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Verfahren : 2006/2213(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0219/2007

Eingereichte Texte :

A6-0219/2007

Aussprachen :

PV 10/07/2007 - 18
CRE 10/07/2007 - 18

Abstimmungen :

PV 12/07/2007 - 6.4
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2007)0344

Ausführliche Sitzungsberichte
Dienstag, 10. Juli 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.

18. Durchführung des ersten Eisenbahnpakets (Aussprache)
Protokoll
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Michael Cramer im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr über die Durchführung des ersten Eisenbahnpakets (2006/2213(INI)) (A6-0219/2007).

 
  
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  Michael Cramer (Verts/ALE), Berichterstatter. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich recht herzlich bei den Schattenberichterstattern für die Zusammenarbeit beim ersten Eisenbahnpaket bedanken.

Grundsätzlich kann man sagen, das erste Eisenbahnpaket war ein voller Erfolg. Die Öffnung der Netze in Europa für den Eisenbahngüterverkehr hat sich bewährt. Besonders gut abgeschnitten haben dabei die Länder, die sich schon frühzeitig darauf vorbereitet haben und nicht erst abgewartet haben, wann denn die Netze geöffnet werden. So konnte Deutschland den Güterverkehr auf der Schiene um 25 % steigern, die Niederlande nach Öffnung der Netze um 42,5 %, und das Vereinigte Königreich und Polen konnten ihren Anteil auf der Schiene um 60 % steigern – beim Vereinigten Königreich allerdings auf niedrigem Niveau. Das kommt der Umwelt zugute, und das kommt dem Verkehr in Europa zugute!

Die Länder, die sich nicht darauf vorbereitet haben, die bis zum letzten Moment gewartet haben, schnitten nicht so gut ab. Beispielsweise musste Frankreich, das erst zu Beginn dieses Jahres seine Netze im Güterverkehr geöffnet hat, im selben Zeitraum einen Rückgang des Güterverkehrs auf der Schiene um 28 % verzeichnen. Die Güter werden heute vermehrt auf der Straße befördert. Das passt nicht in die klimapolitische Landschaft!

In meinem Bericht gehe ich auch darauf ein, dass sich der modal split insgesamt nicht geändert hat. Das liegt natürlich daran, dass wir zwischen den unterschiedlichen Verkehrsträgern keine fairen Rahmenbedingungen haben. Wir haben eklatant unfaire Rahmenbedingungen! Wir können auch sagen, der Verkehr in Europa ist zu billig, nur der umweltfreundliche Verkehr auf der Schiene ist zu teuer.

Und wir haben auch eine unfaire Förderpraxis: Etwa 95 % der gesamten Ko-Finanzierung der EU im Verkehrssektor gehen in den Straßen- und nicht in den Schienenverkehr, wie in Sonntagsreden immer gefordert und behauptet wird! Deshalb bin ich sehr froh, dass wir im Ausschuss Einigkeit darüber erzielen konnten, dass in Zukunft 40 % der Mittel, die für den Verkehrssektor ausgegeben werden, in die Schiene fließen sollen. Es kann nicht sein, dass unsere Anstrengungen durch eine fehlerhafte Finanzierungspraxis konterkariert werden.

Die unfairen Rahmenbedingungen können sich auch so darstellen, dass uns die EU z. B. eine verbindliche Schienenmaut vorschreibt, die für alle Lokomotiven auf allen Strecken gilt und in der Höhe unbegrenzt ist. Auf der Straße hingegen haben wir eine in der Höhe limitierte Straßenmaut, die freiwillig ist, die von den Mitgliedstaaten erhoben werden kann oder auch nicht, und die nur auf Autobahnen und nur für LKW ab 12 Tonnen gilt. Das ist unfairer Wettbewerb, und das muss sich ändern, sonst hat die Schiene keine Chance!

Einige der neuen Mitgliedstaaten machen zum Beispiel Folgendes: Sie erheben eine sehr hohe Maut auf die Güterverkehrsleistung auf der Schiene. Die acht höchsten Schienenbenutzungsgebühren werden in den neuen Mitgliedstaaten erhoben. Gleichzeitig wird mit dieser hohen Maut der Personenverkehr subventioniert, der kaum oder gar keine staatliche Subventionierung erhält, und auf der Straße können die Güter abgabenfrei befördert werden. Das ist ein Modell, um den Verkehr von der Schiene auf die Straße zu verlagern – genau das Gegenteil von dem, was der zuständige Kommissar, was die EU immer behauptet, tun zu wollen.

