Index 
 Zurück 
 Vor 
 Vollständiger Text 
Verfahren : 2005/0183(COD)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0398/2007

Eingereichte Texte :

A6-0398/2007

Aussprachen :

PV 10/12/2007 - 17
CRE 10/12/2007 - 17

Abstimmungen :

PV 11/12/2007 - 9.19
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2007)0596

Ausführliche Sitzungsberichte
Montag, 10. Dezember 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.

17. Luftqualität und saubere Luft für Europa (Aussprache)
Protokoll
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die Empfehlung für die zweite Lesung des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie) (09388/2/2007 – C6-0261/2007 – 2005/0211(COD)) (Berichterstatterin: Marie-Noëlle Lienemann) (A6-0389/2007).

 
  
MPphoto
 
 

  Holger Krahmer, Berichterstatter. − Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Kompromiss zur Luftqualitätsrichtlinie ist in erster Linie das Ergebnis einer gelungenen Teamarbeit. Das möchte ich eingangs herausstellen. Mein Dank gilt vor allem meinen Kolleginnen und Kollegen, die aktiv an der Ausgestaltung dieses Richtlinientextes beteiligt waren, besonders den Berichterstatterinnen, Frau Anja Weisgerber von der EVP-ED-Fraktion und Frau Dorette Corbey von der PSE-Fraktion, aber auch Frau Satu Hassi von der Fraktion der Grünen. Bedanken möchte ich mich auch bei der Kommission für die wertvolle Hilfeleistung sowie bei der portugiesischen Ratspräsidentschaft, die als offener und konstruktiver Verhandlungspartner entscheidend zu dem guten Ergebnis beigetragen hat.

Der Kompromiss stellt die künftige EU-Luftqualitätspolitik auf eine solide Grundlage. Die neue Richtlinie hält die Balance zwischen ambitionierten Ziel- und Grenzwerten und der notwendigen Flexibilität für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten. Darüber hinaus wird der Fokus stärker auf die Exposition gerichtet und die Notwendigkeit der Maßnahmen an den Quellen der Verschmutzung hervorgehoben.

Lassen Sie mich zunächst die Kernpunkte des Kompromisses skizzieren. Der entscheidende Fortschritt, der mit der Novellierung der Luftqualitätsgesetzgebung erzielt wird, ist die Regulierung der feinsten Partikel PM2,5. Von den kleinsten Partikeln, die ausschließlich aus anthropogenen Quellen stammen, gehen nach Meinung aller Experten die größten Risiken für die menschliche Gesundheit aus. Die PM2,5 – die Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern –, die für das Auge nicht sichtbar sind, können bis in die Lunge eindringen und langfristig zu schweren Atemwegserkrankungen führen. Es ist daher überfällig, die kleinsten Partikel ins Zentrum der europäischen Luftqualitätspolitik zu stellen.

In den Vereinigten Staaten von Amerika besteht seit 1997 ein strenger Grenzwert für PM2,5. Die USA sind der EU, was die Gesetzgebung in diesem Bereich angeht, ein gutes Jahrzehnt voraus. Aber bei allem Respekt für die amerikanische Luftqualitätspolitik möchte ich feststellen, dass wir nicht einfach kopieren können, was die Amerikaner seit Jahren machen. Wir verfügen in Europa über völlig andere Bedingungen, insbesondere was die Siedlungs- und Verkehrsdichte angeht.

Die Forderung von Umweltverbänden nach einer sofortigen Einführung eines strengen Grenzwertes für PM2,5 ist nicht realistisch. Die Datenlage in Europa ist nicht belastbar, und die Erfahrungen mit den Messungen sind unzureichend – keine guten Voraussetzungen für eine voreilige Einziehung eines Grenzwerts. Rat und Parlament waren sich von Anfang an darin einig, PM2,5 in zwei Phasen zu regeln. Zunächst soll ab 2010 ein Zielwert und erst ab 2015 ein Grenzwert von jeweils 25 Mikrogramm pro Kubikmeter gelten. Gegenüber der Kommission und auch gegen den Widerstand des Rates hat sich das Parlament stets für einen strengeren Wert für PM2,5 eingesetzt. Es ist daher das Verdienst des Parlaments, dass wir heute den Grenzwert für PM2,5 in einer zweiten Stufe im Jahr 2020 auf 20 Mikrogramm pro Kubikmeter senken wollen!

Zusätzlich zu einem Ziel- und Grenzwert für PM2,5 wird eine Expositionskonzentrationsverpflichtung für die Mitgliedstaaten von 20 Mikrogramm im Jahr 2015 eingeführt. Diese hat die Reduktion der Hintergrundkonzentration zum Ziel und wird eine positive Auswirkung auf den Schutz der menschlichen Gesundheit besonders in urbanen Ballungszentren haben. Das vom Europäischen Parlament vorgeschlagene Reduktionsmodell für die Konzentrationen von PM2,5 bis 2020 hat sich ebenfalls durchsetzen können. Es wird nach Mitgliedstaaten differenziert, und Vorleistungen werden stärker berücksichtigt.

Zu PM10: Die Mehrheit des Parlaments hat sich in der ersten Lesung für einen ambitionierten Jahresgrenzwert für PM10 eingesetzt, der unter anderem in einer besseren Korrelation zum geltenden Tagesgrenzwert steht. Die Position von Rat und Kommission, die geltenden Grenzwerte gar nicht anzutasten, hat sich in den Verhandlungen durchgesetzt. Mit drei Jahren Fristverlängerung für PM10 wird ab Inkrafttreten der neuen Richtlinie den Kommunen, die aufgrund ihrer geografischen Lage oder der meteorologischen Bedingungen trotz aller nachweislichen Anstrengungen die Grenzwerte nicht haben einhalten können, bis 2012 Fristverlängerung gewährt.

Wenngleich die Verbesserung der Qualität unserer Umgebungsluft auch in Zukunft eine große Herausforderung für die EU darstellen wird, möchte ich drei Punkte hervorheben, die aus meiner Sicht bei der Umsetzung dieser Richtlinie und bei der Revision der Gesetzgebung 2013 zu beachten sind.

Erstens: Die Schadstoffbelastung unserer Umgebungsluft ist in den vergangenen Jahrzehnten drastisch zurückgegangen. Wie eine neue Studie der Europäischen Umweltagentur aufzeigt, konnten in der EU im Zeitraum 1990-2004 – also noch vor Einführung der PM10-Grenzwerte – etwa 50 Prozent der Feinststaubemissionen reduziert werden. Das ist weniger durch die Gesetzgebung als durch den technischen Fortschritt erreicht worden.

Zweitens: Die Voraussetzungen in der Europäischen Union und zwischen den Mitgliedstaaten sind sehr unterschiedlich. Die meteorologischen und geografischen Bedingungen habe ich bereits genannt. Aber es ist vor allem die sehr unterschiedliche Siedlungs-, Verkehrs- und Industriedichte. Das muss bei der Umsetzung der künftigen Gesetzgebung stärker berücksichtigt werden.

Und drittens: Um die Luftverschmutzung weiter zu reduzieren, werden weder kurzfristiger Aktionismus wie Straßensperrungen und Fahrverbote noch strengere Grenzwerte, die nur auf dem Papier stehen, zum Erfolg führen.

Das Parlament begrüßt außerordentlich die Erklärung der Kommission zur Ergreifung von Maßnahmen an der Quelle, die gemeinsam mit der neuen Richtlinie im Jahr 2008 im Amtsblatt veröffentlicht wird. Die Luftverschmutzung kann nur langfristig und auf EU-Ebene vor allem durch Stärkung grenzüberschreitender Maßnahmen verringert werden. Es sollte in Zukunft vor allem die Quellenpolitik im Vordergrund stehen, die bisher wenig betrachtet wurde, insbesondere die privaten Feuerungsanlagen, die Schifffahrt und auch die Landwirtschaft.

 
  
MPphoto
 
 

  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich ergreife im Namen meines Kollegen, von Kommissar Dimas, das Wort, der sich auf der Bali-Konferenz befindet.

Zunächst möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Krahmer, für seine hervorragende Arbeit an der Luftqualitäts-Richtlinie danken und ihm dazu gratulieren. Ebenso danke ich dem Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, insbesondere den Schattenberichterstattern, für ihren positiven Beitrag.

