2. Vorgehensweise der EU in Situationen der Fragilität
Die Präsidentin . − Als nächster Punkt folgt die Erklärung der Kommission: „Überlegungen zur Vorgehensweise der EU in Situationen der Fragilität – Engagement für nachhaltige Entwicklung, Stabilität und Frieden in schwierigen Kontexten“.
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (FR) Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, meine Damen und Herren! Seit Juli 2007 haben die Kommission und der portugiesische Ratsvorsitz der Europäischen Union eng zusammengearbeitet, um den Prozess der Erarbeitung einer strategisch besseren und wirksameren Reaktion der EU auf Situationen der Fragilität in Partnerländern in Gang zu setzen.
Dieser Prozess sollte von zukünftigen Ratsvorsitzen weitergeführt werden. Das Ziel besteht hierbei nicht darin, den Ländern Etiketten aufzudrücken oder sie in Klassen einzuteilen, sondern ihre Mittel und Lösungen an die spezifischen Situationen anzupassen. In diesen Situationen der Fragilität und Schwäche bestehen sehr große Hemmnisse gegenüber dem Abbau der Armut. Die institutionellen Möglichkeiten sind diesbezüglich sehr begrenzt angesichts von Staaten, die nicht in der Lage sind, Regierungsfunktionen zu übernehmen, angesichts der Folgen von Naturkatastrophen oder von gewaltsamen Konflikten oder angesichts des fehlenden politischen Willens der Regierung in Bezug auf Entwicklungsziele. In Extremfällen können solche Situationen Auswirkungen über die Grenzen der Länder hinaus nach sich ziehen und die regionale Stabilität oder sogar die globale Sicherheit beeinträchtigen.
Der Gedanke der Fragilität ist nicht neu, wenn auch die internationale Debatte noch relativ neu ist. Die Geberländer, die Partnerländer und die Zivilgesellschaft sind sich seit langem dessen bewusst, dass sie in besonders ungünstigen Situationen wirkungsvoller sein müssen, um die Ziele der nachhaltigen Entwicklung zu erreichen.
Jede Situation ist vielschichtig und anders und erfordert eine speziell dafür vorbereitete Antwort, in der diplomatisches Vorgehen, humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Eingriffe im Bereich der Sicherheit und des Krisenmanagements eine Rolle spielen.
Eine wirksame Reaktion der EU erfordert nicht nur ein langfristiges Engagement, sondern auch die Festlegung klarer Ziele für das Engagement in einem fragilen, anfälligen Land. Der Leitgedanke sollte weiterhin die Entwicklung des Leistungsvermögens und die menschliche Sicherheit mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung und die Armutsbekämpfung bleiben.
Es muss jedoch vermieden werden, dass die in Situationen der Fragilität geleistete Unterstützung zulasten leistungsstarker Länder geht. Hierbei treten erneut Bemühungen um eine verstärkte Unterstützung in den Vordergrund. Die Europäische Kommission hat eine Mitteilung vorgelegt, in der sie eine pragmatische Vorgehensweise vorschlägt, um zu ermöglichen, dass sich die EU in schwierigen Umgebungen wirksamer für nachhaltige Entwicklung, für Stabilität und Frieden einsetzen kann.
Diese Mitteilung wurde allen EU-Organen übermittelt. Der Rat „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ wird auf seiner Tagung am 19. und 20. November Schlussfolgerungen zu diesem Thema annehmen. Er wird die Kommission auffordern, einen konkreten Arbeitsplan für die Umsetzung der in der Mitteilung vorgestellten Empfehlungen und vorrangigen Maßnahmen zu erarbeiten, deren Ziel es ist, der Situation der Fragilität wirksamer zu begegnen und dabei die Anstrengungen der Partnerländer im Hinblick auf die Schaffung oder Wiederherstellung der Voraussetzungen für ihre nachhaltige Entwicklung zu unterstützen.
Das Jahr 2008 wird der Vorbereitung dieser strategischen Vorgehensweise der EU in Situationen der Fragilität gewidmet sein. Dieser Prozess erfordert die aktive Beteiligung sämtlicher Institutionen und Einrichtungen der EU und all jener, die im Rahmen der EU und in den Partnerländern im Dienste der Entwicklung tätig sind.
Der Beitrag des Europäischen Parlaments zu diesem Thema ist für die Kommission von großem Interesse, die dieses auffordert, sich aktiv an der Debatte zu beteiligen, um eine globale Antwortstrategie für Situationen der Fragilität zu unterstützen und um auf diese Weise zur Schaffung von geeigneten Bedingungen für nachhaltige Entwicklung, Stabilität, Frieden und demokratische Staatsführung beizutragen.
Nirj Deva, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Es ist natürlich sehr hilfreich, wenn eine Aussprache über ein so zentrales Thema vor einem voll besetzten Haus stattfindet, in dem die Kollegen mit Spannung erwarten, was das Parlament zu dieser äußerst wichtigen Angelegenheit zu sagen hat. Ich danke auch Herrn Spidla, der die Eckpunkte und seine Vorschläge für unser weiteres Vorgehen in dieser Angelegenheit erläutert hat.
Fragilität ist ein Zustand, der zahlreiche Ursachen hat. Die erste ist natürlich der Prozess der Entkolonialisierung, bei dem die Kolonialmächte willkürliche Grenzen auf der Landkarte gezogen haben, was zur Folge hatte, dass in den betroffenen Ländern die unterschiedlichsten stabilen Funktionen der Zivilgesellschaft zerstört und Länder ohne Berücksichtigung von Volksstämmen, Religionsgruppen usw. in zwei, drei oder vier Teile aufgeteilt wurden. Dadurch ist eine gewisse Instabilität entstanden.
Außerdem gibt es eine natürliche Form der Instabilität, der fragile Nationen heute ausgesetzt sind: Sie betrifft Länder, die häufig von Überschwemmungen heimgesucht werden, aber auch kleine Inselstaaten, deren Überleben von einem einzigen Wirtschaftserzeugnis abhängt. Es gibt Länder, die sich aufgrund der geografischen Gegebenheiten nicht selbst versorgen können, weil sie von Gott mit so wenigen Gaben gesegnet wurden, Länder, in denen sich die Wüsten ausbreiten und in der Folge eine Massenabwanderung einsetzt.
Derzeit gibt es weltweit 26 so genannte fragile Staaten und die Ärmsten der Welt sind von den katastrophalen Folgen betroffen. Nicht immer tragen sie selbst die Schuld, doch in einigen Fällen sind die Ursachen schlechte Regierungsführung, interne Konflikte, Bürgerkriege oder die Herrschaft von Diktatoren, die Völkermord betreiben, wie wir dies vor nicht allzu langer Zeit in Sierra Leone und Liberia erlebt haben.
Doch fragile Staaten können diesen Status überwinden und sich zu stabilen Staaten entwickeln, wie wir es zurzeit in Sierra Leone beobachten können. Dies erfordert allerdings Anstrengungen, es erfordert Unterstützung, es erfordert langfristige Maßnahmen, wie Herr Spidla sagte, zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des betreffenden Landes. Es erfordert Hilfestellung beim nationalen Aufbauprozess, ich verwende diesen Begriff ganz bewusst in diesem Haus, weil mein Heimatland, das Vereinigte Königreich, ebenso wie Frankreich und Spanien und einige andere europäische Länder, in diesem Bereich langjährige Erfahrung besitzen. Dieses Wissen fehlt anderen aufstrebenden Supermächten gänzlich, die offen gesagt nicht die leiseste Ahnung von nationalen Aufbauprozessen haben.
Wir müssen auf den reichen historischen Erfahrungsschatz zurückgreifen, der im Bewusstsein der europäischen Nationen gespeichert ist, um anderen Nationen zu helfen, die im Prozess des nationalen Aufbaus weltweit eine Vorreiterrolle spielen. Hätten wir das getan, und hätte Premierminister Blair das getan, wäre die heutige Situation im Irak, um nur ein Beispiel zu nennen, sicher völlig anders.
Ist der Irak ein fragiler Staat? Ja, das ist er, denn das Land ist instabil, die Staatsführung steht auf schwachen Beinen und es gibt Sicherheitsprobleme. Es gibt andere Länder in Afrika, die sehr fragil sind – der Sudan, Somalia, kleine Inselstaaten –, und wie ich schon sagte, müssen diese Länder Zugang zu dem Erfahrungsschatz erhalten, den wir bereits besitzen. Aus diesem Grund freue ich mich sehr, dass ich heute Morgen diese Aussprache eröffnen darf.
Der Präsident. – Vielen Dank, Herr Deva. Ich fürchte, Sie haben einen Faktor der Instabilität vergessen. Bei einem Eingreifen von außen beginnt die Instabilität erneut.
Alain Hutchinson, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes möchte ich meine Freude über diese – wie Sie, Herr Kommissar, es genannt haben – wirklich pragmatisch gefärbte Mitteilung der Kommission zum Ausdruck bringen, die uns heute ermöglicht, ein Thema zu erörtern, das nicht nur die Bürger der südlichen Partnerländer der EU, sondern auch unsere Mitbürger beschäftigt, die sich oft zu Recht die Frage stellen, wie effektiv die Entwicklungshilfe der Europäischen Union wirklich ist.
In diesem speziellen Fall lässt sich die wesentliche Aussage unseres Entschließungsantrags in einem Satz zusammenfassen, und sie sollte die Zustimmung von allen und jedem erhalten, jenseits der politischen Divergenzen. Es geht darum, die Einführung eines vereinfachten Systems der Zusammenarbeit vorzuschlagen, das es der Kommission und den Mitgliedstaaten ermöglicht, schneller als heute die Hilfe zu leisten, die sie Partnerländern, die sich in einer besonders schweren Krise befinden, versprochen haben, und ich möchte auf diese Krisen nicht weiter eingehen, – weil Herr Deva dies gerade ausführlich getan hat. Ohne diese Hilfen würden die Bevölkerungen dieser Länder täglich erleben, wie ihre Überlebenschance immer geringer wird. Ist diese Hilfe erst einmal genehmigt, was schon an sich keine Kleinigkeit darstellt, dann können die Komplexität und die Länge der laufenden Verfahren zur Umsetzung der europäischen Hilfe zu Situationen führen, die oft noch weitaus dramatischer und zum direkten Nachteil für die Bevölkerung des jeweiligen Empfängerlandes sind.
Nehmen Sie zum Beispiel Burundi, ein kleines Land, in dem ich vor zwei Jahren die parlamentarische Beobachtermission während der letzten Wahlen leitete, und in das ich mich freue, in wenigen Tagen zurückkehren zu können. Die EU hat dort bei der Unterstützung der Durchführung der Wahlen und bei der Demokratisierung der Institutionen nach einem zehn Jahre währenden blutigen Konflikt eine wichtige und bemerkenswerte Arbeit geleistet. Nachdem sich die Institutionen und die neue demokratisch gewählte Regierung etabliert hatten, wurden sie sehr schnell mit der Realität und den Bedürfnissen der Bevölkerung konfrontiert, und zwar im Hinblick auf das Gesundheitswesen, die Bildung oder die Landwirtschaft, wo der dringendste Bedarf bestand.
An konkreten Projekten fehlt es in diesen Sektoren keinesfalls, aber um sie mit Leben zu erfüllen, ist die europäische Hilfe von grundlegender Bedeutung. Sie sind nicht nur für die Befriedigung der dringenden Bedürfnisse der Bevölkerung, sondern auch dafür wichtig, die noch sehr zerbrechlichen Behörden in die Lage zu versetzen, einen Prozess des Wiederaufbaus einzuleiten, ohne den die große Gefahr besteht, dass das Land erneut sehr schnell im Chaos versinkt. Nach zwei Jahren, Herr Kommissar, sind die von der EU angekündigten Haushaltsbeihilfen immer noch nicht vor Ort angekommen.
Was für die Region der Großen Seen gilt, das gilt auch für andere Regionen auf der Welt. Aus diesem Grund, Frau Präsidentin, sollten alle Länder der Welt, mit denen die Europäische Union zusammenarbeitet und die eine schwere Situation der Fragilität durchleben, unter Vorbehalt der eindeutigen Festlegung der von ihnen zu erfüllenden Bedingungen, damit sie einen Anspruch darauf zu haben, mit einer Ausnahmeregelung, die schnelle und effektive Hilfe garantiert, rechnen können.
Ryszard Czarnecki, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Ich freue mich, im Anschluss an so ausgezeichnete Experten und Fachleute sprechen zu können, die sich seit Jahren mit diesem Thema auseinandersetzen, und zu ihnen zähle ich auch Sie, Frau Präsidentin.
Ich möchte auf das Problem hinweisen, dass die Gruppe der als instabil eingestuften Staaten immer mehr ansteigt. Innerhalb der letzten sechs Jahre hat sich deren Zahl beinahe verdoppelt, von 14 auf 26, das ist also ein sehr konkretes Problem, das eine zunehmend größere Herausforderung für die Europäische Union darstellt.
Ich möchte auch betonen, dass sich mehr als die Hälfte dieser instabilen Staaten im subsaharischen Afrika befindet, was belegt, dass wir ganz besonders auf diese Region Afrikas, auf diese Region der Welt, achten müssen.
Ich meine auch, es muss in aller Deutlichkeit gesagt werden, wie notwendig es ist, die Autorität der Regierungen in diesen Ländern aufzubauen. Die Afrikanische Union weist zu Recht darauf hin, dass das Problem des Wiederaufbaus auch ein politisches Thema ist, vielleicht mehr noch als ein technisches. Angesichts dessen ist die Funktionsweise von Demokratie und Transparenz von grundlegender Bedeutung.
Ich stimme Herrn Hutchinson voll zu, der zuvor davon sprach, wie notwendig es ist, die Verfahren zu vereinfachen, damit unsere Hilfe schneller und konkreter wird.
Raül Romeva i Rueda, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (ES) Frau Präsidentin! Auch ich begrüße es sehr, dass dieses Thema in diesem Parlament behandelt wird, weil wir – auch wenn es keine erschöpfende gesetzliche Definition dafür gibt, was ein fragiler Zustand ist – doch viele Fälle haben, die empirisch in diese Kategorie fallen. Zum Beispiel erörtern wir heute Nachmittag unter anderem auch den Fall Somalias.
Diese Entschließung ermöglicht es uns deshalb, einige der schwerer wiegenden Probleme anzusprechen, die in solchen Kontexten bewältigt werden müssen – beispielsweise die Tatsache, dass diese Fragilität häufig auf einer Situation extremer Armut basiert, mit der gewöhnlich ein Zusammenbruch der Institutionen und Unsicherheit auf allen Ebenen verbunden sind.
Daneben ist auch entscheidend, von dem Grundsatz auszugehen, dass die Fragilität dieser Staaten eine Herausforderung für die Entwicklung darstellt, und das bedeutet, dass wir dringend ein kohärentes Konzept definieren müssen, das auf dem humanitären Do-not-harm-Grundsatz (richte keinen Schaden an) beruht. Dies ist der erste Grundsatz, und es ist eine wichtige Lektion, die wir aus den jüngsten Ereignissen im Zusammenhang mit dem Vorgehen der Hilfsorganisation Arche de Zoé im Tschad lernen müssen.
Was das außenpolitische Handeln, insbesondere das der Europäischen Union, in dieser Art von Kontexten betrifft, so muss es sich auf die Umsetzung von Programmen vor Ort stützen, die flexibel und an veränderliche Bedürfnisse anpassbar sein müssen und denen eine kurz-, mittel- und langfristige Strategieplanung zugrunde liegen muss. Allzu oft hören wir bei Maßnahmen auf, die auf kurze Sicht vielleicht notwendig sind, die aber die mittel- und langfristigen Folgen grundlegend außer Acht lassen.
Abschließend möchte ich auf die Bedeutung der Einrichtung einer doppelten Rechenschaftspflicht hinweisen, die insbesondere eine Verpflichtung der Empfängerländer vorsehen sollte, sowohl selbstverständlich gegenüber denjenigen, die die Ressourcen, finanziellen Mittel und Spenden bereitgestellt haben, als auch gegenüber ihren eigenen Bevölkerungen, die sie schützen und deren Überleben sie sichern sollen und müssen, Rechenschaft abzulegen. Aber auch die Geberländer sollten garantieren, dass sie gegenüber diesen Bevölkerungen Rechenschaft ablegen werden.
Pedro Guerreiro, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Frau Präsidentin! Es besteht kein Zweifel daran, dass dringend mehr und bessere humanitäre Hilfe in einer immer ungleicheren und ungerechteren Welt geleistet werden muss, in der die Konzentration des Reichtums in den Händen einiger weniger auf Kosten der Ausbeutung und des Elends von Millionen immer schneller voranschreitet. Es besteht kein Zweifel daran, dass eine verstärkte und bessere Entwicklungszusammenarbeit in einer Welt, die sich mit dem erneuten Wettrüsten und einer wachsenden Militarisierung der internationalen Beziehungen unter Führung der Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten konfrontiert sieht, dringend erforderlich ist. Und genau deshalb betrachten wir die Bestrebungen mit ernster Besorgnis, die Entwicklungshilfe von Sicherheitsstrategien abhängig zu machen, die in Wirklichkeit darauf ausgerichtet sind, die Ziele der Einmischung, der Ausbeutung der Rohstoffe und des Neokolonialismus mehr oder weniger unbemerkt durchzusetzen.
Bei der Analyse der internationalen Situation dürfen die externen Ursachen nicht außer Acht gelassen oder unterschätzt werden, die die Widersprüche schüren und verschärfen, die oftmals die Wurzel allen Übels sind. Wir müssen uns nur die äußerst subjektive Liste der von der Weltbank als fragil einstuften Staaten ansehen. Wie viele Fälle äußerer Einmischung und Aggression erwähnt sie?
Wir brauchen in der Tat eine Agenda für Zusammenarbeit und Entwicklung, um die grundlegendsten Bedürfnisse von Millionen von Menschen zu erfüllen, die auf der Achtung der nationalen Souveränität und Unabhängigkeit und auf friedlichen Lösungen internationaler Konflikte basieren muss – eine Agenda, die die Entmilitarisierung der internationalen Beziehungen unterstützt, gerechte und faire Handelsbeziehungen fördert und den Erlass längst abgetragener Auslandsschulden vorantreibt, eine Agenda zur Überwindung der Politiken, die tief greifende Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten hervorbringen, um eine gerechtere, friedlichere und humanere Welt mit einer stärkeren Solidarität zu errichten.
Ana Maria Gomes, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) Das Zusammenspiel zwischen Staatsführung, Entwicklung und Sicherheit hat in fragilen Staaten absoluten Vorrang. Die EU muss strategische Prioritäten für die Beziehungen zu diesen Staaten mit der menschlichen Sicherheit als allgemeines Ziel setzen.
Es ist nicht damit getan, staatliche Institutionen zu unterstützen. Es kommt darauf an, die parlamentarischen Untersuchungen zu verstärken, um freie und pluralistische Medien, die Unabhängigkeit des Gerichtswesens und die Stärkung der Zivilgesellschaft zu unterstützen und den Frauen, gefährdeten Gruppen und Minderheiten Priorität einzuräumen. Das erfordert das Engagement der EU.
Das heutige Somalia ist ein tragisches Spiegelbild der Distanziertheit Europas. Die Ursachen für die Fragilität, die Gewaltkonflikte schürt und damit die Handlungsunfähigkeit des Staates verschärft – schlechte Staatsführung, extreme Armut oder Menschenrechtsverletzungen – müssen beispielsweise in bilateralen Gesprächen erörtert werden, was dem Rat, der Kommission und den Mitgliedstaaten oftmals nicht gelingt. Bei der Festlegung der Strategien und der Globalisierung der EU-Finanzinstrumente müssen die Ursachen für die Fragilität berücksichtigt werden. Im Mittelpunkt der Entwicklungshilfe müssen die Menschen stehen, und die direkte Finanzhilfe für die Regierungen ist nur dann zu erwägen, wenn Beweise für deren Engagement bei der Konfliktlösung, bei der Errichtung eines demokratischen Rechtsstaats und bei der Verbesserung der Staatsführung und der menschlichen Sicherheit für die Bevölkerungen vorliegen.
Und dieser Aspekt, um zum Schluss zu kommen, wird in der Mitteilung der Kommission und in der Entschließung, über die wir abzustimmen haben, bedauerlicherweise ausgelassen. Die EU muss sich parallel zum Entwaffnungs-, Demobilisierungs- und Wiedereingliederungsprogramm und zum SSR-Programm stärker für die Kontrolle der globalen Transfers von leichten Waffen einsetzen, denn diese nähren bewaffnete Konflikte, die die Fragilität vieler Staaten fortbestehen lassen.
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Meine Damen und Herren, vielen Dank für die kurze, aber sehr inhaltsreiche Aussprache. Gestatten Sie, dass ich sie wie folgt zusammenfasse: Sie zeigte im Wesentlichen die Unterstützung des Parlaments für den allgemeinen Standpunkt, für das allgemeine Konzept der Kommission, für den allgemeinen Gedanken. Natürlich tauchten während der Aussprache einige Einzelfragen auf, diese können im Laufe künftiger Aussprachen erörtert werden. Beispielsweise die Frage des Transfers leichter Waffen und viele andere Gedanken, die meines Erachtens das allgemeine Konzept wesentlich bereichern.
Die Präsidentin. − Zum Abschluss der Aussprache wurde gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung ein Entschließungsantrag(1) eingereicht.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Donnerstag um 12.00 Uhr statt.
3. Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit (Aussprache)
Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Elizabeth Lynne im Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über eine Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit (2007/2104(INI)) (A6-0400/2007).
Elizabeth Lynne (ALDE), Berichterstatterin. – (EN) Frau Präsidentin, als Erstes möchte ich den Schattenberichterstattern für ihre Arbeit danken. Dass zu einem Bericht dieser Größenordnung keine Änderungsanträge für das Plenum eingereicht wurden zeigt, dass der Bericht vom ganzen Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten mitgetragen wird und dass wir alle stolz darauf sein können. Mein Dank gilt auch der Kommission für die gute Zusammenarbeit und dem portugiesischen Ratsvorsitz für seine Entscheidung, die Sozialpolitik zu einem Schwerpunkt seiner Ratspräsidentschaft zu machen.
Wir stehen in Europa vor einer enormen Herausforderung. Bei dieser Herausforderung geht es um Fairness. Es geht um verlorenes Potenzial und darum, dass es nicht möglich ist, ein Leben ohne die Almosen anderer und ein Leben ohne Diskriminierung, Armut und soziale Ausgrenzung zu führen.
Unser Ziel ist klar: Wir wollen das Spektrum der Chancen erweitern, damit alle, ungeachtet ihres Hintergrunds oder ihrer Lebenssituation, teilhaben können. Europas Vision muss es sein, Freiheit und Chancen für alle zu schaffen, die Beschäftigungsmöglichkeiten und Beschäftigungsanreize müssen verbessert werden und zugleich muss die soziale Absicherung für diejenigen gestärkt werden, die nicht arbeiten können.
Die Fakten des Jahres 2007 sind erschreckend: 72 Millionen Unionsbürgerinnen und -bürger leben nach wie vor in Armut; 8 % der Bevölkerung der Europäischen Union sind heute trotz Erwerbstätigkeit von Armut betroffen. Dies sind die erschütternden statistischen Daten. Doch was bedeuten sie wirklich? Konkret bedeuten sie, dass jeder sechste Bürger heute unterhalb der Armutsgrenze lebt – jeder Sechste! Viele halten es nicht für möglich, dass es so etwas im Jahr 2007 noch gibt. Vor fünfzig Jahren wurden die Römischen Verträge unterzeichnet und nach fünfzig Jahren Wirtschaftswachstum leben 10 % der Bevölkerung in Haushalten, in denen niemand einen Arbeitsplatz hat! Man kann es drehen und wenden wie man will, die Armut gehört nach wie vor zu den größten sozialen Problemen Europas und die Beseitigung der sozialen Ausgrenzung muss im Mittelpunkt unserer politischen Maßnahmen stehen.
In einigen Bereichen machen wir Fortschritte, aber wir müssen ehrlich sein: Bei den meisten Problemen haben wir nichts erreicht. In vielen EU-Mitgliedstaaten wird die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer. Die Beseitigung der einkommensbedingten Armut muss ein vorrangiges Ziel der Mitgliedstaaten sein, doch auf jeden Sechsten, der in finanzieller Armut lebt, kommen zahlreiche andere, die aus anderen Gründen aus der Gesellschaft ausgegrenzt sind. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Probleme für einen großen Teil der Familien – ebenso wie für viele Einzelpersonen – komplizierter sind und sich nicht nur auf ein niedriges Einkommen beschränken. Die Hindernisse auf dem Weg zu neuen Chancen sind komplex. Wichtig ist vor allem eine frühzeitige Intervention. Vorbeugen ist allemal besser als heilen.
Im Vereinigten Königreich wissen wir, dass bei der Tochter einer minderjährigen Mutter die Wahrscheinlichkeit, selbst im Teenageralter Mutter zu werden, dreimal so hoch ist; wir wissen, dass bei Söhnen von Straftätern die Gefahr, selbst straffällig zu werden, viermal größer ist als bei Jungen ohne einen solchen familiären Hintergrund. Trotzdem müssen wir in vielen Bereichen das Rad nicht neu erfinden. Wir müssen uns ansehen, wie andere EU-Länder mit diesen Problemen umgehen und von ihnen lernen. Wir brauchen einen effektiveren Austausch bewährter Verfahren. Finnland zum Beispiel hat ein umfassendes, nachhaltiges Konzept eingeführt, mit dem die Zahl der Obdachlosen deutlich verringert werden konnte. In Dänemark werden neue politische Maßnahmen umgesetzt, deren Ziel nicht allein darin besteht, Menschen, die seit langem auf der Straße leben, in die Gesellschaft zu integrieren, sondern ihre Lebensqualität zu verbessern. In Belgien arbeiten von Armut betroffene Personen mit Sozialarbeitern zusammen und helfen ihnen, die Bedürfnisse von Armen besser zu verstehen.
Nicht immer wird Armut durch Arbeitslosigkeit verursacht: Die Armut trotz Erwerbstätigkeit ist ebenfalls ein Problem. Aus diesem Grund habe ich zu einem Austausch über bewährte Verfahren zur Festlegung eines angemessenen Mindestlohns in allen Mitgliedstaaten aufgerufen. In mindestens fünf EU-Mitgliedstaaten gibt es gar keinen Mindestlohn. Ebenso müssen wir darauf drängen, dass jeder Mitgliedstaat einen existenzsichernden Mindestlohn für alle einführt.
Außerdem müssen die Mitgliedstaaten mehr tun, um die Ausbeutung von schutzbedürftigen Beschäftigten zu verhindern; um den Zugang von behinderten und älteren Menschen zum Arbeitsmarkt sicherzustellen; um Menschenhandel zu unterbinden; um die Rechte von Asylsuchenden zu wahren; um für alle den gleichen Zugang zu Gesundheitsdiensten und Diensten für die Allgemeinheit zu gewährleisten; um die Entstigmatisierung von Menschen mit psychischen Problemen zu erreichen und um einen konstruktiveren Ansatz im Hinblick auf die Drogen- und Alkoholproblematik zu fördern.
Dies sind nur einige der Themen, die in diesem Bericht behandelt werden. Die Vision Europas muss darin bestehen, Freiheit und Chancen für alle zu schaffen. Deshalb ist es so wichtig, dass auf europäischer Ebene Mechanismen geschaffen werden, mit denen sich der Austausch bewährter Verfahren verwirklichen lässt.
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich der Berichterstatterin, Frau Lynne, zu ihrem sehr interessanten und umfassenden Bericht gratulieren. Ich freue mich, dass das Europäische Parlament beschlossen hat, sich mit dem recht breiten Spektrum an sozialen Fragen auseinanderzusetzen, die in diesem Bericht behandelt werden. Es sind Fragen, die dringend gelöst werden müssen. Dieser Bericht ist ein wichtiger Beitrag zu einer kontinuierlichen Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit.
Das Dokument wird zu einer Zeit vorgelegt, in der die Kommission und die Mitgliedstaaten die Möglichkeiten prüfen, die soziale Dimension der Lissabon-Strategie zu stärken. Wir müssen auf die Ängste unserer Bürger reagieren, und wir stellen fest, dass soziale Gerechtigkeit für sie eines der Hauptprobleme ist. Öffentliche Umfragen zeigen, dass die Europäische Union eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung stärker integrierender und kohärenter Gesellschaften spielen sollte.
Wie Präsident Barroso bei einer ganz entscheidenden Debatte über die Globalisierung gestern Vormittag sagte, verzeichnet die Europäische Union erhebliche Fortschritte beim Erreichen der Ziele von Lissabon. Neue Arbeitsplätze wurden geschaffen: 3,5 Millionen neue Arbeitsplätze wurden allein im letzten Jahr geschaffen. Die Arbeitslosenquote ist auf etwa 7 % gesunken. Diese Quote ist zwar immer noch zu hoch, doch es ist die niedrigste der letzten zehn Jahre. Das Wirtschaftswachstum war trotz der jüngsten Instabilität auf dem Finanzmarkt zufrieden stellend.
Es besteht jedoch kein Grund zur Selbstzufriedenheit. Die Umsetzung der Lissabon-Strategie verlief uneinheitlich, und nicht alle Ziele wurden erreicht. 12 Millionen Menschen sind immer noch arbeitslos, häufig junge Menschen oder Langzeitarbeitslose mit geringen Aussichten auf berufliche Entwicklung oder sozialen Aufstieg. 8 % der europäischen Arbeitskräfte leiden unter der so genannten Armutsgefährdung von Erwerbstätigen. 78 Millionen Bürger der Europäischen Union leiden unter Armut, und ein Fünftel ihrer Bürger unter schlechten Lebensbedingungen.
Kurz gesagt, es muss mehr getan werden, um unsere gemeinsamen sozialen Ziele zu erreichen. Nun, da wir die positiven Ergebnisse der europäischen Strategie für Wachstum und Beschäftigung erkennen können, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, soziale Ziele zu verfolgen.
Ich begrüße, dass es im Bericht heißt, es seien politischer Wille und Entschlossenheit nötig, um Fragen der Armut und der Ausgrenzung zu behandeln. Auch ich bin der Ansicht, dass Kinderarmut und Diskriminierung dringend zu bekämpfen sind und Vielfalt gefördert werden muss. Dies bedeutet natürlich, die Umsetzung der einschlägigen Rechtsvorschriften in nationales Recht zu überwachen und gegebenenfalls Verfahren gegen die Mitgliedstaaten einzuleiten, die gegen europäisches Recht verstoßen.
Der Bericht beschäftigt sich auch mit den Hindernissen, die eine Beteiligung an der Gesellschaft und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt erschweren. Ich stimme zu, dass wir Unterstützungsmaßnahmen mit geeigneten Sicherheitsnetzen verbinden müssen, um zu gewährleisten, dass niemand außen vor bleibt.
Diese Haltung kommt in der jüngsten Mitteilung der Kommission zur aktiven Eingliederung zum Ausdruck. In der Mitteilung werden drei Schlüsselelemente eines ausgewogenen und strategischen Ansatzes für die aktive Eingliederung definiert:
– Zugang zu integrierten Arbeitsmärkten;
– besserer Zugang zu Dienstleistungen;
– angemessene Einkommensbeihilfe.
Mit dieser Mitteilung wird auch die zweite Phase der Anhörung der Sozialpartner zu diesen Fragen eingeleitet, mit der die Zusammenarbeit bei der aktiven Eingliederung in der Europäischen Union gefördert werden soll.
Im Anschluss an diese Mitteilung beabsichtigt die Kommission, eine Empfehlung zu den gemeinsamen Grundsätzen der aktiven Eingliederung auszuarbeiten, die für das zweite Halbjahr 2008 vorgesehen ist. In einer weiteren Mitteilung, die in den nächsten Wochen angenommen werden soll, wird die Kommission auch neue Maßnahmen zur Unterstützung der aktiven Eingliederung von Menschen mit Behinderungen vorstellen.
Die Kommission ist dem Europäischen Parlament für seine kontinuierlichen Bemühungen um die Bekämpfung von Diskriminierung dankbar. Wie es im Arbeits- und Legislativprogramm für 2008 heißt, wird die Kommission 2008 Vorschläge vorlegen, um gemäß Artikel 13 des Vertrags die beim Schutz bestehende Lücke zu schließen. Die Vorschläge, die im nächsten Sommer angenommen werden sollen, werden sich auf den langfristigen Dialog mit dem Europäischen Parlament, auf die Erfahrungen mit dem Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle 2007 und eine breite öffentliche Anhörung stützen.
Die Europäische Union hat große Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter erreicht, das Europäische Parlament war dabei ein wichtiger Partner. Wir müssen die Gleichstellung der Geschlechter jedoch in Zukunft weiter stärken. Dies ist ein Grundrecht, aber auch eine maßgebliche Bedingung für die Verwirklichung der europäischen Ziele für Wachstum, Beschäftigung und sozialen Zusammenhalt. Daher begrüße ich insbesondere den Verweis auf die Gleichstellung der Geschlechter im Bericht.
Seit dem Vertrag von Amsterdam hat die Union Fortschritte in allen Bereichen der Gleichstellung der Geschlechter und seit 2003 auch bei der Chancengleichheit behinderter Menschen erreicht. Doch auf beiden Gebieten bleibt noch viel zu tun. Die Tatsache, dass vielfache Diskriminierung weiterhin besteht, ist ein starkes Argument für eine ständige Hervorhebung der Chancengleichheit in allen Bereichen. Dieses Thema wird in der Mitteilung der Kommission behandelt, die 2008 angenommen werden soll, und die sich auf die Erfahrungen mit dem Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle 2007 stützen wird.
Meine Damen und Herren, die Veränderungen der sozialen Lage in der EU sind natürlich eine Folge der Entwicklung unserer Gesellschaft und der Änderungen beim allgemeinen Konzept insgesamt. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass das grundlegende Konzept, das heißt das richtige Verhältnis zwischen den wirtschaftlichen und den sozialen und ökologischen Aspekten zu finden, immer noch uneingeschränkt Bestand hat. Daher ist es an uns, weiterhin nach neuen Ansätzen Ausschau zu halten, um die noch bestehenden Probleme bewältigen zu können.
Miroslav Mikolášik (PPE-DE), Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. – (SK) Es ist notwendig, die soziale Lage und die Sozialpolitik in den Mitgliedstaaten zu überwachen, um die Probleme und Aufgaben der Union zu erkennen, aber noch wichtiger sind die Maßnahmen, die wir zu ihrer Bewältigung unternehmen.
Was die öffentliche Gesundheit betrifft, sollten wir den Problemen der EU-Bürger besondere Aufmerksamkeit widmen, die die Gesundheitsversorgung betreffen. Angesichts der demografischen Entwicklungen und der steigenden Lebenserwartung müssen wir Strategien im Bereich der Volksgesundheit entwickeln, die darauf abzielen, Krankheiten vorzubeugen und sie wirksam zu bekämpfen. Gleichzeitig sollte bei diesen Strategien berücksichtigt werden, dass der Zugang zu einer qualitativ hochwertigen und sicheren Gesundheitsversorgung für alle Gesellschaftsschichten, unabhängig von ihrem sozialen Status, Alter oder Wohnort sichergestellt werden muss.
Unser besonderes Augenmerk sollten wir auf die am meisten benachteiligten Gruppen, wie körperlich oder geistig behinderte Menschen, Ältere und Kinder richten. Angesichts der steigenden Kosten im Gesundheitswesen sollten die Mitgliedstaaten wirksame Maßnahmen ergreifen, wie beispielsweise gezielte Informationskampagnen, den Einsatz generischer Arzneimittel, die Anwendung neuer Technologien, Solidaritätsmaßnahmen auf lokaler Ebene oder die Verbesserung des Zusammenhalts zwischen den Generationen und Familien. Ferner sollten die Mitgliedstaaten, in Zusammenarbeit mit der Kommission, politische Maßnahmen entwickeln und europäische Initiativen unterstützen, deren Ziel die Bekämpfung von Tabak- und Alkoholsucht sowie Adipositas ist und die so zur Verbesserung der Lebensqualität unserer Mitbürger beitragen.
Nicht zuletzt sollten wir dafür sorgen, dass die bestehenden Rechtsvorschriften für das Gesundheitswesen wirksam umgesetzt werden. Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten nicht nur die Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Bereichen der Wasser-, Luft- und Bodenqualität und bei der Verringerung von Lärmemissionen sicherstellen, sondern auch die Einhaltung der Rechtsvorschriften für chemische Erzeugnisse, einschließlich derjenigen, die in den Anwendungsbereich von REACH fallen.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für die Rechte der Frau und Gleichstellung der Geschlechter. – (PT) In dieser Stellungnahme unterstreicht der Ausschuss für die Rechte der Frau und Gleichstellung der Geschlechter den vielschichtigen Charakter von Armut und sozialer Ausgrenzung, wobei die wirtschaftliche Situation der Familien, die Wohnbedingungen, der Zugang zu Bildung, Gesundheit und Langzeitpflege besonders hervorzuheben sind.
Der Ausschuss betont, dass Frauen und Kinder die Hauptopfer von Armut und sozialer Ausgrenzung sind und weist darauf hin, dass das Risiko für Zugewanderte, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und Mitglieder von Einelternfamilien noch höher ist. Er stellt außerdem fest, dass durchschnittlich 15 % der Schüler die Schule vorzeitig verlassen, dass jedoch in einigen Ländern wie Portugal diese Quote ungefähr bei 40 % liegt. Das gibt Anlass zur Besorgnis über die Bildung und die Ausbildung junger Mädchen.
Er weist mit Nachdruck darauf hin, wie wichtig es ist, dass hochwertige öffentliche Dienstleistungen, ein starkes öffentliches und allgemeines System der sozialen Sicherheit, hohe Sozialschutzstandards und die Beschäftigung mit hochwertigen und mit Rechten verbundenen Arbeitsplätzen beibehalten werden und dass gewährleistet wird, dass bei der Festlegung und Anwendung dieser Maßnahmen eine eindeutige Geschlechterperspektive einbezogen wird, und schließlich fordert er die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, der sozialen Eingliederung der Frauen und den Frauenrechten höchste Priorität einzuräumen und die betreffenden Politiken einschließlich der Politik der Einkommensverteilung dementsprechend zu ändern.
Edit Bauer, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (HU) Vielen Dank, Frau Präsidentin! Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Der Bericht von Frau Lynne, zu dem ich ihr von Herzen gratuliere, ist nicht das letzte Wort zum Thema soziale Eingliederung und Umbau der Sozialpolitik, und kann es auch nicht sein.
Wir sind oft geneigt zu sagen, das europäische Sozialmodell sei zeitlos, aber die Sozialpolitik muss sich natürlich auch ändern, nicht nur aufgrund der Globalisierung, sondern auch aufgrund der wirtschaftlichen Gegebenheiten, der sozialen Erwartungen, der demografischen Herausforderung und der sich ändernden Werte. Wir müssen geeignete Antworten auf die vor uns stehenden Herausforderungen finden. Auch aus diesem Grund ist die Initiative der Kommission zur Vorbereitung einer Art Bestandsaufnahme der sozialen Probleme der Bürger Europas begrüßenswert.
Es leuchtet ein, dass knapp 500 Millionen Unionsbürger keine homogene Masse sind. Obwohl sich die Einkommensunterschiede zwischen den alten Mitgliedstaaten verringern, werden die Unterschiede zwischen reichen und armen Regionen nach wie vor größer. Zwei Drittel der Bevölkerung der neuen EU-Mitgliedstaaten leben in armen Regionen, in denen das Einkommen die Hälfte des Durchschnittseinkommens der alten Mitgliedstaaten beträgt, oder noch weniger. In Bulgarien und Rumänien ist die Situation noch schlimmer, denn dort erreicht das Durchschnittseinkommen nicht einmal ein Drittel des Pro-Kopf-Einkommens der alten Mitgliedstaaten.
Um die Armut bekämpfen zu können, müssen wir zweifellos mehr über die verschiedenen Formen wissen, in denen sie sich manifestiert. Dazu benötigen wir jedoch Armutsindikatoren, denn bis jetzt standen uns lediglich umfassende Daten zum Risiko relativer Armut zur Verfügung.
Darum erwarten wir mit großer Spannung die Mitteilung der Kommission zu diesem Thema. Der Bericht lenkt die Aufmerksamkeit auch auf neue Risiken der Verarmung. So wissen wir beispielsweise nur wenig über die Gefahren des erheblichen Umfangs, den die private Verschuldung angenommen hat. In zwölf der alten Mitgliedstaaten liegt die Pro-Kopf-Verschuldung bei über 16 000 Euro; das entspricht 90 % des jährlichen Durchschnittseinkommens der Familien.
Bitte gestatten Sie mir noch eine letzte Bemerkung, Frau Präsidentin. Im Bericht wird erneut die Bedeutung des Kampfes gegen Kinderarmut herausgestellt, den wir für außerordentlich wichtig erachteten.
Richard Falbr, im Namen der PSE-Fraktion. – (CS) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Zunächst möchte ich Frau Elizabeth Lynne für den sehr guten Bericht und die ausgezeichnete Zusammenarbeit danken. Soziale Ausgrenzung wird durch viele Faktoren verursacht, und es wäre sehr bedauerlich, wenn dieser Bericht nicht für die weiteren Arbeiten genutzt würde. In meinen Ausführungen möchte ich die Wichtigkeit der öffentlichen Dienstleistungen und ihren Beitrag zur Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung hervorheben. Sobald öffentliche Dienstleistungen privatisiert sind, werden sie teurer und weniger zugänglich sein. Es ist uns leider nicht gelungen, den Standpunkt zu vertreten, dass Staaten zu verurteilen sind, die eine niedrige Grundabgabe einführen und es damit unmöglich machen, genügend Mittel für die Wahrnehmung sozialer Aufgaben des Staats bereitzustellen. Es wäre sicher sehr nützlich, wenn sich die Mitgliedstaaten als Teil des Informationsaustauschs über bewährte Methoden untereinander über ihre Erfolge unterrichten würden. Natürlich würde ich auch den Informationsaustausch über Methoden begrüßen, die sich nicht ausgezahlt haben oder sogar fehlgeschlagen sind. Ich weiß, dass dies nicht getan wird, doch ich bin sicher, es wäre nutzbringend, wenn die Sozialpartner und die Nichtregierungsorganisationen dies tun würden.
Das Angebot ausreichender und angemessen bezahlter Arbeitsplätze ist eine grundlegende Voraussetzung dafür, sicherzustellen, dass nicht immer mehr Bürger der Mitgliedstaaten von einer häufig unzulänglichen Sozialfürsorge abhängig sind. Wir können nicht zulassen, dass Erwerbstätige von Sozialfürsorge abhängen. Deshalb müssen wir versuchen, einen angemessenen Mindestlohn in allen Mitgliedstaaten einzuführen, entweder mittels Rechtsvorschriften oder durch Tarifverträge, je nach den üblichen Verfahrensweisen des jeweiligen Landes. Die Bemühungen um eine Anpassung der Altersrentensysteme werden verstärkt. Wenn Vorkehrungen getroffen werden, den Grundpfeiler zu erhalten – das staatliche Altersversorgungssystem – sollten alle Mitgliedstaaten die einschlägigen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation einhalten, die sie ratifiziert haben. Die Eingliederung behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt ist besonders wichtig. Daher müssen wir die Maßnahmen der Regierungen kritisch betrachten, die Anreize abgeschafft haben, mit denen die Anzahl der Arbeitsplätze für behinderte Menschen erhöht werden soll; dazu gehört auch die Tschechische Republik.
Ona Juknevičienė, ALDE-Fraktion. – Ich möchte meiner Kollegin Elizabeth Lynne zu ihrem Bericht und dazu beglückwünschen, einen politischen Kompromiss erreicht zu haben, der die Standpunkte der verschiedenen Fraktionen zur sozialen Wirklichkeit in der Union berücksichtigt.
Es stimmt, dass die Regierungen der Mitgliedstaaten für die Verringerung der Armut unmittelbar verantwortlich sind. Es ist ihre Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass die Menschen Arbeit haben, die Kinder die Schule besuchen und die Ärmsten Sozialhilfen erhalten.
Doch die Rolle der Union bei der Lösung der Probleme von Armut und Ungleichheit ist weiterhin ebenso wichtig. Die Tatsache, dass 78 Millionen europäischer Bürger in Armut leben und die soziale Kluft zwischen Armen und Reichen immer tiefer wird, ist ein äußerst ernst zu nehmender Hinweis darauf, dass Maßnahmen auf nationaler und auf europäischer Ebene ergriffen werden müssen.
In den meisten Mitgliedstaaten gibt es ein angemessenes Mindesteinkommensniveau. Es treten jedoch immer noch Fälle auf, in denen die Arbeitgeber die festgelegte Einkommensstufe nicht zahlen und damit gegen das Gesetz verstoßen. Wie ich bereits wiederholt erkläre habe, kommt es vor, dass Litauer, die im Ausland arbeiten, in dieser ungesetzlichen Weise behandelt werden. Wir sollten nicht zulassen, dass Arbeitgeber diese Praktiken anwenden.
Ich begrüße die Antwort der Mitgliedstaaten auf die Aufforderung des Rates, die Kinderarmut zu verringern. Sie haben jedoch bislang noch keine Aktionspläne für die Behandlung dieses Problems vorgelegt. Wir müssen sicherstellen, dass sie zumindest Zugang zu einem bezahlbaren Mindestniveau von Langzeitbetreuung haben. Mit dem Sozialfonds wurden Mittel dafür bereitgestellt. Es ist eine Schande, dass sie in meinem Land immer noch nicht genutzt werden.
Ich stimme dem Standpunkt der Berichterstatterin zu, dass Erfahrungen ausgetauscht werden und die erfolgreichen Beispiele für Errungenschaften im Bereich der sozialen Sicherheit Nachahmung finden sollten. Es ist unbedingt notwendig, aus den Erfahrungen der Mitgliedstaaten zu lernen, die es verstehen, die EU-Mittel wirksam einzusetzen. Meine Damen und Herren, um das Vertrauen unserer Bürger in die Europäische Union und ihre Organe zu gewinnen, müssen wir ihre schwierigsten Probleme lösen.
Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy sagte in seiner Rede vor diesem Hohen Haus, die Franzosen hätten den Eindruck, die EU würde sich nicht um sie kümmern und ihnen keine soziale Sicherheit bieten. Die französischen Bürger haben nicht gegen die Verfassung gestimmt, sondern gegen Europa, da sie sich dort nicht sicher fühlen.
Die Kommission hat versprochen, einen Bericht über die soziale Wirklichkeit mit einer Untersuchung der sozialen Trends vorzubereiten. Ich hoffe, der Schwerpunkt dieses Berichts wird der Rahmen für Maßnahmen sein, der Rahmen, mit dem die Methoden für die Verringerung oder gar die Beseitigung der Armut in Europa festgelegt wird. Dann können wir die Unterstützung unserer Bürger gewinnen und vielleicht allmählich das Gefühl bekommen, dass wir für sie arbeiten.
Sepp Kusstatscher, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Wir haben hier eine Menge von Ideen zur Sozialpolitik vorliegen. Danke, Frau Lynne! Da die Sozialpolitik aber kein so starkes Gewicht in der EU hat wie die Wirtschaftspolitik, ist dieser Bericht auch nicht so sehr eine Bestandsaufnahme in der EU – wie der Titel sagt –, sondern mehr eine Auflistung von Forderungen nach sozialpolitischen Maßnahmen in den Mitgliedsstaaten.
Zwei Anmerkungen: Die sozialpolitischen Kompetenzen liegen bei den Mitgliedstaaten. Wir auf europäischer Ebene dürfen bloß Empfehlungen aussprechen. Europa ist deshalb in einer Schieflage, weil die Wirtschaft harmonisiert ist, nicht jedoch die sozialen Belange. Seit Lissabon 2000 ist Europa nicht gerechter geworden – im Gegenteil: die Armut nimmt zu. Um die Armut wirklich zu bekämpfen und allen EU-Bürgern ein Leben in Würde und Gerechtigkeit zu ermöglichen, brauchen wir nicht nur Wirtschaft, Markt und Wettbewerb, wir brauchen einen sozialen, gerechten, ökologischen Binnenmarkt für alle Menschen.
Zweitens: Es wird vielfach nur geredet, nicht gehandelt. Die Probleme sind bekannt. Wir brauchen nicht so sehr Studien und Analysen. Jetzt muss endlich gehandelt werden. Es genügt nicht, 2010 als europäisches Jahr zur Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung auszurufen. Wir brauchen eine wirksame Anti-Armutsagenda, wir brauchen Daten, damit alle Menschen – auch jene ohne Arbeit – genug Grundeinkommen haben und ein Leben in Würde führen können. Es geht um Gerechtigkeit und Menschenrecht für alle!
Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Frau Präsidentin, Frau Lynne! Dies ist eine gute Bestandsaufnahme der mangelnden sozialen Sicherheit, in der viel zu viele Bürger in den Mitgliedstaaten leben müssen. Sie zeigt auch den Zusammenhang zwischen Armut, engen Wohnverhältnissen, sozialer Ausgrenzung und schlechter Gesundheit und kürzerer Lebenserwartung auf.
Die Bestandsaufnahme betrachtet auch die Bedeutung des Rechts auf Wohnung, Arbeit, soziale Sicherheit sowie die Rechte von Frauen und Menschen mit Behinderungen. Außerdem wird darauf verwiesen, dass Spielsucht, Alkoholmissbrauch und Drogenkonsum sowie Rauchen die soziale Ausgrenzung verstärken. Die Schlussfolgerung ist daher, dass die Mitgliedstaaten diese Probleme angehen müssen.
So weit so gut, aber die Wirklichkeit ist sehr oft eine andere. Oftmals sind das nur schöne Worte, denn in vielen Fällen hindert die EU mit verschiedenen Richtlinien und Verordnungen, unter Hinweis auf die Bestimmungen des Binnenmarktes und die Wettbewerbsregeln die Mitgliedstaaten an der Lösung der Probleme.
Darüber hinaus werden Weinerzeuger und der Tabakanbau subventioniert. Der freie Warenverkehr hindert beispielsweise Schweden daran, seine restriktive Alkoholpolitik beizubehalten, die von großer Bedeutung für das Land ist. In Schweden gibt es ein Spielmonopol, um das Glücksspiel zu begrenzen, aber die EU droht, mithilfe des Gerichtshofes dagegen vorzugehen. Das gleiche Doppelspiel wird beim Text der Rechtsvorschriften über irreführende Werbung und an Kinder gerichtete Werbung betrieben, da die EU andererseits eine Fernsehrichtlinie annimmt, die Produktplatzierung und an Kinder gerichtete Werbung zulässt.
Die soziale Wirklichkeit kann geändert werden, aber dazu müssen die öffentliche Gesundheit und die Umwelt einen höheren Stellenwert erhalten als die Wettbewerbsregeln des Binnenmarktes, und soziale Fürsorge und Sicherheit müssen wichtiger werden als Liberalisierung und Privatisierung.
Die GUE/NGL-Fraktion hat für den Bericht gestimmt, und wir werden auch weiterhin alles dafür tun, um die soziale Sicherheit der Bürger zu verbessern.
Kathy Sinnott, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Als ich zum ersten Mal über die Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit hörte, war ich sehr erfreut darüber, dass es jemanden gab, der an einer echten Diskussion über den Zustand der Gesellschaft interessiert war.
Leider musste ich beim Lesen der Dokumente der Kommission enttäuscht feststellen, dass es nicht um eine Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit, sondern der wirtschaftlichen Indikatoren geht.
Ich bin nicht davon überzeugt, dass Wirtschaftsindikatoren ein zuverlässiger Maßstab für die soziale Wirklichkeit sind. Wenn dem so wäre, müsste die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, die in Irland in den letzten Jahrzehnten erreicht wurde, auch zu einer Stärkung des sozialen Zusammenhalts geführt haben und nicht zu dem heute von uns zu beobachtenden Anstieg der Schwerkriminalität, der Suchterkrankungen, der Selbstmordrate, der Entfremdung, der zerrütteten Familien, der Ausgrenzung und der Einsamkeit.
Wir würden nicht nur danach fragen, ob eine Person Arbeit hat, wir würden auch fragen, ob sie Wertschätzung erfährt, eingebunden ist und ob ihre physischen, emotionalen, intellektuellen und geistigen Bedürfnisse erfüllt werden. Ferner würden wir prüfen, ob der Respekt für diese Person auch allen anderen entgegengebracht wird, unabhängig von Alter, Größe, Fähigkeiten, Hautfarbe oder sonstigen Merkmalen.
Um eine ordnungsgemäße Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit durchführen zu können, würden wir uns auch die Stabilität der natürlichen Umgebung der betroffenen Person ansehen: der Familie. Vor diesem Hintergrund wären für uns nicht nur die Kluft zwischen Arm und Reich von Interesse, sondern auch die Folgen, die das Auseinanderbrechen von Familien und soziale Isolation verursachen.
Um die soziale Wirklichkeit zu verstehen, müssen wir bei der Lebenswirklichkeit der Menschen beginnen, die die Gesellschaft bilden. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen und hoffe, dass es deutlich macht, dass wir, wenn wir von finanziellen Aspekten ausgehen, andere Ergebnisse erhalten, als wenn wir von den betroffenen Menschen ausgehen. Wir sind uns alle darin einig, dass Frauen ein Recht auf Arbeit haben und im Arbeitsleben gleichgestellt werden sollten. Üben wir aber wirtschaftlichen Druck auf Frauen aus, damit sie arbeiten, obwohl sie lieber zu Hause bleiben und sich um ihr kleines Kind kümmern möchten, und drängen wir sie in die Erwerbstätigkeit, verzeichnen wir eine sehr hohe Erwerbsquote und werten dies als Verbesserung der sozialen Wirklichkeit. Gehen wir aber vom Kleinkind aus, das auf die unmittelbare Fürsorge seiner Mutter angewiesen ist, und sehen den Verlust, den das Kind erleidet und der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen lebenslange neurologische Spuren hinterlässt, müssen wir uns fragen, ob diese hohe Erwerbsquote tatsächlich als Indikator für eine gesunde soziale Wirklichkeit interpretiert werden kann.
Die Ironie bei einem kurzfristigen Denkansatz und der ausschließlichen Berücksichtigung der Ökonomie einer Gesellschaft besteht darin, dass das Wohlergehen der Bürger und der Familien auf menschlicher Ebene letztlich den größten Einfluss auf die Ökonomie hat.
Denken wir nur an die Kosten, die die Unterstützung von Menschen verursacht, die nicht mehr selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Denken wir an die Kosten, die durch Kriminalität, Drogen, Schulabbruch usw. entstehen. Das Wirtschaftswachstum kann durch das Anwachsen sozialer Probleme aufgefressen werden. Das Wort „Ökonomie“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie die Kunst der Haushaltsführung. Ökonomie sollte allen Menschen zugute kommen und ihnen helfen, sich in ihren Gemeinschaften und in sich selbst zu Hause zu fühlen.
Wenn wir dies beherzigen, werden wir eine sehr gesunde soziale Wirklichkeit schaffen, über die wir künftig Bilanz ziehen können.
Frank Vanhecke (NI). – (NL) Frau Präsidentin! Der Bericht mit dem etwas nebulösen Titel „Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit“ wurde im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten fast einstimmig, mit nur einer Gegenstimme, angenommen. Das sollte niemanden überraschen, denn schließlich rufen die 97 Empfehlungen des Berichts zur Unterstützung von allem und jedem auf: der Armen, der Frauen, der Männer, der Jugendlichen, der Älteren, der Arbeitslosen, der schlecht bezahlten Arbeiter, der Behinderten, der Diskriminierten, der Kranken, der Gesunden, die schon morgen krank werden können, und so weiter und so fort.
Etwas ironisch könnte ich sagen, dass die einzige Gruppe, die von diesem Bericht ausgeschlossen ist, Leute wie ich sind: politisch rechts stehende, heterosexuelle, weiße Männer mittleren Alters.
Ohne Ironie möchte ich jedoch sagen, dass es niemanden in diesem Hause gibt, der nicht der Ansicht wäre, dass die schwächeren Mitglieder unserer Gesellschaft des Schutzes bedürfen und dass eine zivilisierte Gesellschaft letztendlich daran gemessen werden kann, welchen sozialen Schutz sie Menschen angedeihen lässt, die aus objektiven Gründen Schwierigkeiten haben, einen normalen Platz in der Gesellschaft einzunehmen. Daher müsste man schon ein schlechter Mensch sein, wenn man den Katalog guter Absichten und die soziale Weihnachtsmann-Politik in diesem Bericht nicht unterstützen würde.
Dennoch werde ich mich nicht hinter diesen Bericht stellen. Die Liste der Empfehlungen enthält eine Reihe von Dingen, die ich nicht befürworten kann, insbesondere was Fragen der Einwanderungspolitik, Integration und Vielfalt betrifft, ebenso wie das Fehlen einer grundlegenden Politik zum Schutz der Familie. Der Hauptgrund für meine Ablehnung dieses Berichts ist jedoch grundsätzlicherer Art. Sozialpolitik und alles, was unter dem Begriff „soziale Sicherheit“ zusammengefasst werden kann, sind hervorragende Beispiele für einen Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten, teilweise auch ihrer Bundesstaaten, und nicht der Europäischen Union.
Sofern nicht jemand in diesem Hause über einen Goldesel verfügt – falls es überhaupt einen solchen gibt –, müssen Sozialleistungen noch immer mit dem Geld der Steuerzahler finanziert werden. Das bedeutet, dass wir Prioritäten setzen müssen und – leider – nicht immer für alle und alles Weihnachtsmann spielen können.
Es müssen wichtige Beschlüsse gefasst werden, die von grundlegender Bedeutung für eine ganze Gesellschaft sind, und diese Beschlüsse müssen auf der niedrigsten möglichen Entscheidungsebene, das heißt möglichst nahe an den Bürgern, getroffen werden, und nicht in den Elfenbeintürmen in Brüssel, Luxemburg oder Straßburg.
Um nur eine Erfahrung aus meinem Heimatland zu nennen, treffen beispielsweise Flamen und Wallonen grundlegend unterschiedliche Entscheidungen in Fragen wie gesundheitliche Versorgung und Arbeitslosigkeit. Die flämische und wallonische Gesellschaft unterscheiden sich voneinander, sie stellen verschiedenartige politische und wirtschaftliche Welten dar, was zu einem unterschiedlichen Herangehen und anderen Prioritäten führt. Was heute für Belgien gilt, trifft natürlich noch in wesentlich höherem Maße auf die einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu, beispielsweise das Vereinigte Königreich und Rumänien.
Es wäre eine Sache, wenn dieser Bericht lediglich einen Katalog guter Absichten darstellen würde, aber die europäischen Institutionen versuchen seit Jahren, sich den Bereich der Sozialpolitik anzueignen, und das ist nicht gut.
Gabriele Stauner (PPE-DE). - Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Gegensatz zu einigen meiner unmittelbaren Vorredner finde ich, dass man der Kommission zu den dieser Diskussion zugrunde liegenden Mitteilungen nur gratulieren kann. Sie sind nicht nur eine Fundgrube bei der Suche nach sozialen Fakten und Daten in den Mitgliedstaaten, sondern meines Erachtens auch ein deutliches Zeichen dafür, dass die EU und die Kommission es ernst meinen mit einer eigenständigen Sozialpolitik.
Denn wenn man sich zu einem europäischen Sozialmodell bekennt, das wir nicht nur als Tradition und historische Errungenschaft preisen wollen, sondern für die Zukunft zu einem Markenzeichen des vereinten Europas machen wollen, dann ist eine Bestandsaufnahme zur sozialen Wirklichkeit Grundvoraussetzung. Nicht zuletzt infolge der Erweiterungsrunden von 2004 und 2007 müssen wir endgültig von der Betrachtungsweise Abstand nehmen, dass die europäische Sozialpolitik ein Anhängsel des Binnenmarktes ist.
Ganz so selbstverständlich ist dies aber nicht, denn in vielen Bereichen ist das wirtschaftspolitische Übergewicht bei Kommissionsvorschlägen leider unübersehbar. Ich erinnere in diesem Zusammenhang gerade an das Grünbuch für Arbeitsrecht und die Flexicurity-Debatte. Ersteres hat die Kommission seit gestern ad acta gelegt, was ich nur wärmstens begrüßen kann, und für die Flexicurity-Vorschläge, die sich gegen mühsam erkämpfte Rechte der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis richten, wäre das auch zu empfehlen.
