Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Tomáš Zatloukal im Namen des Ausschusses für Kultur und Bildung über Effizienz und Gerechtigkeit in den europäischen Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung (2007/2113(INI)) (A6-0326/2007).
Tomáš Zatloukal, Berichterstatter. – (CS) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren.! Vor der Europäischen Union stehen eine Reihe von eng miteinander verbundenen sozioökonomischen Herausforderungen: die Herausbildung äußerst wettbewerbsfähiger Länder, die Alterung der Bevölkerung, die Migration, eine sich schnell verändernde Arbeitsmarktstruktur sowie florierende Informations- und Kommunikationstechnologien. Menschen mit geringen Qualifikationen droht immer mehr die Gefahr der Arbeitslosigkeit und der sozialen Ausgrenzung.
Gerechte Systeme gewährleisten, dass allgemeine und berufliche Bildung nicht vom sozioökonomischen Hintergrund und anderen benachteiligenden Faktoren abhängen.
Die Hauptaufgabe besteht darin, die Einbindung von Schülern, Studenten und Erwachsenen aus allen sozialen Gruppen zu fördern, doch die gegenwärtige Situation ist in dieser Hinsicht besonders unbefriedigend.
Der Bericht, den ich diesem Parlament vorlege, fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ab dem Vorschulalter gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um die soziale Vielschichtigkeit von Klassen und Einrichtungen zu gewährleisten und qualitativ hochwertige Bildungsprogramme aufzulegen. Fertigkeiten, die angeboren sind bzw. in jungen Jahren erworben werden, bilden die Grundlage für das Lernen im späteren Leben. Der Investitionsgewinn ist in dieser Zeit am höchsten, weil diese Investitionen ein Leben lang halten. Ich möchte unterstreichen, dass sich eine vorzeitige Kategorisierung der Schüler auf der Ebene der Primarschulbildung nachteilig auswirkt. Stattdessen erachte ich es für notwendig, die Lehrpläne so anzupassen, dass sie für unterschiedliche Gruppen von Kindern und ihre Fähigkeiten innerhalb einer Schule geeignet sind.
Andererseits ist die Differenzierung und Schaffung einer flexiblen Auswahl von Ausbildungsmöglichkeiten im Sekundarschulbereich äußerst effektiv. Bezüglich der Berufsausbildung würde ich vorschlagen, den Zugang zur Hochschulausbildung zu verbessern und die Möglichkeiten für das lebenslange Lernen zu erweitern.
Hochschulbildung ist unerlässlich für den Erfolg einer wissensbasierten Wirtschaft. Sie würde davon profitieren, wenn mehr Mittel als gegenwärtig zur Verfügung gestellt würden. Im Bericht heißt es, dass kostenlose Hochschulbildung nicht automatisch auch gerecht ist, und er fordert eine Analyse des Komplexes finanzieller Anreize und Fördermaßnahmen, die die Zugangsmöglichkeiten benachteiligter Gruppen zu den Hochschulen verbessern können.
Bildung hat Auswirkungen auf die Wirtschaft: Sie erhöht das Angebot an Humankapital und innovativen Kompetenzen und ermöglicht die Verbreitung von Technologie. Jedes zusätzliche Schuljahr erhöht im Durchschnitt die Produktivität in einem Mitgliedstaat um 6,2 % und wegen seiner positiven Auswirkungen auf eine schnellere technologische Entwicklung langfristig um weitere 3,1 %. Die Erhöhung der Effizienz der allgemeinen und beruflichen Bildung kommt dem Einzelnen und der Gesellschaft zugute, da der Investitionsgewinn jährlich bis zu 8 % beträgt. Ein weiterer Vorteil besteht im Abbau der Arbeitslosigkeit: Gegenwärtig liegt die durchschnittliche Arbeitslosenquote von Personen mit abgeschlossener Primär- und Sekundarbildung in der EU bei 12,6 %. Bei Hochschulabgängern beträgt sie hingegen nur 5 %. Eine neuere Untersuchung hat ergeben, dass in der EU bei 75 Millionen Bürgerinnen und Bürgern (also bei 32 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) Bildungsdefizite bestehen. Im Jahr 2010 werden für diese Gruppe lediglich 15 % der neuen Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Die Mehrheit dieser Personen gehört darüber hinaus sozial benachteiligten Gruppen an.
Politische Maßnahmen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung müssen sich äußerst positiv auf Wirtschaft und Sozialsysteme sowie nachhaltige Entwicklung und sozialen Zusammenhalt auswirken, während Effizienzdefizite und Ungleichbehandlungen mit erheblichen Kosten verbunden sind: fehlende Steuereinnahmen, Arbeitslosigkeit, verstärkte Notwendigkeit der Inanspruchnahme des Gesundheitssystems und der Unterstützung mit öffentlichen Mitteln sowie Ausgaben infolge einer Zunahme von gesellschaftlich schädlichen Verhaltensweisen.
Allgemeine und berufliche Bildung sind die Grundlage für langfristiges Wirtschaftswachstum, Wettbewerbsfähigkeit und sozialen Zusammenhalt in Europa.
Gestatten Sie mir abschließend, all meinen Kollegen zu danken, die mit mir diesen Bericht erarbeitet haben.
VORSITZ: DIANA WALLIS Vizepräsidentin
Ján Figeľ, Mitglied der Kommission. − (EN) Frau Präsidentin! Ich begrüße aufrichtig diese Initiative des Parlaments, die Botschaft unserer Mitteilung, die wir im vergangenen Jahr zu diesem Thema angenommen haben, weiterzutragen.
Ich habe Ihren Bericht mit großem Interesse gelesen, und ich habe jetzt auch Herrn Zatloukal zugehört, dem ich herzlich gratulieren möchte, denn ich denke und fühle, wir sind Partner in dieser Frage, in dieser Aussprache und in den Bemühungen um die Verbesserung der Lage.
