Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Kathalijne Maria Buitenweg im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über die Anwendung der Richtlinie 2000/43/EG vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (2007/2094(INI)) (A6-0278/2007).
Kathalijne Maria Buitenweg (Verts/ALE), Berichterstatterin. – (NL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich gern den zahlreichen Kolleginnen und Kollegen danken, die zu diesem Dokument beigetragen haben. Vor sieben Jahren war ich Ko-Berichterstatterin der Richtlinie, deren Auswertung wir heute debattieren. Das Parlament hat durchweg eine Meinung vertreten, abgesehen von ein oder zwei Abweichlern, die, wie Sie umgehend sehen werden, Änderungsvorschläge eingereicht haben. Wir haben viel und mitunter heftig gestritten, so zum Beispiel über das Teilen der Beweislast. Zum Glück haben wir dabei aber nie unser gemeinsames Ziel aus den Augen verloren und so hoffe ich dann auch, dass Sie den Bericht als Gemeinschaftsprojekt betrachten.
Im Jahr 2000 haben wir uns mit überwältigender Mehrheit für die Richtlinie ausgesprochen, die zu Recht als revolutionär bezeichnet werden kann. Diskriminierung wurde europaweit verboten, sei es auf dem Arbeitsmarkt, in Fragen der sozialen Sicherheit oder bei der Vermietung von Wohnraum. Gleichzeitig wurde die Gleichbehandlung zur Pflicht. Darauf war und bin ich sehr stolz. Die Kommission, der Rat und das Europäische Parlament haben gute Arbeit geleistet. Allerdings heißt das natürlich nicht, dass sich die Realität damit radikal verändert hat. Diskriminierung ist noch vielerorts an der Tagesordnung.
In den vergangenen Jahren haben Fälle von Diskriminierung und Rassismus sogar zugenommen – sowohl zahlenmäßig, als auch im Hinblick auf deren Schweregrad. Die Arbeitslosigkeit unter Migranten ist in den meisten Ländern wesentlich höher als unter der übrigen berufstätigen Bevölkerung. Es gibt mehr rassistisch motivierte Gewalt. Rechtsvorschriften spielen eine maßgebliche Rolle bei der Bekämpfung von Diskriminierung, denn damit werden Normen gesetzt. Sie verdeutlichen den Menschen, wofür die Europäische Union steht, wie wir miteinander umgehen sollten und was nicht tolerierbar ist. Die Gesetzgebung gibt Menschen auch Instrumente an die Hand, um gegen Diskriminierung zu klagen.
Die Europäische Kommission prüft gegenwärtig, ob die Mitgliedstaaten die europäischen Regelungen ordnungsgemäß in einzelstaatliche Gesetze umgesetzt haben. Darüber habe ich in dieser Woche mit Herrn Kommissar Špidla gesprochen. Die Absichten der Kommission sind begrüßenswert, und sie ist in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten bestrebt, die Umsetzung der Gesetze zu gewährleisten. Dazu möchte ich der Kommission gratulieren.
Dennoch kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, es bedürfe noch etwas mehr Schwung, etwas mehr Pep. Die betreffenden Gesetze hätten eigentlich schon 2004 umgesetzt werden sollen. Es gab viel Gerede um Empfindlichkeiten und schwierige Details, aber bei ihrem Amtsantritt verkündete die jetzt amtierende Kommission, der Kampf gegen Diskriminierung sei das Herzstück ihrer Politik. Die Hälfte Ihrer Amtszeit ist jedoch bereits verstrichen. Ich hege großen Respekt vor Ihren bisherigen Ergebnissen, aber ich hoffe, Sie üben etwas mehr Druck auf die Mitgliedstaaten aus, denn das ist dringend notwendig.
Nicht einmal die Hälfte aller Mitgliedsländer hat die Richtlinie vollständig umgesetzt. So wurde in zahlreichen Staaten die Definition von direkter und indirekter Diskriminierung, von Einschüchterung und Beweislast nicht richtig umgesetzt. Es gibt auch einige EU-Mitgliedstaaten, in denen Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt zwar verboten ist, aber nach deren Ermessen das Verbot von Diskriminierung im Rahmen des Angebots von Waren und Dienstleistungen doch etwas zu weit geht. Aber genau in diesen Bereichen gibt es viele Probleme.
Nehmen wir beispielsweise die Bildung. Nach Aussagen der neuen EU-Agentur für Grundrechte kommt es vor, dass Kinder aus Roma-Familien zu Unrecht auf Schulen für geistig behinderte Kinder geschickt werden. Oder nehmen wir den Bereich Wohnen: Regelmäßig werden Wohnungen mit dem Hinweis angeboten, das Wohngebäude sei ausländerfrei. Das ist unannehmbar.
Das Verbot von Diskriminierung, auch außerhalb des Arbeitsmarktes, muss unverzüglich Rechtskraft erhalten. Herr Präsident! Ein Gesetz ist nur dann wirksam, wenn die Bürger ihre Rechte kennen, aber nach Angaben von Eurobarometer meinen nur 35 % der Befragten, in ihrem Land gäbe es Antidiskriminierungsgesetze. Ein noch geringerer Prozentsatz meint zu wissen, was man selbst tun kann, wenn man Opfer von Diskriminierung wird. Wie garantiert die Kommission, dass das Gesetz im Leben der Menschen Realität wird? Laut Richtlinie müssen die Menschen entsprechend informiert werden, aber wie möchte die Kommission die Durchsetzung dieser Verpflichtung sicherstellen?
Herr Präsident! Auch wenn den Menschen bewusst ist, dass ein entsprechendes Gesetz existiert, kann ihr Weg steinig sein, weil mitunter problembehaftete Bestimmungen und Anforderungen bestehen. So ist in manchen Ländern die Frist für die Einreichung einer Klage ausgesprochen kurz, beispielsweise nur dreißig Tage, während das restliche Verfahren dagegen in einigen Fällen wieder absurd lange dauern kann und außergewöhnlich kompliziert ist. Verstöße gegen Antidiskriminierungsgesetze müssen mit wirksamen und abschreckenden Sanktionen geahndet werden, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. So steht es in der Richtlinie; darauf hatten wir uns verständigt. Dennoch verfügen nur wenige Länder über angemessene Strafmaßnahmen.
Vielleicht ist es Zeit für eine positive Anmerkung. Begrüßenswerterweise gibt es in nahezu allen Ländern inzwischen Gleichbehandlungsstellen. Das ist eine wichtige Errungenschaft. In vielen Ländern beschäftigen sich diese Stellen mit rassistisch motivierter Diskriminierung sowie auch mit Diskriminierung aufgrund anderer Ursachen. Das begrüße ich. Bedauerlicherweise verfügen nicht alle Stellen über die nötigen finanziellen Mittel für ihre Arbeit. Ich fordere daher die Kommission auf, auch diesen Aspekt im Rahmen der Bewertung der Art und Weise der Durchsetzung der Antidiskriminierungsgesetzgebung zu berücksichtigen. Kann die Kommission dazu Stellung nehmen?
Herr Präsident! Abschließend Folgendes: Ich bin stolz auf die Gesetzgebung. Bei der Umsetzung in nationale Gesetze sind Fortschritte zu verzeichnen, dennoch bleibt noch viel zu tun. In zahlreichen Staaten ist die Umsetzung noch nicht vollständig erfolgt. Und selbst dort, wo der Wortlaut des Gesetzes durchgesetzt wird, müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen über ihre Rechte wirklich Bescheid wissen, denn wenn die Bürger sich ihrer Rechte nicht bewusst sind, können sie diese auch nicht einfordern und genau das spielt bei der Bekämpfung von Diskriminierung eine entscheidende Rolle.
