dem Land zu führen.

Die Europäische Union kann nicht einem Partner große Wertschätzung entgegenbringen, der die russische Minderheit in den Mitgliedstaaten und Ländern, die unter die Nachbarschaftspolitik fallen, nutzt, um die Lage zu destabilisieren.

Wir müssen deutlich machen, dass dies nicht unserem Verständnis von guten nachbarschaftlichen Beziehungen entspricht. Bei den Unruhen in Tallinn im April wurde eine Person getötet, ein russischer Bürger. Moskau ist bereit, für die Fortsetzung der veralteten „near-abroad“-Doktrin mit dem Blut seiner eigenen Bürger zu zahlen. Dies kann das Europäische Parlament natürlich nicht hinnehmen.

Die Europäische Union braucht dringend Instrumente der Zusammenarbeit, die auch mit der nun größeren Anzahl Mitgliedstaaten effizient funktionieren. Ich hoffe, die an Donnerstag beginnende Tagung des Europäischen Rates wird sich so staatsmännisch zeigen, dass eine Einigung erreicht werden kann, die es der Europäischen Union ermöglicht, in der Weltpolitik ein Riese zu werden.

 

17. Austausch von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Agustín Díaz de Mera García Consuegra im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten (KOM(2005)0690 – C6-0052/2006 – 2005/0267(CNS)) (A6-0170/2007).

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (EN) Herr Präsident! Im Augenblick ist es schwierig, Informationen aus dem Strafregister der einzelnen EU-Mitgliedstaaten zu erhalten. Das ist in einem europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts nicht hinnehmbar. Daher verfolgt die EU im Hinblick auf die Strafregister zwei Ziele: Erstens will sie die Verbreitung der Informationen aus Strafregistern zwischen den Mitgliedstaaten verbessern, und zweitens sollen diese Informationen außerhalb des Hoheitsgebiets des Urteilsmitgliedstaates verwendet werden.

Wie Sie wissen, nahm die Kommission im Jahre 2005 zwei Legislativvorschläge an, die sich mit diesen beiden Aspekten befassten. Im Dezember 2006 wurde ein Vorschlag, der den zweiten Aspekt – die Verbreitung von Informationen – zum Inhalt hatte, gebilligt. Am 13. Juni schließlich wurde im Rat der Innenminister in Luxemburg eine politische Einigung über den Vorschlag erzielt, der sich mit der Verbreitung von Informationen befasst. Dieses Instrument ist ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Durch die Verbesserung der Art und Weise, wie der Informationsaustausch erfolgt und die Informationen den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden, wird das veraltete, ineffiziente System des Informationsaustauschs im Rahmen des Abkommens über gegenseitige Rechtshilfe aus dem Jahre 1959 grundlegend überarbeitet. An seine Stelle tritt ein vereinfachtes System, das sicherstellt, dass in einem Mitgliedstaat gespeicherte Informationen aktualisiert und dann den anderen Mitgliedstaaten zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus werden die Informationen besser verständlich und damit für den Endverbraucher von größerem Wert sein.

Ich stelle mit Bedauern fest, dass die Mitgliedstaaten beschlossen haben, dass die Folgemaßnahmen die Form von Ratsentscheidungen haben sollten. Noch bedauerlicher ist es, dass die Mitgliedstaaten einander nicht genügend Vertrauen entgegenbringen und festlegen, dass die Durchführungsmaßnahmen nicht von einer qualifizierten Mehrheit, sondern einstimmig zu billigen sind.

Wie ich weiß, gibt es einige Änderungsanträge, und ich danke dem Berichterstatter für seinen qualitativ ausgezeichneten Bericht. Ich teile die in der großen Mehrzahl der eingereichten Änderungsanträge zum Ausdruck gebrachten Ansichten. Ich habe jedoch Vorbehalte in Bezug auf die Änderungsanträge, die die Einführung allgemeiner Rechtsvorschriften zum Datenschutz vorschlagen. Warum? Weil es sich bei diesem Instrument um eine sektorspezifische Maßnahme handelt: Sie enthält einige Datenschutzbestimmungen, die konkret auf Strafregister zutreffen und deshalb auch restriktiver sind. Daher befürchte ich, dass allgemeine Rechtsvorschriften zum Datenschutz zu flexibel und weniger restriktiv wären. Übrigens sind personenbezogene Daten, die im Zusammenhang mit der Umsetzung des Rahmenbeschlusses weitergegeben werden, entsprechend den Bestimmungen des zukünftigen Rahmenbeschlusses über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden, zu schützen. Sie alle wissen recht gut, dass ich den Rat dränge, bis zum Ende dieses Jahres zu einer Einigung über einen solch wichtigen Rahmenbeschluss über den Schutz der Privatsphäre zu gelangen.

 
  
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  Agustín Díaz de Mera García Consuegra (PPE-DE), Berichterstatter.(ES) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte allen meinen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres für ihre Unterstützung bei der Ausarbeitung dieses Berichts und insbesondere den Schattenberichterstatterinnen, Frau Buitenweg, Frau Vălean und Frau Grabowska, meinen Dank aussprechen.

Der Informationsaustausch über strafrechtliche Verurteilungen erfolgt nach den Verfahren, die im Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen von 1959 vorgesehen sind, doch es bestehen ernste Schwierigkeiten bei diesem Mechanismus.

Diese Mängel zeigten sich dramatisch im Fall Fourniret, eines Franzosen, der in den Achtzigerjahren zu sieben Jahren Haft wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen verurteilt worden war und dann nach nur zwei Jahren freigelassen wurde. Jahre später erfuhren wir, dass Fourniret zwischen seiner Freilassung und seiner erneuten Verhaftung im Juni 2003 neun Mädchen umgebracht hatte und des Mordes an weiteren zwölf verdächtigt wurde. Es war ihm gelungen, sich mehr als 14 Jahre lang der Gerichtsbarkeit zu entziehen, indem er einfach seinen Wohnsitz von einem Mitgliedstaat in einen anderen verlegte, wo er noch dazu eine Anstellung in einer Schule erhielt. Es war klar, dass die Mechanismen für den Informationsaustausch über Strafregister verändert und verbessert werden mussten.

Der Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates verfolgt den Zweck, den im Artikel 22 des Übereinkommens von 1959 geregelten Informationsaustausch zu ersetzen und den Beschluss vom 21. November 2005 aufzuheben, um damit sicherzustellen, dass der Herkunftsmitgliedstaat Anfragen, die er zu den Vorstrafen seiner Bürger erhält, rasch, korrekt und umfassend beantworten kann.

Unter den Maßnahmen im Vorschlag des Rates seien folgende hervorgehoben:

– das Prinzip der Zentralisierung der Informationen wird beibehalten;

– es wird ein Rahmen geschaffen, um zur Erstellung und Einführung eines computergestützten Systems für den Informationsaustausch über strafrechtliche Verurteilungen auf der Grundlage eines europäischen Standardformats beizutragen, das den einheitlichen, computergestützten und leicht übersetzbaren Informationsaustausch durch automatisierte Mechanismen ermöglicht;

– das Prinzip der obligatorischen Übermittlung an den Herkunftsmitgliedstaat wird aufgegriffen, und die Befreiung von der Notifikation wird aufgehoben, wenn eine Person gleichzeitig die Staatsbürgerschaft des Urteilsmitgliedstaats besitzt;

– und schließlich wird die Pflicht zur Aufbewahrung der an den Herkunftsstaat übermittelten Informationen eingeführt.

Von den vorgeschlagenen parlamentarischen Maßnahmen möchte ich folgende besonders unterstreichen:

– zur Gewährleistung der Vollständigkeit und Authentizität der übermittelten Informationen muss der Urteilsmitgliedstaat als Eigentümer oder Inhaber der Daten über die von seinen Gerichten ausgesprochenen strafrechtlichen Urteile angesehen werden;

– der künftige Rahmenbeschluss muss ein Paket zusätzlicher Garantien im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten vorsehen;

– was die Strafdefinition angeht, so muss, um die Kohärenz mit anderen Berichten dieses Parlaments zu wahren, jene Definition aufrechterhalten werden, die im Bericht meines geschätzten Freundes und Kollegen Demetriou enthalten ist;

– die Aufnahme der Strafen in das Strafregister des Urteilsmitgliedstaats ist eine Vorbedingung, denn sie garantiert die Authentizität und Richtigkeit der übermittelten Informationen; die Informationen über Urteile werden somit nur weitergeleitet, wenn sie registriert sind, nicht früher;

– es muss klar gestellt werden, dass die Streichung aus den Strafregistern nicht nur von der Verbüßung der Strafe abhängt, sondern auch von anderen zusätzlichen Auflagen, wie der Erfüllung der zivilrechtlichen Haftung, die sich aus den Straftaten ergeben, und der Vermeidung einer Rückfälligkeit innerhalb der gesetzlichen Frist;

– es ist eindeutig zu bestimmen, welcher Rechtsrahmen die Streichung von Daten regelt, das heißt, ob die Rechtsvorschriften des Urteilsmitgliedstaats oder die des Herkunftsstaats des Verurteilten zur Anwendung kommen.

Was die Durchführungsbedingungen angeht, Herr Frattini, so teile ich wirklich Ihre Bedenken in Bezug auf die personenbezogenen Daten. Der Vorschlag ist viel restriktiver als die geltenden Bestimmungen in Fragen der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, was durch die Schnelligkeit gerechtfertigt wird, mit der die Informationen über Strafregister ihre Aktualität verlieren können. Deshalb wird es jedes Mal, wenn Informationen über das Strafregister einer Person für ein neues Strafverfahren angefordert wird, notwendig sein, einen neuen Antrag auf Informationen zu stellen.

Abschließend, Herr Präsident, möchte ich die Abgeordneten aufrufen, für den vorgeschlagenen Bericht zu stimmen, und Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit danken.

 
  
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  Panayiotis Demetriou, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Der Vorschlag, über den wir heute Abend diskutieren, ist ein notwendiger Schritt zum Ausbau der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ein Schritt zur Förderung der Strategie für die Entwicklung eines Raumes des Rechts und der Sicherheit, und ich beglückwünsche Kommissar Frattini zu seinem Eintreten für die uns heute vorliegenden Vorschläge, mit denen das Haager Programm gefördert wird.

Die Registrierung von Verurteilung und deren Weiterleitung zur Registrierung in dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger der Verurteilte ist, sowie der Austausch von Informationen über Verurteilungen im Allgemeinen werden zweifellos dazu beitragen, sowohl die inländische als auch die grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen.

