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Verfahren : 2007/0810(CNS)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0441/2007

Eingereichte Texte :

A6-0441/2007

Aussprachen :

PV 13/11/2007 - 13
PV 13/11/2007 - 15
CRE 13/11/2007 - 13
CRE 13/11/2007 - 15

Abstimmungen :

PV 15/11/2007 - 5.3
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2007)0531

Ausführliche Sitzungsberichte
Dienstag, 13. November 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.

13. Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes – Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands in der Tschechischen Republik, in Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und der Slowakischen Republik (Aussprache)
Protokoll
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

– die Erklärung des Rates zur Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands, und

– den Bericht von Carlos Coelho im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Entwurf eines Beschlusses des Rates über die vollständige Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands in der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik (11722/2007 – C6-0244/2007 – 2007/0810(CNS)) (A6-0441/2007).

 
  
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  José Magalhães, amtierender Ratspräsident. (PT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin sehr erfreut, heute hier in diesem Hause anwesend zu sein und im Namen der Ratspräsidentschaft und der Portugiesischen Republik über die bevorstehende Erweiterung des Schengen-Raums zu diskutieren.

Noch vor einem Jahr hingen dunkle Wolken über Europa mit der Gefahr einer äußerst schwerwiegenden politischen Krise, da technische Schwierigkeiten die Inbetriebnahme der zweiten Generation des Schengener Informationssystems (SIS) 2007 verhinderten. Die Erfüllung der angemessenen Erwartungen hinsichtlich der Freizügigkeit der Bürger aus den Mitgliedstaaten, die der Europäischen Union 2004 beigetreten sind, auf unbestimmte Zeit zu verschieben, wäre nicht nur eine nicht hinnehmbare Demonstration technischer Unfähigkeit gewesen, sondern vor allem auch eine schwere Niederlage für das europäische Ideal und ein Beweis für die Unfähigkeit und Inkompetenz unserer Institutionen und Mitgliedstaaten. Wir hätten diesen Bürgern tausend Erklärungen geben können, aber alle hätten wie klägliche Entschuldigungen geklungen und zu einer Suche nach Schuldigen eingeladen und dabei die praktische Lösung des Problems verhindert.

Glücklicherweise haben wir mit einer wahrlich beispiellosen Geschwindigkeit und Kohärenz einen anderen Weg gewählt. Vor allem fanden wir in Lissabon die passende technische Antwort auf die technische Krise.

Das Projekt SISone4all wurde in knapp dreißig Tagen entwickelt, und seine Machbarkeitsstudie wurde von europäischen Spitzenfachleuten in einer ähnlichen Zeitskala geprüft. Im Dezember 2006 konnte der Rat Justiz und Inneres dem Prozess mit einer Operationsplanung grünes Licht erteilen, die einer europäischen Version des Films „Mission impossible“ würdig wäre und mit einem winzigen Budget von nur wenig mehr als einer halben Million Euro ausgestattet war. Im März war die Softwareanwendung – ein Klon des portugiesischen N.SIS (National SIS) – wie versprochen einsatzbereit und wurde an die neuen Projektpartner ausgeliefert. Das C.SIS (Central SIS) wurde ebenfalls dank dem umfassenden Einsatz der Französischen Republik, der unser Dank gebührt, einem umfangreichen Upgrade unterzogen.

Die deutsche Präsidentschaft trieb die geeigneten gesetzlichen Maßnahmen mit einem makellosen Timing voran. Am 31. August gelang es uns, die Installation der Anwendungen und die Migration der Daten zu beenden, was ein schwieriger und komplexer Prozess war. Am nächsten Tag erhielten die Sicherheitskräfte der neuen Mitgliedstaaten Zugang zu den neuen Tools, die sie dann mit großem Erfolg nutzten. Es blieb nur noch die Prüfung, ob all die anderen zahlreichen für die Zulassung zum Schengen-Raum erforderlichen Maßnahmen mit ebensolchem Erfolg angenommen worden waren, wie diejenigen zu den Land- und Wassergrenzen, zur Zusammenarbeit der Polizeibehörden, zum Datenschutz und zur Ausstellung von Visa. Glücklicherweise waren diese bereits angenommen. Vergangene Woche, am 8. November, hat der Rat Justiz und Inneres erfahren, dass die betreffenden Mitgliedstaaten ein ausreichendes Maß an Vorbereitung unter Beweis gestellt haben, um sowohl die nicht im Zusammenhang mit SIS stehenden Maßnahmen als auch die im Zusammenhang mit dem Schengener Informationssystem des Schengen-Besitzstands stehenden Maßnahmen zufrieden stellend anzuwenden.

Ich möchte hier in diesem Hause allen danken, die die Veränderungen umgesetzt und das Beurteilungsprogramm in den vergangenen Monaten durchgeführt haben. Besondere Erwähnung sollte die umfassende Arbeit der zahlreichen an den Besuchen beteiligten Sachverständigen finden, die es ermöglicht haben, dass die in nur wenigen Monaten erreichten Umgestaltungen ohne auch nur die Spur eines Zweifels bestätigt wurden.

Wir verfügen jetzt an der neuen Außengrenze unserer Europäischen Union über die am höchsten entwickelte und modernste Ausrüstung, über organisatorische Lösungen, die Preise für Innovation verdienen, und über geeignete Verfahren, um ein sehr hohes Niveau im Kampf gegen das Verbrechen zu gewährleisten. Dies wird ergänzt durch spezielle Überwachungsmaßnahmen, die bereits auf einer bilateralen oder multilateralen Ebene vereinbart wurden, so dass es nach Aufhebung der Kontrollen am „Tag danach“ mehr Freiheit, aber nicht weniger Sicherheit gibt.

Ich muss auch betonen, dass die Sorge um ein Höchstmaß an Transparenz die portugiesische Präsidentschaft dazu bewogen hat, sehr erfolgreiche Schritte einzuleiten, so dass das Europäische Parlament Zugang zu den aus den enormen Anstrengungen resultierenden Informationen haben kann. Dieses Haus war daher in der Lage, die absolute Strenge der Zusammenfassung der Folgenabschätzung, die wir auch als gesondertes Dokument bereitstellen wollten, zu prüfen. Ich muss den Berichterstatter Herrn Coelho zu seinem großen Einsatz, die gesetzten Termine einzuhalten, und zu der ausgezeichneten Qualität seines Berichts beglückwünschen.

Meine Damen und Herren, dies ist die Methode, die wir anwenden müssen, um die künftige Herausforderung der Einrichtung und integrierten Handhabung von SIS II, VIS (Visa-Informationssystem) und neuen Informationssystemen über Reisende, die Vizepräsident Frattini vor kurzem ankündigte, zu bewältigen. Niemand sollte sich Illusionen machen, da Megaprojekte dieser Art große Erfolge oder schwere Niederlagen sein können. Erfolg kann nur mit starken Befehlsstrukturen, entschlossener Führung und sehr engen Terminplänen erreicht werden.

Wir benötigen keinen Technologie-Zaren, sondern vielmehr eine Menge Arbeit in einem demokratischen Netzwerk, das die Kommission, die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament einbindet, wie in diesem Falle beispielhaft demonstriert wurde. Ich möchte allen, die zu diesem Erfolg beigetragen haben, auch offiziell danken. Dies ist das Geheimnis des Erfolgs von SISone4all, und nur so können wir Ressourcen sparen, Synergien zwischen Projekten schaffen und vor allem, meine Damen und Herren, Termine einhalten.

Es muss nur eine Voraussetzung erfüllt werden, bevor der Rat einen Beschluss, der für Dezember 2007 geplant ist, über die volle Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes in den neuen Mitgliedstaaten fassen kann. Diese Voraussetzung ist Ihre Abstimmung, die Abstimmung des Europäischen Parlaments. Ich hoffe, ich kann in Anbetracht des sehr positiven Inhalts des Entschließungsantrags, der bereits auf der Tagesordnung steht, auf Ihr Ergebnis zählen und in dieser Hinsicht zuversichtlich sein.