Es war nicht leicht, den Vorschlag so weit zu bringen. Das Europäische Parlament hat bei der Erarbeitung eines gründlichen und wirksamen Textes eine konstruktive Rolle gespielt. Dafür möchte ich ihm die Anerkennung der Kommission aussprechen.

Bei der Vorbereitung des Kommissionsvorschlags und während der Verhandlungen haben wir uns klar von wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Bedeutung kontinuierlicher Bemühungen zur Verbesserung der Luftqualität leiten lassen, speziell über die Notwendigkeit, die Frage des Feinstaubs (PM2,5) anzusprechen. Die durchschnittliche Lebenserwartung der EU-Bürger wird aufgrund der Luftverschmutzung um mehr als acht Monate gesenkt. Das ist inakzeptabel, und da müssen wir mehr tun.

In den vergangenen Jahren ist es der EU lediglich eingeschränkt gelungen, die Luftqualität zu verbessern. Im Zentrum der Debatte standen das Erreichen von PM2,5 und das Erfüllen bestehender Normen.

Sowohl auf Gemeinschafts-, als auch auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene sind ganz klar weitere Maßnahmen erforderlich. Die gemeinschaftlichen Maßnahmen, um Emissionen an ihrer Quelle zu bekämpfen, werden in der Thematischen Strategie zur Luftreinhaltung dargelegt. Bei der Entwicklung und Annahme dieser Maßnahmen liegen wir gut in der Zeit. Der letzte Fortschrittsbericht kann der dem Kompromisspaket beigefügten Erklärung entnommen werden. Die Kommission und das Parlament teilen die Auffassung über die Bedeutung dieser Maßnahmen zur wirksamen Emissionsreduktion.

Lassen Sie mich die wesentlichen Merkmale der Richtlinie aufzählen: In der Richtlinie werden die bestehenden Grenz- und Zielwerte beibehalten. Für einen gewissen Zeitraum ist es möglich, sie in einigen Bereichen vollständig zu erreichen, vorausgesetzt, bestimmte Bedingungen werden erfüllt. Im Kompromisstext wird sichergestellt, dass Verzögerungen nur eingeschränkt möglich sind. Er schafft keinerlei Anreize, die zu ergreifenden Maßnahmen zu verzögern. Da ja Luft keine Grenzen kennt, werden diese Maßnahmen die Bemühungen zur Umsetzung der Richtlinie auch in den benachbarten Regionen und Staaten fördern.

Was den Jahresgrenzwert für PM10 betrifft, kann ich die ehrgeizige Absicht, die dem Vorschlag des Ausschusses zugrunde liegt, nachvollziehen. Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge ist jedoch bei chronischer Exposition die Feinpartikel-Subfraktion PM2,5 von PM10 der ausschlaggebende Faktor, sodass die Kommission vorgeschlagen hat, den Grenzwert für PM10 unverändert zu lassen und ihre Ambitionen mit den neuen PM2,5-Zielen zu verfolgen. Die PM10-Normen werden bei der Revision 2013 vollständig neu bewertet werden, um sicherzustellen, dass die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und die Erfahrungen aus der Umsetzung entsprechend in die Normen aufgenommen werden.

Die größte Herausforderung bei den Verhandlungen war, zeitliche, realistische und dennoch ambitionierte Ziele für PM2,5 zu stecken. Das Kompromisspaket schreibt in dem Text des Artikels über die Revision sehr klare Zusagen vor, die zeigen, dass im Rahmen der obligatorischen Revision 2013 ein strengerer Jahresgrenzwert in Betracht gezogen wird. Das wird durch Festsetzen des Richtgrenzwertes für PM2,5 erreicht.

Die Bedeutung der Einführung einer neuen, rechtsverbindlichen Expositionskonzentration bereits 2015 kann gar nicht genug betont werden. Während der neue Ansatz zur Reduzierung der Exposition den Mitgliedstaaten schon jetzt die Flexibilität zugesteht, die Vorteile aus den Verringerungsmaßnahmen für die Volksgesundheit möglichst wirksam zu erhöhen, wird mit den neuen gesetzlichen Verpflichtungen und dem für ihre Umsetzung vorgesehenen relativ kurzen Zeitraum sichergestellt, dass die Mitgliedstaaten umgehend aktiv werden und die Exposition der Bevölkerung im Hinblick auf Feinstaub reduzieren.

Ich freue mich über die Bedeutung, die der Ausschuss empfindlichen Bevölkerungsgruppen, darunter Kindern, beimisst. Die Zusätze fördern die angemessene Berücksichtigung empfindlicher Bevölkerungsgruppen bei der Gestaltung der Verringerungsmaßnahmen.

Mit diesem wichtigen Rechtsakt ist die Europäische Union bereit, die erheblichen nachteiligen Auswirkungen der Luftverschmutzung weiterhin wirksam zu senken und zu minimieren. Die Kommission unterstützt den Prozess aktiv, indem sie gemeinschaftliche Maßnahmen entwickelt und die Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten durch Anleitung und durch erleichterten Austausch zwischen den Mitgliedstaaten fördert.

 
  
MPphoto
 
 

  Anja Weisgerber, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte mich auch beim Berichterstatter Krahmer und den Schattenberichterstattern für die gute Zusammenarbeit bedanken. Die Einigung mit dem Rat in zweiter Lesung ist ein Erfolg für das Europäische Parlament. Diese Einigung ist ein großer Schritt hin zu einer besseren Luftqualität in Europa. Dabei benötigen wir aber die Mithilfe aller Beteiligten. Die Städte und Gemeinden müssen Luftreinhaltepläne erstellen und z. B. Umweltzonen einrichten, wenn sie die Grenzwerte nicht einhalten. Die Mitgliedstaaten müssen dafür die Voraussetzungen schaffen – wie z. B. in Deutschland den Erlass der Autoplakettenverordnung.

Aber auch Europa ist gefragt. Nur ca. 20-30 Prozent der Rußpartikel in der Luft kommen vom innerstädtischen Verkehr. Nur hierauf können aber die Kommunen letztendlich Einfluss nehmen. Die Kommunen haben keine Chance, die Grenzwerte einzuhalten, wenn nicht auf europäischer Ebene Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen auch aus anderen Quellen als dem Verkehr ergriffen werden. Allein das Messen der Emissionen verbessert die Luftqualität nicht. Wir brauchen Maßnahmen, die den Ausstoß von Feinstaub bereits an der Quelle bekämpfen. Das bringt den wahren Gesundheitsschutz.

Zu solchen Maßnahmen hat sich jetzt auch die Kommission politisch verpflichtet. Sie will Gesetzesvorschläge machen, z. B. Euro 6 für Lkw – was dann letztendlich auch dazu führt, dass die Rußpartikelfilter verpflichtend werden –, Emissionsstandards für kleinere Industrieanlagen und neue Regelungen für Schiffsmotoren. Durch diese Regelungen müssen die Maßnahmen der Kommunen flankiert werden, um wirklich eine Verbesserung der Luftqualität zu erreichen.

Erstmals wird es Grenzwerte für die kleinsten Staubpartikel geben. Diese Partikel sind gefährlicher für die Gesundheit der Menschen, da sie lungengängiger sind. Deshalb müssen wir hier ansetzen. Mit ambitionierten, aber auch realistischen Werten setzen wir hier ein weiteres Zeichen für den Gesundheitsschutz. Hier hat der Gesetzgeber Augenmaß bewiesen und gleichzeitig ein hohes Gesundheitsschutzniveau gewahrt. Da wir als Parlament ein gutes Ergebnis bei den kleinsten Staubpartikeln erzielen konnten, haben wir die Position des Rates akzeptiert, an den bestehenden Grenzwerten zu PM10 – d. h. auch an den Tagesgrenzwerten – nichts zu ändern. Dies heißt aber auch, dass es keine Verschärfung der Jahresgrenzwerte zu PM10 gibt. Der Text der Richtlinie stellt es ausdrücklich heraus, dass es für die Kommunen keine Pflicht zur Ergreifung ineffektiver kurzfristiger Maßnahmen wie z. B. Straßensperrungen gibt. Der Fokus soll auf den langfristigen, nachhaltigen Maßnahmen wie z. B. Umweltzonen liegen. Hier tun die Kommunen schon viel, und das sollten sie auch weiterhin machen.

