18. Europäisches Beratungsgremium für die Statistische Governance – Europäischer beratender Ausschuss für die Gemeinschaftspolitik im Bereich der statistischen Information (Aussprache)
Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über
– den Bericht von Sharon Bowles im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einsetzung eines Europäischen Beratungsgremiums für die Statistische Governance (KOM(2006)0599 – C6-0348/2006 – 2006/0199(COD)) (A6-0327/2007) und
– den Bericht von Ieke van den Burg im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über den Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einsetzung eines Europäischen Beratenden Ausschusses für die Gemeinschaftspolitik im Bereich der statistischen Information (KOM(2006)0653 – C6-0379/2006 – 2006/0217(COD)) (A6-0328/2007).
Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. − (ES) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Jahr 2005 leitete die Kommission mit Unterstützung des Rates und des Parlaments einen Reformprozess auf dem Gebiet der statistischen Governance der Europäischen Union mit dem Ziel ein, die Unabhängigkeit, Integrität und Rechenschaftspflicht der nationalen Statistischen Ämter aller EU-Mitgliedstaaten und natürlich des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) zu stärken.
Der erste Schritt in diesem Prozess war die Verabschiedung des Verhaltenskodexes für europäische Statistiken im Mai 2005. Die Umsetzung dieses Verhaltenskodexes hat zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen Eurostat und den einzelstaatlichen Statistischen Ämtern und einer höheren Zuverlässigkeit der statistischen Daten geführt, die für viele Zwecke erfasst werden; wobei ich aber besonders auf ein Ziel hinweisen möchte, das hier über die Jahre diskutiert worden ist, und zwar auf das Verfahren bei einem übermäßigen öffentlichen Defizit.
Bei ihrem Vorschlag für den Verhaltenskodex empfahl die Kommission zugleich, als Gegengewicht zu dem selbstregulierenden Ansatz ein Berichtssystem einzurichten, um die Einhaltung des Kodexes überwachen zu können. In diesem Zusammenhang entstand die Idee zur Schaffung eines externen Beratungsgremiums, das bei der Kontrolle der Umsetzung des Verhaltenskodexes im Rahmen des Europäischen Statistischen Systems eine aktive Rolle spielen sollte.
Die Kommission unterstrich gleichzeitig, dass es zweckmäßig wäre, die Arbeitsweise und die Zusammensetzung des Europäischen Beratenden Ausschusses für Statistische Informationen im Wirtschafts- und Sozialbereich zu überprüfen, um ihn effizienter zu gestalten und ihm eine eher strategische Funktion zuzuweisen. Der Ecofin-Rat und im Weiteren die einzelstaatlichen Statistikbehörden nahmen beide Empfehlungen positiv auf, und die Kommission setzte sie im Oktober vergangenen Jahres in einem zweiteiligen Vorschlag um; diese Vorschläge sind es, die wir heute mit der Aussicht erörtern – und ich hoffe, Sie werden mir hierin zustimmen können –, dass sie in erster Lesung angenommen werden.
In diesem Sinne möchte ich die beiden Berichterstatterinnen, Frau Bowles und Frau Van den Burg, ausdrücklich zu ihrer Arbeit und der Qualität ihrer Berichte beglückwünschen.
Dieser Prozess der Stärkung der europäischen statistischen Governance wird durch einen weiteren Vorschlag der Kommission zur Überprüfung der Verordnung über die Erstellung der europäischen Statistiken ergänzt, der am 16. Oktober – also vor wenigen Tagen – verabschiedet wurde. Dieser Vorschlag unterliegt ebenfalls der Genehmigung durch das Parlament und den Rat im Mitentscheidungsverfahren, so dass wir Gelegenheit haben werden, ihn hier in den kommenden Monaten erneut zu erörtern.
