Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Elizabeth Lynne im Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über eine Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit (2007/2104(INI)) (A6-0400/2007).
Elizabeth Lynne (ALDE), Berichterstatterin. – (EN) Frau Präsidentin, als Erstes möchte ich den Schattenberichterstattern für ihre Arbeit danken. Dass zu einem Bericht dieser Größenordnung keine Änderungsanträge für das Plenum eingereicht wurden zeigt, dass der Bericht vom ganzen Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten mitgetragen wird und dass wir alle stolz darauf sein können. Mein Dank gilt auch der Kommission für die gute Zusammenarbeit und dem portugiesischen Ratsvorsitz für seine Entscheidung, die Sozialpolitik zu einem Schwerpunkt seiner Ratspräsidentschaft zu machen.
Wir stehen in Europa vor einer enormen Herausforderung. Bei dieser Herausforderung geht es um Fairness. Es geht um verlorenes Potenzial und darum, dass es nicht möglich ist, ein Leben ohne die Almosen anderer und ein Leben ohne Diskriminierung, Armut und soziale Ausgrenzung zu führen.
Unser Ziel ist klar: Wir wollen das Spektrum der Chancen erweitern, damit alle, ungeachtet ihres Hintergrunds oder ihrer Lebenssituation, teilhaben können. Europas Vision muss es sein, Freiheit und Chancen für alle zu schaffen, die Beschäftigungsmöglichkeiten und Beschäftigungsanreize müssen verbessert werden und zugleich muss die soziale Absicherung für diejenigen gestärkt werden, die nicht arbeiten können.
Die Fakten des Jahres 2007 sind erschreckend: 72 Millionen Unionsbürgerinnen und -bürger leben nach wie vor in Armut; 8 % der Bevölkerung der Europäischen Union sind heute trotz Erwerbstätigkeit von Armut betroffen. Dies sind die erschütternden statistischen Daten. Doch was bedeuten sie wirklich? Konkret bedeuten sie, dass jeder sechste Bürger heute unterhalb der Armutsgrenze lebt – jeder Sechste! Viele halten es nicht für möglich, dass es so etwas im Jahr 2007 noch gibt. Vor fünfzig Jahren wurden die Römischen Verträge unterzeichnet und nach fünfzig Jahren Wirtschaftswachstum leben 10 % der Bevölkerung in Haushalten, in denen niemand einen Arbeitsplatz hat! Man kann es drehen und wenden wie man will, die Armut gehört nach wie vor zu den größten sozialen Problemen Europas und die Beseitigung der sozialen Ausgrenzung muss im Mittelpunkt unserer politischen Maßnahmen stehen.
In einigen Bereichen machen wir Fortschritte, aber wir müssen ehrlich sein: Bei den meisten Problemen haben wir nichts erreicht. In vielen EU-Mitgliedstaaten wird die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer. Die Beseitigung der einkommensbedingten Armut muss ein vorrangiges Ziel der Mitgliedstaaten sein, doch auf jeden Sechsten, der in finanzieller Armut lebt, kommen zahlreiche andere, die aus anderen Gründen aus der Gesellschaft ausgegrenzt sind. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Probleme für einen großen Teil der Familien – ebenso wie für viele Einzelpersonen – komplizierter sind und sich nicht nur auf ein niedriges Einkommen beschränken. Die Hindernisse auf dem Weg zu neuen Chancen sind komplex. Wichtig ist vor allem eine frühzeitige Intervention. Vorbeugen ist allemal besser als heilen.
Im Vereinigten Königreich wissen wir, dass bei der Tochter einer minderjährigen Mutter die Wahrscheinlichkeit, selbst im Teenageralter Mutter zu werden, dreimal so hoch ist; wir wissen, dass bei Söhnen von Straftätern die Gefahr, selbst straffällig zu werden, viermal größer ist als bei Jungen ohne einen solchen familiären Hintergrund. Trotzdem müssen wir in vielen Bereichen das Rad nicht neu erfinden. Wir müssen uns ansehen, wie andere EU-Länder mit diesen Problemen umgehen und von ihnen lernen. Wir brauchen einen effektiveren Austausch bewährter Verfahren. Finnland zum Beispiel hat ein umfassendes, nachhaltiges Konzept eingeführt, mit dem die Zahl der Obdachlosen deutlich verringert werden konnte. In Dänemark werden neue politische Maßnahmen umgesetzt, deren Ziel nicht allein darin besteht, Menschen, die seit langem auf der Straße leben, in die Gesellschaft zu integrieren, sondern ihre Lebensqualität zu verbessern. In Belgien arbeiten von Armut betroffene Personen mit Sozialarbeitern zusammen und helfen ihnen, die Bedürfnisse von Armen besser zu verstehen.
Nicht immer wird Armut durch Arbeitslosigkeit verursacht: Die Armut trotz Erwerbstätigkeit ist ebenfalls ein Problem. Aus diesem Grund habe ich zu einem Austausch über bewährte Verfahren zur Festlegung eines angemessenen Mindestlohns in allen Mitgliedstaaten aufgerufen. In mindestens fünf EU-Mitgliedstaaten gibt es gar keinen Mindestlohn. Ebenso müssen wir darauf drängen, dass jeder Mitgliedstaat einen existenzsichernden Mindestlohn für alle einführt.
Außerdem müssen die Mitgliedstaaten mehr tun, um die Ausbeutung von schutzbedürftigen Beschäftigten zu verhindern; um den Zugang von behinderten und älteren Menschen zum Arbeitsmarkt sicherzustellen; um Menschenhandel zu unterbinden; um die Rechte von Asylsuchenden zu wahren; um für alle den gleichen Zugang zu Gesundheitsdiensten und Diensten für die Allgemeinheit zu gewährleisten; um die Entstigmatisierung von Menschen mit psychischen Problemen zu erreichen und um einen konstruktiveren Ansatz im Hinblick auf die Drogen- und Alkoholproblematik zu fördern.
Dies sind nur einige der Themen, die in diesem Bericht behandelt werden. Die Vision Europas muss darin bestehen, Freiheit und Chancen für alle zu schaffen. Deshalb ist es so wichtig, dass auf europäischer Ebene Mechanismen geschaffen werden, mit denen sich der Austausch bewährter Verfahren verwirklichen lässt.
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich der Berichterstatterin, Frau Lynne, zu ihrem sehr interessanten und umfassenden Bericht gratulieren. Ich freue mich, dass das Europäische Parlament beschlossen hat, sich mit dem recht breiten Spektrum an sozialen Fragen auseinanderzusetzen, die in diesem Bericht behandelt werden. Es sind Fragen, die dringend gelöst werden müssen. Dieser Bericht ist ein wichtiger Beitrag zu einer kontinuierlichen Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit.
Das Dokument wird zu einer Zeit vorgelegt, in der die Kommission und die Mitgliedstaaten die Möglichkeiten prüfen, die soziale Dimension der Lissabon-Strategie zu stärken. Wir müssen auf die Ängste unserer Bürger reagieren, und wir stellen fest, dass soziale Gerechtigkeit für sie eines der Hauptprobleme ist. Öffentliche Umfragen zeigen, dass die Europäische Union eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung stärker integrierender und kohärenter Gesellschaften spielen sollte.
Wie Präsident Barroso bei einer ganz entscheidenden Debatte über die Globalisierung gestern Vormittag sagte, verzeichnet die Europäische Union erhebliche Fortschritte beim Erreichen der Ziele von Lissabon. Neue Arbeitsplätze wurden geschaffen: 3,5 Millionen neue Arbeitsplätze wurden allein im letzten Jahr geschaffen. Die Arbeitslosenquote ist auf etwa 7 % gesunken. Diese Quote ist zwar immer noch zu hoch, doch es ist die niedrigste der letzten zehn Jahre. Das Wirtschaftswachstum war trotz der jüngsten Instabilität auf dem Finanzmarkt zufrieden stellend.
Es besteht jedoch kein Grund zur Selbstzufriedenheit. Die Umsetzung der Lissabon-Strategie verlief uneinheitlich, und nicht alle Ziele wurden erreicht. 12 Millionen Menschen sind immer noch arbeitslos, häufig junge Menschen oder Langzeitarbeitslose mit geringen Aussichten auf berufliche Entwicklung oder sozialen Aufstieg. 8 % der europäischen Arbeitskräfte leiden unter der so genannten Armutsgefährdung von Erwerbstätigen. 78 Millionen Bürger der Europäischen Union leiden unter Armut, und ein Fünftel ihrer Bürger unter schlechten Lebensbedingungen.
Kurz gesagt, es muss mehr getan werden, um unsere gemeinsamen sozialen Ziele zu erreichen. Nun, da wir die positiven Ergebnisse der europäischen Strategie für Wachstum und Beschäftigung erkennen können, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, soziale Ziele zu verfolgen.
Ich begrüße, dass es im Bericht heißt, es seien politischer Wille und Entschlossenheit nötig, um Fragen der Armut und der Ausgrenzung zu behandeln. Auch ich bin der Ansicht, dass Kinderarmut und Diskriminierung dringend zu bekämpfen sind und Vielfalt gefördert werden muss. Dies bedeutet natürlich, die Umsetzung der einschlägigen Rechtsvorschriften in nationales Recht zu überwachen und gegebenenfalls Verfahren gegen die Mitgliedstaaten einzuleiten, die gegen europäisches Recht verstoßen.