Gestatten Sie mir abschließend meinen herzlichen Dank für die sehr schmeichelhaften Worte, die das Europäische Parlament durch diesen Entschließungsantrag für den Ratsvorsitz und die Republik Portugal gefunden hat. Im Namen der Männer und Frauen, die sich in den vergangenen Monaten unserer Aufgabe, diese historische Entscheidung, die letztlich den Eisernen Vorhang niederreißen wird, vorzubereiten, gewidmet haben, muss ich sagen, dass uns nicht nur der Wunsch nach einem Sieg und der Verhinderung einer ernsten Krise inspiriert hat. Wir mobilisierten das beste Know-how in Europa, wir haben die Tools des neuen digitalen Europas genutzt, um unsere Pläne und Schwierigkeiten rasch zu diskutieren, und wir schufen ein fantastisches Netzwerk von Sachverständigen und einen 24-Stunden-Helpdesk, um Lösungen zu finden. All dies ging einher mit einer engen und beispiellosen Verbindung zwischen Sachverständigen und Politikern, den Ministern in diesem Bereich, die sich regelmäßig in Sondersitzungen trafen, um den Prozess mit der uneingeschränkten Solidarität der Kommission zu lenken. Ich muss insbesondere die Rolle von Vizepräsident Frattini hervorheben.

Meine Damen und Herren, wir vergessen auch niemals, dass Europa seine parlamentarischen Vertreter hat, deren Meinung Einfluss auf unser Handeln haben muss. Wir haben Ihre Empfehlungen gebührend berücksichtigt, und wir zählen auf Ihre Vertretung bei den Gedenkfeiern zur Würdigung der historischen Erweiterung des europäischen Raums der Freizügigkeit, die am 21. und 22. November stattfinden werden. Vielen Dank, meine Damen und Herren, für Ihren Beitrag zu diesem historischen Ergebnis.

 
  
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  Franco Frattini, Vizepräsident der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich alle Mitgliedstaaten dazu beglückwünschen, dass es ihnen gelungen ist, den Bürgern Polens, Estlands, Litauens, Lettlands, der Tschechischen Republik, Sloweniens, Ungarns, der Slowakei, Maltas und den derzeitigen Schengen-Staaten ermöglicht haben, endlich in den vollen Genuss der Freizügigkeit von Personen zu kommen, die zu den Pfeilern der Europäischen Union gehört.

Dies ist ein echter Gewinn für die Bürger der Mitgliedstaaten, die der EU im Jahre 2004 beigetreten sind. Das Reisen wird dadurch schneller und einfacher. Für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird daraus der Nutzen ersichtlich, den die Zusammenarbeit im europäischen Rahmen bringt. Ein Raum ohne interne Grenzkontrollen ist eine erstaunliche Errungenschaft ohne Beispiel in der Geschichte. Ab dem 21. Dezember ist es beispielsweise möglich, ohne Grenzkontrollen von der Iberischen Halbinsel in die baltischen Staaten und von Griechenland bis nach Finnland zu reisen. Dies ist wahrhaft symbolisch für ein vereinigtes Europa und ein Grundrecht für alle Bürger Europas.

Wie Sie alle wissen, sind dieser historischen Errungenschaft umfangreiche Vorbereitungen vorausgegangen. Der Beitritt zum Schengen-Raum ist kein leichtes Unterfangen. Er ist eine Herausforderung, und wir müssen das rechte Gleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit herstellen. Die Abschaffung der internen Grenzkontrollen ist auch eine Frage des Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten gewinnen durch ein Verfahren der gegenseitigen Bewertung, die „Schengen-Bewertung“, Vertrauen in die Fähigkeit des jeweils anderen, die Außengrenzen im Namen aller anderen zu bewachen und für den gesamten Schengen-Raum gültige Visa auszustellen.

Die Mitgliedstaaten verbessern auch die polizeiliche Zusammenarbeit und die Sicherheitskontrollen im größer gewordenen Schengen-Raum, um zu verhindern, dass sich Verbrecher die Freizügigkeit zunutze machen und bessere Möglichkeiten erhalten, gesetzwidrige Taten zu begehen. All das wäre ohne finanzielle Solidarität nicht möglich gewesen. Die mit nahezu einer Milliarde Euro ausgestattete Schengen-Fazilität hat die neuen Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, insbesondere die Aufgabe des Aufbaus einer wirksamen Grenzkontrolle zu meistern und vollwertige Partner im Schengen-Raum zu werden.

Ich möchte auch dem Berichterstatter Herrn Coelho und dem Europäischen Parlament für die aktive Unterstützung zur Erreichung dieser grundlegenden Errungenschaft danken, und nicht zuletzt beglückwünsche ich die portugiesische Präsidentschaft. Ich beglückwünsche Sie persönlich und die Innenminister Costa und Pereira zu Ihrer strategischen Partnerschaft und der Eindeutigkeit bei der erfolgreichen Verwirklichung des unter der Bezeichnung „SIS one 4 all“ bekannten Projekts des Schengener Informationssystems. Wir haben zusammen mit der vorangegangenen deutschen und der nachfolgenden slowenischen Präsidentschaft hart daran gearbeitet, unsere portugiesischen Kollegen zu unterstützen, und es ist uns gelungen. Das zeigt, was wir erreichen können, wenn sich alle mit vollem Engagement für ein komplexes Vorhaben einsetzen. Aber auch jetzt, meine Damen und Herren, ist die Arbeit nicht beendet. Unser höchstes Ziel ist es, das Schengener Informationssystem II bis Dezember 2008 in Betrieb zu nehmen. Wir müssen wiederum gemeinsam sehr hart arbeiten.

 
  
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  Carlos Coelho (PPE-DE), Berichterstatter. (PT) Herr Präsident, Herr Vizepräsident der Kommission, Herr Ratspräsident, meine Damen und Herren! Der Schengen-Raum ist einer der großartigsten Erfolge in der Geschichte der europäischen Integration. Die Aufhebung von Binnengrenzen und Umsetzung einiger Ausgleichsmaßnahmen, darunter die Schaffung wirksamer Kontrollen an den Außengrenzen, die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Polizei- und Justizbehörden und die Einrichtung des Schengener Informationssystems, sind der beste Weg zur Einführung des Rechts auf Freizügigkeit.

Wie die Europäische Union, so ist auch Schengen gewachsen. Die anfängliche Mitgliedschaft von fünf Staaten wurde nach und nach auf fünfzehn ausgedehnt, einschließlich zweier Drittstaaten, Island und Norwegen, und mit der teilweisen Beteiligung von Irland und dem Vereinigten Königreich. Wir stehen nun vor einem historischen Ereignis: der umfassendsten Erweiterung in der Schengen-Geschichte, mit der gleichzeitigen Aufhebung der Binnengrenzen zu neun Mitgliedstaaten, der Tschechische Republik, Estlands, Ungarns, Lettlands, Polens, Litauens, Sloweniens, der Slowakei und Maltas. Dies ist ein Ereignis voller Bedeutung für Europa, für die Freizügigkeit und für diese neuen Mitgliedstaaten und ihre Bürger.

Ich möchte diese zunächst begrüßen und beglückwünschen. Ich möchte sie nicht nur zu ihrem Beitritt zum Schengen-Raum beglückwünschen, sondern vor allem auch zu den systematischen und engagierten Anstrengungen, die sie unternommen haben, um alle von den strengen Schengen-Regeln festgelegten Anforderungen zu erfüllen. Die Berichte vom Dezember 2006, die Minister Magalhães bereits erwähnte, stellten verschiedene Probleme heraus, die im Großen und Ganzen überwunden wurden. Die Beurteilungsteams setzten sich aus Sachverständigen aus allen Mitgliedstaaten zusammen. Sie besuchten die Grenzen und Konsulate und erstellten umfassende Berichte mit Aussagen zum Ist-Zustand, Bewertungen und Empfehlungen, von denen viele aufgrund der in der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten noch immer bestehenden Probleme weitere Maßnahmen und erneute Besuche notwendig machten.

