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Ausführliche Sitzungsberichte
Dienstag, 10. Juli 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.

13. Ein moderneres Arbeitsrecht für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts (Fortsetzung der Aussprache)
Protokoll
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Fortsetzung der Aussprache über den Bericht von Jacek Protasiewicz über ein moderneres Arbeitsrecht für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.

 
  
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  Thomas Mann (PPE-DE). – Herr Präsident! Der Berichterstatter Jacek Protasiewicz hat trotz erheblichen Zeitdrucks einen Kompromiss erarbeitet, der das Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Flexibilität im modernen Arbeitsrecht wahrt. Noch sind manche Formulierungen nicht präzise genug, etwa in Artikel 35, der den arbeitsrechtlichen Status zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlich definiert. Am Mittag noch Selbständiger, am Abend schon Arbeitnehmer – wie soll das funktionieren? Wirtschaftlich abhängige Selbständige sind auch dann Selbständige, wenn sie nur einen Arbeitgeber haben. Sie sind doch meist Existenzgründer von Kleinstunternehmen, sie schaffen einen Großteil der Arbeitsplätze in der EU. Der Versuch, zwischen Arbeitnehmern und Selbständigen trennscharf zu unterscheiden, führte etwa in meinem Land – Deutschland – in den neunziger Jahren zum Zusammenbruch der Gründerwelle und Tausender Kleinstexistenzen.

Größte Bedenken habe ich bei der Haftung und Einzelhaftung für General- und Hauptunternehmer. Das ist in der Praxis problematisch. Dem Generalunternehmer werden staatliche Aufgaben aufgebürdet. Er wird mit weiterer Bürokratie und erheblichen Kosten belastet. Hierzu habe ich einen Änderungsantrag eingebracht, der eine klare Absage an derart weit reichende Verpflichtungen darstellt.

In einem weiteren Änderungsantrag unterstreiche ich die Kompetenz der Europäischen Union bzw. der Mitgliedstaaten für das Arbeitsrecht, geregelt in den Artikeln 127 und 137 EG-Vertrag. Zusätzliche Regulierung oder Harmonisierung auf europäischer Ebene müssen wir ablehnen.

Ich empfehle, dem Bericht nach Berücksichtigung der Änderungsanträge morgen zuzustimmen, nicht zuletzt wegen des echten Bemühens unseres Berichterstatters um Ausgewogenheit.

 
  
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  Jan Andersson (PSE).(SV) Ich möchte allen Beteiligten, sowohl dem Berichterstatter als auch den Schattenberichterstattern für eine gute Arbeit im Ausschuss danken, die zu einem Bericht geführt hat, zu dem wir uns alle einigen können. Wir müssen diesen Bericht vor dem Hintergrund der globalen Herausforderungen sowie einer Bevölkerungsentwicklung sehen, die uns zu Veränderungen in Europa zwingen. Ich habe es bereits früher gesagt und wiederhole es hier noch einmal: Die Kommission hat am falschen Ende angefangen.

Wichtig ist Sicherheit in der Veränderung. Dabei ist also das Arbeitsrecht nicht das Wichtigste, sondern eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Unser Anliegen sollte insbesondere die Bildung, das lebenslange Lernen und solide Regelungen zur Beschäftigungssicherheit sein, sodass der Einzelne auf die eine oder andere Weise eine neue Arbeit im gleichen Betrieb oder in einem neuen Unternehmen aufnehmen kann. Diese Entwicklung muss als etwas Positives und nicht als Bedrohung gesehen werden. Die Kommission hat also mit der Kampfansage an das Arbeitsrecht am falschen Ende angefangen. Ein solides Arbeitsrecht wird in Europa gebraucht, damit die Arbeitnehmer sich sicher fühlen können.

Wie sieht die Situation gegenwärtig aus? Wir haben in Europa Wachstum und steigende Beschäftigungszahlen zu verzeichnen. Das ist positiv. Aber wir sehen auch eine andere Entwicklung. Die Anzahl der mangelhaften und unsicheren Arbeitsverhältnisse wächst an, Arbeitsverhältnisse, mit denen man seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten kann und die beispielsweise schlechte Arbeitsbedingungen bieten. Dieses Problem müssen wir lösen, was uns aber nicht durch eine Schwächung des Arbeitsrechts gelingt. Wir müssen vielmehr gegen diese schlechten Arbeitsverhältnisse angehen, sie besser und sicherer machen, sodass sie mehr der normalen Vollzeitarbeit entsprechen. Das ist der Weg, den wir gehen müssen.

Die Kommission hat sich auch auf das individuelle Arbeitsrecht konzentriert, was bedauerlich ist. Das kollektive Arbeitsrecht spielt in vielen europäischen Ländern eine sehr große Rolle, wo die Sozialpartner wiederum eine große Rolle für das Arbeitsrecht spielen. Es wäre angebracht, auch dem kollektiven Arbeitsrecht und der wichtigen Arbeit der Sozialpartner in Form des sozialen Dialogs Aufmerksamkeit zu schenken.

 
  
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  Elizabeth Lynne (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte den Berichterstatter ebenfalls beglückwünschen und ihm für seine Zusammenarbeit danken. Bei dieser Aussprache geht es um die Zukunft des Arbeitsrechts, und wir müssen der derzeitigen Realität ins Auge schauen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Zahl der Nichtstandard-Arbeitsverträge zunimmt und dass wir uns auf die Beschäftigungssicherheit und weniger die Arbeitsplatzsicherheit konzentrieren müssen.

Meines Erachtens brauchen wir keine Definition für Arbeitnehmer auf europäischer Ebene. Das sollte den Mitgliedstaaten überlassen bleiben. Tarifverhandlungen spielen nach wie vor eine große Rolle, aber wir müssen dafür sorgen, dass Personen, die keiner Gewerkschaft angehören, Zugang zu dem Prozess haben. Gleiches gilt für kleine und mittlere Unternehmen.

Derzeit führt die Kommission nur eine kurze Liste der Sozialpartner, und ich glaube, dass dabei die Ansichten der KMU, die in vielerlei Hinsicht der Motor der europäischen Wirtschaft sind, nicht wirklich berücksichtigt werden. Ich fordere alle Anwesenden auf, für die Änderungsanträge der ALDE-Fraktion zu stimmen.

 
  
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  Konrad Szymański (UEN). – (PL) Herr Präsident! Ich werde mich kurzfassen: Ich beglückwünsche den Berichterstatter, nicht jedoch die Mehrheit des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, die uns diese Änderungsanträge zum Bericht beschert hat. Der Arbeitsmarkt verändert sich: Es gibt neue Berufe, neue Technologien und aufgrund der wachsenden Bedeutung des Dienstleistungsgewerbes auch neue Formen der Beschäftigung.

Die Sorge der Linken in Bezug auf schlechter bezahlte Arbeit und weniger Beschäftigungssicherheit geht meist an der Sache vorbei. Tatsächlich besteht das Problem darin, dass unflexible Lösungen Verbreitung finden, die die Schaffung neuer Arbeitsplätze behindern und viele Menschen zu Arbeitslosigkeit verdammen, und dass diese negativen Erfahrungen auf Länder mit einem ausgesprochen wettbewerbsfähigen Arbeitsmarkt übertragen werden.

Die bürokratischen Hindernisse für Unternehmen, die innerhalb des europäischen Marktes Arbeitnehmer entsenden, sind nichts anderes als eine moderne Form des Protektionismus, der sich vor allem gegen die neuen Mitgliedstaaten richtet, wie der Fall „Vaxholm“ und der Fall „Viking Line“ zeigen, die vor dem Europäischen Gerichtshof verhandelt wurden.

Wenn also die Änderungsanträge, die von den Mitgliedern der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten – darunter auch vom Berichterstatter – eingereicht wurden, nicht angenommen werden, sehe ich mich außerstande, diesen Bericht zu unterstützen.

 
  
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  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Herr Präsident! Die Beispiele für die Ausbeutung von Arbeitnehmern in Portugal und in anderen Ländern der Europäischen Union, wie den Niederlanden und Rumänien, wo auch Portugiesen beteiligt sind, beweisen doch, dass es im Namen der Modernisierung des Arbeitsrechts darum geht, Entlassungen durch Änderung der Kündigungsfristen, Kosten und bei Einzel- und Massenentlassungen zur Anwendung kommenden Verfahren zu vereinfachen, um die derzeitigen Vertragsbeziehungen zu zerstören.