Louis Michel, Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident, Frau Buitenweg, sehr geehrte Abgeordnete! Die Kommission begrüßt diesen Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2000/43/EG vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft.
Die Kommission nimmt die vom Parlament geäußerten unterschiedlichen Bedenken zur Kenntnis und möchte Ihre Aufmerksamkeit auf eine Reihe von Aspekten lenken. In Bezug auf die Kontrolle der Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten hat die Kommission Ende Juni dieses Jahres Vertragsverletzungsverfahren gegen 14 Mitgliedstaaten eingeleitet, in denen die Richtlinie nicht korrekt in nationales Recht umgesetzt worden ist. Ich möchte hinzufügen, dass eine Reihe von Ländern ihre Rechtsvorschriften bereits geändert haben, um die Bedenken der Kommission auszuräumen, bzw. angezeigt haben, dass sie dazu bereit seien.
Was ausführlichere Informationen zur Umsetzung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten anbelangt, so veröffentlichen wir, wie in unserer Mitteilung von 2005 über eine Rahmenstrategie zur Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit für alle dargelegt wurde, jedes Jahr den Jahresbericht der Gruppe der Rechtssachverständigen, und die unterschiedlichen einzelstaatlichen Berichte sind online verfügbar.
Frau Buitenweg verweist zu Recht darauf, dass die mit der Durchsetzung der Chancengleichheit beauftragten Einrichtungen bei der Bekämpfung der Diskriminierung eine Schlüsselstellung einnehmen. Aus diesem Grund finanzieren wir das Netzwerk EQUINET, um den Austausch von Erfahrungen und bewährter Verfahren zwischen den entsprechenden Einrichtungen der Mitgliedstaaten zu erleichtern.
Wie im Bericht angesprochen, ist die Erhebung von Daten ein sensibles Thema. Ohne sie ist es jedoch unmöglich, das Ausmaß der Diskriminierung und die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen zu beurteilen. Da viele der erhobenen Informationen in die Kategorie der personenbezogenen Daten zur ethnischen Herkunft oder Rasse von Personen oder gar zu deren religiösen Überzeugungen oder deren Sexualleben fallen können, müssen sie unter Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG behandelt werden.
Diese Richtlinie untersagt generell die Verarbeitung sensibler personenbezogener Daten. Allerdings sieht sie bestimmte Ausnahmen von dieser Regel vor, insbesondere für den Fall, dass die betroffenen Personen ihre ausdrückliche Einwilligung gegeben haben oder wenn – ich zitiere – die Verarbeitung erforderlich ist, um den Rechten und Pflichten des für die Verarbeitung Verantwortlichen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts Rechnung zu tragen.
Außerdem sind die Mitgliedstaaten unter Vorbehalt geeigneter Garantien befugt, aus Gründen von großem öffentlichem Interesse Ausnahmen vorzusehen. Daher obliegt es den Mitgliedstaaten selbst zu entscheiden, ob die Erhebung von Daten zur ethnischen Herkunft angezeigt ist, um Statistiken zur Bekämpfung der Diskriminierung zu erstellen, vorausgesetzt, dass die in der Richtlinie geforderten Garantien zum Datenschutz vorhanden sind.
Die Eurobarometer-Umfrage zur Diskriminierung in der Europäischen Union hat gezeigt, dass zahlreiche europäische Bürger generell bereit wären, im Rahmen einer Erhebung zur Bekämpfung der Diskriminierung anonym personenbezogene Daten herauszugeben. Drei von vier Bürgern wären bereit, personenbezogene Daten zu ihrer ethnischen Herkunft, zu ihrer Religion oder ihren Überzeugungen mitzuteilen.
Informationen dieser Art sind im Zusammenhang mit den positiven Maßnahmen zur Beseitigung von Diskriminierungen und tief verwurzelten Formen der Benachteiligung ganz besonders wichtig. Im Februar dieses Jahres hat die Europäische Kommission einen europäischen Leitfaden zu den Gleichstellungsdaten herausgegeben, der den Mitgliedstaaten helfen soll, ihre Verfahren zur Datenerhebung zu verbessern.
Aus derselben Eurobarometer-Umfrage vom Januar 2007 geht hervor, dass die Bürger ihrer Meinung nach nicht ausreichend über ihre Rechte als Diskriminierungsopfer informiert sind. Obwohl der Kenntnisstand erheblich schwankt – beispielsweise gaben in Finnland 65 % der befragten Personen an, ihre Rechte zu kennen, während in Österreich nur 17 % der Befragten dieser Meinung waren – zeigt der Durchschnittswert von lediglich 32 % klar und deutlich, wie bereits hervorgehoben wurde, dass Sensibilisierungsmaßnahmen mehr denn je erforderlich sind.
Ich bin überzeugt davon, dass unsere derzeitigen Aktivitäten, die durch das diesjährige Europäische Jahr der Chancengleichheit für alle mit annähernd 430 Aktionen in den Mitgliedstaaten sowie durch die Kampagne „Für Vielfalt – gegen Diskriminierung“ noch befördert werden, dazu beitragen können, diese Wissenslücken zu beseitigen.
Ich möchte an dieser Stelle besonders auf die Bildungsprogramme verweisen, die wir für die NRO, die Gewerkschaften, für Rechtsanwälte und Unternehmen finanzieren.
Die Kommission ist fest entschlossen, alle verfügbaren Instrumente zu nutzen, um die Lage der Roma in der Europäischen Union zu verbessern. Dies bedeutet vor allem, für die Anwendung der Richtlinie 2000/43/EG zu sorgen, die gemeinschaftlichen Strukturfonds, insbesondere den Europäischen Sozialfonds, zu nutzen und sowohl die Roma selbst als auch die breite Öffentlichkeit für ihre Rechte und Pflichten zu sensibilisieren.
Eine hochrangige beratende Sachverständigengruppe für soziale und berufliche Eingliederung von ethnischen Minderheiten einschließlich der Roma wird Anfang Dezember ihren Bericht mit einer Reihe von Empfehlungen vorlegen. Die Aufgabe dieser Gruppe besteht darin, die Eingliederungshindernisse festzustellen und bewährte Verfahren zu fördern, die von öffentlichen Stellen und Unternehmen angewandt werden.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir das Interesse des Europäischen Parlaments an der Frage der Mehrfachdiskriminierung, und ich warte schon mit Ungeduld darauf, Ende dieses Jahres die Ergebnisse einer neuen Studie zu erfahren, die im Auftrag der Kommission durchgeführt wird. Natürlich reicht die Nichtdiskriminierung allein nicht aus, um bestimmten Gruppen, die sozial stärker benachteiligt sind als andere, gleiche Chancen zu bieten. Daher hat die Kommission eine eingehende Analyse der in den Mitgliedstaaten angewandten bewährten Verfahren, insbesondere im Zusammenhang mit der Beschäftigungspolitik, in Auftrag gegeben.
Die Kommission hält es ebenfalls für überaus wichtig, dass die Mitgliedstaaten ihre eigenen Gesetze korrekt anwenden, allerdings ist klar, dass Rechtsvorschriften allein nicht ausreichen. Wir möchten diese durch Forschung, Sensibilisierung, Bildung und durch den Austausch bewährter Verfahren ergänzen, um Diskriminierungen möglichst vorzubeugen und überall dort, wo dies nicht möglich ist, den Opfern eine angemessene Entschädigung zu bieten.
Patrick Gaubert, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Frau Buitenweg für die hohe Qualität ihrer Arbeit danken. Dieser Bericht enthält eine Reihe von berechtigten und ausgewogenen Feststellungen, und die wichtigsten Probleme bei der Anwendung der Richtlinie werden ausführlich behandelt.