Wir könnten jetzt eine Beschreibung sozioökonomischer Herausforderungen hören, vor denen wir als Einzelpersonen, als Kollektiv, also gemeinsam, stehen, aber auch von der Wichtigkeit der Investition – von besserer Investition, von mehr Investition – in Maßnahmen auf dem Gebiet allgemeiner und beruflicher Bildung. Ich denke, die Politik auf dem Gebiet allgemeiner und beruflicher Bildung liegt im Zentrum unserer Anstrengungen für die Schaffung einer europäischen Gesellschaft mit größerem Wohlstand und stärkerem Zusammenhalt.
Alle europäischen Bildungssysteme sind von Ungerechtigkeiten gekennzeichnet, die sozioökonomische Ungleichheiten widerspiegeln. Die paradoxe Rolle allgemeiner und beruflicher Bildung im Zusammenhang mit diesen Ungleichheiten besteht darin, dass sie oft zu ihrem Fortbestand beitragen. Aber sie sind mitunter das einzige Mittel, mit dem Ungleichheiten verringert werden können.
Überall in Europa wird der Prozess der Modernisierung der Systeme allgemeiner und beruflicher Bildung weitgehend durch das Streben nach höherer Effizienz im Kosten-Nutzen-Verhältnis vorangetrieben. Das ist meines Erachtens natürlich auch wirklich anzustreben, aber oft wird irrigerweise angenommen, Effizienz und Gerechtigkeit würden einander ausschließen.
Im Rahmen unserer Verpflichtung, den Mitgliedstaaten bei der Verbesserung ihrer Systeme auf dem Gebiet allgemeiner und beruflicher Bildung zu helfen, wurde in der Mitteilung der Kommission nachgewiesen, dass Effizienz und Gerechtigkeit nicht zu Lasten der jeweils anderen Seite, zu Lasten der Qualität gingen. Effizienz und Gerechtigkeit fördern in Wahrheit einander. Ich meine, das ist die wichtigste Botschaft aus der gesamten Mitteilung.
Ihr Bericht unterstreicht nachdrücklich das Erfordernis, dass die europäischen Systeme auf dem Gebiet allgemeiner und beruflicher Bildung sowohl effizient als auch gerecht zu sein haben, wenn sie uns dabei helfen sollen, nicht nur Wirtschaftswachstum, sondern auch sozialen Zusammenhalt zu erreichen.
Mit besonderer Freude nehme ich zur Kenntnis, dass Sie die Notwendigkeit hervorheben, eine effiziente und gerechte Politik für das Kontinuum des lebenslangen Lernens zu konzipieren und frühzeitig in die Bildung zu investieren, denn die Investition in qualitative hochwertige Bildung und Betreuung in der frühen Kindheit und im Vorschulalter erweist sich als der wirksamste Weg, um den Kreislauf der Benachteilung zu durchbrechen.
Mit Freude nehme ich auch zur Kenntnis, dass Sie unsere Botschaft bestätigen, eine frühzeitige Benotung von Schülern habe negative Auswirkungen auf Effizienz und Gerechtigkeit. Und natürlich legen Sie großes Gewicht auf die Notwendigkeit, eine Kultur der Bewertung zu entwickeln, um wirksame langfristige Strategien und auf soliden Erkenntnissen beruhende Maßnahmen ausarbeiten zu können.
Ihre Initiative führt uns näher an die Entwicklung von Strategien des lebenslangen Lernens heran, mit denen Gleichheit, gesellschaftliche Integration und sozialer Zusammenhalt gefördert werden. Bei unseren nächsten Initiativen auf dem Gebiet allgemeiner und beruflicher Bildung werden wir das umfassend berücksichtigen, vor allem im Vorschlag für den Gemeinsamen Bericht 2008 über die Umsetzung unseres Arbeitsprogramms und unsere Gedanken für die Zukunft sowie im Grünbuch über die Beziehungen zwischen Bildung und Migration, in dem Ungleichheiten ein zentrales Thema bilden werden. Wir hoffen, diese Mitteilung im kommenden Frühjahr vorlegen zu können.
Christa Prets (PSE), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. – Frau Präsidentin! Es stellt sich die Frage: Warum reden wir von Gleichheit oder Ungleichheit, wenn mehr Frauen Hochschulabsolventinnen sind als Männer? Das heißt, wir haben die gleichen Chancen, wir nutzen sie auch, nur bei dem, was danach kommt, ist die Chancengleichheit nicht mehr gewährleistet. In der Weiterbildung, in der Ausnutzung des erworbenen Wissens sind die Frauen nach wie vor benachteiligt, und daher gibt es auch noch keine Gleichheit in den Bildungs-, Ausbildungs- und Weiterbildungssystemen.
Daher ist es auch notwendig, dass wir Rücksicht auf Frauen nehmen, die zum Beispiel während ihres Studiums schon Mütter sind, dass wir hier besondere Flexibilität einfordern, dass wir Frauen in ländlichen abgelegenen Regionen und Frauen aus besonders gefährdeten Gruppen wie zum Beispiel Migrantinnen oder Angehörige ethnischer Minderheiten besonders unterstützen und fördern, denn hier gibt es große Ungereimtheiten und Ungleichheiten. Das muss bereits im Vorschul- und im Schulalter beginnen und sich dann fortsetzen bis zur Berufsausbildung.
Alles Weitere darf ich Ihnen dann nachher nach einer kurzen Unterbrechung sagen.
Pál Schmitt, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (HU) Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich werde auf Ungarisch sprechen. Herr Kommissar! In der vergangenen Woche habe ich als Vertreter des Ausschusses für Kultur und Bildung an einer Konferenz mit dem Titel „Young Voices – Meeting Diversity in Education“ in Lissabon teilgenommen, die vom portugiesischen Vorsitz veranstaltet wurde.
Es war ein sehr bewegendes Erlebnis, von den schulischen Erfahrungen von Jugendlichen zu hören, die mit verschiedenen Körper- und Lernbehinderungen leben. Ein roter Faden zog sich durch alle ihre Geschichten: Alle sagten, sie hätten das Gefühl, wenn sie neben ihren nicht behinderten Klassenkameraden an Schulaktivitäten teilnehmen könnten, dann würde man sie nicht nach ihren Behinderungen beurteilen, sondern entsprechend ihrer Fähigkeiten und Persönlichkeiten.