Städte und Kommunen können aber künftig unter strengen Voraussetzungen eine Fristverlängerung bezüglich der Einhaltung der bestehenden Grenzwerte zu PM10 beantragen. Dies bedeutet aber – das möchte ich ausdrücklich betonen – keinen Freifahrtschein für die Kommunen. Sie können die Grenzwerte nicht unbegrenzt überschreiten, und sie erhalten die Fristverlängerung nur unter zwei strengen Voraussetzungen: Sie leiden unter ungünstigen klimatischen Bedingungen oder auch ungünstigen Ausbreitungsbedingungen wie z. B. Kessellagen, und sie haben auf lokaler Ebene alle geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen ergriffen. Diese Flexibilität für die Kommunen trägt zur Praktikabilität der Richtlinie bei, ohne das Gesundheitsschutzniveau zu vernachlässigen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben ein verantwortungsvolles Paket vorgelegt. Wir haben einen Fortschritt für den Gesundheitsschutz erreicht!

 
  
  

VORSITZ: MAREK SIWIEC
Vizepräsident

 
  
MPphoto
 
 

  Dorette Corbey, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Saubere Luft ist eine Lebensnotwendigkeit. Die Luft wurde in den vergangenen dreißig Jahren zwar sauberer, aber nach wie vor ist sie viel zu stark verschmutzt. Die derzeit geltenden Richtlinien werden nur unzureichend eingehalten. Die Richtlinie über Luftqualität bedarf einer Überarbeitung, wenn wir wirksamer gegen die Verschmutzung vorgehen wollen. Vergangene Woche haben Parlament und Rat Übereinstimmung über die neue Richtlinie erzielt. Ich begrüße das Ergebnis und danke Herrn Krahmer, Frau Weisgerber und den übrigen Schattenberichterstattern für die konstruktive Zusammenarbeit in den letzten zwei Jahren. Drei Punkte möchte ich herausstellen.

Zunächst einmal die strengeren Normen. Meine Fraktion hat sich stets und ständig für ehrgeizigere Nomen für Feinstaub und andere Schadstoffe, die Mensch und Umwelt schädigen, stark gemacht. Daher stimmt es mich zufrieden, dass es dank uns eine neue Norm für Mikropartikel geben wird. Verschmutzung durch Mikropartikel kann man zwar weder sehen noch riechen, aber sie verursacht die meisten Gesundheitsschäden, die zum vorzeitigen Tod von Hunderttausenden Europäern führen. Nicht wenige Menschen leiden an Asthma und anderen Beschwerden. Die neue Norm versetzt uns in die Lage, diese Gesundheitsschäden zielgerichteter anzugehen.

Diese Vereinbarung ist daher gleichsam eine gute Nachricht für die Gesundheit der Bürger. Das Parlament hat sich nicht mit den halbherzigen Ambitionen der Kommission und des Rates abgefunden. Wir verlangten ein stärkeres Engagement und wurden erhört. Die PM2,5-Norm sollte von 25 µg auf 20 µg sinken. Wissenschaftlern zufolge wird hierdurch die mittlere Lebenserwartung um weitere vier bis fünf Monate steigen. Allerdings reichen auch die neuen Normen nicht aus. Weitere Verbesserungen sind ebenso wie die besondere Berücksichtigung der Kinder vonnöten. Letzten Endes müssen wir einen Wert von höchstens 10 µg/m3 Luft erreichen. Das ist die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Obergrenze, die Gewähr für wirklich saubere Luft bietet. Die vorliegende Richtlinie ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Zweitens, Europa darf nicht nur strenge Normen festlegen, sondern muss auch Instrumente für die Erreichung dieser Ziele konzipieren. Schließlich ist Europa oft gut darin, allgemeine politische Ziele zu formulieren, bei der Schaffung der richtigen Instrumente, mit denen sich diese Ziele auch tatsächlich verwirklichen lassen, hapert es jedoch. Ohne sauberere Autos, Schiffe, Landwirtschaft und Industrie bleiben die Luftqualitätsnormen ein Papiertiger.

Kürzlich stimmten wir über EURO V und EURO VI ab: sauberere Personenkraftwagen ab 2009 und sogar noch sauberere ab 2014. Derartige Rechtsvorschriften brauchen wir schleunigst für Schwerfahrzeuge und Busse. Das Parlament drängte den Rat und die Kommission beim Ergreifen flankierender Maßnahmen zur Eile, damit an den Schadstoffquellen angesetzt werden kann. Dies mündete in eine Erklärung der Kommission mit einer Auflistung aller Maßnahmen, die in den nächsten Jahren vorgesehen sind. Die Erklärung wird der Richtlinie als Anlage beigefügt und enthält einen Verweis auf die Richtlinie. Damit übermitteln wir den Bürgern die klare politische Botschaft, dass Europa tätig wird und Säuberungsaktionen in allen möglichen Sektoren startet.

Ein dritter Diskussionspunkt war die Flexibilität der Normen. 24 Mitgliedstaaten können die in der derzeitigen Richtlinie verankerten Grenzwerte nicht einhalten. Das scheint mir eher kein gutes Beispiel für wirksame Rechtsvorschriften zu sein. Ich habe stets den Standpunkt vertreten, dass es durchaus vertretbar ist, den Mitgliedstaaten, die zwar alle möglichen Maßnahmen treffen, aber dennoch die Grenzwerte verfehlen, etwas mehr Zeit lassen, damit sie sich der Problembereiche annehmen können. Das setzt jedoch voraus, dass mittelfristig erheblich strengere Normen eingeführt werden. Wir müssen unbedingt sicherstellen, dass die Praktikabilität und Umsetzbarkeit der Rechtsvorschriften, die wir hier schaffen, gewahrt bleiben.

Heute zeigen wir, dass das Europäische Parlament die Klagen der Mitgliedstaaten über nicht durchführbare Rechtsvorschriften ernst nimmt. Die Erfahrung lehrt uns, dass die Luft nicht sauberer wird, wenn wir die Umsetzung der Richtlinie außer Acht lassen. Die neue Richtlinie über Luftqualität stellt gegenüber der alten eine Verbesserung dar. Bessere und strengere Normen kommen der Gesundheit der Bürger, den Kommunen und den Bauunternehmen zugute. Wir können wieder atmen!

 
  
MPphoto
 
 

  Marios Matsakis, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Herrn Krahmer zu seinem hervorragenden Bericht über dieses schwierige und äußerst wichtige Thema gratulieren.

Zudem möchte ich den Schattenberichterstattern und allen Kollegen gratulieren, die Anregungen, Ratschläge und Änderungsanträge eingebracht und so dazu beigetragen haben, einen Kompromiss zu formulieren, dem in den Verhandlungen zugestimmt wurde und der, wenn er umgesetzt wird, der Versuch ist, eine bessere Richtlinie über die Luftqualität zu erzielen. Bis zu einem gewissen Grad soll er für sauberere und gesündere Luft in Europa sorgen.

In einer Zeit, in der in vielen Gegenden Europas Infektionen der Atemwege wie Asthma, Emphysem und Lungenkrebs zunehmen, von denen zumeist die am stärksten Gefährdeten betroffen sind, nämlich Kinder und ältere Menschen, haben wir als Gesetzgeber die Pflicht, sicherzustellen, dass wir unser Bestes geben, damit unsere Bürger gesündere Luft atmen.

Zu diesem Zweck waren wir uns in unserer Entschlossenheit einig, den unverantwortlichen Forderungen des Rates nicht nachzugeben, der keinerlei Änderungen der Vorschriften über bestehende Tages- und Jahresgrenzwerte für PM10 akzeptieren wollte und den Vorschlag des Parlaments, eine Ausnahmeregelung mit der Annahme zusätzlicher EU-Maßnahmen für Verschmutzungsursachen zu verbinden, glattweg abgelehnt hat.

Wenngleich wir zu einer Einigung gekommen sind, muss der Rat doch auch verstehen, dass dieses Haus der Gesundheit seiner Millionen von Bürgern eine größere Priorität einräumt, als dem Reichtum europäischer Industrieriesen. Jeder muss voll und ganz begreifen, dass das Parlament sich mehr darum sorgt, die Lungen der Menschen vor Zerstörung durch Erkrankungen zu schützen, als dabei zu helfen, die Geldbeutel habgieriger Industriebarone zu füllen.

Ich bin zuversichtlich, dass dieses Haus künftig noch Gelegenheit haben wird, bei der alle seine Bestimmungen in einem weniger kompromissreichen Rechtsakt erfolgreich angenommen werden, der die Bürger wirklich und umfassend vor schweren Schäden der Atemwege schützt.