Es stimmt, dass sich nur wenige unserer Mitbürger über ihre Rechte vollständig im Klaren sind, falls sie selbst Opfer von Diskriminierungen werden würden. Daher scheint es unerlässlich zu sein, für eine bessere Information unserer Mitbürger zu sorgen, zumal dieses Jahr das Europäische Jahr der Chancengleichheit für alle ist. Ich unterstütze besonders den Gedanken, die Gleichbehandlungsstellen mit ausreichenden Mitteln auszustatten. Sie spielen auf diesem Gebiet eine entscheidende Rolle und müssen, wie im Bericht zu Recht festgestellt wird, unbedingt unabhängig bleiben.
Besonders Besorgnis erregend ist jedoch die Feststellung, dass die Richtlinie in bestimmten Mitgliedstaaten nicht oder nur teilweise umgesetzt wird. Wir müssen unbedingt dafür sorgen, dass alle Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechtsvorschriften schaffen, damit jeder Bürger, unabhängig vom Staat, in dem er wohnt, diesen unverzichtbaren Schutz in Anspruch nehmen kann.
Was das sensibelste Kriterium anbelangt, nämlich die Erhebung von Daten, so legt der Bericht Wert auf die Feststellung, dass diese unter Wahrung der Privatsphäre und ausschließlich zur Feststellung von Diskriminierungen erfolgen muss, denen Minderheiten zum Opfer fallen können. Sie darf nie auf das gefährliche Terrain der Erstellung von ethnischen Profilen geraten, sondern soll letztendlich Daten liefern, die es ermöglichen, das Ausmaß der Diskriminierung zu beurteilen und geeignete Lösungen zu finden.
Wenn es um ein derart grundlegendes Prinzip wie die Gleichbehandlung geht, dann darf sich Europa nicht mit Lippenbekenntnissen zufrieden geben, dann darf sich Europa nicht mit einer Minimalgesetzgebung begnügen und dann darf Europa nicht einfach nur zuschauen. Wir müssen aufmerksam sein. Wir müssen aber auch tätig werden, wegweisend sein und dafür sorgen, dass Europa auf diesem Gebiet ein Beispiel setzt: Je mehr wir dies tun können, desto weniger kann man uns Vorwürfe machen.
Martine Roure, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte Frau Buitenweg zunächst für ihre ausgezeichnete Arbeit danken. Ihr Bericht erhält unsere volle Unterstützung. Bedauerlicherweise zeigen die jüngsten Daten, dass die Diskriminierung in vielen europäischen Staaten weiterhin ein großes und aktuelles Problem darstellt.
So stellte der erste Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte vom August 2007 einen Anstieg rassistisch motivierter Straftaten in mindestens acht Ländern der Union fest. Angesichts der Tatsache, dass die Europäische Union über sehr hoch entwickelte Rechtsvorschriften gegen die Diskriminierung verfügt, ist dies umso beunruhigender. Ich stimme jedoch der Feststellung zu, dass diese von den Mitgliedstaaten schlecht umgesetzt und nur teilweise angewandt worden sind. Die europäischen Bürger sind schlecht informiert und vor allem wissen sie nicht, dass sie die Möglichkeit haben, diese Rechtsvorschriften zu nutzen, um im Falle von Diskriminierungen ihre Rechte durchzusetzen.
Als Berichterstatterin für das Europäische Jahr der Chancengleichheit für alle und für den Rahmenbeschluss zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bin ich der Meinung, dass seitens der Mitgliedstaaten zusätzliche Anstrengungen nötig sind, um die korrekte Anwendung der europäischen Rechtsvorschriften zu gewährleisten. Ferner müssen wir unsere Gesetzestexte besser publik machen, damit sich die europäischen Bürger mit ihnen identifizieren können.
Der größte Fortschritt dieser Richtlinie über die Gleichbehandlung besteht in der Umkehr der Beweislast. Daher sollten wir darauf drängen, dass konkrete Maßnahmen eingeleitet werden, um diesen Fortschritt in allen EU-Mitgliedstaaten sicherzustellen.
Abschließend ist es meines Erachtens erforderlich, den europäischen Rechtsrahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung zu stärken, indem wir eine horizontale Richtlinie verabschieden, die sämtliche in Artikel 13 des Vertrages aufgeführten Formen der Diskriminierung umfasst, und ich möchte die Kommission fragen, wie der Stand dieser Machbarkeitsstudie für eine solche Richtlinie ist.
Sophia in 't Veld, im Namen der ALDE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Als Abgeordnete des Europäischen Parlaments machen wir Gesetze, aber mit Gesetzesvorschriften allein kann man Rassismus und Fremdenhass nicht ächten. Äußerungen von Politikern und anderen Meinungsführern tragen zu einem Klima des Hasses und der Intoleranz bei, in dem Diskriminierung als normal empfunden wird. So bleibt das Gesetz ein toter Buchstabe.
Eigentlich möchte ich, dass die Europäische Kommission die Diskriminierung genauso energisch an den Pranger stellt wie etwa Verstöße gegen Marktregeln. Wir müssen das Humankapital in Europa genauso engagiert schützen wie das Finanzkapital. Wenn wir es mit Bill Gates aufnehmen können, dann können wir sicher auch gegen diskriminierende Unternehmen und Behörden vorgehen. Uns ist bekannt, dass 14 nationale Regierungen die Richtlinie zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse in ein oder zwei Punkten noch immer nicht erfüllt haben, allerdings scheint die Kommission wenig Eile zu haben, die Vorschriften durchzusetzen und gibt den Ländern viel zu viel Zeit, um diese einzuhalten. Das Gesetz hätte vor Jahren umgesetzt werden müssen. Bill Gates wäre damit nicht durchgekommen.
Im Kampf gegen Terrorismus und Verbrechen dürfen wir keine Veränderung der Spielregeln zulassen. Manche Maßnahmen gelten ausschließlich für bestimmte Gruppen und scheinen Diskriminierung zu legitimieren, wie beispielsweise Anhalte- und Durchsuchungspraktiken („Stop-and-Search“), Profiling-Methoden usw. Auch Integrationsmaßnahmen wirken manchmal diskriminierend. Mit Zufriedenheit stelle ich fest, dass die vorige Regierung in meinem Heimatland zum Beispiel Maßnahmen zur Integration von Ausländern einführen wollte, die schließlich richterlich verboten wurden, weil sie in der Tat diskriminierenden Charakter hatten.
Unter den Änderungsanträgen erregte ein Antrag, nämlich Änderungsantrag 4, meine Aufmerksamkeit, in dem steht, der Schutz von Minderheiten und die Einhaltung der Antidiskriminierungsgesetze sei nationale Angelegenheit. Wenn aber nun etwas wirklich nicht Sache der einzelnen Staaten ist, dann sind das unsere gemeinsamen europäischen Werte. Darum ist es durchaus Europas Aufgabe, die Gleichbehandlung aller europäischen Bürger zu gewährleisten, denn das ist das Ziel der europäischen Integration, wobei der Markt übrigens nur ein Mittel darstellt.
Auch Religionsfreiheit ist ein hohes Gut und ein Grundrecht, jedoch darf sie nicht missbraucht werden, um Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft zu rechtfertigen. So darf beispielsweise eine katholische Schule unter dem Vorwand der Religionsfreiheit Kinder einer bestimmten ethnischen Herkunft nicht ablehnen, weil sie es lieber sähe, dass ihre Schule weiß bliebe. Umgekehrt ist auch nicht jede kritische Äußerung zum Islam automatisch als Rassismus zu verstehen.
