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Ausführliche Sitzungsberichte
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Montag, 9. Juli 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.
1. Wiederaufnahme der Sitzungsperiode
 2. Erklärungen des Präsidenten
 3. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 4. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
 5. Zusammensetzung der Ausschüsse: siehe Protokoll
 6. Unterzeichnung von Rechtsakten, die im Mitentscheidungsverfahren angenommen wurden: siehe Protokoll
 7. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
 8. Mündliche Anfragen und schriftliche Erklärungen (Vorlage): siehe Protokoll
 9. Übermittlung von Abkommenstexten durch den Rat: siehe Protokoll
 10. Schriftliche Erklärungen (Artikel 116 GO): siehe Protokoll
 11. Petitionen: siehe Protokoll
 12. Tagungskalender 2008
 13. Arbeitsplan
 14. Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen
 15. Einheitliches Zulassungsverfahren für Lebensmittelzusatzstoffe, -enzyme und -aromen – Lebensmittelzusatzstoffe – Lebensmittelenzyme – Aromen und Lebensmittelzutaten mit Aromaeigenschaften (Aussprache)
 16. Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit (2007-2013) – Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Herz-Kreislauferkrankungen (Aussprache)
 17. Risikomanagement für MON 863-Mais (Aussprache)
 18. Abkommen über Fluggastdatensätze (PNR) mit den USA (Aussprache)
 19. Aussichten für den Erdgas- und den Elektrizitätsbinnenmarkt (Aussprache)
 20. Quecksilberhaltige Messgeräte (Aussprache)
 21. Ermittlung, Ausweisung und Schutz kritischer europäischer Infrastrukturen (Aussprache)
 22. Auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht (Rom II) (Aussprache)
 23. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 24. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

(Die Sitzung wird um 17.00 Uhr eröffnet.)

 
1. Wiederaufnahme der Sitzungsperiode
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  Der Präsident. Ich erkläre die am Mittwoch, dem 27. Juni 2007 unterbrochene Sitzungsperiode für wieder aufgenommen.

 

2. Erklärungen des Präsidenten
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  Der Präsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktionsvorsitzenden haben mich gebeten, eine Erklärung zum Terrorismus abzugeben.

Etwas mehr als drei Jahre nach den Bombenanschlägen am 11. März 2004 in Madrid, bei denen 192 Menschen ums Leben kamen, und zwei Jahre nach den Bombenanschlägen in London am 7. Juli 2005, bei denen 56 Menschen ums Leben kamen und mehr als 700 verletzt wurden, kam es vor wenigen Tagen, am 29. und 30. Juni, in London und Glasgow erneut zu Terroranschlägen.

Ein paar Tage danach, am 2. Juli, forderte ein Selbstmordattentat im Jemen weitere Opfer: Sieben spanische Touristen und zwei Jemeniten wurden getötet, acht weitere Personen verletzt. Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass das Terrornetzwerk Al Qaida mit diesen Anschlägen in Verbindung steht. Dieses ist eine Bedrohung für uns alle.

Terrorismus ist ein direkter Anschlag auf Freiheit, Menschenrechte und Demokratie. Terrorismus ist der Versuch, durch blinde Gewalt unsere Werte zu zerstören, Werte, die uns in der Europäischen Union und in unseren Mitgliedstaaten verbinden.

Terrorismus – wo auch immer und von wem auch immer er verübt wird – ist ein Verbrechen, dem wir mit entschlossenem und solidarischem Handeln begegnen müssen.

Die Europäische Union ist aufgerufen, gemeinsam mit der internationalen Staatengemeinschaft den Terrorismus in jeder Form zu bekämpfen.

Heute wird das Europäische Parlament über den Bericht unserer Kollegin Jeanine Hennis-Plasschaert in Hinblick auf den im Jahr 2006 von der Kommission vorgelegten Richtlinienentwurf beraten, mit dem die Mitgliedstaaten verpflichtet werden sollen, wichtige Infrastrukturen in Bereichen wie Energie, Gesundheit, Kommunikation und Verkehr zu identifizieren und vor Terroranschlägen zu schützen.

Damit sollen nachhaltige Sicherheitsmaßnahmen für den Fall eines Terroranschlags getroffen werden können. Diese vorgeschlagene europaweite Strategie ist ein konkreter Beitrag zum Kampf gegen den Terrorismus.

Wir müssen alle notwendigen Maßnahmen treffen, um dem Terrorismus begegnen zu können. Dabei lassen wir uns von unseren rechtsstaatlichen Prinzipien leiten. Der Kampf gegen den Terrorismus darf nur in Übereinstimmung mit jenen Werten geführt werden, die wir verteidigen!

Das Europäische Parlament bekundet den Opfern des Terrorismus und ihren Familien seine Solidarität und Unterstützung – jenen, die ihr Leben verloren haben, aber auch jenen, die immer noch unter den psychischen und physischen Folgen leiden.

Lassen Sie mich zum Abschluss die Worte des neuen Premierministers des Vereinigten Königreiches, Gordon Brown, zitieren: „We will not yield, we will not be intimidated“ („Wir werden nicht nachgeben, wir lassen uns nicht einschüchtern.“)!

In Erinnerung an die Opfer bitte ich Sie jetzt um ein stilles Gedenken.

(Das Plenum erhebt sich zu einer Schweigeminute.)

 

3. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll

4. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll

5. Zusammensetzung der Ausschüsse: siehe Protokoll

6. Unterzeichnung von Rechtsakten, die im Mitentscheidungsverfahren angenommen wurden: siehe Protokoll

7. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll

8. Mündliche Anfragen und schriftliche Erklärungen (Vorlage): siehe Protokoll

9. Übermittlung von Abkommenstexten durch den Rat: siehe Protokoll

10. Schriftliche Erklärungen (Artikel 116 GO): siehe Protokoll

11. Petitionen: siehe Protokoll

12. Tagungskalender 2008

13. Arbeitsplan
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  Der Präsident. Der endgültige Entwurf der Tagesordnung dieser Tagung, wie er in der Konferenz der Präsidenten in ihrer Sitzung vom Donnerstag, dem 5. Juli 2007, gemäß Artikel 130 und 131 der Geschäftsordnung festgelegt wurde, ist verteilt worden. Zu diesem Entwurf wurden folgende Änderungen beantragt:

Montag und Dienstag:

Keine Änderung

Mittwoch:

Die Sozialdemokratische Fraktion, die Liberale Fraktion und die Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken beantragen, den Bericht von Herrn Markov über das Sicherheitsmanagement für die Straßenverkehrsinfrastruktur gemäß Artikel 168 an den zuständigen Ausschuss zurück zu überweisen.

 
  
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  Brian Simpson (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte mich dafür aussprechen, diesen Bericht an den Ausschuss zurück zu überweisen. Im Ausschuss war man sehr besorgt, als die Abstimmung erfolgte und dieser Vorschlag abgelehnt wurde, und die beteiligten Fraktionen hatten ohne Zweifel ihre Gründe, so zu handeln, aber eine der Folgen davon war, dass viele Punkte zur Straßenverkehrssicherheit dann ebenfalls abgelehnt wurden. Statt nun das gesamte Verfahren hier im Plenum durchzuziehen, sind meine Fraktion und ich der Meinung, dass es wesentlich besser wäre, wenn wir den gesamten Bericht Markov heute an den Ausschuss zurück überweisen, ihn von der Tagesordnung nehmen und im Wesentlichen unsere Beratungen zwischen allen Fraktionen wieder aufnehmen in der Hoffnung, dass wir zu einer angemessenen Lösung kommen können.

 
  
  

(Das Parlament nimmt den Antrag an.)

Donnerstag:

Keine Änderung

(Der Arbeitsplan ist somit angenommen.)

 
  
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  Martin Schulz (PSE). – Herr Präsident! Ich bitte um Nachsicht, denn ich weiß nicht, zu welchem Artikel der Geschäftsordnung ich mich melde. Aber in Ihrer unendlichen Weisheit werden sie schon den entsprechenden Artikel finden.

Wir haben hier im Hause eine Reihe von Debatten über den Sitzungskalender des Parlaments. Es gibt einen enormen Abstimmungsbedarf unter den Fraktionen. Die Frist für die Einreichung von Änderungsanträgen endet morgen um 10.00 Uhr. Ich beantrage im Namen unserer Fraktion, aber auch mit Zustimmung anderer Fraktionsvorsitzenden und Kollegen, diese Frist auf morgen, 18.00 Uhr, zu verlängern. Das würde uns in die Lage versetzen, das eine oder andere schwerwiegende, auch organisatorische Problem gegebenenfalls noch zu lösen.

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank! Das Kopfnicken zahlreicher Fraktionsvorsitzender und -vertreter zeigt, dass dieser Antrag unterstützt wird. Ich kann also davon ausgehen, dass es dagegen keinen Widerspruch gibt, so dass die Einreichungsfrist auf morgen, 18.00 Uhr, festgesetzt wird.

 

14. Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgen nach Artikel 144 der Geschäftsordnung die Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen.

 
  
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  Ovidiu Victor Ganţ (PPE-DE). – Preşedinţia germană a Uniunii Europene a început sub auspicii excelente pentru România, ţara noastră devenind membru la 1 ianuarie 2007. Acest moment istoric a fost validat în unanimitate în Parlamentul României odată cu Tratatul constituţional european.

Din păcate, acesta nu a fost adoptat, noi negocieri fiind iniţiate. În aceste condiţii politice apreciez în mod deosebit eforturile Germaniei şi ale doamnei cancelar Merkel în realizarea unui consens. Germania şi Franţa au pus împreună bazele Uniunii Europene, trecând peste resentimente seculare. De aici hotărârea şi perseverenţa cu care preşedinţia germană a căutat consensul.

România a susţinut această poziţie având convingerea că numai împreună putem să clădim Europa pentru a asigura pacea, securitatea şi bunăstarea tuturor cetăţenilor săi. Sper ca de această dată înţelegerea să fie respectată, pentru că, nu-i aşa, pacta sum servanda! Mult succes preşedinţiei portugheze în acest sens!

 
  
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  Der Präsident. Vielen Dank. Pacta sunt servanda braucht man nicht zu übersetzen, weil das jeder versteht.

 
  
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  Árpád Duka-Zólyomi (PPE-DE). – (SK) Vor dem EU-Beitritt war die Slowakei in der Lage, die Kriterien von Kopenhagen recht gut zu erfüllen, einschließlich der Kriterien zu den Rechten ethnischer Minderheiten.

Seit dem Amtsantritt der Regierung Fico ist die Lage jedoch deutlich weniger sicher. Es gibt zunehmend Anzeichen dafür, dass die Regierung die mühsam errungenen Minderheitenrechte nach und nach in Frage stellt und einschränkt. Eines der ersten Versprechen der Regierung lautete, den Status quo im Hinblick auf die Minderheitenrechte zu erhalten. Ein Beispiel dafür wäre die jüngste verbale Attacke des Kulturministeriums, das eine in der Slowakei erscheinende, ungarischsprachige Tageszeitung beschuldigte, durch die Verwendung ungarischer Ortsnamen gegen das Recht zu verstoßen.

Diese Anschuldigungen und die dabei verwendeten Argumente sind nicht stichhaltig, da das Recht, Ortsnamen in der Muttersprache zu benutzen, durch internationale Abkommen garantiert und von der Grammatik einer jeden Sprache, einschließlich des Ungarischen, verlangt wird. Das Hauptproblem besteht darin, dass die derzeitige Sprachgesetzgebung gegen internationale Abkommen verstößt, die von der Slowakischen Republik unterzeichnet wurden. Es gibt auch Widerstände, die Verpflichtungen zu erfüllen, die die Slowakei nach der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen übernommen hat. Es ist beunruhigend, dass die Regierung Fico wieder einmal die Spannungen zwischen Slowaken und Ungarn bei einer Frage entfacht hat, um die es in den letzten Jahren relativ ruhig geworden war.

 
  
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  Der Präsident. Ich darf daran erinnern, dass diese einminütigen Erklärungen eine Minute dauern.

 
  
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  Lasse Lehtinen (PSE). – (FI) Herr Präsident! Die Kommission hat versprochen, am 10. Juli ein Weißbuch zum Sport herauszugeben. Sport- und Fitnessorganisationen in ganz Europa wollen den speziellen Status des Sports so genau festschreiben, dass die Regelungen der Union über den Wettbewerb und den Binnenmarkt nicht seine soziale Bedeutung bedrohen.

Die Rolle des Sports als Massenbewegung sollte nicht darunter leiden müssen, dass die Spitzenathleten in vielen Sportarten Profis sind und geschäftsmäßig gemanagt werden. Es gibt eine lange Tradition des ehrenamtlichen Engagements, besonders in den nordischen Ländern. Das europäische Modell, in dem gemeinnützige Organisationen und die Kirche häufig sportliche Aktivitäten an Laufen halten, funktioniert ebenso gut und betont dieselben Werte.

Die Kommission und das Europäische Parlament müssen Rechtsvorschriften erlassen, die sicherstellen, dass der Sport in vielen Dingen für sich entscheiden kann.

(Beifall)

 
  
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  Alexandru-Ioan Morţun (ALDE). – România a luat notă de adoptarea de către Adunarea Parlamentară a Consiliului Europei a raportului Dick Marty referitor la presupuse centre de detenţie. Regretăm că raportorul, în pofida invitaţiilor repetate de a se documenta la faţa locului, a preferat discuţiilor directe cu autorităţile române realizarea raportului în baza unor surse nenominalizate, a căror veridicitate nu a fost până acum probată.

Deoarece tema va fi reluată în curând în Comisia LIBE a Parlamentului European, România, într-un spirit de totală deschidere şi cooperare, doreşte să-i fie aduse la cunoştinţă probele care au stat la baza formulării unor acuzaţii atât de grave.

Solicităm acest lucru şi pentru a vedea dacă nu au existat şi alte informaţii rămase eventual neinvestigate la nivel naţional.

În plus, revenim asupra necesităţii ca domnul Dick Marty să dea curs invitaţiei de a se deplasa în România pentru avea discuţii directe cu autorităţile, pentru a fi confruntat nemijlocit cu rezultatele anchetei naţionale efectuate.

 
  
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  Andrzej Tomasz Zapałowski (UEN). – (PL) Herr Präsident! Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament hat Polen und seine Regierung in den letzten Monaten wiederholt angegriffen. Ungeachtet seiner Erklärungen zur Bekämpfung der Fremdenfeindlichkeit in Europa hat er in arroganter Weise Anschuldigungen gegen mein Heimatland erhoben. Solche Angriffe haben nichts mit einer sachlichen Diskussion zu tun. Sie zeugen ganz einfach vom Hass und von Vorurteilen Polen und seiner Regierung gegenüber.

Herr Präsident, ich fordere Sie auf, Herrn Schulz davon abzuhalten, dass er die Institutionen der Europäischen Union dazu benutzt, um Feindschaft zwischen den Mitgliedstaaten zu schüren. Das Verhalten von Herrn Schulz, der es nicht toleriert, wenn Völker ihre Interessen vertreten, verstößt gegen das Ethos eines Mitglieds des Europäischen Parlaments.

 
  
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  Der Präsident. Sie haben mich als Präsidenten angesprochen. Ich glaube nicht, dass es eine Grundlage für Ihre Behauptungen gibt. Es war eine politische Auseinandersetzung, für die es Gründe gibt, und darauf ist der Fraktionsvorsitzende eingegangen. Ich sehe also von meiner Seite keine Veranlassung, in der Weise tätig zu werden, wie Sie es von mir verlangen.

 
  
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  Milan Horáček (Verts/ALE). – Herr Präsident! Im neuen Fortschrittsbericht hat die Kommission Bulgarien und Rumänien im Fach Korruptionsbekämpfung die Note „mangelhaft“ gegeben. Gleichzeitig hat sie sich gegen die Anwendung der Schutzklauseln entschieden. Darüber hinaus wurden die ursprünglich vernichtenden Berichte über Defizite in Justiz und Strafverfolgung von den Kommissaren stark abgeschwächt und einzelne Passagen, die klare Mängel im Vergleich zu den EU-Standards kritisierten, gestrichen.

Dabei sind die Ergebnisse bei der Kriminalitätsbekämpfung sehr schlecht. Die Auftragsmorde sind insgesamt ein Grund zu großer Sorge, vor allem die Morde an Lokalpolitikern, zu denen es seit Januar gekommen ist. Bis heute ist diesbezüglich keine Anklage oder Verurteilung erfolgt.

Das Prinzip Samthandschuh schadet nicht nur dem Parlament, das die Schutzklauseln zur Beitrittsbedingung für beide Länder erklärt hatte, sondern auch der Integrität der gesamten Europäischen Union und sollte so nicht hingenommen werden!

 
  
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  Willy Meyer Pleite (GUE/NGL).(ES) Herr Präsident! Meine Worte sollen dazu dienen, die Aufmerksamkeit des Europäischen Parlaments und der europäischen Institutionen auf die Arbeitsunfälle in der Union zu lenken.

Spanien führt zurzeit die Unfallstatistik mit 20 % aller in der Europäischen Union auftretenden Arbeitsunfälle an. Die Lage ist sehr ernst: Allein in meinem Land ereignen sich 7 600 Unfälle pro 100 000 Arbeitnehmer. Diese Zahl macht deutlich, dass wir uns bei unserem Wirtschaftswachstum neu orientieren müssen, ein unkontrolliertes Wachstum, bei dem die Beschäftigungsqualität keine Beachtung findet.

In Spanien sterben durchschnittlich pro Woche drei Arbeitnehmer an ihrem Arbeitsplatz. In der vergangenen Woche kamen zwei Personen beim Abbau der Bühne nach einem Konzert der Rolling Stones im Stadium „Vicente Calderón“ in Madrid ums Leben. Weitere vier Arbeiter erlitten in Carboneras in Almería tödliche Verletzungen. Diese Zahlen zeigen, dass ein radikaler Wandel notwendig ist und die Arbeitsbedingungen verbessert werden müssen, damit keine Unfälle mehr am Arbeitsplatz und bei Gelegenheitsbeschäftigungen geschehen.

 
  
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  Thomas Wise (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Die belgische Regierung hat vor kurzem ein Gesetz verabschiedet, nach dem Supermärkte von Kunden Geld für Kunststoffbeutel verlangen müssen. Ich begrüße dieses Vorgehen. Es ist ein Schritt auf dem Weg zu einer besseren Umwelt. Ein ähnliches Gesetz wurde in Irland vor einigen Jahren beschlossen und war auch sehr erfolgreich, denn die Verwendung von Tragetaschen ging um bis zu 90 % zurück. Das zeigt doch, wie Mitgliedstaaten ihre Probleme ganz gut allein lösen können, wenn man es ihnen überlässt, ihre Angelegenheiten selbst und ohne EU-Einmischung zu regeln. Ich stelle allerdings fest, dass der Supermarkt im Untergeschoss des Parlaments in Brüssel kein Geld für Tragetaschen verlangt. Ich habe an den Leiter des Supermarkts geschrieben und ihn gefragt, warum dieses Gesetz in seinem Geschäft nicht angewendet wird. Aber vielleicht ist dies ein weiteres Beispiel für ein Recht für gewöhnliche Leute und ein anderes Recht, das bei einigen wenigen Privilegierten ignoriert wird.

 
  
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  Der Präsident. Herr Kollege! Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten: Sie haben gerade einen Beitrag zur Europäisierung der Lösung dieser Aufgabe geleistet. Vielen Dank!

 
  
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  Десислав Чуколов (ITS). – Уважаеми г-н председател, уважаеми колеги, вземам думата сега, за да фокусирам вниманието ви върху огромния скандал, случващ се в България през последните няколко седмици.

Уволнен служител на Националната служба за охрана изнася факти, че български политици са следени от тази служба, като тази служба се води на пряко подчинение на президента на Република България Георги Първанов.

Преди време, г-н Pöttering, Вие приехте Първанов, въпреки изричното предупреждение на колегата ми Димитър Стоянов, че се срещате с агент на бившата Държавна сигурност. Сега се оказва, че този агент на Държавна сигурност и неговият приятел, вътрешният министър на Република България, Румен Петков, следят и подслушват български политици.

Аз като представител на най-силно изразената опозиционна партия у нас, „Атака“, изказвам възмущението си по този повод – следенето и подслушването на председателя на „Атака“ – г-н Волен Сидеров. Това не са голи твърдения. Това са факти, изнесени от подполковник Николай Марков – бивш служител на НСО. Ние от „Атака“ настояваме за изясняване на всеки детайл от този грозен случай и затова изискахме изслушването на всички страни в българския парламент. Управляващите у нас отново отказаха това, което идва да потвърди отново тяхната замесеност в този случай.

Накрая г-н президент, искам да Ви призова като ръководител на тази уважавана институция, каквато е Европейският парламент, да използвате влиянието и авторитета си пред властите в България, за да се сложи край на тези незаконни и недемократични действия.

 
  
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  Der Präsident. Die Parlamentsdienste werden sich mit dem Inhalt Ihrer Erklärung befassen und mir dann sicher einen Rat geben.

 
  
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  Sergej Kozlík (NI). – (SK) Vor einem Jahr wurde das Ersuchen Litauens, der Eurozone beizutreten, abgelehnt. Dies geschah, obwohl Litauen die Maastricht-Kriterien im Voraus erfüllt hatte, und dies in größerem Umfang als die meisten Mitglieder der Eurozone. Der einzige Kritikpunkt bestand darin, dass der Inflationswert um 0,1 % überschritten worden war. Dies genügte, um Litauen den Zugang zur Eurozone zu verweigern und stürzte das Land in eine größere innenpolitische Krise.

Nächstes Jahr wird der Antrag der Slowakei auf den Beitritt zur Eurozone geprüft. Derzeit hat die Slowakei gute Aussichten, die Konvergenzkriterien zu erfüllen, aber es wurden bereits Stimmen bei der Europäischen Zentralbank und der Kommission laut, es müsse eine dauerhafte Erfüllung sichergestellt werden. Es wäre völlig in Ordnung, wenn diese „flexible Bestimmung“ in gleicher Weise auf alle Mitglieder der Eurozone angewendet würde. Ein solcher Ansatz führt uns doch berechtigterweise zu der Frage, ob der Wunsch, die Eurozone auf die osteuropäischen Länder auszudehnen, wirklich besteht.

 
  
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  Georgios Papastamkos (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! Es war ganz richtig von der deutschen Präsidentschaft, die Initiative zur Anmeldung des Verhandlungsmandats für den Reformvertrag über den Klimawandel zu ergreifen.

Meiner Ansicht nach sollten die Umwelt eine horizontale Dimension haben und die horizontale Logik der Umweltpolitik im Reformvertrag gewährleistet werden, weil die Umweltpolitik einfach eine Ansammlung einzelner Politikbereiche ist; sie bildet keinen alleinigen Politikbereich, sondern eine Ansammlung mehrerer Politikbereiche.

Ich bin auch der Meinung, dass wir die Umweltdiplomatie der Europäischen Union gegenüber der Außenwelt einheitlicher darstellen und die Umweltdiplomatie mit der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, mit der Welthandels- und der europäischen Entwicklungspolitik verknüpfen müssen, wenn wir Ergebnisse im globalen Megaausmaß erzielen wollen, denn die Umwelt kennt keine Grenzen, sie ist ein öffentliches Gut, und als solches müssen wir sie insgesamt durch internationale Zusammenschlüsse schützen.

 
  
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  Maria Matsouka (PSE).(EL) Herr Präsident! Ich halte es für meine Pflicht, Sie von dem Drama im Zusammenhang mit den Entlassungen bei dem Unternehmen Dipasmata Drapetsonas zu unterrichten.

Die ersten 380 Arbeitnehmer wurden 1999 entlassen. 2003 forderte der Petitionsausschuss einstimmig, sie wieder einzustellen. Im Jahre 2006 entschied das Oberste Berufungsgericht in Griechenland wiederum einstimmig, dass die Entlassungen ungültig und missbräuchlich gewesen seien.

Trotz ihres Kampfes und der Rechtfertigung durch das Gericht haben die übrigen entlassenen 200 Arbeitnehmer weiterhin ein Gefühl sozialer Ungerechtigkeit und finanzieller Isolierung. Die griechische Regierung weigert sich, dieses Urteil des höchsten Gerichts des Landes auch nur in die Tat umzusetzen.

Angesichts dieser beispiellosen politischen Obstruktion traten zwei Mitglieder des Kampfkomitees, Francheskos Karakatsanis und Apostolos Panayiotidis, während einer Hitzewelle in einen Hungerstreik, der zwölf Tage dauerte und die Einlieferung ins Krankenhaus notwendig machte.

Diese Menschen fordern das selbstverständliche Recht auf ein Leben in Würde für sich selbst und für ihre Familien. Ich rufe Sie auf, Initiativen zugunsten der Glaubwürdigkeit der meistbegünstigten Nation und des sozialen Europas zu ergreifen.

 
  
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  Diana Wallis (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Als Europaabgeordnete aus einem hoch entwickelten und sehr wohlhabenden Land ist es für mich ein ganz eigenartiges Gefühl, hier zu stehen und über eine gigantische Naturkatastrophe in der Region, die ich vertrete, zu sprechen.

Letzte Woche wurde ich zu Häusern nur wenige Meilen von meinem eigenen Heim entfernt geführt, wo sich in jedem Garten Möbel auftürmten, zu Häusern, die komplett verlassen waren, weil ihre Eigentümer es noch nicht wagen zurückzukehren; zu Häusern, in denen Hochwasser einen Meter und höher gestanden hat – aufgestiegen durch den Fußboden nach gewaltigen Niederschlägen: einer Regenmenge von zwei Monaten in nur zwölf Stunden. Tausende Häuser wurden zerstört, Schulden auf unbestimmte Zeit geschlossen, Unternehmen und Landwirtschaftsbetriebe ausgelöscht, und das oft in Gemeinden, die zuvor EU-Strukturfondsmittel erhalten hatten.

Gestern brachten Busse humanitäre Hilfe, Busse, die normalerweise für Menschen in Afrika eingesetzt werden. Die ganze Situation wirkt exotisch, irreal, aber sie ist sehr real und eine große Katastrophe für die Menschen, deren Zuhause und Infrastruktur zerstört worden sind.

Wir hoffen, dass unsere Regierung einen Antrag beim EU-Solidaritätsfonds stellen wird. Ich hoffe, dieses Hohe Haus wird diesen unterstützen. Wir wären sehr dankbar, wenn das Hohe Haus diesen Menschen in der Region Yorkshire seine Unterstützung zeigen würde.

 
  
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  Der Präsident. Danke, Frau Wallis. Da es sich um Ihren Wahlkreis handelt, müssen wir uns solidarisch zeigen.

 
  
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  Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! Ihre Erklärung, dass der Satz pacta sunt servanda keiner Übersetzung bedürfe, weil jeder ihn versteht, macht mir Mut, über das Thema zu sprechen, zu dem ich mich zuvor entschlossen hatte.

Wie viele junge Leute in Europa lernen Latein und Altgriechisch, die Sprachen, in denen nicht nur das europäische Denken von Anfang an zum Ausdruck gebracht wurde, sondern in denen auch die Geistigkeit Europas ihren Ausdruck gefunden hat?

Im Rahmen der Mehrsprachigkeit, die von der Europäischen Union gefördert wird, sollten wir uns deshalb dieser Sprachen, Altgriechisch und Latein, erinnern, die die Grundlage dafür bildeten, dass sich der Geist Europas äußern konnte, und wir müssen sie mit Maßnahmen und Programmen unterstützen, damit alle jungen Leute in Europa die Möglichkeit haben, zu lernen, woher die Wörter stammen, die sie in ihrer eigenen, modernen europäischen Sprache gebrauchen.

Wenn ich meinen Kolleginnen und Kollegen hier zuhöre, so verstehe ich, obwohl ich nicht ihre Sprache spreche, die Wörter, die vom Altgriechischen und Lateinischen herrühren. Warum sollten die jungen Europäer nicht auch die Gelegenheit dazu erhalten?

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE). – Ca urmare a schimbărilor climatice, agricultorii europeni se confruntă tot mai des cu fenomene de secetă şi inundaţii.

Agricultorii din România se confruntă în acest an cu o secetă excesivă, ce a afectat toate culturile însămânţate în toamna anului 2006 şi primăvara anului 2007. În acest an, peste milion de agricultori din sudul, vestul şi estul României nu vor putea recolta nici măcar un kilogram de produs agricol de pe hectarul de teren arabil cultivat, ceea ce va aduce la o creştere explozivă a preţurilor pe piaţa românească la toate produsele agroalimentare şi la falimentul agricultorilor.

Uniunea Europeană trebuie să sprijine mai mult prin Fondul European de Solidaritate statele membre aflate în astfel de situaţii.

 
  
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  Marco Cappato (ALDE). – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben soeben die Abstimmung über die Stellungnahme des Europäischen Parlaments zur Regierungskonferenz auf die Tagesordnung für Mittwoch gesetzt.

Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen im Hinblick auf die heute Abend stattfindende Sitzung des Ausschusses für konstitutionelle Fragen darauf hinweisen, dass früher die Pflicht des Europäischen Parlaments zur Abgabe einer Stellungnahme – auch wenn die Stellungnahme selbst nicht bindend ist – wirklich wahrgenommen wurde, beispielsweise von Altiero Spinelli, um Einfluss auf die Beschlüsse zur Vertragsreform nehmen zu können.

Die Tatsache jedoch, dass Zeitrahmen und Verfahren festgelegt wurden, die, mit Verlaub gesagt, fast einem militärischen Rhythmus folgen, so dass der Ausschuss sofort heute Abend berät und abstimmt und das Parlament dann am Mittwoch seine Stellungnahme abgibt, kommt einem Verzicht auf diese Befugnis zur Einflussnahme gleich, die wir doch in unserem Hohen Haus hätten ausüben können und noch ausüben könnten, beispielsweise auf diejenigen, die sogar unsere europäischen Symbole aus den Verträgen streichen wollen.

Ich hoffe, dass der eine oder andere hier anwesende Abgeordnete im Ausschuss für konstitutionelle Fragen auf diese Möglichkeit aufmerksam macht.

 
  
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  Der Präsident. Herr Kollege Cappato! Ich kann Ihnen sagen, dass wir die Erklärung nur dann beschließen werden, wenn in der Rede des Präsidenten des Europäischen Rates am Mittwoch im Parlament auch Zusicherungen gegeben werden, dass das Parlament auf allen Ebenen der Beratungen beteiligt wird. Das ist unsere Bedingung. Darüber werden Sie heute Abend im konstitutionellen Ausschuss sprechen.

 
  
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  Ryszard Czarnecki (UEN). – (PL) Herr Präsident! Auf der jüngsten Tagung des Europäischen Parlaments hat Kommissar Almunia viele Abgeordnete überrascht, als er im Namen der Europäischen Kommission erklärte, die Konsequenzen eines Nichtbeitritts zur Euro-Zone seien für die neuen Mitgliedstaaten, von denen er vier nannte, andere als für die alten Mitgliedstaaten, also das Vereinigte Königreich, Schweden und Dänemark. Diese sehr ehrliche, aber alarmierende Feststellung zeugt von einer besonderen Form der Diskriminierung der neuen Mitgliedstaaten.

Indem er erklärt, dass die neuen Mitgliedstaaten anders behandelt werden sollen als die alten, räumt der Herr Kommissar ein, dass Europa – wenn auch nicht offiziell – praktisch in ein Europa erster und zweiter Klasse geteilt ist. Diese inakzeptable Situation besteht nun drei Jahre nach dem Beitritt der zehn neuen Mitgliedstaaten zur Union und sechs Monate nach dem jüngsten Beitritt zweier neuer Mitgliedstaaten. Es wäre hilfreich, wenn die Vertreter der Europäischen Kommission endlich begreifen würden, dass die Union eine Einheit ist und es so etwas wie eine alte und bessere sowie eine neue und schlechtere Union nicht gibt.

 
  
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  Monica Maria Iacob-Ridzi (PPE-DE). – Procedura bugetară pentru anul 2008 deschide perspectiva unei posibile diminuări a fondurilor structurale şi de coeziune pe baza unei rate de absorbţie scăzute în 2007.

În primul an de implementare a unei noi programări financiare, toate statele Uniunii au o rată de absorbţie redusă pentru că trebuie să aştepte aprobarea de către Comisie a programelor operaţionale. Deşi România a fost printre primele ţări care au depus aceste documente, până în prezent ele nu au fost aprobate, în ciuda termenului de 4 luni adoptat de legislaţia europeană.

Întârzierea aprobării programelor operaţionale sectoriale reduce cu aproape un an perioada în care se pot depune proiecte pentru finanţare. Astfel, numeroase proiecte planificate pentru 2007 vor fi întârziate, ceea ce va antrena costuri economice considerabile.

În plus, se creează o discontinuitate în accesarea finanţărilor europene. Fondurile de pre-aderare au fost foarte bine absorbite -Phare în proporţie de 97%- şi sunt convinsă că la fel se va întâmpla şi cu cele structurale şi de coeziune.

Limitarea fondurilor structurale ar afecta într-o proporţie mai mare ultimele state care au aderat la Uniunea Europeană, România şi Bulgaria, care au deja alocate sume mai mici. Cele două ţări beneficiază împreună de un fond egal cu cel al Ungariei. Pentru toate aceste motive consider că reducerea sumelor destinate politicii de coeziune nu trebuie să se facă pe baza absorbţiei din anul curent.

Parlamentul European, ca instituţie care are ultimul cuvânt în privinţa fondurilor structurale, nu trebuie să permită acest lucru şi trebuie să solicite Comisiei Europene să urgenteze aprobarea programelor operaţionale.

 
  
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  Magda Kósáné Kovács (PSE). – (HU) Seit der Veränderung der Machtverhältnisse in Mittel- und Osteuropa muss das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht mehr in erster Linie gegenüber dem Staat, sondern gegenüber den immer mächtiger werdenden Kräften mit extremistischem, neofaschistischem Gedankengut verteidigt werden. In der Regel handelt es sich dabei um außerparlamentarische, jedoch außerordentlich gewalttätige politische Gruppierungen. In einigen Staaten sind Ausgrenzung und Intoleranz selbst in der Regierungspolitik keine Fremdwörter.

Verschiedene nationale, ethnische und sexuelle Minderheiten werden eingeschüchtert. Die Ausübung ihrer Rechte ist eingeschränkt und wird behindert, ihre Menschenwürde wird verletzt. In den letzten Wochen haben Homosexuelle in mehreren Mitgliedstaaten ihre Gleichberechtigung gefeiert. An einigen Orten gingen die Feste von Millionen ohne Störung zu Ende. An anderen Stellen provozierten extrem Rechte Zusammenstöße auf der Straße.

Im Geiste der Abschiedsrede des französischen Präsidenten Jacques Chirac rufe ich alle europäischen konservativen Kräfte auf gesamteuropäischer und einzelstaatlicher Ebene auf, allen gefährdeten Menschen und ihren Anhängern Unterstützung zu geben. Lassen Sie uns gemeinsam die Würde der europäischen Bürger verteidigen und der Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung die Stirn bieten. Wenn wir heute nicht das Recht, anders zu sein, schützen, kann es geschehen, dass wir morgen nicht mehr in der Lage sein werden, uns selbst zu schützen.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL).(PT) Ich begrüße die von der Gewerkschaftszentrale CGTP-In am 5. Juli in Guimarães organisierte Demonstration von portugiesischen Arbeitnehmern und unterstütze von ganzem Herzen ihren mutigen und selbstlosen Kampf gegen die neuen Maßnahmen, die darauf abzielen, ungerechtfertigte Entlassungen, die Aufhebung einschränkender Vorschriften und die Willkür bei der Festlegung der Arbeitsbedingungen, die Aushöhlung der Tarifverträge und den Angriff auf Arbeitnehmerorganisationen, insbesondere die Gewerkschaften, zu erleichtern.

Diese inakzeptablen Vorschläge reihen sich in die beispiellose Offensive gegen die Arbeit ein, die in den Grünbüchern, den Mitteilungen der Gemeinschaft und den nationalen Weißbüchern als so genannte Flexicurity bezeichnet wird und deren Ziel darin besteht, die Unsicherheit der Arbeit auszuweiten, die Ausbeutung zu verschärfen und die Rechte der Arbeitnehmer zu beschneiden, um die Profite der großen Wirtschafts- und Finanzgruppen zu erhöhen. Im Nachgang zu dem Generalstreik am 30. Mai wird dieser ständige aufopferungsvolle Kampf am kommenden Donnerstag Tausende von Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung und weitere Tausende an der für den 18. Oktober in Lissabon geplanten Manifestation auf die Straße führen.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Die Verfahrensweise, dass alle sechs Monate ein anderer Mitgliedstaat die Führung der Europäischen Union übernimmt, führt zu einer besonderen Art von Aktivität und dem Bemühen, die gesteckten Ziele in dieser sehr kurzen Zeit um jeden Preis zu erreichen. Das bringt viele Spannungen mit sich, da bestimmte Entscheidungsprozesse zu stark beschleunigt werden.

Das gilt auch für den Verfassungsvertrag. Die so genannte Periode der Reflexion war zu lang. Die Probleme blieben unbeachtet und wurden nicht ernsthaft angegangen, ganz im Gegensatz zu dem, was damit eigentlich bezweckt wurde.

Die versäumten Chancen waren in der sechsmonatigen deutschen Ratspräsidentschaft kaum aufzuholen, und es blieb keine Zeit für eine eingehende Debatte über die besten Lösungen. Wenn wir uns auch für die Regierungskonferenz zu wenig Zeit nehmen – zumal die Parlamentsferien dazwischen liegen – könnte das zu einer ähnlichen Situation führen. Wir laufen Gefahr, dass wichtige Entscheidungen einmal mehr vorschnell und ohne solide Vorbereitung getroffen werden.

 
  
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  Marc Tarabella (PSE). – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte ausnahmsweise Italienisch sprechen, um die Verschlüsselung oder Schwärzung einiger von der RAI im Ausland ausgestrahlter Programme zu kritisieren: Dabei handelt es sich um Fußballspiele, Grand-Prix-Rennen der Formel 1, aber auch um Spielfilme, Fernsehserien und Trickfilme.

Ich denke an all diejenigen, die vor Jahren ihr Land verlassen mussten, sowie an deren Kinder, die eine Verbindung zur italienischen Kultur aufrechterhalten wollen. Da die anderen europäischen Fernsehstationen unverschlüsselt senden, ist das Ganze noch schwieriger zu verstehen. Das ist eine Ungerechtigkeit, und als Sprecher der italienischen Gemeinschaft im Ausland in diesem Parlament unterstütze ich uneingeschränkt die Petition unter

und wünsche ihr vollen Erfolg.

 
  
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  Cristian Silviu Buşoi (ALDE). – Doresc să salut decizia Conferinţei ministeriale a Tratatului Comunităţii Energetice din sud-estul Europei din Muntenegru, din 29 iunie, de a deschide negocierile privind aderarea Moldovei şi Ucrainei la Comunitatea Energetică din sud-estul Europei.

Aderarea Moldovei la acest tratat înseamnă adoptarea legislaţiei comunitare în domeniul energiei şi al mediului; înseamnă integrarea în piaţa europeană de energie electrică şi gaze naturale; înseamnă o perspectivă europeană pentru această ţară; înseamnă în fapt un mare pas înainte către Uniunea Europeană.

Apreciez (că) termenul de 31 decembrie 2007 asumat pentru finalizarea negocierilor privind aderarea Moldovei ca fiind unul realist. Având în vedere că aceste negocieri se vor purta cu Comisia Europeană, solicit Comisiei Europene să nu facă nici un fel de asociere între aderarea-tratat a Moldovei şi cea a Ucrainei.

Negocierile trebuie purtate separat, iar aderarea trebuie să se facă în funcţie de meritele proprii ale fiecărei ţări. Datorită modului în care Ucraina abordează problematica mediului înconjurător, inclusiv în problema în canalului Bâstroe şi a situaţiei cu standardele de securitate nucleară, este posibil ca aderare Ucrainei să întârzie. Ar fi incorect ca într-o astfel de situaţie aderarea Moldovei să fie întârziată datorită problemelor Ucrainei.

 
  
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  Péter Olajos (PPE-DE).(HU) Während das Live-Earth-Konzert noch auf allen sieben Kontinenten vergangene Woche im Gange war, um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten und die Kohlendioxidemissionen zu verringern, wurde in der Slowakei etwas Erstaunliches verkündet: Knapp 20 Kilometer von der historischen Weinregion Tokaj entfernt will eine Gruppe von Investoren das größte Kohlekraftwerk der Slowakei bauen.

Wenn es erst einmal in Betrieb ist, wird das Kraftwerk jährlich einen Ausstoß von 4 Millionen Tonnen schädlichen Stoffen haben. Aufgrund der vorherrschenden Windrichtung wird diese ungeheure Schadstoffmenge fast vollständig über Ungarn niedergehen, und zwar genau dort, wo das berühmte Tokajer Gebirge liegt, das zum Weltkulturerbe gehört. Dort befindet sich außerdem der Bükk-Nationalpark, ein Natura 2000-Gebiet. Und die Umweltverschmutzung würde dort in Form von saurem Regen und Ruß spürbar werden.

In diesen Tagen, wenn eine der größten Herausforderungen darin besteht, die Kohlendioxidemissionen zu verringern, wenn wir verzweifelt um den Erhalt der biologischen Vielfalt kämpfen, darf keinem einzigen EU-Mitgliedstaat gestattet werden, unsere gemeinsamen Werte und Verpflichtungen so eklatant zu missachten – weder gegenüber dem unmittelbaren Nachbarn noch irgendeinem anderen Mitgliedstaat. Ich möchte meine Kolleginnen und Kollegen, vor allem meine slowakischen Kollegen auffordern, ihre Stimme gegen dieses Projekt zu erheben. Es genügt nicht, beim Konzert Beifall zu klatschen, – hier ist auch Handeln geboten.

 
  
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  Proinsias De Rossa (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich bin besorgt über die Situation der ausländischen „lettori“, also Dozenten, an italienischen Hochschulen. Sie kämpfen seit über zwanzig Jahren um Gleichstellung, sie haben vier Fälle beim Europäischen Gerichtshof gewonnen, und dennoch werden sie weiterhin von den italienischen Hochschulen diskriminiert. Vor kurzem hat der Europäische Gerichtshof entgegen der Empfehlung des Generalanwalts unerklärlicherweise zugunsten von Italien entschieden. Die Kommission hat jetzt ihr Verfahren gegen Italien eingestellt, statt eine Revision des neuen Urteils des Europäischen Gerichtshofs anzustreben. Diese Entscheidung wurde getroffen, obwohl die Diskriminierung nachweislich anhält.

Ich fordere den Präsidenten dringend auf, sich mit der Kommission in Verbindung zu setzen – speziell mit Kommissar Špidla – und darauf zu bestehen, dass die Rechte europäischer Bürger auf Gleichbehandlung am Arbeitsplatz, wo immer sich dieser befindet, von der Kommission geachtet und geschützt werden. Ich werde Ihnen Hintergrundinformationen darüber zusenden, damit Sie diese Angelegenheit vorbringen können.

 
  
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  Richard James Ashworth (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Sie wissen sicher, dass eine Million Europäer eine Petition unterschreiben haben, in der gefordert wird, dass dieses Parlament einen einzigen Sitz hat. Dies war eine wichtige Willensbekundung der Menschen, nicht nur deshalb, weil dieses Parlament für die Steuerzahler rund 200 Millionen Euro pro Jahr einsparen könnte, sondern auch, weil man uns als verantwortungsbewusste Parlamentarier, die etwas zur Senkung ihrer Kohlenstoffemissionen tun, erleben könnte. Ich glaube, als Mitglieder dieses Parlaments haben wir die Pflicht, auf die Wünsche der Menschen zu hören und ihnen Rechnung zu tragen.

Aber dieses Problem kann nur von der Regierungskonferenz geklärt werden. Deshalb fordere ich die Präsidentschaft und das Präsidium dieses Parlaments dringend auf, in dieser Angelegenheit tätig zu werden und das Thema im Vorfeld der bevorstehenden Regierungskonferenz auf den Tisch zu bringen. Es ist doch sicher an der Zeit, dass dieses Parlament die Anliegen und die Forderungen von einer Million europäischer Bürger wahrnimmt und beachtet und dieses Thema vernünftig diskutiert.

 
  
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  Brian Simpson (PSE). – (EN) Herr Präsident! An diesem Wochenende hat Deutschland in Heidelberg in dem großartigen Spiel Rugby League oder auch „rugby à treize“ zum ersten Mal gegen Serbien gespielt. Aber der HTV Rugby Union-Verein in Heidelberg hat, unterstützt vom deutschen Rugby Union-Verband, mit skandalösem Verhalten versucht, die Veranstaltung zu stören. Sie gingen herum und rissen Werbeplakate für das Spiel herunter; sie drohten deutschen Spielern, dass sie, wenn sie Rugby League für ihr Land spielen würden, nicht Rugby Union spielen dürften. Der Nationaltrainer der deutschen Rugby Union-Mannschaft bedrohte vor dem Abspielen der Nationalhymnen einen Spieler und verbot diesem, gegen dessen Wünsche, für sein Land zu spielen. HTV hatte am Tag davor auf dem vorgesehenen Feld gespielt, obwohl die örtliche Behörde ihnen das verboten hatte, und ruinierte so die Spielfläche für das internationale Spiel am darauf folgenden Tag. Das Rugby League-Spiel Deutschland gegen Serbien war vom International Board des europäischen Verbandes Rugby League European Federation als international anerkannt worden.

Was der HTV Rugby Union-Verein und der deutsche Rugby Union-Verband getan haben, würden wir von einer Bananenrepublik erwarten, aber nicht von einer Nation in der EU, und das zeigt, wie fanatisch der deutsche Rugby Union-Verband und der HTV-Verein geworden sind. Ihr Verhalten war beschämend und hat die Zuschauer schockiert. Diese unverhohlene Diskriminierung und Einschüchterung darf nicht hingenommen werden und wird, das hoffe ich doch, von diesem Hohen Haus und von der Kommission verurteilt werden. Ich ersuche die deutschen Behörden, dem HTV Rugby Union-Verein und dem deutschen Rugby Union-Verband sämtliche Unterstützung zu entziehen, bis diese ihre Haltung ändern.

 
  
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  Marios Matsakis (ALDE). – (EN) Herr Präsident! In der vergangenen Woche hat die internationale Gemeinschaft mit großer Freude und Erleichterung die Freilassung des Gaza-Korrespondenten der BBC, Alan Johnston, erlebt. Bekanntlich war er vier Monate zuvor von einer extremistischen islamistischen Gruppierung entführt worden, und seine Rettung gelang praktisch vor Ort vor allem durch die Bemühungen von Hamas. Hamas ist zugegebenermaßen nicht die ehrwürdigste Organisation, aber ihre kürzliche Übernahme der Kontrolle in Gaza hat sich bisher außer in der Freilassung von Alan auch in anderer Hinsicht positiv ausgewirkt. Sie hat Stabilität, Frieden und einen erheblichen Rückgang bei der Korruption gebracht, die bis dahin in Gaza herrschte. Die Hamas-Vertreter wurden bei den letzten Wahlen demokratisch gewählt und genießen in der palästinensischen Bevölkerung großen Rückhalt. All diese Faktoren sollten doch den Westen dazu veranlassen, noch einmal über Hamas, deren Rolle in der Nahostproblematik und die Möglichkeit, Hamas vielleicht aus dem Verzeichnis terroristischer Vereinigungen zu streichen, nachzudenken.

 
  
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  Bogusław Rogalski (UEN). – (PL) Herr Präsident! Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf folgenden Text lenken: Väter schenken der Scheide und der Klitoris ihrer Töchter kaum Beachtung durch zärtliche Berührung dieser Körperteile, aber nur so kann das Mädchen Stolz auf seine Geschlechtlichkeit entwickeln. Kinder berühren alle Teile des väterlichen Körpers und lösen dadurch manchmal Erregungsgefühle aus. Väter sollten das auch tun.

Diese haarsträubenden, perversen und schockierenden Feststellungen stammen aus einer offiziellen Broschüre der deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit dem Titel „Körper, Liebe, Doktorspiele“, die sich an Eltern von Kindern im Alter von einem bis drei Jahren richtet. Sie gehört in neun Bundesländern zur Pflichtlektüre und ist Bestandteil der Ausbildung von Krippen- und Kindergartenerzieherinnen.

Herr Präsident, eine dem Familienministerium unterstehende Einrichtung ermutigt in dieser Broschüre tatsächlich ganz offiziell zu Inzest und Pädophilie. Das ist nicht hinnehmbar. Ich fordere den zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments auf, sich mit dieser Art von offiziellen Regierungspublikationen zu befassen. In keinem Mitgliedstaat darf in offiziellen Broschüren zu Pädophilie und Inzest aufgefordert werden.

 
  
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  Ioannis Gklavakis (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! In Griechenland haben wir in diesem Winter unter einem erheblichen Mangel an Niederschlägen gelitten, was zu beträchtlichen Schäden für die Agrar- und Tierproduktion führte. Bedauerlicherweise hatten wir seit den ersten Tagen des Sommers in ganz Südosteuropa ungewöhnlich hohe Temperaturen, die über zehn Tage lang anhielten und mit katastrophalen Bränden einhergingen.

In meiner Heimat wurden weite Teile von Pilion and Parnitha vernichtet, einem bedeutenden Bergmassiv in Attika, das seit 1961 ein Nationalpark ist. Es gab dort einen einzigartigen Pinienwald mit 1 100 Pflanzenarten, von denen einige endemisch waren und nur dort wuchsen, und es bot 23 seltenen Arten gefährdeter Tiere eine Heimstatt, darunter dem größten Rotwildbestand im Land.

Leider haben die Umweltschäden in den letzten Jahren albtraumhafte Ausmaße angenommen.

Meine Forderung lautet: Ich ersuche Sie in aller Ernsthaftigkeit, auf Initiative der Europäischen Union eine weltweite Informationskampagne über die gewaltigen Probleme zu beginnen, denen sich unser Planet gegenübersieht und zu denen neben der Zerstörung von Wäldern überall auf der Welt die Verschmutzung und die Überfischung der Meere, die Bodenverseuchung und die Luftverschmutzung gehören.

Alle diese Faktoren verursachen ein ökologisches Ungleichgewicht in der Natur und eine Verringerung der biologischen Vielfalt. Ehe es zu spät ist, müssen wir Initiativen und Maßnahmen mit dem Ziel ergreifen, unseren Planeten zu retten, weil die Lage bald unumkehrbar sein wird. Das sind wir den künftigen Generationen schuldig, das sind wir unseren Kindern schuldig.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE). – Herr Präsident! Ich möchte heute Ihre geschätzte Aufmerksamkeit auf die in Europa lebenden Roma und Sinti richten. Diese am Rande der Gesellschaft lebende Gruppe ist mit 12 Millionen Menschen die größte Minderheit in Europa. Die Situation der Roma und Sinti ist erschütternd. Die tägliche Konfrontation mit Rassismus und Diskriminierung und eine weitgehende Perspektivlosigkeit hindern diese ethnische Gruppe daran, ein integraler Teil unserer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft zu werden.

Besonders hat mich erschüttert, dass ein österreichischer Möchtegern-Politiker, der wohl zur Schande dieser Zunft gehört, vor kurzem gemeint hat, diese Menschen gehörten, wenn sie betteln, mit Dampfstrahlern von der Straße gewaschen. Deshalb freut es mich besonders, dass es in Österreich auch eine andere Richtung gibt, nämlich die Grazer Initiative, die sich mit den Problemen dieser Gruppe beschäftigt und es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Roma und Sinti aus ihrer schwierigen Lage herauszuhelfen und ihre Integration zu fördern. Letzte Woche waren bedeutende Mitglieder dieser Initiative zu verschiedenen Terminen in Brüssel, um gemeinsam mit EU-Abgeordneten und Mitarbeitern aus der Kommission nach Lösungsansätzen für die Probleme dieser Menschen zu suchen.

