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Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadien in Bezug auf das Dokument :

Eingereichte Texte :

RC-B6-0362/2007

Aussprachen :

PV 26/09/2007 - 11
CRE 26/09/2007 - 11

Abstimmungen :

PV 27/09/2007 - 9.4
CRE 27/09/2007 - 9.4
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :


Plenardebatten
Mittwoch, 26. September 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.

11. ESVP-Operationen im Osten des Tschad und im Norden der Zentralafrikanischen Republik (Aussprache)
PV
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission über die Operationen im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Osten des Tschad und im Norden der Zentralafrikanischen Republik.

 
  
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  Manuel Lobo Antunes, amtierender Ratspräsident. − (PT) Vielen Dank, Herr Präsident! Der portugiesische Vorsitz weiß die Möglichkeit zum Gedankenaustausch über die mögliche Durchführung einer Operation im östlichen Tschad sowie im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik im Rahmen der EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu schätzen. Der Konflikt in Darfur bleibt weiterhin ein Schwerpunkt der europäischen Außenpolitik. Die gegenwärtigen Fortschritte sind erfreulich, insbesondere und allen voran die Ankündigung, dass am 27. Oktober Gespräche unter der Schirmherrschaft der UNO und des Sondergesandten der Afrikanischen Union aufgenommen werden, um eine friedliche Lösung für den Konflikt zu finden, die die Aussichten auf Frieden in Darfur vergrößern. Zweitens erachten wir die einstimmige Annahme der UNO-Resolution 1769 durch den Sicherheitsrat zur Einrichtung von UNAMID (African Union/United Nations Hybrid Operation in Darfur), die neue Dynamik in die Bemühungen um eine Beendigung der Auseinandersetzungen in Darfur bringen wird, als hoffnungsvolle Entwicklung.

Damit diese Anstrengungen jedoch Früchte tragen, muss der Darfur-Konflikt in einem weiter gefassten regionalen Rahmen beigelegt werden. Die negativen Auswirkungen der Streitigkeiten auf die humanitäre Situation und Sicherheitslage in den Nachbarländern, insbesondere im Tschad und der Zentralafrikanischen Republik, sind Anlass zu großer Sorge. Nach unserem Dafürhalten kann es keine dauerhafte Lösung für den Konflikt in Darfur ohne Stabilisierung der Lage in den genannten Nachbarstaaten geben.

Bekanntlich hat der Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 23. Juli die dringende Notwendigkeit hervorgehoben, die destabilisierende Wirkung der Darfur-Krise auf die humanitäre und sicherheitstechnische Lage in den Nachbarstaaten anzusprechen und brachte erneut seine Unterstützung für die Entsendung einer multidimensionalen UNO-Präsenz in den Osten des Tschads sowie in den Nordosten der Zentralafrikanischen Republik zum Ausdruck.

Der Rat hat zudem entschieden, sich weiter um eine positive Entscheidung für eine Überbrückungsoperation im Rahmen der ESVP zu bemühen, um die multidimensionale UNO-Präsenz mit dem Ziel der Erhöhung der Sicherheit in diesen Bereichen zu fördern.

Vorbereitungen für eine solche Operation sind den ganzen Sommer über gelaufen. Am 12. September hat der Rat das Krisenmanagementkonzept gebilligt, das die wesentlichen Planungsparameter der Überbrückungsoperation festschreibt. Ein besonderer Schwerpunkt besteht in dem Ziel, gefährdete Zivilisten zu schützen, vor allem Flüchtlinge und Vertriebene, und die Bereitstellung humanitärer Hilfe durch Erhöhung der Sicherheit in der Region zu ermöglichen.

Was die innenpolitische Situation in diesen beiden Ländern betrifft, vertritt der Rat die Ansicht, die Mission sollte ihre Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Neutralität wahren. Auf diesen Ansatz gestützte Planungen entsprechen den Krisenmanagementverfahren der EU. Weitere, in der Folge zu ergreifende Maßnahmen beinhalten die Billigung einer gemeinsamen Aktion auf der Grundlage des Operationsansatzes sowie des Operationsplans, einschließlich der Festlegung der Zusammensetzung der Truppe. Die Operation soll ein Jahr dauern, und es wird davon ausgegangen, dass sie durch eine multinationale UN-Mission abgelöst wird. Jeder ESVP-Einsatz im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik muss sich auf eine UNO-Resolution stützen und wird in enger Zusammenarbeit mit der UNO und unseren afrikanischen Partnern durchgeführt.

Als EU begrüßen wir die Erklärung des Vorsitzenden des UNO-Sicherheitsrates vom 27. August, in der er die Bereitschaft des Sicherheitsrates herausstellte, die Einrichtung einer multidimensionalen Präsenz im östlichen Tschad und im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik zu bewilligen. Jeder EU-Einsatz im Tschad oder in der Zentralafrikanischen Republik muss von politischen Initiativen begleitet werden, um eine Lösung für die regionale Dimension des Konflikts in Darfur zu finden. Vor allem sollten jegliche Bemühungen um eine Normalisierung der Beziehungen zwischen dem Tschad und dem Sudan in Übereinstimmung mit den Abkommen von Tripolis und Rijad gefördert werden. Der Sudan, der Tschad und die Zentralafrikanische Republik sollten zudem angehalten werden, ihre Verpflichtungen einzuhalten, die Rebellenbewegungen nicht zu unterstützen, die von ihren jeweiligen Hoheitsgebieten aus gegen die anderen Länder operieren.

 
  
  

VORSITZ: MARTINE ROURE
Vizepräsidentin

 
  
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  Louis Michel, Mitglied der Kommission. – (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten! Mit der gestrigen Verabschiedung der Resolution 1778/2007 über die Stationierung einer internationalen Truppe im Osten des Tschad und im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist nunmehr der Weg frei, damit der Rat der Europäischen Union in den nächsten Tagen eine ESVP-Operation in diesen Ländern beschließen kann. Das ist eine sehr wichtige Entwicklung, die man meiner Meinung nach begrüßen muss. Die von der Operation betroffenen Regionen sind durch allgemeine Instabilität und Unsicherheit gekennzeichnet, die Hunderttausende Zivilpersonen betreffen, welche gezwungen sind, unter äußerst kritischen Bedingungen zu leben. Wie Sie wissen, lässt sich diese Situation nicht nur durch das Heineinwirken der Darfur-Krise in den Tschad und die Zentralafrikanische Republik erklären. Es gibt auch eigene, diesen beiden Ländern innewohnende Gründe, besonders im Falle des Tschad.