Alle in diesem Bericht – vielen Dank an die Kollegin Lynne – angesprochenen Punkte sind hochaktuell. Ich denke nur an die Mindestlohndebatte in meinem Land und an die Lohnforderungen, unterstützt von den heutigen Streiks im französischen und deutschen Eisenbahnverkehr. Zur Lohnpolitik stellen wir zu Recht fest: Ein Vollzeitarbeitsplatz muss seinen Mann bzw. seine Frau ernähren. Alles andere entspricht nicht der christlichen Verantwortung der Unternehmer für ihre Beschäftigten. Arbeit muss sich lohnen, das muss der Grundsatz sein.
Was mir immer sehr leid tut, ist die Kinderarmut, die ich selbst in meinem Heimatland zu beklagen habe. Ich denke, hierauf müssen wir ein verstärktes Augenmerk legen, das darf es nicht geben. Eigentlich würde ich mir wünschen, dass es durch schnelle Bemühungen in den Mitgliedstaaten überflüssig wird, dass wir das Jahr 2010 zu einem Jahr der Armut und der sozialen Ausgrenzung in Europa erklären müssen.
VORSITZ: MIGUEL ANGEL MARTÍNEZ MARTÍNEZ Vizepräsident
Jan Andersson (PSE). – (SV) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte zu Beginn ebenfalls Frau Lynne für eine ausgezeichnete Arbeit und einen hervorragenden Bericht danken. Ich war selbst zur Konferenz auf den Azoren eingeladen, wo wir, die Kommission und das Parlament, gemeinsam einen Dialog mit der Zivilgesellschaft zu diesen Fragen geführt haben.
Lassen Sie mich auch der Kommission ein Lob dafür aussprechen, dass sie dieses Thema ernst nimmt, was in ihrer neuen Mitteilung über soziale Ausgrenzung sowie in der für das nächstes Jahr geplanten Empfehlung zum Ausdruck kommt, die diese Fragen aufgreifen. Es ist genauso wie Herr Špidla sagt: die Situation in Europa ist allgemein sehr gut, mit stärkerem Wachstum und mehr Beschäftigung. Aber wir sehen auch gleichzeitig, dass die Ungleichheiten und die Armut größer werden. Es gibt auch große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. In einer Reihe von Ländern herrschen extrem große Gegensätze, und ich spreche hier nicht von neuen und alten Mitgliedstaaten, denn es gibt neue Mitgliedstaaten mit geringen Gegensätzen und alte Mitgliedstaaten mit großen. Dieses Problem müssen wir angehen.
Meiner Ansicht nach ist die auf drei Säulen ruhende Strategie der Kommission sehr gut. Was die Beschäftigung betrifft, so reicht es nicht, nur Arbeitsplätze zu schaffen, denn es gibt auch schlechte Arbeitsverhältnisse, mit denen man sich nicht selbst versorgen und keinen Einfluss ausüben kann. Wir brauchen gute Arbeitsplätze mit vernünftigen Löhnen. Im Ausschuss haben wir uns mit der Frage des Mindesteinkommens beschäftigt und große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten festgestellt. Hier brauchen wir einen Erfahrungsaustausch, um die besten Methoden zu finden. Dann gibt es noch die öffentlichen Dienste, zu denen jeder Zugang haben muss: soziale Dienstleistungen, Wohnungen, Gesundheitswesen usw. Die Methode ist die der offenen Koordinierung, die wir stärken müssen.
Bevor ich meinen Redebeitrag beende, möchte ich noch erwähnen, dass wir heute über den Standpunkt des Parlaments unter anderem zu den kommenden Integrierten Leitlinien abstimmen werden. Auch in diese müssen wir die soziale Dimension integrieren, damit wir Wachstums- und Beschäftigungsfragen mit einer sozialen Dimension verbinden und diese Themen nicht isoliert voneinander sondern als Einheit sehen.
Siiri Oviir (ALDE). – (ET) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich danke Frau Lynne dafür, dass sie eine sehr wichtige Frage aufgeworfen hat, und begrüße das Ziel des Berichts, die Aufmerksamkeit verschiedener Interessengruppen auf eine Diskussion der sozialen Wirklichkeit Europas zu richten. Dies ist ein weit gefasstes Thema, weshalb ich nur einige wichtige Punkte ansprechen kann.
Auf dem Europäischen Rat von Nizza im Jahr 2000 haben die Mitgliedstaaten sich eine erhebliche und messbare Verringerung der Armut und der sozialen Ausgrenzung bis 2010 zum Ziel gesetzt. Leider haben Maßnahmen im Hinblick auf dieses Ziel keinen wesentlichen Erfolg gebracht.
Ein offenes, auf Freizügigkeit und freiem Handel beruhendes Europa hat zum wirtschaftlichen Fortschritt und damit zum Wohlstand und zur besseren Lebensqualität der Menschen beigetragen. In den letzten Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass viele Europäer darüber diskutieren, inwieweit das Nettoergebnis von Globalisierung, Liberalisierung und verstärktem Wettbewerb ihren Wohlstand verbessert.
Heute, im 21. Jahrhundert, sind Armut und soziale Ausgrenzung in Europa noch immer erschreckend hoch. Wie Herr Špidla sagte, leben etwa 20 %, mit anderen Worten jeder fünfte Bürger, an der Armutsgrenze. In allen Mitgliedstaaten gibt es soziale Dienste und Sozialleistungen, und dennoch lebt jeder sechste Bürger auch nach Inanspruchnahme dieser Leistungen in Armut.
Haben wir uns einmal gefragt, warum es das in einer Union gibt, die nicht gewaltsam zusammengeführt wurde? Warum wir 62 Jahre nach dem Ende des Krieges und 50 Jahre nach der Gründung der Union nicht in der Lage sind, den Menschen ihre Grundrechte zu garantieren? Meine Frage lautet: Ist eine erfolgreiche Wirtschaft ein Selbstzweck oder sollte sie nicht vielmehr ein Mittel zur Erhöhung des Wohlstands der Menschen sein?
Außerdem sind die Mitgliedstaaten bei der Gewährung von Sozialhilfe verpflichtet, mindestens Leistungen in Höhe des Existenzminimums zur Verfügung zu stellen, das heißt ausreichende Unterstützung zur Erfüllung dieses Ziels. Wir brauchen also keine formelle Umsetzung unzähliger Richtlinien, da das lediglich eine Selbsttäuschung ist. Das wirft die Frage auf, ob bei den Organen der Europäischen Union, einschließlich der „weichen“ Politikbereiche, eine rechtzeitige Umsetzung der angenommenen Dokumente garantiert ist.
Wir sollten uns in Europa nicht ausschließlich auf wirtschaftliche Ergebnisse und den Wettbewerb konzentrieren, sondern auch eine stärkere soziale Solidarität und nachhaltige soziale Maßnahmen anstreben. Bei der Annahme von Beschlüssen mit diesem Ziel müssen wir dann auch dafür sorgen, dass diese umgesetzt werden. Das erwarten unsere Bürger von uns.
Ewa Tomaszewska (UEN). – (PL) Herr Präsident! Parallel zur wirtschaftlichen Entwicklung, die wir uns alle so sehr wünschen, geht die Einkommensschere leider immer weiter auseinander, was den sozialen Zusammenhalt schwächt und ernste Probleme für schwächere Gruppen schafft, jene Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, gering bezahlt werden und Schwierigkeiten beim Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung haben.
Die Aufgaben, die der Europäische Rat von Nizza angenommen hat, wurden unzureichend erledigt. Es gibt immer noch Bevölkerungsgruppen, deren Einkommen unterhalb des Existenzminimums liegen. Fehlende wirtschaftliche Unabhängigkeit belastet auch die Würde der Menschen. Das allgemeine Diskriminierungsverbot, die Gewährleistung der Chancengleichheit, vor allem für Behinderte, sind offenbar notwendig, aber sie bedeuten Mehrausgaben für soziale Zwecke. Unsere Bevölkerung altert, was Ängste bezüglich der Finanzdecke der Rentenversicherungssysteme weckt.
Ich gratuliere Frau Lynne zu ihrem ausgezeichneten Bericht, in dem auf diese und andere wichtige soziale Probleme in unseren Ländern hingewiesen wird und der auch Verfahren für Lösungswege aufzeigt. Diesen Entwurf unterstütze ich voll und ganz.
Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass Widersprüche darin bestehen, wie die Europäische Union mit sozialen und wirtschaftlichen Problemen umgeht. Der Druck Sozialleistungen zu kürzen steht der Lösung vieler sozialer Probleme im Wege. Ein Beispiel dafür ist die Reform des Rentensystems in Polen.
Carlo Fatuzzo (PPE-DE). - (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich möchte Frau Lynne zu ihrem Bericht gratulieren, auch deshalb, weil ich weiß, dass sie bei der Bestandsaufnahme der sozialen Probleme in Europa so viele negative Dinge gefunden hat, dass Beamte des Parlaments gezwungen waren, sie praktisch von ihrem Schreibtisch wegzuziehen, damit sie heute Morgen bei uns sein kann, denn sie war immer noch nicht fertig.
Es stimmt, dass es viel Armut in Europa gibt. Als ich heute hier herein kam und meinen Kollegen Fernando Fernandez sah, habe ich mich an seine Worte in Puebla, Mexiko, vor einigen Jahren erinnert, wo wir beide an einer Konferenz zur Armut auf der Welt teilnahmen. Er sagte damals, dass an der Armut vor allem schlechte Staatsführung die Schuld trägt, die es auf der ganzen Welt gibt. Darum tragen in erster Linie die nationalen Regierungen, und nicht die Europäische Union, die Verantwortung für die Armut. Dies ist ein Appell an die nationalen Regierungen, ihre Verantwortung wahrzunehmen, denn sie erwarten und fordern so viel von Europa, tun aber selbst sehr wenig, vor allem dort, wo es am wichtigsten wäre.
Als ich das Parlament betrat, habe ich auch meinen Freund, Herrn von Wogau, getroffen, der mich fragte, ob es stimme, dass in Italien die staatliche Witwen- bzw. Invalidenrente 50 Euro pro Monat zum Leben beträgt. Herr Präsident, ich musste ihm leider sagen, dass das der Wahrheit entspricht. Darum befürworte ich in meiner Eigenschaft als einziger gewählter Vertreter der Rentner in diesem Parlament einen Mindestlohn für alle, die das Glück haben, einer Beschäftigung nachzugehen. Ich trete ferner für eine Mindestrente für alle Altersrentner in Europa ein sowie für das Recht auf ein Mindesteinkommen auch für alle, die arbeitslos, ohne Arbeit oder Rente sind.
Karin Jöns (PSE). - Herr Kommissar, liebe Liz! Herzlichen Dank für die Initiativen, sowohl der Kommission als auch Dir, Liz, für den ganz ausgezeichneten Bericht. Wer Armut bekämpfen will — der Kollege Fatuzzo hat es ja schon gesagt —, muss wirklich stärker den Fokus auch auf die ältere Bevölkerung richten. Wir müssen dem demographischen Wandel Rechnung tragen und trotz ständig steigender Kosten im Gesundheitswesen doch auch sicherstellen, dass es in Zukunft ebenso möglich ist, in Würde alt zu werden. Auch alte Menschen haben ein Recht auf eine umfassende und qualitätsgesicherte Gesundheitsversorgung und Pflege, unabhängig von Wohnort und Einkommen.
Wir brauchen dringend einen gezielten Erfahrungsaustausch unter den Mitgliedstaaten darüber, wie eine qualitativ hochwertige Pflege am besten organisiert und gesichert werden kann, und wie diese bezahlbar angeboten werden kann. Dabei haben wir besonders dem Problem von immer mehr Menschen mit Demenzerkrankungen Rechnung zu tragen. Hierfür aber brauchen wir solide Daten. Deshalb auch die Aufforderung an die Kommission, uns diese Daten möglichst rasch zu liefern.
In einem sozialen Europa müssen alle Patienten den gleichen Zugang zu evidenzbasierten Medikamenten und Medizinprodukten haben. Es kann nicht angehen, dass ein und dasselbe Antibiotikum z. B. in Belgien 3 Euro und in Deutschland 34 Euro kostet. Deshalb bin ich froh, dass wir Kommission und Mitgliedstaaten mit diesem Bericht auffordern, in einem intensiven Dialog mit uns, der Pharmaindustrie und Patientengruppen ausgewogene Leitlinien für mehr Transparenz zu entwickeln, wenn es um Wirksamkeit und Preise von Medikamenten geht. Auch das ist ein Beitrag zur Senkung der Kosten im Gesundheitswesen für uns alle.
Marie Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte Ihnen ebenfalls zu Ihren beiden Mitteilungen gratulieren und hoffe, Sie werden mit Ihren konstruktiven Vorschlägen fortfahren.
An allen Maßnahmen der offenen Koordinierungsmethode in Bezug auf die nationalen Aktionspläne haben sich sowohl meine Kollegin, Frau Lynne, mit ihrer sensiblen Herangehensweise an soziale Themen, als auch wir alle mit unseren Änderungsanträgen beteiligt. Der Bericht über eine Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit wird der Sozialpolitik der Mitgliedstaaten eine Richtung vorgeben. Er sollte auch berücksichtigen, dass es in Europa gegenwärtig ernsthafte demografische Probleme gibt, die sich unmittelbar auf den sozialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Generationen auswirken.
Die Familie erhält in den Mitgliedstaaten noch immer nicht die genügende Beachtung und Unterstützung, die ihr als Grundbaustein der Gesellschaft zusteht. Sowohl in Einelternfamilien als auch in Großfamilien nimmt die Armut zu, aber nicht nur aufgrund des geringen Einkommens, sondern auch aufgrund mangelnder sozialer Unterstützung sowie Ungleichbehandlung, insbesondere bei der Besteuerung.
Die Lebensbedingungen der Familie haben direkte Auswirkungen auf die Kinder, vor allem bei den gefährdeten Gruppen. Die Ungleichheit beim Zugang zu Mitteln und Möglichkeiten nimmt zu und begrenzt sowohl die persönliche Entwicklung des Einzelnen als auch die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung und den Zusammenhalt in Europa. Wäre die EU nicht in der Lage, für jedes dort geborene Kind ein Einkommen in Höhe des Pro-Kopf-Einkommens jedes Mitgliedsstaates zu garantieren, das die Lebenshaltungskosten und die Erziehung dieses Kind sicherstellt?
Die Politik der Stärkung des sozialen Zusammenhalts muss auf der Teilhabe am Beschäftigungsmarkt basieren. Sie muss ferner zur sozialen Integration derjenigen beitragen, die beschäftigungslos sind oder informelle Dienstleistungen innerhalb der Familie erbringen. Daher werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, zu prüfen, in welcher Weise auf inoffiziellem Weg – beispielsweise im Rahmen der Betreuung von Kindern und abhängigen Personen – erworbene Qualifikationen als praktische Ausbildung und Erfahrung anerkannt werden können, um die Integration dieser Personen in den Arbeitsmarkt zu erleichtern und ihnen Rechte aus der Renten- und Sozialversicherung zu garantieren.
Die Solidarität zwischen den Generationen muss aufrechterhalten werden, indem das Wissen und die Erfahrung älterer Menschen genutzt und an die jüngere Generation weitergegeben und von dieser angewendet werden. Daher sind die Mitgliedstaaten aufgerufen, Systeme für den Austausch von Dienstleistungen zwischen den Generationen zu fördern und in Freiwilligenprogramme in den Bereichen Bildung, Kultur oder Wirtschaft zu investieren.
Das kann durch die Schaffung einer geeigneten Infrastruktur und die Bereitstellung von Informationen über zunehmende Möglichkeiten für ältere Menschen zur Teilnahme an solchen Aktivitäten erfolgen, damit sie nicht an den Rand gedrängt oder Opfer von sozialer Ausgrenzung werden.
Alejandro Cercas (PSE). – (ES) Herr Präsident, Frau Lynne, Herr Kommissar! Vielen Dank dafür, dass Sie uns diese Mitteilung und dieses Dokument vorgelegt haben, die uns zweifellos helfen, eine bessere Einsicht in die Veränderungen und Trends sowie in die Agenda, die wir für die Zukunft benötigen, zu gewinnen.
Wir dürfen aber keinem Irrtum erliegen. Wir haben viele Dokumente, wir haben viele Analysen, wir haben viele Debatten und wir haben viele Worte; wie bei einer Krankheit brauchen wir aber nicht nur eine Diagnose, sondern auch eine Therapie.
Wie Sie, Herr Kommissar, gesagt haben, brauchen wir in der Tat eine europäische Therapie für die Union, für ihre Institutionen und Mechanismen, um eine Antwort auf die Probleme von heute und morgen geben zu können, und wir müssen dabei berücksichtigen, dass eine solche Therapie – sollten wir sie nicht auf europäischer Ebene durchführen – allein auf der Ebene der Mitgliedstaaten unmöglich sein wird.
Einige Mitgliedstaaten, wie der meine, verzeichnen einen schnellen Fortschritt und sehen sich zunehmend durch politische Bestrebungen bedroht, die eine Verlangsamung wollen oder in anderen Mitgliedstaaten mit dem Angebot und dem sozialen Wandel, der in unseren Ländern stattfindet, unlauteren Wettbewerb treiben wollen. Beachten Sie bitte, Herr Kommissar, dass sich bereits das Gefühl breit macht, dass die europäische Sozialpolitik, die in den 1960er und 1970er Jahren – wir mir ein spanischer Gewerkschafter heute in einem Brief mitteilte – die Harmonisierung des Fortschritts zum Ziel hatte und die sich in den 1980er und 1990er Jahren darauf beschränkte, Mindestanforderungen durchzusetzen, jetzt immer mehr in Richtung einer Sozialpolitik abgleitet, in der es zwischen den Mitgliedstaaten einen Wettbewerb nach unten gibt, um den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden.
Herr Kommissar, zu den Risiken, die uns die Zukunft bringt, gehören nicht nur die Überalterung und die Globalisierung, sondern auch der ansteckende Mangel an Solidarität und ein aggressiver, fremdenfeindlicher und antieuropäischer Nationalismus, der Europas heutige und künftige soziale Errungenschaften bedroht.
Agnes Schierhuber (PPE-DE). - Herr Präsident, Herr Kommissar, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich dem Dank an unsere Berichterstatterin, Frau Lynne, sehr herzlich anschließen. Sozialschutz und soziale Eingliederung hilft bei der Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung, auch in der Gesundheitsvorsorge und vielem anderen mehr, und gehört zu den wichtigsten Herausforderungen für die Zukunft.
Der Begriff Mindesteinkommen wird in meinem Mitgliedstaat oft unterschiedlich diskutiert. Ich unterstütze aber voll den Ansatz von Frau Stauner im Hinblick auf Arbeitsplatz, Vollarbeitszeit und Einkommen. Durch die starke Verankerung der Sozialpartnerschaft in Österreich haben wir eine große Chance, und dadurch wird immer auch versucht, im Einvernehmen mit allen Beteiligten eine Lösung zu finden. Dadurch kommt es auch seltener zu Streiks als in anderen EU-Staaten, wo Streiks häufig zur Tagesordnung gehören.
Gerade deshalb ist eine Regelung auf EU-Ebene sehr genau zu betrachten. Durch die unterschiedlichen nationalen Sozialsysteme müssen wir bei einer Vereinheitlichung sehr überlegt vorgehen.
Es muss uns ein Anliegen sein, allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sozialen Schutz zu bieten und ihnen auch die soziale Eingliederung zu ermöglichen. Dabei muss es auch möglich sein, dass im Rahmen der Subsidiarität die Mitgliedstaaten natürlich auch höhere Standards haben sollten, müssten, können.
Proinsias De Rossa (PSE). – (EN) Herr Präsident! Die soziale Wirklichkeit in Europa ist, dass die Armut immer mehr um sich greift. Zweiundsiebzig Millionen Männer, Frauen und Kinder leben unterhalb der Armutsgrenze, viele sind obdachlos und viele sind behindert oder können ihre Wohnung nicht verlassen, weil es an Hilfsdiensten fehlt. Unzählige Menschen sind aufgrund unflexibler Sozialhilfevorschriften in der Armutsfalle gefangen.
Ich fürchte, dass Mitteilungen und Leitlinien diese Probleme nicht beseitigen werden. Die Schwierigkeiten, die Kommissar Špidla genannt hat, sind keineswegs zu unterschätzen, aber ich glaube, dass wir rechtliche Verpflichtungen einführen müssen, damit die Mitgliedstaaten die notwendigen Änderungen vornehmen.
Erwerbstätige müssen mit ansehen, wie ihre Renten gekürzt werden und ihre Arbeitsplatzsicherheit untergraben wird, und viele fürchten den sozialen Abstieg. Das Problem ist, dass die Ungleichheit fester Bestandteil der Wirtschaftsmodelle vieler Mitgliedstaaten ist. In zahlreichen Ländern, auch in Irland, herrscht die Einstellung „Erst müssen wir Wohlstand schaffen und danach kümmern wir uns um die sozialen Probleme“. Damit wird die Tatsache ignoriert, dass soziale Ungleichheit den wirtschaftlichen Fortschritt behindert und dass wir langfristig keinen dauerhaften Wohlstand für alle schaffen können, wenn wir die Sozialpolitik als Anhängsel betrachten und das Potenzial von 72 Millionen Menschen brachliegen lassen. Ganz zu schweigen von dem menschlichen Leid, das sich hinter dieser Statistik verbirgt.
Tomáš Zatloukal (PPE-DE). – (CS) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die europäischen Gesellschaften erleben einen dramatischen Wandel der Arbeitswelt und des Familienlebens, des sozialen Status der Frauen und der sozialen Mobilität. Die sozialen Werte verändern sich, die Gesellschaften werden immer multikultureller. Die derzeitigen Entwicklungen haben den Horizont der Menschen erweitert und geben ihnen mehr Wahlmöglichkeiten bei Entscheidungen über ihr Leben.
Auch wenn die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu den reichsten Ländern der Welt gehören, tauchen immer wieder neue Formen der Armut und Ungleichheit auf. Viele Millionen Bürger der Europäischen Union leben weiterhin in Armut. Soziale Eingliederung und sozialer Schutz sind Grundwerte der Europäischen Union und Grundrechte für alle Menschen. Doch die Mitgliedstaaten müssen ihre Bemühungen um die Bekämpfung der Kinderarmut verstärken. Wenn es keine wesentlichen Verbesserungen bei der Eingliederung von Kindern aus benachteiligten sozialen Gruppen auch auf Vorschulniveau gibt, wird die Anzahl der Schulabbrecher nicht abnehmen. Und wir werden auch die Anzahl der Personen nicht erhöhen können, die weiterführende Schulen abschließen und damit Schlüsselkompetenzen erwerben. Immer mehr Bürger müssen mit sozialer Ausgrenzung, Arbeitslosigkeit und anderen sozial nicht wünschenswerten Phänomenen zurechtkommen, die sowohl ihnen selbst als auch der Wirtschaft und der Gesellschaft Schaden bringen.
Aus dieser Sicht hat auch die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit entscheidende Bedeutung. Es ist wichtig, die Hindernisse in einigen Berufsausbildungsprogrammen abzubauen, um sie flexibler und effizienter zu gestalten und den Arbeitsmarktbedarf widerzuspiegeln. Dadurch werden die Möglichkeiten für benachteiligte Personen, sich durchsetzen zu können, verbessert. Die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung müssen politische Prioritäten für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten sein.
Richard Howitt (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich begrüße diese Debatte und den Bericht über die soziale Wirklichkeit. Die Bestandsaufnahme, der Austausch bewährter Verfahren und die offene Methode der Koordinierung verdienen natürlich unsere Anerkennung, aber wir müssen uns klarmachen, dass diese Instrumente noch nichts daran geändert haben, dass Frauen in Deutschland 24 % weniger verdienen als Männer, dass in Polen fast ein Drittel aller Kinder in Armut lebt und dass die Ungleichheit bei der Vermögensverteilung in meinem Heimatland, dem Vereinigten Königreich, so groß wie nie in den letzten vierzig Jahren ist.
Ich glaube, dass die Förderung der sozialen Entwicklung in Europa und nationale Programme, wie beispielsweise der „New Deal“ im Vereinigten Königreich, wichtige aktive Arbeitsmarktmaßnahmen zur Beseitigung der bestehenden Hindernisse sind, die bestimmten Gruppen unserer Gesellschaft den Weg von der Arbeitslosigkeit in die Erwerbstätigkeit versperren, und dass Arbeit nach wie vor eines unserer wirksamsten Instrumente zur Armutsbekämpfung ist.
Ich danke Herrn Špidla dafür, dass in das Arbeitsprogramm der Kommission eine verbindliche Zusage für eine neue Rechtsvorschrift zur Bekämpfung der in Artikel 13 genannten Diskriminierungen aufgenommen wurde, über die ich bereits ausführliche Gespräche mit ihm geführt habe. Dieses Parlament und ich freuen uns darauf, gemeinsam mit ihm die Einzelheiten zu erarbeiten. Dies wird unter anderem auf der vom Ratsvorsitz nächste Woche organisierten Tagung geschehen.
Doch wir alle – er, ebenso wie wir – dürfen es nicht ernst nehmen, wenn behauptet wird, dass die Bestandsaufnahme die neue soziale Agenda in Europa verzögert oder dass die Deregulierung in bestimmten Bereichen nur zu noch größerer Ungleichheit und Ungerechtigkeit führt, diese Probleme aber nicht beseitigt.
Gewerkschafter, soziale NRO und natürlich auch Menschen mit Behinderungen, für deren Belange ich mich seit über zwanzig Jahren einsetze, sehen das, was wir für ein soziales Europa tun, mit Skepsis. Wir müssen ihre Sorgen ernst nehmen und nach geeigneten Lösungen suchen.
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Herr Präsident, diese Aussprache war äußerst umfangreich und ausführlich. Es wäre sehr schwierig, ausführlich auf die einzelnen Beiträge zu antworten, gestatten Sie mir daher, eine kurze Zusammenfassung als Antwort zu geben.
Zunächst einmal scheint mir die Aussprache deutlich gezeigt zu haben, dass das Parlament den Gedanken einer Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit begrüßt. Und obwohl ich Herrn Cercas zustimme, dass Diagnose und Therapie nicht das Gleiche sind, bin ich doch der Ansicht, dass eine Therapie ohne Diagnose nicht möglich ist. Unsere Gesellschaft verändert sich ständig, und wir müssen neue Methoden finden, sie anzupassen oder die alten Methoden zu reformieren. Um dabei effizient zu sein, müssen wir das Gesamtbild verstehen.
Meines Erachtens hat die Aussprache einen anderen gemeinsamen Nenner: Auch wenn die soziale Wirklichkeit in gewisser Weise ihre eigene Dynamik besitzt, haben wir auch unsere eigenen Werte, nämlich eine allgemeine europäische Vorstellung von einem europäischen Sozialmodell, das soziale Eingliederung und sozialen Schutz sowie soziales Handeln im Allgemeinen umfasst. Daher ist es im Modell für unser Denken und Handel nicht hinnehmbar, sich passiv zu verhalten. Es gibt immer die Möglichkeit, eine aktive Politik und aktive Interventionen auszuprobieren.
Einen dritten Gedanken möchte ich hervorheben. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Mehrzahl der europäischen Entscheidungen ebenso wie die meisten Politikbereiche das Subsidiaritätsprinzip wahren, dem zufolge die politischen Maßnahmen zur Lösung eines bestehenden Problems auf der besten und effizientesten Ebene ergriffen werden sollten. Dies bedeutet, dass es beim Standpunkt der Mitgliedstaaten zur Sozialpolitik keinen Zweifel gibt. Die Aussprache zeigt überdies auch deutlich, dass das Ziel nicht allein auf Ebene der Mitgliedstaaten ohne Bemühungen auf europäischer Ebene erreicht werden kann. Daher ist es unsere Pflicht, in diesem Bereich die vorteilhafteste und effektivste Synergie zu finden.
Die Aussprache brachte ein Anliegen zutage, dem ich mich in gewisser Weise anschließe: der Sorge in Bezug auf die Gefahr, dass ungleiche und unvereinbare sozialpolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu einem Wettbewerb führen könnten, der möglicherweise zu einer Verringerung der Sozialstandards führt. Die Europäische Kommission möchte diese Tür nicht öffnen. Unsere grundsätzliche Auffassung besteht darin, die einzelnen europäischen sozialpolitischen Maßnahmen in einer Weise miteinander zu vereinbaren, die den Wettbewerb und die Entwicklung von unten nach oben gewährleistet, damit Fortschritte immer auch eine soziale Dimension berücksichtigen.
Meine Damen und Herren, die Aussprache hat auch deutlich gezeigt, dass die Sozial- und die Wirtschaftspolitik nicht als „Entweder/Oder“ betrachtet werden können. Die einzige Möglichkeit besteht im „Nicht nur, sondern auch“, was ausgewogene gemeinsame Entwicklung beider Politikbereiche bedeutet, ohne dass dabei einem Bereich der Vorrang gegenüber dem anderen eingeräumt wird. Die Tendenz besteht üblicherweise darin, der Wirtschaftspolitik Vorrang zu geben. Die Aussprache hat mir jedoch deutlich gezeigt, dass dies nicht der Ansatz ist, dem das Europäische Parlament den Vorzug gibt.
Meine Damen und Herren, Sie haben eine Vielzahl von Einzelproblemen genannt, vor allem die Frage der Gesundheitsdienste einschließlich des Zugangs zu Arzneimitteln und seiner allgemeinen Organisation. Sie sind auf die Auswirkung einer Überalterung der Bevölkerung und die Wichtigkeit der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse eingegangen. Ich freue mich, dass all diese Ansichten in den strategischen Dokumenten der Europäischen Kommission vertreten sind. Wir beabsichtigen, sie in eine allgemeine Gesamtstrategie zu übernehmen.
Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend Frau Lynne meinen Dank aussprechen, deren Bericht, der heute hier erörtert wird, zweifellos ein wichtiger Teil der allgemeinen Bemühungen ist, Fortschritte unionsweit sicherzustellen.
Der Präsident. − Vielen Dank, Herr Kommissar. Als Präsident möchte auch ich Frau Lynne zu einem Bericht gratulieren, der eine enorme Wirkung auf die Zivilgesellschaft gehabt hat.
Ich bin privilegierter Zeuge gewesen, wie Pilgerzüge junger Leute gegen Armut und für Integration eingetreten sind, durch Europa gereist sind, das Dokument von Frau Lynne bei sich hatten und von Stadt zu Stadt zogen, von einer europäischen Hauptstadt zur nächsten, in Anerkennung für das Europäische Parlament, dank der Arbeit unserer Kollegin.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet um 12.00 Uhr statt.
(Die Sitzung wird um 11.35 Uhr unterbrochen und um 12.00 Uhr wieder aufgenommen.)
VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING Präsident
José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident! Ich möchte Sie – in Übereinstimmung mit Frau Mann, die heute nicht anwesend sein kann, und anderen Kollegen – darum bitten, die Solidarität der von unserem Parlament vertretenen EU-Bürger den Opfern des Tropensturms zu übermitteln, der sich zum Orkan „Noel“ entwickelt und verheerende Auswirkungen in Haiti, der Dominikanischen Republik, Jamaika, Kuba, Barbados und anderen Regionen in der Karibik gehabt hat und eine Spur von Zerstörung, Krankheit und Tod hinterlassen hat.
Und ebenso, Herr Präsident, bitte ich Sie, unsere Solidarität mit den Opfern der Überschwemmungen in den mexikanischen Bundesstaaten Oaxaca, Chiapas und vor allem Tabasco zu bezeugen. Ich möchte Sie bitten, Herr Präsident, ihnen nicht nur unsere Solidarität zu übermitteln, sondern die Europäische Kommission auch zu drängen, die ihr zur Verfügung stehenden Mittel zu mobilisieren, um die Lage zu mildern und die Schäden zu beseitigen, die immer die am stärksten benachteiligten Regionen treffen.
Der Präsident. − Vielen Dank, Herr Kollege Salafranca. Was das Parlament angeht, werden wir so verfahren und im Übrigen der Kommission Ihre Überlegungen mitteilen.
4. Übermittlung von Gemeinsamen Standpunkten des Rates: siehe Protokoll
5. Abstimmungsstunde
Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die Abstimmungsstunde.
(Abstimmungsergebnisse und sonstige Einzelheiten der Abstimmung: siehe Protokoll)
5.1. Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene und ihre Finanzierung (Abstimmung)
Jo Leinen (PSE), Berichterstatter. – Herr Präsident! Der Rat hat am letzten Freitag die wesentlichen Inhalte dieser Verordnung für die Finanzierung europäischer Parteien und europäischer Stiftungen akzeptiert. Heute Morgen hat dazu ein Trilog mit Kommission und Rat stattgefunden, und wir haben eine Einigung über die noch offenen Fragen erreicht. Es gibt deshalb wirklich die Chance, dieses Projekt in erster Lesung zu verabschieden und die Voraussetzungen für eine bessere Finanzierung bereits für 2008 zu schaffen.
Ich schlage deshalb vor, dass wir die Abstimmung auf das nächste Plenum, am 29. November, in Brüssel verschieben.
(Das Parlament erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden.)
5.2. Vierteljährliche Statistik der offenen Stellen in der Gemeinschaft (Abstimmung)
5.3. Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands in der Tschechischen Republik, in Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und der Slowakischen Republik (Abstimmung)
Margarita Starkevičiūtė, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Ich schlage vor, die Überschrift des ersten Teils folgendermaßen zu ändern: „Externe Dimension der Lissabon-Strategie“. Das heißt, dass „Externe Politikbereiche“ durch „Externe Dimension der Lissabon-Strategie“ ersetzt wird.
(Der mündliche Änderungsantrag wird übernommen.)
– Vor der Abstimmung über Ziffer 5:
Hartmut Nassauer (PPE-DE). - Herr Präsident! Nachdem zu Ziffer 5 ein angekündigter mündlicher Änderungsantrag zurückgezogen worden ist, möchte die EVP-Fraktion, anders als in ihren Listen ausgezeichnet, mit Nein stimmen.
− Vor der Abstimmung über Ziffer 14:
Udo Bullmann (PSE). - Herr Präsident! Es gibt Kolleginnen und Kollegen, die mit dem mittleren Teil – er beginnt mit: points out that one usw. bis domestic demand ein Problem haben. In Übereinstimmung mit dem Kollegen Caspary von der PPE-Fraktion schlage ich deswegen vor, hier die Worte in some Member States einzufügen und zwar nach European economy, und ich hoffe, dass die Probleme mit dem mittleren Teil damit zu beseitigen sind. So, glaube ich, könnte auch der ALDE-Fraktion geholfen werden.
(Der mündliche Änderungsantrag wird übernommen.)
– Vor der Abstimmung über Ziffer 30:
Daniel Caspary (PPE-DE). - Herr Präsident! Es gibt keinen Widerspruch, den Text zu verschieben, aber ich bitte trotzdem darum, dass wir über den Text abstimmen lassen. Wenn der Text die Zustimmung des Hauses findet, gehört er an die andere Stelle, aber es könnte ja sein, dass er keine Zustimmung findet, deswegen bitte ich darum, über den Originaltext abstimmen zu lassen.
Der Präsident. - Es wurde kein Antrag auf getrennte Abstimmung gestellt.
– Nach der Schlussabstimmung:
Jan Andersson (PSE). – (SV) Herr Präsident! Das Parlament hat jetzt für eine Aktualisierung und Änderung der Integrierten Leitlinien gestimmt. Das betrifft beispielsweise die soziale Dimension, die die Kommission bisher nicht berücksichtigen wollte.
Ich möchte gern Herrn Špidlas Bemerkungen zu der Entscheidung des Parlaments hören und die Frage stellen, ob er in der Kommission die Frage der aktualisierten und geänderten Integrierten Leitlinien vorantreiben wird.
Vladimír Špidla, Mitglied der Kommission. – (CS) Der Beschluss des Parlaments hat ein gewisses Gewicht, und die Kommission muss ihn berücksichtigen, wenn sie weitere Dokumente vorbereitet. Daher hat die Abstimmung des Parlaments natürlich entsprechende Bedeutung, und die Frage der integrierten Leitlinien war in der Aussprache mit dem Parlament entscheidend.
Der Präsident. − Wir interpretieren „gewisses Gewicht“ als „großes Gewicht“ und empfehlen der Kommission, sich unserer Meinung anzuschließen.
5.6. Anwendung der Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Abstimmung)
Joseph Daul, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf Artikel 19 und 166 der Geschäftsordnung verweisen. Bevor unser Parlament über den gemeinsamen Entschließungsantrag einiger Fraktionen über die Freizügigkeit entscheidet, möchte ich im Namen meiner Faktion den in Ziffer 13 enthaltenen persönlichen Angriff gegen den Vizepräsidenten der Kommission, Franco Frattini, auf das Heftigste verurteilen.
Ich möchte eine politisch unwürdige Machenschaft der italienischen Sozialisten anprangern, die von einigen Kollegen aufgegriffen wurde, und die äußerst unpassend ist. Noch schlimmer ist, dass diese unaufrichtige, durch unsere Institution unbedingt zurückzuweisende, Entstellung der Äußerungen von Herrn Frattini uns daran hindern wird, in Ruhe eine Entscheidung zu fällen.
Sollte unsere Fraktion aufgrund dieser Machenschaft gegen den Entschließungsantrag stimmen, dann würde das keinesfalls unsere Unterstützung für alle Rumänen und alle anderen EU-Bürger schmälern, die die Gesetze einhalten und ihr Aufnahmeland achten.
Europa beruht auf dem Rechtsstaatsprinzip. Das bekräftigen wir erneut in dem von meiner Fraktion auf gemeinsame Initiative unserer italienischen und rumänischen Kolleginnen und Kollegen unterzeichneten Entschließungsantrag. Die Frage der Freizügigkeit ist nicht nur eine nationale, sondern eine europäische Angelegenheit. Hier geht es nicht um politische Vergeltungsakte, sondern um Werte, meine Damen und Herren.
(Beifall)
Martin Schulz, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Wir hatten eine ausführliche Debatte hier in diesem Hause, an der Kommissar Frattini teilgenommen hat. Herr Frattini hat bei den Ausführungen, die er selbst gemacht hat, und bei der Erwiderung auf die Redebeiträge der verschiedenen Kolleginnen und Kollegen in sehr moderater Form reagiert. Die Entschließung kritisiert lediglich einen Punkt, nämlich den, dass Kommissar Frattini nachweislich in einem konkreten Punkt des europäischen Rechts der Öffentlichkeit eine nicht richtige Auskunft gegeben hat.
Dass unsere Entschließung das korrigiert und ferner klarstellt, dass der für den Rechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger Europas zuständige Kommissar in einer essentiellen bürgerrechtlichen Frage eine falsche Äußerung in der Öffentlichkeit macht, ist die Pflicht dieses Parlaments und hat nichts mit irgendwelchen Verschwörungstheorien zu tun. Wir wissen allerdings sehr wohl, Herr Kollege Daul, dass Sie ein bedauernswerter Kollege sind, denn Sie haben diese Erklärung ja unter dem Druck der Forza Italia abgegeben, das ist alles was dazu zu sagen ist.
(Beifall von links)
Der Präsident. − Wir wollen hier jetzt keine Debatte führen!
Monica Frassoni, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, wir sollten den Redebeitrag des Fraktionsvorsitzenden, Herrn Daul, getrennt behandeln. Dieses Parlament wird seine Meinung durch eine Mehrheit zum Ausdruck bringen und hat das Recht, die Kommissionsmitglieder zu kritisieren oder zu zensieren. Das ist das souveräne Recht dieses Parlaments.
Wir haben getan, was wir tun mussten, da Herr Frattini, das Gemeinschaftsrecht falsch ausgelegt hat. Und obwohl ich mir nur schwer durch all diese Zwischenrufe Gehör verschaffen kann, möchte ich wiederholen, dass wir hier als Abgeordnete des Europäischen Parlaments gegenüber einem Mitglied der Europäischen Kommission agieren und das auch weiterhin tun werden!
(Beifall von links)
Der Präsident. − Ich bitte darum, dass wir die Sache nicht mit so großer Emotion behandeln.
Graham Watson, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich melde mich mit einer kurzen Bemerkung zur Geschäftsordnung zu Wort. Unabhängig von jeder parteipolitischen Debatte ist es äußerst unklug, wenn sich Kommissionsmitglieder in ihren Herkunftsländern oder in anderen Ländern für parteipolitische Angelegenheiten einsetzen. Ich halte es daher für angemessen, dass das Haus die Kommission an ihre entsprechenden Pflichten erinnert.
(Beifall von links)
Der Präsident. − Ich habe jetzt noch drei Wortmeldungen, und dann schließen wir diese kurze Debatte.
Francis Wurtz, im Namen der Fraktion GUE/NGL. – (FR) Herr Präsident! Ich denke nicht, dass dem, was Monica Frassoni, Graham Watson und Martin Schulz gesagt haben, noch viel hinzuzufügen ist. Ich möchte ganz einfach nur Folgendes sagen: Es wäre klug, dass ein Kommissar, gleich welcher es ist, wenn er feststellt, dass seine Worte von vier Fraktionen aufgegriffen werden, die nicht der gleichen Hälfte des Plenarsaals angehören, darüber nachdenkt, ob es richtig ist, auf diese Weise fortzufahren, wenn er das Vertrauen des Parlaments behalten möchte.
(Beifall)
Antonio Tajani (PPE-DE). - (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach Artikel 151 und 19 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments möchte ich Sie bitten, die Zulässigkeit von Ziffer 13 zu prüfen, die einen unmotivierten und unbegründeten persönlichen Angriff auf den Vizepräsidenten der Kommission enthält. Das ist ein Text, der im Falle seiner Annahme nach den vorausgegangenen Aussagen des Sprechers des Kommissionspräsidenten, der Herrn Frattini unterstützt, aus innenpolitischen Gründen einen unziemlichen Konflikt zwischen dem Parlament und der Kommission heraufbeschwören würde. Ich fordere Sie daher auf, über den Text des Entschließungsantrags ohne Ziffer 13 abstimmen zu lassen, und bitte gleichzeitig die Verfasser um seine Rücknahme mittels eines mündlichen Änderungsantrags.
– Vor der Abstimmung über Ziffer 1:
Roberta Angelilli (UEN). - (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte folgenden mündlichen Änderungsantrag einreichen: „bekundet seine Trauer angesichts der Ermordung von Giovanna Reggiani am 31. Oktober 2007 in Rom und drückt ihrer Familie sein aufrichtiges Beileid aus.“
(Der mündliche Änderungsantrag wird übernommen.)
– Vor der Abstimmung über Ziffer 13:
Roberta Angelilli, im Namen der UEN-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte folgenden Änderungsantrag einreichen: „Betrachtet Bildung und den Kampf gegen Schulabbrüche innerhalb der Gemeinschaft der Roma als grundlegende Instrumente für die Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung, Ausbeutung und Kriminalität“.
(Der mündliche Änderungsantrag wird nicht übernommen.)
– Vor der Abstimmung über Erwägung F:
Roberta Angelilli (UEN). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Erwägung der Bedeutung der Vorschriften der Artikel 5, 6, 7 und 8 der Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.
(Der mündliche Änderungsantrag wird nicht übernommen.)
5.7. Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes (Abstimmung)
Robert Evans, im Namen der PSE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Als Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zu den Ländern Südasiens habe ich die Verhandlungen über diesen Kompromisstext geleitet. Ich räume ein, dass dies ein schwieriges Thema ist, und dass es ist wichtig, dass wir uns alle über die Lage in Pakistan im Klaren sind. Ich denke, das gesamte Haus ist sich einig und möchte General Musharraf eine unmissverständliche Botschaft übermitteln.
Als Kompromiss und in der Hoffnung, die Unterstützung des gesamten Hauses zu erhalten, möchte ich folgenden mündlichen Änderungsantrag vorschlagen. In Erwägung A beziehen wir uns darauf, dass Präsident Musharraf „die Verfassung und die Rechtsordnung ausgesetzt und durch das Kriegsrecht ersetzt“ hat. Meines Erachtens sollte der Wortlaut besagen, dass er die Verfassung und die Rechtsordnung „durch den Ausnahmezustand, de facto das Kriegsrecht“ ersetzt hat. Dann sollte im Einklang mit den Vorschlägen anderer Kollegen an drei weiteren Stellen, unter Ziffer 1, 10 und 11, das Wort „Kriegsrecht“ durch „Ausnahmezustand“ ersetzt werden. Ich hoffe, dass dieser Vorschlag die Zustimmung des gesamten Hauses erhalten wird.
(Der mündliche Änderungsantrag wird übernommen.)
5.9. Strategie des Rates für die Konferenz von Bali zum Klimawandel (COP 13 und COP/MOP 3) (Abstimmung)
Satu Hassi (Verts/ALE). – (FI) Herr Präsident! Ich möchte nur sagen, dass ein wichtiger Punkt in der finnischen Fassung dieser Entschließung falsch übersetzt worden ist. Unter Ziffer 1, in der es um das Verhandlungsmandat für Bali geht, gibt es ein Missverständnis im Finnischen, das den Schluss zulässt, dass es in dieser Entschließung um das EU-interne Verhandlungsmandat vor der Bali-Konferenz gehe. In Wirklichkeit bedeutet das Bali-Mandat, dass bei der Bali-Konferenz selbst diejenigen Länder, die das Klimaabkommen ratifiziert haben, versuchen werden, ein Verhandlungsmandat für die Aushandlung des nächsten Klimaabkommens zu bekommen. Mit anderen Worten, der finnische Text zu Ziffer 1, in dem es heißt „eine Einigung über das notwendige Verhandlungsmandat für die Konferenz“ sollte lauten: „über das Verhandlungsmandat für ein Abkommen bei dieser Konferenz“.
– Nach der Abstimmung:
Gay Mitchell (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich gebe zu Protokoll, dass ich gegen Änderungsantrag 7 gestimmt habe. Ich fürchte, dass das falsche Licht aufgeleuchtet hat, als ich den Knopf drückte. Ich wollte mit Nein stimmen. Das ändert nichts am Abstimmungsergebnis, aber dies ist ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt. Daher möchte ich Sie bitten, zu Protokoll zu nehmen, dass ich den Antrag abgelehnt habe.
Der Präsident. − Das wird so berücksichtigt.
5.10. Stärkung der europäischen Nachbarschaftspolitik (Abstimmung)
Bericht: Raimon Obiols i Germà, Charles Tannock (A6-0414/2007)
- Vor der Abstimmung über Ziffer 14/2:
Hélène Flautre (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident! Entschuldigen Sie bitte, aber ich möchte klarstellen, dass die Streichung des Begriffs „Rückübernahmeabkommen“ nur den ersten Abschnitt von Ziffer 14 betrifft, um jede Zweideutigkeit bei der Interpretation der Abstimmung zu vermeiden.
− Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 3:
Charles Tannock (PPE-DE), Berichterstatter. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte für Ziffer 19a folgende Ergänzung vorschlagen: „betont auch die Notwendigkeit, mit den EWR-Staaten (Island, Norwegen, Liechtenstein) und der Schweiz zusammenzuarbeiten und ihre Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union umfassend zu nutzen“.
(Der mündliche Änderungsantrag wird übernommen.)
– Vor der Abstimmung über Ziffer 42:
Charles Tannock (PPE-DE), Berichterstatter. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte lediglich darauf hinweisen, dass durch den mündlichen Änderungsantrag die Ziffer gestrichen wird und daher als Erstes, noch vor Änderungsantrag 13, darüber abgestimmt werden sollte. Das bedeutet, dass die Reihenfolge in der Abstimmungsliste geändert werden muss.
(Der mündliche Änderungsantrag wird übernommen.)
5.11. Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit der Ukraine (Abstimmung)
Zbigniew Zaleski (PPE-DE), Berichterstatter. – Herr Präsident! Bevor es zur Abstimmung kommt, möchte ich mich gemeinsam mit den Kollegen vom Ausschuss für internationalen Handel für die erfolgreiche Arbeit bedanken, die uns jetzt durch den Wegfall von Änderungsanträgen Zeit sparen lässt.
Dieser Bericht soll ein deutliches Signal an die neue Regierung und an das Parlament in der Ukraine sein, dass von unserer Seite alles Notwendige getan wurde, damit die Verhandlungen für die Freihandelszone geführt werden können. Wir sind vertrauensvolle Partner in diesem Dialog. Wenn ein Repräsentant aus der Ukraine anwesend ist, so kann er oder sie bitte dem nationalen Parlament die Nachricht überbringen, dass das Europäische Parlament empfiehlt, über den Antrag zur Aufnahme der Ukraine in die WTO ohne Verzögerung abzustimmen und ihn anzunehmen, sobald in Genf darüber entschieden ist.
Zum gegenseitigen Nutzen sowohl für die EU als auch für die Ukraine bitte ich Sie nun alle, diesen Bericht zu unterstützen. Vielen Dank.
(Beifall)
Der Präsident. − Herr Kollege Zaleski! Wenn es mir zustehen würde, Sie zu beglückwünschen, wie gut Sie sich in meiner eigenen Sprache ausdrücken können, dann würde ich das tun.
5.12. Vorgehensweise der EU in Situationen der Fragilität (Abstimmung)
Bogusław Liberadzki (PSE), schriftlich. – (PL) In Herrn Leinens Bericht wird besonders hervorgehoben, dass die Eröffnung der Möglichkeit, neben den europäischen politischen Parteien auch mit ihnen verbundene politische Stiftungen auf europäischer Ebene aus dem Unionshaushalt zu fördern, die bedeutendste Neuerung des Kommissionsvorschlags ist.
Ich stimme dem zu, dass die vorgeschlagene Verordnung die finanzielle Stabilität der europäischen politischen Parteien und die Finanzierung ihrer Wahlkampagnen zur Wahl des Europäischen Parlaments 2009 verbessert.
Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Noch vor einem Jahr sah es ganz danach aus, als müsste der Termin für die Erweiterung des Schengen-Raums auf 2009 verschoben werden. Ich freue mich, dass wir alle unsere Anstrengungen verstärkt und eine konstruktive Lösung gefunden haben, um den freien Personenverkehr ohne Passkontrollen zu verwirklichen.
Daher begrüße ich den Bericht von Herrn Carlos Coelho über die Aufnahme von neun neuen Mitgliedstaaten in den Schengen-Raum. Ich glaube, dass der freie Personenverkehr ohne Passkontrollen eine echte Erfolgsgeschichte der europäischen Integration ist und habe deshalb mit Freude für diesen Bericht gestimmt. Der Beitritt der neuen Mitgliedstaaten, zu denen auch die Slowakei gehört, zum Schengen-Raum ist ein klares Signal für die Völker Europas, dass der von den totalitären kommunistischen Regimes errichtete Eiserne Vorhang zwischen West- und Osteuropa ab dem 21. Dezember 2007 endgültig Geschichte sein wird.
Für mich ist die Abstimmung über diesen Bericht ein historisches Ereignis, weil es in derselben Woche stattfindet, in der die Slowakische Republik und die Tschechische Republik den 18. Jahrestag – am 17. November – des Zusammenbruchs des totalitären Regimes begehen werden, das den Bürgern einst die Reisefreiheit innerhalb Europas verwehrte. Ich glaube, dass sich alle europäischen Bürger über dieses Weihnachtsgeschenk freuen werden.
Frank Vanhecke (NI). – (NL) Herr Präsident! Ich habe gegen den Bericht Coelho gestimmt, in erster Linie, um die Aufmerksamkeit auf die zahlreichen Probleme zu lenken, die mit der Politik der offenen Grenzen des Schengen-Abkommens verbunden sind. Letztendlich steht und fällt der Schengen-Raum mit einer strengen, wasserdichten Kontrolle seiner Außengrenzen einerseits – die, um es ganz deutlich zu sagen, nicht stattfindet – und einer rigorosen, koordinierten Herangehensweise an die Kriminalität in allen Mitgliedsstaaten andererseits – was viel zu selten der Fall ist. Außerdem muss in allen Schengen-Ländern eine strenge Einwanderungspolitik verfolgt werden, mit der beispielsweise die in einigen Mitgliedstaaten in den letzten Jahren erfolgten Massenlegalisierungen nicht vereinbar sind.
Unter diesen Umständen kann ich als Bürger und als Politiker nicht darüber jubeln, dass ich an internationalen Grenzen keine Passkontrolle mehr durchlaufen muss, denn Kriminelle und illegale Einwanderer brauchen das ebenfalls nicht, was unserer Gesellschaft zum Nachteil gereicht.
Oldřich Vlasák (PPE-DE). – (CS) Herr Präsident, ich möchte über den Bericht meines Kollegen Carlos Coelho zum Beschluss des Rates über die vollständige Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands in den neun Mitgliedstaaten sprechen, die der EU 2004 beigetreten sind. Ich persönlich glaube, dass dieser Beschluss entscheidende Bedeutung hat. Der Beitritt unserer Länder, einschließlich meines Heimatlands, der Tschechischen Republik, sollte unter keinen Umständen aufgeschoben werden. In allen derzeit vorliegenden Analysen wird objektiv festgestellt, dass alle diese Länder auf die Erweiterung des Schengen-Raums angemessen vorbereitet sind. Dank unglaublicher Anstrengungen der betreffenden Mitgliedstaaten, der vielen an den Prüfungen beteiligten Sachverständigen, der Polizei, der Justizbehörden, Beamten und sonstigen Beteiligten sind diese Mitgliedstaaten heute ausreichend darauf vorbereitet, alle Bestimmungen des Schengen-Besitzstands zufrieden stellend umzusetzen. Ich nehme daher an, dass der Rat „Justiz und Inneres“ auf seiner Tagung am 6.-7. Dezember dieses Jahres ebenfalls seine Unterstützung für diesen Beschluss zum Ausdruck bringen wird. Die symbolische Bedeutung des Wegfalls der Binnengrenzen, den unsere Bürger mit dem Beitritt zum Schengen-Raum verbinden, wird in die Geschichte eingehen und kann nur mit dem Fall des Eisernen Vorhangs vor fast zwanzig Jahren verglichen werden.
Zuzana Roithová (PPE-DE). – (CS) Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass wir uns – trotz des technischen Problems – gemeinsam für die Annahme des Berichts entschieden haben, in dem bekräftigt wird, dass die neuen Mitgliedstaaten, einschließlich der Tschechischen Republik, dafür bereit sind, dem Schengen-Raum bereits 2008 beizutreten. Ich erkenne die Bemühungen und die Offenheit der Mitgliedstaaten und der Kommission während der intensiven fachlichen Konsultationen an, die vor der Erweiterung erforderlich waren. Der erweiterte Schengen-Raum wird zweifellos eine größere Herausforderung für Europas innere Sicherheit darstellen, doch er ist andererseits, und das möchte ich hervorheben, der Höhepunkt der Bemühungen, einen freien Verkehr in einem wirklich integrierten Raum zu erreichen. Nächstes Jahr wird die Europäische Union geeint sein wie niemals zuvor. Der Eiserne Vorhang ist endgültig verschwunden, und dafür danke ich Ihnen.
Sylwester Chruszcz (NI). – (PL) Herr Präsident! Polens Beitritt zum Schengen-Raum hat nicht nur potenzielle Vorzüge durch den bequemeren Grenzübertritt, er birgt auch Gefahren.
Eine negative Auswirkung, die Polen schon seit vielen Jahren zu spüren bekommt, besteht in den Schwierigkeiten, die Bürger aus östlichen Nachbarländern, aber auch in Belarus und in der Ukraine lebende Polen, bei der Einreise in unser Land haben. Fehlende Grenzkontrollen können zu vielen negativen Auswirkungen im Zusammenhang mit Kriminalität und illegaler Einwanderung führen. Beunruhigend sind auch Maßnahmen zur Beseitigung nationaler Grenzkontrollen in Mitgliedstaaten zugunsten eines gesamteuropäischen EU-Grenzschutzes. Deshalb habe ich mich bei der Abstimmung zu dieser Frage der Stimme enthalten.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Wir vertreten die Meinung, die wir seit langem geltend machen, dass Justiz und Inneres in die zentralen Zuständigkeitsbereiche der Staaten, speziell des portugiesischen Staates fallen. Aus diesem Grund lehnen wir ihre schrittweise Übertragung auf supranationale Einrichtungen der EU im Rahmen eines Prozesses ab, der jeden neuen „Fortschritt“ auf der Grundlage des vorhergehenden „Fortschritts“ rechtfertigt.
Das trifft auch auf die Schaffung des Schengen-Raums mit seinem Schengen-Besitzstand zu, der bei der Vergemeinschaftung der Politiken und der Maßnahmen im Zusammenhang mit der Grenzkontrolle – Visa, Asyl oder Einwanderung – oder den polizeilichen und gerichtlichen Mechanismen als Katalysator wirkt.
Wenn diese Vergemeinschaftung in einem Rahmen stattfindet, in dem die großen Mächte der EU gemeinsam sicherstellen, dass ihnen der Entscheidungsprozess die Möglichkeit eröffnet, ihre Interessen zur verteidigen und zu sichern, ist Portugal dafür nicht zu gewinnen.
Wie wir erklärt haben, ist die grundlegende internationale und europäische Zusammenarbeit zwischen gleichberechtigten souveränen Staaten in diesen Fragen die eine Seite der Medaille, die unzumutbare Übertragung grundlegender Elemente für die Sicherung der nationalen Souveränität und der Demokratie auf supernationale Einrichtungen, die von den großen Mächten in der EU mit dem Ziel dominiert werden, eine „Festung Europa“ zu schaffen, ist allerdings etwas ganz anderes.
Dementsprechend ist unser Votum ausgefallen.
Luca Romagnoli (NI), schriftlich. − (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stimme gegen diesen Bericht, da ich, wie ich bereits verschiedentlich ausführlich erklärt habe, unter anderem kürzlich in meinen Redebeiträgen im Parlament, ein entschiedener Gegner des Übereinkommens von Schengen bin. Insbesondere wende ich mich dagegen, wenn dieses Übereinkommen zu einem Instrument für illegale Einwanderer und gefährliche Bewegungen in der EU wird.
Die Grenzen der Länder, die den Schengen-Besitzstand übernehmen wollen, sind ein leichtes Ziel für Kriminelle. Sie würden eine weitere Zutrittsmöglichkeit für die unkontrollierte Einwanderung aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion und des Nahen Ostens bieten, ganz zu schweigen von dem sozialen Durcheinander, das die Freizügigkeit der Bürger innerhalb der EU zweifellos in Italien und anderen Ländern verursacht.
Lars Wohlin (PPE-DE), schriftlich. −(SV) Die Schengen-Zusammenarbeit muss allen Mitgliedstaaten offen stehen, die dem Schengen-Raum beitreten und an der Zusammenarbeit teilnehmen wollen. Andererseits ist es von enormer Bedeutung, dass alle beteiligten Länder bereits von Beginn an alle Bedingungen erfüllen, da wird mit der Schengen-Zusammenarbeit eine gemeinsame Außengrenze erhalten. Wenn es Unzulänglichkeiten in einem Land gibt, hat Schweden keine Möglichkeit den Grenzschutz zu kontrollieren. Durchgeführte Untersuchungen zeigen, dass es Probleme gibt, die gelöst werden müssen, so dass es sinnvoll wäre, den Beitritt zum Schengen-Raum zu verschieben, bis alle Bedingungen erfüllt sind.
Jan Andersson, Göran Färm und Inger Segelström (PSE), schriftlich. −(SV) Mit dieser Erklärung zur Abstimmung möchten wir, die unterzeichnenden schwedischen sozialdemokratischen Abgeordneten im Europäischen Parlament, veranschaulichen, wie wir in Bezug auf den Bericht Braghetto (A6-0408/2007) abgestimmt haben.
Unserer Ansicht nach ist es äußerst wichtig, einen Wiederauffüllungsplan für Roten Thun aufzustellen, denn dieser ist aufgrund der massiven Überfischung seit langem vom Aussterben bedroht. Langfristig besteht die Gefahr, dass das gesamte Ökosystem in den betreffenden Fischereigewässern geschädigt wird. Allerdings halten wir die Entschließung der Kommission nicht für ausreichend und haben aus diesem Grunde dagegen gestimmt.