Die Integration von Kindern mit einer Behinderung in das allgemeine Bildungssystem ist auch von herausragender Bedeutung, um zu gewährleisten, dass die Gesellschaft sie akzeptiert und später als Erwachsene leichter eingliedert. Wenn nicht behinderte Kinder von klein auf daran gewöhnt sind, mit Kindern mit einer Behinderung zu spielen, und gelernt haben, die als gleichwertig zu respektieren und ihnen vielleicht zu helfen, dann besteht eine gute Chance, dass sie als erwachsene Menschen ein besseres Verständnis und mehr Einfühlungsvermögen für benachteiligte Menschen aufbringen.
Der vorliegende Bericht beschäftigt sich intensiv mit Integrationsfragen im Hinblick auf soziale Unterschiede. Ich bin überzeugt davon, dass es analog zu dem oben genannten Beispiel auch für sozial benachteiligte Kinder wichtig ist, gemeinsam mit anderen Kindern Zugangsmöglichkeiten zu den verschiedenen Stufen des Bildungssystems zu haben.
Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es zweierlei. Einerseits technischen Fortschritt und Barrierefreiheit, aber in diesem Punkt hinken die mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten weit hinterher. So sind Schulen, die Schulumgebung, Verkehrsmittel, selbst Krankenhäuser, andere Institutionen und öffentliche Einrichtungen beispielsweise für Rollstuhlfahrer unzugänglich. Andererseits – und dies wird mehr Zeit in Anspruch nehmen – bedarf es eines Gesinnungswandels seitens der Entscheidungsträger, damit sie erkennen, dass integrative Bildung den ersten grundlegenden Schritt auf dem Weg zu sozialer Akzeptanz und Integration darstellt.
Abschließend möchte ich darauf verweisen, dass auch Sport ein wichtiges Instrument für Erziehung und Bildung und soziale Gleichstellung darstellt, weil soziale und gesellschaftliche Unterschiede beim Sport in den Hintergrund treten, denn hier zählen nur Talent, Entschlossenheit und Einsatz. Sportunterricht in Schulen und sportliche Betätigung tragen in großem Maße zur Stärkung fundamentaler sozialer Werte wie Solidarität und Achtung der Würde anderer bei.
Aus diesem Grund ist es meines Erachtens wichtig, im Rahmen der Aussprache über die Qualität, Effizienz und Gerechtigkeit der allgemeinen und beruflichen Bildung auch auf die Bedeutung des Sportunterrichts und seine Qualität und Wirksamkeit sowie die damit verbundene Gerechtigkeit hinzuweisen. Außerdem muss dafür gesorgt werden, dass der integrativen Erziehung und Bildung in dieser Hinsicht eine herausragende Rolle zukommt. Ich danke dem Berichterstatter und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Christa Prets, im Namen der PSE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Das Recht auf uneingeschränkte Bildung, das heißt das Recht auf Zugang zu Bildung, ist in der Grundrechtecharta verankert und ist trotzdem nicht realisiert und mangelhaft.
Beträchtliche Leistungsunterschiede zwischen Bildungssystemen innerhalb der Europäischen Union führen auch zu unterschiedlicher wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung. Die Bildungssysteme müssen effizient, gerecht und vor allen Dingen allen frei zugänglich sein. Die Effizienz muss bereits in der Vorschule, in der Schule und auch im Berufsschulsystem gefördert und hervorgehoben werden.
Es ist ganz wichtig, dass sich auch die Hochschulen an eine gewisse Flexibilität gewöhnen, um ganz schnell auf wirtschaftliche und soziale Veränderungen reagieren zu können, denn nur so kann auch ein Wettbewerbsvorteil geschaffen werden. Vielseitigkeit, Qualität und Kooperation mit der Privatwirtschaft und die Förderung von Forschung und Entwicklung sind notwendig. Aber es kann auch nicht sein, dass wir nur ausbilden, um für die Wirtschaft gut qualifizierte Menschen zu haben. Bildung ist eine persönliche Bereicherung und die Voraussetzung dafür, dass wir in einem sozialen Zusammenhalt leben können. Sie bedeutet eine Steigerung der Persönlichkeit und des persönlichen Wertgefühls. Das ist mindestens ebenso wichtig wie die fachliche, berufliche und die wirtschaftliche Ausbildung.
Worauf wir hinarbeiten müssen, ist, dass die Lehrerinnen und Lehrer wie alle Ausbildenden eine qualitativ hochwertige Ausbildung bekommen und vor allen Dingen auch Aufstiegschancen und Veränderungsmöglichkeiten haben, denn auch hier fährt man jahrzehntelang auf einem Gleis. Das kann es nicht sein!
Es wäre zu einfach, zu sagen, dass Bildungspolitik nur Sache der Mitgliedstaaten sein sollte. Das stimmt nur zum Teil. Ein europäischer Bildungsraum, der ein gemeinsames Ziel hat, nämlich das Lissabon-Ziel zu verfolgen, braucht auch ein gemeinsames Vorgehen, um Effizienz und Gleichheit zu erreichen.
Jolanta Dičkutė, im Namen der ALDE-Fraktion. – (LT) Meine Damen und Herren! Das Lernen ist ein untrennbarer Aspekt der europäischen sozialen Dimension, weil darin die Bedeutung von Solidarität, Chancengleichheit und sozialer Eingliederung zum Ausdruck kommt. Alle Bürger müssen das Wissen und die Fähigkeiten erwerben, die sie brauchen, und diese ständig auffrischen. Darüber hinaus müssen die besonderen Bedürfnisse von Menschen am Rand der Gesellschaft berücksichtigt werden.
Die Europäische Union reguliert die Einrichtung der einzelstaatlichen Bildungssysteme nicht direkt, hat aber beträchtlichen Einfluss auf deren Entwicklung: erstens durch die gemeinsamen Ziele der EU, zweitens durch die Überwachung festgelegter europäischer Leitlinien und Berichte über die Entwicklung der Bildungssysteme, die die Mitgliedstaaten vorlegen, und drittens durch Bildungs- und Ausbildungsprogramme, die von der EU finanziert werden.