Die Stabilität dieser Regionen des Tschad und der Zentralafrikanischen Republik kann nur gewährleistet werden, wenn bei der internationalen Aktion, vor allem der der Europäischen Union, bestimmte Faktoren berücksichtigt werden. Dazu gehören erstens die Qualität der Militär- und Polizeipräsenz im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik, zweitens die Wahl eines Ansatzes, der nicht nur den Sicherheitsaspekt berücksichtigt, sondern auch die Gewährung von Hilfe und die Schaffung politischer Strukturen einschließt, und drittens die Fähigkeit, die Einwirkungen aus dem Sudan und der Region Darfur auf den Tschad und die Zentralafrikanische Republik unter Kontrolle zu bringen und einzudämmen.

Zunächst zum ersten Punkt: Dieser Bereich fällt unter den zweiten Pfeiler. Die Ratsmitglieder haben sich also geäußert und werden sich wahrscheinlich in einigen Tagen noch einmal äußern. Ein wichtiges Element, das es bei der Stationierung dieser europäischen Truppe zu berücksichtigen gilt, ist selbstverständlich die Erhaltung des humanitären Raums. Deshalb haben meine Mitarbeiter bei ECHO eng mit den Militärplanern des Rates zusammengearbeitet, um die Respektierung der jeweiligen Mandate und eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen den Militärs und den humanitären zivilen Helfern zu gewährleisten. Wir haben vor allem verlangt, dass Verbindungsoffiziere der Streitkräfte der Europäischen Union vor Ort präsent sind, um eine Verbindung und einen ständigen Informationsaustausch mit den humanitären Organisationen zu gewährleisten.

Nun zum zweiten Punkt. Die von der Kommission vorgesehenen Hilfsmaßnahmen decken drei Aspekte ab. Erstens einen Sicherheitsaspekt: die Unterstützung der Operation der tschadischen Polizei unter Führung der Vereinten Nationen. Dabei wird es im Wesentlichen darum gehen, die Ausbildung der 800 tschadischen Polizisten zu finanzieren, die in den Flüchtlings- und Vertriebenenlagern für Ordnung sorgen sollen. Es kommt darauf an, dass diese Polizeiaktivität beispielhaft durchgeführt wird. Es ist sehr wichtig, dass sie von der Bevölkerung gut angenommen wird. Hierfür werden bis Ende 2007 Mittel aus dem Stabilitätsinstrument in Höhe von etwa 10 Millionen Euro bereitgestellt werden.

Zweitens ist der humanitäre Aspekt zu nennen. Im Jahr 2007 hat die Kommission 30,5 Millionen Euro für die humanitäre Soforthilfe und sektorübergreifende Hilfsprogramme sowohl zugunsten der vertriebenen Flüchtlinge als auch für die Aufnahmegemeinden im Tschad bereitgestellt. Zugunsten der Zentralafrikanischen Republik wurden 8 Millionen Euro aufgewandt. Für 2008 sind Beträge in zumindest ähnlicher Höhe vorgesehen.

Der dritte Aspekt betrifft die Wiedereingliederung und den Wiederaufbau. Kurzfristig werden im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik zusätzliche Mittel aus dem 9. Europäischen Entwicklungsfonds in Höhe von etwa 13,1 Millionen Euro bereitgestellt werden. Das Programm dient dem Ziel, die Aktionen von ECHO im Rahmen einer Wiederaufbau- und Weiterentwicklungsstrategie fortzusetzen.

Meine Damen und Herren, diese Hilfsmaßnahmen sind notwendig, sie müssen jedoch mit Maßnahmen bezüglich des politischen Prozesses gekoppelt werden. Um eine dauerhafte Stabilität zu gewährleisten, muss die internationale und europäische Aktion durch verschiedene Aktivitäten im Zusammenhang mit der Wiederherstellung des Rechtsstaates, der Wiederbelebung der wirtschaftlichen Governance, der Reform des Justiz- und Sicherheitsapparate sowie der Fortsetzung des politischen Dialogs zwischen Regierung und Oppositionsparteien ergänzt werden. Das ist natürlich ein wichtiges Element, vor allem mit Blick auf die Wahlen im Jahr 2009.

Die Kommission wird diesen globalen Ansatz im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik auch weiterhin vertreten. Darüber hinaus ist die Kommission sehr aktiv, um zur Lösung des Konflikts in Darfur beizutragen, sowohl im Wege der humanitären Hilfe und des Wiederaufbaus als auch durch die Unterstützung des Verhandlungs- und Vermittlungsprozesses, in den wir natürlich stark involviert sind. Diesbezüglich habe ich unlängst den UN-Generalsekretär, Herrn Ban Ki-Moon, und den Präsidenten der Kommission der Afrikanischen Union, Herrn Konaré, darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Kommission zum Darfur Trust Fund beitragen wird, um die Verhandlungen zu unterstützen. Außerdem finanziert die Kommission auch Initiativen, um die Einbeziehung der Zivilgesellschaft Darfurs in den Prozess der Konfliktlösung sowie deren Mitwirkung daran zu ermöglichen.

 
  
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  Karl von Wogau, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die humanitäre Situation im Tschad, vor allem entlang der 1 360 km langen Grenze mit dem Sudan, aber auch im Grenzgebiet zur Zentralafrikanischen Republik macht nach meiner Überzeugung ein Eingreifen der internationalen Staatengemeinschaft notwendig.

Ich selbst war vor wenigen Tagen im Tschad und habe mir dort ein Bild von der Lage gemacht. Über 400 000 Flüchtlinge und Vertriebene hausen in dieser Grenzregion in Flüchtlingscamps. Diese Camps sind der permanenten Bedrohung durch Banditen, marodierende Banden, aber auch durch Dschandschawid-Milizen aus dem Sudan ausgesetzt. Noch schwieriger ist die Situation im flachen Land. Die dort fehlende Sicherheit führt dazu, dass immer mehr Menschen Zuflucht in den Flüchtlingslagern suchen.