Der Bericht beschäftigt sich auch mit den Hindernissen, die eine Beteiligung an der Gesellschaft und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt erschweren. Ich stimme zu, dass wir Unterstützungsmaßnahmen mit geeigneten Sicherheitsnetzen verbinden müssen, um zu gewährleisten, dass niemand außen vor bleibt.
Diese Haltung kommt in der jüngsten Mitteilung der Kommission zur aktiven Eingliederung zum Ausdruck. In der Mitteilung werden drei Schlüsselelemente eines ausgewogenen und strategischen Ansatzes für die aktive Eingliederung definiert:
– Zugang zu integrierten Arbeitsmärkten;
– besserer Zugang zu Dienstleistungen;
– angemessene Einkommensbeihilfe.
Mit dieser Mitteilung wird auch die zweite Phase der Anhörung der Sozialpartner zu diesen Fragen eingeleitet, mit der die Zusammenarbeit bei der aktiven Eingliederung in der Europäischen Union gefördert werden soll.
Im Anschluss an diese Mitteilung beabsichtigt die Kommission, eine Empfehlung zu den gemeinsamen Grundsätzen der aktiven Eingliederung auszuarbeiten, die für das zweite Halbjahr 2008 vorgesehen ist. In einer weiteren Mitteilung, die in den nächsten Wochen angenommen werden soll, wird die Kommission auch neue Maßnahmen zur Unterstützung der aktiven Eingliederung von Menschen mit Behinderungen vorstellen.
Die Kommission ist dem Europäischen Parlament für seine kontinuierlichen Bemühungen um die Bekämpfung von Diskriminierung dankbar. Wie es im Arbeits- und Legislativprogramm für 2008 heißt, wird die Kommission 2008 Vorschläge vorlegen, um gemäß Artikel 13 des Vertrags die beim Schutz bestehende Lücke zu schließen. Die Vorschläge, die im nächsten Sommer angenommen werden sollen, werden sich auf den langfristigen Dialog mit dem Europäischen Parlament, auf die Erfahrungen mit dem Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle 2007 und eine breite öffentliche Anhörung stützen.
Die Europäische Union hat große Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter erreicht, das Europäische Parlament war dabei ein wichtiger Partner. Wir müssen die Gleichstellung der Geschlechter jedoch in Zukunft weiter stärken. Dies ist ein Grundrecht, aber auch eine maßgebliche Bedingung für die Verwirklichung der europäischen Ziele für Wachstum, Beschäftigung und sozialen Zusammenhalt. Daher begrüße ich insbesondere den Verweis auf die Gleichstellung der Geschlechter im Bericht.
Seit dem Vertrag von Amsterdam hat die Union Fortschritte in allen Bereichen der Gleichstellung der Geschlechter und seit 2003 auch bei der Chancengleichheit behinderter Menschen erreicht. Doch auf beiden Gebieten bleibt noch viel zu tun. Die Tatsache, dass vielfache Diskriminierung weiterhin besteht, ist ein starkes Argument für eine ständige Hervorhebung der Chancengleichheit in allen Bereichen. Dieses Thema wird in der Mitteilung der Kommission behandelt, die 2008 angenommen werden soll, und die sich auf die Erfahrungen mit dem Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle 2007 stützen wird.
Meine Damen und Herren, die Veränderungen der sozialen Lage in der EU sind natürlich eine Folge der Entwicklung unserer Gesellschaft und der Änderungen beim allgemeinen Konzept insgesamt. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass das grundlegende Konzept, das heißt das richtige Verhältnis zwischen den wirtschaftlichen und den sozialen und ökologischen Aspekten zu finden, immer noch uneingeschränkt Bestand hat. Daher ist es an uns, weiterhin nach neuen Ansätzen Ausschau zu halten, um die noch bestehenden Probleme bewältigen zu können.
Miroslav Mikolášik (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. – (SK) Es ist notwendig, die soziale Lage und die Sozialpolitik in den Mitgliedstaaten zu überwachen, um die Probleme und Aufgaben der Union zu erkennen, aber noch wichtiger sind die Maßnahmen, die wir zu ihrer Bewältigung unternehmen.
Was die öffentliche Gesundheit betrifft, sollten wir den Problemen der EU-Bürger besondere Aufmerksamkeit widmen, die die Gesundheitsversorgung betreffen. Angesichts der demografischen Entwicklungen und der steigenden Lebenserwartung müssen wir Strategien im Bereich der Volksgesundheit entwickeln, die darauf abzielen, Krankheiten vorzubeugen und sie wirksam zu bekämpfen. Gleichzeitig sollte bei diesen Strategien berücksichtigt werden, dass der Zugang zu einer qualitativ hochwertigen und sicheren Gesundheitsversorgung für alle Gesellschaftsschichten, unabhängig von ihrem sozialen Status, Alter oder Wohnort sichergestellt werden muss.
Unser besonderes Augenmerk sollten wir auf die am meisten benachteiligten Gruppen, wie körperlich oder geistig behinderte Menschen, Ältere und Kinder richten. Angesichts der steigenden Kosten im Gesundheitswesen sollten die Mitgliedstaaten wirksame Maßnahmen ergreifen, wie beispielsweise gezielte Informationskampagnen, den Einsatz generischer Arzneimittel, die Anwendung neuer Technologien, Solidaritätsmaßnahmen auf lokaler Ebene oder die Verbesserung des Zusammenhalts zwischen den Generationen und Familien. Ferner sollten die Mitgliedstaaten, in Zusammenarbeit mit der Kommission, politische Maßnahmen entwickeln und europäische Initiativen unterstützen, deren Ziel die Bekämpfung von Tabak- und Alkoholsucht sowie Adipositas ist und die so zur Verbesserung der Lebensqualität unserer Mitbürger beitragen.
Nicht zuletzt sollten wir dafür sorgen, dass die bestehenden Rechtsvorschriften für das Gesundheitswesen wirksam umgesetzt werden. Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten nicht nur die Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Bereichen der Wasser-, Luft- und Bodenqualität und bei der Verringerung von Lärmemissionen sicherstellen, sondern auch die Einhaltung der Rechtsvorschriften für chemische Erzeugnisse, einschließlich derjenigen, die in den Anwendungsbereich von REACH fallen.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für die Rechte der Frau und Gleichstellung der Geschlechter. – (PT) In dieser Stellungnahme unterstreicht der Ausschuss für die Rechte der Frau und Gleichstellung der Geschlechter den vielschichtigen Charakter von Armut und sozialer Ausgrenzung, wobei die wirtschaftliche Situation der Familien, die Wohnbedingungen, der Zugang zu Bildung, Gesundheit und Langzeitpflege besonders hervorzuheben sind.
Der Ausschuss betont, dass Frauen und Kinder die Hauptopfer von Armut und sozialer Ausgrenzung sind und weist darauf hin, dass das Risiko für Zugewanderte, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und Mitglieder von Einelternfamilien noch höher ist. Er stellt außerdem fest, dass durchschnittlich 15 % der Schüler die Schule vorzeitig verlassen, dass jedoch in einigen Ländern wie Portugal diese Quote ungefähr bei 40 % liegt. Das gibt Anlass zur Besorgnis über die Bildung und die Ausbildung junger Mädchen.
Er weist mit Nachdruck darauf hin, wie wichtig es ist, dass hochwertige öffentliche Dienstleistungen, ein starkes öffentliches und allgemeines System der sozialen Sicherheit, hohe Sozialschutzstandards und die Beschäftigung mit hochwertigen und mit Rechten verbundenen Arbeitsplätzen beibehalten werden und dass gewährleistet wird, dass bei der Festlegung und Anwendung dieser Maßnahmen eine eindeutige Geschlechterperspektive einbezogen wird, und schließlich fordert er die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, der sozialen Eingliederung der Frauen und den Frauenrechten höchste Priorität einzuräumen und die betreffenden Politiken einschließlich der Politik der Einkommensverteilung dementsprechend zu ändern.
Edit Bauer, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (HU) Vielen Dank, Frau Präsidentin! Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Der Bericht von Frau Lynne, zu dem ich ihr von Herzen gratuliere, ist nicht das letzte Wort zum Thema soziale Eingliederung und Umbau der Sozialpolitik, und kann es auch nicht sein.
Wir sind oft geneigt zu sagen, das europäische Sozialmodell sei zeitlos, aber die Sozialpolitik muss sich natürlich auch ändern, nicht nur aufgrund der Globalisierung, sondern auch aufgrund der wirtschaftlichen Gegebenheiten, der sozialen Erwartungen, der demografischen Herausforderung und der sich ändernden Werte. Wir müssen geeignete Antworten auf die vor uns stehenden Herausforderungen finden. Auch aus diesem Grund ist die Initiative der Kommission zur Vorbereitung einer Art Bestandsaufnahme der sozialen Probleme der Bürger Europas begrüßenswert.