Ich begrüße die Empfehlungen der Europäischen Kommission, Investitionen in Humanressourcen zu einer Priorität der Strukturfonds zu machen. Die EU muss für jedes EU-Land die grundlegenden Voraussetzungen schaffen, das ein effektives europäisches System für die allgemeine und berufliche Ausbildung schaffen will, um dringende Probleme zu lösen. So stellt die Gewalt in Schulen beispielsweise in Litauen heute eines der größten Probleme dar. Um diese zu bekämpfen, sind bereits verschiedene Präventionsprogramme ins Leben gerufen worden, die auf nationaler Ebene umgesetzt werden müssen. Ein anderes Problem stellt die Suche nach Methoden dar, um die Qualität der höheren Bildung zu verbessern, damit gewährleistet wird, dass das Bildungsniveau der Universitäten unseres Landes sich mit dem der besten Universitäten Westeuropas messen kann.
Das litauische Bildungssystem ist noch von weiteren Problemen gekennzeichnet. Dazu gehören niedrige Gehälter für Lehrkräfte aller Fächer, was zu einem unvermeidlichen Lehrermangel führt. Uns fehlen ausreichende Mittel, um Turnhallen und Sportplätze instand zu setzen. Meiner Überzeugung nach ist die Verbesserung der Sportinfrastruktur nicht nur entscheidend, um Schulkinder zu ermuntern, Sport zu betreiben, sondern auch, um zu verhindern, dass sie Drogen nehmen, Alkohol konsumieren und rauchen. Eine weitere gravierende Problematik bildet die Generation junger Emigranten, die nach Hause zurückkehren. Für sie sind zusätzliche Mittel und Lehrer für Nachhilfe und Spezialprogramme erforderlich.
Ich bin nur auf einige wenige Problemstellungen eingegangen, die ohne Frage auch in anderen neuen EU-Mitgliedstaaten eine Rolle spielen. Ich schließe mich ganz dem Redner an, der meinte, die gegenwärtige Situation sei unbefriedigend. Eine realistische Beurteilung und aktive Förderung unterschiedlicher Bildungssysteme, die den gemeinsamen europäischen Zielen und Normen entsprechen, sollte die heutige Zielsetzung der Europäischen Union sein.
Zdzisław Zbigniew Podkański, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Es gibt ein polnisches Sprichwort, das da heißt, was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Es erinnert uns daran, dass die Erziehung von Kindern die beste aller Investitionen ist. Der Berichterstatter schlägt daher zu Recht eine Aufstockung der Ressourcen für die Vorschulbildung vor, weil soziale Integration hier beginnt. Dadurch wird die Persönlichkeitsentwicklung unterstützt und das Kind auf seine Aufgaben im Leben vorbereitet. Eingliederung sollte auch in späteren Lebensphasen gefördert werden. Der Berichterstatter benennt darum auch zu Recht das Problem der Einteilung der Schüler in Kategorien und die Tatsache, dass es ratsam ist, eine Differenzierung erst auf dem unteren Sekundarniveau vorzunehmen und die Schulzeit zu verlängern.
Richtigerweise wird im Entschließungsentwurf klar die Notwendigkeit herausgestellt, Politiken zu beruflicher Bildung und Ausbildung mit der Beschäftigungspolitik, der Wirtschaft, sozialer Eingliederung, der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der höheren Bildung und der Gewährleistung des gleichberechtigten Zugangs zu Bildung zu verknüpfen.
Der dringendste Grund für die Verabschiedung dieser Bildungsmaßnahmen ist der Fakt, dass 75 Millionen Unionsbürger, d. h. 32 % der arbeitenden Bevölkerung, unzureichend ausgebildet sind, was ernsthafte Auswirkungen auf ihre Effizienz im Beruf, die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaften und die soziale Lage hat. Die Zeit ist reif für Veränderung.
Věra Flasarová, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (CS) Meine Damen und Herren! Ein gerechtes und effizientes System muss allen den Zugang zu Bildung gewährleisten.
Der Berichterstatter erklärt, dass wir die Vorschulbildung verbessern müssen, denn da werden die Gewohnheiten und Fähigkeiten für den weiteren Bildungsweg entwickelt. Er fordert die Mitgliedstaaten auf, die Mittel für die Vorschulbildung aufzustocken. Doch wie sieht die Realität aus?
In fast allen EU-Ländern wurden in den letzten Jahren Vorschuleinrichtungen geschlossen. Die ungünstige demografische Entwicklungstendenz ist nicht der einzig Grund dafür. Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter ist in dieser Hinsicht auch unserer Meinung, und die Situation in der Tschechischen Republik unterscheidet sich da keinesfalls. Vorschuleinrichtungen werden geschlossen, weil sie teuer sind. Auf diese Weise versuchen Städte und Dörfer, im Großen und Ganzen ihren Haushaltsplan einzuhalten. Vorschuleinrichtungen in Unternehmen gibt es praktisch nicht mehr. Die Wartezeiten für die Unterbringung eines Kindes in solchen Einrichtungen werden immer länger. Immer mehr private Einrichtungen, die ein hohes Niveau aufweisen, treten in Erscheinung: Sie bieten Fremdsprachenunterricht und andere Vergünstigungen an, doch nur reiche Familien können sich das leisten. Vorschulerziehung hatte in der Vergangenheit in der Tschechischen Republik ein hohes Niveau, und das ist auch heute noch der Fall, obgleich auch hier bereits eine gewisse Ungleichheit besteht.
Ziffer 31 des Berichts, in der es heißt, dass kostenlose Hochschulbildung nicht unbedingt Gerechtigkeit garantiert, kann ich nicht zustimmen. Wenn junge Menschen Studentendarlehen erhalten und diese später zurückzahlen, dann hat das ernstere Folgen für die ärmeren Studenten als für die reicheren; das kann sich durchaus auf die Psyche junger Menschen auswirken, die ihr Leben mit Schulden beginnen.