Man will auch Änderungen bei den Arbeitszeiten und der Arbeitsorganisation vornehmen, mit allen Folgen eines Angriffs auf das Tarifvertragssystem und die Organisation der Arbeitnehmer. Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei den Vertragsbestimmungen einer so genannten modernen Arbeitsorganisation in eine Waagschale geworfen werden, dann lässt das den Schutz sicherer Arbeitsplätze und der Rechte des schwächsten Glieds in den Arbeitsbeziehungen, der Arbeitnehmer, die ihre Arbeit und den Lohn zum Überleben brauchen, nicht mehr so notwendig erscheinen.

Wie in Guimarães am 5. Juli demonstriert wurde, kämpfen die Arbeitnehmer gegen diese folgenschweren Vorschläge.

 
  
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  Ana Mato Adrover (PPE-DE).(ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Jacek Protasiewicz zu seinen Bemühungen um einen Konsens gratulieren und hoffe, dass er morgen Erfolg haben wird.

Es besteht kein Zweifel, dass ein gemeinsamer Denkprozess darüber notwendig war, was die Bestimmungen zur Regulierung des Arbeitsmarktes bedeuten, und das Grünbuch bot meines Erachtens dazu eine gute Möglichkeit.

Seit dem Luxemburg-Gipfel sind neue Herausforderungen und Probleme entstanden, wie die Einwanderung und die Alterung der Bevölkerung, und wie wir uns erinnern, bestand 1997 das Ziel einfach in Anreizen für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Heute, in einer Zeit stärkerer wirtschaftlicher Dynamik, setzen wir uns nicht nur für die Vollbeschäftigung, sondern auch für eine Beschäftigung von hoher Qualität ein.

Damit will ich sagen, dass wir nach besseren Arbeitsbedingungen, einer größeren Effizienz der Unternehmensführung, der Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben, dem lebenslangen Lernen und auch nach Stabilität streben. Hier habe ich meinen ersten Vorbehalt gegenüber dem Bericht.

Die Stabilität darf nicht mit Verträgen für Teilzeitarbeit unvereinbar sein. Im Bericht wird diese Art von Verträgen ausgeschlossen und es werden nur Vollzeitverträge befürwortet, doch dabei wird außer Acht gelassen, wie notwendig Teilzeitarbeitsverträge, die unbefristet und stabil sein können, für die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben sind.

Im Bericht werden auch Zeitarbeitsverträge kriminalisiert und übergangen, die in bestimmten Sektoren, etwa im Tourismus, im Hotel- und Gaststättengewerbe, im Bauwesen oder in der Landwirtschaft, unverzichtbar und unersetzbar sind, wo es angesichts von deren Rolle undenkbar wäre, unbefristete Verträge abzuschließen.

Ein weiterer Vorbehalt, den ich hervorheben möchte, liegt darin, dass wir wissen, dass sich die arbeitsrechtlichen Systeme von Land zu Land sehr stark unterscheiden. Das gilt auch für die Beziehungen zwischen den Sozialpartnern, und deshalb ist es sehr schwierig, eine gemeinsame Gesetzgebung auf europäischer Ebene zu schaffen.

Wir sind mehr für die Subsidiarität und auch für die offene Koordinierungsmethode und für die Verständigung zwischen den Sozialpartnern. Natürlich wollen wir der Kommission keinen Blankoscheck für die Behandlung arbeitsrechtlicher Themen ohne Berücksichtigung der verschiedenen Länder und deren unterschiedlichen Merkmale ausstellen.

 
  
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  Françoise Castex (PSE).(FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es war meines Erachtens Zeit, dass sich die Union mit diesem Thema befasst, und wir dürfen über die Initiative des Grünbuchs erfreut sein. Ich fürchte jedoch, dass dieses Grünbuch nicht zwangsläufig eine gute Nachricht für die europäischen Arbeitnehmer bedeutet. Das Grünbuch ist nämlich sowohl hinsichtlich der angewandten Methode wie der darin vorgeschlagenen Leitlinien zu bemängeln.

Was zunächst die Methode anbelangt, so finde ich es bedauerlich, dass diese Anhörung nicht dem in Artikel 138 des Vertrags vorgesehenen Verfahren entspricht, das den Sozialpartnern einen Sonderstatus verleiht, wenn es um den Bereich der Sozialpolitik geht. Diese Abweichung beim Verfahren wird übrigens vom Europäischen Gewerkschaftsbund beanstandet.

Was sodann den Inhalt betrifft, so gilt für ein Grünbuch das Gebot der Unparteilichkeit. Es müssen Fragen gestellt werden, ohne a priori Antworten zu geben. Die Europäische Kommission trifft jedoch Aussagen, die offenkundig ideologisch geprägt sind. Beispielsweise, wenn sie das traditionelle Modell als die Beschäftigung hemmend kritisiert oder wenn sie erklärt, der Kündigungsschutz sei ein Hindernis für die Unternehmensdynamik und wenn sie Arbeitsplatzunsicherheit als Modernitätspfand hinstellt.

In Europa und dem von der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) erlassenen internationalen Recht gibt es Grundsätze und Grundrechte, die eingehalten werden müssen. Der unbefristete Arbeitsvertrag muss als Regel bestätigt werden. Arbeitnehmer müssen durch die Gesetzgebung oder die Tarifverhandlungen oder durch beides geschützt werden. Deshalb muss der Tarifvertrag – und ich sage dies mit allem Nachdruck – die wichtigste arbeitsrechtliche Quelle bleiben.

Ein Wort schließlich zu dem zum Grundsatz erhobenen Begriff „Flexicurity“. So wie er hier definiert ist, wird durch ihn ein erhebliches Ungleichgewicht bei der Kompetenzverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten eingeführt. Die Europäische Union würde die Flexibilität vorschreiben und ließe den Mitgliedstaaten die alleinige Verantwortung für die Sicherheit der Arbeitnehmer. Unsere Mitbürger wollen ein Europa, das ihre Rechte und ihr Sozialmodell schützt. Vermitteln wir ihnen nicht das Bild eines Europas, das ihre sozialen Besitzstände vernichtet. Auf dem Spiel steht ihre Zustimmung zum Projekt Europa, das sollten wir nicht vergessen.

 
  
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  Ona Juknevičienė (ALDE).(LT) Das von Herrn Protasiewicz erarbeitete Dokument enthält zwei wichtige Elemente: 1) Nichtstandard-Arbeitsverträge, 2) den Begriff des Arbeitnehmers.

Im Falle von Nichtstandard-Arbeitsverträgen kommt es häufig zur Diskriminierung der Arbeitnehmer, weil sie keine angemessenen sozialen Garantien bieten. Doch Flexibilität hilft den Firmen, sich veränderten Marktbedingungen anzupassen, und Arbeitnehmern, Beruf und Privatleben zu vereinbaren.

Viele Litauer arbeiten im britischen Baugewerbe, wo sie als „unabhängige Arbeitskräfte“ gemeldet sind. In Wahrheit sind sie wie andere Arbeitnehmer für Baufirmen tätig. Sie genießen aber nicht dieselben Beschäftigungs-, sozialen und sonstigen Garantien. Die Definition eines Arbeitnehmers sollte sich nach dessen tatsächlicher Situation am Arbeitsplatz während seiner Arbeitszeit richten. Unser Ziel ist ein effektiver Arbeitsmarkt, auf dem der Einzelne eine geeignete Arbeit findet und Unternehmen geeignete Arbeitnehmer finden. Das Dokument, mit dem wir uns heute befassen, leistet einen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels.

 
  
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  Mieczysław Edmund Janowski (UEN). – (PL) Herr Präsident! Herr Kommissar! Ich möchte Herrn Protasiewicz dafür danken, dass er sich des wichtigen Themas der Anpassung des Arbeitsrechts an die heutigen Anforderungen angenommen hat. Obwohl es, wie wir alle wissen, kein gemeinschaftliches Arbeitsgesetzbuch gibt, sollte die Europäische Union positive und wettbewerbsfähige Änderungen sowie eine gewisse Vereinheitlichung in diesem, das Arbeitsrecht betreffenden Bereich anregen.

Ich möchte an dieser Stelle auf den Standpunkt der polnischen Gewerkschaft „Solidarność“ zum Grünbuch eingehen, der im Wesentlichen besagt, dass der unbefristete Arbeitsvertrag nach wie vor die Hauptgrundlage für die Beschäftigung bilden sollte, da er das Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses sichert. Gleichzeitig ist sie der Auffassung, dass die Definition für abhängig Beschäftigte alle Personen umfassen sollte, die in Abhängigkeit von einem Auftraggeber arbeiten, einschließlich derjenigen, die auf der Grundlage eines privatrechtlichen Arbeitsvertrages beschäftigt sind. Damit sollte eine klare Definition von Selbständigkeit einhergehen.

