Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über
- die Erklärung der Kommission – Proklamierung des Konsens zur humanitären Hilfe und
- den Bericht von Thierry Cornillet im Namen des Entwicklungsausschusses über einen europäischen Konsens zur humanitären Hilfe (2007/2139(INI)).
Louis Michel, Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident, Herr Berichterstatter, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Herrn Cornillet danken und ihm zu seinem Bericht gratulieren, der die Herausforderungen im Bereich der humanitären Bemühungen sehr gut beschreibt. Vor allem legt er auch in hervorragender Weise die zu verwirklichenden Lösungsansätze für das europäische Vorgehen auf dem Gebiet der humanitären Hilfe dar. Dieser Bericht ist ein wichtiger Beitrag zur gemeinsamen Arbeit von Parlament, Rat und Kommission bei der Umsetzung des künftigen europäischen Konsenses zur humanitären Hilfe. Unser gemeinsames Ziel ist es, unsere Sichtweise und unser gemeinsames Herangehen an die Politik der humanitären Hilfe in einer gemeinsamen Erklärung der drei Institutionen festzuhalten. Es besteht für mich kein Zweifel daran, dass die aktive Einbindung des Europäischen Parlaments für den Erfolg dieses Prozesses der Verabschiedung der Erklärung von entscheidender Bedeutung ist.
Erlauben Sie mir, noch einmal ganz kurz auf den Anlass für diese politische Initiative einzugehen: Im Grunde geht es darum, dass sich der humanitäre Kontext in den letzten Jahren gewandelt hat und wir uns den veränderten Umständen anpassen müssen, wenn wir wollen, dass unsere humanitäre Aktionen weiterhin kohärent und effektiv sind.
Was sind die wichtigsten Veränderungen, und was sind die wichtigsten Aufgaben? Meiner Meinung nach lassen sie sich wie folgt zusammenfassen. Erstens gibt es immer mehr Konflikte und Naturkatastrophen mit steigender Todesrate. Besonders die Naturkatastrophen werden oft durch den Klimawandel verursacht: Die jüngsten Überschwemmungen in Mexiko spiegeln die Realität und das Ausmaß dieser beunruhigenden Entwicklung wider.
Zweitens erleben wir auch eine Verschärfung komplexer Krisen sowie signifikante Veränderungen im Wesen der Konflikte. Zum Beispiel machen die in bewaffneten Konflikten angewendeten Methoden und Mittel die Arbeit von humanitären Organisationen immer schwieriger. Das Risiko von Überfällen und Plünderungen der Hilfsmittel gehört ebenfalls zu den bedauernswerten Realitäten des Alltags, sei es in Darfur oder Somalia, Sri Lanka oder Myanmar, in Kolumbien oder im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Wir werden auch im zunehmenden Maße Zeugen systematischer Verletzungen des internationalen humanitären Rechts und somit der Einschränkung humanitärer Werte.
Ständig besteht die Gefahr der Vermischung der politischen und der humanitären Agenda. Nach meiner festen Überzeugung trägt die Europäische Union als weltweit größter Geber – ich halte es für wichtig, daran zu erinnern, dass wir für insgesamt 40 % der globalen humanitären Hilfe aufkommen – aber auch als ein politischer Pfeiler des internationalen Rechts und des Multilateralismus eine besondere Verantwortung dafür, wirksame und angemessene humanitäre Hilfe zu gewährleisten. Wir können und müssen als politischer Katalysator wirken, müssen politisch Maßstäbe setzen und ein Beispiel geben. Das ist der Kontext, in dem wir uns vor fast einem Jahr dazu entschlossen haben, die Initiative für einen expliziten Konsens zur humanitären Hilfe auf EU-Ebene auf den Weg zu bringen.
Diese Überlegungen kommen in Herrn Cornillets Bericht klar zum Ausdruck, und ich unterstütze selbstverständlich die Schlüsselelemente, die das Europäische Parlament in Vorbereitung auf einen europäischen humanitären Konsens zu unterstreichen und zu vertreten wünscht. Mit diesem Konsens und der entsprechenden Kontrolle unter Einbindung aller 27 EU-Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft wird zum ersten Mal ein von den Mitgliedstaaten und der Kommission getragener gemeinsamer politischer Kern an Werten, Zielen und Grundsätzen entstehen, was die Komplementarität und Koordination der Arbeit der Mitgliedstaaten und der Kommission verbessern helfen wird.
Welches sind die Hauptpunkte des Konsensentwurfs? Der erste ist die Achtung humanitärer Prinzipien: Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit. Sie sind sich natürlich dessen bewusst, was das beinhaltet.
Der zweite Punkt unterstreicht die Notwendigkeit, die Achtung und die Anwendung des humanitären Völkerrechts auf internationaler Ebene zu stärken. Lassen Sie mich Ihnen eine kurze Anekdote hierzu erzählen. Ich werde den Namen des Landes nicht erwähnen, aber ich erinnere mich, dass ich vor nicht allzu langer Zeit in ein aus humanitärer Sicht besonders dramatisches Handlungsgeschehen verwickelt war. Ich stellte einer der führenden Persönlichkeiten des Landes, die für das, was dort gerade geschah, verantwortlich war, Fragen und sagte zu ihr: „Sie halten sich nicht an das humanitäre Völkerrecht.“ Der Betreffende gab mir eine wahrhaft schlimme Antwort: „Das stimmt, aber wir befinden uns in Kriegszeiten.“ Dabei ist es offensichtlich, dass das humanitäre Völkerrecht gerade für Kriegszeiten gelten soll. Sie können sich daher ausmalen, in welchem Maße wir uns eigentlich immer weiter von diesem Völkerrecht entfernen, gewissermaßen ohne darauf zu reagieren, oder in welchem Maße wir uns immer weiter von den grundlegendsten Normen auf diesem Gebiet entfernen.
Drittens müssen wir sowohl die Geberpraktiken und -methoden als auch die Qualität der Partnerschaft mit humanitären Organisationen verbessern, um die geleistete Hilfe effizienter zu gestalten.
Viertens muss es eine freiwillige Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Stärkung der Komplementarität und der Koordination unserer humanitären Aktionen geben, und dies ist natürlich angesichts der Erweiterung auf 27 Mitgliedstaaten umso notwendiger. Der zukünftige Konsens muss außerdem einen gemeinsamen Rahmen bieten, um das Verhältnis zwischen humanitärer Hilfe und den anderen externen Politikbereichen der EU zu definieren. Ziel ist es letztendlich, die humanitären Aktionen der EU konsistenter und effektiver zu gestalten. All dies wird einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung des internationalen Systems unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen leisten, und dies ist ein Punkt, den ich hervorheben möchte. Der Schritt, einen europäischen Ansatz zu fördern, zielt eindeutig nicht darauf ab, die zentrale Rolle der Vereinten Nationen zu schwächen oder mit ihr zu konkurrieren. Im Gegenteil, er wird dazu dienen, diese zentrale Rolle zu stärken, und es ist betrüblich, zuweilen eine gewisse Zurückhaltung gegenüber diesem europäischen Konsens feststellen zu müssen, eine Zurückhaltung, die sich auf die Ansicht gründet, der europäische Konsens würde in Konkurrenz zu den Vereinten Nationen stehen. Das ist wirklich nicht der Fall. Das Gegenteil davon ist wahr: Er zielt darauf ab, den europäischen Pfeiler im Rahmen der Vereinten Nationen zu stärken, und das versteht sich von selbst.