Europa erlebt gegenwärtig eine Einwanderungswelle. Darunter sind viele Kinder oder Studenten. Diese Menschen verfügen über ein großes Potenzial, das der Union in ihrer zukünftigen Entwicklung helfen kann. Sie stehen an einer imaginären Startlinie, und wir sollten ihnen ermöglichen, erfolgreich am Bildungssystem teilzunehmen. In diesem Zusammenhang ist es schwer, die seit Januar 2005 in der Tschechischen Republik geltenden Rechtsvorschriften für die Schulen zu verstehen, die regeln, in welchem Umfang Ausländern mit unbefristeter Aufenthaltserlaubnis bzw. mit einem Visum für einen langfristigen oder kurzfristigen Aufenthalt, Flüchtlingen oder Asylbewerbern oder auch Personen unter vorübergehendem Schutz Bildung gewährt werden darf. Eine bürokratische Entscheidung zieht eine Grenze zwischen Kindern, die zur Schule gehen müssen, und solchen, von denen das nicht verlangt wird. Alles hängt davon ab, wie schnell der fraglichen Person der entsprechende Status zuerkannt wird. Ihre Ankunft ist ohnehin dramatisch genug. Wir müssen alles in unseren Kräften Stehende tun, um ihren Eintritt in unsere Union leichter zu gestalten. Wir wollen nicht, dass junge Menschen in verschiedene unerwünschte gesellschaftliche Aktivitäten hineingezogen werden.
Ovidiu Victor Ganţ (PPE-DE). – (RO) Frau Präsidentin! Herr Kommissar! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich gratuliere Herrn Zatloukal zu seinem Bericht, den ich für sehr gut halte, weil es darin um eines der wichtigsten und sensibelsten Kapitel unseres Lebens geht, nämlich die Bildung.
Des Weiteren möchte ich auf drei Aspekte des Berichts verweisen: Ich habe eine intensivere Förderung der Exzellenzprogramme an den Hochschulen sowohl auf einzelstaatlicher als auch EU-Ebene im Rahmen ihrer Zuständigkeiten gefordert. Wenn der Vertrag von Lissabon von Erfolg gekrönt sein soll und man die Unterschiede zu anderen globalen Akteuren verringern will, ist dies unumgänglich. Der Fachkräftemangel ist in Europa überall spürbar, aber aufgrund der Abwanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte macht er sich in den neuen Mitgliedstaaten besonders akut bemerkbar.
Gleichzeitig bin ich überzeugt davon, dass die Erhöhung der Bildungseffizienz eng mit der Mehrsprachigkeit verbunden ist. Vor dem Hintergrund der Freizügigkeit der EU-Bürger verlangt die Anpassung an Markterfordernisse Fremdsprachenkenntnisse. Darüber hinaus ermöglicht die mehrsprachige Erziehung und Bildung den Schüler- und Studentenaustausch.
Was die Gerechtigkeit der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung betrifft, sollten die Mitgliedstaaten meines Erachtens die notwendigen Mittel finden, um die Zugangsmöglichkeiten zu Bildung und Ausbildung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu verbessern. Subventionierte Stellen sollten als Unterstützung für benachteiligte soziale Gruppen zum Zwecke der Eindämmung des Analphabetismus, für die soziale Wiedereingliederung, die bessere Anpassung an die Erfordernisse des Arbeitsmarktes und den Abbau der Arbeitslosigkeit dienen. Auf diese Weise ließe sich die Zahl der benötigten Arbeitskräfte aus Drittstaaten senken. Humankapital gibt es reichlich, allerdings ist es nicht qualifiziert und ineffizient verwaltet.
Maria Badia i Cutchet (PSE). – (ES) Frau Präsidentin! Die 2005 vorgenommene Überprüfung der Ziele von Lissabon machte erneut deutlich, wie wichtig es ist, Erziehung und Bildung in den Mittelpunkt der künftigen EU-Strategie zu stellen.
Es ist offensichtlich und wurde auch durch die Eurostat-Daten bestätigt, dass wir die ehrgeizigen Ziele verfehlen, die wir uns für 2015 im Hochschulbereich gesetzt haben: Investitionen in FuE, Modernisierung von Universitäten, Senkung der Zahl der Studien- und Schulabbrecher, eine höhere Beteiligung von Erwachsenen am lebenslangen Lernen und einen wachsenden Anteil von Menschen mit abgeschlossener Sekundärbildung.
Durch diese Verzögerung bleiben wir hinter unseren internationalen Partnern, den USA, Indien und Japan, zurück. Zudem besteht zwischen den europäischen Staaten eine große Diskrepanz auf diesem Gebiet.
Effiziente und effektive Fortschritte in den Bildungssystemen unserer Mitgliedstaaten zu erzielen ist nicht nur für den internationalen Wettbewerb und das Wirtschaftswachstum von Bedeutung, sondern stellt auch eine wesentliche Komponente des Fortschritts auf dem Gebiet des sozialen Zusammenhalts in unseren Gesellschaften dar.
Investitionen in die Vorschul-, Primär- und Sekundärbildung sind eine grundlegende Voraussetzung für die Minimierung der Gefahr der sozialen Ausgrenzung und für die Sicherung höherer Beschäftigungszahlen und einer besseren Bezahlung.
Die öffentlichen und privaten Finanzmittel für die Bildung müssen erhöht werden, und die Mitgliedstaaten müssen sich ernsthaft bewusst sein, dass die Prozesse von Bologna und Kopenhagen zur Grundlage zu nehmen sind.
Ebenso sollte die Hochschulbildung an die zunehmend heterogenen sozialen und wirtschaftlichen Erfordernisse angepasst werden, ohne dabei zu übersehen, dass Bildung und Erziehung auch die Grundlage für die Heranbildung freier Bürgerinnen und Bürger darstellt, die in der Lage sind, eine aktive Rolle in der Gesellschaft zu spielen.