Ich möchte das unter der Leitung von Dr. Carlos Moreira stehende Beurteilungsteam beglückwünschen, nicht nur für die in kurzer Zeit durchgeführte anspruchsvolle Arbeit, sondern auch, weil es nicht einfach nur seiner Inspektionsaufgabe nachgekommen ist und häufig Maßnahmen und Lösungen vorgeschlagen hat, mit denen die festgestellten Probleme behoben werden konnten.

Herr Präsident, die Aufhebung der Binnengrenzen erfordert nicht nur bessere Kontrollen an den Außengrenzen und einen positiven Austausch von Informationen und Daten über das Schengener Informationssystem (SIS), sie ist in besonderem Maße eine gegenseitige Vertrauensübung, bei der jeder die angenommenen Regeln strikt einzuhalten hat. Durch die Gewährleistung wirksamer Kontrollen an unseren Grenzen wird die Sicherheit aller europäischen Bürger sichergestellt. Die Sicherheit des Schengen-Raums hängt tatsächlich davon ab, wie streng und wirksam die Kontrollen jedes Mitgliedstaats an seinen Außengrenzen sind, sowie von der Qualität und dem hohen Tempo des Informationsaustauschs über das SIS. Jede Schwäche oder ungenügende Umsetzung eines dieser Elemente kann die Sicherheit der Union und die Wirksamkeit des Schengen-Raums gefährden.

Deshalb müssen wir die noch verbliebenen kleineren Probleme beseitigen. Auch wenn sie kein Hindernis für die Aufhebung der Binnengrenzen darstellen, müssen sie doch gelöst werden. Deshalb fordert das Europäische Parlament in der anzunehmenden politischen Entschließung, die von fünf politischen Fraktionen unterzeichnet wurde, und in der legislativen Entschließung, innerhalb von sechs Monaten über alle noch offenen Fragen im Detail informiert zu werden. Und aus diesem Grund fordern wir auch, dass innerhalb von zwei Jahren eine Gesamtbewertung des Funktionierens des Schengen-Raums vorgenommen wird, in die alle Mitgliedstaaten, die neuen und die alten, einbezogen werden.

Abschließend möchte ich dem portugiesischen Ratsvorsitz, insbesondere der portugiesischen Regierung und dem hier heute anwesenden portugiesischen Minister José Magalhães, für ihr Engagement und ihren Geist der Zusammenarbeit und für die mit SISone4all gefundene Lösung, wie Vizepräsident Frattini bereits betont hat, danken. Dank dieser Lösung konnten die neuen Mitgliedstaaten an das SIS angeschlossen werden. Wäre dies nicht geschehen, wäre es aufgrund der Verzögerung beim SIS II nicht möglich gewesen, den Schengen-Raum dieses Jahr zu erweitern. Herr Magalhães, ich bin mir Ihres großen persönlichen Engagements bewusst. Ich möchte auch Frau Dr. Eduarda Peixeiro danken, der wir viel für die angenommene Lösung verdanken.

Ich habe zwei abschließende Bemerkungen. Die erste gilt der Europäischen Kommission. Ich möchte sie noch einmal daran erinnern, dass die Einrichtung von SIS II weiterhin eine Priorität für das Europäische Parlament darstellt, nicht unbedingt, um den neuen Mitgliedstaaten den Zugang zum System zu ermöglichen, da dies mit SISone4all gelöst wurde, sondern vor allem, weil es im Gemeinschaftsrahmen eine effizientere Nutzung von Daten erlaubt und damit durch die Einbeziehung von biometrischen Daten und die Kopplung von Warnungen die Sicherheit verbessert. Meine zweite Bemerkung gilt dem Rat. Ich muss mein Bedauern darüber ausdrücken, dass er zu Beginn dieses Konsultationsverfahrens nicht den Grundsatz der vernünftigen Zusammenarbeit mit dem Parlament gewahrt hat, da er sich aus Sicherheitsgründen weigerte, die von den Sachverständigen erstellten Beurteilungsberichte zu übermitteln. Auch wenn ein Kompromiss für eine vorübergehende Lösung der Situation gefunden wurde, muss eine langfristige Lösung gesucht werden. Es ist absurd, dem Parlament Material zu verweigern, mit dem es seine legislativen Befugnisse ausübt.

Herr Präsident, wir haben einen weiteren Schritt hin zur europäischen Integration getan. Es liegt nun an jedem von uns sicherzustellen, dass dieser Schritt zu mehr Freiheit und mehr Sicherheit führt.

 
  
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  József Szájer, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (HU) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei und europäischer Demokraten möchte ich die Einführung des Schengener Systems begrüßen und die Gelegenheit nutzen, um im Namen der neun neuen Mitgliedstaaten sowohl der deutschen und portugiesischen Präsidentschaft als auch dem Rat, der Kommission und insbesondere Herrn Coelho für die immense Arbeit zu danken, die sie geleistet haben, um dieses Ziel zu erreichen. An dieser Stelle muss ich auch die Anstrengungen der neuen Mitgliedstaaten erwähnen, da uns ihre Arbeit dahin gebracht hat, wo wir heute sind.

Der freie Personenverkehr ist eine der vier Freiheiten der Union. Jetzt erweitern wir diese Errungenschaft, diesen neuen Teil der Freiheit auf viele Millionen neuer EU-Bürger. Das ist ein gemeinsamer Akt von uns allen – wir Europäer haben das gemeinsam geschafft, und darauf sollten wir stolz sein.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich komme aus einer Stadt an der Grenze zwischen Österreich und Ungarn. Jahrzehntelang war meine Stadt – Sopron – von ihrer unmittelbaren Umgebung und von Österreich durch den Eisernen Vorhang abgeschnitten. Ich habe ein Stück dieses Eisernen Vorhangs mit in dieses Hohe Haus gebracht, so wie schon viele Male zuvor. Es war dieser Eiserne Vorhang, der die Ausübung der Freiheit in Europa unmöglich machte. Mit der Einführung des Schengener Systems beseitigen wir nun die letzten Überreste. Dieses Stück Eisen sollte uns daran erinnern, dass es in unserer jüngsten Vergangenheit keine Freiheit gab und wir es niemals zulassen dürfen, dass man uns die Freiheit nimmt.

Mit der Freiheit kommt die Verantwortung. Die neuen Mitgliedstaaten nehmen die Verantwortung für die Kontrollen an den gemeinsamen europäischen Außengrenzen sehr genau, da unser aller Sicherheit davon abhängt. Außerdem dürfen wir die breite Unterstützung durch die Öffentlichkeit, die der freie Personenverkehr erfährt, nicht zunichte machen. Deshalb muss sich jeder Unionsbürger an die Gesetze der Union halten. Wie Kommissionsmitglied Frattini soeben sagte, ist die Freizügigkeit nicht mit grenzenloser Verbrechensfreiheit gleichzusetzen.

Freiheit darf und kann nicht missbraucht werden, denn das gefährdet die Freiheit an sich und das Recht, sich frei zu bewegen. Auch dürfen wir es nicht zulassen, dass bestimmte Kräfte das Prinzip der kollektiven Schuld wiederbeleben, das böse Erinnerungen weckt und das Recht auf Freizügigkeit verwirkt. Wir dürfen es nicht zulassen, dass Verbrecher ungestraft davonkommen. Aus genau diesem Grund möchte ich mich noch einmal dafür bedanken, dass das Schengener System auf diese neun neuen Mitgliedstaaten erweitert werden kann. Das ist ein historisches Ereignis.

 
  
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  Jan Marinus Wiersma, im Namen der PSE-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Auch ich möchte im Namen meiner Fraktion die Bürger der neun neuen Mitgliedstaaten zum Geschenk beglückwünschen, das ihnen am 21. und 22. Dezember durch die portugiesische Präsidentschaft gemacht wird. Ich stimme völlig mit dem Minister und der Präsidentschaft überein, die in der Tat die letzten Reste des Eisernen Vorhangs beseitigen. Die Freizügigkeit der Bürger in einem Europa ohne Binnengrenzen ist äußerst positiv und gehört zu den wichtigsten Freiheiten der Europäischen Union. Ich begrüße die Tatsache, dass die Bewohner der neun neuen Mitgliedstaaten ebenfalls in den Genuss dieser Freiheit gelangen.