Abschließend möchte ich kurz einige wichtige Punkte nennen: Telearbeit, vor allem für junge Eltern und Behinderte, sowie gleiche Bezahlung von Männern und Frauen für die gleiche Arbeit. Die Schlüsselwörter sollten heute sein: Beschäftigung, Flexibilität und Sicherheit. Wichtig sind aber nicht Wörter, sondern die Menschen – jene, einschließlich der Arbeitslosen, die durch Lohnarbeit die Existenz ihrer Familie sichern wollen, wie auch die privaten und öffentlichen Arbeitgeber und diejenigen, die sich für die Lösung der zunehmend globalen Probleme verantwortlich fühlen.

 
  
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  Edit Bauer (PPE-DE).(SK) Ich schließe mich der Meinung derjenigen an, die nicht in einem Umfeld leben wollen, in dem sich das Arbeitsrecht ausschließlich nach den Erfordernissen des Wettbewerbs richtet.

Neue wirtschaftliche Tendenzen führen zweifelsohne zu einem flexibleren Arbeitsmarkt, der mit einem höheren Prozentsatz an atypischen und nicht standardisierten Arbeitsverhältnissen einhergeht. Daraus ergibt sich folgende Frage: Wer soll die neuen und größeren Risiken eines flexibleren Arbeitsmarktes auf sich nehmen? Hier geht es nicht nur um mehr Schutz für „Außenseiter“, da der Einzelne oder dessen Familie die Risiken zu tragen haben, und soziale Verluste werden sich ohne ein neues Konzept, das auf der Einführung eines Modells beruht, das beiden Seiten Vorteile bringt, als unverhältnismäßig hoch erweisen. Ich denke nur an die Probleme im Zusammenhang mit der demografischen Krise. Es ist schwer, hier eine Lösung zu finden. Bisher scheint es mehr Fragen als Antworten zu geben – auf gesamteuropäischer Ebene und auf der Ebene der Mitgliedstaaten.

Auf dem Gebiet des Arbeitsrechts scheint sich ein neues Paradigma erforderlich zu machen, jedoch nicht nur im engsten Sinne des Wortes. Ursprünglich beruhte das Konzept der „Flexicurity“ auf der Annahme, dass sich der Einzelne an die neuen Bedingungen eines flexiblen Arbeitsmarkts anpassen kann und muss, jedoch nicht die sich aus der neuen Situation ergebenden Risiken tragen muss. Diese sollten zwischen dem Einzelnen, dem Arbeitgeber und der Gesellschaft aufgeteilt werden. Es steht außer Zweifel, dass die Suche nach den richtigen Antworten politischen Mut erfordert. Den Mut, nach Antworten zu suchen, die nicht ausnahmslos den Interessen des Wettbewerbs dienen, sondern eine neue Ausgewogenheit von Werten darstellt.

 
  
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  Joel Hasse Ferreira (PSE).(PT) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte Herrn Protasiewicz beglückwünschen, weil es ihm mit unserer Hilfe gelungen ist, aus seinem ursprünglichen Bericht einen Bericht des Parlaments zu machen. Nennen möchte ich auch Herrn Christensen, der für die PSE einen strukturierten und kollektiven Beitrag geleistet hat. Der Bericht enthält zentrale Aspekte der aktuellen Debatte in Europa, wie die Frage „Flexicurity“. Ich möchte betonen, dass „Flexicurity“ nur mit einem effektiven und modernen Arbeitsrecht möglich ist, bei dem Tarifverhandlungen und das Vorhandensein von Sozialpartnern ein entscheidender Bestandteil des Konzepts sind.

Wichtig ist auch die Aufforderung an die Mitgliedstaaten, die Sozialversicherungssysteme zu überprüfen und anzupassen, um die aktiven Arbeitsmarktpolitiken, vor allem die Fortbildung und das lebenslange Lernen, zu ergänzen. Mit Freude habe ich einige Änderungsanträge eingereicht, nämlich zur Bedeutung der kleinen und mittleren Unternehmen als wichtiger Motor für die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Steigerung der Beschäftigungsrate in Europa sowie für die soziale und regionale Entwicklung. Es ist wichtig, die Rolle der KMU in der Arbeitsgesetzgebung zu stärken.

Ebenfalls wichtig ist eine bessere Koordinierung zwischen den nationalen Arbeitsgesetzen und den sozialen Kontrollorganen. Das ist unabdingbar, um wirksamer gegen die Ausbeutung der Arbeit der Immigranten vorzugehen. Darüber hinaus müssen wir auch anerkennen, dass flexible Arbeitsmodalitäten und Arbeitszeiten eingeführt werden müssen, um den Bedürfnissen der Arbeitnehmer und der Unternehmen bzw. Einrichtungen, in denen sie tätig sind, zu entsprechen.

In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt und betont werden, dass alle Arbeitnehmer Anspruch auf denselben Schutz haben müssen und dass bestimmte Berufsgruppen wie Seeleute, Beschäftigte an Bord und Off-shore-Beschäftigte nicht von vornherein von einem höheren Schutzniveau ausgeschlossen werden dürfen. Bevor ich zum Schluss komme, kann ich nicht umhin, die Forderung des Europäischen Parlaments an die Mitgliedstaaten, die Zugangsbeschränkungen zu ihren Arbeitsmärkten aufzuheben und so die Mobilität der Beschäftigten im Hoheitsgebiet der Europäischen Union zu verbessern und zur rascheren Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie beizutragen, zu bekräftigen.

Das Arbeitsrecht kann und muss modernisiert werden, aber es darf nicht das soziale Gleichgewicht in den jeweiligen Mitgliedstaaten oder den sozialen Zusammenhalt in Europa aufs Spiel setzen, im Gegenteil.

 
  
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  Siiri Oviir (ALDE). – (ET) Angesichts erstens der alternden Gesellschaft in Europa und zweitens eines der wichtigsten Ziele der Lissabon-Strategie, d. h. einen hohen Beschäftigungsgrad zu erreichen, bin ich überzeugt, dass sich das herkömmliche Modell der Arbeitsbeziehungen nicht unbedingt für Arbeitnehmer mit ganz normalen Arbeitsverträgen eignet, die für einen unbestimmten Zeitraum gelten.

In stürmischen Zeiten einer Gesellschaft müssen die Arbeitnehmer in der Lage sein, sich an Veränderungen anzupassen und die durch die Globalisierung eröffneten Chancen zu nutzen.

Daher bin ich der Meinung, dass alternative Modelle von Vertragsbeziehungen unter anderem die Fähigkeit von Unternehmen erhöhen können, die Kreativität ihrer Arbeitnehmer zu kanalisieren und dadurch auch zusätzliche Wettbewerbsvorteile zu schaffen.

Um das zu erreichen sollte insbesondere die offene Koordinierungsmethode genutzt werden, bei der es sich um eine nützliche Methode zum Austausch von Informationen über beispielhafte Praktiken handelt, damit man auf die gemeinsamen Herausforderungen flexibel und transparent reagieren kann.

Abschließend möchte ich dem Berichterstatter für den Mut danken, dieses Thema so ausführlich zu untersuchen. Dank auch Ihnen allen für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Andrzej Tomasz Zapałowski (UEN). – (PL) Herr Präsident! Die demografischen Probleme, vor denen viele Länder der Europäischen Union heute stehen, sind unter anderem auf die instabile Lebenslage der jungen Generation zurückzuführen. Wer heute als junger Mensch eine hinreichend sichere Arbeit finden will, muss die vom Arbeitgeber geforderten Erfahrungen und Referenzen vorweisen können. Deshalb entscheiden sich viele erst in mittlerem Alter für eine Familie, was der Gründung einer Großfamilie mit Sicherheit nicht förderlich ist. Europa muss dafür Sorge tragen, dass seine Identität und seine christlichen Traditionen in den nächsten Jahren als bestimmendes Element fortbestehen.

Ich beglückwünsche meinen Kollegen zu seinem Bericht, in dem die grundlegenden Probleme dargelegt werden und zugleich der Stabilität der Beschäftigung in Form von unbefristeten Arbeitsverträgen, die die Norm darstellen sollten, große Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Europa muss außerdem die Beschränkungen für den Zugang der neuen Mitgliedstaaten zu den Arbeitsmärkten aufheben, zumal diese Beschränkungen von Staaten auferlegt werden, die am häufigsten von europäischer Integration sprechen, in Wirklichkeit aber extensiven nationalen Interventionismus praktizieren.

 
  
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  Richard Falbr (PSE). – (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich sehe keinen Grund dafür, einen versöhnlichen Ton anzuschlagen. Dafür steht zu viel auf dem Spiel. Das Grünbuch über die Modernisierung des Arbeitsrechts hat nur einen einzigen Vorteil: es lässt sich leicht in Stücke reißen als eine unglaubliches Gebräu aus Halbwahrheiten und scheinheiligen Bemerkungen. Meinen Redebeitrag möchte ich dazu nutzen, ein paar Fragen zu stellen.