Schließlich gilt es, die Berufsausbildung schnellstmöglich zu modernisieren und zu verbessern und sie an die neuen Herausforderungen anzupassen, vor die uns die Verlängerung des Arbeitslebens der Europäer stellt, durch die die sozioökonomischen und bildungspolitischen Erwartungen in die Erwachsenen erhöht werden. Dabei darf auf keiner der verschiedenen Bildungsebenen die Erziehung zur Nichtdiskriminierung aus Gründen des Geschlechts vernachlässigt werden.
Ewa Tomaszewska (UEN). – (PL) Was die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates aus dem Jahr 2006 betrifft, in der die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens unter besonderer Berücksichtigung von Arbeitslosen sowie die Notwendigkeit der Anpassung an wirtschaftliche Veränderungen, die Auswirkungen auf das Funktionieren des Arbeitsmarktes haben, hervorgehoben wurde, möchte ich die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung von Bildung lenken, um höhere Mobilität auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen, die eine Chance bietet, die strukturelle Arbeitslosigkeit zu verringern.
Ich möchte die Bedeutung des Europäischen Qualifikationsrahmens im Hinblick auf die Erhöhung der Mobilität von Arbeitskräften herausstellen. Der gleichberechtigte Zugang zu Bildung, der eine so wichtige Rolle spielt, wenn es um die Gewährleistung von Chancengleichheit im Leben aller Kinder und Jugendlichen geht, ist mit der Finanzierung von Bildungsmaßnahmen in den EU-Mitgliedstaaten verknüpft. Die Unterschiede zwischen den für Bildung, Qualifikationsmaßnahmen und Lehrergehälter vorgesehenen finanziellen Mitteln haben beträchtliche Auswirkungen auf die Wahrscheinlichkeit, dieses Ziel der Lissabon-Strategie zu verwirklichen.
Das von der Europäischen Kommission 2005 veröffentlichte Arbeitspapier mit dem Titel „Lissabonner Ziele: Fortschritte im Bereich allgemeine und berufliche Bildung“ zeigt deutlich, dass in diesem Bereich bislang unzureichende Fortschritte auf dem Weg zur Erreichung der angestrebten Ergebnisse bis 2010 erreicht worden sind. Darum ist es wirklich wichtig, sich auf die Verbesserung der Qualität von Bildung zu konzentrieren, um auf diese Weise soziale Ausgrenzung zu verhindern und die Wettbewerbfähigkeit unserer Wirtschaft anzukurbeln. Ich beglückwünsche Herrn Zatloukal zu seinem ausgezeichneten Bericht.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL). – (PT) Ein Bereich der Bildung, nämlich die Vorschulbildung, hinkt in manchen Staaten der Europäischen Union, insbesondere in Portugal, nach wie vor hinterher. Daher halte ich es für unerlässlich, die Aufforderung an die Mitgliedstaaten zur Aufstockung ihrer Investitionen in ein Netz öffentlicher Kindergärten herauszustellen, in denen Pädagogen mit qualitativ hochwertiger Ausbildung beschäftigt sind, die mit allen Kindern umgehen können. Diese Investitionen stellen nämlich eines der wirksamsten Mittel zur Entwicklung ihrer Intelligenz, zur Schaffung einer Grundlage für den weiteren Bildungsweg, zum Ausbau allgemeiner Fähigkeiten dar, verbessern so die Gerechtigkeit des Bildungssystems grundlegend und bekämpfen soziale Ungleichheiten.
Gleichermaßen gilt es, die Qualität der Primar- und Sekundarschulbildung zu verbessern, die universal, obligatorisch und unentgeltlich sein muss, um die grundlegenden Lern- und Schlüsselkompetenzen zu vermitteln, die dazu beitragen, grundlegende soziale und staatsbürgerliche Werte zu erlangen, zum Frieden und zur Gleichheit zu erziehen und dadurch den sozialen Zusammenhalt und die soziale Eingliederung stärken. Was die Hochschulbildung betrifft, so sollten wir begreifen, dass sie in entwickelten Gesellschaften von elementarer Bedeutung ist. Daher müssen wir mangelnde schulische Erfolge und Schulabbrüche verhindern, wie sie in Portugal der Fall sind, wo leider etwa 40 % der Schüler noch nicht einmal einen Sekundarschulabschluss vorweisen können.
Haushaltskürzungen, Kostensteigerungen an den Hochschulen und die heikle soziale Lage eines großen Teils der Familien und Jugendlichen hindern Portugal daran, die Hochschulbildung seiner Bevölkerung zügig zu verbessern, was die schlechtesten Indizes in der Europäischen Union zur Folge hat. Wenn man bedenkt, dass Studien zufolge jedes zusätzliche Schuljahr die Produktivität in einem Mitgliedstaat der EU im Durchschnitt um 6,2 % erhöht, lässt sich besser nachvollziehen, weshalb die Länder in Schwierigkeiten stecken, die ihren Bürgern den Zugang zur Hochschulbildung versperren.
Rolf Berend (PPE-DE). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bildung hatte und hat eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung der europäischen Wirtschaft und der Persönlichkeitsbildung junger Menschen. Mit diesen und vielen anderen Aussagen des Berichts stimme ich voll überein und sage dem Berichterstatter Worte des Dankes und der Anerkennung.
Ebenso richtig ist, dass Bildungssysteme dann effektiv sind, wenn die eingesetzten Mittel zu bestmöglichen Ergebnissen führen. Diese Ziele verfolgen doch eigentlich alle EU-Staaten, jedoch lassen vergleichende Studien im Ergebnis derselben oft aufmerken. Daher sind Hinweise und Appelle an die Mitgliedstaaten, wie sie im Bericht formuliert sind, aus europäischer Sicht mehr als gerechtfertigt, wohl wissend, dass wir hinsichtlich Inhalten und Struktur in der Bildung keine unmittelbaren Befugnisse haben. Ursachen solcher unterschiedlichen Ergebnisse sind in der Verschiedenheit der Unterrichtsqualität und Unterrichtsintensität zu suchen, die unterschiedliche Leistungsniveaus zur Folge haben und damit auch die Lebenschancen junger Menschen ungleich verteilen.