Abschließend möchte ich Folgendes sagen, Herr Präsident: Gesetze sind wichtig. Dieses Gesetz ist eine Errungenschaft, aber uns allen ist daran gelegen, ein Klima zu schaffen, in dem Diskriminierung ein Fremdwort ist.
Roberta Angelilli, im Namen der UEN-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Erstes möchte ich der Kollegin für ihre Arbeit danken. Als Berichterstatterin des Europäischen Parlaments über Kinderrechte möchte ich insbesondere einen wichtigen Passus dieses Berichts hervorheben, und zwar den, der sich auf die Roma-Kinder bezieht. Ich möchte die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf die Tatsache lenken, dass die Kinder den höchsten Preis für Diskriminierung und soziale Ausgrenzung zahlen.
In Europa gibt es viele, zu viele, Straßenkinder, oftmals mit Roma-Hintergrund, die keine Zukunft haben, weil sie keine angemessene Schulbildung besitzen und in vielen Fällen sogar Analphabeten sind. Diese Kinder erhalten weder eine entsprechende medizinische Betreuung noch die notwendigen Impfungen. Sie sind folglich Kinder ohne Zukunft, weil ihnen ihre Kindheit vorenthalten wird und weil sie oft, fast immer während der Schulzeit, gezwungen sind, zu betteln und Almosen zu sammeln, oder zur Schwarzarbeit geschickt werden.
So wie es in dem Bericht steht, müssen die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, positive Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung einzuführen. In diesem spezifischen Fall Maßnahmen, die für die Kinder das Recht auf Bildung gewährleisten und die Familien der Roma-Kinder zur Einhaltung der Schulpflicht nötigen. Darüber hinaus müssen entsprechende Kampagnen organisiert werden, um die Bürger zur Zusammenarbeit mit den Institutionen zu ermutigen und um zu verhindern, dass es zu Diskriminierung, Ausbeutung und sozialer Ausgrenzung von Kindern kommt.
Abschließend möchte auch ich betonen, dass es nicht hingenommen werden kann, wenn zu viele Mitgliedstaaten, darunter leider auch mein Heimatland, Italien, die Bestimmungen der Richtlinie noch immer nicht ordnungsgemäß in einzelstaatliches Recht übernommen haben.
Tatjana Ždanoka, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte Frau Buitenweg für diesen Bericht danken, der die Aufmerksamkeit auf die ernsteren Aspekte des europäischen Problems rassischer und ethnischer Diskriminierung lenkt.
Herr Kommissar, meiner Meinung nach sollte die Kommission aktiver sein, um die Umsetzung der Richtlinie zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse zu fördern. Jeder Tag bringt uns zahlreiche Fälle, bei denen die korrekte Umsetzung für den Opferschutz unerlässlich ist. Erwähnen möchte ich auch, dass einige Praktiken auf dem Gebiet der Sprachenpolitik als unter die Richtlinie fallende indirekte Diskriminierung angesehen werden können. In meinem Land beispielsweise, in Lettland, wie auch im benachbarten Estland, Staaten also mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten, gibt es unangemessene Sprachkriterien für die Beschäftigung sowie das Erfordernis, in der Kommunikation mit Behörden nur eine Sprache zu verwenden. Wenn solche Praktiken in verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu einer Unterrepräsentation rassischer und ethnischer Minderheiten führen, dann haben die Mitgliedstaaten meiner Ansicht nach die Pflicht, eine Politik zu erarbeiten, die darauf gerichtet ist, gleichberechtigten Zugang zu sichern und eine Diskriminierung zu vermeiden.
Noch etwas anderes bewegt mich. Zuweilen kann eine unterschiedliche Behandlung aufgrund der Nationalität als indirekte ethnische Diskriminierung betrachtet werden. Das geschieht, wenn mit der Politik auf dem Gebiet der Staatsbürgerschaft das Ziel verfolgt wird, Menschen mit Minderheitenhintergrund – beispielsweise Roma oder Russen – auszugrenzen.
Ich hoffe, die europäischen Gerichte wie auch der interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte, nach dessen Feststellung es keine rassische oder ethnische Diskriminierung in der Frage des Zugangs zu einer Nationalität geben dürfe, werden sich nicht weniger fortschrittlich zeigen und die Folgen der Nationalitätenpolitik für Personen, die unterschiedlichen ethnischen Gruppen angehören, aufmerksam verfolgen.
Vittorio Agnoletto, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Obwohl die Antidiskriminierungsrichtlinie eine wirklich gute Richtlinie und von hohem moralischen Wert ist, unternehmen mehrere Länder Europas wenig oder gar nichts zur Umsetzung der Richtlinie und ihres Inhalts in ihr einzelstaatliches Recht, und in der Praxis sind rassistisch oder ethnisch motivierte Übergriffe an der Tagesordnung. So hat zum Beispiel die Europäische Union ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien eingeleitet, weil es die besagte Richtlinie nicht übernommen hat.
Insbesondere wirft die Europäische Union Italien die nicht erfolgte Übernahme des Begriffs der rassistisch begründeten Belästigung in einzelstaatliches Recht, das Fehlen einer Rechtsvorschrift zur Umkehr der Beweislast und das Fehlen präziser Bestimmungen zum Schutz vor rassistisch und ethnisch motivierten Übergriffen vor. Im Dezember letzten Jahres hat in der Gemeinde Opera, in der Nähe von Mailand, eine Gruppe von Bürgern, die von Funktionären der Lega di Alleanza Nazionale angeführt wurden, buchstäblich Jagd gemacht und Zelte mit etwa dreißig Roma-Kindern darin niedergebrannt. In Pavia wurden Dutzende von Roma mit dem Ruf „ab in die Gaskammern“ verjagt. Erst vor einigen Tagen überfielen im Randgebiet von Rom vierzig mit Stöcken, Messern und Molotow-Cocktails bewaffnete Vermummte in der Nacht ein Roma-Lager in Ponte Mammolo.
In Italien werden fast jeden Tag ein oder mehrere Nomadenlager von den Kommunalbehörden geräumt, ohne für die Roma die elementarsten Rechte zu gewährleisten. Sieht so etwa der in dem Bericht geforderte besondere soziale Schutz aus, speziell nachdem er auf die Roma ausgedehnt wurde? Ich schließe mich der Bekräftigung an, dass Sanktionen, die bei Verstößen gegen die gemäß der Richtlinie angenommenen nationalen Bestimmungen Anwendung finden, wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen. Ich erinnere ferner daran, dass wir am 25. April ….
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Frank Vanhecke, im Namen der ITS-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich fürchte, meine Ansichten zu diesem Bericht weichen etwas von den bereits in diesem Haus geäußerten Meinungen ab, denn in meinen Augen mutet der Bericht merkwürdig an – merkwürdig für eine Einrichtung, die sich selbst als demokratisch bezeichnet, da hier Empfehlungen aufgrund einer höchst fragwürdigen Richtlinie abgegeben werden, die meines Erachtens im Widerspruch zu Grundrechten und Grundfreiheiten stehen und in mancher Hinsicht gegen die Grundprinzipien des Rechtsstaates verstoßen.
Tatsächlich ist die wirkliche Diskriminierung von Minderheiten in Europa bzw. realer Rassismus glücklicherweise ein Randphänomen, das bereits angemessen und sehr ordentlich bekämpft wird. In diesem Bericht geht es aber um etwas anderes. Was wir hier erleben, ist der x-te Versuch, Regeln einzuführen, die die Meinungsfreiheit beschneiden und gefährden und ein Klima wachsenden geistigen Terrors schaffen, wobei die einheimische Bevölkerung letztlich eigentlich dazu verpflichtet wird, Ausländer positiv zu diskriminieren. Dies ist ein weiterer Bericht, in dem Einheimische diskriminiert werden.