Ich möchte dieser Initiative ausdrücklich zu diesem Schritt gratulieren. Es ist der richtige Ansatz, in Europa nach Lösungen für diese Probleme zu suchen.

 
  
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  Geoffrey Van Orden (PPE-DE). – (DE) Herr Präsident! In einer Zeit, in der Simbabwe immer tiefer in die Katastrophe abgleitet, haben viele von uns Meldungen beunruhigt, die EU-Präsidentschaft habe vor, Robert Mugabe zum geplanten EU-Afrika-Gipfel in Lissabon einzuladen.

Mugabe ist ohne Frage persönlich verantwortlich für die Tragödie in Simbabwe und steht an erster Stelle der Liste der Simbabwer, denen im Rahmen der zielgerichteten EU-Sanktionen die Reise in EU-Länder verboten ist.

Das Parlament ist sich der Bedeutung des Gipfels bewusst, hat aber seinen Standpunkt deutlich gemacht, vor kurzem erst in seiner Entschließung vom 26. April, als es den Rat aufforderte, „dafür zu sorgen, dass Personen, für die ein Reiseverbot gilt, weder zu dem geplanten EU-Afrika-Gipfel in Lissabon im Dezember 2007 eingeladen werden noch daran teilnehmen“. Wenn die EU irgendwie glaubwürdig sein will, muss sie wenigstens zu ihren eigenen Sanktionsmaßnahmen stehen.

Es ist enttäuschen, dass kein Vertreter des Rates hier ist, Herr Präsident, aber ich würde Sie ganz nachdrücklich bitten, die erklärte Politik des Parlaments gegenüber dem Rat zu bekräftigen.

 
  
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  Tunne Kelam (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Im Laufe der Jahrzehnte haben die europäischen Staaten gelernt, der Kultur und Religion von Millionen von Einwanderern ein Mindestmaß an Respekt entgegenzubringen. Beunruhigenderweise gilt für die meisten Heimatländer dieser Menschen das Gegenteil.

Im Nahen Osten, in Asien und in Afrika ist es inzwischen üblich, dass Menschen, die sich zu einem christlichen Glauben bekennen, sozial, politisch und wirtschaftlich diskriminiert werden. In praktisch allen islamischen Ländern riskieren Menschen, die beschließen, in eine christliche Kirche einzutreten, ihr Leben. Die traditionelle christliche Bevölkerung in all diesen Ländern nimmt dramatisch ab. Sogar in einem offiziell säkularen Land wie der Türkei sind Christen von Einschüchterung, Belästigung und sogar Mord bedroht. Man kann dem Vorschlag eines bekannten Kommentators nur zustimmen, dass die Türkei erst dann zum Eintritt in die EU bereit ist, wenn es dort so einfach ist, eine christliche Kirche zu bauen, wie es heute in Deutschland ist, eine türkische Moschee zu bauen.

Ich fordere die Kommission und den Rat auf, diesem Aspekt unbedingt Aufmerksamkeit zu schenken, wenn sie es mit Regierungen zu tun haben, die ihren einheimischen christlichen Minderheiten nicht einmal ein Mindestmaß an Achtung und Schutz gewähren.

 
  
  

VORSITZ: MAREK SIWIEC
Vizepräsident

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

 

15. Einheitliches Zulassungsverfahren für Lebensmittelzusatzstoffe, -enzyme und -aromen – Lebensmittelzusatzstoffe – Lebensmittelenzyme – Aromen und Lebensmittelzutaten mit Aromaeigenschaften (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

- den Bericht von Åsa Westlund im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein einheitliches Zulassungsverfahren für Lebensmittelzusatzstoffe, -enzyme und -aromen (KOM(2006)0423 – C6-0258/2006 – 2006/0143(COD)) (A6-0153/2007),

- den Bericht von Åsa Westlund im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Lebensmittelzusatzstoffe (KOM(2006)0428 – C6-0260/2006 – 2006/0145(COD)) (A6-0154/2007),

- den Bericht von Avril Doyle im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Lebensmittelenzyme und zur Änderung der Richtlinie 83/417/EWG des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates, der Richtlinie 2000/13/EG sowie der Richtlinie 2001/112/EG des Rates (KOM(2006)0425 – C6-0257/2006 – 2006/0144(COD)) (A6-0177/2007) und

- den Bericht von Mojca Drčar Murko im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Aromen und bestimmte Lebensmittelzutaten mit Aromaeigenschaften zur Verwendung in und auf Lebensmitteln sowie zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 des Rates, der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 2232/96 und der Richtlinie 2000/13/EG (KOM(2006)0427 – C6-0259/2006 – 2006/0147(COD)) (A6-0185/2007).

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich muss sagen, ich freue mich, dass wir heute diese Diskussion führen, aber ich weiß auch, dass sie für viele, die diese Vorschläge nicht im Einzelnen kennen, vielleicht nicht besonders aufregend klingt. Als Thema mag es sehr technisch erscheinen, aber für mich ist es das nicht, denn diese Vorschläge vereinen in sich den Löwenanteil der europäischen Prioritäten. Sie betreffen die Lebensmittelsicherheit und den Verbraucherschutz, eine der Hauptprioritäten. Auch Innovation und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Lebensmittelindustrie, einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Europas, spielen eine Rolle. Außerdem geht es um Vereinfachung und besserer Rechtsetzung. Wir sind zwar bei den Fragen in Verbindung mit diesen Vorschlägen immer noch nicht auf einer Linie, aber ich bin zuversichtlich, dass wir uns zu den Grundsätzen, dem Zweck und den Zielsetzungen dieser Vorschläge einigen und dass wir bald eine Lösung finden werden.

Ich möchte allen Berichterstattern danken: Frau Westlund für ihre geleistete Arbeit, Frau Doyle und Frau Drčar Murko für ihre großen Bemühungen bei der Ausarbeitung dieser Berichte und natürlich für die generelle Unterstützung für den Vorschlag. Neben der Vereinfachung sieht dieses Paket auch eine Harmonisierung vor und fördert die Einheitlichkeit der drei Bereiche. Mit dem einheitlichen Genehmigungsverfahren wird ein System zur einheitlichen Bewertung und Zulassung von Zusatzstoffen, Enzymen und Aromen eingeführt und werden die Verwaltungsverfahren für nationale Behörden und Wirtschaftsakteure vereinfacht.

Komitologie ist eine sensible Angelegenheit. Es wird vorgeschlagen, die Gemeinschaftslisten von Zusatzstoffen, Enzymen und Aromen über das Komitologieverfahren zu aktualisieren, damit sichergestellt ist, dass sie fristgemäß angepasst werden können. Ich möchte Sie daran erinnern, dass dies rein technische und wissenschaftliche Fragen sind, aber wir müssen in der Lage sein, sie fristgemäß zu klären. Das spielt eine große Rolle für die Sicherheit der Verbraucher und die Wettbewerbsfähigkeit der Lebensmittelindustrie. Mir sind die Bedenken bekannt, die Abgeordnete zur Anwendung des Komitologieverfahrens geäußert haben, aber die Alternative wäre unpraktisch und strapaziös für alle, besonders für das Europäische Parlament, und würde in der Praxis nicht funktionieren. Ich weiß, dass bereits mehrere Änderungsanträge eingereicht worden sind, die auf die Einführung der Mitentscheidung für die Aktualisierung der Gemeinschaftslisten der Zusatzstoffe, Enzyme und Aromen abstellen. Bei mehreren Lebensmittelzusatzstoffen zeigt die Erfahrung, dass eine Zulassung von Stoffen im Rahmen der Mitentscheidung langwierig und kompliziert ist. Das ist von Nachteil für die Innovation, und durch diese Verzögerungen steigt auch das Risiko für die Verbraucher. Die Komitologie hingegen ermöglicht eine schnelle Zulassung und die Einführung von Beschränkungen oder die Streichung von Stoffen, falls notwendig, um die Verbraucher zu schützen.

Unserer Meinung nach ist die vorgeschlagene Anwendung des Komitologieverfahrens ein Schritt zur Vereinfachung des Rechtsrahmens und für die drei Vorschläge unerlässlich. Deshalb wären wir gegen die Änderungsanträge, die auf die Einführung des Mitentscheidungsverfahrens für die Zulassung dieser Stoffe abstellen. Aber ich bin voll und ganz für die notwendigen Anpassungen im Vorschlag zur Errichtung eines Regelungsverfahrens mit parlamentarischer Kontrolle. Ich möchte das klarstellen, denn als der Kommissionsvorschlag angenommen wurde, befanden wir uns noch im Prozess der Einführung des neuen Systems, also bezieht es sich noch auf das normale Regelungsverfahren. Darum wird es angepasst werden müssen, und das werden wir in dem geänderten Vorschlag tun, um das neue Regelungsverfahren mit Kontrolle zu berücksichtigen, das die Rechte des Parlaments auf Kontrolle und volles Mitspracherecht bei der Zulassung von Zusatzstoffen, Enzymen und Aromen stärken wird. Ich denke, durch dieses neue Verfahren werden wir auch dem Willen des Europäischen Parlaments Rechnung tragen und zugleich die Vorteile eines einfacheren Verfahrens wahren.

Jetzt noch ein ganz kurzer Blick auf Lebensmittelzusatzstoffe und die anderen Vorschläge. Lebensmittelzusatzstoffe werden seit Urzeiten verwendet, um das Aussehen zu verbessern und die Nährwertqualität zu erhalten. Die Regulierung dieser Stoffe ist wichtig, um die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten und außerdem sicherzustellen, dass die Verbraucher nicht irregeführt werden. Darum ist eine Aktualisierung der geltenden Rechtsvorschriften angebracht, um Innovation und Entwicklung zu fördern, so lange sie sicher sind. Diese werden von der EFSA überwacht und erfüllen andere Kriterien in den Rechtsvorschriften. Die geltende Richtlinie über Aromen muss ebenfalls wesentlich geändert werden, um den wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen im Bereich der Aromen und den Entwicklungen im Lebensmittelrecht in der Europäischen Gemeinschaft Rechnung zu tragen. Im Interesse der Klarheit, Effektivität und Vereinfachung möchte ich hinzufügen, dass es am besten ist, die Richtlinie durch eine neue Rechtsvorschrift zu Aromen zusammen mit einer gesonderten Regelung zu einheitlichen Zulassungsverfahren zu ersetzen. Der Vorschlag zu Aromen bietet ein hohes Schutzniveau für die Verbraucher und ermöglicht zugleich der Industrie, weiterhin neue Aromen und neue Anwendungen zu entwickeln, um auf die wachsende Verbrauchernachfrage nach brauchbareren Produkten zu reagieren.

Schließlich haben wir noch den Vorschlag zu Lebensmittelenzymen. Sie werden traditionell bei der Herstellung von Lebensmitteln wie Brot, Käse, Bier und Wein verwendet. Sie können die Textur, das Aussehen und den Ernährungswert von Lebensmitteln verbessern und als Alternativen zu Technologien auf chemischer Grundlage eingesetzt werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Verwendung von Lebensmittelenzymen in der Europäischen Union noch nicht vollständig harmonisiert und die nationalen rechtlichen Rahmenbedingungen sehen in den Mitgliedstaaten ganz unterschiedlich aus. Diese fehlende Harmonisierung hat Handelshindernisse entstehen lassen und das Wachstum auf diesem Gebiet behindert. Zudem gibt es derzeit keine Sicherheitsbewertung von Lebensmittelenzymen auf europäischer Ebene außer für die wenigen, die als Zusatzstoffe gelten. Die Technologie hat sich inzwischen weiterentwickelt, die Methoden der Herstellung von Enzymen sind zunehmend komplizierter geworden, und ihre Verwendung ist technisch ausgereifter und hat wesentlich zugenommen. Deshalb ist eine Sicherheitsbewertung aller Lebensmittelenzyme unerlässlich.

Ziel des Kommissionsvorschlags ist es, die derzeitige Regulierungslücke zu schließen, indem harmonisierte Vorschriften für die Zulassung und Verwendung von Lebensmittelenzymen in der Gemeinschaft geschaffen werden. Die Erstellung einer Gemeinschaftsliste von zugelassenen Enzymen und die effektive Laufenthaltung der Liste durch das Komitologieverfahren wird die Wettbewerbsfähigkeit dieses Sektors, in dem Europa die Spitzenposition innehat, verbessern und für ein hohes Verbraucherschutzniveau sorgen.

Da meine Redezeit zu Ende geht, werde ich Sie nicht mit einem speziellen Kommentar zu jedem Änderungsantrag ermüden, aber dem Parlament wird eine vollständige Aufstellung des Standpunkts der Kommission zu jedem einzelnen Änderungsantrag zur Verfügung gestellt werden. Ich bin sicher, dass das in den Sitzungsbericht für diese Sitzung aufgenommen wird. In unserer Antwort werden wir unsere Position zu jedem einzelnen Änderungsantrag darlegen.

Abschließend möchte ich dem Parlament noch für seine umfassenden Bemühungen für dieses gesamte Gesetzgebungspaket danken. Wir sollten weiter gemeinsam daran interessiert sein – und ich bin überzeugt, dass dem so sein wird –, diese Vorschläge zusammenzuhalten und geschlossen vorzugehen.

Standpunkt der Kommission zu Änderungsanträgen des Parlaments

Bericht Westlund (A6-0153/2007)

Insgesamt kann die Kommission 28 Änderungsanträge entweder vollständig, vorbehaltlich einer Neufassung, teilweise oder im Grundsatz annehmen. Sie lehnt 11 der insgesamt 39 Änderungsanträge ab.

17 Änderungsanträge können angenommen werden: 1, 2, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 15, 21, 22, 23, 24, 27, 28, 30 und 32.

Ein Änderungsantrag kann teilweise und vorbehaltlich einer Neufassung angenommen werden: 37.

10 Änderungsanträge können im Grundsatz und vorbehaltlich einer Neufassung angenommen werden: 3, 8, 11, 12, 19, 25, 34, 35, 36 und 38.

11 Änderungsanträge können nicht angenommen werden: 13, 14, 16, 17, 18, 20, 26, 29, 31, 33 und 39.

Bericht Westlund (A6-0154/2007)

Insgesamt kann die Kommission 46 Änderungsanträge entweder vollständig, vorbehaltlich einer Neufassung, teilweise oder im Grundsatz annehmen. Sie lehnt 35 der insgesamt 81 Änderungsanträge ab.

21 Änderungsanträge können angenommen werden: 8, 13, 14, 16, 18, 19, 21, 22, 36, 39, 42, 46, 48, 51, 56, 57, 59, 60, 3, 61 und 62.

Ein Änderungsantrag kann teilweise angenommen werden: 33 (Teil)

6 Änderungsanträge können im Grundsatz angenommen werden: 9, 26, 28, 35, 43 und 44.

18 Änderungsanträge können im Grundsatz und vorbehaltlich einer Neufassung angenommen werden: 7, 15, 23, 37, 55, 58, 1, 4, 63, 65 (64rev), 66 (65rev), 68 (67rev), 69 (68rev), 70rev, 71, 77, 79 und 80.

35 Änderungsanträge können nicht angenommen werden: 10, 11, 12, 17, 20, 24, 25, 27, 29, 30, 31, 32, 34, 38, 40, 41, 45, 47, 49, 50, 52, 53, 54, 2, 5, 6, 67 (66rev), 70 (69rev), 72, 73, 74, 75, 76, 78 und 81.

Bericht Doyle (A6-0177/2007)

Insgesamt kann die Kommission 32 Änderungsanträge entweder vollständig, vorbehaltlich einer Neufassung, teilweise oder im Grundsatz annehmen. Sie lehnt 8 der insgesamt 40 Änderungsanträge ab.

13 Änderungsanträge können angenommen werden: 2, 3, 8, 10, 22, 23, 25, 27, 28, 30, 31, 35 und 40.

3 Änderungsanträge können teilweise angenommen werden: 1, 4 und 19.

3 Änderungsanträge können teilweise und vorbehaltlich einer Neufassung angenommen werden: 12, 14 und 21.

13 Änderungsanträge können im Grundsatz und vorbehaltlich einer Neufassung angenommen werden: 5, 7, 11, 15, 17, 18, 20, 24, 26, 29, 33, 34 und 36.

8 Änderungsanträge können nicht angenommen werden: 6, 9, 13, 16, 32, 37, 38 und 39.

Bericht Drčar Murko (A6-0185/2007)

Insgesamt kann die Kommission 29 Änderungsanträge entweder vollständig, vorbehaltlich einer Neufassung, teilweise oder im Grundsatz annehmen. Sie lehnt 24 der insgesamt 53 Änderungsanträge ab.

15 Änderungsanträge können angenommen werden: 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 12, 15, 28, 29, 30, 35, 36 und 48.

10 Änderungsanträge können im Grundsatz und vorbehaltlich einer Neufassung angenommen werden: 10, 14, 18, 25, 27, 31 (erster Teil), 39, 41, 42 und 45.

3 Änderungsanträge können teilweise angenommen werden: 24, 33 und 34.

Ein Änderungsantrag kann teilweise und vorbehaltlich einer Neufassung angenommen werden: 1.

25 Änderungsanträge können nicht angenommen werden: 2, 11, 13, 16, 17, 19, 20, 21, 22, 23, 26, 31 (zweiter Teil), 32, 37, 38, 40, 43, 44, 46, 47, 49, 50, 51, 52 und 53.

 
  
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  Åsa Westlund (PSE), Berichterstatterin. – (SV) Herr Präsident! Ich möchte der Kommission und Herrn Kommissar Kyprianou für die gute Zusammenarbeit danken. Mein Dank gilt ferner der deutschen und der portugiesischen Ratspräsidentschaft sowie dem Ministerrat für ihre Bereitschaft, in diesen für viele Akteure und Verbraucher so wichtigen Fragen zu einem Einvernehmen zu kommen. Recht herzlich bedanken möchte ich mich auch bei den Berichterstattern, Frau Doyle und Frau Drčar Murko, für die übrigen Berichte in diesem Paket sowie bei den Schattenberichterstattern zu meinen beiden Berichten. Wir hatten viele wertvolle Zusammenkünfte und ein sehr gutes Klima der Zusammenarbeit. Daher bin ich guter Hoffnung, dass die weiteren Gespräche zu diesen Themen im gleichen konstruktiven Geist geführt werden.

Ich möchte zunächst über den Vorschlag für eine Verordnung über Lebensmittelzusatzstoffe sprechen. Oftmals ist die Verwendung von Zusatzstoffen wirklich notwendig, beispielsweise zur Erhöhung der Haltbarkeit der Lebensmittel oder zur Verbesserung ihrer Konsistenz. Es ist jedoch durchaus nicht klar, welche Auswirkungen alle diese Zusatzstoffe auf unsere Gesundheit und die Umwelt haben, und manchmal werden Zusatzstoffe verwendet, um uns Verbraucher in die Irre zu führen. Aus diesem Grunde möchte ich das Gemeinschaftsrecht in Bezug auf Lebensmittelzusatzstoffe verschärfen, vor allem durch die stärkere Betonung der Forderungen, dass die Verbraucher nicht irregeführt werden dürfen und bei der Zulassung die Auswirkungen auf die Umwelt und auf Allergiker berücksichtig werden müssen.

Bereits in den gegenwärtig vorhandenen Vorschriften wird gefordert, dass es durch die Verwendung von Zusatzstoffen nicht zu einer Irreführung der Verbraucher kommen darf. Das kommt jedoch leider allzu oft vor. Ein Beispiel dafür sind Farbstoffe, die verwendet werden, um die Verbraucher glauben zu machen, dass der billige Joghurt mehr Früchte oder Beeren enthält als das in Wirklichkeit der Fall ist. Aus diesem Grunde muss die Forderung verschärft werden, dass Zusatzstoffe nicht zur Irreführung der Verbraucher verwendet werden dürfen. Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit war ebenfalls dieser Meinung, und ich hoffe, dass auch das Parlament morgen diesen Standpunkt unterstützen wird.

Was der Mensch isst, verbleibt nicht im Körper, sondern gelangt wieder in die Umwelt. Daher müssen wir damit beginnen, die Auswirkungen der Zusätze auf die Umwelt bei der Entscheidung über ihre Verwendung einzubeziehen. Ein guter Zustand der Umwelt muss daher auch eines der Ziele der Verordnung sein. Um dies noch deutlicher zu machen, sollte die Rechtsgrundlage für das Lebensmittelrecht dahingehend geändert werden, dass es deutlich auf die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit und der Umwelt und nicht nur auf die Förderung des freien Warenverkehrs auf dem EU-Binnenmarkt ausgerichtet ist.

Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit hat sich für eine Reihe von Vorschlägen zur stärkeren Einbeziehung von Umweltbelangen ausgesprochen, und ich hoffe, das Parlament wird dies morgen ebenfalls tun.

Lassen Sie mich nun auf die Allergiker und deren Situation zurückkommen. Gegenwärtig müssen alle Lebensmittel, die Allergie erzeugende Stoffe enthalten, entsprechend gekennzeichnet werden. Das ist gut, aber reicht nicht aus. Allergiker und Personen, die bestimmte Stoffe nicht vertragen, müssen die in normalen Lebensmittelläden und Restaurants verkauften Nahrungsmittel essen können und dürfen nicht auf spezielle Kost angewiesen sein. Darum darf sich das Angebot an Lebensmitteln für Allergiker durch die Zulassung von für sie problematischen Zusatzstoffen nicht verringern, es sei denn, es gibt für eine solche Genehmigung schwerwiegende Gründe. Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit hat meine Forderungen in dieser Hinsicht teilweise unterstützt. Meine Hoffnung ist, dass das Parlament morgen die Möglichkeit nutzt, Allergikern das Leben weiter zu erleichtern, indem es die von mir und anderen Kollegen eingebrachten Änderungsanträge zu einer stärkeren Berücksichtigung der Belange von Allergikern befürwortet.

Lassen Sie mich nun noch einige Worte zu einer Gruppe von Farbstoffen, den so genannten Azofarbstoffen sagen. Diese waren früher in Schweden verboten, da sie bei Allergikern zu Problemen führen können. Kürzlich hat die britische Zeitung „The Guardian“ auf eine noch nicht veröffentlichte britische Studie aufmerksam gemacht, die die recht beängstigende Diskussion über einen möglichen Zusammenhang zwischen Azofarbstoffen und Hyperaktivität bei Kindern neu belebt. Aus diesem Grunde unterstütze ich die Forderung, Lebensmittel, die Azofarbstoffe enthalten, entsprechend zu kennzeichnen.

Abschließend müssen wir uns folgende Frage stellen: Wer soll zukünftig Beschlüsse über den Inhalt unserer Nahrungsmittel fassen und wie soll dieser Entscheidungsprozess ablaufen? Ich möchte an alle Kolleginnen und Kollegen appellieren, gegen die Änderungsanträge zu stimmen, die den Einblick der Verbraucher in das Zulassungsverfahren begrenzen wollen, und stattdessen die Änderungsanträge zu unterstützen, bei denen es um größere Offenheit und Transparenz geht. Durch die Geheimniskrämerei, die unsere Nahrung umgibt, besteht die Gefahr, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit sowohl in die EU als auch in die Lebensmittelindustrie ernsthaft Schaden nimmt. Bei gemeinsamen Beschlüssen des Ministerrats und des Europäischen Parlaments wird der Entscheidungsprozess demokratischer und transparenter. Mit einem Ausschussverfahren wird die demokratische Möglichkeit aufs Spiel gesetzt, die zuständigen Entscheidungsträger zur Verantwortung zu ziehen, sowie die Transparenz und die Einflussmöglichkeiten auf die Entscheidungen erheblich eingeschränkt. Darüber hinaus ist es leider schon vorgekommen, dass bei Beschlüssen im Rahmen des Ausschussverfahrens Befugnisse überschritten und die von Parlament und Ministerrat gemeinsam entwickelten Rahmen daher nicht eingehalten wurden. Ein Beispiel im Zusammenhang mit der Verwendung von Entwicklungshilfemitteln ist dem Europäischen Parlament gerade in dieser Woche bekannt geworden. Mein Rat lautet daher, dem Parlament in diesen Fragen ein Mitentscheidungsrecht zu geben, auch wenn das neue Regelungsverfahren mit Kontrolle gewisse Vorteile besitzt.

 
  
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  Avril Doyle (PPE-DE), Berichterstatterin. (EN) Herr Präsident! Als Berichterstatterin begrüße ich den Vorschlag der Kommission zu Lebensmittelenzymen und auch die anderen Vorschläge in diesem Paket, wie es auch die Industrie und die Verbrauchergruppen im Allgemeinen tun. Dieser Vorschlag ist im Grunde das erste Teilstück spezieller Rechtsvorschriften zu Lebensmittelenzymen.

Enzyme werden Lebensmitteln zugesetzt, um eine breite Palette technologischer Funktionen bei der Herstellung, Verarbeitung, Zubereitung, Behandlung, Verpackung, Beförderung oder Lagerung von Lebensmitteln zu erfüllen. Am häufigsten kommen sie beim Backen, Brauen und in der Käseherstellung sowie bei der Herstellung von Alkohol und anderen Getränken zum Einsatz.

Zwar werden Enzyme schon seit Jahrhunderten bei der Lebensmittelherstellung verwendet, aber in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat die Verwendung von Lebensmittelenzymen bei der Lebensmittelherstellung erheblich zugenommen, und seit den 1980er Jahren nutzen Unternehmen, die Enzyme produzieren, Verfahren der genetischen Veränderung, um die Produktionseffektivität und –qualität zu verbessern und neue Produkte zu entwickeln.

Gegenwärtig gibt es keine harmonisierten Vorschriften auf Gemeinschaftsebene, um die Verwendung von Enzymen zu kontrollieren, was nicht nur zur Entstehung von Handelshindernissen und einem Mangel an Rechtssicherheit geführt hat, sondern auch zu unterschiedlichen Normen des Gesundheits- und Verbraucherschutzes in den 27 Mitgliedstaaten. Derzeit verfügen nur drei Mitgliedstaaten über eigene Risikobewertungsverfahren, nämlich das Vereinigte Königreich, Frankreich und Dänemark.

Deshalb wird eine Verordnung zu Lebensmittelenzymen nicht nur das Funktionieren des Binnenmarktes in diesem Bereich verbessern und auf diese Weise die europäische Innovation und Wettbewerbsfähigkeit fördern, sondern auch für ein hohes Verbraucher- und Umweltschutzniveau sorgen.

Das vorgeschlagene einheitliche Zulassungsverfahren, für das Frau Westlund die Berichterstatterin ist, wird außerdem die Effektivität des Binnenmarktes verbessern, denn alle Risikobewertungen und alle Zulassungen für Stoffe zur Verbesserung von Lebensmitteln werden dann von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit vorgenommen.

Ich möchte nur einige Punkte herausstellen. Herr Kommissar, auch ich bin für das Verfahren „Komitologie mit dem Recht auf parlamentarische Kontrolle“ für diese Rechtsvorschrift. Und ich bin dafür, dass dies für alle vier Berichte im Paket harmonisiert wird, denn es handelt sich um technische Berichte, mit denen sich am besten die Fachleute der EFSA und der Kommission befassen. Zudem müssen wir, da wir uns noch in der frühen Phase dieses neuen Kontrollsystems befinden, abwarten, wie es funktioniert, ehe wir es in Frage stellen.

Ich bin besorgt wegen der Möglichkeit einer doppelten Zulassung, die sich bei dieser neuen Verordnung für aus genetisch veränderten Organismen gewonnenen Lebensmittelenzyme ergeben könnte, die unter den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel fallen. Nach dem vorliegenden Kommissionsvorschlag müssten solche Lebensmittelenzyme nach dieser Verordnung zugelassen werden, bevor sie nach der vorliegenden Verordnung im Hinblick auf die Aufnahme in die Gemeinschaftsliste bewertet werden können.

Obwohl wir davon ausgehen können, dass in diesen Fällen bewährte Verwaltungsverfahren bei der EFSA zur Anwendung kommen werden, habe ich meinem Bericht Änderungsanträge hinzugefügt, über die im Plenum abgestimmt werden soll, um deutlich zu machen, dass die EFSA entsprechend den beiden Teilen der relevanten Rechtsvorschrift parallel bzw. gleichzeitig laufende Bewertungen vornehmen könnte. Ich unterstütze ähnliche Änderungsanträge zu den Berichten über Lebensmittelzusatzstoffe und Lebensmittelaromen. Die Formulierung muss in diesem gesamten Gesetzgebungspaket einheitlich sein, und Rat, Kommission und Industrie sind sich weitgehend einig darüber, wie vorzugehen ist.

Lebensmittelenzyme können und dürfen keine GVO sein. Doch immer mehr werden aus genetisch veränderten Mikroorganismen gewonnen, und man muss diesen Unterschied betonen, um Missverständnisse zu vermeiden.

In meinem Bericht über Enzyme empfehle ich ausdrücklich eine einheitliche Rechtsgrundlage für diese Verordnung, da so die Rechtssicherheit verstärkt wird, was den meisten Urteilen des Europäischen Gerichtshofs zu diesen Angelegenheiten entspricht. Bei allem Respekt, doppelte Rechtsgrundlagen bedeuten im Allgemeinen eine nachlässige Formulierung und machen die Maßnahme anfällig. Diese Verordnung ist eine reine Harmonisierungsmaßnahme für den Markt, weshalb ich eine einheitliche Rechtsgrundlage allein in Artikel 95, der Rechtsgrundlage für den Binnenmarkt, befürworten würde.

Ein zentrales Anliegen im Bericht über Lebensmittelzusatzstoffe ist die vorgeschlagene Änderung bei der Definition von Verarbeitungshilfsstoffen in verschiedenen Änderungsanträgen, wonach sie als Zusatzstoffe zugelassen und gekennzeichnet werden müssten, wenn sie im Enderzeugnis vorhanden sind, auch wenn sie nicht wirksam sind. Diese Änderung hat die Kommission in ihrem ursprünglichen Vorschlag nicht vorgelegt. Das wäre eine deutliche Abweichung vom derzeitigen Ansatz im EU-Lebensmittelrecht mit möglicherweise erheblichen Folgen für die europäische Lebensmittelindustrie.

Eine solche Änderung entspräche nicht der Kodexdefinition von Verarbeitungshilfsstoffen und könnte damit die europäische Wettbewerbsfähigkeit und den internationalen Handel beeinträchtigen. Ich bezweifle auch, dass eine solche Überfrachtung der Kennzeichnung die Information des Verbrauchers wirklich verbessern würde.

Abschließend möchte ich meinen Kollegen für ihre Unterstützung und Zusammenarbeit danken, vor allem Frau Westlund und Frau Drčar Murko. Wir müssen die vier Rechtsakte in diesem Paket so weit wie möglich koordinieren und harmonisieren, um einheitliche und praktische Regelungen zu erreichen, die in allen Mitgliedstaaten problemlos verstanden und angewandt werden können. Ich sehe der Feinabstimmung dieser Berichte in der zweiten Lesung erwartungsvoll entgegen.

 
  
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  Mojca Drčar Murko (ALDE), Berichterstatter. (SL) Ich unterstütze den Standpunkt zur Verordnung über Aromastoffe: die veralteten europäischen Rechtsvorschriften müssen modernisiert und vereinfacht werden, um das Funktionieren des Binnenmarktes zu verbessern und den technischen Fortschritt zu fördern, wenn auch nicht auf Kosten des Verbraucherschutzes. Im Gegenteil, der Schutz muss erhöht werden.

Ziel standardisierter Bestimmungen zur Verbesserung neuer Lebensmittelzusatzstoffe ist es, das Vertrauen der Bürger zu stärken. Die Bestimmungen müssen so geartet sein, dass sie die Möglichkeit der Irreführung von Verbrauchern ausschließen, und dies erfordert abgesehen von allem anderen, eine korrekte und klare Kennzeichnung der Produkte.

Neben dem toxikologischen Aspekt der Lebensmittelsicherheit müssen wir meines Erachtens auch die Zweckmäßigkeit der Anreicherung von Nahrungsmitteln mit Aromastoffen berücksichtigen. Hersteller können starke Aromastoffe verwenden, um schlechte Zutaten in ihren fertigen Lebensmitteln zu überdecken. Die Frage der technischen Zweckmäßigkeit von Aromastoffen ist folglich mit den Grundsätzen des Schutzes der menschlichen Gesundheit verbunden.

Der strittige Teil der Verordnung ist meines Erachtens der Teil zu Lebensmittelzutaten mit Aromaeigenschaften, vor allem Kräutern und Gewürzen. Sie wurden nach der Veröffentlichung von Berichten über die Genotoxizität und die krebserzeugende Wirkung bestimmter rein biologischer Wirkprinzipien in Kräutern in den Text der Verordnung aufgenommen. Die höchstzulässigen Mengen von etwa 60 Kräutern und Gewürzen sind in Anhang III der Verordnung aufgelistet.

Wir unterschätzen nicht die wissenschaftliche Erkenntnis, dass biologische Wirkprinzipien als solche schädlich sein können. Ich teile die Ansicht, dass wir die Möglichkeit ausschließen müssen, dass giftige Stoffe unbeabsichtigt in fertige Lebensmittel gelangen. Derzeit gibt es keine wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber, dass solche Prinzipien auch dann schädlich sind, wenn sie in geringen Mengen in Kräuter- und Gewürzmischungen vorkommen, und wir sie in fertigen Lebensmitteln aufnehmen.

Eine mögliche Folge der Festlegung von Höchstwerten anhand biologischer Wirkprinzipien könnte darin bestehen, dass bestimmte traditionelle Erzeugnisse, die es schon seit Jahrzehnten auf dem europäischen Markt gibt, verschwinden, dass die Nahrungsmittelerzeuger Gewürze weglassen und stattdessen Aromastoffe verwenden.

Ich spreche im Namen fast aller Mitglieder des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, wenn ich sage, dass die Frage der biologischen Wirkprinzipien in einer komplexen und ganzheitlichen Weise behandelt werden muss. Ich schlage vor, dass die von einer großen Mehrheit des Ausschusses befürwortete Lösung von den Abgeordneten im Plenum unterstützt wird. In diesem Fall würde Anhang III Teil B in der Verordnung bestehen bleiben, jedoch so lange keine Einträge enthalten, bis wissenschaftlich fundierte Beweise vorliegen und die Kommission, im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereichs, eine einschlägige Studie in Auftrag gibt, in der anhand des durchschnittlichen Tagesverbrauchs dieser Lebensmittel die tatsächlichen Risiken für die Gesundheit des Menschen berechnet werden.

In der Verordnung zu Lebensmittelzusatzstoffen vertreten wir die Auffassung, dass eine Bedingung für die Aufnahme in die Liste der zulässigen Stoffe eine positive Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ist, doch dies sollte nicht das einzige Kriterium sein. Die toxikologische Akzeptanz sagt nicht alles darüber aus, wie sinnvoll es angesichts der Bemühungen der Europäischen Union, die Menschen zu gesunden Essgewohnheiten zu erziehen, ist, Zusatzstoffe zu verwenden. Ein vernünftiges technisches Interesse ist ein Konzept, das wir angesichts dessen als Instrument für die politische Interpretation grenzwertiger Probleme unterstützen. Beispielsweise ist es sinnvoll zu verhindern, dass die Verbraucher über den Wert von Lebensmittelzusatzstoffen irregeführt werden, wenn diese Stoffe in Wirklichkeit keinen Wert haben.

Unsere Fraktion unterstützt ferner ein einheitliches und zentralisiertes Verfahren für die Zulassung neuer Zusatzstoffe, Aromastoffe und Enzyme unter der Voraussetzung, dass es effizienter, schneller und transparenter wird. Wir hatten einige Vorbehalte, die wir in der Aussprache im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit zum Ausdruck gebracht haben, aber nach Abwägung der guten und weniger guten Seiten des neuen Vorschlags sind wir zu der Ansicht gekommen, dass die Komitologie mit dem Kontrollrecht dem Parlament die Möglichkeit gibt, die technischen Aspekte der Zulassung von Lebensmittelzusatzstoffen anhand bestimmter politischer Kriterien zu konkretisieren, die aus der Sicht eines langfristigen Verbraucherschutzes wichtig erscheinen.

Abschließend möchte ich den beiden Berichterstattern für die anderen Verordnungen, die das neue Paket von Rechtsvorschriften bilden werden, sehr herzlich für die ausgezeichnete Zusammenarbeit und den sehr produktiven Gedankenaustausch danken.

 
  
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  Manuel Medina Ortega (PSE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Rechtsausschusses.(ES) Herr Präsident! Der Rechtsausschuss wurde vom Vorsitzenden des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit gebeten, eine Stellungnahme zur geeigneten Rechtsgrundlage für den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein einheitliches Zulassungsverfahren für Lebensmittelzusatzstoffe, -enzyme und -aromen abzugeben.

Der Rechtsausschuss hat dies geprüft und zunächst festgestellt, dass durchaus zwei unterschiedliche Rechtsgrundlagen bestehen können. Beispielsweise gibt es das Urteil des Gerichtshofs von 1988 in der Rechtssache Kommission gegen Rat, wo diese die Möglichkeit einer doppelten Rechtsgrundlage einräumt, wenn die Ziele des Schutzes von Personen und des Funktionierens des Binnenmarktes übereinstimmen.

Wir vertreten die Auffassung, dass sie im Fall dieser Richtlinie übereinstimmen. Diese Richtlinie ist nicht nur auf die Aufrechterhaltung des Binnenmarktes gerichtet, sondern sie soll auch einen größtmöglichen Rechtsschutz bieten.

Aus Verfahrenssicht besteht kein Problem, denn das Verfahren ist das gleiche: das Mitentscheidungsverfahren. Allerdings sind wir der Meinung, dass die Rechtsgrundlage von Artikel 95 – basierend ausschließlich auf dem Binnenmarkt – nicht ausreicht und deshalb durch Artikel 175 Absatz 1 verstärkt werden muss, der den Schutz der menschlichen Gesundheit betrifft.

 
  
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  Horst Schnellhardt, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Herr Kommissar, Sie haben in Ihren einführenden Worten die Vorteile dieser neuen Regelung dargestellt: bessere Rechtssicherheit, bessere Information der Verbraucher und – was sehr wichtig ist – Abbau der Bürokratie. Ich kann Sie nur unterstützen! Machen Sie weiter so. Wandeln Sie diesen Flickenteppich von Richtlinien in Verordnungen um! Dann haben wir wichtige und richtige Grundlagen für die europäische Gesetzgebung.

Da Verordnungen natürlich in allen Mitgliedstaaten textgleich gelten, verlangen die Bedingungen des Binnenmarktes, dass ein gewisses Maß an Flexibilität vorhanden ist und die Aussagen sachbezogen sind. Deshalb ist die Prüfung eines Produktes im Mitentscheidungsverfahren, wie es im Ausschuss vorgeschlagen wurde, nicht notwendig. Ich bin ein Verfechter des Mitentscheidungsverfahrens, aber hier plädiere ich doch dafür, dass wir das erweiterte Komitologieverfahren anwenden. Das wird Ihnen sicherlich entgegenkommen.

Auch die Wirkung von Produkten und Lebensmittelzusatzstoffen auf die Gesundheit oder – wie die Berichterstatterin Westlund sagt – auf die Natur sollte nicht Bestandteil dieser Verordnungen sein. Hier sollten wir uns auf das konzentrieren, was erreicht werden soll. Sonst bekommen wir einen breiten Teppich von Regelungen, und wir werden das Ziel nicht erreichen. Dafür gibt es viele andere Regelungen.

Auch halte ich den Vorschlag für völlig überzogen, dass Lebensmittelzusatzstoffe nur eingesetzt werden dürfen, wenn die Wirkung mit Gewürzen nicht erreicht werden kann. Hier fehlt die wissenschaftliche Grundlage. Dem kann man nicht zustimmen.

Bei den Zulassungsverfahren bin ich eigentlich sehr zufrieden. Aber, meine Damen und Herren von der Kommission, trauen Sie doch Ihren Kollegen etwas zu! Warum sechs Monate Frist für die Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA und neun Monate für die Kommission? Das, Herr Kommissar, sollten Sie ändern! Folgen Sie dem Vorschlag, sechs Monate für beide Einrichtungen vorzusehen. Dann sollte es gelingen, etwas Positives zu entwickeln.

 
  
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  Karin Scheele, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte mich bei den drei Berichterstatterinnen bedanken, insbesondere bei Frau Doyle, die jenen Bericht erarbeitet hat, bei dem ich für die Sozialdemokratische Fraktion Schattenberichterstatterin bin. Ich möchte versuchen, die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede unserer Positionen herauszuarbeiten. Ich unterstütze — wie die Vorredner aus meiner Fraktion — den Ansatz, die Verordnungen auf zwei Rechtsgrundlagen zu stützen, weil für mich die in diesem Kommissionsvorschlag enthaltene gesteigerte Verbrauchersicherheit wirklich das wesentliche Argument ist.

Die Berichterstatterin Doyle hat ja bereits erwähnt, dass bislang nur drei Mitgliedstaaten eine Sicherheitsbewertung von Enzymen in ihr geltendes nationales Recht umgesetzt haben. Deswegen brauchen wir — gerade aus Gründen der Verbrauchersicherheit — eine Sicherheitsbewertung auf europäischer Ebene.

Ich hoffe, dass das Plenum morgen dem Weg des Ausschusses folgen wird und zusätzlich zu den im Kommissionstext vorgesehenen Kriterien, wann ein Lebensmittelenzym in die Gemeinschaftsliste aufgenommen wird, noch ein weiteres Kriterium aufnimmt: dass nämlich die Verwendung einen Nutzen für den Verbraucher mit sich bringen muss.

Ein wichtiges Thema für mich — wie auch für sehr viele andere Abgeordnete in diesem Haus — sind jene Enzyme, die aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt werden. Ich kann mich gut erinnern: Vor einigen Jahren, als wir die Verordnung über gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel in diesem Haus diskutiert haben, haben viele von uns probiert, dem Wunsch der europäischen Bevölkerung zum Durchbruch zu verhelfen, dass Enzyme, die aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt werden, entsprechend gekennzeichnet werden. Damals wurden wir auf diese allgemeine Überarbeitung der Enzym-Gesetzgebung verwiesen. Heute stehen wir genau an diesem Punkt, und deswegen glaube ich, dass jetzt der Moment gekommen ist, dem Wunsch einer breiten Mehrheit in der europäischen Bevölkerung zum Durchbruch zu verhelfen.

Wenn ich jetzt von meiner Zuständigkeit direkt zum Bericht von Åsa Westlund übergehen darf: Ich werde selbstverständlich den Ansatz der Mitentscheidung unterstützen, weil wir bei einem Thema wie Enzyme für breitestmögliche Transparenz sorgen sollten. Es ist allerdings interessant, dass die Kommission hier für das erweiterte Komitologieverfahren eintritt, während wir hier bei einem anderen Dossier über gentechnisch veränderte Organismen gegen eine Wand rennen. Ich finde es sehr interessant, dass man hier bei den Enzymen sagt, das Regelungsverfahren mit Kontrolle ist bei der individuellen Zulassung möglich, während dies bei anderen Themen wie etwa den gentechnisch veränderten Organismen offensichtlich noch nicht der Fall ist.

 
  
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  Marios Matsakis, im Namen der ALDE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Ich möchte Frau Doyle zu ihrem ausgezeichneten Bericht über Lebensmittelenzyme gratulieren und ihr für die sehr gute Zusammenarbeit mit allen Schattenberichterstattern danken.

Die Verwendung von Enzymen bei der Lebensmittelverarbeitung ist aus allen Zeiten bekannt. In den letzten Jahren hat sie jedoch in Zahl, Menge und Komplexität erheblich zugenommen. Deshalb sind neue EU-Rechtsvorschriften zu diesem Teilbereich der Lebensmittelherstellung unumgänglich.

Zu den Punkten, auf die die Berichterstatterin ihr Hauptaugenmerk gerichtet hat, gehören eindeutige Begriffsbestimmungen für Lebensmittelenzyme und Lebensmittelenzymzubereitungen, die sachgerechte Kennzeichnung von Erzeugnissen und, vielleicht am umstrittensten, aus genetisch veränderten Mikroorganismen gewonnene Lebensmittelenzyme.

Generell unterstütze ich die Richtung, die die Berichterstatterin in diesem Bericht verfolgt. Bei aus GVO gewonnenen Lebensmittelenzymen allerdings habe ich mich für einen deutlicheren „grünen“ Ansatz als Frau Doyle entschieden, obwohl ich zugeben muss, dass die Berichterstatterin erhebliche Kompromissänderungen vorgenommen hat, mit denen die Vorgehensweise in der Frage der GVO stark verbessert wird.

Dennoch würde ich das Thema gern angehen, auch wenn ich vielleicht eher etwas zu vorsichtig als zu sorglos erscheine, da hier noch eine Reihe ungelöster wissenschaftlicher Fragen und unbekannte Größen im Raum stehen. Außerdem ist, wenn es um die Gesundheit der Bürger geht, meiner Meinung nach Vorsicht immer besser als Nachsicht. Zudem ist die Auffassung und Einstellung der europäischen Öffentlichkeit gegenüber allem, was mit GVO zu tun hat, momentan von Misstrauen geprägt, um es vorsichtig auszudrücken. Es ist nur recht und billig, dass die Öffentlichkeit mit aller Klarheit, ehrlich und korrekt vollständig über Lebensmittel informiert wird, die bestimmte aus GVO gewonnene Stoffe enthalten. Nur so werden sich unsere Bürger beim Verzehr von Lebensmitteln, die unter Verwendung von Enzymen hergestellt wurden, völlig sicher fühlen, weil sie genau wissen, wie die Enzyme hergestellt wurden. Die große Mehrheit der Verbraucher macht davon vielleicht nicht vollständig Gebrauch, aber es wird für jene verfügbar sein, die das Recht und den Wunsch haben, allumfassend informiert zu sein.

 
  
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  Andrzej Tomasz Zapałowski, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Herr Präsident! In Europa und in der ganzen Welt werden Lebensmitteln heute zunehmend chemische Stoffe zugesetzt. Die Lebensmittelindustrie setzt der Bevölkerung und vor allem den Kindern immer mehr Lebensmittelersatzstoffe vor. Sehr oft hat es den Anschein, als würden wir ebenso viele chemische Zusatzstoffe wie Lebensmittel konsumieren.

Vor allem Kinder und Jugendliche sind den Gefahren ungesunder Nahrungsmittel ausgesetzt. Sie sind am leichtesten durch Werbung zu verführen, und sie sind es, die die meisten Farbstoffe in Getränken und Süßigkeiten – vor allem in abgepackten – konsumieren. Der Bericht ist ein Schritt in die richtige Richtung, doch die Tatsache, dass darin kein Verbot der Verwendung von GVO in Lebensmitteln ausgesprochen und ihre mögliche Verwendung sogar noch hervorgehoben wird, gibt Anlass zur Sorge.

Ich bitte Sie, Folgendes zu bedenken, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wenn wir die Lebensmittelzusatzstoffe in bestimmten Fällen durch GVO ersetzen, könnten wir die Menschen künftig neuen Gefahren aussetzen, indem wir die Voraussetzungen für derzeit noch unbekannte Krankheiten und ihre schädlichen Auswirkungen auf den menschlichen Organismus schaffen.

 
  
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  Carl Schlyter, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (SV) Ich möchte den Berichterstattern für die konstruktive Zusammenarbeit danken. Das hat unter anderem dazu geführt, dass meine Änderungsanträge, die die Verwendung von Geschmacksverstärkern einschränken, vor Azofarben warnen und die Kennzeichnung sowie eine Risikobewertung von gentechnisch veränderten Zusätzen und von Pflanzenschutzmitteln fordern, die als Konservierungswirkstoffe verwendet werden, in den Bericht aufgenommen worden sind. Ich hoffe, diese Änderungen werden im Plenum Bestand haben.

Mit meinem Vorschlag, zwei Rechtsgrundlagen zu verwenden, unterstütze ich die Berichterstatterin. Bei der Zulassung von Zusätzen sind deren Umweltkonsequenzen zu beachten. Das kann erforderlich sein, um in den Kläranlagen eine richtige Reinigung zu erreichen.

Die Hauptidee des Vorschlags der Kommission ist die Einführung des Ausschussverfahrens für Zusätze. Dabei würde jedoch die Gefahr bestehen, dass zu viele Zusätze zugelassen werden und lediglich nachweisbar gefährliche Substanzen verboten werden. Die Erfahrungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit zeigen, dass das Vorsorgeprinzip nicht sehr hoch im Kurs steht. Darüber hinaus ist eine der grundlegenden Forderungen der Verordnung, die Irreführung der Verbraucher zu verhindern. Die Auslegung dieser Fragen ist eine politische Angelegenheit, und damit ein Thema für das Parlament.

Wir haben einen Anspruch auf gute, natürliche und sichere Lebensmittel. Oft werden jedoch Zusätze in den Nahrungsmitteln verwendet, die nicht frisch oder natürlich sind. Die Verbraucher können nur dabei gewinnen, wenn die Wettbewerbsvorteile von natürlichen und frischen Lebensmitteln nicht durch eine schludrige Gesetzgebung über Zusätze gemindert werden, die zentralisiert und industriell hergestellte Lebensmittel mit für die Umwelt ebenfalls ungünstigen langen Transporten begünstigt.

Darum ist es absurd, dass die Kommission die Notwendigkeit des Färbens ansonsten farbloser Lebensmittel als einen besonders wichtigen Grund für die Verwendung von Farbstoffen anführt. Wenn das keine Irreführung der Verbraucher ist! Der Vorschlag, Süßungsmittel ausdrücklich zur Verlängerung der Haltbarkeit eines Produkts zu verwenden, ist irreführend und sollte gestrichen werden.

Ich hoffe, dass ich zum Schutz der Kinder Unterstützung für die Einschränkung von Farbstoffen in Nahrungsmitteln für Kinder erhalten werde. Ebenso wenig sollten Nanopartikel im Rahmen dieser Verordnung zugelassen werden, da diese nicht geeignet ist, die Eigenschaften von Nanopartikeln zu behandeln. Auch auf Allergiker sollten wir besondere Rücksicht nehmen, indem wir nicht zulassen, dass ihre Auswahl an Lebensmitteln durch Zusätze begrenzt wird.

Herstellern, die nicht ausreichend über ihre Zusätze informieren, dürfen wir natürlich keine Genehmigung erteilen. Es darf sich nicht lohnen, Informationen zurückzuhalten. Wir von der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz haben alle diese Dinge in Änderungsanträgen erfasst. Wenn diese angenommen werden, erhalten wir eine Gesetzgebung, die die Verbraucher schützt.

Die gleiche Logik hat die Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz in Bezug auf die übrigen Verordnungen angewandt. Natürlich gewürzte Nahrungsmittel dürfen nicht benachteiligt werden, wie das durch den Vorschlag der Kommission erfolgen würde. Ich appelliere an alle, die natürliche Würzung zu unterstützen und sich nicht von der Industrie für synthetische Zusätze täuschen zu lassen.

 
  
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  Pilar Ayuso (PPE-DE).(ES) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich werde zur Verordnung über Aromen sprechen. Ich möchte der Berichterstatterin, Frau Murko, für die Zusammenarbeit und die guten Vereinbarungen, die wir erreicht haben, meinen Dank aussprechen.

Erstens, ich begrüße den Vorschlag der Kommission, denn er aktualisiert die Rechtsvorschriften, vereinfacht gleichzeitig die Zulassungsverfahren und zentralisiert die Bewertung der Risiken für das Inverkehrbringen von Aromen und die Erstellung einer Positivliste im Rahmen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).

Wichtig ist auch der Beitrag des Parlaments zu diesem Bericht, den Frau Murko ja, wie gesagt, so gut koordiniert hat.