Der Entwurf der Konsenserklärung geht natürlich auf jene Elemente des Konsenses ein, die künftig gewissermaßen die humanitäre Doktrin der Europäischen Union ausmachen werden. Ich möchte dem Parlament und der portugiesischen Ratspräsidentschaft für ihre Arbeit bei der Aushandlung dieses Textes danken. Wir treten nunmehr in die Endphase dieses dreiseitigen Prozesses ein, was es möglich machen sollte, dass alle drei Institutionen am 18. Dezember eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen.
Diese Konsenserklärung ist lediglich der Beginn eines Prozesses. Er ist kein Selbstzweck, sondern er ist der Anfang eines Prozesses. Wir wissen, dass dieses Konzept noch viel Arbeit erfordern wird, um zu gewährleisten, dass aus unseren Worten Taten werden. Zu diesem Zweck werden wir Anfang nächsten Jahres einen Aktionsplan zur Umsetzung des künftigen humanitären Konsenses vorlegen. Während der monatelangen Debatte zur Ausarbeitung des Konsenses hat das Europäische Parlament einige sehr spezifische Vorschläge unterbreitet, und wir halten es in jeder Hinsicht für angebracht, diese in den Aktionsplan aufzunehmen. Dazu gehört Ihr Vorschlag, einen Atlas zur humanitären Hilfe auszuarbeiten, der auf dem Modell des Entwicklungsatlas beruht.
Gestatten Sie mir noch einige Bemerkungen zu zwei für die Mitglieder dieses Parlaments besonders wichtigen Fragen. Es handelt sich sozusagen um philosophische Elemente der humanitären Hilfe, die gegenwärtig im Mittelpunkt gewisser Diskussionen stehen und die darüber hinaus Aspekte des eigentlichen Ziels der humanitären Hilfe sind.
Der erste Punkt betrifft die „Schutzverpflichtung“. Einer Empfehlung des Parlaments folgend, haben wir im Entwurf des Konsenstextes die Betonung auf die entsprechenden Verpflichtungen einzelner Länder im Rahmen der UN und der Völkergemeinschaft gelegt. Ich möchte darauf hinweisen, dass die humanitären Einsätze und die Schutzverpflichtung auf zwei verschiedene Ansätze zurückgehen, wenngleich sie einen wesentlichen Punkt gemeinsam haben, nämlich menschlichem Leiden ein Ende zu setzen. Diese beiden Ansätze sind nicht zu verwechseln, da sonst das Image der Mitarbeiter humanitärer Organisationen als neutrale und unabhängige Akteure Schaden nehmen könnte. Das ist wichtig für uns, damit wir in die Lage versetzt werden, Menschen, die von humanitären Krisen betroffen sind, zu helfen.
Das Konzept der Schutzverpflichtung ist noch relativ ungenau und wird häufig, in der Vergangenheit und auch noch heute, ganz eng mit einem Recht auf Einmischung und militärischer Intervention zu humanitären Zwecken in äußerster Notlage, zum Beispiel zur Verhinderung von Völkermord, in Verbindung gebracht. Diese Auslegung ist jedoch genau der Grund dafür, dass einige Regime dieses Konzept der Schutzverpflichtung ablehnen: In ihren Augen ist es lediglich ein politischer Vorwand für den Westen, seinen Imperialismus und Interventionen, die nicht auf humanitären Interessen, sondern auf Machtstreben beruhen, zu rechtfertigen. Diese Doktrin der Schutzverpflichtung und Schutz gewährende humanitäre Einsätze, die u. a. traditionell Teil des Mandats des IKRK sind, werden zuweilen verwechselt. Wir unterstützen uneingeschränkt letztere Einsätze mit unserer humanitären Hilfe.
Herrn Cornillets Bericht wirft auch eine ganz wichtige Frage bezüglich des institutionellen Rahmens für die Diskussion über die humanitäre Politik auf. Das Parlament hat einen Ständigen Berichterstatter für Humanitäre Hilfe ernannt, wozu wir es beglückwünschen möchten. Im Bericht wird zu Recht die Frage nach solchen Beauftragten im Rat aufgeworfen. Im Namen der Kommission nehmen wir dankend die beachtlichen Bemühungen der portugiesischen Präsidentschaft zur Kenntnis, dem Rat die nötige Zeit für die Vorbereitung des Konsenses in der Arbeitsgruppe für Entwicklung einzuräumen. Die institutionelle Entscheidung, im Rat eine Arbeitsgruppe für humanitäre Hilfe zu bilden, liegt selbstverständlich bei den Mitgliedstaaten, ich stimme jedoch vollkommen mit Herrn Cornillet überein, dass die Einsetzung eines entsprechenden Gremiums entscheidend ist für die systematische Behandlung humanitärer Fragen, gleichberechtigt mit den anderen externen Politikbereichen der Union.
Humanitäre Hilfe ist neutral und unabhängig von jeglichen politischen oder anderen Zwecken, was jedoch nicht bedeutet, dass politische Belange vollkommen unberücksichtigt bleiben. Im Gegenteil, die Elemente und Akteure, die die humanitären Werte bedrohen, sind von Natur aus politisch. Im Vertrag von Lissabon wird die humanitäre Hilfe eindeutig als gesondertes Kapitel unseres internationalen Handelns anerkannt, und meiner Ansicht nach sollte sich dies auch in einer institutionellen Struktur widerspiegeln.
In dieser Hinsicht wird meiner Meinung nach zunehmend die Auffassung vertreten, dass zum Beispiel logistische Militärkapazitäten bis zu einem gewissen Grade recht unkompliziert stärker im Bereich der humanitären Hilfe genutzt werden könnten. Ich will diese Tendenz zurzeit nicht verurteilen, denn es besteht keine Veranlassung dazu, solange alles mit rechten Dingen zugeht.
Ich werde nichts von vornherein ablehnen, aber ich meine, dass wir jedes Eingreifen eines Sektors, der keinen humanitären Zweck verfolgt, ausschließen sollten. Ich verstehe durchaus, dass Militärlogistik in bestimmten Fällen zur Unterstützung humanitärer Einsätze herangezogen wird. Ich persönlich würde es jedoch vorziehen, wenn solche Aktionen in der politischen Verantwortung der Außenminister lägen, wie es in einigen Ländern der Fall ist, und nicht in der Amtshoheit eines oder mehrerer Verteidigungsminister.
Diese Diskussion wird andauern, aber ich habe den Eindruck, dass im Bereich der humanitären Hilfe immer mehr Sektoren oder logistische Dienste – Körperschaften – vertreten ist, die zweifellos zu Verwirrung führen können.