Dank diesem Bündel von Initiativen wird die Union über ein modernes, zuverlässiges und effizientes europäisches Statistiksystem verfügen, mit dem das Vertrauen der Öffentlichkeit in die amtlichen statistischen Daten verbessert werden kann. Ich verweise ein weiteres Mal auf die in den vergangenen Jahren häufig in diesem Parlament geführten Debatten über die Bedeutung zuverlässiger Haushaltsdaten, zuverlässiger Daten für andere nationale Gesamtrechnungen, BIP usw. oder die Notwendigkeit eines für die Öffentlichkeit absolut verlässlichen Preisindexes.
Gestatten Sie mir, zu den Berichten, die wir heute Abend erörtern, kurz anzumerken, dass es unseres Erachtens besser gewesen wäre – wie es unser ursprünglicher Vorschlag nach unserem Dafürhalten vorsah –, das institutionelle Gleichgewicht in Bezug auf die Ernennung der Mitglieder des Europäischen Beratungsgremiums für die Statistische Governance und die Erstellung und Vorlage der Berichte dieses Gremiums stärker zu beachten. Die Kommission räumt jedoch ein, dass die Änderungen der ursprünglichen Vorschläge zweifellos wichtig sind, durch den Rat und durch das Parlament unterstützt werden und den wesentlichen Inhalt unserer ursprünglichen Vorschläge nicht verändern.
Bevor ich meine Ausführungen schließe, Herr Präsident, möchte ich daher den Berichterstatterinnen und dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung noch einmal für ihre ausgezeichnete Arbeit und für die kontinuierliche Unterstützung danken, die sie der Kommission bei den Bemühungen zur Modernisierung sowie zur zuverlässigeren und stabileren Gestaltung des statistischen Systems gewährt haben.
Sharon Bowles (ALDE), Berichterstatterin. – (EN) Herr Präsident! Dieser Beschluss betrifft die Einsetzung des Europäischen Beratungsgremiums für die Statistische Governance. Statistiken werden von den Mitgliedstaaten, der EU, von internationalen Gremien und einer Vielzahl weiterer Einrichtungen für verschiedene Zwecke verwendet. So nutzt zum Beispiel die Europäische Zentralbank statistische Angaben für wirtschaftliche Analysen; für die Kommission erstellt Eurostat Statistiken, die auf den von den Mitgliedstaaten vorgelegten Daten beruhen.
Vor einigen Jahren wurde die Glaubwürdigkeit der bei den EU-Institutionen vorgelegten statistischen Angaben einiger Mitgliedstaaten infrage gestellt und die Forderung nach einer Art Qualitätskontrolle gestellt. Wie der Herr Kommissar festgestellt hat, wurde daraufhin ein Verhaltenskodex für statistische Verfahren erarbeitet. Zur Überprüfung der Kohärenz und Einhaltung des Verhaltenskodexes wird jedes nationale statistische Amt einem Peer-Review unterzogen, an dem ein anderer Mitgliedstaat und Eurostat beteiligt sind. Als weitere Kontrollmaßnahme wurde die Einsetzung eines unabhängigen hochrangigen Beratungsgremiums empfohlen. Dieses Gremium, das heute als Europäisches Beratungsgremium für die Statische Governance bezeichnet wird, ist Gegenstand des vorliegenden Vorschlags.
Es lässt sich nicht leugnen, dass alle beteiligten Seiten hoch sensibel reagieren, wenn es darum geht, welche Eingriffe das Gremium vornehmen darf. Ich bin der derzeitigen portugiesischen Präsidentschaft wie auch dem vorangegangenen deutschen Vorsitz, aber auch der Kommission dafür dankbar, dass sie diese Empfindlichkeiten ehrlich angesprochen haben. Das Parlament vertrat die Meinung, dass das Gremium nicht nur seinen Stempel auf den Bericht der Kommission drücken dürfe. Wir konnten uns jedoch auf einen vernünftigen und praktikablen Vorschlag einigen, in dem die Mehrzahl der Änderungsanträge des Parlaments in dieser oder jener Form Berücksichtigung fanden. Besonders hat es mich gefreut, dass wir mit dem Rat Einigung darüber erzielen konnten, dass der Dialog gefördert werden muss, nicht nur zwischen dem Gremium, dem Ausschuss für das Statistische Programm und dem Europäischen Beratungsgremium für die Statistische Governance, sondern auch der Dialog mit den beteiligten Stellen der Mitgliedstaaten.