Es leuchtet ein, dass knapp 500 Millionen Unionsbürger keine homogene Masse sind. Obwohl sich die Einkommensunterschiede zwischen den alten Mitgliedstaaten verringern, werden die Unterschiede zwischen reichen und armen Regionen nach wie vor größer. Zwei Drittel der Bevölkerung der neuen EU-Mitgliedstaaten leben in armen Regionen, in denen das Einkommen die Hälfte des Durchschnittseinkommens der alten Mitgliedstaaten beträgt, oder noch weniger. In Bulgarien und Rumänien ist die Situation noch schlimmer, denn dort erreicht das Durchschnittseinkommen nicht einmal ein Drittel des Pro-Kopf-Einkommens der alten Mitgliedstaaten.
Um die Armut bekämpfen zu können, müssen wir zweifellos mehr über die verschiedenen Formen wissen, in denen sie sich manifestiert. Dazu benötigen wir jedoch Armutsindikatoren, denn bis jetzt standen uns lediglich umfassende Daten zum Risiko relativer Armut zur Verfügung.
Darum erwarten wir mit großer Spannung die Mitteilung der Kommission zu diesem Thema. Der Bericht lenkt die Aufmerksamkeit auch auf neue Risiken der Verarmung. So wissen wir beispielsweise nur wenig über die Gefahren des erheblichen Umfangs, den die private Verschuldung angenommen hat. In zwölf der alten Mitgliedstaaten liegt die Pro-Kopf-Verschuldung bei über 16 000 Euro; das entspricht 90 % des jährlichen Durchschnittseinkommens der Familien.
Bitte gestatten Sie mir noch eine letzte Bemerkung, Frau Präsidentin. Im Bericht wird erneut die Bedeutung des Kampfes gegen Kinderarmut herausgestellt, den wir für außerordentlich wichtig erachteten.
Richard Falbr, im Namen der PSE-Fraktion. – (CS) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Zunächst möchte ich Frau Elizabeth Lynne für den sehr guten Bericht und die ausgezeichnete Zusammenarbeit danken. Soziale Ausgrenzung wird durch viele Faktoren verursacht, und es wäre sehr bedauerlich, wenn dieser Bericht nicht für die weiteren Arbeiten genutzt würde. In meinen Ausführungen möchte ich die Wichtigkeit der öffentlichen Dienstleistungen und ihren Beitrag zur Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung hervorheben. Sobald öffentliche Dienstleistungen privatisiert sind, werden sie teurer und weniger zugänglich sein. Es ist uns leider nicht gelungen, den Standpunkt zu vertreten, dass Staaten zu verurteilen sind, die eine niedrige Grundabgabe einführen und es damit unmöglich machen, genügend Mittel für die Wahrnehmung sozialer Aufgaben des Staats bereitzustellen. Es wäre sicher sehr nützlich, wenn sich die Mitgliedstaaten als Teil des Informationsaustauschs über bewährte Methoden untereinander über ihre Erfolge unterrichten würden. Natürlich würde ich auch den Informationsaustausch über Methoden begrüßen, die sich nicht ausgezahlt haben oder sogar fehlgeschlagen sind. Ich weiß, dass dies nicht getan wird, doch ich bin sicher, es wäre nutzbringend, wenn die Sozialpartner und die Nichtregierungsorganisationen dies tun würden.
Das Angebot ausreichender und angemessen bezahlter Arbeitsplätze ist eine grundlegende Voraussetzung dafür, sicherzustellen, dass nicht immer mehr Bürger der Mitgliedstaaten von einer häufig unzulänglichen Sozialfürsorge abhängig sind. Wir können nicht zulassen, dass Erwerbstätige von Sozialfürsorge abhängen. Deshalb müssen wir versuchen, einen angemessenen Mindestlohn in allen Mitgliedstaaten einzuführen, entweder mittels Rechtsvorschriften oder durch Tarifverträge, je nach den üblichen Verfahrensweisen des jeweiligen Landes. Die Bemühungen um eine Anpassung der Altersrentensysteme werden verstärkt. Wenn Vorkehrungen getroffen werden, den Grundpfeiler zu erhalten – das staatliche Altersversorgungssystem – sollten alle Mitgliedstaaten die einschlägigen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation einhalten, die sie ratifiziert haben. Die Eingliederung behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt ist besonders wichtig. Daher müssen wir die Maßnahmen der Regierungen kritisch betrachten, die Anreize abgeschafft haben, mit denen die Anzahl der Arbeitsplätze für behinderte Menschen erhöht werden soll; dazu gehört auch die Tschechische Republik.
Ona Juknevičienė, ALDE-Fraktion. – Ich möchte meiner Kollegin Elizabeth Lynne zu ihrem Bericht und dazu beglückwünschen, einen politischen Kompromiss erreicht zu haben, der die Standpunkte der verschiedenen Fraktionen zur sozialen Wirklichkeit in der Union berücksichtigt.
Es stimmt, dass die Regierungen der Mitgliedstaaten für die Verringerung der Armut unmittelbar verantwortlich sind. Es ist ihre Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass die Menschen Arbeit haben, die Kinder die Schule besuchen und die Ärmsten Sozialhilfen erhalten.
Doch die Rolle der Union bei der Lösung der Probleme von Armut und Ungleichheit ist weiterhin ebenso wichtig. Die Tatsache, dass 78 Millionen europäischer Bürger in Armut leben und die soziale Kluft zwischen Armen und Reichen immer tiefer wird, ist ein äußerst ernst zu nehmender Hinweis darauf, dass Maßnahmen auf nationaler und auf europäischer Ebene ergriffen werden müssen.
In den meisten Mitgliedstaaten gibt es ein angemessenes Mindesteinkommensniveau. Es treten jedoch immer noch Fälle auf, in denen die Arbeitgeber die festgelegte Einkommensstufe nicht zahlen und damit gegen das Gesetz verstoßen. Wie ich bereits wiederholt erkläre habe, kommt es vor, dass Litauer, die im Ausland arbeiten, in dieser ungesetzlichen Weise behandelt werden. Wir sollten nicht zulassen, dass Arbeitgeber diese Praktiken anwenden.
Ich begrüße die Antwort der Mitgliedstaaten auf die Aufforderung des Rates, die Kinderarmut zu verringern. Sie haben jedoch bislang noch keine Aktionspläne für die Behandlung dieses Problems vorgelegt. Wir müssen sicherstellen, dass sie zumindest Zugang zu einem bezahlbaren Mindestniveau von Langzeitbetreuung haben. Mit dem Sozialfonds wurden Mittel dafür bereitgestellt. Es ist eine Schande, dass sie in meinem Land immer noch nicht genutzt werden.
Ich stimme dem Standpunkt der Berichterstatterin zu, dass Erfahrungen ausgetauscht werden und die erfolgreichen Beispiele für Errungenschaften im Bereich der sozialen Sicherheit Nachahmung finden sollten. Es ist unbedingt notwendig, aus den Erfahrungen der Mitgliedstaaten zu lernen, die es verstehen, die EU-Mittel wirksam einzusetzen. Meine Damen und Herren, um das Vertrauen unserer Bürger in die Europäische Union und ihre Organe zu gewinnen, müssen wir ihre schwierigsten Probleme lösen.
Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy sagte in seiner Rede vor diesem Hohen Haus, die Franzosen hätten den Eindruck, die EU würde sich nicht um sie kümmern und ihnen keine soziale Sicherheit bieten. Die französischen Bürger haben nicht gegen die Verfassung gestimmt, sondern gegen Europa, da sie sich dort nicht sicher fühlen.
Die Kommission hat versprochen, einen Bericht über die soziale Wirklichkeit mit einer Untersuchung der sozialen Trends vorzubereiten. Ich hoffe, der Schwerpunkt dieses Berichts wird der Rahmen für Maßnahmen sein, der Rahmen, mit dem die Methoden für die Verringerung oder gar die Beseitigung der Armut in Europa festgelegt wird. Dann können wir die Unterstützung unserer Bürger gewinnen und vielleicht allmählich das Gefühl bekommen, dass wir für sie arbeiten.
Sepp Kusstatscher, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Wir haben hier eine Menge von Ideen zur Sozialpolitik vorliegen. Danke, Frau Lynne! Da die Sozialpolitik aber kein so starkes Gewicht in der EU hat wie die Wirtschaftspolitik, ist dieser Bericht auch nicht so sehr eine Bestandsaufnahme in der EU – wie der Titel sagt –, sondern mehr eine Auflistung von Forderungen nach sozialpolitischen Maßnahmen in den Mitgliedsstaaten.
Zwei Anmerkungen: Die sozialpolitischen Kompetenzen liegen bei den Mitgliedstaaten. Wir auf europäischer Ebene dürfen bloß Empfehlungen aussprechen. Europa ist deshalb in einer Schieflage, weil die Wirtschaft harmonisiert ist, nicht jedoch die sozialen Belange. Seit Lissabon 2000 ist Europa nicht gerechter geworden – im Gegenteil: die Armut nimmt zu. Um die Armut wirklich zu bekämpfen und allen EU-Bürgern ein Leben in Würde und Gerechtigkeit zu ermöglichen, brauchen wir nicht nur Wirtschaft, Markt und Wettbewerb, wir brauchen einen sozialen, gerechten, ökologischen Binnenmarkt für alle Menschen.