Abschließend möchte ich bemerken, Herr Präsident, Herr Cornillet, meine Damen und Herren, dass ich über den außerordentlichen Beitrag der Europäischen Gemeinschaft zur humanitären Hilfe sehr froh bin. Meine Hochachtung gilt vor allem jenen Frauen und Männern, die unter sehr schwierigen Bedingungen vor Ort arbeiten, um den Bedürftigen humanitäre Hilfe angedeihen zu lassen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass mithilfe dieses Konsenses ein systematischeres, besser koordiniertes Vorgehen möglich wird. Er bildet gewissermaßen die Grundlage für die Doktrin und die Gründungsprinzipien und darüber hinaus einen echten Rahmen für eine dauerhafte Koordinierung auf europäischer Ebene. Mit diesem künftigen Konsens als Grundlage können wir weitaus wirksamer agieren, und das ist schließlich unser Ziel.
Thierry Cornillet, Berichterstatter. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich werde versuchen, die ausgezeichneten Bemerkungen des Herrn Kommissars nicht zu wiederholen.
Vor uns liegt völliges Neuland. Wie es die Verfassung vorgesehen hat und der vereinfachte Vertrag beinhalten wird, werden wir eine umfassende Unionspolitik zusammenfügen: die Politik der humanitären Hilfe, und wir sind, wie der Herr Kommissar erklärte, der Welt größter Hilfequell.
In diesem Umfeld ist der Bericht zu prüfen. Er ist nicht einfach nur eine Antwort auf eine Mitteilung der Kommission; er ist ein Arbeitsdokument auf der Grundlage des mit meinen Kolleginnen und Kollegen erzielten Konsenses. Zum ersten Mal werden die drei Institutionen ein gemeinsames Dokument herausbringen. Es ist das erste Mal seit der Annahme der Verordnung zur humanitären Hilfe im Jahre 1996. Es wurde Zeit für einen gut durchdachten Text, der unseren drei Institutionen eine generelle politische Erklärung zur humanitären Hilfe an die Hand gibt.
Ich möchte die hervorragende Zusammenarbeit hervorheben, die sich in dieser Debatte gezeigt hat, sowohl im Entwicklungsausschuss, wo mein Bericht einstimmig angenommen wurde, wie auch in der Diskussion mit der Europäischen Kommission und der portugiesischen Ratspräsidentschaft.
Ich möchte ferner unterstreichen, dass die Mitglieder dieses Hauses zwölf spezifische Punkte und darüber hinaus einen Haushaltspunkt unterstützt haben. Ich würde gern auf die Punkte eingehen, um zuallererst darzulegen, in welchem Umfang wir sie unterstützen und wieso, und vor allem um zu sagen, dass diese Punkte in den Konsens eingeflossen sind und das Europäische Parlament mit all den von ihm geforderten Punkten zufrieden war.
Was den ersten Punkt betrifft, der eng mit dem vorangegangenen Thema der Naturkatastrophen zusammenhängt, wollten wir eine neue Definition der humanitären Aktion sehen, denn es gibt natürlich bewaffnete Konflikte, die naturgemäß nicht notwendigerweise vorhersehbar sind, und es gibt Katastrophen, die paradoxerweise mittlerweile vorhersagbar sind, vor allem als Ergebnis des Klimawandels. Wir wissen, dass es in einigen Ländern zu Naturkatastrophen kommen wird, wir wissen nur nicht genau, wann: Die Überschwemmungen in Südostasien sind ein Beispiel hierfür. Wir hoffen nun, dass sich die Grenzen der humanitären Aktion viel früher abstecken lassen, so dass Personal ausgebildet und bereits in Stellung gebracht werden kann. In einem späteren Stadium können wir dann klar die Grauzone zwischen den humanitären Bemühungen und dem bereits beginnenden Wiederaufbau erkennen, die dann schließlich in die Entwicklungshilfe übergeht.
Wir sind felsenfest davon überzeugt, dass diese Grenzen ausgeweitet werden sollten, und das wird Auswirkungen auf den Haushalt haben, auf die ich später eingehen werde. Ein weiterer wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit diesen Grenzen sind, was das Parlament betrifft, die vergessenen Krisen – vergessen von der Öffentlichkeit, aber nicht von jenen, die inmitten dieser Krisen leben. Zum Beispiel gibt es in Kolumbien fast ebenso viele Vertriebene wie in Darfur, was unserer Aufmerksamkeit bedarf.
Der zweite Punkt ist die Definition der humanitären Hilfe und ihrer Prinzipien, die von dem Herrn Kommissar bereits bekräftigt wurden: Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit, Unabhängigkeit. Der Konsens definiert diese Handlungsprinzipien, auf denen die humanitäre Aktion unserer Institution beruht.
Schließlich sind wir auf die schwächsten Gruppen, speziell die Frauen, sowie auf die Geschlechterfrage und die besondere Rolle der Frauen im Bereich der humanitären Hilfe eingegangen. Außerdem wollten wir die Rolle der lokalen Akteure und der Zivilgesellschaft betonen. Ich werde auf dieses Thema noch einmal zurückkommen, wenn ich über Lebensmittelhilfe spreche.
Was die militärischen Ressourcen betrifft – und der Herr Kommissar hat sich da sehr klar ausgedrückt –, so dürfen diese Ressourcen, vor allem logistische Ressourcen – ich denke da natürlich an Helikopter, die bei Naturkatastrophen entscheidend für den Einsatz an den Schwerpunkten sein können –, nur ein letztes Mittel sein und nur im Rahmen eines Mandats verwendet werden, so dass ihr Einsatz ganz klar abgegrenzt ist. Es besteht immer die Gefahr, dass sie Teil des Konflikts werden oder als Teil eines bewaffneten Konflikts angesehen werden; man muss das also ganz gründlich abwägen. Gleiches gilt für den Zivilschutz: Auch hier hoffen wir, dass die Anwendung von Mitteln des Zivilschutzes immer eine Ausnahme sein wird und sich stets in einem klar abgesteckten Rahmen bewegt, um sicherzugehen, dass die humanitären Bemühungen durch das Eingreifen von Kräften, die nicht für den unmittelbaren Einsatz vor Ort vorgesehen sind, nicht in ein anderes Licht geraten.
Hier im Europäischen Parlament unterstützen wir natürlich Reformen innerhalb der Vereinten Nationen, mit einer Maßgabe, Herr Kommissar. Wir hoffen, dass die dem zentralen Nothilfefonds (CERF) zugewiesenen Mittel zusätzliche Mittel sind. Es gibt keinen Grund, weshalb unsere Institutionen ihrer treibenden Kraft, namentlich aufgrund der Arbeit des ECHO-Generalsekretariats, beraubt werden sollten. Wenn die Mitgliedstaaten oder andere Geber zu den Mitteln der Vereinten Nationen für das Eingreifen an den Schwerpunkten beitragen wollen, dann sollte das nicht zum Nachteil dessen geschehen, was bereits getan wird, sondern es sollte etwas Zusätzliches sein.