Wir haben für die Änderungsanträge 4 und 6 des Ausschusses gestimmt, durch die zwei unserer Ansicht nach zweifelhafte Ausnahmen für den Fang von Rotem Thun gestrichen wurden.
Außerdem haben wir Änderungsantrag 13 unterstützt, mit dessen Hilfe wir einen Wiederauffüllungsplan hätten annehmen können, der seinem Namen Ehre gemacht hätte. Der Änderungsantrag ging wesentlich weiter als der ursprüngliche Vorschlag, was wir voll und ganz befürworten. Die Situation für den Bestand an Rotem Thun ist immer noch ernst, und die Europäische Union muss eine größere Verantwortung für die Erholung dieses Bestandes übernehmen.
Gérard Deprez (ALDE), schriftlich. – (FR) Ich möchte meine Abstimmung über den Bericht über den Wiederauffüllungsplan für Roten Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer erläutern.
Angesichts des wirklich kritischen Zustands der Bestände an rotem Thun reagiert die Europäische Union mit Hilfe dieser Verordnung: schrittweise Verringerung der Fangquoten, Begrenzung der Fangzeiträume oder auch verstärkte Kontrollen gegen illegale Fangtätigkeiten. Ich unterstütze diese Vorschläge.
Trotzdem bleibe ich in gewissem Sinne pessimistisch.
Als Erstes, weil die Wissenschaftler schon ankündigen, dass die Festlegungen dieser Verordnung nicht ausreichen, um die Bestände wieder aufzufüllen. Ihrer Meinung nach müssten Quoten festgelegt werden, die weit über die jährlichen Fangquoten der Internationalen Kommission für die Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik (ICCAT) hinausgehen. Ich tendiere dazu, ihnen zu glauben, und deshalb unterstütze ich den von der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz unterbreiteten Änderungsantrag 13.
Angesichts der Anwesenheit von Nicht-EU-Flotten im Mittelmeer, z. B. aus Libyen, der Türkei, aus Tunesien, aus Japan und China, also aus Ländern, die nicht Mitglieder der ICCAT sind, ist es klar, dass diese von uns zu prüfende Verordnung nur Wirkung zeigen wird, wenn diese Länder deren Festlegungen zustimmen, und das ist keinesfalls sicher.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Die Aufstellung eines mehrjährigen Wiederauffüllungsplans für Roten Thun auf EU-Ebene ist die praktische Umsetzung einer der von der Internationalen Kommission für die Erhaltung der Thunfischbestände (ICCAT) ergriffenen Maßnahmen.
Der Plan sieht unter anderem die allmähliche Verringerung der Fangquote, Schonzeiten, die Anhebung der Mindestgrößen und ein System für Beobachter an Bord von Fischereifahrzeugen und in Fischzuchtbetrieben vor.
Die gebilligte Empfehlung ermöglicht des Weiteren, dass den Fischern für die Schonzeit ein finanzieller Ausgleich mit dem Ziel gezahlt wird, die Flotte und die Beschäftigung auf diesem Sektor zu erhalten.
Unseres Erachtens kommt es außerdem darauf an, die Kontrolle durch die regelmäßige Aktualisierung der Fangmengen für die verschiedenen Fischereifahrzeuge zu verbessern, um damit zu verhindern, dass einzelne Länder die vorgeschriebenen Quoten zum Nachteil der anderen überschreiten, was gegenwärtig der Fall ist. Es sei daran erinnert, dass die Fangsaison für den Roten Thun von September bis Dezember auf Grund der Annahme, einige Länder hätten die Quoten bereits überschritten, geschlossen wurde. Später stellte sich das als zutreffend heraus.
Schließlich bedauern wir, dass unser Vorschlag abgelehnt wurde, in dem wir bekräftigten, dass die kleine und traditionelle Küstenfischerei, die nicht nur tausende Arbeitsplätze bereitstellt, eine nachhaltige Nutzung der Fischbestände ermöglicht.
David Martin (PSE), schriftlich. – (EN) Ich habe für diesen Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Aufstellung eines mehrjährigen Wiederauffüllungsplans für Roten Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer gestimmt. Der Vorschlag sieht vor, dass den Fischern Ausgleichsleistungen für Verluste aufgrund der Schonzeiten und verringerten Fangquoten, die der Erholung der Bestände dienen sollen, gewährt werden. In dem Vorschlag wird empfohlen, auf Ausnahmeregelungen für Schonzeiten oder Mindestgrößen zu verzichten. Strenge Maßnahmen sind notwendig, um zu verhindern, dass diese Fischbestände so nachhaltig zerstört werden, dass eine Erholung nicht mehr möglich ist.
- Entschließungsantrag: Das europäische Interesse (B6-0435/2007)
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Wir haben gegen diese Entschließung gestimmt, die die Hauptaspekte der neoliberalen Politiken auf Gemeinschaftsebene aufgreift und deren Umsetzung auf internationaler Ebene unterstützt.
Es handelt sich um eine Entschließung, in der die Flexicurity als Konzept anerkennt wird, das von allen Mitgliedstaaten zu entwickeln und in die Nationalen Reformprogramme (NRP) aufzunehmen ist, und die darauf abzielt, die der Lissabon-Strategie und ihren Leitlinien für die Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik inhärenten tatsächlichen Folgen und Ziele, insbesondere die damit verbundenen Liberalisierungen und Privatisierungen, zu verschleiern.
Wir können keine Entschließung annehmen, in der die Absicht bekundet wird, eine externe Dimension der Lissabon-Strategie zu entwickeln, nämlich die Unterstützung der Liberalisierung des globalen Marktes, indem sie ihren neoliberalen Charakter und die Einmischung in die wirtschaftpolitischen Leitlinien von Drittländern in den Mittelpunkt rückt.
Aus der Mitteilung der Kommission über ihren Beitrag für die Oktober-Tagung der Staats- und Regierungschefs geht hervor, dass die Neubelebung der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung von Erfolg gekrönt war; man hätte jedoch hinzufügen müssen „für die großen nationalen und internationalen Wirtschafts- und Finanzkonzerne“, die das unermessliche Ansteigen ihrer Profite beobachten konnten, während sich die Beschäftigten mit dem Abbau ihrer Rechte konfrontiert sahen.
Timothy Kirkhope (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Meine Kollegen von den britischen Konservativen und ich befürworten es ausdrücklich, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union politische Maßnahmen durchführen, mit denen die Wettbewerbsposition Europas in der globalisierten Weltwirtschaft gestärkt wird. Unserer Auffassung nach sollte Europa die Lissabon-Agenda energisch vorantreiben und sich für das Erreichen einer Einigung bei den WTO-Verhandlungen, für eine weitere Deregulierung, damit Industrie und Unternehmen frei auf den Weltmärkten konkurrieren können, für die Fortführung der Liberalisierung im Binnenmarkt, für die wirksame Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie und für eine solide Wettbewerbspolitik einsetzen. All dies muss durch ein entschlossenes Bekenntnis zum freien Handel und zu offenen Märkten untermauert werden. Einige dieser Elemente sind im vorliegenden Entschließungsantrag enthalten, und das begrüßen wir.
Insgesamt gesehen sind wir jedoch der Meinung, dass dieser gemeinsame Entschließungsantrag eine riesige Chance ungenutzt lässt. Es hätten die oben genannten Grundsätze einer EU-Strategie für die Globalisierung festgelegt werden müssen, aber das ist nicht geschehen. Bestimmte Vorgaben in diesem Entschließungsantrag würden Europa in eine Richtung lenken, die die Fähigkeit der EU zur erfolgreichen Teilnahme am Wettbewerb in der globalisierten Wirtschaft schwächen würde.
Marie-Noëlle Lienemann (PSE), schriftlich. – (FR) Diese Entschließung hätte eigentlich Anlass sein müssen, um einige Dringlichkeiten zu bekräftigen und um klar zum Ausdruck zu bringen, was das Europäische Parlament konkret von den Institutionen der Europäischen Union im Hinblick auf eine Wiederbelebung des Wachstums, gemeinsame soziale Fortschritte in unseren 27 Mitgliedstaaten sowie die Entwicklung der Entwicklungsländer erwartet.
Nichts von alledem und ständig die alte Leier, wie gut die Globalisierung doch sei! Nichts über ein demokratisches Gegengewicht der Europäischen Zentralbank zur Erzwingung eines für Industrie und Arbeitsmarkt günstigen geldpolitischen Kurses. Nichts über eine Strategie, um der Durchlässigkeit der EU in Bezug auf Hedgefonds und Staatsfonds entgegenzuwirken. Nichts über Gemeinschaftspräferenz und die strikte Auferlegung von Sozialnormen (IAO) bzw. Umweltnormen. Nichts über eine für die Entwicklungszusammenarbeit unbedingt erforderliche Entwicklungshilfe!
Warum wundern wir uns dann über das geringe Wachstum Europas, über soziale Probleme und über das Misstrauen unserer Menschen?
David Martin (PSE), schriftlich. – (EN) Ich habe für diesen gemeinsamen Entschließungsantrag zu dem von der Kommission erarbeiteten Dokument „Das europäische Interesse: Erfolg im Zeitalter der Globalisierung“ gestimmt. In diesem Entschließungsantrag werden verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Union die Chancen der Globalisierung nutzen kann: Förderung gleicher Ausgangsbedingungen in Wettbewerbs- und Handelsfragen; Verbesserung der Politikgestaltung der EU hin zu einer kohärenteren Politik und wirksame Stärkung der sozialen Dimension der EU.
Peter Skinner (PSE), schriftlich. – (EN) Ich begrüße diesen Entschließungsantrag, der die Aufmerksamkeit auf eine Reihe von Themen lenkt – von den sozialen Rechten bis hin zu Finanzvorschriften – und aufzeigt, wie die Bürger sie vor dem Hintergrund expandierender Märkte nutzen und verstehen können. Liberale Marktbedingungen und Aspekte, die die Bedürfnisse der Entwicklungsländer betreffen, müssen denselben Stellenwert erhalten, und es ist dringend notwendig, dass wir uns auch zukünftig immer wieder mit diesem Thema befassen.
Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. – (NL) Europa wird es nicht gelingen, die zunehmende Armut und die globale Erwärmung – die größten Herausforderungen der Globalisierung – zu bekämpfen, wenn es ständig die Liberalisierung in den Mittelpunkt seines Handelns rückt. Der freie Handel ist die Ursache dieser Probleme. Globalisierung erzeugt die Illusion, dass sich der allgemeine Wohlstand in der Welt schrittweise erhöht. Zugleich stelle ich jedoch in den Mitgliedstaaten eine stetig wachsende Kluft zwischen Arm und Reich fest. Die Liberalisierung ist auch der Grund für die große Umweltkatastrophe, die vor uns liegt, wenn wir nicht schnellstens entschiedene, durchsetzbare Maßnahmen zur Bekämpfung der globalen Erwärmung ergreifen.
Das Fehlen einer konsequenten Politik auf diesem Gebiet ist eine kriminelle Verantwortungslosigkeit. Gleichwohl sind Investitionen in eine energieeffiziente Wirtschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen in diesem Bereich vielversprechende Maßnahmen. Allzu oft wird auch das Verursacherprinzip außer Acht gelassen. Als Mitglied der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz bedaure ich das Fehlen dieses Aspekts.
Wenn Europa einen Binnenmarkt mit freiem Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr will, muss es auch hohe soziale und ökologische Normen festlegen, die Schutz bieten und ein Beispiel für die übrige Welt darstellen
Der vorliegende Text ist vage und oberflächlich und verkörpert wieder einmal die Politik der Kommission.
- Entschließungsantrag: Anwendung der Richtlinie 2004/38/EG (B6-0462/2007)
Mario Borghezio (UEN). - (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem das Parlament mit überwältigender Mehrheit für den mündlichen Änderungsantrag von Frau Angelilli gestimmt hat, in dem die Familie eines Opfers eines solchen unmotivierten und schweren Verbrechens in unserem Land des Beileids und der Unterstützung des Europäischen Parlaments versichert wird, wäre es eine wirkliche Heuchelei, wenn das Parlament jetzt keine eindeutige Position zur Verhinderung solcher Vorgänge beziehen würde, solcher Massaker an ehrlichen Bürgern, die durch einen Mangel an Kontrolle ermöglicht werden.
Niemand will Fremdenfeindlichkeit in Italien, insbesondere nicht gegen ein Volk wie die Rumänen, die, wie ein Leitartikel der Zeitung „L'Avvenire“ uns vor Augen geführt hat, solche Künstler wie Mircea Eliade, Ionesco und Cioran hervorgebracht hat. Das ist eine große Kultur, die auch eng mit unserer eigenen verbunden ist. Der Zustrom von Kriminellen und insbesondere das Erscheinen von Roma-Gruppen ist etwas völlig anderes. Für diese sind Grenzkontrollen und Abwehrmittel erforderlich, einschließlich der Einführung eines Systems zur Fingerabdruckerkennung, damit wir wissen, wer in unser Land kommt und mit welchen Absichten und, was noch wichtiger ist, damit wir, wenn möglich, das genaue Einreisedatum erkennen können.
Wir wollen zwar in Europa keine drakonischen Maßnahmen einführen, aber wenn wir sagen, dass nach drei Monaten Kontrollen erfolgen müssen, müssen wir das genaue Einreisedatum kennen. Wie Herr Amato in der italienischen Abgeordnetenkammer zugegeben hat, ist das jedoch gegenwärtig nicht der Fall.
Robert Evans (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich habe für diesen Entschließungsantrag gestimmt, weil ich den freien Personenverkehr als wichtigen Grundsatz der Europäischen Union betrachte, der von allen Mitgliedstaaten respektiert und verteidigt werden muss.
Darüber hinaus halte ich es für durchaus angebracht, dass wir an dieser Stelle nochmals darauf verweisen, dass die Bekämpfung aller Formen von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierungen von Anfang an ein zentrales Anliegen der EU war. Ebenso sollten wir alle in diesem Haus anerkennen, dass die europäischen Roma zu den wohl am stärksten von Diskriminierungen betroffenen Volksgruppen gehören und dass diese Diskriminierungen in einigen Ländern ein völlig inakzeptables Ausmaß erreicht haben. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Eingliederung, die soziale Integration und der Schutz der Roma-Minderheit Ziele sind, die diese Europäische Union noch nicht erreicht hat. Jeder von uns sollte sich für dieses Ziel so wie für die Verwirklichung der Freizügigkeit einsetzen.
Carlo Fatuzzo (PPE-DE). - (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe gegen den Entschließungsantrag über die Freizügigkeit in der Europäischen Union gestimmt, der von den Mitte-Links-Fraktionen eingereicht wurde, und werde die Gründe dafür in Kürze erklären. Zuvor möchte ich sagen, dass ich voll und ganz hinter dem Vorschlag von Mario Mantovani stehe, Staatsangehörigen von Drittstaaten die Einreise in die EU, und damit nach Italien, drei Jahre lang zu verbieten. Was Unionsbürger betrifft, befürworte ich das Recht auf Freizügigkeit für Arbeiter, Bürger und Touristen – vorausgesetzt, dies ist keine Lizenz zum Töten.
Es ist unfassbar, dass eine 45 Jahre alte Frau auf ihrem Nachhauseweg von der Arbeit sterben musste und ein kurz vor der Rente stehender Arzt bei einem Einbruchsversuch in sein Haus in Mailand getötet wurde. Diese beiden Vorkommnisse sind in den letzten Tagen in Italien geschehen. Das ist keine Freizügigkeit!
Marian-Jean Marinescu (PPE-DE). – (RO) Ich habe für den von den Fraktionen PSE, ALDE, Verts und GUE/NGL eingereichten Entschließungsantrag zum Recht auf Freizügigkeit gestimmt, obwohl er nur zum Teil den Zweck erfüllt, zu dem diese Entschließung meiner Meinung nach entworfen werden sollte.
Ich bin der Ansicht, dass der Entschließungsantrag die europäischen Bürger, die in anderen als ihren Herkunftsländern leben, einschließlich der in Italien lebenden gesetzestreuen rumänischen Bürger, noch deutlicher hätte unterstützen können.
In dem Text, über den abgestimmt wurde, werden die fremdenfeindlichen Haltungen gegenüber rumänischen Bürgern nicht verurteilt. Zudem wird nicht auf die verstärkte Spannung zwischen der rumänischen Gemeinschaft in Italien und dem italienschen Volk, die nicht zuletzt durch die unangemessene Durchsetzung des vom italienschen Kabinett verabschiedeten Dekrets und Äußerungen einiger italienischer Politiker erzeugt wird, Bezug genommen.
Wie in dem gemeinsamen Entschließungsantrag der PPE-DE- und der UEN-Fraktion erwähnt wurde, bin auch ich der Meinung, dass diese Situation hätte verhindert werden können, wenn die italienischen Behörden die geltenden gesetzlichen Vorschriften wirksam angewendet hätten.
Ich ersuche die Europäische Kommission und die italienischen Behörden, die Festlegungen des gemeinsamen Entschließungsantrags der PPE-DE- und der UEN-Fraktion, die auch in dem heute angenommenen Text nicht erwähnt werden, zu berücksichtigen.
Frank Vanhecke (NI). – (NL) Herr Präsident! Es wird alles immer lächerlicher. Jetzt hält es eine Mehrheit dieses Hauses sogar für notwendig, das Volk und die Regierung Italiens der Fremdenfeindlichkeit zu beschuldigen. Darüber hinaus wird in dem Entschließungsantrag festgestellt, dass die Haltung der italienischen Regierung zum Problem der Kriminalität unter den in hoher Anzahl im Lande lebenden rumänischen Roma hätte zu einer Verstärkung der Spannungen beigetragen hätte. Darum habe sich Italien dies alles selbst zuzuschreiben und hätte an den Programmen des Europäischen Sozialfonds zur Integration der Roma teilnehmen sollen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang deutlich machen, dass das italienische Volk und die italienische Regierung das Recht haben, sich zu verteidigen, und dass die dortigen Vorkommnisse in erster Linie zeigen, dass die Richtlinie untauglich ist und die Ausweisung von Kriminellen erleichtert und nicht erschwert werden muss. Ich spreche hier wohl gemerkt von Kriminellen, nicht von ehrlichen Menschen, die für ihren Lebensunterhalt arbeiten.
David Martin (PSE), schriftlich. – (EN) Ich habe für diesen gemeinsamen Entschließungsantrag gestimmt, in dem anerkannt wird, dass die Freizügigkeit eine allen Bürgern der EU zuerkannte Grundfreiheit darstellt. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, für das Wohlergehen der auf ihrem Hoheitsgebiet lebenden Bürger anderer Mitgliedstaaten zu sorgen und sicherzustellen, dass die Rechte aller Unionsbürger, unabhängig von ihrem Wohnort, anerkannt und eingehalten werden.
Luca Romagnoli (NI) , schriftlich. − (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wende mich mit Entschlossenheit gegen diese Entschließungsanträge und möchte meine entschiedene Ablehnung zum Ausdruck bringen. Dies ist alles auf verspätete und unschlüssige Maßnahmen der italienischen Regierung zurückzuführen, die erkannt hat, dass Italien sich in einer Krise befindet, leider erst aufgrund der fürchterlichen, durch Unionsbürger verursachten Ereignisse.
In der Richtlinie 2004/38/EG ist eindeutig folgendes festgelegt: „Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats […] wenn er [...] für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen.“
Daher erscheinen diese Entschließungsanträge sinnlos und vorgeschoben. In den Verträgen ist die Freizügigkeit der Bürger innerhalb der EU festgeschrieben, und niemand will eine Diskriminierung aufgrund des Herkunftslandes befürworten. Wenn aber Unionsbürger ernste und abscheuliche Gewaltverbrechen in anderen Mitgliedstaaten verüben oder wenn sie nicht in der Lage sind, einen Grund für ihren Aufenthalt zu benennen, wie in der Richtlinie gefordert, dann liegt es im Interesse der gesamten Union, sie in ihr eigenes Land zurückzuschicken.
Silvia-Adriana Ţicău (PSE), schriftlich. − (RO) Ich habe für den von der PSE zusammen mit anderen politischen Fraktionen initiierten Entschließungsantrag zum Recht auf Freizügigkeit gestimmt, weil ich es in Bezug auf die in Italien entstandenen Situation für außerordentlich wichtig halte, keinen gefährlichen Präzedenzfall zu schaffen, der die Achtung der Grundprinzipien der Europäischen Union in Frage stellt.
Meiner Meinung nach sollte dieser Zustand sofort behoben werden, um zu vermeiden, dass EU-Bürger wegen ihrer Nationalität diskriminiert werden.
Die im Entschließungsantrag vorgeschlagenen Maßnahmen werden alle europäischen Bürger vor Missbrauch schützen. Die EU braucht all ihre Bürger, und rumänische Bürger sollten die Solidarität der europäischen Völker spüren, weil Tausende von im Ausland arbeitenden Rumänen für ihren Fleiß, ihre Ehrlichkeit und Korrektheit geschätzt werden.
In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die dem Reformvertrag als Anhang beigefügt werden soll, werden die Grundrechte der europäischen Bürger genannt: Würde des Menschen, Freiheiten, Gleichheit, Solidarität, Bürgerrechte, justizielle Rechte. Die EU garantiert Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte sowie den Schutz von Minderheiten. In diesem Kontext werden die im Entschließungsantrag vorgeschlagenen Maßnahmen zur besseren Integration der Gemeinschaft der Roma beitragen.
- Entschließungsantrag: Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes (B6-0448/2007)
Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Ich wiederhole das, was im Entschließungsantrag bereits zum Ausdruck gebracht wurde und beglückwünsche die portugiesische Regierung ebenfalls dazu, dass sie einen Vorschlag unterbreitet hat, der eine technische Übergangslösung –SISone4all – liefert, die einen Anschluss der neuen Mitgliedstaaten an das Schengener Informationssystem (SIS) 2007 bis zur Einführung des neuen SIS II durch die Kommission ermöglicht.
Auch die neuen Mitgliedstaaten, die dem Schengen-Raum beitreten, sollten zu den umfangreichen Anstrengungen beglückwünscht werden, die sie unternommen haben, um alle Schengen-Anforderungen innerhalb einer so kurzen Frist zu erfüllen. Die am 21. Dezember 2007 wirksam werdende Erweiterung des Schengen-Raums um neun neue Staaten ist auch das wohlverdiente Ergebnis der Bemühungen des Europäischen Parlaments, das sich für ein Festhalten am ursprünglichen Termin eingesetzt hat. Deshalb habe ich für diesen Entschließungsantrag gestimmt.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Wir haben gegen diese Entschließung gestimmt, da wir die Vergemeinschaftung des Bereichs Justiz und Inneres, einem Herzstück der staatlichen Souveränität, grundsätzlich ablehnen. Der „Reformvertrag“ ist ein Versuch, die Vergemeinschaftung von Justiz und Innerem in eine Gemeinschaftspolitik zu verkehren.
Vergemeinschaftung bedeutet Verlust der nationalen Souveränität, der umso schwerer wiegt, wenn er in einem von Gemeinschaftspolitiken geprägten Kontext und von Maßnahmen vorangetrieben wird, die den Rechten, Freiheiten und Sicherheiten der Bürger, die für den Fortschritt der Zivilgesellschaft und die grundlegenden Errungenschaften der Demokratie stehen, auf gefährliche Weise schaden.
Denken Sie an die restriktive Asylpolitik und die zunehmenden Schwierigkeiten, mit denen sich die Asylbewerber bei der Wahrung ihrer Rechte und Sicherheiten konfrontiert sehen. Sehen Sie sich nur die Einwanderungspolitik an mit ihrer sicherheitsorientierten Herangehensweise, ihrer Kriminalisierung von irregulären Einwanderern, ihren unmenschlichen „Einrichtungen der Ingewahrsamnahme“ und Rückführungsmaßnahmen, ihrem diskriminierenden, ausbeuterischen und rücksichtslosen Umgang mit Humanressourcen aus Drittländern. Nehmen Sie Notiz von der zunehmenden Nutzung von Informationen sowie von der ständig wachsenden Datenspeicherung, einschließlich biometrischer Daten, auf die ein erweiterter Kreis von Behörden einschließlich in Drittländern Zugriff hat, wie beispielsweise der Zugriff US-amerikanischer Behörden auf Fluggastdaten.
- Entschließungsantrag: Lage in Pakistan (B6-0472/2007)
Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. − (SV) Das gegenwärtige politische Klima in Pakistan ist seit der Verkündung des Ausnahmezustands durch den Präsidenten und aufgrund der ernsthaften Menschenrechtsverletzungen wie Freiheitsberaubung, Gewalt gegen friedliche Demonstranten und Versuche, Medien zum Schweigen zu bringen, sicherlich sehr kritisch. Das verurteilen wir entschieden, aber wir wenden uns auch dagegen, dass das Europäische Parlament mit diesem Entschließungsantrag einen weiteren Versuch unternimmt, die unabhängige Außenpolitik der Mitgliedstaaten durch die EU zu übernehmen.
Die UNO ist das einzige Organ, das sowohl die Kompetenz als auch die Befugnis besitzt, um im Namen ihrer Mitglieder Druck innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft auszuüben. Die Erhaltung von Frieden und Stabilität sowie die Achtung der Menschenrechte in Pakistan sind von großer Bedeutung, aber das ist keine Aufgabe, die die EU von ihren Mitgliedstaaten übernehmen sollte.
Peter Skinner (PSE), schriftlich. – (EN) Ich teile die Auffassung und habe dafür gestimmt, dass der ausgerufene Ausnahmezustand (de facto das Kriegsrecht) aufgehoben und das Zivilrecht unverzüglich wieder in Kraft gesetzt werden sollte.
Für viele von uns, die die Politik in Pakistan aufmerksam verfolgen, ist es bedrückend zu sehen, wie sehr die Menschen in Pakistan leiden.
Eine Rückkehr zur Demokratie ist der einzige Weg, um die Glaubwürdigkeit und Rechtsstaatlichkeit der pakistanischen Politik wiederherzustellen.
- Entschließungsantrag: Strategie des Rates für die Konferenz von Bali zum Klimawandel (B6-0432/2007)
Eija-Riitta Korhola (PPE-DE). – (FI) Herr Präsident! Unsere Fraktion hat die Abänderung in Bezug auf die Anerkennung der Rolle der Kernenergie in unserer Erklärung zur Klimakonferenz für einen wesentlichen Bestandteil dieser Entschließung gehalten. Deshalb möchten wir unsere Genugtuung darüber zum Ausdruck bringen, dass das Parlament dies durch die Annahme von Änderungsantrag 7 bestätigt hat. Mit unserer Meinung stehen wir nicht allein da. Auch der UN-Klimarat (IPCC) hat die Rolle der Kernenergie als emissionsarme Energieart bestätigt. Vielleicht sollten wir uns auch einmal vergegenwärtigen, dass dieses Haus mit dem Bericht von Herrn Reul eine historische Entscheidung getroffen hat, die mit 509 Ja-Stimmen angenommen worden ist. Das Europäische Parlament hat anerkannt, dass die Kernkraft gegenwärtig die wichtigste Energiequelle mit niedrigen Kohlendioxidemissionen ist und gleichzeitig seine Rolle im Kampf gegen den Klimawandel betont.
Andererseits kann unsere Fraktion Ziffer 25 in der Entschließung nicht zustimmen, weil dort unserer Meinung nach ein unnötiger Zusammenhang oder Vergleich zwischen der friedlichen Nutzung der Kernenergie und der Verbreitung von Kernwaffen und der Bedrohung durch den Terrorismus angestellt wird. Wir sollten bedenken, dass es in der Atmosphäre keine moralischen Zensoren gibt. Sie lehnt nicht aus ideologischen Gründen die eine Form von Energie ab oder sympathisiert mit einer anderen. Wichtig ist nur die Emissionsfreiheit, und an dieser Stelle sind Emissionen nicht willkommen. Auf jeden Fall möchte ich noch sagen, dass wir froh darüber sind, dass dieses Haus eine klare Botschaft an die Klimakonferenz sendet und dass es den Ernst der Bedrohung durch den Klimawandel erkannt hat.
Karin Scheele (PSE). - Herr Präsident! Meine Delegation, die österreichischen Sozialdemokraten, haben sich bei dem Bericht über die Bali-Konferenz der Stimme enthalten, genau aus dem Grund, den auch Frau Korhola angesprochen hat. Wir unterstützen die anderen politischen Botschaften dieses Berichts. Der Bericht ist sehr gut. Meine Delegation kann es nicht unterstützen, das Signal zu senden, dass Kernkraft ein wesentliches Element in der Bekämpfung des Klimawandels ist. Ich meine auch, dass es den Ländern und den Kontinenten selbst überlassen bleiben sollte, welche Strategie sie fahren.
Ich möchte noch einmal die Unterstützung für alle Elemente dieses Berichts durch meine Delegation unterstreichen, auch dass Kernkraftprojekte vom clean development mechanism ausgeschlossen sind. Aber dieses politische Signal der Kernkraft wollten wir nicht mittragen. Deswegen haben wir uns der Stimme enthalten. Um zu zeigen, dass wir mit den anderen Teilen des insgesamt guten Berichts einverstanden sind, haben wir nicht dagegen gestimmt.
Bairbre de Brún, Jens Holm and Eva-Britt Svensson (GUE/NGL), schriftlich. – (EN) Wir unterstützen den Entschließungsantrag zur anstehenden Bali-Konferenz. In diesem Entschließungsantrag werden mehrere wichtige Punkte angesprochen. Unter anderem wird festgestellt, dass ein erheblicher Teil der Emissionen durch den Nutzviehsektor verursacht wird. Weiter wird hervorgehoben, dass die Entwicklungsländer bei ihren Anstrengungen zur Vermeidung und Verringerung von Emissionen wirksam unterstützt werden müssen, um so die negativen Auswirkungen der Klimaänderung einzudämmen. Den Vorschlag, dass die Kernenergie als notwendiges Instrument zur Prävention des Klimawandels angesehen werden sollte, lehnen wir jedoch ab.
Edite Estrela (PSE), schriftlich. − (PT) Ich habe für den Antrag auf eine Entschließung des Europäischen Parlaments zur Begrenzung des Klimawandels auf 2 Grad Celsius – auf dem Weg zur Bali-Konferenz über den Klimawandel und darüber hinaus (COP 13 und COP/MOP3) gestimmt. Angesichts der Tatsache, dass der Klimawandel heute eine große Herausforderung für unsere Gesellschaft darstellt, vertrete ich die Meinung, dass es für die Europäische Union unabdingbar ist, ihre führende Rolle auf der Konferenz in Bali zu bestätigen und ein internationales Klimaabkommen für die Zeit nach 2012 zu erzielen.
Elisa Ferreira (PSE), schriftlich. − (PT) Die Änderung 7 bringt die gesamte Kompromissbereitschaft zu Fall, die während der Verhandlungen über den endgültigen Wortlaut vorherrschte. Ihre Annahme führt in einem Text, der den breiten parlamentarischen Konsens hinsichtlich der Herausforderungen von Bali bewahren sollte, zu einer grundlegenden Änderung.
Daher habe ich, ungeachtet meiner Eigenschaft als Schattenberichterstatterin, der Sozialdemokratischen Partei im Sinne dieses gemeinsamen Ziels angedeutet, dass ich dafür stimmen würde. Aus Protest gegen zwei Aspekte sah ich mich persönlich zur Stimmenthaltung gezwungen: Zum einen aufgrund der Aufnahme der oben genannten Änderung 7, die die Kernenergie unterstützt, in den Wortlaut und zum anderen wegen der von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten an den Tag gelegte Verfahrensweise angesichts der Kompromissbereitschaft, die die Verhandlungen über den Wortlaut prägte.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Es ist eine Tatsache, dass wir gegenwärtig sehr deutliche, rasche und ungewöhnliche Klimaänderungen verzeichnen, die auf vielfältige Faktoren zurückzuführen sind, aber insbesondere auf die Rücksichtslosigkeit der neoliberalen Politiken. Wir brauchen effektive Maßnahmen zur Anpassung der menschlichen Gesellschaft an die neuen Lebensbedingungen.
Je nach den inzwischen ergriffenen Maßnahmen könnten die in verschiedenen wissenschaftlich glaubwürdigen und fundierten Szenarien vorausberechneten Klimaänderungen nicht langsam und allmählich erfolgen.
Daher ist es dringend erforderlich, tiefgreifendere Maßnahmen in allen Bereichen zu beschließen, um in der Zukunft schwerwiegendere Probleme, aber auch die Häufung von Tragödien für Mensch und Umwelt zu verhindern.
Darüber hinaus betonen wir jedoch die Notwendigkeit, mit den neoliberalen Politiken auf europäischer und internationaler Ebene zu brechen, da sonst die Großmächte und multinationalen Konzerne weiterhin ihre eigenen Profitinteressen sowohl bei der Ausbeutung der Rohstoffe als auch im internationalen Handel einschließlich im Handel mit Treibhausgasemissionen durchsetzen werden, was sich äußerst ungünstig auf die ausgeglichene menschliche Entwicklung auswirken würde.
Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. −(SV) Da Umweltprobleme grenzübergreifend sind, stellen die UN-Klimakonferenzen eine wichtige diplomatische Arena für weltweite Veränderungen dar. Im vorliegenden Entschließungsentwurf strebt die EU danach, ihre Mitgliedstaaten unter einer gemeinsamen Flagge zu sammeln, um die Verhandlungen auf der Konferenz in die von ihr als korrekt betrachtete Richtung zu steuern.
Das Aufhalten des Klimawandel ist ein positives Ziel, umso bedauerlicher ist es, dass eine weltweite Umweltpolitik in den Händen der EU eine Überschreitung der Grenze zur Außenpolitik darstellt, wobei gleichzeitig Drittländern und EU-Mitgliedstaaten die Ausformung ihrer nationalen Klimapolitik vorgeschrieben wird. Nach Ansicht der Juniliste sollte jedes Land eine eigene Stimme auf der Klimakonferenz erhalten. Aus diesem Grunde haben wir gegen diesen Entschließungsentwurf bestimmt.
David Martin (PSE), schriftlich. – (EN) Ich habe für diesen Entschließungsantrag des Nichtständigen Ausschusses zum Klimawandel gestimmt, in dem die empfohlene Verhandlungsposition der EU für die Aufnahme der Gespräche über die zukünftige weltweite Zusammenarbeit im Bereich des Klimawandels nach 2012 erläutert wird. Darin wird eine solide und zukunftsweisende EU-Position zur Senkung der weltweiten Treibhausgasemissionen vorgestellt, die die sozialen Auswirkungen der Klimaänderung ebenso berücksichtigt wie die von der EU angestrebte Begrenzung des globalen Klimawandels auf höchstens 2° Celsius und die dringende Notwendigkeit einer Beteiligung aller Länder an dem System.
Mairead McGuinness (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Ich melde mich im Namen der Fine-Gael-Delegation (PPE-DE-Fraktion) zu Wort: Die Abgeordneten der Fine-Gael-Delegation haben für diesen Entschließungsantrag gestimmt, weil wir es für wichtig halten, dass das Europäische Parlament seinen Standpunkt zum Klimawandel vor der Bali-Konferenz bekannt gibt. Bei der Abstimmung über Änderungsantrag 7 haben wir allerdings mit Nein gestimmt, da wir die Kernenergie grundsätzlich ablehnen.
Peter Skinner (PSE), schriftlich. – (EN) Ich möchte den Verfassern des Entschließungsantrags zu diesem Thema danken, mit dem die Fragen in den Blickpunkt gerückt werden, die mit einem der größten Probleme unserer Zeit verbunden sind.
Emissionshöchstgrenzen, Reduzierungsziele und Energiegewinnung aus alternativen Energieträgern ohne Kohlenstoff werden von einigen Staaten in der von der EU festgelegten Form nicht akzeptiert. Nichtsdestotrotz kann diese Konferenz einen wichtigen Beitrag zur Bündelung und Koordinierung der internationalen Maßnahmen leisten.
Silvia-Adriana Ţicău (PSE), schriftlich. − (RO) Für unsere Zukunft ist der Entschließungsantrag zur Begrenzung des globalen Klimawandels auf 2°C ein äußerst wichtiges Dokument, und deshalb habe ich für seine Annahme gestimmt.
Mit seinen katastrophalen Folgen für die Umwelt und die menschlichen Gemeinschaften stellt der Klimawandel eine enorme Herausforderung dar.
Wir haben es hier mit einem Problem zu tun, an dessen Lösung wir mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen herangehen müssen. Der Klimawandel hat sich bereits katastrophal auf die Landwirtschaft, auf hydrologische Systeme, Wälder, Fauna und Flora ausgewirkt. Länder wie Griechenland, Rumänien Bulgarien, Spanien und Portugal haben sowohl mit Dürreperioden als auch mit Überschwemmungen zu kämpfen.
Die EU sollte ihre Vorreiterrolle bei der Verringerung der Auswirkungen des Klimawandels bestätigen. Die vorhandenen Finanzmechanismen zum Schutz der Wasserressourcen, zur Vermeidung der Entwaldung und zur Förderung von umweltfreundlichen Technologien sollten aufgestockt und von den Mitgliedstaaten in Anspruch genommen werden.
Jeder Mitgliedstaat muss die Möglichkeit haben, selbst zu bestimmen, aus welchen Energiearten sein Energievorrat bestehen soll. Gleichzeitig sollten Mitgliedstaaten, die Kernenergie erzeugen, die Sicherheit der dazu benötigten Anlagen und speziell eine zweckentsprechende Abfallbewirtschaftung gewährleisten. Für die Verringerung der Abfallmenge und die Erhöhung der Sicherheit von Anlagen sind Forschungsmittel erforderlich.
- Bericht Raimon Obiols i Germà, Charles Tannock (A6-0414/2007)
Frank Vanhecke (NI). – (NL) Herr Präsident! Ich will die solide Arbeit der beiden Berichterstatter an diesem Bericht über die Europäische Nachbarschaftspolitik nicht herunterspielen, möchte aber ein wichtiges Defizit des Berichts unterstreichen. Er greift nicht die riesige Herausforderung auf, die die Einwanderung aus dem Süden darstellt, für die nach meinem Dafürhalten auch die nordafrikanischen Länder selbst maßgeblich verantwortlich sind.
Ich hätte in diesem Bericht gern einen Appell für eine gemeinsame Politik der EU-Mitgliedstaaten und der nordafrikanischen Länder im Kampf gegen die illegale Einwanderung gesehen, die die nordafrikanischen Staaten selbst zu Anstrengungen aufruft und gute nachbarschaftliche Beziehungen sowie finanzielle und materielle Unterstützung seitens der Mitgliedstaaten vom guten Willen und einem gemeinsamen Herangehen an diese enorme Herausforderung abhängig macht.
Das ist meiner Ansicht nach ein grundlegender Aspekt, der in diesem Bericht fehlt, weshalb ich mich der Stimme enthalten habe.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Nach der Entscheidung, in Bezug auf die europäische kapitalistische Integration neue bedeutsame Schritte zu unternehmen, insbesondere auf der Ebene, die als „Rolle der EU in der Welt“ bekannt ist, die sich zurzeit im „Verfassungsentwurf“ – der jetzt im „Reformvertrag“ wiederbelebt wird – und in den aktuellen EU-Politiken widerspiegelt, stimmt die Mehrheit des Europäischen Parlaments dem Bericht über die Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) zu, den man gelesen haben muss…
Mögliche Zweifel an den wahren Absichten und Zielen der EU in Bezug auf die ENP wären nach der Lektüre dieses Berichts schnell ausgeräumt. Er kommt einem Programm zur unmittelbaren Einmischung und Kontrolle des gesamten Gebietes im Mittelmeerraum, im Nahen Osten, in Zentralasien und in Osteuropa gleich. Er stellt ein Programm dar, mit dem Ziele wie das „Herbeiführen und Verstärken des Engagements der Regierungen der ENP-Länder für politische und wirtschaftliche Reformen“, die Integration „gemeinsamer Politiken“ der EU, die „Annäherung an die Außenpolitik der EU“ und die „Errichtung einer Freihandelszone“ erreicht werden sollen.
Der Bericht befürwortet zudem „mehr gemeinsame Aktionen der EU und der USA“ zur „Förderung der Demokratie, der Verbesserung der Energieversorgungssicherheit und der Stärkung der regionalen Sicherheit in der EU-Nachbarschaft“, ein Punkt, der so durchschaubar ist, dass er bei der Abstimmung in der Plenartagung niedergestimmt wurde.
Am besten man liest den Bericht ...
Janusz Lewandowski (PPE-DE), schriftlich. – (PL) Die Nachbarschaftspolitik gewinnt eine neue Bedeutung in einer Zeit, da die Erweiterung der Europäischen Union aus der Mode kommt. Im Mittelmeerraum gestaltet sie sich anders als in Osteuropa, wo viele Staaten, die sich aus der sowjetischen Einflusssphäre gelöst haben, nun offen ihre Absicht erklären, der Europäischen Gemeinschaft beizutreten. In diesem Fall, was Polen, Ungarn und Litauer sehr gut verstehen, können Behelfsformen der Zusammenarbeit die nationalen Zielsetzungen nicht zufrieden stellend erfüllen. Sie haben weniger Einfluss auf die gewünschte Richtung in der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in diesen Ländern. Sie bilden einen geringeren Anreiz dafür, die Verfahren eines demokratischen Rechtsstaates und die marktwirtschaftlichen Prinzipien zu stärken und die Bürgerrechte tatsächlich zu achten.
Aus der Sicht eines an der Grenze der Europäischen Union gelegenen Landes wie Polen erscheint eine größtmögliche Offenheit gegenüber den Erwartungen der Länder jenseits unserer östlichen Grenzen als die beste Politik. Gleichzeitig dazu muss natürlich ein Stabilitätsraum um die Europäische Union geschaffen und der Handlungsrahmen der Demagogie eingeschränkt werden, die in jungen Demokratien so häufig vorkommt.
Gerechtfertigt sind auch Haushaltsmaßnahmen auf der Grundlage des neuen Instruments ENPI, das die Programme TACIS und MEDA ersetzt und das die gewünschten Prozesse in unserem Teil der Welt unterstützt. Bislang erhalten die osteuropäischen Nachbarländer weniger Finanzhilfe als die Nachbarländer im Mittelmeerraum. Je größer die Europäische Union wird, desto größer wird unsere Verantwortung für den Alten Kontinent.
Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Der Bericht über die Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik fasst die Mittel und Wege der imperialistischen Interventionspolitik in Nachbarländern zusammen. Er fügt sich ein in die weltweite imperialistische Gesamtstrategie der EU. Wie immer werden im Bericht „demokratische Reformen“ und „Demokratisierung“ in den Nachbarländern als Vorwand für die Ausübung von Zwang und Druck gegenüber Regierungen verwendet, die sich nicht nach der Politik der EU ausrichten. Damit werden die Aktionen verschiedener Organisationen der Zivilgesellschaft unterstützt und finanziert, damit diese mit ihrer Unterminimierungsarbeit in diesen Ländern fortfahren können und die Interventionspläne der EU stärken.
Das Europäische Parlament ruft die Nachbarstaaten zur Teilnahme an der migrationsfeindlichen Politik der EU durch die Verstärkung repressiver Maßnahmen gegen Einwanderer auf. Es fordert sie ferner auf, eng mit seinen Repressionsmechanismen wie Europol und die europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen, Frontex, zusammenzuarbeiten und bezieht sie in die EU-Pläne ein, unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung die demokratischen Freiheiten einzuschränken und Volksbewegungen entgegenzutreten. Das Parlament ruft offen zu „gemeinsamen Aktionen (der EU und der USA) im Hinblick auf die Verfolgung gemeinsamer Ziele“, wie gemeinsame imperialistische Interventionen und das Teilen der Kriegsbeute auf.
Es liegt im Interesse der Völker, die imperialistischen Pläne der EU und der USA auf diesem Gebiet abzulehnen und zu durchkreuzen und ihren Kampf für nationale Unabhängigkeit und völkerrechtliche Souveränität zu verstärken.
Pierre Schapira (PSE), schriftlich. – (FR) Die Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) erfordert, wie in diesem Bericht ausführlich dargestellt wird, eine Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten des Mittelmeers, und zwar über einen besseren Dialog zwischen Regierungen, lokalen Behörden und Vertretern der Zivilgesellschaft. Außerdem sollte unbedingt daran erinnert werden, dass die ENP den durch die EU-Entwicklungspolitik festgelegten Kurs beibehalten muss. In der Tat zählen fast alle südlichen und östlichen Mittelmeeranrainerstaaten laut der offiziellen Liste des Ausschusses für Entwicklungshilfe der OECD zu den Entwicklungsländern. Aus diesem Grund sollte die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele eine Priorität der Gemeinschaftsmaßnahmen in dieser Region sein.
Miroslav Mikolášik (PPE-DE). – (SK) Ich befürworte die Stärkung der Beziehungen zur Ukraine und ich unterstütze die Fortführung eines strukturierten Dialogs mit diesem Nachbarland unmittelbar an unserer östlichen Grenze.
Bei den letzten Wahlen hat die Ukraine ihre große Entschlossenheit zur Durchführung demokratischer Änderungen gezeigt. Sie hat sich für die Fortsetzung einer eindeutig pro-europäischen, modernen und fortschrittsorientierten Koalition entschieden. Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass die Ukraine ein riesiges Land mit einem attraktiven wirtschaftlichen Potenzial und in den Wirtschaftsbeziehungen ein verlässlicher Partner ist. Es ist höchste Zeit, dass wir mit der Ukraine ein Abkommen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit und über die Errichtung einer Freihandelszone unterzeichnen. Wir müssen der Tatsache Rechnung tragen, dass die Ukraine der Welthandelsorganisation beitreten wird.
Ich unterstütze vorbehaltlos den Aufbau eines verlässlichen Energietransitsystems zwischen der Ukraine und der EU. Ich befürworte ausdrücklich die Zusammenarbeit in den Bereichen Landwirtschaft und Umwelt, jedoch sollte meiner Ansicht nach der Schwerpunkt vor allem auf die Zusammenarbeit in den Bereichen Wissenschaft und Bildung und auf die Stärkung der Dimension der wissensbasierten Wirtschaft gelegt werden.
Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Die Ukraine ist ein Nachbar von strategischer Bedeutung für die EU und eine natürliche „Brücke“, die die EU mit Russland und Zentralasien verbindet. Sie ist ein großes Land, das mit seiner Orangenen Revolution den Weg zur Demokratie eingeschlagen hat. Die Ukraine ist zu einem wichtigen Partner in der Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union geworden.
Unsere Zusammenarbeit mit der Ukraine muss verbessert werden, und wir müssen den Beitritt der Ukraine zur WTO so gut es geht diplomatisch und politisch unterstützen. Die Verhandlungen über die Errichtung einer Freihandelszone sollten schnellstmöglich beginnen, damit schon bald ein ehrgeiziges Abkommen unterzeichnet werden kann. Wir alle verstehen, wie schwierig die Lage in der Ukraine ist. Die Demokratie ist noch sehr jung und zerbrechlich. Heute steht dieses Land vor einer strategischen Entscheidung. Soll es sich Russland zuwenden oder eine Annäherung an die Europäische Union suchen?
Der ausgezeichnete und ausgewogene Bericht des Berichterstatters Herrn Zbigniew Zaleski kommt daher zu einem Zeitpunkt, an dem die Ukraine eine klare europäische Perspektive braucht. Ich begrüße diesen Bericht und habe ihn bei der Abstimmung ausdrücklich unterstützt. Ich glaube, dass das Land nach den vorgezogenen Parlamentswahlen in der Lage sein wird, eine Regierung zu bilden, die die Ukraine noch näher an unser gemeinsames europäisches Haus heranführt.
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Die Europäische Union sollte bestrebt sein, stärkere und zunehmend engere Beziehungen zur Ukraine aufzubauen. Im Bericht Zaleski, den wir angenommen haben, finden sich viele Anregungen dazu, wie sich das umsetzen lässt.
Die Ukraine sollte unser strategischer Partner sein. Nicht nur im Hinblick auf ihre besondere geografische Lage und Größe, sondern insbesondere wegen ihrer Bedeutung in der Region in den Beziehungen zu Russland und den Staaten Zentralasiens. Deshalb liegt es im Interesse der EU, mit diesem Land wirtschaftliche und politische Verbindungen zu stärken und zu entwickeln.
Uns allen ist bewusst, wie viel Arbeit den Bürgern in der Ukraine noch bevorsteht auf dem Weg zur Erlangung westlicher Maßstäbe in ihrer Wirtschaft, in ihrem Lebensstandard und in sozialen Belangen und bei der Stärkung demokratischer Strukturen im Staat. Die EU sollte Hilfe für die Erreichung dieser Ziele leisten, indem wir beispielsweise ein Freihandelsabkommen mit der Ukraine vereinbaren oder ihre Aufnahme in die WTO unterstützen. Das würde zur Stärkung der Marktwirtschaft, der Demokratie und des Bürgerstaates beitragen und so wiederum die Ukraine der EU-Mitgliedschaft näher bringen.
Die Annäherung zwischen der EU und der Ukraine ist ein langer und schwieriger Prozess. Er verläuft auf verschiedenen Ebenen, ist aber dennoch unerlässlich. Damit beide Seiten sich annähern, muss die Ukraine die begonnenen wirtschaftlichen und sozialen Reformen fortführen, ihren proeuropäischen Kurs in der Politik beibehalten und ihre Demokratie stärken. Die EU muss ihrerseits die Perspektive auf die Mitgliedschaft der Ukraine in der EU mit einem deutlichen Signal vermitteln.
Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. −(SV) Die Juniliste begrüßt einen verstärkten Handel sowie engere Wirtschaftsbeziehungen zur Ukraine. Von einer solchen Entwicklung würden beide Seiten kurz- und langfristig profitieren. Dennoch ist zu erkennen, dass das eigentliche Ziel dieses Berichts nicht nur in der Entwicklung von Wirtschaftsbeziehungen besteht, sondern auch im Betreiben einer Außenpolitik seitens der EU. Der Ton des Berichts ist auffallend autoritär und die Vorschläge zur Zusammenarbeit werden fast ausschließlich zu den Bedingungen der EU und mit den eigenen Interessen der EU im Vordergrund präsentiert. Aus diesen Gründen hat die Juniliste gegen den Bericht gestimmt.
David Martin (PSE), schriftlich. – (EN) Als Schattenberichterstatter der Sozialdemokratischen Fraktion habe ich für diesen Bericht gestimmt. Darin werden die Bereiche genannt, in denen die EU und die Ukraine ihre Beziehungen stärken sollten, und Themen, wie die Errichtung einer Freihandelszone mit der Ukraine, die Energieversorgung und die Beziehungen zu Russland erörtert. Ich würde mir engere und intensivere Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine wünschen, und die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen spielen dabei eine wesentliche Rolle.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Die Beziehungen der EU zur Ukraine gehören in den Bereich der Nachbarschaftspolitik, die, wie im Bericht hervorgehoben wird, auf die Unterstützung bei der Entwicklung der Marktwirtschaft in den Nachbarländern der EU, mit anderen Worten auf den Kapitalismus, ausgerichtet ist.
Laut Bericht wird die Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens mit der Ukraine angestrebt, das heißt, die Einbindung der Ukraine „in den EU-Binnenmarkt“ durch die „allmähliche Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes durch die Ukraine“.
Daher heißt es in dem Bericht:
- „fordert die Ukraine auf, … sich stärker auf die Liberalisierung des Marktes zu konzentrieren, indem sie für die erfolgreiche Durchführung des Privatisierungsprozesses, die Zerschlagung von Monopolen“ (sprich: von öffentlichen Unternehmen) „und die Unabhängigkeit der ukrainischen Nationalbank sorgt“;
- „befürwortet die Annäherung und die Konvergenz der Normen in der Landwirtschaft, der Industrie und im Dienstleistungsbereich“ …, „damit sie mit den Normen der Gemeinschaft in Einklang gebracht werden“ und „macht“ – angesichts der Tatsache, dass die Ukraine dem Einheitlichen Wirtschaftsraum mit Russland und anderen früheren Sowjetrepubliken unter Vorbehalt beigetreten ist –, „darauf aufmerksam, dass einige der Bestimmungen dieses Abkommens, wenn sie uneingeschränkt in die Tat umgesetzt werden, einem funktionierenden Freihandelsabkommen mit der EU im Wege stehen dürften“. Man kann dem Berichterstatter Glauben schenken oder nicht, wenn er feststellt, durch das Abkommen mit Russland „wäre die Ukraine im Wirtschaftsbereich nicht wirklich souverän und die Unabhängigkeit des Landes wäre grundlegend in Frage gestellt“.
Damit ist genug gesagt ...
- Entschließungsantrag: Überlegungen zur Vorgehensweise der EU in Situationen der Fragilität – Engagement für nachhaltige Entwicklung, Stabilität und Frieden in schwierigen Kontexten (B6-0476/2007)
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Wir betrachten die Tendenzen, die „die humanitäre Vorgehensweise der EU bis zu einem gewissen Umfang prägen“ zum Teil mit außerordentlicher Besorgnis und als zutiefst negativ, die in Form von Initiativen wie „der Reaktion der EU auf Situationen der Fragilität in Entwicklungsländern“ oder des „Europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik“ im Wesentlichen auf die Staaten Afrikas, aber auch des karibischen Raums und des Pazifischen Ozeans gerichtet sind.
Eine Analyse dieser Initiativen enthüllt das Hauptanliegen für die Einbeziehung der „Entwicklung“ als eine der externen Dimensionen zur Durchsetzung der strategischen Ziele der großen Mächte in der EU (GASP/ESVP), was gleichbedeutend mit der Aussage ist, die „Entwicklung“ als ein Instrument zur Einmischung und Kontrolle bei einer Strategie zu fördern, die ganz klar „eine Zwangsmaßnahmen beinhaltende militärische Intervention“ nicht ausschließt.
Sie stellen folglich ein komplettes Programm und eine Palette von Instrumenten dar, was unseres Erachtens die „Grenzen“ zwischen „Hilfe“ und Einmischung beispielsweise in solchen grundlegenden Fragen wie dem „Aufbau von Staaten“ verwischt und fließend macht.
Gewiss ist es dringend erforderlich, vielen Ländern, die ein verheerendes Erbe aus dem Kolonialismus übernommen haben und die Opfer jahrzehntelanger Einmischung geworden sind, Solidarität zu bekunden. Diese Solidarität muss jedoch, damit sie wirksam ist, auf der Anerkennung der Prinzipien staatlicher Souveränität und Unabhängigkeit und auf einer effektiven und echten Entwicklungshilfe und -zusammenarbeit beruhen.
Carlo Fatuzzo (PPE-DE). - (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mit großer Freude für den Vorschlag von Frau Lynne zur Bekämpfung der in Europa existierenden Armut gestimmt.
Vor diesem vollbesetzten Parlament hier in Straßburg muss ich jedoch die Tatsache kritisieren, dass in Italien ältere Rentner diskriminiert werden, die zu einem Leben in Armut gezwungen werden, wenn sie nach dem 65. Lebensjahr arbeitsunfähig werden. Personen, die vor dem 65. Lebensjahr arbeitsunfähig werden, erhalten hingegen erhebliche Zuwendungen.
Herr Präsident, da am 12. Dezember 2007 der neue Vertrag in Brüssel unterzeichnet wird, mit dem die Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbindliche Rechtskraft erlangt, fordere ich dazu auf, am 12. Dezember ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien wegen der Verletzung der Rechte älterer Bürger auf Gleichbehandlung mit allen anderen Bürgern einzuleiten.
Jan Andersson, Göran Färm und Inger Segelström (PSE), schriftlich. − (SV) Wir schwedischen Sozialdemokraten haben für den Bericht gestimmt. Der Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung muss in Europa intensiviert werden. Wir möchten jedoch unseren Standpunkt veranschaulichen. In Ziffer 32 ist von der Einführung eines angemessenen Mindestlohns auf nationaler Ebene die Rede, wobei deutlich betont wird, dass dies gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern erfolgen soll. Daher sind wir der Ansicht, dass diese Formulierung das von den skandinavischen Ländern gewählte Modell der Tarifverträge einschließt.
Charlotte Cederschiöld, Christofer Fjellner und Anna Ibrisagic (PPE-DE), schriftlich. − (SV) Die Mitglieder der Moderaten Sammlungspartei stehen großen Teilen des Berichts über eine Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit 2007 positiv gegenüber. Bei vielen Vorschlägen, beispielsweise im Hinblick auf die Wirtschaftsmigration und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sind wir in unserer nationalen Politik die treibende Kraft gewesen.
Die Mitglieder der Moderaten Sammlungspartei haben jedoch gegen den Bericht gestimmt, da verschiedene Vorschläge die Grenzen des Subsidiaritätsprinzips überschreiten. So sind wir beispielsweise nicht der Ansicht, dass das Europäische Parlament sich mit der Frage von Behandlungsprogrammen in Strafvollzugsanstalten oder der Behandlung von Spielsucht beschäftigen sollte. Ebenso wenig sollte es sich dazu äußern, in welcher Regie die Mitgliedstaaten ihr Gesundheitswesen betreiben. Nicht akzeptieren können wir die Behauptung, dass die Liberalisierung der Gesundheitsdienste zu einer Verschlechterung der Qualität in der Gesundheitsversorgung führt. Beschäftigungspolitische Maßnahmen wie die Einführung von Mindestlöhnen sollten der Entscheidung auf nationaler Ebene überlassen werden.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Wir haben für den Bericht gestimmt, weil er wichtige Informationen zur sozialen Lage dokumentiert: 78 Millionen Unionsbürgerinnen und -bürger leben nach wie vor in Armut, 8 % der Bürger der Europäischen Union sind trotz Erwerbstätigkeit arm, und die Kluft zwischen Arm und Reich wächst in vielen Mitgliedstaaten.
Der Bericht enthält auch einige positive Empfehlungen wie zum Beispiel die Notwendigkeit, Mindestlöhne festzusetzen, das Arbeitslosengeld beizubehalten und Menschen mit Behinderungen zu unterstützen, obwohl er damit die Ursachen der sozialen Lage nicht an der Basis angreift und nicht das Ende der neoliberalen Politiken fordert, was unser Vorschlag ist.
Folglich werden nur wenige Forderungen in Bezug auf Änderungen in der Politik erhoben. Leider wurden nur zum Teil die vom Ausschuss für die Rechte der Frau und Gleichstellung der Geschlechter angenommenen Vorschläge aufgenommen, wovon ich die Forderung an die gemeinschaftlichen Einrichtungen und die Mitgliedstaaten herausheben möchte, der sozialen Eingliederung der Frauen und den Frauenrechten höchste Priorität einzuräumen und die betreffenden Politiken, einschließlich der Politik der Einkommensverteilung, entsprechend zu ändern.
Timothy Kirkhope (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Meine Kollegen von den britischen Konservativen und ich sind der Auffassung, dass die Sozialpolitik im Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten verbleiben sollte. Wir treten dafür ein, dass die europäische Zuständigkeit nicht auf diesen Bereich ausgeweitet wird und dass Länder nicht zur Übernahme von politischen Maßnahmen gezwungen werden sollten, die negative Folgen für ihr wirtschaftliches und soziales Wohlergehen mit sich bringen könnten. Darüber hinaus sehen wir das „Europäische Sozialmodell“ als ein Hindernis für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung.
Einige Aspekte dieses Berichts befürworten wir, wie beispielsweise die Unterstützung von Menschen bei der Überwindung von Armut, die Hilfestellung bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, die Unterstützung von Menschen mit Behinderungen und die Pflege älterer Menschen. Die Mitgliedstaaten, die ihre nationalen Gegebenheiten kennen, können am besten wirksame politische Maßnahmen in diesen und anderen sozialen Bereichen durchführen. Wir sind der festen Überzeugung, dass leistungsfähige Volkswirtschaften der beste Weg sind, um den sozialen Fortschritt in den Gesellschaften zu fördern.
Carl Lang (NI), schriftlich. – (FR) Dieser Bericht über die Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit in Europa verdeutlicht von Anfang an seine reale wirtschaftliche und soziale Lage. Es handelt sich um ein Eingeständnis der Machtlosigkeit inmitten eines Ozeans europäistischer Absurditäten, entstanden durch eine ausschließlich ultraliberale und globalistische Denkweise.