Wieso wurde der Inhalt des Berichts nicht mit den Sozialpartnern erörtert? Gibt es sie etwa nicht auf europäischer Ebene? Das Arbeitsrecht hat sich seit 100 Jahren so herausgebildet und entwickelt, dass Arbeitnehmer, die Arbeitgebern ihre Dienste anbieten, zu gleichen Bedingungen tätig sein konnten. Warum wird nunmehr im Grünbuch offenbar unterstellt, dass die Notwendigkeit dieser Gleichbehandlung nicht mehr besteht? Warum wird in diesem Dokument nicht darauf hingewiesen, dass ein Großteil der Arbeit bereits außerhalb des Geltungsbereiches des Arbeitsrechts geleistet wird? Betrachtet die Kommission Arbeit als Ware? Warum beteuert das Grünbuch so nachdrücklich, dass unbefristete Arbeitsverträge überholt sind und dass 76 % der Europäer dieser Aussage zustimmen? Warum wird im Grünbuch nicht gleich noch vorgeschlagen, die Internationale Arbeitsorganisation abzuschaffen, und all das, was sie in nahezu 100 Jahren verabschiedet hat? Könnte mir Herr Špidla einmal sagen, ob er weiß, dass die scheinheiligen Leitlinien für eine Stärkung der Rolle der Sozialpartner abgesehen von einigen wenigen Mitgliedstaaten gar nicht erfüllt werden können? Ist ihm bekannt, dass in einer Reihe von Mitgliedstaaten die Idee des sozialen Dialogs reine Fiktion ist und für die Regierung ein Mittel darstellt, um die Gewerkschaften zu diskreditieren? All das gilt übrigens für die Tschechische Republik. Weiß er, dass für Personen in unsicheren Arbeitsverhältnissen der Beitritt zu einer Gewerkschaft nahezu unmöglich ist? Ist ihm bekannt, dass Arbeitsaufsichtsbehörden in einigen Ländern lediglich auf dem Papier existieren? Auch dies ist in der Tschechischen Republik der Fall.

Besonders zu erwähnen ist die sprachliche Neuschöpfung „Flexicurity“, ein Beispiel von Schönfärberei, das den Eindruck vermitteln soll, es habe nichts mit „Flexploitation“ zu tun. Offenbar werden damit die Unterschiede zwischen Insidern und Outsidern auf dem Arbeitsmarkt abgebaut. Dann gibt es nämlich nur noch Outsider.

 
  
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  Anneli Jäätteenmäki (ALDE). – (FI) Herr Präsident! Der Vorschlag der Kommission zur Zukunft des Arbeitsrechts ist ein wichtiger Schritt, selbst wenn wir uns bewusst sein müssen, dass die Modernisierung der Arbeitsgesetzgebung in erster Linie eine Angelegenheit der Mitgliedstaaten ist.

Ich beklage die Tatsache, dass diese Initiative der Kommission sehr einseitig ist, und bedaure insbesondere, dass dieses Grünbuch die immer noch bestehenden, enormen Unterschiede in der Bezahlung von Frauen und Männern in den Mitgliedstaaten der Union vollkommen außer Acht lässt.

Heute, im 21. Jahrhundert, ist die Kommission nicht an Arbeitsplätzen interessiert, bei denen Frauen und Männer in den einzelnen europäischen Ländern gleich und gerecht behandelt werden. Erwartet hätte ich auch, dass in dem Vorschlag Möglichkeiten zur Umsetzung der acht Richtlinien der EU zur Gleichbehandlung erwogen werden, die eine gleiche Bezahlung von Männern und Frauen garantieren würden.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass es bedauerlich ist, dass man von der EU im Bereich der Förderung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern nicht viel erwarten kann.

 
  
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  Wiesław Stefan Kuc (UEN). – (PL) Herr Präsident! Das Arbeitsrecht ist sowohl rechtlich als auch inhaltlich eines der schwierigsten Gebiete. Es beinhaltet nicht nur wirtschaftliche und rechtliche, sondern auch moralische Elemente. Dies alles miteinander in Einklang zu bringen, ist schwierig und mitunter unmöglich, aber wir bemühen uns, hier eine möglichst große Übereinstimmung zu erzielen.

Wie sollte das Arbeitsrecht im 21. Jahrhundert beschaffen sein? Es muss folgende Bedingungen erfüllen: Es muss erstens flexibel sein und den sich rasch verändernden Bedingungen angepasst werden können. Es sollte zweitens die Arbeitnehmer schützen und ihre Entwicklung fördern. Seine dritte Aufgabe besteht darin, die Interessen der Arbeitgeber zu schützen und die Entwicklung der Unternehmen bei höchstmöglicher Effektivität gewährleisten. Es muss viertens den optimalen Einsatz der Arbeitskräfte und fünftens einen Dialog zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ermöglichen. Das Wichtigste aber ist, dass in der gesamten Europäischen Union das gleiche Arbeitsrecht gilt, das in allen Mitgliedstaaten angewendet werden kann.

 
  
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  Μarie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! Es geht darum, mit Hilfe der europäischen Gesetzgebung, der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten sowie des Dialogs zwischen den Sozialpartnern den Rechtsrahmen zu modernisieren, der Arbeitgebern und Arbeitnehmern auch künftig jede Form der Rechtssicherheit und des sozialen Schutzes bietet.

Die Frage ist: Sind sozialer Schutz und soziale Integration Folgen der Erreichung der Ziele des Wirtschaftswachstums, der Vollbeschäftigung und der sozialen Gerechtigkeit oder deren Voraussetzungen?

Ich akzeptiere die alternative Rolle der beiden Ziele analog zu der Fragestellung: „Was war zuerst da, das Huhn oder das Ei?“

Die Förderung von Wirtschaftswachstum und der Schutz der Sicherheit der Arbeitnehmer müssen einverständliche Ziele von der Planung bis zur Umsetzung sein, wobei auf einen flexiblen Markt und die Stärkung der Sicherheit zu achten ist, was eine zweifache Herausforderung darstellt, damit wir Ihrem Vorschlag gemäß, Herr Kommissar, an Tempo zulegen und eine führende Rolle in einem offenen, internationalen und wettbewerbsfähigen Umfeld spielen können, ohne unsere Werte oder erreichten sozialen Standards zu verraten.

Dank der neuen Formen der wahlweisen Beschäftigung auf freiwilliger Grundlage ist es für Gruppen mit speziellen Merkmalen wie Jugendliche, ältere Arbeitnehmer und Frauen einfacher, auf den Arbeitsmarkt zu gelangen und dort zu bleiben. Der Austausch bewährter Verfahren zu innovativen Praktiken gewährleistet das richtige Maß zwischen Beruf und Familie und bietet Frauen mit ihrer Dreifachbelastung besondere Unterstützung.

Arbeitnehmer haben je nach Lebensphase und beruflichen Aussichten unterschiedliche Bedürfnisse. Zudem hat jeder Mitgliedstaat seine Eigenheiten und unterschiedliche wirtschaftliche Bedingungen und erlässt eigene Gesetze. Die europäische Gesetzgebung ergänzt die grenzüberschreitenden Beziehungen und unterstützt die Schaffung eines freien Binnenmarktes.

Wir dürfen nicht vergessen, welche Möglichkeiten das lebenslange Lernen im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit bietet, und müssen daran denken, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit und den Wohlstand in Europa erhöhen können, indem wir Vertrauen haben in die Beziehungen zwischen Staat und Sozialpartnern, die Würde der Menschen achten, für soziale Gerechtigkeit und die Vermeidung von Konflikten sorgen.

 
  
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  Μaria Matsouka (PSE).(EL) Herr Präsident! Die Aussprache über die Modernisierung des Arbeitsrechts war, sofern sie eine sachbezogene Debatte und kein Vorwand war, eine wichtige Gelegenheit, um die radikalen Unterschiede zwischen dem rechten und dem linken Flügel zu demonstrieren.

Der rechte Flügel interpretiert hohe Erwerbslosen- und Armutsraten als das Ergebnis einer starren Arbeitsgesetzgebung. Seiner Ansicht nach ist der Schwarzmarkt mehr oder weniger unvermeidbar, und er spricht von Flexibilität in Verbindung mit Sicherheit als Mittel zu seiner Überwindung. Und was wäre besser als das dänische Modell? Das kann jedoch nur bei vollständiger ökonomischer, finanzieller und steuerlicher Harmonisierung zwischen den Mitgliedstaaten angewendet werden.