Ein weiterer, sehr wichtiger Aspekt für uns ist die Lebensmittelhilfe. Sie wurde naturgemäß in die humanitäre Hilfe eingebunden, aber wir wollten darauf hinweisen, dass sie zuweilen einen schädlichen Einfluss haben kann, indem sie störend in die lokalen Märkte eingreift. Wenn Lebensmittelhilfe angeboten wird, aber nicht gut durchdacht ist, kann das gegen das Primo-non-nocere-Prinzip verstoßen: „Zuallererst nicht schaden“. Es gilt, vom Beispiel anderer Länder zu lernen, deren humanitäre Aktionen dafür sehr bekannt sind, damit man nicht die gleichen Fehler macht.
Zum Schluss möchte ich über die Schutzverpflichtung sprechen. Was der Herr Kommissar gesagt hat, ist extrem wichtig, und wir unterstützen voll und ganz Ihre Bemerkungen zum Recht auf Eingreifen, zur Notwendigkeit überlegten Vorgehens und zur uneingeschränkten Achtung der humanitären Bemühungen, was gegebenenfalls dazu führen könnte, Sanktionen auf EU-Ebene in Erwägung zu ziehen. Wir haben endlich unseren Repräsentanten gesichert, und ich danke Ihnen, dass Sie darauf hingewiesen haben.
Wir wollen einfach, dass dieser Konsensbericht nicht nur eine Reihe von Prinzipien beinhaltet, sondern auch eine Roadmap, mit der wir – darüber besteht schon Einigkeit – eine jährlich Sitzung haben werden, damit auch das Parlament seine Rolle uneingeschränkt wahrnehmen kann.
Vittorio Agnoletto, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten unterstützt den Vorschlag von Kommissar Michel für eine interinstitutionelle Erklärung zum Europäischen Konsens zur humanitären Hilfe, aber die Regierungen der 27 Mitgliedstaaten verfolgen bei der humanitären Hilfe weiterhin einzelstaatliche politische Ziele, die zuweilen stark von denen Europas abweichen.
Es ist notwendig, dass der Rat und die Mitgliedstaaten die humanitäre Hilfe zu einem moralischen und politischen Imperativ erheben, der vielmehr von der Effizienz dieser Hilfe denn von nationalen oder postkolonialen Interessen inspiriert wird. Wir dürfen uns nicht darauf beschränken, Reis und Brot zu verteilen, wie nötig dies auch sein mag. Die humanitäre Hilfe der EU muss von politischen und diplomatischen Aktivitäten begleitet werden, die die Einhaltung des Völkerrechts und vor allem des humanitären Völkerrechts zu einer Priorität für das so genannte Empfängerland machen. Die Grundsätze der Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit müssen gewahrt und deutlich von jedweder aktiven militärischen Intervention auf dem Gebiet der humanitären Hilfe getrennt werden.
Eine Nichteinhaltung dieser Grundsätze könnte sich sowohl für die Mitarbeiter humanitärer Organisationen als auch für die betroffene Bevölkerung nachteilig auswirken. Es sei auch daran erinnert, dass bei humanitären Hilfsaktionen den am meisten gefährdeten Bevölkerungsgruppen, wie den Frauen und Kindern, besonderes Augenmerk geschenkt werden muss.
Filip Kaczmarek, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten hat die Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union über einen europäischen Konsens zur humanitären Hilfe begrüßt.
Vergessen wir nicht, dass die Europäische Union immerhin der weltweit größte Geber im Bereich der humanitären Hilfe ist. Im Jahr 2006 wurden für diesen Zweck zwei Milliarden Euro bereitgestellt, wodurch über 100 Millionen Menschen aus 75 Ländern in aller Welt geholfen werden konnte.
Tatsache ist aber auch, dass das Potenzial der Europäischen Union nicht voll ausgeschöpft wird. Dies bestätigt der jüngste OECD-Bericht, der auf strukturelle Mängel und gewisse Widersprüche im Zusammenhang mit den Aktivitäten der Europäischen Union hinweist. Eine gemeinsame und unmissverständliche Erklärung der drei größten Institutionen der EU ist eine einmalige Chance für einen politischen Konsens in der Frage, wie die Europäische Union mit den immer komplexeren Krisensituationen in der ganzen Welt umgehen sollte.
Diese Erklärung ermöglicht es uns, einen Rahmen und eine Definition für humanitäre Hilfe zu formulieren sowie die Grundsätze und Strategien der Europäischen Union festzulegen, wie den Bedürftigsten geholfen werden kann. Sie kann ferner dazu beitragen, dass die Europäische Union einen einheitlichen Standpunkt gegenüber einer Reihe humanitärer Organisationen entwickelt und vertritt. Sie lenkt überdies die Aufmerksamkeit darauf, dass sich die Europäische Union nicht nur auf die Gewährung humanitärer Hilfe konzentriert, sondern sich auch mit der Analyse der Gründe für die Notwendigkeit einer solchen Hilfe befasst.
Wir sind bemüht, uns, wann immer es möglich ist, an der Suche nach geeigneten politischen Lösungen zur Abschaffung der genannten Ursachen zu beteiligen. Meiner Meinung nach hat der Berichterstatter, Herr Cornillet, die komplexen und komplizierten Bedingungen, unter denen im Verlauf der letzten 15 Jahre humanitäre Hilfe geleistet wurde, treffend analysiert. Auch Kommissar Michel hat heute von dieser Komplexität gesprochen.
Die Europäische Union wie auch die ganze internationale Gemeinschaft stehen vor neuen Herausforderungen, die aus veränderten Bedingungen resultieren: ein grundlegend veränderter Charakter militärischer Konflikte, vermehrt auftretende Naturkatastrophen mit immer furchtbareren Folgen. Innerstaatliche Konflikte nehmen ebenfalls zu, und damit steigt die Zahl der Flüchtlinge. Vielerorts wird das internationale humanitäre Recht missachtet oder bewusst verletzt. Mitarbeiter internationaler humanitärer Organisationen werden immer häufiger bedroht, und immer mehr Gremien befassen sich mit humanitärer Hilfe.
Ich bin daher mit dem Berichterstatter einer Meinung, was die Notwendigkeit der gegenseitigen Ergänzung, der Kohärenz, der Effektivität und der Koordination der humanitären Hilfe zwischen den 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf technischer und politischer Ebene angeht. Ja, sie ist eine unerlässliche Bedingung für die Festigung des Status der Europäischen Union als des weltweit größten Geldgebers im Bereich der humanitären Hilfe. Sie ist auch die Voraussetzung für die Herausbildung einer starken europäischen Politik in internationalen Institutionen, die den von der Union bereitgestellten Haushaltsmitteln adäquat wäre.
Ich möchte auch auf die so genannte Schutzverpflichtung eingehen. Ich teile die Auffassung des Berichterstatters, dass die Europäische Union bei der Verwirklichung dieses verpflichtenden Konzepts führend sein muss. Vorrang sollten dabei diplomatische und vorbeugende Maßnahmen haben, mit denen Regierungen bei der Erfüllung ihrer Pflicht zum Schutz der eigenen Bevölkerung unterstützt werden, sowie erforderlichenfalls die Anwendung von entsprechenden Druckmitteln. Die Anwendung von Gewalt, wie zum Beispiel militärische Interventionen, sollte ein letztes Mittel sein, auf das nur in Extremfällen und unter Achtung und Wahrung des internationalen Rechts zurückgegriffen werden sollte.