Das Gremium erstattet dem Parlament und dem Rat Bericht und nimmt im Rahmen dieses Berichts eine Bewertung der Umsetzung des Verhaltenskodexes im gesamten Europäischen Statistischen System vor. Ferner berät das Gremium die Kommission in Bezug auf geeignete Maßnahmen zur Erleichterung der Anwendung des Verhaltenskodexes, soweit er Eurostat und das gesamte Europäische Statistische System betrifft. Auch berät es die Kommission in Bezug auf die Vermittlung des Verhaltenskodexes an die Nutzer und Datenlieferanten sowie die Aktualisierung des Verhaltenskodexes. Zudem wurden Maßnahmen zur Gewährleistung der Unabhängigkeit des Gremiums sowie zur Einbeziehung des Parlaments in den Prozess der Ernennung getroffen. So beruft der Rat nach Anhörung der Kommission den Vorsitzenden des Beratungsgremiums, dessen Ernennung vom Parlament genehmigt wird. Das Parlament und der Rat ernennen jeweils drei Mitglieder des Gremiums. Der Vorsitzende darf zu diesem Zeitpunkt weder einem statistischen Amt eines Mitgliedstaates noch der Kommission angehören oder eine solche Stellung in den vorausgegangenen zwei Jahren bekleidet haben. Ursprünglich hatten wir ähnliche Bedingungen für alle Mitglieder des Beratungsgremiums ins Auge gefasst, aber das ist in der Praxis nicht machbar. Ergänzend wurde jedoch aufgenommen, dass die Mitglieder des Gremiums verschiedene, sich gegenseitig ergänzende Fähigkeiten und Erfahrungen besitzen sollten. Für den Fall, dass wir kein ausgewogenes Verhältnis gefunden haben, dürfte das Gremium selbst in der Lage sein zu erkennen, ob seine Tätigkeit erfolgreich war oder nicht, und daher ist nach drei Jahren eine Überprüfung vorgesehen. Damit bleibt dem Gremium und auch anderen Parteien ausreichend Zeit zu prüfen, ob die angewandten Methoden geeignet und effektiv sind oder ob sich Änderungen erforderlich machen. Diese Überprüfung muss gründlich erfolgen.
Das Parlament, die portugiesische Präsidentschaft und die Kommission haben einen sehr effektiven Dialog zu dieser Thematik geführt, dafür möchte ich Ihnen danken. Es freut mich, dass ich diesen Vorschlag mit Unterstützung der Schattenberichterstatter, denen ich ebenfalls danken möchte, in nur einer Lesung zur Abstimmung bringen kann.
Ieke van den Burg (PSE), Berichterstatter. – (EN) Herr Präsident! Gestatten Sie mir zunächst zwei Bemerkungen. Erstens ist die Statistik offensichtlich kein besonders aufregendes Thema und wird deshalb stets am Ende der Tagesordnung behandelt. Was mir jedoch auf den Nägeln brennt, ist die Tatsache, dass es Politiker, Abgeordnete und andere Personen gibt, die sich gerne über Statistiken beschweren. Wenn jedoch die reale Möglichkeit besteht, etwas zu verbessern, leisten sie keinen aktiven Beitrag zur Behebung der Situation.
Zweitens hoffe ich, dass zumindest der Herr Kommissar diese Aussprache zu würdigen weiß. Frau Bowles und ich haben festgestellt, dass wir die Debatte nicht wirklich brauchen. Gleichwohl muss unterstrichen werden, dass Sie auf dem Gebiet der Statistik etwas unternommen haben, und diese Tatsache verdient einige Aufmerksamkeit. So hoffe ich, dass Sie uns nicht dafür verantwortlich machen, dass Sie um diese Stunde noch hier sind.