Natürlich weist der Vorschlag Lücken auf. Es gibt kein Gemeinschaftsverfahren zur Regelung der Frage der Registrierung von verwaltungsgerichtlichen Verurteilungen, die in den meisten Mitgliedstaaten nicht in das Strafregister aufgenommen werden. Es gibt keine Gemeinschaftsregelung zur Frage der Registrierung von Verurteilungen, die dem Strafregister entnommen wurden. Leider werden die verschiedensten nationalen Regelungen noch immer benötigt. Selbst zu diesen Verfahrensfragen besteht noch immer keine Annäherung der Rechtsvorschriften. Dennoch trägt die im Rahmenvorschlag enthaltene Kopplung einzelstaatlicher Systeme zur Registrierung und Verwendung von Informationen über Verurteilungen schon in gewissem Maße dazu bei, das Fehlen einer einheitlichen Gemeinschaftspolitik zu allen Aspekten der Sache zu bewältigen. Wir müssen jedoch auf die notwendige Wahrung des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten nicht nur theoretisch, sondern auch in der Praxis hinweisen. Dies wird sich im natürlichen Lauf der Ereignisse herausstellen. Wir hoffen, dass die Wahrung dieses Rechts real und dauerhaft sein wird.

Ich befürworte den Bericht meines Kollegen Díaz de Mera und danke ihm für das Interesse, das er im Europäischen Parlament stets für die Förderung dieser Strategie zur Schaffung eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts bewiesen hat. Ich bin überzeugt, dass der Bericht morgen mit breiter Mehrheit im Parlament unterstützt wird.

 
  
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  Genowefa Grabowska, im Namen der PSE-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Die Mitgliedstaaten haben ihre eigenen Leitlinien für die Erhebung von Daten über strafrechtlich verurteilte Personen. Daten über die Gerichtsurteile werden in die nationalen Strafregister eingetragen. Für die zentrale Aufbewahrung und Verwaltung von Informationen über Verurteilungen sind die einzelnen Mitgliedstaaten zuständig. Wir überschreiten jedoch immer häufiger die nationalen Grenzen, und da wir keine Engel sind, geraten wir bisweilen mit dem Strafrecht eines anderen Mitgliedstaats in Konflikt, wo wir dann auch vor Gericht gestellt und verurteilt werden.

Was sollen wir mit diesen Urteilen machen? Sollen wir sie eintragen oder nicht? Die Mitgliedstaaten wenden hier unterschiedliche, sehr uneinheitliche Methoden an, und deshalb brauchen wir in diesem Bereich eine Angleichung. Erforderlich sind eine engere Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden sowie ein besserer und effizienterer Austausch von Informationen. Wir müssen außerdem dafür Sorge tragen, dass die Mitgliedstaaten auf jede Anfrage zu Informationen aus dem Strafregister korrekt, umfassend und vollständig Informationen austauschen.

Darin besteht das Ziel des Vorschlags für einen Rahmenbeschluss. Wir brauchen ein europäisches Verfahren, das den Austausch von Informationen auf elektronischem Wege in einer einheitlichen Form ermöglicht, die die automatisierte Übersetzung erleichtert, wobei ein Standardformat zur Anwendung kommen soll.

Deshalb unterstützt meine Fraktion diesen Bericht. Allerdings hegt sie in Bezug auf diesen Bericht, in dem es um die justizielle Zusammenarbeit und den Austausch von Informationen geht, in einem Punkt ernsthafte Zweifel. In Anbetracht der Notwendigkeit, wahrheitsgemäß Auskunft zu erteilen, die Rechte der Opfer der Terroranschläge vom 11. März in Spanien zu respektieren und ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sind wir besorgt über die Auswahl des Berichterstatters für diesen Bericht. Er hat schon andere Berichte über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen verfasst. Es ist wichtig, dass das Europäische Parlament als Institution wahrgenommen wird, die auf dem Grundsatz der Transparenz fußt und den Bürgern dient. Deshalb darf es nicht sein, dass Berichterstatter im Zusammenhang mit ihrer Arbeit auf nationaler Ebene als umstritten empfunden werden.

Abschließend möchte ich anmerken, dass meine Fraktion den guten Kompromiss in diesem Bericht begrüßt. Wir unterstützen den Bericht und werden dafür stimmen. Wir sind ferner der Ansicht, dass die Umsetzung dieses Beschlusses zu mehr Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten beitragen wird und dass diese wichtige Vertrauensbasis sich auch bei Strafverfahren bewährt.

 
  
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  Adina-Ioana Vălean, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte zunächst dem Berichterstatter, Herrn Díaz de Mera García Consuegra, für seine ausgezeichnete Arbeit danken, die zu diesem Bericht geführt hat.

Ich möchte Sie, wie er es bereits getan hat, an die schreckliche Geschichte erinnern, die sich vor drei Jahren in Belgien abgespielt hat. Ein 62-jähriger Franzose erhielt Arbeit an einer Schule. Er wurde inhaftiert und gestand neun Morde auf beiden Seiten der französisch-belgischen Grenze. Dann wurde bekannt, dass er bereits früher in Frankreich wegen Vergewaltigung verurteilt worden war, doch in Belgien wusste niemand etwas über sein Strafregister. Wir alle erinnern uns an den Fall Fourniret. Dieser Fall zeigt wie andere auch, wie dringend wir ein funktionierendes europäisches System des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister in einem Europa brauchen, in dem es so viele unterschiedliche Rechtssysteme gibt.

Ich beglückwünsche die Kommission zu diesem äußerst wertvollen Vorschlag. Hier handelt es sich eindeutig um dringend benötigte Rechtsvorschriften, die für die Sicherheit der Menschen im täglichen Leben greifbare Verbesserungen bringen. Deshalb begrüße ich die im Rat in der vergangenen Woche erzielte Einigung, fordere ihn jedoch auf, dieses so wichtige Dokument so bald als möglich anzunehmen. Zum ersten Mal liegen uns jetzt für die gesamte EU einheitliche Regelungen vor, die einen schnelleren Informationsaustausch über Strafregister gewährleisten und mehr Rechtssicherheit bringen. Dies ist außerdem ein erster Schritt in Richtung einer Online-Datenübertragung zwischen den EU-Ländern. Ich freue mich, dass es sich bei der gewählten Option um eine Verknüpfung der Strafregister und nicht um die Schaffung einer weiteren zentralen EU-Datenbank handelt. Das ist ein positiver Schritt, was die Kosten und vor allem den Datenschutz betrifft.

Ich möchte nochmals auf die Privatsphäre zurückkommen. Da keine Einigung über den Rahmenbeschluss über Verfahrensrechte bei Strafverfahren sowie den Datenschutz in der dritten Säule erzielt wurde, fordere ich den Rat dringend auf, die zusätzlichen Datenschutzbestimmungen in diesem Bericht zu billigen. Wir können nicht weiterhin solche Instrumente annehmen, ohne unseren Bürgern zusätzliche Garantien zu geben, dass ihre Grundrechte respektiert werden.

 
  
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  Jaromír Kohlíček, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (CS) Meine Damen und Herren, im Bericht von Herrn Díaz de Mera García Consuegra heißt es zu Recht, dass es für den Austausch von Informationen über Ermittlungen ein Standardformat geben und Informationen so flexibel wie möglich ausgetauscht werden sollten. Ziel des Berichts ist es auch, den Austausch weiterer Informationen sicherzustellen, die in bestimmten Situationen nützlich sein könnten. Natürlich gibt es bei jedem Austausch von Informationen potenzielle Hindernisse, nicht zuletzt die unterschiedlichen Rechtssysteme in den Mitgliedstaaten und die unterschiedlichen Einstufungen der gleichen Handlungen. In Extremfällen kann es dabei um die Unterscheidung zwischen einem Verbrechen und einem geringfügigen Vergehen gehen.

Ich persönlich bin nicht glücklich darüber, dass Herr Díaz de Mera García Consuegra zum Berichterstatter für diesen Bericht ernannt wurde, obwohl er der mangelnden Zusammenarbeit mit der spanischen Polizei in Verbindung mit irreführenden Informationen über die Beteiligung der ETA an dem Zuganschlag von Madrid beschuldigt wird. Wo bleibt das politische und menschliche Verantwortungsbewusstsein des ehemaligen Chefs der spanischen Polizei? Meine Fraktion hat, abschließend gesagt, große Vorbehalte gegenüber diesem Bericht.

 
  
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  Carlos Coelho (PPE-DE).(PT) Herr Präsident! Ich muss zu Beginn noch einmal kurz auf meinen Vorredner eingehen. Es ist nicht hinnehmbar, dass hier im Plenarsaal versucht wird, die parlamentarischen und politischen Rechte irgendeines Mitglieds zu beschneiden, eines Mitglieds, dessen Rechte weder auf Beschluss des Parlaments noch auf richterlichen Beschluss in seinem Land beschnitten wurden.

Diese Art der politischen Verfolgung von Díaz de Mera, der sich im Kampf gegen das Verbrechen und bei der Verteidigung des Rechts als Angehöriger seines Berufsstandes in seinem Land Verdienste erworben hat und der als Mitglied dieses Parlaments eine hervorragende Arbeit leistet, können wir nicht hinnehmen. Der Bericht, über den wir heute diskutieren, ist ein weiterer Beweis der politischen Fähigkeit und Beharrlichkeit, durch die sich seine parlamentarische Arbeit und sein gesamtes berufliches Leben auszeichnen.

Herrn Frattini möchte ich sagen, dass ich mit allem, was er in Bezug auf die Haltung des Rates gesagt hat, einverstanden bin. In der Tat ist diese Maßnahme dringend und wichtig, und es ist schon eine große Schande, dass der Rat im Hinblick auf das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten und die Einbeziehung des Parlaments nicht noch weiter gegangen ist.

Wie dem auch sei, ich unterstütze all das, was andere Redner über die Notwendigkeit gesagt haben, die strafrechtliche Vorgeschichte genau zu kennen, und darüber, dass der Austausch dieser Informationen zwischen den Mitgliedstaaten einen zusätzlichen Nutzen in der Verbrechensbekämpfung sowohl bei der Identifizierung von Verdächtigen als auch bei der Unterstützung der Ermittlungen und der Festlegung der Schwere der Tat darstellt.

Abschließend möchte ich sagen, dass ich mich auch denjenigen anschließe, die vom Rat ein schnelleres Handeln verlangen, vor allem bei der Annahme des Rahmenbeschlusses über Verfahrensgarantien für Verdächtige und Angeklagte in Strafverfahren und bei der Annahme des Rahmenbeschlusses über den Schutz personenbezogener Daten im Rahmen des dritten Pfeilers, wofür Frau Roure Berichterstatterin war und was ein weiteres wesentliches Element für die Austarierung der legislativen Maßnahmen in diesem Bereich ist.