Seit dem Jahr 2000 hat keine der Maßnahmen zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, Armut und sozialen Ausschluss etwas gebracht. Schlimmer noch, während die Europäische Union verstärkt zu einer Einwanderung aus wirtschaftlichen Gründen und zum Schutz ihres so genannten Sozialmodells aufruft, stellt der Bericht dar, dass 78 Millionen Europäer in Armut leben.
Es wurde vergessen zu erwähnen, was mit der Qual der Armut einhergeht, die nicht nur wirtschaftliche Armut ist. Für Millionen von Europäern, die kulturell und sozial aus ihrer heimatlichen Umgebung gerissen wurden und die ihre Arbeit aufgrund von Produktionsverlagerungen ins Ausland verschwinden sehen, handelt es sich um psychologische Armut. Außerdem gibt es auch eine physische Armut, wenn Gewalt und Unsicherheit, größtenteils hervorgerufen durch eingewanderte, von der Unmöglichkeit ihrer Eingliederung frustrierte Bevölkerungsgruppen, die Gesamtsituation verschlimmern.
Die Lösung besteht folglich nicht darin, das schizophrene ultraliberale und gemischrassige europäische System anzuerkennen, sondern es in Frage zu stellen, um ein Europa der wieder gefundenen Identitäten zu fördern, das den Schutz und die Gemeinschaftspräferenz vor allem auf die Europäer anwendet!
Bogusław Liberadzki (PSE), schriftlich. – (PL) Ich bin auch der Ansicht, dass die soziale Eingliederung und Sozialschutz einen Grundwert der Europäischen Union und ein Grundrecht aller Bürger darstellen.
Im Bericht wird zu Recht festgestellt, dass sich die ethnische und konfessionelle Vielfalt in der Gesetzgebung der EU widerspiegeln muss, um alle Menschen vor Gewalt und Diskriminierung zu schützen.
Ich stimme auch der Formulierung zu, dass alle Unionsbürgerinnen und -bürger das Recht auf Zugang zu Gütern und Dienstleistungen haben sollten.
José Albino Silva Peneda (PPE-DE), schriftlich. − (PT) Die Sozialpolitik gehört zu einem großen Teil in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten. Deshalb bin ich dafür, sowohl die Methode der offenen Koordinierung als auch den Austausch über die optimalen Vorgehensweisen bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung zu unterstützen.
Die Systeme der sozialen Sicherheit müssen auf Prinzipien beruhen, die die Leistungsempfänger motivieren, sich um Beschäftigungsmöglichkeiten zu bemühen und dürfen nicht als falsche Anreize zur Untätigkeit wirken.
Das niedrige Bildungsniveau und die hohe Schulabbrecherquote sollten uns dazu veranlassen innezuhalten und darüber nachzudenken, dass die am geringsten qualifizierten Personen der sozialen Ausgrenzung am stärksten ausgesetzt sind.
Diese Situation ist in meinem Heimatland Portugal besonders besorgniserregend, wo im Jahr 2005 mehr als 39 % der Jugendlichen (im Alter zwischen 18 und 24 Jahren) lediglich über einen Hauptschulabschluss verfügten.
Diese Tendenz muss umgekehrt werden, und die Bürgerinnen und Bürger müssen mit den nötigen Fähigkeiten für einen erfolgreichen Einstieg in den Arbeitsmarkt ausgerüstet werden.
Da der Vorschlag mit diesen Vorstellungen konform geht, habe ich dafür gestimmt.
Andrzej Jan Szejna (PSE), schriftlich. – (PL) Ich stimme für den Bericht Lynne über eine Bestandsaufnahme der sozialen Wirklichkeit.
Frau Lynne hat völlig richtig festgestellt, dass die überarbeitete Lissabon-Strategie den Akzent nicht nur auf wirtschaftliche Leistung und Wettbewerbsfähigkeit legt, sondern auch auf das Erreichen eines stärkeren sozialen Zusammenhalts und auf die soziale Dimension der Nachhaltigkeit. Soziale Eingliederung und Sozialschutz sind Grundwerte der Europäischen Union. Sie sind ein Grundrecht, das allen Menschen unabhängig von der ethnischen Herkunft, dem Alter, dem Geschlecht, einer Behinderung, der sexuellen Orientierung oder der Religion zusteht.
Leider lebt ein Teil der Gesellschaft in der Europäischen Union nach wie vor in Armut. Die Mitgliedstaaten schlagen verschiedene Maßnahmen zum Schutz vor Armut und sozialer Ausgrenzung vor. Deshalb meine ich, dass die Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet ihre Zusammenarbeit vertiefen und bewährte Verfahren untereinander austauschen sollten.
Auch das Problem der Jugendarbeitslosigkeit und der Kampf gegen die Kinderarmut dürfen nicht außer Acht gelassen werden, denn Kinder aus armen Familien haben geringere Chancen, später einmal Arbeit zu finden.
Lars Wohlin (PPE-DE), schriftlich. −(SV) Dieser Bericht enthält zahlreiche lobenswerte Aussagen gegen Diskriminierung und zur Bedeutung der Gleichbehandlung, die Aufmerksamkeit verdienen. Leider enthält er aber auch extrem weit reichende Formulierungen, unter anderem zur Einführung von Mindestlöhnen. Schweden ist gegen politisch festgelegte Mindestlöhne. Unabhängig davon, was als angemessene Sozialpolitik betrachtet wird, muss die EU akzeptieren, dass die Mitgliedstaaten unterschiedliche Lösungen wählen. Dies darf nicht ein weiteres Beispiel dafür werden, dass die EU eine Regulierung von Details in einem Bereich anstrebt, der voll und ganz in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegen muss.
Darüber hinaus haben die EU-Mitgliedstaaten ein sehr unterschiedliches Niveau, sodass eine Einführung von Mindestlöhnen die ärmsten Länder daran hindern würde, sich im Wettbewerb zu behaupten.
7. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
(Die Sitzung wird um 13.20 Uhr unterbrochen und um 15.00 Uhr wieder aufgenommen.)
8. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
9. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit
9.1. Christliche Gemeinschaften im Nahen Osten (Aussprache)
Die Präsidentin. - Als nächster Punkt folgt die Aussprache über sieben Entschließungsanträge zu Christlichen Gemeinschaften im Nahen Osten(1).
Mario Mauro (PPE-DE) , Verfasser. – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Religionsfreiheit ist ein objektiver Indikator für die Achtung der Menschenrechte. Die Gewalt, unter der Christen auf der ganzen Welt zu leiden haben, ist sowohl eine Verletzung der Menschenwürde als auch eine Kampfansage an sie.
Ich wollte diesen Entschließungsantrag bereits auf der letzten Plenartagung im Oktober einbringen, aber die Koordinatoren der Fraktionen haben mich gebeten, diese Entschließung auf die Plenartagung im November zu verschieben, um auf diese Weise genügend Zeit für die Erarbeitung eines ausführlicheren Textes zu haben, der eine breitere Mehrheit finden könnte. In dem zur Abstimmung am heutigen Nachmittag vorliegenden Text, der das Ergebnis eines Kompromisses zwischen den Fraktionen der Sozialdemokraten, der Liberalen, der Union für das Europa der Nationen und der Fraktion Unabhängigkeit/Demokratie ist, sind die wichtigsten Kernpunkte des ursprünglichen Entschließungsantrags enthalten.
Wir konnten auch konkrete Hinweise auf in diesem Jahr nicht nur im Nahen Osten, sondern auch in anderen Teilen der Welt gegen christliche Gemeinschaften verübte Gewaltakte und Misshandlungen einarbeiten. Das betrifft vorwiegend Irak, Ägypten, Pakistan, die Türkei, China und Vietnam. Durch die intensive Koordinierung der letzten Tage und die dadurch mögliche Enthüllung verschiedener Vorkommnisse außerhalb des Nahen Ostens haben wir auch einen neuen, passenderen Titel gefunden: „zu den schwerwiegenden Vorfällen, die die Existenz christlicher und anderer religiöser Gemeinschaften gefährden“.
Der Text enthält allerdings nicht alle Gewaltakte gegen Christen, beispielsweise in Eritrea und Nordkorea. Ich möchte Sie aber bitten, meine Damen und Herren, die politische Botschaft dieses Entschließungsantrags zu beachten, der auch für die nicht genannten Länder und Gewaltakte bestimmt ist. Von Beginn an konnte ich aufgrund der Verbindung mit den anderen Fraktionen klarstellen, dass dieser Entschließungsantrag keinesfalls ein Wiederaufleben des Kampfes der Kulturen zum Ziel hat. Europa stand schon immer an vorderster Front, wenn es um den Schutz der Rechte von Minderheiten geht, und darf das zunehmende Leid so vieler Christen nicht mehr ignorieren.
Heute, meine Damen und Herren, kann unser Parlament seinen Standpunkt zu einem dringenden und wichtigen Thema zum Ausdruck bringen – zum Schutz des Lebens und der Religionsfreiheit, nicht nur von Christen, sondern von Millionen Menschen aller Glaubensrichtungen. Ich möchte daher...
(Die Präsidentin entzieht dem Redner das Wort.)
Glyn Ford (PSE), Verfasser. – (EN) Frau Präsidentin! Im Namen der Sozialdemokratischen Fraktion möchte ich unsere uneingeschränkte Unterstützung für diesen gemeinsamen Entschließungsantrag über die Verfolgung religiöser Gemeinschaften zum Ausdruck bringen.
In einer Minute Redezeit kann ich nur auf einige Punkte dieses Entschließungsantrags eingehen und ich möchte vor allem die äußerst schwierige Lage der christlichen Gemeinschaft im Irak ansprechen, die früher einmal nahezu 10 % der Bevölkerung ausmachte. Als Befürworter der Kampagne zur Rettung der assyrischen Gemeinschaft, die auch meinen Einsatz für dieses Anliegen unterstützt, muss ich feststellen, dass dieses Parlament meist so sehr darauf bedacht ist, niemanden vor den Kopf zu stoßen, dass seine Position und das, worum es eigentlich geht, manchmal nicht mehr erkennbar sind.
Der vorliegende Entschließungsantrag ist ein Beispiel dafür. In Erwägung K wird Bedauern über die Lage der assyrischen Dörfer im türkischen Grenzgebiet zum Ausdruck gebracht. Warum? Weil die türkische Regierung assyrische Dörfer mit Granaten beschießt und behauptet, dass sich dort Anhänger der PKK aufhalten, was sehr unwahrscheinlich ist. In Erwägung S wird auch auf die Situation in Syrien Bezug genommen. Zehntausende, wenn nicht gar Hunderttausende von Menschen aus Jordanien und dem Irak sind nach Syrien geflohen, das nun aber seine Grenzen schließt.
Jetzt müssen wir Hilfe und Unterstützung leisten.
Adam Bielan (UEN), Verfasser. – (PL) Frau Präsidentin! Lassen Sie mich zunächst meine Zufriedenheit ausdrücken und mich bei den Mitverfassern der Entschließung bedanken, die sich mit einem so wichtigen Problem wie den Vorfällen in den christlichen Gemeinden in bestimmten Staaten des Nahen Ostens wie auch auf der ganzen Welt befasst.
Zugleich möchte ich als einer der Unterzeichner der Entschließung betonen, dass die Gewährleistung der Religionsfreiheit der erste Schritt zur Wahrung der grundlegenden Menschenrechte ist, und die Fälle von Christenverfolgung, die in der ganzen Welt geschehen, sind ein elementarer Beleg dafür, wie diese Rechte verletzt werden.
Wenn man zudem bedenkt, dass, wie zu sehen ist, seitens der Behörden, Institutionen und politischen Bewegungen in der Welt eine Reaktion in dieser Angelegenheit ausbleibt, möchte ich nochmals betonen, wie wichtig die diskutierte Entschließung für die Verteidigung der Rechte der Christen ist, und unterstreichen, dass die Fraktion Union für das Europa der Nationen sie vollauf unterstützt.
Hélène Flautre (Verts/ALE), Verfasserin. – (FR) Frau Präsidentin! Ich wage es nicht, mir die Gesichter meiner Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten vorzustellen, wenn sie erfahren würden, dass durch die Golf- oder ASEAN-Länder eine Entschließung über moslemische Gemeinschaften in Europa angenommen wurde. Es würde wie ein böser Streich, ein Zeichen der Aggression, eine unannehmbare Einmischung der religiösen Obrigkeit in einem Nicht-EU-Land in Beziehungen zwischen unseren Mitgliedstaaten und religiösen Minderheiten aufgenommen werden. Tue anderen nichts an, von dem du nicht möchtest, dass man es dir antun soll, lautet ein christliches Gebot.
Im Ernst, würde eine solche Entschließung als ein Aufruf zu Toleranz und zum interkulturellen und religiösen Dialog aufgefasst werden? Sicherlich nicht! Die Europäische Union, die so stolz auf ihre Werte ist, täte gut daran, in Bezug auf diese äußerst sensiblen Fragen ein Minimum an Feingefühl und Achtung gegenüber internationalen Übereinkommen an den Tag zu legen.
In Bezug auf die Verletzung der Rechte der Angehörigen religiöser Minderheiten, in Bezug auf die Verurteilung der Ermordung von Christen oder die Einschränkungen bei der Ausübung der Religionsfreiheit haben wir die Wahl zwischen zwei gleichermaßen fundierten Ansätzen. Der erste besteht darin, dass wir uns an ein Land wenden und es im Namen der ihm auferlegten internationalen Verpflichtungen und der zwischen uns bestehenden Verträge auffordern, die Verantwortlichen zu ermitteln, vor Gericht zu stellen und zu gewährleisten, dass die Rechte der religiösen Minderheiten geachtet werden. Das ist das, was wir hier in der Regel tun.
Der zweite Ansatz ist der von den Vereinten Nationen gewählte, und zwar mittels einer von zwölf Ländern und allen EU-Staaten eingereichten Resolution zur Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion, der Überzeugungen, der Gedanken und des Gewissens, denn im Völkerrecht, – und das ist sehr kostbar –, sind diese miteinander verbunden. Die Rechte jedes Menschen auf Gedanken-, Religions-, Gewissens- und Meinungsfreiheit sind miteinander verflochten.
Was werden wir heute tun, wenn wir diesen von Ihnen vorgelegten unannehmbaren Text verabschieden? Wir werden die von unseren Mitgliedstaaten im Rahmen der Vereinten Nationen geleistete Arbeit ignorieren und das Problem in einer Art und Weise angehen, die einige Länder ermutigen könnte, Glaubensfragen in ihren internationalen Beziehungen zu instrumentalisieren. Wir werden uns gegen eine ausgewogene Herangehensweise aussprechen, wie sie zum Beispiel von Frau Jahangir, Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen, die jetzt in Pakistan unter Hausarrest steht, befürwortet wird, und wir werden letztendlich die religiösen Minderheiten, einschließlich der Christen, überall auf der Welt schwächen.
Ich möchte nochmals, im Einvernehmen mit auf dem Gebiet der Religionsfreiheit tätigen Sachverständigen, wie zum Beispiel Christian Solidarity Worldwide, betonen, dass diese Entschließung einfach nur die Gefahr für diejenigen erhöht, die wir schützen möchten.
Bastiaan Belder (IND/DEM), Verfasser. – (NL) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn uns die Grundrechte wirklich am Herzen liegen, muss uns die prekäre Situation der christlichen Gemeinschaften im Nahen Osten betroffen machen. Der vorliegende Entschließungsantrag appelliert in diesem Sinne an alle europäischen Institutionen.
Der jüngste Besuch einer Delegation unseres Parlaments gab uns einen größeren Einblick in das tägliche Leben libanesischer Christen, die befürchten, wie ihre Glaubensbrüder in fast allen Ländern dieser Region, als Menschen zweiter Klasse behandelt zu werden.
Sie werden unmittelbar vor die Wahl zwischen persönlicher Sicherheit und persönlicher Würde sowie ihrer religiösen Überzeugung gestellt. Die modernen libanesischen Christen wollen jedoch beides haben.
Die politische Gewalt der letzten Jahre wirkt sich jetzt unmittelbar auf die Christen im Land der Zedern aus. Eine Kontaktperson aus dem Libanon berichtete erst in dieser Woche, dass die Christen zwar nicht die vorrangige Zielscheibe dieser Gewalt, aber die meisten ermordeten Politiker christlicher Herkunft sind, so wie die Journalisten, die das Ziel von Anschlägen geworden sind. Das schüchtert die christliche Bevölkerung im Libanon ein.
Marios Matsakis (ALDE), Verfasser. – (EN) Frau Präsidentin! Seit Jahrtausendenden ist das Leben der Menschen auf der Erde den Gefahren todbringender Kräfte ausgesetzt, gegen die er sich nicht schützen und die er nicht verstehen kann. Solche Kräfte reichen von schrecklichen Naturkatastrophen bis hin zu unbegreiflichen körperlichen und seelischen Erkrankungen. Der Glaube an eine allmächtige Instanz, die er „Gott“ nennt, hilft dem Menschen, besser mit seiner eigenen Ohnmacht zurechtzukommen. Die vielen Gruppen von Menschen haben ein unterschiedliches Verständnis und ein unterschiedliches Konzept von Gott entwickelt.
Daraus sind zahlreiche Religionen entstanden. Solche Religionen sind natürlich von Menschen und nicht von Gott geschaffen und haben daher gewisse Schwachstellen. Dazu gehören Fanatismus und Dogmatismus. Dazu gehört aber auch, dass anderen Menschen das Recht auf einen anderen Glauben abgesprochen wird. Anzahl und Tragweite dieser Schwachstellen sind von Religion zu Religion unterschiedlich, und bedauerlicherweise gibt es viele extremistische religiöse Führer und skrupellose Politiker, die sie ausnutzen.
Dies hat zur Folge, dass Religionskriege geführt und im Namen der Religion abscheuliche Verbrechen gegen Menschen begangen werden. Weder das Christentum noch der Islam, zwei der wichtigsten Religionen der Menschheit, sind frei von dieser Schuld und die Geschichte ist voll von beschämenden Beispielen, die dies belegen. Im Laufe der Zeit sind die meisten Religionen natürlich reifer und menschlicher geworden und dies gilt insbesondere für das Christentum. Doch in einigen anderen Religionen hat sich dieser Wandel bedauerlicherweise nicht vollzogen.
Aus diesem Grund werden in einigen Ländern, vor allem der islamischen Welt, Christen verfolgt, gelegentlich mit einem extremen kriminellen Eifer und mitunter auch mit der Billigung durch politische Gruppierungen und sogar Regierungen. Dies ist in der Tat eine unhaltbare Situation, die zahlreiche Länder oder Regionen der Welt betrifft, von denen einige heute hier im Haus bereits erwähnt wurden, die aber im Nahen Osten besonders häufig auftritt.
Wir hoffen, dass wir mit diesem Entschließungsantrag die Verfolgung von Christen in diesen Ländern ins Blickfeld zu rücken können und dass er dazu beitragen wird, den für politische und religiöse Angelegenheiten zuständigen Behörden unmissverständlich klarzumachen, dass solch ein aggressives Vorgehen weder mit den Grundsätzen der Achtung der Menschenrechte noch mit den wahren Lehren einer mitfühlenden Religion vereinbar ist.
Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin! Wie Sie sehen, habe ich zwanzig Sekunden meiner Redezeit nicht ausgeschöpft!
Erik Meijer (GUE/NGL), Verfasser. – (NL) Frau Präsidentin! Die christlichen Gemeinschaften im Nahen Osten haben ihren Ursprung in den frühen Jahren des Christentums. Sie sind älter als das Christentum in Europa und als der Islam im Nahen Osten.
Heutzutage werden sie jedoch häufig als Fremdkörper in einem Gebiet, das nunmehr vorwiegend islamisch ist, betrachtet. Daran ist nicht nur die religiöse Intoleranz bestimmter Gruppierungen innerhalb des Islams schuld, sondern auch Europa.
Bereits dreimal haben im Verlauf der Geschichte Europa und das Christentum Gräuel und Hass in dieser Region verbreitet. Das erste Mal waren es die Kreuzzüge im späten Mittelalter, als europäische Okkupationsarmeen die Kontrolle über Orte übernahmen, die nicht nur den Christen, sondern auch Juden und Moslems heilig waren. Das zweite Mal geschah es nach dem Zerfall des osmanischen Reiches Anfang des vergangenen Jahrhunderts, als Ägypten, der Sudan, Jordanien und der Irak unter die britische und Syrien und der Libanon unter die französische Kolonialherrschaft gerieten.
Gegenwärtig befinden wir uns in der dritten Phase. Europas Position in Bezug auf Israel, Palästina und den Irak haben großen Widerstand im Nahen Osten hervorgerufen, wo Europa in dem Ruf steht, sich in erster Linie um seine eigene Energieversorgung und die Sicherung seiner Verkehrsrouten zu sorgen und den ethnischen und religiösen Minderheiten, die ihm wohl gesonnen sind, eine bevorzugte Behandlung zukommen zu lassen.
Eine mögliche Folge dessen ist, dass sich die christlichen Minderheiten im Nahen Osten auf lange Sicht nicht halten können und zur Flucht nach Europa verurteilt sind. Eine bessere Lösung wäre jedoch, den Christen und Juden im Nahen Osten eine größere Bewegungsfreiheit zu gewähren, so wie Europa das auch in Bezug auf seine muslimische Minderheit tun muss.
Bernd Posselt, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Die Kollegin Flautre redet – mit Verlaub gesagt – Unsinn. Muslime setzen sich massiv für muslimische Minderheiten ein. Wir setzen uns für muslimische und andere religiöse Minderheiten ein. Aber leider ist es eine Tatsache: Wenn wir uns nicht für Christen einsetzen, dann tut dies niemand.
Die Islamische oder die Arabische Liga hat sich niemals für die Rechte von Christen eingesetzt, so wie wir uns für die Rechte von Muslimen eingesetzt haben. Deshalb ist es höchste Zeit, dass wir dieses Thema auf die Tagesordnung setzen. Es ist ein Akt der Gerechtigkeit, wobei ich ganz klar sagen muss: Das Problem ist nicht der Islam. Die Christen im Nahen Osten haben 1200 Jahre lang unter islamischer Herrschaft überlebt. Sie sind in unserer angeblich so fortschrittlichen Zeit massiv gefährdet – noch dazu im Irak, unter westlicher Besatzung.
Wir müssen unsere eigene Verantwortung wahrnehmen, um ihnen ein Überleben in Freiheit und in Würde zu ermöglichen. Die Masse der Religionsverfolgung findet im kommunistischen China, im pseudo-christlichen nationalistischen Russland, in kommunistischen Diktaturen statt – auch in islamistischen Regimen, wobei der Islamismus für mich nur eine perverse Diktatur und Ideologie des Zwanzigsten Jahrhunderts ist. Hier sind wir Europäer in der Pflicht, und die werden wir wahrnehmen!
(Beifall)
Paulo Casaca, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) Frau Präsidentin! Meine Glückwünsche gelten den Verfassern dieses Gemeinsamen Entschließungsantrags. Ich möchte bemerken, dass es an der Zeit ist, daran zu erinnern, dass es vor der Christenverfolgung zum Beispiel die Verfolgung der Juden gab, und im Irak waren und sind immer noch die Jesiden, Mandäer und selbst die Moslems, ob Schiiten oder Sunniten, der Verfolgung ausgesetzt.
Es ist weder fair noch angemessen, die Geschehnisse im Irak mit denen in Europa zu vergleichen. In der Tat müssen wir uns ins Bewusstsein rufen, dass den im Irak Verfolgten, ob Christen oder Nichtchristen, in Europa leider nicht der Schutz zu Teil wird, der ihnen zusteht. Seitens der Europäischen Union gibt es im Umgang mit den verfolgten Irakern unglaubliche Fälle von absolut fehlender Sensibilität. Zum Abschluss möchte ich Sie, ohne die anderen zu vernachlässigen, an Pfarrer Ragheed Ganni und die gesamte Gemeinde der Heiliggeistkirche in Mosul, an das vielleicht abscheulichste in diesem Jahr verübte Verbrechen, erinnern.
Marcin Libicki, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Wir sprechen heute über die grausame Verfolgung von Christen, besonders im Nahen Osten. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass Christen auf der ganzen Welt verfolgt werden, und ich teile nicht die Ansicht von Herrn Casaca, dass sehr viele religiöse Minderheiten verfolgt werden.
Er möge bitte Beispiele für eine massive Verfolgung dieser Minderheiten nennen; damit meine ich nicht die zufällige, wenn auch verwerfliche Tötung eines Andersgläubigen, sondern Fälle, in denen eine andere Religion verfolgt wird, so wie es mit Christen geschieht. Ich stimme Herrn Posselt voll und ganz zu und gehe mit vielen Rednern konform, die Dutzende Beispiele von Christenverfolgung angeführt haben, nicht aber mit Herrn Casaca, der behauptet, dass zahlreiche andere Religionen ebenfalls verfolgt würden. Das entspricht nicht den Tatsachen. Christen sind das vorrangige Ziel von Verfolgung. Es sind vor allem Christen, die verfolgt werden.
Gestern haben wir die Rede von Präsident Sarkozy gehört, der von der Notwendigkeit sprach, die Identität Europas zu verteidigen. Um welche Identität handelt es sich denn? Wer verteidigt uns, wenn wir uns nicht selbst und die Wurzeln unserer Identität verteidigen? Die Christen im Nahen Osten sind Zeugnis unserer europäischen Identität. Sie leben dort seit 2 000 Jahren, und wir müssen sie schützen, wenn sie dort weiterhin bleiben sollen.
Giusto Catania, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Meiner Ansicht nach gehen wir heute mit diesem Entschließungsantrag einen wichtigen Schritt, denn das Parlament ist verpflichtet, stets Aktionen und Ereignisse zu verurteilen, die das Leben von Männern und Frauen aufgrund ihres Glaubens, ihrer religiösen Überzeugung oder ihrer politischen Ansichten gefährden.
Religionsfreiheit ist ein Wert, den wir in den Vordergrund rücken müssen. Es entspricht der Tatsache, dass Christen in vielen Fällen Verurteilungen und Kriminalisierung zu fürchten haben, und aus diesem Grund muss das Parlament sie schützen und verteidigen, so wie es Bürger muslimischen Glaubens stets geschützt und verteidigt hat, die im Westen Opfer von Diskriminierung geworden sind. Wir glauben, dass alle Religionen eine positive und friedenserhaltende Rolle spielen und die Achtung vor der Vielfalt fördern können. Aus diesem Grunde müssen wir jede Form von religiösem Fundamentalismus, der in Konflikten so oft eine Rolle spielt, auf das schärfste verurteilen. Ich meine, dieses Parlament sollte immer bestrebt sein, zuzuhören und den interreligiösen Dialog zu fördern.
Es gibt einige beachtenswerte Beispiele, die zeigen, dass Lösungen möglich sind, bei denen die Religionen einander zuhören und eine gemeinsame Basis aufbauen können. Ich möchte außerdem an die Opfer einiger Katholiken und anderer Christen erinnern, die für die Befreiung der Armen, für die Völker und für soziale Befreiung gekämpft haben. Aus diesen Gründen stimmt unsere Fraktion für diesen Entschließungsantrag, zum Gedenken an Priester wie Peppino Diana und Pino Puglisi, die wegen ihres Widerstandes gegen die Mafia und die organisierte Kriminalität im Allgemeinen sterben mussten.
Kathy Sinnott, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Ich begrüße diesen gemeinsamen Entschließungsantrag, weil ich den Schutz christlicher Minderheiten in Afrika, Asien und im Nahen Osten für unbedingt notwendig halte. Es ist wichtig, dass wir alle religiösen Gemeinschaften vor Verfolgung schützen. Ich finde es erschreckend, dass Menschen in ihrem Alltag Einschränkungen hinnehmen müssen, bei dem, was sie tun und wo sie hingehen können, in ihren Möglichkeiten, Grundbesitz zu erwerben und eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz zu bekommen, und dass ihr Leben bedroht ist, weil sie dem christlichen Glauben angehören.
Die freie Ausübung des Glaubens ist ein grundlegendes Menschenrecht und daher ist es wichtig, dass die Regierungen dafür Sorge tragen, dass auch die religiösen Minderheiten in ihren Ländern ihren Glauben ungehindert ausüben können, das heißt, ohne dass sie deshalb ihr Leben oder etwas anderes in Gefahr bringen.
Die Muslime müssen erkennen, dass sie den Grundsatz der Religionsfreiheit und die Toleranz fördern müssen, dieselbe Freiheit und Toleranz, die sie gegenüber ihrem Glauben in unseren Ländern mit häufig großen christlichen Bevölkerungsgruppen genießen und erwarten.
Eija-Riitta Korhola (PPE-DE). – (FI) Frau Präsidentin! Ich messe der Initiative von Herrn Mauro eine große Bedeutung bei. Tag für Tag sind friedliebende Christen der Gefahr systematischer Unterdrückung ausgesetzt und müssen in Krisen, an denen sie gar nicht beteiligt sind, als Sündenböcke herhalten. Das ist absolut verwerflich und ein Problem, das angesprochen werden muss. Wenn wir die Lage der Christen tatsächlich verbessern wollen, müssen wir das Problem als Teil eines größeren Ganzen verstehen. Es sind nicht nur Christen, die Schwierigkeiten haben, es haben auch Muslime, Buddhisten, Hindus, Juden, Sikhs und Ahmadis in vielen Ländern Probleme. Die Liste ist lang.
Die Freiheit der Religion ist der Schlüssel zu einer Gesellschaft, die die Menschenrechte und die bürgerlichen Freiheiten achtet. Sie ist sozusagen ein Meta-Recht, praktisch eine Voraussetzung für andere Menschenrechte, die den Zustand einer Gesellschaft insgesamt widerspiegeln. Wenn eine Gesellschaft krank zu werden beginnt, dann wird das zuerst in den Beschränkungen der Religionsfreiheit und im Status der religiösen Minderheiten sichtbar. Aus diesem Grund müssen wir die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur Freiheit der Religion uneingeschränkt unterstützen.
Es sei erwähnt, dass sich in zahlreichen Ländern, beispielsweise in Pakistan und in Indonesien, religiöse Gemeinschaften gemeinsam um die Religionsfreiheit und den Schutz von Minderheiten bemühen. Religion selbst könnte also auch eine Lösung sein. Ein pluralistischer Dialog führt stets zu weniger Spannungen und dient der Freiheit der Religion und der Gesellschaft als Ganzes.
Ana Maria Gomes (PSE) . – (PT) Die Verfolgung religiöser Minderheiten in vielen Ländern sollte uns dazu anregen, über die Verletzlichkeit der Errungenschaften der Zivilisation nachzudenken, die wir erreicht zu haben glauben. Die Religionsfreiheit ist ein wesentlicher und unveräußerlicher Bestandteil der allgemeinen Menschenrechte. Trotz ihrer anerkennenswerten Absichten ist diese Entschließung lückenhaft.
Das Europäische Parlament muss sich insbesondere zu der Verfolgung christlicher Minderheiten, doch in erster Linie zu allen Formen der Intoleranz und Diskriminierung aus Gründen des Glaubens oder der Religion, wovon wirklich alle Religionsgemeinschaften betroffen sind, laut und deutlich äußern. Wir sollten auch über die Islamophobie und den Antisemitismus beunruhigt sein, die in Europa und anderenorts zunehmend auftreten. Wenn wir uns fast ausschließlich auf die Diskriminierung von Christen konzentrieren, könnten wir einen falschen Eindruck erwecken. Deshalb muss betont werden, dass das Europäische Parlament die Erklärung über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung uneingeschränkt unterstützt, die der UNO-Generalversammlung von den EU-Mitgliedstaaten vorgelegt wurde.
Mieczysław Edmund Janowski (UEN). – (PL) Frau Präsidentin! Auch der Nahe Osten hat seine christlichen Wurzeln. Ungeachtet ihrer Differenzen untereinander konnten die Christen dort vielfach zeigen, dass sie in der Nachbarschaft von Moslems, Juden oder Angehörigen anderer Religionen in Frieden und gegenseitigem Respekt leben können.
In jüngster Zeit erleben wir aber Handlungen von Anhängern des Islams, die auf die praktische Umsetzung der falschen These zurückzuführen sind, dass man mit seiner antichristlichen Haltung belegen könne, was für ein guter Moslem man doch sei. Der libanesische Journalist Hazem Saghieh hat das vor kurzem berichtet. Zahlreiche und oft gravierende Fälle von Verletzungen der Rechte von Menschen, die allein aufgrund ihres christlichen Glaubens als Bürger zweiter Klasse behandelt werden, belegen die Verletzung des Grundprinzips der Freiheit des Menschen: der Freiheit der Religionsausübung.
Da stellt sich die Frage: Was können wir in der Europäischen Union, die gegenüber moslemischen Mitbürgern offen ist und deren Rechte respektiert, für die Christen tun, die nicht einmal einen bescheidenen Teil solcher Rechte in diesen Ländern genießen? Wo besteht hier irgendeine Gegenseitigkeit? Sie zeigt sich weder in den religiös begründeten Morden, noch in der weit verbreiteten Diskriminierung, noch in der Ablehnung von Bauvorhaben für christliche Kirchen, noch in der Zerstörung von Denkmälern christlicher Kultur.
Die ganze Welt will Frieden, und die Menschen wollen Freiheit, auch religiöse Freiheit.
Bogusław Sonik (PPE-DE). – (PL) Frau Präsidentin! Wegen der gegenwärtigen politischen Lage im Nahen Osten fühlen sich die dort lebenden Christen immer stärker bedroht. Ein Grund dafür ist der zunehmende Einfluss islamischer Fundamentalisten, die den Christen jeden Misserfolg anlasten, der den Menschen in der Region widerfährt. Wegen ihrer religiösen Verbindungen zu den Menschen im Westen werden sie auch der Verwestlichung der traditionellen sozialen Strukturen beschuldigt, die man im Nahen Osten nur sehr ungern zur Sprache bringt.
Ihren Missmut bringen die Fundamentalisten unter anderem durch eigens organisierte antiwestliche Demonstrationen zum Ausdruck, auf denen sie christliche Symbole und Geschäfte von Christen zerstören. In extremen Fällen werden sogar Morde begangen. Es liegt an der Passivität der Regierungen, dass immer mehr christliche Familien beschließen auszuwandern.
In der Entschließung werden einige Probleme dargestellt, mit denen die Christen im Nahen Osten konfrontiert werden. Das sind aber nicht alle Beispiele, deshalb sollte das Europäische Parlament meiner Ansicht nach einen ausführlichen Bericht über die Lage der Christen im Nahen Osten oder die Lage der Religionen im Allgemeinen erstellen. Wir sollten uns auch Gedanken darüber machen, wie wir den Dialog zwischen den Zivilisationen führen, in den sich die christliche Gesellschaft und islamische Regionen erfolgreich einbinden lassen.
Jerzy Buzek (PPE-DE). – (PL) Frau Präsidentin! Ich gratuliere Herrn Mauro. Die Entschließung lässt für mich keine Zweifel offen. Das einzige Problem ist, ob wir etwas bewirken, ob wir etwas bewirken werden und ob wir etwas ändern. Wir können auf dreierlei Weise vorgehen.
Erstens mit diplomatischem Druck. Den üben wir derzeit aus. Man muss aber auch die europäischen Regierungen dafür gewinnen. Jeder Diplomat sollte das vor Augen haben. Auf solche Maßnahmen müssen wir in bilateralen und multilateralen Gesprächen hinwirken. Nur geballter diplomatischer Druck kann hier zu guten Ergebnissen führen.
Die zweite Möglichkeit sind Wirtschaftssanktionen. Ich weiß aus der Erfahrung meines eigenen Landes von vor 20, 30 Jahren, was solche Sanktionen für die kommunistische Regierung in Warschau bedeutet haben – klug ausgewählte Sanktionen, damit die Bürger nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Dieses Mittel müssen wir auch einsetzen.
Und schließlich brauchen wir eine gründliche Analyse unserer Maßnahmen, denn in den Ländern des Nahen Ostens und an anderen Orten der Welt ist die Lage wechselhaft. Das hängt auch von unseren Maßnahmen ab, die nicht immer sehr koordiniert oder ausgewogen sind. Damit meine ich Interventionen, kulturelle Ereignisse und auch Äußerungen von Diplomaten. Wir wollen unsere Überzeugungen nicht verbergen. Im Gegenteil – wir wollen sie offen darstellen. Wir müssen aber nicht nur entschlossen, sondern auch umsichtig vorgehen.
Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. – (EN) Frau Präsidentin! Der Kommission ist bekannt, dass Menschen aufgrund ihrer Religion und ihres Glaubens diskriminiert werden, und sie verurteilt diese Diskriminierungen mit allem Nachdruck. Wir verfolgen eine Politik, die jedwede Diskriminierung bekämpft, und wir tun dies in bilateralen Beziehungen und in multilateralen Foren, wie den Vereinten Nationen.
Auf der UNO-Generalversammlung brachte die EU ihre traditionelle Resolution über die Beseitigung aller Formen der Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung ein. Im vergangenen Jahr stimmten 99 Länder und damit so viele wie nie zuvor für den Text der Resolution.
Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten beobachten wir die Situation der Menschenrechte und der Demokratie in den Partnerländern sehr genau. Wir sprechen diese Themen auf den Treffen an, die im Rahmen des politischen Dialogs durchgeführt werden. Mit Demarchen oder öffentlichen Erklärungen erinnern wir die Partner an ihre Verpflichtungen gemäß dem Völkerrecht, das jegliche Diskriminierung verbietet.
Die EU versucht im Rahmen der Nachbarschaftspolitik aktiv, den Schutz der Menschenrechte weiter voranzubringen. Die Aktionspläne zur Europäischen Nachbarschaftspolitik decken ein breites Spektrum von Themen in diesem Bereich ab. Bei den separaten Treffen des Unterausschusses Menschenrechte mit Jordanien, Marokko, dem Libanon und Tunesien wurde bereits überprüft, welche Fortschritte bei der Umsetzung der in den ENP-Aktionsplänen festgelegten Verpflichtungen zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten erzielt wurden. Das erste Treffen des Unterausschusses Menschenrechte mit Ägypten wird Ende dieses Monats stattfinden.
Parallel zu den bilateralen Kontakten mit den Regierungen und der Hilfe bei politischen Reformen unterstützen wir weltweit Nichtregierungsorganisationen, die sich aktiv für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte einsetzen. Wir sind der Ansicht, dass Menschenrechtsaktivisten eine unentbehrliche Rolle in der Gesellschaft spielen.
Als ebenso wichtige Aufgabe betrachten wir es, die Religionsfreiheit in Europa zu schützen und weiter zu stärken. Die EU kann bewährte Verfahren aufzeigen und ihre Erfahrungen an andere weitergeben.
Die Präsidentin. - Herr Casaca hat um das Wort zu einer persönlichen Erklärung auf der Grundlage von Artikel 145 der Geschäftsordnung gebeten.
Paulo Casaca (PSE) . – (PT) Frau Präsidentin! Ich bitte um Entschuldigung, falls ich mich nicht klar genug ausgedrückt habe. Ich erkläre mich uneingeschränkt und vorbehaltlos mit den im Nahen Osten, speziell im Irak, verfolgten christlichen Gemeinschaften solidarisch. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, und ich werde dem Abgeordneten alles seiner Ansicht nach Erforderliche zur Verfügung stellen, dass diese Verfolgung leider nicht auf die christliche Gemeinschaft beschränkt war und dass die jesidische Gemeinschaft, die mandäische Gemeinschaft, selbst die Schiiten und Sunniten, die nicht den mehrheitlichen Gemeinschaften angehören, in diesem Land der schrecklichen Verfolgung ausgesetzt waren. Das ist eine Tatsache, die niemand leugnen kann. Ich wollte dies nur hervorheben und bin bereit, alle erforderlichen Unterlagen zugänglich zu machen.
Die Präsidentin. - Herr Casaca, Sie haben die Redezeit für eine persönliche Erklärung überschritten.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet im Anschluss an die Aussprache statt.
Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über sechs Entschließungsanträge zu Usbekistan.(1)
Katrin Saks (PSE). – (ET) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte an die Worte des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy erinnern, der sich hier im Parlament vor einigen Tagen wie folgt äußerte: „Alle, die unsere Werte missachtet haben, weil sie lieber Aufträge an Land ziehen wollten, haben letztlich auf ganzer Front verloren.“ Was Usbekistan und darüber hinaus ganz Zentralasien betrifft, so besteht die Gefahr, dass bei der Bewertung der Energieressourcen dieser Region die Interessen einzelner Länder über unsere gemeinsamen Werte gestellt werden. Das zeigt sich leider auch darin, dass wir zu dem Entschließungsantrag der PPE-DE-Fraktion und der UEN-Fraktion über den Beschluss des Rates zur Aussetzung des Visaverbots für usbekische Beamte für einen Zeitraum von sechs Monaten ohne eine echte Verbesserung der Menschenrechtslage keine Einigung erzielen konnten.
Im Entschließungsantrag wird auch auf die äußerst kritische Menschenrechtslage in Usbekistan verwiesen. Heute wurde jedoch auch die Auffassung vertreten – das habe ich mit eigenen Ohren gehört –, dass die Menschenrechte eine innere Angelegenheit dieses Landes seien. Wir können diese Ansicht nicht befürworten, und ich fordere Sie auf, die erste, kritischere Version des Entschließungsantrags zu unterstützen.
Elisabeth Jeggle (PPE-DE), Verfasserin. – Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, verehrte Damen und Herren! Als demokratische Institution dürfen wir es nicht zulassen, dass Menschenrechte mit Füßen getreten werden, nirgendwo auf der Welt. Genau so wenig können wir es aber hinnehmen, wenn in unserem eigenen Hause die diplomatischen Beziehungen und die interparlamentarische Zusammenarbeit zwischen der EU und Usbekistan leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Wenn ich die vorgelegten Entschließungen der Sozialisten, der Liberalen und Linken betrachte, kommt dies einem diplomatischen Kahlschlag gleich.
In der letzten Entschließung des Parlaments vom Oktober 2006 haben wir uns für eine konstruktive und dialogorientierte Lösung eingesetzt. Heute aber wird nicht der Dialog gesucht, sondern eine Tür zugeschlagen. Ich kann dies im Namen meiner Fraktion nicht verantworten. Insofern bitte ich Sie, die Entschließungen der Sozialisten, Liberalen und Linken abzulehnen.
Für unsere Entschließung zusammen mit der UEN-Fraktion gibt es folgende Punkte: Die politische Lage in Usbekistan ist keineswegs zufrieden stellend. Die Menschenrechtslage ist nach wie vor in vielen Aspekten besorgniserregend. Es gibt aber trotz allem Fortschritte. So hat z. B. am 8. und 9. Mai dieses Jahres in Taschkent eine erste Runde des Menschenrechtsdialogs zwischen der Europäischen Union und Usbekistan stattgefunden. Eine Entschließung des Europäischen Parlaments muss die momentane Lage beleuchten, und nur darauf kann sich diese Entschließung stützen.
Adam Bielan (UEN), Verfasser. – (PL) Frau Präsidentin! Ich möchte zunächst den Mitverfassern der Entschließung danken. Zugleich möchte ich mit Blick auf die 2004 angenommenen Leitlinien der Gemeinschaft für den Schutz der Menschenrechte deutlich betonen, dass die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Usbekistan einer Verbesserung bedürfen. Ich möchte aber unterstreichen, dass diese Beziehungen auf den Prinzipien der Demokratie, der Rechtstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte beruhen sollten, wobei Letztere besonders hervorzuheben sind.
Angesichts des Beschlusses, für einen Zeitraum von sechs Monaten bestimmte Usbekistan auferlegte Sanktionen auszusetzen, unterstütze ich darüber hinaus die Initiative, die getätigten Fortschritte bezüglich der Wahrung der Menschenrechte in diesem Land zu beobachten. Die Entscheidung des usbekischen Justizministeriums, dem Büro, das diese Rechte überwacht, die Anerkennung zu verweigern, ist ein Beleg dafür, dass wir weiterhin auf diesem Gebiet Engagement zeigen müssen.
Als Vizepräsident des Parlaments, der für die Nachbarschaftspolitik unter anderem in Usbekistan verantwortlich ist, appelliere ich an internationale Institutionen und insbesondere an die Behörden in Usbekistan, fördernde Maßnahmen zu ergreifen, die auf die Entwicklung einer Zivilgesellschaft abzielen.
Hélène Flautre (Verts/ALE), Verfasserin. – (FR) Frau Präsidentin! Das Ziel dieser Entschließung ist einfach: Es geht darum, die Wahrheit zu sagen. Das fordern das usbekische Volk und die Menschenrechtsaktivisten von uns.
Die Dringlichkeit wiederum lässt sich aus den in den letzten Monaten an Journalisten und Dissidenten verübten Morden sowie aus den Schlussfolgerungen des Rates vom 15. Oktober ableiten, die durch den Präsidenten Karimow fälschlicherweise als ein diplomatischer Sieg dargestellt wurden. Wesentlich ist hierbei, dass die Sanktionen für zwölf Monate weitergeführt wurden, weil es keine Ermittlungen zum Massaker von Andidschan gab und weil die Expertensitzungen zu diesem Thema zu keinem Ergebnis geführt haben.
Was die sechsmonatige Aufhebung des Visaverbots betrifft, so sind wir damit einverstanden, dass das Ausstellungsverbot für Visa automatisch verlängert wird, wenn die gestellten, ausnehmend guten Kriterien, wie zum Beispiel die Besuche von Sonderberichterstattern der Vereinten Nationen, nicht in diesen sechs Monaten erfüllt werden.
Wir kritisieren hingegen die Schlussfolgerungen in Bezug auf die so genannten Fortschritte auf dem Gebiet der Menschenrechte. So steht zum Beispiel die Abschaffung der Todesstrafe immer noch nicht auf der Tagesordnung, und der Menschenrechtsdialog zwischen der EU und Usbekistan ist vorläufig eingestellt.
Letztendlich verurteilen wir in dieser Entschließung den Mord an zahlreichen unabhängigen oder regimekritischen Journalisten und fordern die Durchführung von unparteiischen und ernsthaften Ermittlungen.
Ich mache mir über die Absichten der PPE-DE- und der UEN-Fraktion ernsthafte Gedanken. Sie schlagen vor, weiter als alle Mitgliedstaaten zu gehen, indem sie die Schlussfolgerungen des Rates nicht nur als Aussetzung der Visaverbote, sondern sogar als völlige Aufhebung der Visa auslegen. In ihrer Ziffer 3 heißt es, dass die Unwirksamkeit der Sanktionen eine Ermutigung für das usbekische Regime darstellt, was weder intellektuell noch politisch frei von jeder Logik ist. Im Text werden nicht einmal die dreizehn Menschenrechtsaktivisten erwähnt, deren sofortige Freilassung Präsident Pöttering schriftlich gefordert hat.
Abschließend geht es in meiner letzten Bemerkung um Ziffer 9, in der die schwierige Lage von Human Rights Watch geschildert wird. Das ist in Ordnung, aber diese Organisation hat eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie in einer technisch fehlerhaften Entschließung, die sowohl für die Menschenrechtsaktivisten als auch für das usbekische Volk gefährlich ist, nicht erwähnt werden möchte, da sie letztlich, für jeden verständlich, dem Diktator Karimow als Propagandainstrument dienen würde.
Daher fordere ich die Abgeordneten der PPE-DE und der UEN auf, die für diese Sache und gegenüber dem usbekischen Volk erforderliche Ernsthaftigkeit an den Tag zu legen und unseren Entschließungsantrag zu unterstützen, der nichts als die Wahrheit über die Menschenrechtslage in Usbekistan aussagt.
Marios Matsakis (ALDE), Verfasser. – (EN) Frau Präsidentin! Die seit 1989 bestehende Gewaltherrschaft von Herrn Karimow in Usbekistan ist ein Krebsgeschwür für die Demokratie. Das Regime von Herrn Karimow ist für eine Politik des Terrors und der Korruption in seinem Land verantwortlich, deren Opfer natürlich vor allem die usbekische Bevölkerung ist. Die Menschen sind willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen, Folter und Misshandlungen ausgesetzt, und obwohl die internationale Gemeinschaft ebenso wie die EU wiederholt demokratische Reformen gefordert haben, hält Herr Karimow weiter unbeirrt an seinem Kurs fest.
Dies erinnert mich an eine andere Person, die ihr Land in einer ähnlich totalitären Weise führt und keinerlei Notiz von denen nimmt, die die Durchführung demokratischer Reformen verlangen. Ich spreche von König Abdullah von Saudi-Arabien, einem Land, in dem Frauen kein Wahlrecht besitzen, noch nicht einmal Auto fahren dürfen, und wo schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind.
Hier muss man den Regierungen der EU-Länder leider vorwerfen, dass sie mit zweierlei Maß messen: Sie greifen Herrn Karimow – völlig zu Recht – heftig an, während sie gegenüber König Abdullah äußerst moderate Töne anschlagen. Bei jüngsten Staatsbesuchen in Großbritannien und Italien wurde König Abdullah sogar mit großem Pomp empfangen.
Der Hauptunterschied zwischen Usbekistan und Saudi-Arabien ist Geld – viel Geld – und solange König Abdullah seine Milliarden in Großbritannien und Italien ausgibt, übersieht man großzügig seine Mitverantwortung an den schweren Menschenrechtsverletzungen und den Repressalien gegen demokratische Institutionen in seinem Land. Dies ist vermutlich auch der Grund, weshalb mein Antrag, eine Aussprache über die Situation in Saudi-Arabien in die heutige Tagesordnung aufzunehmen, von fast allen Fraktionen förmlich abgelehnt wurde. Beim nächsten Mal wird man hoffentlich etwas mehr Sensibilität an den Tag legen.
Erik Meijer (GUE/NGL), Verfasser. – (NL) Frau Präsidentin! Usbekistan braucht radikale Veränderungen. Ein erster Impuls für eine Entwicklung in diese Richtung wurde am 13. Mai 2005 mit brutaler Gewalt im Keim erstickt, was Hunderten von Demonstranten das Leben kostete. Seitdem ist die Außenwelt verdächtig lange still gewesen, und nur wenig ist seit unserer Dringlichkeitsdebatte am 27. Oktober 2005 geschehen.
Autoritäre Regime haben jedoch nicht nur in solchen besser bekannten Staaten wie der Ukraine, Georgien und Belarus nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Macht übernommen, sondern insbesondere auch in Turkmenistan und Usbekistan. Dort hat nicht die Demokratie gesiegt, sondern eine kleine Gruppe von Menschen, die ihre Erfahrungen im alten Staatsapparat und bei den Sicherheitskräften gesammelt hat.
Diese Leute haben kein anderes Ziel, als an der Macht zu bleiben. Sie haben Staatsbetriebe in ihr Privateigentum umgewandelt, Wahlergebnisse manipuliert, der Opposition so wenig Spielraum wie möglich gegeben, freie Organisationen behindert, die Presse eingeschränkt und, wenn nötig, Gewalt gegen das eigene Volk eingesetzt. Diese Verhältnisse bestehen leider in Usbekistan noch immer.
Die gegenwärtige Haltung Europas gegenüber Usbekistan wird in zu hohem Maße von wirtschaftlichen und militärischen Interessen bestimmt. Es scheint, dass die Diktatur in Usbekistan an der Macht bleiben durfte, weil sie sich als nützlich bei der militärischen Intervention in Afghanistan erwiesen hat. Eine solche Haltung zerstört jedoch völlig die Glaubwürdigkeit des Anspruchs Europas im Hinblick auf Menschenrechte und Demokratie. Europa darf die Rechte und Freiheiten der Usbeken nicht anderen Überlegungen unterordnen.
Karin Scheele, im Namen der PSE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Unter der deutschen Ratspräsidentschaft wurden auf explizites Einwirken der deutschen Bundesregierung die Sanktionen gegen Usbekistan gelockert unter der Bedingung, dass die Regierung Karimow die Menschenrechtslage im Land verbessern sollte. In usbekischen Gefängnissen wird weiterhin gefoltert, die Menschenrechtslage in Usbekistan hat sich um Nichts verbessert. Das berichten uns internationale Organisationen, die dramatische Angriffe auf die Zivilgesellschaft beobachten. Nicht nur Menschenrechtsorganisationen, auch Frauenorganisationen, Informationszentren und viele andere Organisationen sind davon betroffen. Menschenrechtsaktivisten werden zu langjährigen Strafen verurteilt, zahlreiche Aktivisten mussten fliehen, auch Journalisten.
Wir dürfen die Sanktionen nicht aufweichen, wir dürfen die Sanktionen nicht aufheben! Wir sehen einmal mehr, dass wir auch hier in diesem Parlament unterschiedliche Diskurse über Menschenrechte hören, wenn es um Zugang zu Rohstoffen geht, im Gegensatz dazu, wenn das nicht im Spiel ist. Wir müssen ein klares Signal senden, dass wir das nicht akzeptieren!
Raül Romeva i Rueda, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (ES) Frau Präsidentin! Ich möchte die Gelegenheit dieser Aussprache auch dazu nutzen, um das Parlament zu alarmieren und seine Aufmerksamkeit auf eine Bevölkerungsgruppe zu lenken, die in Usbeskistan besonders verfolgt wird, und nicht nur in Usbeskistan, sondern auch in Turkmenistan. Es handelt sich im Kern um die Gruppe der LGBT.
Schwule und Lesben werden gewöhnlich doppelt verfolgt; in vielen Fällen, weil sie Aktivisten sind, oft aber auch einfach, weil sie Schwule und Lesben sind. Zwischen zwei und fünf Jahren Gefängnis erwarten viele von denen, die öffentlich zugeben, zu dieser Gruppe zu gehören, oder die als Mitglieder dieser Gruppe denunziert werden.
Ich denke, dass wir in diesem Kontext, wenn wir über die Menschenrechte im Allgemeinen reden, in der Regel vielleicht alle Menschenrechte meinen, oft aber auch diese spezielle Gruppe vergessen, die besondere Bedürfnisse hat und auch auf dem letzten OSZE-Treffen in Madrid versucht hat, diese Forderungen ungeachtet des unverständlichen Widerstands seitens vieler Regierungen vorzubringen.
Ich denke, das ist etwas, das wir in Erinnerung behalten müssen und worauf wir auf alle Fälle in der weiteren Debatte über die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Zentralasien zurückkommen müssen.
Józef Pinior (PSE). – (EN) Frau Präsidentin! Als Erstes möchte ich sagen, dass ich sehr besorgt bin über die Haltung der PPE-DE-Fraktion zur Menschenrechtslage in Usbekistan. Wir sollten nicht auf die unredlichen Bemühungen der usbekischen Regierung hereinfallen, die achtbar erscheinen will, um den Eindruck demokratischer Fortschritte zu erwecken und eine Verbesserung der Beziehungen zur Europäischen Union zu erreichen.
Nein, Usbekistan hat in den vergangenen zwei Jahren keine Fortschritte gemacht. Die Regierung hat noch immer keine unabhängige Untersuchung der Morde in Andidschan eingeleitet. Dem UNO-Bericht zufolge werden die Menschenrechte weiterhin missachtet und es wird weiter gefoltert. Politische Gegner können ihre Meinung nach wie vor nicht frei äußern. Die Presse wird noch immer von der Regierung gelenkt. Wir werfen der Regierung zwei Morde, an einem Theaterdirektor und einem Journalisten, die beide als Kritiker der usbekischen Regierung bekannt waren, vor und verlangen Aufklärung von ihr.
Wir dürfen die vom ihm selbst inszenierte Wiederwahl von Präsident Karimow am 23. Dezember nicht unterstützen und wir müssen die politische Situation in Usbekistan weiterhin sehr sorgfältig und aufmerksam verfolgen, auch wenn dies negative Auswirkungen auf bestimmte nationale Interessen innerhalb der Europäischen Union haben sollte. In der Europäischen Union dürfen die Wirtschaftsbeziehungen niemals Vorrang vor den Menschenrechten haben.
Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. – (EN) Frau Präsidentin! Die kürzlich angenommene neue Strategie für Zentralasien zeigt, dass die Europäische Union entschlossen ist, ihr langfristiges Engagement in und ihre Zusammenarbeit mit der Region weiter auszubauen. Die EU und die Staaten Zentralasiens, zu denen auch Usbekistan gehört, haben sich darauf geeinigt, dass die Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit, die verantwortungsvolle Staatsführung und die Demokratisierung die Kernelemente dieser Strategie bilden.
Wir wollen unsere Unterstützung für den Schutz der Menschenrechte und den Aufbau und die Entwicklung einer unabhängigen Justiz intensivieren und so wirksam dazu beitragen, die Rechtsstaatlichkeit und die Achtung internationaler Menschenrechtsstandards in Zentralasien weiter zu stärken.
In diesem Kontext sind auch die Beziehungen zwischen der EU und Usbekistan zu sehen, bei denen die Ermutigung zu positiven Schritten zur Verbesserung der Menschenrechte und zur Demokratisierung die Grundlage für den Dialog und die Zusammenarbeit bilden. Unsere Beziehungen mit Usbekistan befinden sich seit einigen Jahren in einer schwierigen Phase, vor allem seit den Ereignissen vom Mai 2005 in Andidschan und wir sind nach wie vor ernsthaft besorgt über die Situation der Menschenrechte.
Wir sind der festen Überzeugung, dass wir die Menschenrechtssituation in Usbekistan durch unsere Unterstützung wirksamer verbessern können als durch eine Isolation des Landes. Mit der Isolationspolitik haben wir nichts erreicht. Wir begrüßen die schrittweise Wiederannäherung, die im vergangenen Jahr stattgefunden hat, nachdem der Kooperationsrat EU-Usbekistan die Aufnahme eines regelmäßigen Menschenrechtsdialogs vereinbart hat. Die erste Runde dieses Dialogs wurde im Mai dieses Jahres abgehalten. Ferner wurden zwei Runden von Sachverständigengesprächen über die Ereignisse in Andidschan durchgeführt. Darüber hinaus planen wir einen Dialog mit der usbekischen Zivilgesellschaft über die Medienfreiheit, der Anfang nächsten Jahres in Taschkent beginnen soll. Die Einführung des Habeas-Corpus-Grundsatzes in Usbekistan und die Abschaffung der Todesstrafe vom Januar 2008 an begrüßen wir ebenfalls.
Bei der letzten Sitzung des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ haben die EU-Mitgliedstaaten die Verlängerung der restriktiven Maßnahmen beschlossen, gleichzeitig aber eine bedingte Aussetzung des Visaverbots vereinbart. Der Rat forderte Usbekistan nachdrücklich auf, seinen internationalen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte umfassend nachzukommen und insbesondere den uneingeschränkten und ungehinderten Zugang der einschlägigen internationalen Gremien zu Gefangenen zuzulassen, eine wirksame Zusammenarbeit mit den Sonderberichterstattern der VN zu gewährleisten, alle NRO ungehindert in Usbekistan arbeiten zu lassen und Menschenrechtsaktivisten aus der Haft zu entlassen und ihre Schikanierung einzustellen.
Der Rat hat erklärt, dass er die Aussetzung der Visabeschränkungen nach sechs Monaten überprüfen wird, um festzustellen, ob Usbekistan Fortschritte bei der Erfüllung dieser Voraussetzungen erzielt hat. Die usbekischen Behörden haben sich bereit erklärt, die Gespräche über Menschenrechtsfragen im Rahmen der Anfang nächsten Jahres stattfindenden Tagung des Kooperationsausschusses EU-Usbekistan fortzuführen.
Weiter zeigte sich Usbekistan offen für Gespräche mit der Kommission über die Frage, wie die Unterstützung der Gemeinschaft bei der Reform seiner politischen Institutionen, wie des Parlaments, und bei der Justizreform ausgeweitet werden kann. Über alle diese Themen werden wir im Kooperationsausschuss weiter beraten. Mit der Verlängerung ihrer restriktiven Maßnahmen hat die EU Usbekistan und der breiten Öffentlichkeit klar signalisiert, dass wir über die Lage in diesem Land besorgt sind.
Usbekistan muss im Bereich der Menschenrechte noch erhebliche Anstrengungen unternehmen und im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Rates werden wir die usbekische Seite immer wieder daran erinnern, dass wir konkrete Fortschritte bei der Menschenrechtssituation vor Ort erwarten.
Die Menschenrechte werden auch zukünftig ein zentrales und schwieriges Thema in unseren Beziehungen mit Usbekistan sein, aber die Kommission vertritt die Auffassung, dass der Dialog der beste Weg ist, um positive Entwicklungen zu erreichen.