Wir halten das Komitologieverfahren für angebracht und sind mit ihm einverstanden, vorausgesetzt, das Parlament hat weiterhin die Möglichkeit, es zu überprüfen, wenn es das angebracht hält. Die Anwendung der Verordnung muss auf tief gefrorene Kräuter und Gewürze ausgedehnt werden, weil es die Technologie so fordert.

Natürliche Aromen sind als solche auszuweisen, denn der Verbraucher hat das Recht auf diese Information. Lebensmittel und Lebensmittelzutaten aus genetisch veränderten Organismen (GVO), die die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel und die der vorliegenden Verordnung erfüllen, müssen einer einheitlichen Bewertung durch die EFSA unterzogen werden, die für beide Zulassungsverfahren gilt. Sie dürfen nicht zwei unterschiedlichen Verfahren für denselben Zweck unterworfen sein.

Natürliche Kräuter und Gewürze haben ganz spezifische Eigenschaften, und meiner Ansicht nach wurde für sie eine gute Lösung gefunden, die darin besteht, sie aus dem Anhang herauszunehmen.

Die Übergangsfrist, die in der Verordnung nicht vorgesehen ist, wird auch benötigt, solange die bestehende Rechtsvorschrift in Kraft ist. In diese Richtung gehen die Änderungsanträge der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten.

 
  
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  Edite Estrela (PSE).(PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wie viele Hobby- oder Berufsköche in Europa und darüber hinaus hätten gedacht, dass die übertriebene Verwendung von Aromastoffen die Gesundheit gefährden könnte? Sicherlich sehr wenige. Und wie viele von uns, die wir den Geschmack von Oregano und Nelken schätzen, hätten sich vorstellen können, dass es in Extremfällen gefährlich sein könnte, die Speisen zu würzen? Wahrscheinlich niemand. Die Fachleute jedoch sagen, dass es zu Lebensmittelvergiftungen und Allergien kommen kann, wenn die Verwendung von Aromen keinerlei Verbrauchervorschriften unterliegt.

Die Verbraucher wissen – und falls nicht, sollten sie wissen –, dass der Konsum chemischer Inhaltsstoffe nicht dasselbe ist wie der Verzehr von Naturprodukten. Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass synthetische, chemische und industrielle Erzeugnisse günstiger sind als Naturprodukte. Deshalb müssen die Verbraucher über die Eigenschaften der Aromen informiert und muss der Sektor geregelt werden.

Die von der Kommission vorgeschlagenen Verordnungen und die vorliegenden Berichte gehen genau in diese Richtung. Bei dieser Gelegenheit möchte ich der Kommission und den Berichterstatterinnen, Frau Westlund, Frau Doyle und Frau Murko, zu ihrer Arbeit und ihrer Zusammenarbeit mit den Schattenberichterstattern, namentlich Frau Drčar Murko, gratulieren, mit der ich als Schattenberichterstatterin seitens der Sozialdemokratischen Fraktion zusammengearbeitet habe.

Der Schutz der öffentlichen Gesundheit, die Information und der Schutz der Verbraucher sind Ziele, von denen sich alle europäischen Politiken leiten lassen müssen. In diesem Sinne begrüße ich den Verordnungsvorschlag, da er darauf abstellt, die Vorschriften für die Verwendung von Aromastoffen zu aktualisieren, um mit den technologischen und wissenschaftlichen Entwicklungen in diesem Bereich Schritt zu halten. Die neuen Vorschriften beinhalten klarere Regelungen über den Grenzwert von giftigen Inhaltsstoffen und berücksichtigen die jüngsten wissenschaftlichen Gutachten der Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit. Es werden genauere Definitionen für Aromen und strengere Bedingungen für die Verwendung des Begriffs „natürlich“ in der Bezeichnung der Aromen festgelegt.

Unserer Meinung nach kommt der Beitrag des Europäischen Parlaments einer besseren Klarstellung und Harmonisierung der Vorschriften im Bereich der Aromen entgegen. Die Verbraucher sind durch die neuen Vorschriften besser informiert und geschützt, ohne dass dies der Industrie zum Nachteil gereicht. Es gibt also nur Vorteile. Die Schaffung eines klaren Rechtsrahmens führt zu Innovation und erleichtert neue technologische Entwicklungen. Darüber hinaus kann die europäische Industrie ihre führende Position im Bereich der Aromen bewahren. Damit sind auch positive Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit zu erwarten.

 
  
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  Alexandru-Ioan Morţun (ALDE). – Mâine, Parlamentul European urmează să adopte patru regulamente urmare cărora Comisia şi Comitetul permanent pentru lanţul alimentar şi sănătatea animală vor trebui să revizuiască toate autorizaţiile existente din punct de vedere al criteriilor, altele decât siguranţa, ca de exemplu: dozele, necesităţile tehnologice şi chiar eventuala inducere în eroare a consumatorului.

După intrarea în vigoare a regulamentelor menţionate, Comisia Europeană va trebui să monitorizeze aplicarea lor şi să ia măsuri cu precădere împotriva producătorilor de produse alimentare pentru sugari şi copii, care nu menţionează încă pe etichete cantitatea şi denumirea tuturor aditivilor, mai ales a celor care sunt utilizaţi în cantităţi foarte mici şi care nu pot fi depistaţi cu uşurinţă prin metodele clasice de analiză.

În prezent, în multe ţări ale Uniunii Europene, medicii au semnalat multe cazuri de alergii din cauza unor produse alimentare ce conţin diverşi aditivi. În absenţa menţionării tuturor acestora pe etichetele produselor alimentare, medicii – şi vă vorbesc ca medic – nu reuşesc să găsească remediile necesare la aceste alergii, mai ales dacă este cazul unui tratament de urgenţă.

Din aceste motive cred că Parlamentul European ar trebui să susţină aceste idei mâine, să susţină amendamentele care se referă la acestea.

 
  
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  Wiesław Stefan Kuc (UEN). – (PL) Herr Präsident! Der sich verschärfende Wettbewerb zwischen den Lebensmittelherstellern und ihr Kampf um die Verbraucher münden in den Versuch, ihre Produkte so attraktiv wie möglich zu präsentieren. Sie setzen künstliche Mittel ein, um das Erscheinungsbild und den Geschmack ihrer Produkte zu verbessern und ihre Haltbarkeit zu verlängern. Das alles ist aber der Gesundheit der Verbraucher nicht immer zuträglich.

Die Berichte von Frau Westlund, Frau Doyle und Frau Drčar Murko spiegeln das Bemühen wider, sowohl unsere Gesundheit als auch die Umwelt zu schützen. Ich beziehe mich auf Änderungsantrag 17 zu Artikel 3. Ich verstehe deshalb nicht, weshalb so viele Stoffe von der Definition für Lebensmittelzusatzstoffe ausgenommen wurden. Warum sind Kohlenhydrate ausgenommen? Zu den Kohlenhydraten zählen für mich Polysaccharide wie Stärke, Ammoniumchlorid, Pektine und Aminosäuren. Haben die Großproduzenten hier Druck ausgeübt? Wenn dem so ist, wird der Bericht sein Ziel nicht erreichen.

 
  
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  Kathalijne Maria Buitenweg (Verts/ALE). – (NL) Herr Präsident! Aromastoffe mit schädlichen Folgen für die Gesundheit des Menschen gehören einfach nicht in unsere Lebensmittel. Wie bereits gesagt wurde, haben die Verbraucher ein Recht auf sichere Lebensmittel, und die ökologischen Folgen sollten ebenfalls aufgezeigt werden.

Wie die Berichterstatterin sagte, ist es gut, dass Prüfungen vorgenommen werden, um herauszufinden, ob bestimmte Nahrungsmittel krebserregend sind. Aromastoffe jedoch, die nicht unmittelbar schädlich sind, können indirekt eine negative Wirkung haben. Unser Körper wird durch künstliche Aromastoffe irregeführt. Aromastoffe können bis zu 90 % verantwortlich für den Geschmack eines Nahrungsmittels sein, und wir entscheiden, ob wir ein Erzeugnis essen wollen oder nicht, indem wir es kosten, anriechen oder ansehen. Eine ganz andere Frage ist, wie frisch oder wie gesund es ist, und ohne Aromastoffe kämen Sie bestimmt nie auf den Gedanken, Fast Food zu essen.

Es gibt auch künstliche Aromastoffe, die süchtig machen, wie Mononatriumglutamat, von denen die Menschen immer mehr essen wollen, wie Chips beispielsweise. Ich begrüße, dass das Parlament Vorschläge für eine Kennzeichnung mit genauen, objektiven Angaben vorlegt. Dies allein reicht jedoch nicht, denn die Menschen wissen nicht, dass sie das Kleingedruckte lesen müssen. Deshalb ist es so wichtig, eine Kampagne auf den Weg zu bringen, beispielsweise im Rahmen der Kampagne gegen Fettleibigkeit, die die Europäische Kommission gestartet hat. Auf diesem Weg muss erklärt werden, was gesundes Essen ist, und dass das Kleingedruckte eine große Rolle dabei spielen kann, ob man zu- oder abnimmt.

 
  
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  Françoise Grossetête (PPE-DE).(FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Uns liegt heute ein Paket von Verordnungen vor, die für die Verbraucher besonders wichtig sind. Wichtig deswegen, wie Kommissar Kyprianou zutreffend bemerkt hat, weil es hier um die Lebensmittelsicherheit, um die Erfüllung der geschmacklichen Erwartungen der Verbraucher sowie schließlich um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Lebensmittel verarbeitenden Unternehmen geht.

Hinsichtlich der Zulassung von Lebensmittel verbessernden Stoffen, die aus GVO hergestellt werden, war es meines Erachtens in der Tat notwendig, dass die Verordnung über GVO eingehalten wird. Nach dieser Vorbemerkung möchte ich mich vor allem den Aromen zuwenden, genauer gesagt den natürlichen Aromen. Eine sorgfältigere Prüfung der Frage der Kennzeichnung „natürliches Aroma“ erscheint mir unerlässlich, da beim gegenwärtigen Stand der Gesetzgebung Hersteller ihre Erzeugnisse mit dem Etikett „natürliches Aroma“ versehen dürfen, wenn das Aroma zu 100 % natürlich ist, unabhängig davon, wie es zusammengesetzt ist oder nach welchen Verfahren es hergestellt wurde.

Wird die vorgeschlagene Verordnung morgen in ihrer jetzigen Fassung angenommen, dürfen die Hersteller diese Bezeichnung „natürliches Aroma“ nicht mehr verwenden, sondern müssen den – mir viel schwerfälliger erscheinenden – Begriff „natürliches Apfelaroma“ beispielsweise benutzen, wenn es sich um ein aus Äpfeln gewonnenes Produkt handelt. Hier hätte ich mir die Beibehaltung des bisher geltenden Prozentsatzes gewünscht, d. h. dass von der Gesamtheit der Aromastoffe mindestens 90 % aus der bezeichneten Quelle stammen müssen, wobei die restlichen 10 % selbstverständlich ebenso natürlich sind, weil sie aus einer anderen natürlichen Quelle stammen. Zur Kreierung bestimmter Geschmacksnoten ist es bekanntlich erforderlich, andere natürliche Aromen zu verwenden, z. B. 10 % eines anderen natürlichen Aromas zuzusetzen, durch das der Geschmack verstärkt werden kann.

Die Entwicklung in Richtung eines Verhältnisses 95 % zu 5 % oder gar 100 % würde mithin zu einer Standardisierung der Aromen auf europäischer Ebene führen, was nach meinem Dafürhalten im Gegensatz zur Kreativität der Industrie – im Gegensatz zur Innovation der Lebensmittelindustrie – stünde, und das finde ich außerordentlich bedauerlich.

 
  
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  Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (UEN). – (PL) Herr Präsident! Ich möchte in dieser Aussprache auf vier Punkte aufmerksam machen. Erstens: Lebensmittelzusatzstoffe dürfen das Leben und die Gesundheit der Verbraucher nicht gefährden. Zweitens: Sie dürfen nur dann verwendet werden, wenn das aus technologischen Gründen erforderlich ist und die Verbraucher letztendlich davon profitieren. Zusatzstoffe dürfen auch verwendet werden, wenn die beabsichtigte Wirkung nicht mit natürlichen Produkten erzielt werden kann.

Drittens: Die Lebensmitteletiketten müssen zuverlässig über die in den Produkten enthaltenen Zusatzstoffe informieren. Viertens: Zusatzstoffe, die auf der Grundlage oder durch GVO hergestellt werden, dürfen generell nicht für Lebensmittel verwendet werden.

Sollten solche Zusatzstoffe dennoch in Lebensmitteln eingesetzt werden, so muss dies eindeutig aus den Etiketten ersichtlich sein, die überdies einen Warnhinweis für den Verbraucher enthalten müssen, dass für die Zusatzstoffe GVO verwendet wurden.

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich möchte den Abgeordneten für eine sehr interessante Aussprache danken. Wie erwartet, sind wir bei einigen Punkten nicht ganz einer Meinung, aber ich bin sicher, dass es uns mit Gesprächen und etwas gutem Willen auf beiden Seiten gelingen wird, Lösungen zu finden.

Zunächst einmal ist die Priorität, die wichtigste Überlegung für uns alle, der Schutz der Verbraucher, das ist keine Frage, und ich bin sicher, dass Sie nicht an meiner Bereitschaft zweifeln, das Interesse der Verbraucher in diesem Zusammenhang zu schützen, aber gleichzeitig müssen wir die Verhältnismäßigkeit wahren, wir müssen praktisch sein und wir müssen dieses Ziel mit einem möglichst geringen Verwaltungsaufwand erreichen können.

Ich möchte auf einige Punkte eingehen, aber nicht zu viel Zeit darauf verwenden. Erstens, im Hinblick auf die Frage von Mitentscheidung und Komitologie sollte ich Sie vielleicht daran erinnern, dass der Grund, warum wir, die beiden Organe, uns auf das neue Prinzip der Komitologie mit Kontrolle geeinigt haben, eben darin liegt, ein Verfahren zu finden, mit dem wir praktisch, einfach und zügig Entscheidungen zu technischen und wissenschaftlichen Fragen treffen können, indem wir dem Europäischen Parlament ein größeres Mitspracherecht geben und mehr Transparenz ermöglichen, damit das Europäische Parlament seine Auffassungen kundtun kann. Im Übrigen ist das noch nicht zur Anwendung gekommen, wir haben gerade erst damit begonnen. Es wurde erstmals bei meiner Rechtsvorschrift zu gesundheitsbezogenen Angaben angewendet, so dass ein Verweis auf das alte Komitologieverfahren für das, was wir jetzt beraten, nicht von Belang ist, denn jetzt diskutieren wir das neue, mit dem die Zielsetzungen der Transparenz und der Einbeziehung des Europäischen Parlaments erfüllt werden, aber gleichzeitig auch zügig und praxisbezogen über technische und wissenschaftliche Fragen entschieden werden kann. Man stelle sich vor, jedes Mal den gesamten Legislativvorschlag durchgehen zu müssen, wenn man über ein Enzym, einen Zusatzstoff, eine Kalorie entscheiden muss und letztlich alles auf die Standpunkte der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit ankommt, die wir gemeinsam, mit Gesetzgebung vom Parlament, für eben diesen Zweck geschaffen haben.

Ich würde das Parlament bzw. die Seiten des Parlaments, die hier unbedingt die Mitentscheidung einführen wollen, doch bitten, dies zu überdenken, denn am Ende werden wir keines der gesetzten Ziele erreichen, und die langwierigen Verfahren schaden letztlich auch den Interessen der Verbraucher.

In der Frage der Rechtsgrundlage stimme ich Frau Doyle zu. Sie kennen unseren Standpunkt, und ich bin der Meinung, dass wir eine einheitliche Rechtsgrundlage haben sollten. Ich glaube, dass dies all den anderen Überlegungen Rechnung tragen kann, denn die anderen Überlegungen kommen in der Rechtsvorschrift zum Ausdruck.

Bei der Allergenität stimme ich zu, dass dies einer der Faktoren sein sollte, die bei der Zulassung von Lebensmittelzusatzstoffen auf jeden Fall zu prüfen wären, also wird dieser Faktor Berücksichtigung finden. Auch die Kennzeichnung ist ein sehr wichtiger Aspekt und wird den Verbrauchern helfen, Informationen zu erhalten, aber wir konnten eine alleinige Beschränkung bei potenziell allergenen Zusatzstoffen nicht akzeptieren, da die von diesen betroffenen Verbraucher durch die Kennzeichnungsvorschrift geschützt werden können.

Was doppelte Zulassungsverfahren bei den GVO betrifft, da stimme ich zu, dass wir praktische und gute Verwaltungsverfahren brauchen. Deshalb könnten wir die vorgeschlagene Klarstellung akzeptieren, aber mit einigen Umformulierungen, um den Text mit der Verordnung (EG) Nr.1829/2003 in Einklang zu bringen.

Bei Kräutern und Gewürzen stimme ich zu, dass sie natürlich sind, aber das heißt doch nicht, dass sie nicht auf natürliche Weise bestimmte Stoffe enthalten, die gesundheitliche Probleme verursachen können. Deshalb ist es sinnvoll und wichtig, auch sie auf die Liste zu setzen und Höchstmengen festzulegen. Wir hatten vor kurzem in mindestens einem Mitgliedstaat eine Situation, in der wir die Möglichkeit der Wiedereinführung von Höchstgrenzen in Erwägung ziehen mussten. Nur, weil etwas natürlich ist, bedeutet das also nicht zwangsläufig und definitionsgemäß, dass es nicht auch gewisse Stoffe enthalten kann, die bei übermäßigem Verzehr schädlich sein können.

Zur Frage der neun Monate für die Kommission, sechs Monate für die EFSA: Neun Monate sind der vorgeschlagene Höchstzeitraum, aber das heißt nicht, dass es auch neun Monate dauern wird. Gleichzeitig gibt es ein Verfahren für die Kommission ausgehend von der Stellungnahme der EFSA, die beteiligten Interessengruppen und die Mitgliedstaaten zu konsultieren, um zu erfahren, wie sie es schaffen, mit den technologischen Anforderungen, den Vorteilen für die Verbraucher umzugehen und sicherzustellen, dass die Verbraucher nicht irregeführt werden. Viele andere Faktoren spielen da hinein. Wie Sie wissen, brauchen Konsultationsprozesse in der Europäischen Union einige Zeit. Wir müssen diese Prozesse voll nutzen können. Darum hätten wir gern ausreichend Zeit, aber das bedeutet nicht unbedingt, dass diese Zeit ausgeschöpft werden wird.

Bei den Vorteilen für die Verbraucher könnten wir akzeptieren, dass diese in eine Erwägung aufgenommen werden – damit würde ein wichtiger Grundsatz bekräftigt –, aber nicht beschränkend in die Rechtsvorschrift. Ich werde nicht auf Einzelheiten eingehen. Wenn wir unseren Standpunkt haben, werden wir den Grund sehen können, warum wir einen Teil davon akzeptieren können.

In der Frage, wie sich die Rechtsvorschriften zu Schädlingsbekämpfungsmitteln und die vorliegende Regelung gegenseitig ergänzen, glauben wir, dass eine die andere ergänzt. Wenn also ein Erzeugnis nicht unter das Pflanzenschutzrecht fällt, dann fällt es unter dieses hier. Der Eindeutigkeit halber ist es wichtig, klar zwischen diesen Gesetzgebungsbereichen zu unterscheiden. Mich hat besonders interessiert, ob hier möglicherweise eine Lücke entstehen könnte, und das ist nicht der Fall. Es ist klar, dass mit dem einen oder anderen Teil der Rechtsvorschrift die Sicherheit des Erzeugnisses bewertet wird, je nachdem, in welcher Phase es verwendet wird, wobei einige technische Aspekte davon berücksichtigt werden.

Zur „Natürlichkeit“ und der Frage von 90 % oder 95 %. Wichtig ist, dass wir, wenn wir von der Quelle sprechen, den höchstmöglichen Anteil von dieser Quelle meinen. Gleichzeitig muss der Rest auch aus einer natürlichen Quelle stammen. Wenn hingegen etwas als „natürlich“ bezeichnet und keine konkrete Quelle angegeben wird, dann muss es zu 100 % natürlich sein.

Das Hauptziel bei all dem ist zu gewährleisten, dass die Verbraucher nicht irregeführt werden. Letzten Endes ist der wichtigste Aspekt der Vorschläge ja, die Sicherheit zu bewerten, sicherzustellen, dass keine Gefahr für die Gesundheit der Verbraucher besteht, und Informationen bereitzustellen, damit die Verbraucher eine sachkundige Wahl treffen können. Sie werden darüber entscheiden, ob sie ein verarbeitetes Erzeugnis oder etwas Natürliches und Frisches kaufen wollen. Unser grundlegendes Anliegen ist, den Verbrauch frischer Lebensmittel zu fördern, aber wir können die anderen Erzeugnisse nicht vom Markt ausschließen. Deshalb müssen wir den Verbrauchern eine Wahl ermöglichen, und die können sie dann entsprechend ihren Bedürfnissen treffen.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 10. Juli 2007, statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE-DE) schriftlich. – (EN) Lebensmittelenzyme werden seit vielen Jahren sehr häufig in der Nahrungsmittelherstellung verwendet, um die höchste und beste Produktqualität zu erzielen. Da sich unsere Technologien verbessern und auch genetisch veränderte Mikroorganismen in diesem Prozess verwendet werden, wird dringend eine Regelung gebraucht, um die Sicherheit und Gesundheit der Verbraucher auf europäischer Ebene zu schützen. Gegenwärtig gibt es keine EU-Rechtsvorschriften für Lebensmittelenzyme, die als Verarbeitungshilfsstoffe eingesetzt werden. Die Vorschriften der Mitgliedstaaten für Lebensmittelenzyme weichen erheblich voneinander ab, was zu Problemen für den Binnenmarkt und einer unklaren Situation für den europäischen Verbraucher führen kann. Deshalb unterstütze ich die Bemühungen der Berichterstatterin und der Kommission für die Annahme des Pakets, dessen Ziel es ist, ein vereinfachtes einheitliches Genehmigungsverfahren für Lebensmittelenzyme einzuführen.

 
  
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  Gyula Hegyi (PSE) , schriftlich.(HU) Viele Menschen haben Vorbehalte gegenüber Lebensmittelzusatzstoffen. Das ist zum Teil auf einen Mangel an Informationen zurückzuführen, zum Teil auch auf viele Skandale und Missbrauch. Daher können wir die Absicht der Kommission nur begrüßen, die geltenden Vorschriften zu konkretisieren und zu vereinfachen. Meiner Meinung nach ist die Erarbeitung einer neuen Liste von nützlichen, sicheren Zusatzstoffen eine gute Initiative. Selbstverständlich müssen auch die Ansichten der Verbraucher Berücksichtigung finden, und diese können von Land zu Land, ja sogar innerhalb kleinerer Regionen und nach Altersgruppen unterschiedlich sein. Wir müssen auch versuchen, junge Menschen davon zu überzeugen, dass sie mehr natürliche und gesunde Lebensmitteln zu sich nehmen.

Meines Erachtens ist es äußerst wichtig, bestimmte Bevölkerungsgruppen zu schützen, beispielsweise die unter Nahrungsmittelallergien leidenden Menschen. In meiner Eigenschaft als Berichterstatter für den GVO-Bericht unterstütze ich auch den Vorschlag, unmissverständlich anzugeben, ob das Produkt irgendwelche genetisch veränderte Zutaten enthält. Das Vertrauen in ein Produkt kann nur durch zuverlässige, konkrete Informationen gestärkt werden. Das Genehmigungsverfahren muss transparent sein und die Verwendung sicherer Stoffe gefördert werden.

 

16. Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit (2007-2013) – Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Herz-Kreislauferkrankungen (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt

- die Empfehlung für die zweite Lesung des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf die Annahme eines Beschlusses des Europäischen Parlaments und des Rates über ein zweites Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit (2007 – 2013) (16369/2/2006 – C6-0100/2007 – 2005/0042(COD)) (Berichterstatter: Antonios Trakatellis) (A6-0184/2007) und

- die Aussprache über die mündliche Anfrage an die Kommission über Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen von Miroslav Ouzký im Namen des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (O-0033/2007 – B6-0134/2007).

 
  
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  Antonios Trakatellis (PPE-DE), Berichterstatter. – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich appelliere an Sie, der Frage der Förderung der Gesundheit, die nicht nur als wertvolles Gut und Indikator für soziales Wohlergehen, sondern auch als investitionsfördernder Parameter gesehen werden muss, gebührende Aufmerksamkeit zu widmen.

Dieser Ansatz ist besonders deutlich auf dem Gebiet der Vorbeugung, das im Wesentlichen im Mittelpunkt des Programms steht, das wir heute erörtern, weil Vorbeugung bedeutet, die Morbidität zu verringern und somit die Kosten für die Behandlung und den Krankenhausaufenthalt zu senken. Die Vorteile, die sich aus einer derartigen Entwicklung für die Versicherungsgesellschaften und im weiteren Sinne auch für die öffentlichen Finanzen ergeben, bedürfen keiner näheren Prüfung.

Die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung befördert zweifellos Fortschritte, stärkt die Bürger, weil sie ihnen ein längeres, besseres und produktiveres Leben bringt, und stellt die Voraussetzung für wirtschaftliches Wohlergehen dar. Wenn die Zahl der verlorenen Mannstunden sinkt, trägt die Vorbeugung auch zur Steigerung der Produktivität und Arbeitsfähigkeit der Arbeitnehmer bei, zwei Indikatoren, die im Einklang mit dem Lissabon-Prozess stehen.

Die Vorbeugung ist somit die Schlüsselfrage für eine überarbeitete, effizienzorientierte Gesundheitspolitik und ein bevorzugtes Betätigungsfeld für ein Programm der Union. Deshalb braucht die Europäische Union ihr zweites Programm für die Volksgesundheit: Weil wir uns gemeinsam vor den Gesundheitsrisiken schützen müssen, die in so dramatischer Weise aufgetreten sind und eine Grippeepidemie wie auch eine Vogelgrippeepidemie als möglich erscheinen lassen, und dies ist eines der Ziele des Programms.

Wir müssen gemeinsam eine gesunde Lebensweise unserer Kinder fördern, zu der eine richtige Ernährung in einer Gesellschaft ohne Rauch und Stress und angemessene sozioökonomische Bedingungen im Allgemeinen gehören, die eine nachhaltige Wirkung auf die Gesundheit haben, und dies ist eines der Ziele des Programms.

Wir müssen gemeinsam darum kämpfen, die Morbidität und die Sterblichkeitsrate bei schweren Krankheiten zu senken, die Körper und Geist zerstören, und dies ist eines der Ziele des Programms.

Wir müssen empfehlen, dass bessere medizinische Methoden, die nicht nur die wirksamste Art der Bekämpfung von Krankheiten sind, sondern eine weitere Verschlechterung der Gesundheit eindämmen, für jedermann, sowohl für die Beschäftigten im Gesundheitswesen als auch für den einfachen Bürger, zugänglich sind, und dies ist eines der Ziele des Programms.

Besondere Bedeutung wird der Erhebung von Daten über die Antibiotika-Resistenz von Bakterien beigemessen, die gegenwärtig die Geißel der Krankenhäuser in Europa darstellt. Besondere Bedeutung wird auch den Folgen von Umweltfaktoren auf die Gesundheit beigemessen. Es ist auch von größter Wichtigkeit, Daten zu erheben und Strategien hinsichtlich der Patientenmobilität zu entwickeln.

Ich könnte nun sämtliche Ziele des Programms einzeln erläutern. Ich glaube, das ist nicht notwendig, weil wir alle überzeugt sind, dass wir gemeinsam und auf europäischer Ebene handeln müssen, dabei aber zugleich den Mitgliedstaaten die Möglichkeit geben müssen, ihre Effizienz in Gesundheitsdingen zu steigern. Es ist dies das zweite Programm, das für den Zeitraum 2008-2013 gilt. Es ist besser, umfassender und ehrgeiziger und zeichnet sich durch eine ganzheitliche Betrachtungsweise sowohl der Gesundheit als auch der Mittel, Mechanismen und Praktiken zur Bekämpfung von Gesundheitsproblemen aus.

Es unterstützt die Konvergenz und die Integration der Europäischen Union, die wir nicht nur unter wirtschaftlichen oder außenpolitischen Gesichtspunkten betrachten dürfen, sondern auch in Bezug auf die Konvergenz in den Bereichen Bildung und Gesundheit, denn dort wird der Stoff der Stabilität und des Wohlstands der europäischen Gesellschaft wirklich gewoben.

Ein ehrgeiziger Plan dieser Art, der zugleich von außerordentlichem Nutzen nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für die Wirtschaft der Europäischen Union ist, braucht Finanzinvestitionen, die Ergebnisse in vielfacher Höhe bringen, weil er die hohen Kosten der Gesundheitsdienste in den Mitgliedstaaten in beträchtlichem Maße verringert.

Bedauerlicherweise hat der Rat im Dezember erhebliche Kürzungen am Haushalt der Europäischen Union vorgenommen, die für einige Programme, darunter auch das Programm, das wir hier erörtern, äußerst schmerzlich waren. Man fragt sich, wie wir auf dem schwierigen Weg der europäischen Integration vorankommen wollen, wenn die Programme, die eine europäische Gesellschaft der Zukunft grundlegend aufbauen und schaffen, stark beschnitten werden.

Die gute Nachricht lautet, dass die Notwendigkeit einer ausreichenden Mittelausstattung des Gesundheitsprogramms von Rat, Kommission und Parlament erkannt worden ist, und nach meiner Meinung ermöglicht die durch inoffizielle Konsultationen erreichte Vereinbarung eine ausreichende Finanzierung im Rahmen der Regeln des Gemeinschaftshaushalts.

Ich rufe meine Kolleginnen und Kollegen auf, für die auf dem Wege inoffizieller Konsultationen zustande gekommenen Änderungsanträge zu stimmen.

 
  
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  Miroslav Ouzký (PPE-DE), Verfasser. – (CS) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich möchte die Darlegungen meines verehrten Kollegen, Dr. Trakatellis, zur speziellen Frage der Herz-Kreislauf-Erkrankungen unterstützen. In meiner Anfrage an die Kommission habe ich mich auf ein allgemein bekanntes Thema konzentriert, nämlich auf die schwerwiegenden Folgen der Herz-Kreislauf-Erkrankungen, an denen allein in der EU jedes Jahr nahezu zwei Millionen Menschen sterben. Dies ist eine feststehende und allgemein anerkannte Tatsache. Bereits im Jahre 2004 erkannte der Rat die Bedeutung, die entschlossenen Lösungen für das Problem der Herz-Kreislauf-Erkrankungen zukommt. In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren hat es auf diesem Gebiet außerordentliche medizinische Fortschritte gegeben. Das Problem besteht jedoch im dramatischen Anstieg der Kosten. Zur Erläuterung erzähle ich tschechischen Bürgern bei Diskussionen immer – und ich betone diesen Punkt hier in diesem Saal –, dass die Behandlung eines Herzinfarkts vor 15 Jahren mit den damaligen Methoden etwa 20 Euro am Tag kostete und dass die Kosten nach der Einführung der Streptokinase auf 1 000 Euro pro Behandlung gestiegen sind. Heutzutage belaufen sich die Kosten nach dem Aufkommen von Stents und akuter Katheterisierung auf 10 000 Euro für eine einzige Behandlung. Mit anderen Worten, die finanziellen Kosten sind in gewaltigem Maße gestiegen. Andererseits hat sich die Palette der Behandlungsmöglichkeiten für eine große Zahl von Patienten, die früher viel leiden und sterben mussten, erheblich erweitert. Heute können Patienten mit akutem Herzinfarkt, sofern sie rasch und richtig behandelt werden, noch am gleichen Tag entlassen werden und einige Tage später wieder zur Arbeit gehen. Das Geld, das wir ausgeben, lässt sich deshalb später wieder hereinholen.

Ein weiteres Problem sind die Unterschiede, die nicht nur zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten, sondern auch innerhalb einzelner Länder bestehen. Laut einer in meinem Heimatland durchgeführten Untersuchung ist die Todesrate bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen umso höher, je weiter der Patient vom Krankenhaus entfernt wohnt. In dieser Hinsicht bestehen in der EU erhebliche Unterschiede, und unser Vorschlag läuft auf eine systematischere Lösung hinaus. Obwohl ich das Subsidiaritätsprinzip nicht infrage stellen und den verschiedenen nationalen Regierungen nicht auf die Füße treten möchte, möchte ich die Kommission doch fragen, wie sie einen Informations- und Erfahrungsaustausch zustande zu bringen gedenkt, weil wir sicherlich über die Mittel dafür verfügen und dies eine Möglichkeit ist, wesentliche Verbesserungen auf diesem Gebiet zu erreichen. Welche Schritte beabsichtigt die Kommission zu unternehmen, um die wirtschaftliche Belastung und die Folgen der Herz-Kreislauf-Erkrankungen für die Volkswirtschaft der Mitgliedstaaten zu verringern? Welche Finanzierungsmöglichkeiten hat die Kommission, die empfohlen werden können? Ich habe in einem der Änderungsanträge, den ich eingereicht habe, gefordert, die Option der öffentlichen Bereitstellung von Defibrillatoren in großen Mengen zu prüfen. Wir wissen, dass sich dies in Japan als äußerst wirkungsvoll erwiesen hat, und ich habe auch erfahren, dass Defibrillatoren in einer Reihe anderer Länder, darunter in den USA, an der Öffentlichkeit zugänglichen Stellen bereitgestellt wurden. Ich bin mir im Klaren darüber, dass dies eine sehr kostspielige Option ist und dass die Gegner eines solchen pauschalen Vorgehens einwenden könnten, ein gewisses Maß an Vorsicht sei notwendig. Dennoch wird diese Maßnahme in vielen Fällen Leben retten, bevor der Krankenwagen eintrifft. Deshalb würde ich gerne die Antwort der Kommission auf diese Zusatzfrage erfahren.

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich allen Abgeordneten wärmstens für ihr Interesse am Vorschlag der Kommission für die Annahme eines zweiten Aktionsprogramms der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit danken.

Mein besonderer Dank gilt dem Berichterstatter, Herrn Trakatellis, und den Schattenberichterstattern für ihre Bemühungen, die es uns – und dessen bin ich mir sicher – ermöglichen werden, in der zweiten Lesung zu einer Einigung zu gelangen.

Uns liegt heute ein Gesamtkompromiss vor, der das Ergebnis einer Reihe sehr positiver inoffizieller Kontakte zwischen den drei Institutionen ist. Durch die Kompromissänderungsanträge wird der Text in zahlreichen Abschnitten gestärkt, die für das Parlament von besonderer Bedeutung sind, wie etwa die Überwachung von Gemeinschaftsinitiativen bei Krebs und eine deutlichere Formulierung bei den Maßnahmen für Umwelt und Gesundheit.

Was den Haushalt angeht, so hatten wir in der Vergangenheit ebenfalls Gelegenheit zur Diskussion. Leider war der Spielraum sehr begrenzt, und die Kommission ist durch den beschlossenen Finanzrahmen strikt gebunden.

Dennoch werden entsprechend dem Wortlaut der Erklärung der drei Seiten die besonderen Bedürfnisse des Programms während des jährlichen Haushaltsverfahrens berücksichtigt. Darüber hinaus schafft der vorliegende Text die Rechtsgrundlage, die die wirksamere Verwendung der Mittel zur Erreichung der Ziele des Programms gewährleistet.

Niemand kann meiner Meinung nach daran zweifeln, dass sich das Parlament, der Rat und die Kommission sehr darum bemüht haben, einen annehmbaren Kompromiss zu erzielen. Ich hoffe aufrichtig, dass die anschließende Abstimmung diese positive und konstruktive Haltung zum Ausdruck bringen wird, damit wir am 1. Januar 2008 mit der Finanzierung von Plänen für wichtige neue Bereiche der Volksgesundheit beginnen können.

Ich möchte mich nun ausgehend von der Anfrage von Herrn Ouzký einem spezielleren Aspekt der Volksgesundheit und einem der schwerwiegendsten Probleme zuwenden; ich meine die Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die sicherlich zu den Hauptursachen für einen frühen Tod und Invalidität der Bürger der Europäischen Union gehören.

Die Ursachen und die Risikofaktoren sind wohlbekannt: Dazu zählen Rauchen, ungesunde Ernährung und Fettleibigkeit, Mangel an körperlicher Betätigung und der übermäßige Genuss von Alkohol.

Ich weiß, dass das Parlament ein starkes Interesse an diesem Gebiet hat und dass im Plenum ein Entschließungsantrag des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingebracht wird.

Wie Sie wissen, legt die Kommission besonderes Augenmerk auf die Vorbeugung. Im Rahmen der begrenzten Mittel, die uns zur Verfügung stehen, und im Rahmen des im Vertrag festgelegten Gleichgewichts der Zuständigkeiten legen wir auf die Vorbeugung besondere Betonung und unternehmen in dieser Hinsicht erhebliche Bemühungen. Wir tun dies auch in Bezug auf das Rauchen. Ihnen allen sind die HELP-Kampagne, die auch im Parlament behandelt wurde, die verschiedenen Rechtsakte und unser Grünbuch über das Rauchverbot im öffentlichen Bereich wohlbekannt, und ich warte wirklich mit Ungeduld auf die Ansicht und Stellungnahme des Europäischen Parlaments.

Was die Ernährung betrifft, so haben wir jüngst, im Mai, ein Weißbuch über Ernährung und Adipositas veröffentlicht, und wie Sie wissen, haben wir bereits mit der Anwendung und Umsetzung der Alkoholstrategie begonnen und dabei mit dem Ziel, dieses neue Problem zu bekämpfen, in Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen und Privatunternehmen mit dem Alkohol- und Gesundheitsforum den Anfang gemacht.

Durch Volksgesundheitsprogramme unterstützt die Kommission Aktivitäten und Netzwerke im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen einschließlich eines ausführlichen Datenkatalogs über Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den Mitgliedstaaten und der Entwicklung von Indikatoren für die Überwachung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Die Einrichtung von Referenzzentren, der Austausch bewährter Praktiken, die Bekämpfung der Ungleichheiten, die in der Europäischen Union – nicht nur von einem Staat zum anderen, sondern auch innerhalb der Mitgliedstaaten – bedauerlicherweise bestehen, sind die Ziele, die mit dem neuen Programm verfolgt werden.

Um der Genauigkeit willen muss ich allerdings betonen, dass wir nur Möglichkeiten bereitstellen, die von den Mitgliedstaaten auch genutzt werden müssen, denn sie sind für die Gesundheitsdienste zuständig.

Was die Forschung betrifft (weil sich die Anfrage auch auf die Forschung bezieht), so hat die Europäische Union durch das Sechste Rahmenprogramm im Bereich der Forschung und Entwicklung über 100 Millionen Euro für die Erforschung der Herz-Kreislauf-Erkrankungen zur Verfügung gestellt. Diese Krankheiten bilden nach wie vor einen prioritären Bereich der Gesundheitsforschung im Rahmen des in diesem Jahr begonnenen Siebten Rahmenprogramms im Bereich der Forschung und Entwicklung. Dementsprechend besteht die Möglichkeit, die Forschung in diesem Bereich im Rahmen des Siebten Rahmenprogramms fortzusetzen.

Ich möchte nicht im Einzelnen auf die Europäische Charta für Herzgesundheit eingehen, weil zu diesem Thema eine Veranstaltung und Aussprache hier im Parlament stattgefunden haben und wir alle uns noch an die Auftaktveranstaltung letzten Monat in Brüssel erinnern. Dieses den Zusammenhang herstellende Dokument ist jedoch wichtig, weil es alle Organe vereint, die zur Bekämpfung dieses Problems beitragen können, und selbstverständlich wird es durch das Volksgesundheitsprogramm sichergestellt.

Weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der entscheidenden Faktoren, die Herz-Kreislauf-Krankheiten und Ungleichheiten bei der Gesundheit verursachen, werden in der neuen Gesundheitsstrategie der Europäischen Union enthalten sein, die, wie ich hoffe – und da bin ich mir sicher –, zu einem späteren Zeitpunkt noch vor Ende dieses Jahres verabschiedet wird.

Was den finanziellen Teil betrifft – denn auch er ist wichtig –, so gibt es den Europäischen Entwicklungsfonds für Entwicklungsländer, mit dem die Kommission auf die Prioritäten reagiert, die von den Ländern selbst im Wege des Dialogs festgelegt werden, und selbstverständlich gehört der Gesundheitssektor zu den Prioritäten.

Dasselbe gilt für die Strukturfonds, die in der Europäischen Union für die Mitgliedstaaten bestehen und die im laufenden Zeitraum noch intensiver als im vergangenen Zeitraum für Gesundheitszwecke genutzt werden können, doch ist es nach wie vor notwendig, dass die Gesundheit bei der Inanspruchnahme der Fonds durch die Mitgliedstaaten selbst eine Vorrangstellung einnimmt.

Wir bieten Möglichkeiten. Und damit meine ich, dass ich nicht versäume, das Thema bei jedem Treffen mit den Gesundheitsministern anzusprechen, aber letzten Endes wird die Entscheidung von den Regierungen der Mitgliedstaaten gemeinsam getroffen. Ich rate den Mitgliedstaaten und fordere sie auf, von den Strukturfonds im Gesundheitswesen Gebrauch zu machen, aber ich muss sagen, dass hier noch viel Raum für Verbesserungen ist.

Zu unseren Prioritäten gehört es jedoch auch, die nationalen Gesundheitssysteme zu stärken, die die Verwaltung von Volksgesundheitsprioritäten zulassen, unter die nicht nur übertragbare Krankheiten fallen, die natürlich die erste und klarste Bedrohung darstellen, sondern auch die nicht übertragbaren Krankheiten, und ich hoffe in diesem Zusammenhang auf die Unterstützung und Zusammenarbeit des Parlaments.

 
  
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  John Bowis, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Es gibt keinen Wohlstand ohne Gesundheit. Das ist das Leitmotiv dieser Aussprache, und dahinter steht auch, dass wir pflegen wie auch heilen müssen, aber auch Krankheit vorbeugen und Wohlbefinden fördern müssen. Der Kommissar erkennt dies an und hat ein ehrgeiziges Programm vorgelegt, wie unser Berichterstatter erklärt hat, aber das Budget wurde schonungslos um zwei Drittel gekürzt. Damit ist klar, dass wir mit den Budgets künftig mehr erreichen müssen; es ist klar, dass wir unsere begrenzten Ressourcen jetzt klug einsetzen müssen; es ist klar, dass wir die nicht übertragbaren Krankheiten ins Visier nehmen müssen, die 86 % der Todesfälle in Europa verursachen und Leben und Familien zerstören: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, neuropsychiatrische Störungen, Diabetes, Erkrankungen der Atemwege und Muskel-Skelett-Erkrankungen. Dies führt uns natürlich zu der Ihnen vorliegenden Entschließung: 42 % der Todesfälle in der EU haben ihre Ursache in Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Unser Hauptaugenmerk muss der Lebensführung gelten. Etwa 80 % der Herzinfarkte, Schlaganfälle und Diabetesfälle sowie etwa 40 % der Krebserkrankungen ließen sich durch eine veränderte Lebensführung und Ausschaltung der Risiken einer ungesunden Lebensführung vermeiden. Wir werden hin und wieder Aufklärung oder Vorschriften zum Rauchen, zu Drogen, Alkohol, Salz, gesättigten und Transfettsäuren, Bewegungsmangel sowie Dingen wie Stressmanagement und all den Ursachen für Hypertonie brauchen. Wir brauchen Partnerschaften zwischen Menschen, Regierungen, Gesundheitsdiensten und Arbeitgebern. Und wir brauchen Ideen wie jene zum Defibrillator, von der mein Kollege gesprochen hat.

Ich könnte mit den Worten schließen, dass es oft heißt, der Weg in die Hölle sei mit guten Vorsätzen gepflastert, aber die Fallstudien zur Gesundheitsförderung zeigen, dass – wie in Nordkarelien – der Weg statt in die Hölle zur Gesundheit führen kann, wenn aus den guten Vorsätzen Taten werden.

 
  
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  Linda McAvan, im Namen der PSE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Mein Dank gilt zuallererst Herrn Trakatellis für seine ausgezeichnete Arbeit, um eine Einigung am heutigen Tage zu einem Paket von Änderungsanträgen zum Gesundheitsprogramm zu erreichen.

Es war nicht einfach: Wir hatten während der letzten Monate viele Sitzungen, aber jetzt haben wir endlich ein Paket, das die Sozialdemokratische Fraktion begrüßt. Wir begrüßen das ganz eindeutige Engagement für eine Beseitigung von Ungleichheiten im Gesundheitsbereich, das in diesem Paket zum Ausdruck kommt. Wie Herr Bowis sagte, begrüßen wir das Vorgehen zu den wichtigsten Krankheiten, die die Haupttodesursachen in Europa sind.

Wir wollen, dass die Referenzzentren überall in Europa besser genutzt werden, und wir sind auch erfreut, dass NRO und Patientenverbände dank dieses Programms, mit dem der Schwerpunkt auf die umweltbedingten Gesundheitsfaktoren gelegt wird, einen besseren Zugang zu Finanzmitteln haben werden. Wir alle wissen, dass die Gesundheit durch Umweltprobleme beeinträchtigt wird, und wir wollen, dass man sich damit beschäftigt.

Wie die anderen Redner halte auch ich es für bedauerlich, dass wir ein niedrigeres Budget als zunächst angenommen haben, aber wie die Kommission so oft erklärt hat, gibt es noch andere Rahmenprogramme, mit denen Gesundheitsfragen erforscht werden können, so dass dies also nicht das einzige Geld ist, das in der EU für die Gesundheitsforschung zur Verfügung steht.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf den Änderungsantrag 19 lenken, den die Sozialdemokratische Fraktion außerhalb des Pakets eingereicht hat. In der Erwägung 14 sprechen wir über die Erhöhung der Zahl der gesunden Lebensjahre, und wir wollen die Worte „d. h. der behinderungsfreien Lebenserwartung“ streichen. Viele Behindertenverbände haben sich an uns gewandt und darauf hingewiesen, dass man eine Behinderung haben und doch gesund sein kann und dass diese Wortwahl zu unterstellen scheint, dass Menschen mit Behinderungen automatisch nicht gesund sind. Deshalb bitten wir die Kommission und den Rat, das zu prüfen, wenn sie sich mit der endgültigen Fassung des Dokuments beschäftigen.

Abschließend möchte ich noch meinen Dank auch an das Verhandlungsteam der deutschen Präsidentschaft bekunden, das mitgeholfen hat, dass wir heute zu einer Einigung gekommen sind, und das so viele unserer Änderungsanträge aus der ersten Lesung im Parlament übernommen hat. Ich sehe dem Programmstart im nächsten Jahr erwartungsvoll entgegen. Das will jetzt jeder, und deshalb sind wir bereit gewesen, beim Budget einen Kompromiss einzugehen, aber mit dem Inhalt sind wir sehr zufrieden.

 
  
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  Marios Matsakis, im Namen der ALDE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Berichterstatter meinen Glückwunsch zu seinem ausgezeichneten Bericht aussprechen. Professor Trakatellis ist seit vielen Jahren mit Gesundheitsfragen befasst, sowohl als Kliniker als auch als Politiker. So kennt er sich mit der Thematik dieses Berichts sehr gut aus, und es überrascht nicht, dass er sich ihr mit Effizienz und Klugheit genähert hat. Die meisten von uns teilen die Ansichten des Berichterstatters zu den zentralen Punkten, die in diesem Bericht angesprochen werden. Einer der wichtigsten ist das Problem der Ungleichheiten im Gesundheitsbereich. Solche Ungleichheiten bestehen nicht nur zwischen Mitgliedstaaten, sondern auch innerhalb von Mitgliedstaaten. Sie können in der Tat erheblich sein, und in vielen Fällen bestehen solche Unterschiede über die gesamte Bandbreite der Gesundheitsfürsorge, von der Vorbeugung und Diagnose bis hin zur Behandlung. Es ist bekannt, und nicht nur unter medizinischen Fachleuten, sondern auch bei den Bürgern, dass solche Diskrepanzen nicht selten über Leben oder Tod entscheiden.

Das Recht auf Leben sollte mit dem Recht auf Gesundheit einhergehen – gleiche Gesundheit für alle, nicht eine Gesundheit für die Reichen und eine andere für die Armen. In einer gerechten und humanistischen Gesellschaft wie der, die wir in den EU-Mitgliedstaaten verwirklichen wollen, sollten alle Bürger bei der Gesundheitsfürsorge gleichgestellt sein. Ich stimme dem Berichterstatter voll und ganz zu, dass diese Frage ein ganz zentrales Ziel des Gesundheitsprogramms werden sollte, und ich bin sicher, der Kommissar sieht das ebenso.

Ein zweiter Bereich, auf den der Berichterstatter hingewiesen hat und auf den ich kurz eingehen möchte, ist Krebs. Krebs ist die zweithäufigste Todesursache in Europa und weltweit überhaupt, doch es ist vollkommen unvorstellbar, warum heutzutage für die Zusammenarbeit zwischen Referenzzentren kein richtiges Gemeinschaftssystem lückenlos und ungehindert funktioniert. Es ist auch beschämend, dass bei der Einrichtung eines europaweiten Registers für jene Krebsarten, die unter die Ratsempfehlung zur Krebsfrüherkennung fallen, Mängel zu verzeichnen sind. Der Berichterstatter geht auf diese beiden Fragen und viele andere in angemessener Weise ein und schlägt sinnvolle Abänderungen vor, die wir in jeder Hinsicht unterstützen.

 
  
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  Adamos Adamou, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Herr Kommissar! Wir müssen den Berichterstatter, Professor Trakatellis, in der Tat dazu beglückwünschen, dass er den heutigen Kompromiss zustande gebracht hat. Ich werde mich jedoch zum finanziellen Problem äußern, weil, wie wir alle wissen, von Anfang an der Etat zur Unterstützung dieser Politik der größte Zankapfel zwischen dem Parlament und dem Rat war.

Der zwischen den Mitgliedstaaten im Dezember 2005 über den neuen Finanzrahmen für den Zeitraum 2007-2013 erreichte Kompromiss hatte für zahlreiche Politikbereiche eine erheblich geringere Mittelausstattung zur Folge, als sie ursprünglich von der Kommission vorgeschlagen worden war. Zu den Politikbereichen, die die schlimmsten Einschnitte hinnehmen mussten, gehörte die Volksgesundheit, und das größte Opfer war das Gesundheitsprogramm.

Die Folgen der Verhandlungen zwischen der Kommission und dem Rat waren, was die finanzielle Unterstützung für das Aktionsprogramm betrifft, sehr verhängnisvoll. Der Etat wurde auf 365,5 Millionen Euro gekürzt, eine sehr geringe Summe für ein derart ehrgeiziges Programm.

Dennoch untersuchte der Berichterstatter mit der Unterstützung der Schattenberichterstatter alle Möglichkeiten, um die Situation zu verbessern. Angesichts der starren Haltung des Rates fand er sich jedoch damit ab, dass der Spielraum beim Haushalt sehr begrenzt war, und akzeptierte den Kompromiss zwischen dem Rat und der Kommission.

Auch wenn der begrenzte Etat für das Programm natürlich nicht nach unserem Geschmack ist, begrüßen wir die Bemühungen des Berichterstatters, dem es gelungen ist, eine Fülle von Empfehlungen und Änderungsanträgen des Parlaments unverändert beizubehalten und das Vermittlungsverfahren zu vermeiden.