 
  
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  Agustín Díaz de Mera García Consuegra (PPE-DE).(ES) Herr Präsident! Ich habe um das Wort gebeten, um einige inakzeptable persönliche Bemerkungen zurückzuweisen, doch vor allem, um meinem Kollegen, Herrn Coelho, zu danken, der nicht nur als Freund, sondern auch in Kenntnis der Sache gesprochen hat. Ich möchte nur eine Bemerkung machen und Herrn Kohlíček auffordern, sich zu korrigieren und zu entschuldigen.

Herr Kohlíček, die einzigen möglichen Erklärungen für Ihre äußerst unglücklichen Bemerkungen heute Abend in diesem Haus sind Ignoranz, Böswilligkeit oder unmoralische Absicht. Ich bin sicher, Herr Kohlíček, dass Sie von etwas gehört haben – ich hoffe, Sie haben davon gehört –, was sich Unschuldsvermutung nennt. Ich bin sicher, Sie haben von der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und ihrem Artikel 48 gehört. Ich bin sicher, Sie haben von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 und ihrem Artikel 11 gehört. Ich glaube nicht, dass Sie mit dem Artikel 24 der spanischen Verfassung vertraut sind – und es gibt keinen Grund für Sie, ihn zu kennen. Aber alle freien und demokratischen Verfassungen enthalten ihren Artikel 48, Artikel 11 oder Artikel 24.

Deshalb hoffe ich, dass es Ihnen, wenn Sie in der Lage sind zu begreifen, was Unschuldsvermutung bedeutet, und vor allem, wenn Sie imstande sind, einen Fall richtig zu verstehen, den Sie, nach Ihren Worten zu urteilen, überhaupt nicht kennen, möglich sein wird, eine private und öffentliche Entschuldigung auszusprechen, die ich akzeptieren werde. Es war eine misslungene und untragbare Rede Ihrerseits zum Abschluss der heutigen Aussprache, Herr Kohlíček.

(Beifall von rechts und aus der Mitte)

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen statt.

 

18. Entwicklungen in den Verhandlungen über den Rahmenbeschluss zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Martine Roure im Namen des Ausschusses für bürgerlichen Freiheiten, Justiz und Inneres über den Vorschlag für eine Empfehlung des Europäischen Parlaments an den Rat zu den Entwicklungen in den Verhandlungen über den Rahmenbeschluss zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (2007/2067(INI)) (A6-0151/2007).

 
  
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  Martine Roure (PSE), Berichterstatterin. – (FR) Herr Präsident! Die Europäische Union beruht auf humanistischen Werten, auf Werten der Toleranz, des Multikulturalismus und des Schutzes der Grundrechte. Wir treten gemeinsam für starke Werte ein, die es zu schützen gilt. Die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gehört zu unseren Prioritäten, aber wir müssen uns Artikel 10 der Grundrechtecharta vor Augen halten, in der die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit unter der unveräußerlichen Wahrung des Rechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Artikel 11 derselben Charta verankert ist.

Die Kommission legte im November 2001 einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zu rassistischen und fremdenfeindlichen Straftaten und zur wirksameren Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Europa vor. Bisher bewegte sich dieser Rahmenbeschluss trotz einer ersten Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom Juli 2002 nicht von der Stelle. Trotz der Bemühungen mehrerer Ratsvorsitze konnten sich die Mitgliedstaaten noch nicht über die Definition strafbarer Verhaltensweisen und das entsprechend anzuwendende Strafmaß einigen. Jedoch bedarf es unbedingt einer europäischen Regelung, mit der die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit möglich ist.

Die jüngsten Statistiken weisen nämlich eine Zunahme von Rassismus und Intoleranz aus. Das Anwachsen der rechtsextremen Parteien in Europa und leider auch in unserem Parlament macht es erforderlich, dass wir jegliche Rede entschieden verurteilen, in der zu Hass aufgerufen wird. Dieser Rahmenbeschluss fordert jedoch von uns, die richtige Balance zu finden zwischen der Meinungsfreiheit und der Bestrafung beleidigenden Verhaltens. In jeder Demokratie muss die Freiheit bestehen, Exzesse, seien sie politischer oder religiöser Art, zu verspotten oder zu kritisieren.

Schließlich erzielte der Europäische Rat Einvernehmen zu diesem Thema und wir sind sehr froh darüber. Denn von der Europäischen Union muss eine starke politische Botschaft zur Bekämpfung rassistischer Hassreden ausgehen. Wir können uns keinen weiteren Misserfolg im Hinblick auf einen Text erlauben, der für die Europäische Union von symbolischem Wert ist. Ich möchte der deutschen Ratspräsidentschaft für diese klare Botschaft danken, mit der bestätigt wird, dass sich Europa nicht auf einen großen Markt beschränkt, sondern für die Verteidigung der Grundrechte aller europäischen Bürger eintritt. Dieser neue Kompromiss ist Ergebnis langwieriger und schwieriger Verhandlungen und wir sind uns bewusst, dass er zwangsläufig noch Unzulänglichkeiten aufweist.

Dennoch wünsche ich, dass dieser politische Kompromiss eine Ebene für eine minimale Harmonisierung darstellt, die es den Mitgliedstaaten ermöglicht, künftig weiter voranzukommen, und ich begrüße insbesondere die Überprüfungsklausel, die beigefügt wurde und die es ermöglichen soll, in den nächsten Jahren einen höheren Grad der Harmonisierung zu erzielen. Um die bestehenden Schwächen zu mildern, rufe ich die Kommission auf, parallel dazu einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung sämtlicher in Artikel 13 EGV aufgeführten Diskriminierungen vorzulegen, um die europäischen Rechtsvorschriften in diesem Bereich zu stärken. Im Übrigen ist mir bekannt, dass Kommissar Špidla in dieser Richtung arbeitet, wie ich meine. Ich hoffe, dass uns bald ein Vorschlag für eine Richtlinie vorliegen wird.

Schließlich hat diese politische Einigung über den Rahmenbeschluss im Vergleich zu dem ersten Vorschlag der Kommission wesentliche Änderungen des Textes bewirkt, zu dem das Parlament eine Stellungnahme formuliert hat. Deshalb soll das Parlament in den nächsten Wochen erneut konsultiert werden. Wir werden unsere Stellungnahme bald abgeben, dessen können Sie sicher sein, denn wir alle haben monatelang viel gearbeitet und sind nun bereit.

Wir benötigen dieses Instrument unbedingt, um in einer friedlichen Welt leben zu können, wo jeder in seiner Verschiedenheit, seinem Glauben und seiner Lebensweise geachtet werden soll. Wir benötigen dieses Instrument unbedingt, um in einem einheitlichen und brüderlichen Europa Hass und Rassismus Einhalt zu gebieten.

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Frau Roure für ihre Ausführungen und für ihren Bericht danken. Die politische Einigung im Rat, die im April nach fünfjährigen Verhandlungen erzielt worden ist, war zweifellos sehr bedeutsam.

Diese Einigung, obschon über eine im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag der Kommission weniger ambitionierte Fassung des Rahmenbeschlusses, gewährleistet in der Tat, dass es von dem Augenblick an, da der Rahmenbeschluss in Kraft tritt und in jedem Mitgliedstaat umgesetzt wird, in Europa keinen sicheren Hafen mehr für diejenigen geben wird, die zu Rassenhass, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aufhetzen. Das ist ein politischer Erfolg.

Ich gebe zu, dass der Text des Rahmenbeschlusses strafrechtliche Maßnahmen enthält, die hätten strenger sein können. Ich hätte mir striktere Rechtsvorschriften gewünscht. Doch wie die Berichterstatterin soeben ganz richtig sagte, mussten wir einen Kompromiss akzeptieren, weil, da es sich um einen Rahmenbeschluss handelt, das Einstimmigkeitsprinzip dazu führte, dass wir unsere Ziele nicht so hoch stecken konnten, wie wir dies gewollt hätten.

Gleichwohl haben wir nun zum ersten Mal eine gemeinsame Regel, die besagt, dass Verhaltensweisen, die zu Hass oder Diskriminierung aus Gründen der Rasse, der Hautfarbe oder der Religion aufrufen, in allen Mitgliedstaaten mit strafrechtlichen Sanktionen belegt werden müssen. Bedenken Sie nur, wie wichtig es ist, zu Antisemitismus und Islamfeindlichkeit aufrufende Verhaltensweisen zu einer Zeit zu bestrafen, da wir über die Integration von nicht aus der Europäischen Union kommenden Migranten in unseren Gemeinschaften sprechen.

Eine der wichtigsten Fragen bestand sicher darin, die Balance zu finden zwischen der Strafverfolgung solcher Verhaltensweisen, die keine freie Meinungsäußerung sind, sondern eine konkrete Aufforderung zum Begehen von Gewalttaten und als solche bestraft werden müssen, und der gebotenen Achtung des Rechts auf freie Meinungsäußerung. Wir haben hart an diesem Aspekt gearbeitet, und ich denke, das Endergebnis ist zufrieden stellend.

Mit dieser Maßnahme wollen wir keine Meinungen bestrafen, sondern Verhaltensweisen, mit denen andere Menschen angestachelt werden, Straftaten zu begehen, jemanden zu überfallen, zu verletzen, zu töten und regelrechte Gewalttaten zu verüben. All das hat absolut nichts zu tun mit freier Meinungsäußerung. Wir bestrafen keine Meinungen, sondern diejenigen, die auf der Grundlage einer falschen, wenn auch legitimen Meinung, von dieser Meinung zur Tat schreiten und andere dazu anstiften anzugreifen oder Straftaten zu verüben. Hier verläuft die Grenze zwischen der freien Meinungsäußerung, die gewahrt werden muss, und der konkreten Anstiftung zur Gewalt.

Deshalb glaube ich, dass dieser Beschluss so wichtig ist. Deshalb haben wir den Grundsatz aufgestellt – der auch in dem Bericht von Frau Roure hervorgehoben wird –, dass eine rassistische Motivation bei allen Straftaten als erschwerender Umstand gewertet wird. Ist eine mit physischer Gewalt verbundene normale Straftat rassistisch motiviert, muss sie strenger bestraft werden, denn nicht nur die Anstiftung als solche, sondern auch die rassistischen Motive machen eine gegebene Straftat schwerwiegender als die Tat selbst.

Das ist ein wichtiges Prinzip, und die Tatsache, dass es von 27 Mitgliedstaaten einstimmig akzeptiert wurde, bringt die Europäische Union nach meinem Dafürhalten in eine bessere Position beim Schutz dieses Grundwertes, der in der Charta der Grundrechte verankert ist.