Die Präsidentin. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Ende der Aussprachen statt.
(Erklärung zur Abstimmung gekürzt gemäß Artikel 142 GO)
Véronique Mathieu (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Wenn Europa spricht, machen die Freiheiten Fortschritte.
Die Europäische Union muss unbedingt die Politik fortsetzen, die im Jahre 2005 nach der blinden und völlig ungestraften Niederschlagung des Aufstandes in Andidschan, bei der es laut OSZE und Human Rights Watch 500 bis 1000 Tote gab, eingeleitet wurde. Die zahlreichen künftigen Herausforderungen (Energie, Terrorismus, Freiheiten) verlangen von Europa, dass es sich mehr denn je an seiner Peripherie stark macht. Seine dringlichste Aufgabe besteht darin, für die Menschenrechte einzutreten und ein entspanntes Verhältnis zu Usbekistan vom Fortschritt bei den Grundfreiheiten abhängig zu machen. Die EU darf nicht die Realität eines Staates mit utopischen Rechtsansichten sowie die abscheuliche Ermordung des Regisseurs Mark Weil, der für seine Auflehnung gegen das Regime in Taschkent bekannt war, im September vorigen Jahres vergessen. Vor kurzem hat das usbekische Parlament einige Schritte hin zur Abschaffung der Todesstrafe und zur Ziviljustiz gemacht. Obwohl diese Beschlüsse noch immer sehr unzureichend sind, so war doch die Unnachgiebigkeit der Europäischen Union nicht umsonst, indem sie den Grundsätzen einer unakzeptablen und gefährlichen Realpolitik widersprochen hat. Wir müssen noch weiter gehen in Richtung Demokratie und politische Stabilität. Aber wir haben nun endlich einen Hoffnungsschimmer. Es liegt nun an diesem unermesslich großen Land Usbekistan, diese Hoffnung nicht zunichte zu machen und mit Europa eine echte Partnerschaft aufzubauen.
Die Präsidentin. - Als nächster Punkt folgt die Aussprache über sechs Entschließungsanträge zu Somalia.(1)
John Bowis (PPE-DE), Verfasser. – (EN) Frau Präsidentin! Seit Generationen kommen Menschen aus Somaliland und Somalia in meinen Londoner Wahlkreis. Sie arbeiten traditionell für die britische Handelsmarine und unterstützen mit dem Geld, das sie verdienen, ihre Familien zu Hause. Während meiner Zeit als Abgeordneter im britischen Parlament war ich stellvertretender Vorsitzender der parteiübergreifenden britisch-somalischen Fraktion. Unsere Arbeit bestand darin, uns um Probleme, aber auch um personenbezogene Angelegenheiten und Ähnliches zu kümmern. Die Liste der Anliegen war lang. Die somalischen Mitbürger waren wunderbare Menschen, doch ihre politische Führung war korrupt und unfähig.
Nun hat sich die Lage noch weiter verschlechtert. Heute ist Somalia ein zerfallender Staat. In der weltweiten Gesundheitsstatistik gehört das Land zu den absoluten Schlusslichtern. Die somalische Bevölkerung leidet unter der allgegenwärtigen Gewalt und einer kontinuierlich steigenden Kinder- und Müttersterblichkeit. Sie befindet sich zwischen den Fronten der äthiopischen und Regierungstruppen auf der einen Seite und der Milizen der Union der islamischen Gerichte auf der anderen Seite. Deshalb steht dieses Thema heute auf der Tagesordnung. Wir wissen, wie schrecklich es ist, unter den heutigen Gegebenheiten in Somalia zu leben. Es ist offenkundig, dass dort dringend humanitäre Hilfe benötigt wird und doch haben wir keine Möglichkeit, diese Hilfe zu den Betroffenen zu bringen. Wir sehen, dass die Entsendung einer Friedenstruppe notwendig ist und wir begrüßen die Zusagen der Afrikanischen Union, aber mit der Unterstützung, die sie tatsächlich leistet, sind wir nicht zufrieden. Dies entspricht in keiner Weise dem, was sie versprochen hat.
Derzeit sind nur ugandische Truppen vor Ort. Äthiopien wird sich nicht aus Somalia zurückziehen, solange die zugesagten 8 000 Soldaten nicht im Land stationiert sind. Wir müssen versuchen, einen Dialog zwischen allen Beteiligten in Gang zu setzen – der Ländergrenzen und unsere traditionellen Vorurteile überwindet –, denn wenn die Parteien nicht miteinander sprechen, wird es keine Stabilität geben, und wenn es keine Stabilität gibt, hat dieses Land keine Zukunft. Wenn es keine Zukunft gibt, werden noch mehr Menschen sterben. Uns wird keine Schuld treffen, aber wir werden nicht dazu beigetragen haben, dies zu verhindern.
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE), Verfasser. – (ES) Frau Präsidentin! Auch ich möchte natürlich auf die Bedeutung dieser Entschließung hinweisen, insbesondere im Kontext der Debatte, die wir heute Morgen geführt haben. Wir sprechen genau darüber, wie mit der Situation fragiler Staaten umzugehen ist. Somalia ist nicht nur ein fragiler Staat, es ist gleichsam ein gescheiterter Staat.
An dieser Stelle dürfen wir aber nicht vergessen – wie Kollege Bowis gesagt hat –, dass das extrem hohe Gewaltniveau, das derzeit in diesem Land vorherrscht, hauptsächlich durch die kontinuierliche Einfuhr von Waffen genährt wird, vorrangig von leichten Waffen und Munition, die aus anderen Ländern der Region, in vielen Fällen aber auch direkt aus westlichen Ländern, einschließlich der Europäischen Union, stammen.
Wir dürfen deshalb nicht außer Acht lassen, dass wir neben der Reaktion auf die gegenwärtigen unmittelbaren Folgen der Ereignisse in Somalia auch eine Verantwortung für diese Situation haben, und wenn wir von der Schutzverpflichtung sprechen – was wir bei Aussprachen dieser Art in der Regel tun –, müssen wir auch unsere eigene Verantwortung für die Prävention wahrnehmen und beispielsweise die Waffenexporte kontrollieren.
Ana Maria Gomes (PSE), Verfasserin. – (PT) Gestern wurde in Mogadischu zum Angriff auf die Kräfte der Afrikanischen Union aufgewiegelt – ein solches Ausmaß haben die Tragödie und der Kontrollverlust angenommen, die Somalia zugrunde richten und das gesamte Horn von Afrika in Brand setzten. Die EU muss unverzüglich Druck auf alle Konfliktparteien ausüben, damit sie zu einem umfassenden Prozess der nationalen Aussöhnung beitragen, der die politischen Probleme über die Ursache der Krise angehen kann. Die „Übergangsregierung“ wird eine Wunschvorstellung bleiben, wenn sie weiterhin keine Maßnahmen ergreift, um die Zivilbevölkerung zu schützen und humanitäre Hilfe zu ermöglichen.
Dem jüngsten UNO-Bericht zufolge ist Somalia mehr denn je mit Waffen überschwemmt. Es kommt darauf an, den Staaten und Händlern, die das 1992 verhängte Waffenembargo brechen, Einhalt zu gebieten und zur Rechenschaft zu ziehen. Schließlich benötigen die Friedenstruppen der Afrikanischen Union unverzüglich Verstärkung, und die äthiopischen Besatzungstruppen müssen sich zurückziehen. Man sollte eingestehen, dass die äthiopische Intervention, die von der Bush-Administration mit der passiven Beteiligung der Europäischen Union begonnen wurde, weder für Frieden noch für eine Regierung, noch dafür gesorgt hat, den Terrorismus in Somalia zu bekämpfen. Sie hat nur größeres Leid, Armut und Tod über die Bevölkerung in der gesamten Region gebracht.
Marcin Libicki (UEN), Verfasser. – (PL) Frau Präsidentin! Wir sprechen heute über die Tragödie, die sich in Somalia ereignet hat. Im Allgemeinen gibt es in einem solchen Fall drei Möglichkeiten der Intervention: diplomatischer Druck, ein Wirtschaftsembargo und gegebenenfalls ein militärisches Eingreifen. Eine vierte Möglichkeit aber wird nicht erwähnt, nämlich dass die Länder der EU ihren eigenen Pseudo-Geschäftsleuten keine Gelegenheit mehr geben sollten, die Bürokraten in verschiedenen ehemaligen Kolonialländern zu korrumpieren, die dann wiederum Bürgerkriege anzetteln, die oft im eigennützigen Interesse dieser Pseudounternehmer liegen.
Lassen Sie mich noch etwas zu dem Thema sagen, das Herr Romeva i Rueda und Frau Gomes angesprochen haben: Die in diesen Ländern und auch in Somalia eingesetzten Waffen werden schließlich in so genannten demokratischen Ländern, in wirtschaftlich entwickelten Ländern produziert und von dort aus exportiert. Die Staaten in diesem Teil der Erde müssen vor allem auf ihre Waffenproduzenten und ihre Pseudounternehmer Druck ausüben, um zu verhindern, dass diese die schlimmsten Katastrophen unserer Zeit auslösen oder zu Mittätern werden.
Marios Matsakis (ALDE), Verfasser. – (EN) Frau Präsidentin! Es gibt bereits mehrere Resolutionen des Europäischen Parlaments und der UNO zu Somalia. Bedauerlicherweise hat sich die Lage dort nicht verbessert und der jahrelange zerstörerische Bürgerkrieg geht unvermindert weiter. Das dadurch verursachte schreckliche menschliche Leid hört nicht auf, Hunderttausende Flüchtlinge leben in Armut, Tausende von Kindern sind unterernährt und sterben und aus der Region werden erste Fälle von Infektionskrankheiten wie Cholera und Hepatitis gemeldet. Das Land ist in einer verzweifelten Situation, in der Anarchie und Faustrecht herrschen.
In diesem gemeinsamen Entschließungsantrag schlagen wir, wie schon in früheren Entschließungsanträgen, zahlreiche sinnvolle Maßnahmen vor, wie die Beendigung aller ausländischen Militärinterventionen in Somalia – insbesondere durch Äthiopien und Eritrea – und die strikte Anwendung des Waffenembargos gegen Somalia, das zwar schon vor fünfzehn Jahren verhängt wurde, aber noch immer unzureichend eingehalten wird.
Wir fordern außerdem den Schutz der Pressefreiheit und verurteilen mit Nachdruck die systematische Schikanierung der Medien durch die somalische Regierung, die es in schändlicher Weise unterlässt, die Morde an regierungskritischen Journalisten zu untersuchen.
Bei all diesen Appellen ist uns bewusst, dass so gut wie keine Aussicht besteht, dass sie Gehör finden. Trotzdem dürfen wir die Hoffnung nicht verlieren, dass zu guter Letzt doch noch die Vernunft und eine humanistische Geisteshaltung die Oberhand gewinnen und wieder friedlichere und bessere Zeiten für das somalische Volk einkehren werden.
Erik Meijer (GUE/NGL), Verfasser. – (NL) Frau Präsidentin! Seit 1991 existiert Somalia praktisch nicht mehr als Staat, zumindest nicht im Sinne des Territoriums der ehemaligen italienischen Kolonie. Lediglich im Norden, in der ehemaligen britischen Kolonie Somaliland, existiert eine Art Staat, der jedoch international nicht anerkannt ist.
Die Rolle der Regierung haben zahlreiche Kriegsherren übernommen, die abwechselnd gegeneinander kämpfen und miteinander kooperieren. Die Armee des Nachbarlandes Äthiopien agiert als ihr selbst ernannter Beschützer. Auf der anderen Seite steht ihr gemeinsamer Gegner, die Union der Islamischen Gerichte, die Somalia auf der Grundlage des traditionellen islamischen Rechts ohne die Kriegsherren wiedervereinen will.
Bisher sind alle Versuche, eine allgemein akzeptierte Regierung der Einheit zu bilden und Somalia zu helfen, wieder als Staat zu funktionieren, fehlgeschlagen. Die finanzielle Unterstützung der 2004 gebildeten Föderalen Übergangsregierung durch die Kommission erschien damals gerechtfertigt, hat aber zu dem Vorwurf geführt, die Europäische Union würde in einem bewaffneten Konflikt Partei ergreifen und gemeinsam mit Äthiopien gegen die Kräfte eintreten, die ein strenges islamisches Regime an der Macht haben wollen.
Eine solche europäische Politik kann jedoch, so gut sie auch gemeint ist, ohne die Unterstützung der Somalier keinen Erfolg haben. Daher ist es gut, dass der zur Abstimmung vorliegende Entschließungsantrag ein Ende aller ausländischen Militärinterventionen sowie einen Dialog und die Aussöhnung in Somalia fordert.
Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, im Namen der PSE-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Seit dem Fall des Regimes von Siad Barre im Jahr 1991 gibt es in Somalia keine richtig funktionierende Regierung. Die innere Lage im Land ist von Chaos und Anarchie geprägt. Infolge des Konfliktes zwischen den Aufständischen der Union der Islamischen Gerichte und den Truppen der Übergangsregierung wurden 850 000 Menschen obdachlos und viele kamen ums Leben.
Die Lage in Somalia ist dramatisch. In der Region breitet sich Cholera aus, mehr als 1,5 Millionen Menschen brauchen dringend medizinische Hilfe und Zehntausende Kinder leiden an Unterernährung. Es besteht die konkrete Gefahr, dass dieser Konflikt zur Destabilisierung der ganzen Region führt. Noch beunruhigender ist die Tatsache, dass von den versprochenen 8 000 Soldaten der Afrikanischen Union bislang nur 1 600 in Vermittlungsaktionen eingesetzt wurden.
Aus diesem Grund sollten die Afrikanische Union, die Vereinigten Staaten, die Europäische Union und die UNO ihre humanitäre und logistische Hilfe für Somalia ausweiten und auch die diplomatischen Bemühungen intensivieren, damit der Friedensprozess beschleunigt und 2009 in freien Wahlen eine stabile Regierung gebildet werden kann.
Leopold Józef Rutowicz, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Somalia liegt auf der Somalischen Halbinsel, dem so genannten Horn von Afrika, und es ist in ethnischer und religiöser Hinsicht ein homogener Staat. 97 % der Bevölkerung sind Somalier und nahezu 100 % gehören dem Islam an.
Mit seinen Bodenschätzen hatte das Land die Voraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklung und konnte seinen Bürgern ein menschenwürdiges Leben in der 1960 entstandenen Republik Somalia ermöglichen. Der Staatsstreich, der Bürgerkrieg, Veränderungen in der politischen Ausrichtung, die Teilung der Stämme und die Verbindungen mit der den Taliban nahe stehenden Union der Islamischen Gerichte im Kampf um die Macht haben den Menschen in Somalia leider die Hölle auf Erden beschert.
Wie können wir diesen Menschen helfen? Die Lösung der Somalia-Frage liegt bei der UNO und der Afrikanischen Union. Die Afrikanische Union sollte im Interesse Afrikas ihre politischen und militärischen Maßnahmen verstärken, um die Menschen zu schützen und Bedingungen zu schaffen, damit die UNO und die Europäische Union die dringend notwendige humanitäre Hilfe leisten können. In der Situation Somalias kann eine Debatte um die Verletzung der Menschenrechte, die in diesem Land auf massive Weise geschieht, nichts ändern. Es braucht Taten, die von der Europäischen Union unterstützt werden.
Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. – (EN) Frau Präsidentin! Ich teile die Auffassung von Herrn Bowis, dass noch nicht alles verloren ist, solange die Beteiligten miteinander reden. Wir begrüßen es, dass durch die heutige Aussprache die Problematik in Somalia in den Blickpunkt gerückt wird, da die Situation derzeit eine erhebliche Gefahr für den Frieden und die Sicherheit darstellt, nicht nur in der Region, sondern auch darüber hinaus. Außerdem verursacht sie unsägliches Leid für die somalische Bevölkerung.
Wie Sie wissen, spielt die Union eine führende Rolle im somalischen Friedensprozess und beim Aufbau der föderalen Übergangsinstitutionen. Wir haben uns stets für eine politische Lösung mit allen somalischen Parteien eingesetzt und der zuständige Kommissar Louis Michel hat vor der äthiopischen Intervention im Dezember 2006 mit einer Friedensmission einen allerletzten Versuch unternommen, um den Friedensprozess noch zu retten. Zudem hat er maßgeblich an der Koordinierung der EU-Unterstützung und der Friedensmission der Afrikanischen Union in Somalia sowie an der Einsetzung eines Kongresses für nationale Aussöhnung mitgewirkt, der dieses Ziel aufrichtig verfolgt.
In Somalia bahnt sich eine humanitäre Katastrophe an, der humanitäre Raum wird zunehmend kleiner und es wird brutal gegen unabhängige Medien und Journalisten vorgegangen, die gezielten Morden zum Opfer fallen. Die humanitäre Not in den südlichen und zentralen Regionen Somalias hat mittlerweile ein alarmierendes Ausmaß erreicht. Schätzungen zufolge benötigen 1,5 Millionen Menschen humanitäre Hilfe, darunter über 730 000 Binnenflüchtlinge, von denen ungefähr ein Drittel extrem gefährdet ist. Allein in den letzten zwei Wochen sind rund 173 000 Einwohner Mogadischus vor gewaltsamen Übergriffen geflohen.
Ich möchte Sie auch darüber informieren, dass das Amt für humanitäre Hilfe der Europäischen Gemeinschaft, ECHO, zur Bewältigung der gegenwärtigen humanitären Krise gemeinsam mit Partnern bei der Umsetzung Hilfe für 1,5 Millionen Menschen leistet. Die lokale Bevölkerung sowie Binnenflüchtlinge und Aufnahmegemeinden werden mit Wasser, sanitären Einrichtungen, Nahrungsmitteln und Medikamenten versorgt und es werden Hilfen zur Erhaltung der Viehbestände und der Lebensgrundlagen bereitstellt werden. Mit 20 Millionen Euro wurde in diesem Jahr die bislang höchste Summe zur Unterstützung Somalias bereitgestellt.
Äußerst besorgt sind wir auch über die Sicherheitslage in Mogadischu und anderen südlich und zentral gelegenen Regionen Somalias. Die Aufständischen verstärken offenbar ihre Aktivitäten, und in den vergangenen Wochen haben alle Parteien ihre militärischen Kapazitäten erheblich aufgestockt. Die EU wird einen mehrgleisigen Ansatz verfolgen, bei dem sie zum einen eine umfassende Sicherheitsstrategie unterstützt, die einen Waffenstillstandsprozess und die vollständige Stationierung der Friedenstruppen der Afrikanischen Union in Somalia einschließt, um so den Rückzug der äthiopischen Truppen voranzutreiben, und bei dem sie zum anderen die Nominierung eines repräsentativen amtierenden Premierministers und einer Regierung fördert und die Beteiligung der Opposition in der noch verbleibenden Übergangszeit bis zu den Wahlen 2009 sicherstellt. Die EU wird außerdem alle Parteien auffordern, die grundlegenden Menschenrechte und das internationale humanitäre Völkerrecht zu respektieren.
Nicht zuletzt müssen wir die regionale Dimension der Krise berücksichtigen und auch mit Äthiopien und Eritrea Verhandlungen führen, die in Somalia einen Stellvertreterkrieg austragen, durch den ihre eigenen Grenzstreitigkeiten eskalieren könnten. Die Kommission hat einen EU-Sonderbeauftragten für Somalia eingesetzt und wird auf der Tagung des Rates „Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ Vorschläge für das weitere Vorgehen der EU vorlegen. Sie wird auch zukünftig eng mit dem Europäischen Parlament zusammenarbeiten, um die Gewalt einzudämmen und eine politische Lösung für diese Krise zu finden.
Die Präsidentin. – Herr Matsakis wird sich zu einer Verfahrensfrage äußern.
Marios Matsakis (ALDE). – (EN) Frau Präsidentin! Bevor wir mit der Abstimmung fortfahren, habe ich eine Bemerkung zur Geschäftsordnung. Ich weise darauf hin, dass auch heute wieder kein Vertreter des Rates im Sitzungssaal anwesend ist. Dies wird langsam zur Regel und vielleicht sollte etwas dagegen unternommen werden.
Die Präsidentin. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Ende der Aussprachen statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Glyn Ford (PSE). – (EN) Die Situation in Somalia spiegelt den Zusammenbruch des Staates und der Wirtschaft wieder. Seit dem Sturz der Regierung von Said Barre 1991, auf den Anarchie, klaninterne Machtkämpfe und Gesetzlosigkeit folgten, hat es in diesem Land keine funktionierende Regierung mehr gegeben.
Infolge der jüngsten Kampfhandlungen zwischen der Union der Islamischen Gerichte und den aus äthiopischen und somalischen Streitkräften der Föderalen Übergangsregierung bestehenden alliierten Truppen sind mindestens 100 000 Menschen geflohen und es droht eine Hungersnot. Doch die Verschlechterung der Sicherheitslage in Mogadischu hindert die internationalen NRO daran, Maßnahmen zur Abwendung dieser sich anbahnenden humanitären Katastrophe einzuleiten.
Ich begrüße die von der Afrikanischen Union unternommenen Anstrengungen zur Aufstellung einer Friedenstruppe, die die nationale Aussöhnung unterstützen soll, aber bislang sind nur 20 % der zugesagten 8 000 Soldaten nach Somalia entsandt worden. Die Afrikanische Union muss ihre Zusagen einhalten. Parallel dazu muss die Europäische Union ihre politische, finanzielle und logistische Unterstützung ebenfalls ausweiten.
Die internationale Gemeinschaft, dazu gehört auch die EU, muss die humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge verstärken. Damit jedoch eine endgültige Lösung des Konflikts erreicht und Somalia wieder zu einem funktionierenden Staat gemacht werden kann, muss die Internationale Kontaktgruppe für Somalia, der die Afrikanische Union, die UNO, die EU und die USA angehören, mit den Akteuren in Somalia selbst Verhandlungen führen, um die Umsetzung der Föderalen Übergangscharta und die Einsetzung der Institutionen zu unterstützen.
14. In das Register eingetragene schriftliche Erklärungen (Artikel 116 GO): siehe Protokoll
15. Übermittlung der in dieser Sitzung angenommenen Texte: siehe Protokoll
16. Zeitpunkt der nächsten Sitzungen: siehe Protokoll
17. Unterbrechung der Sitzungsperiode
Die Präsidentin. – Ich erkläre die Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments für unterbrochen.
(Die Sitzung wird um 16.20 Uhr geschlossen.)
ANLAGE (Schriftliche Anfragen)
ANFRAGEN AN DEN RAT (Für diese Antworten trägt der Vorsitz des Rates der Europäischen Union die Verantwortung.)
Anfrage Nr. 8 von Colm Burke (H-0794/07)
Betrifft: Reformagenda in der Türkei nach den Wahlen
Durch das Ergebnis der jüngsten Wahlen in der Türkei hat die neue türkische Regierung ein umfassendes Mandat für politische und wirtschaftliche Reformen erhalten. Wie unterstützt der Rat die türkische Regierung bei den bevorstehenden politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, um zu gewährleisten, dass die Türkei den Umfang der Reformen ausdehnt?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Bei den türkischen Parlamentswahlen gab es eine hohe Wahlbeteiligung. Die Zusammensetzung des neuen Parlaments ist repräsentativer für die türkische Bevölkerung als vorher, und die Regierung von Ministerpräsident Erdogan hält die absolute Mehrheit. Wie der Herr Abgeordnete feststellt, besitzt die Regierung jetzt erneut Legitimität und hat ein klares Mandat, was es ihr ermöglicht, entschlossen den Reformprozess voranzutreiben.
Die Europäische Union hat jede Gelegenheit genutzt – und wird das auch künftig tun –, vor allem im Rahmen der verschiedenen Treffen auf dem Gebiet des politischen Dialogs, um die Türkei darauf aufmerksam zu machen, dass die EU von der neuen Regierung erwartet, dass sie den Reformen neuen Aufschwung verleiht, nachdem im vergangenen Jahr und während des Wahlkampfs eine Verlangsamung zu beobachten war. In diesem Zusammenhang möchten wir die Aufmerksamkeit auf die Absicht der Parlamentsmehrheit lenken, eine neue Verfassung auszuarbeiten – ein Prozess, den wir sorgsam verfolgen werden.
Fortschritte im Reformprozess, sowohl hinsichtlich der Annahme als auch der Umsetzung neuer Rechtsvorschriften, sind entscheidend dafür, dass die Beitrittsverhandlungen vorankommen und die Union weiterhin bereit ist, der Türkei auf diesem Weg zu helfen. Es bleibt noch viel zu tun, insbesondere, was die politischen Kriterien betrifft. Wir haben auf die Notwendigkeit signifikanter Fortschritte auf solchen Gebieten wie Redefreiheit, Religionsfreiheit und Beziehungen zwischen der zivilen Macht und den Militärs hingewiesen. Natürlich sehen wir die Lage im Südosten des Landes mit großer Sorge; wir verurteilen grundsätzliche alle Akte von Terrorismus und unterstreichen die Notwendigkeit, dem Primat des Rechts weiterhin Beachtung zu schenken und die regionale Stabilität aufrecht zu erhalten.
Darüber hinaus drängen wir die Türkei weiterhin, bei der Normalisierung der Beziehungen zur Republik Zypern voranzukommen und fordern die volle Umsetzung des Zusatzprotokolls zur Vereinbarung von Ankara, wie in der Erklärung der EU vom 21. September 2005 in Verbindung mit den Schlussfolgerungen des Rates vom 11. Dezember 2006 erwähnt. Wir fordern die Türkei ferner auf, ihre Bemühungen zur Sicherung der uneingeschränkten und unmissverständlichen Einhaltung ihrer Verpflichtungen zur Pflege guter nachbarschaftlicher Beziehungen sowie ihrer Verpflichtung zur Lösung aller noch offenen Grenzstreitigkeiten im Einklang mit dem Prinzip der friedlichen Regelung von Disputen entsprechend der Charta der Vereinten Nationen, auch erforderlichenfalls gemäß der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs, zu verstärken.
In wirtschaftlicher Hinsicht hoffen wir, dass die Türkei weiterhin den Weg nachhaltigen Wirtschaftswachstums bei gleichzeitiger Umsetzung des Programms der Strukturreform beschreitet.
Zusammenfassend möchte ich darauf hinweisen, dass die Union eine Vorbeitrittsstrategie erarbeitet hat, die der Türkei einen Rahmen zur Vorbereitung auf den Beitritt vorgibt. Das Assoziierungsabkommen ist ein wichtiges Instrument der Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten. Die in Kürze zu überprüfende Beitrittspartnerschaft legt Prioritäten für die nachfolgende Arbeit fest und dient auch als Bezugspunkt für eine gezielte Unterstützung der EU entsprechend den spezifischen Bedürfnissen des Bewerberlandes. Was die finanzielle Unterstützung im Rahmen des neuen Finanzinstruments für die Heranführungshilfe angeht, so werden die durchschnittlichen jährlichen Zuwendungen an die Türkei von 497 Millionen Euro 2007 auf 653 Millionen Euro im Jahr 2010 ansteigen.
Darüber hinaus sind die Beitrittsverhandlungen selbst das wertvollste und mächtigste Instrument der Herbeiführung von Reformen.
Anfrage Nr. 9 von Mairead McGuinness (H-0795/07)
Betrifft: Liberalisierung der Postdienste in der EU
Auf einer Tagung des Rates am 1. Oktober wurde die vollständige Liberalisierung der Postdienste vereinbart. Es wurde beschlossen, dass die Öffnung der Postdienste in der Europäischen Union bis spätestens 31. Dezember 2010 erreicht sein sollte. Kann der Rat dazu eine Erklärung abgeben?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Wie die Frau Abgeordnete ganz richtig feststellte, hat der Rat auf seiner Tagung am 1. Oktober 2007 eine politische Vereinbarung zum Vorschlag über eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG über die volle Verwirklichung des Binnenmarkts der Postdienste der Gemeinschaft erzielt, die auf dem Wege der Mitentscheidung und somit unter voller Beteiligung des Parlaments angenommen werden soll.
Einer der Hauptpunkte der Vereinbarung ist der Endtermin, der 31. Dezember 2010, zu dem die ändernde Richtlinie umgesetzt sein soll. In diesem Zusammenhang können bestimmte Mitgliedstaaten (die in der neuen Ziffer 3 aufgeführt sind) diesen Termin auf spätestens den 31. Dezember 2012 hinauszögern, sofern sie die Kommission vorher davon in Kenntnis setzen. Zu den weiteren Punkten gehören die Klarstellung und wichtige Anpassungen im Hinblick auf einschlägige Definitionen sowie die Sicherung des Universaldienstes, einschließlich der Finanzierung dieses Dienstes und des Genehmigungsverfahrens.
Darüber hinaus berücksichtigt die Vereinbarung Änderungen des Kommissionsvorschlags, indem zahlreiche in der Stellungnahme des Europäischen Parlaments während der ersten Lesung vorgeschlagenen Änderungsanträge aufgenommen wurden.
Juristen-Linguisten legen zurzeit letzte Hand an den Text der Vereinbarung, so dass der Rat auf einer nächsten Tagung einen Gemeinsamen Standpunkt annehmen kann.
Der Rat begrüßt wärmstens die bisherige ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und die gemeinsamen Vorstellungen zu diesem entscheidenden Thema.
Anfrage Nr. 10 von Avril Doyle (H-0797/07)
Betrifft: Fonds für die Rücküberführung von EU-Bürgern
Kann der Rat die Möglichkeit der Einrichtung eines Fonds für EU-Bürger prüfen, über den im Todesfall Unkosten für die Rücküberführung gedeckt werden könnten, wenn es sich erweisen sollte, dass die Familie eines Verstorbenen finanziell dazu nicht in der Lage ist?
In Irland hat sich gezeigt, dass es zunehmend in einigen Familien zu finanziellen Problemen kommen kann, wenn es darum geht, die Leiche eines Verwandten in einen anderen Mitgliedstaat zu überführen. In vielen Fällen haben lokale Gemeinschaften Fonds zur Deckung dieser Kosten eingerichtet. Was geschieht, wenn ein solcher Fond nicht besteht? Könnte zur Deckung der Unkosten derartiger Fälle ein "Rücküberführungsfonds" eingerichtet werden?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Die Anfrage der Frau Abgeordneten ist interessant und widerspiegelt einen Aspekt des umfassenderen Themas der ‚Rücküberführung von Leichen zwischen Staaten‘, die zurzeit vom Straßburger Übereinkommen von 1973 geregelt wird, das nur von einigen Mitgliedstaaten unterzeichnet wurde und das strenge Vorschriften für die Überführung von Leichen vorsieht. Dieses Thema fand auch im Grünbuch der Kommission über den konsularischen Schutz des Unionsbürgers Erwähnung, allerdings nur im Zusammenhang mit der Überführung von Leichen aus Drittländern.
Die Rücküberführung von Leichen liegt in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, die in dieser Frage unterschiedliche Positionen vertreten. Die meisten, wenn nicht alle, haben keinerlei Verpflichtung oder rechtliche Möglichkeit der Rücküberführung der Leichen ihrer Bürgerinnen und Bürger. Die Ratspräsidentschaft hält es daher für unwahrscheinlich, dass kurz- oder mittelfristig ein Beschluss in dieser Angelegenheit, nämlich zur Einrichtung eines Fonds für die Kostenerstattung, gefasst werden kann, denn die meisten Mitgliedstaaten betrachten das zumindest als in der Verantwortung von Privatpersonen liegend.
Anfrage Nr. 11 von Jim Higgins (H-0799/07)
Betrifft: Vorbeugung gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Wie dem Rat zweifellos bekannt ist, sterben in der EU jedes Jahr 1,9 Millionen Bürger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Entscheidend für die Verringerung der Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist ein Plan, der nach politischen, sozialen und wirtschaftlichen Vorgaben durchgeführt wird. Kann der Rat daher darlegen, welche Maßnahmen er ergreift, um die Vorbeugung gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu gewährleisten?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Bei der Vorbeugung gegen HKE (Herz-Kreislauf-Erkrankungen) legt der Rat den Schwerpunkt auf spezifische Fragen der Gesundheit, die einen Einfluss auf das Auftreten von HKE haben.
The Council is placing the emphasis on preventing CVD (cardiovascular disease) by dealing with specific health questions affecting the incidence of CVD.
– Ernährung und körperliche Bewegung: Im Jahr 2005 nahm der Rat Schlussfolgerungen zur Förderung einer gesunden Lebensweise und zur Vorbeugung gegen Typ-II-Diabetes und auf seiner Tagung am 31. Mai 2007 auch Schlussfolgerungen zur Förderung der Gesundheit durch Ernährung und körperliche Bewegung an. Gegenwärtig arbeitet er an einem neuen Paket von Schlussfolgerungen zur Umsetzung der EU-Strategie zu Fragen der Gesundheit im Zusammenhang mit Ernährung, Übergewicht und Adipositas. Die zur Umsetzung der Strategie gebildete Hochrangige Gruppe wird über die Herabsetzung des Salzgehalts in Lebensmittelerzeugnissen als prioritäre Angelegenheit diskutieren, da Salz einer der Hauptfaktoren bei HKE ist.
– Rauchen: Auf der Tagung des Rates am 31. Mai 2007 fand ein Meinungsaustausch zu strategischen Optionen für eine Politik des ‚Rauchfreien Europas‘ statt. Eine Eindämmung des aktiven und passiven Rauchens kann in der Frage der Gesundheit von Herz und Kreislauf zu wesentlichen Fortschritten führen.
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– Alkohol: Im November 2006 nahm der Rat seine Schlussfolgerungen zur EU-Strategie zur Verringerung alkoholbedingter Schäden an. Übermäßiger Alkoholkonsum und seine schädlichen Folgen gehören zu den Hauptprioritäten in den Programmen für die deutsche, portugiesische und slowenische Ratsvorsitzperiode.
Zu erwähnen ist auch die vom Europäischen Netzwerk der Herzstiftungen und der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie mit Unterstützung der Europäischen Kommission und der WHO ausgearbeitete Europäische Herzgesundheitscharta, die darauf abzielt, die Auswirkungen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der EU und der Europäischen Region der WHO einzudämmen und auch die Unterschiede zwischen den Ländern dieser Region zu verringern.
Solche Maßnahmen tragen dazu bei, die in der Entschließung des Europäischen Parlaments vom Juli 2007 aufgeführten Hauptrisikofaktoren für das Auftreten von HKE zu verringern, und unterstreichen die Bedeutung der Vorbeugung durch eine gesunde Lebensweise.
Anfrage Nr. 12 von David Martin (H-0803/07)
Betrifft: Entschließung zu Wirtschaftspartnerschaftsabkommen während der Tagung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU in Kigali
Wie beabsichtigt der Rat, auf der nächsten Tagung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung der AKP-Staaten, die vom 17.-23. November in Kigali stattfinden wird, angesichts der in der Zivilgesellschaft und in den AKP-Staaten bestehenden Besorgnis über den für Dezember vorgesehenen Abschluss der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit seinen afrikanischen Kollegen zu verhandeln?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Die Zuständigkeit für die Aushandlung der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen im Namen der EU liegt bei der Kommission. Grundlage bilden die vom Rat im Juni 2002 angenommenen Leitlinien. Die Verhandlungen werden normalerweise auf regionaler Ebene geführt. Auf der Ebene aller AKP-Staaten ist der AKP-EG-Ministerrat für die Annahme politischer Leitlinien und für notwendige Beschlüsse zur Umsetzung der Bestimmungen des Partnerschaftsabkommens von Cotonou (Artikel 15 (2) (b)), einschließlich der Bestimmungen zu den WPA, zuständig. In diesem Zusammenhang billigte der AKP-EG-Ministerrat am 25. Mai 2007, wie nach Artikel 37 (4) des Partnerschaftsabkommens von Cotonou gefordert, eine Überprüfung der WPA-Verhandlungen.
Die Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP-EU ist kein formelles Verhandlungsforum für die WPA, sondern spielt eine umfassendere und äußerst wichtige Rolle im Cotonou-System. Nach den Bestimmungen von Artikel 17 (2) des Partnerschaftsabkommens von Cotonou besteht ihre Funktion als beratendes Gremium vielmehr in der Förderung demokratischer Prozesse auf dem Wege des Dialogs und der Konsultation und in der Diskussion von Fragen der Entwicklung und der AKP-EU-Partnerschaft.
Der Rat der EU betrachtet es als seine vorrangige Pflicht, im Namen der EU politische Leitlinien in Bezug auf die mit den WPA verbundenen Prozessen vorzugeben. Daher nahm der Rat im April 2006 und im Mai 2007 Schlussfolgerungen an, mit denen er sein Engagement für die WPA als Instrumente der Entwicklung untermauerte, die dazu beitragen sollen, die Armut in AKP-Staaten auszumerzen.
Anfrage Nr. 13 von Cristobal Montoro Romero (H-0806/07)
Betrifft: Wechselkurs
Die Europäische Union ist weltweit der größte Exporteur und Importeur von Gütern und der Hauptexporteur von Dienstleistungen. Bei Direktinvestitionen steht sie sowohl als Investor als auch als Zielregion an zweiter Stelle. Deshalb ist sie einer der Hauptnutznießer der Weltwirtschaft und hat eine große Verantwortung bei der Lösung globaler Probleme. Dazu zählt die Überbewertung des Euro gegenüber den Hauptwährungen der restlichen Welt, die eine Folge der Ungleichheiten der Weltwirtschaft und des geringen Wirtschaftswachstums der Europäischen Union ist, was auf die mangelnde Binnennachfrage in der Union zurückzuführen ist.
Meint der Rat, dass die Europäische Union keinerlei Verantwortung für die Überbewertung des Euro hat und dass alles von dem Verhalten der übrigen Handelsblöcke, China oder USA, abhängt?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Wie der Herr Abgeordnete zu Recht feststellt, ist die EU in verschiedenen Aspekten der Weltwirtschaft führend: im Handel mit Waren und Dienstleistungen und auf dem Gebiet von internen und externen Investitionen. Ich kann dem Herrn Abgeordneten allerdings nicht in der Bewertung des Wirtschaftswachstums und der Binnannachfrage in der Union zustimmen: Wenn sich die Prognosen der Europäischen Kommission als richtig erweisen, wird das BIP sowohl 2007 als auch 2008 über das Potenzial hinaus steigen, und die Binnennachfrage wird in diesem Jahr noch stärker ansteigen (und wird die der Vereinigten Staaten übertreffen).
In Wahrheit nimmt die Europäische Union ihre Verantwortung in der Frage des Ausgleichs der Ungleichheiten in der Weltwirtschaft sehr ernst und erhofft ein Gleiches von den internationalen Partnern. Die EU hat sieben Jahre lang die in der Agenda von Lissabon verankerten Wirtschaftsreformen in dem Bemühen durchgesetzt, zahlreiche Fragen sowohl des Wirtschaftswachstums und des generellen Programms für Wettbewerbsfähigkeit in der globalen Wirtschaft zu lösen. Die Reformen, die die Mitgliedstaaten im Rahmen der Agenda von Lissabon erfolgreich eingeleitet haben, tragen jetzt Früchte, und die EU-Wirtschaft befindet sich zurzeit in einer stärkeren Verfassung, um mit der gegenwärtigen Periode globaler wirtschaftlicher Unsicherheit fertig zu werden. Wir geben uns damit jedoch nicht zufrieden: Unsere Bemühungen um Strukturreformen müssen und werden entsprechend den Prioritäten der Agenda von Lissabon weitergehen.
Was die spezielle Frage des Euro-Wechselkurses angeht, kann ich den Herrn Abgeordneten darüber informieren, dass der Rat über Wechselkurstrends in Bezug auf den Euro oder die Währungen von Mitgliedstaaten, die den Euro nicht als Landeswährung verwenden, nicht beraten hat.
Dennoch kann ich Sie darüber unterrichten, dass die Eurogruppe auf ihrer Tagung am 8. Oktober vereinbart und beschlossen hat, eine Erklärung zu Wechselkursfragen herauszugeben, in der bekräftigt wird, dass der ‚Euroraum durch die Verwirklichung von Strukturreformen und seinen Beitrag zur Wiedererlangung des gleichgewichtigen Wachstums seine Rolle bei einer geordneten Verringerung der Ungleichheiten spielt‘.
Über die wirtschaftliche Lage und die Entwicklungen auf dem Gebiet des Wechselkurses berieten auch die Finanzminister der G7 auf ihrer Tagung in Washington am 19. Oktober. Die Erklärung der Finanzminister der G7 enthielt folgenden Absatz: ‚Wir bekräftigen, dass Wechselkurse die ökonomischen Fundamentaldaten widerspiegeln sollten. Exzessive Wechselkursvolatilität und ungeordnete Devisenkursbewegungen sind für das Wirtschaftswachstum unerwünscht. Wir werden die Wechselkursmärkte weiterhin aufmerksam beobachten und entsprechend zusammenarbeiten. Wir begrüßen die Entscheidung Chinas, die Flexibilität seiner Währung zu erhöhen, doch angesichts seines steigenden Ertragsbilanzüberschusses und der einheimischen Inflation unterstreichen wir die Notwendigkeit, dass das Land eine rasche Bewertung seines effektiven Wechselkurses gestattet.‘
Anfrage Nr. 14 von Dimitrios Papadimoulis (H-0811/07)
Betrifft: Mögliche Intervention der türkischen Armee im Nordirak
Der türkische Ministerpräsident Erdogan erklärte am 10. Oktober 2007, er werde der türkischen Nationalversammlung in Kürze eine Entschließung vorlegen, mit der er um die Zustimmung zum Start militärischer Operationen im Nordirak ersuchen werde.
Der Hohe Vertreter der Europäischen Union für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Javier Solana hat sich bereits zu der Frage geäußert und festgestellt, dass alles, was die Sicherheitslage im Irak noch komplizierter mache, nicht willkommen sei. Das sei die Botschaft, die man den türkischen Freunden übermittelt habe. Welche Sofortmaßnahmen wird der Rat ergreifen, um eine mögliche militärische Intervention der türkischen Armee im Nordirak zu verhindern? Wie würde sich eine solche Aktion auf den Prozess des Beitritts der Türkei zur Europäischen Union auswirken?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Wir verfolgen die Lage sehr aufmerksam und halten engen Kontakt zu den türkischen Behörden. Die Ratspräsidentschaft verurteilte energisch die jüngsten Terrorakte im Südosten der Türkei und bekundete damit ihre Solidarität mit der türkischen Bevölkerung. Die internationale Gemeinschaft und insbesondere alle Hauptbeteiligten in der Region müssen die Bemühungen der Türkei zum Schutz seiner Bevölkerung und zur Bekämpfung des Terrorismus unterstützen und gleichzeitig die Menschenrechte, die Grundfreiheiten und die Rechtsstaatlichkeit achten, Frieden und Stabilität auf internationaler und regionaler Ebene aufrechterhalten und sich unangemessener Militäraktionen enthalten. Es sei auch erwähnt, dass die Ratspräsidentschaft an der Ministerkonferenz der Nachbarstaaten des Irak teilnahm, die am 2. und 3. November in Istanbul stattfand und auf der die Teilnehmer die von der irakischen Regierung unternommenen Bemühungen zur Bekämpfung des Terrorismus würdigten, darunter auch die Bemühungen zu verhindern, dass der Irak als Basis für Terrorangriffe auf seine Nachbarstaaten benutzt wird, und an die zwischen dem Irak und dessen Nachbarstaaten unterzeichneten bilateralen Abkommen in Bezug auf die Terrorismusbekämpfung erinnerten. Die Verstärkung des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischend er türkischen und der irakischen Regierung ist für die Lösung dieses Problems von größter Wichtigkeit.
Als Bewerberland, das über den Beitritt zur EU verhandelt – und im Einklang mit dem Verhandlungsrahmen – muss sich die Türkei zu guten nachbarschaftlichen Beziehungen bekennen und die internationale Rechtsordnung respektieren.
In diesem Zusammenhang kann ich dem Herrn Abgeordneten versichern, dass wir die Lage weiterhin sehr aufmerksam verfolgen werden und für eine auf Kooperation zwischen der Türkei und dem Irak beruhende Lösung eintreten.
Anfrage Nr. 15 von Chris Davies (H-0815/07)
Betrifft: Kontrolle der Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften während des portugiesischen Ratsvorsitzes
Kann der amtierende Ratsvorsitz mitteilen, ob er veranlasst hat, das Problem der unzureichenden Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten auf die Tagesordnung einer der während des derzeitigen Ratsvorsitzes stattfindenden Tagungen des Ministerrates zu setzen?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Der portugiesische Ratsvorsitz beabsichtigt zurzeit nicht, diese Frage im Rat zu erörtern.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Kommission in ihrer Funktion als ,Hüterin’ der Verträge die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten überwacht. Die Kommission legt zwei Mal jährlich einen Bericht mit dem Titel ,Internal Market Scoreboard’ (Binnenmarkt-Anzeiger) zur Umsetzung der Gesetzgebung in verschiedenen Ländern der Union vor. Das 16. Umsetzungs-Scoreboard wurde am 5. Juli 2007 veröffentlicht.
Dem Ratsvorsitz liegen keine Informationen über den Termin der nächsten Veröffentlichung des Scoreboards durch die Kommission vor.
Anfrage Nr. 16 von Nikolaos Vakalis (H-0822/07)
Betrifft: Maßnahmen zur Verringerung der Autoabgase in Städten
Kann der Rat in Anbetracht der seit langem laufenden weit reichenden Diskussion über das Thema der Luftverschmutzung in den Stadtzentren der großen europäischen Metropolen und die Frage, wie das Problem der Luftverschmutzung mit dem Kraftfahrzeugverkehr zusammenhängt, mitteilen, wie weit die Annahme der Richtlinie über die Besteuerung von Personenkraftwagen (KOM(2005)0261), nach der die Besteuerung von Kraftfahrzeugen von den Kohlendioxidemissionen abhängig gemacht wird, vorangeschritten ist?
Warum hat sich – auch nachdem das Europäische Parlament am 5. September 2006 eine Entschließung zu diesem Thema angenommen hat – die Annahme der Richtlinie um mehr als ein Jahr verzögert? Wird der Ratsvorsitz das Verfahren zur Annahme der Richtlinie vorantreiben?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Der portugiesische Ratsvorsitz ist zu der Auffassung gelangt, dass die Steuerpolitik einen größeren Beitrag zur Verbesserung der Nachhaltigkeit im Umweltbereich leisten muss. Aufgrund der Erkenntnis, dass steuerliche Maßnahmen einen positiven Einfluss auf die Verschmutzung und das Verbraucherverhalten haben können, leitet der Ratsvorsitz daher eine Aussprache über alle Initiativen ein, die die unternommenen Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Erreichung der Zielsetzungen der EU zur generellen Verringerung von Treibhausgasemissionen fördern könnten.
Vor diesem Hintergrund hat die portugiesische Präsidentschaft die Diskussion über den Vorschlag für eine Richtlinie zur Besteuerung von Personenkraftwagen [KOM (2005)0261] in der Arbeitsgruppe für Steuerfragen intensiviert und einen Kompromisstext vorgelegt, der den Mitgliedstaaten insofern mehr Flexibilität einräumt, als sie die als Grundlage für die Differenzierung bei der Besteuerung anzuwendenden Umweltkriterien (Gramm CO2/km, Kraftstoffverbrauch und andere Aspekte, die zur Emissionsverringerung beitragen können) selbst wählen können. Der portugiesische Ratsvorsitz hat am 13. November im ECOFIN-Rat eine allgemeine Diskussion zu diesem Thema mit dem Ziel ausgelöst, den Vorschlag für eine Richtlinie möglichst bis zum Ablauf seines Mandats anzunehmen.
Anfrage Nr. 17 von Brian Crowley (H-0823/07)
Betrifft: Bekämpfung der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit
Könnte der Rat eine Erklärung abgeben, in der er skizziert, welche neuen und innovativen Initiativen er dieses Jahr auf europäischer Ebene verfolgt hat, um zu helfen, die Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit in Europa zu bekämpfen?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
In erster Instanz sind die Mitgliedstaaten für die Ausarbeitung und Durchsetzung ihrer Beschäftigungspolitik zuständig. Dennoch hat der Rat mehrere Zuständigkeiten im Bereich der Beschäftigung; so hat er in diesem Jahr die Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten überprüft(1) und damit die Bedeutung der Bekämpfung der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit in den Mitgliedstaaten mithilfe von Beschäftigungsleitlinien unterstrichen.
Gemäß Artikel 130 des Vertrags hat der Rat einen Beschäftigungsausschuss gebildet. Dieses beratende Gremium hat im Oktober 2007 mit der Analyse der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten begonnen. Dabei wendet es die ,Cambridge-Analyse’ an und widmet dem Jugendaspekt besondere Aufmerksamkeit.
In diesem Jahr steht der Union ein neues Instrument zur Verfügung – der Europäische Fonds zur Anpassung an die Globalisierung –, um die Langzeitarbeitslosigkeit dort zu bekämpfen, wo es Massenentlassungen gegeben hat. Wie dem Herrn Abgeordneten bekannt sein dürfte, haben Parlament und Rat Ende vergangenen Jahres Einigkeit über dieses Instrument erzielt.
Mittels des im Februar 2007 angenommenen Gemeinsamen Beschäftigungsberichts.
Anfrage Nr. 18 von Eoin Ryan (H-0825/07)
Betrifft: EU-Hilfe für Sierra Leone
Wird der Rat angesichts der sehr friedlichen und fairen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Sierra Leone in diesem Jahr die Mittel aufstocken, die die EU der Bevölkerung Sierra Leones bereitstellt, um den Wiederaufbau dieses vom Krieg gezeichneten Landes zu unterstützen, das den Vereinten Nationen zufolge das zweitärmste Land in der Welt ist?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Nachdem die endgültigen Ergebnisse der Wahlen in Sierra Leone am 17. September verkündet worden waren, gratulierte der Ratsvorsitz dem neuen Präsidenten, Ernest Bai Koroma, im Namen der EU. Der Rat sieht einem besseren politischen Dialog mit der neuen Regierung entgegen.
Das Volk von Sierra Leone hat während des gesamten Wahlprozesses ein lobenswertes nachdrückliches Bekenntnis zur Demokratie abgelegt. Die grundlegenden Institutionen Sierra Leones und insbesondere die NEC (die Nationale Wahlkommission) hat für den Erfolg des Wahlverfahrens eine wichtige Rolle gespielt.
Die EU-Hilfe für Sierra Leone wird im Wesentlichen über den Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) abgewickelt. Der im Rahmen des 10. EEF für programmierbare Hilfe Sierra Leone zur Verfügung gestellt Betrag beläuft sich auf 242 Millionen Euro (gegenüber 220 Millionen Euro im Rahmen des 9. EEF), plus 26,4 Millionen Euro nicht programmierbare Hilfe (für unvorhergesehene Situationen). Dieser Betrag kann im Rahmen der Halbzeitüberprüfung hauptsächlich auf der Grundlage der vom Land erreichten Ergebnisse im Vergleich zu den von der Regierung übernommenen Verpflichtungen revidiert werden. Dieser neue Aspekt der EU-Zusammenarbeit nach dem EEF ermöglicht es, jenen Ländern entsprechende Unterstützung zu gewähren, die sich am meisten für die Reformierung ihrer Regierungstätigkeit einsetzen. Wir hoffen, dass die neuen Führer Sierra Leones der Entwicklung des Landes neuen Aufschwung verleihen, so dass sie mehr Unterstützung erhalten können.
Die EU und mehrere ihrer Mitgliedstaaten unterstützen auch großzügig den Sondergerichtshof für Sierra Leone. In Berücksichtung der Appelle des Sondergerichtshofs, seine Mittel für 2008 zu decken, haben die vorbereitenden Gremien des Rates kürzlich über eventuelle zusätzliche Unterstützung beraten, die zu neuen Zahlungsverpflichtungen im Haushalt für 2008 führen würden.
Anfrage Nr. 19 von Liam Aylward (H-0827/07)
Betrifft: Bekämpfung des Klimawandels
Kann der Rat mitteilen, welche konkreten administrativen und politischen Strukturen zwischen den Regierungen der EU und der amerikanischen Regierung geschaffen werden, die es ermöglichen sollen, gemeinsam die spezifischen Maßnahmen zu erarbeiten, die notwendig sind, um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Die EU hat beschlossen, der internationalen Gemeinschaft klar zu signalisieren, dass sie entschlossen ist, den Klimawandel zu bekämpfen, und dass sie sich für die Aufnahme von Verhandlungen über ein globales Post-Kyoto-Abkommen für die Zeit nach 2012 einsetzt.
Der Klimawandel stand systematisch auf der diplomatischen Agenda der EU und spielte im vergangenen Jahr eine herausragende Rolle auf verschiedenen Gipfeltreffen und Tagung zwischen der EU und Drittländern, einschließlich der USA.
Auf dem jüngsten EU-USA-Gipfel am 30. April 2007 wurde eine gemeinsame Erklärung über Energiesicherheit und Klimawandel angenommen, in der unser gemeinsames Interesse an der Gewährleistung sicherer, erschwinglicher und sauberer Energielieferungen und an der Bekämpfung des Klimawandels unterstrichen wurde. Endziel ist die Stabilisierung von Treibhausgaskonzentrationen.
Die EU und die USA führten am 24. und 25. Oktober 2006 in Helsinki einen hochrangigen Dialog über Klimawandel, saubere Energie und nachhaltige Entwicklung, bei dem über bestehende Initiativen als Ausgangspunkt zur Weiterführung des Aktionsplans der G8 von Gleneagles beraten wurde. Das dritte Ministertreffen des Dialogs von Gleneagles über Klimawandel, saubere Energie und nachhaltige Entwicklung fand vom 9.-11. September 2007 in Berlin statt; an ihm nahmen Vertreter von zwanzig Ländern mit hohem Energiebedarf, einschließlich der USA, teil, um innovative Ideen zu diskutieren, um auf dieser Grundlage Perspektiven für eine integrierte Politik in Bezug auf Energie und Klimawandel zu entwickeln.
Der in Gleneagles eingeleitete G8-Prozess führte in diesem Jahr in Heiligendamm zu einem wichtigen Ergebnis: Alle G8-Parteien gestanden ein, dass der Klima-Prozess der Vereinten Nationen das geeignete Gremium für die Aushandlung einer globalen Aktion zum Klimawandel sei. Ebenfalls mit Hinblick auf die G8 sei die Sondertagung von Sherpas (technische Berater) zum Klimawandel (Berlin am 16. Oktobver 2007) erwähnt.
Ein weiteres Ereignis, das ebenfalls die Möglichkeit bot, im Bereich der Zusammenarbeit im Rahmen bilateraler Treffen zwischen der EU und den USA voranzukommen, war die hochrangige Veranstaltung zum Klimawandel unter der Schirmherrschaft des Generalsekretärs der Vereinten Nationen ( New York am 24. September 2007).
Anfrage Nr. 20 von Seán Ó Neachtain (H-0829/07)
Betrifft: 7. EU-Rahmenprogramm für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration
Kann der Rat bestätigen, dass Gebieten in Randlage und regionalen Gebieten in Europa von diesem Jahr an bis 2013 Finanzierungsinitiativen im Rahmen des 7. Rahmenprogramms für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration zugute kommen werden?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Das 7. EU-Rahmenprogramm für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration beruht auf der Prämisse, dass die Regionen zu den wichtigsten Interessenten einer Innovations- und Forschungspolitik gehören.
Im Rahmen des Spezifischen Programms ,Kapazitäten’ werden zusätzlich zu weiteren 340 Millionen Euro, die für die Initiative ,Forschungspotenzial’ vorgesehen sind, 126 Millionen Euro speziell für die Initiative ,Regionen des Wissens’ bereitgestellt, die auf die Konvergenzregionen und die Regionen in äußerster Randlage der Europäischen Union gerichtet ist.
Theoretisch laufen die genannten Initiativen (die auf die Regionen gerichtet sind) während des gesamten Rahmenprogramms. Für das 7. Rahmenprogramm ist eine Halbzeitüberprüfung vorgesehen, die während des Programmzeitraums vorgenommen wird. Diese könnte einige Auswirkungen auf bestimmte Aspekte des Programms haben. Dennoch ist es höchst wahrscheinlich, dass die konkret auf die Regionen zugeschnittenen Initiativen fortgeführt werden.
Zu erwähnen sind ferner die ERA-Net-Projekte im Rahmen des Spezifischen Programms ,Zusammenarbeit’, weil sie eine regionale Dimension haben, denn eine der Prioritäten des entsprechenden Mechanismus besteht in der Unterstützung der Bildung von Netzwerken zwischen regionalen (und nationalen) staatlichen Wissenschafts- und Technologieprogrammen.
Daher sollten Europas Regionen im Allgemeinen (und die Regionen in äußerster Randlage im Besonderen) den Vorzug genießen, im Rahmen des 7. Rahmenprogramms für Forschung und technologische Entwicklung bis 2013 Initiativen zu finanzieren.
Darüber hinaus wird es wahrscheinlich möglich sein, eine größere Synergie zwischen dem Rahmenprogramm für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration und den strukturfondsbezogenen Programmen für europäische Regionen vor allem dadurch zu erreichen, dass die regionalen Gremien am Rahmenprogramm teilnehmen können und dass es den europäischen Regionen ermöglicht wird, die durch die Teilnahme an Projekten dieses Programms erlangten Ergebnisse auf lokaler Ebene weiterzuentwickeln.
Anfrage Nr. 21 von Marcin Libicki (H-0832/07)
Betrifft: Recht der Bevölkerung Belutschistans
Pakistan hat sich für das Recht der Bevölkerung Kaschmirs auf Selbstbestimmung eingesetzt. Ist der Rat nicht auch der Auffassung, dass Pakistan den Bewohnern Belutschistans und der Stammesgebiete Pakistans nun dasselbe Recht einräumen muss, anstatt unter Einsatz von Waffengewalt die eigene Bevölkerung zu unterdrücken?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Der Rat hat niemals einen Standpunkt zur Frage der Selbstbestimmung der Bevölkerung Belutschistans bezogen.
Anfrage Nr. 23 von Johan Van Hecke (H-0834/07)
Betrifft: Zwangsumsiedlung von 1,5 Millionen Chinesen vor den Olympischen Spielen
Yang Chunlin, ein chinesischer Aktivist für Landrechte, wurde in einem chinesischen Gefängnis gefoltert. Nach Angaben seiner Schwester Yang Chunping war er in dem Gefängnis tagelang in einer einzigen Haltung angekettet und wurde gezwungen, die Exkremente anderer Häftlinge zu beseitigen. Grund für seine Inhaftierung war eine Petition, die er gegen die Olympischen Spiele verfasst hat. Er hatte mehr als 10 000 Unterschriften, hauptsächlich von enteigneten Bauern, nach dem Motto „Wir wollen keine Olympischen Spiele, sondern Menschenrechte“ gesammelt. Illegale Enteignungen von Landbesitz sind in China gang und gäbe. So sollen eineinhalb Millionen Menschen aus ihren Häusern vertrieben worden sein, um Platz für neue Sportkomplexe zu schaffen.
Lange Zeit war man der Auffassung, dass die Organisation der Olympischen Spiele in China einen positiven Einfluss haben würde, weil dieses Ereignis eine Möglichkeit bietet, China stärker für äußere Einflüsse zu öffnen. Jetzt herrscht jedoch die Vorstellung, dass ein Boykott der Olympischen Spiele noch das einzige Mittel ist, mit dem Europa China unter Druck setzen kann. Zieht der Rat in Erwägung, die Spiele zu boykottieren, um China klarzumachen, dass schwerwiegende Verstöße gegen die Menschenrechte unvertretbar sind?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Im Einklang mit den EU-Leitlinien zu Menschenrechtsaktivisten verfolgen die Missionschefs der EU in Beijing aufmerksam die Lage von Menschenrechtsaktivisten, auch die von Yang Chunlin, und der Rat bringt regelmäßig über verschiedene Kanäle beunruhigende Einzelfälle bei den chinesischen Behörden zur Sprache.
