Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die Erklärung der Kommission zum Risikomanagement für MON 863-Mais.
Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Die Kommission hat bei vielen Gelegenheiten ihr Engagement dafür bekundet – und durch ihr Handeln auch bewiesen –, dass sie dafür Sorge tragen wird, dass der Rechtsrahmen für genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel, der vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen wurde, vollständig eingehalten wird. Wir haben die Pflicht – und werden ihr meiner Meinung nach auch gerecht –, sicherzustellen, dass die Rechtsvorschrift ordnungsgemäß und vollständig eingehalten wird. Nach dieser Vorschrift dürfen genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel nur dann legal in Verkehr gebracht werden, wenn sie sicher und entsprechend gekennzeichnet sind.
Ich möchte das Hohe Haus daran erinnern, dass die Rechtsvorschrift die Unterteilung der Arbeit in Risikobewertung und Risikomanagement vorsieht. Die Kommission hat bei der Sicherheitsbewertung eines GV-Erzeugnisses keinen Ermessensspielraum. Die Vorschrift unterscheidet klar zwischen Risikobewertung, die von der EFSA durchgeführt wird, und Risikomanagement, das in den Händen der Kommission liegt. Diese Vorgehensweise ist nicht nur im allgemeinen Lebensmittelrecht, sondern auch in der Verordnung über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel festgelegt.
Wann immer neue wissenschaftliche Fragen zu klären sind, hält sich die Kommission stets an die Aufteilung der Befugnisse und ersucht die EFSA um eine Evaluierung der Informationen und deren Auswirkungen auf die Risikobewertung eines Erzeugnisses. Die Rolle der Kommission besteht darin, die notwendigen Entscheidungen für das Risikomanagement zu treffen, sofern – und nur wenn – die EFSA als für die Risikobewertung zuständige Institution der Europäischen Union ein solches Risiko festgestellt hat. Mit anderen Worten, unser Risikomanagement setzt ein, sobald ein Risiko von der zuständigen Institution festgestellt und bewertet wurde. Das war bei der Annahme der Rechtsvorschrift eine ganz konkrete Entscheidung, die Risikobewertung an eine gesonderte, unabhängige Einrichtung zu übertragen. Wenn diese Behörde jedoch kein Risiko feststellt, dann hat die Kommission keine fundierte wissenschaftliche Grundlage, ein Risikomanagement zu beschließen.
Speziell in diesem Fall war MON 863 im Jahre 2004 bereits zweimal bewertet worden, bevor die Zulassung genehmigt wurde. Beide Male kam die EFSA zu dem Schluss, dass MON 863-Mais keine nachteiligen Folgen habe, und zu diesem Standpunkt kam sie unter Mitwirkung der nationalen Behörden der Mitgliedstaaten. Er wurde später, im Jahre 2006, auf ein konkretes Ersuchen der Abgeordneten Frau Breyer an die Kommission von der Behörde erneut überprüft und bestätigt. Dabei handelte es sich um wiederholte, intensive Analysen, die im Rahmen des Zulassungsverfahrens durchgeführt wurden. Dann gab es dieses Jahr im März die Veröffentlichung von Professor Séralini. In dieser Reihenfolge war der Ablauf.
Die von Professor Séralini vorgelegte Arbeit war keine neue Untersuchung, sondern lediglich eine statistische Auswertung der existierenden Studie über einen Fütterungsversuch an Ratten, der die Genehmigung dieses Erzeugnisses in der Europäischen Union stützte. Obwohl es sich nicht um eine neue Studie, sondern nur um eine statistische Auswertung handelte, hat die Kommission sofort, nachdem sie von Professor Séralinis Veröffentlichung erfuhr, die EFSA gebeten, diese zu analysieren, um sich zu vergewissern, ob die neue statistische Auslegung abgesichert war, und vor allem, ob die statistischen Unterschiede für die Sicherheit von Lebensmitteln und Futtermitteln von Belang waren.