 
  
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  Patrick Gaubert, im Namen der PPE-DE-Fraktion.(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich die Schattenberichterstatterin meiner Fraktion, Frau Esteves, entschuldigen, die leider nicht an dieser Aussprache teilnehmen kann.

Ich danke Martine Roure für ihre Arbeit, für ihren Fleiß und ihre Beharrlichkeit, denn es bedurfte tatsächlich großer Beharrlichkeit, um weiterzumachen und vom Rat eine Einigung zu fordern, die außerordentlich notwendig ist. Über fünf Jahre dauerten die Verhandlungen, bis ein Vorschlag für einen Rahmenbeschluss gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit erzielt werden konnte. Es erhebt sich die Frage, ob es wohl zweckmäßig ist, so grundlegende Maßnahmen für das Leben unserer Mitbürger so lange ruhen zu lassen?

Ich möchte mich auch beim deutschen Ratsvorsitz von ganzem Herzen dafür bedanken, dass es ihm gelungen ist, diesen Text wieder auf den Weg zu bringen. Die Europäische Union gründet sich auf Wertegemeinschaften, auf universellen Werten der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität. Indem wir uns zusammenschlossen, haben wir uns alle entschieden, gemeinsam diese Werte zu vertreten.

Meine Damen und Herren! Absichtserklärungen nützen nicht viel, wenn ihnen keine konkreten Maßnahmen folgen. Deshalb musste gehandelt, konkret gehandelt werden, damit die Intoleranz in keinerlei Form mehr unseren Kontinent vergiftet. An vorderster Stelle stand eine Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten im Hinblick auf rassistische Straftaten. Nunmehr wird das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen mit Gefängnisstrafen belegt, worüber ich sehr zufrieden bin.

Allerdings verhehle ich Ihnen nicht, dass diese Zufriedenheit nicht uneingeschränkt ist: ja, die Annahme dieses Textes ist ein deutliches Signal, vor allem in diesem Jahr, dem „Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle“, wobei ich jedoch befürchte, dass sie nur einen geringfügigen Mehrwert erbringt. Denn es sind Ausnahmeregelungen vorgesehen und es werden Lockerungen akzeptiert. So wird beispielsweise ein bestimmtes Verhalten nur dann unter Strafe gestellt, wenn die Gefahr besteht, dass es zu Gewalt oder Hass gegenüber einer Gruppe von Menschen anstiftet. Wie aber kann toleriert werden, dass sich Tatsachenverleugner in manchen europäischen Ländern im Namen der Meinungsfreiheit äußern dürfen? Meinungsfreiheit hört dann auf, wenn die Rechte anderer missachtet werden. Ich verstehe voll und ganz, dass in unseren Ländern verschiedene kulturelle und rechtliche Traditionen bestehen, aber die Bekämpfung des Rassismus darf nicht Gegenstand irgendwelcher Kompromisse sein. Gewisse hasserfüllte Äußerungen zu tolerieren, bedeutet in Wirklichkeit sie zu akzeptieren.

Meine Damen und Herren, als Abgeordnete müssen wir unsere Meinung klar zum Ausdruck bringen und müssen derartige Gewalttaten mit Nachdruck verurteilen. Wir müssen weiterhin wachsam sein, denn unser Kampf für den Schutz der Menschenrechte und für die Achtung der Grundrechtecharta ist noch längst nicht zu Ende. Ich bitte Sie, morgen möglichst zahlreich für diesen Text zu stimmen. Dieser Kampf ist unser Kampf und er gereicht unseren europäischen Demokratien und unserem Parlament zur Ehre.

 
  
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  Emine Bozkurt, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich bin Frau Roure für ihren Bericht nicht nur zu Dank verpflichtet, sondern unterstütze ihn auch vorbehaltlos. Rassismus gilt in den europäischen Gesellschaften als andauerndes und auch wachsendes Problem. Deshalb sind mehr und bessere Instrumente vonnöten, um dagegen vorzugehen, falls notwendig auch auf europäischer Ebene. Da Rassismus keine Grenzen kennt, sollten es die Gegenmaßnahmen ebenso wenig.

Im vergangenen Jahr fand mein Entschließungsantrag über Rassismus im Fußball im Parlament überwältigende Unterstützung, und ich hoffe, dies gilt morgen gleichermaßen für Frau Roures Bericht.

In der Entschließung über den Fußball forderten wir eine härtere Gangart, ein europäisches Konzept gegen Rassismus sollte sich jedoch nicht nur auf den Fußball beschränken. Europa muss für die Gleichbehandlung all seiner Bürger eintreten. Daher bedarf es guter Bildung und eines aktiven Engagements Europas für soziale Integration, um die Befürworter von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu isolieren und eine tolerante und vielfältige Gesellschaft anzustreben.

Ich bin froh, dass Frau Roure in ihrem Bericht Hassverbrechen besonders herausstellt. Ich schließe mich auch dem Appell an, keine hierarchische Abstufung der einzelnen Diskriminierungsgründe vorzunehmen. Gegen alle Formen von Diskriminierung, also auch Islamophobie, muss mit gleicher Härte vorgegangen werden.

Der Bericht erwähnt 9 Millionen Opfer von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Wahrscheinlich stimmt diese Zahl, aber meines Erachtens sind 494 Millionen Bürger Opfer von Rassismus, denn wenn Rassismus ungestraft bleibt, nimmt die Gesellschaft insgesamt Schaden. Europa ist für alle da, und wir sollten es vor allem so belassen.

 
  
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  Sophia in 't Veld, im Namen der ALDE-Fraktion.(EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Martine Roure, die wieder einmal eine großartige Leistung vollbracht hat, meinen Glückwunsch aussprechen. Ferner möchte ich dem deutschen Ratsvorsitz danken, der diese Angelegenheit unter Dach und Fach gebracht hat. Allerdings stelle ich wiederum mit großem Bedauern feststellen, dass der Rat bei dieser wichtigen Aussprache nicht anwesend ist.

Mich freut außerordentlich, dass dieses Rechtsinstrument endlich angenommen wurde. Es war lange erwartet und ist sehr begrüßenswert, jedoch hängt jetzt viel davon ab, ob und wie es in der Praxis angewandt wird, weil Rechtsvorschriften, die Hassverbrechen zu Straftaten machen, nur der letzte Ausweg sind. Durch Rechtsvorschriften wird kein Rassismus abgeschafft. Das können wir nur mit unserem eigenen Verhalten und unserer eigenen Mentalität tun, und wir brauchen dazu wesentlich mehr als nur diesen Rahmenbeschluss.

Wir müssen Gleichheit, Achtung und Toleranz fördern, und das dürfen wir nicht nur mit Worten tun. Jeder von uns trägt in Europa Verantwortung. Rechtsakte sind nicht genug, und wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Ich stimme Herrn Gaubert voll und ganz zu, der auf Erklärungen hinwies, die Menschen in der Öffentlichkeit abgeben. Das trifft nicht nur auf den Durchschnittsbürger zu, sondern noch mehr auf prominente Politiker und Religionsführer, kurz gesagt, auf Meinungsführer. Es ist daher umso bedauerlicher, dass sogar Prominente in Europa kürzlich Äußerungen gemacht haben, die Hass und Gewalt schüren. Sie tragen zur Schaffung eines Klimas der Intoleranz und des Hasses bei. Ich verweise beispielsweise auf den Präsidenten eines Mitgliedstaats, der äußerst abwertende Bemerkungen über das Volk der Roma machte. Das ist nicht hinnehmbar, und meiner Meinung nach sollte das Parlament solche inakzeptablen Äußerungen deutlich verurteilen.

Ich verweise auch auf einen Abgeordneten dieses Parlaments, Herrn Giertych, der ein antisemitisches Flugblatt verteilte. Glücklicherweise haben wir entschieden darauf reagiert. Ich denke ferner an Herrn Wilders in meinem Heimatland, der in einer Aussprache gestern ganz ungeheuerliche Dinge sagte, auf die niemand reagierte. Das ist ein weiteres Problem: Wir gestatten es diesen Extremisten, die politische Agenda zu bestimmen. Selbst die großen Parteien haben ihre Sprache an die Sprache der Extremisten angepasst. Wir sollten daher sehr sorgfältig auf das achten, was wir sagen, und auf unser eigenes Verhalten.

Abschließend möchte ich betonen, dass ich voll einverstanden bin mit der Forderung, die Rechtsvorschriften auf andere Gruppen auszudehnen. Denn wir alle wissen, dass Hass und Gewalt gegen Homosexuelle in Europa um sich greifen, darunter leider auch in meinem Heimatland. Auch gegen Frauen. Gelegentlich vergessen wir das, aber es gibt viele Verlautbarungen, die irgendwie Gewalt gegen Frauen akzeptabel zu machen scheinen. Der nächste Schritt sollte darin bestehen, eine Rechtsvorschrift zu verabschieden, in der die Aufwiegelung zu Hass und Gewalt gegen alle Gruppen der Gesellschaft verurteilt wird.

 
  
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  Jean Lambert, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte der Berichterstatterin für ihr Engagement für dieses andauernde Thema danken, das schon lange gesetzlich verankert hätte sein müssen. Wie meine Vorredner sind auch wir der Meinung, dass hier gehandelt werden muss.

Im letzten Jahr konnten wir eine Zunahme von antisemitischen und antimuslimischen Hassverbrechen in vielen Teilen der Europäischen Union beobachten, zumindest jedoch in den Teilen, die effektiv über solche Verbrechen berichten. Mehrere meiner Vorredner wiesen bereits darauf hin, dass wir uns im Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle befinden, und dennoch sehen sich viele unserer Bürger, Einwohner und Besucher Diskriminierung und Hassverbrechen ausgesetzt, einfach nur wegen ihrer Hautfarbe, ihres Glaubens oder weil sie das vermeintliche Verbrechen begangen haben, fremd zu sein. Der Direktor von „Human Rights First“ sagte einmal, die Diskriminierung eines Mitglieds einer bestimmten Gruppe bedroht alle Mitglieder dieser Gruppe und fügt der Gesellschaft insgesamt unermesslichen Schaden zu.

Meine Fraktion betrachtet diesen Rahmenbeschluss als eine Ergänzung der bestehenden Gesetzesvorschriften, doch wir wollen auch, dass die bestehenden Gesetze voll umgesetzt werden. Wir unterstützen die Forderung, zu diesem Thema erneut konsultiert zu werden. Uns bereitet beispielsweise Kopfschmerzen, dass Bestimmungen über den gegenseitigen Beistand zwischen den Mitgliedstaaten gestrichen wurden, so dass es schwerer wird, den grenzüberschreitenden Rassismus zu bekämpfen. Uns ist bekannt, dass es eine beachtliche internationale Organisation beispielsweise von Gruppen gibt, deren Leitbild die verachtenswerten Konzepte der rassischen Überlegenheit ist.