Wir wollen also einen fairen Wettbewerb. Dieser faire Wettbewerb ist aber noch nicht vollständig. Denn gerade diejenigen Eisenbahnunternehmen, die nicht auf eine lange staatliche Tradition zurückblicken können, fühlen sich in Europa immer wieder behindert. Dazu gibt es beispielsweise Beschwerden, dass der Netzzugang oder eine günstige Trasse nicht gewährt werden kann, weil diese schon an die konzerneigene Bahn vergeben wurde, dass ihre Wünsche nicht befriedigt werden können, weil zuvor von den staatlichen Unternehmen eine Weiche ausgebaut oder ein Überholgleis demontiert wurde, dass ohne Grund Langsamfahrstellen verordnet werden, damit die Wünsche der neuen Güterverkehrsunternehmen nicht erfüllt werden können, dass die Trassenpreise drastisch erhöht werden, wenn staatliche Eisenbahnunternehmen an ein anderes Unternehmen verkauft wurden, dass Quersubventionierung nicht verhindert wird, dass nichtstaatliche Unternehmen oft höhere Energiepreise bezahlen als Konzerntöchter.

Sie sehen, trotz unseres Erfolges ist noch viel zu tun! Denn insgesamt hat sich in Europa der modal split zwischen Straße und Schiene nicht verbessert, sondern sogar verschlechtert. Aber eines können wir sagen: Mit dem ersten Eisenbahnpaket ist der Niedergang gestoppt worden. Damit es aufwärts geht, brauchen wir nun faire Rahmenbedingungen für den Eisenbahnverkehr in Europa!

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Es freut mich, dass sich das Europäische Parlament mit dem Bericht der Kommission über die Durchführung des ersten Eisenbahnpakets vom 3. Mai 2006 befasst hat, und ich möchte besonders Herrn Cramer, dem Verfasser des Berichts, für seine äußerst solide und gründliche Arbeit danken.

Die Herausforderung der europäischen Eisenbahnpolitik besteht in der Festlegung eines Regelungsrahmens zur Förderung neuer Investitionen und zur Erbringung wettbewerbsfähiger Verkehrsleistungen in einem gemeinsamen Eisenbahnraum. Die Schaffung dieses europäischen integrierten Eisenbahnraums erfordert die vollständige und ordnungsgemäße Umsetzung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften. In ihrem Bericht 2006 hatte die Kommission die zur Bewältigung dieser Aufgabenstellung zu erfüllenden Voraussetzungen bestimmt, von denen ich die wichtigsten in Erinnerung bringen möchte.

Erstens, Vollendung der Umstrukturierung der alteingesessenen Eisenbahnunternehmen unter Gewährleistung getrennter Rechnungsführung und der Trennung der wesentlichen Funktionen wie Kapazitätszuweisung und Entgelterhebung. Zweitens, Aufstellung von Grundsätzen für die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastrukturen unter Berücksichtigung der Entgelterhebung der anderen Verkehrsträger als Teil einer echten Verkehrsstrategie zur Förderung eines fairen Wettbewerbs zwischen den Verkehrsträgern und der nachhaltigen Entwicklung. Drittens, Bereitstellung der für das reibungslose Wirken der Regulierungsstelle und der nationalen Sicherheitsbehörde nötigen Finanz- und Humanressourcen unter Gewährleistung einer echten Unabhängigkeit dieser Stellen.

Die von der Kommission gesetzten Aktionsschwerpunkte wurden vom Europäischen Parlament weitgehend übernommen. Bei diesen Schwerpunkten werden die Bedingungen für den intermodalen und intramodalen Wettbewerb sowie die Regulierung der Trennung von Infrastruktur und Betrieb in den Vordergrund gestellt.

Hinsichtlich des intermodalen Wettbewerbs möchte die Kommission die Rahmenbedingungen für einen ausgewogenen und fairen Wettbewerb schaffen. In Ihrem Bericht, Herr Cramer, sprechen Sie von einem faireren Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern, insbesondere durch die Internalisierung der externen Kosten des Straßenverkehrs. Bei der Verabschiedung der Eurovignette-Richtlinie habe ich mich verpflichtet, im Juni 2008 eine Methodik für die Internalisierung der externen Kosten zu unterbreiten. Nun, diese Verpflichtung wird erfüllt werden!

Was die Bedingungen für den intramodalen Wettbewerb anbelangt, so befürworte ich Ihren Standpunkt zugunsten der raschen Einführung des Europäischen Zugsicherungs-/Zugsteuerungs- und Signalgebungssystems (ERTMS/ETCS) und der Lärmreduzierung bei Güterwagen. Zu diesem letzteren Punkt, nämlich der Lärmbelästigung, werde ich eine Mitteilung der Kommission über die zu treffenden Maßnahmen vorlegen.

Bezüglich der Infrastrukturen sind wir ebenfalls einverstanden. Zur Förderung einer zufrieden stellenden Leistung des Schienengüterverkehrs muss ihnen Priorität eingeräumt werden. Im Oktober werde ich der Kommission eine Mitteilung zu einem auf den Güterverkehr in Europa ausgerichteten Schienennetz vorschlagen. In diesem Dokument wird ein Aktionsplan zu den wichtigsten Empfehlungen Ihres Entschließungsantrags vorgestellt.

Schließlich stimme ich vollkommen zu, dass es zur Verwirklichung der Politik der Marktöffnung und zur Stärkung des Wettbewerbs einer strikten Neutralität der wesentlichen Funktionen bedarf. In Ihrem Bericht werden die positiven Auswirkungen der Öffnung auf die Leistung des Schienengüterverkehrs in den Mitgliedstaaten, die als Erste die Märkte geöffnet haben, dargelegt.

Schlussendlich möchte ich darauf hinweisen, dass die Kommission alles in ihrer Macht Stehende zu tun gedenkt, damit die Mitgliedstaaten die Bestimmungen der Eisenbahnrichtlinien effektiv umsetzen. Nötigenfalls werden wir auch Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Ein europäischer Markt kann sich nur im Falle eines auf dem gesamten europäischen Hoheitsgebiet kohärenten Regelungsrahmens entwickeln. Der diskriminierungsfreie Zugang zu den Nebenleistungen des Schienenverkehrs, beispielsweise in den Rangierbahnhöfen, ist für das einwandfreie Funktionieren des Schienenmarktes unabdingbar. Von meinen Dienststellen wird zudem eine Evaluierung der Optionen im Hinblick auf eine Überarbeitung der diesbezüglichen Rechtsvorschriften des ersten Eisenbahnpakets vorgenommen, was zu einer Revision des europäischen Eisenbahnkodexes im nächsten Jahr führen wird.

Soweit also meine Stellungnahme zu dem Bericht von Herrn Cramer, bei dem ich mich nochmals bedanken möchte. Ich darf ihm versichern, dass die Kommission und ich als Kommissar selbstverständlich alles daransetzen werden, damit die Verkehrsverlagerung auf die Schiene in den kommenden Jahren so substanziell wie möglich sein wird.

Ich werde nun, Herr Präsident, den Abgeordneten sehr aufmerksam zuhören, um ihnen am Ende der Aussprache antworten zu können.

 
  
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  Elisabeth Jeggle, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Cramer, dass Ihr Bericht bei mir nicht immer und überall Begeisterung hervorgerufen hat, wissen Sie. Darüber brauchen wir uns heute nicht zu unterhalten. Es fehlt die Ausgewogenheit, und es fehlt die Praxisnähe.

So waren darin viele Regelungen enthalten, denen ein inhaltlicher Zusammenhang zur Implementierung des ersten Eisenbahnpaketes fehlt. Aus diesem Grund haben wir – unser Obmann, Herr Jarzembowski und ich – zwanzig Änderungsanträge eingebracht, von denen allein elf auf die Streichung kompletter Absätze abzielen. Die Abstimmung im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr verlief dann zu meiner Zufriedenheit.

Wichtige Punkte sind zum einen die Aufforderung an die Kommission, unverzüglich gegen diejenigen Mitgliedstaaten vorzugehen, die das erste und das zweite Eisenbahnpaket noch nicht fristgerecht umgesetzt haben. Zum anderen war es uns wichtig, dass bei der Frage der Finanzierung des weiteren Ausbaus der europäischen Verkehrswege vor allem die dreißig prioritären Projekte der Transeuropäischen Netze vorrangig gefördert werden sollen. Bedauerlicherweise konnte die komplette Streichung des Absatzes „Regulierung der Trennung von Netz und Betrieb“ nicht durchgesetzt werden. Ich lehne eine Einschränkung der Wahlmöglichkeit zwischen den verschiedenen Organisationsmodellen strikt ab. Wir benötigen fundierte Erkenntnisse. Wir müssen wissen, welche Vor- und Nachteile eine solche Trennung tatsächlich mit sich bringt. Wir brauchen heute noch Flexibilität für die Eisenbahnunternehmen. Deswegen haben wir eine getrennte Abstimmung beantragt.

Ich möchte noch kurz etwas zur Problematik der der „Gigaliner“, also der überlangen 60-Tonnen-LKW, sagen. Wir werden morgen bei der Abstimmung über diesen Bericht, der ja das Eisenbahnpaket zum Inhalt hat, Ihrem diesbezüglichen Änderungsantrag, Herr Cramer, nicht zustimmen können. Ich teile aber uneingeschränkt die Auffassung, dass Güter auf die Schiene gehören. Deswegen mag das widersprüchlich sein, aber ein Änderungsantrag zum Thema Gigaliner hat in diesem Bericht nichts zu suchen. Wir werden das beim Bericht Ayala Sender diskutieren. Dort wird dann auch Zeit für die Debatte sein.

 
  
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  Robert Navarro, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Bei der Bestandsaufnahme des ersten Eisenbahnpakets müssen wir anerkennen, dass wir das Ziel noch nicht erreicht haben. Trotz der Fortschritte und insbesondere der Tatsache, dass ein scheinbar unabwendbarer Niedergang aufgehalten wurde, ist der Schienenanteil noch zu gering. Dies ist umso bedauerlicher, als sich in diesen Zeiten des Klimawandels die Entscheidung für die Schiene täglich durch die Ereignisse als richtig bestätigt sieht.

Die Gründe für diese gemischte Bilanz sind uns bekannt: man hat zu sehr auf die Öffnung, deren Beitrag gewiss nicht zu leugnen ist, gesetzt, ohne sich um die technischen Hindernisse, insbesondere die fehlende Interoperabilität, ausreichend zu kümmern, wohl wissend, dass sie schrittweise mit der Öffnung hätte einhergehen müssen anstatt ihr nur ab und an zu folgen.

Diese Situation liegt wahrscheinlich darin begründet, dass die Liberalisierung in der Regel den Staaten nicht viel kostet, während es sich mit der Harmonisierung anders verhält. Jetzt, da endlich wieder damit begonnen wird, die Probleme der Interoperabilität anzugehen, erscheint es mir daher bedenklich, dass unter dem Deckmantel der Verknüpfung von Verkehrsträgern die Ziele der Verlagerung von der Straße auf insbesondere die Schiene in den Hintergrund rücken. Anstelle einer Korrektur der Ziele nach unten wäre es erforderlich gewesen, die intelligenten Systeme ebenso wie die finanziellen Mittel nach oben zu revidieren.

Hoffentlich wird also dieser Bericht dazu beitragen, uns bewusst zu machen, welchen Weg es noch zurückzulegen gilt, um der Schiene wieder den ihr gebührenden Platz einzuräumen.

 
  
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  Nathalie Griesbeck, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wie Sie, Herr Kommissar, hervorgehoben haben, sollten mit dem ersten Eisenbahnpaket die Grundlagen für einen integrierten europäischen Eisenbahnraum gelegt und durch die Modernisierung des Netzes die Verlagerung des Gütertransports von der Straße auf die Schiene gefördert werden, um den CO2-Ausstoß zu senken und selbstverständlich auch sämtliche Verkehrsüberlastungen auf den europäischen Straßen zu reduzieren. Meinem Kollegen, Herrn Cramer, möchte ich für seinen Initiativbericht danken, in dem eine umfassende Bilanz der Durchführung des ersten Pakets gezogen wird, ohne zu versäumen, gleichwohl auf sämtliche sich auf die Leistung der Bahn auswirkenden Faktoren, sowie auf all diejenigen hinzuweisen, die das Erreichen der von uns gesetzten Ziele behindern.

Als Erstes ist zu unterstreichen, dass die Öffnung des Schienennetzes unter Aufrechterhaltung eines sehr hohen Sicherheitsniveaus eine recht beachtliche Steigerung des Güterverkehrs, zumindest in der Europäischen Union insgesamt, erlaubt hat, wobei kleinere Eisenbahnunternehmen ebenfalls Nischen ausfüllen

konnten, die den traditionellen Betreibern als unrentabel galten

.

In dem Bericht wird erfreulicherweise der Nachdruck auch auf das gegenwärtige System der Entgelterhebung für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur

gelegt, das keinen fairen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Verkehrsmodi für den Gütertransport gestattet. Ich halte es heute für unerlässlich, schnellstmöglich zu einer Harmonisierung der Mautgebühren mit sektorenweise festgelegten Obergrenzen

zu gelangen, um der Internalisierung der externen Kosten besser Rechnung tragen zu können und die exponentielle Zunahme, wie wir sie heute erleben, zu begrenzen.

Ferner muss meiner Meinung nach erneut über die Eurovignette-Richtlinie diskutiert werden, da diese einen Schritt nach vorn bedeutete, der fortgesetzt werden muss, und es freut mich, dass Sie heute Abend bestätigt haben, Herr Kommissar, dass im Juni 2008 die Beratungen darüber aufgenommen werden sollen. Des Weiteren wünsche ich mir, Herr Kommissar, die Kommission möge gemeinsam mit Ihnen rasch den Prozess der Modernisierung und des Ausbaus der intermodalen Infrastrukturen, hauptsächlich auf den internationalen Straßenverkehrstelematik (SVT)-Korridoren, einleiten, der die ERTMS-Ausstattung

(Europäisches Eisenbahnverkehrsleitsystem) beinhaltet sowie eine echte Verbindung mit den Hafeninfrastrukturen einerseits und den Flussinfrastrukturen andererseits ermöglicht.

Schlussendlich erhoffe ich mir seitens der Kommission die Unterbreitung von Empfehlungen zur Sanierung der Finanzstruktur der Bahnen

, bei der meiner Ansicht nach die Entschuldung, in deren Genuss einige traditionelle Betreiber gelangt waren, berücksichtigt werden muss, damit sämtliche Akteure des Schienenverkehrs gleichgestellt werden.

 
  
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  Roberts Zīle, im Namen der UEN-Fraktion.(LV) Herr Präsident, Herr Barrot! Vor allem möchte ich Herrn Cramer für seinen Bericht danken, auch wenn er zweifelsohne recht widersprüchlich eingeschätzt wurde. In meiner kurzen Anmerkung möchte ich mich lediglich auf einen Aspekt konzentrieren. Mit Freude konnte ich feststellen, dass im Bericht betont wird, dass die Grenzländer der Europäischen Union wie die baltischen Staaten ungeachtet der Liberalisierung des Eisenbahnmarktes in Wirklichkeit vom Güterverkehr abhängig sind, und in unserem Fall bedeutet das in der Regel Kunden aus Russland. Wenn es Russland jedoch vorzieht, mit einem Eisenbahnunternehmen, das eine Monopolstellung innehat, zusammenzuarbeiten, dann ist es relativ schwierig für uns festzustellen, welche Auswirkungen die Einführung dieses ersten Eisenbahnpakets wirklich hat. Deshalb bin ich der Meinung, dass diese Frage weiterhin mit Russland erörtert werden muss, wobei auch andere potenzielle Aspekte zu berücksichtigen sind. Das betrifft insbesondere die Ankündigung von Herrn Iwanow, dem Stellvertretenden Ministerpräsidenten Russlands, der den Containerverkehr einzig und allein auf russische Häfen umlenken will. Vielen Dank.

 
  
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  Erik Meijer, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Seit vielen Jahren ist bekannt, dass die Eisenbahn in allen Ländern Europas im Kampf um die Beförderung von Gütern unterlegen ist. Dies gilt sogar für den grenzüberschreitenden Fernverkehr. Das Eisenbahnsystem ist für den Massentransport ausgelegt, und in einigen Fällen sind dafür vor langer Zeit spezielle Güterlinien eingerichtet worden, vor allem in und um die Industriegebiete in Deutschland. Auch die kürzlich in Betrieb genommene Betuwe-Linie in den Niederlanden, die Teil des Frachtkorridors Nr. 1 von Rotterdam über Deutschland und die Schweiz nach Genua ist, stellt eine solche Spezialstrecke dar, die für den Personenverkehr völlig ungeeignet ist.

Trotz dieser günstigen Ausgangsposition ist der Anteil der auf der Schiene beförderten Güter rückläufig. In einigen Fällen sinkt sogar das Volumen. Ein großer Teil des Güterverkehrs ist auf die Straße verlagert worden. Der enorme Zuwachs des Gütervolumens wird überwiegend über die Straße abgewickelt, wodurch sich Staus mehren.

Diese Verschiebung ist in entscheidendem Maße auf die Infrastruktur zurückzuführen. In der Vergangenheit verfügte die Eisenbahn über ein weit verzweigtes Netz, das sowohl Dörfer auf dem Land als auch Häfen und Fabrikgelände in den Städten verband. Neben Güterstrecken gab es auch Umschlagbahnhöfe, wo Güterwaggons gesammelt und zu neuen Zügen zusammengestellt wurden. Da viele Betriebe über einen eigenen Bahnanschluss verfügten, konnten Güterwaggons direkt ohne Güterumschlag vom Hafenkai zu einer weit entfernten Fabrik fahren. Alles, was man gegenwärtig mit multimodalen Systemen bewerkstelligen will, gab es damals schon. Bedauerlicherweise haben die Regierungen beschlossen, das Eisenbahnnetz zu beschneiden, weil es als Verlustgeschäft galt. Viele kleine Eisenbahnlinien wurden aufgegeben, und viele Betriebsanschlüsse sind verschwunden. Stattdessen wurden Milliarden in die Erweiterung des raumkonsumierenden Autobahnnetzes investiert.

Heutzutage kann der Gütertransport von Tür zu Tür meist nur noch per LKW erfolgen, der für Abholung und Auslieferung unerlässlich ist. Offenbar ist die einfachste Option dann zwangsläufig, die wesentlich längere Zwischenstrecke ebenfalls über die Straße abzuwickeln. Durch den Wiederaufbau von Gleisanschlüssen von Unternehmen und Umschlagbahnhöfen könnte ein entscheidender Beitrag zur Wiederbelebung des Schienengüterverkehrs geleistet werden.

Das erste Eisenbahnpaket fußt unter anderem auf der Annahme, dass sich der Schienenverkehr der Arbeitsweise von Straßen- und Luftverkehr anschließen sollte. Demnach regeln internationale Unternehmen den grenzüberschreitenden Güterverkehr vom Ausgangs- bis zum Zielpunkt, was für denjenigen, der etwas befördern lassen möchte, den Reiz ausmacht. Meine Fraktion hat stets darauf hingewiesen, dass dies nicht die einzige mögliche Lösung darstellt – es gibt eine Alternative: nämlich die bessere Zusammenarbeit zwischen nationalen Eisenbahnunternehmen. Diese sollten sich nicht als Konkurrenten verstehen, sondern als Partner in einem umfassenden europäischen Schienennetz. Gerade indem man sie bestärkt, miteinander in Wettbewerb zu treten, läuft die Zusammenarbeit weniger reibungslos. Bislang hat der eingeschlagene Kurs keine positiven Ergebnisse gezeitigt. Der freie Markt ist oftmals nicht die Lösung eines Problems, sondern dessen Ursache.

Der Berichterstatter spricht sich zu Recht für das neue Standardzugsicherungssystem, das zukünftige System für Management und Steuerung des Eisenbahnverkehrs in Europa (ERTMS), aus. Dieser Auffassung schließen wir uns an. Zudem stellen wir fest, dass die Einführung dieses Systems wesentlich schleppender verläuft als erwartet und neben dem neuen System die Anwendung eines zweiten alten Systems weiter notwendig ist. Dank der niedrigen Durchschnittsgeschwindigkeit des Güterverkehrs sorgt das ERTMS im Vergleich zu den Hochgeschwindigkeitsstrecken für den Personenverkehr für weniger Probleme.

Abschließend teilen wir auch die Meinung von Herrn Cramer: Die Beförderung per Luft und Straße wird künstlich verbilligt, während der Schienenverkehr künstlich verteuert wird. Wenn wir daran nichts ändern, wird der weniger umweltfreundliche Verkehr die Oberhand behalten.

 
  
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  Georg Jarzembowski (PPE-DE). – Herr Präsident, lieber Herr Vizepräsident der Kommission, liebe Kollegen! Das war ja interessant: Herr Meijer hat geradezu die Urgeschichte der Eisenbahn noch einmal vor unseren Augen vorbeilaufen lassen. Nur die Idee, dass sie für den Frachtverkehr Eisenbahnschienen von Dorf zu Dorf legen können, dürfte sich doch auch bei Ihnen so langsam als unrealistisch herausgestellt haben.

Herr Cramer, diese simple Verteufelung des Lkw kann ich auch nicht teilen! Ein Lkw-Unternehmen bezahlt doch Unternehmenssteuer, Kfz-Steuer, Mineralölsteuer und Mautgebühren. Also ist die Behauptung, dass der Lkw umsonst fährt und der Wettbewerb verzerrt ist, einfach unrealistisch. Ich teile völlig Ihre Auffassung, dass es nicht in Ordnung ist, wenn das Finanzministerium in Polen die Trassenpreise zu hoch ansetzt. Aber das ist dann eine Frage, mit der sich die polnische Regierung auseinandersetzen muss, und nicht die europäische Gesetzgebung. Wir sollten die polnische Regierung vielleicht daran erinnern, dass die Trassenpreise nicht zur Sanierung des polnischen Haushaltes gedacht sind, sondern zur Förderung des Eisenbahnwesens. Das hat aber mit den Lkw nun wirklich nichts zu tun!

Herr Präsident! Ich würde Sie gerne bitten, dass Sie auch beim zweiten Eisenbahnpaket darauf achten, dass es alle Mitgliedstaaten zügig umsetzen. Wir haben ja durchgesetzt, dass bis zum 1. Januar dieses Jahres die Netze für den nationalen und grenzüberschreitenden Warenverkehr geöffnet werden müssen, und da sehe ich eine große Möglichkeit, die Märkte in Europa grenzüberschreitend zu bedienen.

Sie haben einen Punkt angesprochen, den ich gerne aufgreifen würde, und ich bitte Sie, Näheres dazu auszuführen. Sie haben gesagt, die Kommission ist gerne bereit, bei der Reduzierung des durch Eisenbahnwaggons verursachten Lärms zu helfen. Sie haben eine Mitteilung angekündigt. Meine Frage: Wann werden Sie diese Mitteilung vorlegen? Schätzen Sie, dass europäische Aspekte stärker in den Vordergrund gerückt werden, oder werden Sie nationale Fördermöglichkeiten eröffnen? Die Lärmbelastung ist etwas, was wir gerade in den Großstädten nicht hinnehmen können, wenn etwa nachts Eisenbahnzüge durch Wohnquartiere fahren. Wenn Sie da Hilfe leisten wollen, sind wir Ihnen sehr dankbar!

 
  
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  Leopold Józef Rutowicz (UEN). – (PL) Herr Präsident! Der Bericht von Herrn Cramer über die Durchführung des ersten Eisenbahnpakets zeigt, welche Schwierigkeiten und Probleme dabei auftreten. Wenn der Eisenbahnverkehr sich gut entwickelt und reibungslos funktioniert, können mehr Menschen und Güter befördert werden, was den Transport auf der Straße entlastet und die CO2-Emissionen verringert. Auch kann eine schnelle Personenbeförderung gegenüber den lokalen Fluglinien und den Busunternehmen konkurrenzfähig sein. Durch die Zusammenarbeit zwischen Schiene, Straße und Seeverkehr können die Kosten gesenkt und die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft verbessert werden.

Bei der Durchführung dieses Pakets geht es vor allem um die Förderung von Eisenbahnprojekten in Ländern, denen die Mittel für den Ausbau und die Modernisierung ihres Eisenbahnnetzes und ihrer Eisenbahninfrastruktur fehlen. Ferner geht es um die Unterstützung aller Maßnahmen – einschließlich des Austauschs bewährter Konzepte – zur Entwicklung einer flexiblen und wettbewerbsfähigen Arbeitsweise der Eisenbahnunternehmen, um die Überwachung und Beseitigung organisatorischer, administrativer und finanzieller Hemmnisse für die Entwicklung des Verkehrssektors sowie die Unterstützung bei der Verlagerung eines Teils des internationalen Straßengüterverkehrs auf die Schiene.

Ich danke Herrn Cramer für seinen notwendigen und klugen Bericht.

 
  
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  Pedro Guerreiro (GUE/NGL).(PT) Der heute zur Diskussion stehende Bericht enthält Aspekte, die die Forderungen der großen privaten Interessen widerspiegeln, die hinter der Liberalisierung und Privatisierung des öffentlichen Eisenbahnverkehrs stehen, die von der Europäischen Union gefördert werden, was wir ablehnen.

Unserer Auffassung nach sollte im Bericht stattdessen kritisiert werden, dass der öffentliche Dienst und die staatlichen Unternehmen in EU-Ländern abgebaut, Streckennetze und Bahnstationen stillgelegt, Dienstleistungen eingestellt, die Anzahl der Züge verringert, die Zahl der Beschäftigten im Eisenbahnverkehr drastisch gekürzt werden und die Unsicherheit der Beschäftigung in diesem Sektor zunimmt. Außerdem sollte sich der Bericht einsetzen für die Förderung des öffentlichen Eisenbahnverkehrsdienstes durch die Existenz starker staatlicher Unternehmen mit all ihren Leistungen, mit einem effizienten Management zur Sicherung eines hohen Qualitätsniveaus und hohe Sicherheitsstandards; für die Gewährleistung eines hochwertigen, hochleistungsfähigen, komfortablen öffentlichen Eisenbahnverkehrs zu erschwinglichen Fahrpreisen, der den Erfordernissen der Fahrgastmobilität und des Gütertransports voll und ganz gerecht wird; und für sichere Arbeitsplätze der Arbeitnehmer in diesem Sektor durch die Förderung ihrer Einbindung in die Unternehmensführung, bessere Aufstiegsmöglichkeiten und Gehälter sowie die Sicherung ihrer Fortbildung.

 
  
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  Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. (FR) Herr Präsident! Ich danke allen, die das Wort ergriffen haben, für ihre zweckdienlichen Stellungnahmen.

Nichtsdestotrotz werde ich kurz auf einen Punkt eingehen, dem zu meiner Überraschung seitens des Parlaments nicht die gebotene Aufmerksamkeit zuteil wurde. Es geht um die Trennung zwischen dem Betrieb der Eisenbahninfrastruktur und der Erbringung von Verkehrsleistungen. Durch diese Trennung kann der Wettbewerb nämlich voll zum Tragen kommen. Wir müssen einen diskriminierungsfreien Zugang sicherstellen, um Neueinsteigern den Markteintritt zu erleichtern. Das ist ein sehr wichtiger Punkt.

Ich möchte einige Fragen beantworten. Mit dem Hinweis auf die Ko-Modalität wollten wir lediglich erklären, dass der Schienenverkehr, der bei langen Strecken unbestritten die optimale Lösung ist, durch einen Nahverkehr ergänzt werden können muss, der in einigen Fällen, wie Herr Jarzembowski darlegte, nur durch die Straße sichergestellt werden kann. Es geht mithin nicht darum, der Bahn etwas zu nehmen, sondern im Gegenteil es ihr zu ermöglichen, ihren rechtmäßigen Platz einzunehmen. Das ist ganz klar! Insbesondere Herrn Navarro sei gesagt: die Zielsetzung sollte nicht missverstanden werden. Die Intention war wirklich das Gelingen dieses „modal shift“, der Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene, die mir genau wie Ihnen ein großes Anliegen ist. Und ich muss sagen, all das, was wir unternehmen, sei es die Finanzierung der Infrastrukturen durch die transeuropäischen Netze, die Interoperabilität, die durch das Europäische Zugsicherungs-/Zugsteuerungs- und Signalsystem ERTMS/ETCS ermöglicht wird, die Quersubventionierung und die Zulassung von rollendem Material oder die Förderung des Güterverkehrs auf den europäischen Korridoren, all dies zielt auf das Erreichen einer Verkehrsverlagerung ab, die von größtmöglicher Bedeutung ist. Ich denke, in diesem Punkt ist unser Konzept völlig unmissverständlich.

Frau Griesbeck, ich möchte die Absicht der Kommission bestätigen, bis Ende des Jahres Leitlinien für die staatlichen Beihilfen im Eisenbahnsektor vorzulegen. Desgleichen möchte ich Herrn Jarzembowski versichern, dass die Mitteilung über die Lärmreduzierung bei Güterwagen für den Herbst dieses Jahres vorgesehen ist. Mehr kann ich dazu im Augenblick nicht sagen; wir arbeiten noch daran.

Zweifellos wären noch weitere Fragen zu beantworten. Seien Sie jedenfalls sicher, dass ich den Ausführungen aller Redner wirklich sehr aufmerksam zugehört habe. Die von Herrn Cramer und seinem Ausschuss geleistete Arbeit ist nach meinem Dafürhalten für unsere Kommission aufschlussreich. Lassen Sie mich nochmals sagen, dass es uns um faire intermodale und intramodale Wettbewerbsbedingungen geht, um effektiv jene Verlagerung von der Straße auf die Schiene ausbauen zu können, auf die wir – ich wiederhole – großen Wert legen, insbesondere aufgrund des Umweltschutzes und damit unser Straßennetz nicht überlastet wird.

Aus allen erdenklichen Gründen brauchen wir mehr denn je die Schiene. Ich muss sagen, in diese Richtung arbeite ich jeden Tag mit großer Zielstrebigkeit. Bei der Eröffnung von Betuwe in den Niederlanden habe ich übrigens festgestellt, dass man in Europa wirklich bestrebt ist, der Bahn ihren legitimen Platz einzuräumen; und wenn nun gelegentlich Probleme bei den Gebühren auftreten, obliegt es den Mitgliedstaaten, ihre Verantwortungen zu übernehmen. Dieser „modal shift“ ist in Europa eine wahrlich prioritäre Angelegenheit. Auch die Regierungen müssen bereit sein, ihn zu ihrem Schwerpunkt zu machen.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Mittwoch, dem 11. Juli 2007, statt.

 
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