Der Bericht, über den wir abstimmen werden, stellt dank dem globalen Gegenvorschlag der Sozialisten mit Schwerpunkt Schutz der Arbeitnehmer, der weder die Ursache für die Erwerbslosigkeit noch ein Akt der Nächstenliebe, sondern einfach eine der wichtigsten Stützen von Wirtschaftswachstum und sozialer Gerechtigkeit ist, in mehreren Punkten eine Verbesserung des ursprünglichen Entwurfs dar.

Wir müssen bei der Wahrheit bleiben! In Anbetracht der historisch beispiellosen Zunahme des geschaffenen Wohlstands und seiner gefährlich ungleichen Verteilung zugunsten der Arbeitgeber müssen wir das Konzept des Arbeitsrechts vertiefen.

 
  
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  Janusz Wojciechowski (UEN). – (PL) Herr Präsident! Glücklicherweise hat das Europäische Parlament für das Arbeitsrecht einen ganzheitlichen Ansatz gefunden, wofür ich dem Berichterstatter, Herrn Jacek Protasiewicz, der einen exzellenten Bericht vorgelegt hat, danken möchte.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf die tragische Lage ausländischer Arbeitnehmer in vielen Ländern der Europäischen Union aufmerksam machen. In einigen Ländern sind weitere Zwangsarbeitslager und diesen ähnliche Lager entdeckt worden. Menschen, die im Ausland Arbeit suchen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, fallen skrupellosen Verbrechern in die Hände, die sie ausbeuten, erniedrigen und manchmal auch töten. Das ist für die Europäische Union im 21. Jahrhundert eine Schande.

Das Europäische Parlament muss die Mitgliedstaaten sowie deren Arbeitsaufsichts- und Strafverfolgungsbehörden auffordern, besonderes Augenmerk auf die Not der ausländischen Arbeitnehmer zu legen und ihre Ausbeutung durch Kriminelle wirksam zu bekämpfen.

 
  
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  Ria Oomen-Ruijten (PPE-DE). – (NL) Wie Sie sehen, können wir uns zum Glück immer noch auf Blickkontakt verlassen. Herr Präsident! Es ist begrüßenswert, dass wir heute das Arbeitsrecht erörtern, weil sich gegenwärtig auf dem Arbeitsmarkt in Europa und in allen Mitgliedstaaten Veränderungen vollziehen.

Es besteht unverkennbar ein großer Bedarf an Flexibilität, um einerseits die Bedürfnisse des Marktes besser vorauszusehen und um andererseits aus Sicht der Arbeitnehmer Beruf und Familie sowie Pflegeaufgaben vereinbaren zu können. Diese Flexibilität braucht es, insbesondere in einer alternden Gesellschaft, in der immer weniger junge Menschen heranwachsen, und in der ältere Menschen wahrscheinlich nicht mehr volle 40 oder 36 Stunden arbeiten möchten, sondern im Rahmen einer weniger anspruchsvollen Beschäftigung weiter am Arbeitsmarkt partizipieren wollen.

Wenn wir jedoch – und aus diesem Grund ist eine Diskussion so wichtig – eine solche Flexibilität fordern und als ein Gut erkennen, bedeutet dies auch, dass wir von Anfang an – ich bedauere, dass Frau Matsouka den Saal verlassen hat, weil sie von einer Debatte zwischen Rechts und Links sprach, aber nicht zuhört – neben der Flexibilität jenen Menschen Sicherheit geben müssen, die einer geringfügigen und flexibleren Beschäftigung nachgehen wollen. Auf diese Weise kann auch der Arbeitmarkt besser funktionieren.

Es ist ein Fehler – den wir vielleicht durch die in Kürze anzunehmenden Änderungsanträge berichtigen können –, dass das hohe Gut der Flexibilität nicht mehr anerkannt wird, was meiner Ansicht nach bedauernswert ist. Gleichzeitig dürfen wir es nach meinem Dafürhalten nicht ausschließlich dem Markt überlassen, denn dieser reguliert sich selbst. Wir sollten erneut versuchen, Flexibilität gepaart mit verlässlichen Sicherheiten einzuführen.

 
  
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  Richard Howitt (PSE).(EN) Herr Präsident! In Großbritannien gibt es über eine Million Zeitarbeiter, und in Europa sind es der Stiftung in Dublin zufolge über sechs Millionen. Das ist die am schnellsten wachsende Form der atypischen Arbeit der letzten 20 Jahre in der EU. Dennoch wird dieser Gruppe von Arbeitnehmern Beschäftigungsschutz im Rahmen der EU-Gesetzgebung verweigert.

In meinem ostenglischen Wahlkreis gibt es fast 80 000 Wanderarbeitnehmer aus acht osteuropäischen Beitrittsländern. Das ist die größte Anzahl im gesamten Vereinigten Königreich. Viele kommen über Zeitarbeitsunternehmen ins Land und viele werden Opfer von Missbrauch, obwohl natürlich nicht alle. Da wären beispielsweise die an British Telecom in Norwich, Ipswich und Brentwood vermittelten Zeitarbeiter, die Angaben der Communication Workers Union zufolge bei zwei aufeinander folgenden Gehaltserhöhungen nicht berücksichtigt wurden, 16 Urlaubstage anstelle von 25 erhalten und 50 % weniger für Überstunden bekommen als ihre fest angestellten Kollegen. Oder die Arbeitskräfte bei Bernard Matthews in Norfolk und Suffolk – 60 % Zeitarbeiter aus Portugal, die gerade einmal 19 Pfund pro Tag für sechs Tage erhielten, bevor sie aufgrund der Vogelgrippe entlassen wurden.

Die Kommission spricht von „Flexicurity“. Wir sehen, ja wir begrüßen einen Teil der Flexibilität, aber wo ist die Sicherheit, wenn sie nicht auch Zeitarbeitnehmern gewährt wird? An die Adresse des kommenden portugiesischen Ratsvorsitzes sage ich: Es muss einen vernünftigen Kompromiss zur Wartezeit geben, aber dies ist eine Richtlinie, über die seit der EU-Erweiterung nie abgestimmt wurde. Lassen Sie darüber abstimmen, und es wird sich zeigen, wie die Mehrheit denkt. Die britische Regierung hat erklärt, dass sie die Richtlinie unterstützen wird. Ganz Europa sollte sich ihr anschließen.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE).(SK) Das Beschäftigungswachstum ist in erster Linie den KMU und den Einzelkaufleuten zu verdanken. Diese Arbeitgeber führen die Liste derjenigen an, die neue Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen und die Beschäftigung in Europa steigern.

Aus diesem Grund und angesichts des breiten Spektrums von Traditionen in der Arbeitswelt, von Arbeitsverträgen sowie von Arten von Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt der EU-Mitgliedstaaten muss die vorrangige Aufgabe der EU in der Verabschiedung von europäischen Rechtsakten bestehen, die die Position der KMU stärken und zugleich neue Arbeitsplätze durch Verbesserungen des Arbeitsrechts schaffen.

Die Erfahrungen haben beispielsweise gezeigt, dass die Europäische Richtlinie zu Überstunden, gegen die viele der EU-Mitgliedstaaten Einspruch erhoben haben, nicht in die Arbeitsgesetzgebung aufgenommen werden sollte und überarbeitet werden muss. Der Grund besteht darin, dass die Beschränkung von Überstunden für viele Wirtschaftszweige eine Gefahr darstellt – seien es nun Beschäftigte im Gesundheitswesen, im Bergbau, im Sozialdienstleistungssektor oder bei der Feuerwehr.

In meinem Heimatland, der Slowakei, hat das nationale Parlament in diesem Monat ein neues Arbeitsgesetz verabschiedet, das insbesondere bei den KMU negative Reaktionen hervorgerufen hat. Die Regierung wollte die Position der Gewerkschaften stärken und ihre Befugnisse erweitern. Tatsache ist, dass aufgrund des Drucks der Opposition und von Arbeitgebergruppen der ursprüngliche Vorschlag der Regierung erheblich verändert wurde und im endgültigen Gesetz ein gewisses Gleichgewicht zwischen den Befugnissen der Gewerkschaften und der Arbeitgeber geschaffen wurde. Darüber hinaus ist es durch einen Änderungsantrag der SDKÚ-DS gelungen, die Definition des Begriffs „abhängige Arbeit“ so zu verändern, dass Einzelkaufleute nicht gefährdet sind. Aufgrund von über 600 während der Erarbeitung sowie weiteren Dutzenden im Parlament abgegebenen Stellungnahmen war es möglich, den ursprünglichen Vorschlag der Smer SD abzuändern und damit zu verhindern, dass das slowakische Arbeitsrecht in das vorige Jahrhundert zurückkatapultiert wird.