Zweitens: Es wird vielfach nur geredet, nicht gehandelt. Die Probleme sind bekannt. Wir brauchen nicht so sehr Studien und Analysen. Jetzt muss endlich gehandelt werden. Es genügt nicht, 2010 als europäisches Jahr zur Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung auszurufen. Wir brauchen eine wirksame Anti-Armutsagenda, wir brauchen Daten, damit alle Menschen – auch jene ohne Arbeit – genug Grundeinkommen haben und ein Leben in Würde führen können. Es geht um Gerechtigkeit und Menschenrecht für alle!
Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Frau Präsidentin, Frau Lynne! Dies ist eine gute Bestandsaufnahme der mangelnden sozialen Sicherheit, in der viel zu viele Bürger in den Mitgliedstaaten leben müssen. Sie zeigt auch den Zusammenhang zwischen Armut, engen Wohnverhältnissen, sozialer Ausgrenzung und schlechter Gesundheit und kürzerer Lebenserwartung auf.
Die Bestandsaufnahme betrachtet auch die Bedeutung des Rechts auf Wohnung, Arbeit, soziale Sicherheit sowie die Rechte von Frauen und Menschen mit Behinderungen. Außerdem wird darauf verwiesen, dass Spielsucht, Alkoholmissbrauch und Drogenkonsum sowie Rauchen die soziale Ausgrenzung verstärken. Die Schlussfolgerung ist daher, dass die Mitgliedstaaten diese Probleme angehen müssen.
So weit so gut, aber die Wirklichkeit ist sehr oft eine andere. Oftmals sind das nur schöne Worte, denn in vielen Fällen hindert die EU mit verschiedenen Richtlinien und Verordnungen, unter Hinweis auf die Bestimmungen des Binnenmarktes und die Wettbewerbsregeln die Mitgliedstaaten an der Lösung der Probleme.
Darüber hinaus werden Weinerzeuger und der Tabakanbau subventioniert. Der freie Warenverkehr hindert beispielsweise Schweden daran, seine restriktive Alkoholpolitik beizubehalten, die von großer Bedeutung für das Land ist. In Schweden gibt es ein Spielmonopol, um das Glücksspiel zu begrenzen, aber die EU droht, mithilfe des Gerichtshofes dagegen vorzugehen. Das gleiche Doppelspiel wird beim Text der Rechtsvorschriften über irreführende Werbung und an Kinder gerichtete Werbung betrieben, da die EU andererseits eine Fernsehrichtlinie annimmt, die Produktplatzierung und an Kinder gerichtete Werbung zulässt.
Die soziale Wirklichkeit kann geändert werden, aber dazu müssen die öffentliche Gesundheit und die Umwelt einen höheren Stellenwert erhalten als die Wettbewerbsregeln des Binnenmarktes, und soziale Fürsorge und Sicherheit müssen wichtiger werden als Liberalisierung und Privatisierung.
Die GUE/NGL-Fraktion hat für den Bericht gestimmt, und wir werden auch weiterhin alles dafür tun, um die soziale Sicherheit der Bürger zu verbessern.
Kathy Sinnott, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Als ich zum ersten Mal über die Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit hörte, war ich sehr erfreut darüber, dass es jemanden gab, der an einer echten Diskussion über den Zustand der Gesellschaft interessiert war.
Leider musste ich beim Lesen der Dokumente der Kommission enttäuscht feststellen, dass es nicht um eine Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit, sondern der wirtschaftlichen Indikatoren geht.
Ich bin nicht davon überzeugt, dass Wirtschaftsindikatoren ein zuverlässiger Maßstab für die soziale Wirklichkeit sind. Wenn dem so wäre, müsste die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, die in Irland in den letzten Jahrzehnten erreicht wurde, auch zu einer Stärkung des sozialen Zusammenhalts geführt haben und nicht zu dem heute von uns zu beobachtenden Anstieg der Schwerkriminalität, der Suchterkrankungen, der Selbstmordrate, der Entfremdung, der zerrütteten Familien, der Ausgrenzung und der Einsamkeit.
Wir würden nicht nur danach fragen, ob eine Person Arbeit hat, wir würden auch fragen, ob sie Wertschätzung erfährt, eingebunden ist und ob ihre physischen, emotionalen, intellektuellen und geistigen Bedürfnisse erfüllt werden. Ferner würden wir prüfen, ob der Respekt für diese Person auch allen anderen entgegengebracht wird, unabhängig von Alter, Größe, Fähigkeiten, Hautfarbe oder sonstigen Merkmalen.
Um eine ordnungsgemäße Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit durchführen zu können, würden wir uns auch die Stabilität der natürlichen Umgebung der betroffenen Person ansehen: der Familie. Vor diesem Hintergrund wären für uns nicht nur die Kluft zwischen Arm und Reich von Interesse, sondern auch die Folgen, die das Auseinanderbrechen von Familien und soziale Isolation verursachen.
Um die soziale Wirklichkeit zu verstehen, müssen wir bei der Lebenswirklichkeit der Menschen beginnen, die die Gesellschaft bilden. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen und hoffe, dass es deutlich macht, dass wir, wenn wir von finanziellen Aspekten ausgehen, andere Ergebnisse erhalten, als wenn wir von den betroffenen Menschen ausgehen. Wir sind uns alle darin einig, dass Frauen ein Recht auf Arbeit haben und im Arbeitsleben gleichgestellt werden sollten. Üben wir aber wirtschaftlichen Druck auf Frauen aus, damit sie arbeiten, obwohl sie lieber zu Hause bleiben und sich um ihr kleines Kind kümmern möchten, und drängen wir sie in die Erwerbstätigkeit, verzeichnen wir eine sehr hohe Erwerbsquote und werten dies als Verbesserung der sozialen Wirklichkeit. Gehen wir aber vom Kleinkind aus, das auf die unmittelbare Fürsorge seiner Mutter angewiesen ist, und sehen den Verlust, den das Kind erleidet und der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen lebenslange neurologische Spuren hinterlässt, müssen wir uns fragen, ob diese hohe Erwerbsquote tatsächlich als Indikator für eine gesunde soziale Wirklichkeit interpretiert werden kann.
Die Ironie bei einem kurzfristigen Denkansatz und der ausschließlichen Berücksichtigung der Ökonomie einer Gesellschaft besteht darin, dass das Wohlergehen der Bürger und der Familien auf menschlicher Ebene letztlich den größten Einfluss auf die Ökonomie hat.
Denken wir nur an die Kosten, die die Unterstützung von Menschen verursacht, die nicht mehr selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Denken wir an die Kosten, die durch Kriminalität, Drogen, Schulabbruch usw. entstehen. Das Wirtschaftswachstum kann durch das Anwachsen sozialer Probleme aufgefressen werden. Das Wort „Ökonomie“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie die Kunst der Haushaltsführung. Ökonomie sollte allen Menschen zugute kommen und ihnen helfen, sich in ihren Gemeinschaften und in sich selbst zu Hause zu fühlen.
Wenn wir dies beherzigen, werden wir eine sehr gesunde soziale Wirklichkeit schaffen, über die wir künftig Bilanz ziehen können.
Frank Vanhecke (NI). – (NL) Frau Präsidentin! Der Bericht mit dem etwas nebulösen Titel „Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit“ wurde im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten fast einstimmig, mit nur einer Gegenstimme, angenommen. Das sollte niemanden überraschen, denn schließlich rufen die 97 Empfehlungen des Berichts zur Unterstützung von allem und jedem auf: der Armen, der Frauen, der Männer, der Jugendlichen, der Älteren, der Arbeitslosen, der schlecht bezahlten Arbeiter, der Behinderten, der Diskriminierten, der Kranken, der Gesunden, die schon morgen krank werden können, und so weiter und so fort.
Etwas ironisch könnte ich sagen, dass die einzige Gruppe, die von diesem Bericht ausgeschlossen ist, Leute wie ich sind: politisch rechts stehende, heterosexuelle, weiße Männer mittleren Alters.
Ohne Ironie möchte ich jedoch sagen, dass es niemanden in diesem Hause gibt, der nicht der Ansicht wäre, dass die schwächeren Mitglieder unserer Gesellschaft des Schutzes bedürfen und dass eine zivilisierte Gesellschaft letztendlich daran gemessen werden kann, welchen sozialen Schutz sie Menschen angedeihen lässt, die aus objektiven Gründen Schwierigkeiten haben, einen normalen Platz in der Gesellschaft einzunehmen. Daher müsste man schon ein schlechter Mensch sein, wenn man den Katalog guter Absichten und die soziale Weihnachtsmann-Politik in diesem Bericht nicht unterstützen würde.