Wir sind sehr erleichtert, dass der Kompromiss des Berichterstatters die Notwendigkeit, Ungleichheiten bei der Gesundheit abzubauen, und einen Hinweis auf die alternative Medizin einschließt. Auch bleiben die Stärkung der grenzüberschreitenden Versorgung und der Patientenmobilität oder der bessere Zugang der Bürger zu Informationen nicht unerwähnt, was sie besser in die Lage versetzt, Entscheidungen zu treffen, die in ihrem Interesse liegen.

Bemerkenswert ist, dass ein großer Teil der Haushaltsmittel Nichtregierungsorganisationen zur Verfügung gestellt wird, die gemeinnützige Zwecke verfolgen und von Industrie, Handel und den Unternehmen unabhängig sind, die sich auf die Förderung der Gesundheit und der Ziele des Programms spezialisieren.

Hoffentlich ist es möglich, die ehrgeizigen Maßnahmen und Erwartungen zu erfüllen, die wir alle in dieses Programm setzen, das trotz der Haushaltskürzungen 2008 endlich in Kraft treten wird.

Herr Kommissar, ich möchte an dieser Stelle, wie meine Kollegen und Vorredner bereits erklärt haben, die Bedeutung der Vorbeugung und einer raschen Diagnose hervorheben. Wir müssen in diesen Bereich investieren. Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Leben wir retten werden, sondern auch wie viel Geld die Mitgliedstaaten durch die Anwendung von Programmen sparen, die diesen speziellen Bereich, insbesondere die Herzkrankheiten und den Krebs, betreffen. Sie haben Krebs als zweitwichtigste Todesursache genannt. Ich kann Ihnen mit mathematischer Genauigkeit sagen, dass Krebs in wenigen Jahren wegen der Fortschritte auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen tatsächlich die Haupttodesursache sein wird.

Herr Kommissar, wir stehen hinter Ihnen und werden Sie bei der Umsetzung des Programms unterstützen.

 
  
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  Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Das Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit (2007-2013) soll den Kurs für das europäische Gesundheitswesen vorgeben. Es hat jedoch von Anfang an zu Kontroversen geführt, was nicht nur an den ungenauen Festlegungen zur Finanzierung lag, sondern auch andere Gründe hatte.

Die zugeteilten Mittel betreffen nur internationale NRO, während andere Programme davon ausgenommen sind. Dem Dokument zufolge erhalten internationale NRO beträchtliche Summen, die bis zu 60 % und in Ausnahmefällen sogar bis zu 80 % des Gemeinschaftsbeitrags ausmachen. In den Programmen vieler dieser Organisationen sind Maßnahmen zur Abtreibung vorgesehen. Bei einigen dieser Organisationen handelt es sich um Ableger von Pharmaziekonzernen.

Zweifel sind auch in Bezug auf die Finanzierung von Labors angebracht, da die Art der Forschungsarbeiten nicht präzisiert wird. Bedauerlicherweise werden in dem Programm der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und die Betreuung älterer Menschen nur oberflächlich behandelt. Es wird nicht auf die Unterstützung von Familien, die Bekämpfung der Zivilisationskrankheiten und den Zugang zu fachärztlicher Beratung eingegangen.

Vielmehr befasst sich das Programm mit gesunden Lebensmitteln und einer gesunden Lebensweise. Aufgeworfen wird wieder die Frage der grenzüberschreitenden medizinischen Versorgung einschließlich ihrer negativen Auswirkungen auf bestimmte Gesundheitssysteme. Allem Anschein nach ist es aufgrund der zur Verfügung stehenden begrenzten Mittel nicht möglich, alle Probleme des europäischen Gesundheitswesens mit diesem Programm abzudecken.

 
  
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  Irena Belohorská (NI). – (SK) Bei diesem Bericht befürworte ich alle Anmerkungen des Berichterstatters.

Die Kommission hat die ursprünglichen Haushaltsmittel für die Gesundheitsversorgung in Höhe von 969 Millionen Euro auf 365 Millionen Euro gekürzt. Sie tat dies, obwohl das Parlament 969 Millionen Euro als unzureichend angesehen und auf 1,5 Milliarden Euro aufgestockt hatte. Ich betrachte diese Kürzung von fast 60 % als in hohem Maße verantwortungslos. Dies ist umso schockierender angesichts des derzeitigen Klimas, in dem die Gesundheitssysteme in ganz Osteuropa durch die Abwanderung einer Vielzahl von Ärzten und Krankenschwestern geschwächt sind, die weggehen, um sich Arbeit in der EU-15 zu suchen. In einer Situation, in der andere Programme lediglich um 2 bis 5 % gekürzt wurden und jeder dritte Bürger in Europa an Krebs erkrankt ist, bin ich der Ansicht, dass die Kommission mit dieser Haltung die Patienten und Bürger der Europäischen Union verhöhnt und herabsetzt. Daher muss der Berichterstatter in seinen Bemühungen unterstützt werden, diese geringen Haushaltsmittel um mindestens 10 % zu erhöhen, d. h. auf 402 Millionen Euro, wobei die Schwankungsgrenze nicht mehr als 5 % betragen darf.

Gleichzeitig sollte in dem Programm ausdrücklich festgelegt werden, dass Strukturfonds, wie Sie sagten, Herr Kommissar, für die Finanzierung von Vorhaben der Gesundheitsversorgung eingesetzt werden können, vorausgesetzt, die Mitgliedstaaten räumen der Gesundheitsversorgung in ihren nationalen Programmen Priorität ein. Bisher wurden diese Mittel hauptsächlich für die Finanzierung von Umweltvorhaben oder den Bau von Infrastrukturen verwendet, und nur wenige Bürger wissen, dass die Mittel auch für die Modernisierung von Krankenhäusern, die Finanzierung von Ausstattung und die Ausbildung von Angehörigen der Gesundheitsberufe genutzt werden können.

Ich begrüße nachdrücklich die Einrichtung europaweiter Register schwerer Erkrankungen, vor allem Krebs, die zur Erfassung von Daten beitragen und noch weiter verdeutlichen, dass es bei den Überlebensraten von Patienten, die an bestimmten Krebsarten leiden, zwischen den Mitgliedstaaten Schwankungen von bis zu 30 % gibt. Auf der Grundlage solcher Statistiken wird die Kommission meines Erachtens ihre Prioritäten im Gesundheitsbereich überdenken und die erforderlichen Mittel bewilligen.

 
  
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  Thomas Ulmer (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Themen Gesundheitsprogramm und Herz-Kreislauf-Prävention sind sehr eng miteinander verbunden. Zunächst meinen herzlichen Glückwunsch an den Kollegen Trakatellis für seinen unermüdlichen Kampf für dieses Programm! Prävention kommt vor Behandlung. Prävention heißt längeres Leben, besseres Leben, bessere Lebensqualität, weniger Pflege, weniger Krankheit, weniger Krankheitskosten.

Wir hätten uns sicher mehr Mittel gewünscht als 20 Cent pro Jahr und Einwohner. Aber wir sind trotzdem bescheiden und setzen viele Aktionen für wenig Geld um. Wir können allerdings nur Schwerpunkte setzen, wobei ich eindeutig betonen muss, dass es sich hier um Prävention, um aufklärende Maßnahmen handelt und nicht um Behandlung, die letzten Endes subsidiär und von den Nationalstaaten zu leisten ist. Prävention heißt Vorbeugung und Verhinderung von Krankheiten, speziell im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wo es um Infarkte und Apoplexien geht, im Bereich der Tumorkrankheiten und ihrer Ursachen wie im Fall von Lungenkrebs und Rauchen, im Bereich ungesunder Lebensweisen wie falscher Ernährung oder auch Doping beim Sport, im Bereich von Unfällen und ihrer Verhütung sowie im Bereich der Forschung und der Statistik, wo es darum geht, Krankheiten besser zu erkennen und besser zu verstehen, um daraus Behandlungsleitlinien abzuleiten.

Lassen Sie mich noch auf die mündliche Anfrage von Herrn Ouzký eingehen, dem ich hier auch meinen Dank ausspreche. Im Bereich der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen kann man viel erreichen, indem man seinen Lebensstil ändert: Bewegung, Gesundheit, Sport, ausgewogene Ernährung und letzten Endes auch die Vermeidung von Transfettsäuren. Wir brauchen auch für die Herz-Kreislauf-Prävention ein knackiges Motto, damit unsere Bürger wissen, worum es geht. So könnten wir sagen: „Save your heart, save your life“ oder zu Deutsch „Herzlos kannst du nicht leben“.

Prävention für 325 Millionen Euro in fünf Jahren ist nicht viel. Ich habe heute Morgen eine deutsche Herzklinik besucht. Dort wurden in nur einem Jahr 200 Millionen investiert!

 
  
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  Glenis Willmott (PSE). – (EN) Herr Präsident! Als Schattenberichterstatterin meiner Fraktion zum Entschließungsantrag zu Maßnahmen zur Bekämpfung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen begrüße ich diese lobenswerte Initiative von ganzem Herzen und danke Herrn Ouzký, Herrn Andrejevs und Herrn Bowis für all ihre intensive Arbeit. Ich kann eigentlich nur den Inhalt der Entschließung bekräftigen und mich der Aufforderung nach Maßnahmen und anderen Aspekten, die in der mündlichen Anfrage angesprochen wurden, anschließen.

Ich finde es schockierend, dass fast die Hälfte aller Todesfälle in Europa auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen und die Hauptursache bei Frauen in allen europäischen Ländern sind. Ich begrüße die konkrete Erwähnung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Gesundheitsprogramm 2008-2013, bin aber etwas enttäuscht über die drastisch reduzierte Haushaltszuweisung, kosten doch Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Länder der Europäischen Union jedes Jahr 169 Milliarden Euro.

Die EU kann so viel mehr leisten, und damit würde sich das Geld, das für die Bekämpfung dieser Erkrankungen ausgegeben wird, sicher vielfach bezahlt machen. Dennoch hat der erreichte Kompromiss meine volle Unterstützung, und ich erkenne an, dass diese Finanzierung so bald wie möglich verfügbar sein muss. Weitere Verzögerungen bei der Annahme des Programms wären nicht wünschenswert.

Es gibt viele Maßnahmen auf EU-Ebene, wo man mehr erreichen kann, und aus diesem Grund brauchen wir eine greifbare europäische Strategie zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die den Mitgliedstaaten helfen kann, ihre Vorbeugungskonzepte zu verbessern und abzustimmen, diejenigen zu finden, die stark gefährdet sind, Aufmerksamkeit zu wecken, die Öffentlichkeit zu informieren und einen Austausch bewährter Praktiken zu fördern. Teil dieser Strategie sollte ein Paket klarer politischer Leitlinien sein.

Abschließend möchte ich noch einmal meine Unterstützung für den Entschließungsantrag bekunden. Ich fordere die Kommission dringend auf, unverzüglich eine umfassende und schlüssige EU-weite Strategie zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzulegen, in der die Vorschläge des Europäischen Parlaments berücksichtigt sind.

 
  
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  Jiří Maštálka (GUE/NGL).(CS) Auch ich möchte Herrn Trakatellis beglückwünschen und ihm für seinen Bericht und seine Vorschläge danken. Ich möchte auch ein oder zwei Bemerkungen machen. Allerdings möchte ich nicht auf die finanziellen Einzelheiten eingehen, weil das bereits geschehen ist. Ich möchte – und dabei spreche ich als Arzt – nur darauf hinweisen, dass das Gemeinschaftsprogramm, das wir erörtern, einfach weniger wirksam sein wird, wenn die Finanzmittel gekürzt werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Gesundheitsversorgung in Bezug auf den Haushalt keine Nebensache sein darf.

Ich möchte Änderungsantrag 1 unterstützen, der Vorschläge für Empfehlungen des Rates hinsichtlich der notwendigen Umsetzungsmechanismen enthält. Ich halte dies für dringend notwendig, weil wir häufig Dokumente auf dem Gebiet der Gesundheitsversorgung oder des Kampfes gegen die Zivilisationskrankheiten gefordert haben, und natürlich verfügten wir nicht über die wirksamen Instrumente, die für die Bekämpfung dieser Krankheiten erforderlich sind. Der zweite Änderungsantrag, den ich erwähnen und unterstützen möchte, betrifft das Patientenbewusstsein. Die Patienten müssen gut informiert werden. Dies ist jedoch nicht allein eine Frage des verbesserten Zugangs zu Informationen, sondern meiner Meinung nach auch des Zugangs zu Informationen von besserer Qualität. Derartige Informationen können dazu beitragen, dass unsere Bürger nicht nur ein stärkeres Interesse an ihrer eigenen Gesundheit entwickeln und sich mehr um sich selbst kümmern, sondern auch weniger empfänglich für die Werbung sind. Was die Werbung betrifft, so haben wir, wie ich meine, eine einmalige Gelegenheit, unsere Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit in Fragen wie dem Alkoholismus unter Beweis zu stellen, wenn wir die im Bericht Foglietta über die Bekämpfung des Alkoholismus vorgeschlagenen Maßnahmen erörtern. Zu diesem Thema werden wir mit Sicherheit Änderungsanträge einreichen, die die Werbung für alkoholische Erzeugnisse betreffen.

Ich möchte gerne meine Unterstützung für die Initiative von Herrn Ouzký bekunden, die sich auf seine Anfrage bezüglich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen bezieht. Als ehemaliger Kardiologe meine ich, über gediegene Kenntnisse auf diesem Gebiet zu verfügen. Ich möchte sagen, dass die Kardiologen heute sehr viel mehr über die Ursachen wissen und die Voraussetzungen geschaffen haben, um den Patienten eine sehr wirksame Behandlung angedeihen zu lassen, sodass sie zu einem normalen Arbeitsleben zurückkehren können. Das Problem besteht in der Stärke des Wunsches, in derartige Programme zu investieren, vor allem, wenn es um die Vorbeugung geht. Gleichzeitig wird nicht erkannt, dass diese Mittel sicherlich wieder hereingeholt werden können. In dieser Hinsicht ist die Tschechische Republik ein sehr gutes Beispiel. Nach meiner Ansicht haben wir als Europaabgeordnete die Pflicht, gleiche Ausgangsbedingungen für das Gesundheitswesen wie auch für den wirtschaftlichen Sektor zu verlangen. Das ist eine Frage der finanziellen Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten der EU.

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Gestern wurden in den Medien die schockierenden Ergebnisse einer Untersuchung bei Kindern in einem großen Gebiet Englands veröffentlicht. Eines von 58 Kindern leidet an einer Form von Autismus. Wie konnte es geschehen, dass die Häufigkeit ein zu schwerer Invalidität führendes Leiden innerhalb von 17 Jahren von einem von 2000 auf eines von 58 Kindern zunimmt?

Die Arbeit von Herrn Trakatellis zum Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit (2007-2013) kommt zu einem Zeitpunkt, da dringend ein gemeinsamer und gemeinschaftlicher Denkprozess über die hauptsächlichen Gesundheitsgefahren geboten ist. Einer der wichtigsten Beiträge, den Europa zur Gesundheit leisten kann, ist die statistische Forschung und Untersuchung, um die tatsächliche Lage bei Gefährdungen durch Krankheiten – ansteckend oder nicht, chronisch oder akut – zu ermitteln, denn durch einen Vergleich der Behandlung von Krankheiten in den Mitgliedstaaten erhalten wir den Gesamtüberblick, der uns hilft, einen Standard für die beste Praxis und Ansatzpunkte für die Behandlung und sogar für die Heilung zu entwickeln.

Ich bin froh sagen zu können, dass die Kommission einen Anfang gemacht hat, indem sie das Projekt des Europäischen Autismusinformationssystems finanziert, um ein effektives Verfahren einzuführen, das die Gesundheitsbehörden der Mitgliedstaaten für das Sammeln von wichtigen Informationen über die Autismusepidemie in Europa nutzen können. Allerdings hinken wir hier sehr hinterher. In den USA verfolgt man diese Epidemie seit nunmehr zehn Jahren. Auf der Grundlage der Zahlen hat der US-Kongress 16 Rechtsakte mit einer Finanzausstattung von Milliarden von Dollar angenommen, doch Europa hat noch nichts unternommen.

Ich fordere die Kommission dringend auf, einen Weg zu finden, um eine bestmögliche Qualität in der Gesundheitsfürsorge der Mitgliedstaaten zu fördern, ein System, bei dem es nie wieder geschehen kann, dass eine Epidemie wie beim Autismus unkontrolliert abläuft, denn sie sucht Kinder heim und beraubt sie ihrer normalen Entwicklung.

 
  
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  Christofer Fjellner (PPE-DE). – (SV) Die Rolle und Verantwortung der EU im Gesundheitsbereich ist begrenzt und muss es auch bleiben. Vielleicht besteht ihr wichtigster Beitrag jedoch darin, dass sie es den Bürgern ermöglicht, medizinische Versorgung in anderen Mitgliedstaaten zu erhalten. Für viele Kranke kann die Gesundheitsbetreuung in einem anderen europäischen Land eine Frage von Leben und Tod sein. Darum ist es unbegreiflich, dass so viele Mitgliedstaaten alles tun, um eben diese Möglichkeit zu begrenzen. Die europäischen Verbraucher von Gesundheitsdienstleistungen sollten Zugang zur gesamten Palette medizinischer Versorgungsleistungen in Europa haben, was allerdings Wissen und Information voraussetzt. Dabei könnte das Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit eine unschätzbare Rolle spielen, indem es Informationen über Gesundheit und medizinische Versorgung an alle Patienten in Europa verbreitet.

Wie viele andere mit mir halte ich es darum für bedauerlich, dass gerade der Bereich in vielerlei Hinsicht offensichtlich beschnitten wurde, als die Kommission aus Haushaltsgründen ihren Vorschlag zum neuen Gesundheitsprogramm überarbeitet hat. Ich weiß allerdings, dass es dagegen einen erheblichen Widerstand gab. Warum ist eigentlich die Erhöhung der Transparenz zwischen den einzelnen Gesundheitssystemen der Mitgliedstaaten eine so sensible Frage? Warum rückt man nicht die Messung der Ergebnisse der Gesundheitsfürsorge in den Vordergrund, das heißt, wie vielen Menschen tatsächlich geholfen wird, anstatt sich auf die vorhandenen Ressourcen wie Bettenplätze und Krankenhaustage zu konzentrieren? Die einzige Erklärung, die ich dafür finde, ist das Bestreben, die Patienten unwissend und machtlos zu halten.

Ebenso unbegreiflich ist, dass im Kompromiss der EU-Mitgliedstaaten mit unserem Berichterstatter, Herrn Trakatellis, beispielsweise gefordert wird, die von mir eingebrachten Formulierungen zur Stärkung der Befugnisse der Patienten zu streichen. Warum soll beispielsweise die Tatsache nicht anerkannt werden, dass Patienten auch als Verbraucher von Gesundheitsdienstleistungen Rechte haben. Der Satz mit einer solchen Aussage wurde gestrichen, was in meinen Augen peinlich ist.

Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip sind Beschlüsse zum Gesundheitswesen auf einer möglichst niedrigen Ebene zu fassen. Für mich sind das die Patienten, unabhängig davon, was Politiker und Bürokraten in den Mitgliedstaaten sagen. Wir sollten daher die europäische Zusammenarbeit nutzen, um die Stellung der Patienten zu stärken und ihnen mehr Wissen und Macht geben. Ganz konkret sollten die Patienten die Möglichkeit erhalten, die Kontrolle über ihre Krankheit zu übernehmen.

 
  
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  Dorette Corbey (PSE). – (NL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Herrn Trakatellis und unsere Schattenberichterstatterin, Frau McAvan, beglückwünschen. Gesundheit ist ein hohes Gut, und ein wichtiges politisches Thema. Gesundheit fällt in erster Linie in den Zuständigkeitsbereich der Staaten, doch für Europa stellt sie ganz klar einen wichtigen Mehrwert dar.

Derzeit ist der Zugang der europäischen Bürger zu angemessener Behandlung sehr ungleich. Krebspatienten haben in einigen Ländern eine wesentlich größere Überlebenschance als in anderen. Die Behandlungsmethoden unterscheiden sich, und der Zugang zur Gesundheitsversorgung ist unausgewogen. Das Wissen der Patienten über ihre Krankheiten variiert von einem Land zum anderen, und Vorbeugung erhält nicht in allen Ländern die Aufmerksamkeit, die sie verdient.

Daher tut Handeln not. Wir müssen Kenntnisse bündeln. Mitgliedstaaten, Krankenhäuser, Patientenvereinigungen und Allgemeinmediziner können voneinander lernen. Wir sollten unsere Kenntnisse über Vorbeugung und Behandlung der schwersten Krankheiten, wie Krebs, Rheuma, Diabetes, Lungenerkrankungen und natürlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gemeinsam nutzen und von anderen Ländern lernen, wo Verbesserungen möglich sind. Wissenszentren und Netze, die sich mit den wichtigsten Erkrankungen beschäftigen sollten, können eine wichtige Informationsquelle für Ärzte und ebenso Patienten sein.

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE-DE). – (SK) Es ist erwiesen, dass Investitionen im Gesundheitswesen die beste Anlage sind und die beste Anlagerendite bieten. Daher bin ich dankbar, dass der ursprüngliche Vorschlag der Kommission für ein gemeinsames Programm in den Bereichen Gesundheit und Verbraucherschutz für den Zeitraum bis zum Jahr 2013 abgelehnt wurde.

Das Parlament hat gut daran getan, die Mittel für die Gesundheitsversorgung von ursprünglich 969 Millionen Euro auf 1,5 Milliarden Euro aufzustocken, und damit ein deutliches Zeichen gegenüber dem Rat und der Kommission zu setzen. In der Zwischenzeit wurden über die Haushaltsmittel für neue Mehrjahresprogramme in allen Politikbereichen Verhandlungen in Hinblick auf den neuen Finanzrahmen im Zeitraum 2007 – 2013 geführt; in diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, muss ich meine große Unzufriedenheit darüber zum Ausdruck bringen, dass viele Programme, einschließlich des Gesundheitsprogramms, deutlich weniger Mittel erhalten haben, als die Kommission dies ursprünglich vorgeschlagen hat.

Auch wenn das Europäische Parlament die Lage später, im Frühjahr 2006, etwas verbessern konnte, ist das Ergebnis aus der Sicht einiger Programme, auch im Gesundheitsbereich, völlig unzureichend. Ich spreche über die öffentliche Gesundheit, bei der die aufgestockten Mittel auf die kaum glaubliche Zahl von 365,5 Millionen Euro gekürzt wurden. Es ist gut, dass bei der politischen Einigung über den Gesundheitsbereich im November 2006 der überarbeitete Kommissionsvorschlag gebilligt wurde, einschließlich der Haushaltsmittel.

Ich glaube, dass die spezifischen Programme für Personen und Patienten, wie die Screening-Programme für Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes und viele andere Erkrankungen, nicht aufs Spiel gesetzt werden. Noch werden wir die notwendige gemeinschaftsweite Zusammenarbeit zwischen spezialisierten Zentren oder die Einführung von europaweiten Registern für solche Krankheiten aufs Spiel setzen.

Ich unterstütze den Ansatz des Berichterstatters, Herrn Trakatellis, voll und ganz und glaube, das Parlament wird wieder einmal eine kluge Entscheidung treffen.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE).(LT) Ich beglückwünsche den Berichterstatter, der vor der großen Herausforderung stand, den erheblich gekürzten Siebenjahreshaushalt den gewachsenen Erwartungen der EU-Bürger anzupassen. Ein koordiniertes Vorgehen der Gemeinschaft auf diesem Gebiet würde die effektive Verwendung der Mittel wesentlich verbessern. Jetzt gilt es, das Programm so bald als möglich anzunehmen, damit zumindest die Mittel für 2008 rechtzeitig angefordert werden können.

In der erweiterten Europäischen Union sind Unterschiede in der medizinischen Versorgung zwischen den einzelnen Ländern zutage getreten. Das erörterte Programm sollte dazu beitragen, diese Unterschiede abzubauen. Jeder EU-Bürger in jedem EU-Land hat Anspruch auf medizinische Versorgung hoher Qualität. Besonders wichtig ist, dass auch die neuen Mitgliedsländer an den europäischen Projekten teilnehmen.

Ich möchte außerdem die Notwendigkeit hervorheben, präventiven Projekten, die den Einfluss von Risikofaktoren verringern und den Gesundheitszustand der Gemeinschaft verbessern, mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Es ist immer billiger, die sie bedrohenden Krankheiten zu verhindern, vor allem in Zeiten wie diesen, wenn die Mittel geringer werden, der Bedarf jedoch wächst.

 
  
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  Zuzana Roithová (PPE-DE).(CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieses Aktionsprogramm der Gemeinschaft legt die Prioritäten für Projekte fest, die aus europäischen und aus einzelstaatlichen Mitteln finanziert werden und dem Vorgehen gegen die Haupttodesursachen in Europa, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neuropsychiatrische Störungen, Erkrankungen des Verdauungsapparats und Erkrankungen der Atemwege, dienen. Wir alle müssen an etwas sterben, vor allem, wenn wir ein bestimmtes Alter erreichen. Die hohe Qualität der europäischen Medizin hat in Verbindung mit der Verbesserung der Lebensbedingungen und insbesondere dem Wohlstand der Menschen zu einer höheren Lebenserwartung der Europäer geführt. Vor uns liegen neue Herausforderungen. Eine davon ist, wie die Gesundheits- und Sozialsysteme in Europa in Zukunft aus öffentlichen Mitteln finanziert werden sollen, und die zweite, wie die Behandlung der Polymorbidität verbessert werden kann, die immer häufiger wird, weil die Menschen länger leben. Diese Behandlung ist entscheidend für die Lebensqualität der älteren Menschen. Beide Anliegen sind allen Mitgliedstaaten gemeinsam, und trotzdem findet sich keines auch nur im Ansatz unter den Hauptzielen des Aktionsplans der Gemeinschaft im Gesundheitsbereich. Vielleicht das nächste Mal.

Die Lösung der ersten dieser wirtschaftlichen Angelegenheiten bringt unter anderem eine Bewertung der Prioritäten innerhalb der Gemeinschaft sowohl hinsichtlich der Regierungsprogramme als auch des Privatlebens der Menschen mit sich. Meine berufliche Erfahrung hat mich gelehrt, dass die Hauptpriorität darin besteht, die Menschen stärker für ihre eigene Gesundheit und die Krankheitsvorbeugung verantwortlich zu machen. Die Patienten sind nicht dumm und können selbst Entscheidungen treffen. Dazu brauchen sie allerdings ausreichende Informationen, die angemessen formuliert sein müssen. Ich unterstütze deshalb nachdrücklich die Vorschläge in der zweiten Lesung einschließlich beispielsweise des Änderungsantrags 2, in dem gefordert wird, dass den Bürgern durch das Programm ein besserer Zugang zu Informationen verschafft werden soll, und des Änderungsantrags 9, der Strategien mit dem Ziel eines gesünderen Lebensstils betrifft. Was das zweite Problem angeht, so möchte ich gerne glauben, dass die Mitgliedstaaten trotz der starken und bedauerlichen Kürzung des europäischen Haushalts für den Aktionsplan zur Förderung der Gesundheit die Koordinierung wissenschaftlicher Aktivitäten aktiv unterstützen, deren Ziel es ist, die komplexe Behandlung miteinander zusammenhängender Krankheiten zu erreichen.

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich danke den Abgeordneten noch einmal für eine sehr interessante Debatte und für die bekundete Zustimmung.

Ich will nicht wiederholen, was bereits gesagt wurde und was ich selbst in meinen einführenden Worten gesagt habe, aber einige Dinge klarstellen. Zum Thema Krebs möchte ich deutlich erklären, dass Krebs weiterhin eine der obersten Prioritäten der Kommission und auch Teil des Gesundheitsprogramms ist. Ich habe speziell Herz-Kreislauf-Erkrankungen angesprochen, weil diese in einer Anfrage des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit vorkamen, aber über Forschungs- und andere Programme fördern wir viele Initiativen in Bezug auf Krebs. Wir hatten ja erst kürzlich Gelegenheit, darüber in diesem Hohen Haus zu beraten.

Ich möchte einen Fehler berichtigen. Frau Belohorská ist nicht anwesend, und sie hat wohl auch die Aussprache darüber, wie die Finanzielle Vorausschau angenommen wurde und wie entschieden wurde, wer die Entscheidung traf, nicht aufmerksam verfolgt. Nicht die Kommission hat das Budget gekürzt – so selbstmörderisch sind wir nicht. Wie Sie wissen, hat doch der Rat einstimmig beschlossen, dass eine Kürzung erfolgen muss, und die Bereiche, die darunter am meisten litten, sind leider die Gesundheit, die Bildung und die Kultur. Ich muss sagen, das ist bedauerlich, und das habe ich auch schon oft in den Debatten hier zum Ausdruck gebracht, und ich verstehe die Enttäuschung von Herrn Trakatellis, als er sich mit diesem Thema befassen musste.

Aber letzten Endes wollen wir handeln, wir wollen unseren Bürgern helfen, und wir wollen vorankommen, und deshalb müssen wir mit dem auskommen, was wir haben, und unsere begrenzten Finanzmittel und Ressourcen optimal nutzen. Darum stimme ich vielen von Ihnen zu, und es ist für uns ein Schwerpunkt, dass die Vorbeugung eines der Hauptanliegen ist, denn dort kann man einen zusätzlichen Nutzen und eine Multiplikatorwirkung erzielen, so dass wir die Mittel besser nutzen können, wenn wir uns vor allem auf die Prävention konzentrieren. Das ist eines meiner Hauptargumente. Ich versuche immer wieder, Mitgliedstaaten davon zu überzeugen, dass Ausgaben für die Gesundheit keine Kosten, sondern Investitionen sind. So muss man das sehen. Wir werden langfristig davon profitieren, und das ist kein Anreiz, Maßnahmen zu ergreifen, wenn der Nutzen erst nach einiger Zeit sichtbar wird.

Dennoch können wir meiner Meinung nach jetzt nicht mehr davon ausgehen, die Probleme nur durch Reformen der Gesundheitssysteme oder durch Patientenmobilität oder durch Anhebung der Versicherungskosten zu lösen, sondern wir müssen in die Vorbeugung investieren und in die Gesundheit, und das ist eine der obersten Prioritäten. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen allen in der nächsten Zeit.

Vielleicht kann ich noch nur auf einen speziellen Änderungsantrag eingehen, der von Frau McAvan kommt. Wir haben nichts dagegen, der Streichung dieses Satzes zuzustimmen. Sie verstehen, dass es für uns einen großen Erfolg bedeutet, dass die Zahl der gesunden Lebensjahre als Indikator aufgenommen worden sind, und das war das Anliegen. Es war nur ein Weg, es anders auszudrücken, aber wir verstehen, was Sie meinen, und deshalb haben wir keine Einwände dagegen, das zu streichen, zumal ja die Wortwahl das Problem ist und nicht die Gültigkeit des Indikators an sich.

Was die Bemerkung von Herrn Fjellner zur Frage der Patientenrechte betrifft, hatten wir ja schon Gelegenheit, dies in diesem Hohen Hause zu diskutieren, und wir prüfen das gerade über die Initiative im Bereich Gesundheitsfürsorge, die zum Jahresende angenommen werden dürfte. Die Systeme der einzelnen Mitgliedstaaten sind unterschiedlich, und deshalb finden wir nicht immer einen gemeinsamen Ansatz, aber zumindest wird der erste Schritt getan, und viele Fragen, wie die Informationen für Patienten und andere Aspekte der Patientenrechte, werden im Rahmen der Initiative zur Gesundheitsfürsorge in Angriff genommen werden.

Abschließend möchte ich Ihnen allen danken, insbesondere dem Umweltausschuss, sowie Herrn Trakatellis für seine Geduld und Beharrlichkeit. Ich sehe der Zusammenarbeit mit Ihnen allen bei der Umsetzung des Programms mit Freude entgegen.

 
  
  

VORSITZ: ADAM BIELAN
Vizepräsident

 
  
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  Der Präsident. Ich teile Ihnen mit, dass ich gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung einen Entschließungsantrag(1)erhalten habe.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 10. Juli 2007, statt.

 
  

(1)Siehe Protokoll.


17. Risikomanagement für MON 863-Mais (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die Erklärung der Kommission zum Risikomanagement für MON 863-Mais.

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Die Kommission hat bei vielen Gelegenheiten ihr Engagement dafür bekundet – und durch ihr Handeln auch bewiesen –, dass sie dafür Sorge tragen wird, dass der Rechtsrahmen für genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel, der vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen wurde, vollständig eingehalten wird. Wir haben die Pflicht – und werden ihr meiner Meinung nach auch gerecht –, sicherzustellen, dass die Rechtsvorschrift ordnungsgemäß und vollständig eingehalten wird. Nach dieser Vorschrift dürfen genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel nur dann legal in Verkehr gebracht werden, wenn sie sicher und entsprechend gekennzeichnet sind.

Ich möchte das Hohe Haus daran erinnern, dass die Rechtsvorschrift die Unterteilung der Arbeit in Risikobewertung und Risikomanagement vorsieht. Die Kommission hat bei der Sicherheitsbewertung eines GV-Erzeugnisses keinen Ermessensspielraum. Die Vorschrift unterscheidet klar zwischen Risikobewertung, die von der EFSA durchgeführt wird, und Risikomanagement, das in den Händen der Kommission liegt. Diese Vorgehensweise ist nicht nur im allgemeinen Lebensmittelrecht, sondern auch in der Verordnung über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel festgelegt.

Wann immer neue wissenschaftliche Fragen zu klären sind, hält sich die Kommission stets an die Aufteilung der Befugnisse und ersucht die EFSA um eine Evaluierung der Informationen und deren Auswirkungen auf die Risikobewertung eines Erzeugnisses. Die Rolle der Kommission besteht darin, die notwendigen Entscheidungen für das Risikomanagement zu treffen, sofern – und nur wenn – die EFSA als für die Risikobewertung zuständige Institution der Europäischen Union ein solches Risiko festgestellt hat. Mit anderen Worten, unser Risikomanagement setzt ein, sobald ein Risiko von der zuständigen Institution festgestellt und bewertet wurde. Das war bei der Annahme der Rechtsvorschrift eine ganz konkrete Entscheidung, die Risikobewertung an eine gesonderte, unabhängige Einrichtung zu übertragen. Wenn diese Behörde jedoch kein Risiko feststellt, dann hat die Kommission keine fundierte wissenschaftliche Grundlage, ein Risikomanagement zu beschließen.

Speziell in diesem Fall war MON 863 im Jahre 2004 bereits zweimal bewertet worden, bevor die Zulassung genehmigt wurde. Beide Male kam die EFSA zu dem Schluss, dass MON 863-Mais keine nachteiligen Folgen habe, und zu diesem Standpunkt kam sie unter Mitwirkung der nationalen Behörden der Mitgliedstaaten. Er wurde später, im Jahre 2006, auf ein konkretes Ersuchen der Abgeordneten Frau Breyer an die Kommission von der Behörde erneut überprüft und bestätigt. Dabei handelte es sich um wiederholte, intensive Analysen, die im Rahmen des Zulassungsverfahrens durchgeführt wurden. Dann gab es dieses Jahr im März die Veröffentlichung von Professor Séralini. In dieser Reihenfolge war der Ablauf.

Die von Professor Séralini vorgelegte Arbeit war keine neue Untersuchung, sondern lediglich eine statistische Auswertung der existierenden Studie über einen Fütterungsversuch an Ratten, der die Genehmigung dieses Erzeugnisses in der Europäischen Union stützte. Obwohl es sich nicht um eine neue Studie, sondern nur um eine statistische Auswertung handelte, hat die Kommission sofort, nachdem sie von Professor Séralinis Veröffentlichung erfuhr, die EFSA gebeten, diese zu analysieren, um sich zu vergewissern, ob die neue statistische Auslegung abgesichert war, und vor allem, ob die statistischen Unterschiede für die Sicherheit von Lebensmitteln und Futtermitteln von Belang waren.

Um alle neuen Elemente zu berücksichtigen und so alle etwaigen Quellen für Unsicherheiten auszuräumen, hat die EFSA eine neue Überprüfung durchgeführt und die Mitgliedstaaten gebeten, alle entsprechenden Analysen oder Bemerkungen zu übermitteln, eine spezielle Taskforce mit eigenen und externen Sachverständigen eingerichtet und ein Treffen mit dem Verfasser der statistischen Auswertung durchgeführt. Aus Sicht der Kommission bieten die von der EFSA festgelegten Verfahren zur Bewertung der Überprüfung von Professor Séralinis Bericht eine ausreichende Gewähr für Unabhängigkeit und Fachkenntnis. Die EFSA hat erstmals im März auf das Ersuchen der Kommission reagiert, indem sie das Thema auf der Vollversammlung ihres Gremiums für GVO diskutierte, bevor sie am 20. Juni einen statistischen Bericht und eine wissenschaftliche Erklärung des Gremiums herausgab.

Insbesondere unterstreicht die Behörde, dass bei der statistischen Analyse durch die Verfasser der Veröffentlichung bestimmte wichtige statistische Überlegungen nicht berücksichtigt worden waren und dass die Annahmen, die der von den Verfassern verwendeten statistischen Methodik zugrunde lagen, irreführende Ergebnisse zur Folge hatten. Die Behörde kam zu dem Schluss, dass die Veröffentlichung keine fundierte wissenschaftliche Begründung darstelle, um die Sicherheit von MON 863-Mais in Frage zu stellen, und sieht deshalb keinen Grund, ihre früheren Gutachten zu revidieren, dass MON 863-Mais im Rahmen der vorgesehenen Nutzung keine nachteiligen Folgen habe. Das Parlament wird ausführlicher über den Hintergrund informiert werden, den ich in den Antworten auf die schriftlichen Anfragen von Frau Breyer zu diesem Thema dargelegt habe, die nach der jüngsten EFSA-Erklärung derzeit fertig gestellt werden.

Ausgehend hiervon ergeben sich zwei Schlussfolgerungen. Erstens, und das ist wichtig, gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine wissenschaftliche Grundlage, die Sicherheit von MON 863-Mais oder dessen Status als rechtmäßig gehandeltes Erzeugnis in Frage zu stellen. Zweitens, die Schlussfolgerungen der amtlichen EU-Institution für die Risikobewertung, der einige der besten Fachleute Europas angehören, sind nach Konsultation der nationalen zuständigen Behörden sowie von externen Sachverständigen verfasst worden. Die Kommission hat Vertrauen in das Ergebnis dieser Arbeit, die die früheren Bewertungen bestätigte, und damit meines Erachtens als verantwortungsbewusster Risikomanager gehandelt, vor allem im Rahmen der Rechtsvorschriften und der Verteilung der Zuständigkeiten, wie ich in meinen einführenden Worten erläutert habe. Die Kommission wird weiterhin in diesem Sinne, auf der Grundlage eines umsichtigen und wissenschaftlich begründeten Vorgehens, arbeiten.

Ich möchte betonen, dass die Kommission in jeder Hinsicht entschlossen ist, Entscheidungen zum Risikomanagement je nach Lage des Falls unter Berücksichtigung aller wissenschaftlichen Fragen, die sich während des Bewertungsverfahrens oder auch noch nach der Zulassung ergeben, zu treffen. Wir werden immer wachsam sein, wir werden immer bereit sein, jede neue wissenschaftliche Information zu überprüfen, die zutage tritt. Unsere endgültige Entscheidung wird jedoch selbstverständlich auf der Risikobewertung basieren, die von der Einrichtung vorgenommen wird, die dafür nach europäischem Recht zuständig ist.

Wir glauben, dass unsere Rechtsvorschriften und die Vorgehensweise der Kommission der beste Weg sind, für unsere Bürger das hohe Sicherheitsniveau zu gewährleisten, das sie erwarten und verlangen. Ich hoffe, dass ich auf das Vertrauen und die Unterstützung des Europäischen Parlaments zählen kann, wenn wir unseren strengen und objektiven Kurs fortsetzen.

 
  
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  Renate Sommer, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Waren es nicht wir, war es nicht das Europäische Parlament, das eine unabhängige Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit haben wollte? War es nicht auch der Ministerrat, der eine unabhängige EFSA haben wollte, also eine Instanz, auf deren Aussagen man bauen kann, eine Instanz, bei der die Gefahr, Gefälligkeitsstudien zu erhalten, eben nicht gegeben ist? Hatte nicht das Europäische Parlament die EFSA seinerzeit damit beauftragt, die Risikobewertung von GVO durchzuführen, und hatte nicht der Ministerrat genau dies im Rahmen der Mitentscheidung unterstützt?

Im April 2004 bewertete die EFSA den Mais MON 863 als genauso sicher wie konventionellen Mais. Eine zweite Sicherheitsbewertung der EFSA kam im Oktober 2004 zu demselben Ergebnis. Das bringt natürlich das Weltbild der grünen Seele ins Wanken, und weil nicht sein darf, was Grün nicht will, gibt man eine eigene Studie in Auftrag. Diese kommt dann endlich — oh Wunder — zu dem Ergebnis, dass der Genmais lebensgefährlich ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Die EFSA-Gutachter verlangten daraufhin eine Wiederholung des Rattenversuches. Und wieder — es gab keine Anzeichen für akute toxikologische Effekte. Ein Ergebnis übrigens, das die Studie der Grünen auch schon geliefert hatte, eben bei richtiger statistischer Auswertung, aber die statistische Auswertung war eben nicht wissenschaftlich korrekt, wie der Kommissar schon sagte.

Die so genannten wissenschaftlichen Ergebnisse der Grünen-Studie waren also wieder einmal bewusste Panikmache, bewusste Verunsicherung der Bevölkerung, Volksverdummung! Es ist die typische, ideologisch motivierte Verhinderungspolitik, mit der sie auch so gerne Wahlkampf machen. Sie verschwenden Steuergelder, wenn sie immer und immer wieder mehrfache Wiederholungen der Risikobewertungen durch die EFSA fordern. Aber, werden sie z. B. auch die Nährwertprofile der EFSA zur Health-Claims-Verordnung in Frage stellen? Natürlich nicht, denn die passen ja zu ihrer Ideologie!

Aber auch der Ministerrat muss an den Pranger gestellt werden! Da trauen sich nämlich nationale zuständige Minister nicht, der Zulassung geprüfter sicherer GVO zuzustimmen. Es ist die Angst des kleinen Mannes, nicht wiedergewählt zu werden, nicht mehr und nicht weniger!

Wir verschenken so große Chancen für die EU: bessere Lebens- und Futtermittel durch GVO mit ernährungsphysiologischem Mehrwert, effiziente nachwachsende Rohstoffe, kohlenstoffneutral und damit klimaneutral. MON 863 ist sicher und muss genauso zugelassen werden wie die übrigen geprüften und für sicher befundenen Nutzpflanzen!

 
  
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  Karin Scheele, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Zu dem, was meine Vorrednerin ausgeführt hat, möchte ich ein österreichisches Sprichwort zitieren: „Wer’s glaubt, wird selig, wer nicht, kommt auch in den Himmel“. Vielleicht kann ich jetzt das Weltbild der Kollegin Renate Sommer etwas ins Wanken bringen: Nicht nur grüne Abgeordnete, sondern die Mehrheit in diesem Haus wollte eine konsumenten- und umweltfreundliche Lösung bei der Zulassung und Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln. Auch eine Ihnen nahestehende Regierung hat den Umgang der EFSA mit den heute zitierten Studien in Frage gestellt.

Meine Frage an die Kommission ist jetzt: Welche konkreten Schritte wurden von der Kommission eingeleitet, um eine Reform der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde einzuleiten? Wir diskutieren hier in diesem Haus nicht das erste Mal darüber, dass wir Zweifel an deren Unabhängigkeit haben. Und: Ja, Frau Sommer, wir wollten und wir wollen eine unabhängige Lebensmittelsicherheitsbehörde! Aber es ist natürlich auch das Recht demokratisch gewählter Abgeordneter, diese Unabhängigkeit zu hinterfragen und darauf hinzuarbeiten, dass es wirkliche Unabhängigkeit gibt. Das ist unser ureigener Auftrag, weil wir natürlich auch die Stimmung und die Einstellung unserer Bevölkerung in allen Mitgliedstaaten dazu kennen.

Herr Kommissar Kyprianou, wir sind damit einverstanden, dass das System Risk Assessment durch die EFSA und Risk Management durch die Kommission weiter beibehalten wird. Dennoch müssen nach meiner Überzeugung sowohl die Kommission als auch die EFSA ihrer Verantwortung gerecht werden.

Sie wissen, wir behandeln kommende Woche im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit die Frage: Wie geht man im Rahmen der Komitologie und des Regelungsverfahrens mit Kontrolle mit der individuellen Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen um? Solche Fälle sind dieser Diskussion nicht sehr förderlich. Ich erhoffe mir, dass man in Zukunft konkrete Schritte setzt, um die Unabhängigkeit der Lebensmittelsicherheitsbehörde unter Beweis zu stellen.

 
  
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  Janusz Wojciechowski, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Am 12. Juni fand beim Europäischen Parlament in Brüssel eine Konferenz zu den Gefahren der Verbreitung von GVO statt, an deren Organisation ich maßgeblich beteiligt war. An dieser Konferenz nahmen herausragende Wissenschaftler aus vielen Ländern teil.

Ihre Beiträge ließen keinen Zweifel daran, dass es zunehmend Beweise für die Schädlichkeit von GVO gibt. Unter dem Vorwand des technischen Fortschritts setzen die Biotechnologiekonzerne die Menschen in der ganzen Welt durch die Verbreitung der GVO ernsthaften Gefahren aus. Bei allem Respekt für Frau Sommer – ich bin eher geneigt, den Wissenschaftlern zu glauben als Frau Sommers Beteuerung, MON 863 sei sicher.

GVO werden gegenwärtig nur in geringem Umfang in der Viehzucht und Landwirtschaft der EU eingesetzt. Wir haben noch eine letzte Chance, Europa vor dieser Gefahr zu schützen. Ich möchte dem Herrn Kommissar einige Fragen stellen. Gedenkt die Europäische Kommission etwas in dieser Hinsicht zu unternehmen? Wird die Kommission vor allem den Willen der Bürger ganzer Regionen in Europa respektieren, deren Bevölkerung sich mehrheitlich vor GVO schützen will? Oder wird sie sich vielmehr von der irreführenden Propaganda vom vermeintlichen technischen Fortschritt verleiten lassen?

 
  
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  Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kommissar Kyprianou, ich bin überaus enttäuscht, weil ich mir heute Abend – ähnlich wie die Kollegin Scheele – Antworten darauf erwartet hätte, wann endlich höhere Standards für die Risikobewertung kommen werden.

Seit Monaten stelle ich der Kommission zu diesen Sicherheitsproblemen konkrete Fragen, die nicht beantwortet werden, um dann von Beamten unter vier Augen zu hören: Wir sind nicht in der Lage, diese Antworten zu geben. Es ist doch nicht nur die unabhängige Studie französischer Wissenschaftler, die zu dem alarmierenden Ergebnis kommt, dass Monsanto 863 unsicher ist und die Gesundheit in alarmierender Weise gefährdet und dass es unverantwortlich ist, es länger auf dem Markt zu lassen.

Wir haben auch eine Studie aus Österreich. Wir haben alarmierende Bedenken aus den Mitgliedstaaten. Das kann man doch nicht einfach negieren und den Kopf in den Sand stecken! Ich hätte von Ihnen heute Antworten in Bezug darauf erwartet, dass auch die Europäische Arzneimittelagentur ein Risiko im Zusammenhang mit den beiden Antibiotikaresistenz-Genen, nicht nur in MON 863, sondern auch in der Kartoffel Amflora sieht, für die jetzt die Zulassung beantragt wurde. Sogar die eigene EU-Institution widerspricht der EFSA! Hier müssen wir von Ihnen doch Antworten hören, Herr Kyprianou! Sie können doch nicht einfach sagen, dass Sie das nicht beantworten! Sogar der Rat hat Sie aufgefordert, Stellung dazu zu beziehen.

Ich finde es merkwürdig, dass die EFSA drei Monate gebraucht hat, um die Séralini-Studie zu bewerten. Herr Séralini ist übrigens am Mittwoch hier im Parlament und wird uns dann konkret darlegen, ob die Entwarnung, die Schönfärberei der EFSA denn wirklich gerechtfertigt ist. Wir wissen doch, dass sich die Studien der EFSA immer wieder auf Monsanto berufen. Sie weisen statistische Fehler auf. Darauf hat nicht nur die französische Forschergruppe hingewiesen, sondern auch viele Mitgliedstaaten.

Wir erwarten von Ihnen Antworten darauf, wie diese Fehler in Zukunft behoben werden, wie wir damit umgehen, wie das Vorsorgeprinzip überhaupt zu bewerten ist. Wir brauchen eine Neubewertung! Ich möchte von Ihnen, Herr Kyprianou, ganz klar wissen: Wird es eine Neubewertung von MON 863 geben? Die EFSA hat sich ja nur die alten Daten noch einmal angeschaut. Sie hat überhaupt keine Neubewertung durchgeführt. Das ist doch eine ganz entscheidende Frage, auf die wir eine Antwort brauchen!

(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)

 
  
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  Kathy Sinnott, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Vor kurzem haben Wissenschaftler in Frankreich umfangreiche Organschäden an der Leber und den Nieren von Tieren festgestellt, die mit Monsanto 863 aufgezogen worden waren. Drei Jahre zuvor wurden der EFSA von den deutschen Behörden deutsche Studien zur Kenntnis gebracht, die eine Nierenschädigung bei Ratten zeigten, die mit Monsanto 863 gefüttert worden waren. Trotz alledem hat die EFSA ihre Risikobewertung zu diesem Erzeugnis bekräftigt und erklärt, es sei für die Tiere in der europäischen Landwirtschaft sicher. Wo sind denn die Studien der EFSA? Warum zieht man dort nur die Untersuchungen aus der Wirtschaft heran und kommt nur wieder auf diese zurück? Wäre es denn für sie so schwierig zu versuchen, die französischen und deutschen Untersuchungen zu wiederholen?

Die europäische Biotechnologie-Branche behauptet, GV-Landwirtschaft sei unvermeidbar. Ich befürchte, das wird nur eine sich selbst erfüllende Prophezeiung sein. Europa ist in der Lage, seine Landwirte mit GV-freiem Getreide zu versorgen, aber wenn wir die Unvermeidbarkeit hinnehmen, wenn wir Sicherheitsstudien hinnehmen, die eigentlich keine richtigen Studien sind, dann werden die Landwirte gezwungen sein, ihre Tiere mit GV zu füttern, weil es kein anderes Getreide mehr geben wird.

Ich möchte die EFSA daran erinnern, dass viele Erzeugnisse nach Jahren so genannter Sicherheit vom Markt genommen worden sind. Um nur ein Beispiel zu nennen: Der Polioimpfstoff, den wir heute verwenden, ist der vierte Polioimpfstoff, denn die anderen drei sind, nachdem sie den Menschen viele Jahre lang verabreicht wurden, schließlich wegen sich häufender Hinweise auf Schädigungen zurückgezogen worden.

Eigentlich sollten wir das Vorsorgeprinzip in Europa achten, besonders wenn wir davon sprechen, genetisch veränderte Organismen in die Umwelt freizusetzen, wenn man bedenkt, dass bei GV jede schädliche Auswirkung vielleicht unumkehrbar ist.

 
  
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  Markos Kyprianou, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich weiß, dass die GVO-Genehmigungen eine sensible Angelegenheit sind, aber wir dürfen doch vor allem nicht vergessen, dass GVO-Erzeugnisse nach den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften, die vom Parlament und vom Rat angenommen wurden, in der Europäischen Union erlaubt sind, sofern sie das gerade von mir beschriebene Zulassungsverfahren durchlaufen.

In diesem Zulassungsverfahren ist vorgesehen, dass die Risikobewertung von der EFSA durchgeführt wird. Für uns alle ist das europäische Recht verbindlich, ob einige von uns nun mit dem Konzept der GVO-Erzeugnisse einverstanden sind oder nicht. Das ist der Rechtsgrundsatz, also müssen wir uns daran halten.