Um alle neuen Elemente zu berücksichtigen und so alle etwaigen Quellen für Unsicherheiten auszuräumen, hat die EFSA eine neue Überprüfung durchgeführt und die Mitgliedstaaten gebeten, alle entsprechenden Analysen oder Bemerkungen zu übermitteln, eine spezielle Taskforce mit eigenen und externen Sachverständigen eingerichtet und ein Treffen mit dem Verfasser der statistischen Auswertung durchgeführt. Aus Sicht der Kommission bieten die von der EFSA festgelegten Verfahren zur Bewertung der Überprüfung von Professor Séralinis Bericht eine ausreichende Gewähr für Unabhängigkeit und Fachkenntnis. Die EFSA hat erstmals im März auf das Ersuchen der Kommission reagiert, indem sie das Thema auf der Vollversammlung ihres Gremiums für GVO diskutierte, bevor sie am 20. Juni einen statistischen Bericht und eine wissenschaftliche Erklärung des Gremiums herausgab.
Insbesondere unterstreicht die Behörde, dass bei der statistischen Analyse durch die Verfasser der Veröffentlichung bestimmte wichtige statistische Überlegungen nicht berücksichtigt worden waren und dass die Annahmen, die der von den Verfassern verwendeten statistischen Methodik zugrunde lagen, irreführende Ergebnisse zur Folge hatten. Die Behörde kam zu dem Schluss, dass die Veröffentlichung keine fundierte wissenschaftliche Begründung darstelle, um die Sicherheit von MON 863-Mais in Frage zu stellen, und sieht deshalb keinen Grund, ihre früheren Gutachten zu revidieren, dass MON 863-Mais im Rahmen der vorgesehenen Nutzung keine nachteiligen Folgen habe. Das Parlament wird ausführlicher über den Hintergrund informiert werden, den ich in den Antworten auf die schriftlichen Anfragen von Frau Breyer zu diesem Thema dargelegt habe, die nach der jüngsten EFSA-Erklärung derzeit fertig gestellt werden.
Ausgehend hiervon ergeben sich zwei Schlussfolgerungen. Erstens, und das ist wichtig, gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine wissenschaftliche Grundlage, die Sicherheit von MON 863-Mais oder dessen Status als rechtmäßig gehandeltes Erzeugnis in Frage zu stellen. Zweitens, die Schlussfolgerungen der amtlichen EU-Institution für die Risikobewertung, der einige der besten Fachleute Europas angehören, sind nach Konsultation der nationalen zuständigen Behörden sowie von externen Sachverständigen verfasst worden. Die Kommission hat Vertrauen in das Ergebnis dieser Arbeit, die die früheren Bewertungen bestätigte, und damit meines Erachtens als verantwortungsbewusster Risikomanager gehandelt, vor allem im Rahmen der Rechtsvorschriften und der Verteilung der Zuständigkeiten, wie ich in meinen einführenden Worten erläutert habe. Die Kommission wird weiterhin in diesem Sinne, auf der Grundlage eines umsichtigen und wissenschaftlich begründeten Vorgehens, arbeiten.
Ich möchte betonen, dass die Kommission in jeder Hinsicht entschlossen ist, Entscheidungen zum Risikomanagement je nach Lage des Falls unter Berücksichtigung aller wissenschaftlichen Fragen, die sich während des Bewertungsverfahrens oder auch noch nach der Zulassung ergeben, zu treffen. Wir werden immer wachsam sein, wir werden immer bereit sein, jede neue wissenschaftliche Information zu überprüfen, die zutage tritt. Unsere endgültige Entscheidung wird jedoch selbstverständlich auf der Risikobewertung basieren, die von der Einrichtung vorgenommen wird, die dafür nach europäischem Recht zuständig ist.
Wir glauben, dass unsere Rechtsvorschriften und die Vorgehensweise der Kommission der beste Weg sind, für unsere Bürger das hohe Sicherheitsniveau zu gewährleisten, das sie erwarten und verlangen. Ich hoffe, dass ich auf das Vertrauen und die Unterstützung des Europäischen Parlaments zählen kann, wenn wir unseren strengen und objektiven Kurs fortsetzen.
Renate Sommer, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Waren es nicht wir, war es nicht das Europäische Parlament, das eine unabhängige Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit haben wollte? War es nicht auch der Ministerrat, der eine unabhängige EFSA haben wollte, also eine Instanz, auf deren Aussagen man bauen kann, eine Instanz, bei der die Gefahr, Gefälligkeitsstudien zu erhalten, eben nicht gegeben ist? Hatte nicht das Europäische Parlament die EFSA seinerzeit damit beauftragt, die Risikobewertung von GVO durchzuführen, und hatte nicht der Ministerrat genau dies im Rahmen der Mitentscheidung unterstützt?