Dennoch werde ich mich nicht hinter diesen Bericht stellen. Die Liste der Empfehlungen enthält eine Reihe von Dingen, die ich nicht befürworten kann, insbesondere was Fragen der Einwanderungspolitik, Integration und Vielfalt betrifft, ebenso wie das Fehlen einer grundlegenden Politik zum Schutz der Familie. Der Hauptgrund für meine Ablehnung dieses Berichts ist jedoch grundsätzlicherer Art. Sozialpolitik und alles, was unter dem Begriff „soziale Sicherheit“ zusammengefasst werden kann, sind hervorragende Beispiele für einen Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten, teilweise auch ihrer Bundesstaaten, und nicht der Europäischen Union.
Sofern nicht jemand in diesem Hause über einen Goldesel verfügt – falls es überhaupt einen solchen gibt –, müssen Sozialleistungen noch immer mit dem Geld der Steuerzahler finanziert werden. Das bedeutet, dass wir Prioritäten setzen müssen und – leider – nicht immer für alle und alles Weihnachtsmann spielen können.
Es müssen wichtige Beschlüsse gefasst werden, die von grundlegender Bedeutung für eine ganze Gesellschaft sind, und diese Beschlüsse müssen auf der niedrigsten möglichen Entscheidungsebene, das heißt möglichst nahe an den Bürgern, getroffen werden, und nicht in den Elfenbeintürmen in Brüssel, Luxemburg oder Straßburg.
Um nur eine Erfahrung aus meinem Heimatland zu nennen, treffen beispielsweise Flamen und Wallonen grundlegend unterschiedliche Entscheidungen in Fragen wie gesundheitliche Versorgung und Arbeitslosigkeit. Die flämische und wallonische Gesellschaft unterscheiden sich voneinander, sie stellen verschiedenartige politische und wirtschaftliche Welten dar, was zu einem unterschiedlichen Herangehen und anderen Prioritäten führt. Was heute für Belgien gilt, trifft natürlich noch in wesentlich höherem Maße auf die einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu, beispielsweise das Vereinigte Königreich und Rumänien.
Es wäre eine Sache, wenn dieser Bericht lediglich einen Katalog guter Absichten darstellen würde, aber die europäischen Institutionen versuchen seit Jahren, sich den Bereich der Sozialpolitik anzueignen, und das ist nicht gut.
Gabriele Stauner (PPE-DE). - Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Gegensatz zu einigen meiner unmittelbaren Vorredner finde ich, dass man der Kommission zu den dieser Diskussion zugrunde liegenden Mitteilungen nur gratulieren kann. Sie sind nicht nur eine Fundgrube bei der Suche nach sozialen Fakten und Daten in den Mitgliedstaaten, sondern meines Erachtens auch ein deutliches Zeichen dafür, dass die EU und die Kommission es ernst meinen mit einer eigenständigen Sozialpolitik.
Denn wenn man sich zu einem europäischen Sozialmodell bekennt, das wir nicht nur als Tradition und historische Errungenschaft preisen wollen, sondern für die Zukunft zu einem Markenzeichen des vereinten Europas machen wollen, dann ist eine Bestandsaufnahme zur sozialen Wirklichkeit Grundvoraussetzung. Nicht zuletzt infolge der Erweiterungsrunden von 2004 und 2007 müssen wir endgültig von der Betrachtungsweise Abstand nehmen, dass die europäische Sozialpolitik ein Anhängsel des Binnenmarktes ist.
Ganz so selbstverständlich ist dies aber nicht, denn in vielen Bereichen ist das wirtschaftspolitische Übergewicht bei Kommissionsvorschlägen leider unübersehbar. Ich erinnere in diesem Zusammenhang gerade an das Grünbuch für Arbeitsrecht und die Flexicurity-Debatte. Ersteres hat die Kommission seit gestern ad acta gelegt, was ich nur wärmstens begrüßen kann, und für die Flexicurity-Vorschläge, die sich gegen mühsam erkämpfte Rechte der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis richten, wäre das auch zu empfehlen.
Alle in diesem Bericht – vielen Dank an die Kollegin Lynne – angesprochenen Punkte sind hochaktuell. Ich denke nur an die Mindestlohndebatte in meinem Land und an die Lohnforderungen, unterstützt von den heutigen Streiks im französischen und deutschen Eisenbahnverkehr. Zur Lohnpolitik stellen wir zu Recht fest: Ein Vollzeitarbeitsplatz muss seinen Mann bzw. seine Frau ernähren. Alles andere entspricht nicht der christlichen Verantwortung der Unternehmer für ihre Beschäftigten. Arbeit muss sich lohnen, das muss der Grundsatz sein.
Was mir immer sehr leid tut, ist die Kinderarmut, die ich selbst in meinem Heimatland zu beklagen habe. Ich denke, hierauf müssen wir ein verstärktes Augenmerk legen, das darf es nicht geben. Eigentlich würde ich mir wünschen, dass es durch schnelle Bemühungen in den Mitgliedstaaten überflüssig wird, dass wir das Jahr 2010 zu einem Jahr der Armut und der sozialen Ausgrenzung in Europa erklären müssen.
VORSITZ: MIGUEL ANGEL MARTÍNEZ MARTÍNEZ Vizepräsident
Jan Andersson (PSE). – (SV) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte zu Beginn ebenfalls Frau Lynne für eine ausgezeichnete Arbeit und einen hervorragenden Bericht danken. Ich war selbst zur Konferenz auf den Azoren eingeladen, wo wir, die Kommission und das Parlament, gemeinsam einen Dialog mit der Zivilgesellschaft zu diesen Fragen geführt haben.
Lassen Sie mich auch der Kommission ein Lob dafür aussprechen, dass sie dieses Thema ernst nimmt, was in ihrer neuen Mitteilung über soziale Ausgrenzung sowie in der für das nächstes Jahr geplanten Empfehlung zum Ausdruck kommt, die diese Fragen aufgreifen. Es ist genauso wie Herr Špidla sagt: die Situation in Europa ist allgemein sehr gut, mit stärkerem Wachstum und mehr Beschäftigung. Aber wir sehen auch gleichzeitig, dass die Ungleichheiten und die Armut größer werden. Es gibt auch große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. In einer Reihe von Ländern herrschen extrem große Gegensätze, und ich spreche hier nicht von neuen und alten Mitgliedstaaten, denn es gibt neue Mitgliedstaaten mit geringen Gegensätzen und alte Mitgliedstaaten mit großen. Dieses Problem müssen wir angehen.
Meiner Ansicht nach ist die auf drei Säulen ruhende Strategie der Kommission sehr gut. Was die Beschäftigung betrifft, so reicht es nicht, nur Arbeitsplätze zu schaffen, denn es gibt auch schlechte Arbeitsverhältnisse, mit denen man sich nicht selbst versorgen und keinen Einfluss ausüben kann. Wir brauchen gute Arbeitsplätze mit vernünftigen Löhnen. Im Ausschuss haben wir uns mit der Frage des Mindesteinkommens beschäftigt und große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten festgestellt. Hier brauchen wir einen Erfahrungsaustausch, um die besten Methoden zu finden. Dann gibt es noch die öffentlichen Dienste, zu denen jeder Zugang haben muss: soziale Dienstleistungen, Wohnungen, Gesundheitswesen usw. Die Methode ist die der offenen Koordinierung, die wir stärken müssen.
Bevor ich meinen Redebeitrag beende, möchte ich noch erwähnen, dass wir heute über den Standpunkt des Parlaments unter anderem zu den kommenden Integrierten Leitlinien abstimmen werden. Auch in diese müssen wir die soziale Dimension integrieren, damit wir Wachstums- und Beschäftigungsfragen mit einer sozialen Dimension verbinden und diese Themen nicht isoliert voneinander sondern als Einheit sehen.
Siiri Oviir (ALDE). – (ET) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich danke Frau Lynne dafür, dass sie eine sehr wichtige Frage aufgeworfen hat, und begrüße das Ziel des Berichts, die Aufmerksamkeit verschiedener Interessengruppen auf eine Diskussion der sozialen Wirklichkeit Europas zu richten. Dies ist ein weit gefasstes Thema, weshalb ich nur einige wichtige Punkte ansprechen kann.
Auf dem Europäischen Rat von Nizza im Jahr 2000 haben die Mitgliedstaaten sich eine erhebliche und messbare Verringerung der Armut und der sozialen Ausgrenzung bis 2010 zum Ziel gesetzt. Leider haben Maßnahmen im Hinblick auf dieses Ziel keinen wesentlichen Erfolg gebracht.
Ein offenes, auf Freizügigkeit und freiem Handel beruhendes Europa hat zum wirtschaftlichen Fortschritt und damit zum Wohlstand und zur besseren Lebensqualität der Menschen beigetragen. In den letzten Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass viele Europäer darüber diskutieren, inwieweit das Nettoergebnis von Globalisierung, Liberalisierung und verstärktem Wettbewerb ihren Wohlstand verbessert.
Heute, im 21. Jahrhundert, sind Armut und soziale Ausgrenzung in Europa noch immer erschreckend hoch. Wie Herr Špidla sagte, leben etwa 20 %, mit anderen Worten jeder fünfte Bürger, an der Armutsgrenze. In allen Mitgliedstaaten gibt es soziale Dienste und Sozialleistungen, und dennoch lebt jeder sechste Bürger auch nach Inanspruchnahme dieser Leistungen in Armut.