Zunächst einmal zur Arbeit der EFSA. Wie Sie wissen, wurde das Parlament unterrichtet und ich bin dazu selbst hergekommen. Wir haben Entscheidungen zur Verbesserung der Arbeit der EFSA getroffen, damit sorgfältiger vorgegangen wird und den Auffassungen der Mitgliedstaaten und allen wissenschaftlichen Entwicklungen, die möglicherweise während des Zulassungsverfahrens stattfinden, stärker Rechnung getragen wird. Die Kommission hat einen Aktionsplan beschlossen, der bereits läuft und umgesetzt wird und der irgendwann 2008 auch in den Rechtsrahmen aufgenommen wird. Er ist Teil der jährlichen Strategieplanung für 2008. Dort berücksichtigen wir, wie wir die Situation verbessern können, und unterbreiten Vorschläge ausgehend von den Auffassungen der Mitgliedstaaten und zu Langzeitfolgen und vielen anderen Gesichtspunkten.

Ich muss auch darauf hinweisen, dass wir in der Europäischen Union die höchsten Standards und die strengsten Rechtsvorschriften zu GVO-Erzeugnissen haben. Sie wissen, dass wir deshalb ständig vor die WTO gebracht werden und dort keinen leichten Stand haben.

Dessen ungeachtet werden unsere Rechtsvorschriften aber von der WTO akzeptiert, weil sie wissenschaftlich fundiert sind und die Entscheidungen auf Risikobewertungen basieren. Auf diese Weise können wir unsere internationalen Verpflichtungen erfüllen, indem wir zuallererst an die Sicherheit der europäischen Verbraucher und europäischen Bürger denken. Es geht hier also nicht um persönliche Präferenzen, sondern um die Anwendung der bestehenden Rechtsvorschriften.

Ich weiß, Frau Breyer hat über diese Fragen gesprochen. Es gibt ein Verfahren. Wir müssen Informationen erhalten. Ihnen werden alle Einzelheiten zu diesen Fragen zur Verfügung gestellt. Doch noch einmal: Die sich ergebenden Fragen betreffen das Risiko, und das Risiko wird nicht von uns bewertet. Es wird von der EFSA bewertet. Deshalb müssen wir die Entscheidung der EFSA dazu abwarten, bevor wir antworten.

Zu diesem speziellen Erzeugnis gab es viele Bewertungen und viele Studien. Sie alle haben die EFSA veranlasst, ihren Standpunkt neu zu bewerten und einzuordnen, und sie kam zu denselben Schlussfolgerungen. Man hat das also nicht auf die leichte Schulter genommen. Man hat es nicht ignoriert. Wann immer neue wissenschaftliche Erkenntnisse und neue Beweise auftauchten, wurden sie berücksichtigt, und wir haben die EFSA, die – noch einmal – die Risikobewertungen im Auftrag der Europäischen Union durchführt, gebeten, ihnen Rechnung zu tragen. Es stimmt, dass das jüngste Gutachten der EFSA auf der vorhandenen Studie basierte, aber der Artikel von Professor Séralini betraf dieselbe Studie. Die Frage lautete, wie man analysiert, wie man die vorhandenen Daten statistisch analysiert, und deshalb gab es eine spezielle Taskforce für die statistische Analyse, intern und extern, und diese gelangte zu dem Schluss, dass die Analyse und die Schlussfolgerungen von Professor Séralini Mängel aufwiesen. Das heißt ja nicht, dass derjenige mit der ablehnenden Haltung immer Recht hat. Manchmal können auch Leute, die sich sicher sind, ebenso Recht haben.

Abschließend noch dazu, welche Studien als Grundlage für die Zulassung gewählt würden. Die Entscheidung lautete, dass wir mit der Rechtsvorschrift weitermachen würden, die ursprünglich angenommen worden war; dass der Antragsteller dafür verantwortlich ist, die Daten und die Studieninformationen vorzulegen. Auf diese Weise trägt er die Beweislast und die Behörden prüfen die Beweise. Die Behörden können um weitere zusätzliche Studien bitten, die sie gern sehen würden, und damit sind sie dann dafür verantwortlich, ihre Argumentation zu beweisen. Ich werde jetzt nicht auf das Problem der Kosten für eine mögliche Änderung des Systems eingehen. Mit den Kosten werden letztlich die Steuerzahler der Europäischen Union belastet und nicht die Wirtschaft. Aber der Hauptgrund ist, dass dort die Beweislast liegen sollte, und deshalb kann die Behörde diese Daten kritisch analysieren.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass bei der EMEA, der EU-Behörde im medizinischen Bereich, die Situation vergleichbar ist. Auch dort legt die Wirtschaft alle klinischen Versuche und klinischen Studien vor und wird die Entscheidung getroffen.

Ich kann Ihnen also versichern, dass wir alle neuen wissenschaftlichen Beweise, die unter Umständen zutage treten, berücksichtigen, und dass wir sicherstellen werden, dass auch die EFSA diese berücksichtigt und bewertet, und in dem Moment, in dem ein Risiko festgestellt wird, werden wir ohne zu zögern die erforderlichen Maßnahmen treffen. Wie Sie wissen, haben wir das getan, und ich persönlich habe das in der Vergangenheit bei vielen Gelegenheiten mit nicht zugelassenen Erzeugnissen getan.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

 

18. Abkommen über Fluggastdatensätze (PNR) mit den USA (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt die Erklärung der Kommission zum Abkommen über Fluggastdatensätze (PNR) mit den Vereinigten Staaten.

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (EN) Herr Präsident! Wie Ihnen bekannt ist, haben die Vereinigten Staaten und die Europäische Union ihre Verhandlungen über ein langfristiges Abkommen über Fluggastdatensätze (PNR) abgeschlossen. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen und dem deutschen Ratsvorsitz und insbesondere Minister Schäuble für sein persönliches Engagement danken, durch das dies möglich wurde. Wir haben das einstimmige Mandat, das wir vom Ministerrat erhalten haben, erfüllt. Das neue Abkommen gewährleistet einen umfassenden Datenschutz und enthält wichtige Zusagen, wie Fluggastdaten europäischer Bürger in Zukunft behandelt werden sollen.

Es galt, eine Reihe wichtiger Dinge unter Dach und Fach zu bringen. Vor allem ging es um den Kampf gegen den Terrorismus und die schwere internationale Kriminalität neben dem Recht auf den Schutz der Privatsphäre und der grundlegenden bürgerlichen Rechte, die Notwendigkeit, dass Luftfahrtunternehmen in der Lage sein müssen, die verschiedenen Rechtsvorschriften zu vertretbaren wirtschaftlichen Kosten einzuhalten, das umfassende transatlantische Verhältnis und das wirklich internationale Ausmaß dieser Fragen. Die Vereinigten Staaten haben dem in einem rechtsverbindlichen internationalen Abkommen zugestimmt und damit die Notwendigkeit anerkannt, dass wir Rechtssicherheit brauchen.

Das Abkommen besteht aus drei Teilen. Erstens, einem Abkommen, das von beiden Parteien unterzeichnet wurde. Zweitens, einem Schreiben, das die Vereinigten Staaten an die EU gerichtet haben und in dem sie Zusicherungen gegeben haben, wie sie europäische PNR-Daten in Zukunft behandeln werden. Und drittens, einem Schreiben der EU an die Vereinigten Staaten, in dem sie den Erhalt dieser Zusicherungen bestätigt und erklärt, dass sie auf dieser Grundlage den vom US-Heimatschutz-Ministerium gewährleisteten Schutz als für europäische PNR-Daten angemessen betrachtet.

In der Vergangenheit hatte der Austausch von Verpflichtungen keinen rechtsverbindlichen Charakter. Ich persönlich und auch der Rat waren der Meinung, dass dies eine wesentliche Errungenschaft des neuen Abkommens ist. Dieses Abkommen wird eine Gültigkeit von sieben Jahren haben und damit über einen beträchtlichen Zeitraum Rechtssicherheit bieten. Es gibt keine Verlängerung der Zeitdauer von 3,5 auf 15 Jahre, während der Fluggastdaten aufzubewahren sind. Die Zeit, in der sich Daten in einer aktiven Datei befinden, verlängert sich von 3,5 auf 7 Jahre. Der weitere Zeitraum von 8 Jahren, der in den früheren Vereinbarungen bereits enthalten war, sowie diese Zusicherung wurden in dieses neue Abkommen nicht neu aufgenommen.

Der Zweck, für den diese Datensätze verwendet werden, bleibt der Gleiche. Die Zahl der PNR-Daten wurde durch Rationalisierung und Zusammenlegung von 34 auf 19 reduziert. Sensible Daten werden gefiltert und nur in Ausnahmefällen, die überprüft werden, zugänglich gemacht und nach 30 Tagen gelöscht. Die Luftfahrtunternehmen, die nicht bereits nach dem „Push“-System arbeiten, müssen vom „Pull“- auf das „Push“-System umstellen, sobald dies technisch durchführbar ist. Es ist jetzt Aufgabe der Luftfahrtunternehmen, so bald als möglich neue Technologien einzuführen, und die Vereinigten Staaten und die EU stimmen überein, dass dieses System ein „Push“- und kein „Pull“-System mehr sein darf.

Das für das Ressort Justiz, Freiheit und Sicherheit zuständige Kommissionsmitglied und der US-Minister für Heimatschutz sind für das Überprüfungssystem verantwortlich. Die Vereinigten Staaten haben auch ein Überprüfungssystem akzeptiert, das zu Beginn unserer Verhandlungen angedacht war.

Der im Rahmen des US-amerikanischen Gesetzes über die Privatsphäre gewährte Schutz wird über Verwaltungsverfahren auf Nicht-Amerikaner erweitert, insbesondere was den Zugang zu einem Rechtsweg und die Möglichkeit zur Berichtigung der Daten betrifft, und damit haben auch EU-Bürger nach diesem Gesetz Anspruch auf Schutz. Das war bei dem vorherigen Abkommen nicht der Fall.

Es sind gemeinsame Anstrengungen vonnöten, um unsere Gesellschaften einschließlich der Menschenrechte vor Versuchen von Terroristen zu schützen, sie zu unterwandern. Die jüngsten Ereignisse in London und Glasgow haben gezeigt, dass wir noch einige Zeit lang mit dem Terrorismus leben müssen. Deshalb werde ich, wie ich bereits mitgeteilt habe, im Herbst ein Paket vorlegen, das neue Maßnahmen umfasst – sowohl legislativer als auch operativer Art –, die auf die Verbesserung und Erhöhung unserer Kapazität abzielen, auf internationaler Ebene gemeinsam gegen den Terrorismus vorzugehen. Ich werde ferner vorschlagen, dass die EU-Mitgliedstaaten ein europäisches PNR-System auf nationaler Ebene in möglichst vielen Mitgliedstaaten schaffen.

 
  
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  Carlos Coelho, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (PT) Herr Frattini, meine Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst möchte ich Herrn Frattini und dem deutschen Ratsvorsitz für die Anstrengungen, die sie beim Abschluss dieses Abkommens über Fluggastdatensätze (PNR) unternommen haben, danken. Es war notwendig, ein Rechtsvakuum zu verhindern, das die europäischen Fluggesellschaften in Schwierigkeiten gebracht und den Schutz unserer Bürger gefährdet hätte.

Wir sind stets für ein internationales Abkommen auf EU-Ebene anstelle von 27 bilateralen Abkommen eingetreten, denn nur so kann die Position der EU gestärkt werden, nicht nur bei der Prävention und im Kampf gegen den Terrorismus, sondern auch beim Schutz der Grundrechte. Deshalb hat die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten die Übertragung eines Mandats zur Wiederaufnahme der Verhandlungen an die Kommission unterstützt. Uns ist bestens bekannt, dass es schwierige Verhandlungen waren und dass der Wunsch nach einer für beide Seiten akzeptablen Lösung auf der europäischen Seite größer war als auf der amerikanischen.

Deshalb bedauere ich, dass dieses Abkommen aus drei Teilen besteht: einem Abkommen und zwei Schreiben, die nicht gleichermaßen bindend sind. Verschiedene Aspekte wurden positiv weiterentwickelt. Herr Frattini hat einige genannt. Andere jedoch blieben weit hinter unseren Erwartungen zurück. Hervorheben möchte ich die folgenden Punkte: Ich begrüße erstens die Verringerung der Anzahl der PNR-Datensätze und den Übergang vom Pull-System zum so genannten Push-System. Es ist bekannt, dass 13 Fluggesellschaften das System bereits eingeführt haben, viele andere jedoch noch nicht. Ich möchte gerne wissen, welche Initiativen die Kommission zu ergreifen gedenkt, um die Fluggesellschaften zu unterstützen und ihnen einen Anreiz zu geben, damit sie diese Änderung vornehmen.

Ich kann mich nach wie vor nicht damit einverstanden erklären, dass die Daten in einem nach meinem Dafürhalten übertrieben langen Zeitraum gespeichert werden sollen. Ich begrüße es, dass die Pflicht zur angemessenen Information der Fluggäste verankert wurde. Darüber hinaus begrüße ich die Formen der Rechtsbehelfe für Passagiere, die eine Überprüfung und Korrektur der von den amerikanischen Behörden gespeicherten Daten vorsehen, auch wenn es nach wie vor keinen soliden Rechtsmechanismus gibt, der den europäischen Bürgern im Falle einer nicht korrekten Verwendung ihrer personengebundenen Daten Rechtsbehelf einräumt.

Ich befürchte, dass die zusätzlichen Maßnahmen für den Schutz sensibler Daten nicht ausreichend sind und bedauere, dass nicht sichergestellt ist, dass andere amerikanische Behörden die Daten nicht verwenden dürfen.

Herr Kommissar, es wurde viel getan, gleichwohl bleibt noch viel zu tun, und ich hoffe, dass der vereinbarte Kontrollmechanismus einige der nach wie vor negativen Aspekte korrigieren kann.

 
  
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  Stavros Lambrinidis, im Namen der PSE-Fraktion.(EL) Herr Vizepräsident! Ich hätte mir ehrlich gewünscht, Sie heute zum Abschluss eines Abkommens mit den USA beglückwünschen zu können; meine Fraktion weiß, wie hart Sie daran gearbeitet haben, vor allem in Anbetracht der Drohung der USA, im Falle des Nichtzustandekommens eines Abkommens noch schlimmere Bedingungen für die Fluggesellschaften vorzuschreiben.

Leider ist das, was wir in Händen haben, erstens kein Abkommen mit den USA. Es handelt sich tatsächlich um ein Abkommen mit den USA und mit allen anderen Ländern, an die die USA einseitig persönliche Daten europäischer Passagiere zu übermitteln beschließen.

Zweitens handelt es sich um ein Abkommen, das Verpflichtungen nur für Europa und nicht für die USA enthält.

Drittens sind selbst dort, wo durch das Abkommen bestimmte Grenzen gezogen werden, diese Grenzen zu unklar und so sehr voller rechtlicher Schlupflöcher, dass es in der Praxis den USA die Möglichkeit gibt, zu tun, was sie wollen.

Ich möchte das näher erläutern: Erstens heißt es in dem Abkommen und dem beigefügten Schreiben der USA, dass Amerika die von uns übermittelten Informationen nach Belieben an jedes Drittland weitergeben kann und dabei kaum verpflichtet ist, uns auch nur zu benachrichtigen. Mit anderen Worten schließt Europa in der Praxis das PNR-Abkommen nicht nur mit den USA, sondern auch mit allen anderen Ländern auf der Erde, für die die USA das beschließen, mit Ländern, die heute keine Daten europäischer Bürger unmittelbar aus Europa erhalten können, weil wir mit ihnen kein Abkommen geschlossen haben. Enthielt das Ihnen vom Rat erteilte Verhandlungsmandat wirklich die Ermächtigung, der unkontrollierten Übermittlung europäischer Daten durch die USA zuzustimmen, während Europa nicht so verfahren kann?

Zweitens: Während Europa ausdrücklich erklärt hat, dass es sich an das Abkommen halten werde, haben die USA ausdrücklich erklärt, dass sie durch das Abkommen nicht gebunden sind. Sie sind nur durch die einseitigen Zusicherungen in ihrem Schreiben und durch das amerikanische Recht gebunden, das, wenn es geändert wird, automatisch Änderungen des Abkommens nach sich zieht.

Drittens: Was die Information der Passagiere über die Verwendung ihrer Daten betrifft, so ist keine Verpflichtung der Regierungen vorgesehen, dafür zu sorgen, dass sie informiert werden; die Fluggesellschaften werden nur ersucht, dies zu tun. Die Information der Bürger ist jedoch ein ausdrückliches Gebot des europäischen Rechts. Warum haben Sie das nicht erwähnt?

Viertens: Wenn die USA gegen das Abkommen verstoßen, bleibt der Europäischen Union als Lösung nur, es vollständig aufzukündigen. Wie soll das geschehen, Herr Kommissar, wenn das Abkommen selbst dann, wenn nach Auffassung von 26 der 27 Mitgliedstaaten ein Verstoß vorliegt und nur ein Mitgliedstaat anderer Ansicht ist, auf europäischer Ebene nicht außer Kraft gesetzt werden kann?

Fünftens: Die gesetzlich beabsichtigte Verwendung der mitgeteilten Daten wird nicht kontrolliert. Während sie am Anfang des Schreibens auf die Bekämpfung des Terrorismus und schwerer Verbrechen beschränkt ist, wird unmittelbar danach jede Verwendung in Strafverfahren oder für sonstige Zwecke gemäß dem Recht der USA für zulässig erklärt, das heißt, für fast alles.

Dies ist kein internationales Abkommen, zumindest keins in dem Sinne, wie es von den Bürgern verstanden wird. Ich hoffe, dass es vor der Unterzeichnung in diesen entscheidenden Punkten geändert wird.

 
  
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  Sophia in ‘t Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Als Erstes möchte ich feststellen, dass der Ratsvorsitz bei dieser wichtigen Aussprache durch Abwesenheit glänzt. Das ist schon bemerkenswert, war er doch für die Verhandlungen verantwortlich. Daher bin ich dankbar, dass Herr Frattini heute anwesend ist.

Ich möchte jedoch gleich zu Beginn gegen den Zusammenhang protestieren, den Herr Frattini mit den misslungenen terroristischen Anschlägen vergangene Woche im Vereinigten Königreich herstellt. Ich finde das geschmacklos – das hat nichts mit PNR zu tun.

Damit komme ich zu einem wichtigen Aspekt, der von diesem Hohen Haus wiederholt betont wurde, nämlich die Notwendigkeit einer Evaluierung. Wir brauchen Beweise, dass die Verwendung der PNR-Daten zu mehr Sicherheit führt und dass sie nicht nur dazu verwendet werden, Personen dingfest zu machen, die Reisedokumentenbetrug, Drogenschmuggel oder Ähnliches begehen. Wir brauchen echte Beweise und nicht irgendwelche Beispiele.

Herr Frattini sagt, dies sei ein gutes Abkommen. Nun ja, es dient zweierlei Zweck: Erstens legalisiert es die Übermittlung von Daten durch Luftfahrtunternehmen, und zweitens gewährt es seinen Worten nach ein hohes Maß an Datenschutz. Beim zweiten Ziel versagt es kläglich. Es ist nicht rechtsverbindlich. Darin heißt es ausdrücklich, dass daraus keine Person oder Partei ein Recht ableiten kann. Könnte man es noch deutlicher ausdrücken? Oberflächlich betrachtet, sieht es gut aus, jedoch ist es voller Schlupflöcher, vager Definitionen und Ausnahmeregelungen, wenn es beispielsweise um Zweckbegrenzung oder den Zeitraum für die Datenspeicherung geht, der bis zu 15 Jahre und vielleicht noch länger betragen kann, und rückwirkend angewandt wird. Zwar bin ich keine Anwältin, aber das kommt mir schon recht komisch vor.

Die Verringerung von 34 auf 19 Datensätze ist eine Beleidigung unserer Intelligenz. Wenn Sie sich einmal die Daten ansehen, dann geht es hier nicht um eine Reduzierung: die 34 werden zu 19 Datenfeldern zusammengefasst. Ich bin doch nicht dumm. Wir haben hier vielleicht keine Befugnisse, aber wir sind auch nicht dumm.

Dann die Frage des Übergangs vom Pull- zum Push-System: Man hat uns das schon im Jahre 2004 versprochen. Wir haben es immer noch nicht! Es ist technisch machbar, warum haben wir es dann noch nicht?

Die demokratische Kontrolle fehlt vollkommen. Dieses Hohe Haus hat möglicherweise keine Kompetenzen mehr, aber die nationalen Parlamente sind vollständig außen vor. Einige nationale Parlamente könnten das Abkommen billigen dürfen, aber sie können lediglich „Ja“ oder „Ja“ sagen, weil sie keine Zeit haben, weil sie nicht alle notwendigen Informationen erhalten – lediglich einen Überblick. Und es wurde soeben darauf hingewiesen, wenn ein nationales Parlament „Nein“ sagen würde, dann bestünde keine Einigung mehr. Kein Parlament würde gern diese Verantwortung auf sich nehmen, und so versucht jeder, mit dem Rücken an die Wand zu kommen.

Was das Gesetz über die Privatsphäre betrifft, so ist es gut, dass es jetzt auch europäische Bürgerinnen und Bürger einschließt. Wir haben das schon oft gefordert. Allerdings wissen wir alle auch, dass es bei der Bush-Administration alle möglichen Ausnahmeregelungen und Ausnahmen vom Gesetz über die Privatsphäre gibt, die übrigens amerikanische Bürger genau so betreffen wie Europäer.

Abschließend noch ein Wort zu Herrn Frattinis Vorschlag für ein europäisches PNR-System. Dabei handelt es sich nicht wirklich um einen Vorschlag, da er diese Absicht auf einer Pressekonferenz in den Raum stellte, anstatt diesem Hohen Haus einen echten Vorschlag zu unterbreiten. Meiner Meinung nach war der Zeitpunkt – letzte Woche – falsch, und ich wüsste gern, welche Begründung es für ein solches System gibt. Wir wissen noch nicht einmal, welchem Zweck das PNR-Abkommen mit den Vereinigten Staaten dient. Wir wissen nicht, wie viele Terroristen gefasst wurden, wie viele Anschläge verhindert wurden und wie viele falsche Positivmeldungen es gab. Wir bestehen auf einer Evaluierung, bevor ein neues Abkommen unterzeichnet wird.

Zum Schluss möchte ich empfehlen, dass die PPE-DE-Fraktion den gemeinsamen Entschließungsantrag unterstützt, über den wir morgen sprechen wollen, dass sie das Abkommen sehr sorgfältig, auch zwischen den Zeilen, liest, denn es ist nicht so gut wie es aussieht.

 
  
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  Kathalijne Maria Buitenweg, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Dies ist das dritte Abkommen, das wir in diesem Parlament über die Weitergabe von Fluggastdatensätzen an die Vereinigten Staaten erörtern, und die Lage hat sich nicht verbessert. Herr Kommissar Frattini, Sie behaupten, die Daten würden lediglich für den Kampf gegen den Terrorismus oder die schwere internationale Kriminalität verwendet. Da Sie das Abkommen gut kennen, werden Sie auch wissen, dass es in Anhang II, wie Herr Lambrinidis sagte, heißt „or otherwise required by law, by US-law that is. Dadurch wird sein Anwendungsbereich natürlich beträchtlich ausgeweitet.

Ganz allgemein bin ich der Ansicht, dass dies auch nicht der Ort ist, an dem Sie die Dinge besser darstellen sollten, als sie eigentlich sind. Dies gilt auch für die Daten, wie Frau in 't Veld gerade gesagt hat. Ich habe hier die zwei Anhänge vor mir: der alte Anhang zum alten Abkommen und ein neuer Anhang zu dem neuen Abkommen. Der eine enthält 19 Datenfelder, der andere 34. Ich möchte von Ihnen jetzt gern hören, welche Datensätze Ihres Erachtens nicht mehr an die Vereinigten Staaten übermittelt werden. Ich möchte dies ganz genau wissen, weil es meines Erachtens nicht ein Datenfeld gibt, das nicht mehr an die Vereinigten Staaten übermittelt wird, geschweige denn 15.

Auch bei dem anderen Punkt – dem Push- und dem Pull-System – kann ich diejenigen nicht mehr hören, die so tun, als seien größere Fortschritte erreicht worden. Die Amerikaner haben diesen Vorschlag zweimal vorgelegt, und Sie mussten noch einmal verhandeln, nur, damit sie ihre eigenen Versprechen einlösten. Dies ist bei transatlantischen Beziehungen ganz sicherlich inakzeptabel.

Und ein letzter Punkt: Ich habe heute auf der Website des DHS [Department of Homeland Security] nachgesehen, wie man Rechtsmittel einlegen kann. Dort heißt es, wenn Sie denken, Sie stehen unter Verdacht und stehen auf einer Überwachungsliste von Personen, denen der Einstieg in ein Flugzeug verweigert wurde, dann wird man Ihnen nicht mitteilen, welche Daten man über Sie besitzt. Dann müssen Sie sie über die Gründe informieren, weswegen Sie Ihrer Meinung verdächtig sind. Auf diese Weise kann man doch Personen keine Rechtsmittel gegen die Verweigerung einer Reise einlegen lassen! Ich müsste Ihnen also sagen, ja, ich bin vielleicht Vegetarier, aber das sagt Ihnen gar nichts über mich. Es ist völlig absurd, dass Personen keinen Zugang zu den Daten haben, aufgrund derer sie offensichtlich beurteilt werden.

 
  
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  Jeanine Hennis-Plasschaert (ALDE). – (NL) Herr Präsident! Nach endlosen Debatten, viel „Pull“ und „Push“ hatte ich auf eine angemessene Erklärung zur Effizienz oder der angeblichen Effizienz eines Abkommens wie diesem gehofft. Diese Hoffnung hat sich jedoch zerschlagen, als ich das Abkommen las, das von Herrn Schäuble und anderen, darunter Ihnen, mit so viel großen Worten angekündigt worden war.

Doch kein Wort zu dieser angeblichen Effizienz. Wie viele Terroristen wurden aufgrund des bestehenden Interimsabkommens aufgehalten? Natürlich verstehe ich, wie auch die Kommission, wie wichtig ein solches Abkommen nicht zuletzt wegen der Stellung der europäischen Luftfahrtindustrie ist. Rechtssicherheit ist wichtig für alle, aber Regeln und Bestimmungen sollte es nicht um ihrer selbst willen geben.

Was mich beim Lesen dieses Abkommens vor allem überrascht hat, ist, dass sehr viel aus unserer eigenen Tasche kommt. Es ist mir völlig unverständlich, warum wir als Union in eine solche Position eines „Underdog“ gedrängt werden. Sowohl der Rat als auch die Kommission könnten von der Beharrlichkeit unserer Meisterin, Frau in ’t Veld, lernen. Daher gebührt ihr für ihre unablässigen Bemühungen großer Dank.

Abschließend noch Folgendes: Die Bekämpfung des Terrorismus ist natürlich sehr wichtig, doch ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir bei dieser Frage den Blick für die Wirklichkeit zu verlieren drohen. Dieses Abkommen ist nicht ausreichend, bei weitem nicht.

 
  
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  Sarah Ludford (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Ich befürchte, dass auch ich die leicht skeptische Richtung einschlagen werde. Doch zu Beginn eine Bitte an den Herrn Kommissar. Könnten Sie uns bitte erklären, worin die Rechtsgrundlage für dieses Abkommen aus EU-Sicht besteht? Der einzige Hinweis, den ich darin auf irgendein Rechtsinstrument finden kann, sind US-Gesetze. Ich finde keinerlei Verweise auf Rechtsgrundlagen aus den Verträgen. Ich erinnere mich, dass früher einmal von den Artikeln 24 und 38 die Rede war. Wenn Artikel 38 einer von ihnen ist, weshalb wurde dann das Europäische Parlament nicht förmlich konsultiert?

Zweitens wird viel von der Notwendigkeit gesprochen, den Terrorismus zu bekämpfen. Wenn der Terrorismus wirklich eine so wichtige Priorität der EU ist, weshalb haben wir dann vier Monate ohne einen Koordinator für Terrorismusbekämpfung verstreichen lassen?

Drittens geht es bei diesem Abkommen um die Erfassung enormer Datenmengen über jeden als Grundlage für die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen, Data Mining usw., doch die auf die Bekämpfung des Terrorismus abzielenden Maßnahmen werden nur äußerst schlecht umgesetzt.

Der Direktor von Interpol hat unlängst einen „beispiellosen Angriff auf das Vereinigte Königreich“, wie es in der Presse hieß, gestartet, weil es versäumt habe, Besucher anhand der Interpol-Datenbank für gestohlene Reisepässe zu kontrollieren. Als die Kommission im vergangenen Jahr einen Bericht über den gemeinsamen Standpunkt vom Januar 2005 vorlegte, spielten von den Mitgliedstaaten erzielte Ergebnisse überhaupt keine Rolle. Lediglich eine kleine Zahl von Mitgliedstaaten hatte Infrastrukturen geschaffen, die es den Behörden ermöglichten, die Dateien von Interpol zu durchsuchen. 8 der 25 Mitgliedstaaten reagierten auf die Aufforderung der Kommission nicht, und nur wenige Mitgliedstaaten hatten dafür gesorgt, dass ihre Strafverfolgungsbehörden in der Datenbank suchen. Die Mitgliedstaaten ignorieren ihre Verpflichtungen total.

Zum Schluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass wir die APIS-Richtlinie der EU aus dem Jahre 2004 haben, die im vergangenen Jahr hätte umgesetzt sein müssen. Könnte uns der Herr Kommissar mitteilen, ob die Mitgliedstaaten diese Richtlinie umgesetzt haben, weshalb sie sich lediglich mit illegaler Einwanderung befasst und weshalb sie nicht dafür sorgt, dass Besucher anhand von Beobachtungslisten für Terroristen überprüft werden? Es gibt viele Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten überhaupt nicht umgesetzt werden. Lassen Sie uns doch das zuerst tun, bevor wir eine Massenüberwachung der gesamten Bevölkerung in Angriff nehmen.

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte all denjenigen, die das Wort ergriffen haben, danken, auch wenn ich mit den meisten ihrer Ausführungen nicht einverstanden bin, doch wie Sie wissen, bin ich immer ganz offen und ehrlich zu Ihnen.

Meine Damen und Herren! Abkommen werden zwischen zwei Parteien geschlossen. Die Vereinigten Staaten haben das Recht, einem Abkommen zuzustimmen oder es abzulehnen. Unsere Pflicht war es in erster Linie, den Ministerrat um ein Verhandlungsmandat zu ersuchen, was uns auch erteilt wurde und in dessen Rahmen wir verhandelt haben. Das Abkommen wurde von den Mitgliedstaaten gebilligt – immerhin hatten sie uns die Verhandlungsvollmacht erteilt –, d. h. sie waren offenkundig der Auffassung, dass dieses Abkommen wesentlich besser sei als die Aussicht, nach dem 31. August dieses Jahres, also in wenigen Tagen, gänzlich ohne Abkommen dazustehen.

Ehrlich gesagt, hätte ich von denjenigen, die dieses Abkommen so scharf kritisiert haben, zumindest gern einige Bemerkungen zu den Folgen gehört, die es hätte, wenn es gar kein Abkommen gäbe. Kann sich irgendjemand von Ihnen vorstellen, dass die Fluggesellschaften in bilateralen Verhandlungen mit den USA ein höheres Schutzniveau für die personenbezogenen Daten erreicht hätten? Ich glaube nicht, dass sich das irgendjemand wirklich vorstellen kann. Der Schutz personenbezogener Daten der europäischen Bürger wäre ernsthaft in Gefahr ohne die Sicherheit verbindlicher rechtlicher Regelungen.

Wie Sie wissen, haben wir erstmals ein verbindliches Abkommen, im Unterschied zu dem vorhergehenden, das keine bindenden, sondern nur einseitige Verpflichtungen enthielt. In diesem Abkommen haben wir die von diesem Parlament mehrfach geforderte Push-Methode als grundlegendes Kriterium anerkannt. Wenn einige Fluggesellschaften erklärt haben, sie seien noch nicht in der Lage, vom Pull-System auf das Push-System umzustellen, so sind weder die USA noch Europa daran schuld, sondern vielmehr die Tatsache, dass einige von ihnen aus technischen Gründen noch nicht zu einer Systemumstellung imstande waren. Dass andere sehr wohl dazu in der Lage waren, hängt von ihren technischen Voraussetzungen und ihrem guten Willen ab, und wir werden sie bei diesem Schritt unterstützen.

Wir haben das Push-System als Maßstab festgelegt; wenn jedoch eine Fluggesellschaft erklärt, technisch nicht in der Lage zu sein, es anzuwenden, dann müssen andere Vorschläge erwogen werden. Können wir einer solchen Fluggesellschaft die Landerechte verweigern? Ich bin bereit, jeden Vorschlag zu prüfen, doch haben wir auch einen Termin gesetzt, nämlich Ende dieses Jahres. Das scheint technisch machbar zu sein, da laut Auskunft des IATA (Internationaler Luftverkehrsverband) zu Recht davon ausgegangen werden kann, dass alle Fluggesellschaften binnen sechs Monaten die technischen Voraussetzungen schaffen können, um das neue System einzuführen. Das liegt ausschließlich an technischen Gründen.

Wir haben vereinbart, dass sensible Daten innerhalb von 30 Tagen gelöscht werden, eine Maßnahme, die früher nicht vorgesehen war, und wir haben vereinbart, dass das US-amerikanische Gesetz über den Schutz der Privatsphäre auf die europäischen Bürger angewendet wird, was in zahlreichen Debatten hier im Parlament als eine wesentliche Bedingung genannt worden ist: Die EU-Bürger werden sich auf dasselbe Gesetz wie die US-Bürger berufen können, falls das US-Ministerium für innere Sicherheit ihre Daten missbrauchen sollte. Das gab es bisher nicht, und ich sage Ihnen, wie es wirklich ist.

Herr Lambrinidis hat zu Recht Drittstaaten erwähnt. Es stimmt, dass die fraglichen Daten an Drittländer weitergegeben werden können, doch wie Sie wissen, wurde dieselbe Kontrollbefugnis in Bezug auf deren korrekte Verwendung festgelegt. Die Tatsache, dass sie an ein Drittland weitergegeben werden, beeinträchtigt nicht die Kontrollbefugnis: Der Drittstaat wird die Daten nach denselben Regeln verwenden, die in diesem Abkommen festgelegt sind, und wir werden dieselbe Befugnis haben, zu überprüfen, ob die Daten ordnungsgemäß verwendet wurden oder nicht.

Jemand hat nach der Möglichkeit der Kündigung des Abkommens gefragt: Diese Möglichkeit besteht selbstverständlich, und zwar bei schweren Verstößen, und Sie wissen genau, welche Rechtsgrundlage hierfür herangezogen wird. Artikel 24 EU-Vertrag ist eine Grundlage für die Regierungszusammenarbeit und leider keine Grundlage für ein Tätigwerden der Gemeinschaft, das hat der Gerichtshof der Europäischen Union so entschieden. Vorher war ein Abkommen auf einer Rechtsgrundlage ausgehandelt worden, die Ihre vollständige Beteiligung als Europäisches Parlament vorsah. Leider hat der Gerichtshof in seinem Urteil entschieden, dass die Rechtsgrundlage ungeeignet war, und, wie Sie wissen, ist alles auf diese Urteil zurückzuführen.

Es stimmt, Herr Lambsdorff, viele Mitgliedstaaten kommen den EU-Vorschriften nicht nach, obgleich sie diese vollständig umsetzen müssten. Sie wissen genau, dass ich nicht nur vor einigen Tagen den Stand der Umsetzung für jedes einzelne Land veröffentlicht, sondern dass ich auch Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet habe, und ich denke nicht, dass wir den Ausgang dieser Verfahren abwarten müssen, um sinnvolle Vorschläge zur Terrorismusbekämpfung anzunehmen.

Ich bin nicht derselben Auffassung wie diejenigen, die sagen: „Lasst uns erst andere Dinge tun und dann mit dem Terrorismus befassen.“ Der Terrorismus stellt eine ernste und akute Bedrohung dar. Dieses Abkommen hätte wahrscheinlich besser ausfallen können, wenn wir es allein ausgehandelt hätten, doch da Abkommen zwischen zwei Seiten geschlossen werden, ist es ein Kompromiss, und der Ministerrat hat es im Sinne eines Kompromisses einstimmig gebilligt. Meiner Ansicht nach hat er recht getan, und der deutschen Präsidentschaft, die so hart auf dieses Abkommen hingearbeitet hat, wurde die gebührende Anerkennung zuteil.

Es handelt sich um ein verbindliches Abkommen, das sicher dazu beitragen wird, den Terrorismus zu bekämpfen oder, besser noch, zu verhüten. Kein Mitglied des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres sollte vergessen, dass der US-Minister für innere Sicherheit ins Europäische Parlament kam und Ihnen Informationen gab und in einigen Fällen konkrete Fakten über Terrorismusverdächtige vorlegte, die dank der PNR-Daten gestoppt wurden. Das waren zwar nur wenige Fälle, die jedoch Personen betreffen, die dank der PNR-Daten gestoppt wurden und die später anderswo in der Welt in Sprengstoffattentate verwickelt waren.

Ich glaube, trotz der vielen Folgenabschätzungen, die wir vorgenommen haben und vielleicht noch vornehmen werden, ist das vorliegende Abkommen, das Rechtssicherheit gewährleistet, unendlich besser als kein Abkommen. Es tut mir Leid, wenn wir uns in diesem Punkt nicht einig sind, doch fühle ich mich verpflichtet, aufrichtig zu sein.

 
  
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  Kathalijne Maria Buitenweg (Verts/ALE). – (EN) Herr Präsident! Uns fehlt ein wichtiger Teil von Informationen. Die positive Stellungnahme der PPE-DE-Fraktion beruht zum Teil auf der Tatsache, dass die Zahl der Datensätze, die jetzt an die USA gehen, von 34 auf 19 verringert wurde. Ich habe die Kommission aufgefordert bekannt zu geben, welche der 15 Informationen nicht mehr an die USA weitergegeben werden, denn soweit ich es sehe – und die Berichterstatterin, Sophia in’t Veld, hat es auch angesprochen – wurden die meisten Bereiche zusammengelegt, so dass es sich im Wesentlichen um eine kosmetische Änderung handelt. Ich wäre gern überzeugt davon, dass das Gegenteil der Fall ist. Ich bitte die Kommission, die 15 Informationsbereiche aufzulisten, die jetzt an die USA nicht mehr weitergegeben werden.

 
  
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  Der Präsident. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag, dem 12. Juli 2007, statt.

 

19. Aussichten für den Erdgas- und den Elektrizitätsbinnenmarkt (Aussprache)
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  Der Präsident. Als nächster Punkt folgt der Bericht von Alejo Vidal-Quadras im Namen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie über die Aussichten für den Erdgas- und den Elektrizitätsbinnenmarkt (2007/2089(INI)) (A6-0249/2007).

 
  
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  Alejo Vidal-Quadras (PPE-DE), Berichterstatter.(ES) Herr Präsident! Am 10. Januar legte die Kommission das so genannte Energiepaket vor, in dem sie eine umfassende Analyse der Energiesituation der Europäischen Union vornimmt, einschließlich des Beitrags der erneuerbaren Energiequellen, der nachhaltigen Nutzung der konventionellen Energiequellen und der Schaffung eines wettbewerbsfähigen und offenen Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarktes.

Der Bericht, den dieses Parlament morgen annehmen wird, befasst sich mit den wichtigsten von der Kommission aufgeworfenen Fragen zum letzteren Punkt, dem Binnenmarkt. Der im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie angenommene Text, der mit allen Fraktionen abgestimmt wurde, spiegelt die Tatsache wider, dass zu den meisten Themen ein klarer Konsens besteht, und wir hoffen, dass unsere Beiträge für Kommissar Piebalgs von Nutzen sind, wenn die Annahme des dritten Liberalisierungspakets im September ansteht.

Um nun zum Inhalt des Berichts zu kommen: Das Parlament vertritt die Ansicht, dass wir beim Rechtsrahmen mehr Koordinierung auf europäischer Ebene brauchen. Das derzeitige System – 27 Mitgliedstaaten, 27 verschiedene Vorschriften – stellt ein ernsthaftes Hindernis für den Binnenmarkt dar, insbesondere beim grenzüberschreitenden Handel und der Förderung des Verbunds. Daraus resultiert der Vorschlag zur Schaffung eines europaweiten Gremiums, das sich mit diesen Aspekten befasst.

Wir sind auch erfreut über das entschiedene Engagement des Rates, das Ziel eines Verbundgrads von 10 % zwischen den Mitgliedstaaten zu erreichen, was besonders für die Staaten in Randlage von Bedeutung ist.

Auf nationaler Ebene wird die völlige Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden von den Regierungen und der Industrie und die Stärkung ihrer Kompetenzen gefordert, damit sie die Einhaltung der Rechtsvorschriften gewährleisten können. Die Regulierer müssen dafür sorgen, dass die Märkte transparent und für alle offen sind und kein Missbrauch durch die bestehenden Unternehmen stattfindet.

Wir stimmen zu, dass die regulierten Tarife schrittweise aufzuheben sind. Solche Tarife existieren in einigen Mitgliedstaaten, wo sie den Markteinstieg neuer Unternehmen verhindern sollen. In manchen Fällen sind sie so niedrig, dass sie die echten Kosten nicht wiedergeben, und das sendet ein falsches Signal an die Verbraucher.

Wir leben jetzt in einer Zeit, die einen radikalen Wandel der Verbrauchergewohnheiten verlangt, und um die Energieressourcen optimal zu nutzen, müssen sich die Bürger über deren wahren Wert voll im Klaren sein.

Darüber hinaus führt der Bericht – wenn Sie mir den Ausdruck gestatten – ein soziales Kapitel ein, und die Mitgliedstaaten werden darauf hingewiesen, dass die Vollendung eines wettbewerbsfähigen Energiemarktes unter keinen Umständen eine Aufweichung der Verbraucherrechte bedeuten darf und dass unsere Verpflichtungen gegenüber den sensiblen Sektoren der Gesellschaft aufrechterhalten bleiben müssen.

Schließlich das brisanteste Thema im Bericht: die eigentumsrechtliche Entflechtung der Erzeugung von der Verteilung der Elektroenergie. Die Mehrheit des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie vertritt die Auffassung, dass uns diese Eigentumsentflechtung ein geeignetes Mittel zur Erreichung einer größeren Transparenz, zur Gewährleistung von Investitionen und der Sicherstellung des Marktzugangs für neue Gesellschaften in die Hand gibt.

Dies sind die Hauptpunkte des Berichts, Herr Präsident, und mir bleibt nur, der Generaldirektion Übersetzung und Veröffentlichung und der Präsidentschaft dieses Parlaments für ihre unschätzbare Hilfe zu danken. Ohne sie wäre es nicht möglich gewesen, diesen Bericht in nur vier Monaten fertig zu stellen, gerade rechtzeitig, um unsere effektive Mitwirkung am Gesetzgebungsprozess zu gewährleisten. Hervorheben möchte ich auch die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit den Schattenberichterstattern und den Fraktionen. Es war wirklich ein Vergnügen, mit ihnen diesen Bericht zu beraten, und wir wollen hoffen, dass die morgige Abstimmung all diese Arbeit zu einem glücklichen Abschluss bringt.

 
  
  

VORSITZ: RODI KRATSA-TSAGAROPOULOU
Vizepräsidentin

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Ich denke, ich sollte dort beginnen, wo Vizepräsident Vidal-Quadras aufgehört hat und ihm vor allem für die geleistete Arbeit und sein Engagement danken. Ferner möchte ich dem Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie für die engagierte Debatte sowie all jenen meinen Dank aussprechen, die es ermöglicht haben, dass dieser Bericht innerhalb eines so kurzen Zeitraums angenommen werden kann. Das ist wirklich ein Erfolg, und er muss entsprechend gewürdigt werden.

Der Bericht wird, wenn er angenommen ist – und ich gehe davon aus, dass das morgen der Fall sein wird – den Weg für einen Legislativvorschlag der Kommission ebnen, den wir bis September fertig gestellt haben wollen. Dieser Bericht ist wirklich notwendig, und wir brauchen die uns noch verbleibenden Monate Juli und August, um einen guten Legislativvorschlag erarbeiten zu können, der sich mit all den vom Parlament aufgeworfenen Fragen befasst.

Lassen Sie mich eingangs erklären, weshalb wir diesen Vorschlag brauchen. Meiner Meinung nach dürfen wir niemals aus den Augen verlieren, weshalb die Kommission diesem Vorschlag so viel Bedeutung beimisst. Aus formeller Sicht spricht dafür, dass zwei Berichte der Kommission und der Schlussbericht über die Untersuchung des Energiesektors zweifelsfrei auf die Notwendigkeit neuer Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene hinweisen, um die grundsätzlichen Ziele der Versorgungssicherheit und der Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen.

Das sind jedoch nicht die einzigen Gründe. In der Energiewirtschaft hat es entscheidende Veränderungen gegeben, die diesen Vorschlag rechtfertigen. Erstens waren die Energiepreise noch nie so hoch wie jetzt. Der Preis von 70 USD pro Barrel Erdöl ist eindeutig zu hoch. Diejenigen, die gewöhnlich verlauten lassen, die Ölpreise würden zurückgehen, sind kaum noch zu hören. Wenn die Ölpreise hoch sind, dann bedeutet das auch hohe Gaspreise und sie wirken sich auch auf den Preis von Kohle aus. Im Grunde sind alle Energiekosten dann höher. Wir können davon ausgehen, dass aufgrund des höheren Verbrauchs und der durch die wachsende Bevölkerungszahl gestiegenen weltweiten Nachfrage die Preise auf hohem Niveau bleiben.

Die zweite Herausforderung, nämlich der Klimawandel, schlägt noch deutlicher zu Buche. Wir wissen, dass der Energiesektor wesentlich zur Emission von Treibhausgasen beiträgt. Daher müssen wir die Instrumente stärken, die den Klimawandel bekämpfen. Nicht zuletzt haben wir auch noch die Herausforderung, die die EU-Erweiterung mit sich bringt. Durch den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zur Europäischen Union steigt der Bedarf an stärkeren Solidaritätsmechanismen im EU-Energiesektor. Viele dieser Länder sind von lediglich einem Anbieter abhängig und damit außerordentlich anfällig, wenn die Lieferungen unterbrochen werden.

Die Ziele der Energiepolitik – Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit – hängen in starkem Maße von der Lage auf dem EU-Binnenmarkt ab. Am 1. Juli 2007 gab es eine wesentliche Änderung im Erscheinungsbild, denn nunmehr hat jeder Verbraucher rechtmäßig eine Chance, sich seinen Anbieter selbst auszusuchen. Das sollte eine echte Aufforderung sein, Investitionen vorzunehmen, und sollte zu besserer Qualität führen. Diese Botschaft wurde allerdings abgeschwächt, weil in vielen Mitgliedstaaten Maßnahmen nur halbherzig und nicht konsequent genug auf den Weg gebracht wurden.

Es wurde gesagt, die Rohstoffpreise in der Welt würden infolge der Liberalisierung steigen, doch die Liberalisierung war niemals der eigentliche Grund. Der Grund ist, dass eine Liberalisierung niemals erfolgt ist, und das bedeutet, dass wir – welche Schritte auch immer unternommen werden – Garantien schaffen müssen, dass jeder Bürger und jedes Unternehmen in der Europäischen Union die Möglichkeit und das Recht hat, einen Anbieter selbst zu wählen. Sind Preis oder Dienstleistung nicht zufrieden stellend, dann muss man das ändern, ohne vor den Folgen Angst haben zu müssen. Meiner Meinung nach ist es absolut erforderlich, entschiedenere Maßnahmen zu ergreifen, die zu mehr Wettbewerb und zu mehr Europa führen, denn Europas Stärke liegt in seinem Ausmaß und in seinen Möglichkeiten.

Die wesentlichen Maßnahmen hat der Berichterstatter gut zum Ausdruck gebracht. Ich möchte lediglich noch einige Worte dazu sagen. Die Schlüsselfrage ist zweifelsohne die Entflechtung. Besonders freuen wir uns über die Ausführungen zur Entflechtung im Elektrizitätssektor.

Was den Erdgassektor betrifft, sollten noch einige zusätzliche Bemerkungen gemacht werden, denn im Grunde genommen ist die Lage in diesem Bereich nicht anders. Wenn die Entflechtung nicht richtig vorgenommen wird, erreichen die Lieferungen die Verbraucher nicht und der Markt wird im Endeffekt aus Mangel an Gas verkümmern.

Transparenz ist unabdingbar. Im Hinblick auf die Regulierung sollten wir uns mit zwei Ebenen befassen. Erstens geht es um die grenzüberschreitenden Energieflüsse im Binnenmarkt, und zweitens sollten wir darauf achten, dass die nationalen Regulierungsbehörden Befugnisse erhalten, aber auch die Verpflichtung haben, neue Investitionen vorzunehmen. Sie sind nicht nur für die Kontrolle des Marktes zuständig. Sie müssen auch dafür verantwortlich sein, dass Investitionen vorgenommen werden. Die Zusammenarbeit zwischen den Übertragungsnetzbetreibern ist zu verstärken. Gleiches gilt auch für Verbundmaßnahmen.

Ich möchte ferner darauf hinweisen, dass es weiterhin eine Reihe anderer guter, wichtiger Bemerkungen zur Energieeffizienz, zu intelligenten Netzen, Biogas und eine Ausgewogenheit mit langfristigen Verträgen gibt. Ich möchte einen Aspekt hervorheben, der im Bericht vielleicht umgangen oder sehr vorsichtig angesprochen wurde. Bei der regionalen Zusammenarbeit zeigen die Entwicklungen des pentalateralen Marktes ganz klar, dass es auch auf dem regionalen Markt viele Möglichkeiten gibt. Gleichzeitig stimme ich mit dem Parlament überein, dass wir immer Vorsicht walten lassen sollten, um den Binnenmarkt nicht zu spalten. Wir sollten vielmehr diese Initiative nutzen, um den gesamten Markt voranzubringen.

Abschließend möchte ich nochmals allen Beteiligten danken. Der Vorschlag der Kommission wird allen im Bericht angesprochenen Punkten gebührend Rechnung tragen. Wir sollten immer daran denken, dass Energie ein ganz besonderer Rohstoff ist wie der Boden, das Wasser und die Luft. Gleichzeitig möchte ich sagen, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch ein knapper Rohstoff ist, solange wir nicht gelernt haben, wie wir mehr Energie aus Sonne, Wind oder Biomasse gewinnen können.

 
  
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  Sophia in 't Veld (ALDE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und Währung. (NL) Frau Präsidentin! Zunächst einmal möchte ich den Berichterstatter beglückwünschen. Der vom Ausschuss für Wirtschaft und Währung gebilligte Bericht deckt sich völlig mit Ihrem Standpunkt, und dies ist mehr oder weniger auch die Position der Kommission und diejenige, die ich als Berichterstatterin eingenommen hatte.

Natürlich brauchen wir im 21. Jahrhundert einen echten, voll entwickelten Energiebinnenmarkt. Dies wurde beim Gipfeltreffen vor zwei Wochen noch einmal klargestellt, und das bedeutet, dass wir darauf bedacht sind, einen echten Wettbewerb zu schaffen. Protektionismus ist daher grundlegend falsch. Ich begrüße sehr, dass Herr Vidal-Quadras in seinem Bericht auf die Bedeutung von Gegenseitigkeit hingewiesen hat – denn nur allzu oft wollen Länder ihre eigenen nationalen „Champions“ schützen, aber dennoch in anderen Ländern einkaufen gehen, was natürlich nicht hinnehmbar ist.