Wir haben die konstruktiven Änderungsanträge zu diesem Bericht mitunterzeichnet. Andere Änderungsanträge stellen für uns einen Teil des Problems dar, aber wir setzen auf den Rat, dass er gemeinsam mit dem Parlament konstruktive und energische Maßnahmen ergreift.

 
  
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  Giusto Catania, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich bei Frau Roure für ihre beharrliche Arbeit bedanken, die sie mit dem Rat geleistet hat, um gemeinsam diesen Rahmenbeschluss zustande zu bringen. Wir haben lange gebraucht, doch wir können sagen, dass wir endlich einen wichtigen Wendepunkt erreicht haben.

Es ist sicher richtig, dass wir Rassismus und Fremdenfeindlichkeit mit gesetzlichen Mitteln bekämpfen müssen, doch meines Erachtens müssen wir vor allem umfangreiche Aufklärungsmaßnahmen durchführen. Ich glaube, dieses Parlament verfügt auch über die Mittel, um eine effektive Informationskampagne in den Mitgliedstaaten zu starten, damit sichergestellt wird, dass dieser Rahmenbeschluss als eine große kulturelle Auseinandersetzung der Ideen umgesetzt werden kann.

Ich denke, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit müssen bekämpft werden, weil die von der Europäischen Beobachtungsstelle vorgelegten Daten alarmierend sind. Die Meldungen über rassistische und fremdenfeindliche Verhaltensweisen nehmen zu, und nach meinem Dafürhalten müssen wir gegen diejenigen vorgehen, die oft versuchen, zu rassistisch oder religiös motiviertem Hass aufzustacheln. Das kann vor allem mithilfe der Medien geschehen, die allzu oft genutzt werden, um Botschaften zu vermitteln, die für die Gesellschaft höchst gefährlich sind.

Die vom Rat angenommene Initiative, aber insbesondere die Arbeit, die Frau Roure in diesem Parlament geleistet hat, werden meiner Meinung nach als wichtiges Instrument für politische Anstrengungen und für die Fortsetzung dieser Bemühungen dienen. Wie Herr Frattini sagte, müssen die Grenzen gezogen werden, innerhalb deren eine Balance zwischen der freien Meinungsäußerung und der Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit besteht. Ich denke, dass das wichtig ist und dass wir strikte politische Maßnahmen und eine umfangreiche Aufklärungskampagne durchführen müssen.

 
  
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  Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE).(LT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! In der Berliner Erklärung vom 25. März dieses Jahres heißt es: „Wir haben mit der europäischen Einigung unsere Lehren aus blutigen Auseinandersetzungen und leidvoller Geschichte gezogen.“ Ich halte dies für richtig, ein Beweis dafür ist das Dokument, mit dem wir uns heute beschäftigen.

In der grundsätzlichen Entschließung wird Folgendes als Verbrechen definiert: das Schüren von Hass und Gewalt, die öffentliche Billigung von Völkermorden, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, und die Weigerung, diese Verbrechen anzuerkennen oder die umfassende Trivialisierung dieser Verbrechen. Die grundsätzliche Entschließung beschränkt sich auf Verbrechen, die aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationaler und ethnischer Herkunft verübt werden. Sie behandelt jedoch keine ähnlichen Verbrechen, die aus anderen Gründen begangen werden, wie Hass und Gewalt gegen bestimmte Völker aufgrund deren politischer Überzeugungen oder ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe oder die soziale Lage von Gruppen von Einzelpersonen – beispielsweise Verbrechen, die von totalitären Regimes begangen werden.

Meines Erachtens ist die Zeit für ein ergänzendes Dokument gekommen, dessen Gegenstand Folgendes sein könnte: das Schüren von Hass und Gewalt, die öffentliche Billigung von Völkermorden, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, die sich gegen Gruppen von Einzelpersonen richten und durch andere Kriterien als Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationale bzw. ethnische Zugehörigkeit definiert sind, die ich bereits erwähnt habe. In einem solchen Dokument könnten beispielsweise die soziale Lage oder politische Überzeugungen, die Weigerung, diese Verbrechen anzuerkennen oder die Trivialisierung dieser Verbrechen behandelt werden. Die strafrechtliche Verantwortung könnte in diesen Fällen festgelegt werden.

Die Initiative der Europäischen Kommission zur Förderung einer öffentlichen Diskussion auf europäischer Ebene über Völkermorde, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die Verbrechen totalitärer Regimes und derjenigen, die diese Verbrechen befürworten, verzerrt darstellen oder herunterspielen, ist zu begrüßen und unterstützenswert. Auf der Grundlage dieser Diskussionen sollte es nach zwei oder drei Jahren möglich sein, einen weiteren Vorschlag für eine grundsätzliche Entschließung zu diesen Verbrechen vorzulegen.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE).(LT) Herr Präsident, ich beglückwünsche die Verfasserin des Berichts, Martine Roure, zu ihrem Mut. Ein besonders großes Lob geht an Deutschland, das die Annahme einer Entschließung zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit als eine Priorität seiner Präsidentschaft angekündigt hat.

Das Konzept der Schaffung einer Europäischen Union stützt sich auf Toleranz, Vertrauen und das friedliche Zusammenleben von Nationen. Leider nimmt die Zahl der rassistischen und fremdenfeindlichen Übergriffe in der letzten Zeit nicht ab, sondern ist auf fast 10 Millionen jährlich angewachsen. Rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Parolen verwenden nicht nur extremistische Parteien – auch die anscheinend stabileren Massenparteien und ihre Führung scheuen nicht davor zurück. Sogar in diesem Hohen Haus und in einigen nationalen Parlamenten ist es nicht unüblich, Ausführungen zu hören, die von extremem Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit durchdrungen sind.

Ich stimme der Berichterstatterin zu, dass in einer Kultur, die auf Rechten und Freiheiten gründet, das Strafrecht das letzte Mittel ist, von dem am besten so wenig Gebrauch wie nötig gemacht werden sollte. Dennoch ist es unvermeidlich, die Strafrechtspolitik zu nutzen, um in diesem Bereich härter vorzugehen. Ich unterstütze vorbehaltlos den Standpunkt von Kommissar Frattini, dass ein rassistisches Motiv bei einem Verbrechen eine höhere Strafe für dieses Verbrechen nach sich ziehen sollte.

Priorität sollte auch die Bildung haben, ebenso der Dialog zwischen verschiedenen Religionen und Kulturen, und ein maßvoller und nachdenklicher Blick auf die Vergangenheit. Selbst wenn sich die Menschen als sehr tolerant empfinden, führen Diskussionen darüber, wessen Tragödie die größte und wessen Schmerz am stärksten ist, dazu, dass die Toleranz vernichtet und das Vertrauen in den anderen verloren geht.

Für die neuen Länder der Europäischen Union ist die Frage der Wiederherstellung von Gerechtigkeit in der Geschichte besonders heikel. Es ist an der Zeit, zu versuchen, die Auffassungen der alten Mitgliedstaaten und der neuen Länder von den Tragödien und schmerzlichen Geschehnissen des 20. Jahrhunderts in Einklang zu bringen. Dies muss geschehen, ohne dass einige Parteien eine Monopolstellung in Sachen Moral einfordern und damit versuchen, ihre Meinung anderen aufzuzwingen. Das wichtigste Ziel ist es, nicht zu verbittern, sondern Wunden zu heilen, aus der Geschichte zu lernen und den Weg für das Wiedererstehen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu versperren.

 
  
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  Sajjad Karim (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Intoleranz ist in Europa auf dem Vormarsch – sei es in Form der wachsenden Islamophobie oder der enormen Zunahme von antisemitischen Übergriffen. Es ist längst überfällig und wichtiger als jemals zuvor, dass sich die EU entschlossen zeigt, indem sie Rechtsvorschriften annimmt, um diesen besorgniserregenden Erscheinungen Einhalt zu gebieten. Dieses Dokument stellt an sich keine konkrete Maßnahme dar, die notwendig ist, um die anhaltenden Probleme des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit im heutigen Europa anzugehen. Sie könnte noch deutlicher sein, wenn man das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung als Maßstab genommen hätte.

Zweitens müssen diese Gesetzesvorschriften Europas Engagement für unsere Kernwerte in Bezug auf Vielfalt und Intoleranz gegenüber Diskriminierung bekräftigen, ein Engagement, das wesentlich größer sein muss als die Summe der politischen Kompromisse im Text des Rates. In dem gegenwärtigen politischen Klima, wo durch die Unterstützung für rechtsgerichtete Extremisten in ganz Europa der Rassismus Einzug in den Alltag gefunden hat, müssen die Gemäßigten diese Rechtsvorschriften und den Dialog im Zusammenhang mit ihrer Durchsetzung nutzen und die Debatte über die Vielfalt wieder in die Hand nehmen. Wir müssen die Bande des Vertrauens zwischen geteilten Gemeinschaften wieder knüpfen, und wir müssen dafür sorgen, dass an die Stelle von Gefühlen der Entfremdung das so dringend erforderliche Gefühl der Sicherheit tritt.

 
  
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  Carlos Coelho (PPE-DE).(PT) Herr Präsident, Herr Frattini, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich den Glückwünschen von Herrn Gaubert für Frau Roure anschließen. Sie ist eine Abgeordnete, von der wir wissen, dass sie stets eine außerordentliche Arbeit leistet. Dies hat sie erneut ebenso unter Beweis gestellt wie Beharrlichkeit, die zu Recht von Herrn Catania hervorgehoben wurde.

Rassistische Straftaten sind in allen Mitgliedstaaten ein ständiges, sich hartnäckig haltendes Problem. Der erste Schritt, der getan werden muss, sollte immer die Prävention sein. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit müssen durch eine so früh wie möglich einsetzende Erziehung und einen politischen und sozialen Diskurs verhindert werden, der gegen das Schüren von Hass und die Propagierung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gerichtet ist.

Die von der Europäischen Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vorgelegten Zahlen konfrontieren uns mit dieser Realität in der Europäischen Union. Rechtlich gesehen können die Mitgliedstaaten natürlich auf Rechtsvorschriften zurückgreifen, doch unterscheiden sich diese sehr stark von Land zu Land, so dass eine Harmonisierung dringend geboten scheint. Dieser Rahmenbeschluss ist insofern begrüßenswert, als er eine gewisse Harmonisierung des Strafrechts der Mitgliedstaaten und die Verbesserung der gegenseitigen Hilfe im Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit mit sich bringt.