Haben wir uns einmal gefragt, warum es das in einer Union gibt, die nicht gewaltsam zusammengeführt wurde? Warum wir 62 Jahre nach dem Ende des Krieges und 50 Jahre nach der Gründung der Union nicht in der Lage sind, den Menschen ihre Grundrechte zu garantieren? Meine Frage lautet: Ist eine erfolgreiche Wirtschaft ein Selbstzweck oder sollte sie nicht vielmehr ein Mittel zur Erhöhung des Wohlstands der Menschen sein?
Außerdem sind die Mitgliedstaaten bei der Gewährung von Sozialhilfe verpflichtet, mindestens Leistungen in Höhe des Existenzminimums zur Verfügung zu stellen, das heißt ausreichende Unterstützung zur Erfüllung dieses Ziels. Wir brauchen also keine formelle Umsetzung unzähliger Richtlinien, da das lediglich eine Selbsttäuschung ist. Das wirft die Frage auf, ob bei den Organen der Europäischen Union, einschließlich der „weichen“ Politikbereiche, eine rechtzeitige Umsetzung der angenommenen Dokumente garantiert ist.
Wir sollten uns in Europa nicht ausschließlich auf wirtschaftliche Ergebnisse und den Wettbewerb konzentrieren, sondern auch eine stärkere soziale Solidarität und nachhaltige soziale Maßnahmen anstreben. Bei der Annahme von Beschlüssen mit diesem Ziel müssen wir dann auch dafür sorgen, dass diese umgesetzt werden. Das erwarten unsere Bürger von uns.
Ewa Tomaszewska (UEN). – (PL) Herr Präsident! Parallel zur wirtschaftlichen Entwicklung, die wir uns alle so sehr wünschen, geht die Einkommensschere leider immer weiter auseinander, was den sozialen Zusammenhalt schwächt und ernste Probleme für schwächere Gruppen schafft, jene Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, gering bezahlt werden und Schwierigkeiten beim Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung haben.
Die Aufgaben, die der Europäische Rat von Nizza angenommen hat, wurden unzureichend erledigt. Es gibt immer noch Bevölkerungsgruppen, deren Einkommen unterhalb des Existenzminimums liegen. Fehlende wirtschaftliche Unabhängigkeit belastet auch die Würde der Menschen. Das allgemeine Diskriminierungsverbot, die Gewährleistung der Chancengleichheit, vor allem für Behinderte, sind offenbar notwendig, aber sie bedeuten Mehrausgaben für soziale Zwecke. Unsere Bevölkerung altert, was Ängste bezüglich der Finanzdecke der Rentenversicherungssysteme weckt.
Ich gratuliere Frau Lynne zu ihrem ausgezeichneten Bericht, in dem auf diese und andere wichtige soziale Probleme in unseren Ländern hingewiesen wird und der auch Verfahren für Lösungswege aufzeigt. Diesen Entwurf unterstütze ich voll und ganz.
Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass Widersprüche darin bestehen, wie die Europäische Union mit sozialen und wirtschaftlichen Problemen umgeht. Der Druck Sozialleistungen zu kürzen steht der Lösung vieler sozialer Probleme im Wege. Ein Beispiel dafür ist die Reform des Rentensystems in Polen.
Carlo Fatuzzo (PPE-DE). - (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich möchte Frau Lynne zu ihrem Bericht gratulieren, auch deshalb, weil ich weiß, dass sie bei der Bestandsaufnahme der sozialen Probleme in Europa so viele negative Dinge gefunden hat, dass Beamte des Parlaments gezwungen waren, sie praktisch von ihrem Schreibtisch wegzuziehen, damit sie heute Morgen bei uns sein kann, denn sie war immer noch nicht fertig.
Es stimmt, dass es viel Armut in Europa gibt. Als ich heute hier herein kam und meinen Kollegen Fernando Fernandez sah, habe ich mich an seine Worte in Puebla, Mexiko, vor einigen Jahren erinnert, wo wir beide an einer Konferenz zur Armut auf der Welt teilnahmen. Er sagte damals, dass an der Armut vor allem schlechte Staatsführung die Schuld trägt, die es auf der ganzen Welt gibt. Darum tragen in erster Linie die nationalen Regierungen, und nicht die Europäische Union, die Verantwortung für die Armut. Dies ist ein Appell an die nationalen Regierungen, ihre Verantwortung wahrzunehmen, denn sie erwarten und fordern so viel von Europa, tun aber selbst sehr wenig, vor allem dort, wo es am wichtigsten wäre.
Als ich das Parlament betrat, habe ich auch meinen Freund, Herrn von Wogau, getroffen, der mich fragte, ob es stimme, dass in Italien die staatliche Witwen- bzw. Invalidenrente 50 Euro pro Monat zum Leben beträgt. Herr Präsident, ich musste ihm leider sagen, dass das der Wahrheit entspricht. Darum befürworte ich in meiner Eigenschaft als einziger gewählter Vertreter der Rentner in diesem Parlament einen Mindestlohn für alle, die das Glück haben, einer Beschäftigung nachzugehen. Ich trete ferner für eine Mindestrente für alle Altersrentner in Europa ein sowie für das Recht auf ein Mindesteinkommen auch für alle, die arbeitslos, ohne Arbeit oder Rente sind.
Karin Jöns (PSE). - Herr Kommissar, liebe Liz! Herzlichen Dank für die Initiativen, sowohl der Kommission als auch Dir, Liz, für den ganz ausgezeichneten Bericht. Wer Armut bekämpfen will — der Kollege Fatuzzo hat es ja schon gesagt —, muss wirklich stärker den Fokus auch auf die ältere Bevölkerung richten. Wir müssen dem demographischen Wandel Rechnung tragen und trotz ständig steigender Kosten im Gesundheitswesen doch auch sicherstellen, dass es in Zukunft ebenso möglich ist, in Würde alt zu werden. Auch alte Menschen haben ein Recht auf eine umfassende und qualitätsgesicherte Gesundheitsversorgung und Pflege, unabhängig von Wohnort und Einkommen.
Wir brauchen dringend einen gezielten Erfahrungsaustausch unter den Mitgliedstaaten darüber, wie eine qualitativ hochwertige Pflege am besten organisiert und gesichert werden kann, und wie diese bezahlbar angeboten werden kann. Dabei haben wir besonders dem Problem von immer mehr Menschen mit Demenzerkrankungen Rechnung zu tragen. Hierfür aber brauchen wir solide Daten. Deshalb auch die Aufforderung an die Kommission, uns diese Daten möglichst rasch zu liefern.
In einem sozialen Europa müssen alle Patienten den gleichen Zugang zu evidenzbasierten Medikamenten und Medizinprodukten haben. Es kann nicht angehen, dass ein und dasselbe Antibiotikum z. B. in Belgien 3 Euro und in Deutschland 34 Euro kostet. Deshalb bin ich froh, dass wir Kommission und Mitgliedstaaten mit diesem Bericht auffordern, in einem intensiven Dialog mit uns, der Pharmaindustrie und Patientengruppen ausgewogene Leitlinien für mehr Transparenz zu entwickeln, wenn es um Wirksamkeit und Preise von Medikamenten geht. Auch das ist ein Beitrag zur Senkung der Kosten im Gesundheitswesen für uns alle.
Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte Ihnen ebenfalls zu Ihren beiden Mitteilungen gratulieren und hoffe, Sie werden mit Ihren konstruktiven Vorschlägen fortfahren.
An allen Maßnahmen der offenen Koordinierungsmethode in Bezug auf die nationalen Aktionspläne haben sich sowohl meine Kollegin, Frau Lynne, mit ihrer sensiblen Herangehensweise an soziale Themen, als auch wir alle mit unseren Änderungsanträgen beteiligt. Der Bericht über eine Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit wird der Sozialpolitik der Mitgliedstaaten eine Richtung vorgeben. Er sollte auch berücksichtigen, dass es in Europa gegenwärtig ernsthafte demografische Probleme gibt, die sich unmittelbar auf den sozialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Generationen auswirken.
Die Familie erhält in den Mitgliedstaaten noch immer nicht die genügende Beachtung und Unterstützung, die ihr als Grundbaustein der Gesellschaft zusteht. Sowohl in Einelternfamilien als auch in Großfamilien nimmt die Armut zu, aber nicht nur aufgrund des geringen Einkommens, sondern auch aufgrund mangelnder sozialer Unterstützung sowie Ungleichbehandlung, insbesondere bei der Besteuerung.
Die Lebensbedingungen der Familie haben direkte Auswirkungen auf die Kinder, vor allem bei den gefährdeten Gruppen. Die Ungleichheit beim Zugang zu Mitteln und Möglichkeiten nimmt zu und begrenzt sowohl die persönliche Entwicklung des Einzelnen als auch die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung und den Zusammenhalt in Europa. Wäre die EU nicht in der Lage, für jedes dort geborene Kind ein Einkommen in Höhe des Pro-Kopf-Einkommens jedes Mitgliedsstaates zu garantieren, das die Lebenshaltungskosten und die Erziehung dieses Kind sicherstellt?