Beim Schengener Übereinkommen geht es allerdings um mehr als um die Abschaffung interner Grenzen. Es bedeutet auch, dass die EU-Außengrenzen jetzt im Interesse aller Mitgliedstaaten durch diese neuen Länder kontrolliert werden müssen. Es ist äußerst wichtig, dass die Erweiterung des Schengen-Raums nicht unsere Sicherheit gefährdet. Herr Frattini und der Minister haben das Gleiche gesagt. Effiziente und effektive Grenzkontrollen sind daher entscheidend.

Die Bewertung durch den Rat und die Kommission zeigen, dass die neun Länder im Prinzip bereit sind, diese Aufgabe zu übernehmen, aber dass in einigen Bereichen, z. B. beim Personal und bei der Flughafen-Infrastruktur Verbesserungen vorgenommen werden können. Wir sind gespannt auf die Bewertungen und Kontrollen, die sich daraus ergeben. Auch wir hoffen, dass das Parlament zügig darüber informiert wird.

Bei Schengen geht es selbstverständlich um mehr als um Grenzkontrollen, es geht auch um die verstärkte polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit der Schengen-Länder. Wir sind froh, dass der portugiesische Vorsitz für die neun Mitgliedstaaten mit einer Art von SIS 1+ eine Lösung gefunden hat. Gleichzeitig bleiben wir dabei, dass für SIS II so bald wie möglich Fortschritte erzielt werden müssen. Ich bin erfreut über Herr Frattinis Zusagen, dass dies bis Dezember 2008 der Fall sein wird, und natürlich werden wir auf Einhaltung der Zusage bestehen.

Wir verstehen, dass Bulgarien und Rumänien noch einige Jahre warten müssen, hoffen jedoch zugleich, dass diese Länder mit unserer Hilfe weiter hart an sich arbeiten, so dass sie in einigen Jahren ebenfalls dem Schengen-Raum beitreten können.

Das Gleiche trifft auf Zypern zu. Es ist eine Schande, dass das Problem, das das Land schon so lange am Fortschritt gehindert hat, jetzt auch den Beitritt zum Schengen-Raum verhindert. Dies ist ein weiteres Argument dafür, gemeinsam das Problem zu lösen, mit dem das Land schon so lange zu tun hat. Auch in anderen Hinsichten, z. B. den Beziehungen zur Türkei, sorgt dieses Problem für Schwierigkeiten. Und natürlich ist auch für die Menschen auf Zypern selbst eine Lösung notwendig.

Zum Schluss möchte ich nochmals auf die Diskussion von gestern zu sprechen kommen. Es wurde zu Recht gesagt, dass die Erweiterung des Schengen-Raums und das gesamte Schengen-System Solidarität der Mitgliedstaaten untereinander erfordert. Wie ich bereits erwähnte, handelt es sich bei der Kontrolle der EU-Außengrenzen um eine Aufgabe, die die Sicherheit aller betrifft und in die die neun neuen Länder jetzt mit eingebunden werden. Wir werden jetzt darüber mit ihnen sprechen.

Sicherheit und die Notwendigkeit zu kooperieren verursachen an sich potenzielle künftige Probleme, z. B. in Hinblick auf interne Migration. Wir müssen darin übereinkommen, dass wir nicht versuchen, Probleme einseitig zu lösen, sondern bei künftigen Problemen nach Zusammenarbeit mit allen Ländern streben, die zum Schengen-Raum gehören. Wie ich sagte, müssen wir dafür sorgen, dass sich nicht wiederholt, was derzeit in Italien geschieht, d. h. dass ein Land ein in Wirklichkeit gemeinsames Problem im Alleingang zu lösen versucht.

 
  
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  Henrik Lax, im Namen der ALDE-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Auch ich möchte mich den Gratulanten anschließen und den neuen Schengen-Mitgliedern viel Erfolg bei dem Kunststück wünschen, die Bedingungen für die Übernahme des Schengen-Besitzstandes in so kurzer Zeit zu erfüllen.

Ich möchte ferner Portugal gratulieren, und das soll eine doppelte Gratulation sein. Zum einen hat Portugal als Erstes den Vorschlag „SIS I für alle“ eingebracht, zum anderen hat es jetzt während seiner Ratspräsidentschaft die Fähigkeit und Energie aufgebracht, das Bewertungsverfahren durchzusetzen.

Wir haben gehört, was für ein historischer Schritt nach vorn das ist. Die Wiedervereinigung Europas auch in dieser Form – durch die Freizügigkeit – ist ein Erfolg, der nicht hoch genug geschätzt werden kann.

Der Weg dahin war nicht leicht, insbesondere aufgrund der Probleme mit SIS II, das sich aus Gründen verzögert hat, die nicht hinnehmbar sind und vom Parlament mehrfach kritisiert worden sind. Wie wir gehört haben, brauchen wir SIS II zur Stärkung der Sicherheit innerhalb des neuen erweiterten Raumes.

Das Parlament hat darüber hinaus kritisiert, dass es nicht sofort vollen Einblick und Zugang zu den Bewertungsdokumenten erhalten hat. Ich möchte einen besonderen Dank an meinen Freund und Kollegen, Herrn Coelho, richten. Ohne seine Bemühungen wären wir nicht in der Lage gewesen, unsere parlamentarische Kontrolle auszuüben.

Abschließend möchte ich ferner daran erinnern, dass viele der neuen Mitgliedstaaten starke historische Bindungen zu ihren europäischen Nachbarn haben. Wir müssen jetzt dafür sorgen, dass die Schengen-Erweiterung nicht zu einem Eisernen Schengen-Vorhang gegenüber diesen Ländern führt. Unsere Nachbarn müssen ebenfalls Zugang zu dem Wissen erhalten, über das wir verfügen, wenn sie in der Lage sein sollen, unserem Beispiel zu folgen und Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Marktwirtschaft aufzubauen. Noch einmal herzlichen Glückwunsch an alle drei Parteien zu ihrem großen Erfolg.

 
  
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  Brian Crowley, im Namen der UEN-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte mich den Glückwünschen meiner Kollegen an die portugiesische Präsidentschaft dazu anschließen, dass es ihr gelungen ist, ein Abkommen und eine Verständigung über die Erweiterung des Schengen-Raumes zustande zu bringen. Das ist in der Tat ein historisches Ereignis. Es reiht sich in die Erweiterung der Europäischen Union ein und wird von uns begrüßt.

Wie bereits zu Recht von anderen Kollegen erwähnt, herrscht in Bezug auf unsere Außengrenzen und darüber, was wir diesbezüglich tun können und wie wir verfahren sollen, über die Frage der Solidarität und das solidarische Verhalten anderen Mitgliedstaaten gegenüber Besorgnis. Besonders ich als Ire habe, da ja Irland und Großbritannien ein gemeinsames Reisegebiet bilden, gewisse Schwierigkeiten mit dem Beitritt Irlands zum Schengener Abkommen, und zwar aus keinem anderen als dem überhaupt wohl wichtigsten Grund, dass dadurch neuerlich eine Grenze zwischen dem Norden und dem Süden Irlands entstehen würde. Deshalb gibt es diese Schwierigkeit, aber wir wollen auch nicht, dass die erzielten Fortschritte behindert werden. Mit Ihrer Erlaubnis möchte ich jetzt auf Irisch fortfahren.

(GA) Die EU wird auch weiterhin mit dem Problem der Drogenimporte in die EU und dem illegalen Kinderhandel zu kämpfen haben und sich der gemeinsamen Einwanderungspolitik, der gemeinsamen Asylpolitik, der EU-weiten polizeilichen Zusammenarbeit und der Bekämpfung der organisierten Kriminalität widmen. Europol leistet bei der Bekämpfung des internationalen Verbrechens in Europa ausgezeichnete Arbeit.