Lassen Sie mich Ihnen zunächst zu den sehr konkreten Maßnahmen gratulieren, die Sie in Bezug auf diese in der letzten Zeit wiederholt angesprochenen Probleme mit der Statistik ergriffen haben. Ich weiß, dass Sie dies im Rahmen des Ihnen vom Rat gewährten politischen Handlungsspielraums tun mussten, denn wir sind uns dessen bewusst, dass die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten nicht zur Schaffung unabhängiger statistischer Stellen verpflichten und diesen vorschreiben kann, wie sie zu arbeiten und mit Zahlen und Daten umzugehen haben.
Zwar erheben die Minister und Abgeordneten ihre Stimmen am lautesten und energischsten, wenn es darum geht, sich über die Unzuverlässigkeit der Zahlenangaben anderer zu beschweren, gleichzeitig wünschen sie jedoch keine Einmischung in ihre Angelegenheiten und keine Angriffe auf ihre Autonomie und Art und Weise des Umgangs mit Statistiken. Das ist das Problem, mit dem Sie zu kämpfen haben.
In diesem Zusammenhang glaube ich jedoch, Herr Kommissar, dass Ihr pragmatischer, von unten ausgehender Ansatz, sich auf die Peer Reviews und einen Verhaltenskodex sowie die Reformierung der Entscheidungsstruktur des statistischen Systems zu konzentrieren, ein guter Weg war. Dies soll durch die Schaffung eines neuen hochrangigen Governance-Gremiums, von dem Frau Bowles gesprochen hat, und durch die Reformierung des bestehenden Europäischen Beratenden Ausschusses für Statistische Informationen im Wirtschafts- und Sozialbereich (CEIES) in einen schlankeren und kleineren beratenden Ausschuss mit einem breiteren Mandat erfolgen.
In unseren Berichten haben sowohl Frau Bowles als auch ich versucht, dies noch weiter auszubauen und den Ansatz der Kommission zu stärken und zu vertiefen. Gleichzeitig haben wir im Einklang mit Ihrem Vorschlag darauf geachtet, dass diese beiden neuen europäischen Gremien ordnungsgemäß funktionieren können und über eine größere Unabhängigkeit von der Kommission und von Eurostat verfügen.
Dem Generaldirektor von Eurostat möchte ich dafür danken, dass er die Tatsache, dass wir ihm bei dem von uns entwickelten System seine Stimmrechte entzogen haben, so bereitwillig akzeptiert hat, auch wenn dies möglicherweise nicht ganz im Sinne der Kommission war.
Ferner gilt mein Dank der portugiesischen Präsidentschaft und Frau Cordeiro, von der die Arbeitsgruppe des Rates effektiv geleitet wurde und die mit uns die erste Lesung zu dieser Thematik verhandelte. Dies war eine äußerst effiziente, zeitsparende und unbürokratische Arbeitsweise. Das ist, Herr Hans-Peter Martin, der Sie ebenfalls um das Wort gebeten haben, ein Beispiel dafür, wie wir einen solchen Mitentscheidungsprozess auf eine sehr effiziente Art und Weise gestalten können.
Lassen Sie mich sehr kurz auf einige der Elemente des statistischen Gremiums eingehen, was ich in schriftlicher Form tun werde. Wenn Sie das Dossier lesen, werden Sie sehen, an welcher Stelle wir Änderungen vorgenommen haben, sodass ich hier auf eine Wiederholung verzichten kann. Ich möchte lediglich meinen Wunsch bekräftigen, dass diese beiden Gremien das Bewusstsein fördern und zu Verbesserungen in der Funktionsweise statistischer Systeme beitragen mögen, damit uns zuverlässige Zahlenangaben zur Verfügung stehen und wir bei unseren wirtschaftlichen Aktivitäten von zuverlässigen Daten ausgehen können.