 
  
MPphoto
 
 

  Mieczysław Edmund Janowski, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Im Namen der Fraktion Union für das Europa der Nationen möchte ich unsere Anerkennung für die Qualität des Berichts von Herrn Krahmer zum Ausdruck bringen. Wir setzen unsere Arbeit an der Richtlinie fort, die für das gesamte Ökosystem von enormer Bedeutung ist, einschließlich der Verbesserung des Gesundheitszustands der Bürger Europas und – in einem weiteren Sinne betrachtet – der Welt.

Der wirtschaftliche Aspekt dieser Bestimmungen sollte auch nicht verschwiegen werden. Unser Ziel sollte es daher sein, einen Kompromiss zu finden, der es den Mitgliedstaaten tatsächlich ermöglicht, die beschlossenen Parameter umzusetzen und dabei die zulässigen Emissionshöchstgrenzen für Partikel und Gase näher zu bestimmen, die die Atmosphäre verunreinigen. Ich beziehe mich hier auf die Konzentration der PM2.5- and PM10-Partikel und der Gase Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Schwefeldioxid, Stickstoffoxide und Ozon, Benzol sowie flüchtige organische Verbindungen und auch Blei.

Dies bedeutet infolgedessen eine verlässliche und regelmäßige Überprüfung. Größere Ausgaben werden für die grundlegende Umrüstung vieler Unternehmen erforderlich sein, auch derjenigen, die Energie und vor allem Wärme liefern. Die Methoden und die Organisation des Land-, Luft- und Seeverkehrs müssen von Grund auf geändert werden.

Diese und andere Kosten müssen natürlich übernommen werden. Doch nicht alle Länder sind in der Lage, bei dieser Frage entschlossene Maßnahmen innerhalb des hier vorgeschlagenen relativ kurzen Zeitraums zu ergreifen, ohne dabei deutliche wirtschaftliche Verluste hinzunehmen. Dies gilt insbesondere für die neuen Mitgliedstaaten, darunter Polen, das in diesem Bereich viel unternimmt.

Abschließend möchte ich hervorheben, dass die Maßnahmen der EU auch von anderen übernommen werden müssen, vor allem von den USA, China, Russland, Japan und Brasilien. Die Luft ist schließlich ein gemeinsames Gut.

 
  
MPphoto
 
 

  Marie Anne Isler Béguin, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wir erinnern uns an den Appell der WHO vom 5. Oktober 2006 an die internationale Gemeinschaft zur Verbesserung der Luftqualität. Es ging um die Verabschiedung strengstmöglicher Normen für die Luftverschmutzung, mit dem Ziel, die Anzahl der Todesfälle in verschmutzten Städten um 15 % zu verringern. Die Europäische Union, die bei Umweltvorschriften oft eine Vorreiterrolle spielt, erwies sich bei der ersten Lesung als große Enttäuschung, sodass Umweltkommissar Stavros Dimas über die Position des Europäischen Parlaments, durch die die ohnehin wenig strikte geltende Gesetzgebung noch abgeschwächt wurde, persönlich entrüstet war.

In der zweiten Lesung am 9. Oktober 2007 hatten die Grünen den Umweltausschuss vor den kontraproduktiven Auswirkungen der administrativen Vereinfachung und speziell der Erhöhung der Anzahl von Tagen, an denen die Höchstwerte überschritten werden dürfen, sowie den Ausnahmen bei bestimmten Schadstoffen gewarnt. Der Kompromiss, der kürzlich bei der zweiten Lesung des Europäischen Parlaments ausgehandelt worden ist, begrenzt die Schäden der ersten Lesung. In Bezug auf PM2,5 in den Stadtgebieten wird ein neuer Grenzwert von 20 Mikrogramm pro Kubikmeter vorgeschlagen, der von der Europäischen Kommission 2015 geprüft werden soll.

Natürlich können zusätzliche Maßnahmen zur Berücksichtigung der Situation empfindlicher Bevölkerungsgruppen wie Kinder und alte Menschen durchgeführt werden. Obwohl er eine Verbesserung gegenüber der Ausgangslage ist, stellt dieser Kompromiss für das Europäische Parlament keinen großen Schritt nach vorn dar. Er wird die Mitgliedstaaten nicht dazu zwingen, die restriktiven Maßnahmen einzuleiten, die für die Verbesserung der Gesundheit der Menschen in Europa erforderlich sind. Die Auswirkung der Verschmutzung der Atmosphäre entspricht den Schätzungen zufolge immer noch einer Verringerung der Lebenserwartung unserer Mitbürger um 9 Monate. Deshalb müssen wir weiter gehen und die Begrenzung der Partikel in der Luft schon früher mittels vorbeugender Instrumente zur Emissionsreduktion in verschiedenen Bereichen, insbesondere dem Transportwesen sowie der Industrie, einbeziehen.

 
  
MPphoto
 
 

  Dimitrios Papadimoulis, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Europa sterben jedes Jahr 370 000 Menschen frühzeitig an Erkrankungen, die sich auf die Luftverschmutzung zurückführen lassen. Den offiziellen Zahlen der Kommission zufolge ist die Lebenserwartung in einigen europäischen Ländern als Folge der Exposition gegenüber gefährlichen Schadstoffen in der Luft um zwischen acht Monaten und zwei Jahren zurückgegangen. Die große Mehrheit der Todesfälle ist auf Feinstaubpartikel in der Luft zurückzuführen. Meine Fraktion unterstützt das abschließende Schlichtungsübereinkommen und die zögerlichen, aber in jeder Hinsicht positiven Schritte, die als Reaktion auf diese Situation ergriffen werden.

Allerdings möchte ich auf einige ernstzunehmende Schwachstellen aufmerksam machen: Die durch diesen Kompromiss festgelegten Grenzwerte für Feinstaubpartikel in der Luft sind mehr als doppelt so hoch wie die entsprechenden WHO-Empfehlungen. Die amerikanische Bundesumweltschutzbehörde schreibt strengere Grenzwerte vor als die Europäische Union. Über sicherere Grenzwerte für Feinstaubpartikel in der Luft (PM 10) konnte keine Einigung erzielt werden. Die Überwachungsanforderungen wurden gesenkt, wenngleich eine konstante Überwachung der kritischen Schadstoffbelastungen für eine Verbesserung der Situation sehr wichtig ist.

Die Fristen für die Erfüllung in Bezug auf Benzol sind verschoben worden, wobei der große Übeltäter, nämlich die Brennstoffqualität, verschont gelassen wird. Obwohl jeder sagt, dass wir bessere Kraftstoffe und sauberere Autos benötigen, wurde die Luftqualität und deren Überwachung am Arbeitsplatz außen vor gelassen. Ferner erhalten die Mitgliedstaaten beträchtliche Freiheiten, um die bestehende Gesetzgebung nicht durchsetzen und ihre korrekte Anwendung nicht überwachen zu müssen. Obgleich wir einen positiven Schritt tun, reicht das nicht aus. Und aus genau dem Grund unterstützt meine Fraktion das Schlichtungsübereinkommen, bittet den Rat und die Kommission jedoch gleichzeitig darum, mutigere Maßnahmen zu ergreifen.

 
  
MPphoto
 
 

  Bastiaan Belder, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich spreche im Namen meines Kollegen, Herrn Blokland, der derzeit an der Klimakonferenz auf Bali teilnimmt.

Nach langwierigen Verhandlungen liegt endlich eine Vereinbarung über Luftqualität vor. Das ist eine beachtliche Leistung und auch insofern ungemein wichtig, als die Luftqualität unmittelbaren Einfluss auf den Umweltschutz und die menschliche Gesundheit hat. Ein Dankeschön gebührt daher dem Berichterstatter, Herrn Krahmer, für seine Anstrengungen, die er unternommen hat, um das zu erreichen.

Diese Richtlinie trägt realistisch zur Verbesserung der Gesundheit und Umwelt bei. In den vergangenen Jahren hat sich die Luftqualität bereits spürbar gebessert, und diese Richtlinie wird künftig eine weitere Verbesserung zuwege bringen. Dennoch werden sich einige Länder weiterhin mit der baldigen Einhaltung strenger Grenzwerte schwer tun. Deshalb freue ich mich über die in der Vereinbarung vorgesehenen Verlängerungen, die den Mitgliedstaaten zur Anpassung ihrer Luftqualität an diese Grenzwerte gewährt werden, sofern sie hinreichende Anstrengungen unternehmen.