Um den Not leidenden Menschen dort zu helfen, muss die Sicherheitslage in der Region verbessert werden, so dass sie in ihre Heimatorte zurückkehren können. Dies ist eine schwierige Herausforderung. Zu ihrer Bewältigung ist eine Arbeitsteilung notwendig. Die Vereinten Nationen haben dabei die Aufgabe übernommen, zum Aufbau von Polizeikräften beizutragen, die dann auch als Ansprechpartner der Sicherheitskräfte dienen können. Die Europäische Union dagegen wurde darum gebeten, Truppen zur Verfügung zu stellen, die in der Lage sein sollen, die Dschandschawid und die Banditen abzuschrecken und Übergriffe auf die Flüchtlinge, die Vertriebenen und die Zivilbevölkerung zu verhindern.

Mit dem vorliegenden Entwurf einer Entschließung stimmt das Europäische Parlament einem solchen Einsatz zu, allerdings unter folgenden Bedingungen: Zum Ersten – Sie haben darauf hingewiesen, Herr Präsident, Herr Kommissar: Die politischen Verhandlungen müssen weitergeführt werden, denn letztendlich brauchen wir eine politische Lösung. Wenn wir aber Truppen dorthin senden, brauchen diese ein robustes Mandat, das auch tatsächlich eine Abschreckung der Dschandschawid und der Banditen ermöglicht.

Es gilt, ein sehr großes Gebiet zu sichern. Die Truppe muss daher auch groß genug sein, um tatsächlich eine Verbesserung der Sicherheitslage erreichen zu können. Es muss dabei sichtbar werden, dass es sich um einen europäischen Verband handelt, an dem mehrere europäische Nationen beteiligt sind. Die EUFOR-Truppe muss zudem eine adäquate Ausrüstung haben, die ihr die Erfüllung ihres Auftrags ermöglicht. Im Hinblick auf die relativ geringe Truppenstärke und die Größe des Grenzgebietes erfordert dies vor allem hervorragende Fähigkeiten bei Aufklärung und Transport, denn die Truppe muss in der Lage sein, rasch zu erkennen, wo Gefahr droht, und muss diesen Ort dann auch schnell erreichen können.

Es darf auf keinen Fall zu einer Situation kommen, in der eine EUFOR-Truppe im Tschad aufgrund ihres Mandates oder aufgrund von Ausrüstungsdefiziten nur dazu in der Lage wäre, sich selbst zu schützen, ohne ihren eigentlichen Auftrag erfüllen zu können. Eine weitere Bedingung des Europäischen Parlaments ist es, dass eine klare Exit-Strategie vorgelegt wird, aus der hervorgeht, wie und durch wen die EUFOR-Truppe nach der vorgesehenen Einsatzdauer von einem Jahr abgelöst wird.

Mit dem vorliegenden Entwurf einer Entschließung betont das Europäische Parlament zudem, dass diese EUFOR-Truppe im Tschad im Hinblick auf die komplexe politische Situation in der Region als neutrale Macht für Sicherheit und für den Schutz der Zivilbevölkerung agieren sollte. Der Einsatz von EUFOR letztes Jahr im Kongo hat deutlich gemacht, wie wichtig eine glaubwürdige Überparteilichkeit und Unabhängigkeit für das Gelingen eines Einsatzes sein kann.

Die Europäische Union kann in der gegenwärtigen Situation durch einen auf ein Jahr begrenzten Einsatz einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die humanitäre Situation in der Region zu verbessern und die Afrikanische Union bei der Übernahme von mehr Verantwortung in der Region zu unterstützen. Beides ist notwendig! Ich bitte Sie daher, dem vorliegenden Entschließungsantrag zuzustimmen.

 
  
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  Ana Maria Gomes, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) In der gestern angenommenen UNO-Resolution 1778 wird festgelegt, dass die Lage in der Grenzregion zwischen dem Sudan, dem Tschad und der Zentralafrikanischen Republik eine Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit darstellt.

Mit seinem Entschließungsantrag erkennt das Parlament die Dringlichkeit der Lage sowie die Verantwortung der EU, für Schutz zu sorgen, an. Eine überwältigende Mehrheit der Abgeordneten dieses Hauses ist sich mit humanitären Nichtregierungsorganisationen, den Flüchtlingen in der Region, die unter erbärmlichen Bedingungen und in einem Klima ständiger Angst leben, sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen einig: Alle verweisen auf die dringende Notwendigkeit einer internationalen Präsenz in der Region, zu der auch ein starkes militärisches Element gehört. Es gibt kein Land bzw. keine multilaterale Organisation, die besser geeignet wäre als die Europäische Union, um das durch die UNO-Resolution 1778 erteilte Mandat zu erfüllen. Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist ihren Kinderschuhen entwachsen und existiert für Krisen dieser Art.

Im Kontext der Entsendung einer EU-Militärtruppe in die Region können der Rat und der portugiesische Vorsitz auf die grundsätzliche Unterstützung des Parlaments zählen. Allerdings sieht sich das EU-Parlament genötigt, seine Besorgnis über einige Aspekte der Mission zu äußern. Erstens fürchten wir, dass die Zurückhaltung der Mitgliedstaaten bei der Ausrüstung der Truppe mit dem nötigen Personal und militärischen Gerät ihre Schlagkraft nachhaltig senkt. Darüber hinaus wird der französische Anteil der Truppe spürbar größer, je geringer der Beitrag der anderen Mitgliedstaaten ausfällt. Die Unparteilichkeit der Mission ist unerlässlich für ihren Erfolg, und Frankreich gilt in der Region nicht als neutraler Akteur.

Zweites fordert das Parlament neben der Militärtruppe eine diplomatische Offensive in der Region, um den Prozess der nationalen Aussöhnung zwischen dem Tschad und der Zentralafrikanischen Republik voranzutreiben. Die Ursachen der Instabilität sind trotz des Zusammenhangs mit dem Drama in Darfur hausgemacht und können nur durch innenpolitische Prozesse überwunden werden. Wie im Entschließungsantrag des Parlaments dargelegt, kann die für 12 Monate geplante EU-Operation ohne echte politische Versöhnung in der Region nicht nachhaltig zum Frieden in der Region beitragen.