Die hohe Arbeitslosenquote in Europa, vor allem in den neuen Mitgliedstaaten geht auf ein Versagen zurück, das unbedingt Maßnahmen erfordert. Deshalb begrüße ich den Ansatz des Berichterstatters, Herrn Jacek Protasiewicz, dessen Bericht Lösungen für die Erfüllung einer Vision des 21. Jahrhunderts enthält. Sorge macht mir jedoch der Wortlaut nach der Abstimmung im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, den ich nur dann unterstützen kann, wenn die vom Berichterstatter im Namen unserer Fraktion (der Fraktion der Europäischen Volkspartei [Christdemokraten] und europäischer Demokraten) vorgelegten Änderungsanträge angenommen werden. Einige Teile des Berichtsentwurfs stellen eine veraltete und unausgewogene Sicht auf die gegenwärtigen Probleme auf den europäischen Arbeitsmärkten dar, so dass der Bericht nur die Arbeitnehmer zu schützen versucht. Eine solche Auslegung der Beschäftigungspolitik könnte zu einer Situation führen, in der es nichts gibt, vor dem sie geschützt werden können, weil sie keine Arbeit haben werden.

 
  
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  Agnes Schierhuber (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, dass man den Bericht Protasiewicz nicht abgekoppelt von der mündlichen Anfrage und dem Entschließungsantrag sehen kann. Ich möchte beiden Verfassern sehr herzlich für ihre Arbeit danken.

Bei der Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen gibt es leider europaweit noch keine einheitlichen Standards. Ferner zeigt sich, dass bei der Koordinierung des Kommunikations- und Informationsflusses zwischen den Mitgliedstaaten und den zuständigen Behörden eindeutig Verbesserungsbedarf besteht. Auch die diesbezüglichen Kontrollmaßnahmen sind noch unzureichend. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Freizügigkeit und Dienstleistung einerseits und Arbeitsschutz andererseits ist unbedingt erforderlich. Eine diesbezügliche Regelung ist aus meiner Sicht das effizienteste und einfachste Mittel gegen Sozialdumping.

Die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Informationsaustausch müssen ausgebaut und gestrafft werden. Ebenso müssen entsprechende Kontrollmaßnahmen eingeführt werden. Genauere Angaben der Kommission in ihren Leitlinien wären hier sicher hilfreich. Zur Sicherstellung des Schutzes und der Rechte der Arbeitnehmer fordere ich, dass die Gastländer die entsprechenden Überprüfungen und Kontrollen durchführen.

Daher sollte die Kommission die Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten durch die Installierung einer permanenten Plattform für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit aktiv unterstützen. Im Sinne der Unternehmer und der Arbeitnehmer fordere ich auch eine verstärkte Einbindung der Sozialpartner in all diesen Fragen. Nur die Ausgewogenheit bringt uns mehr Beschäftigung und damit mehr Wohlstand und Sicherheit für alle Menschen in Europa.

 
  
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  Monica Maria Iacob-Ridzi (PPE-DE). – Consider că acest raport este unul echilibrat şi care reflectă diversitatea relaţiilor de muncă de pe teritoriul Uniunii Europene, dar şi a poziţiilor politice faţă de un subiect care dă naştere unor discuţii aprinse.

Atingerea unui echilibru în relaţia dintre angajat şi angajator, în care ambele părţi au de câştigat, trebuie să fie o prioritate a Uniunii Europene. În acest cadru, al flexibilităţii şi al securităţii, angajatorul câştigă mai multă forţă de muncă, iar angajatul mai multă protecţie pentru tipul de contract flexibil.

Pentru România, unde avem un rezervor important de forţă de muncă în zona rurală, contractele de muncă flexibile sunt o soluţie pentru a intra pe piaţa muncii fără a pierde din drepturile sociale de care beneficiază angajaţii cu contract clasic. Aceasta ar asigura o integrare mai rapidă pe piaţa muncii a lucrătorilor din zona rurală, care vor putea să participe la creşterea economiei din anii următori şi să beneficieze de ea.

Apreciez atenţia pe care raportul o acordă sprijinirii familiei. Multe dintre aceste contracte flexibile sunt alese de femei care trebuie să facă faţă unei presiuni din ce în ce mai mari de a concilia viaţa profesională cu cea familială.

În sprijinul tinerilor aş fi dorit ca raportul să încurajeze mai mult utilizarea tehnologiei informaţiei şi a comunicării ca instrumente principale în modul de lucru. Munca la distanţă în condiţii de maximă mobilitate este o tendinţă deja prezentă pe care trebuie să o folosim în beneficiul celor mai bine pregătiţi pentru ea.

Pentru reducerea muncii la negru trebuie să încurajăm angajatorii să declare relaţiile de muncă fără să fie dezavantajaţi economic. O parte din acest fenomen este cauzată de restricţiile pe care unele state membre încă le menţin pentru lucrătorii din ţările care au aderat recent la Uniunea Europeană. Este o discriminare inutilă care creează atât probleme de administrare pentru statele respective cât şi riscuri pentru lucrători. De aceea consider ca eliminarea perioadelor de tranziţie impuse de aceste state membre va avea ca efect direct reducerea muncii la negru.

 
  
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  Tadeusz Zwiefka (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Die Modifizierung des Arbeitsrechts in der Europäischen Union ist nicht nur aus Gründen der Sicherheit und des Schutzes der Arbeitsplätze notwendig, sondern wirkt sich auch in erheblichem Maße auf das Beschäftigungsniveau aus. Wir haben lange darüber debattiert, ob der globale Wettbewerb Änderungen am derzeitigen Modell des Arbeitsrechts erforderlich macht. Das kann ich eindeutig mit Ja beantworten.

In den letzten zwanzig Jahren sind wir schrittweise und zunehmend schneller von den herkömmlichen Formen des Arbeitsrechts und des allgemeinen Beschäftigungsmodells abgerückt. Diese Entwicklung ist eine Reaktion auf die Herausforderungen der Globalisierung, die ein eigenständiger Prozess ist. Ob es uns nun gefällt oder nicht: Es liegt an uns, ob unsere Gesellschaft die Chancen nutzt, die die Globalisierung bietet.

Um den negativen Auswirkungen der Globalisierung entgegenwirken zu können, müssen wir das Arbeitsrecht viel flexibler gestalten, das gegenwärtige Sicherheitsniveau aber beibehalten. Wir sollten nicht vergessen, dass die Beschäftigungssicherheit in der Europäischen Union zurzeit die höchste in der Welt ist. Es bedarf keiner weiteren Verbesserung der Beschäftigungssicherheit, vielmehr brauchen wir mehr Flexibilität und Mobilität sowie eine Liberalisierung der Arbeitsmärkte in den Mitgliedstaaten.

Ungeachtet aller Regulierung gewinnt die Flexibilität in unserem Leben zunehmend an Bedeutung. 40 % aller Beschäftigungsformen sind heute atypisch, und 60 % der neuen Arbeitsplätze sind auf solche Beschäftigungsformen zurückzuführen. Zwei Drittel der atypischen Beschäftigungsformen werden letztendlich in traditionelle Beschäftigungsformen, also unbefristete Arbeitsverträge, umgewandelt, und das ist ein überaus ermutigendes Zeichen.

Die traditionellen Strukturen des Arbeitsrechts werden den heutigen Gegebenheiten nicht gerecht. In modernen dienstleistungsbasierten Volkswirtschaften oder solchen mit einem hohen Anteil von kleinen und mittleren Unternehmen könnte ein flexiblerer und unkonventioneller Ansatz der Schlüssel zum Erfolg sein.

Flexibilität ohne Mobilität der Arbeitnehmer reicht jedoch nicht aus. Deshalb fordere ich, die Arbeitsmärkte in der Europäischen Union für Arbeitnehmer aus allen Mitgliedstaaten vollständig zu öffnen. Wie wir heute wissen, profitieren von einer Liberalisierung der Arbeitsmärkte nicht nur die Wanderarbeitnehmer, sondern auch die Länder, die ihren Arbeitsmarkt öffnen.

Ohne reibungslos funktionierende Unternehmen, die im Wettbewerb auf dem globalen Markt bestehen und von erfahrenen Managern und Eigentümern sachkundig geführt werden, kann sich keine Volkswirtschaft entwickeln und wettbewerbsfähig sein. Aber selbst die bestgeführten Unternehmen laufen nicht ohne gute Arbeitskräfte. Beide brauchen einander, um zu überleben.

 
  
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  Iles Braghetto (PPE-DE).(IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Erfordernis eines moderneren Arbeitsrechts angesichts der Neuerungen des 21. Jahrhunderts bringt echte, anspruchsvolle Herausforderungen auf dem gegenwärtigen Arbeitsmarkt mit sich, insbesondere für all diejenigen, die auf der Suche nach einer neuen Beschäftigung, einer qualitativ hochwertigen Arbeit sind, einer Arbeit, die mit anderen Bereichen ihres Privatlebens im Einklang steht.