Nicht minder wichtig ist es, dass an Orten nicht gemessen zu werden braucht, zu denen die Öffentlichkeit keinen Zugang hat und die nicht ständig bewohnt sind. Speziell in Hafengebieten ist diese Flexibilität von außerordentlicher Bedeutung. Außerdem finde ich es besonders begrüßenswert, dass konkret auf die an den Schadstoffquellen ansetzenden Maßnahmen verwiesen wird. Ich halte auf Emissionsquellen bezogene Maßnahmen wie die neue EURO-VI-Norm für Lastkraftwagen für das Erreichen einer guten Luftqualität für ein absolutes Muss.

Summa summarum kann ich sagen, dass ich die vorliegende Vereinbarung positiv bewerte und dafür stimmen werde.

 
  
MPphoto
 
 

  Andreas Mölzer (NI). - Herr Präsident! Die nun zu verzeichnende Zunahme an Atemwegserkrankungen – vor allem bei Kindern, alten und kranken Menschen – sowie der Anstieg allergisch bedingter Atemschwierigkeiten steht in direktem Zusammenhang mit einer Verkehrslawine, die sich Tag für Tag durch unsere Ballungszentren und entlang der Hauptverkehrsrouten wälzt.

Vor allem im Fernverkehr schlägt sich die verfehlte EU-Förderpolitik der letzten Jahrzehnte nieder. Für besonders sensible Regionen – wie jene der Alpen – konnte man sich bekanntlich bis dato noch nicht durchringen, den schönen Worten der Vergangenheit endlich Taten folgen zu lassen und etwa die Alpenkonvention durchzusetzen. Nun rächt sich aber auch der Ausverkauf unserer öffentlichen Betriebe, die zu einem katastrophal mangelhaften öffentlichen Nahverkehrsnetz geführt haben.

Inwieweit hier Aktionen wie Verkehrsbeschränkungen, die Errichtung von Umweltzonen oder City-Maut überhaupt noch greifen können, ist meines Erachtens höchst fraglich. Es gilt also in erster Linie, sehr rasch Hauptverursacher von Schadstoffemissionen, wie gewerbliche Nutzfahrzeuge mit alternden Dieselmotoren, zu ersetzen.

 
  
MPphoto
 
 

  Péter Olajos (PPE-DE).(HU) Danke, Herr Präsident! Mehr als 300 Millionen Menschen leiden weltweit unter Asthma, 30 Millionen von ihnen in Europa und 200 000 in Ungarn. 18 % der Asthmatiker in Westeuropa gelten als schwere Fälle. Die Anzahl der Asthmapatienten in meinem Heimatland Ungarn ist in den letzten zehn Jahren um 250 % gestiegen. Die Anzahl der neuen Fälle von Asthma, die jedes Jahr diagnostiziert werden, hat sich im gleichen Zeitraum verdoppelt. Zu den Hauptursachen für Asthma und Asthmaanfälle gehört die Luftverschmutzung. Die Daten in dem uns vorliegenden Bericht sprechen meines Erachtens für sich selbst. Das Schicksal des Berichts, über das wir morgen entscheiden, betrifft nur zum Teil den Umweltschutz und sehr viel mehr die Lebensqualität und den Gesundheitsschutz.

Eines der größten Probleme des Gemeinschaftsrechts ist heute seine fehlende Umsetzung. Dies gilt leider auch für die Rechtsvorschriften zur Luftqualität. Daher besteht unsere Hauptaufgabe nun nicht darin, für mehr Regeln, die noch strikter sind, zu stimmen, sondern die Einhaltung der bestehenden Bestimmungen zu fördern. Budapest, der Ort, in dem ich lebe, ist eine Stadt mit 2 Millionen Einwohnern. Die zulässigen Grenzwerte für Partikel in der Luft sind beispielsweise schon in den ersten vier Monaten des Jahres überschritten, Überschreitungen um das Vier- bis Fünffache sind an der Tagesordnung. Unsere Aufgabe besteht daher darin, die bestehenden Rechtsvorschriften sinnvoll weiterzuentwickeln und Leitlinien vorzubereiten, die keine zusätzlichen Aufgaben vorschreiben, sondern die bestehenden verfeinern, um tatsächlich zu einer saubereren Luft für die Bevölkerung der EU beizutragen.

Meiner Ansicht nach erfüllt der Bericht Krahmer diese Anforderung. Sein Wert besteht darin, die Luftverschmutzung in erster Linie am Ort der Verschmutzung messen und erfassen zu wollen, dies ist technisch gesehen der richtige Ansatz. Der Kompromiss ist daher nicht ehrgeizig, aber fortschrittlich. Ich meine, dass die betroffenen Städte und Mitgliedstaaten nun in der Lage sein werden, ihn konsequenter umzusetzen, und dass wir vielleicht in der Lage sein werden, unseren Kindern ein besser bewohnbares Europa zu übergeben. Vielen Dank, Herr Präsident.

 
  
MPphoto
 
 

  Justas Vincas Paleckis (PSE). - (LT) Ich gratuliere dem Berichterstatter. Zunächst möchte ich sagen, dass es immer angenehm ist, wenn wir schönes Wetter haben. Wir können das Wetter nicht beeinflussen, aber wir können und müssen etwas zu seiner Qualität beitragen. Der Grad der Luftverschmutzung in dicht besiedelten und industriellen städtischen Gebieten der Europäischen Union ist noch immer inakzeptabel. Wenn Sie in einer der größten Städte Europas sind, können Sie die von der Luftverschmutzung ausgehende Bedrohung nur allzu deutlich spüren. Sie führt jedes Jahr zum frühzeitigen Tod Zehntausender Europäer. Verschmutzung wirkt sich nicht nur auf das menschliche Leben selbst, sondern auch auf dessen Qualität nachteilig aus.

In den vergangenen Jahren wurden schädliche Gasemissionen in den EU-Ländern deutlich reduziert. Allerdings ist das erst der Anfang. Wir müssen die Monster, die schlimmsten Luftverschmutzer auf unseren Straßen, die das Gas in die Luft pusten, zähmen. Wir müssen entschiedene Maßnahmen ergreifen, um öffentliche Verkehrsmittel auszubauen, und die Menschen darin bestärken, seltener private Transportmittel zu benutzen. Das ist für die neuen Mitgliedstaaten eine Schlüsselfrage, in denen 20 oder gar 30 Jahre alte Autos in einem desolaten Zustand weiterhin die Umwelt verschmutzen.

Die Position der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament und die des Parlaments im Allgemeinen ist für die Länder, die der EU im 21. Jahrhundert beigetreten sind, sehr wichtig, insbesondere was strengere Bedingungen und Ziele zur Minderung der Luftverschmutzung, die Flexibilität bei der Umsetzung dieser Ziele und die Abstimmung lang- und kurzfristiger Ziele betrifft.

Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um in den meisten Ländern Europas bis 2015 die geringstmögliche Konzentration unterschiedlich großer Luftpartikel zu erreichen. Länder, die aktive Maßnahmen zur Reduzierung der Verschmutzung ergreifen, die gesetzten Ziele aber bisher nicht erreichen konnten, sollten die Chance dazu bekommen. Es ist wichtig, die Dauer der Ausnahmeregelung von „vier plus zwei“ auf „drei plus zwei“ Jahre zu kürzen.

 
  
MPphoto
 
 

  Zdzisław Zbigniew Podkański (UEN).(PL) Herr Präsident! Das Europäische Parlament wirft heute einen zweiten Blick auf den Entwurf der Richtlinie über Luftqualität. Eines der Ziele dieser Richtlinie besteht darin, die Menge der in der Luft schwebenden Staubpartikel in den nächsten Jahren zu begrenzen, der Partikel, die wir einatmen und die eine Größe von 2,5 bis 10 Mikrometern haben. Wissenschaftler warnen, dass die kleinsten Partikel eine ernste Gefahr für den Menschen darstellen, und um eben diese geht es bei der Richtlinie, die hier erörtert wird.

Durch den Kompromiss zwischen Parlament und Rat wurden Zugeständnisse an den Rat gemacht, der für weniger strikte Verordnungen ist. Ich hoffe, dass sich die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen nicht als ungeeignet erweisen, und dass, wenn dieses Problem 2013 von der Europäischen Kommission überprüft wird, dann ehrgeizigere Ziele beschlossen werden, da wir hier über die Gesundheit der heutigen und der künftigen Generationen sprechen.