(EN) Und gemeinsam können wir tatsächlich das notwendige zweifache Ergebnis der Freizügigkeit von Personen und der Sicherheit und Gewissheit für alle Länder erreichen.

 
  
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  Tatjana Ždanoka, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich die neuen Mitgliedstaaten, darunter mein Heimatland Lettland, aus Anlass des Beitritts zum Schengen-Raum beglückwünschen. Ich möchte auch Portugal für seine SIS-I-Initiative danken, die vielen Europäern den Weg zur Freizügigkeit geebnet hat.

Vielen Dank allen, die daran mitgewirkt und ihr Bestes gegeben haben, um dieses Weihnachtsgeschenk möglich zu machen.

Unterdessen gibt es noch zahlreiche Probleme auf diesem Gebiet. Was geschieht mit SIS II? Wann kann es seinen Betrieb aufnehmen? Wir sind auch über die Verwendung sensibler Daten durch SIS II besorgt. Die für diese SIS-II-Vorschriften geltenden Datenschutzregelungen sind außerordentlich kompliziert. Wird es bis Ende dieses Jahres eine politische Einigung über den Rahmenbeschluss des dritten Pfeilers zum Datenschutz geben? Wird der Rahmenbeschluss alle Probleme lösen? Verfügen die Datenschutzbehörden über ausreichende Mittel, um die Datenschutzbestimmungen in Bezug auf SIS II durchzusetzen? Werden alle Mitgliedstaaten bei der Verarbeitung von Schengen-Daten in gutem Glauben handeln?

Warum stelle ich jetzt so viele Fragen? Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass das Schengener System alles andere als vollständig ist. Es ist gute Arbeit geleistet worden, um das Schengen-Gebiet zu erweitern, aber jetzt stehen wir vor der neuen, möglicherweise noch schwierigeren Aufgabe, den Raum der Freiheit zu einem für alle sicheren Raum zu machen.

 
  
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  Giusto Catania, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich möchte im Namen meiner Fraktion meiner Überzeugung Ausdruck verleihen, dass dies ein sehr wichtiger Tag ist, denn wir erweitern für viele Unionsbürger die Möglichkeit, sich frei zu bewegen. Dieser Tag markiert einen bahnbrechenden Schritt nach vorn, und darüber sind wir sehr erfreut, denn er garantiert zusätzliche Bewegungsfreiheit. Dies ist ein großer Erfolg, der in die Richtung eines einheitlichen europäischen Raums weist.

Meine Fraktion hat nichtsdestoweniger hinsichtlich einiger Aspekte Bedenken, insbesondere was die außenpolitische Dimension des Schengen-Raums angeht. Tatsächlich stärken wir die externe Dimension des Schengen-Raums und bauen unsere Außengrenzen gleichsam bis hin zu einer Militarisierung aus. Deswegen hegen wir ernsthafte Zweifel: Einerseits geben wir den Unionsbürgern, die zum Schengen-Raum gehören, größere Bewegungsfreiheit, andererseits erschweren wir den Zutritt für Drittstaatsangehörige.

Aus diesem Grund sind wir mit dem gesamten Prozess unzufrieden. Außerdem stellen wir die Einführung von SIS II, dem Schengener Informationssystem der zweiten Generation, in Frage: Wir sind sehr besorgt und befürchten, dass in bestimmten Fällen kein geeigneter Schutz sensibler Daten beim Datenaustausch besteht. Daher ist der heutige Tag unseres Erachtens zwar einen wichtiger Schritt nach vorn für die Europäische Union, gleichzeitig haben wir jedoch ein äußerst negatives Signal in Bezug auf die Form und die Substanz dieser Europäischen Union ausgesandt.

 
  
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  Bastiaan Belder, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Ich möchte im Namen meines Kollegen Herrn Blokland das Wort ergreifen.

In den vergangenen Wochen wurde in den Medien deutlich, dass seit dem Beitritt Rumäniens in die Europäische Union bereits 500 000 Rumänen in Italien eingewandert sind. Mithin wird von dem freien Personenverkehr innerhalb der Europäischen Union auch ohne die Anwendung des Schengen-Besitzstands reger Gebrauch gemacht.

Ich bin daher im Hinblick auf die Kontrollen zur Feststellung unerwünschter Personen besorgt, die unsere internen Grenzen passieren. Die Entscheidung Italiens, europäische Bürger auszuweisen, stellt eine extreme Maßnahme dar, die auf klare Weise die Nachteile offener Grenzen zeigt. Spezifische Kontrollen sind daher notwendig.

Diese sind an Grenzen möglich, können jedoch auch auf Flughäfen und an Zughaltestellen durchgeführt werden. Daher ist es notwendig, dass das Schengener Informationssystem in kurzer Zeit einsatzbereit ist. Kann sich die Kommission bei ihrer Schengen-Bewertung auch mit der Freizügigkeit für Personen aus Ländern beschäftigen, die zur Union gehören, jedoch nicht zum Schengen-Raum?

 
  
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  Andreas Mölzer, im Namen der ITS-Fraktion. – Herr Präsident! Auch wir freuen uns, dass nunmehr der Eiserne Vorhang, den die Kommunisten über ein halbes Jahrhundert menschenverachtend quer durch Europa gezogen haben, endgültig gefallen ist. Das sage ich als Österreicher, für den nunmehr der Raum zu den Nachbarvölkern, zu Tschechen, Slowaken, Ungarn und Slowenen wieder offen ist, so wie es vor hundert Jahren war.

Dennoch glaube ich, kritisch anmerken zu dürfen, dass es keinesfalls ausreichend ist, dass das Schengener Informationssystem funktioniert, wenn es um eine Entscheidung dieser Tragweite geht. Vielmehr müssen nun meines Erachtens die neuen Wächter der Außengrenzen auch tatsächlich in der Lage sein, ihre Aufgabe zu erfüllen.

Wenn man erwägt, dass manche EU-Staaten im östlichen Mitteleuropa im Jahr 2006 nach wie vor wichtige Durchgangsländer waren und die Aufgriffszahlen illegaler Zuwanderer an den bisherigen Schengen-Grenzen, in Österreich und Deutschland, bei weitem höher waren als an den EU-Außengrenzen, kann man sich dieser Bedenken nicht erwehren. Trotzdem ist es schön, dass der Eiserne Vorhang endgültig der Vergangenheit angehört.

 
  
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  Irena Belohorská (NI).(SK) Ich glaube, dass alle neuen Mitgliedstaaten, einschließlich der Slowakischen Republik, auf den Beitritt zum Schengen-Raum gut vorbereitet sind.

Die Slowakische Republik hat die einzelnen Kriterien im Bereich der Schengen-Kooperation und somit alle grundlegenden Voraussetzungen erfüllt, sodass die Bürger der Slowakei von der Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen ab Dezember 2007 (Land- und Seegrenzen) sowie ab März 2008 (Luftgrenzen) profitieren werden. Die Slowakische Republik hat den Schengen-Besitzstand hinsichtlich des Schengener Informationssystems bis zum 1. September 2007 umgesetzt, und jetzt erfolgt der polizeiliche Informationsaustausch über das SIS in beide Richtungen.

Wir haben ein Kontaktstellennetz eingerichtet, um den Datenaustausch zwischen polizeilichen Informationssystemen zu ermöglichen. Jetzt entsprechen der Schutz und die Überwachung unserer Grenzen den Bestimmungen des Schengener Grenzkodex. Die Mängel im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten und auf dem Flughafen von Bratislava wurden behoben.

Nach dreieinhalb Jahren EU-Mitgliedschaft gibt es nun für die slowakischen Bürger keine Hindernisse mehr, und ihnen wird jetzt endlich das im EG-Vertrag festgeschriebene Recht gewährt, nämlich das Recht auf freien Personenverkehr. Ich hoffe, dass die Europäische Union unseren Bürgern bald ein weiteres Recht zusprechen wird, auf das sie Anspruch haben, nämlich das Recht, innerhalb der EU-Staaten uneingeschränkt zu arbeiten, und dass die Europäische Union statt Arbeitnehmern aus Drittländern nunmehr den EU-Bürgern aus Osteuropa Priorität einräumen wird.