Abschließend begrüßt das Parlament das Mandat der Truppe nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen. Dieses Mandat muss vor Ort unbedingt richtig ausgelegt werden. Weiterhin müssen die EU-Truppen schon im Vorfeld für den Schutz von gefährdeten Zivilisten sorgen, einen humanitären Bereich für die internationalen Organisationen schaffen und die UNO-Mission in der Zentralafrikanischen Republik und im Tschad (MINURCAT) schützen. Die jüngste Geschichte kennt viele tragische Beispiele – von Kigali bis Srebrenica –, in denen die schutzlose Zivilbevölkerung letztendlich den Preis für den Kleinmut und die übermäßigen Bedenken der internationalen Truppen bezahlt hat.

Hoffentlich wird diese Operation eines Tages als Vorzeigebeispiel der ESVP und eines wirksamen gelebten Multilateralismus dienen sowie ein überzeugender Beleg für das Bestreben der EU sein, die Vereinten Nationen zu stärken und einen Beitrag zur Konfliktlösung im Einklang mit dem Völkerrecht und der darin festgeschriebenen Verantwortung zu leisten.

 
  
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  Annemie Neyts-Uyttebroeck , im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Frau Präsidentin! Herr Kommissar! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits wiederholt gesagt wurde, hat der UN-Sicherheitsrat gestern die Errichtung einer multidimensionalen Präsenz im östlichen Tschad und im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik für einen Zeitraum von einem Jahr einstimmig gebilligt. Sie soll aus einer zivilen und polizeilichen UN-Mission mit der Bezeichnung MINURCAT in Anlehnung an die UN und der militärischen Mission der Europäischen Union, EUFOR, die sie unterstützen und schützen wird, bestehen.

Diese europäische Sicherheits- und Verteidigungsmission operiert im Einklang mit Kapitel VII der UN-Charta, was äußerst wichtig ist, denn dies bedeutet, die Mission kann zur Erfüllung ihres Auftrags alle erdenklichen Mittel einsetzen, und es bedeutet, dass sie über ein robustes Mandat verfügt, wie vom Parlament ausdrücklich erwünscht. Damit erhöhen sich die Erfolgschancen der Mission, aber gleichzeitig steigt damit auch ihre und unsere Verantwortung beträchtlich.

Wiederholt haben wir in diesem Hause unsere Besorgnis angesichts der Lage in Darfur geäußert und unsere Beunruhigung angesichts der mangelnden Sicherheit und Instabilität in angrenzenden Gebieten und der gesamten Region zum Ausdruck gebracht. Mehr als eine Million Menschen mussten in ihrem Land oder über die Grenzen flüchten. Sie sind verschiedensten Entbehrungen und Gewalttaten ausgeliefert, denen in der Regel vor allem Frauen und Kinder zum Opfer fallen. Darüber hinaus bedroht die Situation die fragilen Friedensabkommen, die sowohl im Tschad als auch in der Zentralafrikanischen Republik geschlossen wurden, denn neben politischen Rebellen sehen auch einfache Banditen ihre Chance gekommen, andere Menschen zu bestehlen, zu misshandeln und zu ermorden.

Der Auftrag von EUFOR ist daher keineswegs einfach. Bevor wir jedoch darüber reden, müssen wir uns bemühen, die Truppen zusammenzustellen, wie Frau Gomes andeutete, und neben der Truppenaufstellung auch an deren Ausrüstung denken. Für alle Mitgliedstaaten, darunter auch mein Heimatland, rückt nun die Stunde der Wahrheit näher: die Stunde, in der auf wohlklingende Worte und edle Erklärungen Taten in Form von Soldaten und Material folgen müssen. Das gilt auch für das Parlament. Zu Recht haben wir umfassende Informationen gefordert und unsere Zuständigkeiten genutzt, um auf der Grundlage von Dokumenten und Beweisen beratend tätig zu werden. Dies war möglich, weil wir unter anderem in der vergangenen Woche einen langen Gedankenaustausch mit General Leaky hatten.

Unser Ratschlag ist positiv. Es ist unsere Aufgabe und Verantwortung, darauf zu drängen, dass die Mission schnellstmöglich und unter besten Voraussetzungen starten kann.

 
  
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  Ģirts Valdis Kristovskis, im Namen der UEN-Fraktion. (LV) Frau Präsidentin! Im Namen der UEN-Fraktion möchte ich unsere Unterstützung der ESVP-Militärmission im Rahmen der weltweit größten Mission zur Friedenssicherung im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik hervorheben. Der Konflikt stellt die schwerste grenzüberschreitende humanitäre Krise in der Welt dar. Eigentlich hätte der UNO-Sicherheitsrat schon viel früher etwas unternehmen müssen. Der Verlust von vier Jahren hat das Leben von 200.000 Menschen gekostet. 2,5 Millionen Menschen sind aus ihrer Heimat vertrieben worden, und auf humanitäre Helfer werden brutale Angriffe verübt. Es ist voraussehbar, dass das Ausmaß der durch den Konflikt in Darfur ausgelösten Krise sowohl den politischen Willen als auch die militärische Stärke der Europäischen Union auf den Prüfstand stellt. Vor wenigen Tagen versicherte General D. Leakey den Mitgliedstaaten, die EU sei unabhängig von Finanzierungsproblemen und den Schwierigkeiten, alle möglichen Gefahren und Risiken zu antizipieren, militärisch in der Lage, die Operation nicht schlechter als in Bosnien auszuführen. Außerdem wäre die Operation aus militärischer Perspektive weniger aufwendig.

 
  
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  Angelika Beer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier noch einige Zahlen zu dem, worüber wir reden: 230 000 Flüchtlinge, dazu noch 170 000 intern Vertriebene und geschätzte 700 000 Menschen, die indirekt von Überfällen bedroht sind.

Wir sind dafür, dass wir diese Schutzlücke, dieses Vakuum, schließen. Das muss der Fokus der europäischen Mission sein. Die Voraussetzung eines robusten Mandats ist seit gestern gegeben. Die Frage der Neutralität ist nicht geklärt. Im Moment sieht es so aus, als wenn die bereits stationierten französischen Truppen nur durch wenige Länder aufgestockt werden würden. Damit sind die Neutralität und auch der Erfolg der Mission gefährdet.

Was ich aber am Freitag von den Außenministern, die zu beschließen haben, insbesondere einfordern möchte, ist, dafür zu sorgen, dass der Operationsraum der EUFOR-Mission klar benannt wird. Das ist bis heute nicht der Fall. Es wäre eine Katastrophe, wenn diese Mission nicht dort operieren darf, wo die Hilfe am dringlichsten ist, nämlich in der Grenzregion. Ich erwarte, dass sich die Europäische Union dort mit dem Regime des Tschad auseinandersetzt und auch in Bezug auf die 35-km-Grenze das Recht hat, aktiv zu werden. Sonst ist es eine Feigenblatt-Operation, die möglicherweise auch noch Menschen gefährdet.