Die Flexibilität der Arbeit – als Merkmal eines wettbewerbsfähigen, globalen Marktes – mit der Sicherheit des Arbeitsplatzes – einem Recht und einer Pflicht für jeden europäischen Bürger – zu verbinden verlangt von uns, wie in der Lissabon-Strategie vorgesehen, berufliche Fähigkeiten und Fertigkeiten nutzbar zu machen. Dies erfordert, die notwendigen Instrumente bereitzustellen, um die Menschen für die Arbeitgeber attraktiv zu machen, indem ihre technische und fachspezifische Ausbildung an die neuen Technologien angepasst wird.

In der europäischen Gesellschaft herrscht ein Bildungs- und Ausbildungsnotstand, der die Entwicklung von Fähigkeiten und Kenntnissen verhindert oder verlangsamt. Für die Europäische Union sind Investitionen in das Humankapital und in die Ausbildung der Jugendlichen der beste und modernste Weg, um das Recht auf Arbeit durchzusetzen. Dies ist eine der schwierigen Aufgaben, die in dem Grünbuch formuliert werden.

Ich danke dem Berichterstatter für seine Bemühungen, die er zur Angleichung der unterschiedlichen, in der Aussprache vertretenen Standpunkte unternommen hat.

 
  
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  Philip Bushill-Matthews (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte eingangs der Kommission für das sehr gut durchdachte Grünbuch danken. Die Arbeit der Kommission war Anlass für diesen Bericht und damit für diese Aussprache. Ich glaube, dass die Tatsache, dass es in dieser Form verfasst wurde – und dass die Kommission eine so weit reichende und umfassende Konsultation dazu durchgeführt hat –, unsere Debatten in jedem Falle bereichert hat. Ich hoffe sehr, dass es der Kommissar nach Abschluss der morgigen Abstimmung, nachdem über alle Änderungsanträge abgestimmt wurde, seinerseits vielleicht für angemessen hält, dem Parlament für unsere positive Reaktion zu danken, aber wir werden sehen, wie wir uns schlagen werden.

Der Berichterstatter und seine ausgezeichnete Arbeit wurden bereits erwähnt, und ich möchte mich diesen Bemerkungen anschließen. Viele meiner Vorredner haben sich zum Begriff der „Flexibilität“ geäußert. Meines Erachtens hat der Berichterstatter große Flexibilität bewiesen, indem er die Gültigkeit der Bedenken von Mitgliedern anderer Fraktionen anerkannt hat, aber ich glaube auch, dass die Schattenberichterstatter Flexibilität bewiesen haben, indem sie den Standpunkt des Berichterstatters aufgegriffen haben. Ihnen allen möchte ich für ihre Arbeit danken. Vorhin sagte Herr Szymański, dass er die Arbeit des Ausschusses nicht in seine Glückwünsche einschließen kann. Für diese Äußerung habe ich etwas Verständnis. Ich möchte ihm lediglich sagen, dass der vom Ausschuss beschlossene Bericht in Anbetracht der beschränkten Zeit im Wesentlichen ein Zwischenbericht ist. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Bericht, der morgen mit den Änderungsanträgen in diesem Haus beschlossen werden wird, eine ganz andere Grundlage haben und aus einem potenziell strittigen Punkt ein einheitlicher Standpunkt werden wird.

Abschließend möchte ich die Kommission bitten, sich im Rahmen der Auswertung unserer Diskussionen anzuschauen, welche Elemente seit Verabschiedung im Ausschuss aus dem Bericht entfernt wurden. Ich denke, daran lässt sich eine Menge ablesen. Ich möchte die Kommission ferner bitten, den verbleibenden Inhalt zu berücksichtigen. Vor allem möchte ich auf Ziffer 10 verweisen, in der es um Arbeitszeitregelungen und mehr Flexibilität für Arbeitnehmer und Arbeitgeber geht. Es ist einfach zu sagen, dass wir mehr Flexibilität brauchen. Wir fordern die Kommission auf, ebenso viel Flexibilität beim weiteren Vorgehen in dieser sehr schwierigen und heiklen Angelegenheit zu beweisen.

Abschließend möchte ich unsere Assistenten erwähnen, und zwar nicht nur die Assistenten von uns Abgeordneten, sondern auch die Assistenten unserer Fraktionen. Sie sind häufig die vergessenen Helden und Heldinnen. Meines Erachtens haben sie bemerkenswerte Arbeit geleistet, zumal in derart kurzer Zeit. Deshalb hoffe ich in Ihrer aller Namen zu sprechen, wenn ich sie zu dem von ihnen Geleisteten beglückwünsche.

 
  
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  Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Es hat mich nicht überrascht, dass die Aussprache zum Arbeitsrecht weit reichend und tief gehend war und oftmals recht hitzig verlief. Das ist nur natürlich, denn das Thema Arbeitsrecht gehört zu den schwierigsten überhaupt und bildet den Kern des europäischen Sozialmodells. Ich freue mich, dass das Grünbuch die Basis für diese außerordentlich gründliche Diskussion geliefert hat. Es sind mehr als 450 Stellungnahmen eingegangen, weitaus mehr als normalerweise bei einer öffentlichen Konsultation zu einem Grünbuch. Ebenso klar ist, dass das Grünbuch das Problem des Arbeitsrechts nicht lösen, sondern vielmehr entsprechende Fragen aufwerfen sollte.

Wie ich meine, zeigt die Aussprache in diesem Saal, dass gute Aussichten für einen Konsens zu einigen Schlüsselelementen bestehen. Erwähnen möchte ich diejenigen, die ich für besonders wichtig halte. Da ist zuerst die Notwendigkeit eines sinnvollen Dialogs. Obgleich das Niveau des sozialen Dialogs in manchen Mitgliedstaaten sehr niedrig ist, handelt es sich meiner Ansicht nach um eine grundlegende Komponente. Vor allem deshalb leisten wir direkte Unterstützung für einen sozialen Dialog im Rahmen des Europäischen Sozialfonds, insbesondere durch den Aufbau von Verwaltungskapazitäten für die Sozialpartner.

Ebenfalls hervorgehoben werden sollte, dass das Arbeitsrecht nicht in einem Vakuum existiert und dass jede Debatte zu diesem Thema immer brisant sein und sich stets auf die Sozialpartner auswirken wird. Ich denke zudem, dass bei der künftigen Entwicklung des Arbeitsrechts auf Maßnahmen verzichtet werden sollte, die zu einem Zerfall des Arbeitsmarktes, zu mehr Beschäftigungsunsicherheit oder zur einem Abbau der Grundrechte der Arbeitnehmer führen würden.

Einer Lösung bedarf offenbar die Situation von Personen, die formal selbständig, jedoch von einem Hauptkunden oder Hauptarbeitgeber abhängig sind, der ihre Einkommensquelle darstellt. Hier gilt es, das Arbeitsrecht gezielt zu stärken, um hochwertige Arbeitsplätze zu schützen und zu fördern und Schwarzarbeit zu bekämpfen.

Verehrte Abgeordnete! Es wurden einige Fragen angesprochen, die außerhalb des Kerns der Debatte liegen und die wahrscheinlich auch nicht in der Abstimmung beantwortet werden. Deshalb möchte ich kurz auf diese Fragen eingehen. Ich möchte betonen, dass der soziale Schutz eine Voraussetzung für Vollbeschäftigung bildet und nicht aus ihr folgt. Arbeitsmärkte mit sehr schwach ausgeprägtem Beschäftigungsschutz, wie z. B. in den Entwicklungsländern, sorgen nicht für eine hinreichend effektive Schaffung von Arbeitsplätzen. Unterstreichen möchte ich zudem, dass es bereits eine Entsenderichtlinie gibt, und wir werden demnächst eine Reihe von Auslegungen dieser Richtlinie erörtern. Somit liegt also bereits ein bestimmter Standard vor, obwohl auch ein anderer Entwicklungsverlauf durchaus vorstellbar ist.

Ebenfalls angesprochen wurde die Frage der Arbeitsvermittlungen. Hier möchte ich darauf hinweisen, dass die portugiesische Ratspräsidentschaft dieses Thema mehr oder weniger in ihr Programm aufgenommen hat und wir uns im Rahmen der Präsidentschaft bemühen werden, einige dringend notwendige Fortschritte zu erzielen. Die vom Abgeordneten abgegebene Schilderung der Marktentwicklung von Arbeitsvermittlungen war meines Erachtens sehr genau. Die Dynamik dieses Marktes liegt auf der Hand, ebenso wie einige Erscheinungen, die gewiss als Indikatoren für mögliches Sozialdumping angesehen werden können.