Den chinesischen Behörden wurde auch vor Beginn der jüngsten Gespräche am 17. Oktober in Beijing eine Liste von Einzelfällen überreicht. Auf dieser Tagung äußerte die EU ihre Besorgnis über die Schikanen gegenüber Menschenrechtsaktivisten und deren andauernden Verhaftungen. Die EU bedauerte die zunehmende Überwachung und Kontrolle der Medien, einschließlich des Internets, und trat für Meinungsfreiheit ein. Sie brachte auch die Frage der Folterungen zur Sprache. Wie bei vorangegangenen Dialogen forderte die EU China auf, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zu ratifizieren, den China vor neun Jahren unterzeichnet hat und der die Rechte der Bürger verankert und wahrt und ihnen Schutz vor Missbrauch bietet.
In ihrem Menschenrechtsdialog mit China trägt die EU regelmäßig viele der in dem offenen Brief mit dem Titel ,Wir wollen keine Olympischen Spiele, sondern Menschenrechte’ enthaltenen Forderungen vor. Diese Forderungen waren Gegenstand der Kampagne von Yang Chunlin. In der letzten Gesprächsrunde wurden folgende Fragen angesprochen: Einräumung des gleichen Zugangs und der gleichen Unabhängigkeit für nationale Journalisten wie für ausländische Journalisten, Schutz der Rechte chinesischer Arbeiter auf Bauplätzen und Einstellung der Diskriminierung von Wanderarbeitern. Der Rat ist auch beunruhigt über die Vertreibung und Zwangsumsiedlung von Menschen aufgrund von städtebaulichen Entwicklungen, sei es in Verbindung mit den Olympischen Spielen oder nicht.
Zusammenfassend sei festgestellt, dass der Rat dem Herrn Abgeordneten zustimmt, dass die Menschenrechtslage in China weiterhin Anlass zur Besorgnis bietet. Es gibt allerdings bescheidene Fortschritte in einigen Bereichen, zum Beispiel in der Zahl der Hinrichtungen nach der Überprüfung von Todesurteilen durch das Oberste Volksgericht, geringere Restriktionen für die ausländischen Medien seit dem 1. Januar 2007 und Verkündung des neuen Arbeitsvertragsgesetzes.
Der Rat ist daher der Auffassung, dass es sich lohnt, den Dialog mit China zu diesen Themen fortzuführen, selbst wenn die Ergebnisse nicht immer nach jeder Gesprächsrunde quantifizierbar sind und man nur allmählich vorankommt.
Was die Menschenrechte und die Olympischen Spiele betrifft, so ist China auf diesem Gebiet im Zusammenhang mit seinem Angebot, die Olympischen Spiele 2008 auszurichten, eine Reihe von Verpflichtungen eingegangen. Der Rat wird daher die Situation aufmerksam beobachten und alle Fragen zur Sprache bringen, die Anlass zur Beunruhigung sind. Was die Möglichkeit eines Boykotts der Spiele angeht, so ist es nicht Sache des Rates der EU, einen Beschluss zu fassen (denn das ist eine Frage, über die jeder Mitgliedstaat des IOC zu entscheiden hat).
Anfrage Nr. 24 von Justas Vincas Paleckis (H-0836/07)
Betrifft: Ratifizierung des Reformvertrags
Auf der Tagung des Europäischen Rates vom 18.-19. Oktober wurde der Reformvertrag angenommen, der am 13. Dezember in Lissabon unterzeichnet werden soll. Dank der erzielten Einigung wird es möglich sein, die seit sechs Jahren andauernden Diskussionen über die institutionelle Reform zu beenden und sich der Lösung der wichtigsten Aufgaben der EU zuzuwenden. Wie die Erfahrung mit dem EU-Verfassungsvertrag lehrt, steht dem Reformvertrag jedoch bis zur Ratifizierung in den 27 Mitgliedstaaten noch ein schwieriger Weg bevor. Soziologischen Untersuchungen zufolge haben rund 60% der Gegner des Verfassungsvertrags in Frankreich ihre Haltung auch damit begründet, dass der Vertragstext sehr kompliziert und unverständlich sei. Im Vergleich zum Reformvertrag war der Verfassungsvertrag deutlich kürzer und leicht zu verstehen. Es erheben sich Zweifel, ob die Mitgliedstaaten in der Lage sein werden, ihren Bürgern Inhalt und Bedeutung des neuen Vertrags angemessen zu erklären.
Plant der Rat Maßnahmen auf europäischer Ebene, um die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, den EU-Bürgern den Vertragstext vorzustellen?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Die Ratifizierungsverfahren liegen in der ausschließlichen Zuständigkeit jedes Mitgliedstaats.
Anfrage Nr. 25 von Ryszard Czarnecki (H-0839/07)
Betrifft: Ratifizierung des Assoziierungs- und Stabilisierungsabkommens zwischen der EU und Albanien
Wann wird der Ratifizierungsprozess betreffend das im Jahr 2006 unterzeichnete Assoziierungs- und Stabilisierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und Albanien abgeschlossen sein?
Von den 27 Mitgliedstaaten haben das Abkommen bislang lediglich zehn Staaten ratifiziert: sechs der neuen Mitgliedstaaten - Lettland, Litauen, Polen, die Slowakei, Slowenien und Ungarn - sowie vier der alten Mitgliedstaaten - Irland, Luxemburg, Schweden und Spanien.
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Solche gesetzlichen und parlamentarischen Ratifizierungsverfahren sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich. Daher vermag der Rat nicht vorherzusagen, wann die besagten Verfahren abgeschlossen sein werden. Er hofft sehr, dass weitere Fortschritte gemacht werden, so dass diese Verfahren in den nächsten Monaten abgeschlossen werden.
Gegenwärtig ist die Situation so, dass neben den zehn genannten Mitgliedstaaten vor Kurzem zwei weitere das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Albanien ratifiziert haben (das Vereinigte Königreich und Estland).
Anfrage Nr. 27 von Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (H-0844/07)
Betrifft: Rentenreform in Europa und berufstätige Frauen
In Griechenland wurde ebenso wie in anderen Mitgliedstaaten vor Kurzem ein öffentlicher Dialog über die Reform der Versicherungssysteme und eine mögliche Anpassung der „protektionistischen" Rechtsvorschriften für Frauen in Gang gebracht. Kann der Rat im Lichte der in Kürze in Lissabon stattfindenden Konferenz zur Rentenreform (13./14. November)(1) mitteilen, welches Bild die Aussprachen im Rat EPSCO (Rat „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“) in Bezug auf die verschiedenen Rentensysteme für Frauen in jedem Mitgliedstaat bis dato vermittelt haben? Welches Rentenmodell hat seiner Ansicht nach die besten Ergebnisse im Hinblick auf Entlohnung, Beschäftigungsfähigkeit und Karriereaussichten für Frauen erzielt? Wird der Rat die Kommission ersuchen, eine Vergleichsstudie zu erstellen, um bewährte Verfahren zur Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen zu ermitteln und es ihnen leichter zu machen, Beruf und Familie zu verbinden?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Die Mitgliedstaaten wurden um Informationen über jüngste Tendenzen in ihren Rentensystemen als Beitrag zum Gemeinsamen Bericht des Rates und der Kommission über Sozialschutz und Soziale Eingliederung ersucht, den der Ausschuss für Sozialschutz dem Rat zur Annahme unterbreiten und auf der Frühjahrstagung des Europäischen Rates vorlegen wird. Die Frau Abgeordnete wird einige Informationen über die gegenwärtige Reformsituation in Griechenland in dem entsprechenden analytischen Eintrag im Anhang des Gemeinsamen Berichts 2007 finden.(2)
Fragen der Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben gehören zu den Prioritäten des Rats. Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit daran erinnern, dass eben die von der Frau Abgeordneten geäußerten Besorgnisse auf der jüngsten informellen Tagung der für die Förderung der Gleichheit der Geschlechter zuständigen Minister (am 4. Oktober) zur Sprache gebracht wurden. Dabei ging es insbesondere um die Analyse folgender Themen: Einbeziehung der Gender-Dimension in Wachstum und Beschäftigung; der Unternehmergeist von Frauen und die Einbeziehung ins Arbeitsleben; Vereinbarkeit von beruflichem, privatem und Familienleben für Männer und Frauen.
Auf der Konferenz ,Reconciling Professional, Personal and Family Life: New Challenges for the Social Partners and for Public Policy’ vom 12. Juli wurde die strategische Bedeutung der Vereinbarkeit im Zusammenhang mit der Erreichung der Beschäftigungsziele der Strategie von Lissabon, insbesondere in Bezug auf die Zugangsbedingungen für Frauen (Chancengleichheit, soziale Dienste, flexible Arbeitszeit), hervorgehoben.
Gemeinsamer Bericht über Sozialschutz und Soziale Eingliederung 2007 – Länderprofile (SEK (2007) 272).
Anfrage Nr. 28 von Athanasios Pafilis (H-0846/07)
Betrifft: Auftreten von Krebserkrankungen bei militärischem Personal, das in den NATO-Streitkräften in Bosnien, im Kosovo und in Afghanistan gedient hat
In der griechischen Presse wurde vor kurzem über 23 Krebsfälle unter Mitgliedern der griechischen Einsatztruppen berichtet, die nach 1996 am Einsatz der NATO in Bosnien, im Kosovo und in Afghanistan beteiligt waren. Der Verdacht wird immer stärker, dass diese Krebsfälle damit zusammenhängen, dass sich die Soldaten in durch abgereichertes Uran verseuchten Gebieten aufgehalten haben. Es wurden 3 Fälle von Krebserkrankungen des Verdauungssystems, 2 Hodenkrebsfälle und 3 Lymphom-Fälle bekannt, für die restlichen 15 Fälle wurden keine genauen Angaben gemacht. Ähnliche Fälle von Krebserkrankungen wurden auch bei militärischem Personal aus anderen Ländern, die zu Militäreinsätzen in Krisenregionen entsandt worden waren, festgestellt, wie etwa in Italien, wo 225 Fälle – 37 davon bereits mit tödlichem Ausgang – offiziell registriert wurden.
Welchen Standpunkt vertritt der Rat, was die Verantwortung der EU und der NATO aufgrund des Einsatzes verbotener Waffen während des Kriegs in Jugoslawien betrifft? Beabsichtigt er, das militärische Personal, das kontaminiert wurde und die Zivilbevölkerung zu entschädigen?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Fragen im Zusammenhang mit Militäroperationen der NATO fallen nicht in die Zuständigkeit der Europäischen Union, die über keine näheren Informationen über die von dem Herrn Abgeordneten gestellten Fragen verfügt.
Anfrage Nr. 29 von Paulo Casaca (H-0848/07)
Betrifft: Doris Lessing und die Diktatur im Iran
Die Literaturnobelpreisträgerin 2007 äußerte gegenüber der Zeitung El País, dass aufgrund der Interessen der Ölindustrie niemand es wage, die Diktatur im Iran zu kritisieren. Sie beweist damit vollkommene Klarsicht hinsichtlich der europäischen Beweggründe für die Beschwichtigungspolitik, die die Europäische Union gegenüber Teheran betreibt.
Ist der Rat nicht der Ansicht, dass diese Beschwichtigungspolitik gegenüber Teheran schwer wiegende Folgen für die iranischen Staatsbürger hat und den Weltfrieden in Gefahr bringen könnte?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Der Rat verurteilt die ständige Verschlechterung der Menschenrechtslage im Iran. Der EU-Ratsvorsitz hat diese Situation aufmerksam verfolgt und den Iran mittels Demarchen in Lissabon und Teheran sowie in Erklärungen wiederholt aufgefordert zu gewährleisten, dass das Land seinen internationalen Verpflichtungen auf dem Gebiet der Menschenrechte nachkommt.
Seit Beginn der portugiesischen Vorsitzperiode hat die EU mehrere Erklärungen herausgegeben, speziell zu Gerichtsverfahren gegen Jugendliche, zu Fällen, in denen die Todesstrafe verhängt wurde, und zur Meinungsfreiheit, und sie wird das auch weiterhin tun, wann immer das notwendig ist und im Einklang mit den Leitlinien der Europäischen Union zur Todesstrafe, zur Folter und zu Menschenrechtsaktivisten.
Bisher wurden fünf Demarchen veranlasst, die sich mit den Hauptfeldern unserer Besorgnis befassten, wie mit der Anwendung der Todesstrafe, ohne dass die international definierten Mindestregeln befolgt wurden (Hinrichtung Minderjähriger, Hinrichtung durch Steinigung und öffentliche Hinrichtungen); den zunehmenden Einschränkungen der Meinungsfreiheit, der Freiheit der Presse und der Medien sowie mit der Verfolgung bestimmter Minderheiten und religiöser Gemeinschaften, nämlich der Baha’i, und mit der Verfolgung von Menschenrechtsaktivisten.
Die EU war daher Ko-Sponsor der von Kanada eingereichten und im 3. Ausschuss der Generalversammlung der Vereinten Nationen zurzeit diskutierten Resolution und unterstützt diese Resolution nachdrücklich.
Anfrage Nr. 30 von Danutė Budreikaitė (H-0850/07)
Betrifft: Schicksal der "Villa Lituania"
Es ist schon 16 Jahre her, dass Litauen seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion zurückgewonnen hat. Genauso lange wartet Litauen vergeblich auf die Rückgabe des ihm bis 1937 gehörenden Botschaftsgebäudes in Rom, der sogenannten „Villa Lituania“. Ungeachtet der vom litauischen Botschafter Stasys Lozoraitis überreichten Note gestatteten die italienischen Beamten den Sowjets, die „Villa Lituania“ zu besetzen. Heute weht vor dem Gebäude die russische Flagge.
Obwohl Rom während dieser ganzen Zeit immer wieder bekräftigt hat, dass Litauen die Rechte an der „Villa Lituania“ nicht verloren habe, hat der italienische Außenminister Massimo D’Alema jetzt erklärt, dass Litauen sein Eigentum niemals zurückerhalten werde. Litauen wurde im Jahr 1999 angeboten, den am Rande der Stadt Rom gelegenen Palast Stozzi anzumieten. Damit ist jedoch der entscheidende diplomatische Konflikt – die Wiederherstellung des verlorenen Eigentums – nicht gelöst. Die „Villa Lituania“ ist derzeit 20 Millionen Euro wert.
Wie kann Litauen nach Ansicht des Rates seine berechtigten Forderungen durchsetzen?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Der Rat hat diese Frage nicht diskutiert, da sie nicht in seine Zuständigkeit fällt.
Anfrage Nr. 31 von Pedro Guerreiro (H-0852/07)
Betrifft: Gemeinschaftsfinanzierung für die künftige Europäische Meerespolitik
Die Kommission hat kürzlich ihre Vorschläge für eine künftige „integrierte Meerespolitik“ auf EU-Ebene vorgelegt. In der Erwägung, dass jegliche Initiative in diesem Bereich die Befugnisse der Mitgliedstaaten bezüglich der Verwaltung ihres eigenen Territoriums, insbesondere ihrer Hoheitsgewässer und ausschließlichen Wirtschaftszonen, in Bezug auf Nutzung der Ressourcen, Verkehr, Grenzschutz und Sicherheit, Planung, Umwelt oder Wirtschaftstätigkeiten wie Fischerei, bewahren sollte, wird der Rat um Beantwortung der folgenden Frage ersucht:
Wie will der Rat diese Politik aus dem Gemeinschaftshaushalt finanzieren, ausgehend von dem Grundsatz, dass neue Finanzmittel für neue Prioritäten bereitgestellt werden sollten?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
In ihrer am 10. Oktober 2007 angenommenen Mitteilung über eine integrierte Meerespolitik für die Europäische Union legt die Kommission ihre Vorstellungen über eine globale Politik für Meeresangelegenheiten dar und kündigt die Initiativen und Aktionen an, die sie künftig vorzuschlagen beabsichtigt, um die Formulierung einer integrierten Meerespolitik für die Europäische Union zu ermöglichen.
Es wird erwartet, dass der Europäische Rat auf seiner für Dezember 2007 geplanten Tagung seine Meinung über die Mitteilung der Kommission und die darin enthaltenen Gedanken äußert.
Der Rat sieht allen Vorschlägen über eine künftige Meerespolitik entgegen, die die Kommission gemäß ihrem Initiativrecht einzureichen wünscht, und wird sie im Einklang mit den einschlägigen Verfahren und unter voller Beachtung der Gemeinschaftsvorschriften prüfen. Sollte ein solcher Vorschlag eine Gemeinschaftsfinanzierung der vorgeschlagenen Maßnahmen nach sich ziehen, so wird der Rat die Frage in enger Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und entsprechend den einschlägigen Haushaltsvorschriften prüfen.
Anfrage Nr. 32 von Diamanto Manolakou (H-0855/07)
Betrifft: Einmischung in die internen Angelegenheiten der ungarischen kommunistischen Arbeiterpartei
Das Gericht von Budapest hat sich mit einer seiner Entscheidungen in die internen Angelegenheiten der ungarischen kommunistischen Arbeiterpartei eingemischt und ist sogar soweit gegangen, den 21. Parteitag dieser Partei zu annullieren. Der Parteivorsitzende kritisierte den politischen Charakter des Urteils, das in der Geschichte der Justiz in den letzten beiden Jahrzehnten einzigartig ist. Nachdem sich die Parteiführung geweigert hatte, ihre Äußerungen – wie verlangt – zurückzunehmen, verurteilte der Präsident des Gerichtshofs den Parteivorsitzenden, Gyula Thurmer, sowie sechs weitere Mitglieder des Parteivorstands wegen öffentlicher Verleumdung, ein Vergehen, das mit einer Höchststrafe von zwei Jahren Gefängnis belegt werden kann. Diese Entscheidung stellt einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien Meinungsäußerung dar, der in der ungarischen Verfassung verankert ist, und bildet Teil einer Kette kommunistenfeindlicher Aktionen in Osteuropa.
Verurteilt der Rat diese inakzeptable Haltung des Gerichts von Budapest gegenüber der ungarischen kommunistischen Arbeiterpartei?
Vertritt er nicht auch die Ansicht, dass das dem Gerichtshof vorgeworfene Vorgehen eine gravierende Missachtung der politischen und demokratischen Rechte und Freiheiten und eine widerrechtliche Einmischung in die internen Angelegenheiten einer völlig legalen politischen Partei darstellt?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Es liegt nicht in der Zuständigkeit des Rates, seine Meinung zu der Entscheidung eines Gerichts in einem Mitgliedstaat zu äußern.
Anfrage Nr. 33 von Vural Öger (H-0859/07)
Betrifft: Bilaterale Beziehungen zwischen der Türkei und Zypern
Im Hinblick auf die Normalisierung der bilateralen Beziehungen der Türkei zur Republik Zypern sind bisher keine Erfolge zu verzeichnen. Die finnische Ratspräsidentschaft 2006 setzte einen ihrer außenpolitischen Schwerpunkte auf die so genannte „Zypernproblematik“. Diese Problematik wurde aus der Agenda der portugiesischen Ratspräsidentschaft bisher ausgeklammert.
Was gedenkt die portugiesische Ratspräsidentschaft bis Ende 2007 einzuleiten, um den Status quo der Gespräche zu ändern?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Die Frage der Normalisierung der bilateralen Beziehungen zwischen der Türkei und der Republik Zypern wird auf den entsprechenden Ebenen aufmerksam verfolgt und behandelt. Die Ratifizierung und nachfolgende Umsetzung des Anpassungsprotokolls der Vereinbarung von Ankara über den Beitritt der zehn neuen Mitgliedstaaten der EU stellt eine Verpflichtung dar, die die Türkei eingegangen ist, aber noch immer nicht erfüllt hat. Dieser Frage wurde viel Aufmerksamkeit geschenkt, beispielsweise auf der Tagung der Troika der Politischen Direktoren EU-Türkei am 18. September in Lissabon. Mit der Frage wird sich auch die nächste Ministertagung EU-Türkei befassen, die am 20. November in Brüssel stattfindet. Darüber hinaus fordert der Rat die Türkei regelmäßig auf, ihre Politik in der Frage der Beteiligung der Republik Zypern an internationalen Organisationen und Foren zu ändern.
Weiterhin wird der Rat die Lage auf der Grundlage des am 6. November von der Kommission veröffentlichten Fortschrittsberichts analysieren. Gemäß den Schlussfolgerungen des Rates vom 11. Dezember 2006 wird der Rat die in der Erklärung der EU vom 21. September 2005 aufgeworfenen Fragen prüfen. Die volle Umsetzung des Protokolls ist ebenfalls eine kurzfristige Priorität im Rahmen der Beitrittspartnerschaft, die im Laufe dieses Jahres überprüft wird. Die Einhaltung der Verpflichtungen der Türkei gegenüber der EU und die Prioritäten der Beitrittspartnerschaft werden Rückwirkungen auf den Verhandlungsverlauf haben.
Was die Situation in Zypern angeht, so sieht sich die Union nach wie vor in der Pflicht, zu einer Lösung des Zypern-Problems im Rahmen der Vereinten Nationen beizutragen, die die Prinzipen, auf denen sich die EU gründet, berücksichtigt und mit ihnen vereinbar ist. In diesem Zusammenhang treten wir für die rasche Verwirklichung des am 8. Juli 2006 erzielten Abkommens unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen ein und erwarten ungeduldig die Aufnahme der Arbeit der Fachausschüsse und Expertengruppen zu den Detailfragen. Ich kann dem Herrn Abgeordneten versichern, dass der Ratsvorsitz und die Union die in dieser Richtung unternommenen Bemühungen weiterhin unterstützen wird.
Lassen Sie mich auch feststellen, dass sich die Union nach wie vor in der Pflicht sieht, zu einer Lösung des Zypern-Problems im Rahmen der Vereinten Nationen beizutragen, die die Prinzipen, auf denen sich die EU gründet, berücksichtigt und mit ihnen vereinbar ist. Der Ratsvorsitz wird weiterhin Umfragen führen, um einen Konsens in der Frage der vollen Anwendung der Schlussfolgerungen des Rates ,Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen (GAERC)’ vom April 2004 und Januar 2007 zu erreichen.
Anfrage Nr. 34 von Robert Evans (H-0861/07)
Betrifft: Flüge nach Nordzypern
Wurde im Rat die Frage erörtert, ob direkte Flüge zum Flughafen Ercan (dem einzigen internationalen Flughafen in Nordzypern) nahe der geteilten zypriotischen Hauptstadt Nicosia erlaubt werden sollen?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Flüge werden von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene geregelt. Die Europäische Kommission hat den Auftrag zu sichern, dass die Regelung im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht geschieht, und das schließt die Achtung internationaler Verpflichtungen ein. Dieses Thema ist daher nicht Gegenstand der Diskussion im Rat.
Ich kann hinzufügen, dass die Regierung der Republik Zypern in Ausübung ihres souveränen Rechts, die legalen Flughäfen sowie die Einlauf- und Auslaufhäfen für die Republik festzulegen, und im Einklang mit dem internationalen Recht (Chikagoer Übereinkunft) den Betrieb auf dem Flughafen Tymbou (Ercan) für ungesetzlich erklärt hat. Dieser Flughafen befindet sich im Gebiet der Republik Zypern, über das die Regierung der Republik Zypern keine effektive Kontrolle ausübt, und dennoch wird er ohne die erforderliche Genehmigung seitens der von der Regierung benannten zuständigen Behörden betrieben.
Lassen Sie mich auch feststellen, dass sich die Union nach wie vor in der Pflicht sieht, zu einer Lösung des Zypern-Problems im Rahmen der Vereinten Nationen beizutragen, die die Prinzipen, auf denen sich die EU gründet, berücksichtigt und mit ihnen vereinbar ist. Der Ratsvorsitz wird weiterhin Demarchen veranlassen mit dem Ziel, einen Konsens in der Frage der vollen Anwendung der Schlussfolgerungen des Rates ,Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen (GAERC)’ vom April 2004 und Januar 2007 zu erreichen.
Anfrage Nr. 35 von Georgios Toussas (H-0863/07)
Betrifft: Unverzügliche Aufhebung des Embargos gegen Kuba
Wenige Tage vor der Sitzung der UN-Generalversammlung am 30. Oktober 2007, in der ein Resolutionsentwurf erörtert und das anhaltende Wirtschafts-, Handels- und Finanzembargo der USA gegen Kuba verurteilt werden soll, hat der Präsident der Vereinigten Staaten neue Maßnahmen gegen Kuba angekündigt. Zugleich sprach er sich für finanzielle und politische Unterstützung „des Übergangs zur Demokratie in Kuba“ als Mittel zum Umsturz der sozialistischen Regierung aus. Den internationalen Medien zufolge beabsichtigt er auch, eine Reihe von Initiativen zu ergreifen, einschließlich der Einrichtung eines internationalen „Freiheitsfonds“ zur Unterstützung der Kubaner beim Aufbau ihres Landes, der Genehmigung für private Initiativen, kubanischen Studenten einen Internet-Zugang zu verschaffen, und der Möglichkeit für junge Kubaner, an einem Stipendienprogramm teilzunehmen.
Unterstützt der Rat die internationalen Appelle zur Annahme einer Resolution durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen, in der die Aufhebung des von den USA gegen Kuba verhängten Embargos gefordert wird? Verurteilt der Rat die anhaltende Einmischung der USA in die inneren Angelegenheiten Kubas?
Die vorliegende Antwort, die vom Vorsitz ausgearbeitet wurde und weder für den Rat noch für die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde in der Fragestunde des Rates in der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im November in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Nach Ansicht der EU gehört diese Frage vorrangig in den Kontext der bilateralen Beziehungen zwischen den USA und Kuba. Nichtsdestotrotz hat die EU, konkret im vergangenen Jahr, für die Resolution 61 der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur Notwendigkeit der Aufhebung des Wirtschafts-, Handels- und Finanzembargos der USA gegen Kuba gestimmt. Der Rat nahm die Verordnung (EG) Nr. 2271/96 zum Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von einem Drittland erlassener Rechtsakte sowie von darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen sowie eine gemeinsame Aktion auf der Grundlage der Artikel J.3 und K.3 des Vertrags über die Europäische Union zu Maßnahmen zum Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von einem Drittland erlassener Rechtsakte sowie von darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen an. Die EU ruft nach wie vor zur Rücknahme des Helms-Burton-Gesetzes auf.
Darüber hinaus heißt es in den Schlussfolgerungen zur EU-Politik gegenüber Kuba vom 18. Juni 2007: ,Die EU erkennt das Recht der kubanischen Bürger an, in aller Unabhängigkeit über ihre Zukunft zu entscheiden, und ist nach wie vor bereit, auch im Wege der Entwicklungszusammenarbeit einen positiven Beitrag zu künftigen Entwicklungen in allen Bereichen der kubanischen Gesellschaft zu leisten.‘
ANFRAGEN AN DIE KOMMISSION
Anfrage Nr. 43 von Liam Aylward (H-0828/07)
Betrifft: EU-Friedenssicherungsmission für den Tschad
Könnte die Kommission eine umfassende Erklärung zu den Fortschritten abgeben, die bislang im Hinblick auf die Mobilisierung der 4000 Mann starken EU-Friedenssicherungsmission für den Tschad erzielt worden sind? Könnte die Kommission mitteilen, wie viele europäische Länder sich verpflichtet haben, Friedenssicherungskräfte für diese Mission bereitzustellen?
Der Planungsprozess ist noch nicht abgeschlossen und der offizielle Truppengestellungsprozess beginnt, sobald der Operationsplan vom Rat genehmigt ist, womit nach den der Kommission vorliegenden Informationen in den kommenden Wochen zu rechnen ist. Die Zuständigkeit für den Truppengestellungsprozess wird beim Befehlshaber der Operation liegen. Einige EU-Mitgliedstaaten haben inoffizielle Angaben zu ihrem Beitrag zu den Friedenssicherungskräften gemacht, die jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht verbindlich sind.
Da die Gemeinsame Aktion unter die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik fällt, kann sich der Herr Abgeordnete für weitere Auskünfte auch an den Rat wenden.
Anfrage Nr. 44 von Seán Ó Neachtain (H-0830/07)
Betrifft: Grundbildung in der Dritten Welt
Könnte die Kommission darlegen, welche Programme sie zur Gewährleistung einer Grundbildung der Kinder in den Ländern der Dritten Welt unterstützt, und die Höhe der für diesen Zweck bereitgestellten Mittel angeben? Könnte sie erklären, wie diese Programme im Allgemeinen verwaltet werden?
Die Kommission trägt zur Erreichung des Millennium-Entwicklungsziels (MDG) der Grundschulbildung für alle Kinder durch verschiedene Instrumente bei. Dies wird durch die Ausrichtung des Europäischen Konsenses und der Strategie für Afrika auf die MDG sehr deutlich.
Die Europäische Kommission unterstützt die Bemühungen der Entwicklungsländer im Bildungsbereich zurzeit durch ihre bilaterale Zusammenarbeit bei mehr als 400 laufenden bilateralen und regionalen Projekten in fast 100 Ländern. Im Jahr 2006 investierte die EG 517 Millionen Euro in die Bildungskomponente ihrer Entwicklungspolitik und Außenhilfe: 43 % für Grundschulbildung, 15 % für Sekundarschulbildung, 24 % für die postsekundare Ausbildung und 18 % für spezielle institutionelle Unterstützung.
Zusätzlich zu dieser projektbezogenen Unterstützung gewährt die Kommission 28 Ländern allgemeine Haushaltshilfe aus dem 9. Europäischen Entwicklungsfonds. Dieses Instrument ist insofern wichtig, als es dazu beiträgt, die aus den Haushalten der Regierungen dieser Länder finanzierten Löhne, Gehälter und laufenden Kosten zu decken. Auf diese Art sollen etwa 30 % der für diese 28 Länder eingesetzten Mittel bereitgestellt werden. Da die Auszahlung der allgemeinen Haushaltshilfe zum Teil an Indikatoren geknüpft ist und somit ein starker finanzieller Anreiz besteht, solide politische Maßnahmen im Sozialbereich durchzuführen, die zur Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele beitragen, fördert die Kommission mit diesem Instrument die Bildung ganz entscheidend.
Gemäß der Pariser Erklärung zur Wirksamkeit und Harmonisierung der Entwicklungshilfe möchte die Kommission soweit möglich den Anteil ihrer durch sektorspezifische oder allgemeine Haushaltshilfe bereitgestellten programmierbaren bilateralen Entwicklungshilfe auf 50 % erhöhen.
Ein rein buchhalterischer Ansatz für die Entwicklungshilfe basierend auf sektorbezogenen Zuweisungen ist nicht umfassend genug. Zum Beispiel wird die Haushaltshilfe in Ruanda von einer koordinierten Gebergruppe geleistet, die mit den Behörden in einem ständigen sektorspezifischen Dialog steht. Im Ergebnis dessen konnten den sozialen Bereichen wieder mehr öffentliche Mittel zugewiesen werden (während die Militärausgaben gleichzeitig gekürzt wurden). Zwischen 1998 und 2004 stiegen die Sozialausgaben von 2,5 % des Bruttoinlandsprodukts auf 7,5 %. Durch spezifische Maßnahmen konnte das Schulgeld abgeschafft werden, was zu einem entsprechenden Anstieg der Einschulungsrate auf 93 % führte.
Im neuen Programmplanungszyklus sind ca. 1,8 Milliarden Euro aus dem EG-Haushalt und dem 10. Europäischen Entwicklungsfonds (alle Regionen) für Bildung geplant. Die Kommission sorgt für eine bessere Verknüpfung der Finanzierungszusagen mit Fortschritten auf dem Weg zur Verwirklichung der Millennium-Entwicklungsziele. Die MDG-Vereinbarung ist eine erweiterte Form der allgemeinen Haushaltshilfe und enthält Indikatoren für den Erfolg im Bildungsbereich und in anderen MDG-relevanten Sektoren. Das Ziel besteht in einer längerfristigen Berechenbarkeit, sodass die Unterstützung im Bildungsbereich nicht durch ständige Unterbrechungen bei der Auszahlung der Budgethilfe beeinträchtigt wird, wie es bislang oftmals der Fall war.
Des Weiteren wird auch über das thematische Programm „Investitionen in Menschen“ eine weitere Unterstützung für Entwicklungsländer in den Fällen angeboten, in denen die üblichen Wege der Finanzunterstützung nicht ausreichen. Diese zusätzliche Hilfe wird dafür verwendet werden, durch einen Finanzbeitrag zur Fast-Track-Initiative (FTI) raschere Fortschritte bei der Verwirklichung des zentralen Zieles eines Grundschulabschlusses für alle im Rahmen der Initiative „Bildung für alle“ zu erreichen.
Anfrage Nr. 45 von Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (H-0845/07)
Betrifft: Gemeinschaftliche Hilfe angesichts der humanitären Krise in Myanmar
In Myanmar tätige NGO haben in jüngster Zeit wiederholt von der dort herrschenden großen Armut berichtet und gewarnt, dass sich die Situation infolge der Erhöhung der Ölpreise, fehlender Sozial- und Fürsorgeleistungen und der Kürzungen bei den öffentlichen Ausgaben im Gesundheits- und Bildungssektor wahrscheinlich noch verschärfen wird. Wie es in den Berichten weiter heißt, seien die internationalen Hilfsprogramme zu begrenzt und würden den Anforderungen nicht gerecht. Auf seiner Tagung vom 15./16. Oktober 2007 gelangte der Rat "Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen" zu dem Schluss, dass ein substantielles Programm für humanitäre Hilfe zugunsten von Myanmar notwendig sei und kündigte an, dass die EU bereit sei, auf der Grundlage einer Bewertung der humanitären Lage den Umfang ihrer Hilfe zu vergrößern.
In welchem Umfang ist die EU in Myanmar präsent und welche Maßnahmen führt sie in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung, lokalen und internationalen Organisationen durch? Liegt der Kommission eine Bewertung der derzeitigen humanitären Lage sowie der möglichen Auswirkungen eines internationalen Embargos vor? Beabsichtigt sie, weitere Maßnahmen und Initiativen im humanitären Bereich und auf diplomatischer Ebene zu ergreifen?
Die Kommission teilt die Sorge der humanitären Organisationen bezüglich der allgemeinen Bedürftigkeit des birmanischen Volkes, die in den letzten Jahren fortlaufend zugenommen hat. Auf diese Entwicklung hat die Kommission mit einer kontinuierlichen Steigerung ihrer humanitären Hilfe in den letzten Jahren reagiert. Im Jahr 1997 wurden weniger als 4 Millionen Euro pro Jahr zur Bekämpfung der Krise in Birma eingesetzt - wobei diese Mittel nicht nur für die Bevölkerung im Lande selbst sondern auch zur Unterstützung der birmanischen Flüchtlinge eingesetzt wurden, die in Camps in den Nachbarländern untergebracht sind. Im Jahr 2007 erreichen die laufenden Programme einen Umfang von 15,5 Millionen Euro.
Prioritäre Aktionsbereiche in Birma sind Schutz, gesundheitliche Grundversorgung, Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung, Nahrungsmittelhilfe und die Ernährung von schwangeren und stillenden Frauen und Kindern. In den Flüchtlingslagern in Thailand - wo ca. 150 000 Flüchtlinge leben - erstreckt sich die Unterstützung der Kommission auf folgende Grundbedürfnisse: Ernährung, Gesundheitsversorgung, Trinkwasserzugang und sanitäre Einrichtungen. Diese Maßnahmen werden von den Agenturen der Vereinten Nationen, dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) und den Partner-Nichtregierungsorganisationen (NRO) durchgeführt.
Darüber hinaus kann die Kommission der Frau Abgeordneten mitteilen, dass unlängst ein neuer Beitrag für das Welternährungsprogramm (WEP) in Höhe von 1 Million Euro gebilligt wurde und dass ihre Dienststellen gerade ein mit 18 Millionen Euro ausgestattetes neues Programm für Ende 2007 und das gesamte Jahr 2008 vorbereiten, um den Bedarf an Schutz, gesundheitlicher Grundversorgung, Trinkwasserzugang und Abwasserbeseitigung der bedürftigsten birmanischen Bevölkerungskreise, insbesondere der ethnischen Minderheiten, sowie den Bedarf der birmanischen Flüchtlinge in Thailand zu decken.
Ergänzt wird diese humanitäre Hilfe durch die Mittel der Haushaltslinie für entwurzelte Bevölkerungsgruppen, in der für die Jahre 2007 bis 2010 16 Millionen Euro für Myanmar und Thailand vorgesehen sind, sowie ab 2008 durch das neue „Thematische Programm für Ernährungssicherheit“, das allein für Myanmar mit 16 Millionen Euro ausgestattet ist.
Über die eigentliche humanitäre Hilfe hinaus hat die Kommission auch Programme zur Bekämpfung der Armut entwickelt. 2007 wurde erstmals ein mehrjähriges Richtprogramm (2007-2010) zugunsten der Bevölkerung in Birma angenommen. Mit diesem Programm, das mit 32 Millionen Euro ausgestattet ist, werden die Maßnahmen des „Three Disease Fund“ unterstützt, dessen Ziel die Bekämpfung der verheerenden Auswirkungen von Tuberkulose, Malaria und HIV/AIDS(1) in Myanmar ist. Ein weiterer Aktionsbereich des Programms wird die Grundschulbildung über das Programm von UNICEF(2) „Bildung für alle“ sein.
Darüber hinaus hat die Kommission wiederholt öffentlich und auch im Wege zurückhaltender Diplomatie auf ihre Besorgnis angesichts der Beschränkung des humanitären Einsatzgebietes in Myanmar hingewiesen - so z. B. auf die Schwierigkeiten des IKRK bei der Erfüllung seines Auftrags in Myanmar und insbesondere was den Besuch von in Haft befindlichen Personen und die Einreise in die Konfliktgebiete im Osten betrifft. Die Auflagen für die Arbeit und die Zugangsbedingungen für das in Myanmar befindliche humanitäre Hilfspersonal behindern die Aufstockung der Hilfsprogramme zudem erheblich.
Die Kommission kann der Frau Abgeordneten versichern, dass sie ihre Überzeugungsarbeit bei den birmanischen Behörden sowie ihre humanitäre Unterstützung fortsetzen wird.
Betrifft: Gesundheitsausgaben der Entwicklungsländer und im Rahmen der Finanzhilfe der EU
In der am 27. April 2001 in Abuja angenommenen Erklärung verpflichten sich die afrikanischen Regierungen, 15 % ihrer jährlichen öffentlichen Ausgaben für das Gesundheitswesen zweckzubestimmen, doch über sechs Jahre danach wendet die große Mehrheit der Länder einen sehr viel geringeren Prozentsatz ihrer Haushalte für das Gesundheitswesen auf.
Was unternimmt die Kommission angesichts der entscheidenden Bedeutung der Gesundheit für die Entwicklung, um die Regierungen von Entwicklungsländern dazu anzuhalten, die nationalen Aufwendungen für die Gesundheitssysteme aufzustocken und die Zielvorgabe des Parlaments zu erfüllen, dass 20 % der von der EU zugesagten Finanzhilfe für Gesundheit und Bildung ausgegeben werden?
Auf dem Afrikanischen Gipfeltreffen über HIV/AIDS(1), Tuberkulose und andere Infektionskrankheiten in Abuja im Jahr 2001 haben die Staats- und Regierungschefs der Organisation für Afrikanische Einheit zugesagt, sich das Ziel zu setzen, mindestens 15 % ihres jährlichen Haushalts für die Verbesserung des Gesundheitssektors zu verwenden.
In seiner Anfrage weist der Herr Abgeordnete darauf hin, dass die große Mehrheit der Länder sechs Jahre danach einen sehr viel geringeren Prozentsatz ihrer Haushaltsmittel für das Gesundheitswesen aufwenden würde. Allerdings stellt sich die Lage nicht so düster dar. Der Regionalausschuss Afrika der Weltgesundheitsorganisation stellte im August 2007 fest, dass die Hälfte der Länder der Region nunmehr zwischen 10 und 15 % ihrer nationalen Haushaltsmittel für den Gesundheitsbereich bereitstellen. Darüber hinaus konnten zehn Länder der Region ihre Gesundheitsausgaben auf 30 bis 40 US-Dollar pro Kopf erhöhen.
Die Kommission hat die ursprüngliche Erklärung von Abuja unterstützt und war ständig bemüht, das Engagement der afrikanischen Regierungen – der Finanz- und Gesundheitsministerien - durch einen politischen Dialog für verschiedene Entwicklungsthemen einschließlich der Gesundheit und der Gesundheitsausgaben zu entwickeln. Die Kommission setzt diesen Dialog fort, jedoch müssen die Beschlüsse zur Mittelvergabe von den Partnerländern gefasst werden und können nicht in Brüssel fallen.
Vor zwei Wochen (24.-26. Oktober 2007) hat die Kommission am ersten Treffen der Gesundheitsminister von Staaten Afrikas, des Karibischen Raums und des Pazifischen Ozeans (AKP) in Brüssel teilgenommen, auf dem mehr als 40 Gesundheitsminister die Aufgaben erörterten, die es zu bewältigen gilt, um Fortschritte in den AKP-Ländern in Richtung auf die Millennium-Entwicklungsziele (MDG) im Gesundheitsbereich zu erzielen. Hauptanliegen und zentrales Diskussionsthema waren dabei die Finanzierung und Verwaltung der Gesundheitssysteme. In der bei diesem Treffen angenommenen Erklärung wurde erneut die Absicht bekräftigt, Fortschritte in Bezug auf die Erklärung von Abuja zu erzielen.
Der politische Dialog mit den Partnerländern in Afrika wird durch die Bemühungen um eine bessere Wirksamkeit und Berechenbarkeit der Hilfe untermauert. Die Kommission hat eine führende Rolle bei der Annahme der neuen EU-Entwicklungspolitik gespielt, die das europäische Bestreben widerspielt, durch eine besser koordinierte, beständigere und vorhersehbarere öffentliche Entwicklungshilfe einen entscheidenden Beitrag zur Verwirklichung der MDG zu leisten.
Leistungsorientierte Haushaltshilfe, mit der die Fähigkeit der Partnerländer zur Aufstellung und Durchführung ihrer Entwicklungspläne insgesamt gestärkt wird, ist ein wichtiger Schritt in diesem Zusammenhang. Im Rahmen des 9. Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) hatten sich zwei Drittel der Länder, die Haushaltshilfe erhalten haben, eine bessere Finanzierung des Gesundheitssektors zum Ziel gesetzt. Innerhalb des 10. EEF werden ca. 40 % der auf nationaler Ebene planbaren Beihilfen in Form von Haushaltszuschüssen erfolgen, wobei ein Teil davon an Ergebnisse und Haushaltsentwicklungen im Gesundheitswesen gekoppelt sein wird.
Doch selbst Haushaltszuschüsse gewährleisten nicht immer den erheblichen finanziellen Spielraum, den Länder brauchen, um die hohen laufenden Kosten im Gesundheitssektor zu decken. Nur durch eine langfristig vorhersehbare und koordinierte Unterstützung kann die Kommission den Partnerländern ausreichende Möglichkeiten geben, ihre Gesundheitssysteme zu verbessern, eine planbare Anzahl an medizinischen Fachkräften zu gewährleisten und Gesundheitsprogramme durchzuführen, die ausschlaggebend für die Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele im Gesundheitsbereich sind.
Aus diesem Grund wird im Rahmen des 10. EEF auch ein neues Modell der Haushaltsunterstützung - die MDG-Vereinbarung - eingeführt werden, die längerfristige (sechs Jahre), planbarere und ergebnisorientierte Hilfe bieten wird, damit die Haushaltshilfe effizienter zur Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele beiträgt.
Der Richtwert von 20 %, auf den der Herr Abgeordnete hinweist, ist eine Zusage der Kommission, bis 2009 20 % ihrer im Rahmen des Instruments für Entwicklungszusammenarbeit veranschlagten Mittel für „Grundbildung und gesundheitliche Grundversorgung bereitzustellen, und zwar im Rahmen von mit diesen Sektoren verbundener Projekt-, Programm- oder Budgetunterstützung, wobei ein Durchschnittswert für alle geografischen Gebiete angewandt wird“.
Betrifft: Die Türkei und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
In ihrem Fortschrittsbericht 2006 über die Türkei erklärte die Kommission, die Reformen der Türkei in den Jahren 2004 und 2005 hätten positive Auswirkungen gezeigt, was die Vollstreckung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betrifft. Anderseits erklärte die Kommission, die türkische Gesetzgebung behindere in manchen Fällen die Wiedereinleitung eines nationalen Gerichtsverfahrens.
Anfang Oktober 2007 übte die Parlamentarische Versammlung des Europarates u.a. an der Türkei scharfe Kritik wegen ihrer äußerst mangelhaften Zusammenarbeit mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der Türkei wird insbesondere vorgeworfen, den Zugang zu Rechtsmitteln vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sehr zu erschweren. Die Parlamentarische Versammlung drang darauf, dass die zuständigen Behörden die Kläger unter Schutz stellen.
Um welche positiven Auswirkungen in Bezug auf die Vollstreckung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte handelt es sich? Welche Schritte unternimmt die Kommission im Anschluss an die Befunde und Schlussfolgerungen der Parlamentarischen Versammlung?
Im Fortschrittsbericht 2006 über die Türkei wird in der Tat festgestellt, dass die von der Türkei in den Jahren 2004 und 2005 vollzogenen Reformen positive Auswirkungen hinsichtlich der Vollstreckung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gehabt haben.
Zu diesen Reformen gehören die Änderungen der türkischen Verfassung vom Mai 2004, durch die u. a. die Staatssicherheitsgerichte abgeschafft wurden und bei Grundrechtsfragen künftig gebilligten internationalen Vereinbarungen Vorrang gegenüber dem innerstaatlichen Recht eingeräumt wird.
Dazu gehören weiterhin die Änderungen von 2005 am Strafgesetzbuch und an der Strafprozessordnung, in der z. B. die Straftatbestände der Folter, Quälerei und Misshandlung geregelt sind. Nach diesen Änderungen steht die Definition der Folter in der Türkei nunmehr stärker mit dem Völkerrecht im Einklang. Das Komitee des Europarates zur Verhütung der Folter lobte den neuen Rechtsrahmen der Türkei als einen der umfassendsten in Europa.
Durch diese Reformen hat die Türkei in einer Reihe von Fällen Abhilfe geschaffen, in denen der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Türkei der Verletzung von Menschenrechten für schuldig befunden hat. Dies hatte positive Auswirkungen auf die Vollstreckung von Urteilen des Gerichtshofs.
Die Kommission verfolgt die Arbeit aller Gremien des Europarates, einschließlich dessen Parlamentarischer Versammlung, sehr aufmerksam und erhält durch diese Zusammenarbeit Informationen für ihre Standpunkte.
Die Kommission wird die Menschenrechtslage in der Türkei weiterhin sehr genau im Auge behalten und die Zusammenarbeit mit den Gremien des Europarates fortsetzen.
Anfrage Nr. 51 von Edit Herczog (H-0809/07)
Betrifft: Energieversorgungssicherheit in der Balkanregion
Infolge der europäischen Erwartungen und Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Beitritt Bulgariens wird es in der Balkanregion zu einer Stromknappheit kommen. Was unternimmt die Kommission bzw. was schlägt sie vor, vor allem auch im Hinblick auf die generelle Verpflichtung der EU-Institutionen und der Mitgliedstaaten, die Energieversorgungssicherheit in Europa sicherzustellen, um mit der durch europäische Entscheidungen entstandenen Situation umzugehen und den in dieser Region zu erwartenden Versorgungsschwierigkeiten vorzubeugen, ihnen zuvorzukommen und sie zu lösen?
Offenkundig betrifft die Anfrage der Frau Abgeordneten die Auswirkungen der Stilllegung der Blöcke 3 und 4 des Kernkraftwerkes Kosloduj Ende 2006.
Die bulgarische Regierung hat die Stilllegung dieser Blöcke vor 11 Jahren, d. h. 1999 beschlossen. Dieser Beschluss basierte auf der absolut vorrangigen Berücksichtigung der nuklearen Sicherheit und steht in Übereinstimmung mit der im Beitrittsvertrag niedergelegten Verpflichtung Bulgariens.
Es war klar, dass dies nicht ohne Auswirkungen bleiben würde.
Die EU hat erhebliche finanzielle Unterstützung nicht nur für die Stilllegung sondern auch für die Milderung der Folgen der Schließung gewährt. 550 Millionen Euro wurden in Form von Beihilfen bereitgestellt, vorrangig über den Fonds zur Unterstützung der Stilllegung von Kosloduj, der von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) verwaltet wird. Die Hälfte des Betrags soll für die Finanzierung von Projekten verwendet werden, die zu erheblichen Energieeinsparungen, einschließlich der Verbesserung des Wirkungsgrades von Braunkohlekraftwerken wie Pernik, führen. Darüber hinaus wurde ein Euratom-Darlehen in Höhe von 212,5 Millionen Euro für die Modernisierung der Blöcke 5 und 6 des Kernkraftwerkes Kosloduj gewährt, die seither einen höheren Kapazitätsauslastungsgrad aufweisen. Konservativen Schätzungen der EBWE zufolge werden die kombinierten Effekte der von der Kommission finanzierten Energieeinsparungen die Versorgungslücke durch die Stilllegung der Blöcke 3 und 4 von Kosloduj mehr als ausgleichen.
Für die Sicherheit der Stromversorgung bedarf es jedoch auch eines besseren Verbundes zwischen den Ländern. Dabei geht es vorrangig um die Zusammenarbeit zwischen den Übertragungsnetzbetreibern. Darüber hinaus gibt es in der Balkanregion das strukturelle Problem unzureichender Investitionen in die Erzeugungskapazitäten. Angesichts der Größe des Bedarfs müssen private Investoren gewonnen werden. Daher unterstützt die Kommission nachdrücklich die vollständige Umsetzung des Vertrags zur Gründung der Energiegemeinschaft, der einen gemeinsamen Rechts- und Ordnungsrahmen für die Region bietet. Markintegration und klare Marktregeln sind eine wesentliche Voraussetzung für Investitionen in der Region.
Anfrage Nr. 52 von Yiannakis Matsis (H-0819/07)
Betrifft: militärische Aktionen der Türkei im Nordirak
Vor kurzem hat die Türkei mit militärischen Aktionen im Nordirak begonnen. Das türkische Parlament hat jetzt grünes Licht für den Einmarsch türkischer Truppen in den Norden Iraks gegeben. Die Verwendung von Waffengewalt und die Verletzung der Grenzen eines anderen Landes stellen Verstöße gegen das Völkerrecht und die Grundsätze der Europäischen Union dar.
Wie hat die Europäische Kommission reagiert und wie gedenkt sie des Weiteren gegenüber der Türkei zu reagieren, die bereits militärische Aktionen im Norden Iraks durchführt? Wird dies den Beitrittskurs negativ beeinflussen oder nicht? Werden diese militärischen Aktionen im Irak in den Fortschrittsbericht der Kommission aufgenommen werden?
Die Kommission verurteilt die Gewalttaten der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) im Hoheitsgebiet der Türkei.
Seit September 2007 haben solche Anschläge zahlreiche Opfer unter der Zivilbevölkerung und unter Militärangehörigen gefordert. Die internationale Gemeinschaft und insbesondere die wichtigsten Akteure in der Region müssen die Bemühungen der Türkei um den Schutz der eigenen Bevölkerung und die Bekämpfung des Terrorismus unter Achtung der Rechtstaatlichkeit, unter Wahrung des internationalen und regionalen Friedens und der internationalen und regionalen Stabilität sowie unter Verzicht auf unverhältnismäßige militärische Aktionen unterstützen. Jeder Versuch der Nichteinhaltung dieser Werte wäre ein Erfolg für die von der PKK verfolgte Strategie der Provokation und Gewalt.
Nach Ansicht der Kommission ist die Intensivierung des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen den Regierungen der Türkei und Iraks von größter Bedeutung für die Lösung dieses Problems; sie fordert die irakische Regierung und die kurdische Regionalregierung auf, die türkische Grenze zu respektieren sowie zu gewährleisten, dass das irakische Hoheitsgebiet für keinerlei Gewalttaten gegen die Türkei benutzt wird.
Anfrage Nr. 53 von Ryszard Czarnecki (H-0840/07)
Betrifft: EU-Beitritt von Mazedonien sowie Bosnien und Herzegowina
Wann wird angesichts der Erfolge von Mazedonien sowie Bosnien und Herzegowina in den vergangen Jahren der Zeitpunkt des EU-Beitritts dieser beiden Länder feststehen?
Der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien sowie Bosnien und Herzegowina, die als westliche Balkanstaaten am Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess (SAP) teilnehmen, wurde die Aussicht auf eine eventuelle EU-Mitgliedschaft eröffnet. Bevor sie der EU beitreten, müssen die beiden Länder die Kopenhagener Kriterien und die Bedingungen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses erfüllen.
In ihrem Strategiepapier 2005 hat die Kommission die nachfolgenden Schritte für die westlichen Balkanländer auf ihrem Weg in die EU dargelegt. Die Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) zur Vorbereitung der Länder auf die künftige EU-Mitgliedschaft sind ein wichtiger Schritt auf diesem Weg. Eine zufriedenstellende Bilanz bei der Umsetzung der Verpflichtungen im Rahmen des SAA wird ein wesentliches Element für die EU bei der Prüfung eines Beitrittsgesuchs sein.
Was den zeitlichen Rahmen für den Prozess der Integration der beiden Länder in die EU anbelangt, so hat der Europäische Rat im Dezember 2006 festgestellt, dass die Union erst dann Termine für einen Beitritt festlegen wird, wenn die diesbezüglichen Verhandlungen kurz vor dem Abschluss stehen.
Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien beantragte 2004 den Beitritt und im Dezember 2005 wurde ihr der Status eines Bewerberlandes zuerkannt. Die Kommission wird die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen empfehlen können, sobald das Land alle erforderlichen Voraussetzungen erfüllt hat.
Bevor Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden können, muss das Land insbesondere bei der Einhaltung der Kriterien von Kopenhagen und bei der effektiven Umsetzung des SAA konkrete Fortschritte erreicht haben. Die politischen Kriterien müssen erfüllt sein und es müssen wesentliche Fortschritte im Hinblick auf die Einhaltung der wirtschaftlichen Kriterien und der aus der Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen erzielt worden sein.
Im Falle von Bosnien und Herzegowina wurden die technischen Verhandlungen über das SAA im Dezember 2006 abgeschlossen. Im Mai 2007 befürworteten die Mitgliedstaaten das Ergebnis der Verhandlungen, betonten jedoch, dass Bosnien und Herzegowina vor dem Abschluss des SAA die von der EU im Oktober 2005 beschlossenen vier grundlegenden Voraussetzungen erfüllen muss: i) Polizeireform; ii) uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ); iii) Reform des öffentlichen Rundfunks und vi) Reform der öffentlichen Verwaltung. Die bislang von Bosnien und Herzegowina erzielten Ergebnisse haben den Abschluss des SAA, der eine Voraussetzung für die weitere Annäherung von Bosnien und Herzegowina an die EU ist, noch nicht erlaubt.
Anfrage Nr. 54 von Diamanto Manolakou (H-0856/07)
Betrifft: Übereinkommen zwischen Großbritannien und der Türkei
Vor kurzem hat Großbritannien ein Übereinkommen mit der Türkei unter der Bezeichnung “Strategische Allianz Türkei-Vereinigtes Königreich 2007/2008“ unterzeichnet, das ganz klar einer dichotomen Logik folgt, da systematisch Bezüge darin enthalten sind, mit denen die Besetzung einer Fläche von 37% der Republik Zypern durch das türkische Heer als vollendete Tatsache dargestellt wird – in krassem Widerspruch zu den Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Nr. 541/83 vom 18. November 1983 und Nr. 550/84 vom 11. Mai 1984, mit denen die “türkische Republik Nordzypern” als illegale und abgetrennte Einheit verurteilt wird und alle Staaten aufgerufen werden, keinen anderen zyprischen Staat als die Republik Zypern anzuerkennen. Gleichzeitig wird laut Zeitungsmeldungen mit diesem Übereinkommen Zypern den türkischen Interessen geopfert, sozusagen als Entschädigung der Türkei durch Großbritannien dafür, dass die Türkei nicht in den Irak einmarschiert.
Welchen Standpunkt vertritt die Kommission und wie bewertet sie dieses Übereinkommen?Vertritt sie nicht auch die Ansicht, dass mit diesem Übereinkommen gegen Bestimmungen des Völkerrechts und des Gemeinschaftsrechts verstoßen wird und dass es zu Problemen unter den Mitgliedstaaten führt?
Zunächst möchte die Kommission an die bekannte und seit langem vertretene Position der Europäischen Union erinnern, der zufolge nur die Republik Zypern als ein Völkerrechtssubjekt anerkannt ist. Die selbst proklamierte „Türkische Republik Nordzypern“ wird weder von der Europäischen Union noch von ihren Mitgliedstaaten anerkannt.
Die Kommission kann sich nicht in Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten einmischen oder sich zu diesen äußern, solange diese nicht gegen den gemeinschaftlichen Besitzstand verstoßen.
Die Kommission ist zutiefst davon überzeugt, dass dergleichen Probleme einmal mehr zeigen, wie wichtig eine umfassende Regelung der Zypernfrage ist. Sie fordert alle Beteiligten erneut auf, so schnell als möglich vollwertige Verhandlungen unter Federführung der Vereinten Nationen zwecks einer solchen umfassenden Lösung aufzunehmen.
Anfrage Nr. 55 von Vural Öger (H-0860/07)
Betrifft: Erweiterungen und Informationsdefizit der europäischen Öffentlichkeit
Die europäischen Entscheidungsträger haben es bei Erweiterungsrunden oft versäumt, den Bürgern Europas die historische Tragweite und die Potenziale von neuen EU-Beitritten angemessen zu vermitteln. Nach der Osterweiterung waren es vielmehr Warnungen vor einer Überlastung der Arbeitsmärkte durch Arbeitsmigration aus den neuen Mitgliedstaaten, die die öffentlichen Debatten prägten. Was die Beitrittsperspektive für die Länder des Westbalkan angeht, wurden die Ziele der europäischen Erweiterung der Öffentlichkeit nicht vermittelt, was sich in einem eklatanten Informationsmangel und einer dramatisch sinkenden Zustimmung zur EU-Erweiterungspolitik ausdrückt. Was gedenkt die Kommission im Hinblick auf dieses Informationsdefizit zu tun?
Die Kommission bedauert die negative Haltung zur EU-Erweiterungspolitik, die in einer Reihe von Mitgliedstaaten zu herrschen scheint.
Die Kommission hat wiederholt hervorgehoben, wie wichtig eine bessere Informationspolitik ist und dass Legenden mit Fakten bekämpft werden müssen. Es gilt, das Bewusstsein für beide Aspekte – für die Herausforderungen als auch für die Vorteile der Erweiterungspolitik – zu schärfen.
Es steht jedoch außer Frage, dass die Kommission eine Änderung der öffentlichen Wahrnehmung nicht allein erreichen kann, sondern dass alle Organe der Europäischen Union ihren Beitrag leisten müssen. Weit mehr muss in dieser Hinsicht auch von den Mitgliedstaaten selbst getan werden, und zwar auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene.
Die Kommission ist natürlich bereit, deren Bemühungen zu unterstützen, indem sie Sachinformationen zur Verfügung stellt und Synergien zwischen den EU-Organen und interessierten Mitgliedstaaten herstellt. Sie hat ihre diesbezüglichen Aktivitäten verstärkt, was die folgenden Beispiele veranschaulichen können:
Anlässlich des 3. Jahrestages der Erweiterung 2004 wurde eine Reihe spezifischer Webseiten öffentlich zugänglich gemacht, die den positiven Einfluss der letzten Erweiterung verdeutlichen.
Eine Broschüre über die Erweiterungspolitik für die breite Öffentlichkeit wird demnächst in allen Amtssprachen herausgegeben.
Es wurden zahlreiche Veranstaltungen insbesondere für Jugendliche organisiert.
Zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer aus den neuen in die alten Mitgliedstaaten (auf die in der Anfrage speziell eingegangen wird) hat die Kommission einen Bericht veröffentlicht.
Die Erweiterung hat zu einer allmählichen Verwirklichung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EU geführt. Die Mitgliedstaaten, die ihren Arbeitsmarkt unverzüglich für die neuen Mitgliedstaaten geöffnet haben, haben davon auf verschiedene Weise profitiert: Die Migranten haben zur Besetzung freier Stellen beigetragen und Arbeitsplätze wurden vom „grauen“ in den „weißen“ Sektor verlagert. Aufgrund dieser positiven Erfahrung streben mehrere andere Mitgliedstaaten die uneingeschränkte Freizügigkeit von Arbeitnehmern an. Befürchtungen vor einer Flut von Arbeitsmigranten aus den neuen Mitgliedstaaten, die den Arbeitsmarkt der alten Mitgliedstaaten ernsthaft stören würde, haben sich nicht bewahrheitet.