Alain Hutchinson, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zuallererst möchte ich unserem Kollegen Cornillet für seine Arbeit an diesem Bericht und für die Debatten danken, die er in unserem Entwicklungsausschuss geleitet hat. Mein Dank gilt auch dem Kommissar für seine sachdienliche Analyse zu Beginn dieser Aussprache.
In dem Bericht über die humanitäre Hilfe wird die Aufmerksamkeit zu Recht auf den Schutz des humanitären Hilfspersonals und auf den Zugang zu den Opfern gerichtet. Dies sind die beiden Hauptanliegen, mit denen sich die humanitäre Hilfe derzeit und in zunehmendem Maße auch zukünftig auseinandersetzen muss. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, wie es bereits der Kommissar getan hat, dass die Veränderungen in der Art und Weise, wie die Streitkräfte eingesetzt werden, das Bild der humanitären Akteure verzerren kann. Die Verwirrung, die durch den Einsatz militärischer Mittel entsteht – bisweilen um humanitäre Helfer zu begleiten –, führt unweigerlich zum Verlust der Immunität der NRO und ihrer Teams, die sie bis dahin in diesem Bereich genossen haben.
Außerdem ist es – um die Opfer zu erreichen und im Interesse einer gewissen Meinungsfreiheit – ausschlaggebend, dass es nicht den Anschein hat, als wären sie an diesen Konflikten beteiligt oder abhängig von der Politik des Herkunftslandes der Organisation. Die jüngsten Veränderungen haben in den Krisengebieten die Wahrnehmung der Positionierung der NRO erschwert. Vor allem in Darfur wird es nach Aussage mehrerer NRO einschließlich „Médecins du Monde“ für sie immer schwieriger, die Opfer außerhalb der Vertriebenen-Camps zu erreichen. Außerdem rolle eine neue Welle der Gewalt gegen die Bevölkerung und das Hilfspersonal an. Ihr Handlungsspielraum hängt von der Bekräftigung ihrer Unabhängigkeit von den Streitkräften vor Ort und von jedweder politischen Positionierung ab.
Man muss gleichfalls feststellen, dass ein zunehmender Anteil der finanziellen Mittel der humanitären NRO aus Finanzinstitutionen stammt, vor allem aus europäischen Institutionen. Auch dieser Umstand kann das Misstrauen gegenüber diesen NRO verstärken, weil ihr Handeln zuweilen mit den geostrategischen Positionen der Geberländer oder der Union verwechselt werden kann. Aus diesem Grund möchte ich hier betonen, dass der Anstieg aus öffentlichen Finanzmitteln, obwohl wir das begrüßen und es eine großartige Sache ist, nicht dazu führen darf, dass diese NRO als Schachfiguren missbraucht werden.
In den letzten zehn Jahren sind über 1 000 humanitäre Helfer bei mehr als 500 Angriffen auf zivile Hilfsaktionen ums Leben gekommen. Wenn wir nicht alles daran setzen, um die Unabhängigkeit der NRO zu garantieren, wird ihre Handlungsfähigkeit zweifellos beeinträchtigt, und infolgedessen wird sich auch die Zahl der Gebiete, in denen das humanitäre Völkerrecht Anwendung findet, erheblich verringern.
Das Vorgehen der Medien hat zur Folge, dass heute die gesamte Welt ihre Aufmerksamkeit auf Zoés Arche richtet, die im Vergleich zur großen Mehrheit humanitärer Operationen, die durch anerkannte Strukturen durchgeführt werden, deren Mitarbeiter sich durch großen Mut sowie menschliche und professionelle Qualitäten auszeichnen, ein extrem kleiner Verein von Amateuren ist. Es darf daher nicht zugelassen werden, dass dieser Einzelfall alle humanitären Hilfsakteure in Misskredit bringt. Vielmehr gemahnt er uns daran, dass alle Hilfsmaßnahmen strikt in Übereinstimmung mit dem humanitären Völkerrecht und den Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen durchgeführt werden müssen.
Wir begrüßen daher die Tatsache, dass dieser europäische Konsens, der bei der nächsten Tagung angenommen werden wird, unsere Forderung nach Schaffung einer formellen Struktur innerhalb des Rates, die speziell für humanitäre Belange verantwortlich ist, wie auch nach einer jährlichen Überprüfung des Konsenses und des ihn begleitenden Aktionsplans umfasst.
Toomas Savi, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich auf Ziffer 21 des Berichts von Herrn Cornillet eingehen, in der die Auffassung vertreten wird, der Konsens sollte die verschiedenen Rollen, Mandate und komparativen Vorteile der verschiedenen humanitären Akteure anerkennen und näher definieren.
Was die neuen Mitgliedstaaten angeht, so sind einige darunter, auch meiner, die sehr effizient agieren könnten, wenn sie mit anderen Ländern kooperieren würden, indem sie ihre Fähigkeiten und Ressourcen bündeln und ihr jeweiliges Know-how miteinander teilen. Wenn man dies in die Praxis umsetzt, könnte es von großem Nutzen für die humanitären Aktivitäten der EU sein, und die neuen Mitgliedstaaten könnten stärker in die europäischen Maßnahmen eingebunden werden. Nichtsdestotrotz sollte die Europäische Union bereit sein, die Zentralisierung ihrer Agenturen in Angriff zu nehmen, um deren Aktivitäten auf bestmögliche Weise zu koordinieren.
Der zweite Punkt, den ich gern ansprechen würde, ist, dass der Beitrag der neuen Mitgliedstaaten zur humanitären Hilfe eher bescheiden ausfällt. Die neuen Mitgliedstaaten, die vor fast zwei Jahrzehnten selbst noch auf Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe angewiesen waren, schwelgen jetzt in rapidem wirtschaftlichem Wachstum. Ich rufe diese Staaten auf, ihren Beitrag kräftig zu steigern und nicht zu vergessen, dass dies eine Möglichkeit bietet, weniger entwickelten Staaten in dem Maße zu helfen, wie die entwickelte Welt auch ihnen noch vor nicht allzu langer Zeit beigestanden hat.
Ewa Tomaszewska, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! In den Gesellschaften Europas ist man weitgehend davon überzeugt, dass humanitäre Hilfe für Opfer in Krisensituationen eine moralische Verpflichtung darstellt. Wir sollten stolz darauf sein, dass die Europäische Union der größte Geber auf dem Gebiet der humanitären Hilfe ist.
Die Hilfe ist jedoch angesichts der Dimensionen von Naturkatastrophen und anderen Krisensituationen oft unzureichend, sie verzögert sich oder erreicht mitunter nicht die Bedürftigsten. Dank einer guten Organisation, unter anderem durch Zusammenarbeit mit anderen Hilfeleistenden, klare Regeln und eindeutige Kriterien, könnte ihre Effektivität wesentlich gesteigert werden. Es gilt, humanitäre und Entwicklungshilfe aufeinander abzustimmen, damit die Hilfebedürftigen in die Lage versetzt werden, auf eigenen Beinen zu stehen, sie also von künftiger Hilfe unabhängig sind. Deshalb ist ein europäischer Konsens im Bereich der humanitären Hilfe so wichtig. Ferner ist zu bedenken, dass man die freiwilligen Helfer vor Gewalt schützen muss.