Im April 2004 bewertete die EFSA den Mais MON 863 als genauso sicher wie konventionellen Mais. Eine zweite Sicherheitsbewertung der EFSA kam im Oktober 2004 zu demselben Ergebnis. Das bringt natürlich das Weltbild der grünen Seele ins Wanken, und weil nicht sein darf, was Grün nicht will, gibt man eine eigene Studie in Auftrag. Diese kommt dann endlich — oh Wunder — zu dem Ergebnis, dass der Genmais lebensgefährlich ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!
Die EFSA-Gutachter verlangten daraufhin eine Wiederholung des Rattenversuches. Und wieder — es gab keine Anzeichen für akute toxikologische Effekte. Ein Ergebnis übrigens, das die Studie der Grünen auch schon geliefert hatte, eben bei richtiger statistischer Auswertung, aber die statistische Auswertung war eben nicht wissenschaftlich korrekt, wie der Kommissar schon sagte.
Die so genannten wissenschaftlichen Ergebnisse der Grünen-Studie waren also wieder einmal bewusste Panikmache, bewusste Verunsicherung der Bevölkerung, Volksverdummung! Es ist die typische, ideologisch motivierte Verhinderungspolitik, mit der sie auch so gerne Wahlkampf machen. Sie verschwenden Steuergelder, wenn sie immer und immer wieder mehrfache Wiederholungen der Risikobewertungen durch die EFSA fordern. Aber, werden sie z. B. auch die Nährwertprofile der EFSA zur Health-Claims-Verordnung in Frage stellen? Natürlich nicht, denn die passen ja zu ihrer Ideologie!
Aber auch der Ministerrat muss an den Pranger gestellt werden! Da trauen sich nämlich nationale zuständige Minister nicht, der Zulassung geprüfter sicherer GVO zuzustimmen. Es ist die Angst des kleinen Mannes, nicht wiedergewählt zu werden, nicht mehr und nicht weniger!
Wir verschenken so große Chancen für die EU: bessere Lebens- und Futtermittel durch GVO mit ernährungsphysiologischem Mehrwert, effiziente nachwachsende Rohstoffe, kohlenstoffneutral und damit klimaneutral. MON 863 ist sicher und muss genauso zugelassen werden wie die übrigen geprüften und für sicher befundenen Nutzpflanzen!
Karin Scheele, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Zu dem, was meine Vorrednerin ausgeführt hat, möchte ich ein österreichisches Sprichwort zitieren: „Wer’s glaubt, wird selig, wer nicht, kommt auch in den Himmel“. Vielleicht kann ich jetzt das Weltbild der Kollegin Renate Sommer etwas ins Wanken bringen: Nicht nur grüne Abgeordnete, sondern die Mehrheit in diesem Haus wollte eine konsumenten- und umweltfreundliche Lösung bei der Zulassung und Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln. Auch eine Ihnen nahestehende Regierung hat den Umgang der EFSA mit den heute zitierten Studien in Frage gestellt.
Meine Frage an die Kommission ist jetzt: Welche konkreten Schritte wurden von der Kommission eingeleitet, um eine Reform der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde einzuleiten? Wir diskutieren hier in diesem Haus nicht das erste Mal darüber, dass wir Zweifel an deren Unabhängigkeit haben. Und: Ja, Frau Sommer, wir wollten und wir wollen eine unabhängige Lebensmittelsicherheitsbehörde! Aber es ist natürlich auch das Recht demokratisch gewählter Abgeordneter, diese Unabhängigkeit zu hinterfragen und darauf hinzuarbeiten, dass es wirkliche Unabhängigkeit gibt. Das ist unser ureigener Auftrag, weil wir natürlich auch die Stimmung und die Einstellung unserer Bevölkerung in allen Mitgliedstaaten dazu kennen.
Herr Kommissar Kyprianou, wir sind damit einverstanden, dass das System Risk Assessment durch die EFSA und Risk Management durch die Kommission weiter beibehalten wird. Dennoch müssen nach meiner Überzeugung sowohl die Kommission als auch die EFSA ihrer Verantwortung gerecht werden.