Jean-Paul Gauzès, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die Verbesserung des Europäischen Statistiksystems ist Teil der größeren Aufgabe einer soliden Ordnungspolitik in der Union, insbesondere in Hinblick auf die Anpassung des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Ich teile den Wunsch der Kommission und der Mitgliedstaaten, die Qualität der statistischen Informationen zu verbessern. Meines Erachtens hängt die Zuverlässigkeit der Daten davon ab, wie ein übermäßiges Defizit definiert wird. Durch unzuverlässige Daten wird der gesamte Stabilitäts- und Wachstumspakt gefährdet.
Aufgrund der Flexibilität bei der Umsetzung des Paktes, die mit der Reform eingeführt wurde, die der Europäische Rat im März 2005 beschlossen hat, müssen die notwendigen Zahlen unanfechtbar und überprüfbar sein. Flexibilität ist auch im derzeitigen Kontext einer Erweiterung der Eurozone wichtig. Wir müssen aus unseren Erfahrungen lernen! Die Europäische Union musste bereits die Statistiken zum Haushaltsdefizit der Mitgliedstaaten und der Höhe der Verschuldung überarbeiten. Nun wollen mehrere Mitgliedstaaten der Eurozone beitreten, daher wird sowohl der Umfang der statistischen Informationen zunehmen, die verarbeitet werden müssen, als auch die Anzahl der an den Gesprächen beteiligten Parteien.
Mit der vorgeschlagenen Verbesserung des europäischen statistischen Systems soll den berechtigten Bedenken Rechnung getragen werden, die gegenüber der Gültigkeit der von den Mitgliedstaaten vorgelegten Daten und dem System für ihre Überprüfung bestehen. Wir müssen dafür sorgen, dass kein Zweifel am gesamten statistischen System und der Fähigkeit von Eurostat aufkommt, die Haushaltsdaten der Mitgliedstaaten zu prüfen.
Aus diesen Gründen unterstütze ich die Reform, die zunächst zur Einsetzung eines Europäischen Beratenden Ausschusses für die Gemeinschaftspolitik im Bereich der statistischen Information und danach zur Gründung eines Europäischen Beratungsgremiums für die statistische Governance führen wird – beide Gremien können aktiv dazu beitragen, die Umsetzung des Verhaltenskodex im gesamten europäischen statistischen System zu überwachen.
Ich unterstütze die Vorschläge unserer beiden ausgezeichneten Berichterstatter vorbehaltlos.
Wolf Klinz, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kollegen! Sie, Herr Kommissar, haben schon darauf hingewiesen, dass Statistiken sowohl der Europäischen Union als auch der Mitgliedstaaten für viele Politikbereiche von entscheidender Bedeutung sind. Um falsche Entscheidungen und Fehlentwicklungen zu vermeiden, ist es nötig, dass Statistiken aussagefähig, verlässlich, eindeutig interpretierbar und damit auch vergleichbar sind. Das war bisher leider nicht immer der Fall. Ich begrüße daher die Einrichtung des statistischen beratenden Ausschusses und des Beratungsgremiums für die statistische Governance. Die vom Europäischen Parlament eingebrachten Änderungen werden – so hoffe ich – beiden Gremien die nötige Geltung verschaffen.
Ich möchte hervorheben, dass erstens der statistische beratende Ausschuss unabhängig sein wird und alle betroffenen Gruppierungen vertreten sein werden. Der Ausschuss wird wesentlich weniger Mitglieder haben als sein Vorgänger – der Europäische beratende Ausschuss für statistische Informationen (CEIES) – und durch die Verkleinerung von 79 auf 24 Mitglieder deutlich an Effizienz gewinnen. Ich begrüße, dass der Europäische Datenschutzbeauftragte dem beratenden Ausschuss als stimmberechtigtes Mitglied angehören soll, dem Direktor von Eurostat aber nur eine Mitgliedschaft ohne Stimmrecht zugebilligt wird. Das unterstreicht die Unabhängigkeit des Gremiums.
Eine sinnvolle Ergänzung für den beratenden Ausschuss ist zweitens das Beratungsgremium für die statistische Governance. Es wird die Umsetzung des Verhaltenskodex in allen Fragen der europäischen Statistik überwachen und – so hoffe ich – aktiv fördern.