So betrachte ich vor allem die Umkehr der Beweislast, wenn es um Diskriminierung und Rechtsstreitigkeiten speziell im Bereich der Beschäftigung geht, als absolut verwerflich in Ländern, die sich auf das Rechtsstaatprinzip gründen, wo jeder als unschuldig gilt, bis der Gegenbeweis erbracht wird.
Kurz gesagt, im vorliegenden Bericht geht es nicht um Diskriminierung, sondern um eine Art Legalisierung von politischer Korrektheit.
Anna Záborská (PPE-DE). – (SK) Gestatten Sie mir zunächst, Frau Buitenweg für ihre Arbeit am vorliegenden Bericht zu danken. Erlauben Sie mir zudem, das Thema aus einer anderen Perspektive zu beleuchten.
Die erhöhte Mobilität der Menschen zwingt uns dazu, offener gegenüber denjenigen zu sein, die in unsere Länder kommen. Diese Offenheit beginnt allerdings bereits bei der Erziehung in der Familie, wo Kinder am ehesten lernen, andere zu achten. Die Familie ist die erste Gemeinschaft, die Offenheit, Respekt und Solidarität vermitteln sollte. Die Erziehung zur Toleranz gegenüber anderen Rassen und Volksgruppen muss zu einem sichtbaren Grundpfeiler aller Aspekte der Erziehung und Bildung werden, sowohl in der Schule als auch in der Gesellschaft allgemein. Dabei ist der Schwerpunkt auf die ethischen Grundlagen zu legen, die den Familieverband stärken.
Aus diesem Grund sind interkulturelle Beziehungen wie auch das Thema Frieden und Achtung der Vielfalt zu politischen und sicherheitsrelevanten Fragen von großer Bedeutung geworden. Der Kampf gegen Rassendiskriminierung konzentriert sich hauptsächlich auf Möglichkeiten, die Koexistenz von Völkern und Nationen zu Beginn des neuen Jahrhunderts und Jahrtausends zu gestalten. Natürlich sind dazu einige Rechtsvorschriften nötig, aber unsere Gesellschaft sollte sich mit Diskriminierung aufgrund der Rasse und ethnischen Herkunft in einer Weise auseinandersetzen, die es uns erlaubt, unsere Vergangenheit ehrlich zu hinterfragen und gemeinsam für jeden Menschen eine Zukunft anzustreben, in der die Würde und unveräußerlichen Rechte eines jeden Individuums geachtet werden.
Magda Kósáné Kovács (PSE). – (HU) Vielen Dank, Herr Präsident. Wenn 60 % der Befragten das Gefühl haben, in der einen oder anderen Weise unfair behandelt bzw. diskriminiert zu werden, ist das ein Alarmsignal für die Mitgliedstaaten und Europa.
Diskriminierung aufgrund von Rasse oder ethnischer Herkunft existiert noch immer, und es steht zu befürchten, dass dies noch lange so sein wird, da Europa vielfältiger, bunter wird und ethnische Unterschiede deutlicher sichtbar werden. Selbst in Ländern, die sich als monoethnisch betrachten, finden Menschen aus einer wachsenden Zahl verschiedener Kulturen eine Heimat.
Der ausgezeichnete Bericht von Kathalijne Buitenweg bietet eine Möglichkeit zur Bewertung und Reflexion. Diesbezüglich hat uns die Kommission heute Fortschritte versprochen, denn die Warnhinweise sind gerechtfertigt und Hilfe ist dringend erforderlich, wenn es schon mehreren Ländern nicht gelungen ist, die Richtlinie ordnungsgemäß umzusetzen. Fast alle meiner Kolleginnen und Kollegen haben darauf hingewiesen, dass die Bürger nicht in der Lage sind, von ihrem Recht auf Schutz gegen Diskriminierung Gebrauch zu machen, wenn sie sich dieses Rechts nicht bewusst sind.
Die Diskriminierung aufgrund von Rasse oder ethnischer Herkunft wirft auch in einem größeren Kontext Probleme auf, da die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit in erster Linie eine Frage der Identität ist. In Ost- und Mitteleuropa haben wir mit der Bereitschaft der Menschen, Daten zur Verfügung zu stellen, keine sehr guten Erfahrungen gemacht. So kann jemand letztlich als „Zigeuner“ gelten, wenn die Umwelt ihn so betrachtet, was in der Regel aber eher eine Frage des Lebensstils als der eigentlichen ethnischen Identität ist. Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte hat viele Möglichkeiten, diesen Zustand zu verbessern.
Ich habe noch zwei weitere Anmerkungen. Erstens kann durch die Umsetzung der Richtlinie viel dazu beigetragen werden zu verhindern, dass die Gemeinschaft der Roma aus Europa abdriftet. Zweitens sind mit den neuen Mitgliedstaaten auch neue ethnische Einheiten auf der historischen Landkarte Europas aufgetaucht. Das traurige Erbe des 20. Jahrhunderts und zweier Weltkriege liegt in der Tatsache, dass Widersprüche fortbestehen und Wunden noch nicht verheilt sind. Dafür tragen wir alle Verantwortung. Vielen Dank, Herr Präsident.
Sarah Ludford (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Ich begrüße es sehr, dass die Kommission Verstoßverfahren gegen vierzehn Mitgliedstaaten wegen der nicht ordnungsgemäßen Umsetzung der Richtlinie einleitet.
Es stimmt mich nachdenklich, wenn ich sehe, dass mein Heimatland, das Vereinigte Königreich, auf der Liste steht. Im Fall meines Landes besteht eines der Probleme darin, dass die Definition der indirekten Diskriminierung nicht zutrifft. Da gibt es natürlich keinen Grund zur Selbstgefälligkeit, auch nicht in einem Land, das schon vor über vierzig Jahren Rechtsvorschriften gegen Rassendiskriminierung erließ.
Es bedarf in dieser Frage eines starken politischen Willens, weshalb es noch enttäuschender ist, dass der Rat diese Debatte nicht für wichtig genug hielt, um hier vertreten zu sein.
Sehr interessant waren die von Kommissar Michel genannten statistischen Angaben, nach denen drei von vier Europäern zu einer anonymen Datenerfassung über die ethnische Abstammung bereit sind, und ich begrüße es, dass die Kommission in diesem Bereich in den letzten Jahren eine umfassende Arbeit geleistet und eine Richtschnur für bewährte Praktiken entwickelt hat. Wir sind seit 1999, als ich es wagte, die Worte ‚ethnische Überwachung’ in meinen Berichtsentwurf zum Europäischen Jahr gegen Rassismus aufzunehmen, und jede Menge Widerspruch erntete, ein gehöriges Stück vorangekommen.
Natürlich stimme ich Herrn Gaubert darin zu, dass wir sorgsam darauf achten müssen, dass für Zwecke der Bloßstellung und Bekämpfung von Diskriminierung erfasste ethnische und rassische Daten durch rassisches oder ethnisches Profiling nicht selbst zu einem Mittel der Diskriminierung werden.
Ich möchte den Herrn Kommissar fragen, in welchem Maße – abgesehen von Absicherungen auf dem Gebiet des Datenschutzes – die Polizei bei ihren Operationen – die natürlich Dienstleistungen sind – in den Geltungsbereich des Diskriminierungsverbots fällt, beispielsweise bei der Durchführung von Stop-and-Search-Aktionen. Die Polizei als Arbeitgeber fällt eindeutig darunter, aber ich war mir nie ganz im Klaren darüber, inwieweit die Richtlinie für Polizeiaktionen gilt.