Sie wissen, wir behandeln kommende Woche im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit die Frage: Wie geht man im Rahmen der Komitologie und des Regelungsverfahrens mit Kontrolle mit der individuellen Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen um? Solche Fälle sind dieser Diskussion nicht sehr förderlich. Ich erhoffe mir, dass man in Zukunft konkrete Schritte setzt, um die Unabhängigkeit der Lebensmittelsicherheitsbehörde unter Beweis zu stellen.
Janusz Wojciechowski, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Am 12. Juni fand beim Europäischen Parlament in Brüssel eine Konferenz zu den Gefahren der Verbreitung von GVO statt, an deren Organisation ich maßgeblich beteiligt war. An dieser Konferenz nahmen herausragende Wissenschaftler aus vielen Ländern teil.
Ihre Beiträge ließen keinen Zweifel daran, dass es zunehmend Beweise für die Schädlichkeit von GVO gibt. Unter dem Vorwand des technischen Fortschritts setzen die Biotechnologiekonzerne die Menschen in der ganzen Welt durch die Verbreitung der GVO ernsthaften Gefahren aus. Bei allem Respekt für Frau Sommer – ich bin eher geneigt, den Wissenschaftlern zu glauben als Frau Sommers Beteuerung, MON 863 sei sicher.
GVO werden gegenwärtig nur in geringem Umfang in der Viehzucht und Landwirtschaft der EU eingesetzt. Wir haben noch eine letzte Chance, Europa vor dieser Gefahr zu schützen. Ich möchte dem Herrn Kommissar einige Fragen stellen. Gedenkt die Europäische Kommission etwas in dieser Hinsicht zu unternehmen? Wird die Kommission vor allem den Willen der Bürger ganzer Regionen in Europa respektieren, deren Bevölkerung sich mehrheitlich vor GVO schützen will? Oder wird sie sich vielmehr von der irreführenden Propaganda vom vermeintlichen technischen Fortschritt verleiten lassen?
Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kommissar Kyprianou, ich bin überaus enttäuscht, weil ich mir heute Abend – ähnlich wie die Kollegin Scheele – Antworten darauf erwartet hätte, wann endlich höhere Standards für die Risikobewertung kommen werden.
Seit Monaten stelle ich der Kommission zu diesen Sicherheitsproblemen konkrete Fragen, die nicht beantwortet werden, um dann von Beamten unter vier Augen zu hören: Wir sind nicht in der Lage, diese Antworten zu geben. Es ist doch nicht nur die unabhängige Studie französischer Wissenschaftler, die zu dem alarmierenden Ergebnis kommt, dass Monsanto 863 unsicher ist und die Gesundheit in alarmierender Weise gefährdet und dass es unverantwortlich ist, es länger auf dem Markt zu lassen.
Wir haben auch eine Studie aus Österreich. Wir haben alarmierende Bedenken aus den Mitgliedstaaten. Das kann man doch nicht einfach negieren und den Kopf in den Sand stecken! Ich hätte von Ihnen heute Antworten in Bezug darauf erwartet, dass auch die Europäische Arzneimittelagentur ein Risiko im Zusammenhang mit den beiden Antibiotikaresistenz-Genen, nicht nur in MON 863, sondern auch in der Kartoffel Amflora sieht, für die jetzt die Zulassung beantragt wurde. Sogar die eigene EU-Institution widerspricht der EFSA! Hier müssen wir von Ihnen doch Antworten hören, Herr Kyprianou! Sie können doch nicht einfach sagen, dass Sie das nicht beantworten! Sogar der Rat hat Sie aufgefordert, Stellung dazu zu beziehen.
Ich finde es merkwürdig, dass die EFSA drei Monate gebraucht hat, um die Séralini-Studie zu bewerten. Herr Séralini ist übrigens am Mittwoch hier im Parlament und wird uns dann konkret darlegen, ob die Entwarnung, die Schönfärberei der EFSA denn wirklich gerechtfertigt ist. Wir wissen doch, dass sich die Studien der EFSA immer wieder auf Monsanto berufen. Sie weisen statistische Fehler auf. Darauf hat nicht nur die französische Forschergruppe hingewiesen, sondern auch viele Mitgliedstaaten.
Wir erwarten von Ihnen Antworten darauf, wie diese Fehler in Zukunft behoben werden, wie wir damit umgehen, wie das Vorsorgeprinzip überhaupt zu bewerten ist. Wir brauchen eine Neubewertung! Ich möchte von Ihnen, Herr Kyprianou, ganz klar wissen: Wird es eine Neubewertung von MON 863 geben? Die EFSA hat sich ja nur die alten Daten noch einmal angeschaut. Sie hat überhaupt keine Neubewertung durchgeführt. Das ist doch eine ganz entscheidende Frage, auf die wir eine Antwort brauchen!