Mit dieser Initiative stellt das Europäische Parlament seine Empfehlungen vor und hat Stellung in einem Bereich bezogen, in dem es – vergessen wir das nicht – sehr viel beharrlicher war als der Rat.

 
  
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  Danutė Budreikaitė (ALDE).(LT) Herr Präsident, meine Damen und Herren. Der Nazismus ist von Wissenschaftlern und Politikern gründlich untersucht worden. Er ist gut bekannt und wird von der internationalen Gemeinschaft verurteilt. Deutschland selbst hat zu diesem Prozess beigetragen und damit seine Fehler der Vergangenheit verstanden und eingeräumt.

Wir wissen wenig über die andere Seite der schlimmsten Verbrechen des vergangenen Jahrhunderts – den Kommunismus. Darüber wird wenig diskutiert. Daher wurden seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit bisher noch nicht auf globaler Ebene anerkannt. Etwa 20 Millionen Menschen starben während der Nazizeit und dem Holocaust. Doch 100 Millionen Menschen verschiedener Nationalitäten wurden Opfer des Kommunismus.

Ich unterstütze die grundsätzliche Entschließung des Rates und die mit der dieser Entschließung angenommene Erklärung, in der der Rat die Verbrechen totalitärer Regimes verurteilt.

Ich fordere die Mitgliedstaaten auf, weiterhin die von kommunistischen Regimes begangenen Verbrechen zu enthüllen, sie angemessen zu bewerten und die grundsätzliche Entschließung zu ergänzen. Ich fordere das Europäische Parlament auf, Diskussionen über die Verbrechen des Kommunismus einzuleiten sowie einen eigenen Beitrag zu leisten, damit der Kommunismus als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkannt wird.

 
  
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  Marios Matsakis (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte die Berichterstatterin, Frau Roure, zu ihrem ausgezeichneten Bericht über dieses wichtige, jedoch offensichtlich auch höchst kontroverse Thema beglückwünschen. Es ist deshalb so wichtig, weil jedes Jahr schätzungsweise Millionen von Menschen Opfer rassistisch motivierter Straftaten werden. Es ist ein kontroverses Thema, da hier ein Mittelweg zwischen wirksamen Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einerseits und der Wahrung der Freiheit der Meinungsäußerung andererseits gefunden werden muss.

In der Tat scheint dieses Thema wirklich so kontrovers zu sein, dass der gegenwärtig behandelte Text erst nach mehreren Jahren von Verhandlungen auf dem Tisch liegt. Daraus ergibt sich die Frage, ob es unbedingt notwendig war, so viel Zeit zu investieren, bevor eine geeignete Lösung gefunden wurde? Denken wir nur an die Millionen von Menschen, die wegen dieses großen Zeitverzugs leiden mussten. Ist der Grund für diese extreme Verzögerung rein technischer Natur oder möglicherweise fahrlässige Gleichgültigkeit? Oder liegt dem vielleicht der Versuch zugrunde, nicht so rasch zu handeln, weil einige einflussreiche politische Kräfte solche Maßnahmen nicht so gerne sehen und selbst in gewisser Weise rassistisch und fremdenfeindlich sind?

Vielleicht kann mir der Herr Kommissar versichern, dass Letzteres ganz und gar nicht der Fall ist und dass meine Befürchtungen völlig unbegründet sind.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142 der Geschäftsordnung)

 
  
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  David Martin (PSE), schriftlich.(EN) Mir macht die Zunahme von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der EU – sowohl in den neuen als auch in den alten Mitgliedstaaten – immer größere Sorgen. In einer Union, in der die Freizügigkeit einen Eckpfeiler darstellt, ist dies zweifelsohne ein Thema, das gemeinschaftliches Handeln erfordert. So sind Initiativen wie das gegenwärtig begangene Europäische Jahr der Chancengleichheit ganz wichtig, um beispielhafte Praktiken der Beseitigung von Diskriminierung zu verbreiten. Diese Bemühungen sind unbedingt zu verstärken, um dem Anstieg der Islamophobie, des Antisemitismus und der Diskriminierung von Minderheitengruppen vor allem aus den neuen Mitgliedstaaten Einhalt zu gebieten. Wir als Parlament sowie alle Organe und Institutionen der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten müssen alles in unseren Kräften Stehende tun, um Europa von der Geißel des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit zu befreien und klar zum Ausdruck bringen, dass wir so etwas nicht dulden.

 

19. Asyl: praktische Zusammenarbeit, Qualität der Beschlussfassung im gemeinsamen Europäischen Asylsystem (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Hubert Pirker im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über Asyl: praktische Zusammenarbeit, Qualität der Beschlussfassung im gemeinsamen europäischen Asylsystem (2006/2184(INI)) (A6-0182/2007).

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE), Berichterstatter. – Herr Präsident, Herr Kommissar und Vizepräsident der Kommission! Mit den Vorschlägen, die wir in diesem Bericht ausgearbeitet haben, bewegen wir uns einen Schritt weiter in Richtung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems.

Der Bericht, dem – davon gehe ich aus – das Parlament eine breite Zustimmung geben wird, ist ein eindeutiges Bekenntnis des Europäischen Parlaments zu einem funktionierenden europäischen Asylsystem, das zum Ziel hat, rasche, faire und sichere Entscheidungen im Interesse der Betroffenen zu treffen. Es baut auf eine engere Kooperation der Behörden auf, und das sollte zum Ziel haben, dass das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten aufgebaut wird und wächst, dass Entscheidungen schneller getroffen werden und damit jenen schneller als bisher geholfen wird, die tatsächlich einen Anspruch auf Asyl haben, und dass auch Asylmissbrauch entsprechend bekämpft werden kann.

Ich konnte zehn Kernforderungen herausarbeiten und ich bedanke mich insbesondere bei den Schattenberichterstatterinnen für die Unterstützung und bei der Kommission für den ausgezeichnet ausgearbeiteten Vorschlag, der als Basis für diese Diskussion gegolten hat. Diese zehn Kernforderungen sind folgende:

Zum Ersten geht es um die Festlegung einheitlicher Verfahrensabläufe, damit rasche und sichere Entscheidungen getroffen werden.

Das Zweite ist die Einführung einer Liste sicherer Drittstaaten, wo je nach Einzelfall, aber sehr klar entschieden werden kann, ob ein Anspruch besteht oder eben nicht besteht.

Das Dritte ist die Erstellung einer gemeinsamen Datenbank über die Situation in den Herkunftsländern, so dass alle zuständigen Beamten in den unterschiedlichen Mitgliedstaaten über die gleiche Information über die Zustände verfügen und damit in der Lage sind, aufgrund des in allen europäischen Ländern gleichen Informationsmaterials sichere Entscheidungen zu treffen.

Das Vierte ist: Wir brauchen entsprechend hochqualifizierte Beamte, die die Entscheidungen treffen. Daher rührt der Vorschlag, ein europäisches Curriculum zu entwickeln, damit die Qualifikation in allen Staaten nach gleichen Standards erworben wird.

Das Fünfte ist, dass wir Mitgliedstaaten, die einem besonderen Migrationsdruck ausgesetzt sind, insofern zur Hand gehen, dass wir temporär begrenzt – so lange wie notwendig – Expertenteams zur raschen Abwicklung von Asylverfahren zur Verfügung stellen, die sich aus Experten der verschiedenen Mitgliedstaaten zusammensetzen.

Der sechste Punkt ist, dass wir verbesserte Maßnahmen im Zusammenhang mit der Rückführung von Personen brauchen, und zwar von Personen, die den Flüchtlingsstatus nicht erhalten, und von Personen, denen der Flüchtlingsstatus aberkannt wird.

Der siebte Punkt ist – und er geht in den Bereich der Prävention, ich habe ihn schon mehrfach angesprochen –, dass wir Informationskampagnen intensivster Art starten müssen, um in den Herkunftsländern und in den Transitländern potenzielle Migranten über die Risiken der illegalen Einwanderung und die Konsequenzen im Falle der Nichtzuerkennung des Flüchtlingsstatus aufzuklären und ihnen ebenso zu sagen, wie sie legal in die Europäische Union einreisen können.

Der achte Punkt bezieht sich auf die Europäische Unterstützungsagentur. Hier waren wir im Ausschuss nicht der Meinung des Kommissionsvorschlags. Ich halte es vielmehr für besser, der Kommission mehr Personal und mehr Geld zur Verfügung zu stellen und nicht wieder eine neue Agentur zu errichten. Ich glaube, das ist effizienter und kostengünstiger.

Der neunte Punkt ist, dass wir von den Mitgliedstaaten einfordern müssen, dass Richtlinien oder Verordnungen, die auf europäischer Ebene beschlossen werden, dann tatsächlich in die Realität umgesetzt werden. Hier ist der Vorschlag, eine so genannte Äquivalenzliste zu erstellen, das heißt, dass die Staaten bekanntgeben, durch welche Maßnahmen sie entsprechende Unionsvorgaben ihrer Meinung nach umgesetzt haben.

Der zehnte Punkt schließlich ist die Lastenteilung, die einerseits gegeben ist durch die Unterstützung von Expertenteams, damit eben in Sondersituationen die Verfahren rascher abgewickelt werden können. Indirekt erreichen wir auch ein gewisses Maß an Lastenteilung, wenn wir einheitliche Verfahren haben, weil sich Menschen dann nicht verstärkt dorthin wenden, wo die Verfahren schlampig oder mit falschen Informationen abgewickelt werden. Das sollte nicht der Fall sein.

Wir haben uns bemüht, in einem Punktekatalog konkret herauszuarbeiten, wie wir glauben, dass in Zukunft Menschen, die tatsächlich auf der Flucht sind und den Asylstatus – das heißt den Flüchtlingsstatus – erhalten, schnell geholfen werden kann, aber anderen Menschen genau so klar gemacht werden kann, dass sie diesen Status nicht erreichen können.

Ich danke für die Zusammenarbeit und die Unterstützung.

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte vor allem dem Berichterstatter, Herrn Pirker, für seinen Bericht danken, der eine Reihe äußerst nützlicher Empfehlungen enthält.

In vielen dieser Empfehlungen geht es um die Ziele, die ein wirklich umfassendes gemeinsames europäisches Asylsystem verfolgen sollte. Viele der vom Europäischen Parlament in diesem Bericht geäußerten Besorgnisse wurden bereits in unserem Grünbuch über das künftige gemeinsame Asylsystem angesprochen, das ich am 6. Juni vorstellte und das von der Kommission angenommen wurde. Ich habe vor, dazu eine breite europäische Debatte auf den Weg zu bringen.