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Marek Aleksander Czarnecki (UEN). – (PL) Herr Präsident! Wenn ich mir ansehe, wie es um die Anwendung der Richtlinien der Europäischen Union steht, und dazu gehört auch die Richtlinie zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, so stelle ich, wie schon die Berichterstatterin, fest, dass viele Mitgliedstaaten diese Richtlinie zu einem großen Teil übernommen haben und teilweise sogar darüber hinausgehen. Mit ganz wenigen Ausnahmen schenken die Mitgliedstaaten dem Gleichbehandlungsgrundsatz in vollem Umfang ihre Aufmerksamkeit. Es gibt natürlich noch Lücken und Pannen, an denen gearbeitet werden muss. Manchmal sind die Vorschriften auf verschiedene Gesetze verteilt, aber das sollte uns nicht daran hindern, ein Gesetz auf nationaler Ebene umzusetzen.
Ich glaube, dass der rechtliche Rahmen in der Europäischen Union auf einem guten Stand ist. Probleme bereitet vielmehr das Bewusstsein der Menschen, die die Diskriminierung anderer zulassen. Zum jetzigen Zeitpunkt müssen wir vor allem eine Antwort auf die Frage finden: Wie können wir das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit der Menschen in unserer globalisierten Welt weiterentwickeln, wenn die Menschen ständig ihren Wohnort wechseln…
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Philip Claeys (ITS). – (NL) Herr Präsident! Das Problem mit einem Bericht wie dem von Frau Buitenweg besteht darin, dass man von lobenswerten Prinzipien und guten Vorsätzen ausgeht, aber leider eine tiefe Kluft zwischen diesen und der Wirklichkeit besteht. Selbstverständlich ist Diskriminierung aufgrund von Rasse oder Herkunft verwerflich. Allerdings stellt sich die Frage, ob diese Art der Diskriminierung so weit verbreitet ist, wie man uns immer glauben machen möchte. Im jüngsten Jahresbericht der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) ist von einer Zunahme des Phänomens die Rede, auch wenn sie diese Behauptung nicht mit konkretem Zahlenmaterial untermauern kann. Die EUMC kann nicht einmal mit einer allgemein akzeptierten Definition von Diskriminierung aufwarten.
Viel zu häufig wird davon ausgegangen, dass nahezu alle Probleme mit Ausländern auf angebliche Ausländerdiskriminierung zurückzuführen sind. Dieser Diskurs hat katastrophale Folgen, weil damit ganze Bevölkerungsgruppen vom Prinzip der persönlichen Verantwortung entbunden werden. Kuschelpolitik und Opferkultur haben die bestehenden Probleme nur verstärkt. Daher schließe ich mich gern der von Koenraad Dillen formulierten Minderheitenansicht an.
Roberta Alma Anastase (PPE-DE). – (RO) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zunächst, meine Wertschätzung hinsichtlich der Geschlossenheit und Qualität des vorliegenden Berichts zum Ausdruck zu bringen und auf die Bedeutung der Thematik für die Verbesserung des Lebens der Menschen und die Entwicklung der Gemeinschaften hinzuweisen. In meinem Beitrag möchte ich auf die Bedeutung der Bildung und Erziehung bei der Umsetzung der europäischen Grundsätze und Rechtsvorschriften im Bereich der Gleichbehandlung von Menschen eingehen.
Zu Recht wird im Bericht darauf hingewiesen, dass Gesetze nur greifen, wenn sich die Bürger ihrer Rechte bewusst sind. Deshalb gilt es nach wie vor, die Bürger zu informieren, aber auch aufzuklären, damit sie reagieren, ja sich selbst verteidigen können. Nur wenn Menschen den Mut haben, sich zu äußern, zu schreiben und ihre Rechte einzufordern, kann das Phänomen der Diskriminierung eingedämmt werden.
Gleichzeitig ist eine Erziehung zur Toleranz für das Überleben einer Gemeinschaft unerlässlich. Lernen, mit anderen Menschen zusammenzuleben, Unterschiede nicht als Verhängnis, sondern als Entwicklungschance insgesamt zu begreifen, bedeutet, dem richtigen Weg zur Ausmerzung des genannten Phänomens zu folgen.
Genowefa Grabowska (PSE). – (PL) Herr Präsident! Die Europäische Union hat gute Gesetze und Antidiskriminierungsnormen entwickelt, an Richtlinien wird noch gearbeitet. Ich möchte meiner Kollegin zu dem Bericht gratulieren, den sie heute vorgelegt hat. Was hier beschlossen wird, setzen die Mitgliedstaaten ihrerseits um. In ihren Verfassungen haben die Länder Antidiskriminierungsklauseln, oder es gibt ganze Paragraphen in ihren Gesetzen, die die Bürger vor Diskriminierung schützen sollen. Warum ist dann aber die Lage so schlecht? Warum gibt es immer noch so viele Beispiele für Diskriminierung, gegen die wir nicht ankommen?
Das Problem, so scheint mir, hat zwei Seiten. Erstens die Unterrichtung und zweitens die Einhaltung von Verpflichtungen. Ich möchte mich auf die Unterrichtung konzentrieren. Unterrichtung liegt nicht nur in der Verantwortung der Regierungen. Wie wir sehen, unterrichten die Regierungen den Normalbürger nicht besonders gut über das Problem der Diskriminierung. Mir scheint, diese Rolle müsste in größerem Maße von Nichtregierungsorganisationen übernommen werden, die ja befähigt sind, sich mit einzelnen Bereichen der Gesellschaft und einzelnen Bevölkerungsgruppen auseinanderzusetzen und sie darüber zu informieren, was Einwanderung bedeutet. Fragen Sie doch einmal Einwanderer, ältere Frauen oder allein erziehende Mütter, ob sie sich diskriminiert fühlen! Sie werden sagen: „Nein, das ist eben unser Schicksal. Das ist einfach Pech.“ Sie brauchen Hilfe, um zu sich selbst zu finden und Hilfe im Umgang mit den zuständigen Behörden.
Ich wünsche mir, dass sich das Europäische Parlament an der Ausarbeitung eines Verhaltenskodexes für die verschiedenen Organisationen beteiligt. Abschließend möchte ich noch eines sagen: Ich hoffe, dass das Projekt der Europäischen Kommission, zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit eine Wanderausstellung in einem gelben Truck durch Europa touren zu lassen, nicht schon alles ist, was wir tun können. Wir müssen uns noch stärker für diejenigen einsetzen, die diskriminiert werden.
Wiesław Stefan Kuc (UEN). – (PL) Herr Präsident! Die Anwendung eines Grundsatzes wie z. B. des Grundsatzes der Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse oder ethnischen Herkunft und auch ohne Unterschied der Hautfarbe, des Glaubens oder der Religion bedarf in der Regel ständiger und nicht nachlassender Bemühungen. Jeder Schritt auf dem Weg hin zum Ziel kann als großer Erfolg betrachtet werden. Wir können nicht erwarten, dass sich über Nacht bei allen die Einstellung ändert und dass jeder auf sein natürliches Bestreben verzichtet, das eigene Leben zu verbessern und gegen alles zu kämpfen, das diese Verbesserung gefährden könnte. Dennoch müssen wir alles tun, um rechtliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Hindernisse zu beseitigen, wir müssen Bildungsmöglichkeiten bieten, die Bedingungen für ein harmonisches Zusammenleben schaffen und unsere negativen Einstellungen gegenüber anderen ändern, egal wie groß die Unterschiede auch sind. Abschließend möchte ich noch sagen, dass ich der Äußerung von Herrn Vanhecke zu den Meinungen nicht zustimme.
Neena Gill (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich begrüße diese Mitteilung der Kommission, bedaure aber, dass überall in der EU die Diskriminierung trotz dieser und anderer Rechtsvorschriften nicht abgenommen, sondern dramatisch zugenommen hat.