Selbstverständlich müssen die Interessen der Bürger geschützt werden, denn Sie sagen zu Recht, dass Energie ein besonderes Gut ist. Doch dies sollte durch gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen und eine Regierung geschehen, die ihrer Verantwortung nachkommt, statt durch Protektionismus. Schutz? Dazu sage ich „Ja“. Schutz des Marktes? Nein.

Abschließend begrüße ich die Tatsache, dass ein seit langem bestehender Wunsch der Liberalen nun ausdrücklich in den Bericht aufgenommen wurde, nämlich dass erneuerbare Energieträger durch die Schaffung wirklich gleicher Bedingungen und die Berücksichtigung externer Umweltkosten beim Preis nun endlich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Energieträgern haben, was unserer Umwelt zugute kommen wird.

 
  
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  Brigitte Douay (PSE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für regionale Entwicklung. – (FR) Frau Präsidentin! Im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung möchte ich mit Nachdruck darauf verweisen, dass die Vollendung des Energiebinnenmarkts mit dem Ziel des wirtschaftlichen, sozialen und räumlichen Zusammenhalts der Europäischen Union in Verbindung steht und infolgedessen auf ein hohes Niveau von Dienstleistungen für die Öffentlichkeit, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit sowie auf die vollständige Befriedigung des Verbraucherbedarfs ausgerichtet sein muss. Der totale Wettbewerb in einem so spezifischen Markt wie dem Erdgas- und Elektrizitätsmarkt ist nämlich nur gerechtfertigt, wenn die Preise niedriger sind, größere Räume beliefert und den Kunden effizientere Dienstleistungen angeboten werden.

Besonderen Nachdruck möchte ich daher auf die Berücksichtigung schutzbedürftiger Kunden, die Versorgungssicherheit in den Regionen mit Entwicklungsrückstand, den Regionen mit natürlichen Benachteiligungen und den Regionen in äußerster Randlage legen. Spezielle Aufmerksamkeit gebührt außerdem den Grenzregionen, die in erster Linie Nutzen aus einem funktionierenden Binnenmarkt ziehen könnten.

Voraussetzung für die Vollendung dieses Marktes sind völlige Transparenz sowie eine lückenlose, unverfälschte Information über die Herkunft der Elektrizität, besonders wenn es sich um Elektrizität aus erneuerbaren Energieträgern handelt. Diesbezüglich müssen die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften in ihren Bemühungen um Förderung der Energieeffizienz und der Energieeinsparung, insbesondere im Bereich des Verkehrs und des Wohnungsbaus, von der Europäischen Union unterstützt werden.

Abschließend möchte ich Herrn Vidal-Quadras dafür danken, dass er in seinem Bericht eine Reihe unserer Bemerkungen berücksichtigt hat.

 
  
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  Herbert Reul, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist äußerst schwierig, den Binnenmarkt im Energiebereich besser auszustatten. Wir haben fürwahr reichlich Probleme, zum Teil, weil die Energie in der Hand eines staatlichen Unternehmens ist, zum Teil, weil sie in der Hand eines Oligopolisten ist, zum Teil, weil der Staat eingreift und Preise festsetzt. Und fürwahr, deshalb muss darüber nachgedacht werden, mit welchen Instrumenten wir hier mehr Markt erreichen können!

Teile dieses Parlaments haben Probleme mit den Vorschlägen. Mit einigen dieser Vorschläge ist es wirklich so, dass die eigentumsrechtliche Entflechtung die einzige Möglichkeit ist, die garantiert, dass eine Liberalisierung im Binnenmarkt stattfindet. Die Daten sprechen nicht zwingend dafür. Das muss man sich anschauen! Die Staaten, die Energieunternehmen investieren nicht unbedingt am meisten in Netze, die entflochten sind, sondern nach den vorliegenden Zahlen investieren Staaten und Unternehmen sehr stark in Interkonnektoren und in Netze, die nicht entflochten sind.

Wir müssen uns die Frage stellen: Ist eigentlich ein Unterschied zu machen zwischen den Mitgliedstaaten, in denen die Energieunternehmen in staatlichem Eigentum sind, und denjenigen, bei denen sie in privatem Eigentum sind? Warum gilt die Entflechtung eigentlich nur für Systeme, die in privatem Eigentum sind, und nicht entsprechend auch für Systeme, wo der Staat Eigentümer ist?

Wie lange dauert es eigentlich, bis dieses Instrument der eigentumsrechtlichen Entflechtung das ganze Gesetzgebungsverfahren durchlaufen hat und umgesetzt wird? Wir wollen doch möglichst schnell Veränderungen durchsetzen! Unsere Erfahrung hat uns aber gelehrt, dass es aller Wahrscheinlichkeit nach viele Jahre dauern wird, bis wir überhaupt eine Wirkung erzielen, wenn wir diesen Mechanismus jetzt in Gang setzen.

Last, but not least stellt sich die Frage, wer eigentlich diese Netze kaufen wird. Wer wird denn in Zukunft der Eigentümer sein? Der Staat, andere Unternehmen – Gazprom, Hedgefonds – oder wie soll das eigentlich funktionieren? Ist es wirklich das, was wir wollen? Ich bezweifle, dass mit diesem Instrument der richtige Weg gefunden wird. Deshalb möchte ich dafür werben, dass wir den Mitgliedstaaten in stärkerem Maße auch alternative Möglichkeiten wie ISO oder RIO, also regionale Zusammenarbeit, bieten. Wir müssen sehen, wie wir mit verschiedensten Methoden das erreichen, was wir uns alle als gemeinsames Ziel gesetzt haben. Wir sollten dabei aber vermeiden, uns auf ein Ziel als das vermeintlich allein selig machende zu konzentrieren.

 
  
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  Edit Herczog, im Namen der PSE-Fraktion. (HU) Ich beglückwünsche den Berichterstatter, der gemeinsam mit den Schattenberichterstattern in einer äußerst kurzen Zeit eine hervorragende Arbeit geleistet hat. Ich danke und gratuliere ihm. Im Berichtsentwurf ist es uns gelungen, eine ungewöhnlich große Zahl von wesentlichen Kompromissen zu erarbeiten.

In der Frage der eigentumsrechtlichen Entflechtung müssen wir die Entscheidung der demokratischen Mehrheit akzeptieren, und in der Sitzung des parlamentarischen Ausschusses haben alle für die eigentumsrechtliche Entflechtung gestimmt. Gleichzeitig formulieren wir politische Orientierungen, beschließen jedoch keine Verordnungen. Daher ist es angebracht, so viele Optionen wie möglich offen zu lassen. Die eigentumsrechtliche Entflechtung scheint die effektivste Lösung zu sein, ist jedoch nicht die einzige Lösung. Genau aus diesem Grund wird die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament den ersten Änderungsantrag unterstützen, durch den die zukünftige Folgenabschätzung auch das ISO-Modell der Systembetreiber einschließen wird.

Im Namen der Sozialdemokratischen Fraktion möchte ich insbesondere das neue Kapitel zu den sozialen Folgen der Marktliberalisierung und zum Verbraucherschutz begrüßen. Ich ersuche die Kommission, die im Bericht enthaltenen Vorschläge voll und ganz zu befolgen und so bald als möglich, vorzugsweise noch in diesem Jahr, die Energieverbrauchercharta zu verabschieden. Es ist heutzutage eine nicht zu leugnende Tatsache, dass jeder Energie braucht, und eben aus diesem Grunde stellen wir den Verbraucher in den Mittelpunkt unserer zukünftigen Energiepolitik. In der Praxis sind sich die Verbraucher oftmals nicht bewusst, wann, unter welchen Umständen und wie sie ihr Recht auf Energie durchsetzen können. Deshalb benötigen sie Informationen, Unterstützung und in bestimmten Fällen auch Schutz.

Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass das Parlament die Annahme eines sehr konkreten, vorausschauenden Standpunkts in Bezug auf die Öffnung und Regulierung des Marktes vorbereitet. Als Mitentscheidungsträger werden wir auch in Zukunft auf der Unabhängigkeit, Verantwortung und Mitarbeit der Regulierungsbehörden bestehen, damit der Markt transparenter wird und die anstehenden Entwicklungen vorgenommen werden können.

Zum Schluss möchte ich alle noch einmal an Folgendes erinnern: Die Ziele der Energiepolitik bestehen in der Energiesicherheit, der Wettbewerbsfähigkeit und der Verringerung des Kohlendioxidausstoßes Europas. Der Wettbewerb ist lediglich ein Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Deshalb dürfen wir zwei Dinge nicht miteinander verwechseln: Wir dürfenden Wettbewerb nur dann fördern, wenn und sofern er wirklich der Energiesicherheit und Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit dient – zum Beispiel im Hinblick auf langfristige Preisvereinbarungen.

 
  
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  Anne Laperrouze, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Herrn Vidal-Quadras zu seiner Arbeit beglückwünschen: Dank zahlreicher Änderungsanträge vermochte er bei einem heiklen Thema sicherzustellen, dass in dem Text, den das Parlament annehmen wird, die Optionen aufgelistet werden, die uns als Leitfaden für die im kommenden Herbst anstehenden Debatten dienen können.

Durch den vorliegenden Bericht ist die entscheidende Rolle der nationalen Regulierungsbehörden erneut bekräftigt worden. Unabhängigkeit, verstärkte Konvergenz und Harmonisierung ihrer Befugnisse sind eine wesentliche Voraussetzung nicht nur in Bezug auf Transparenz, Kommunikation und Rechenschaftspflicht, sondern auch hinsichtlich der Beziehungen mit den Verkehrsnetzbetreibern. Die dem grenzüberschreitenden Handel und seinen Verbindungsleitungen in Form technischer und rechtlicher Disparitäten im Wege stehenden Hindernisse müssen überwunden werden. Meiner Ansicht nach müssen die Regulierungsbehörden die notwendigen Investitionen auf Vorschlag der Netzbetreiber bewilligen und sicherstellen, dass diese Investitionen getätigt werden. Der Wunsch der Europäischen Kommission nach einer engeren Zusammenarbeit der nationalen Regulierungsbehörden weist somit in die richtige Richtung.

Die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa begrüßt die Tatsache, dass dieses Parlament die Notwendigkeit unterschiedlicher Ansätze für den Elektrizitäts- und Erdgassektor unterstrichen hat. Der Erdgassektor erfordert spezifische Lösungen, um die Unterschiede zwischen den vor- und nachgelagerten Märkten zu berücksichtigen. So sind die Erdgaserzeuger größtenteils außerhalb der Europäischen Union angesiedelt und unterliegen nicht denselben Vorschriften, wie sie im Binnenmarkt gelten. Die eigentumsrechtliche Entflechtung der Netze könnte die europäischen Erdgasunternehmen schwächen.

In Bezug auf die regulierten Tarife sind wir der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten ihre Anwendung schrittweise aufheben müssen, allerdings unter Wahrung der Möglichkeit, Tarife für die Versorgung letzter Instanz zum Schutz benachteiligter Verbraucher anzuwenden.

Ich werde mit dem Punkt schließen, der für Kontroversen gesorgt hat: die Frage der eigentumsrechtlichen Entflechtung. Nach Auffassung der ALDE-Fraktion stellt das Ziel einer transparenten und diskriminierungsfreien Behandlung aller Akteure durch die Netzbetreiber einen entscheidenden Faktor für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts dar. Hier vertrete ich nun einen anderen Standpunkt als einige meiner Kollegen, denn ich halte diese eigentumsrechtliche Entflechtung nicht für das Schlüsselelement, das die Vollendung des Binnenmarkts ermöglicht. Stellt sich diese Option, nachdem sie vorgeschrieben worden ist, als falsch heraus, könnte der Schaden den europäischen Unternehmen sowie, letzten Endes, der Versorgungssicherheit zum Nachteil gereichen.

Wichtiger erscheint mir, einen Verhaltenskodex für die Netzbetreiber einzuführen, um die nötigen Investitionen vorzunehmen und die Befugnisse der Regulierungsbehörden zu verstärken. Wir brauchen sowohl große europäische Energie-Champions als auch den Wettbewerb, damit der Markt funktionsfähig ist. Vonnöten sind die Regelung der Preistransparenz und die Verhinderung überzogener Preisfestsetzungen, denn Energie ist eine für die Europäer und für die europäische Wirtschaft lebenswichtige Notwendigkeit.

 
  
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  Eugenijus Maldeikis, im Namen der UEN-Fraktion. (LT) Vor allem möchte ich dem Berichterstatter für den konstruktiven und realistischen Standpunkt bei der Erarbeitung dieses Berichts danken sowie für sein umfassendes Verständnis eines so komplizierten Phänomens wie die Liberalisierungsprozesse des Elektrizitäts- und Gasmarktes in der Europäischen Union. Ich möchte die Aufmerksamkeit auf einen Aspekt lenken, der meiner Meinung nach äußerst wichtig ist: Die Liberalisierung des Gas- und Elektrizitätsmarktes darf nicht losgelöst von der Gestaltung der Außenpolitik erfolgen, weil die Abhängigkeit dieses Marktes von Drittländern und deren Unternehmen ständig größer wird. Wir kennen die möglichen Folgen nur zu gut, und deshalb ist es unabdingbar, die einzelnen Stufen und Mittel der Liberalisierung engstens mit der Gestaltung einer Energieaußenpolitik abzustimmen. Außerdem möchte ich betonen, dass es sich hier nicht um einen eindeutigen Prozess handelt – er ist äußerst komplex. Es muss unbedingt darauf hingewiesen werden, dass 20 der 27 Länder noch immer nicht die geltenden Rechtsvorschriften in nationales Recht übernommen haben, wobei die neuen Schritte, die wir bei der Liberalisierung des Marktes noch unternehmen müssen, durch weitere ergänzende Maßnahmen untermauert werden müssen, um das umzusetzen, was vorher beschlossen wurde.

 
  
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  Claude Turmes, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Wir haben einen europäischen Binnenmarkt für Strom und Gas geschaffen, der vor allem unter einem leidet: unter den Oligopolen E.ON, RWE, EDF, die auf diesem Markt präsent sind. Wir haben in Deutschland und in Frankreich den Zusammenschluss zwischen Konzernen und politischer Elite, die von Anfang an nicht fair gespielt, sondern ihre Märkte abgeschottet und die anderen Unternehmen aufgekauft haben: Monopole en France, Monopoly en dehors de la France.

Was gilt es zu tun, um aus dieser Situation herauszukommen und die grundsätzlich positiven Auswirkungen eines Binnenmarktes an die Verbraucher weiterzugeben? Wir müssen die Regulierungsbehörden stärken, wir müssen die Hochspannungs- und Gasnetze von den Stromproduzenten und Gasunternehmen trennen, und wir brauchen auch Programme wie die Gas and Electricity Release Programmes, die bei zu stark dominierten Märkten den Regulierungs- bzw. Wettbewerbsbehörden die Möglichkeit geben, Strom und Gas an die anderen Wettbewerber zu verkaufen.

Das ist die Linie, die wir im Industrieausschuss mit großer Mehrheit durchgesetzt haben. Ich hoffe, dass meine Kollegen nicht im letzten Moment auf die vielen Mails von Herrn Reul — die direkt aus der RWE-Zentrale kommen — eingehen. Erst die Einführung einer nationalen Regulierungsbehörde gegen den Willen der deutschen Energiekonzerne hat dazu geführt, dass die Tarife in den deutschen Stromnetzen gefallen sind. Das waren Milliarden, die bisher nicht in die Taschen der Verbraucher geflossen sind!

 
  
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  Esko Seppänen, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (FI) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Die eigentumsrechtliche Entflechtung ist in der EU eine patentierte Droge zur Behandlung von Krankheiten des Marktes, die durch Marktviren und –bakterien verursacht wurden. Unsere Fraktion hat kein großes Vertrauen in die Selbstheilungskräfte des Marktes, um diese Krankheiten zu kurieren. Wir brauchen daneben auch starke Regulatoren auf nationaler wie auf EU-Ebene.

Das größte Problem für die Verbraucher ist der Preismechanismus für Strom. An den Börsen erhalten alle Produzenten den gleichen Preis für ihren Strom, der an Hand der jeweils höchsten Produktionskosten ermittelt wird. Dieser Preismechanismus ist ein automatischer Gewinnbringer für Erzeuger von preiswertem Strom.

Wenn die Kommission versucht, die Strommärkte zu harmonisieren, dann wird sie auch den Preis für Strom harmonisieren. Dann wird der Strompreis in jenen Ländern, in denen er preiswert ist, steigen. Damit muss ein Teil der Verbraucher die Stromrechnungen der anderen bezahlen, und das ist ganz und gar falsch.

 
  
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  Jana Bobošíková (NI).(CS) (Anfang der Rede unverständlich) Zusammenarbeit zwischen den Übertragungsnetzbetreibern, dass es größerer Investitionen in die Infrastruktur bedarf. Es bestehen jedoch Zweifel hinsichtlich des Vorschlags zur Entflechtung. Die Kommission betrachtet sie als maßgeblichen Schritt, der eine Diskriminierung der Netznutzer verhindert. Sie ermöglicht selbstverständlich auch den Anschluss neuer Stromlieferanten und führt zur Unabhängigkeit bei Investitionsentscheidungen sowie zu einer verbesserten Abstimmung zwischen den Netzbetreibern. Dieser liberale Ansatz wäre voll und ganz richtig, wenn wir es hier mit Gütern des allgemeinen Bedarfs zu tun hätten. Sobald es aber um strategische, standortspezifische Naturschätze geht, von denen wir vollständig abhängig sind, ist die Lage ganz anders. Wissen wir, wie wir verhindern können, dass die deregulierten Märkte von Unternehmen beherrscht werden, die mit den Haupterzeugerländern verbunden sind? Wissen wir, wie wir verhindern können, dass die Märkte vom russischen Staatsunternehmen Gazprom beherrscht werden?

Meine Damen und Herren! Über 40 % der Gaslieferungen in der Union stammen derzeit aus Russland. Die einzelnen Mitgliedstaaten, die bilaterale Abkommen geschlossen haben, verschärfen diese Abhängigkeit, und wir müssen uns eingestehen, dass die Lage von Tag zu Tag schlimmer wird. Die Beziehungen zwischen Brüssel und Russland sind im Augenblick nicht gerade makellos. Niemand weiß, was passieren würde, wenn Russland beschlösse, die Abhängigkeit der Union von seinem Gas für politische Zwecke auszunutzen. Nach meiner Ansicht ist es entscheidend, die Antwort auf diese Frage zu finden, bevor wir damit beginnen, grundlegende Änderungen an der Art und Weise vorzunehmen, in der der Energiemarkt derzeit organisiert ist.

 
  
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  Gunnar Hökmark (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Zuerst möchte ich dem Berichterstatter zu einem Bericht gratulieren, der sich klar für einen vitalen Binnenmarkt für Elektrizität und Gas ausspricht.

Es gibt zwei wesentliche Punkte, die ich besonders hervorheben möchte. Erstens, die Bedeutung eines effizienten Gas- und Strommarktes ist umso größer, wenn es darum geht, den Klimawandel zu bekämpfen, die Möglichkeiten für erneuerbare Energiequellen zu sichern und für die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu sorgen. Das gilt auch für die Verbraucher. Zweitens brauchen wir eine Energiepolitik, mit der wir uns der Herausforderung stellen können, die die Abhängigkeit entweder von großen inländischen Erzeugern oder von ausländischen Akteuren darstellt, die versuchen, wirtschaftliche Macht mit politischem Druck zu verbinden, indem sie sowohl die Produktion als auch den Vertrieb kontrollieren. Das sind die beiden Elemente, mit denen wir uns befassen müssen, wenn wir eine starke gemeinsame Energiepolitik haben wollen.

Das sind auch die Gründe, weshalb die Europäische Union einen Energiemarkt mit fairem und unverzerrten Wettbewerb, mit offenen Märkten, ohne wirtschaftlichen Patriotismus braucht, und der gekennzeichnet ist durch liberté, égalité et fraternité. Wir brauchen Entflechtung, damit Wettbewerb herrscht und es neue Energiequellen gibt, und wir brauchen gemeinsame Strom- und Gasnetze innerhalb ganz Europas, damit wir dafür Sorge tragen können, dass der Markt effizient ist und Solidarität geübt wird.

Auf diese Weise können wir Solidarität mit Effizienz, Wettbewerb mit Zusammenarbeit und die Bemühungen um die Bewältigung des Klimawandels mit Wirtschaftswachstum verbinden. Darum ist es wichtig, den Berichterstatter und seinen Bericht zu unterstützen.

 
  
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  Reino Paasilinna (PSE).(FI) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich bin für diesen klugen Bericht sehr dankbar. Es gibt in Europa deshalb keinen funktionierenden Energiemarkt, weil die meisten Mitgliedstaaten die Vereinbarungen missachten. Opfer davon sind die Industrie, die Wettbewerbsfähigkeit und die Allgemeinheit.

Ein gesunder Binnenmarkt würde kleineren Unternehmen wie den Importeuren von erneuerbaren Energien den Zugang zu den Märkten erleichtern. Ein funktionierender Markt würde auch sicherstellen, dass in ausreichendem Maße investiert wird. Es gäbe eine größere Zuverlässigkeit der Kraftwerke und der Übertragungsnetze. Für die Allgemeinheit bedeutet ein funktionierender Binnenmarkt angemessene Preise, und das ist angesichts der Energieknappheit sehr wichtig. Außerdem schafft er auch Sicherheit.

Wie kann es sein, dass es, während man in einem Mitgliedstaat der Union mit Verbrauchsspitzen kämpft, in einem anderen ungenutzte Kapazitäten gibt? Das ist alles andere als eine Union. Wir brauchen ein Unbundling der Energieerzeugung von der Verteilung.

Viele alte Akteure, die das Netz beherrschen, errichten diskriminierende Barrieren, beispielsweise im Hinblick auf neue Akteure, die sich an Kraftwerksnetze anschließen und die Netzkapazitäten nutzen wollen. Das wird sich ohne eine europaweite Regelung nicht ändern.

Transparenz ist wichtig, besonders im Hinblick auf das Funktionieren der Märkte. In vielen Ländern klappt es jedoch mit der Transparenz nicht. Die großen Unternehmen spielen jeweils des anderen Spiel. Wir können nicht so weitermachen, dass einige Länder davon ausgehen, sie könnten neue Absatzmärkte übernehmen, während sie gleichzeitig eifersüchtig ihre eigenen Märkte schützen. Aber auch eine gute Richtlinie hilft da nicht viel. Wir fordern, dass im Umgang mit Russland mit einer Stimme gesprochen wird, aber in Energiefragen sprechen wir nicht einmal untereinander mit einer Stimme. Um das zu erreichen, muss die Kommission die Mitgliedstaaten kontrollieren und jene bestrafen, die Vereinbarungen auf unfaire Art und Weise umgehen.

 
  
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  Konrad Szymański (UEN). – (PL) Frau Präsidentin! Unsere Beziehungen zu Russland im Energiebereich beruhen auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit. Ein großes Problem besteht hier jedoch darin, dass dieses Prinzip nach dem Verständnis Russlands eine Politik der Stärke einschließt und die Erwartungen des europäischen Marktes hierbei keine Rolle spielen.

Erst kürzlich hat Russland einige europäische Energiekonzerne zum Verlassen des Landes gezwungen. Gleichzeitig jedoch profitiert Gazprom von der Öffnung des europäischen Energiemarktes. Das Unternehmen verzeichnet zunehmende Investitionen in 16 von 27 EU-Mitgliedstaaten. Gazprom hat sogar Zugang zu Privatverbrauchern in Deutschland, Frankreich und Italien, und wie wir alle wissen, halten diese Länder den Löwenanteil am Energiemarkt.

Daraus ergibt sich eine wichtige Schlussfolgerung. Obwohl die Liberalisierung des Energiemarktes für die Verbraucher von Vorteil ist, muss das in einer Weise geschehen, die verhindert, dass Europa in noch größere wirtschaftliche und politische Abhängigkeit von Russland gerät.

Hier sind meiner Ansicht nach die Kommission, die Wettbewerbsschützer und auch die Arbeitgeber gefordert, die die Voraussetzungen schaffen müssen, wie sie in dem Dokument der Kommission und in dem ausgezeichneten Bericht von Herrn Vidal-Quadras genannt sind, und die sie in die Sprache des Rechts umsetzen müssen.

 
  
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  Ján Hudacký (PPE-DE). – (SK) Zunächst einmal möchte ich dem Berichterstatter für den ausführlichen und erstklassigen Bericht danken.

Ich möchte einige Aspekte hervorheben, die zu einer raschen Errichtung eines effizienten Energiebinnenmarktes in der Europäischen Union beitragen könnten. Ich begrüße die Bemühungen der Kommission um das Erreichen dieses Ziels, indem in nichtdiskriminierender und transparenter Weise immer bessere Vorschläge für die Förderung von Investitionen in Infrastrukturen unterbreitet und der faire Zugang zu Netzen für viele Marktteilnehmer sichergestellt werden.

Nach zahlreichen Gesprächen mit Betroffenen innerhalb und auch außerhalb des Parlaments und angesichts der Erfahrungen einiger Mitgliedstaaten glaube ich nun, dass die Ermutigung unabhängiger nationaler Betreiber zum Eigentumserwerb nicht der sicherste Weg ist, um diese Ziele zu erreichen.

Zugegeben, die eigentumsrechtliche Entflechtung in vertikal integrierten Unternehmen wird die formale Unabhängigkeit wirtschaftlicher Einheiten sicherstellen und neuen Akteuren den Zugang zu den Energienetzen ermöglichen. Eine Frage bleibt jedoch, nämlich ob neue Investoren wirklich an einem räumlich begrenzten und national regulierten Markt interessiert sind, vor allem in unterentwickelten Regionen. Man kann daher schwerlich mit Sicherheit davon ausgehen, ein solcher Schritt werde den Wettbewerb wirklich stärken und ausreichend Druck erzeugen, um die Energiepreise zu halten. Ebenso wird es voraussichtlich weiterhin einen Bedarf an der Verknüpfung nationaler Energiemärkte geben, da sich nationale Interesse wahrscheinlich durchsetzen werden.

Aus diesem Grund möchte ich empfehlen, dass die Kommission andere Vorschläge übernimmt, mit denen die Lage umfassender berücksichtigt werden kann, und die sich als wirksamer für die Verwirklichung der Liberalisierung des Energiemarktes erweisen können.

 
  
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  Hannes Swoboda (PSE). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar, lieber Kollege Vidal-Quadras! Gratulation zu Ihrem Versuch, einen mehr oder weniger ausgewogenen Bericht zu verfassen, der im Großen und Ganzen gelungen ist.

In der öffentlichen Debatte ist Absatz 2 zum Thema Entflechtung ein zentrales Thema. So wie dies hier formuliert ist, kann ich es akzeptieren, weil es wahrscheinlich – zumindest theoretisch – die beste Lösung ist. Man sollte allerdings nicht glauben, dass damit alle Probleme gelöst werden. Es gibt viele Ursachen des nicht vorhandenen Netzausbaus, die nichts mit Entflechtung zu tun haben, sondern mit schwierigen Verfahren, mit Bürgerrechtsbewegungen und anderen Elementen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch Punkt 6, wo festgehalten wird, dass wir darauf achten müssen, dass nicht EU-externe Unternehmen unter staatlicher Kontrolle Energieinfrastrukturen aufkaufen, was uns insbesondere dann nicht gefallen würde, wenn diesbezüglich keinerlei Reziprozität oder Interdependenz besteht.

Für ganz besonders wichtig halte ich die Punkte, die mit der Regulierungsbehörde zu tun haben. Wir brauchen stärkere nationale Regulierungsbehörden, die europäisch zusammenarbeiten; wir brauchen einen harmonisierten Rahmen, damit in Europa eine gemeinsame Energiepolitik auf diesem Sektor betrieben werden kann.

Bei aller Betonung einer nötigen Liberalisierung der Märkte darf eine solche nicht auf Kosten der sozial Schwachen gehen. Die Versorgungssicherheit muss gewährleistet bleiben, gerade auch für die sozial Schwachen, die bei gestiegenen Energiepreisen einfach nicht mehr mithalten können, so sehr sie auch wollen. Das ist der entscheidende Faktor: Wer trotz sozialer Hilfe und Unterstützung nicht mehr zahlen kann, muss trotzdem weiterhin mit Energie versorgt werden.

 
  
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  Silvia Ciornei (ALDE). – Ţin să încep prin a-mi exprima aprecierile pentru modul obiectiv în care domnul Vidal-Quadras a întocmit acest raport.

Aş dori să subliniez câteva lucruri: în primul rând consider că pentru a avea o piaţă internă a energiei competitivă, avem nevoie de introducerea unei separări depline a proprietăţii între distribuţia de energie şi producţia de energie. O astfel de măsură ar conduce, aşa cum s-a mai spus astăzi, la mai multă transparenţă, la stimularea investiţiilor în domeniul infrastructurii de distribuţie şi, cred eu, ar ajuta în final la generarea unui preţ accesibil al energiei pentru consumatori.

În sectorul gazelor naturale cred că prin măsurile ce le vom lua trebuie să încurajăm construirea de noi proiecte care să diversifice sursele de aprovizionare ale Uniunii Europene, cum ar fi de exemplu proiectul Nabucco. Sub nici o formă măsurile de liberalizare nu trebuie să descurajeze realizarea unor astfel de proiecte, pentru că diversificarea surselor de aprovizionare cu gaze naturale a Uniunii Europene reprezintă un element cheie pentru crearea unei pieţe interne de gaz.

Nu în ultimul rând aş dori să subliniez necesitatea păstrării suportului cetăţenilor pentru măsurile de liberalizare a pieţei şi, în acest sens, consider că Parlamentul European, Comisia Europeană şi chiar autorităţile publice din statele membre, trebuie să-şi intensifice împreună eforturile pentru a face cunoscute oportunităţile ce rezultă din liberalizarea completă a pieţei europene de electricitate şi gaz, şi în acelaşi timp, pentru a ne asigura că drepturile consumatorilor de energie, persoane fizice sau companii, sunt protejate.

Nu putem considera finalizat proiectul de liberalizare a pieţei de energie atâta timp cât nu reuşim să creăm o piaţă pe deplin transparentă şi eficientă, în care consumatorii să poată să-şi aleagă liberi şi în cunoştinţă de cauză cea mai avantajoasă ofertă de furnizare de energie.

 
  
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  András Gyürk (PPE-DE). (HU) Im Zusammenhang mit Europas Energieabhängigkeit kommen immer mehr Menschen zu der Überzeugung, dass es ohne eine gemeinsame Energiepolitik kein starkes Europa geben kann. Wenn wir über die Grundpfeiler einer möglichen gemeinsamen Energiepolitik für die Zukunft nachdenken, sollten wir uns dem Pfeiler zuwenden, der bereits vorhanden ist.

Im Bericht von Herrn Vidal-Quadras geht es um eben diesen vorhandenen Pfeiler, nämlich den Energiebinnenmarkt. Ich schließe mich der Aussage des Berichts an, wenn wir den Energiebinnenmarkt der EU erweitern und zwischen den Mitgliedstaaten einen wirksamen Solidaritätsmechanismus schaffen, dann trägt das sofort dazu bei, unsere Versorgung zu gewährleisten und die wirtschaftliche Effektivität zu sichern. Statt dass wir diese Grundsätze anwenden, trifft auf den Binnenmarkt jedoch heute noch immer im Wesentlichen das ungarische Sprichwort zu, dass es so viele Bräuche gibt wie Häuser. Das heißt, leider haben zahlreiche Mitgliedstaaten die Richtlinien zur Liberalisierung des Energiemarktes noch immer nicht vollständig umgesetzt.

Die Öffnung des Energiemarktes in Ungarn beispielsweise wird voraussichtlich mit einer sechsmonatigen Verzögerung erfolgen, und wenn diese dann endlich stattfindet, wird ein neues Hindernis für den freien Wettbewerb errichtet: eine übermäßige Marktkonzentration. Die langfristigen Energielieferverträge zwischen der den Ungarischen Elektrizitätswerken (Magyar Villamosművek) und den Elektroenergieerzeugern decken etwa 80 % des ungarischen Marktes ab. Die Europäische Kommission nimmt an, dass hinter diesen Vereinbarungen eine illegale staatliche Beihilfe steckt und macht sich zu Recht Sorgen um einen echten Wettbewerb.

Wenn die Liberalisierung des Marktes unter diesen Bedingungen erfolgt, können wir mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Verbraucher davon nicht profitieren werden. Die Preise werden nicht nach unten gehen, noch wird sich das Niveau der Dienstleistungen verbessern. Wenn die Liberalisierung nicht fehlschlagen soll, müssen wir auch für die Einhaltung dieser Grundsätze sorgen. Aus diesem Grunde werden wir hoffentlich möglichst bald die Schaffung der Garantien einer gemeinsamen Energiepolitik im Interesse eines starken Europas erleben.

 
  
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  Eluned Morgan (PSE).(EN) Frau Präsidentin! Ich hoffe, dass die Kommission das Abstimmungsergebnis des Ausschusses respektiert, wenn sie an die Überarbeitung der Richtlinie geht, nicht aber vor den Mitgliedstaaten katzbuckelt, die Unternehmen schützen, die von ihren Abnehmern zu hohe Gebühren verlangen. Diese haben ein starkes Interesse daran, ein System aufrechtzuerhalten, bei dem ein Interessenskonflikt vorprogrammiert ist und das Wettbewerbern den Zugang zum gleichen Markt verweigert. Dabei handelt es sich oftmals um die gleichen Unternehmen, die sich mehr darum sorgen, dass für ihre Aktionäre auch genug abfällt, als dass sie ernsthaft investieren, um zu gewährleisten, dass das Licht nicht ausgeht.

Ich ersuche Sie dringend, nicht nur das ISO-Modell anzubieten, das ein außerordentlich kompliziertes Regulierungssystem erfordern würde und von einer Armee von Beamten zu überwachen wäre, sondern auch daran zu denken, dass die eigentumsrechtliche Entflechtung Regeln braucht. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Energienetze vor Hedge-Fonds oder Private Equity-Fonds geschützt werden, denn damit sichern wir nicht das erforderliche langfristige Engagement für Investitionen. Verhindern wir, dass Unternehmen aus Drittländern entweder Erzeugerinfrastrukturen oder Energienetze erwerben, wenn die Beziehungen zu diesem Land nicht auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit beruhen.

Ich ersuche Sie ferner, den falschen Eindruck von der eigentumsrechtlichen Entflechtung zu berichtigen, den der deutsche Ratsvorsitz nach dem letzten Treffen des Rates „Energie“ erweckt hat. Die Mehrzahl der Mitgliedstaaten ist für eine vollständige eigentumsrechtliche Entflechtung, vor allem beim Strom. Lassen Sie sich von den Mächtigen nicht einschüchtern und erteilen Sie der Demokratie und den Verbrauchern das Wort.

 
  
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  Jorgo Chatzimarkakis (ALDE). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Herr Berichterstatter! Über das Ziel sind wir uns ja alle einig: Wir wollen die Schaffung eines einheitlichen europäischen Energiebinnenmarktes. Wir wollen das sowohl im Interesse der Verbraucher als auch im Interesse der Unternehmen. Dort, wo dies nicht funktioniert hat, wo der Markt versagt hat, da brauchte es die gelbe, ja teilweise sogar die rote Karte. Das, sehr geehrter Herr Kommissar, haben Sie mit Ihren Vorschlägen gemacht, und das greift der Berichterstatter auch auf.

Das Ziel ist also klar. Es kann aber nicht in der Zerschlagung der Unternehmen im Binnenmarkt liegen! Deswegen müssen wir eine bessere Marktintegration anstreben, mehr Investition in die Kuppelstellen, einen diskriminierungsfreien Netzzugang für den Wettbewerb. Und da hat es jetzt eine Reaktion gegeben. Ich freue mich und wir alle freuen uns einhellig über den Vorschlag zur Schaffung von regionalen Märkten, der jetzt auf dem Tisch liegt. Sieben an der Zahl sollen es sein. Diese regionalen Märkte sollen die Zuständigkeit für den Netzzugang, die Systemsicherheit, die Kapazitätsbereitstellung, die Regelenergie, den Netzausbau und das Engpass-Management haben. Hierzu bedarf es einer EU-Gesetzgebung. Wir hoffen, dass Sie diese Aufgaben mit dem gleichen Mut angehen wie auch den bisherigen Vorschlag!

 
  
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  Romana Jordan Cizelj (PPE-DE). – (SL) Bei der Debatte über den Binnenmarkt für Erdgas und Strom ist die Frage der Entflechtung von Übertragungsnetzen und Erzeugung eine Schlüsselfrage.

Von den vorgeschlagenen Modellen der Entflechtung hat sich die eigentumsrechtliche Entflechtung bisher als die beste erwiesen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir sie nicht kritisch betrachten sollten, ganz im Gegenteil. Meines Erachtens müssen zahlreiche Faktoren hervorgehoben werden, die bei diesem Prozess unsere Aufmerksamkeit erfordern. Ich möchte auf einige von ihnen eingehen.

Zunächst einmal möchte ich betonen, dass wir die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden eindeutig festlegen müssen. Wir müssen uns hier bewusst sein, dass die eigentumsrechtliche Entflechtung die Integration des EU-Binnenmarktes bedeutet. Diese Integration erfordert jedoch eine Stärkung der bestehenden Aufsichtsbehörden. Diese Behörden müssen entwickelt und aufgebaut werden, ob wir nun über nationale Regulierungsstellen oder neue Modelle wie ISO+ sprechen. Die Zuständigkeiten und Befugnisse nationaler Aufsichtsbehörden in der EU müssen einheitlich sein, gleichzeitig müssen wir dabei eine angemessene Überwachung der grenzübergreifenden Tätigkeiten sicherstellen.

Ich möchte auch die Tatsache hervorheben, dass wir bei der Schaffung eines Binnenmarktes für Erdgas und Strom und beim Prozess der eigentumsrechtlichen Entflechtung unsere starke Abhängigkeit von Einfuhren berücksichtigen müssen. Wenn wir versuchen, positive Ergebnisse mit dem Binnenmarkt zu erzielen, müssen wir gegenüber Drittländern mit einer Stimme auftreten. Der Prozess verlangt daher die gleichzeitige Konzipierung einer gemeinsamen Außenpolitik oder zumindest einer gemeinsamen europäischen Energie-Außenpolitik. Außerdem müssen wir den Grundsatz der Gegenseitigkeit wahren.

Schließlich möchte ich noch die Solidarität als einen der Grundwerte der Europäischen Union hervorheben. Wir müssen den Binnenmarkt so gestalten, dass wir in der Lage sind, gleichzeitig seine schwächsten Nutzer zu schützen. Dies kann auf ganz neutralem Wege geschehen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu gefährden. Ich unterstütze eine diesbezügliche Formulierung im Bericht, und gleichzeitig beglückwünsche ich den Berichterstatter zu seiner ausgezeichneten Arbeit.

 
  
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  Joan Calabuig Rull (PSE).(ES) Frau Präsidentin! Wir stimmen zu, dass wir einen wirklichen Energiebinnenmarkt brauchen, der transparent und offen ist und zur Senkung der Kosten für Bürger und Unternehmen beiträgt.

Der Binnenmarkt muss Effektivität und Investitionen fördern, zur Versorgungssicherheit beitragen und den Zugang zum Energiemarkt, auch für kleine Unternehmen, gestatten.

Seit 1990 hat die Errichtung des Marktes Priorität, doch das reicht nicht aus, wie die Realität in vielen Mitgliedstaaten zeigt. Fast alle Mitgliedstaaten haben Probleme in dieser Hinsicht. Wir müssen den eingeschlagenen Weg fortsetzen, also eine gemeinsame Energiepolitik schaffen, die allgemein Vertrauen herstellt und einen klaren Rahmen bietet, um die von der Kommission vorgeschlagenen Ziele 2009 zu erreichen.

Angesichts der Bedeutung der sozialen Dimension der Energiepolitik ist die Einbeziehung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Energiearmut zu begrüßen. Hervorzuheben ist auch, dass die Kommission aufgefordert werden muss, ihre geplante Charta über die Verbraucherrechte bis Ende 2007 vorzulegen.

Meinen Glückwunsch an den Berichterstatter.

 
  
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  Šarūnas Birutis (ALDE). – (LT) Ich möchte HerrnVidal-Quadras für einen wirklich guten Bericht danken. Dennoch möchte ich zumindest auf einige Aspekte aufmerksam machen. Erstens schlage ich vor, bei der Schaffung eines EU-Energiebinnenmarkts mehr Betonung auf die Bedeutung vorrangiger Energieverbindungen zu legen. Solange Litauen und die anderen baltischen Staaten sowie Polen keinen Energieverbund mit dem übrigen Westeuropa haben, kann nicht von einem Binnenmarkt gesprochen werden! Des Weiteren ist die Finanzierung von vier vorrangigen Energieverbindungen noch nicht vollständig geklärt. Daher schlage ich vor zu verlangen, dass für die reibungslose Umsetzung dieses Plans genügend Mittel zur Verfügung gestellt werden und dass alle weiteren Möglichkeiten einer Finanzierung untersucht werden, sofern das erforderlich ist. Zweitens schlage ich vor, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir bei der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Energiemarktes uns unbedingt von wirtschaftlicher Vernunft und dem Solidaritätsprinzip leiten lassen müssen. Die von Russland angebotenen alternativen Verbindungen sind politisch motiviert! Russlands Plan, eine Erdgaspipeline nach Deutschland auf dem Grund der Ostsee unter Umgehung der baltischen Staaten und Polens zu verlegen, ist 30 % teurer als das von den baltischen Staaten und Polen vorgeschlagene Projekt „Bernstein-Pipeline“ und auch erheblich gefährlicher. Die Umsetzung des russischen Plans würde die baltischen Staaten noch mehr isolieren. Deshalb schlage ich vor, das Projekt „Nord Stream“ von der Liste der für Europa interessanten Projekte zu streichen!

 
  
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  Jerzy Buzek (PPE-DE). – (PL) Frau Präsidentin! Ich beglückwünsche Kommissar Piebalgs zu einem weiteren guten Vorschlag zur Förderung des europäischen Elektrizitätsbinnenmarkts. Glückwunsch auch an den Berichterstatter für seinen exzellenten Bericht.

Die Frage der eigentumsrechtlichen Entflechtung hat zwar die meisten Kontroversen hervorgerufen, doch möchte ich drei Anmerkungen zu anderen Problemen machen. Selbstverständlich unterstütze ich die Entflechtung nach Kräften. Meine Anmerkungen beziehen sich jedoch auf andere Fragen.

Erstens: Der europäische Binnenmarkt erfordert starke physische Verbindungen zwischen den nationalen und auch den regionalen Märkten. Die Betreiber von Übertragungsnetzen müssen zur Investition in grenzüberschreitende Verbindungsleitungen ermutigt werden. Die Europäische Union und die betroffenen Länder müssen diese Verbindungen stärker fördern, denn sie sind die Voraussetzung für den gemeinsamen Markt und einen echten Wettbewerb.

Zweitens: Die europäische Integration sollte sich nicht nur auf den Energiebereich und die CO2-Emissionsrechte, sondern auch auf den Markt für grüne, rote und weiße Zertifikate beziehen. Die Entwicklung dieser Märkte muss in Richtung einer stärkeren Europäisierung gehen. Ich komme nun zu der wichtigsten grundlegenden Frage überhaupt. Die größte Herausforderung der Union besteht zurzeit darin, ein strategisches Investitionsprogramm für die Sanierung alter und den Bau hocheffizienter neuer Anlagen aufzulegen.

Die Frage ist, ob wir uns dabei nur auf das einfache Prinzip der allgemeinen schrittweisen Preiserhöhung stützen. Das könnte für die europäischen KMU und die energieintensiven Industriezweige zu teuer werden. Wir müssen nach wirksamen Investitionsregulierungsmechanismen suchen, die uns neue Möglichkeiten eröffnen, wie zum Beispiel Investitionszertifikate.

Nochmals meinen Glückwunsch.

 
  
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  Teresa Riera Madurell (PSE).(ES) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Auch ich bin überzeugt, dass der Ansatz des Berichts von Herrn Vidal-Quadras zur Erreichung eines wettbewerbsfähigen Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmarktes richtig ist: völlige eigentumsrechtliche Entflechtung, der Schutz der Verbraucher, die Stärkung der Transparenz, die Stärkung der bilateralen Zusammenarbeit und die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden und die Ausdehnung des Verbunds zwischen den Mitgliedstaaten.

In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig, die Ernennung von Koordinatoren für die Vorhaben, deren Umsetzung auf Schwierigkeiten stößt, zu beschleunigen. Ein besseres Klima für Investitionen in die Verbundkapazität erfordert ein europäisches Transportnetz für Erdgas und Elektrizität mit einer mittel- und langfristigen Planung auf europäischer Ebene, überwacht von einem möglichen Regulierungsrat.

In dieser Richtung müssen wir vorankommen, daran besteht kein Zweifel, doch es besteht auch kein Zweifel, dass es Zeit brauchen wird, bis wir unser endgültiges Ziel erreichen. Aber meiner Meinung wird es umso schneller gehen, je besser wir in der Lage sind, die Schwierigkeiten, vor denen die verschiedenen Mitgliedstaaten stehen, nicht für parteipolitische Interessen zu nutzen.

Wir müssen alle in die Richtung gehen, die wir für richtig halten. Darin liegt unsere Verantwortung als Mitglieder des Europäischen Parlaments und vielleicht auch unser Erfolg.

 
  
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  Jan Březina (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Als Schattenberichterstatter für den Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie möchte ich mich bei meinem Kollegen, Herrn Vidal-Quadras, für die großartige Leistung sowie für diese hervorragende Gelegenheit bedanken, über einige der äußerst wichtigen Fragen wie die eigentumsrechtliche Entflechtung oder die Rolle der nationalen Regulierungsbehörden sprechen zu können.

Ich begrüße vollauf diese Initiative des Europäischen Parlaments, da diese auch der Europäischen Kommission bei ihren weiteren Bemühungen helfen könnte, den Erdgas- und Elektrizitätsbinnenmarkt zu liberalisieren sowie die bereits eingeleiteten Maßnahmen zu überprüfen. Die eigentumsrechtliche Entflechtung als die umstrittenste Frage hat sich als Dreh- und Angelpunkt dieses Berichts erwiesen. Ich möchte diese Aktivität der Europäischen Kommission unterstützen. Da es sich dabei jedoch um ein ziemlich strittiges Thema handelt, das noch weiter erörtert werden muss und das wir noch besser in den Griff bekommen müssen, ersuche ich die Kommission, weitere Folgeabschätzungen vorzunehmen und auch andere Mittel als die Entflechtung zur Erhöhung der Transparenz und zur Gewährleistung von angemessenen Bedingungen für Investitionen in die Infrastruktur zu untersuchen.

Sollte sich die Kommission für die Entflechtung entscheiden, muss der Umsetzungsprozess sorgfältig vorbereitet werden, damit die Eigentumsrechte möglichst gewahrt werden. Im Hinblick auf die eigentumsrechtliche Entflechtung werde ich Änderungsanträge und Vorschläge unterstützen, die die Aussage, die Entflechtung sei die einzige und effektivste Art und Weise, den Energiebinnenmarkt zu liberalisieren, etwas abschwächen, und damit auch andere Möglichkeiten ins Auge fassen.

Hinsichtlich des Abschnitts „Regulierungsbehörden“ möchte ich die Rolle der nationalen Regulierungsbehörden unterstreichen, die unabhängig von den Regierungen sein und im Prozess der Liberalisierung des Energiemarktes einen Teil der Verantwortung tragen sollten.

Als Abgeordneter aus einem neuen Mitgliedstaat beurteile ich kritisch gewisse Aussagen meiner Kollegen, die gewöhnlich nur die mittel- und osteuropäischen Länder beschuldigen, sie würden gegen Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörden intervenieren.

 
  
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  Dorette Corbey (PSE). – (NL) Frau Präsidentin! Ich bin Herrn Vidal-Quadras für seinen ausgezeichneten Bericht dankbar. Morgen werden wir u. a. über die eigentumsrechtliche Entflechtung von Stromnetzen und Stromerzeugung abstimmen. Auch die Erste Kammer des Niederländischen Parlaments wird morgen über eben diese Frage abstimmen. Die Niederländer haben beschlossen, die Energieversorgung von der Netzverwaltung zu trennen. Geschieht dies auch im übrigen Europa, sind dies gute Nachrichten für die niederländischen Unternehmen, die sich nicht länger als Musterknaben fühlen müssen.

Dies sind auch gute Nachrichten für die Entwicklung nachhaltiger Energie, denn nur durch ein vollständiges Eigentums-Splitting können wir den Energiemarkt für neue Lieferanten öffnen, was dringend nötig ist. Im Augenblick gibt es zu wenig Netzkapazität, um die Beteiligung neuer Anbieter an den Netzen zu ermöglichen. Die Energieriesen sträuben sich, in die Aufstockung der Kapazität zugunsten solcher neuer Parteien zu investieren. Der Zugang zu den Netzen ist häufig aufgrund eines Mangels an Transparenz schwierig, und dies führt zu enormen Verzögerungen, beispielsweise im Windenenergiesektor. Eine Entflechtung ist ein Fortschritt.

 
  
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  Alexander Stubb (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Im Energiepaket des Herrn Kommissars werden drei Themen behandelt: die Versorgungssicherheit, der Wettbewerb und die ökologische Nachhaltigkeit. Ich werde mich lediglich auf einen Teil konzentrieren – den Wettbewerb. Hier bin ich der Meinung, dass wir auch auf dem Energiemarkt freien und unverzerrten Wettbewerb brauchen. Und für diejenigen, die eine Übersetzung brauchen: concurrence libre et non forcée.

Ich möchte drei Bemerkungen machen. In Bezug auf die Anwendung und Umsetzung hoffe ich, dass die Kommission noch entschiedener vorgeht. Es gibt eine Unmenge unlauteren Preiswettbewerb, und in diesem Hohen Haus haben wir schon oft von außerordentlich unfairen Übernahmen gehört, mit anderen Worten, eine Art staatliches Monopol tritt an die Stelle des freien und privaten Wettbewerb eines kleineren Anbieters. Es gibt viele Hindernisse für den Zugang, deshalb müssen Sie diese Vertragsverletzungsverfahren beibehalten. Ich will kein bestimmtes Unternehmen nennen, aber es gibt eins, dessen erster Buchstabe ein „e“ und dessen letzter ein „f“ ist. Das sollten Sie sich einmal näher ansehen.

Zweitens wurden im Hinblick auf die Entflechtung zwei Optionen genannt: die eine ist die eigentumsrechtliche Entflechtung und die andere ein unabhängiger Systembetreiber. Wie viele meiner Vorredner spreche ich mich auch voll und ganz für die eigentumsrechtliche Entflechtung aus. Das ist der einzige Weg nach vorn, denn der gegenwärtige Zustand ist unbefriedigend.

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Beispiel anführen. Und damit komme ich zu meinem dritten Punkt. Ich wohne in Genval, am Stadtrand von Brüssel. Vor einigen Monaten erhielt ich ein Schreiben der örtlichen Behörde, in dem es hieß: „Toll, hervorragend, endlich können Sie Ihren Energieanbieter selbst wählen, und das führt auch zu mehr Wettbewerb“ – als ob sie dazu etwas beigetragen hätten! Im Grunde hatten sie jahrzehntelang nur versucht, den Markt zu schützen und die Preise hoch zu halten. Ich bin wirklich froh, dass Herr Vidal-Quadras einen ehrgeizigen Bericht vorgelegt hat und dass die Kommission eine harte Linie im Energiewettbewerb verfolgt. Viel Glück!