Somit besteht das auf europäischer Ebene verfolgte Ziel schließlich darin, gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen. Asylbewerber sollten in allen Mitgliedstaaten unter gleichen Bedingungen Zugang zu Schutz haben – das ist die erste Voraussetzung. Das in der ersten Phase angestrebte Ziel bestand darin, den Rechtsrahmen in den Mitgliedstaaten auf der Grundlage gemeinsamer Mindestnormen zu harmonisieren. Das Ziel der zweiten Phase sollte jedoch darauf ausgerichtet sein, unionsweit höhere einheitliche Schutzstandards und ein gleiches Schutzniveau zu erreichen sowie ein hohes Maß an Solidarität zwischen den EU-Mitgliedstaaten sicherzustellen.

Es ist notwendig, vorhandene Lücken und Defizite aufzuspüren und die Harmonisierung der Rechtsvorschriften voranzutreiben, wobei ein hoher Standard zu gewährleisten ist. Beispielsweise muss nach Mustern für die Gestaltung eines einheitlichen Verfahrens für die Bewertung des Antrags auf Gewährung des Flüchtlingsstatus und für den subsidiären Schutz gesucht werden. Ferner muss über die Notwendigkeit einer vollständigeren Harmonisierung und Erläuterung der europäischen Vorschriften für Aufnahmebedingungen für Asylbewerber nachgedacht werden.

Außerdem müssen wir uns Gedanken machen, ob die Kriterien für die Zuordnung der Zuständigkeit, die gegenwärtig laut Dublin-II-Verordnung gelten, ergänzt werden sollten, um auch andere Faktoren zu berücksichtigen. Dazu gehört beispielsweise eine gerechtere Verteilung zwischen den Mitgliedstaaten ausgehend von ihrer Kapazität, Asylanträge zu bearbeiten und anerkannten Flüchtlingen eine langfristige Perspektive zu bieten. Das ist ein äußerst wichtiger Punkt, der von einer Reihe von Mitgliedstaaten angesprochen wurde, insbesondere von unseren maltesischen Freunden, die auf die Notwendigkeit hingewiesen haben, die gegenwärtige Dublin-Verordnung einzubeziehen. Ich werde diese Frage untersuchen. Anhand der Ergebnisse dieser breiten Debatte und nach einer öffentlichen Anhörung, die am 18. Oktober unter voller Einbeziehung des Parlaments stattfinden wird, werde ich Anfang 2008 einen Strategieplan vorlegen. Der Strategieplan wird weitere Maßnahmen für die Schaffung des umfassenden Asylsystems in Verbindung mit einem Zeitrahmen für seine Annahme beinhalten. Ich bin überzeugt, dass es uns mit dem entsprechenden institutionellen Rahmen, der das Europäische Parlament in den Gesetzgebungsprozess voll einbezieht – ich meine damit das Mitentscheidungsverfahren – gelingen wird, diese hochgesteckten Ziele zu erreichen.

Zu den von Herrn Pirker in seinem Bericht angesprochenen konkreten Fragen der praktischen Zusammenarbeit möchte ich sagen, dass es notwendig ist, dass die Mitgliedstaaten ihre Praxis stärker angleichen. Zweifelsohne ist die Ausbildung einer der Bereiche, in denen eine praktische Zusammenarbeit erfolgt. Gegenwärtig wird ein europäisches Curriculum erarbeitet. Wir werden in einigen Monaten, das heißt bis Ende des Jahres, ein erstes gemeinsames Portal als Pilotprojekt für den Austausch von Informationen über die Herkunftsländer einrichten. Im Augenblick werden dadurch lediglich einige vorhandene Datenbanken miteinander verknüpft, zu denen ausgewählte nationale Behörden Zugang haben. Meine Dienststellen beabsichtigen allerdings auch, eine Machbarkeitsstudie durchzuführen, um zu untersuchen, wie die praktische Zusammenarbeit besser strukturiert unterstützt werden kann. Dies sollte durch eine Europäische Unterstützungsagentur erfolgen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass der Europäische Flüchtlingsfonds die Mitgliedstaaten durch Gemeinschaftsaktionen bei der Durchführung von Projekten in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen finanziell unterstützen kann, so dass sie die Qualität ihrer Asylsysteme verbessern können. Dieser Aspekt wird im neuen Weltprogramm für 2007 besonders hervorgehoben.

Die Kommission hat weiterhin vorgeschlagen, den Europäischen Flüchtlingsfonds zu verändern, um insbesondere den Mitgliedstaaten schnelle finanzielle Unterstützung zu gewähren, die aufgrund der plötzlichen Ankunft von Einwanderern an ihren Grenzen, von denen einige internationalen Schutz benötigen, unter einem besonderen Druck stehen. Darüber hinaus wird die neue Haushaltslinie „Vorbereitende Maßnahme: Migrationssteuerung – Tätige Solidarität“ – so lautet nämlich der Name des Projekts – zur Unterstützung von Mitgliedstaaten verwendet, die besondere Schwierigkeiten haben. Wir werden dieses Projekt mit einem zusätzlichen Betrag in Höhe von etwa 7 Millionen Euro ausstatten.

Schließlich besteht, wie der Berichterstatter soeben erklärte, eines unserer wichtigsten politischen Ziele darin, eine klare Unterscheidung zwischen Wirtschaftsmigranten einerseits und echten Flüchtlingen andererseits zu treffen. Damit haben wir glaubhafte europäische Politiken für die Rückführung von Drittstaatenangehörigen, die sich illegal bei uns aufhalten, und achten voll und ganz ihre Menschenrechte und Grundfreiheiten.

 
  
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  Bernadette Vergnaud (PSE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Das Europäische Parlament hat sich stets für die Einführung einer gemeinsamen Asylregelung bis 2010 eingesetzt. Der Bericht von Herrn Pirker, den ich zu seiner ausgezeichneten Arbeit beglückwünsche, weist auf die Notwendigkeit hin, dieses Ziel weiter zu verfolgen.

Ziel der Entwicklung einer gemeinsamen Asylpolitik muss der Schutz der betroffenen Personen und nicht etwa die Verringerung der Zahl der Asylanträge oder deren Verlagerung nach außen sein. Die europäische Politik muss auf der Verpflichtung beruhen, Asylsuchende aufzunehmen, sowie auf der Beachtung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung gemäß der Genfer Konvention. Die Ausarbeitung eines einheitlichen Statuts, die Verbesserung der Qualität der Beschlussfassung, die einheitlichen europäischen Verfahren der Zusammenstellung und Prüfung der Daten, die gemeinsame Nutzung von Informationen über die Herkunftsländer und die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten werden es, so hoffe ich, ermöglichen, dass Personen, die angesichts ihrer Lage dringend schutzbedürftig sind, in aller Sicherheit auf europäisches Territorium gelangen können und ihr Antrag ordnungsgemäß geprüft wird.

Die Notwendigkeit der Verbesserung der Zusammenarbeit im Hinblick auf Informationen über die Herkunftsländer darf sich nicht auf die Führung einer generalisierten Liste von Drittstaaten beschränken, da die Zuverlässigkeit einer solchen Liste vom Zufall abhängig wäre. Es muss im Gegenteil eine individuelle Evaluierung auf Basis der Menschenrechte eingeführt werden.

Europa muss auch die Belastungen und die Zuständigkeit für seine Asyl- und Einwanderungspolitik unter den verschiedenen Mitgliedstaaten aufteilen und dabei Ländern wie Malta helfen, die nicht mehr in der Lage sind, neue Zuwanderungsströme aufzunehmen.

Darüber hinaus hatte ich als Verfasserin der Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter bereits besorgt darauf hingewiesen, dass die Geschlechterdimension in der Mitteilung der Europäischen Kommission überhaupt nicht vorhanden ist. Aspekte betreffend die Rechte der Frauen sowie den Schutz von Minderjährigen werden völlig außer Acht gelassen. Das Gleiche trifft auf die Rechte Homosexueller und Transsexueller zu. Ich bin auch der Ansicht, dass Verfolgungen aus Gründen des Geschlechts, wie eheliche und häusliche Gewalt, Genitalverstümmelungen bei Frauen, sexueller Missbrauch, Ehrenverbrechen, Vergewaltigungen, Zwangsehen sowie Verbrechen im Zusammenhang mit der Anwendung der Scharia rechtlich als ausreichende Gründe für die Gewährung von Asyl angesehen werden müssen. Die Kommission muss konkrete Kriterien für die Gewährung von Asyl oder eines besonderen humanitären Status für Frauen festlegen, die unter dieser Art von Gewalt leiden.

Ich hatte außerdem auf die Notwendigkeit verwiesen, für Personen, die befugt sind, Asylbewerber, vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen aufzunehmen, spezielle Ausbildungsmaßnahmen zu schaffen und für solche Personen geeignete Aufnahmeeinrichtungen bereitzustellen. Ich freue mich, dass der Berichterstatter dies berücksichtigt hat, auch wenn ich es bedauere, dass solchen Geschlechterfragen, die mir wesentlich erscheinen, weil wir nicht mehr darüber hinwegsehen können, dass in den meisten Aufnahmeeinrichtungen die Mindestrechte des Individuums nicht beachtet werden, in seinem Bericht lediglich ein einziger Punkt gewidmet ist. Aber indem ich die Ausführungen des Kommissionsmitglieds verfolgte, konnte ich feststellen, dass ihm dieses Thema am Herzen liegt, wofür ich ihm danke. Nun bin ich von größerer Zuversicht erfüllt.

 
  
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  Carlos Coelho, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (PT) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Pirker gratulieren und ihm sagen – obwohl Herr Weber das sicherlich mit größer Autorität tun wird –, dass die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten seinen Bericht, mit dem die Zusammenarbeit und der Entscheidungsprozess im Bereich der Asylpolitik verbessert werden sollen, selbstverständlich unterstützen wird. Ich gratuliere Herrn Frattini zu seinen Ausführungen und möchte in diesem Zusammenhang feststellen, dass dies ein Bereich ist, der die Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung sehr gut widerspiegelt.

In einem Raum ohne Grenzen, in einem Raum der Freizügigkeit, ist das Asyl vielleicht das deutlichste Beispiel für einen Bereich, in dem eine Harmonisierung zwischen den Mitgliedstaaten und die Schaffung eines gemeinsamen Systems erforderlich sind. Wir arbeiten ja auf das Jahr 2010 hin, und wenn alles planmäßig verläuft, funktioniert das gemeinsame Asylsystem bis dahin bereits. Dabei ist mir klar, dass es sich um einen sehr schwierigen und heiklen Bereich handelt, für den die Strategie des kleinsten gemeinsamen Nenners, des „Wettbewerbs um die niedrigsten Standards“ beschlossen wurde, was letztendlich zum Fortbestand unterschiedlicher Regelungen zwischen den Mitgliedstaaten und zur Fortsetzung des so genannten Asylshopping führt.