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Kathy Sinnott, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Vor kurzem haben Wissenschaftler in Frankreich umfangreiche Organschäden an der Leber und den Nieren von Tieren festgestellt, die mit Monsanto 863 aufgezogen worden waren. Drei Jahre zuvor wurden der EFSA von den deutschen Behörden deutsche Studien zur Kenntnis gebracht, die eine Nierenschädigung bei Ratten zeigten, die mit Monsanto 863 gefüttert worden waren. Trotz alledem hat die EFSA ihre Risikobewertung zu diesem Erzeugnis bekräftigt und erklärt, es sei für die Tiere in der europäischen Landwirtschaft sicher. Wo sind denn die Studien der EFSA? Warum zieht man dort nur die Untersuchungen aus der Wirtschaft heran und kommt nur wieder auf diese zurück? Wäre es denn für sie so schwierig zu versuchen, die französischen und deutschen Untersuchungen zu wiederholen?
Die europäische Biotechnologie-Branche behauptet, GV-Landwirtschaft sei unvermeidbar. Ich befürchte, das wird nur eine sich selbst erfüllende Prophezeiung sein. Europa ist in der Lage, seine Landwirte mit GV-freiem Getreide zu versorgen, aber wenn wir die Unvermeidbarkeit hinnehmen, wenn wir Sicherheitsstudien hinnehmen, die eigentlich keine richtigen Studien sind, dann werden die Landwirte gezwungen sein, ihre Tiere mit GV zu füttern, weil es kein anderes Getreide mehr geben wird.
Ich möchte die EFSA daran erinnern, dass viele Erzeugnisse nach Jahren so genannter Sicherheit vom Markt genommen worden sind. Um nur ein Beispiel zu nennen: Der Polioimpfstoff, den wir heute verwenden, ist der vierte Polioimpfstoff, denn die anderen drei sind, nachdem sie den Menschen viele Jahre lang verabreicht wurden, schließlich wegen sich häufender Hinweise auf Schädigungen zurückgezogen worden.
Eigentlich sollten wir das Vorsorgeprinzip in Europa achten, besonders wenn wir davon sprechen, genetisch veränderte Organismen in die Umwelt freizusetzen, wenn man bedenkt, dass bei GV jede schädliche Auswirkung vielleicht unumkehrbar ist.
Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich weiß, dass die GVO-Genehmigungen eine sensible Angelegenheit sind, aber wir dürfen doch vor allem nicht vergessen, dass GVO-Erzeugnisse nach den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften, die vom Parlament und vom Rat angenommen wurden, in der Europäischen Union erlaubt sind, sofern sie das gerade von mir beschriebene Zulassungsverfahren durchlaufen.
In diesem Zulassungsverfahren ist vorgesehen, dass die Risikobewertung von der EFSA durchgeführt wird. Für uns alle ist das europäische Recht verbindlich, ob einige von uns nun mit dem Konzept der GVO-Erzeugnisse einverstanden sind oder nicht. Das ist der Rechtsgrundsatz, also müssen wir uns daran halten.
Zunächst einmal zur Arbeit der EFSA. Wie Sie wissen, wurde das Parlament unterrichtet und ich bin dazu selbst hergekommen. Wir haben Entscheidungen zur Verbesserung der Arbeit der EFSA getroffen, damit sorgfältiger vorgegangen wird und den Auffassungen der Mitgliedstaaten und allen wissenschaftlichen Entwicklungen, die möglicherweise während des Zulassungsverfahrens stattfinden, stärker Rechnung getragen wird. Die Kommission hat einen Aktionsplan beschlossen, der bereits läuft und umgesetzt wird und der irgendwann 2008 auch in den Rechtsrahmen aufgenommen wird. Er ist Teil der jährlichen Strategieplanung für 2008. Dort berücksichtigen wir, wie wir die Situation verbessern können, und unterbreiten Vorschläge ausgehend von den Auffassungen der Mitgliedstaaten und zu Langzeitfolgen und vielen anderen Gesichtspunkten.