Ich möchte abschließend dem Berichterstatter für seine gute Arbeit danken und Sie daran erinnern, dass Vermeidung besser als Bewältigung der Folgen ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Hiltrud Breyer (Verts/ALE). - Herr Präsident! Der gefundene Kompromiss ist besser als erwartet, aber den Kompromiss als großen Erfolg zu feiern, wäre Augenwischerei, denn er wurde verwässert. Durch die Neuregelung der Bestimmungen, wo gemessen wird, ist hier verwässert worden, denn hoch belastete Orte können jetzt ausgeklammert werden.

Der ausgehandelte Kompromiss ist aber auch Schadensbegrenzung. Denn die vorgesehene Schonfrist darf nun nicht mehr als Einladung zum Nichtstun verstanden werden. Damit die Ausnahme nicht zur Regel wird, muss die EU-Kommission die vorgesehenen Aktionspläne und die Einhaltung der Grenzwerte streng überwachen und die Nichtumsetzung sanktionieren. Es darf deshalb nicht als großer Erfolg gefeiert werden, weil wir ja wissen: Eigentlich hätte diese Richtlinie längst in Kraft sein sollen.

Es darf aber auch – und das ist gut an dem Kompromiss – kein Freibrief für die deutschen Kommunen sein, die Hände in den Schoss zu legen. Denn die erneute Einladung zum Nichtstun ist dadurch unterbunden, dass die Kommunen und die Länder Aktionspläne vorlegen müssen.

Wir müssen aber auch betonen, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Deutschland für Deutschland bedeutet und unterstrichen hat, dass die Kommunen in der Pflicht sind zu handeln, so oder so. Wir wissen: Es gibt bereits gute Initiativen in der Europäischen Union wie beispielsweise Umweltzonen oder Umrüstung von Fuhrparks. Aber es muss auch jetzt ganz klar sein: Das ist die letzte Gnadenfrist, die eingeräumt wird. Jetzt müssen wirklich den Worten Taten folgen, damit eine ambitionierte Luftreinhaltepolitik nicht ad absurdum geführt wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Jaromír Kohlíček (GUE/NGL).(CS) Sehr geehrte Damen und Herren! Die Überwachung der Luftverschmutzung und Anstrengungen zur Verbesserung der Luftqualität sind begrüßens- und lobenswert. Die Tatsache, dass Teile des zur Diskussion stehenden Vorschlags recht hohe Anforderungen stellen, andere hingegen die Realität ein wenig vereinfachen, stellt kein Problem dar. Schwerer wiegt jedoch, dass er, während sich der Schwerpunkt der Debatte über die Überwachung und Beseitigung von Feinstaub zu Recht von groben zu feineren Partikeln, von PM10 zu PM2,5, verlagerte, eigentlich auch für noch kleinere Partikel als PM2,5 gelten sollte. Sie dringen in die Alveolen ein, die wegen ihrer ausgedehnten Oberfläche möglicherweise große Mengen an Schadstoffen aufnehmen können. Da sich diese Partikel nicht in den oberen Atemwegen ablagern, sind sie potenziell sehr gefährlich. Ungeachtet dieser Vorbehalte befürworte ich ebenso wie die GUE/NGL-Fraktion, der ich angehöre, den Vorschlag für eine Richtlinie, und ich vertraue darauf, dass wir dieses Thema demnächst noch einmal eingehender behandeln werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Françoise Grossetête (PPE-DE). - (FR) Herr Präsident! Wir erkennen alle an, und wir haben es alle gesagt, dass die Verschmutzung unserer Siedlungen, unserer Städte immer mehr zunimmt und dass durch diese Verschmutzungen verursachte Todesfälle leider immer häufiger werden. Als Vorsitzende eines Netzwerks zur Überwachung der Luftqualität in meinem Departement, das ich vor mehr als sechzehn Jahren gegründet habe, möchte ich Sie daran erinnern, dass die Verringerung der Luftverschmutzung von den Bürgern als eine Sache angesehen wird, bei der im Hinblick auf den Umweltschutz dringender Handlungsbedarf seitens der Behörden besteht, und dass sie für 54 % der französischen Bürger sogar den schwerwiegendsten Grund zu Besorgnis darstellt.

Dieser Text ist daher eine Reaktion auf den erneuten Ausbruch von Atemwegserkrankungen wie Asthma, Bronchitis und Emphysem, von denen zumeist Kleinkinder betroffen sind – Bronchiolitis bei Kleinkindern ist ein Dauerthema im Winter –, und Lungenkrebs bei älteren Menschen.

Deshalb ist die Einführung neuer Normen für die feinsten und schädlichsten Partikel, für die es bisher keine Vorschriften gegeben hat, eine befriedigende Maßnahme. Wir haben jedoch eine Vielzahl von Lösungen für eine bessere Luftqualität zur Hand wie Maßnahmen zu Kraftstoffen, zu Beförderungsarten und zu Fahrzeugen. Wir müssen noch die Unmenge an EU-Rechtsvorschriften anwenden, die bereits bestehen und die leider von den meisten Mitgliedstaaten nicht eingehalten werden. Gemäß den Texten, über die wir morgen abstimmen werden, müssen die Mitgliedstaaten Probenahmestellen in Stadtgebieten einrichten. Praktisch müsste jeder „Partikelpläne“ haben. Wir müssen ferner die Öffentlichkeit täglich mit Informationen versorgen, insbesondere die Bürger, die gegenüber bestimmten Stoffen in der Luft besonders empfindlich sind.

Schließlich dürfen wird die Luft in geschlossenen Räumen nicht vergessen, in denen wir mitunter mehr als 80 % unserer Zeit verbringen. Studien zur Umweltqualität von Häusern wird wenig Interesse entgegengebracht, während ihre Auswirkung auf die Gesundheit sicherlich mindestens genauso groß ist wie die der Außenumwelt.

 
  
MPphoto
 
 

  Silvia-Adriana Ţicău (PSE).(RO) Herr Präsident! Zunächst möchte ich den Berichterstatter, Herrn Krahmer, beglückwünschen.

Der Vorschlag für eine Richtlinie über Luftqualität und sauberere Luft in Europa beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen Luftqualität und Gesundheit des Menschen. Vorgeschlagen werden Gemeinschaftsmaßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in Europa.

Der städtische Verkehr verursacht 40 % der Kohlendioxidemissionen und 70 % der Emissionen anderer Schadstoffe, die durch Fahrzeuge hervorgerufen werden. Verkehrsstaus, vor allem in Ballungszentren, kosten die Europäische Union schätzungsweise 1 % des BIP.

In vielen europäischen Hauptstädten staut sich der Verkehr, die Luftverschmutzung hat schwer wiegende Folgen für ihre Einwohner. Mehr als 66 % der europäischen Bürger betrachten Staus in den Städten und die damit verbundene Verschmutzung als Probleme, die ihre Lebensqualität ernsthaft einschränken. Sie fordern von der Union ein kohärentes und vor allem entschlossenes Vorgehen.

Auf der Tagung des Europäischen Rates am 8. und 9. März 2007 setzte sich die Europäische Union nachdrücklich dafür ein, die Treibhausgasemissionen bis 2020 gegenüber 1990 um mindestens 20 % zu verringern.

Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten müssen ihr Handeln auf dicht bevölkerte Ballungsgebiete und städtische Gebiete konzentrieren und die Frage der Luftqualität in städtischen Ballungsräumen unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips ehrgeiziger angehen, indem sie eine Strategie der Zusammenarbeit und Abstimmung auf europäischer Ebene umsetzen. Im Grünbuch zur Mobilität in der Stadt werden die Entwicklung eines öffentlichen Personenverkehrs gefördert, doch auch Maßnahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen infolge des Straßenverkehrs behandelt.

Zu Änderungsantrag 31 möchte ich erklären, dass einige der Maßnahmen im Bereich der verbindlichen technischen Normen zur Verringerung der Luftverschmutzung durch Landfahrzeuge sowie durch Binnenwasserschiffe bereits in anderen Rechtsvorschriften vorgesehen sind.