 
  
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  Tobias Pflüger, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Frau Präsidentin! Zur Klarstellung: Hier geht es um eine ESVP-Mission im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik nach Kapitel 7 der UN-Charta, d. h. es geht um einen Kampfeinsatz, und nicht um Sudan und Darfur. Die französische Regierung will diese EU-Mission unbedingt. Sie will das Force Headquarters und das Operation Headquarters selber stellen. Die deutsche und die britische Regierung sind sehr skeptisch. Schon heute sind französische Soldaten im Tschad stationiert. Es ist ganz offensichtlich so, dass Frankreich als Schutzmacht für die Regierungen im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik auftritt und jetzt ihr Engagement einfach nur unter EU-Logo bringen will. Die Truppen Frankreichs sind nicht neutral, sondern eindeutig parteiisch. Sie haben z. B. vor Ort Rebellen bombardiert. Die Rebellenführer haben angekündigt, dass sie, wenn die EU-Truppen nicht neutral sind, Krieg mit diesen Truppen führen werden.

Die Nordic Battle Group steht nicht zur Verfügung, wie ich jetzt gehört habe, und in der UN-Resolution wird eine offene Zusammenarbeit mit dem Militär und der Polizei des Tschad formuliert. Es ist offensichtlich so, dass der Tschad und die Zentralafrikanische Republik keine Demokratien sind. Flüchtlingsrückkehr ist nicht das Mandat dieser EU-Truppe, und dieser Einsatz ist – um es hier deutlich zu sagen – sehr gefährlich. Wir als Fraktion werden gegen die vorgelegte Entschließung stimmen, weil wir glauben, dass die Situation mit diesem Einsatz nicht verbessert, sondern verschlimmert wird.

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Zur Aufklärung von Herrn Pflüger und den anderen: Die Aufgabe der EU-Truppe ist eine humanitäre Mission, die darin besteht, für die Sicherheit der Flüchtlinge aus dem Tschad und aus Darfur zu sorgen, und das auch mit militärischen Kräften. Der UNO-Sicherheitsrat hat der Entsendung einer europäischen UN-Truppe zugestimmt, und die Konsequenz daraus ist: Die Europäische Union steht ab sofort unter internationaler Beobachtung, was sie nämlich außenpolitisch und militärisch tatsächlich zu leisten im Stande ist.

Dieser Einsatz bedeutet Risiko und Chance: Risiko wegen der äußerst schwierigen politischen Rahmenbedingungen in dieser konfliktgeladenen Region und auf der anderen Seite die Chance, zu zeigen, dass die Europäische Union außenpolitische und militärische Fähigkeiten entwickelt hat und in dieser Region zum Schutz der Flüchtlinge auch tatsächlich einsetzen kann.

Zurzeit aber – und diese Meinung wird von vielen geteilt – ist das Risiko größer als die Chance. Daher hat das Europäische Parlament einen Katalog von Bedingungen erstellt, die bereits dargestellt worden sind: von der zeitlichen Begrenzung des Mandats über präzise Ziel- und Aufgabendefinitionen bis hin zur perfekten Vorbereitung und technischen Ausrüstung der EUFOR-Truppen und zur Erteilung eines operativen Mandats, inklusive einer Rückzugsstrategie.

Natürlich muss man erwarten, dass dieser Einsatz von den lokalen Regierungen nicht nur gebilligt, sondern auch unterstützt wird, damit er erfolgreich ist. Wenn aber – und hier sind wir uns, glaube ich, einig – alle diese Bedingungen, die das Europäische Parlament gestellt hat, erfüllt sind, ist die Chance auf Erfolg größer als das Risiko, und wir können den Einsatz befürworten.

 
  
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  Michel Rocard (PSE).(FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Herr amtierender Ratspräsident! Ich freue mich über diesen Entschließungsentwurf und den damit bestätigten Beschluss, und ich möchte sagen: Wenn die menschliche Brutalität soviel Unglück und Leiden verursacht wie in Darfur, ist Solidarität eine Gewissenspflicht. Ich bin sehr froh, dass die Europäische Union auf den Appell des Generalsekretärs der Vereinten Nationen antwortet.

Viele Abgeordnete und Diplomaten haben, wie eben meine Freundin und Kollegin Frau Gomes, die Tatsache unterstrichen, dass diese Operation keinesfalls den Anschein erwecken darf, als Anlass zur Unterstützung der französischen Interessen oder zur Erweiterung der französischen Militärpräsenz in der Region genutzt zu werden. Ich hoffe, dass niemand überrascht ist, wenn auch ich diese Ansicht nachdrücklich vertrete.

Gestatten Sie mir als ehemaligem Premierminister, meine Überzeugung zu äußern, dass Frankreich ausschließlich aufgrund eines schweren geschichtlichen Erbes noch immer in der Region präsent ist, in der die Hinterlassenschaft des Kolonialismus eine Politik der Solidarität mit diesen Völkern notwendig macht, um zu versuchen, sie bei der Suche nach Stabilität und Frieden zu unterstützen, und um einen Anfang einer effizienten Governance zu finden. Frankreich hat keinerlei strategische oder wirtschaftliche Interessen mehr in diesen Regionen, und ich gehöre zu denen, die es vorgezogen hätten, dass es sich längst zurückgezogen hätte, denn dann hätten wir viel einsparen können, und das hätte in unserem eigenen Interesse gelegen. Selbst die Uranvorkommen in Niger wecken keinerlei strategisches Interesse größeren Ausmaßes, sondern erfordern nur genug Frieden, damit sie allgemein zugänglich gemacht werden können und ein wettbewerbsgeprägter Markt geschaffen werden kann.

Es handelt sich also um eine europäische Befriedungsoperation und nicht um eine französische Operation, und das ist gut so. Aber ich möchte warnend sagen: Damit diese Sichtweise wirklich allgemein akzeptiert wird, müsste eine Vielzahl von Mitgliedstaaten der Union Truppen entsenden. Es wäre verhängnisvoll, wenn der Geist der Solidarität, der aus geschichtlichen Gründen in Frankreich ausgeprägter ist als anderswo, weshalb unser Kontingent das größte ist, durch Ihre Abwesenheit in eine postkoloniale Verdächtigung verkehrt würde, die völlig unbegründet ist und die ich zurückweise.