Ich muss auch darauf hinweisen, dass wir in der Europäischen Union die höchsten Standards und die strengsten Rechtsvorschriften zu GVO-Erzeugnissen haben. Sie wissen, dass wir deshalb ständig vor die WTO gebracht werden und dort keinen leichten Stand haben.
Dessen ungeachtet werden unsere Rechtsvorschriften aber von der WTO akzeptiert, weil sie wissenschaftlich fundiert sind und die Entscheidungen auf Risikobewertungen basieren. Auf diese Weise können wir unsere internationalen Verpflichtungen erfüllen, indem wir zuallererst an die Sicherheit der europäischen Verbraucher und europäischen Bürger denken. Es geht hier also nicht um persönliche Präferenzen, sondern um die Anwendung der bestehenden Rechtsvorschriften.
Ich weiß, Frau Breyer hat über diese Fragen gesprochen. Es gibt ein Verfahren. Wir müssen Informationen erhalten. Ihnen werden alle Einzelheiten zu diesen Fragen zur Verfügung gestellt. Doch noch einmal: Die sich ergebenden Fragen betreffen das Risiko, und das Risiko wird nicht von uns bewertet. Es wird von der EFSA bewertet. Deshalb müssen wir die Entscheidung der EFSA dazu abwarten, bevor wir antworten.
Zu diesem speziellen Erzeugnis gab es viele Bewertungen und viele Studien. Sie alle haben die EFSA veranlasst, ihren Standpunkt neu zu bewerten und einzuordnen, und sie kam zu denselben Schlussfolgerungen. Man hat das also nicht auf die leichte Schulter genommen. Man hat es nicht ignoriert. Wann immer neue wissenschaftliche Erkenntnisse und neue Beweise auftauchten, wurden sie berücksichtigt, und wir haben die EFSA, die – noch einmal – die Risikobewertungen im Auftrag der Europäischen Union durchführt, gebeten, ihnen Rechnung zu tragen. Es stimmt, dass das jüngste Gutachten der EFSA auf der vorhandenen Studie basierte, aber der Artikel von Professor Séralini betraf dieselbe Studie. Die Frage lautete, wie man analysiert, wie man die vorhandenen Daten statistisch analysiert, und deshalb gab es eine spezielle Taskforce für die statistische Analyse, intern und extern, und diese gelangte zu dem Schluss, dass die Analyse und die Schlussfolgerungen von Professor Séralini Mängel aufwiesen. Das heißt ja nicht, dass derjenige mit der ablehnenden Haltung immer Recht hat. Manchmal können auch Leute, die sich sicher sind, ebenso Recht haben.
Abschließend noch dazu, welche Studien als Grundlage für die Zulassung gewählt würden. Die Entscheidung lautete, dass wir mit der Rechtsvorschrift weitermachen würden, die ursprünglich angenommen worden war; dass der Antragsteller dafür verantwortlich ist, die Daten und die Studieninformationen vorzulegen. Auf diese Weise trägt er die Beweislast und die Behörden prüfen die Beweise. Die Behörden können um weitere zusätzliche Studien bitten, die sie gern sehen würden, und damit sind sie dann dafür verantwortlich, ihre Argumentation zu beweisen. Ich werde jetzt nicht auf das Problem der Kosten für eine mögliche Änderung des Systems eingehen. Mit den Kosten werden letztlich die Steuerzahler der Europäischen Union belastet und nicht die Wirtschaft. Aber der Hauptgrund ist, dass dort die Beweislast liegen sollte, und deshalb kann die Behörde diese Daten kritisch analysieren.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass bei der EMEA, der EU-Behörde im medizinischen Bereich, die Situation vergleichbar ist. Auch dort legt die Wirtschaft alle klinischen Versuche und klinischen Studien vor und wird die Entscheidung getroffen.
Ich kann Ihnen also versichern, dass wir alle neuen wissenschaftlichen Beweise, die unter Umständen zutage treten, berücksichtigen, und dass wir sicherstellen werden, dass auch die EFSA diese berücksichtigt und bewertet, und in dem Moment, in dem ein Risiko festgestellt wird, werden wir ohne zu zögern die erforderlichen Maßnahmen treffen. Wie Sie wissen, haben wir das getan, und ich persönlich habe das in der Vergangenheit bei vielen Gelegenheiten mit nicht zugelassenen Erzeugnissen getan.