Verehrte Abgeordnete! Der Arbeitsmarkt verändert sich nachhaltig. Daher kommt es maßgeblich darauf an, allgemeingültige Antworten zu finden, und zwar auf EU-Ebene, vor allem aber in den Mitgliedstaaten, die das Arbeitsrecht durchsetzen können und die zum einen in der Lage sind, unsere Kapazität, Wirksamkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Stärke insgesamt als Gesellschaft zu unterstützen und zum anderen die entsprechende Sicherheit für Arbeitnehmer im 21. Jahrhundert zu bieten. Das ist keine leichte Aufgabe, doch die heutige Aussprache hat mich davon überzeugt, dass Ihr Bericht die Chance hat, angenommen zu werden, und ich sehe daher dem Endergebnis mit Interesse entgegen.

 
  
  

VORSITZ: MECHTILD ROTHE
Vizepräsidentin

 
  
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  Die Präsidentin. Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen, 11.7.2007, statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Bogdan Golik (PSE), schriftlich. (PL) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Protasiewicz zu seinem sachlichen und schwierigen Bericht beglückwünschen. Es ist sehr wichtig, dass wir eine öffentliche Debatte über die Richtung bei der Modernisierung des Arbeitsrechts im Zusammenhang mit den Herausforderungen der Globalisierung, der andauernden strukturellen Arbeitslosigkeit und der für die Europäische Union nachteiligen demografischen Entwicklung in Gang gesetzt haben.

Die Realität und die in dem Bericht behandelten Themen machen deutlich, dass wir eine EU mit einer gemeinsamen Politik zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit brauchen, die nach dem Vorbild der gemeinsamen Energiepolitik konzipiert ist. Eine gemeinsame Politik ist umso notwendiger, als sogar die reichsten europäischen Staaten wie Deutschland und Frankreich, in denen die Arbeitslosigkeit bald 10 % erreichen könnte, mit diesem Problem überfordert sind.

Zweifel habe ich bezüglich des Vorschlags in Erwägung S, gemeinsame Regelungen auf EU-Ebene zu verabschieden, um die Grundlagen für ein System sozialer Mindeststandards zu schaffen. Die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten sind meines Erachtens heute so groß, dass dieser Vorschlag einfach nicht praktikabel ist. Mindestquoten sollten die Mitgliedstaaten je nach Wirtschaftsentwicklung, Arbeitsmarktlage und nationalen Traditionen selbst festlegen.

Viele Daten deuten darauf hin, dass die Beschäftigung dank atypischer Arbeitsverträge zugenommen hat. Das Problem besteht deshalb nicht darin, auf welcher Grundlage jemand beschäftigt ist, sondern ob der Betreffende Arbeit hat oder nicht. Darauf sollten die Mitgliedstaaten und die EU insgesamt in den kommenden Jahren den Schwerpunkt legen, wobei besonderes Augenmerk den jungen Arbeitnehmern, den Frauen und älteren Menschen gelten muss.

 
  
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  Małgorzata Handzlik (PPE-DE), schriftlich. (PL) Meinen herzlichen Glückwunsch an den Berichterstatter für diesen Bericht, in dem er ein realistisches Bild von den Änderungen im Arbeitsrecht zeichnet, die notwendig sind, um es den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen.

Das Arbeitsrecht ist in einigen Ländern meiner Ansicht nach noch immer anachronistisch und wird den Herausforderungen der Globalisierung nicht gerecht.

Die moderne Welt braucht klare und flexible arbeitsrechtliche Bestimmungen. Die Arbeitnehmer sollten von den Möglichkeiten des lebenslangen Lernens sowie der Fortbildung profitieren können, um sich den Anforderungen des Arbeitsmarkts anzupassen.

Das größte Problem für den Arbeitsmarkt sind die bürokratischen Hemmnisse für die Unternehmen, die ihre Entwicklung behindern. Die Beseitigung dieser Hemmnisse im KMU-Sektor verbessert ihre Wettbewerbsfähigkeit, was wiederum zu mehr Arbeitsplätzen führt.

Die Modernisierung des Arbeitsrechts muss mit einer aktiven Förderung des Arbeitsmarkts einhergehen. Unterstützt werden sollten die Aufnahme einer Tätigkeit wie auch der Wechsel von einer Beschäftigung zur anderen sowie die Fortbildung für den Arbeitsmarkt. Das darf jedoch nicht verwechselt werden mit einer Politik, die übermäßig stark auf den Beschäftigungsschutz ausgerichtet ist und Arbeitsplätze, die der Markt nicht braucht, künstlich erhält, was die Marktstellung der betroffenen Unternehmen schwächt.

Werden nicht benötigte Arbeitsplätze künstlich erhalten, so schlägt sich das vor allem in höheren Personalkosten nieder. Zudem werden die Arbeitnehmer in ihrer Entwicklung behindert, da Umschulungs- und Fortbildungsmöglichkeiten fehlen. Außerdem führt eine solche Politik zur schrittweisen Schwächung des Unternehmens und schließlich zu seiner Verdrängung vom Markt.

Deshalb ist es wichtig, Arbeitsplätze aktiv zu fördern, anstatt sie um jeden Preis zu schützen.

 
  
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  Véronique Mathieu (PPE-DE), schriftlich. (FR) Globalisierung, Alterung der Bevölkerung, Intensivierung des Handels: lauter Herausforderungen, die es morgen mehr noch als heute zu meistern gilt.

Kein Mitgliedstaat kann behaupten, im Alleingang dazu in der Lage zu sein, und Voraussetzung für eine erfolgreiche Beschäftigungs- und Sozialpolitik ist ein koordiniertes Vorgehen mit der Europäischen Union. Daher begrüße ich den Initiativbericht über ein modernes Arbeitsrecht für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Sein Ziel ist mehr als löblich, es ist unverzichtbar.

Arbeit muss einen neuen Stellenwert erhalten und ihr Rechtsrahmen der Zeit angepasst werden; den Arbeitswilligen müssen durch die Förderung aussichtsreicher Ausbildungen Arbeitsmöglichkeit geboten werden, und diejenigen, die mehr arbeiten wollen, müssen durch mehr Flexibilität bei den Tarifverhandlungen die Möglichkeit dazu erhalten.

Flexibilität bedeutet nicht das Ende von Schutzregelungen, sie bedeutet, dass diese Vorschriften durch freie Verhandlungen bestimmt werden, entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen, den im Rahmen eines geförderten Sozialdialogs zum Ausdruck gebrachten Bedürfnissen.

In Frankreich ist dieser Dialog mit den Sozialpartnern bereits eingeleitet worden, weshalb ich den vorliegenden Bericht mit Genugtuung begrüße, da er mit den anspruchsvollen Zielsetzungen und den in Frankreich getroffenen Maßnahmen übereinstimmt.

 
  
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  Csaba Őry (PPE-DE), schriftlich. – (HU) Meines Erachtens ist die Initiative der Europäischen Kommission ein begrüßenswerter und sehr mutiger Schritt, mit dem sie die Diskussion über die Modernisierung des Arbeitsrechts eröffnet. Ich befürworte einen differenzierten Ansatz und ausgewogene technische Änderungsanträge, halte es für falsch, dass einige atypische Beschäftigungsformen in den höchsten Tönen loben und sowohl nationalen als auch EU-Gesetzgebern empfehlen, auf politischer Ebene den Vorrang dieser atypischen Beschäftigungsformen vor unbefristeten Standardarbeitsverträgen anzuerkennen. Ich kann nicht akzeptieren, dass ein atypischer Vertrag nur deshalb einen höheren Wert haben soll, weil er atypisch ist.

Andererseits wäre es meiner Ansicht nach auch nicht richtig, wenn wir versuchen würden, Unternehmer mit legislativen, administrativen oder exekutiven Mitteln zu zwingen, verstärkt Standardarbeitsverträge anzubieten. Wir müssen erkennen, dass sich unsere Volkswirtschaften unter den Bedingungen der Globalisierung externen ökonomischen Zwängen stellen und im Interesse ihres Fortbestands darauf reagieren müssen.

Wenn wir erkennen, dass sowohl typische als auch atypische Beschäftigungsformen ihre Existenzberechtigung haben, dann können wir von einem ausgewogenen Herangehen an diese Frage sprechen. Unternehmer sollten Zugriff auf eine Vielzahl möglicher Vertragsarten haben, und in Anbetracht der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts müssen wir auch neue Antworten auf zahllose alte Probleme finden. Hinsichtlich der Weiterentwicklung des Arbeitsrechts haben sowohl gemeinschaftliche als auch einzelstaatliche Gesetzgeber wichtige Aufgaben zu lösen.

 
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