Die Politik der Stärkung des sozialen Zusammenhalts muss auf der Teilhabe am Beschäftigungsmarkt basieren. Sie muss ferner zur sozialen Integration derjenigen beitragen, die beschäftigungslos sind oder informelle Dienstleistungen innerhalb der Familie erbringen. Daher werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, zu prüfen, in welcher Weise auf inoffiziellem Weg – beispielsweise im Rahmen der Betreuung von Kindern und abhängigen Personen – erworbene Qualifikationen als praktische Ausbildung und Erfahrung anerkannt werden können, um die Integration dieser Personen in den Arbeitsmarkt zu erleichtern und ihnen Rechte aus der Renten- und Sozialversicherung zu garantieren.
Die Solidarität zwischen den Generationen muss aufrechterhalten werden, indem das Wissen und die Erfahrung älterer Menschen genutzt und an die jüngere Generation weitergegeben und von dieser angewendet werden. Daher sind die Mitgliedstaaten aufgerufen, Systeme für den Austausch von Dienstleistungen zwischen den Generationen zu fördern und in Freiwilligenprogramme in den Bereichen Bildung, Kultur oder Wirtschaft zu investieren.
Das kann durch die Schaffung einer geeigneten Infrastruktur und die Bereitstellung von Informationen über zunehmende Möglichkeiten für ältere Menschen zur Teilnahme an solchen Aktivitäten erfolgen, damit sie nicht an den Rand gedrängt oder Opfer von sozialer Ausgrenzung werden.
Alejandro Cercas (PSE). – (ES) Herr Präsident, Frau Lynne, Herr Kommissar! Vielen Dank dafür, dass Sie uns diese Mitteilung und dieses Dokument vorgelegt haben, die uns zweifellos helfen, eine bessere Einsicht in die Veränderungen und Trends sowie in die Agenda, die wir für die Zukunft benötigen, zu gewinnen.
Wir dürfen aber keinem Irrtum erliegen. Wir haben viele Dokumente, wir haben viele Analysen, wir haben viele Debatten und wir haben viele Worte; wie bei einer Krankheit brauchen wir aber nicht nur eine Diagnose, sondern auch eine Therapie.
Wie Sie, Herr Kommissar, gesagt haben, brauchen wir in der Tat eine europäische Therapie für die Union, für ihre Institutionen und Mechanismen, um eine Antwort auf die Probleme von heute und morgen geben zu können, und wir müssen dabei berücksichtigen, dass eine solche Therapie – sollten wir sie nicht auf europäischer Ebene durchführen – allein auf der Ebene der Mitgliedstaaten unmöglich sein wird.
Einige Mitgliedstaaten, wie der meine, verzeichnen einen schnellen Fortschritt und sehen sich zunehmend durch politische Bestrebungen bedroht, die eine Verlangsamung wollen oder in anderen Mitgliedstaaten mit dem Angebot und dem sozialen Wandel, der in unseren Ländern stattfindet, unlauteren Wettbewerb treiben wollen. Beachten Sie bitte, Herr Kommissar, dass sich bereits das Gefühl breit macht, dass die europäische Sozialpolitik, die in den 1960er und 1970er Jahren – wir mir ein spanischer Gewerkschafter heute in einem Brief mitteilte – die Harmonisierung des Fortschritts zum Ziel hatte und die sich in den 1980er und 1990er Jahren darauf beschränkte, Mindestanforderungen durchzusetzen, jetzt immer mehr in Richtung einer Sozialpolitik abgleitet, in der es zwischen den Mitgliedstaaten einen Wettbewerb nach unten gibt, um den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden.
Herr Kommissar, zu den Risiken, die uns die Zukunft bringt, gehören nicht nur die Überalterung und die Globalisierung, sondern auch der ansteckende Mangel an Solidarität und ein aggressiver, fremdenfeindlicher und antieuropäischer Nationalismus, der Europas heutige und künftige soziale Errungenschaften bedroht.
Agnes Schierhuber (PPE-DE). - Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich dem Dank an unsere Berichterstatterin, Frau Lynne, sehr herzlich anschließen. Sozialschutz und soziale Eingliederung hilft bei der Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung, auch in der Gesundheitsvorsorge und vielem anderen mehr, und gehört zu den wichtigsten Herausforderungen für die Zukunft.
Der Begriff Mindesteinkommen wird in meinem Mitgliedstaat oft unterschiedlich diskutiert. Ich unterstütze aber voll den Ansatz von Frau Stauner im Hinblick auf Arbeitsplatz, Vollarbeitszeit und Einkommen. Durch die starke Verankerung der Sozialpartnerschaft in Österreich haben wir eine große Chance, und dadurch wird immer auch versucht, im Einvernehmen mit allen Beteiligten eine Lösung zu finden. Dadurch kommt es auch seltener zu Streiks als in anderen EU-Staaten, wo Streiks häufig zur Tagesordnung gehören.
Gerade deshalb ist eine Regelung auf EU-Ebene sehr genau zu betrachten. Durch die unterschiedlichen nationalen Sozialsysteme müssen wir bei einer Vereinheitlichung sehr überlegt vorgehen.
Es muss uns ein Anliegen sein, allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sozialen Schutz zu bieten und ihnen auch die soziale Eingliederung zu ermöglichen. Dabei muss es auch möglich sein, dass im Rahmen der Subsidiarität die Mitgliedstaaten natürlich auch höhere Standards haben sollten, müssten, können.
Proinsias De Rossa (PSE). – (EN) Herr Präsident! Die soziale Wirklichkeit in Europa ist, dass die Armut immer mehr um sich greift. Zweiundsiebzig Millionen Männer, Frauen und Kinder leben unterhalb der Armutsgrenze, viele sind obdachlos und viele sind behindert oder können ihre Wohnung nicht verlassen, weil es an Hilfsdiensten fehlt. Unzählige Menschen sind aufgrund unflexibler Sozialhilfevorschriften in der Armutsfalle gefangen.
Ich fürchte, dass Mitteilungen und Leitlinien diese Probleme nicht beseitigen werden. Die Schwierigkeiten, die Kommissar Špidla genannt hat, sind keineswegs zu unterschätzen, aber ich glaube, dass wir rechtliche Verpflichtungen einführen müssen, damit die Mitgliedstaaten die notwendigen Änderungen vornehmen.
Erwerbstätige müssen mit ansehen, wie ihre Renten gekürzt werden und ihre Arbeitsplatzsicherheit untergraben wird, und viele fürchten den sozialen Abstieg. Das Problem ist, dass die Ungleichheit fester Bestandteil der Wirtschaftsmodelle vieler Mitgliedstaaten ist. In zahlreichen Ländern, auch in Irland, herrscht die Einstellung „Erst müssen wir Wohlstand schaffen und danach kümmern wir uns um die sozialen Probleme“. Damit wird die Tatsache ignoriert, dass soziale Ungleichheit den wirtschaftlichen Fortschritt behindert und dass wir langfristig keinen dauerhaften Wohlstand für alle schaffen können, wenn wir die Sozialpolitik als Anhängsel betrachten und das Potenzial von 72 Millionen Menschen brachliegen lassen. Ganz zu schweigen von dem menschlichen Leid, das sich hinter dieser Statistik verbirgt.
Tomáš Zatloukal (PPE-DE). – (CS) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die europäischen Gesellschaften erleben einen dramatischen Wandel der Arbeitswelt und des Familienlebens, des sozialen Status der Frauen und der sozialen Mobilität. Die sozialen Werte verändern sich, die Gesellschaften werden immer multikultureller. Die derzeitigen Entwicklungen haben den Horizont der Menschen erweitert und geben ihnen mehr Wahlmöglichkeiten bei Entscheidungen über ihr Leben.
Auch wenn die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu den reichsten Ländern der Welt gehören, tauchen immer wieder neue Formen der Armut und Ungleichheit auf. Viele Millionen Bürger der Europäischen Union leben weiterhin in Armut. Soziale Eingliederung und sozialer Schutz sind Grundwerte der Europäischen Union und Grundrechte für alle Menschen. Doch die Mitgliedstaaten müssen ihre Bemühungen um die Bekämpfung der Kinderarmut verstärken. Wenn es keine wesentlichen Verbesserungen bei der Eingliederung von Kindern aus benachteiligten sozialen Gruppen auch auf Vorschulniveau gibt, wird die Anzahl der Schulabbrecher nicht abnehmen. Und wir werden auch die Anzahl der Personen nicht erhöhen können, die weiterführende Schulen abschließen und damit Schlüsselkompetenzen erwerben. Immer mehr Bürger müssen mit sozialer Ausgrenzung, Arbeitslosigkeit und anderen sozial nicht wünschenswerten Phänomenen zurechtkommen, die sowohl ihnen selbst als auch der Wirtschaft und der Gesellschaft Schaden bringen.
Aus dieser Sicht hat auch die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit entscheidende Bedeutung. Es ist wichtig, die Hindernisse in einigen Berufsausbildungsprogrammen abzubauen, um sie flexibler und effizienter zu gestalten und den Arbeitsmarktbedarf widerzuspiegeln. Dadurch werden die Möglichkeiten für benachteiligte Personen, sich durchsetzen zu können, verbessert. Die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung müssen politische Prioritäten für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten sein.