2008 werden die Vorhaben zur Information über die Auswirkungen der Erweiterung fortgesetzt und durch Kommunikationsmaßnahmen ergänzt, mit denen eine Plattform für die Vernetzung zwischen den Akteuren der Zivilgesellschaft in den Mitgliedstaaten und den Bewerberländern sowie potenziellen Bewerberländern geschaffen werden soll.
Damit künftige Erweiterungen um die Länder Südosteuropas zunehmende öffentliche Unterstützung erfahren, sind koordinierte Maßnahmen erforderlich. Nach Ansicht der Kommission wird es besonders wichtig sein, sachliche Informationen über die beträchtlichen Vorteile der 5. Erweiterung zu liefern.
Die Kommission appelliert an alle Akteure, zur Bereitstellung von Informationen beizutragen und die Bemühungen um eine bessere Kommunikation zu unterstützen, und begrüßt nicht zuletzt die Unterstützung durch die Mitglieder des Parlaments.
Anfrage Nr. 59 von Inger Segelström (H-0810/07)
Betrifft: Sachverständigengruppe Menschenhandel
Die Sachverständigengruppe Menschenhandel, die seit 2003 besteht, hat wichtige Beiträge zu der Bekämpfung des Menschenhandels durch die EU zu leisten. Wie zu erfahren ist, ist die Kommission derzeit im Begriff, neue Mitglieder der Gruppe zu ernennen. Der Gruppe gehören seit ihrer Einsetzung dieselben Mitglieder an.
Nach welchem Zeitplan ernennt die Kommission neue Mitglieder, und welches Verfahren gedenkt sie dabei anzuwenden? Wie kann die Kommission ein transparentes Ernennungsverfahren gewährleisten? Wie werden die einzelstaatlichen Sachverständigen ausgewählt, und werden alle Staaten einen Vertreter in der Gruppe haben? Soll das Mandat der Gruppe gleich bleiben oder sich ändern? Wie gedenkt die Kommission dafür zu sorgen, dass nichtstaatliche Organisationen, wie z.B. Frauenorganisationen, in der Gruppe vertreten sind?
Die Kommission teilt die Meinung der Frau Abgeordneten bezüglich der wichtigen Beiträge, die von der Sachverständigengruppe Menschenhandel zu leisten sind. Seit ihrer Ernennung hat die zurzeit eingesetzte Sachverständigengruppe der Europäischen Kommission Stellungnahmen und Meinungen zu vielen wichtigen Themen geliefert. 2004 gab sie ihren Bericht heraus, der noch immer eine Quelle für Anregungen zu weiteren Aktivitäten darstellt.
Die Kommission hat jetzt damit begonnen, eine neue Sachverständigengruppe zu ernennen, wobei sie die sich aus der Erweiterung ergebenden notwendigen Veränderungen sowie die Notwendigkeit berücksichtigt, für besondere Fachkenntnisse, vor allem auf dem Gebiet der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft, zu sorgen. Am 17. Oktober 2007 nahm die Kommission einen Beschluss über die Einsetzung einer neuen Sachverständigengruppe für Menschenhandel(1) an.
Der Sachverständigengruppe werden 21 Mitglieder angehören; davon sollen bis zu 11 aus Verwaltungen der Mitgliedstaaten, bis zu 5 aus zwischenstaatlichen, internationalen und Nichtregierungsorganisationen, bis zu 4 Mitglieder von den Sozialpartnern und Arbeitgeberverbänden, 1 Mitglied von Europol(2) und bis zu 2 Mitglieder aus Universitäten bzw. anderen Forschungsinstituten kommen. Die Mitglieder aus Verwaltungen von Mitgliedstaaten werden auf Vorschlag der Mitgliedstaaten von der Kommission ernannt. Die anderen Mitglieder werden von der Kommission aus der Zahl der Bewerber ernannt, die sich an der Ausschreibung beteiligt haben.
Um Transparenz zu gewährleisten, wird die Ausschreibung für die Bewerbung im Amtsblatt sowie auf der Website der Generaldirektion Justiz, Freiheit und Sicherheit veröffentlicht.
2007/675/EG: Beschluss der Kommission vom 17. Oktober 2007 über die Einsetzung der Sachverständigengruppe für Menschenhandel, ABl. L 277 vom 19.10.2007.
Betrifft: Künftige EU-Maßnahmen gegen Jugendkriminalität
Am 21. Juni 2007 hat das Europäische Parlament eine Entschließung zur Jugenddelinquenz (P6_TA(2007)0283) angenommen, in der eine gemeinschaftsweite Strategie in dieser Frage gefordert wird.
Die Zusammenfassung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendkriminalität und zur Vernetzung der zuständigen Behörden in allgemeinen Gemeinschaftsprogrammen wie DAPHNE II oder im Programm „Kriminalprävention und Kriminalitätsbekämpfung“ stellt nur eine provisorische Lösung dar, da es, um der besorgniserregenden Zunahme der Jugendkriminalität in der gesamten EU entgegenzutreten, eines Gemeinschaftsprogramms bedarf, das speziell auf dieses Problem zugeschnitten ist.
Wird die Kommission eine europäische Strategie zur Bekämpfung der Jugendkriminalität entwickeln?
Plant die Kommission speziell die Durchführung einer Untersuchung sowie die Veröffentlichung einer Mitteilung über ein gemeinschaftliches Rahmenprogramm, das sich auf die drei grundlegenden Aspekte Prävention, gerichtliche und außergerichtliche Maßnahmen sowie soziale Integration der Täter konzentriert, wie in der Entschließung des Parlaments vorgeschlagen wird?
Wie bewertet die Kommission die in einigen Mitgliedstaaten herrschende Tendenz, verstärkt Freiheitsstrafen zu verhängen anstatt alternativer, pädagogisch sinnvoller Strafen? Inwieweit hält sie es für zweckmäßig, bestimmte gemeinsame europäische Mindeststandards und Orientierungshilfen in Fragen der Jugendkriminalität voranzutreiben?
Die Kommission hat die Empfehlungen in der Entschließung, die das Parlament am 21. Juni 2007 auf der Grundlage des Berichts der Frau Abgeordneten zur Jugenddelinquenz angenommen hat, zur Kenntnis genommen.
Es steht außer Zweifel, dass alle Akteure - insbesondere die der Zivilgesellschaft sowie die lokalen und nationalen Behörden - ihre Bemühungen verstärken müssen, um die Ursachen, die Jugendliche in die Kriminalität führen, zu verhindern und zu bekämpfen sowie die Folgen ihrer sozialen Ausgrenzung zu verringern.
Die Kommission unterstützt voll und ganz den multidimensionalen Ansatz zur Verhütung und Bekämpfung der Jugendkriminalität. Es bedarf einer engeren Zusammenarbeit zwischen allen öffentlichen und privaten Stellen, die Verantwortung in den Bereichen Aus- und Weiterbildung, Beschäftigung und auch soziale Eingliederung tragen, wobei der Schwerpunkt auf vorbeugende Maßnahmen zu legen ist. Die Erleichterung des Austauschs von Informationen und bewährten Verfahren muss ein Grundpfeiler der Tätigkeit der Europäischen Union sein, woraus sich gegebenenfalls die Erarbeitung von Aktionskonzepten oder Mindestleitlinien ergeben könnte.
Die Kommission wird die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen lokalen und nationalen Einrichtungen über Finanzierungsinstrumente mit unterschiedlichen Zielsetzungen fortsetzen. Wegen der großen Bandbreite der Ursachen von Jugendkriminalität und ihrer Behandlungsmöglichkeiten erscheint es wenig sinnvoll, nur ein einziges Programm zur finanziellen Unterstützung aufzustellen. Die Vielfalt staatlicher Maßnahmen, mit denen der Desozialisierung und sozialen Ausgrenzung junger Menschen vorgebeugt werden kann, verlangt nach verschiedenartiger finanzieller Unterstützung durch die Gemeinschaft.
Gegenwärtig läuft eine groß angelegte Studie über Jugendkriminalität, und strafrechtliche statistische Daten werden anhand zuverlässiger und vergleichbarer Indikatoren erhoben. Das Europäische Netz für Kriminalprävention (ECPN) ist ein wertvolles Konsultations- und Koordinierungsinstrument für künftige Maßnahmen.
Anfrage Nr. 61 von Brian Crowley (H-0824/07)
Betrifft: Bekämpfung der Drogeneinfuhren über die Westküste Europas
Könnte die Kommission mitteilen, welche Fortschritte im Rahmen des „Maritime Analysis Operations Centre – Narcotics“ (MAOC–N) bei der Bekämpfung der Drogeneinfuhren entlang der Westküste Europas zu verzeichnen sind?
Das Operationszentrum für den Kampf gegen den Drogenhandel im Atlantik („Maritime Analysis and Operational Centre on Narcotics“, MAOC-N) ist eine von sieben EU-Mitgliedstaaten (Spanien, Portugal, Frankreich, Italien, Irland, den Niederlanden und Großbritannien) ins Leben gerufene zwischenstaatliche und militärisch unterstützte Strafverfolgungsinitiative zur Bekämpfung des illegalen Drogenhandels, vor allem des Kokainschmuggels, aus Ländern Lateinamerikas – über die westafrikanischen Küsten, auf dem Luft- und dem Seewege – nach Europa. Das Hauptquartier des MAOC-N befindet sich in Lissabon, Portugal. Die Wahl Lissabons als geeigneter Standort für die Koordinierung der Maßnahmen zur Bekämpfung des Rauschgiftschmuggels erfolgte in Anbetracht der Tatsache, dass sich das Einsatzgebiet vor allem auf den Atlantischen Ozean konzentriert, wobei die Möglichkeit seiner Erweiterung bis in das westliche Mittelmeer vorgesehen ist.
De facto ist das Operationszentrum MAOC-N seit dem 1. April 2007 einsatzbereit, und zwar auch durch einen Vertrag, dessen Ratifizierung seit dem 30. September 2007 läuft. Seit April 2007 hat das MAOC-N durch den Austausch taktischer Erkenntnisse unter den Vertragsparteien erfolgreich die Durchführung von 27 Einsätzen koordiniert und insgesamt 16.638 kg illegaler Drogen beschlagnahmt, von denen 13.038 kg von den Partnerländern beschlagnahmt und 3.600 kg durch operative Maßnahmen sichergestellt wurden.
Anfrage Nr. 62 von Eoin Ryan (H-0826/07)
Betrifft: Bekämpfung des weit verbreiteten Konsums von Kokain in Europa
Kann die Kommission eine Erklärung dazu abgeben, welchen Umfang der Kokainkonsum in der Europäischen Union derzeit hat und welche Programme zur Bekämpfung des Kokainmissbrauchs derzeit auf EU-Ebene in koordinierter Weise eingeführt werden?
Aus dem von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) veröffentlichten Jahresbericht 2006 über den Stand der Drogenproblematik in der Europäischen Union geht hervor, dass bei den illegalen Drogen Kokain die synthetischen Drogen (Ecstasy/Amphetamine) vom zweiten Platz hinter Cannabis verdrängt hat. Das lässt sich durch einen anhaltenden Rückgang des Konsums synthetischer Drogen in den meisten EU-Ländern und durch eine Zunahme des Kokainkonsums in einigen dieser Länder erklären. Beim Konsum von Kokain bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, er bleibt aber in den meisten von ihnen auf einem niedrigen Niveau.
In regelmäßigen Abständen führen alle EU-Mitgliedstaaten Untersuchungen durch und erfassen Daten zur Häufigkeit und Ausbreitung des Kokainkonsums. Diese Daten werden im Einklang mit zuverlässigen und einheitlichen Überwachungsmethoden erfasst, verarbeitet, analysiert und durch das EBDD weiterverarbeitet, damit daraus ein EU-weites Bild entsteht.
Der Drogenaktionsplan der EU 2005-2008 fördert den Austausch bewährter Verfahren und die Verbesserung der Wissensinfrastruktur der EU im Bereich der Prävention. Die meisten Mitgliedstaaten legen neben universellen Präventionsprogrammen, die auf die breite Öffentlichkeit ausgerichtete Informationen, Erziehung und Kommunikation miteinander verbinden, auch Programme auf, die einzelne Zielgruppen und Bereiche (z. B. gefährdete Jugendliche und Freizeitaktivitäten.) erfassen sollen. Gefördert wird die Zusammenarbeit auf EU-Ebene durch das Aktionsprogramm der Gemeinschaft für öffentliche Gesundheit und – seit diesem Jahr 2007 – durch das Programm „Drogenprävention und -aufklärung“.
Anfrage Nr. 63 von Justas Vincas Paleckis (H-0837/07)
Betrifft: Erweiterung des Schengen-Raums
Auf ihrer Tagung Anfang Oktober in Lissabon haben die Innenminister der EU-Staaten beschlossen vorzuschlagen, die Personen- und Verkehrskontrollen an den EU-Binnengrenzen zum 21./22. Dezember dieses Jahres abzuschaffen. Gleichzeitig berichteten die Medien über eine inoffizielle EU-Mitteilung, in der die neuen EU-Staaten auf Schwachstellen bei den Kontrollen an den Grenzen zu den EU-Nachbarländern hingewiesen werden.
Welchen Standpunkt vertritt die Kommission bezüglich der Missstände bei den Kontrollen an den Landgrenzen einiger EU-Staaten zu den Nachbarländern Russland, Ukraine, Belarus, Serbien und Kroatien?
Der Prozess der „Schengen-Bewertung“ in Tschechien, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Ungarn, in der Slowakei und in Slowenien vor der Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen ist vollendet. Obwohl Experten der Kommission an den Überprüfungsbesuchen teilnehmen, sei betont, dass dieser Bewertungsprozess unter der Verantwortung des Rates durchgeführt wird.
Der Prozess der Bewertung des Standes der Vorbereitungen in den betreffenden Mitgliedstaaten begann im Jahr 2006. Seitdem fanden einige Besuche statt, um die korrekte Anwendung des Schengen-Besitzstands an den Außengrenzen (aber auch in Konsulaten, in Polizeidienststellen und bei Datenschutzbehörden) der betreffenden Mitgliedstaaten zu überprüfen.
Nach diesem zwei Jahre währenden Prozess von Bewertungen und Überprüfungen ist klar geworden, dass sich die betreffenden Mitgliedstaaten in Bezug auf die Anwendung des gesamten Schengen-Besitzstands als hinreichend vorbereitet erwiesen haben. Bezüglich der Kontrolle der Landgrenzen zu Russland, zur Ukraine, zu Belarus, Serbien und Kroatien sind keine Schwierigkeiten oder Probleme offengeblieben.
Das Parlament wird zum Entwurf eines Beschlusses des Rates konsultiert, in dem diese positive Bewertung bestätigt und das Datum für die Aufhebung der Grenzkontrollen an den Grenzen zu und zwischen diesen neuen Mitgliedstaaten festgelegt wird.
Anfrage Nr. 64 von Athanasios Pafilis (H-0847/07)
Betrifft: Neues Zeitalter der "biometrischen" Überwachung
Mit dem jüngsten Entwurf eines Rahmbeschlusses der Außen- und Justizminister der EU wird die neue Ära der „biometrischen“ Überwachung der Meinungen und Überzeugungen der Bürger legalisiert. Damit wird die Immunität der Geheimdienste gestärkt, und die Behandlung und der Austausch sensibler Informationen mit interessierten Dritten (Staaten, internationale Organisationen oder private Unternehmer) werden – sogar zu Zwecken der „Prävention“ – auf allgemeiner Grundlage eingeführt; dies gilt ebenso für den Austausch von Informationen über verdächtige Personen zum Zwecke der Vorbeugung von Straftaten und der Ermittlungen in Strafsachen bzw. der Strafvollstreckung. Diese Informationen beziehen sich nicht nur auf die politischen und gewerkschaftlichen Aktivitäten, sondern erstrecken sich auch auf Punkte wie die Gesundheit, die religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sowie die ethnische Herkunft unter dem Vorwand der Abwehr aller potenziellen Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit eines Mitgliedstaates; gleichzeitig können sie jedoch auch für wissenschaftliche und statistische Zwecke verwendet werden.
Welchen Standpunkt vertritt die Kommission zu diesem Beschluss, der auf eine Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten und demokratischer Rechte hinausläuft?
Der Vorschlag der Kommission für einen Rahmenbeschluss des Rates über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden, ist vom Rat noch nicht angenommen worden.
Der Entwurf für einen Rahmenbeschluss des Rates regelt nicht die biometrische Überwachung der Meinungen und Überzeugungen einzelner Bürger. Artikel 7 des Entwurfs für einen Rahmenbeschluss des Rates regelt die Verarbeitung besonderer Datenkategorien: sensibler personenbezogener Daten. Als besondere Datenkategorien werden personenbezogene Daten betrachtet, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Anschauungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie Daten über Gesundheit oder Sexualleben. Die Verarbeitung besonderer Datenkategorien ist nur zulässig, wenn dies unbedingt notwendig ist und das innerstaatliche Recht einen angemessenen Schutz gewährleistet. Die Kommission vertritt den Standpunkt, dass damit die Verarbeitung und der Austausch sensibler personenbezogener Daten nicht weiter verstärkt werden. Der Europäische Datenschutzbeauftragte hat signalisiert, dass er mit dem derzeitigen Wortlaut von Artikel 7 zufrieden sei.
Der Entwurf für einen Rahmenbeschluss des Rates enthält ein klares Regelwerk zur Verarbeitung personenbezogener Daten zwischen den Mitgliedstaaten. Zudem ist darin deutlich geregelt, wie aus einem anderen Mitgliedstaat erhaltene personenbezogene Daten an einen Drittstaat oder an eine internationale Institution weiterzugeben bzw. ihm oder ihr zur Verfügung zu stellen sind. Schließlich regelt der Rahmenbeschlussentwurf die Übermittlung der von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats erhaltenen oder zur Verfügung gestellten personenbezogenen Daten an nicht öffentliche Stellen in Mitgliedstaaten.
Der Entwurf für einen Rahmenbeschluss des Rates lässt keine Weitergabe personenbezogener Daten zur Verarbeitung durch Dritte zu. Die Gründe, die eine weitere Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Feststellung oder Verfolgung von Straftaten oder der Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen zulassen, sind in dem Rahmenbeschluss sehr genau festgelegt. Bezüglich der Abwehr einer potenziellen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erlaubt aber der Entwurf für einen Rahmenbeschluss des Rates die weitere Verarbeitung personenbezogener Daten im Interesse der Abwehr einer unmittelbaren und ernsthaften Gefahr für die öffentliche Sicherheit, sofern dies nicht mit dem Zweck unvereinbar ist, für den die Daten erfasst wurden. Die zuständigen Behörden sind nur dazu berechtigt, solche Daten nach den geltenden Rechtsvorschriften zu verarbeiten und wenn die Verarbeitung der Daten notwendig ist und in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck steht. In Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten für wissenschaftliche und statistische Zwecke sieht der Entwurf für einen Rahmenbeschluss des Rates vor, dass die zuständigen Behörden die ihnen übermittelten Daten für historische, statistische oder wissenschaftliche Zwecke weiterverarbeiten dürfen, sofern die Mitgliedstaaten geeignete Garantien vorsehen, indem sie die Daten zum Beispiel anonymisieren.
Abschließend möchte die Kommission betonen, dass der Entwurf für einen Rahmenbeschluss des Rates ihrer Meinung nach keinen Verstoß gegen den Schutz personenbezogener Daten oder demokratischer Rechte darstellt. Da der Rahmenbeschluss nur ein Mindestpaket von Datenschutzanforderungen enthält, ist die Kommission der Auffassung, dass die in Artikel 27 des Entwurfs für einen Rahmenbeschluss des Rates vorgesehene Bewertung der einzelstaatlichen Maßnahmen, die ergriffen werden, um die volle Einhaltung des Rahmenbeschlusses zu gewährleisten, dazu genutzt werden sollte, Möglichkeiten zur Erhöhung des Datenschutzniveaus zu prüfen.
Anfrage Nr. 65 von Barbara Kudrycka (H-0867/07)
Betrifft: Haager Konferenz für Internationales Privatrecht; Zivilrechtsübereinkommen
Vor Kurzem ist die Europäische Gemeinschaft der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht beigetreten. Die Mitgliedstaaten benötigen eine Genehmigung der Gemeinschaft für den Zugang zu einer Reihe von internationalen Vereinbarungen im Bereich des Zivilrechts. Die Kommission hat dem Rat eine Reihe von Vorschlägen zur Unterzeichnung bzw. zur Ratifizierung vorgelegt. Bei einigen Übereinkommen stehen die Entscheidungen seit mehreren Jahren aus. Manche Übereinkommen sind ausschließlich zwischen den Mitgliedstaaten in Kraft, die diese Übereinkommen noch vor ihrem Beitritt zur Union ratifiziert haben.
Hält die Kommission es für eine gute Politik, den europäischen Bürgern die Vorteile moderner Übereinkommen zu enthalten, die häufig auf Antrag und mit aktiver Beteilung der Mitgliedstaaten und der Kommission ausgehandelt wurden, Europa von globalen Instrumenten der Zusammenarbeit fernzuhalten, solche Initiativen ad infinitum zu verzögern? Hält die Kommission den Beitritt der Gemeinschaft zur Haager Konferenz für vereinbar mit einem praktischen Stillstand, was den Zugang zu Instrumenten betrifft, die von ihren Mitgliedern entwickelt wurden? Ist die Kommission der Auffassung, dass die EU von anderen für einen zuverlässigen Partner bei internationalen Verhandlungen angesehen werden kann, wenn sie es Jahre lang nicht fertig bringt, eine Entscheidung zu treffen und über ihre Vorgehensweise zu entscheiden? Wird die Kommission Maßnahmen ergreifen, um hier Abhilfe zu schaffen?
Die Kommission geht davon aus, dass sich die Frau Abgeordnete auf internationale Übereinkommen bezieht, deren Ratifizierung aus Gründen, die mit dem Rechtsstreit zwischen dem Vereinigten Königreich und Spanien wegen Gibraltar zusammenhängen, noch aussteht, und nicht auf den Beitritt zum Haager Übereinkommen über die auf bestimmte Rechte in Bezug auf intermediär-verwahrte Wertpapiere anzuwendende Rechtsordnung. In dieser Frage ist sich der Rat völlig uneins darüber, ob eine Ratifizierung wünschenswert ist, da das Parlament selbst, und zwar in einer am 14. Dezember 2006 angenommenen Entschließung, den Rat aufforderte, dieses Übereinkommen erst zu unterzeichnen, wenn in einer umfassenden Folgenabschätzung festgestellt wird, dass ein solcher Beitritt nicht zu Verzerrungen im Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen führen wird.
Wie die Kommission bereits in ihrer Antwort auf die schriftliche Anfrage E-2576/07 dargelegt hat, teilt die Kommission voll und ganz die Bedenken dahingehend, dass die Meinungsverschiedenheiten zwischen Spanien und dem Vereinigten Königreich über Gibraltar gegenwärtig den Beitritt der Gemeinschaft zu mehreren wichtigen Übereinkommen blockieren, und zwar:
- das Haager Übereinkommen von 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Übereinkommen zum Schutz von Kindern);
- das Unidroit-Übereinkommen von Kapstadt über internationale Sicherungsrechte an beweglicher Ausrüstung aus dem Jahr 2001 und das dazugehörige Protokoll über Luftfahrtausrüstung;
- das Protokoll der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation von 2002 zum Athener Übereinkommen über die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf See;
- das Protokoll der Vereinten Nationen von 2003 über die zivilrechtliche Haftung für Schäden und den Ersatz bei Schäden, die durch grenzüberschreitende Auswirkungen von Industrieunfällen auf grenzüberschreitende Gewässer verursacht sind;
- das Europarats-Übereinkommen über den Umgang mit Kindern von 2003.
Da diese Übereinkommen ganz oder teilweise in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen, ist es den Mitgliedstaaten untersagt, sie zu ratifizieren, ohne von der Gemeinschaft dazu die entsprechende Genehmigung erhalten zu haben. Folglich verhindert das bilaterale Problem zwischen Spanien und dem Vereinigten Königreich tatsächlich die Ratifizierung dieser Übereinkommen durch alle anderen Mitgliedstaaten.
Anhand der Liste ist zu erkennen, dass dieses Problem auch Übereinkommen betrifft, die nicht nur im Rahmen der Haager Konferenz für internationales Privatrecht, sondern auch anderer internationaler Organisationen, z. B. UNIDROIT und Europarat, angenommen wurden.
Die Kommission hat bereits beträchtliche Anstrengungen unternommen, um Bewegung in die festgefahrene Situation zu bringen. Was vor allem das Haager Übereinkommen zum Schutz von Kindern betrifft, so hat die Kommission die betroffenen Mitgliedstaaten seit 2005 mehrmals angeschrieben und ihnen eindringlich nahegelegt, die Lage zu bereinigen, da diese für die anderen Mitgliedstaaten immer untragbarer wird, die unbedingt dieses wertvolle Übereinkommen ratifizieren möchten. Das Thema wurde auch auf mehreren Tagungen des JI-Rates(1) direkt bei den entsprechenden Ministern zur Sprache gebracht.
Der Kommission ist von den zwei betroffenen Mitgliedstaaten zugesichert worden, dass die Verhandlungen zu dieser Frage weitergehen und dass eine Lösung des Problems für die nahe Zukunft zu erwarten ist.
Anfrage Nr. 66 von Stavros Arnaoutakis (H-0868/07)
Betrifft: Generelles Programm Solidarität und Steuerung der Migrationsströme
In welcher Phase befindet sich die Durchführung der neuen Fonds, die im Rahmen des Generellen Programms Solidarität und Steuerung der Migrationsströme (Europäischer Fonds für die Integration von Drittstaatsangehörigen, Europäischer Flüchtlingsfonds, Europäischer Außengrenzenfonds und Europäischer Rückkehrfonds) errichtet wurden? Wurden die Leitlinien für die Fonds und die Verteilung der Mittel pro Land bereits beschlossen? Ist vorgesehen, regionale und lokale Behörden sowie NRO in die Planung und Durchführung der Maßnahmen der Fonds einzubeziehen? Wenn ja, in welchem Umfang?
Ziel der strategischen Leitlinien ist es, Regeln für den Einsatz der EU-Gelder in den Mitgliedstaaten festzulegen. Für den Außengrenzenfonds und den Europäischen Integrationsfonds hat die Kommission die strategischen Leitlinien im August 2007 angenommen(1). Die strategischen Leitlinien für den Europäischen Rückführungsfonds und den Europäischen Flüchtlingsfonds werden voraussichtlich im November 2007 angenommen.
Bei der Annahme der strategischen Leitlinien ist es zu keinen nennenswerten Verzögerungen gekommen. Die Basisrechtsakte zur Einrichtung der Fonds wurden erst im Frühjahr 2007 verabschiedet. Bei drei der Fonds erfolgt die Annahme dieser Leitlinien auf der Grundlage des Regelungsverfahrens mit Kontrolle, das im Übrigen damit erstmals zur Anwendung kam.
Was die Mittelzuweisungen aus den vier Fonds auf die Mitgliedstaaten betrifft, so übermittelte die Kommission den Mitgliedstaaten im Juli 2007 die endgültigen Mittelzuweisungen für das Haushaltsjahr 2007 und die vorläufigen Zahlen für das Haushaltsjahr 2008.
90 bis 93 % der Beträge der Fonds müssen nach dem System der „geteilten Verwaltung“ ausgeführt werden. Daher ist es nunmehr Sache der Mitgliedstaaten, regionale und lokale Körperschaften sowie Nichtregierungsorganisationen in den Prozess der Ausarbeitung und Durchführung ihrer Mehrjahres- und Jahresprogramme einzubeziehen.
In den Entscheidungen zur Einrichtung der Fonds ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Auswahl und Durchführung der kofinanzierten Projekte den Mitgliedstaaten unter Einhaltung der großen europäischen Programmziele obliegt. Der grundlegende und spezifische Bedarf im Zusammenhang mit der Asyl- und Integrationspolitik, der Steuerung der Rückführung sowie der Verwaltung der Außengrenzen lässt sich am besten auf nationaler und lokaler Ebene bestimmen.
Was die Anteile an den Fonds anbelangt, die von der Kommission unmittelbar als „Gemeinschaftsaktionen“ umzusetzen sind, so werden regelmäßig Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen veröffentlicht. Nichtregierungsorganisationen sowie regionale und lokale Einrichtungen können Anträge vor allem für den Integrationsfonds, den Europäischen Flüchtlingsfonds und den Rückführungsfonds einreichen.
Entscheidung der Kommission vom 27. August 2007 zur Durchführung der Entscheidung Nr. 574/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Annahme strategischer Leitlinien für den Zeitraum 2007 bis 2013, ABl. L 233 vom 5. September 2007, und Entscheidung der Kommission vom 21. August 2007 zur Durchführung der Entscheidung 2007/435/EG des Rates hinsichtlich der Annahme strategischer Leitlinien für den Zeitraum 2007 bis 2013, wie den Mitgliedstaaten bekannt gegeben.
Anfrage Nr. 67 von Mairead McGuinness (H-0796/07)
Betrifft: Stand der Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) mit der Gruppe der AKP-Länder
Kann die Kommission darlegen, wie weit die Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) mit der Gruppe der AKP-Länder vorangekommen sind?
Besonders in einigen afrikanischen Staaten besteht zunehmende Besorgnis, dass diese neuen Abkommen den Prozess einer nachhaltigen Entwicklung, der Grundlage aller bisherigen Handelsverträge gewesen ist, untergraben werden. Außerdem besteht die Auffassung, dass diese Abkommen die EU auf Kosten ihrer Handelspartner in den AKP-Ländern disproportional übervorteilen würden. Ist die Kommission der Auffassung, dass dies im langfristigen Interesse der EU liegt?
Ist zu erwarten, dass neue EPA's mit der Gruppe der AKP Länder am 1. Januar 2008 planmäßig in Kraft treten werden? Beabsichtigt die Kommission, gegebenenfalls bis zum Abschluss eines Abkommens Übergangsmaßnahmen einzuführen? Übergangsmaßnahmen welcher Art würde die Kommission gegebenenfalls in Betracht ziehen?
Anfrage Nr. 68 von David Martin (H-0804/07)
Betrifft: Termin für den Abschluss von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen: Sicherheiten für die AKP-Staaten
Der Abschluss der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA), die das derzeitige System der Handelspräferenzen für die AKP-Staaten gemäß dem Abkommen von Cotonou ablösen werden, ist für nächsten Monat vorgesehen. Von Seiten der Zivilgesellschaft hat es massive Proteste gegen den Abschluss dieser Abkommen bis zum Ende dieses Jahres gegeben, weil viele der wesentlichen Aspekte dieser Abkommen noch nicht angemessen verhandelt wurden. Der Abschluss dieser Abkommen würde einige der ärmsten Länder der Welt dazu zwingen, eine tief greifende Liberalisierung ihrer instabilen Märkte zu akzeptieren. Um diese Abkommen fair auszugestalten, benötigen die AKP-Staaten mehr Zeit für die Verhandlungen und müssen flexibel bleiben, um ihre eigenen Handelsreformen beschließen, planen und in eine Reihenfolge bringen zu können. Würden in diesem Jahr Wirtschaftspartnerschaftsabkommen geschlossen, dann könnte dies den Einbruch der Exporte der AKP-Staaten in die EU bedeuten. Die AKP-Staaten wiederum müssten neue Einkommensquellen erschließen, um ihre Gesundheits- und Bildungssysteme zu finanzieren.
Welche Sicherheiten beabsichtigt die Kommission, den AKP-Staaten für den Fall zu bieten, dass die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen nicht bis zum Ende dieses Jahres abgeschlossen werden?
Anfrage Nr. 69 von Elspeth Attwooll (H-0817/07)
Betrifft: Frist für Abkommen über Wirtschaftspartnerschaften: Schutz der AKP-Länder
Die Frist für die derzeit laufenden Verhandlungen betreffend die Abkommen über Wirtschaftspartnerschaften, die das gegenwärtige Handelssystem für AKP-Länder gemäß dem Abkommen von Cotonou ersetzen werden, läuft Ende nächsten Monats aus. Der Grund für die Kampagne der Zivilgesellschaft gegen den Abschluss dieser Abkommen bis zu diesem Zeitpunkt besteht darin, dass die Schlüsselaspekte der Abkommen noch nicht in ausreichendem Maße erörtert wurden. Wenn die Verhandlungen allzu rasch abgeschlossen werden, müssten die bereits jetzt labilen Märkte einiger der ärmsten Länder der Welt einer Liberalisierung standhalten, die starke negative Auswirkungen auf die Ausfuhren von AKP-Ländern in die EU und gravierende Folgen für die Finanzierung ihres Gesundheits- und Bildungswesens hätte. Deshalb brauchen die AKP-Länder mehr Zeit für die Verhandlungen, um sich ihren Spielraum für die Planung ihrer eigenen Handelsreformen zu erhalten. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass diese Verhandlungen fair bleiben.
Was schlägt die Kommission aber – wenn die Abkommen über Wirtschaftspartnerschaften nicht bis zum Jahresende abgeschlossen sind – vor, um die betroffenen Länder zu schützen?
Anfrage Nr. 70 von Alain Hutchinson (H-0858/07)
Betrifft: Wirtschaftspartnerschaftsabkommen
In ihrer Mitteilung vom 23. Oktober 2007 über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen weist die Kommission eindeutig darauf hin, dass die Kommission bei fehlender Unterzeichnung der WPA innerhalb der festgelegten Fristen durch die Regionen, die Verhandlungen mit ihr führen, bereit wäre, diese WPA nur mit bestimmten Ländern zu unterzeichnen. Bisher hatte die Kommission jedoch darauf bestanden, dass die WPA auf regionaler Ebene ausgehandelt und abgeschlossen werden; sie hat immer wieder unterstrichen, dass die Unterzeichnung dieser Abkommen nur unter dem Blickwinkel einer regionalen Integration sinnvoll ist. Damit wäre die Kommission für starke Spannungen verantwortlich, die unweigerlich zwischen Ländern einer gleichen Region auftreten würden, da sie – abhängig von ihrer Unterzeichnung oder Nichtunterzeichnung solcher Abkommen – eine unterschiedliche Behandlung erfahren würden, was eindeutig dem Ziel der regionalen Integration widerspricht
Wie will die Kommission verhindern, dass solche Abkommen den Ländern, die sie nicht unterzeichnen, unmittelbaren Schaden zufügen? Wie kann die Kommission diese neue Position angesichts der Priorität erklären, die sie immer der regionalen Integration eingeräumt hat, um die Unterzeichnung der WPA zu rechtfertigen?
Auf der Grundlage des Abkommens von Cotonou und der darin verankerten Ziele der nachhaltigen Entwicklung, der regionalen Integration und der verstärkten Beteiligung von Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP) am multilateralen Handelssystem verhandelt die EG seit 2002 mit der Gruppe der AKP-Staaten und AKP-Regionen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA). Zurzeit befinden sich diese Verhandlungen in ihrer Endphase – kurz vor Ablauf der Frist am Jahresende 2007, nach der dann die aktuellen Cotonou-Präferenzen und die WTO-Ausnahmeregelung zu ihrem Schutz auslaufen werden. Bei der 2007 von AKP und EG gemeinsam vorgenommenen Überprüfung der WPA-Verhandlungen wurde die Bereitschaft der Parteien zur Einhaltung der Frist bekräftigt.
Es bleibt das Ziel der EG, die derzeit geltende Handelsregelung von Cotonou durch umfassende WPA zu ersetzen, die Fragen beinhalten, die sich auf den Handel sowohl mit Waren als auch mit Dienstleistungen, Investitionen und handelsbezogene Bereiche beziehen, welche für die Entwicklung der AKP-Länder im Hinblick auf die Schaffung wirklicher regionaler Märkte und besonderer Beziehungen zwischen diesen Regionen und der EU wichtig sind. Allerdings verlaufen die Verhandlungen über WPA ungleichmäßig. Wenn ein umfassendes WPA nicht rechtzeitig abgeschlossen werden kann, müssen die Parteien die bisher ausgehandelten Fragen in einem Abkommen mit einer guten Marktzugangsregelung als dessen Kern erfassen und dann dazu übergehen, die Verhandlungen in anderen Bereichen Anfang 2008 zu Ende zu bringen. Das wird dazu beitragen, Störungen im Handel zu vermeiden, ohne das Ziel zu gefährden, umfassende WPA mit einem vollständigen Entwicklungspaket auszuhandeln.
Wenn nur bestimmte Länder innerhalb einer Region die Weiterführung der Verhandlungen wünschen, ist die Kommission in gleicher Weise bereit, auf dieser Grundlage zu arbeiten, um so ein Abkommen über den Marktzugang, als Schritt hin zu umfassenden WPA zu erreichen. Um die Dynamik der laufenden regionalen Integrationsvorhaben zu bewahren, wird jedes Abkommen dieser Art eine Ausgangsbasis für ein umfassendes WPA sein, das allen Ländern der betreffenden Region offensteht.
Nach Ansicht der Kommission gibt es derzeit keine Alternative zu diesem in ihrer Mitteilung vom 23. Oktober 2007 dargelegten pragmatischen Ansatz; daher wird sie weiterhin Entwicklungsziele und nicht offensive EU-Interessen verfolgen.
Anfrage Nr. 71 von Georgios Papastamkos (H-0785/07)
Betrifft: Europäische Sicherheitsstrategie
Wie bewertet die Kommission bislang die Effizienz der Verknüpfung der Bereiche der inneren und äußeren Sicherheit im Rahmen der Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie? Welche institutionellen Mängel bestehen bei der Umsetzung der Europäischen Sicherheitspolitik im Bereich der inneren Sicherheit, die auf verschiedenen institutionellen Pfeilern fußt? Ist die Kommission der Auffassung, dass das Sicherheitssystem, das in Fragen des Europäischen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts auf der Verknüpfung der beiden Pfeiler (pfeilerübergreifende Sicherheit) beruht, in institutioneller und funktioneller Hinsicht ausreichend ist?
In der Europäischen Sicherheitsstrategie heißt es: „Durch die zunehmende Öffnung der Grenzen seit dem Ende des Kalten Krieges ist ein Umfeld entstanden, in dem interne und externe Sicherheitsaspekte nicht mehr voneinander zu trennen sind.“ Mit den Maßnahmen der EU werden sowohl die internen als auch die externen Aspekte der in der Europäischen Sicherheitsstrategie genannten Gefahren abgedeckt, und zwar insbesondere durch die Strategie der EU zur Bekämpfung des Terrorismus von 2005 auf interner Ebene sowie durch die internationale Zusammenarbeit und die Unterstützung strategischer Partner in Drittstaaten. Was die Bekämpfung der organisierten Kriminalität anbelangt, so unterstützt die Europäische Union die Ratifizierung der internationalen Vereinbarungen, die den Bezugsrahmen für unsere Unterstützung in Drittstaaten bilden. Europol liefert jährliche Berichte und Statistiken, die zur Verbesserung des Informations- und Wissensstands über die betreffenden Gebiete beitragen.
Die Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie ist effizienter, wenn mit den Instrumenten der EU und der Gemeinschaft die gleichen Ziele verfolgt werden. Die Kommission versucht dies zu erreichen, indem sie auch die Außenaspekte interner Politiken berücksichtigt. Dies wird nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon leichter werden, durch den die gegenwärtige Trennung zwischen dem ersten und dem dritten Pfeiler aufgehoben, das Mitentscheidungsverfahren eingeführt und die Rolle des Parlaments verstärkt wird.
Bei den Maßnahmen im Rahmen der GASP(1) und der ESVP(2) werden auch weiterhin die externen Bedrohungen parallel zu gemeinschaftlichen Aktionen außerhalb der Union und internen Maßnahmen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht berücksichtigt werden.
Generell ist die Kommission der Ansicht, dass ihre internen und externen politischen Ziele mehr als jemals zuvor ineinander übergreifen, was ein neues Herangehen an die Frage verlangt, wie die Interessen und Werte der Union, einschließlich natürlich der Sicherheit ihrer Bürger, berücksichtigt, gefördert und geschützt werden können.
Alle unsere Instrumente tragen dazu bei, die in der Europäischen Sicherheitsstrategie hervorgehobenen Herausforderungen zu bewältigen: unsere Erweiterungspolitik, die für mehr Frieden, Stabilität, Wohlstand, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in ganz Europa sorgt; unsere Nachbarschaftspolitik, die darauf abzielt, auf der Grundlage gemeinsamer Interessen und Werte Beziehungen zu den Nachbarländern aufzubauen; unsere Handelspolitik, unsere Entwicklungspolitik und unsere humanitäre Hilfe sowie unsere Maßnahmen in den Bereichen Klimawandel und Energiesicherheit.
Jede Änderung der Europäischen Sicherheitsstrategie müsste diesen neuen globalen Herausforderungen Rechnung tragen und jenseits institutioneller Erwägungen sämtliche Reaktionen auf europäischer Ebene einschließen, wie es die Kommission 2006 in ihrer Mitteilung „Europa in der Welt - Praktische Vorschläge für mehr Kohärenz, Effizienz und Sichtbarkeit“(3) festgestellt hat.
Betrifft: Gesundheit und Sicherheit in Drittländern
Ich beziehe mich auf die vor kurzem veröffentlichten Berichte über die Wiederholung eines tragischen Vorfalls in einer Bekleidungsfabrik in Bangalore. Ein indischer Arbeiter, der am Arbeitsplatz krank wurde, aber auf die Genehmigung, seinen Arbeitsplatz zu verlassen, stundenlang warten musste, verstarb noch am selben Tag im Krankenhaus. Der Vorfall ähnelte einem früheren Vorfall, der sich, wie mir berichtet wurde, nur drei Monate zuvor in derselben Fabrik ereignet hatte. Eine schwangere Arbeiterin brachte vor den Fabriktoren ohne Hilfe ein Kind zur Welt, nachdem ihr, als während ihrer Schicht die Wehen einsetzten, Hilfe verweigert worden war. Meines Wissens starb das Baby.
Kann die Kommission angeben, ob sie Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz als Grundrecht betrachtet, und mitteilen, was sie im Rahmen von Verhandlungen und Abkommen mit Drittländern mit Blick auf die Bedeutung einer guten Gesundheit und Sicherheit unternimmt, um eine weitere Wiederholung dieser schrecklichen und höchst tragischen Vorfalle zu vermeiden?
Die Förderung von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz auf internationaler Ebene ist eines der Hauptziele der kürzlich verabschiedeten Strategie der Kommission für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz(1). In der Strategie wird die Notwendigkeit der Verbesserung der Arbeitsschutznormen in der ganzen Welt betont. In diesem Zusammenhang beabsichtigt die EU, die Prävention im Bereich der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz durch multilaterale Zusammenarbeit mit den zuständigen internationalen Gremien (ILO(2), WHO(3)) und durch bilaterale Maßnahmen im Rahmen der Beziehungen der Kommission zu Drittländern, insbesondere zu Schwellenländern wie Indien, zu fördern.
Mitteilung der Kommission „Die Arbeitsplatzqualität verbessern und die Arbeitsproduktivität steigern: Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2007-2012“, KOM 2007) 62 vom 21. Februar 2007.
Betrifft: Rechtsvorschriften über die Identifizierung von Equiden - Anerkennung von Pferdepässen
In den Mitgliedstaaten gibt es viele Probleme im Zusammenhang mit der vorschriftsgemäßen Umsetzung der geltenden europäischen Richtlinien über die Identifizierung von Equiden. In einigen Fällen, von denen die Fragestellerin in Kenntnis gesetzt wurde, werden die von der zuständigen Behörde in einem Mitgliedstaat ausgestellten Dokumente zur Identifizierung (Pässe) in einem anderen Mitgliedstaat nicht anerkannt und in anderen Fällen werden die Pässe bei der Durchfuhr zwischen Mitgliedstaaten noch nicht einmal vorschriftgemäß kontrolliert.
Kann die Kommission dazu Stellung nehmen, ob es notwendig ist, die Umsetzung der geltenden Rechtsvorschriften zu verbessern und wie dies geschehen könnte?
In Richtlinie 90/426/EWG des Rates(1) sind die Vorschriften für Veterinärkontrollen von Pferden festgelegt, die von einem Mitgliedstaat in einen anderen verbracht werden. Dabei muss für ein Pferd nicht nur das Dokument zu seiner Identifizierung (Pass), sondern auch eine am Ausgangsort ausgestellte amtliche tierärztliche Bescheinigung mitgeführt werden. Einige Mitgliedstaaten haben sich jedoch gemäß Artikel 6 der Richtlinie gegenseitig Ausnahmeregelungen von diesen Anforderungen auf Mitführung einer Bescheinigung gewährt.
Mit der Entscheidung 93/623/EWG(2) der Kommission wurde ein Pass zur Identifizierung eingetragener Equiden während ihrer Verbringungen eingeführt. Mit der Entscheidung 2000/68/EG(3) der Kommission wurde die Entscheidung 93/623/EWG geändert und ein Verfahren zur Identifizierung von Zucht- und Nutzequiden festgelegt.
Um für eine einheitlichere Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zu sorgen, hat die Kommission den Entwurf einer Verordnung erarbeitet, die diese beiden Entscheidungen ersetzen soll. Nach ihrer Verabschiedung wird sich diese neue und unmittelbar anwendbare Verordnung der Kommission direkt an die einzelnen für die Identifizierung von Equiden zuständigen Akteure wenden und dafür sorgen, dass die Equiden innerhalb eines festgesetzten Zeitraums nach der Geburt oder Einfuhr durch einen einzigen lebenslang gültigen Pass, der durch einen elektronischen Transponder mit dem Tier verbunden ist, identifiziert werden.
Richtlinie 90/426/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 zur Festlegung der tierseuchenrechtlichen Vorschriften für das Verbringen von Equiden und für ihre Einfuhr aus Drittländern, ABl. L 224 vom 18.8.1990.
93/623/EWG: Entscheidung der Kommission vom 20. Oktober 1993 über das Dokument zur Identifizierung eingetragener Equiden (Equidenpass), ABl. L 298 vom 3.12.1993.
2000/68/EG: Entscheidung der Kommission vom 22. Dezember 1999 zur Änderung der Entscheidung 93/623/EWG und zur Festlegung eines Verfahrens zur Identifizierung von Zucht- und Nutzequiden (bekanntgegeben unter Aktenzeichen K (1999) 5004), ABl. L 23 vom 28.1.2000.
Anfrage Nr. 74 von Cristobal Montoro Romero (H-0807/07)
Betrifft: Eigentumsverhältnisse der Unternehmen auf den Strom- und Gasmärkten
Wie in seiner Entschließung P6_TA(2007)0326 vom 10. Juli 2007 festgestellt wird, ist das Europäische Parlament der Auffassung, dass öffentliches Eigentum in den Strom- und Gasmärkten eine der Hauptursachen von Wettbewerbsverzerrungen auf EU-Ebene darstellt und dass der Anreiz zu Wettbewerb in diesen Märkten geringer ist, wenn es Unternehmen in öffentlicher Hand gibt, da sie in den meisten Fällen durch ihre Gesellschaftssatzung ein geringeres Maß an Transparenz und weniger Informationen für potenzielle Investoren aufweisen, und sie von politischen Entscheidungen abhängig sind, die von den Regierungen der Mitgliedstaaten getroffen werden.
Welche Maßnahmen sieht die Kommission vor, um dieser Haltung im Rahmen der vertraglichen Bestimmungen über das Eigentum an den Unternehmen in diesem Sektor in ihrer Politik Rechnung zu tragen? Ist die Kommission der Auffassung, dass es möglich ist, bei der Schaffung des Energiebinnenmarkts weitere Fortschritte zu machen, solange öffentliche Oligopole und Monopole bestehen, die von einigen europäischen Regierungen gefördert werden?
Wie in der Begründung der am 19. September 2007 angenommenen Vorschläge der Kommission zum Binnenmarkt dargelegt wurde, gelten das Paket und – ganz konkret – der Vorschlag für eine wirksamere Entflechtung für Unternehmen in privatem Eigentum und für Unternehmen in öffentlichem Eigentum in gleicher Weise. Dies bedeutet, dass keine Einzelperson oder Personengruppe allein oder gemeinsam mit anderen die Möglichkeit haben würde, die Zusammensetzung oder die Abstimmungs- und Beschlussfassungsverfahren der Organe der Übertragungs-/Fernleitungsnetzbetreiber und gleichzeitig der Versorgungs- oder Erzeugungsunternehmen zu beeinflussen – unabhängig davon, ob die betreffende Person öffentlichen oder privaten Status hat. Dadurch wird sichergestellt, dass die Unabhängigkeit eines in öffentlichem Eigentum befindlichen Übertragungs-/Fernleitungsnetzes auch dann noch gewährleistet ist, wenn sich die Versorgungs- oder Erzeugungsfunktionen in öffentlicher Hand befinden. Um dieser Anforderung zu genügen, könnte beispielsweise eine öffentliche Stelle oder der Staat die Einflussnahmerechte auf eine andere in öffentlichem oder privatem Besitz befindliche juristische Person übertragen.
Die entscheidende Frage ist dabei, dass die betreffenden Mitgliedstaaten in allen Entflechtungsfällen nachweisen müssen, dass das angestrebte Ergebnis in der Praxis erreicht wurde und dass die Unternehmen völlig unabhängig voneinander agieren, wodurch tatsächlich gleiche Bedingungen in der gesamten EU geschaffen werden. Darüber hinaus sind die Mitgliedstaaten durch die Kommissionsvorschläge dazu verpflichtet, die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde zu gewährleisten, indem sie dafür Sorge tragen, dass die Regulierungsbehörde rechtlich getrennt und funktional unabhängig von anderen öffentlichen und privaten Einrichtungen ist.
Diese Bestimmungen sollten sicherstellen, dass alle Marktakteure, unabhängig von der Eigentümerstruktur der Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreiber bzw. der Versorgungsunternehmen, die gleichen Wettbewerbsbedingungen vorfinden und eine Gleichbehandlung durch die Regulierungsbehörden erfahren.
Anfrage Nr. 75 von Manolis Mavrommatis (H-0812/07)
Betrifft: Täuschung bei Preisen für Flugtickets
Laut einer Untersuchung, deren Ergebnisse kürzlich teilweise bekannt geworden sind, informieren 433 Fluggesellschaften und Reisebüros nicht korrekt über Billigangebote, so dass die Bürger, die Websites konsultieren, über die Preise der angebotenen Tickets getäuscht werden. Wie aus den bisher vorliegenden Daten ersichtlich wird, werden die Kunden von 50 % der Fluggesellschaften getäuscht: 217 von ihnen in 14 Mitgliedstaaten sowie in Norwegen halten sich nicht an die gemeinschaftlichen Regeln, darunter die in jedem Land geltende Verpflichtung, dass auf den Websites in der jeweiligen Amtssprache des Landes – und nicht nur in Englisch wie gegenwärtig der Fall – der tatsächliche Preis des Tickets sowie die Zuschläge (Flughafengebühren usw.) angegeben sein müssen.
Wann wird die Kommission die detaillierten Ergebnisse der Untersuchung veröffentlichen? Welche Fluggesellschaften verstoßen gegen die gemeinschaftlichen Regeln für den Verbraucherschutz? Welche Maßnahmen wird die Kommission ergreifen? Wird sie demnächst einen Legislativvorschlag vorlegen, wie Verbraucher vor Täuschung geschützt und entschädigt werden können?
Das „Consumer Enforcement Network“ für die Durchsetzung von Rechtsvorschriften für den Verbraucher – das vor knapp einem Jahr durch die Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz(1) eingerichtet wurde – führte Ende September 2007 seine erste koordinierte Ermittlungsaktion in Form einer „Sweep“ genannten systematischen Überprüfung von Websites durch, auf denen Flugtickets verkauft werden. Diese Aktion ist ein neues und wirkungsvolles Instrument. An ihr beteiligten sich dieses Mal 15 Mitgliedstaaten und Norwegen. Die Kommission will sich auf diese Pilotmaßnahme stützen und künftig solche Durchsetzungsaktionen wiederholen.
Die Behörden kontrollierten, ob die Websites europäische und einzelstaatliche Rechtsvorschriften einhalten, wobei sie feststellen mussten, dass diese den Anforderungen nicht in vollem Umfang entsprachen. Diese Websites stehen nun unter weiterer Beobachtung durch die Behörden, die dann über die nötigen Folgemaßnahmen entscheiden werden. Bei nachgewiesenen Verletzungen von Rechtsvorschriften werden die Behörden dafür Sorge tragen, dass angemessene Durchsetzungsmaßnahmen ergriffen werden.
Die Kommission hat Verständnis für das Interesse an einer breiten gemeinsamen Nutzung der Ergebnisse dieser Maßnahme. Da die Mitgliedstaaten für die Durchführung von Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechtsvorschriften verantwortlich sind, diskutiert sie mit ihnen darüber, welche Folgemaßnahmen nach der „Sweep-Aktion“ ergriffen werden sollen, vor allem, was die detaillierte Veröffentlichung der daraus gewonnenen Erkenntnisse betrifft.
Die vorläufigen Ergebnisse der Blitzaktion lassen den Schluss zu, dass verstärkte Bemühungen zur Durchsetzung der derzeit geltenden Rechtsvorschriften die Verbraucher vor auf Täuschung abzielenden Geschäftspraktiken schützen können. Das Schutzniveau wird mit der Durchführung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken(2) weiter erhöht werden. Daher beabsichtigt die Kommission, die Durchsetzung von Rechtsvorschriften künftig unter Mithilfe des „Consumer Enforcement Network“ zu intensivieren. Bevor ein neuer Legislativvorschlag ins Auge gefasst wird, sollte die Kommission die Möglichkeiten der vorhandenen Instrumente sondieren und bis aufs Letzte vollständig ausschöpfen.
Die Kommission begrüßt insbesondere die zurzeit laufende Legislativdiskussion zwischen Parlament und Rat über ihren Vorschlag zur Neufassung des dritten Luftverkehrspakets(3). Nach Annahme dieser neuen Verordnung wird die Preistransparenz verbessert werden, indem klargestellt wird, dass der Endpreis als Preis einschließlich aller anwendbaren Flugpreise, Steuern, Gebühren, Zuschläge und Entgelte, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung unvermeidbar und vorhersehbar sind, zu verstehen ist. Von der Regelung sollen alle Flüge innerhalb der EU sowie die Flüge aller Unternehmen mit Abflugflughäfen in der EU erfasst werden.
Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden („Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz“).
Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates („Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken“).
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (Neufassung), (KOM (2006) 396).
Anfrage Nr. 76 von Willy Meyer Pleite (H-0813/07)
Betrifft: Repression in Oaxaca (Mexiko)
2004 wurde Ulises Ruiz Ortiz mittels Wahlfälschung Gouverneur der mexikanischen Provinz Oaxaca. Ulises Ruiz Ortiz ist nach Meldungen von Amnesty International verantwortlich für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen gegenüber der indigenen Bevölkerung, gegenüber Lehrern, die für genügend Lebensmittel und verbesserte Arbeitsbedingungen streiken sowie gegenüber jenen, die es wagen, gegen die Repression, deren Opfer sie sind, zu protestieren.
Im Juni 2007 beschloss der Oberste Gerichtshof von Mexiko, die Menschenrechtsverletzungen der Regierung Ruiz Ortiz zu untersuchen.
Wie beabsichtigt die Kommission ihren Einfluss geltend zu machen, damit die Untersuchung dieser Menschenrechtsverletzungen auch tatsächlich stattfindet?
Diese Situation dauert nunmehr seit mehr als drei Jahren an, wobei das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Mexiko eine Klausel über die Wahrung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit enthält. Hat die Kommission in Anbetracht dessen bereits in Erwägung gezogen, dieses Assoziierungsabkommen zu revidieren?
Die Europäische Union und die Kommission beobachten die Entwicklung der Lage in Oaxaca sehr genau und haben den Ablauf der Ereignisse aufmerksam verfolgt. So wurde die Kommission regelmäßig durch ihre Delegation vor Ort, die Organisationen der Zivilgesellschaft und die mexikanischen Behörden über die Ereignisse in Oaxaca unterrichtet.
Die Kommission spricht die Frage der Menschenrechte bei jeder Gelegenheit und insbesondere seit der Errichtung und Verstärkung des Austauschs mit Mexiko im Jahr 2004 im Rahmen des politischen Dialogs an. Natürlich wird sie dies auch im Rahmen der im Globalabkommen vorgesehenen künftigen hochrangigen Kontakte fortsetzen und der Lage in Oaxaca dabei weiterhin besondere Aufmerksamkeit widmen.
Parallel zu unseren verschiedenen Maßnahmen im Rahmen des Abkommens hat die Delegation der EU in Mexiko die Vorsitzende der Delegation im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss EU-Mexiko, MdEP Erika Mann, bei der parlamentarischen Mission im September 2006 in Oaxaca unterstützt und begleitet. Bei dieser Gelegenheit traf Frau Mann u. a. mit Vertretern der Volksversammlung der Völker Oaxacas (APPO) zusammen.
Darüber hinaus hält sich die Kommission durch Berichte und Beobachtungen verschiedener nationaler und internationaler Menschenrechts-NRO, u. a. über den Konflikt in Oaxaca auf dem Laufenden. Die Kommission veranstaltet auch Treffen mit diesen Organisationen, um die Ergebnisse ihrer Ermittlungen und Analysen der Situation einzuholen. Die der interparlamentarischen Delegation EU-Mexiko angehörenden Mitglieder des Europäischen Parlaments haben an diesen Sitzungen teilgenommen. Anlässlich des Treffens der interparlamentarischen Delegation in Mexiko Ende Februar 2007 hat die Delegation der Kommission in Mexiko eine Zusammenkunft zum Thema Menschenrechte veranstaltet, bei der das Problem Oaxaca erörtert wurde.
Erst kürzlich hat der Rat der EU um Informationen über die Menschenrechtslage im Staat Oaxaca ersucht. Dazu wurde vom 27. bis 28. August 2007 eine Mission von Vertretern der Botschaften der Mitgliedschaft und der Delegation der Kommission in Mexiko durchgeführt. Diese Delegation traf mit dem Präsidenten der staatlichen Kommission für Menschenrechte (CEDHO), Menschenrechts-NRO, dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, dem Generalstaatsanwalt, dem Regierungssekretär und dem Untersekretär für Menschenrechte des Staates Oaxaca zusammen. Ein Vertreter des Sekretariats für öffentliche Sicherheit war auch bei der monatlichen Zusammenkunft der politischen Berater im September 2007 zugegen, wo über die Situation in Oaxaca gesprochen wurde.
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der Frage der Menschenrechte in Mexiko aktiv mit dem UN-Hochkommissar zusammenarbeitet. Sie ist an zwei Projekten zur Förderung der Menschenrechte beteiligt, wobei es bei dem einen um die Situation von indigenen Häftlingen im Strafvollzugssystem von Oaxaca geht. In diesem Zusammenhang ist der Konflikt in Oaxaca auch Gesprächsthema zwischen dem Hochkommissariat und der Kommission und ist darüber hinaus Bestandteil unserer gemeinsamen Politik für die Verteidigung der Menschenrechte.
Anfrage Nr. 77 von Chris Davies (H-0816/07)
Betrifft: Kontrolle der Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften während des portugiesischen Ratsvorsitzes
Kann die Kommission mitteilen, ob sie dazu aufgefordert hat, das Problem der unzureichenden Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten auf die Tagesordnung einer der während des portugiesischen Ratsvorsitzes stattfindenden Tagungen des Ministerrates zu setzen?
Die Kommission hat noch nicht dazu aufgefordert, das Problem der unzureichenden Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten auf die Tagesordnung einer der während des portugiesischen Ratsvorsitzes stattfindenden Tagungen des Ministerrates zu setzen.
Es sei daran erinnert, dass die Kommission erst kürzlich eine Mitteilung über die Anwendung des Gemeinschaftsrechts(1) angenommen hat, die den EU-Organen übermittelt wurde. Die Kommission arbeitet intensiv an der Umsetzung der in ihrer Mitteilung angekündigten Maßnahmen. Sie beruft eine Gruppe nationaler Sachverständiger ein, um die Mitteilung während der portugiesischen Präsidentschaft zu erörtern, wobei die Möglichkeit besteht, dass einige in der Mitteilung genannte Fragen auf die Tagesordnung einer der Ratsformationen im Jahr 2008 gesetzt werden.