Eine letzte Bemerkung. Der mündliche Änderungsantrag, den unser Kollege Herr Gahler heute Vormittag eingebracht hat, ist diesmal – schade für ihn – hinfällig. Die Republik Tschad hat vor einigen Tagen dem Sicherheitsrat über ihren Außenminister schriftlich ihr grundsätzliches Einverständnis mit dieser Operation mitgeteilt. Ich habe hier eine Fotokopie dieses Schreibens, die ich Herrn Gahler gern zur Verfügung stelle.

 
  
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  Eoin Ryan (UEN).(EN) Frau Präsidentin! Auch ich unterstütze den Beschluss, EU-Truppen in einer Stärke von 4 000 Mann zur Friedenssicherung in den Tschad zu entsenden. Die Realität sieht so aus, dass im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik eine politische Instabilität von großem Ausmaß herrscht. Wir wissen, dass in der sudanesischen Darfur-Region ein Völkermord stattfindet. Werden keine Friedenskräfte in den Tschad entsandt, laufen wir Gefahr, dass in dieser afrikanischen Region die Instabilität und die Gewalt noch zunehmen.

Im Tschad befinden sich schätzungsweise 400 000 Flüchtlinge aus der Zentralafrikanischen Republik und aus Darfur in Flüchtlingslagern, aber zur Bewachung dieser Lager sind lediglich 250 Angehörige der Armee des Tschad abgestellt. Die Flüchtlingslager im Tschad sehen sich einer riesigen humanitären Krise gegenüber, und die internationale Gemeinschaft, darunter die Europäische Union, muss der Regierung des Tschad helfen, mit diesem eskalierenden, sich ausweitenden Problem zurechtzukommen. Die Berichte von Menschen, die in der letzten Zeit dieses Gebiet bereist haben, sind wirklich erschütternd, und wir müssen, wie gesagt, alles in unserer Macht Stehende tun, um das zurzeit dort herrschende menschliche Elend zu lindern.

Ich bin sehr für den Beschluss, im Sudan 26 000 UN-Friedenssoldaten einzusetzen. Die Europäische Union muss sich an dieser friedenserhaltenden Truppe an vorderster Front beteiligen. Ich begrüße auch die heutige Entscheidung meiner eigenen Regierung, eine unverzügliche detaillierte Bewertung der möglichen künftigen Rolle irischer Friedenssoldaten bei UN- und EU-Missionen im Sudan, in der Zentralafrikanischen Republik und im Tschad vorzunehmen.

 
  
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  Michael Gahler (PPE-DE). – Frau Präsidentin! Die Situation im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik ist schwierig für die betroffenen Menschen, und ich unterstütze daher im Prinzip ein Engagement der EU zur Stabilisierung der Lage und zur Verbesserung der konkreten Lebensumstände der Betroffenen.

In seiner Stellungnahme vom 27. August hat der Präsident des Weltsicherheitsrates die Absichten der internationalen Gemeinschaft beschrieben, nämlich eine EU-Operation für zwölf Monate zu entsenden mit dem Ziel, die Zeit für eine UN-geführte Mission zu überbrücken. Deswegen gibt es seitens der EU auch eine klare Begrenzung des Einsatzes auf ein Jahr. Ich bin überzeugt, dass wir hierfür ein robustes Mandat brauchen, das heißt, uns nicht auf reine Selbstverteidigung zu begrenzen, sondern unsere Ziele, wenn erforderlich, auch gegenüber denjenigen durchzusetzen, die uns daran hindern wollen.

Der Text der gestrigen Resolution des Weltsicherheitsrates geht in diese Richtung: „Die Präsenz hat zum Ziel, zu einer Sicherheitslage beizutragen, die die freiwillige, sichere und dauerhafte Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen ermöglicht.“ Wir sind autorisiert, „alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen“.

Ich fordere den Rat auf, dafür zu sorgen, dass es sich bei diesen Truppen nicht nur um eine kosmetisch angereicherte französische Truppe handelt. Auch bei der Nationalität des Kommandeurs sollten die Befindlichkeiten vor Ort respektiert werden. Leider ist Frankreich in den Konflikten im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik bisher nicht neutral gewesen, sondern hat traditionell die Regierungsseite unterstützt. Die Kommando- und Einsatzsprache vor Ort sollte daher Englisch sein, dann verstehen die Menschen zumindest, dass es sich bei den Europäern offenbar um andere als die sonst üblichen handelt.

Wo ich gerade bei englischen Angelegenheiten bin: Dass Großbritannien verhindert hat, dass die EU-Kommandozentrale in Brüssel die Operation leitet, halte ich für äußerst kritikwürdig. Selbst nicht mitmachen, aber anderen die Nutzung der gemeinsamen Strukturen verweigern, das dürfen wir den Aussteigern künftig nicht mehr gestatten!

Was die Realisierbarkeit der Ziele betrifft, bleiben für mich Zweifel. Haben wir uns konkrete Zielvorgaben gesetzt? Wie viele der Binnenvertriebenen sollen am Ende des Jahres wieder zu Hause sein? Wie viele Darfur-Flüchtlinge wieder in Darfur? Es wäre zu wenig, nach einem Jahr den Staffelstab weiterzugeben und immer noch die gleiche Anzahl von Menschen in den Lagern zu haben.

Die Kosten sind ja auch beträchtlich – wie ich höre, allein 100 Millionen Euro für den Bau einer geeigneten Start- und Landebahn und für das Hauptquartier. Dazu kommen die laufenden Kosten für die Truppen. Kann der Rat Konkretes zum gesamten Finanzrahmen sagen?