Es bleibt zu hoffen, dass mithilfe dieser beiden Institutionen der Nutzerbedarf stärker in das statistische Arbeitsprogramm einfließen wird und sich der Verhaltenskodex in der Praxis so weit durchsetzt, dass bewusst oder versehentlich gelieferte falsche Informationen und Daten in Zukunft der Vergangenheit angehören.
Lassen Sie mich abschließend den beiden Berichterstatterinnen herzlich für ihre Arbeit danken und für ihre Bereitschaft, strittige Punkte offen und konstruktiv zu diskutieren.
Mieczysław Edmund Janowski, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Ich möchte Frau Bowles und Frau van den Burg meine Anerkennung für ihre Berichte aussprechen.
Wir sollten uns der Rolle des Europäischen Statistischen Systems bewusst sein, das wahrscheinlich das beste System der Welt ist. Hierbei geht es nicht nur um die Übersichtlichkeit von Abbildungs-, Tabellen- oder Grafiklisten. An oberster Stelle stehen die Verlässlichkeit und Vollständigkeit von statischen Daten auf der Ebene der Europäischen Union, der Mitgliedstaaten und ebenso, und dies möchte ich betonen, auf der Ebene der Regionen. Hierfür ist es unbedingt erforderlich, die Kontinuität von Informationen sowie den Zugang zu diesen zu gewährleisten. Ich möchte an dieser Stelle hinzufügen, dass nur statische Daten, die auf die gleiche Weise gemäß statischen Grundsätzen gesammelt und zusammengestellt wurden, verlässlich und transparent sein können und nicht von kurzfristigen Interessen oder der Abgabe von Prioritäten beeinflusst werden können. Meine Erfahrung bezüglich der Regionalpolitik hat deutlich gezeigt, dass derartige Risiken bestehen.
Aus diesem Grund sollten wir dankbar dafür sein, dass es für 2008-2012 ein Statistisches Programm der EU gibt. Um dieses in die Praxis umzusetzen, sind jedoch entsprechende finanzielle Mittel und vor allem eine angemessene Beratung, eine Überwachung des Verhaltenskodex für europäische Statistiken sowie eine Statistikverwaltung von Nöten. Dies ist angesichts der unterschiedlichen Systeme, die in den Mitgliedstaaten eingesetzt werden und der Notwendigkeit der Koordinierung und Vereinheitlichung dieser Systeme auf der Ebene der 27 Länder und statistischen Ämter sowie Eurostat von großer Bedeutung. In diesem Zusammenhang möchte ich beide Berichte unterstützen.
Hans-Peter Martin (NI). - Herr Präsident! Wie wichtig Statistiken sind, darüber sind sich nicht nur die Menschen einig, die noch zu später Stunde den Weg hierher gefunden haben. Die Frage ist: Wird das Ziel, das wir vermutlich alle verfolgen, mit den Maßnahmen, die da auf den Weg gebracht werden, erreicht? Stutzig gemacht hat mich, Herr Kommissar, dass Sie jetzt wieder von einer neuen Verordnung sprechen, die ebenfalls mit uns verhandelt werden wird. Vielleicht können Sie kurz dazu Stellung nehmen, inwiefern das dann wieder diese Beratungsgremien betrifft.
Das Zweite ist: Die Beratungsgremien bergen immer die große, ihnen innewohnende Gefahr, sich zu verselbständigen und alles in die Länge zu ziehen. Wäre es nicht trotz alledem sinnvoller gewesen, kurz, knapp, klar die Probleme zu evaluieren, auch durch externe Unternehmensberatungen, die wir bei Eurostat hatten, und dann schnell im politischen Prozess mit dem Parlament zur Einigung zu kommen, als das wieder auszulagern und auf die lange Bank zu schieben? Denn wir wissen doch alle, dass das Kernproblem die Schnittstelle zwischen Eurostat und nationalen Ämtern ist. Ein Beratungsgremium kann das allenfalls wieder zum Thema machen, aber sicherlich dort nicht wirklich Transparenz und Effizienz herstellen.