Ich möchte den Leuten von ganz rechts, die das bestreiten, antworten: Lassen Sie mich Ihnen sagen, dass ich allein in diesem Jahr etwa fünfhundert Menschen der Sikh-Gemeinde aus Frankreich, aus Belgien, aus Italien, aus Deutschland getroffen habe, die alle von erschreckenden Fällen nicht hinnehmbarer Diskriminierung gegen sie wegen ihrer äußeren Erscheinung – denn sie tragen einen Turban – berichteten.
Seit 2004 gibt es zahlreiche Sikh-Jungen in Frankreich, die der Schule verwiesen wurden, weil sie nicht ihren Turban abnahmen. Ähnliche Fälle gibt es in Belgien und Deutschland.
Während das französische Oberste Gericht entschied, männliche Sikh dürften auf dem Foto ihres Führerscheins ihren Turban tragen, hat das französische Ministerium das innerhalb von 24 Stunden nach diesem Urteil ausdrücklich verboten.
Auf dem Brüsseler Flugplatz werden Sikh-Männer regelmäßig aufgefordert, ihren Turban abzunehmen, was als große Beleidigung gilt.
Darüber hinaus erhalte ich wöchentlich Anrufe aus Italien, in denen über Menschen berichtet wird, die nicht ihren täglichen Geschäften nachgehen können, weil sie Sikh sind. Diese Fälle stellen somit einen eindeutigen Verstoß gegen alles dar, was in diesem Bericht gefordert wird und was die Kommission verbreitet.
Daher möchte ich den Herrn Kommissar fragen, was er und die Kommission unternehmen, um diesen Fällen von Diskriminierung zu begegnen. Wir können nicht über Einheit und Vielfalt reden und dann die Praktiken der Regierungen vieler Mitgliedstaaten ignorieren.
Ich möchte Frau Buitenweg, der Berichterstatterin, dafür danken, dass sie Maßnahmen vorschlägt, die, so hoffe ich, denen eine gewisse Wiedergutmachung bringen, die aufgrund von Ignoranz und infolge von Unkenntnis und mangelnder Achtung vor der Kultur anderer Menschen ausgegrenzt werden.
Abschließend hoffe ich aufrichtig, dass wir in diesem Jahr der Chancengleichheit und im nächsten Jahr des interkulturellen Dialogs den Willen aufbringen sicherzustellen, dass auf unsere Worte Taten folgen.
Jan Tadeusz Masiel (UEN). – (PL) Herr Präsident! Eines ist klar: Im 21. Jahrhundert muss man den Kampf gegen Diskriminierung unterstützen. Auch ich befürworte diesen Bericht, sehe die Wurzeln für Vorurteile aber eher in Kultur, Zivilisation und Religion, als in Rasse und ethnischer Herkunft. Im Übrigen möchte ich anmerken, dass es für uns in Europa einfacher wäre, den Grundsatz der Nichtdiskriminierung einzuhalten, wenn es für Menschen, die in unsere Länder einreisen wollen, eine kontrollierte Einwanderungspolitik gäbe, denn im Prinzip reagiert keiner aggressiv und unfreundlich auf einen Partner, den er sich selbst ausgesucht hat.
Im Bericht geht es im Wesentlichen um die Rechte von Einwanderern. Wir sollten aber auch über ihre Pflichten nachdenken. Es wäre einfacher, Ausländern und Menschen aus anderen Kulturen ohne Diskriminierung zu begegnen, wenn diese der Kultur und den Traditionen der Menschen in dem Land, in das sie gekommen sind, mehr Respekt erweisen und sich um Integration bemühen würden, statt mitten in unserem Europa, das – wir müssen doch den Tatsachen ins Auge sehen – seine Wurzeln im Christentum hat, einen Staat im Staat zu errichten.
Emine Bozkurt (PSE). – (NL) Herr Präsident! Ich danke Frau Buitenweg für die hervorragende Arbeit, die sie mit dem Bericht geleistet hat. Ob es nun um Diskriminierung und Rassismus auf dem Arbeitsmarkt, im Sportverein oder in der Schule geht – in jedem Bereich wird dadurch gegen unsere europäischen Werte verstoßen. Bedarf besteht an einem kombinierten Konzept auf allen Ebenen – auf europäischer, einzelstaatlicher und lokaler. Gesetzgeber, Politiker und Opfer von Diskriminierung haben hier eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Wir müssen die Bürger Europas für ihre Rechte und die Mittel zur Einforderung dieser Rechte sensibilisieren.
Ich möchte die Kommission nachdrücklich aufrufen, gemäß ihrer Verantwortung zu handeln und für die sofortige und korrekte Umsetzung der Richtlinie über die Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse zu sorgen. Die Richtlinie markiert einen Schritt in die richtige Richtung, aber ihre Wirksamkeit steht und fällt mit der einzelstaatlichen Durchsetzung. Darum fordere ich die Kommission auf, die bereits im Jahr 2004 von Barroso persönlich angekündigte und dringend erforderliche moralische Führungsstärke zu zeigen. Auch anno 2007, im Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle, ist Diskriminierung in Europa noch an der Tagesordnung. Vor allem zum gegenwärtigen Zeitpunkt, zu einer Zeit, in der bestimmte Gruppen – dabei denke ich insbesondere an die Stellung von Muslimen in Europa – sicher keinen einfachen Stand haben, brauchen wir Menschen, die sich für die Bekämpfung von Diskriminierung stark machen und in allen Bereichen angesehen sind.
Auch ich bitte darum, dass die Kommission die Antidiskriminierungsmaßnahmen auf alle erdenklichen Formen von Diskriminierung ausweitet.
Justas Vincas Paleckis (PSE). – (LT) Herr Präsident! Ich möchte der Berichterstatterin zu diesem Bericht gratulieren, von dem ich hoffe, dass Menschen damit besser vor Diskriminierung aufgrund ihrer Rasse und ethnischen Herkunft geschützt werden und besseren Rechtsschutz genießen.
Es bleibt noch viel zu tun, wenn wir die Gleichbehandlungsrichtlinien zur ethnischen Herkunft bzw. zu Beschäftigung und Beruf umsetzen wollen. Die Bürger der EU-Mitgliedstaaten (vor allem der neuen Staaten) kennen ihre Rechte noch nicht und haben entweder keine Zeit oder sind finanziell nicht in der Lage, diese zu verteidigen. In den meisten Ländern gelingt es den Opfern von Diskriminierung nicht, sich zu einigen und mächtigere Institutionen mit der Verteidigung der gemeinsamen Rechte zu betrauen. Es ist schwierig, sich über diese heiklen Themen zu informieren und so indirekte Diskriminierung zu erkennen oder das Ausmaß der Diskriminierung in der Gesellschaft zu beurteilen. Daher hat auch die Europäische Kommission Probleme, die Umsetzung der Richtlinien zu überwachen und die Ursachen für die misslichen Umstände zu ermitteln, unter denen es zu Diskriminierungen kommt.
Ich schließe mich den Empfehlungen meiner Kolleginnen und Kollegen an, die Nichtregierungsorganisationen, die die Bürger informieren und bei Diskriminierung den Opfern Rechtsbeistand gewähren, mit mehr finanziellen Mitteln auszustatten. Die Rolle der Medien ist auch sehr wichtig.
Nun möchte ich mich direkt an meine Kollegen wenden. Wir alle haben Büros in den Ländern, in denen wir gewählt wurden. Dort könnten wir ja eine Art juristische Grundberatung anbieten und finanzieren und so die Menschen über die Gesetze zum Schutz vor Diskriminierung und die Möglichkeiten des Einsatzes rechtlicher Mittel informieren. Wir könnten den Menschen also direkt helfen.