Dringend muss aus meiner Sicht immer wieder deutlich gemacht werden, dass die heutige Schülergeneration nach ihrem Ausbildungsabschluss in einem internationalen Wettbewerb um Ausbildungsplätze steht. Die Chancengerechtigkeit für alle ist daher eine Forderung an die Mitgliedstaaten, um jungen Menschen bei der Vermittlung des geistigen Rüstzeugs die beste denkbare Bildung angedeihen zu lassen.
Chancengerechtigkeit hat jedoch auch immer etwas mit Qualität und Leistung zu tun. Dies wiederum macht erforderlich, den Begriffen Qualität und Leistung im Ausbildungssystem mehr Beachtung zu schenken. Dabei sollte es nicht schlechthin um gleiche Bildung für alle gehen, sondern um gleiche Startchancen für jeden, und dann um bestmögliche Ausbildung unter Berücksichtigung individueller Begabungen und Verschiedenheiten hinsichtlich körperlicher und geistiger Anlagen.
Silvia-Adriana Ţicău (PSE). – (RO) Frau Präsidentin! Herr Kommissar! Bis zum Jahr 2010 plant die EU, die Quote der Schulabbrecher bei Jugendlichen im Alter zwischen 18 und 24 bei zehn Prozent zu halten. Mehr als 85 % der jungen Menschen über18 Jahre sollten nach Möglichkeit eine weiterführende Ausbildung absolvieren.
9,7 % aller Kinder in der EU im Alter von 0 bis 17 Jahren leben in Familien ohne Einkommen. Viele Kinder aus armen Familien oder einem ländlichen Umfeld besuchen aus finanziellen Gründen keine weiterführende Bildungseinrichtung. Meiner Ansicht nach sollten in einem sozialen Europa für Schüler und Studenten, die Lernbereitschaft zeigen, Stipendien zur Verfügung stehen. Behinderten Kindern muss der Bildungsweg ebenfalls offen stehen.
Die Mitgliedstaaten und die Kommission müssen die Anmeldung von mindestens 90 % aller Kinder unter 7 Jahren in Krippen bzw. Kindergärten als Schwerpunkt betrachten. Auf diese Weise können junge Mütter Beruf und Familie unter einen Hut bringen.
Um das Bildungssystem effizienter zu gestalten, fordere ich zudem die Sicherung der Ausbildung und Motivierung von Lehrern.
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Frau Präsidentin! Ich möchte eine Reihe von Fragen beleuchten.
Erstens teile ich die Auffassung des Berichterstatters, dass Investitionen in die Vorschulbildung die höchste Rendite bringen, weil dort die besten Ergebnisse erzielt werden. Daneben muss die Modernisierung der Hochschulen gefördert, die Notwendigkeit des gleichberechtigten Zugangs zu höherer Bildung hervorgehoben und die Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen gesteigert werden.
Zweites zeitigt der gleichberechtigte Zugang zu Bildung viele positive Ergebnisse. Er wirkt sich auf die soziale Entwicklung, das Wirtschaftswachstum, eine erhöhte Innovation, die Entwicklung des Humanpotenzials und neue Technologien und damit auf die Senkung der Arbeitslosigkeit aus.
Drittens, auch wenn die Rendite von Investitionen in Bildung erst nach einer längeren Zeit spürbar wird und eine langfristige Planung erfordert, sollten wir uns bewusst sein, dass solche Aufwendungen unerlässlich sind.
Viertens teile ich die Ansicht, dass es entscheidend ist, die Politik im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung mit der Politik in den Bereichen Beschäftigung, Wirtschaft und soziale Integration zu verknüpfen.
Fünftens müssen wir in unsere Jugend investieren, weil die jüngere Generation die Zukunft der EU ist. Es ist äußerst wichtig zu verhindern, dass Kinder frühzeitig die Schule abbrechen.
Sechstens stehen wir vor einem demografischen Problem, denn die Bevölkerung Europas altert. Darum müssen wir das lebenslange Lernen unter Erwachsenen fördern.
Abschließend fordere ich: Bildung, Bildung und nochmals Bildung.
Proinsias De Rossa (PSE). – (EN) Frau Präsidentin! Grundsätzlich bin ich besorgt darüber, dass die Kommission die Streichung von Mitteln für die Bildung in Mitgliedstaaten so unkritisch hinnimmt. Besonders eklatant ist das in Irland angesichts unseres Bevölkerungswachstums und, als faktische Folge dessen, überfüllter Klassenzimmer. Seit langem setze ich mich für die Vorschulerziehung und die Grundschulbildung als wesentliche Voraussetzungen für die persönliche Entwicklung eines jeden Kindes ein. Alle Erfahrung zeigt, dass die Chancen im Leben größer sind, je besser die Bildung ist. Es besteht sogar eine Beziehung zwischen Bildung und einem längeren und gesunderen Leben.
Meiner Ansicht nach müssen die Kommission und die Mitgliedstaaten ebenso viel Nachdruck auf Qualität wie auf Effizienz und Gerechtigkeit legen. Die Qualität des schulischen Umfelds und des Unterrichts sind Voraussetzungen für die Effizienz. Kinder brauchen gute Lehrer mit einem Stundenplan, der eine ganzheitliche Bildung vermittelt, einem, der die Schüler lehrt, rationale Entscheidungen zu treffen, mit Vielfalt und Veränderung klarzukommen, mit anderen zu kommunizieren, einem, der eine breite ethische Grundlage von Werten vermittelt, mit denen sie ihr Leben gestalten können. Das sind Fähigkeiten, die sie brauchen, um aus sich und aus der Gesellschaft das Beste zu machen.
Aber da ist ein noch dringenderes, grundlegenderes Problem: das Problem hungriger Kinder an unseren Schulen. Tausende Kinder in Irland gehen hungrig zur Schule, und ich bin sicher, das ist nicht nur bei uns so. Es spielt keine Rolle, wie effizient und wie gerecht der Zugang zur Bildung ist, diese Kinder können sich nicht gut entwickeln, und die langfristigen Folgen davon kommen teurer zu stehen, als einem Staat zugute kommt, wenn er ein gesundes Frühstück für diese Kinder einspart.