Joaquín Almunia, Mitglied der Kommission. − (ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Ihnen allen – und dabei ganz besonders den Berichterstatterinnen, aber auch allen anderen, die sich an der Debatte beteiligt haben – danken für Ihr Engagement und Ihre Mitarbeit zur Verbesserung der statistischen Governance der Europäischen Union und zur Stärkung – mittels der Reform des zweiten Gremiums – der Beteiligung der Verbraucher am europäischen Sozial- und Wirtschaftsleben mit dem Ziel, ein besseres statistisches System, ein glaubwürdigeres System zu schaffen.
Wir sprechen hier von einem System, und sowohl das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) als auch die nationalen Statistischen Ämter der 27 Mitgliedstaaten müssen, wie Frau Van den Burg sagte, den Ansprüchen und Hoffnungen gewachsen sein, die wir in sie setzen; sie müssen kooperieren, koordiniert arbeiten, sich gegenseitig befruchten, und vor diesem Hintergrund sind der Verhaltenskodex und die Art und Weise seiner Anwendung aus meiner Sicht eine sehr gute Sache. Ich hoffe, dass dieses neue Gremium seinen Wert zu schätzen weiß und seine Funktion darüber hinaus mit Blick auf die Zukunft voranbringen kann, da die Verfügbarkeit guter Statistiken für viele Bereiche sehr wichtig ist.
Herr Gauzès hat den Stabilitäts- und Wachstumspakt erwähnt. Auch ich habe dies in meinen einleitenden Ausführungen getan. Es muss sichergestellt sein, dass wir bei der Überwachung der Haushaltsdisziplin in diesem multilateralen Rahmen über zuverlässige Zahlen verfügen. Ebenso wichtig ist aber die Verfügbarkeit zuverlässiger Zahlen zum Sozialprodukt für die Finanzierung der Europäischen Union, die Verfügbarkeit eines zuverlässigen Preisindexes, die Verfügbarkeit von Außenhandelsstatistiken sowie die Verfügbarkeit von Statistiken über Auslandsinvestitionen oder über Handels- und Finanzströme.
Bei allen Themen, die wir erörtert haben – oder deren Erörterung wir wie in meinem Fall zugehört haben –, wird daher wie im vorangegangenen Tagesordnungspunkt zur Energie, den Energiestatistiken außerordentliche Bedeutung beigemessen, aber auch den Einwanderungsstatistiken oder den Statistiken zu den Themen im Zusammenhang mit der bis heute so genannten dritten Säule. Es gibt viele, so viele Arbeitsfelder – praktisch alle Arbeitsfelder der Europäischen Union –, die gute Statistiken benötigen, so dass die Bedeutung dieser Debatte – auch wenn ihr Gegenstand, wie Frau Van den Burg es ausgedrückt hat, nicht sehr sexy ist – ganz offensichtlich ist, und ich hoffe, dass die beiden Gremien dem gewachsen sind, was wir mit diesen beiden Vorschriften von ihnen verlangen.
Mit den Bestimmungen des so genannten Statistikgesetzes wird eine ebenfalls sehr wichtige neue Vorschrift kommen. Ich hoffe, dass mit diesem Gesamtpaket und mit der verdienstvollen Arbeit, die sowohl Eurostat und seine Mitarbeiter als auch die nationalen Statistischen Ämter der 27 Mitgliedstaaten leisten, in den nächsten Jahren alle Zweifel an der Qualität der europäischen Statistiken zerstreut und, wenn möglich, ganz verschwinden werden und dass dies zu mehr Effizienz und einer besseren Einstellung unserer Politik und unserer Entscheidungen auf die Bedürfnisse und Wünsche der europäischen Bürger führen wird, denn darum geht es ja im Grunde, wenn wir über Statistik reden.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch, dem 24. Oktober, statt.