Kyriacos Triantaphyllides, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Herr Präsident, meine Damen und Herren! In dem Bericht, den wir heute behandeln, wird nachdrücklich betont, dass das humanitäre Engagement der Europäischen Union von Grundsätzen geleitet sein muss, wie sie die Leitlinien und bewährten Verfahren der humanitären Hilfe vorsehen. Wenn wir so etwas lesen, dann dürfen wir uns zu Recht über die Heuchelei der Europäischen Union wundern, die mit der einen Hand gibt und mit der anderen nimmt. Dies ist bei Palästina der Fall. Einerseits geben wir Geld, um uns unserer humanitären Gesinnung zu rühmen, während wir im selben Moment mit unserer Außenpolitik 1,5 Millionen Menschen wirtschaftlich wie sozial und ohne Hoffnung auf zukünftige Besserung ausgrenzen. Die moralische Lehre daraus sollte sein, dass humanitäre Hilfe ohne eine realistische Außenpolitik keinen Sinn ergibt. Beide gehen Hand in Hand. Es wird Zeit, dass die Europäische Kommission sich dessen bewusst wird.
Kathy Sinnott, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! In den letzten Jahren gab es viele humanitäre Krisen und ebenso viele Nothilfe-Programme. Täglich leiden Menschen an Nahrungsmangel und Krankheiten; jedes Jahr werden wir von zahlreichen Naturkatastrophen heimgesucht, die tausende Menschen obdachlos machen und ihnen den Weg zurück ins normale Leben versperren.
Die Hauptprobleme in Krisen wie diesen bestehen darin, dem Gebiet und den Menschen Sicherheit zu geben, indem für die medizinische Betreuung gesorgt und Nahrung, Wasser und Obdach bereitgestellt werden. Diese unmittelbaren Probleme sind vorrangig, und alle Bemühungen sollten darauf gerichtet sein. Leider haben die Opfer nur begrenzt Zugang zu humanitärer Hilfe, und die humanitären Helfer riskieren aufgrund zunehmender interner Konflikte in einigen Ländern ihr Leben.
Wenn die unmittelbare Krise überwunden ist und die Hilfe eingestellt wird, kann das Leiden akut werden, weil nichts vorgesehen ist, um den Menschen langfristig beim Wiederaufbau und bei der Wiedererlangung ihrer Unabhängigkeit zu helfen. Darin besteht unsere wichtigste Pflicht: anderen zu helfen, wenn sie die Hilfe am dringendsten brauchen. Solche Probleme darf es nicht mehr geben, und wir müssen über kurz oder lang einen anderen Weg finden, um ihnen zu helfen.
Zuzana Roithová (PPE-DE). - (CS) Herr Präsident! Ich gratuliere Herrn Cornillet zu seinem äußerst professionellen Bericht zur humanitären Hilfe. Der Bedarf an Hilfe dieser Art wird nicht geringer; im Gegenteil, die Zahl und der Umfang von Naturkatastrophen nehmen zu. Es gibt nicht weniger bewaffnete Konflikte in Entwicklungsländern, nur ihr Charakter hat sich geändert. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen sind häufig Ziel von Angriffen oder anderen Verletzungen des internationalen Rechts. Insgesamt 40 % der weltweit geleisteten humanitären Hilfe kam über die Mitgliedstaaten oder die EU unmittelbar von Europäern. Allein im letzten Jahr summierte sich diese Hilfe auf 2 Milliarden Euro. Das ist Grund genug, sich um eine höhere Effektivität der Hilfeleistungen zu bemühen. Uns ist klar, dass wir systematisch und in enger Abstimmung mit anderen Akteuren vorgehen müssen.
Auch ich bin der Meinung, dass humanitäre Hilfe an Entwicklungshilfe gekoppelt sein muss. Sie sollte auch mit politischen und diplomatischen Aktivitäten eng verzahnt sein, vor allem um die freiwilligen Helfer zu schützen und um sicherzustellen, dass sie ihre Einsatzgebiete erreichen.
Eine interessante Erhebung zur humanitären Hilfe belegt, dass neun von zehn Europäern diese befürworten. Die Hälfte von ihnen ist überzeugt, dass auf EU-Ebene effektiver geholfen werden kann als von einzelnen Mitgliedstaaten. Daher ist es folgerichtig, dass die humanitäre Hilfe in diesem Jahr zu einem eigenständigen Politikbereich der EU wurde. Dies bringt natürlich auch eine große Verpflichtung mit sich. Uns muss bewusst sein, dass humanitäre Hilfe kein Mittel des Krisenmanagements ist: Jedwede Einflussnahme auf die lokale Politik oder die lokalen Märkte ist zu vermeiden, und die Hilfe muss unabhängig sein von politischen Gegebenheiten. Deshalb identifiziere ich mich uneingeschränkt mit den Prinzipien der humanitären Hilfe wie Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Unmittelbarkeit und Effektivität. Ich unterstütze auch die Idee des zentralen Nothilfefonds, weil es bei Naturkatastrophen stets auf rasches Handeln ankommt. Ich bin auch für einen gemeinsamen Rahmen der EU für die Bedarfsabschätzung.
Corina Creţu (PSE). - (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Cornillet, gratulieren, der eine schwierige und wertvolle Arbeit zu diesem komplexen Thema geleistet hat. Ferner möchte ich Herrn Kommissar Michel herzlich willkommen heißen und seinen Aufruf zu einer guten Zusammenarbeit mit unserem Entwicklungsausschuss hervorheben.
Der europäische Konsens zur humanitären Hilfe wird bei der Entwicklung der Politik im humanitären Bereich eine bedeutende Rolle spielen. Ich halte es für sehr wichtig, dass Rat, Parlament und Kommission hier gemeinsam zustimmen. Wir wollen uns stärker für die humanitären Prinzipien einsetzen und eine Grundlage für eine engere Zusammenarbeit zu schaffen, um so die effektivste Umsetzung der humanitären EU-Hilfe in den kommenden Jahren zu gewährleisten und den vielen Menschen zu helfen, die derzeit unter humanitären Krisen leiden.
Als Mitglied des Entwicklungsausschusses freue ich mich, dass der endgültige Text Schlüsselelemente wie die explizite Erwähnung der UNO-Resolution zur Schutzverpflichtung beinhaltet und die spezifischen Bedürfnisse schwacher Bevölkerungsgruppen berücksichtigt, vor allem der Kinder, Frauen, älteren Menschen, der Kranken und Behinderten. Auch findet im Text die Möglichkeit einer jährlichen Revision der Bestimmungen zur humanitären Hilfe Erwähnung, ein ganz wichtiger Punkt, der eine humanitäre Reaktion ermöglicht, für die den Bedürfnissen entsprechende Mittel zur Verfügung stehen. Darüber hinaus findet man im Text den Gedanken, lokale Kapazitäten zur Unterstützung sowie vor Ort tätige NRO zu nutzen, um so auf das Fachwissen und die Kenntnisse um die lokalen Gegebenheiten zurückgreifen zu können, damit schneller und besser auf humanitäre Notfälle reagiert werden kann.