 
  
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  Manfred Weber (PPE-DE). - Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich selbst vertrete Niederbayern, eine Grenzregion zur Tschechischen Republik, im Europäischen Parlament. Als ich noch jünger war, als ich es heute bin, war wirklich dort in diesem Raum die Welt zu Ende. Heute — und ich schaue auf die Tribünen, wir haben viele junge Zuhörer — darf man daran erinnern, dass es ein historischer Tag ist, wenn diese Grenzen endlich fallen und wir in Europa vereinigt sind. Deswegen ja, Anlass zur Freude!

Ehrlich gesagt, als politischer Vertreter darf ich anmerken, dass viele nicht geglaubt haben, dass es so gut klappt, dass die osteuropäischen Freunde SIS one for all so umsetzen. Gratulation dazu und Respekt! Danke an Carlos Coelho! Dass wir als Europäisches Parlament hier eine so große Rolle spielen, wenn es um Schengen geht, liegt an unserem Berichterstatter. Auch das möchte ich hier unterstreichen.

Politik muss aber immer an morgen denken, an das, was auf uns zukommt. Da möchte ich daran erinnern, dass der Frontex-Chef Ilkka Laitinen im letzten J/I-Rat darauf hingewiesen hat, dass sich bereits heute die Migrationsströme nachweisbar verändern, weg von der Südgrenze über das Mittelmeer hin zur Ostgrenze. Auf das müssen wir uns heute schon vorbereiten. Wir müssen auch die Probleme, die in den Evaluierungsberichten angesprochen sind, abarbeiten. Deshalb ist die Evaluierungsklausel, die im Parlamentsbeschluss vorgesehen ist, so wichtig.

Wir brauchen SIS II, und, Herr Vizepräsident der Kommission, ich bitte Sie, lassen Sie nicht nach, hier Druck zu machen, damit die Staaten sich jetzt nicht ruhig in ihrem Sessel zurücklehnen und sagen, wir haben es geschafft, sondern damit sie bei SIS II genau mit dem gleichen Engagement für die Umsetzung kämpfen.

Wenn wir offene Grenzen für die Bürger haben, dann haben wir auch offene Grenzen für die Verbrecher, und wenn wir offene Grenzen für die Verbrecher haben, dann brauchen wir auch offene Grenzen für unsere Polizisten. Deswegen darf beim Vertrag von Prüm jetzt nicht nachgelassen werden, sondern auch da brauchen wir eine engere Kooperation.

Als fünften Punkt möchte ich sagen, dass wir bei Frontex eine Stärkung brauchen. Ich wünsche mir, dass Frontex zukünftig für die Evaluierung der Außengrenzenstandards zuständig ist.

Im Dezember feiern wir, und ich hoffe, dass am Schluss nicht ein Kater übrig bleibt, sondern dass am Schluss die Freude über das Feiern übrig bleibt.

 
  
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  Irena Belohorská (NI).(SK) Entschuldigen Sie, Herr Vorsitzender, entschuldigen Sie bitte, aber ich habe erfahren, dass der englische Dolmetscher „Tschechische Republik“ statt „Slowakische Republik“ sagte. Ich möchte unsere Dolmetscher auffordern, sich daran zu gewöhnen, dass die Tschechoslowakei in zwei souveräne Staaten geteilt wurde, und das heißt auch, dass ich mich in meiner Rede darauf bezog, dass die Slowakische Republik die Kriterien erfüllt hat.

 
  
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  Der Präsident. − Danke, Frau Belohorská. Uns ist bewusst, was geschehen ist, und Sie wissen, dass wir wirklich außergewöhnliche Zeugen dieser Situation waren. Auf jeden Fall haben wir Ihren Kommentar zur Kenntnis genommen, und sollten Korrekturen notwendig sein, werden sie zu gegebener Zeit erfolgen.

Um die Wahrheit zu sagen, ich bin nicht ganz sicher, wen Sie meinen, wer Tschechoslowakei gesagt hat. Ich glaube nicht, dass es vom Präsidium kam.

 
  
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  Magda Kósáné Kovács (PSE).(HU) Vielen Dank, Herr Präsident. Der heutige Beschluss hat wahren Symbolcharakter, und ganz besonders für diejenigen von uns, die hinter dem Stacheldrahtzaun aufgewachsen sind, die alle drei Jahre in den Westen reisen durften und die sich noch heute an das flaue Gefühl im Magen beim Überqueren der Grenze erinnern.

Ungarn hat die notwendigen Rechtsvorschriften 2004, zur Zeit des Beitritts, umgesetzt. Seitdem hat es sein für den Schengen-Schutz notwendiges Instrumentarium entwickelt. Bei den Kontrollbesuchen wurden die Vorkehrungen sowohl im Bereich der Land- als auch der Luftgrenzen als ausgezeichnet bewertet. Zudem wird Ungarn für 15 % der östlichen Außengrenze verantwortlich sein.

Wir möchten uns bei den Mitgliedstaaten für ihre Solidarität und insbesondere bei der portugiesischen Ratspräsidentschaft für diese Chance, die mit einer großen Verantwortung einhergeht, bedanken. Außerdem möchten wir uns beim Rat für seine Flexibilität bedanken, die es uns ermöglicht hat, das Problem mit Kroatien zu lösen, und die auch eine Lösung der Situation der im Ausland lebenden Ungarn gefunden hat, nämlich bilaterale Abkommen im Einklang mit ihren Wünschen und mit Genehmigung der Nachbarländer. Allen einen herzlichen Dank! Danke, dass Sie mir das Wort erteilt haben, Herr Präsident.

 
  
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  Toomas Savi (ALDE).(EN) Herr Präsident! Mit dem Beitritt von neun neuen Mitgliedstaaten zum Schengen-Raum, mit dem der historische Eiserne Vorhang unumstößlich und endgültig fällt, gibt die EU ihren europäischen Bürgern effektiv die Gelegenheit, zu reisen und sich gegenseitig zu verbrüdern.

Im vergangenen Herbst habe ich die estnische Öffentlichkeit auf die Gefahr hingewiesen, dass sich der Beitritt der neuen Mitgliedstaaten bis Anfang 2009 verzögern könne. Es freut mich, dass die Europäische Kommission Mittel und Wege gefunden hat, um den Prozess zu beschleunigen, und ich hoffe, dass die Zweckmäßigkeit des Systems darunter nicht gelitten hat. Aber neben den positiven Ergebnissen dieses Beitritts muss die EU die Herausforderung bewältigen, mit den möglichen Gefahren fertig zu werden, die durch eine solch große Verwaltungseinheit hervorgerufen werden können.

Das SIS ist eine notwendige Schutzeinrichtung, durch die das normale Funktionieren des Schengen-Raumes sichergestellt wird, und es sollte ganz entschieden für künftige Ergänzungen offen gehalten werden. Jetzt könnte die Praxis einige neue Fragen aufwerfen. Die Bewältigung der Gefahren und die Aufrechterhaltung der Flexibilität sind von wesentlicher Bedeutung dafür, dass das SIS den Herausforderungen, die diese Erweiterung mit sich bringt, gerecht werden kann.

 
  
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  Mario Borghezio (UEN).(IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Beim Schengener Übereinkommen geht es um den Schutz und die Sicherheit der Bürger Europas. In diesem Sinne ist es besser, einige Schlangen an den Grenzen und in Flughäfen in Kauf zu nehmen, als allen, sowohl gesetzestreuen Bürgern oder in unseren Ländern unerwünschten Kriminellen, freien Zutritt zu gewähren.