Und wir könnten noch aktiver den politischen Willen zum intensiveren Kampf gegen Rassendiskriminierung und Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz mobilisieren.
Louis Michel, Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Ihnen versichern, dass ich meinem Kollegen Vladimir Špidla die weitgehend positiven Einschätzungen, die ich in Bezug auf seine Arbeit vernommen habe, natürlich übermitteln werde. Ich glaube, diese Wertschätzung ist gerechtfertigt, und ich werde sie ihm zur Kenntnis geben. Ich werde ihm natürlich auch die Hinweise und dringenden Bitten bzw. die Erwartungen des Europäischen Parlaments mit Blick auf die Arbeit, die noch getan werden muss, übermitteln.
Von vornherein möchte ich eine Sache klarstellen. Ebenso wie die Kommission teile ich selbstverständlich nicht die Ansichten, in denen gewisse Tendenzen in Richtung Ausgrenzung zu verzeichnen waren, und ich bin froh, sagen zu können, dass dies Randerscheinungen sind. Gleichermaßen sehe ich mich gezwungen, etwas zu der Behauptung zu sagen, dass das Risiko bestehe, einen Staat im christlichen Staat oder im christlichen Europa zu schaffen. Selbstverständlich habe ich vollen Respekt für die einzelnen Bürger, die so denken, allerdings fühle ich mich veranlasst, Sie ganz einfach daran zu erinnern – und dies ist meines Erachtens meine Pflicht – dass Europa in religiöser, philosophischer oder politischer Hinsicht nicht mit einer Stimme spricht. Ich glaube, manchmal ist es gut, sich auf derartige Selbstverständlichkeiten zu besinnen.
(NL) Frau Buitenweg und Frau In't Veld haben völlig zu Recht auf ein grundlegendes Problem hingewiesen – die Umsetzung der Richtlinien in einzelstaatliche Gesetze. Die Kommission ist sich absolut darüber im Klaren, dass weiter Druck auf die Mitgliedstaaten ausgeübt werden muss, die die europäische Gesetzgebung bislang nicht einhalten. Die Kommission teilt die Sorge der Gremien, die sich mit diesen wichtigen Fragen in den Mitgliedstaaten beschäftigen. Wie Sie ja sicherlich wissen, unterstützen wir diese Gleichbehandlungsstellen und -organisationen zuverlässig und auch bereitwillig.
(FR) Was die neue Initiative anbelangt, so führen wir zurzeit eine Folgenabschätzung durch. Die Untersuchung zu deren Auswirkungen auf Diskriminierungen hat bereits begonnen. Es ist klar, dass wir das Ausmaß des Problems kennen müssen. Gegenwärtig finden Konsultationen in der Öffentlichkeit, bei den NRO, bei den Sozialpartnern, in den Unternehmen und auch im Europäischen Parlament statt. Wenn alles normal läuft, wird es im Januar 2008 einen Bericht über die Folgenabschätzung geben. Der nächste Schritt wird die dienststellenübergreifende Konsultation im März und April 2008 sein. Die Initiative soll in das Arbeitsprogramm der Kommission 2008 aufgenommen werden, das derzeit geprüft und Ende Oktober, Anfang November veröffentlicht wird. Wenn sie in der vorgeschlagenen Form angenommen wird, erhält die Kommission im Juni 2008 ein Vorschlag, und anschließend werden die Dinge ihren normalen Lauf nehmen.
Es versteht sich von selbst, dass unsere eigenen Überlegungen und Einschätzungen denen der Mitglieder, die sich in der Aussprache zu Wort gemeldet haben, recht nahe kommen – zumindest der Mehrzahl von ihnen – und ich möchte Frau Buitenweg im Namen der Kommission für die ausgezeichnete Arbeit danken. Ich glaube, dass das, was wir hier gesehen haben, ein Beispiel dafür ist, welch entscheidende Rolle das Europäische Parlament bei der Gestaltung eines Europas spielen kann, das auf Rechten basiert, seine Minderheiten und wirklich alle seine Bürger achtet.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet heute, am 27. September 2007, statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Lívia Járóka (PPE-DE), schriftlich. – (HU) Ich möchte meine Kollegin Kathalijne Buitenweg zu ihrem Bericht beglückwünschen und zugleich auf einige wichtige Probleme aufmerksam machen.
Das Rechtsbewusstsein der Bürger Europas ist eher begrenzt und ausgerechnet jenen Menschen, die Opfer ungerechter Behandlung sind oder anders gesagt die ethnischen Minderheiten, insbesondere die Roma, haben fast keine Kenntnis über einschlägige gesetzliche Bestimmungen bzw. Rechtsschutzstrukturen. Aus diesem Grund wird in der Europäischen Union nur in wenigen Fällen der gerichtliche Klageweg beschritten. Darüber hinaus sind die in solchen Fällen verhängten Geldstrafen lächerlich gering, vor allem im Vergleich zu ähnlichen Verfahren in den USA. Die Mitgliedstaaten sollten die Verantwortung und die Pflicht haben, die Öffentlichkeit zu informieren und zu schulen, um zu gewährleisten, dass möglichst viele Bürger aus allen Schichten und Bereichen der Gesellschaft ihre Rechte und Möglichkeiten kennen.
Gleichbehandlungsstellen arbeiten bürgerfern. Sicher ist es nicht übertrieben zu behaupten, sie seien nur auf dem Papier und ohne aktive Beteiligung der Betroffenen tätig. Problematisch ist auch die Tatsache, dass diese Stellen in ihrer Arbeit zu einem großen Teil im Hinblick auf Finanzen, Infrastruktur, Personal und ihre politische Linie von den Regierungen der Mitgliedstaaten abhängig sind.
Wir müssen auf europäischer Ebene ein effizientes System der Rechenschaftspflicht und Überwachung einrichten und die Jahresberichte systematischer gestalten, damit festgestellt werden kann, ob Gleichbehandlungsstellen unabhängig arbeiten.
Véronique Mathieu (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Der Bericht über die Gleichstellung von Männern und Frauen 2007 bietet zunächst die Gelegenheit, das Engagement der Europäischen Union für die Rechte der Frauen zu würdigen, das bereits bis in das Jahr 1957 zurückgeht. Wie die jüngsten Statistiken nach dem Beitritt von Rumänien und Bulgarien zeigen, gibt die derzeitige Situation jedoch kaum Anlass zur Zufriedenheit.
Erstens sind für viele Frauen der Zugang zum Arbeitmarkt und ihr Status auf dem Arbeitsmarkt noch allzu oft Utopie. Zweiunddreißig Jahre nach der Richtlinie des Rates zur Angleichung der Löhne für Männer und Frauen sind die Abweichungen angesichts eines Lohngefälles von durchschnittlich 15 % weiterhin zu groß.
Zweitens sind größere Anstrengungen nötig, um die Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen und um Ausgrenzung und Ungleichbehandlung zu bekämpfen. Dies betrifft besonders ländliche Gebiete, wo Frauen, die als mitarbeitende Partnerinnen an der Seite der Landwirte tätig sind, im Scheidungs- und Erbfall oder beim Zugang zu Eigentumsrechten großen Ungerechtigkeiten ausgesetzt sind. Zudem werden diese Frauen nicht immer in den statistischen Analysen berücksichtigt.
Bestimmte Gesetzestexte bedürfen dringend einer besseren praktischen Umsetzung. Des Weiteren muss die Europäische Union in diesem wichtigen Kampf dafür sorgen, dass sich die nationalen Kulturen durch eine wachsende Sensibilisierung und eine wirksamere Prävention weiterentwickeln und angleichen.