 
  
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  Eija-Riitta Korhola (PPE-DE). – (FI) Frau Präsidentin! Wie mein verehrter Kollege, Herr Vidal-Quadras, in seinem Bericht zu Recht erklärt, gibt es zur Liberalisierung der Energiemärkte keine Alternative. Ein echter Binnenmarkt für Energie ist ein entscheidender Faktor zur Erreichung der drei Ziele des europäischen Energiesektors: Wettbewerb, nachhaltige Entwicklung und Versorgungssicherheit.

Ein gesunder Wettbewerb im Markt senkt die Kosten für die Allgemeinheit und die Wirtschaft und regt die Energieeffizienz sowie Investitionen an. Wie Herr Paasilinna gerade gesagt hat, brauchen wir die Einhaltung der Regeln und Transparenz. Das nutzt gleichzeitig auch den anderen Industriezweigen, und die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Wirtschaft verbessert sich.

Wir müssen insbesondere feststellen, dass das System des Emissionshandels nur auf einem freien Markt richtig funktioniert. Die Energiepolitik muss auch Klimaziele und das Streben nach einer Welt, die so wenig Emissionen wie möglich produziert, im Auge behalten.

Auch die langfristige Energieautarkie und die Versorgungssicherheit müssen Prioritäten darstellen und eine Hauptrolle auf einem funktionierenden Binnenmarkt spielen. Gleichzeitig müssen wir allerdings ein Paradoxon vermeiden, das in einigen Situationen leider auftreten kann.

Einerseits ermöglicht ein freier Markt kleineren Unternehmen wie jenen, die in erneuerbare Energiequellen investieren, den Zugang zu den Märkten. Andererseits müssen wir aber darauf achten, dass diese nicht solche Beihilfen erhalten, die die Entstehung echter Märkte beeinträchtigen und behindern können.

Wenn Strom von einem Land in ein anderes fließt, dann führen umfangreiche und sehr unterschiedliche Formen von Beihilfen zu Verzerrungen des Marktes. Beispielsweise führen Einspeisungstarife als Förderinstrument mancherorts in dieser Hinsicht zu Problemen. Ein freier und berechenbarer Strommarkt ist eine Voraussetzung für die Entwicklung unserer Wettbewerbsfähigkeit, und aus diesem Grunde müssen wir den Einsatz von sich überschneidenden und widersprechenden Politikinstrumenten vermeiden.

 
  
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  Monica Maria Iacob-Ridzi (PPE-DE). – Apreciez conţinutul raportului pe care îl dezbatem astăzi şi doresc să mulţumesc în mod deosebit raportorului pentru munca depusă.

Piaţa de energie este elementul cheie al politicii energetice europene. Aş dori în continuare să subliniez punctual câteva aspecte: în ceea ce priveşte piaţa de electricitate, consider că separarea proprietăţii sistemului de transport de activitatea de distribuţie şi cea de producţie este o măsură care va duce la creşterea competiţiei pe piaţă, la sporirea investiţiilor şi la un preţ mai bun pentru consumator. În România, sistemul de transport funcţionează deja independent şi rezultatele s-au dovedit a fi benefice. În plus, s-a efectuat listarea la bursă a companiei de transport de electricitate, fapt de natură să crească substanţial în funcţionarea acesteia.

În privinţa gazelor naturale consider că toate propunerile viitoare trebuie să încurajeze construcţia de proiecte care să diversifice sursele de aprovizionare şi rutele de transport, de exemplu proiectul Nabucco, care ar permite accesul Uniunii la resursele din zona Marii Caspice.

Din acest motiv, doresc să încurajez Comisia să iniţieze în septembrie două propuneri legislative, – una pentru electricitate şi una pentru gaz – două propuneri care să ţină cont de principiile comune de liberalizare, dar şi de specificitatea celor două domenii. Este clar că cea mai importantă consecinţă a liberalizării pieţelor gazului şi electricităţii este opţiunea consumatorului european de a alege între mai mulţi furnizori şi de a plăti un preţ corect şi competitiv care se va forma în urma concurenţei pe o piaţă liberă.

Deşi directiva liberalizării pieţelor celor două resurse a intrat în vigoare la 1 iulie, trebuie să promovăm şi o campanie adecvată de informare pentru ca cetăţenii să cunoască toate drepturile şi oportunităţile oferite de liberalizare. În acest sens doresc să salut adoptarea, vineri, de către Comisia Europeană a unor principii pentru o viitoare cartă a consumatorului de energie. Este un pas important pentru reechilibrarea raportului de forţe dintre consumatorii şi furnizorii de energie. Este esenţial însă ca aceste principii să devină obligatorii pentru statele membre. Nu trebuie să uităm niciun moment că liberalizarea pieţei se face pentru cetăţeni şi ei sunt cei care trebuie să beneficieze în primul rând de pe urma acestei liberalizări.

 
  
  

VORSITZ: GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 
  
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  Paul Rübig (PPE-DE). – Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar Piebalgs, werter Berichterstatter Vidal-Quadras! Ich möchte zu diesem Bericht gratulieren. Das Wesentliche an diesem Bericht ist, was die Verbraucher, also die Bürgerinnen und Bürger, durch diese neue Regelung gewinnen. Die Bürgerin bzw. der Bürger wird sich vor allem fragen: Was kostet eine Kilowattstunde Wasserkraftenergie zwischen 12.00 und 13.00 Uhr? Wann und zu welchem Preis wird geliefert? Dabei müssen wir nicht nur die Quantität des Stroms berücksichtigen, sondern auch die Qualität. Wir haben das Recht zu bestimmen, aus welcher Produktion wir unsere Energie in Zukunft beziehen wollen. Natürlich wird auch der zeitliche Ablauf eine wichtige Rolle spielen. Die Transparenz der Preisbildung sollte das erste Gebot bei dieser neuen Form der Regulierung sein.

Der zweite wesentliche Aspekt ist die Differenzierung zwischen der Eigentumsfrage und der Liberalisierung. Im Prinzip hat die Eigentumsform mit der Liberalisierung nichts zu tun. Das sind zwei völlig getrennte Ebenen, und deshalb muss man sich darauf konzentrieren, dass das auch in Zukunft auseinander gehalten wird.

 
  
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  Andris Piebalgs, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Ich bedaure es außerordentlich, dass diese faszinierende Aussprache zu Ende ist, denn ich hätte die Diskussion zu diesem Thema gern noch fortgesetzt. Man darf jedoch nicht vergessen, weshalb dieses Paket vorgelegt wurde. Wie ich schon sagte, ist es zum Vorteil des Verbrauchers. Und wir sollten uns nicht zu sehr mit dem Thema Entflechtung befassen, ohne uns zu fragen, weshalb wir die Entflechtung eigentlich vorschlagen. Der Grund ist, dass die Liberalisierung im Elektrizitäts- und Gasmarkt niemals eine Chance hatte. Zu den Gründen für die verspätete Einführung der erforderlichen Maßnahmen zählen die Furcht vor dem Unbekannten, Trägheit und ein Mangel an nationalem Egoismus in Europa. Dadurch wurden die Dinge bis zum nächsten Regierungswechsel hinausgeschoben oder vielleicht auch auf die nächste Generation verlagert. Worum es hier eigentlich geht, ist die Liberalisierung des Marktes.

Ich gehöre zu den Menschen, die in unterschiedlichen Systemen gelebt haben. Ich habe auch eine Situation kennen gelernt, als Marktkräfte keine Rolle spielten. Ich erinnere mich, dass ich mit meinen Kindern in einer langen Schlange nach Seife und Zucker angestanden habe, weil es keine Marktwirtschaft gab und eine Planwirtschaft die Waren niemals rechtzeitig beschaffen konnte.

In Bezug auf Elektrizität habe ich diese Frage niemals gestellt, denn ich sah es als Selbstverständlichkeit an, dass der Strom abgeschaltet wurde. Ich habe eben gewartet, bis wieder Strom da war. Damit will ich sagen, dass meiner Meinung nach der Markt das Einzige ist, was auf äußere Bedingungen reagiert und Investitionen zu den geringsten Kosten vornimmt.

Entflechtung ist die Maßnahme, die garantiert, dass der Investitionsbedarf gedeckt wird und die Verbraucher geschützt werden. Nach meinem Dafürhalten ist dies der Ausgangspunkt für all die Fragen, die heute größtenteils diskutiert wurden. Entflechtung ist die notwendige Voraussetzung für die Schaffung eines wettbewerbsfähigen Marktes, jedoch nicht das Ziel an sich.

Darüber hinaus möchte ich noch auf zwei weitere Punkte der Debatte eingehen. Das Parlament prüft gegenwärtig die Kandidaten, die als Koordinatoren für die transeuropäischen Energienetze tätig werden sollen. Ich hoffe, dass Sie die Vorschläge der Kommission billigen werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat sich die Kommission noch nicht entschieden.

Eine Energieverbrauchercharta wurde zur öffentlichen Beratung vorgelegt, und Ende September, wenn diese Konsultation beendet sein wird, könnten wir uns mit der endgültigen Annahme der Energieverbrauchercharta befassen.

Ich danke Ihnen vielmals für diese Aussprache. Ich möchte nochmals Herrn Vidal-Quadras meinen Dank für den ausgezeichneten, äußerst ausgewogenen Bericht aussprechen, der sich zu Recht auf all die Bereiche konzentriert, denen wir mit unserem Maßnahmenpaket Rechnung tragen werden.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen, am 11. Juli 2007, statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Richard Seeber (PPE-DE), schriftlich. – Herr Präsident! Aufgrund von globalen Herausforderungen wie jene des Klimawandels, der Importabhängigkeit und des steigenden Energieverbrauchs sollten wir alle Verantwortung übernehmen und eine integrierte europäische Energiepolitik anstreben. Die Schaffung eines einheitlichen europäischen Energiebinnenmarktes ist ohne Zweifel eine der obersten Prioritäten der nahen Zukunft. Daher sind die Bestrebungen der Kommission, mit Hilfe des dritten Energieliberalisierungspaketes und mit einer neuen energiepolitischen Strategie für Europa die Kohärenz der europäischen Energiepolitik zu erhöhen, höchst willkommen.

Dies bedeutet aber nicht, dass wir unbedingt eine eigentumsrechtliche Entflechtung im Übertragungsnetzbereich brauchen. Ich bin der Meinung, dass ownership unbundling eine Maßnahme darstellt, die einen massiven Eingriff in bestehende Eigentumsrechte bedeutet. Meiner Überzeugung nach wird es nicht möglich sein, damit die existierenden Probleme zu lösen. Die Kommission sollte aufgefordert werden, neben der Option des ownership unbundling alternative Möglichkeiten, wie zum Beispiel das Modell der Unabhängigen Netzbetreiber (ISO) oder dessen regionale Variante, das Modell der Regional Independent Operators (RIO), auszuarbeiten.

Wichtig ist jedoch, dass der beste Weg zu einem wettbewerbsfähigen integrierten europäischen Energiebinnenmarkt gewählt wird.

 

20. Quecksilberhaltige Messgeräte (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Empfehlung für die zweite Lesung des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 76/769/EWG des Rates hinsichtlich der Beschränkung des Inverkehrbringens gewisser quecksilberhaltiger Messinstrumente (05665/1/2007 – C6-0114/2007 – 2006/0018(COD)) (Berichterstatterin: María Sornosa Martínez) (A6-0218/2007).

 
  
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  María Sornosa Martínez (PSE), Berichterstatterin.(ES) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wir sind uns in diesem Hohen Haus alle einig, dass es notwendig ist, den Bedarf an Quecksilber bei der Herstellung von Produkten zu reduzieren und seinen Ersatz zu beschleunigen.

Es wäre angebracht, im Rahmen der Gemeinschaft Beschränkungen für die Vermarktung von quecksilberhaltigen Mess- und Kontrollinstrumenten für den privaten Gebrauch einzuführen, mit einigen Ausnahmen im Gesundheitssektor.

Wir wollen verhindern, dass erhebliche Quecksilbermengen in die Abfallkette gelangen. Auf diese Weise werden wir zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt und die menschliche Gesundheit beitragen, während wir den Binnenmarkt bewahren, wie im Artikel 95 des Vertrags gefordert wird.

Quecksilber und seine Verbindungen sind hochgiftig für Menschen, Ökosysteme und die Tier- und Pflanzenwelt. Die Verunreinigung durch Quecksilber, die ursprünglich als diffuses lokales Problem angesehen wurde, wird nun als globales, chronisches und schwer wiegendes Problem betrachtet.

Was die Möglichkeit eines pauschalen Verbots der Verwendung von Quecksilber in allen Geräten betrifft, dem Ziel dieses Vorschlags, so sei darauf hingewiesen, dass die von der Kommission konsultierten Sachverständigen zu dem Schluss gekommen sind, dass Krankenhäuser Geräte mit einem hohen Präzisionsgrad für die Behandlung von lebensbedrohlichen Zuständen wie Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und Schwangerschaftstoxikose benötigen.

Quecksilber-Blutdruckmessgeräte bieten die für die Sicherheit des Patienten notwendige Präzision und Verlässlichkeit. Deshalb schlagen wir vor, diese Instrumente im Moment vom Verbot auszunehmen, bis in der Hinsicht garantiert ist, dass mögliche Alternativgeräte funktionieren.

Ferner möchte ich die Kommission nochmals auffordern, kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, um eine getrennte Sammlung und Behandlung aller quecksilberhaltigen und derzeit im Umlauf befindlichen Geräte sicherzustellen. Andernfalls wird diese Richtlinie in der Praxis weniger wirksam sein.

Zur Herstellung neuer traditioneller quecksilberhaltiger Barometer, der strittigste Punkt in diesem Parlament, haben wir vorgeschlagen, sich auf eine zweijährige Übergangsfrist für die Hersteller zu einigen, um diesen Gelegenheit zur Anpassung an die neuen Rechtsvorschriften zu geben. Leider haben dem nicht alle Fraktionen zugestimmt, aber wir werden meiner Meinung nach dennoch eine ausreichende Mehrheit zur Annahme dieses Vorschlags haben.

Was die Hersteller dieser Barometer angeht, so möchte ich sagen, dass Sie diese zweijährige Übergangszeit haben werden, um die Verwendung von Quecksilber in ihren Industrieprozessen einzustellen. Sie werden keinen Wettbewerbsnachteil oder wirtschaftlichen Schaden erleiden, denn wir wissen, dass sie derartige Barometer schon seit einiger Zeit ohne Quecksilber herstellen.

Wir müssen unsere Bürger daran erinnern, dass diese Geräte eine Gefahr für die Gesundheit und die Umwelt darstellen können, da sie leicht zerbrechen und vielleicht im Müll landen oder, schlimmer noch, wenn sie verbrannt werden, breitet sich das Quecksilber in der Atmosphäre aus und kontaminiert die Luft, den Boden und das Wasser. Dabei gelangt das Quecksilber in die Nahrungskette, hauptsächlich beim Fisch, und dann bei uns Menschen.

Wie dieses Hohe Haus weiß, hat eine Mehrheit im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit in der zweiten Lesung die Änderungsanträge abgelehnt, die es ermöglichen sollten, weiterhin neue quecksilberhaltige Barometer herzustellen.

Meiner Ansicht nach wäre es unverantwortlich von uns, diese Forderung zu akzeptieren, und deshalb rufe ich alle Abgeordneten auf, dagegen zu stimmen, wie auch der Rat und die Europäische Kommission vorschlagen, denen ich für all ihre Bemühungen zur Vermeidung eines möglichen Vermittlungsverfahrens danke.

Abschließend möchte ich die Kommission nochmals auffordern, durch Informationskampagnen in der Bevölkerung das Bewusstsein für die Gesundheitsrisiken durch den Kontakt mit Quecksilber und die Umweltprobleme, die durch Quecksilber entstehen können, zu verstärken, denn ich fürchte, die Bürger sind über seine Toxizität leider nicht ausreichend informiert.

Zum Schluss möchte ich noch der Kommission für ihre Arbeit und für die Möglichkeit einer Einigung in zweiter Lesung danken. Ein Dank auch an den Rat und die Fraktionen, die diesen Vorschlag unterstützt haben.

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte zunächst der Berichterstatterin, Frau Sornoza Martínez, für ihre Arbeit an diesem Vorschlag herzlich danken. Wir beraten heute Abend eine sehr wichtige Richtlinie. Sie ist ein wichtiges Element in unserer Strategie, Quecksilber für immer aus unserer Umwelt zu verbannen – eine Strategie, die vom Europäischen Parlament seit langem unterstützt wird.

Quecksilber und seine Verbindungen sind hochgiftig für die menschliche Gesundheit und die Umwelt. Deshalb wird die Richtlinie einen großen Fortschritt bringen, sie wird das Inverkehrbringen bestimmter neuer quecksilberhaltiger Messgeräte einschränken und erreichen, dass etwa 30 Tonnen Quecksilber pro Jahr nicht mehr über Abfallströme in die Umwelt eintreten.

Die vorgeschlagene Richtlinie verfolgt das Ziel, den Einsatz dieses gefährlichen Stoffes in Messinstrumenten so weit wie möglich zu verringern und nur solche Ausnahmen zuzulassen, bei denen die Risiken vernachlässigbar sind oder wo es keine Ersatzstoffe gibt. So wird zum Beispiel das Inverkehrbringen von quecksilberhaltigen Fieberthermometern vollständig verboten und auch der Verkauf aller anderen quecksilberhaltigen Messinstrumente an die breite Öffentlichkeit verhindert. Dass es für Blutdruckmessgeräte im Gesundheitssektor und für antike Messinstrumente eine Ausnahme geben wird, halte ich für richtig. Die Vorschläge wurden auf der Grundlage einer Risikobewertung und einer ausführlichen Folgenabschätzung erarbeitet, die für die Quecksilberstrategie entwickelt wurden.

Diese Richtlinie sorgt nicht nur für den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt, sie wird auch der Erhaltung des Binnenmarktes dienen, da sie überall in der Gemeinschaft harmonisierte Regeln für das Inverkehrbringen von quecksilberhaltigen Messgeräten einführen wird.

Die Berichterstatterin empfiehlt, den Gemeinsamen Standpunkt des Rates ohne weitere Änderung zu unterstützen. Diese Auffassung wird von der Kommission vollständig geteilt, da der Gemeinsame Standpunkt einige der Änderungsanträge des Parlaments aus erster Lesung aufgenommen hat und einen ausgewogenen Kompromiss darstellt zwischen dem Bestreben, einerseits die Verwendung von Quecksilber zum Schutz von menschlicher Gesundheit und Umwelt weitestgehend zu unterbinden, andererseits aber die Sicherheit von Patienten im Gesundheitsbereich sicherzustellen. Ich muss bestätigen, was die Berichterstatterin bereits gesagt hat: Quecksilberhaltige Blutdruckmessgeräte, so genannte Sphygmomanometer, werden bei der Behandlung bestimmter lebensbedrohender Krankheiten immer noch von der Mehrheit der Sachverständigen für unverzichtbar gehalten. Wir werden uns aber mit dieser Frage beschäftigen müssen. Wenn nämlich auch für diese Geräte sichere Alternativen zur Verfügung stehen, dann sollte auch hier das Quecksilber verbannt werden. Die Kommission will daher die vorgesehene Ausnahme bereits in zwei Jahren überprüfen.

Eine weitere Ausnahme sieht vor, die Vermarktung antiker Messinstrumente – das sind solche, die mindestens 50 Jahre alt sind – weiterhin zu erlauben. Dem kann die Kommission zustimmen, da antike Instrumente überwiegend Sammlerstücke sind, die wegen ihres Wertes sehr vorsichtig behandelt werden und nur in sehr begrenzten Zahlen auf den Markt kommen. Nach Auffassung der Kommission gibt es allerdings keine Rechtfertigung für eine unbefristete Ausnahmeregelung für die weitere Abgabe von neuen quecksilberhaltigen Barometern an die Endverbraucher. Da es ebenso dekorative wie zuverlässige Alternativen zu quecksilberhaltigen Barometern gibt, ist die Verwendung dieses gefährlichen Stoffes bei der Herstellung von Barometern absolut nicht erforderlich.

Eine unbefristete Ausnahme für solche Geräte stünde in starkem Widerspruch zu der Position in Bezug auf hochgefährliche Stoffe, die dieses Europäische Parlament bei der Verabschiedung des neuen Chemikalienrechts REACH eingenommen hat. Ein Übergangszeitraum von zwei Jahren, wie jetzt in der Richtlinie vorgesehen, reicht vollkommen aus, um den wenigen noch verbliebenen Herstellern von Quecksilberbarometern die Möglichkeit zu geben, ihr Geschäft auf Alternativen umzustellen. Im Übrigen ist es so, dass viele dieser Hersteller, wenn nicht sogar alle, bereits alternative Angebote haben. Die Kommission wird daher den vorgelegten Änderungsanträgen, soweit es sich um dauerhafte Ausnahmen für Barometer handelt, unter keinen Umständen zustimmen.

Ich ersuche Sie dringend mitzuhelfen, dass mit der Unterstützung des Gemeinsamen Standpunktes die Richtlinie jetzt in zweiter Lesung verabschiedet werden kann.

 
  
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  Martin Callanan, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Wir haben diese Diskussion schon wiederholt geführt, so dass ich mich möglichst kurzfassen kann. Das einzige noch zu klärende Problem sind, wie der Herr Kommissar und Frau Sornosa Martínez bemerkten, die Barometer. Ich möchte sagen, ich bin auch weiterhin fest davon überzeugt, dass die Kommission, der Rat sowie einige Abgeordnete dieses Parlaments die Dinge völlig falsch sehen. Es gibt keinerlei Rechtfertigung für ein Verbot von Barometern. Sie wurden nur deshalb herausgegriffen, weil es nur eine relativ kleine Anzahl von Unternehmen gibt, die sie in Europa noch immer herstellen. Sie sind für die Kommission ein leichtes Ziel, um es so aussehen zu lassen, als würden sie tatsächlich etwas im Falle von Quecksilber unternehmen, während gegen die großen Verursacher von Quecksilberemissionen – Kraftwerke, Krematorien usw. – nicht vorgegangen wird, denn das wäre für die Regierungen der Mitgliedstaaten und die lokalen Behörden ungeheuer kostspielig.

Dieses Parlament nahm einen Änderungsantrag an, durch den die Barometerhersteller bei der ersten Lesung im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit wie auch hier im Parlament von der Richtlinie ausgenommen wurden. Er wurde dann vom Rat abgelehnt, auch wenn er sich für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren aussprach. Leider muss ich sagen, dass der Umweltausschuss dieses Mal den Änderungsantrag nicht unterstützt hat. Aber ich habe die Änderungsanträge wieder vorgelegt, um dem Parlament erneut die Möglichkeit zu geben, darüber zu entscheiden. Den Abgeordneten ist zweifellos bekannt, dass einige unabhängige Betreiber und Händler in ganz Europa eine äußerst energische Kampagne führen.

Es ist doch völlig unlogisch zu sagen, antike Messgeräte seien erlaubt, doch neue werden verboten. Wahrscheinlich befinden sich mehr antike Instrumente auf dem europäischen Markt bzw. werden in Verkehr gebracht als neue hergestellt werden. Hierbei handelt es sich um einen ganz kleinen spezialisierten Markt, und Europa gerät in Verruf, indem es einer geringen Anzahl von außerordentlich unternehmerischen und talentierten Handwerkern die Legitimierung abspricht, deren Produktion verbietet und sie vom Markt drängt. Man könnte sie mit Hilfe entsprechender Genehmigungsverfahren und Überprüfungen kontrollieren, die sie auch zu bezahlen bereit wären. Das wäre die bei weitem vernünftigste Lösung im Gegensatz zu einem vollständigen Verbot, durch das eine Reihe kleiner Unternehmen vom Markt gedrängt würden. Damit gingen Fertigkeiten und Traditionen verloren, die es seit einigen Hundert Jahren in Europa gibt.

 
  
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  Dorette Corbey, im Namen der PSE-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Ich bin Frau Sornosa Martínez zu Dank verpflichtet, wir unterstützen sie uneingeschränkt. Quecksilber, und vor allem Quecksilberverbindungen und Quecksilberdämpfe, sind giftig. Quecksilber kann sich im Hirngewebe und im Nervensystem ansammeln, wo es verheerenden Schaden anrichten kann. Dies wiederum kann zu einer Einschränkung der Intelligenz führen. Eine intelligente Politik verbietet daher die Verwendung von Quecksilber in unnötigen Anwendungen. Da es Alternativen gibt, ist zu begrüßen, dass das Quecksilberthermometer der Vergangenheit angehört.

Es wird viel über Barometer gesprochen. In den Niederlanden ist die Verwendung von Quecksilber seit 2003 verboten, doch Barometer wurden bis 2005 davon ausgenommen, und danach, in Erwartung neuer europäischer Vorschriften, bis zum 1. Januar 2006. Wir sind bereit, die Ausnahmefrist für traditionelle Barometer um weitere zwei Jahre zu verlängern, die, das muss man sagen, wunderbare Dinge sind. Da sich die Frist damit insgesamt bis zum 1. Januar 2010 verlängert, besteht genügend Zeit, Alternativen zu entwickeln, die, wie der Herr Kommissar bestätigte, bereits in großer Zahl vorhanden sind.

Ich kann mir natürlich vorstellen, dass dies für die Hersteller von Barometern schwer zu bewältigen ist, doch wenn wir Quecksilber insgesamt verbannen wollen, müssen wir in jedem Fall Verbrauchsgüter verbieten, die es enthalten. Barometer können brechen oder lecken, so dass Quecksilber in die Umwelt gelangt.

Ich stimme daher den Herstellern von Barometern zu, dass die Verwendung von Quecksilber in Energiesparlampen natürlich auch sehr schädigend ist. Der schnellstmögliche Übergang zu LED-Leuchten ist ein guter Gedanke, aber bei dieser Richtlinie geht es um Quecksilber in Messgeräten und nicht um Energiesparlampen. Ich möchte daher noch einmal Frau Sornosa Martínez gegenüber meine große Unterstützung zum Ausdruck bringen, die meines Erachtens einen guten Ansatz gewählt hat.

 
  
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  Marios Matsakis, im Namen der ALDE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Ich möchte Frau Sornosa Martínez zu ihrem hervorragenden Bericht beglückwünschen.

Dieser Legislativbericht hält sich ganz an den von diesem Hohen Haus im vergangenen Jahr angenommenen Bericht zur Quecksilberstrategie. Sein Ziel ist es, das Inverkehrbringen neuer quecksilberhaltiger Messgeräte einzuschränken. Frau Sornosa Martínez stimmt zu Recht im Wesentlichen dem uns vorliegenden Vorschlag zu und spricht sich lediglich für einige Ausnahmeregelungen in Fällen aus, in denen es noch keinen geeigneten Ersatz gibt.

Meine Fraktion unterstützt diesen Vorschlag vollinhaltlich und erachtet die von der Berichterstatterin vorgelegten Änderungsanträge als sinnvoll und angemessen. Insgesamt trifft der Vorschlag im Parlament auf breite Zustimmung, abgesehen von Meinungsverschiedenheiten zu dem einzigen, bestens bekannten Thema der Barometer. Die Differenzen bestehen darin, wie Sie alle wissen, dass der Rat dem Kompromissvorschlag zugestimmt hat, nach dem Inkrafttreten der Richtlinie einer kleinen Zahl von Produzenten von jetzt hergestellten Barometern mit traditionellem Design eine zweijährige Ausnahmeregelung zuzugestehen. Das ist unserer Meinung nach eine vernünftige Lösung und gibt diesen Herstellern Zeit, ihre Produkte mit quecksilberfreien Substituten auf den Markt zu bringen.

Diese Ansicht teilen einige Kolleginnen und Kollegen nicht, die die in den Änderungsanträgen 1 und 2 geäußerte Meinung vertreten, es müsse für Barometer mit traditionellem Aussehen eine ständige Ausnahmeregelung geben. Diese Angelegenheit ist ihrem Wesen nach nicht von immenser Bedeutung, da in diesen Geräten nur geringfügige Mengen Quecksilber verwendet werden und die Hersteller die Sicherheitsvorschriften richtig umsetzen. Allerdings ist prinzipiell keine langfristige Ausnahmeregelung erforderlich, da die Hersteller genügend Zeit haben, nach sicheren alternativen Chemikalien zu suchen, ohne dass es notwendig ist, einen riskanten Präzedenzfall in Sicherheitsvorschriften aufzunehmen.

Dieses Thema wurde leider unverhältnismäßig von einem Teil der nationalen Presse aufgebauscht, die diese Angelegenheit so darstellen, als handle es sich um ein herzloses, bürokratisches Vorgehen der EU im Stil des „Big brother“ gegen arme, ehrliche Hersteller von traditionellen Messinstrumenten in dem Versuch, sie zu vernichten. Und Sie wissen, dass das nicht stimmt.

Meine Fraktion vertritt den Standpunkt, dass wir der wissenschaftlichen Logik folgen und keine ständigen Ausnahmeregelungen für Barometer annehmen sollten. Doch weil wir erkannt haben, wie ernst es einigen Abgeordneten damit ist, werden wir gegen diejenigen in unserer Fraktion nicht ungebührlich streng vorgehen, die sich der Linie der Fraktion nicht anschließen wollen, obwohl immer die Gefahr besteht, dass der Änderungsantrag zu Barometern durchgeht und den gesamten Vorschlag gefährdet. Hoffen wir, dass dies nicht geschieht.

 
  
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  Leopold Józef Rutowicz, im Namen der UEN-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Beschränkung des Inverkehrbringens gewisser quecksilberhaltiger Messinstrumente ist ein wichtiges Dokument, da es die Menge der Quecksilberemissionen in die Umwelt beschränkt. In einem aquatischen Umfeld gelangt Quecksilber in Form von Methylquecksilber in die Nahrungskette. Betroffen sind davon Fische, Obst, Gemüse und eventuell auch der Mensch. Es häuft sich in unserem Organismus an und vergiftet uns.

Jährlich gelangen 33 Tonnen Quecksilber in neuen Produkten und 27 Tonnen in gebrauchten Produkten in den Kreislauf. Dank des technischen Fortschritts konnte die Verwendung von Quecksilber in der Industrie und den fertigen Erzeugnissen eingeschränkt werden. Es ist wichtig, Quecksilber aus gebrauchten Produkten wiederzugewinnen und die Einfuhr quecksilberhaltiger Produkte aus Drittstaaten drastisch zu reduzieren. Die Richtlinie 76/769/EWG des Rates über Beschränkungen des Inverkehrbringens gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen sollte rasch geändert werden, damit alle EU-Mitgliedstaaten ein solches Verbot in ihre Rechtsvorschriften aufnehmen können.

Ich möchte Frau Sornosa Martínez für ihre Arbeit danken.

 
  
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  Carl Schlyter, im Namen der Verts/ALE-Fraktion.(SV) Als Kind habe ich mit Quecksilber gespielt. Diese Richtlinie wird nun hoffentlich dazu führen, dass die Kinder zukünftiger Generationen das nicht mehr tun. Es gibt jetzt einen Kompromiss mit dem Rat, und es ist höchste Zeit, dass wir ihn annehmen. Wir wissen, dass Quecksilber Menschen und Natur schadet und dass es fast immer durch weniger gefährliche Stoffe ersetzt werden kann. Der Kompromiss im Ministerrat ist ausgewogen und kommt 14 Jahre, nachdem von Schweden ein nationales Verbot von Quecksilberthermometern eingeführt wurde. Wir sollten nicht noch mehr Zeit verlieren.

Diejenigen, die darüber nachdenken, für einen technisch unbegründeten Vorschlag der Barometerlobby zu stimmen, sollten wissen, dass bei einer Billigung dieses Vorschlags die Gefahr besteht, dass das gesamte Verbot verzögert und erschwert wird, was unverantwortlich wäre. Zahnärzte, Labors und Krankenhäuser haben Quecksilber bereits aus dem Verkehr gezogen. Es gibt keinerlei Probleme, den Luftdruck ohne Quecksilber zu messen. Nostalgiker können alte Barometer kaufen, denn auch mit diesem Verbot, das sich nicht auf Antiquitäten bezieht, sind diese auf dem Binnenmarkt weiterhin legal.

 
  
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  Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (PL) Herr Präsident! Dass Quecksilberverbindungen für den Menschen und die Umwelt schädlich sind, ist seit langem bekannt. Quecksilber kann leicht in die Nahrungskette gelangen. Am stärksten gefährdet sind Kinder – die ungeborenen eingeschlossen – und Menschen, die mit Quecksilber in direkten Kontakt kommen. Quecksilber schädigt den menschlichen Organismus, indem es das Nervensystem angreift, zu Koordinierungsstörungen und auch Sehstörungen führt und Gesundheit und Umwelt beeinträchtigt. Es ist daher richtig und angemessen, die Verwendung von Quecksilber in bestimmten Messinstrumenten durch Rechtsvorschriften einzuschränken.

Quecksilberhaltige medizinische Geräte sollten vor allem in den neuen Mitgliedstaaten schrittweise vom Markt genommen werden, da diesen Ländern für das Gesundheitswesen nur begrenzte Mittel zur Verfügung stehen. Beispielsweise würden sich bei einem Verbot der Verwendung von Quecksilberthermometern die zusätzlichen öffentlichen Ausgaben auf ca. drei Millionen PLN jährlich belaufen. Ein plötzliches Verbot quecksilberhaltiger Messinstrumente wäre nicht nur sehr kostspielig, sondern würde die Menschen auch davon abhalten, Temperatur und Blutdruck zu messen, was umso gefährlicher ist, als die billigen elektronischen Geräte nicht sehr genau sind.

Wir haben vorgeschlagen, den Übergangszeitraum zu verlängern, was die Kosten erheblich senken würde. Von dem Verbot ausgenommen werden sollten unserer Ansicht nach Thermometer für Frühgeborene wegen ihres spezifischen Messbereichs, ihrer Zuverlässigkeit und Genauigkeit, ferner Ovulationsthermometer, die der Diagnose von Unregelmäßigkeiten sowie der Reproduktion als grundlegende Methode der natürlichen Familienplanung dienen. Außerdem werden für die Diagnose von Tierkrankheiten Veterinärthermometer gebraucht.

Abschließend möchte ich anmerken, dass solch übereilte Änderungen an den Rechtsvorschriften den Verdacht nahe legen, hier könnten persönliche Interessen im Spiel sein und das Verbot von quecksilberhaltigen Produkten entspringe nicht ausschließlich dem Wunsch, Gesundheit und Umwelt zu schützen.

 
  
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  Thomas Ulmer (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr verehrten Damen und Herren! Etwa 30 Tonnen Quecksilber sollen durch diese Richtlinie für Messinstrumente außer Verkehr gebracht werden, nicht besonders viel, aber immerhin eine bemerkenswerte Menge. Die Gefahren von Quecksilber sind allgemein bekannt, die Neurotoxizität ist unbestritten. Dort, wo die menschliche Gesundheit gefährdet ist, gilt für mich das strenge Prinzip der Substitution. Dort, wo Quecksilber unbedingt erforderlich und nicht ersetzbar ist, kann es unter strengen Bedingungen erhalten bleiben.

Ausnahmen werden also nur dort zugelassen, wo keine wesentlichen Risiken vorhanden sind oder wo noch keine Alternativen zur Verfügung stehen. Die Ausnahmen umfassen Sphygmomanometer für besondere Anwendungen und alte Messinstrumente, wobei sich die Zahl der alten Messinstrumente selbstredend von allein weiter reduzieren wird. Die Übergangsfrist von zwei Jahren halte ich im Bereich der Barometer für durchaus ausreichend. Entscheidend für mich ist die Harmonisierung des Binnenmarktes, die hier ein weiteres Stück vorangetrieben wird. Ich stimme dem Gemeinsamen Standpunkt zu.

 
  
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  Åsa Westlund (PSE). – (SV) Es ist wirklich erstaunlich, dass wir zu dieser Aussprache gezwungen sind. Quecksilber ist eines der gefährlichsten Gifte, das wir haben, und selbstverständlich sollte es nicht verwendet werden, wenn es nicht absolut notwendig ist. Es verwundert mich, dass jemand es überhaupt für wichtiger halten kann, die Herstellung traditioneller Barometer und Thermometer weiterzuführen, als die Gesundheit der Menschen zu schützen.

Als Schwangere kenne ich nur allzu gut die mit Quecksilber verbundenen Risiken. Ich weiß, dass jemand, der ein Kind bekommt, den Fisch nicht essen sollte, den ich, ebenso wie viele andere, während meiner gesamten Kindheit und Jugend regelmäßig gegessen habe. Ist es das, was wir wollen? Sollte es für junge Frauen nicht möglich sein, normale Nahrungsmittel zu essen? Sollen Schwangere sich darüber Gedanken machen müssen, dass ihr ungeborenes Kind durch Quecksilber geschädigt wird, das unter anderem in Produkten zu finden ist, die diese Substanz unnötigerweise enthalten?

Im Vorfeld dieser Aussprache haben wir Briefe erhalten, in denen wir aufgefordert wurden, die traditionelle Barometerherstellung zu bewahren. Das ist wirklich peinlich! Wie kann jemand glauben, dass ich die eventuelle Freude am Besitz eines Barometers höher bewerten würde als die Gefahr, die die Verwendung von Quecksilber für kommende Generationen bedeutet? Ich hoffe, alle meine Kollegen werden bei der morgigen Abstimmung zeigen, wie peinlich diese Briefe sind und dass wir unsere Verantwortung für die Umwelt und die öffentliche Gesundheit wahrnehmen, indem wir gegen alle Änderungsanträge stimmen, die auf eine Beibehaltung der Quecksilberverwendung abzielen.

 
  
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  Holger Krahmer (ALDE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kollegen! Ich gebe Ihnen Recht: Quecksilber ist hochgiftig. Es schadet der Umwelt, den Tieren und über die Nahrungskette und andere Wege auch den Menschen.

Es ist richtig, dieses Element zu ersetzen, wo es möglich und sinnvoll ist, aber nicht immer und um jeden Preis und nicht wegen der Eigenschaften des Stoffes an sich, sondern dann, wenn sein Einsatz tatsächlich eine Gefahr für die Umwelt darstellt. Wir können Quecksilber sowieso nicht völlig aus dem Verkehr ziehen, denn dann müssten wir uns auch noch von einem anderen Produkt verabschieden, das bei vielen Kollegen hier im Haus hoch im Kurs steht. Die Energiesparlampe, die manche zwecks Klimaschutzes am liebsten gesetzlich vorschreiben wollen, enthält auch Quecksilber. Bei flächendeckender Verbreitung der Energiesparlampe hätten wir mindestens genauso viel davon in unseren Haushalten wie derzeit mit traditionellen Barometern.

Ich halte nichts davon, morgen Quecksilber mitsamt einer ganzen Gruppe von Handwerksbetrieben vom EU-Markt zu verbannen, während wir gleichzeitig Quecksilberlampen in unsere Fassungen schrauben wollen. Ich wäre an einer Antwort des Kommissars in Bezug auf diesen Zielkonflikt interessiert.

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE-DE). – (SK) Quecksilber wird in vielen Messgeräten verwendet, in Thermometern und Barometern. Quecksilber wurde auch erfolgreich und ohne größere Gesundheitsbelastungen in der Zahnmedizin, in Form von Amalgamfüllungen, eingesetzt.

Andererseits ist Quecksilber jedoch unter bestimmten Umständen als schädlich bekannt und kann sich in lebenden Organismen, auch im menschlichen Körper, ansammeln. Uns allen ist bewusst, dass der Gemeinsame Standpunkt des Rates die meisten Änderungsanträge berücksichtigt, die das Europäische Parlament bereits am 14. November 2006 angenommen hat. Dies spiegelte sich in dem Text wider, bei dem der Berichterstatter und die Schattenberichterstatter nahezu einer Meinung sind, so dass wir während der ersten Lesung kurz vor dem Abschluss des Legislativverfahrens standen.

Es gibt allerdings einen wesentlichen Punkt, bei dem sich Rat und Parlament nicht einig sind. Dies ist die Herstellung von Geräten, in denen Quecksilber zum Einsatz kommt, insbesondere Barometer. Wie wir wissen, stimmte das Parlament für eine vollständige Ausnahmeregelung, während der Rat eine auf zwei Jahre befristete Ausnahme vorschlägt, die angemessen erscheint. Ein Verbot würde für neue quecksilberhaltige Barometer gelten, es erscheint jedoch sinnvoll, gebrauchte Barometer als zulässig zu betrachten, da dies ihren weiteren Verkauf, die Reparatur und Instandhaltung ermöglichen würde.

Als Bürger und Verbraucher unterstütze ich die Art von Kompromiss, für den sich der Berichterstatter ausspricht, und durch den die allgemeine Gesundheit der breiten Öffentlichkeit nicht gefährdet wird. Dies wird die Hersteller konventioneller Barometer in die Lage versetzen, sich rascher an die neue Lage anzupassen.

 
  
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  Linda McAvan (PSE).(EN) Herr Präsident! Meiner Meinung nach sollten wir nicht vergessen, dass es sich hier um einen Bestandteil einer umfassenderen Strategie für die Einstellung der Verwendung von Quecksilber handelt. Es wurde kein Sektor herausgegriffen – weder Thermometer noch Barometer –, denn es wird eine Reihe von Maßnahme über mehrere Jahre hinweg geben. Ich denke, Herr Ulmer hat es ganz richtig gesagt: Wir waren uns einig im Rahmen der REACH-Richtlinie, wenn es eine sichere Alternative zu gefährlichen Chemikalien gibt, dann sollten wir auf diese Alternative hinarbeiten. Darauf haben wir uns alle in diesem Hohen Haus geeinigt. Alle großen Fraktionen haben REACH befürwortet. Wenn wir also zu diesem Zeitpunkt sagen: „Lasst uns bei Barometern eine Ausnahme machen“, dann entspricht das ganz und gar nicht mehr der REACH-Richtlinie. Mehr noch, auch Barometer fallen unter REACH.

Es gibt einen Änderungsantrag zur Genehmigung von Barometern. Dabei geht es jedoch nicht um die Frage der Freisetzung, unbeabsichtigten Beschädigung oder Abfallentsorgung, Abfalldeponien und Abfallverbrennung. In den Vereinigten Staaten fand jemand im Mai ein kaputtes Barometer in einem Schrank in einer Schule. Die Schule wurde für eine Woche geschlossen. Die gesamte Schule musste evakuiert werden, und die Rechnung für deren Reinigung belief sich auf Tausende von Dollar. Sechzehn amerikanische Bundesstaaten beantragen das Verbot von Quecksilber in Barometern und anderen Geräten. Sie gehen in der Tat noch viel weiter als es die Europäische Kommission heute hier vorschlägt. Daher ist jedes Gerede von einem überfürsorglichen Europa in der Barometer-Frage völlig fehl am Platze.

Die PSE-Fraktion hat sich für die zweijährige Übergangsphase für die Barometer-Industrie eingesetzt. Wir wissen, dass es sich dabei um kleine Unternehmen handelt, wir wissen, dass dies ihnen einige Schwierigkeiten bereiten wird, aber ich glaube, sie waren sich dessen bewusst, dass sie die REACH-Richtlinie ohnehin treffen wird, und ich denke, dass dies ein vernünftiger Kompromiss ist.

Ich komme zum Schluss. Herr Schlyter sprach davon, dass er als Kind gerne mit Quecksilber gespielt hat. Das haben mir viele im Laufe der Aussprache gesagt. Ja, wir haben in der Vergangenheit damit gespielt. Ich betone aber immer wieder, dass wir auch in Autos ohne Sicherheitsgurt gefahren sind. Wir haben verbleites Benzin geschnüffelt. Und Weihnachten habe ich gewöhnlich Zuckerzigaretten in meinem Strumpf am Kamin gehabt. Es gibt Dinge, die verändert werden müssen, und meines Erachtens ist es jetzt an der Zeit, sie zu verändern.

 
  
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  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte gerne noch einmal die Politik der Kommission in Bezug auf den Umgang mit nachgewiesenermaßen hochgiftigen Stoffen in unserer Umwelt klarstellen. Wir können Risiken in unserer Gesellschaft nicht ausschließen, aber immer dann, wenn die Voraussetzungen für eine Substitution gegeben sind, muss der Substitution der Vorrang gegeben werden. Ich kann überhaupt nicht verstehen, wie man das anders sehen kann. Wenn es nicht notwendig ist, mit einer hochgiftigen Substanz in unserer Umwelt zu hantieren, dann muss man das doch auch nicht tun.

Das gilt auch in Bezug auf die Energiesparlampen, die Herr Krahmer angesprochen hatte, in denen in der Tat Quecksilber in sehr kleinen Mengen vorkommt. Dafür gibt es noch keine Substitution. Aber es muss daran gearbeitet werden, und sobald es eine solche gibt, ist selbstverständlich auch hier eine Herstellung ohne die Verwendung von Quecksilber vorzuziehen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal auf die Barometer eingehen. Sie werden kaum einen größeren Freund schöner alter Geräte finden als mich. Ich bin ein großer Freund traditioneller Herstellungsmethoden, ein großer Freund traditioneller Unternehmen, vor allen Dingen, wenn es sich dabei um kleine Unternehmen handelt. Niemand will auch nur ein einziges kleines, traditionelles Unternehmen in Europa vom Markt verdrängen. Ich habe hier den Katalog eines dieser Hersteller. Es gibt überhaupt keinen Zweifel. Sie bieten heute schon wunderschöne Barometer an, die nicht den geringsten äußerlichen Unterschied zu den bisher hergestellten Barometern aufweisen, aber kein Quecksilber mehr enthalten. Sogar das berühmte Prince-of-Wales-Barometer, eine Kopie des königlichen Barometers von John Russell, zum Preis von immerhin 795 Pfund, ist bereits zu haben, ohne dass es auch nur die geringste Spur von Quecksilber enthielte.

Das Argument, dass auch nur irgendein Unternehmen in seiner Existenz gefährdet wäre, ist einfach nicht richtig Darum sage ich Ihnen ganz klar: Man dient den Interessen dieser kleinen Unternehmen nicht, wenn man sie davon abhält, einen notwendigen Schritt zu tun, um das, was sie herstellen, auch zukunftsfähig zu machen. Und zukunftsfähig sind diese traditionellen Barometer nur dann, wenn sie ohne Quecksilber hergestellt werden.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen, am 11. Juli 2007, statt.

 
  
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  Carl Schlyter (Verts/ALE). – (EN) Herr Präsident! Ich würde Sie bitten zu prüfen, ob die Übersetzung richtig rübergekommen ist. Ich sagte, ich hätte als Kind mit Quecksilber gespielt, und ich hoffe, dass zukünftige Generationen dieser Gefahr nicht ausgesetzt sind. Ich wollte nur absolut sicher gehen.

 
  
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  Der Präsident. – So hatte ich es auch verstanden, Herr Schlyter: Ich kann Ihnen versichern, dass ich das Gleiche getan habe, und ich hoffe auf ein Leben bis ins hohe Alter.

 

21. Ermittlung, Ausweisung und Schutz kritischer europäischer Infrastrukturen (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Jeannine Hennis-Plasschaert im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Ermittlung und Ausweisung kritischer europäischer Infrastrukturen und die Bewertung der Notwendigkeit, ihren Schutz zu verbessern (KOM(2006)0787 – C6-0053/2007 – 2006/0276(CNS)) (A6-0270/2007).

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte der Berichterstatterin für diesen wichtigen Bericht, der an eine von der Kommission vorgelegte Initiative anknüpft, danken.

Es versteht sich von selbst, dass der Schutz kritischer Infrastrukturen für die Europäische Kommission ebenso wie für die Mitgliedstaaten eine Priorität darstellt, nicht zuletzt, weil sich die Notwendigkeit, kritische Infrastrukturen z. B. vor möglichen Terroranschlägen zu schützen, auch aus der Beschaffenheit der Infrastrukturen selbst sowie aus deren gegenseitiger Vernetzung und Abhängigkeit ergibt. Wird nämlich eine physische oder technologische Infrastruktureinrichtung in einem Mitgliedstaat angegriffen, sind die Auswirkungen unweigerlich auch in den anderen Mitgliedstaaten zu spüren. Deshalb brauchen wir einen gemeinsamen europäischen Präventions- und Schutzrahmen.

Wir hielten es für den besten Weg, vor allem den Privatsektor einzubeziehen, was bedeutet, auf die gegenwärtig verfügbaren Technologien zurückzugreifen und eine verstärkte technologische Forschung zu fördern. Dabei sollten wir die Unternehmen und Forschungslabors um Mitwirkung ersuchen, um die Ergebnisse dieser Forschungen für den gemeinsamen europäischen Rahmen zur Verfügung zu stellen. Ziel ist es, über richtige Sicherheitspläne für die verschiedenen Infrastrukturbereiche und über ein regelrechtes Netz von Verbindungsbeamten zu verfügen, die gewährleisten, dass dieser gemeinsame europäische Rahmen funktioniert.

Unserer Vorstellung nach sollten nur Infrastrukturen mit wirklich länderübegreifender Bedeutung und ganz sicher nicht solche, die auf das Gebiet eines einzigen Mitgliedstaates beschränkt sind, berücksichtigt werden, es sei denn, diese besonders kritische Infrastruktur hat einen Einfluss, der über die Landesgrenzen dieses Staates hinaus reicht.

Wie Sie wissen, haben wir im Dezember vorigen Jahres eine Mitteilung über ein Europäisches Programm für den Schutz kritischer Infrastrukturen und parallel dazu einen Richtlinienvorschlag zur Ermittlung der schutzbedürftigen Infrastrukturen angenommen. Ich bin deshalb dem Parlament dankbar, dass es alle Vorschläge zu einem so wichtigen Thema geprüft hat. Es ist klar, dass in der Mitteilung die anzuwendenden Grundsätze und Verfahren sowie die Instrumente zur Durchführung dieser Verfahren bestimmt werden, während in der Richtlinie die Vorschriften für die Ermittlung der Infrastrukturen festgelegt werden, die gemäß einem gemeinsamen europäischen Ansatz des Schutzes bedürfen. Wir beabsichtigen diesen Aktionsplan durch ein umfassendes Netz der öffentlich-privaten Zusammenarbeit voranzubringen.

Wir denken, dass die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der verschiedenen in dem Aktionsplan enthaltenen Maßnahmen unterstützt werden sollten; und wir sind ferner der Überzeugung, dass die internationale Dimension berücksichtigt und dass Finanzierungsmaßnahmen umgesetzt werden sollten. Wir verfügen bekanntlich über ein Finanzierungsprogramm zur Prävention, Abwehrbereitschaft und Folgenbewältigung der Terrorismusgefahr, in dessen Rahmen geeignete Mittel für Maßnahmen zum Schutz der kritischen Infrastrukturen bereitgestellt werden können.

Ich kann schon jetzt bekannt geben, dass ich einige bedeutsame Änderungsanträge, die das Parlament sodann prüfen wird, übernehmen kann. Der erste betrifft die im Text der Richtlinie notwendige Hervorhebung, dass es Aufgabe der Mitgliedstaaten ist, die geeignetsten Formen und Methoden für ihre Umsetzung festzulegen: Mit anderen Worten, wir müssen den Grundsatz der flexiblen Umsetzung der Richtlinie hervorheben, auf dessen Grundlage die Maßnahmen, seien sie nun obligatorisch oder nicht, ohne ein übermäßig starres Herangehen durchgeführt werden müssen.

Der zweite meines Erachtens zustimmungsfähige Vorschlag betrifft die notwendige Klarstellung, nach welchen Modalitäten bestimmte Bereiche von einigen in der Richtlinie genannten Verpflichtungen befreit werden. Die Kommission hat die Möglichkeit der Freistellung bestimmter Sektoren vorgesehen, und in den Änderungsanträgen des Parlaments wird im Wesentlichen gefordert, genauer zu spezifizieren, wann eine solche Freistellung für einen bestimmten Sektor gilt. Ich denke, ich kann dem zustimmen, dass einige Präzisierungen eingearbeitet werden müssen, wodurch mehr Klarheit geschaffen wird.