Ján Figeľ, Mitglied der Kommission. – (SK) Ich möchte Ihnen für eine facettenreiche Aussprache danken, in der nicht nur der Bericht und die Mitteilung der Kommission zu diesem Thema, sondern auch die Haltung der Mitgliedstaaten ihre Bestätigung gefunden haben. Letztere hatten ihre Ansichten im Rahmen des Ministertreffens im November sowie anschließend beim Treffen im zweiten Halbjahr 2007 zum Ausdruck gebracht, als der Rat die Schlussfolgerungen gebilligt hat, in denen die grundlegenden Punkte aus der Mitteilung der Kommission ebenfalls bekräftigt wurden.
Gestatten Sie mir ein paar Anmerkungen. Nach meinem Dafürhalten stellt die Förderung von Gerechtigkeit und Effizienz im Bildungssystem sowohl eine moralische Pflicht als auch eine grundlegende finanzielle und wirtschaftliche Notwendigkeit dar. Die Logik diktiert umfangreichere und sinnvollere Investitionen in Bildung – vor allem sinnvoller, weil es Möglichkeiten für den effizienteren Einsatz jedes Euros, jeder Krone und jedes Pfundes gibt.
Mehrere Rednerinnen und Redner haben erklärt, Fähigkeiten und die Qualität von allgemeiner und beruflicher Bildung hätten entscheidende Auswirkungen auf die künftige Stellung von sowohl Individuen als auch sozialen Gruppen und müssten ständig verbessert werden. Lehrer sind prädestiniert hierfür. Investitionen in die Qualität der Lehrerausbildung stellen eine der wirksamsten Maßnahmen dar, um eine allgemeine Verbesserung zu erzielen, da Lehrer entsprechende Effekte multiplizieren. In diesem Kontext besteht beispielsweise systematischer Bedarf an einer Qualitätsbewertung als grundlegendes Werkzeug. Sie sollte nicht die Ausnahme, nichts Außergewöhnliches, sondern die Regel sein, wobei Input, Output und sämtliche Zwischenschritte ausgewertet werden und die Qualität untersucht und honoriert wird.
Ich möchte darauf hinweisen, dass sich die Kommission – wie dem Bericht zu entnehmen ist – weiterhin auf diese Thematik konzentrieren wird. Wir möchten der Frage der gerechten und effizienten Bildung mehr Aufmerksamkeit schenken, beispielsweise im Rahmen der Themenstellung Bildung und Migration im kommenden Jahr. Gegenwärtig findet eine Konsultation zu „Schulen für das 21. Jahrhundert“ statt, genauer gesagt, was wird von Schulen im neuen Zeitalter erwartet. Natürlich soll dieser Prozess in einer aktuellen Sicht auf die Position von Schulen in der heutigen europäischen Gesellschaft gipfeln. Ein anderes kürzlich von uns zur Debatte gestellte Thema betraf die im August veröffentlichte Mitteilung zur Qualität der Lehrerausbildung und deren bedeutsame Schlussfolgerungen.
Abschließend möchte ich meine Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass die genannten Prozesse wie der Bologna- und der Kopenhagen-Prozess und die Fragen Erwachsenenbildung, Vorschulbildung und lebenslanges Lernen alle unter dem Motto der Zugänglichkeit und Qualität als Schlüsselfaktoren eines wirklich gerechten Bildungssystems zusammengefasst werden müssen, auf das wir heute und in der Zukunft angewiesen sind.
Die Präsidentin. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Donnerstag, dem 27. September 2007, statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Marianne Mikko (PSE), schriftlich. – (ET) Die Zeit bleibt nicht stehen. Es steht außer Zweifel, dass Europa 2010 nicht die wettbewerbsfähigste Wirtschaft der Welt sein wird. Mit einem angemessenen und gut strukturierten Bildungssystem könnte dieses Ziel in Reichweite rücken.
Es ist unmöglich, das akademische und finanzielle Niveau der einzelnen führenden Hochschulen außer Acht zu lassen. Verschiedene Angaben belegen, dass sich die 50 besten Hochschulen in den Vereinigten Staaten befinden. Weitere fünf oder sechs gibt es im Vereinigten Königreich. Das übrige Europa kommt mit vier oder fünf an dritter Stelle, dicht gefolgt von Kanada und Australien.
Erfolgsgeschichten wiederholen sich gewöhnlich. Leider verdankt diese Erfolgsgeschichte ihre Existenz in erster Linie der Tatsache, dass der englischsprachige Bildungsmarkt auf Milliarden mächtiger Kunden zurückgreifen kann. Skaleneffekte tun ein Übriges. Somit ist Harvard zig Mal reicher und berühmter als der nächste Wettbewerber.
Es ist ein gefährliches Ansinnen, das Elitesystem von Ivy League und Oxbridge auf dem europäischen Festland nachahmen zu wollen. Ich würde das sogar als Sackgasse bezeichnen. Sowohl in den Vereinigten Staaten als auch im Vereinigten Königreich werden die Kenntnisse vieler einfacher Bürger im Lesen, Schreiben und Rechnen als unzulänglich angesehen.
In dem Streben nach Erfolg, insbesondere nach einem schnellen Erfolg, wäre es vernünftiger, sich voll und ganz auf die Aktivitäten zu verlassen, die uns vertraut sind. Das erfolgreichste Land der Europäischen Union im Bildungsbereich ist zweifellos Finnland, zu dessen nationaler Strategie der öffentliche Zugang zu Bildung auf einem überall gleich hohen Niveau gehört.
Bildung ist ihrem Charakter nach ein strategischer Bereich. Die Auswirkungen von Entscheidungen und Maßnahmen sind erst im Verlauf von Jahrzehnten spürbar. Folglich wäre es sinnlos, im Hinblick auf die Gleichheit ein weiteres Vierteljahrhundert im Namen höherer Leistungsstandards zu opfern. Auch wenn das der richtige Weg wäre.
Ein gleichmäßig hohes Niveau ist und bleibt Europas beste Trumpfkarte im internationalen Wettbewerb.