Richard Howitt (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich begrüße diese Debatte und den Bericht über die soziale Wirklichkeit. Die Bestandsaufnahme, der Austausch bewährter Verfahren und die offene Methode der Koordinierung verdienen natürlich unsere Anerkennung, aber wir müssen uns klarmachen, dass diese Instrumente noch nichts daran geändert haben, dass Frauen in Deutschland 24 % weniger verdienen als Männer, dass in Polen fast ein Drittel aller Kinder in Armut lebt und dass die Ungleichheit bei der Vermögensverteilung in meinem Heimatland, dem Vereinigten Königreich, so groß wie nie in den letzten vierzig Jahren ist.
Ich glaube, dass die Förderung der sozialen Entwicklung in Europa und nationale Programme, wie beispielsweise der „New Deal“ im Vereinigten Königreich, wichtige aktive Arbeitsmarktmaßnahmen zur Beseitigung der bestehenden Hindernisse sind, die bestimmten Gruppen unserer Gesellschaft den Weg von der Arbeitslosigkeit in die Erwerbstätigkeit versperren, und dass Arbeit nach wie vor eines unserer wirksamsten Instrumente zur Armutsbekämpfung ist.
Ich danke Herrn Špidla dafür, dass in das Arbeitsprogramm der Kommission eine verbindliche Zusage für eine neue Rechtsvorschrift zur Bekämpfung der in Artikel 13 genannten Diskriminierungen aufgenommen wurde, über die ich bereits ausführliche Gespräche mit ihm geführt habe. Dieses Parlament und ich freuen uns darauf, gemeinsam mit ihm die Einzelheiten zu erarbeiten. Dies wird unter anderem auf der vom Ratsvorsitz nächste Woche organisierten Tagung geschehen.
Doch wir alle – er, ebenso wie wir – dürfen es nicht ernst nehmen, wenn behauptet wird, dass die Bestandsaufnahme die neue soziale Agenda in Europa verzögert oder dass die Deregulierung in bestimmten Bereichen nur zu noch größerer Ungleichheit und Ungerechtigkeit führt, diese Probleme aber nicht beseitigt.
Gewerkschafter, soziale NRO und natürlich auch Menschen mit Behinderungen, für deren Belange ich mich seit über zwanzig Jahren einsetze, sehen das, was wir für ein soziales Europa tun, mit Skepsis. Wir müssen ihre Sorgen ernst nehmen und nach geeigneten Lösungen suchen.
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Herr Präsident, diese Aussprache war äußerst umfangreich und ausführlich. Es wäre sehr schwierig, ausführlich auf die einzelnen Beiträge zu antworten, gestatten Sie mir daher, eine kurze Zusammenfassung als Antwort zu geben.
Zunächst einmal scheint mir die Aussprache deutlich gezeigt zu haben, dass das Parlament den Gedanken einer Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit begrüßt. Und obwohl ich Herrn Cercas zustimme, dass Diagnose und Therapie nicht das Gleiche sind, bin ich doch der Ansicht, dass eine Therapie ohne Diagnose nicht möglich ist. Unsere Gesellschaft verändert sich ständig, und wir müssen neue Methoden finden, sie anzupassen oder die alten Methoden zu reformieren. Um dabei effizient zu sein, müssen wir das Gesamtbild verstehen.
Meines Erachtens hat die Aussprache einen anderen gemeinsamen Nenner: Auch wenn die soziale Wirklichkeit in gewisser Weise ihre eigene Dynamik besitzt, haben wir auch unsere eigenen Werte, nämlich eine allgemeine europäische Vorstellung von einem europäischen Sozialmodell, das soziale Eingliederung und sozialen Schutz sowie soziales Handeln im Allgemeinen umfasst. Daher ist es im Modell für unser Denken und Handel nicht hinnehmbar, sich passiv zu verhalten. Es gibt immer die Möglichkeit, eine aktive Politik und aktive Interventionen auszuprobieren.
Einen dritten Gedanken möchte ich hervorheben. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Mehrzahl der europäischen Entscheidungen ebenso wie die meisten Politikbereiche das Subsidiaritätsprinzip wahren, dem zufolge die politischen Maßnahmen zur Lösung eines bestehenden Problems auf der besten und effizientesten Ebene ergriffen werden sollten. Dies bedeutet, dass es beim Standpunkt der Mitgliedstaaten zur Sozialpolitik keinen Zweifel gibt. Die Aussprache zeigt überdies auch deutlich, dass das Ziel nicht allein auf Ebene der Mitgliedstaaten ohne Bemühungen auf europäischer Ebene erreicht werden kann. Daher ist es unsere Pflicht, in diesem Bereich die vorteilhafteste und effektivste Synergie zu finden.
Die Aussprache brachte ein Anliegen zutage, dem ich mich in gewisser Weise anschließe: der Sorge in Bezug auf die Gefahr, dass ungleiche und unvereinbare sozialpolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu einem Wettbewerb führen könnten, der möglicherweise zu einer Verringerung der Sozialstandards führt. Die Europäische Kommission möchte diese Tür nicht öffnen. Unsere grundsätzliche Auffassung besteht darin, die einzelnen europäischen sozialpolitischen Maßnahmen in einer Weise miteinander zu vereinbaren, die den Wettbewerb und die Entwicklung von unten nach oben gewährleistet, damit Fortschritte immer auch eine soziale Dimension berücksichtigen.
Meine Damen und Herren, die Aussprache hat auch deutlich gezeigt, dass die Sozial- und die Wirtschaftspolitik nicht als „Entweder/Oder“ betrachtet werden können. Die einzige Möglichkeit besteht im „Nicht nur, sondern auch“, was ausgewogene gemeinsame Entwicklung beider Politikbereiche bedeutet, ohne dass dabei einem Bereich der Vorrang gegenüber dem anderen eingeräumt wird. Die Tendenz besteht üblicherweise darin, der Wirtschaftspolitik Vorrang zu geben. Die Aussprache hat mir jedoch deutlich gezeigt, dass dies nicht der Ansatz ist, dem das Europäische Parlament den Vorzug gibt.
Meine Damen und Herren, Sie haben eine Vielzahl von Einzelproblemen genannt, vor allem die Frage der Gesundheitsdienste einschließlich des Zugangs zu Arzneimitteln und seiner allgemeinen Organisation. Sie sind auf die Auswirkung einer Überalterung der Bevölkerung und die Wichtigkeit der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse eingegangen. Ich freue mich, dass all diese Ansichten in den strategischen Dokumenten der Europäischen Kommission vertreten sind. Wir beabsichtigen, sie in eine allgemeine Gesamtstrategie zu übernehmen.
Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend Frau Lynne meinen Dank aussprechen, deren Bericht, der heute hier erörtert wird, zweifellos ein wichtiger Teil der allgemeinen Bemühungen ist, Fortschritte unionsweit sicherzustellen.
Der Präsident. − Vielen Dank, Herr Kommissar. Als Präsident möchte auch ich Frau Lynne zu einem Bericht gratulieren, der eine enorme Wirkung auf die Zivilgesellschaft gehabt hat.
Ich bin privilegierter Zeuge gewesen, wie Pilgerzüge junger Leute gegen Armut und für Integration eingetreten sind, durch Europa gereist sind, das Dokument von Frau Lynne bei sich hatten und von Stadt zu Stadt zogen, von einer europäischen Hauptstadt zur nächsten, in Anerkennung für das Europäische Parlament, dank der Arbeit unserer Kollegin.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet um 12.00 Uhr statt.
(Die Sitzung wird um 11.35 Uhr unterbrochen und um 12.00 Uhr wieder aufgenommen.)
VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING Präsident
José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident! Ich möchte Sie – in Übereinstimmung mit Frau Mann, die heute nicht anwesend sein kann, und anderen Kollegen – darum bitten, die Solidarität der von unserem Parlament vertretenen EU-Bürger den Opfern des Tropensturms zu übermitteln, der sich zum Orkan „Noel“ entwickelt und verheerende Auswirkungen in Haiti, der Dominikanischen Republik, Jamaika, Kuba, Barbados und anderen Regionen in der Karibik gehabt hat und eine Spur von Zerstörung, Krankheit und Tod hinterlassen hat.
Und ebenso, Herr Präsident, bitte ich Sie, unsere Solidarität mit den Opfern der Überschwemmungen in den mexikanischen Bundesstaaten Oaxaca, Chiapas und vor allem Tabasco zu bezeugen. Ich möchte Sie bitten, Herr Präsident, ihnen nicht nur unsere Solidarität zu übermitteln, sondern die Europäische Kommission auch zu drängen, die ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu mobilisieren, um die Lage zu mildern und die Schäden zu beseitigen, die immer die am stärksten benachteiligten Regionen treffen.
Der Präsident. − Vielen Dank, Herr Kollege Salafranca. Was das Parlament angeht, werden wir so verfahren und im Übrigen der Kommission Ihre Überlegungen mitteilen.