Wir wollen bessere Grenzkontrollen, zum Beispiel der rumänischen Roma, einschließlich vorschriftsmäßiger Feststellung biometrischer Daten wie beispielsweise digitaler Fingerabdrücke. Wir müssen wissen, wen wir in unser Land lassen, wir müssen ferner das genaue Einreisedatum kennen, damit wir beispielsweise die Europäische Richtlinie genauestens anwenden können, die vorsieht, dass – wie vor einigen Momenten erwähnt wurde – jeder, der außerstande ist, Mittel zum eigenen Unterhalt vorzuweisen, nach einer dreimonatigen Frist ausgewiesen werden kann.

Die Kommission von Romano Prodi ist den neuen Mitgliedstaaten gegenüber Verpflichtungen eingegangen, ohne Notsituationen zu berücksichtigen, von denen es seither einige gab. Diese verursachen jetzt erschreckende Sicherheitsprobleme. Die Europäische Union darf nicht nur an die Rechte, sondern muss auch an die Sicherheit der europäischen Bürger denken. Sicherheit gehört zu den unveräußerlichen, natürlichen Rechten.

Jetzt sind Maßnahmen gefordert, und Kommissar Frattini sendet zu Recht in dieser Hinsicht ausgewogene, positive Signale. Aber wir sollten nicht vergessen, dass im Hinblick auf Schengen Kontrollen an den EU-Außengrenzen, effektive Kontrollen, notwendig sind. Wir haben nichts gegen irgendeine ethnische oder Bevölkerungsgruppe, und ganz sicher nicht gegen unsere Brüder in Osteuropa. Wir möchten jedoch nicht, dass sich Kriminelle frei in unserem Land bewegen.

Padanien ist eine Region Italiens, in der ehrliche, hart arbeitende Menschen leben. Die Türen Padaniens sind offen für Personen, die zum Arbeiten kommen, sich anständig benehmen und die – wie es sich für einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, den die Europäische Union darstellt, gehört, die Regeln, und zwar die Regeln der Ehrlichkeit sowie von Recht und Ordnung, einhalten.

 
  
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  Miloslav Ransdorf (GUE/NGL).(CS) In der Geschichte der Erweiterung des Schengen-Raums wurde mit zweierlei Maß gemessen. 1995 mussten die drei neuen Schengen-Länder nur wenige Formalitäten erledigen. Doch 2004 wurden die neuen Mitgliedstaaten einer Reihe von demütigenden Kontrollen und Bewertungen unterworfen, die sich über dreieinhalb Jahre hinzogen. Es gab vor allem von Deutschland und Österreich Einwände, da sie darauf beharrten, eine Erweiterung des bestehenden Schengener Informationssystems zur Aufnahme der neuen Länder sei nicht möglich. Schließlich konnte dieses Problem dank der portugiesischen Ratspräsidentschaft gelöst werden, der großes Lob dafür gebührt, dass sie diese Stimmen übertönen konnte.

SISone4ALL entspricht jetzt allen Kriterien. Die neuen Mitglieder sind nun bereit, die nötige Sicherheit im Schengen-Raum zu gewährleisten. Es gibt einige Punkte, die noch einer Lösung bedürfen, wie der Datenschutz, vielleicht sogar der Schutz der neuen Mitgliedstaaten vor dem Transport giftiger Substanzen, wie im Fall von Deutschland und der Tschechischen Republik. Doch ich glaube, dass all diese Dinge erfolgreich gelöst werden und sich Europa im Laufe der Zeit nicht zu einer Art Festung entwickeln wird. Ich hoffe, dass Europa auch weiterhin für die Zusammenarbeit mit anderen Ländern in Mittel-, Ost- und Südosteuropa offen sein wird. Ohne Osteuropa und die Länder des Balkans ist Europa nicht komplett und wird es niemals sein.

 
  
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  Koenraad Dillen (ITS). - (NL) Herr Präsident! Das Parlament schließt sich jetzt den europäischen Innenministern an und gibt grünes Licht für die Erweiterung des Schengen-Systems auf die Mitgliedstaaten, die 2004 beigetreten sind. Dies bedeutet eine Erleichterung für viele.

Ich bin jedoch im Hinblick auf Schengen selbst weniger euphorisch: Tatsache ist, dass durch die europäische Politik der offenen Grenzen die Reichweite der organisierten Kriminalität spürbar ausgedehnt wird. Schengen hat folglich einen Spillover-Effekt. Das System der offenen Grenzen hat immer schon einen weiteren Transfer von Kompetenzen und eine zunehmend engere polizeiliche Zusammenarbeit erforderlich gemacht, die letztlich zu einer vollständigen europäischen Polizei plus Strafverfolgung und Strafrecht führen wird, mit den damit verbundenen positiven, aber auch negativen Aspekten.

Aufgrund der Politik der offenen Grenzen stehen die einzelnen Mitgliedstaaten jedoch angesichts den in manchen Ländern– ich denke da insbesondere an Spanien und Italien – umgesetzten Regularisierungsprogramme für illegale Einwanderer machtlos gegenüber und diese Programme ziehen noch mehr Einwanderer an die unzureichend geschützten EU-Grenzen. Von der berühmten europäischen Solidarität ist hier nichts zu bemerken, und das muss so gesagt werden.

 
  
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  Barbara Kudrycka (PPE-DE).(PL) Herr Präsident! Der Beschluss zum Thema Schengen war eine „Mission impossible“, wie Herr Magalhães es ausdrückte. Er beweist, dass sich, wenn der Wille wirklich vorhanden ist, in der Praxis die Räume der Freiheit für die Bürger Europas, einschließlich der Reisefreiheit, miteinander verbinden lassen, während gleichzeitig die Sicherheit der Bürger, d. h. die innere Sicherheit, verbessert werden kann. Die Vorbereitungen für diesen Beschluss haben immerhin zehn Jahre gedauert, und in den letzten beiden Jahren waren sie sehr intensiv. Das Projekt Schengen ist in seiner jetzigen Form erheblich anders als in den 1980er Jahren. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass es nun fest in der Rechtsordnung und Organisationsstruktur der Gemeinschaft verankert ist. Mit anderen Worten: Was die neuen Länder angeht, so lautet die Frage nicht, ob, sondern wann wir vollständig vom Schengen-Raum profitieren werden.

Zu einem Zeitpunkt wie diesem neigt man dazu, in historischen und symbolischen Erinnerungen zu schwelgen. Nach dem Zweiten Weltkrieg führten die Einteilung der Grenzen und ihre Kontrollen dazu, dass in der Karte Europas blutige Trennungslinien gezogen wurden. Eine Grenze zu überqueren, bedeutete oft, sein Leben zu riskieren. Aus heutiger Sicht können wir sagen, dass ein Teil unseres Nachkriegserbes für immer der Vergangenheit angehört. Die neuen Länder haben das Vorbereitungsstadium mit Bravour bestanden. Es ist mehr als offensichtlich, dass viele der Lösungen, die Polen und andere neue Mitgliedstaaten gefunden haben, den alten Mitgliedern des Schengen-Raums als Beispiele dienen können und das auch tun. Der Wind der Veränderung, der aus den neuen Ländern weht, wird für die alte Union eine Inspiration und keine Bedrohung sein. Er wird auch dazu beitragen, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen.

Die Erweiterung des Schengen-Raums bedeutet für uns Abgeordnete auch eine Herausforderung und harte Arbeit. Für mich persönlich war es eine große Ehre, mit einem so hervorragenden Berichterstatter wie Herrn Coelho, meinen Fraktionskollegen und dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres zusammenzuarbeiten. Zudem möchte ich der portugiesischen Ratspräsidentschaft für ihre feste Entschlossenheit danken. Dank gebührt auch Herrn Frattini für seine positive Einstellung und sein Engagement für diese großartige Errungenschaft, die in der Geschichte ohne Beispiel ist.

 
  
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  Wolfgang Kreissl-Dörfler (PSE). - Herr Präsident! Die Erweiterung des Schengen-Raums um neun neue Mitgliedstaaten ist ein historischer Schritt. Sie vollendet die Erweiterung der Europäischen Union und lässt die Schlagbäume dort fallen, wo früher der Eiserne Vorhang unsere Völker voneinander trennte. Nun hat es ja im Vorfeld Stimmen gegeben, die den Zeitpunkt für den Wegfall der Grenzen für verfrüht hielten. Diese Stimmen können wir beruhigen.

Die letzte Evaluation hat ergeben, dass die neuen Staaten den Schengen-Besitzstand zur Zufriedenheit aller umsetzen. Und seien wir ehrlich: Grenzkontrollen und die damit verbundenen Verkehrsstaus haben immer nur bedingt zur Sicherheit in unseren Ländern beigetragen.

Die wirkliche grenzüberschreitende und organisierte Kriminalität kann man nur durch die intensive Zusammenarbeit unserer Polizei und Sicherheitsbehörden effektiv bekämpfen. Sie gilt es, in Zukunft weiter zu verbessern, und dazu sind alle eingeladen. Deutschland ist ja unter den alten Mitgliedstaaten mit derjenige, dessen Grenzen am stärksten vom Wegfall der Kontrollen betroffen sind.

Ich möchte daher die Menschen aus unseren Nachbarstaaten in unserem gemeinsamen Raum der Freizügigkeit willkommen heißen. Aber auch die Menschen bei uns in Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich, Spanien werden von der neu gewonnenen Freiheit profitieren – sei es bei der Urlaubsreise, sei es bei einem Freundschaftsbesuch.

Europa wird am 21. Dezember ein Stück näher zusammenrücken. Das ist gut für die Menschen, das ist gut für Europa.

(PT) Mein Dank gilt noch einmal Herrn Coelho, unserem Ratspräsidenten, und Kommissar Frattini.

 
  
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  Jan Jerzy Kułakowski (ALDE).(PL) Herr Präsident! Polen wird am 21. Dezember dieses Jahres dem Schengen-Raum zusammen mit anderen neuen Mitgliedstaaten beitreten. Das wird ein weiterer bedeutender Schritt auf dem Weg zur Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union sein. Wir möchten deshalb sagen, wie sehr wir diese Entwicklung begrüßen. Der nächste Schritt wird dann der Beitritt zum Euro-Währungsgebiet sein.

Der Beitritt zum Schengen-Raum bedeutet nicht, dass wir unseren östlichen Nachbarn den Rücken zukehren. Wir werden versuchen, ihren Bürgern im Rahmen der Schengen-Verpflichtungen die Einreise nach Polen zu ermöglichen. Gestatten Sie mir jedoch, dass ich betone, dass wir das nur im Rahmen unserer Verpflichtungen als Mitglieder des Schengen-Raums tun werden.

 
  
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  Kinga Gál (PPE-DE).(HU) Danke, dass Sie mir das Wort erteilen, Herr Präsident. Das neue Europa rückt nun für uns in greifbare Nähe, da es die Trennlinien, die seinerzeit so geschickt gezogen worden waren, nicht mehr gibt, und das wird den Alltag von uns allen, die wir in diesem Gebiet leben, mehr beeinflussen als alles andere. Ich möchte der portugiesischen Ratspräsidentschaft gratulieren und ihr dafür danken, dass sie die heutigen Ereignisse möglich gemacht und die technischen Rahmenbedingungen für sie geschaffen hat. Wir möchten Kommissionsmitglied Frattini dafür danken, dass er diese Mitgliedstaaten unterstützt hat. Und nicht zuletzt möchte ich dem Kollegen Coelho für sein Fingerspitzengefühl beim Umgang mit diesem Thema danken.

Wir können jetzt die Vorteile der Erweiterung und ihre symbolische und praktische Bedeutung selbst erfahren, beispielsweise indem wir die Brücken über die Donau ohne Kontrollen überqueren oder über die Donau rudern, wovon unsere Eltern nur träumen konnten. Jetzt werden die Träume von Generationen wahr. So zeigt die Geschichte, dass unsere jungen Helden von 1956 Recht hatten.

Gleichzeitig müssen wir jedoch alles tun, um diesen Raum so schnell wie möglich auf Bulgarien und Rumänien, die vor kurzem beigetreten sind, auszudehnen. Im Fall von Rumänien – zum Beispiel was Siebenbürgen betrifft – wird die rumänisch-ungarische Grenze so wichtig sein, dass man es eigentlich nur mit dem vergleichen kann, was die Menschen empfunden haben müssen, als die Kontrollen an der deutsch-französischen Grenze aufgehoben wurden.

Dabei dürfen wir jedoch nicht vergessen, dass die Kontrollen an den Außengrenzen des Schengen-Raums noch strenger sein werden. Das wird für die Volksgruppen, die außerhalb unserer Grenzen leben, nämlich die Ungarn in den Regionen Vojvodina und Unterkarpaten, von Nachteil sein – unser enger Kontakt mit ihnen ist eine Voraussetzung dafür, dass sie dort bleiben können und außerdem in unserer Verfassung verankert. Die Außengrenzen dürfen für diese Gemeinden nicht zu einem neuen Eisernen Vorhang werden. Nur wenn wir denjenigen, die außerhalb der Grenzen leben, unsere Aufmerksamkeit schenken, sind die Feierlichkeiten zur Öffnung der Grenzen für uns komplett. Vielen Dank, dass Sie mir das Wort erteilt haben.

 
  
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  Genowefa Grabowska (PSE).(PL) Herr Präsident! Wie meine Vorredner möchte auch ich mich bei der portugiesischen Ratspräsidentschaft für ihre sehr entschlossene Arbeit an der Erweiterung des Schengen-Systems bedanken. Ich begrüße die Tatsache, dass einer der letzten Unterschiede in der Behandlung der Bürger in der alten und neuen Union am 21. Dezember dieses Jahres ad acta gelegt werden wird.

So bin ich als Polin besonders stolz darauf, dass mein Land für die Kontrolle von über 1 200 km Außengrenze der Union verantwortlich zeichnet, und dass sich die Agentur FRONTEX in Warschau befindet.

Doch ich möchte auch darauf hinweisen, dass das Schengen-System nicht dafür gedacht ist, die Union von ihren Nachbarn zu isolieren. Es soll keine so genannte Festung Europa schaffen. Meiner Meinung nach sollten wir die Gelegenheit nutzen, um aus diesem Parlament ein Signal über die EU-Grenzen hinaus an unsere Nachbarn zu senden, einschließlich an die Bürger Russlands, der Ukraine und Weißrusslands, und ihnen klar machen, dass die Verstärkung der Grenzen der Union nichts mit einer Mauer zu tun hat, mit der wir uns gegen sie verteidigen wollen. Wir müssen ihnen erklären, dass es sich hier nur um einen Sicherheitsaspekt der Union handelt und dass wir deshalb auch weiterhin gute Nachbarn bleiben.

 
  
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  István Szent-Iványi (ALDE).(HU) Der Beitritt von neun Mitgliedstaaten ist ein bedeutender Fortschritt im Bereich der Integration, sowohl für die Europäische Union als auch für die betreffenden Mitgliedstaaten. Die Bürger werden endlich spürbar von der Mitgliedschaft in der Europäischen Union profitieren. Dank dafür gebührt der portugiesischen Ratspräsidentschaft, die alles getan hat, dass wir zum geplanten Zeitpunkt – 2007 – beitreten können, auch wenn es Versuche gegeben hat, dies zu verhindern. Den betreffenden Mitgliedstaaten gebührt ebenfalls Anerkennung für die enormen Anstrengungen, die sie unternommen haben, um die strengen Kriterien und Voraussetzungen zu erfüllen.

Es kommt besonders darauf an, dass zwischen die soeben beigetretenen Länder und ihre Nachbarländer kein neuer eiserner Vorhang fällt. Die Vereinbarungen zur Erleichterung der Visaverfahren und des grenzüberschreitenden Verkehrs könnten dabei eine große Hilfe sein, doch das Endziel ist in jedem Fall die Befreiung von der Visumpflicht. Dafür brauchen wir einen konkreten, realistischen Zeitplan, um die Visumfreiheit so bald wie möglich einzuführen. Vielen Dank.

 
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