Außerdem könnte eine allgemeine Debatte in der einen oder anderen Ratsformation zu anderen Anlässen stattfinden, zum Beispiel bei der Vorlage eines Jahresberichts über die Umsetzung eines Programms oder Aktionsplans.
Was insbesondere den Binnenmarktanzeiger betrifft, hat die Kommission im Juli 2007 ihren ersten Bericht für 2007 vorgelegt. Ein zweiter Bericht ist für Dezember 2007 vorgesehen, und dieser wird voraussichtlich einen Beitrag zu der Aussprache in Vorbereitung auf die nächste Tagung des Europäischen Rates im Frühjahr 2008 leisten.
Seit Juni 2005 präsentiert die Kommission außerdem einen jährlichen Anzeiger der Fortschritte bei der Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, der in seinem zweiten Teil eine Beurteilung der Umsetzung einschlägiger EU-Rechtsvorschriften auf nationaler Ebene enthält.
Die griechische Regierung hat anlässlich ihrer politischen Erklärungen vor dem griechischen Parlament kaum Äußerungen zum Schicksal der Fluggesellschaft „Olympic Airways“ gemacht und sich auch in keiner Weise hinsichtlich der Zukunft der Fluggesellschaft verpflichtet. Die jetzige griechische Regierung ist inzwischen schon das vierte Jahr an der Macht, und der dramatische – ihr von der PASOK vererbte – Zustand der „Olympic Airways“, einer der weltweit ältesten und sichersten Fluggesellschaften, hat sich inzwischen weiter verschlechtert.
In welchem Stadium befinden sich die Gespräche zwischen der Europäischen Kommission und der griechischen Regierung über die Zukunft der „Olympic Airways“?
Seit 1994 hat die Kommission fünf Entscheidungen über staatliche Beihilfen betreffend Olympic Airways angenommen. Die ersten drei waren „mit Bedingungen und Auflagen verbundene“ Entscheidungen zur Genehmigung von Beihilfen für die Umstrukturierung des Unternehmens bis zum Ende der 1990er Jahre unter bestimmten Bedingungen.
Diese Entscheidungen wurden leider nicht eingehalten, und die Umstrukturierung brachte nicht die erwarteten Ergebnisse. Die Kommission musste daraufhin im Dezember 2002 sowie im September 2005 zwei „Negativentscheidungen“ annehmen, in denen festgestellt wurde, dass Griechenland Olympic Airways und Olympic Airlines rechtswidrige, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfen gewährt hat. Die erste Entscheidung wurde abgesehen von einigen kleineren Aspekten im Wesentlichen vom Europäischen Gericht erster Instanz bestätigt. Es ist zudem anzumerken, dass der Gerichtshof festgestellt hat, dass Griechenland der ersten Entscheidung nicht nachgekommen ist. Aufgrund der Nichtdurchführung der Gerichtsentscheidung, in dem dieses Versäumnis festgestellt wurde, hat die Kommission eine Klage gemäß Artikel 228 des EG-Vertrags eingereicht.
Wie bereits seit mehreren Jahren wird die Europäische Kommission die Angelegenheit auch weiterhin mit den griechischen Behörden erörtern, um eine Lösung für die Probleme im Zusammenhang mit der Umsetzung der Entscheidungen von 2002 und 2005 zu finden. Ziel der Kommission ist es, die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen, und zwar sowohl in Bezug auf die Umsetzung der Entscheidungen von 2002 und 2005 als auch hinsichtlich jeder anderen Maßnahme unter eventueller Verwendung öffentlicher Mittel zugunsten von Olympic Airways/Airlines.
Anfrage Nr. 79 von Markus Pieper (H-0820/07)
Betrifft: Konsequenzen aus dem Initiativbericht "Auswirkungen der künftigen Erweiterungen auf die Wirksamkeit der Kohäsionspolitik" (P6_TA(2007)0130)
Inwieweit hat die Kommission die Anregungen aus dem Initiativbericht des Europäischen Parlaments „Auswirkungen der künftigen Erweiterungen auf die Wirksamkeit der Kohäsionspolitik“ (P6_TA(2007)0130) aufgegriffen?
Welche Schlussfolgerungen wurden daraus gezogen?
Sind bereits konkrete Konzepte für das geforderte Stufenmodell erarbeitet, und ist diesbezüglich bereits eine Reform der Heranführungshilfe eingeleitet worden? Falls nicht, welchen Zeitplan hat die Kommission hierfür vorgesehen?
Die Kommission stimmt den beiden wichtigsten Ausgangspunkten des Berichts voll und ganz zu: der Wichtigkeit und dem Erfolg der Kohäsionspolitik beim Abbau des bestehenden Gefälles und somit als Beitrag zum sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt der EU; und auch der Tatsache, dass die Bandbreite der Ungleichheiten durch die jüngsten Erweiterungen der Union größer geworden ist. Und der Kommission ist auch sehr wohl bekannt, welchen Druck die Globalisierung auf die Volkswirtschaften der Europäischen Union in Bezug auf Betriebsverlagerungen, demografischen Wandel, Migrationsströme und andere damit im Zusammenhang stehende Fragen ausübt. Als Reaktion auf diese Herausforderungen ist die Kohäsionspolitik für 2007 bis 2013 reformiert und modernisiert worden, wobei sie zugleich an die Agenda von Lissabon und die Agenda von Göteborg angepasst wird.
Die Kommission ist auch damit einverstanden, dass Kroatien und die Länder des westlichen Balkans, falls sie der EU vor dem Ende dieses Programmplanungszeitraums beitreten sollten, ohne größere Störungen an den aktuellen Rahmen für die Kohäsionspolitik angepasst werden könnten. Der Herr Abgeordnete möge bedenken, dass die Vorschriften zur Förderfähigkeit im Zeitraum 2007-2013 für die EU-27 schon im Jahr 2006 festgelegt wurden und jetzt Anwendung finden. Was die Türkei betrifft, so pflichtet die Kommission der Meinung bei, dass zu gegebener Zeit eine spezielle Folgenabschätzung aus Sicht der möglichen Folgen für die Kohäsionspolitik der EU durchgeführt werden muss. Laut Verhandlungsrahmen können die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, zusammen mit sich möglicherweise daraus ergebenden Reformen, erst abgeschlossen werden, wenn der Finanzrahmen für den Zeitraum nach 2014 festgelegt ist.
Daher wird die Kommission zum geeigneten Zeitpunkt die Auswirkungen aller künftigen Erweiterungen auf die Kohäsionspolitik der EU einschätzen und die entsprechenden Änderungen vorschlagen. Solange diese Einschätzung noch nicht stattgefunden hat, ist die Kommission nicht in der Lage, zu Schätzungen in Bezug auf die damit verbundenen Kosten Stellung zu nehmen.
Nach Auffassung der Kommission ist eine ausreichende Mittelausstattung eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Politik entsprechend den Vorschlägen der Kommission für die Finanzielle Vorausschau für den Zeitraum 2007 bis 2013, und ihr liegt sehr viel daran, die Vorschläge aufzugreifen, die auf eine Erhöhung der Hebelwirkung der Kohäsionspolitik in den derzeitigen Mitgliedstaaten abzielen, etwa in Form einer stärkeren Beteiligung von privatem Kapital oder des Einsatzes innovativer Finanzinstrumente, die über Subventionen hinausgehen. Die Kommission ist allerdings zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in der Lage, sich zu Schätzungen von Beträgen zu äußern, die für eine ganz konkrete Maßnahme in Zukunft benötigt werden.
Anfrage Nr. 80 von Milan Gaľa (H-0831/07)
Betrifft: Einstufung von Formaldehyd als Karzinogen
Demnächst erstellt das Europäische Büro für chemische Stoffe eine neue Einstufung von chemischen Stoffen, die 30. Anpassung an den technischen Fortschritt (ATP). Den jüngsten dem Internationalen Krebsforschungszentrum vorliegenden Forschungsergebnissen zufolge zählt der Stoff Formaldehyd (CAS-Nummer 50-00-0) zu den Karzinogenen. Deshalb wird erwartet, dass die Kommission bei der Anwendung der verabschiedeten REACH-Verordnung alles in ihrer Macht Stehende unternimmt, damit Formaldehyd als Karzinogen eingestuft wird.
Wirkt die Kommission bei der Ausarbeitung der neuen Einstufung von chemischen Stoffen (30. ATP) mit dem Europäischen Büro für chemische Stoffe zusammen? Setzt sich die Kommission für die Einstufung von Formaldehyd als Karzinogen ein, um die Bürger vor diesem gefährlichen Stoff zu schützen?
Formaldehyd wird seit 1996, als die 22. Anpassung(1) der Richtlinie 67/548/EWG(2) über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe an den technischen Fortschritt verabschiedet wurde, als Karzinogen der Kategorie 3 eingestuft. Die Kategorie 3 beinhaltet Stoffe, die wegen möglicher krebserzeugender Wirkung beim Menschen Anlass zu Besorgnis geben, über die jedoch ungenügend Informationen für eine befriedigende Beurteilung vorliegen.
Unter Berücksichtigung der jüngsten Entscheidung des Internationalen Krebsforschungszentrums schlägt Frankreich vor, Formaldehyd als Karzinogen der Kategorie 1 einzustufen. Die Kategorie 1 beinhaltet Stoffe, die auf den Menschen bekanntermaßen krebserzeugend wirken. Im September 2004 kam das Internationale Krebsforschungszentrum in der Tat zu dem Schluss, dass Formaldehyd beim Menschen Krebs erzeugt und nahm es in seine Gruppe 1 auf. Das ist eine höhere Einstufung als die vom Internationalen Krebsforschungszentrum früher vorgenommenen Beurteilungen.
Der französische Vorschlag wurde im November 2005 vom Technischen Ausschuss für Einstufung und Kennzeichnung gemäß der Richtlinie 67/548/EWG(3) über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe erörtert. Die von diesem Technischen Ausschuss gegebenen Empfehlungen werden von der Kommission verwendet, um im Ausschussverfahren einen Vorschlag für eine Anpassung an den technischen Fortschritt zur Aktualisierung der Liste der Stoffe in der Richtlinie für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe zu erarbeiten. Diese Stoffe werden in Anhang I aufgenommen.
Wegen noch laufender Forschungen zur Karzinogenität von Formaldehyd, insbesondere der Aktualisierung einer epidemiologischen Studie des Nationalen Krebsinstituts der Vereinigten Staaten, wurde jedoch beschlossen, die Entscheidung auf eine künftige Sitzung zu vertagen. Die Ergebnisse der aktualisierten Studie dieses Nationalen Krebsinstituts sollen schon in Kürze zur Verfügung stehen.
Da der Technische Ausschuss für Einstufung und Kennzeichnung seine Diskussion zur Karzinogenität von Formaldehyd noch nicht zu Ende führte, konnte es also weder in den Entwurf des Vorschlags für die 30. Anpassung an den technischen Fortschritt, über den im Februar 2007 abgestimmt wurde, noch in den Vorschlag für die 31. Anpassung an den technischen Fortschritt aufgenommen werden, der Ende 2007 das Ausschussverfahren durchlaufen wird.
Allerdings soll der französische Vorschlag im Rahmen des rechtlichen Regelwerks für REACH(4) erneut im Ausschuss für Risikobewertung, der bis Juni 2008 eingerichtet werden soll, zur Sprache kommen. Auf der Grundlage der Empfehlung dieses Ausschusses für Risikobewertung könnte die Kommission dann einen neuen Vorschlag für eine Anpassung an den technischen Fortschritt erarbeiten, um gegebenenfalls die gegenwärtige Einstufung von Formaldehyd zu ändern.
Richtlinie 96/54/EG der Kommission vom 30. Juli 1996 zur zweiundzwanzigsten Anpassung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe an den technischen Fortschritt, ABl. L 248 vom 30.9.1996.
Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe.
Anfrage Nr. 81 von Johan Van Hecke (H-0835/07)
Betrifft: Piraterie in China ist weiterhin stark verbreitet
Auf Internet-Auktionsseiten werden CDs europäischer Künstler angeboten, die eindeutig in China hergestellt sind (zumal sie chinesische Aufschriften tragen), und bei denen es sich unverkennbar um unerlaubte Nachbildungen handelt. Trotz der Versprechen der chinesischen Behörden und trotz einer angeblichen Verschärfung der Rechtsvorschriften bleiben strengere Kontrollen von unerlaubter Nachbildung und Piraterie offenbar Makulatur. Dies hat zur Folge, dass laut Auskunft der Zollbehörden mehr als 70% aller unerlaubt nachgebildeten Produkte aus China stammen.
Vor allem der audiovisuelle Sektor ist hiervon betroffen. Unerfreulicherweise sind nicht nur die bekannten amerikanischen Stars Opfer von Piraterie in China, sondern auch weniger bekannte europäische Künstler. Wird die europäische Kommission das Problem der Piraterie bei den chinesischen Behörden nochmals zur Sprache zu bringen? Ist sie bereit, Sanktionen in Erwägung zu ziehen, wie dies auch die USA, etwa in Form einer Reihe von Klagen vor der WTO, getan haben?
Der wirksame Schutz und die effektive Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum in China hat für die EU Priorität. Der Kommission ist die Piraterie bekannt, mit der sich der audiovisuelle Sektor in China konfrontiert sieht, und sie bringt dieses Thema regelmäßig in ihren bilateralen Gesprächen mit den chinesischen Behörden über den Schutz des geistigen Eigentums zur Sprache. Das Thema stand zum Beispiel auf der Tagesordnung der jüngsten Tagung der Gemeinsamen Arbeitsgruppe EU-China zu Fragen des geistigen Eigentums, die am 27. September 2007 in Peking stattfand. Die chinesischen Behörden haben sich bemüht, diesem Problem beizukommen, aber ihre Bemühungen sind unzureichend. Diese Problematik wird auch auf der Tagesordnung des Gipfels EU-China stehen, der für den 28. November 2007 in China anberaumt ist.
Die Kommission bevorzugt Dialog und Zusammenarbeit mit China zur Bekämpfung der Piraterie. Dieser kooperative Ansatz hat begrenzte Ergebnisse gezeitigt. Die Kommission hat China deutlich gemacht, dass spürbare Fortschritte notwendig sind. Der Gipfel EU-China wird entscheidend für die Beantwortung der Frage sein, ob China wirklich entschlossen ist, auf die Bedenken der EU einzugehen. Wenn China den Bedenken der EU in Sachen Schutzrechte weiterhin nicht genügend Aufmerksamkeit widmet, wird die Kommission in Erwägung ziehen, eine Beschwerde bei der Welthandelsorganisation einzureichen.
Anfrage Nr. 82 von Linda McAvan (H-0838/07)
Betrifft: Im Zusammenhang mit einer medizinischen Behandlung auftretende Infektionen
Bei schätzungsweise 3 Millionen EU-Bürgern tritt jedes Jahr im Zusammenhang mit einer medizinischen Behandlung eine Infektion auf, die bei rund 50.000 Patienten tödlich verläuft. Es besteht somit kein Zweifel daran, dass dieses Problem dringend angegangen werden muss. Kann die Kommission mitteilen, ob mit der geplanten Veröffentlichung einer Empfehlung zu den im Zusammenhang mit einer medizinischen Behandlung auftretenden Infektionen im Herbst 2008 zu rechnen ist?
Wie die Frau Abgeordnete betont hat, sind nosokomiale, d. h. im Zusammenhang mit einer medizinischen Behandlung auftretende, Infektionen aufgrund der damit verbundenen Erkrankungen und Todesfälle eine große Bürde für die europäischen Gesellschaften.
Die Kommission denkt derzeit über den Entwurf eines Vorschlags für eine Empfehlung des Rates zur Verhütung und Kontrolle nosokomialer Infektionen nach.
Dieser Vorschlag wird mithilfe einer internationalen Expertengruppe vorbereitet und vereinigt in sich die Bemerkungen der:
Überwachungsbehörden des Gemeinschaftsnetzes für übertragbare Krankheiten und auch
die Bemerkungen, die von Interessenvertretern im Verlauf einer öffentlichen Konsultation von Dezember 2005 bis Januar 2006 gemacht wurden.
Zu den wichtigsten Empfehlungen gehören die Einführung bzw. Stärkung von:
Kontroll- und Präventivmaßnahmen zur Unterstützung der Eindämmung von Infektionen,
Programmen zur Prävention und Kontrolle von Infektionen in Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge,
Austauschmaßnahmen in den Bereichen Bildung, Ausbildung, Forschung und Information.
Im Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission 2008 wird der Vorschlag als strategische Initiative gekennzeichnet, womit betont wird, welche Bedeutung die Kommission diesem Vorschlag beimisst.
Das Ziel besteht darin, den Vorschlag auf der Tagung des Rates „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ während des französischen Ratsvorsitzes 2008 vorzulegen.
Angesichts der Zeit, die für die Schritte benötigt wird, die zur Annahme durch das Kommissionskollegium und zur Übermittlung an den Rat führen, ist es nicht realistisch, den Vorschlag ein halbes Jahr vor der Tagung des Rates „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ während des slowenischen Ratsvorsitzes vorzubringen.
Die Kommission möchte allerdings der Frau Abgeordneten versichern, dass sie entschlossen ist, jede Verzögerung bei dieser strategischen Initiative zu vermeiden.
Anfrage Nr. 83 von Bill Newton Dunn (H-0841/07)
Betrifft: Jahrhundertealte Bäume in Europa
Wird die Kommission der Ausweitung des Natura-2000-Netzwerks auf Gebiete mit jahrhundertealten Bäumen zustimmen, so wie dies bereits in Skandinavien getan wird? Wird sie ferner die Pflanzen- und Tierarten, die mit diesen Bäumen in Verbindung stehen, überprüfen und diejenigen, die am stärksten bedroht sind, in die Habitat-Richtlinie aufnehmen?
Mit der Richtlinie 92/43/EWG vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen(1) (Habitat-Richtlinie) wird bezweckt, die biologische Vielfalt in der ganzen EU zu schützen, insbesondere aber die wichtigsten Arten und Lebensräume mit Erhaltungswert für die EU, die in der Richtlinie aufgeführt sind. Die Richtlinie beinhaltet viele Typen von Waldlebensräumen, die sich speziell auf charakteristische Baumarten beziehen, die dort vorhanden sind und die als Natura-2000-Gebiete ausgewiesen werden müssen. Darüber hinaus ist der Schutz von Bäumen auch wichtig für die Erhaltung von Arten wie Spechte und Käfer, die vielleicht auf reife und alte Bäume angewiesen sein können. Daher kann das Natura-2000-Netz jahrhundertealte Bäume enthalten, wo sie zu den Schutzzielen dieser Gebiete beitragen.
Es gibt aber keinen speziellen Verweis darauf, Gebiete ausschließlich aufgrund des Vorhandenseins einiger weniger sehr alter Bäume in das Natura-2000-Netz einzubeziehen. Auch wenn solche Bäume eine wichtige ökologische, kulturelle oder historische Bedeutung haben mögen, werden sie nicht systematisch als die alles bestimmenden Faktoren der biologischen Vielfalt angesehen. Aus diesem Grund hegt die Kommission keine Pläne für eine Abänderung der Richtlinie, um die Berücksichtigung sehr alter Bäume als eines der Kriterien für die Ausweisung von Natura-2000-Gebieten mit aufzunehmen. Es steht den Mitgliedstaaten natürlich frei, einzelstaatliche Maßnahmen zum Schutz so wichtiger „Baumdenkmäler“ einzuführen.
Die Strom- und Gaspreise steigen nach wie vor unverhältnismäßig an, unter anderem infolge mangelnder Konkurrenz, insbesondere in Belgien. Dies könnte die nationalen Regulierungsbehörden und die anderen nationalen Behörden dazu veranlassen, Höchstpreise festzulegen, um auf diese Weise die Preise für den Endverbraucher einigermaßen niedrig zu halten.
Teilt die Kommission die Auffassung, dass (gegebenenfalls befristet) festgelegte Höchsttarife ein verantwortungsvolles und zweckdienliches Instrument sind, um den fehlenden Wettbewerb auf dem Energiemarkt für den Verbraucher auszugleichen?
Der Rechtsrahmen der Europäischen Union, insbesondere die Artikel 3 Absatz 3 der Elektrizitätsrichtlinie(1) und der Gasrichtlinie(2), lässt Preisregulierungen unter eingeschränkten Umständen zu – und zwar, um Universaldienste und öffentliche Dienstleistungen zu gewährleisten, d. h. das Recht für private Haushalte und, falls der Mitgliedstaat dies für angemessen erachtet, das Recht für Kleinunternehmen auf Versorgung mit Elektrizität einer bestimmten Qualität zu angemessenen, leicht und eindeutig vergleichbaren und transparenten Preisen. Diese Preisregulierungen dürfen jedoch die Öffnung des Marktes nicht behindern.(3)
Damit Märkte funktionieren können, ist es tatsächlich von entscheidender Bedeutung, dass Versorgungs-, Erzeugungs- und Investitionsentscheidungen unter Zuhilfenahme der sachdienlichsten und am wenigsten verzerrten Informationen getroffen werden. Preise sind der wichtigste Bestandteil dieser Informationen.
Preisobergrenzen außerhalb des legitimen Zieles der Gewährleistung des Universaldienstes im Sinne der Richtlinien können eine ernste Gefahr für die Entstehung wettbewerbsorientierter Energiemärkte darstellen. Wenn Preisobergrenzen zu niedrig festgelegt werden oder die Kosten steigen, während die regulierten Preise unverändert bleiben, können die Strom- und Gasversorger leicht unter zweiseitigen Preisdruck geraten, wobei ihnen die Endverbraucherpreise nicht mehr erlauben, ihre Kosten zu decken. Neulinge sind unentbehrlich, um Wettbewerb in ehemals monopolisierte Märkte zu bringen, und diese Neulinge sind besonders gefährdet, da sie sich auf die Energiegroßhandelsmärkte verlassen müssen, um Strom und Gas zu beziehen. Diese Gefahr ist nicht theoretisch. Sie ist in mehreren Mitgliedstaaten schon aufgetreten.
Deshalb hat die Kommission mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten einleiten müssen, die regulierte Preise oder Preisobergrenzen jenseits des legitimen Universaldienstzieles eingeführt haben. Die Kommission hat auch schon Verfahren aufgrund anderer Rechtsinstrumente, einschließlich der Vorschriften über staatliche Beihilfen, einleiten müssen.
Es sei hinzugefügt, dass gut funktionierende Märkte und Preissignale ebenfalls eine Voraussetzung für die Steuerung von Investitionsentscheidungen sind. Preisobergrenzen können einen Markt für Investitionen unattraktiv werden lassen und den Ausbau von Kapazitäten ersticken, da private Betreiber ihre Kosten nicht wieder hereinholen können oder sie zumindest nicht die Renditen erzielen können, die in anderen Märkten möglich sind. Investitionen, z. B. in die Stromerzeugungskapazitäten, sind jedoch wichtig, um den Ersatz der vorhandenen Kapazität zu sichern. Somit sind gut funktionierende Märkte und Preissignale nicht nur wichtig für die Realisierung eines Energiebinnenmarktes, sondern sie sind mindestens genauso wichtig, um andere politische Ziele zu erreichen, vor allem eine sichere Energieversorgung, die Einhaltung der auf der Tagung des Europäischen Rates im Frühjahr 2007 vereinbarten Kyoto-Ziele und die Energiesparziele.(4)
Die Kommission ist deshalb der Meinung, dass das Handeln auf die Kernfrage konzentriert werden muss, nämlich auf Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen. Das am 19. September 2007 von der Kommission vorgelegte dritte Liberalisierungspaket und die Maßnahme zur verstärkten Durchsetzung von Bestimmungen im Rahmen der EG-Wettbewerbsregeln spiegeln den hohen Stellenwert wider, den die Kommission der Schaffung wirklich wettbewerbsoffener Energiemärkte beimisst.
Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG, ABl. L 176 vom 15.7.2003.
Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG, ABl. L 176 vom 15.7.2003.
Siehe auch Abschnitt 2.6 „Fragen in Bezug auf Haushalte und kleinere gewerbliche Kunden“ in der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom Januar 2007 „Aussichten für den Erdgas- und den Elektrizitätsbinnenmarkt“, (KOM (2006) 841 endgültig).
Künstlich niedrig gehaltene Energiepreise führen zu geringeren Investitionen zugunsten von Energieeinsparungen, weil damit die Einnahmen verringert werden (es gibt keine Notwendigkeit mehr, die Energie zu verkaufen), die durch solche Investitionen begründet werden.
Anfrage Nr. 85 von Paulo Casaca (H-0849/07)
Betrifft: EU-Rechtsvorschriften und regionale Erzeugnisse
Das tatsächliche oder vermeintliche Bestehen europäischer Rechtsvorschriften, nach denen die handwerkliche Herstellung traditioneller Erzeugnisse wie Käse, bestimmte Wurstsorten und Öl verboten ist und auch die Verwendung von Holzlöffeln sowie Öl- und Essigständern in Restaurants untersagt werden soll, hat größtes Aufsehen erregt und ist einer der Hauptgründe für das Unbehagen der Bürger gegenüber der europäischen Wirklichkeit.
Kann die Kommission nicht entsprechende Maßnahmen ergreifen, die es ermöglichen, klar und deutlich zu unterscheiden. bei welchen Rechtsvorschriften es sich um EU-Vorschriften handelt und bei welchen nicht, so dass der Bürger erkennen kann, was europäisches Recht ist und was nicht?
Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die Lebensmittelhygienevorschriften in Wirklichkeit für die nötige Flexibilität sorgen, um das weitere Bestehen der Vielfalt der europäischen Lebensmittelerzeugung zu sichern und zu unterstützen.
Außerdem möchte die Kommission betonen, dass es weder ein europäisches Verbot für die handwerkliche Herstellung traditioneller Lebensmittel gibt noch europaweite Vorschriften, die in Restaurants die Verwendung von Holzlöffeln sowie Öl- und Essigständern untersagen.
Verordnung (EG) Nr. 852/2004 und Verordnung (EG) Nr. 853/2004 gelten für den Bereich der Lebensmittelhygiene. Um aber die Verarbeitung auf dem Bauernhof anzupassen oder um die Möglichkeit der Erzeugung von Nahrungsmitteln mit traditionellen Eigenschaften aufrechtzuerhalten und außerdem traditionelle Methoden in jeder Etappe der Herstellung, Verarbeitung bzw. des Vertriebs von Lebensmitteln anzuwenden, dürfen die Mitgliedstaaten einzelstaatliche Maßnahmen einführen.
Es sind schon nützliche Hilfsmittel, z. B. die Leitliniendokumente der Kommission zur Umsetzung der Hygiene-Verordnungen sowie nationale Leitlinien für eine gute Hygienepraxis, ausgearbeitet worden, und diese sollen Mitgliedstaaten sowie Lebensmittelunternehmen unterstützen, damit diese die europäischen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Lebensmittelhygiene verstehen.
Ab 2008 wird die Kommission Schulungskurse für die amtlichen Inspektoren in den Mitgliedstaaten organisieren. Das Ziel dieser Lehrgänge soll auch darin bestehen, diese über die Flexibilität zu informieren, die den Lebensmittelhygienevorschriften innewohnt.
Anfrage Nr. 86 von Danutė Budreikaitė (H-0851/07)
Betrifft: Stand der Durchführung des Projekts "Via Baltica"
Kann die Kommission den Stand des Fernverkehrsstraßenbauprojekts „Via Baltica“ erläutern, nachdem die Arbeiten zum Bau der durch das Rospuda-Tal und damit durch ein Natura-2000-Gebiet führenden Umgehungsstraße für die Stadt Augustów unterbrochen wurden?
Wie schon in den Antworten auf frühere mündliche Anfragen zum Projekt „Via Baltica“ (H-0157/07, H-0158/07 und H-0202/07) betont wurde, ist die Kommission gemäß Artikel 211 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft verpflichtet, für die Anwendung des Vertrages sowie der von den Organen aufgrund des Vertrages getroffenen Bestimmungen Sorge zu tragen.
Im Hinblick auf die Umgehung für Augustow, die Bestandteil des Projekts „Via Baltica“ ist, beschloss die Kommission am 21. März 2007, den Fall an den Gerichtshof weiterzuleiten. Die Entscheidung der Kommission vom 21. März 2007 sah auch eine einstweilige Anordnung auf der Grundlage der Artikel 242 und 243 des EG-Vertrags vor. Der Bau der Umgehung Augustow würde zur Zerstörung eines einzigartigen Ökosystems und zur Vernichtung seltener Moorflächen im Rospuda-Tal führen. Das Projekt stellt einen Eingriff in die im Rahmen der Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten(1) („Vogelschutzrichtlinie“) ausgewiesenen Sonderschutzgebiete und die im Rahmen der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen(2) („Habitat-Richtlinie“) vorgeschlagenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung sowie in Gebiete dar, die der Kommission als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vorgeschlagen werden sollen.
Nachdem die polnischen Behörden den Beginn der Bauarbeiten im Rospuda-Tal für den 1. August 2007 angekündigt hatten, wurde dem Gerichtshof am 27. Juli 2007 ein Antrag auf eine einstweilige Anordnung vorgelegt. Es sei betont, dass Polen dem Gerichtshof später bestätigte, dass die Arbeiten im Rospuda-Tal nicht aufgenommen würden, bevor der Gerichtshof seine Entscheidung fällt. Die Kommission verfolgt die Lage zur Ausführung des Projekts sehr genau. Die vorliegenden Auskünfte belegen, dass mit den Arbeiten im Rospuda-Tal noch nicht begonnen wurde.
Betrifft: Liberalisierung des Textil- und Bekleidungshandels und seine Folgen für den Sektor in der Europäischen Union
Wie bewertet die Kommission die Folgen der Liberalisierung des Textil- und Bekleidungshandels für diesen strategischen Sektor in der Europäischen Union, insbesondere für das wirtschaftliche Überleben der Unternehmen in der EU (vor allem der KMU) und für die Beschäftigung angesichts der jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Auslaufen der Vereinbarung über die Ausfuhr bestimmter Textilwaren und Bekleidung aus China in die Länder der Europäischen Union am 31. Dezember 2007 und der fortschreitenden vollständigen Liberalisierung des Textil- und Bekleidungshandels?
Wie beurteilt die Kommission die Folgen der Liberalisierung des Textil- und Bekleidungshandels für die großen Importeure und Händler, vor allem was den exponentiellen Anstieg ihrer Gewinnspannen betrifft, der erzielt wird, indem sie die Preise der Hersteller drücken und gleichzeitig ihre Gewinnspannen gegenüber den Verbrauchern konstant halten oder erhöhen?
Nach dem Ablauf des Abkommens über Textilwaren und Bekleidung im Jahr 2005 sah die Vereinbarung von Shanghai in zehn Erzeugniskategorien abgestimmte Quoten für Einfuhren aus China in die EU vor, um den sprunghaften Anstieg der Textilimporte aus China zu bewältigen. Die abgestimmten Quoten gelten für Importe, die bis zum 31. Dezember 2007 aus China geliefert werden. Die Vereinbarung selbst bleibt aber noch bis Ende 2008 gültig.
Das war eine definitive Vereinbarung mit China, die auf den Bestimmungen seines WTO-Beitritts beruhte und der EU-Industrie eine zusätzliche Atempause verschaffte, um sich auf die von China als einem der weltweit wichtigsten Akteure im Textilsektor ausgehenden neuen Herausforderungen einstellen zu können.
Die Kommission ist sich voll und ganz darüber im Klaren, dass andere Länder Vereinbarungen mit Einfuhrbeschränkungen geschlossen haben, die noch bis Ende 2008 Gültigkeit behalten werden, und sie weiß ebenso gut, dass der Textilsektor einen reibungslosen Übergang zur völligen Liberalisierung im Jahr 2008 braucht; daher hat sie Diskussionen mit China darüber geführt, wie sich dieser Übergang am besten erreichen lässt. In diesem Sinne beschlossen die Kommission und China, für 2008 einen gemeinsamen Kontrollmechanismus für den Handel mit acht Kategorien von Textilerzeugnissen (Kategorie 4 T-Shirts, Kategorie 5 Pullover, Kategorie 6 Hosen, Kategorie 7 Blusen, Kategorie 20 Bettwäsche, Kategorie 26 Kleider, Kategorie 31 Büstenhalter und Kategorie 115 Leinengarne und Ramiegarne) einzurichten. Die Kontrolle umfasst die wirtschaftlich bedeutsamen Kategorien und die besonders sensiblen Kategorien. Nicht erfasst sind die beiden Kategorien, bei denen die Ausnutzung der vereinbarten Mengen im Zeitraum von 2005 bis 2007 den niedrigsten Grad aufwies, was auch weiterhin so sein wird.
Mit dieser gemeinsamen Überwachung akzeptiert China de facto, dass es mit uns die Verantwortung teilt, um einen reibungslosen Übergang nach dem Ablauf der in der Vereinbarung abgestimmten Mengen zum Ende dieses Jahres zu gewährleisten.
Die Mitgliedstaaten, die Textilindustrie und der Handel haben diese Einigung begrüßt, da sie sich alle darin einig sind, dass niemand ein Interesse an einer Wiederholung der Lage von 2005 habe.
Ganz allgemein sei betont, dass dieser Sektor, selbst wenn Handelsfragen in Bezug auf die Liberalisierung des Textilhandels und der Bekleidungsindustrie sehr wichtig sind, gegenwärtig in der Europäischen Union vor einem Strukturwandel steht, der weit über Fragen des Handels hinausgeht.
Eigentlich begann der Strukturanpassungsprozess schon Jahre vor dem Abbau der Quoten. Dadurch wurde immer deutlicher, dass die Wettbewerbsvorteile der EU-Textil- und Bekleidungsindustrie vorwiegend in der Innovation, in der Forschung, in den Fachkenntnissen der Arbeitskräfte und im Zugang zu den Märkten liegen. In dieser Branche stellt die Stärkung dieser positiven Aspekte der Wettbewerbsfähigkeit einen maßgeblichen Beitrag zu unserer Lissabon-Strategie dar.
Die Textil- und Bekleidungsindustrie kann ihre strategische Rolle in der EU-Wirtschaft behaupten. Doch der Sektor könnte künftig zwar weniger, aber bessere Arbeitsplätze schaffen. Daher müssen Initiativen in Bezug auf Innovation, Forschung und Fachkenntnisse ergriffen werden, denn sie sind das wichtigste Mittel, um die Lebensfähigkeit der Unternehmen dieses Sektors zu erhöhen.
Nach der Liberalisierung des Textilsektors im Jahr 2005 war die Kommission an den Auswirkungen der Liberalisierung auf die Verbraucherpreise interessiert und gab eine Studie zu diesem Thema in Auftrag.
Die Studie zeigte eindeutig, dass die schrittweise Liberalisierung des Textilhandels den Verbrauchern in beträchtlichem Umfang zugute gekommen ist. EU-weit fielen die Bekleidungspreise um 16,2 % gegenüber dem allgemeinen Preisniveau in dem Zeitraum, als das Abkommen über Textilwaren und Bekleidung (ATB) auslief. Es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der fortschreitenden Liberalisierung im Rahmen des ATB und der Senkung der Preise: Im Schnitt sind 60 % des Rückgangs der Einfuhrpreise als niedrigere Preise an die Verbraucher weitergereicht worden. Da sich aber der Verbraucherpreis aus Preisen für erbrachte Leistungen und Preisen für eingeführte Erzeugnisse zusammensetzt, ist dieser Rückgang alles andere als optimal.
Durch die Studie wurden auch Beweise dafür erbracht, dass diese Vorteile von der Vertriebskette zum Teil abgeschöpft wurden, wobei auf Funktionsstörungen des Binnenmarktes sowie des Wettbewerbs im Vertriebssektor verwiesen wurde. Einige Mitgliedstaaten haben einen starken Verbraucherpreisrückgang erlebt (Preise für Bekleidung sanken um 50 % im Vergleich zum allgemeinen Preisniveau), während sie in anderen im Wesentlichen unverändert blieben. Diese allgemeinen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bei Preissenkungen hängen mit der Struktur der nationalen Dienstleistungssektoren und vor allem des Einzelhandels zusammen.
Die Studie ist der Beginn eines Prozesses, in dessen Rahmen die Kommission die Frage untersucht, wie sich eine gerechte Verteilung der Vorzüge der Handelsöffnung erzielen lässt, und sie ist in dem größeren Zusammenhang unserer Strategie für ein globales Europa zu betrachten.
Anfrage Nr. 88 von Silvia Ciornei (H-0854/07)
Betrifft: Emissionshandelssystem nach 2012
Die Kommission hat einen Vorschlag für das Emissionshandelssystem angekündigt, das nach 2012 gelten soll. In der Diskussion sind EU-weite oder nationale Obergrenzen; die Zertifikate könnten im Wege einer erweiterten Versteigerung oder mittels Benchmarking vergeben werden. Das System könnte die Verwendung von Brennstoffen in der EU und ihren Mitgliedstaaten, die Energieversorgungssicherheit in der EU und die Investitionsmöglichkeiten insbesondere in Kohlekraftwerke mit höherem Wirkungsgrad in hohem Maße beeinflussen.
Auf welche Weise will die Kommission dafür sorgen, dass die Beschlüsse der Mitgliedstaaten zur Struktur ihres Energiemixes respektiert werden? Wie könnte das Emissionshandelssystem so gestaltet werden, dass es sowohl zur stetigen Modernisierung von Kohlekraftwerken als auch zum Bau von Kernkraftwerken mit hohem Wirkungsgrad beiträgt, bis dann nach 2020 die Technologie zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid auf den Markt kommt?
Der Vorschlag der Kommission für die Überprüfung des EU-Emissionshandelssystems wird zurzeit noch erarbeitet. Ausgehend von den Erfahrungen, die in der ersten Handelsperiode des Systems gesammelt werden konnten, besteht eines der Ziele der Überarbeitung darin, eine weitere Harmonisierung und stärkere Berechenbarkeit zu erreichen, vor allem im Hinblick auf die Zuteilung von Zertifikaten an die unter das System fallenden Anlagen.
Über die Struktur des Energie-Mixes entscheiden weiter die Mitgliedstaaten. Das Emissionshandelssystem der EU dient nur als Instrument, um zu gewährleisten, dass der Preis für Kohlenstoffemissionen bei Investitions- und Herstellungsentscheidungen Berücksichtigung findet. Investitionen in moderne und noch effizientere Kraftwerke werden somit durch das System mit Anreizen versehen, und diese Kraftwerke werden entweder Zertifikate übrig haben, die sie verkaufen können, oder sie werden weniger Zertifikate zukaufen müssen, um ihren Emissionsbedarf zu decken.
Anfrage Nr. 89 von Roberta Alma Anastase (H-0857/07)
Betrifft: Maßnahmen zum Schutz sprachlicher Rechte - auch der Rumänen - und zur Förderung der Vielsprachigkeit im Hinblick auf das "Jahr des Interkulturellen Dialogs" 2008
Das Jahr 2008 wurde zum „Jahr des Interkulturellen Dialogs“ erklärt, und kulturelle Vielfalt und gegenseitige Toleranz werden in der EU als grundlegende gemeinsame Werte betrachtet. Indessen sind sowohl in den Mitgliedstaaten der EU als auch in benachbarten Staaten konkrete Fälle zu verzeichnen, in denen die Rechte nationaler Minderheiten und besonders ihre sprachlichen Rechte missachtet werden. Ein besonders offenkundiges Beispiel ist die Situation der rumänischen Gemeinden, die Missachtung ihrer sprachlichen Rechte in zahlreichen europäischen Ländern und die damit verbundene Gefahr, dass die rumänische Sprache, die zu den Amtssprachen der EU gehört, vernachlässigt wird und in Vergessenheit gerät.
Wie will die Kommission in Anbetracht der Tatsache, dass die Vielsprachigkeit seit Januar 2007 im Zentrum der Aufmerksamkeit steht und das Jahr 2008 zum Jahr des Interkulturellen Dialogs erklärt wurde, diesen Dialog und die kulturelle Vielfalt fördern und zur Verbesserung und Verstärkung des Schutzes der sprachlichen Rechte nationaler Minderheiten, einschließlich rumänischer Minderheitengemeinden, beitragen? Welche Instrumente sollen zu diesem Zweck im Rahmen der Innen- wie der Außenpolitik der Europäischen Union eingesetzt werden?
In ihrer 2005 angenommenen Mitteilung „Eine neue Rahmenstrategie zur Mehrsprachigkeit“(1) bekräftigt die Kommission ihr Engagement für die Mehrsprachigkeit und betont dabei, dass die Achtung der sprachlichen Vielfalt wirklich ein Grundwert der Europäischen Union ist. Die Politik der Kommission im Bereich der Mehrsprachigkeit fördert die ungehinderte Entwicklung aller Sprachen, die die gleichen Rechte haben und die gleichwertig sind.
Der Aktionsplan „Förderung des Sprachenlernens und der Sprachenvielfalt“ (2004-2006) war die erste umfassende Grundsatzerklärung zu Sprachen, in der Maßnahmen auf europäischer Ebene dargelegt werden, um weitere Fortschritte auf diesem Gebiet zu erzielen. Diese Maßnahmen richten sich an alle Sprachen, die es in der Europäischen Union gibt, also Amtssprachen wie auch Landes-, Regional-, Minderheiten- und Zuwanderersprachen.
Sowohl im Aktionsplan als auch in der Mitteilung zur Mehrsprachigkeit wird unterstrichen, dass sprachliche Aspekte anderer europäischer Politikfelder und Programme, zum Beispiel in den Bereichen Kultur, Medien und soziale Eingliederung, Berücksichtigung finden müssen. Um den Beitrag der Mehrsprachigkeit zum Europäischen Jahr für den interkulturellen Dialog 2008 festzulegen, hat die Kommission eine hochrangige Intellektuellengruppe eingesetzt, die bis Ende 2007 ihre Empfehlungen abgeben wird.
Eines der Hauptziele des Europäischen Jahrs für den interkulturellen Dialog 2008 besteht darin, Mittel für den interkulturellen Dialog und den Dialog zwischen den Bürgerinnen und Bürgern zu schaffen, um die Achtung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt zu stärken. Seine Vorbereitung hat zur Erarbeitung einer umfassenderen Strategie geführt, um unter Einbeziehung von EU-Programmen und EU-Instrumenten, den interkulturellen Dialog zu fördern sowie die Mitgliedstaaten und alle interessierten Seiten zu mobilisieren. Drittländer sollen ebenfalls einbezogen werden.
Die schulischen Lehrpläne für das Sprachenlernen fallen unter die Zuständigkeit der EU-Mitgliedstaaten. Der Schutz von Regional- und Minderheitensprachen erfolgt durch die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen. Die Mitgliedstaaten des Europarates gehören zu den Unterzeichnerstaaten dieser Charta.
Ein Ziel des Programms für lebenslanges Lernen 2007-2013 ist die Förderung des Sprachenlernens und der sprachlichen Vielfalt. In der Vergangenheit beschränkte sich Gemeinschaftshilfe an Organisationen für die Förderung von Regional- und Minderheitensprachen auf das http://ec.europa.eu/education/policies/lang/languages/langmin/eblul_de.html" und das http://ec.europa.eu/education/policies/lang/languages/langmin/mercator_de.html". Nun steht das Programm für lebenslanges Lernen anderen Organisationen dieser Art offen. Im Jahr 2008 wird in den Querschnittsmaßnahmen für Sprachen in dem Programm solchen Projekten der Vorzug gegeben, die den Erwerb von sprachlichen Kompetenzen zum Zweck der Verbesserung des interkulturellen Dialogs in Europa verstärken. Es ist praktisch offen für alle Sprachen (Amtssprachen der Mitgliedstaaten, Regional-, Minderheiten-, Zuwanderer- und „Nicht-EU-Sprachen“ usw.). Anträge für Projekte und Organisationen, um Rumänisch auch als Sprache für Minderheitengemeinschaften zu unterstützen und zu fördern, sind im Rahmen dieses neuen Programms beihilfefähig.
Gedenkt die Kommission den Status, den Sri Lanka im Allgemeinen Präferenzsystem Plus (APS+) einnimmt, angesichts der schweren Vorwürfe des Verstoßes gegen die Menschenrechte, die gegen die Regierung Sri Lankas erhoben werden, zu überprüfen?
Im Rahmen der zurzeit geltenden Verordnung über das Allgemeine Präferenzsystem (APS)(1) wurde für den Zeitraum von Januar 2006 bis Ende 2008 den Ländern die Regelung APS+ zugestanden, die bis zum Ende des Jahres 2005 die Anforderungen gemäß deren Artikel 9 erfüllt hatten.
Sri Lanka gehörte zu den 15 Ländern, die im Jahr 2005 sowohl die Kriterien für die Anerkennung als gefährdetes Land erfüllten als auch die Übereinkommen in Anhang III der APS-Verordnung ratifizierten.
Um weiterhin in den Genuss der APS-Präferenzen im Rahmen der nächsten APS-Verordnung kommen zu können, die am 1. Januar 2009 in Kraft treten wird, müssen die Begünstigten den Nachweis erbringen, dass sie die Anforderungen in Artikel 9 der APS-Verordnung einhalten: die Kriterien, um als gefährdetes Land angesehen zu werden, die tatsächliche Umsetzung der internationalen Übereinkommen und die Verpflichtung, die Ratifizierung der Übereinkommen und die entsprechenden Rechtsvorschriften und Maßnahmen zu ihrer Umsetzung beizubehalten.
Die Liste der Begünstigten für die Regelung APS + für die Jahre 2009-2011 wird im Dezember 2008 nach genauer Prüfung der Einhaltung der Förderkriterien gemäß Artikel 9 angenommen werden.
Verordnung (EG) Nr. 980/2005 des Rates, ABl. L 169 vom 30. Juni 2005 und Berichtigung, ABl. L 79 vom 20. März 2007.
Anfrage Nr. 91 von Georgios Toussas (H-0864/07)
Betrifft: Infragestellung des Rechts junger Frauen auf Mutterschaft
Trotz unzureichender Geburtenraten in den meisten Mitgliedstaaten stellen Arbeitgeber das Recht junger Frauen auf Mutterschaft sowie die Rechte der Arbeitnehmer im Allgemeinen infrage. Ein Beispiel dafür ist die widerrechtliche Maßnahme, die in dem Textilbetrieb „Varvaresos“ in Naoussa getroffen wurde. Die Betriebsleiter erhielten eine interne Mitteilung, in der sie aufgefordert wurden festzustellen, welche Arbeitnehmerinnen „möglicherweise 2007 oder 2008 ein Kind bekommen“ würden, da der Betrieb „Varvaresos“, ebenso wie auch andere Unternehmen es umgehen wollen, Elternurlaub zu gewähren und Mutterschaftsgeld zu bezahlen, also Anrechte, um die die Arbeitnehmer gekämpft haben. Dies steht auch damit im Zusammenhang, dass das Unternehmen plant, eines seiner drei Werke zu schließen, was zur unmittelbaren Entlassung von Arbeitnehmern und zur Änderung der Arbeitsverträge führt. Die ersten Opfer sind offensichtlich junge Frauen und Frauen mit Kindern. Das ist die Politik, der sich die Arbeitgeber allgemein bedienen, um Mitarbeiter anzustellen oder zu entlassen.
Verurteilt die Kommission nicht auch diese illegalen Praktiken der Arbeitgeber, die die individuellen und kollektiven Rechte von Frauen und Arbeitnehmern im Allgemeinen verletzen?
Artikel 10 der Richtlinie 92/85/EWG(1) verbietet die Kündigung von Arbeitnehmerinnen „während der Zeit vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs (…), davon ausgenommen sind nicht mit ihrem Zustand in Zusammenhang stehende Ausnahmefälle (…).“
Darüber hinaus wird „unmittelbare Diskriminierung“ in Richtlinie 2002/73/EG(2) wie folgt definiert: „wenn eine Person aufgrund ihres Geschlechts in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde“ (Artikel 2), während es in Artikel 7 heißt, dass „die ungünstigere Behandlung einer Frau im Zusammenhang mit Schwangerschaft oder Mutterschaftsurlaub im Sinne der Richtlinie 92/85/EWG als Diskriminierung im Sinne dieser Richtlinie gilt“.
Daher wäre eine Praxis, die darauf hinausläuft, schwangere Frauen ausfindig zu machen, die entlassen werden sollen, ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht.
Die Kommission möchte hervorheben, dass es die Aufgabe der zuständigen nationalen Behörden ist, für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts durch die Arbeitgeber auf einzelstaatlicher Ebene zu sorgen. Die Mitgliedstaaten müssen auch sicherstellen, dass Mittel für die Personen zur Verfügung stehen, denen durch eine Diskriminierung ein Schaden entstanden ist, damit dieser tatsächlich und wirksam ausgeglichen oder wiedergutgemacht wird.
Die DABLAS Taskforce wurde im November 2001 eingesetzt, mit dem Ziel eine Plattform für die Zusammenarbeit zum Schutz der Donau und des Schwarzen Meers zu schaffen. Die Bemühungen der DABLAS Taskforce konzentrieren sich auf folgende begünstigte Länder: Bulgarien, Rumänien, Türkei und Kroatien. Experten zufolge sind 50 Prozent der Verschmutzung des Schwarzen Meeres auf die Donau zurückzuführen, aber jedes der Einzugsgebiete der Flüsse Dnjepr und Dnjestr, die direkt ins Meer münden, verursachen 20 Prozent der Wasserverschmutzung.
Welche Maßnahmen hat die Kommission ergriffen, um der von den Einzugsgebieten des Dnjestr und Dnjepr und den anderen direkt ins Schwarze Meer mündenden Flüssen verursachten Umweltverschmutzung vorzubeugen, und wird die DABLAS-Iinitiative ausgeweitet, um sie abzudecken?
Die Donau-Schwarzmeer-Initiative (DABLAS) wurde im Anschluss an eine Mitteilung der Kommission(1) im Jahr 2001 gestartet. In der Mitteilung waren die in der Donau-Schwarzmeer-Region zu verzeichnenden Probleme im Zusammenhang mit der vom Land ausgehenden Umweltverschmutzung beleuchtet sowie der Ansatz der Kommission zur Bewältigung dieser Probleme dargelegt worden.
Da die beiden Flüsse Dnjestr und Dnjepr ins Schwarze Meer münden, liegen sie bereits innerhalb des Geltungsbereichs der Initiative, auch wenn sie mit keinem EU-Mitgliedstaat gemeinsame Einzugsgebiete bilden.
In der Mitteilung wurde betont, dass die zwei diesbezüglichen Umweltübereinkommen (Übereinkommen über die Zusammenarbeit zum Schutz und zur verträglichen Nutzung der Donau und Übereinkommen zum Schutz des Schwarzen Meeres vor Verschmutzung, auch Schwarzmeer-Übereinkommen genannt) die Grundlage für die regionale Zusammenarbeit bilden sollten. Das Schwarzmeer-Übereinkommen blieb auch während der gesamten Entwicklung der DABLAS-Initiative immer aktiv mit eingebunden.
Auch in der jüngsten Mitteilung über die Schwarzmeersynergie(2) wird die Bedeutung des Schwarzmeer-Übereinkommens als des Forums für regionale Zusammenarbeit im Umweltbereich anerkannt. Daraufhin hat die Kommission geprüft, ob es möglich ist, dass die Europäische Gemeinschaft Vertragspartei dieses Übereinkommens werden kann. Hierzu muss das Übereinkommen geändert werden, um die Möglichkeit zuzulassen, dass Organisationen für regionale Wirtschaftsintegration wie die Europäische Gemeinschaft Vertragsparteien des Übereinkommens werden.
Darüber hinaus verhandeln das Europäische Parlament und der Rat derzeit über die vorgeschlagene Meeresstrategie-Richtlinie, die bis 2021 einen guten Umweltstatus in den die EU umgebenden Meeren, darunter dem Schwarzen Meer, gewährleisten soll. Zu diesem Zweck wird die Richtlinie zusätzliche Kooperationsbemühungen auf regionaler Ebene erforderlich machen, um andere betroffene Länder in ihre Umsetzung richtig einzubeziehen, einschließlich der Bekämpfung der vom Land ausgehenden Umweltverschmutzung. In diesem Zusammenhang zeigt sich das Schwarzmeer-Übereinkommen als privilegiertes Forum, über das eine solche Zusammenarbeit in der Region im Sinne der Richtlinie aufgebaut werden könnte.
Mitteilung der Kommission „Die Schwarzmeersynergie – eine neue Initiative der regionalen Zusammenarbeit“ KOM (2007) 160.
Anfrage Nr. 93 von Jörg Leichtfried (H-0869/07)
Betrifft: Tiertransporte
Unzählige Tiere müssen noch immer unsägliche Qualen in Tiertransporten auf europäischen Straßen durchleben. Zum Beispiel werden die Tränkungszeiten nicht eingehalten; auf der Fahrt verletzte Kälber müssen eingeschläfert werden. Die EU-Richtlinie gibt eine Höchsttransportdauer von 8 Stunden vor, jedoch dauerte ein Schaftransport von Spanien nach Griechenland 96 Stunden. Nun haben österreichische Tierschützer eine Internetplattform (http://www.gegentiertransporte.at"
) gegründet und bereits über 60.000 Unterstützungserklärungen gegen die Missstände gesammelt.
Wie können die bereits über 60.000 Unterschriften wirkungsvoll eingesetzt werden, damit sich das Parlament bzw. auch die Kommission und der Rat verstärkt mit den Missständen auf Tiertransporten auseinandersetzen? Wann kann ein Bericht der Kommission zum Thema Tiertransporte erwartet werden?
Die Kommission teilt die Auffassung des Herrn Abgeordneten, dass es für die EU-Organe wichtig ist, die von den EU-Bürgern geäußerten Bedenken hinsichtlich des Tierschutzes zu berücksichtigen.
Unter diesen Fragen räumt die Kommission der korrekten Umsetzung der Verordnung des Rates über den Schutz von Tieren beim Transport höchste Priorität ein.
Doch diese Frage fällt nicht unter die alleinige Zuständigkeit der Kommission.
Die Mitgliedstaaten tragen die volle Verantwortung dafür, die richtigen Lösungen zu finden, um rasch für die angemessene Durchsetzung der Vorschriften zu sorgen.
Die EU-Vorschriften für Tiertransporte sehen strenge Anforderungen an die Fahrzeuge, die Fahrzeugführer sowie strenge Bedingungen der Be- und Entladung vor.
Auf der jüngsten Tagung des Rates der Landwirtschaftsminister im Oktober 2007 wurde die Frage der besseren Durchsetzung der Rechtsvorschriften der EU für Tiertransporte erörtert. Die Minister verlangten strengste Achtung der EU-Rechtsvorschriften in allen Mitgliedstaaten.
Unterdessen überwacht die Kommission sehr aufmerksam die Durchsetzung der Transportverordnung in den Mitgliedstaaten.
Sowohl aus den Missionen von Veterinärsachverständigen der Kommission als auch aus Beschwerden von Nichtregierungsorganisationen wird deutlich, dass dringender Bedarf für koordiniertes Handeln besteht. Die Kommission ist sich zugleich aber dessen bewusst, dass in einigen Mitgliedstaaten Schritte zur Abstellung von Mängeln ergriffen worden sind.
Die Kommission ist immer bereit, Verfahren gegen Mitgliedstaaten einzuleiten, die keine Maßnahmen zur Durchsetzung der EU-Tierschutzvorschriften ergreifen.
Durch die Verwendung von Navigationssystemen für Ferntransporte sollen die Kontrollen verbessert und gezielte Maßnahmen möglich gemacht werden. Mit der Einrichtung von nationalen Kontaktstellen für Tiertransporte und der Schaffung von Netzen der zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten soll es leichter werden, solche Vorkommnisse des schlechten Umgangs mit Tieren zu verhindern. Es ist aber nicht nur eine Frage von Sanktionen und Kontrollen. Es muss ein entschiedener politischer Wille vorhanden sein, um die Bedeutung des Tierschutzes bei den Beteiligten in der Lebensmittelkette stärker auszuprägen.
Was den künftigen Vorschlag der Kommission zur Überarbeitung von Fahrtzeiten und von zulässigen Raumabmessungen betrifft, so soll 2008 eine spezielle Folgenabschätzung durchgeführt werden. Diese Folgenabschätzung wird insbesondere eine umfassende Studie zum gegenwärtigen Stand der Umsetzung der vorgenannten rechtlichen Aspekte enthalten.
Anfrage Nr. 94 von Marusya Ivanova Lyubcheva (H-0870/07)
Betrifft: Verbreitung von und Werbung für Erzuegnisse, die Rauschmittel enthalten
In mehreren Veröffentlichungen wurde vor kurzem angekündigt, dass in einer Reihe von Ländern in Europa ein Produkt mit der Bezeichnung „C-Ice Swiss Cannabis Ice Tea“ auf den Markt gebracht werden soll. Das zunächst in der Schweiz lancierte Getränk ist jetzt in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Portugal, Spanien, Rumänien und Bulgarien erhältlich (nicht erschöpfende Liste). Der Hersteller erklärt, dass zum Zwecke der Legalisierung die berauschenden Elemente der Pflanze aus dem Tee beseitigt worden seien und das Getränk 5 % Hanfblütensirup und eine geringe Menge (0,0015 Prozent) THC enthalte. Dies ist jedoch für die Verbraucher nicht eindeutig. Es gibt große Besorgnis darüber, dass der Verkauf des Produkts mit Gefahren einhergeht und zu einer „Vorstellung von Cannabis als Normalität in den Köpfen junger Menschen“ führt. Offensichtlich wird der Tee sogar als gesundheitsförderndes Getränk vermarktet.
Hält die Kommission derartige Marketingstrategien für angemessen in einer Zeit, in der sich der Konsum von Alkohol, Drogen und Tabak – vor allem unter jungen Menschen – zu einem schwerwiegenden gesellschaftlichen Problem entwickelt?
Plant die Kommission spezifische Maßnahmen im Hinblick auf eine Einflussnahme und Kontrolle im Falle von Werbe- und Marketingpraktiken, die auf eine Förderung von positiven Vorstellungen über Erzeugnisse oder Substanzen hinauslaufen könnten, die in einer anderen Form oder Menge illegal bzw. schädlich sind?
Eine Marke oder die Verkehrsbezeichnung eines Lebensmittels, die das Wort „Cannabis“ enthält, gibt in der Tat aus Sicht der öffentlichen Gesundheit Anlass zur Sorge.
Erstens werden die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür durch die allgemeine Richtlinie 2000/13/EG über die Etikettierung von Lebensmitteln geregelt. Die allgemeinen Vorschriften verbieten die Verwendung von Informationen, die den Verbraucher täuschen würden.
Zweitens wird Cannabis in allen Mitgliedstaaten als illegale Droge eingestuft und stellt eine solche in den einschlägigen Übereinkommen der Vereinten Nationen dar. Das Inverkehrbringen eines Erzeugnisses, von dem sogar noch behauptet wird, dass es diesen Stoff enthält, steht nicht im Einklang mit der Bekämpfung von Drogenschmuggel und Drogenkonsum, die in allen Mitgliedstaaten hohe Priorität genießt und deren Grundlage eine Reihe von Rechtsakten auf EU-Ebene sowie die EU-Drogenbekämpfungsstrategie 2005-2012 und der EU-Drogenaktionsplan 2005-2008 sind.
Neben den bereits laufenden Bemühungen im Rahmen des EU-Programms „Öffentliche Gesundheit“ werden in diesem Jahr außerdem beträchtliche Finanzmittel im Rahmen des spezifischen Programms der EU „Drogenprävention und -aufklärung“ freigegeben, die zur Unterstützung der Mitgliedstaaten in ihren Bemühungen um die Bekämpfung des Drogenkonsums vorgesehen sind. Eine Vermarktung von Erzeugnissen, die auf die Anziehungskraft von Drogen setzt, läuft daher der von allen Mitgliedstaaten verfolgten Antidrogenpolitik zuwider. Aus eben diesem Grund haben auch einige Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen der betroffenen Lebensmittel auf ihren Markt auf der Grundlage von Artikel 30 des EG-Vertrags untersagt, mit dem sich ein Verbot aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit sowie der öffentlichen Gesundheit begründen lässt.