Vergessen wir nicht, dass diejenigen, die am meisten unter natürlichen oder vom Menschen verursachten Katastrophen leiden, auch die sind, die sich aufgrund von Armut bereits in einer prekären Situation befinden. Sie leben hauptsächlich in Entwicklungsländern, und ihre Aussichten auf ein besseres Leben sind gering. Es ist daher wichtig, dass von der Europäischen Union eine Botschaft der Solidarität und der Unterstützung ausgeht. Voraussetzung dafür ist eine angemessene, rasche und wirksame Reaktion im Fall humanitärer Notlagen. Entscheidend ist auch eine bessere Koordinierung, um ein besseres Zusammenspiel von Nothilfe, Rehabilitation und Entwicklung zu erreichen und so zu gewährleisten, dass die Folgen einer Katastrophe möglichst wenig Menschenleben fordern.
Olle Schmidt (ALDE). – (SV) Herr Präsident, Herr Kommissar! Vielen Dank an den Berichterstatter für einen ausgewogenen Bericht zu einem sehr wichtigen Thema. Nur wenige Fragen sind wichtiger für unsere Union als ihre Fähigkeit zu einer wirksamen Reaktion beim Ausbruch von Kriegen oder Naturkatastrophen. Die EU hat den Willen und die Fähigkeit dazu, aber es ist noch mehr nötig.
Lassen Sie mich zwei sensible Punkte ansprechen. Erstens sind meiner Ansicht nach in bestimmten Fällen militärische Einsätze zur Unterstützung humanitärer Maßnahmen angemessen. In Darfur ist direkter bewaffneter Schutz notwendig, um die humanitären Einsätze durchführen zu können. Wir müssen in erster Linie das Ergebnis sehen, nämlich das Retten von Leben.
Zweitens kann Entwicklungshilfe zur Förderung einer demokratischen Entwicklung eingesetzt werden. Auch hier müssen wir die Ergebnisse sehen. Lassen Sie mich einen konkretes Beispiel nennen, das dem Kommissar sehr wohl bekannt ist. In Eritrea sitzt ein schwedischer Journalist seit über sechs Jahren im Gefängnis, nur weil er von seinem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht hat. Dreißig schwedische Chefredakteure fordern gegenwärtig, die schwedische Entwicklungshilfe von der Freilassung von David Isaak, so der Name dieses Journalisten, abhängig zu machen. Ich bin geneigt, ihnen zuzustimmen. Eritrea sollte wissen, dass auch der Wille, Entwicklungshilfe zu leisten, versiegen kann, wenn die demokratischen Grundsätze so eklatant missachtet werden, wie das gegenwärtig in Eritrea der Fall ist.
Jaromír Kohlíček (GUE/NGL). - (CS) Herr Kommissar Michel, Herr Cornillet! Vielen Dank für Ihre Arbeit. Meine Damen und Herren, ein dringend benötigter und wertvoller Text hat durch seinen Titel bereits einiges an Wert verloren: Geographisch gesehen ist die EU nur ein Teil Europas, es sei denn, dass bereits Verhandlungen mit europäischen Staaten außerhalb der EU wie zum Beispiel Russland, der Ukraine, der Türkei, Kasachstan, Serbien, Belarus und anderen über den Vorschlag der Kommission aufgenommen wurden, was natürlich nicht der Fall ist. Ich unterstütze die Annahme dieser ausgezeichneten und dringend benötigten Entschließung. Aber wie wollen wir garantieren, dass sie in den Gefängnissen unserer transatlantischen Nachbarn in Guantánamo oder in Afghanistan eingehalten wird? Oder akzeptieren wir ihre Praktiken im Rahmen einer Vertiefung der transatlantischen Partnerschaft? Ja, die Entschließung ist notwendig und richtig. Lassen Sie uns aber über mögliche Wege nachdenken, die unsere transatlantischen Partner darin bestärken, die humanitären Prinzipien anzuerkennen und einzuhalten. Andernfalls werden wir unsere Energien darauf verwenden, Probleme zu lösen, die von anderen verursacht worden sind.
Luis Yañez-Barnuevo García (PSE). – (ES) Herr Präsident! Ich möchte den Berichterstatter, Herrn Cornillet, sowie den Herrn Kommissar zu seinem Vorschlag und seiner Rede beglückwünschen und mich den Worten meines Fraktionssprechers, Herrn Hutchinson, anschließen. Zu dieser späten Abendstunde fasse ich mich kurz und schenke Ihnen die Minute, Herr Kommissar.
Übrigens sagte mir Herr Borrell, dass der Auftritt von Herrn Kommissar Michel beim Treffen von Lissabon am vergangenen Wochenende brillant war.
Herr Präsident, ich habe eine Minute eingespart.
Louis Michel, Mitglied der Kommission. (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen kurz für die groβe Unterstützung danken, die Sie dem Bericht von Herrn Cornillet sowie den Positionen der Kommission entgegengebracht haben.
Eine Lösung für das Problem in Vergessenheit geratener Krisen besteht zweifellos in einer besseren Arbeitsteilung. Wenn es keine Arbeitsteilung gibt und wenn humanitäre Hilfe oder Entwicklung von politischen Opportunitätserwägungen, von der Außenpolitik eines Landes abhängig sind, dann hat man natürlich solche vergessenen Krisen und Waisenländer; daher ist Arbeitsteilung die einzige Lösung.
Die Idee eines humanitären Atlas, ähnlich dem Entwicklungsatlas zum Beispiel, der ausgezeichnete Fortschritte macht und bereits verwirklicht ist, stellt gewiss eine gute Lösung dar. Ich stimme auch mit den vielen Rednern überein, die auf die Notwendigkeit hingewiesen haben, die entscheidende Rolle der einheimischen Akteure sowie die Einbindung der Zivilgesellschaft hervorzuheben.
Was die Arbeit des CERF betrifft, so bin ich völlig Ihrer Meinung – und das habe ich bereits mehrfach den Vereinten Nationen, dem OCHA und allen anderen dargelegt, und Sie kennen meine Haltung in dieser Angelegenheit: Solange es keine zusätzlichen Finanzmittel gibt, wird ECHO keinen Beitrag zum CERF leisten. Jedes Jahr gibt ECHO alle verfügbaren Mittel für humanitäre Aktionen aus, und wenn ein Beitrag von ECHO nötig sein sollte, müsste dieser zusätzlich geleistet werden.
Zweitens handelt es sich bei ECHO eigentlich um einen europäischen CERF. Dessen muss man sich bewusst sein. Daher besteht dafür keine große Notwendigkeit. ECHO ist genauso flexibel – ich wünschte mir die gleiche Flexibilität im Entwicklungssektor – und vielleicht noch flexibler als der CERF. Drittens sollten sich die UN nach meinem Dafürhalten bei der humanitären Hilfe auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, also im Wesentlichen auf die Koordination der humanitären Hilfe, und an dieser Stelle ist das OCHA zu nennen. Auch hier ist noch viel zu tun.