Meines Erachtens ist es äußerst wichtig, das Parlament alle fünf Jahre über die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Verbesserung der Luftqualität zu unterrichten, doch ich halte es für besonders wichtig, dass diese Maßnahmen auch aus den Strukturfonds finanziert werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Leopold Józef Rutowicz (UEN).(PL) Herr Präsident! Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Luftqualität und saubere Luft ist für die Gesundheit der europäischen Bürger von großer Bedeutung, vor allem, da die von der Industrie, dem Verkehr und den Kraftwerken abgegebenen Stoffe, wie Partikel, Schwefel- und Stickstoffoxide sowie Blei, sich über große Entfernungen ausbreiten können.

In der Richtlinie werden Grenzwerte für ihre Emission festgelegt, die Bedeutung einer Verringerung der Schadstoffemissionen und ihrer Quellen wird hervorgehoben. Die Bedingungen für die Erfüllung dieser Anforderungen sind aber unterschiedlich. In Regionen und Ballungsgebieten mit vielen Schadstoffemissionsanlagen, z. B. Hochöfen und Fabriken, die alte Techniken verwenden, wird die Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie Zeit und einen enormen finanziellen Aufwand kosten.

In begründeten Fällen soll die Frist bis zur Einführung der Richtlinienbestimmungen daher gemäß Änderungsantrag 2 verlängert werden. In der Richtlinie wird zu Recht betont, dass Schadstoffemissionen überwacht werden müssen. Dies ist sehr wichtig für die Begrenzung der Schadstoffe, einschließlich der grenzüberschreitenden. Ich beglückwünsche Herrn Krahmer, den Berichterstatter.

 
  
MPphoto
 
 

  Richard Seeber (PPE-DE). - Herr Präsident! Ich freue mich sehr, dass wir so schnell hier und in allen Fraktionen eine Einigung in diesem wichtigen Dossier gefunden haben. Die Luftqualität ist zentral für das Wohlbefinden und die Gesundheit unserer Bürger. Es freut mich weiters sehr, dass wir strenge Grenzwerte gesetzt haben, insbesondere neue Grenzwerte im Bereich PM2,5, die ja besonders gefährlich sind für die Gesundheit. Leider ist in manch anderen Bereichen eine Verschärfung nicht erfolgt, die ich mir gewünscht hätte. Dies betrifft PM10 und natürlich auch den NOx-Bereich.

Was mich jedoch mehr beunruhigt als die Grenzwerte, die wir jetzt gesetzt haben, ist die konkrete Luftsituation, die derzeit in den Mitgliedstaaten herrscht. Wie Sie alle wissen, überschreiten fast alle Mitgliedstaaten die derzeitigen Grenzwerte. Es wird also wirklich jetzt an uns liegen, dieses ambitionierte Gesetzespaket auch umzusetzen, und auch an der Kommission, dies zu kontrollieren. Die Kommission hat bis jetzt keine Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, obwohl permanent Grenzwertüberschreitungen erfolgt sind. Also zum einen muss sauber umgesetzt werden, aber zum andern müssen auch konkrete Aktionen von Kommissionsseite erfolgen, falls Mitgliedstaaten nach wie vor nicht in der Lage bzw. willens sind, die Grenzwerte einzuhalten.

Wichtig ist auch, dass wir einheitliche Kriterien gefunden haben für Messungen. Hier herrscht eine sehr unterschiedliche Praxis in den einzelnen Mitgliedstaaten. Was den Verkehr anbelangt – gerade in meiner Heimat einer der Hauptverursacher der Luftverschmutzung –, muss man sagen, dass auch hier die Kommission teilweise nicht bereit ist, Aktionen, die Länder setzen, um Luftgrenzwerte einzuhalten, zu unterstützen. Hier darf ich die Kommission wirklich auffordern, dass Mitgliedstaaten bei ihren Ambitionen, eine saubere Luft zu erhalten, unterstützt und nicht behindert werden. Wir haben sehr starke Zunahmen im alpenquerenden Transitverkehr, auch hier muss bezüglich der Luft etwas getan werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Lambert van Nistelrooij (PPE-DE). - (NL) Herr Präsident! Das Europäische Parlament schafft heute Klarheit in der sich schon seit Langem dahinziehenden Debatte über die genaue Festlegung von Grenzwerten, die aus Gründen der öffentlichen Gesundheit für Feinstaub – PM2,5/PM10 – erforderlich sind. Heute sorgen wir eine substanzielle Verbesserung für dafür empfindliche Bevölkerungsgruppen wie Kinder und alte Menschen. Ich befürworte diese Maßnahmen vorbehaltlos.

Klar ist auch, dass individuellere Maßnahmen möglich sind. Zoneneinteilung unserer recht verstädterten Gebiete soll möglich werden, wodurch wir die Praktikabilität verbessern, ohne bei unseren endgültigen Zielen Zugeständnisse machen zu müssen. Ferner ist deutlich, dass nunmehr die an den Schadstoffquellen ansetzenden Maßnahmen ernsthaft in Angriff genommen und dass in Europa grenzübergreifend zusammengearbeitet wird.

Weniger klar ist – zumindest mir –, ob die Blockade in der niederländischen Gesetzgebung für einige Vorhaben ob des integrierten Genehmigungsverfahrens für Umwelt und Raumordnung nun tatsächlich aufgehoben wurde. Es ist Sache der Niederlande, einschließlich des Unterhauses des niederländischen Parlaments und der Gesetzgebung, zu prüfen, ob dies im Kooperationsprogramm für die Verbesserung der Luftqualität geklärt werden kann.

Europa schafft heute einen ganz klaren Rahmen für das Machbare, auch in den Niederlanden. Nunmehr ist es an den Niederlanden, die Verbindung zwischen Raumordnung und Umweltpolitik vernünftig zu regeln und so weitere unnötige Blockaden zu vermeiden. In diesem Geiste sichere ich heute meine Unterstützung für die erzielte Vereinbarung zu.

 
  
MPphoto
 
 

  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Das nunmehr vorgeschlagene Kompromiss-Gesamtpaket enthält einige Schlüsselkomponenten.

Am wichtigsten ist, dass er die folgenden Punkte enthält:

- Die Möglichkeit der zeitlichen Ausdehnung für PM10 wird auf dem Niveau des gemeinsamen Standpunkts gehalten. Es darf keinerlei Verzögerungen bei der Umsetzung der Maßnahmen geben. Das einstufige Konzept wird den Verwaltungsaufwand minimieren.

- Die Normen für Partikel PM10 bleiben im Einklang mit dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag unverändert.

- Bis 2010 bzw. 2015 soll ein realistischer und rechtzeitiger jährlicher PM2,5-Zielwert und ein Grenzwert von 25 µg/m3 erreicht werden.

- Er enthält einen Richtgrenzwert für 2020, zusätzlich zum ehrgeizigen Plan für PM2,5 für die obligatorische Revision im Jahr 2013;

- eine rechtsverbindliche Verpflichtung zur Expositionskonzentration bis 2015, die das Ziel der Expositionsreduzierung durch umgehend zu ergreifende Maßnahmen zugunsten größtmöglicher Vorteile für die Volksgesundheit und

- eine Erklärung der Kommission über Fortschritte bei der Erarbeitung an der Quelle ansetzender gemeinschaftlicher Maßnahmen.

Die neue Erwägung 15 verstärkt ferner die Entschlossenheit der beiden Mitgesetzgeber, die von der Kommission vorgelegten Gesetzesvorschläge, die Emissionen auf Gemeinschaftsebene an der Quelle anzugehen, als vorrangig zu betrachten.

Ich weiß, dass all diese Punkte in der ersten Lesung für das Parlament und im Ausschuss die ganze Zeit wichtig waren. Meines Erachtens wird der aktuelle vorgeschlagene Kompromiss das Parlament zufrieden stellen, da in Bezug auf das Grundprinzip, ehrgeizige, aber realistische Normen für die Luftqualität festzusetzen, wichtiger Boden gewonnen werden konnte, und zwar dank eines klaren Fahrplans, der die Annahme der erforderlichen gemeinschaftlichen Maßnahmen und eine klar umrissene Überarbeitung im Jahr 2013 enthält.

Ferner bin ich besonders erfreut festzustellen, dass sowohl das Parlament als auch der Rat es als wichtig erachtet haben, bei dieser Richtlinie zu einem Kompromiss zu kommen. Dank dem daraus erwachsenen Kompromiss und der gezeigten Entschlossenheit kann die Europäische Union wirksame nächste Schritte ergreifen, um sicherzustellen, dass ihre Bürger gesündere Luft atmen.