Ein letzter, aber für mich entscheidender Punkt: Wir müssen vor der Dislozierung der Truppen von der Regierung des Tschad eine explizite Zusicherung haben, dass sie anschließend der Stationierung einer UN-geführten Truppe zustimmt – in welcher Zusammensetzung auch immer. Ich habe gehört, was der Kollege gesagt hat. Ich möchte das schriftlich in Form eines offiziellen Dokuments der Regierung des Tschad und nicht mündlich von dem Minister im Weltsicherheitsrat. Wenn ich diese Zusicherung habe, kann ich der Sache auch zustimmen. Andererseits stünden wir wirklich vor der Alternative, nach einem Jahr entweder zu verlängern oder abzuziehen und ein militärisches Vakuum zu hinterlassen, das binnen Kurzem zu einer identischen Situation wie im Augenblick führt. Dann hätten wir im wahrsten Sinne des Wortes Hunderte Millionen in den Sand gesetzt.

 
  
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  Alain Hutchinson (PSE). – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, Herr Ratspräsident! Ich freue mich, dass wir heute eine Entschließung über ein Thema beraten und verabschieden können, das meiner Meinung nach nicht genug Aufmerksamkeit findet, denn wir müssen in diesem Hause immer wieder daran erinnern, dass die Situation, die die Bevölkerung in den Grenzregionen von Sudan, Tschad und der Zentralafrikanischen Republik erleben, schlicht und einfach nicht hinnehmbar ist.

Was mich betrifft, so vergesse ich nicht und habe auch nicht die Absicht zu verschweigen, dass es sich dabei um eine der zahlreichen Konsequenzen des Völkermordes in Darfur handelt, der immer wieder verschleiert wurde. Die Darfur-Krise hat seit 2003 zweieinhalb Millionen Flüchtlinge, davon 125 000 im Tschad, und mehrere hunderttausend Tote verursacht.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt mussten im Übrigen die humanitären Teams der Vereinten Nationen und der NRO 31 Mal die Standorte ihrer Lager wechseln, um den Gewalttaten zu entgehen, was nicht verhindert hat, dass mehrere ihrer Mitarbeiter durch die sudanesische Polizei verhaftet wurden, dass zwölf humanitäre Mitarbeiter umgebracht wurden und fünf andere verschwunden sind.

Die Entschließung, die wir heute vorlegen, dient eindeutig dem Ziel, wirksam zu einer Bereinigung der Situation in den Grenzgebieten beizutragen. Diese Situation ist nicht hinnehmbar, ihr Ausmaß ist relativ, gemessen an dem der Katastrophe, die sich derzeit in dieser Region der Welt abspielt.

Diesbezüglich möchte ich daran erinnern, dass sich unsere Verantwortung nicht darauf beschränken kann, punktuelle und eng begrenzte, der Dringlichkeit der Konfliktsituationen geschuldete Interventionen zu unterstützen oder durchzuführen. Diese Verantwortung erfordert ein Handeln in dem breiteren Zusammenhang, in den diese Konflikte einzuordnen sind. Sie macht es auch erforderlich, bereits im Vorfeld tätig zu werden, mit anderen Worten alles zu tun, damit es gar nicht erst zu derartigen Konflikten kommt.

Mein zweiter Punkt betrifft die Situation der humanitären Organisationen in der Region. Das Vorgehen der bewaffneten Kräfte sowie die Rolle der humanitären Organisationen in Konfliktsituationen haben sich weiterentwickelt, was bewirkt, dass die Grenze zwischen diesen beiden Parteien mehr und mehr verschwimmt.

Da diese mangelnde Trennung zwischen militärischem und humanitärem Personal sich nachteilig auf die Aufgaben auswirkt, die in Konfliktsituationen traditionell den humanitären Organisationen zufallen, ist damit sogar das Überleben der humanitären Mitarbeiter und mit ihnen der gesamten Bevölkerung, der deren Wirken zugute kommen soll, gefährdet.

Daher ist es von größter Wichtigkeit, dass unsere Streitkräfte in keiner Weise in die Aufgaben einbezogen werden, die die humanitären Organisationen in der Region wahrnehmen. Ich freue mich, dass diese wichtige Erwägung für die Zukunft unserer Entwicklungspolitik in dieser Region und anderswo in der Welt in dem uns heute vorgelegten Text Erwähnung findet.

 
  
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  Colm Burke (PPE-DE).(EN) Frau Präsidentin! Ich spreche mich nachdrücklich für die Entsendung einer ESVP-Mission in das Grenzgebiet Tschad/Darfur aus und begrüße es, dass wir heute Gelegenheit nehmen, um diesen Vorschlag zu diskutieren.

Der Konflikt in Darfur hat schwerwiegende grenzübergreifende Folgen für die Nachbarstaaten Tschad und Zentralafrikanische Republik, mit einem gewaltigen Flüchtlingsstrom und Tausenden von Binnenvertriebenen.

Nach Ansicht eines hochrangigen Experten ist diese Mission trotz einiger erheblicher Herausforderungen im operationellen und Sicherheitsbereich machbar. Die Infrastruktur in diesem Gebiet ist schlecht, es besteht weiterhin Wassermangel, und die Logistiklinien gestalten sich schwierig. Einer solchen Mission drohen auch Gefahren seitens der Rebellengruppen, die der Regierung Widerstand leisten, aber eine vor kurzem in dieser Region durchgeführte gründliche Analyse legt nahe, dass alle diese Herausforderungen überwindbar sind.

Es besteht also kein Grund, den Einsatz noch weiter hinauszuschieben. Wir besitzen die militärische Kapazität; was wir jetzt brauchen, ist der politische Wille.

Ich rufe die irischen Truppen auf, sich an dieser ESVP-Mission zu beteiligen. In dieser internationalen Krisenregion besteht, so scheint es, eine echte Dringlichkeit, und Irland könnte sich an dem ehrenhaften europäischen Bemühen beteiligen, in diesem Grenzgebiet Stabilität herbeizuführen.

Für diese Operation könnten Teile der Nordic Battle Groups abgezogen werden. Wie diese Battle Groups soll auch diese ESVP-Mission eine Brückenfunktion haben. Alternativ könnten auch zurzeit im Libanon befindliche irische Soldaten zu dieser Mission stoßen.

Diese Streitkräfte haben viele löbliche Ziele. Sie würden die Sicherheitslage in dieser Region verbessern, ehe es zu einem weiteren Einsatz der UN/AU-Mission in Darfur kommt. Sie wären auch eine Unterstützung für Hilfsorganisationen, denn sie würden bislang versperrte humanitäre Korridore öffnen. Drittens würden sie schließlich die Rückkehr sudanesischer Flüchtlinge ermöglichen.