Herr Hutchinson hat eine ganz wichtige Frage zu der Beschreibung oder gewissermaßen der Etikettierung – auch wenn dies eine gefährliche Bezeichnung ist – von NRO und Akteuren der Zivilgesellschaft gestellt. Ich stimme ihm zu, dass wir NRO nicht wegen dieser oder jener Verbindung öffentlich schmähen dürfen. Nebenbei sei erwähnt, dass die Kommission zu keinem Zeitpunkt einen Beitrag zu Zoe´s Arche geleistet noch diese finanziert oder als ausführende Organisation genutzt hat. Ich möchte, dass Sie das wissen und keine Missverständnisse entstehen.
Nachdem das gesagt ist, wirft Ihre Frage für mich ein Problem auf, das wir vielleicht mit den NRO diskutieren sollten – und ich hatte bereits Gelegenheit, darüber zu sprechen –, nämlich die Bildung eines höheren Gremiums von NRO und Vertretern der Zivilgesellschaft, das sich ausschließlich aus NRO und Vertretern der Zivilgesellschaft zusammensetzen würde. Es ist also nicht vorgesehen, dass staatliche Behörden in dieser höheren Instanz vertreten sind, und ich habe bemerkt, dass Bernard Kouchner auf diesen Vorschlag reagiert hat. Dieses Gremium könnte etwa nach dem Muster von Ärztebünden oder von Berufsverbänden gestaltet sein, die ihrerseits viele der möglicherweise auftretenden Probleme auf der Grundlage eines Verhaltenskodex oder eines ethischen Kodex lösen. Das ist ein Vorschlag, den ich hier einbringe, obwohl es zweckdienlich wäre, ihn eingehender zu beleuchten.
Was die neuen Mitgliedstaaten angeht, so freue ich mich sehr über ihre große Bereitschaft, ihre internationale Solidarität künftig durch größere humanitäre Hilfeleistungen zu bezeugen. Das gilt unter anderem vor allem für die Tschechische Republik.
Auch sei darauf hingewiesen, dass allein sechs Mitgliedstaaten (der EU25) 49 % der gesamten Hilfe der Europäischen Union leisten und der Anteil der anderen 19 Mitgliedstaaten sich auf 18 % der Gesamthilfe beläuft. Das Engagement im Bereich der humanitären Hilfe ist also alles andere als ausgeglichen.
Hinsichtlich der Situation in Palästina bin ich nicht der Auffassung, dass die Europäische Union mit der einen Hand gibt und mit der anderen nimmt. Natürlich gibt es Fragen im Zusammenhang mit der Tatsache, dass unsere Entwicklungshilfe und vor allem unsere humanitäre Hilfe oft aufgrund der Situation in Palästina als Druckmittel benutzt wird. Dennoch bin ich nicht der Ansicht, dass die Europäische Union – und gewiss nicht die Kommission – den Vorwurf verdient, so viel zu nehmen, wie sie gegeben hat.
Ich möchte gern eine kurze Bemerkung zur humanitären Hilfe in Eritrea machen, Herr Schmidt. Es gibt keine humanitäre Hilfe in Eritrea. Wir geben keinen einzigen Cent für humanitäre Hilfe dort aus. Ich vermute, dass Sie das mit der Entwicklungshilfe verwechseln. In unserem politischen Dialog mit Eritrea steht das Problem des von Ihnen erwähnten Journalisten stets auf der Tagesordnung. Ich habe Issaias angerufen und sogar getroffen und mit ihm über dieses Problem gesprochen. Er versteckt sich hinter der Tatsache, dass das Problem ausschließlich eine Sache des eritreischen Rechts sei.
Gewiss teile ich Ihre Sicht und Ihren Standpunkt in dieser Angelegenheit, aber eine Verknüpfung der Entwicklungshilfe mit diesem Problem ist äußerst gefährlich. Wenn Sie die Freilassung des Journalisten zum Beispiel an eine politische Entscheidung knüpfen, wenn Sie die Gewährung von Entwicklungshilfe mit diesem Problem koppeln: Wer wird dann leiden? Sicherlich nicht die eritreischen Behörden, sondern die Menschen, denen Sie helfen wollen, mit anderen Worten, die Bevölkerung.
Die Situation ist noch etwas komplizierter, als Sie meinen mögen. Wir können derlei Probleme nicht zwangsläufig miteinander in Verbindung bringen. Selbst wenn es sich hier um sehr betrübliche Probleme handelt, die mir Sorgen bereiten und die in unserem Dialog ein Dauerthema sind – und ich pausenlos Druck ausübe, um hier zu einer Lösung zu gelangen –, können wir die Gewährung von Entwicklungshilfe nicht von diesen Problemen abhängig machen.
Was nun die humanitäre Hilfe betrifft, so kann ich Ihnen mitteilen, dass es in Eritrea keine humanitäre Hilfe aus Europa gibt, obwohl wir dort einige Entwicklungsprojekte finanzieren.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass die Abstimmung über die Erklärung der Kommission am 29. November 2007 in Brüssel und die Abstimmung über den Bericht von Herrn Cornillet morgen stattfindet.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Gay Mitchell (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Ich begrüße diese Initiative der Institutionen zur Schaffung eines EU-Konsenses zur humanitären Hilfe. Damit wird erstmalig eine eindeutige Aussage dazu getroffen, welche Politik die EU im Bereich der humanitären Hilfe verfolgt.
Das Umfeld, in dem humanitäre Aktionen stattfinden, verändert sich schnell und stellt uns vor immer neue Herausforderungen.
Mehr und mehr Menschen geraten aufgrund von Krisensituationen oder Naturkatastrophen in Not. Im Jahr 2003 waren 200 Millionen Menschen betroffen, von denen 45 Millionen lebensrettender Hilfe bedurften. Seitdem erlebten wir den Tsunami in Asien, zahlreiche Erdbeben, Überschwemmungen und Wirbelstürme in Mittelamerika und die entsetzlichen Ereignisse in Darfur.
Der Konsens wird die humanitären Prinzipien Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit untermauern.
Bei der Vermeidung humanitärer Notlagen stellt die Entwicklungshilfe ein entscheidendes Bindeglied dar. Dabei kommt es vor allem darauf an, das Katastrophenrisiko zu verringern und sich eindeutig für den Zusammenhang von Nothilfe, Wiederaufbau und Entwicklung einzusetzen.
Immer häufiger sind Militäreinheiten beteiligt, wenn der Zivilbevölkerung Nothilfe oder Unterstützung beim Wiederaufbau zuteil wird. Dieses Vordringen in Aufgabenbereiche, die in der Vergangenheit ausschließlich den humanitären Diensten und der Entwicklungshilfe vorbehalten waren, wirft grundsätzliche Fragen auf.
Für viele, die sich im humanitären Bereich engagieren, ist die Abgrenzung zwischen zivilen und militärischen Akteuren ein wichtiges Anliegen. Die Mandate der verschiedenen Handlungsträger müssen genau festgelegt werden.