Ich möchte drei kurze Bemerkungen zu Fragen machen, die ich für wesentlich erachte. Erstens halte ich es für notwendig, ein einheitliches Verfahren in der gesamten EU zu schaffen, das sicherstellt, dass die Beschlüsse rasch gefasst werden und ordnungsgemäß begründet und gerecht sind. Zweitens möchte ich das noch einmal wiederholen, was Herr Kommissar bereits ausführte, dass nämlich die Qualität der Beschlüsse von der Qualität der Information abhängt. Deshalb muss sowohl für die Erfassung der Informationen als auch für ihre Übermittlung ein optimales Verfahren festgelegt werden. Und schließlich halte ich es für notwendig, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu verstärken, was auch bedeutet, dass das Problem der Solidarität und der Aufteilung der Lasten angepackt werden muss.

 
  
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  Claude Moraes, im Namen der PSE-Fraktion.(EN) Herr Präsident! Ich begrüße diesen Bericht, weil wir in den letzten Monaten einen deutlichen Rückgang der Gesamtzahl der Asylsuchenden beobachten konnten, die aus Ländern mit dem höchsten Asylbewerberpotenzial in die Europäische Union kommen. Doch ihre Zahl ist gegenwärtig teils im Ergebnis des Irakkrieges im Steigen begriffen. Und die Personen, die infolge extremer Armut in die Europäische Union kommen – das sind die Menschen, die wir in Malta, Lampedusa und so weiter finden –, stellen für dieses Parlament und für die Europäische Union ein riesiges Problem dar.

Deshalb ist jeder Bericht, der zu einem besseren Verfahren und einer besseren gemeinschaftsweiten Asylpolitik beiträgt, sehr willkommen. Wir begrüßen vor allem die Kompromisse, die im Bericht gemacht wurden, von ganzem Herzen, ebenso die Zusammenarbeit seitens des Berichterstatters, Herrn Pirker.

Was wollen wir mit diesem Bericht erreichen? Ich beziehe mich da ganz konkret auf das, was Herr Pirker aufgelistet hat, sowie auf die Ausführungen von Herrn Frattini, weil wir der Ansicht sind, dass ein einheitliches Verfahren enorm wichtig ist. Ebenso wichtig ist die Beschlussfassung in einer einzigen Operation, die die Prüfung der Kriterien für die Gewährung des Flüchtlingsstatus und der Kriterien, die Zugang zu subsidiärem Schutz gewähren, zusammenfasst. Eine solche Effizienz bei Asylentscheidungen ist unabdingbar.

Nach unserem Dafürhalten lässt die Qualität der Asylentscheidungen innerhalb der Europäische Union sehr zu wünschen übrig. Es steht außer Frage, dass die Qualität dieser Entscheidungen – und ich spreche aus eigenen Erfahrungen als Anwalt, der Asylanträge bearbeitet hat, – verbessert werden muss. Wir wissen, dass wir zur Erreichung einer solchen Qualität bei Asylentscheidungen offene Systeme mit Informationen brauchen, die wirklich aussagekräftig sind: ausführliche Informationen, Informationen mit Querverweisen. Was wir eigentlich nicht wollen, sind Datenbanken, die vielleicht nur für Offizielle zugänglich sind, sondern solche, die auch von Fachleuten von außerhalb konsultiert werden können. In vielen Mitgliedstaaten gibt es gegenwärtig bereits diese Qualität der Entscheidungen, und das ist außerordentlich wichtig.

Was die Rolle der Kommission betrifft, so sind wir auch dafür, dass die Tür für eine europäische Agentur weiterhin offen bleibt, denn wir wollen, dass die Kommission eine umfassende Rolle spielt und mit ausreichenden Mitteln ausgestattet ist. Wir können nicht beides haben – es geht nicht, dass die Kommission in der Asylfrage in der Europäischen Union eine Rolle spielen soll, wir jedoch dafür kein Geld ausgeben und sie nicht mit den entsprechenden Mitteln ausstatten.

Es wird zwischen unseren Fraktionen Differenzen hinsichtlich einer gemeinsamen Liste sicherer Drittstaaten geben, doch meiner Meinung nach verdienen die gemachten Kompromisse die Unterstützung dieses Hohen Hauses. Zu Dublin II: Wir wissen, dass es Unzulänglichkeiten in Bezug auf die gerechte Verteilung der Lasten – einem der wichtigsten Themen dieses Berichts – sowie die Asylfrage in der Europäischen Union gibt. Wir müssen alles daransetzen, dass Dublin II und die gerechtere Verteilung der Lasten Wirklichkeit wird. Wenn dieser Bericht beitragen kann, dass wir uns in Richtung auf ein gemeinsames Asylsystem bewegen, dann verdient er die Unterstützung dieses Hauses. Wir werden als Sozialdemokratische Fraktion diesen Bericht voll und ganz unterstützen.

 
  
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  Mario Borghezio, im Namen der UEN-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte die Absicht des Berichterstatters für lobenswert; er hat einen ausgezeichneten Bericht ausgearbeitet, der darauf abzielt, die Asylverfahren rationeller und effizienter zu gestalten.

Gleichwohl müssen wir die Bemühungen in dieser Richtung fortsetzen, nicht zuletzt um die rechtliche und praktische Auslegung dieses Instruments zu korrigieren, das, eben weil es unter dem humanitären Gesichtspunkt so wichtig ist, weder missbraucht noch mit anderen Bereichen und anderen Problemen, die uns stark bewegen und die nichts mit dem unveräußerlichen Grundsatz des Asylrechts zu tun haben, wie etwa die Wirtschaftsmigration, durcheinander gebracht werden darf.

Außerdem dürfen wir es aus moralischen Gründen nicht zulassen, dass ein so bedeutsames Instrument von kriminellen Vereinigungen benutzt wird, was vor kurzem die höchst brisanten Ergebnisse einer Untersuchung unserer Polizei in Italien gezeigt haben; sie hat eine extrem gefährliche Bande unschädlich gemacht, die in verschiedenen kriminellen Bereichen aktiv war und das bestehende Asylsystem zur Rekrutierung von Verbrechern nutzte. Ich bin sicher, die Kommission ist sich dieser Probleme zutiefst bewusst, die wir nicht genug hervorheben können, eben um dieses wichtige Instrument zu schützen.

Ferner möchte ich die Notwendigkeit herausstellen, Aufnahmezentren für Asylbewerber in sicheren Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union zu schaffen, denn „Dum Bruxelles o Strasburgo consulitur, Saguntum expugnatur“ [Derweil man in Brüssel oder Straßburg debattiert, fällt Segunt], d. h. gehen die Anlandungen weiter, werden auch der Angriff der kriminellen Vereinigungen und vor allem die Tragödie des Menschenhandels weitergehen, mit den Folgen, die wir alle kennen.

Wir müssen zudem äußerst wachsam sein, um zu vermeiden, dass Mitgliedern fundamentalistischer islamistischer Organisationen Asyl gewährt wird. Das geschieht nämlich, und oft werden auf diese Weise die Bedrohung durch Al Qaida und ihre Präsenz in Europa erhöht.

Was ich allerdings nicht befürworte ist die Empfehlung, dem Europäischen Gerichtshof weitreichendere Befugnisse im Asylbereich einzuräumen und den Mitgliedstaaten praktisch die Rechtsprechung zu entziehen. Insbesondere möchte ich den Rat dazu auffordern, dem Gerichtshof den vollen Umfang seiner Befugnisse im Bereich der Vorabentscheidung wieder zuzuerkennen.

 
  
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  Jean Lambert, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(EN) Herr Präsident! Ich bin mir nicht ganz sicher, wie wir von der Notwendigkeit hoher Sicherheitsstandards zu Al-Qaida gekommen sind. Ich werde versuchen, mich auf den Bericht zu konzentrieren, und nicht darauf, was darin nicht angesprochen wird.

Auch meine Fraktion möchte dem Berichterstatter für seine Arbeit an diesem Bericht danken, obgleich wir alle auf dem Weg zu einer Einigung bei einigen Kompromissen meiner Meinung nach die Sensibilität des Themas spüren konnten.

Wie bereits gesagt, berührt der Bericht eine Reihe wichtiger Punkte: die hohen Standards, die wir erwarten, das Primat des Schutzes, die Erhöhung der Qualität der Entscheidungen, die Bereitstellung solider Informationen über die Herkunftsländer für alle, die an dem Prozess mitwirken, effektive Ausbildung der Beamten, die Umsetzung der „Quality Initiative“ (wie kürzlich im Vereinigten Königreich, das zweifelsohne Unterstützung brauchte) sowie die Einbeziehung des UNHCR. Alle diese Punkte sind wichtig, denn die Beamten, die Entscheidungen treffen, entscheiden über Dinge, die für viele Personen, denen sie helfen sollen, Leben oder Tod bedeuten können.

Wir begrüßen die Anerkennung der Notwendigkeit eines einheitlichen Verfahrens in allen Mitgliedstaaten und erachten es als äußerst interessant, dass wir in dieser Woche darüber sprechen wollen, die Rolle des Gerichtshofes zu untersuchen. Das könnte ein guter Zeitpunkt sein, um diese Frage an den Rat weiterzuleiten.

Wir sehen der Aussprache über Dublin II mit Spannung entgegen, obwohl unsere Fraktion Änderungsantrag 17 zu diesem Thema unterstützen wird. Auch wir sind der Ansicht, dass es der Kommission an ausreichenden Mitteln fehlt, um die Umsetzung und Qualität der gemeinsamen Asylpolitik effektiv überwachen zu können. Wir hoffen, dass die einzelnen Fraktionen diese Botschaft beachten werden, wenn wir uns mit dem Haushaltsplan und dem entsprechenden Beschluss dazu befassen.

Uns ist bekannt, dass es Meinungsverschiedenheiten zur Unterstützungsagentur gibt, aber wir würden es – wie auch die Sozialdemokraten – begrüßen, wenn die Kommission ihre Absichten in dieser Hinsicht darlegen würde, damit wir prüfen können, ob wir diesen Vorschlag unterstützen können.

Wir haben zu diesem Bericht keine Änderungsanträge eingereicht, werden aber die konstruktiven Änderungsanträge zur Frage der sicheren Drittländer unterstützen. Allerdings sehen wir uns außerstande, einige der anderen Änderungsanträge zu befürworten.