Meiner Ansicht nach sollte diese Mission ein robustes, die Anwendung von Gewalt nicht ausschließendes Mandat gemäß Kapitel VII der UN-Charta haben, das ihr erforderlichenfalls eine abschreckende Wirkung verleiht, vor allem im Fall von Übergriffen gegen Zivilisten, Lager, Dörfer, humanitäres Personal und UN-Polizisten sowie zum Zweck der Selbstverteidigung.

Die Regenzeit geht zu Ende. Die Zahl von Angriffen auf Flüchtlingslager wird wahrscheinlich zunehmen, denn die Milizen und die Rebellengruppen werden jetzt, da die Regenfälle nachgelassen haben, mobiler werden. Jetzt ist es an der Zeit, dass die Vereinten Nationen handeln. Untätigkeit kostet Menschenleben. Die EU ist für diese Mission die am meisten akzeptierte Organisation, und sie ist aus mehreren Gründen, für diese Aufgabe gut gerüstet.

Ich fordere den Rat auf, unverzüglich eine gemeinschaftliche Aktion zu beschließen und die letzten Etappen einzuleiten, so dass wir den Zeitpunkt nicht verpassen, um EU-Truppen dorthin zu bringen, wo sie dringend gebraucht werden.

 
  
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  Geoffrey Van Orden (PPE-DE). (EN) Frau Präsidentin! Nun, in diesem Hohen Haus scheinen sich heute Nachmittag viele Möchtegern-Generäle zu befinden! Die desolate humanitäre Situation und Sicherheitslage in Darfur und den angrenzenden Regionen im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik schreien gewiss nach internationaler Aktion, aber ich muss sagen, das ist eine andere Sache, nicht das Problem, das uns heute beschäftigt. Heute geht es wirklich um die ESVP-Mission, wie wir von so vielen Rednern gehört haben.

Seit langem wende ich mich gegen die Vergeudung von Ressourcen, gegen Doppelarbeit, gegen getrenntes Vorgehen, ja gegen die pure Doppelzüngigkeit bei den Bemühungen der EU um die Entwicklung eines militärischen Potenzials. Es gibt keine EU-Streitkräfte, Herr Ryan. Unsere Länder haben Streitkräfte, und es bestehen bereits bewährte Strukturen zur Organisation einer internationalen militärischen Intervention in diesen wenigen Staaten, die schlagfähige Streitkräfte und das Potenzial für eine Expedition besitzen. Das vollzieht sich in erster Linie über die NATO und die UNO. Die EU-Institutionen können in militärischen Angelegenheiten nur wenig beitragen.

Natürlich sind die Motive der ESVP-Enthusiasten im Wesentlichen politischer Natur. Jemand sagte sogar, man sollte den Tschad als eine politische Chance betrachten. Die EU hat sich den Vereinten Nationen selbst angeboten; nicht die UNO hat die EU eingeladen. Die EU ist besonders scharf darauf, einer weiteren militärischen Operation ihren Stempel aufzudrücken, aber das nationale Militär – und das überrascht nicht – teilt nicht die Begeisterung der Eurokraten. Angesichts der langen Verbindungsleitungen, über tausend Meilen bis zum nächsten Seehafen, des Wassermangels und der schlechten Infrastruktur sowie eines Widerstrebens, offensive Militäroperationen gegen Rebellengruppen zu führen, steht die Tschad-Mission in jeder Hinsicht auf wackligen Beinen. Großbritannien, Deutschland und Italien haben bereits verlauten lassen, dass sie keine Soldaten entsenden werden.

Was sollen diese Truppen machen? Gewiss nicht gegen bewaffnete feindliche Elemente vorgehen, die in diesem riesigen Gebiet Afrikas ein Chaos angerichtet haben. Also wird ein großer Teil der Anstrengungen zweifellos darauf verwendet werden, in einer sehr schwierigen logistischen Lage sich selbst zu schützen und zu unterhalten. Wir müssen wirklich aufhören, damit zu spielen und die menschliche Tragödie als politische Chance zu sehen.

 
  
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  Manuel Lobo Antunes, amtierender Ratspräsident. − (PT) Ich möchte kurz hervorheben, dass der Vorschlag, eine Truppe im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in den Tschad und die Zentralafrikanische Republik zu entsenden, von einer überwältigenden Mehrheit der Abgeordneten, die sich zu dem Thema geäußert haben, unterstützt wird. Wie Sie wissen und heute bereits mehrfach gesagt wurde, hat der Sicherheitsrat inzwischen – meines Wissens gestern – der Europäischen Union gestattet, mit der Operation zu beginnen. Wie bereits erwähnt, war die Zustimmung für die EU von grundlegender Wichtigkeit, damit die Operation auf den Weg gebracht werden kann. Alle militärischen Vorbereitungen und Planungen, eigentlich die gesamte Sache, kann nun starten. Zu einem späteren Zeitpunkt wird der Rat natürlich eine Stellungnahme zu dieser Thematik in Form einer gemeinsamen Aktion abgeben.

Durch ihr Engagement für diesen Prozess kann die Europäische Union jetzt wie vorgesehen von reinen Absichtserklärungen und Versprechungen zu praktischen Schritten und Maßnahmen übergehen. Dies entspricht den Verlautbarungen und Verpflichtungen der EU, dem zugesagten Engagement für Afrika und die Afrikanerinnen und Afrikaner. Wir müssen Afrika und den afrikanischen Völkern im Rahmen einer engen und uneingeschränkten Partnerschaft helfen, damit sie in der Lage sind, Frieden zu schaffen, wo Konflikte herrschen, Fortschritte zu erzielen, wo die Armut regiert, für Gesundheit und Bildung zu sorgen, wo Krankheiten grassieren und etwas zu schaffen, wo nichts oder sehr wenig existiert. Auf diese Weise gewährleisten wir, dass unsere Wertvorstellungen und Grundsätze auch in unserer Außenpolitik geachtet werden. Darum begrüßt der portugiesische Vorsitz die neusten Entwicklungen und nimmt die große Unterstützung für die Operation durch zahlreiche Abgeordnete, die sich im Rahmen der Aussprache herauskristallisiert hat, gebührend zur Kenntnis.

 
  
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  Die Präsidentin. – Zum Abschluss der Aussprache wurden gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung fünf Entschließungsanträge eingereicht(1).

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag, dem 27.09.2007, statt.

 
  

(1) Siehe Protokoll.

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