Außerdem billige ich den Vorschlag zur Änderung der Liste von Sektoren mit kritischen Infrastrukturen in Anhang I des Richtlinienvorschlags. Ich halte den Vorschlag des Parlaments zur Änderung dieses Anhangs für annehmbar, ebenso wie die Aufnahme einiger Änderungen bei den Sektoren, für die der Einsatz des Komitologieverfahrens vorgesehen ist. Diesbezüglich liegt ein konkreter Vorschlag vor, auch wenn wir uns dessen bewusst sein müssen, dass sich durch eine Einschränkung der Anwendung des Komitologieverfahrens zugleich die für die Richtlinienumsetzung erforderliche Zeit verlängern würde. Im Grunde genommen ist das Komitologieverfahren vielleicht ein ziemlich kompliziertes Instrument, das jedoch Zeit bei der Umsetzung spart. Gleichwohl habe ich nichts dagegen, den Gedanken, der hinter diesen Änderungsanträgen steht, zu übernehmen.

Abschließend, Herr Präsident, kann ich sagen, dass ich glücklich und zufrieden mit dem vorliegenden Bericht bin, und ich hoffe, dass ihn das Parlament mit breiter Mehrheit annehmen wird. Wir müssen unsere Geschlossenheit in Bezug auf eine strategische Maßnahme wie die europäische Initiative zum Schutz der kritischen Energie-, Verkehrs- und Technologieinfrastrukturen demonstrieren, die durchgreifender Präventions- und Schutzmaßnahmen bedürfen, weil sich die terroristische Bedrohung leider vor allem gegen kritische Infrastrukturen richtet. Deshalb bin ich dem Parlament dankbar für den Beitrag, den es zu dieser Arbeit der Kommission bereits geleistet hat und noch leisten wird.

 
  
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  Jeanine Hennis-Plasschaert (ALDE), Berichterstatterin. (NL) Herr Präsident! Im Juni 2004 forderte der Rat die Kommission auf, eine allgemeine Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen vorzubereiten. In den vergangenen drei Jahren ist das Thema nicht von der Tagesordnung der Kommission verschwunden, und das ist ganz richtig. Entsprechend den Wünschen des Rates und des Europäischen Parlaments hat die Kommission schließlich einen Vorschlag für ein europäisches Programm zum Schutz kritischer Infrastrukturen vorgelegt, das in der Richtlinie, die wir heute erörtern, seinen Abschluss fand.

Als Berichterstatterin unterstütze ich den Gedanken eines gemeinsamen Rahmens in dieser Sache. Der wirksame Schutz anfälliger, kritischer Infrastrukturen und Dienstleistungen erfordert Kommunikation, Koordinierung und Kooperation, an denen alle betroffenen Parteien beteiligt sind, auf nationaler und europäischer Ebene. Die komplexen Prozesse und Schnittstellen kritischer Infrastrukturen mit einer transnationalen Dimension sollten meines Erachtens auch einbezogen werden.

Wie Kommissar Frattini bereits mehrfach erläuterte, kann die Beschädigung oder der Verlust einer bestimmten Infrastruktureinrichtung in einem Mitgliedstaat negative Auswirkungen für andere Mitgliedstaaten oder auch die gesamte europäische Wirtschaft haben. Dank neuer Technologien, beispielsweise dem Internet, sowie der weit reichenden Liberalisierung des Marktes, beispielsweise bei der Strom- und Gasversorgung, sind viele Infrastruktureinrichtungen bereits Teil größerer Netze.

Unter diesen Umständen wird die Effizienz all dieser Schutzmaßnahmen vom schwächsten Glied bestimmt. Ich bin jedoch der Ansicht, wie Herr Frattini bereits sagte, dass die Kommission in einigen Teilen der Richtlinie etwas zu proaktiv bzw. übermäßig enthusiastisch war. Es muss klar sein, dass die hauptsächliche und endgültige Zuständigkeit bei den Mitgliedstaaten und den Eigentümern dieser kritischen Infrastrukturen liegt.

Aus dieser Sicht halte ich einen von unten nach oben gerichteten Ansatz für äußerst wichtig. Gemeinsame Maßnahmen sind meines Erachtens nur dann gerechtfertigt, wenn sie für mindestens drei Mitgliedstaaten nachteilige Folgen haben würden, oder zumindest zwei Mitgliedstaaten, bei denen es sich nicht um diejenigen handelt, in denen sich die kritischen Infrastrukturen befinden. Schließlich hat man sich auf bilateraler Ebene schon auf Vieles geeinigt, was, ehrlich gesagt, auch die flexibelste Lösung ist.

Darüber hinaus bin ich der Auffassung, dass Überschneidungen mit oder Widersprüche zu bestehenden Rechtsvorschriften und/oder Bestimmungen um jeden Preis vermieden werden müssen. Bestehende Kriterien und Mechanismen müssen daher berücksichtigt werden. Für mich ist ebenfalls wichtig, dass für den privaten Sektor kein unnötig großer Verwaltungsaufwand entsteht. Ich fordere ihn auf, das bereits bestehende Fachwissen zu nutzen, und würde vor allem davon abraten, das Rad neu erfinden zu wollen. Ich spreche mich daher für diesen pragmatischen, doch strukturellen Ansatz aus.

Nach den Debatten in den parlamentarischen Ausschüssen haben einige Fraktionen des Parlaments auch befürwortet, sich auf so genannte vorrangige Sektoren zu konzentrieren. Es wurde auch beschlossen, das vorgeschlagene Komitologieverfahren zu streichen. In der Vergangenheit hat die Anwendung des Komitologieverfahrens allzu oft zu einer unsicheren Situation geführt. Ich bin daher dem Herrn Kommissar für seine Anmerkungen zu dieser Frage und zu anderen Änderungsvorschlägen sowie für die Tatsache sehr dankbar, dass er seine Zufriedenheit geäußert hat. Ich hätte jedoch gern eine Reaktion auf die Definition der zwei bis drei Mitgliedstaaten, denn dies ist meines Erachtens der wichtigste Änderungsantrag.

Ich möchte mit einer Anmerkung an die Adresse des Rates schließen, der wieder einmal durch Abwesenheit glänzt. Die Einigung auf einen Gemeinsamen Standpunkt scheint für ihn ein zu großes Wagnis zu sein. Dies ist recht erstaunlich, angesichts der Tatsache, dass der Rat diesen gemeinsamen Rahmen selbst gefordert hat, und ungewöhnlich, denn wenn etwas passiert, ist der Rat allzu gern der Erste, der sofort alle Arten von Bestimmungen ankündigt, ohne die Qualität der Vorschläge wirklich zu berücksichtigen, ihre Auswirkungen auf den Binnenmarkt, beispielsweise, oder auf die europäischen Bürger.

Doch Visionen und Energie sind zwei Fähigkeiten, die man vom Rat bei dieser Frage erwarten kann. Bei der Eröffnung dieser Tagung heute Vormittag sprach Präsident Pöttering weise Worte. Niemand erwartet Ad-hoc-Bestimmungen und Vorschriften, die durch Panik diktiert werden. Ein strukturelles, taktisches Vorgehen jedoch, das den rechtsstaatlichen Grundsätzen Rechnung trägt – und Letzteres ist äußerst wichtig – ist sehr willkommen. Ich danke Ihnen und ich danke dem Herrn Kommissar.

 
  
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  Harald Ettl (PSE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und Währung. – Herr Präsident! Grenzüberschreitende Krisen – seien sie durch Terror oder durch Katastrophen hervorgerufen – erfordern unionsweiten Schutz der kritischen Infrastrukturen. Kritische Infrastrukturen können durch Nichtnennung nicht verheimlicht werden. Das zu glauben, wäre völlig naiv.

Psychologisch gesehen führt die Zerstörung kritischer Infrastrukturen zum Vertrauensverlust in der Öffentlichkeit der Europäischen Union. Daher ist Krisenschutz nicht allein eine nationale Angelegenheit, sondern erfordert – wie von der Kommission vorgesehen – ein europäisches Krisenmanagement.

Außerdem wurde vom Ausschuss für Wirtschaft und Währung klar darauf hingewiesen, dass die Verbringung von Bestandteilen europäischer Infrastrukturen außerhalb der Union erhöhte Gefahr bei terroristischen Anschlägen bedeutet und spezieller Datenzugang die gesamte Infrastruktur anfälliger macht. Das gilt auch für Banken und das Versicherungswesen. Auch wenn in diesen Bereichen der Sicherheitszustand und die Kontrollen ständig verbessert werden, bedarf es auch hier eines zusätzlichen koordinierten europäischen Vorgehens. Doppelregelungen wird niemand wollen. Was wir benötigen, ist zusätzlicher Sicherheitsgewinn. Daran, und nicht an kurzsichtig formulierten Wünschen der Wirtschaft, muss sich auch die GD Markt orientieren.

 
  
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  Renate Sommer (PPE-DE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr. – Herr Präsident! Der Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr ist für seinen Bereich der Meinung, dass die Kommission mit diesem Richtlinienentwurf ihre Kompetenzen überschreitet, denn sie geht mit ihrem Aufgabenverständnis von falschen Voraussetzungen aus. Sie spricht von Stabilisierung des Binnenmarktes, aber die Richtlinie soll hauptsächlich dem Schutz vor Terrorakten dienen.

Außerdem verletzt der Kommissionsvorschlag das Subsidiaritätsprinzip, denn es sollen nicht nur bestehende Maßnahmen der Mitgliedstaaten ergänzt werden, sondern diese sollen teilweise ersetzt werden. Schließlich löst der Vorschlag auch nicht die eigentliche Aufgabe, sondern delegiert dies an einen Komitologieausschuss.

Daher lehnte der Verkehrsausschuss den Kommissionsvorschlag ab, obwohl wir wissen, dass wir natürlich eine europäische Zusammenarbeit brauchen. Die Frage ist eben nur, wie. Mein Hauptanliegen ist es sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet werden, ihre kritischen europäischen Infrastrukturen an die Kommission zu melden, damit diese dann eine komplette Liste mit sensiblen Infrastrukturen der EU erstellt, Sicherheitspläne dazuheftet und dann alles in irgendeinem Büro in Brüssel lagert. Dies widerspräche nationalen Sicherheitsinteressen. Eine solche Liste wäre eine interessante Informationsquelle für Terroristen.

Auf Kommissionsebene sollten lediglich die wichtigsten gefährdeten Sektoren in Europa allgemein definiert und inventarisiert werden. Die Ermittlung dieser Sektoren sollte den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, denn sie sind es, die in erster Linie für den Schutz kritischer Infrastrukturen zuständig sind, und sie tragen die letzte Verantwortung für Maßnahmen zum Schutz kritischer Infrastrukturen innerhalb ihrer nationalen Grenzen. Dies muss im Interesse der nationalen Sicherheit auch so bleiben. Nur eine dezentrale Verwaltung der sensiblen Infrastrukturen kann das Gefährdungspotenzial senken.

Für richtig halte ich die enger gefasste Definition von kritischen europäischen Infrastrukturen, die vorsieht, dass mindestens drei bzw. zwei andere Mitgliedstaaten als der jeweilige Staat, in dem sich die kritische Infrastruktur befindet, betroffen sein müssen. Es muss sichergestellt sein, dass die Richtlinie lediglich europäische und keine nationalen Infrastrukturen erfasst. Im Übrigen halte ich aus Sicherheitsgründen eine bilaterale Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in diesem Bereich für sinnvoller.

Abschließend möchte ich der Berichterstatterin, Jeanine Hennis-Plasschaert, ganz herzlich danken und Sie meiner Unterstützung versichern.

 
  
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  Herbert Reul, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist unstrittig, dass wir mit den kritischen europäischen Infrastrukturen ein sehr schwieriges Thema angesprochen haben. Es ist aber zweifelsohne notwendig, dass wir uns auf europäischer Ebene mit dieser Frage befassen und gemeinsam mit den Mitgliedstaaten auch Lösungen finden und entwickeln, weil die Bedrohungspotenziale, wie vom Herrn Kommissar eben beschrieben wurde, so vorhanden sind und deshalb ernst genommen werden müssen.

Es ist allerdings recht schwierig, bei diesem Thema die Frage zu beantworten, wo hier die europäische Zuständigkeit liegt, was auf europäischer Ebene geregelt werden muss und wo bestimmte dezentrale Aufgaben erledigt werden müssen. Diese Frage hat uns im Ausschuss sehr lange beschäftigt. Wir haben versucht – ich möchte der Berichterstatterin für die sehr faire und offene Zusammenarbeit recht herzlich danken –, hier einen Weg zu finden, der den Austausch von best practice zwischen den Mitgliedstaaten und eine EU-weite Koordination sicherstellt, allerdings auf der anderen Seite das Subsidiaritätsprinzip in den Mittelpunkt stellt. Wir wollen auch nicht, wie Kollegin Sommer schon vorgetragen hat, konkrete kritische Infrastrukturen melden und irgendwo sammeln, sondern wir wollen sicherstellen, dass eine Geheimhaltung gewährleistet ist.

Wir haben uns deshalb darauf verständigt, dass die Mitgliedstaaten der Kommission ihre jeweils kritischen Sektoren und keine konkreten Infrastrukturen mitteilen. Wir haben Wert darauf gelegt, dass wir auf ein Komitologieverfahren verzichten, und ich bin dem Kommissar dankbar, dass er dem Parlament hier entgegengekommen ist. Die Berichterstatterin hat schon darauf hingewiesen, dass die geringe Effizienz des Verfahrens in der Vergangenheit wenig Mut macht, diesen Weg weiterzuverfolgen. Wir schlagen einen anderen Weg vor.

Uns war wichtig – das will ich noch vortragen –, dass unnötige Bürokratie vermieden wird, dass eine Kontaktstelle in den Mitgliedstaaten ausweist und ermittelt, und dass dafür keine neuen Bürokratien geschaffen werden sollen, dass der Verwaltungsaufwand reduziert ist und dass in hohem Maße Flexibilität gegeben ist.

 
  
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  Inés Ayala Sender, im Namen der PSE-Fraktion.(ES) Herr Präsident! Der Präsident des Europäischen Parlaments, Herr Pöttering, bezog sich heute genau auf diesen Bericht von Frau Hennis-Plasschaert, als er die jüngsten terroristischen Anschläge verurteilte, sowohl in Europa – wo Flughäfen das Ziel waren – als auch in Drittländern wie dem Jemen – wo spanische Touristen ermordet wurden. Im letzteren Fall war das Ziel keine konkrete Infrastruktur, sondern Touristen, die in einem Fahrzeug auf der Straße unterwegs waren.

Dieser Bezug zeigt oder unterstreicht erneut die Bedeutung dieses Vorschlags der Kommission, der uns unterbreitet wurde, und ich möchte dem Kommissar nochmals aufrichtig dafür danken. Dies ist keine Einzelmaßnahme, sondern Teil eines langen Prozesses – der 2004 begann – und der jetzt durch immer interessantere und wirksamere Maßnahmen konkretisiert wird.

Aufgrund der Vielschichtigkeit unserer europäischen Gesellschaft, die auf diesen komplexen und offenen Kommunikations-, Übermittlungs- und Servicenetzen beruht, welche zudem das Fundament der Wirtschaft bilden, müssen wir sie verteidigen und uns angesichts ihrer potenziellen Verwundbarkeit für terroristische Anschläge schützen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass meine Fraktion eher für den ursprünglichen Vorschlag der Kommission zur Definition der kritischen europäischen Infrastrukturen war, also zu von zwei oder mehreren Staaten gemeinsam genutzten Infrastrukturen oder zu Fällen, in denen ein Staat durch eine Infrastruktur eines anderen Mitgliedstaats betroffen ist.

Für uns wäre etwa der Eurotunnel ein gutes Beispiel für die Anwendung dieses optimalen Schutzes vor möglichen Anschlägen, ganz abgesehen von Flughäfen usw., wo wir ja solche Anschläge schon erlebt haben.

Deshalb werden wir uns auch morgen für den ursprünglichen Vorschlag der Kommission einsetzen, denn wir wollen die Hoffnung nicht aufgeben, im Rat mehr Rückhalt zu finden. Auf jeden Fall ziehen wir es vor, weiterhin stärker integrierte und europäische Ansätze zu verfolgen und Einsparungen zu vermeiden, die dem Anschein nach Kosten senken, die wir aber irgendwann bereuen könnten.

Wir unterstützen alles, was Frau Hennis-Plasschaert zum Schutz gegenüber Drittländern vorschlägt; wir unterstützen alles in Bezug auf den Schutz involvierter personenbezogener Daten; natürlich unterstützen wir alles zur notwendigen Vertraulichkeit – wir haben langjährige Erfahrungen im Umgang mit dieser Vertraulichkeit, sowohl auf Mitgliedstaaten- als auch auf Kommissionsebene, und wir glauben nicht, dass sie in diesem Fall verletzt wird. Wir stimmen außerdem zu, dass wir Überschneidungen zwischen dem, was in den Mitgliedstaaten bereits unternommen wird, und dem, was die Kommission jetzt vorschlägt, vermeiden müssen.

Wir hoffen, auf diese Weise die rückwärts gerichtete Position zu überwinden, die wir im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr akzeptieren mussten und mit der meine Fraktion auch nach wie vor nicht einverstanden ist. Wir hoffen, dass es uns mit dem Vorschlag, über den wir morgen abstimmen, gelingen wird, weiter voranzukommen und sowohl mit dem Vorschlag des Parlaments – und ich danke Frau Hennis-Plasschaert und allen Abgeordneten für die hervorragende Arbeit – als auch mit dem des Rates einen besseren Schutz für unsere kritischen europäischen Infrastrukturen zu erreichen.

 
  
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  Margarita Starkevičiūtė, im Namen der ALDE-Fraktion. (LT) Ich möchte dem Mitglied der Kommission sowie der verehrten Berichterstatterin für ihre Vorschläge danken. Allerdings möchte ich betonen, dass diese Vorschläge nur als Beginn der Diskussion angesehen werden sollten. Ich weiß nicht, ob das Internet als kritische Infrastruktur entsprechend der von der Kommission verwendeten Definition bezeichnet werden kann. Ich kann nicht verstehen, wenn eine Website in einem Land blockiert ist, bedeutet das dann, dass es sich dann nicht mehr um eine kritische Infrastruktur handelt? Man braucht nur die Website einer großen Bank zu blockieren, die ihren Firmensitz beispielsweise in Deutschland, Frankreich oder Großbritannien hat, und alle Einwohner Europas merken es. Wir sprechen über die Konsolidierung des Finanzsektors, die Konsolidierung von wirtschaftlicher Tätigkeit, selbst von der Konsolidierung von Hotelketten. Anders gesagt, wir müssen anerkennen, dass die kritische Infrastruktur in den Cyberspace vorgedrungen ist, und ich glaube, Estland ist das erste Land, das Elemente eines Cyber-Krieges zu spüren bekommen hat. Bedauerlicherweise wurde dem kaum Aufmerksamkeit geschenkt, und jetzt geht dieses Thema über die Zuständigkeit des für Kommunikation zuständigen Kommissionsmitglieds hinaus. Ich möchte jedoch betonen, dass dieses Thema aus sicherheitspolitischer Sicht in den Vordergrund gestellt werden muss, denn es ist kaum vorstellbar, wie das Leben der europäischen Bürgerinnen und Bürger ohne das Internet aussehen würde. Ob das Internet nun europäischen Charakter trägt oder einem bestimmten Land gehört, spielt keine Rolle – es ist ein weltweites Netz. Natürlich ist es recht kompliziert festzulegen, wie das Netz gegen einen Angriff geschützt werden kann, der jede Minute gestartet werden könnte, und die Aussprache müsste ganz anders geführt werden. Wir sprechen gegenwärtig im Wesentlichen über die physische Infrastruktur, und es steht außer Zweifel, dass uns tragische Ereignisse an die Nieren gehen. Aber das Leben wird immer virtueller, und dem müssen wir Beachtung schenken.

 
  
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  Eva Lichtenberger, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, werte Kolleginnen und Kollegen! Kein Mensch in diesem Haus bestreitet, dass eine gute Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Abwehr terroristischer Gefahren sehr wichtig und notwendig ist. Was wir jedoch kritisieren, ist die Art und Weise, wie das geschehen soll. Mehr Bürokratie hilft nicht gegen Terrorismus! Ich danke der Berichterstatterin, dass sie den Vorschlag zumindest auf den Boden der Realität zurückgeholt und die Fassung der Kommission stark verbessert hat. Sie hat auch einige sehr zweckmäßige Vorschläge gemacht.

Wir sind uns alle einig, dass verbesserte Kooperation und Information positiv sind. Das kann bilateral oder multilateral geschehen. Aber eine Liste von allen gefährdeten Infrastrukturen aufzustellen, bringt keinen Mehrwert für die Sicherheit, dies kann sogar kontraproduktiv sein! Letzten Endes sind aber ohnehin die Mitgliedstaaten zuständig, und die Zuständigkeit kann sinnvollerweise gar nicht auf die europäische Ebene verlagert werden.

Ich wünsche uns allen, dass wir morgen bei der Abstimmung mit ebenso großem Augenmaß vorgehen, wie es die Berichterstatterin bewiesen hat, um im weiteren Prozedere das zu sichern, was wir jetzt haben: eine sinnvolle Vorgangsweise, die die Realität berücksichtigt und nicht Illusionen züchtet!

 
  
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  Erik Meijer, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Die Position derer, die in der Vergangenheit bereits mehr Druck durch die Regierung bei Armee, Polizei, Sicherheitsdiensten, allen anderen Arten von Kontrollsystemen und Gefängnissen wollten, wurde seit der Jahrhundertwende gestärkt. Sie können sich nun auf das Erscheinen einer neuen Art von Terrorismus berufen, der, da er für alle ein Schock war, Raum für schlecht durchdachte Lösungen bietet.

Auf der Verwaltungsebene wurden alle Vorschläge darauf ausgerichtet, die Demokratie, die Versammlungsfreiheit, die Demonstrationsfreiheit, das Streikrecht, die Reisefreiheit und die Privatsphäre den vorgeschlagenen Sicherheitsgarantien zu unterwerfen. Das Problem bei diesem Vorgehen besteht darin, dass es nicht dazu beiträgt, die Brutstätten des Terrorismus zu beseitigen, und dazu gehört auch die große Ungleichheit bei Wohlstand und Macht, die die Welt spaltet.

Stattdessen sammeln wir mehr Geheimdienstinformationen, überwachen mehr Objekte, schaffen mehr Bürokratie und erzeugen mehr Unmut. In der Europäischen Union gibt es auf dem Gebiet der kritischen Infrastrukturen bereits 32 Richtlinien, Verordnungen, Verträge und Beschlüsse, die einen europäischen Ansatz ermöglichen. Deshalb hat eine neue Richtlinie mit noch mehr Befugnissen und Verpflichtungen Verwunderung hervorgerufen.

Im Januar wurde ich durch den Subsidiaritätsausschuss des niederländischen Parlaments auf dieses Thema aufmerksam gemacht. Dieser Ausschuss stellt Artikel 308 des EG-Vertrags, bei dem es um die zeitweilige Verstärkung von Befugnissen geht, als Rechtsgrundlage in Frage und betrachtet den Schutz kritischer Infrastrukturen als eine in erster Linie nationale Angelegenheit.

Als Schattenberichterstatter des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr für diese Frage war ich erfreut, dass dieser Ausschuss beschloss, den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres aufzufordern, den Vorschlag ausdrücklich abzulehnen. Der Hauptgrund für diese Aufforderung bestand darin, dass alles, was im Richtlinienentwurf steht, auf einer niedrigeren Ebene besser geregelt werden kann, mit anderen Worten durch die Mitgliedstaaten oder ihre Regionen. In diesem Fall bedeutet das Eingreifen der Europäischen Union vor allem mehr unproduktive Bürokratie.

Leider waren die Fraktionen, die im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr einstimmig mit „Nein“ gestimmt hatten, im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres uneins. Dies galt auch für meine Fraktion. Die meisten kleineren nationalen Delegationen halten dies für einen schlechten Vorschlag, weil ein unnötiges Eingreifen die Aufteilung der Aufgaben zwischen den Mitgliedstaaten und der Union einerseits verwischt und weil er andererseits in unpassender Weise dazu genutzt werden könnte, bürgerliche Rechte, wie die Demonstrationsfreiheit, durch den Verweis auf den Schutz von Infrastrukturen zu beschneiden. Das jedoch hat keine Auswirkungen auf den internationalen Terrorismus, sondern in erster Linie auf die inländische Demokratie.

Die Mitglieder unserer größeren Delegationen aus Deutschland und Italien dagegen sehen auch positive Aspekte in dem Vorschlag. Sie erwarten eine Verminderung der Befugnisse, die die Kommission bereits ausübt, und eine bessere parlamentarische Kontrolle der Anwendung der übrigen Befugnisse. Die Befürworter und Gegner in meiner Fraktion begrüßen die Tatsache, dass die Änderungsanträge in erster Linie die Wirkung des Entwurfs schwächen und die Anwendung auf Fragen beschränken, die mindestens drei Mitgliedstaaten betreffen.

 
  
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  Christian Ehler (PPE-DE). – Herr Präsident! Anders als vom Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie oder vom Ausschuss für Wirtschaft und Währung wurde vom federführenden Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres die Bedeutung der europäischen Ebene für den Schutz kritischer Infrastrukturen nicht anerkannt. Auch steht nicht mehr der Schutz einzelner Infrastrukturen im Mittelpunkt, sondern die Betrachtung von Sektoren.

Ich halte das im Bericht vorgeschlagene Verfahren für unentschlossen. Der Mehrwert, der sich aus der Einbeziehung der europäischen Ebene ergibt, wurde fast vollständig aufgegeben. Es ist klar, dass die Verantwortung für die kritischen Infrastrukturen bei den Mitgliedstaaten liegen muss. Dennoch werden wir durch eine rein nationalstaatliche Ausweisung nicht die Schwachstellen und strukturellen Abhängigkeiten identifizieren, und gerade das ist bei der Ausweisung kritischer europäischer Infrastrukturen notwendig.

Die Vorstellung, dass durch eine Liste quasi eine Anleitung für Anschläge entstünde, ist geradezu naiv. Solche Listen gibt es in den Nationalstaaten längst. Einer der wichtigsten strukturellen Fehler war beispielsweise, dass wir diese Listen nicht mit der NATO abgeglichen haben. Im militärischen Bereich gibt es im Rahmen der NATO seit 40 Jahren solche Listen kritischer Infrastrukturen, und für die militärischen Krisenfälle sind entsprechende Szenarien längst vorgesehen.

 
  
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  Inger Segelström (PSE). – (SV) Ich möchte zunächst der Berichterstatterin für einen konstruktiven Bericht und eine effiziente Arbeit danken. Ich habe das Gefühl, dass wir uns im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres systematisch durch alle Bereiche der Gesellschaft graben, die für die Bedrohung der Bürger durch den Terrorismus von Belang sind. Diese Frage hat heute auch der Präsident angesprochen.

Es ist äußerst wichtig, dass wir nicht jede einzelne Maßnahme für sich betrachten, sondern alle Bereiche zusammen überprüfen, so dass wir gemeinsame Sicherheitsbestimmungen erhalten, die die gesamte Palette umfassen, von Visumbestimmungen und Sicherheitskontrollen im Flugverkehr bis hin zu einem besseren Schutz gegen die Bedrohung von Flughäfen, dem öffentlichen Nahverkehr und Häfen sowie der gesamten Infrastruktur, die aufgrund der große Zahl von Passagieren in Falle eines Terroranschlags von einer großen Katastrophe betroffen wären.

Aus dem Vorschlag der Berichterstatterin möchte ich die Frage aufgreifen, ob drei oder mehr Mitgliedstaaten von einer Störung oder Zerstörung wichtiger Infrastrukturen betroffen sein müssen, oder ob zwei ausreichend sind. Der Vorschlag der Berichterstatterin bedeutet eine Erhöhung von zwei auf drei im Vergleich zur ursprünglich vorgeschlagenen Richtlinie. Ich halte diese Verschärfung nicht für angemessen, da eine Bedrohung, eine Katastrophe oder eine Zerstörung sehr viele Menschen betreffen kann, auch wenn es sich nur um wenige Länder handelt. Darüber hinaus kann ein solcher Vorfall größere Auswirkungen auf das betroffene Gebiet haben als auf zentraler gelegene Gebiete der EU. Dieser Vorschlag macht es noch schwerer, den Interessen kleinerer Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen, obwohl für sie die gleiche Gefahr besteht, von mindestens ebenso ernsthaften und umfassenden Krisen betroffen zu werden.

Ich glaube zudem, dass die Terroristen, wenn wir nach und nach die Löcher stopfen und Angriffe auf den Luftverkehr erschweren, andere Ziele und zentral gelegene Gebiete in der Infrastruktur anvisieren, in denen große Schäden angerichtet werden können. Wir dürfen nicht naiv sein, sondern müssen uns so gut wie nur irgend möglich vorbereiten. Das liegt in unserer Verantwortung.

 
  
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  Marianne Mikko (PSE).(ET) Die Internet-Anschläge gegen Estland im April und Mai dieses Jahres waren die ersten Vorfälle dieser Art, die weltweit Aufmerksamkeit erregten. Doch dies waren nicht die ersten Angriffe auf die grundlegende Infrastruktur Europas. Bisher richteten sich Internet-Anschläge gegen einzelne Unternehmen, hauptsächlich im Finanzsektor, wo das Internet ein unverzichtbares Medium für die Abwicklung von Geschäften geworden ist.

Aus verständlichen Gründen ziehen Banken es vor, nicht viel Aufsehen um Anschläge zu machen. Fehlendes Vertrauen in die Verlässlichkeit von Bankensystemen hätte schwerwiegende Folgen für die gesamte europäische Wirtschaft.

Zu den Tätigkeitsbereichen, in denen das Internet ein maßgeblicher Teil der Infrastruktur geworden ist, gehören die öffentliche Verwaltung und die Medien. Die Unfähigkeit, einen Internet-Anschlag abzuwehren, könnte die Europäische Union im schlimmsten Fall in die Zeit des vergangenen Jahrhunderts zurückwerfen.

Stellen Sie sich eine Situation im 21. Jahrhundert vor, in der die Kommunikation zwischen Ministerien unterbrochen ist, und sowohl die Regierung als auch die Medien nicht in der Lage sind, die Öffentlichkeit zu informieren. Genau dies ist in Estland geschehen, wie Frau Starkevičiūtė ganz richtig sagte.

Ich möchte der Berichterstatterin danken und ihre ausgezeichnete zeitliche Planung hervorheben. Internet-Sicherheit ist das beste Beispiel für die Zusammenarbeit beim Schutz der entscheidenden Infrastruktur der Europäischen Union. Bei diesem bisher einmaligen Anschlag gegen einen unabhängigen Staat wurden die estnischen Computerspezialisten von Experten aus der Europäischen Union und darüber hinaus unterstützt.

Möge diese Zusammenarbeit für die verantwortlichen Stellen in allen Mitgliedstaaten ein Beispiel und eine Lehre in innerer Sicherheit sein. Weder Wohlstand noch militärische Stärke können dabei helfen, Internet-Anschläge abzuwehren. Die einzige Verteidigung ist Zusammenarbeit. Noch einmal vielen Dank an die Berichterstatterin.

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Obgleich ich allen Rednern, einschließlich der Berichterstatterin, dankbar bin, hege ich doch einige Bedenken, den ziemlich restriktiven Ansatz, den der Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr verfolgen wollte, zu akzeptieren.

Wie einige Abgeordnete, zuletzt Frau Segelström, aber auch andere, ganz richtig ausgeführt haben, hätte die Begrenzung der Mindestschwelle für die Definition einer europäischen Infrastruktur auf lediglich drei oder mehr Mitgliedstaaten aus meiner Sicht zwei Nachteile. Erstens würde kleineren europäischen Staaten die Beteiligung an dem Schutzprogramm für kritische Infrastrukturen verwehrt werden. Es versteht sich von selbst, dass wir jede derartige Möglichkeit ausschließen wollen. Wir wollen allen Mitgliedstaaten, die potenzielle Zielscheiben von Terroranschlägen sind, die Gelegenheit zur Beteiligung an dieser europäischen Strategie bieten.

Außerdem muss ich Bedenken gegen die restriktive Haltung anmelden, wonach der Gedanke, dass sich Europa mit einem gemeinsamen Rahmen für den Schutz der Infrastrukturen befasst, abgelehnt wird. Das ist keine Frage der Subsidiarität, auf deren Einhaltung wir strikt bedacht sind. Das Problem ist, dass die Infrastrukturen heutzutage eng miteinander vernetzt sind, und der letzte Redebeitrag der Vertreterin Estlands, die von einem Cyberangriff auf ihr Land berichtete, ist ein mehr als offenkundiger Beweis dafür: Das war ein Angriff, der ein ganzes landesweites System in Mitleidenschaft zog. Und obwohl nur ein einziges landesweites System betroffen war, können wir daran zweifeln, dass dieser Angriff indirekt Estlands komplettes Netz von Verbindungen zu den anderen europäischen Ländern traf? Wird das Banksystem eines einzigen Staates für einige Tage lahm gelegt, wird damit unweigerlich ein Stützpfeiler der Europäischen Union getroffen. Deshalb halte ich den ursprünglichen Kommissionsvorschlag, für den ich meine Unterstützung bekräftige, für besser, weil er eine breitere Palette von Möglichkeiten bietet.

Was die Cyberangriffe anbelangt, so schließe ich nicht aus, dass die Terroristen einen Angriff auf ein landesweites System, beispielsweise ein Banksystem, ein Ministerium oder ein Verwaltungssystem, planen könnten: Wir prüfen gegenwärtig die Vorkommnisse in Estland, und unsere Agentur für Netz- und Informationssicherheit wird uns nach dem Sommer einen Bericht vorlegen. Selbstverständlich habe ich die Absicht, diesen Bericht zu veröffentlichen, doch, abgesehen von der Analyse dieses Vorfalls, können wir nicht ausschließen, dass terroristische Vereinigungen erwägen, ein ganzes landesweites System mit einem Netzangriff auszuschalten. Deshalb halte ich eine weniger restriktive Auslegung für absolut erforderlich.

Zum Schluss möchte ich mich noch einmal bei der Berichterstatterin und allen Mitgliedern dieses Parlaments bedanken. Ich denke, die Annahme eines rigorosen Berichts über die von der Kommission ergriffenen Initiativen würde deutlich zeigen, dass wir um die Prävention besorgt sind. Wie ganz richtig hervorgehoben wurde, sind die Europäische Kommission und die Organe der Europäischen Union seit 2004 um eine Verstärkung der Präventionsmaßnahmen bemüht. Nur so werden wir eine wirklich effektive und abgestimmte Antwort auf die terroristische Bedrohung geben können.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen, am 11. Juli 2007, statt.

 

22. Auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht (Rom II) (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Diana Wallis im Namen der Delegation des Europäischen Parlaments im Vermittlungsausschuss zu dem vom Vermittlungsausschuss gebilligten gemeinsamen Entwurf einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) (PE-CONS 3619/2007 – C6-0142/2007 – 2003/0168(COD)) (A6-0257/2007).

 
  
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  Diana Wallis (ALDE), Berichterstatterin.(EN) Herr Präsident! Das ist für uns das letzte Kapitel eines langen, langen Stücks, das zwar im Juli 2003 mit einem Kommissionsvorschlag begonnen hat, dem jedoch eine längere Vorbereitungsperiode vorausgegangen war. Das war für das Europäische Parlament durchaus etwas ganz Neues, denn es gab kein vorheriges internationals Übereinkommen, auf dem man hätte aufbauen können: Es war das erste Mal, dass auf diesem Gebiet das Mitentscheidungsverfahren angewandt wurde, und es war das erste Mal, dass es auf diesem Gebiet ein Vermittlungsverfahren gab.

Ich persönlich möchte all den Teilnehmern der Konzertierungsdelegation des Parlaments danken. Wir haben im Namen des Parlaments den endgültigen Text eindeutig mitgeprägt, einen Text, der dank des Parlaments weit über das rein Technische und Rechtliche hinausgeht und das internationale Privatrecht in den Vordergrund rückt, um den praktischen Bedürfnissen unserer Bürgerinnen und Bürger vor allem im Bereich von Verkehrsunfällen zu dienen.

Wir haben uns allerdings auch mit technischen Fragen befasst – Klärung der Definition von Umweltschäden oder Suche nach einer Lösung für den Aspekt des unfairen Wettbewerbs – und uns dann mit dem Verhältnis zwischen europäischen Kollisionsnormen und Instrumenten des Binnenmarkts auseinandergesetzt. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob wir alles richtig gemacht haben. Ich habe von vielen Seiten Glückwünsche erhalten, und das macht mich ein wenig nervös. Dann versuchen wir weiterhin, die gleiche Aussprache zu Rom I und die Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Bereich des Verbraucherschutzes zu führen. Irgendwann müssen wir dieses Verhältnis klären.

Für uns als Parlament war es ermutigend, dass Vertreter von nicht weniger als drei Generaldirektionen der Kommission beim Vermittlungsverfahren anwesend waren und mit uns zusammengearbeitet haben. Ich hoffe, dass wir das in Zukunft noch ausbauen können und sich das Zivilrecht wie ein roter Faden durch alle Fragen zieht, mit denen wir uns im Binnenmarkt befassen.

Es gibt noch viele Aspekte bei Rom II, die Ausgangspunkt für Untersuchungen sind, auf die der Herr Kommissar in seinen Ausführungen hoffentlich zu sprechen kommt – Studien zu Verkehrsunfällen, Verleumdung und die Behandlung ausländischen Rechts. All diese Fragen sind absoluter Bestandteil des Verhältnisses zwischen Zivilrecht und Binnenmarkt. Wir können daher sagen, dass der Binnenmarkt nur dann richtig funktioniert, wenn wir über ein kohärentes System des Zivilrechts verfügen.

Zivilrecht darf kein Anhängsel des Binnenmarktes sein – eine Art begrenzte Kompetenz, wo wir nur zögerlich auf Ersuchen der Mitgliedstaaten vorgehen. Ich glaube, ich erinnere mich, dass wir vor langer Zeit, 1999 in Tampere, die Vision von einem Raum der Ziviljustiz hatten. Rom II gehörte dazu. Wir müssen uns neu besinnen und fragen, ob es in Europa eine Ziviljustiz gibt, die für alle Nutzer des Binnenmarktes und für unsere Bürgerinnen und Bürger gut funktioniert, die zugänglich und verständlich ist. Rom II spielt bei der Schaffung einer Grundlage dafür eine Rolle – ist die grundlegende Roadmap –, aber die kommenden Untersuchungen sind eine Chance, dieses Thema erneut zu bewerten und die nächsten Schritte nach vorn zu machen.

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident! Vor allem möchte ich der Berichterstatterin zu ihrem Beitrag zu der erfolgreichen Sitzung des Vermittlungsausschusses ganz herzlich gratulieren. Sie hat es uns ermöglicht, nach vierjährigen Beratungen zu einem ausgewogenen Text zu gelangen. Für ihre Leistung, mit der sie wesentlich zum Erfolg dieses Dossiers beigetragen hat, gebühren Frau Wallis unsere Glückwünsche.

Meiner Ansicht nach ist dieser Text von ausschlaggebender Bedeutung für die Vollendung des europäischen Rechtsraums und für das einwandfreie Funktionieren des Binnenmarkts. Seine praktische Umsetzung wird nun von den Rechts- und Justizkreisen sowie von den Wirtschaftsakteuren auf EU-Ebene offensichtlich mit großem Interesse erwartet.

Auf der einen Seite wird „Rom II“ die Rechtssicherheit im Bereich der schuldrechtlichen Verpflichtungen erhöhen, was für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts von entscheidender Wichtigkeit ist. Andererseits wird diese Verordnung auch die gegenseitige Anerkennung der Entscheidungen – einem Pfeiler des europäischen Rechtsraums – erleichtern, wodurch wiederum das gegenseitige Vertrauen zwischen den Justizsystemen der Mitgliedstaaten gefördert werden dürfte.

Ein für das Parlament zentrales Element betrifft die verbesserte Entschädigung der Opfer von Verkehrsunfällen. Diesbezüglich kann ich die von mir und von der Kommission eingegangene Verpflichtung bestätigen, schnellstmöglich eine eingehende Untersuchung auf europäischer Ebene einzuleiten und die gebotenen Maßnahmen zu ergreifen, womit wir letztlich zur Annahme eines Grünbuchs gelangen könnten.

Bestätigen kann ich ferner die Zusage der Kommission, dem Mitgesetzgeber bis Ende 2008 eine weitere Studie zur Situation in Bezug auf das anwendbare Recht bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten vorzulegen, bei dem den Bestimmungen zur Pressefreiheit und zur Meinungsfreiheit der Medien Rechnung getragen wird. Wie ich während der Vermittlungsphase versprochen hatte, werden, sollte es sich als erforderlich erweisen, geeignete Schritte auf der Grundlage von Konsultationen in die Wege geleitet.

Was schließlich die komplexe Frage der Anwendung ausländischen Rechts durch die Gerichte anbelangt, wird die Kommission – die sich des Bestehens unterschiedlicher Handhabungen in den Mitgliedstaaten bewusst ist – spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten von „Rom II“ eine Vergleichsanalyse veröffentlichen und bereit sein, alle sich daraus ergebenden geeigneten Maßnahmen zu treffen.

Zum Abschluss möchte ich, dass das Parlament diese im Vermittlungsverfahren erreichte Einigung als Höhepunkt der lang erwarteten Annahme der „Rom II“-Verordnung bestätigt, und hoffe, dass der Text die Zustimmung einer breiten Mehrheit der Abgeordneten finden wird.

 
  
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  Rainer Wieland, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident! Wir haben in der Aussprache in zweiter Lesung davon gesprochen, dass wir dem Parlament möglichst viele Spielräume offen halten wollen. Herr Kommissar, ich habe keinen Zweifel daran, dass wir morgen schließlich eine breite Mehrheit finden werden.

Ich war bis zuletzt im Vermittlungsverfahren dabei und muss daher feststellen, dass wir – nicht nur das Parlament, sondern alle Beteiligten – nach meiner Auffassung die Spielräume kaum genutzt haben. An der einen oder anderen Stelle hätten wir uns doch etwas mehr gewünscht! Frau Wallis ist bereits darauf eingegangen. Ich bin davon überzeugt, dass gerade bei den Klassikern, den Verkehrsunfällen, oder auch bei Themen wie dem Strafschadenersatz, eine breite Mehrheit der Bürger bereit wäre, sehr viel weiter zu gehen als die Staatsmänner. Wenn ich das Ergebnis des Gipfels betrachte, stelle ich hier schon eine gewisse Kluft fest. Man versucht, die Europaverdrossenheit mit Dingen zu bekämpfen, die die Bürger gar nicht wollen, doch die Staatsmänner sind oft nicht bereit, die Dinge umzusetzen, die die Bürger wirklich wollen.

Es zeigt sich auch – und davon erhoffe ich mir viel –, dass wir künftig mit mehr Transparenz tagen. Es zeigt sich auch, dass oftmals die Beamten eigene Steckenpferde haben und sehr viel spröder und zurückhaltender sind als notwendig. Leider ist die Politik da nicht ganz auf Ballhöhe. Wir bräuchten öfter mutige politische Entscheidungen, auch in den Vermittlungsausschüssen. Oftmals wäre der Mitgliedstaat, der sich in zwölfter Stunde dann sperrig zeigt, in Wirklichkeit von der politischen Seite her gar nicht so sperrig.

Wir haben uns als Parlament nun mit einem der ersten Fälle in diesem Bereich, in dem die Mitentscheidung zur Anwendung kommt, auf diesen Weg begeben, und sollten künftig noch selbstbewusster die Spielräume nutzen und durchaus beweisen, dass wir solche Verhandlungen auch scheitern lassen können. Auf Dauer ist der Kanzleitrost von Studien und Evaluierungen, die uns über drei bis vier Jahre hinweg vertrösten, nicht genug, wenn die Bürger hier und jetzt eine Entscheidung wollen!

 
  
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  Manuel Medina Ortega, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Ich möchte Frau Wallis zu ihrer Arbeit beglückwünschen. Meiner Ansicht nach wird eine gute Vereinbarung zustande kommen, und die Mehrheit im Parlament wird diesen Vorschlag unterstützen, so dass wir eine neue Verordnung im Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse in Händen haben werden.

Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass diese Verordnung nur der Anfang ist. Es besteht eine grundlegende Schwierigkeit im gesamten Bereich des internationalen Privatrechts und der Vorschriften für Kollisionsnormen, nämlich schlicht das Unvermögen der Richter, ein Gesetz anzuwenden, das nicht ihr eigenes ist. In der Europäischen Union – und im Allgemeinen – haben wir die Richter darin geschult, ihre eigenen Gesetze anzuwenden. Wenn sie bei einer Sache ein ausländisches Gesetz anwenden müssen, gibt es große Probleme.

Es liegt auf der Hand, dass sie, wenn zwei Engländer in Frankreich einen Verkehrsunfall haben, das französische Straßenverkehrsrecht anwenden – sie können ja nicht jemandem Recht geben, der auf der linken Seite fährt. Im zweiten Teil, wenn es um die Festlegung der zivilrechtlichen Haftung geht, fällt es mir sehr schwer zu glauben, dass der Richter, wenn er Engländer ist, die Anwendung der in Frankreich bestehenden Vorschriften der beschränkten Haftung akzeptieren und nicht das englische Recht anwenden würde.

Daher steht diese Arbeit, wie gesagt, meines Erachtens erst am Anfang. Kommissar Frattini erwähnte eine spätere Studie durch die Kommission – die auch im Verordnungsentwurf genannt wird – zur Anwendbarkeit des Rechts durch die Gerichtsbehörden. Ich glaube, das ist der zweite Teil, ein entscheidender zweiter Teil.

Wer von uns auf diesem Gebiet tätig war bzw. ist, hat erlebt, dass die Gerichte im Allgemeinen dazu neigen, ihr eigenes Recht anzuwenden, das „lex fori“. Daher darf diese Vereinbarung bzw. diese Verordnung nicht ausgelegt werden, ohne zu berücksichtigen, welche Rechtsprechung zu einem bestimmten Zeitpunkt anzuwenden ist.

Das anzuwendende Recht wird weitgehend durch den Gerichtsstand bestimmt, weil Richter in der Regel irgendeine Ausrede gebrauchen. Hier haben wir beispielsweise den Vorwand der Rücküberweisung ausgeräumt, doch es bleibt noch das gesamte Thema der öffentlichen Ordnung – die Klauseln der öffentlichen Ordnung –, die die entscheidenden Vorschriften des nationalen Rechts aufgreifen, die im Entwurf des Übereinkommens enthalten sind.

Daher habe ich den Eindruck, dass wir, wenn dieses Parlament den Vorschlag von Frau Wallis mit großer Mehrheit annimmt, nach dessen Annahme weiter in diesem Bereich arbeiten müssen. Wir erwarten sehnlich die Studien der Kommission zu dieser Angelegenheit und vor allem ein wichtiges Element, die Arbeit mit den Menschen, die diese Verordnung umsetzen müssen: den Richtern selbst. Wir fragen uns, welchen Standpunkt die Richter einnehmen und wie diese Verordnung in der Praxis angewendet wird, zeigt doch die Erfahrung mit internationalen Vereinbarungen und mit der Anwendung der Bestimmungen des internationalen Privatrechts der Staaten diese Tendenz einiger Richter zur Anwendung ihres eigenen nationalen Rechts.

 
  
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  Andrzej Jan Szejna (PSE). – (PL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich der Berichterstatterin und all jenen danken, die an dem vorliegenden Entwurf mitgewirkt haben. Selbst eine teilweise Harmonisierung der Kollisionsnormen im Zusammenhang mit außervertraglichen Schuldverhältnissen würde sich positiv auf das Funktionieren des gemeinschaftlichen Binnenmarkts auswirken.

Die Harmonisierung und Standardisierung der Verfahrensweise bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten – im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen, unlauterem Wettbewerb, Umweltschäden, der Anwendung ausländischen Rechts und der Verletzung von Persönlichkeitsrechten – ermöglicht es, sich auf eine für alle Mitgliedstaaten verbindliche einheitliche Rechtsgrundlage zu stützen.

Dies würde zweifellos zu mehr Sicherheit bei der Wahl des entsprechenden Rechts sowie in Bezug auf den zu erwartenden Ausgang der Streitigkeiten beitragen und die Anerkennung von Gerichtsurteilen erleichtern. Es sollte jedoch unterstrichen werden, dass die Verordnung ein Instrument des internationalen Privatrechts ist und nicht das materielle Vertragsrecht der Mitgliedstaaten harmonisiert, die in dieser Hinsicht völlig autonom sind. Die Verordnung harmonisiert die Kollisionsnormen in Bezug auf das einzelstaatliche Recht. Damit wird sichergestellt, dass in ähnlich gelagerten Fällen das gleiche einzelstaatliche Recht angewendet wird, die Entscheidungen zu den Fällen selbst werden jedoch nicht beeinflusst.

Wie Herr Medina Ortega ganz richtig feststellte, bilden die Entscheidungen und die Verfahrensweise der Gerichte das wichtigste Element in diesem Bereich.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen, am 11. Juli 2007, statt.

 
  
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  Katalin Lévai (PSE), schriftlich.(HU) Diese Verordnung ist in der Tat ein wichtiger Beitrag zum Harmonisierungsprozess auf Gemeinschaftsebene. In einem sich vereinigenden Europa ist es unerlässlich, dass die Gerichte stets das gleiche einzelstaatliche Recht in ähnlich gelagerten Fällen anwenden, unabhängig davon, welches einzelstaatliche Gericht („Forum“) sich mit dem bestimmten Fall befasst. Durch diese Maßnahme wird die Rechtssicherheit für in grenzüberschreitende Streitigkeiten verwickelte Personen und Wirtschaftsakteure erhöht und ein „Forumshopping“– also die Möglichkeit, dass Kläger ihre Klagen bei einem Mitgliedstaat ihrer Wahl einreichen – verhindert, während gleichzeitig die Autonomie des einzelstaatlichen Rechts erhalten bleibt.

Ich finde es wichtig, dass wir den Versicherungsschutz für grenzüberschreitende Verkehrsunfälle regeln und so gewährleisten konnten, dass Gerichte bei der Zuerkennung der Entschädigungshöhe die tatsächlichen Umstände der Opfer berücksichtigen. Hätte man einfach das Recht des Unfalllandes zugrunde gelegt, so hätte dies möglicherweise zu unbefriedigenden Situationen geführt, da die durch die einzelstaatlichen Gerichte zuerkannte Entschädigungshöhe sehr unterschiedlich ist.

Die spezifische Regelung zum unfairen Wettbewerb ist ein wichtiger Punkt für Richter und Rechtsanwälte. Dieselbe Regelung beschränkt gleichzeitig in einem großen Umfang die Gefahr des „Forumshoppings“.

Es ist zwar bedauerlich, doch im Interesse eines allgemeinen Kompromisses akzeptabel, dass die Regelungen zur Verletzung von Persönlichkeitsrechten, speziell zur Verleumdung in der Presse, zurückgezogen wurden. Wir hoffen, dass wir als Teil der Überarbeitung der Verordnung auch für diesen Aspekt eine Lösung finden werden.

Es ist wichtig, eine Begriffsbestimmung zu „Umweltschaden“ zu finden, die im Einklang mit dem EU-Recht und insbesondere mit der Richtlinie zur Umwelthaftung steht.

Alles in allem empfinde ich den endgültigen Text als zufriedenstellenden und ausgewogenen Kompromiss.

 

23. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll

24. Schluss der Sitzung
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  Der Präsident. – Die Sitzung wird um 23.45 Uhr geschlossen.

 
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