Abschließend bleibt mir zu sagen, dass die Kommission mit den Ergebnissen der Verhandlungen sehr zufrieden ist. Die Kommission kann die vorgeschlagenen Änderungsanträge vollständig akzeptieren.

Ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Krahmer, noch einmal für all seine Bemühungen, in zweiter Lesung zu einer Einigung zu kommen, danken und ihm dazu gratulieren.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 11. Dezember 2007, statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
MPphoto
 
 

  Małgorzata Handzlik (PPE-DE), schriftlich.(PL) Es muss weder erläutert noch betont werden, wie wichtig eine gute Umgebungsluft ist. Die derzeitige Priorität der europäischen Politik, die auf der raschen und weit reichenden Einführung kohärenter und einheitlicher Rechtsvorschriften liegt, um die Qualität der Luft sicherzustellen, ist der richtige Ansatz.

In dem Richtlinienentwurf, der derzeit erörtert wird, werden bestehende europäische Rechtsvorschriften durch einen einzigen kohärenten Vorschlag zusammengefasst und gestrafft. Nach der Prüfung des Vorschlags kann versichert werden, dass das von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten, der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament und der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa angenommene Kompromisspaket die Interessen aller Parteien, die von der Richtlinie direkt betroffen sein werden, uneingeschränkt berücksichtigt. Dies ist ein ausgewogener Vorschlag für die Mitgliedstaaten, die den Stellenwert ihrer Bestimmungen durch eine gleichzeitige Verbesserung der Luftqualität in Europa und langfristig einer deutlichen Verringerung der PM spüren werden.

Abgesehen von der sehr ausführlichen Behandlung der einzelnen Zielwerte für PM10 und PM2,5 ist es meines Erachtens sehr wichtig, sich auf die Bestimmungen zur Flexibilität beim Erreichen der zulässigen Werte für die Mitgliedstaaten zu konzentrieren. Es sollte darauf hingewiesen werden, dass die Mitgliedstaaten bereits erhebliche Schwierigkeiten haben, die schon bestehenden Bestimmungen für die Verbesserung der Luftqualität zu erfüllen.

Unterstrichen werden müssen ferner die langfristigen Maßnahmen für die Luftqualität. Wir wissen aus Erfahrung, dass kurzfristige Maßnahmen häufig weniger wirksam sind als langfristige. Die Mitgliedstaaten sollten dazu ermutigt werden, auf freiwilliger Basis langfristige politische Strategien zur Luftverschmutzung zu verfolgen.

 
  
MPphoto
 
 

  Gyula Hegyi (PSE), schriftlich.(HU) Das Recht auf saubere Luft lässt sich auch als Menschenrecht auslegen, da es Aufgabe der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union ist, grundlegende Lebensbedingungen für die Menschen sicherzustellen (sauberes Wasser und saubere Luft). Vor fünfzig bis hundert Jahren war der rauchende Fabrikschlot das Symbol der Industriegesellschaft. Unsere Werte haben sich seitdem geändert, und wir schätzen eine saubere und natürliche Lebensweise, zumindest in unseren Worten. Bedauerlicherweise zeugt die Luft in unseren Städten nur teilweise davon. Mit dem Zusammenbruch der Schwerindustrie bzw. ihrer Verlagerung in die Dritte Welt ist die Verschmutzung durch die Industrie zurückgegangen, aber die Motorisierung hat sich vervielfacht. Vor fünfundzwanzig Jahren gab es in Ungarn mit seinen zehn Millionen Einwohnern nur eine Million Autos, nun sind es dreimal so viele, von denen fast eine Million die Luft in Budapest verschmutzt, dazu kommen die katastrophalen Folgen für die Gesundheit. Die Fälle von Lungenkrebs haben sich vervielfacht und die Zahl der Asthmafälle ist um das Neunfache gestiegen. Kleine Kinder, die an Hauptstraßen leben, sind einem ständigen Risiko ausgesetzt. Es hat sich auch gezeigt, dass die Verschmutzung durch Mikropartikel aus Dieselfahrzeugen für die menschliche Gesundheit besonders schädlich ist. Europa sollte sich schämen, dass die Standards in der EU hierbei unter denen der Vereinigten Staaten liegen. Wir sollten nicht nur reden, sondern handeln. Wir müssen präzise Instrumente für die Begrenzung des Straßenverkehrs in besiedelten Gebieten einsetzen und striktere Emissionsbestimmungen als die bisherigen für die Fahrzeuge festlegen, die weiter benutzt werden sollen. Wir müssen von einer Gesellschaft der Umweltverschmutzer zu einer Gesellschaft des gesunden Lebens werden!

 
  
MPphoto
 
 

  Monica Maria Iacob-Ridzi (PPE-DE), schriftlich.(RO) Die EU-Richtlinie zur Luftqualität wird die Gesundheit der europäischen Bürger verbessern und zur Erhöhung des Lebensstandards in städtischen Gebieten beitragen. Aufgrund der verbindlichen Form dieser Rechtsvorschrift wird dies auf dem gesamten Gebiet der Europäischen Union erreicht werden.

Ein Schwachpunkt der Richtlinie ist die Finanzierung von Maßnahmen zur Anpassung an die Ziele, zu denen sich die Mitgliedstaaten bis 2010 bzw. bis 2015 verpflichtet haben. Als erster Schritt ist ein beträchtlicher finanzieller Aufwand nötig, um Zentren für Probenahmen und die Messung der Luftverschmutzung einzurichten. Die den Mitgliedstaaten bereits zugewiesenen Strukturfondsmittel, die für die Umweltpolitik in Anspruch genommen werden können, sollen auch für die Erfüllung der in der Richtlinie beschriebenen Ziele zugänglich sein, dadurch verringern sich aber die ursprünglich geschätzten Beträge. Meines Erachtens muss eine zusätzliche Haushaltslinie geschaffen werden, wenn die Richtlinie wirksam wird.

Zugleich bin ich für die Aufnahme einer Flexibilitätsklausel, die den Mitgliedstaaten Übergangszeiten von bis zu zwei Jahren einräumen würde, vorausgesetzt, sie können beweisen, dass sie erhebliche Anstrengungen unternommen haben, um die Ziele einer Verringerung der Luftverschmutzung zu erreichen.

 
  
MPphoto
 
 

  Eija-Riitta Korhola (PPE-DE), schriftlich. – (FI) Wir erörtern heute in zweiter Lesung zwei wichtige Richtlinien zur Verbesserung der Qualität der Umwelt. Die eine bezieht sich auf das Meer, die andere auf die Luft. Der Schutz der Luft ist einer der wichtigsten und traditionsreichsten Bereiche des Umweltschutzes, weil die Luftqualität und die menschliche Gesundheit unmittelbar zusammenhängen. Wie die Kommission erklärte, hat sich die Lebenserwartung in der EU auf Grund der Luftverschmutzung um 8,5 Monate verkürzt. Die Lebensqualität von Hunderttausenden von Menschen verschlechtert sich von Tag zu Tag, und die natürliche Umwelt ist in Gefahr, trotz einer beträchtlichen Verringerung der Emissionen in den letzten Jahren. Die Bedeutung der Richtlinie zur Luftqualität kann wahrscheinlich nicht genug betont werden: Sie führt eine Reihe von bisher verstreuten Normen, zusammen, und das ist ein besserer Ansatz für eine Lösung des Problems insgesamt.

Ich möchte zunächst einmal dem Rat für seine Bereitschaft danken, mit dem Parlament eine Reihe wichtiger Fragen zu erörtern. Fast die Hälfte der in erster Lesung angenommenen Änderungsanträge wurde vollständig übernommen. Letztendlich hat der Rat bestimmte, ganz entscheidende Änderungen des Europäischen Parlaments mitgetragen. Das betraf den Ersatz bestimmter Zielwerte für Partikelkonzentrationen durch verbindliche Grenzwerte, die Fristen dafür und die Art und Weise, wie diese angewendet werden sollen. Der Normgrenzwert für die PM2,5-Partikel, die für die menschliche Gesundheit am schädlichsten sind, ist dabei von besonderer Wichtigkeit.

Wir brauchen daher eine sehr strenge Richtlinie. Reine Grenzwerte allein reichen jedoch nicht aus. Es gilt, die Aufmerksamkeit auch auf die Techniken zur Verbesserung der Luftqualität zu richten.

 
Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen