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Ausführliche Sitzungsberichte
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Montag, 10. Dezember 2007 - Straßburg Ausgabe im ABl.
1. Wiederaufnahme der Sitzungsperiode
 2. Erklärung des Präsidenten
 3. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
 4. Zusammensetzung des Parlaments
 5. Unterzeichnung von Rechtsakten, die im Mitentscheidungsverfahren angenommen wurden: siehe Protokoll
 6. Rücküberweisung von Änderungsanträgen für das Plenum zur erneuten Prüfung durch den Ausschuss (Artikel 156 GO): siehe Protokoll
 7. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
 8. Mündliche Anfragen und schriftliche Erklärungen (Vorlage): siehe Protokoll
 9. Petitionen: siehe Protokoll
 10. Übermittlung von Abkommenstexten durch den Rat: siehe Protokoll
 11. Hinfällige schriftliche Erklärungen: siehe Protokoll
 12. Dringlichkeitsantrag: siehe Protokoll
 13. Bekämpfung des Terrorismus (eingereichte Entschließungsanträge): siehe Protokoll
 14. Arbeitsplan: siehe Protokoll
 15. Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen
 16. Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Aussprache)
 17. Luftqualität und saubere Luft für Europa (Aussprache)
 18. Volks- und Wohnungszählungen (Aussprache)
 19. Sicherheit von Spielzeug (Aussprache)
 20. Brandschutz in Hotels (Aussprache)
 21. Europäisches Vertragsrecht (Aussprache)
 22. Zehnter Jahrestag des Ottawa-Übereinkommens über das Verbot von Antipersonenminen (Aussprache)
 23. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 24. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

(Die Sitzung wird um 17.00 Uhr eröffnet.)

 
1. Wiederaufnahme der Sitzungsperiode
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  Der Präsident. − Ich erkläre die am Donnerstag, dem 29. November 2007, unterbrochene Sitzungsperiode für wieder aufgenommen.

 

2. Erklärung des Präsidenten
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  Der Präsident. − Am 1. Dezember sind zwei Mitglieder der spanischen Sicherheitskräfte durch die Terrororganisation ETA in Capbreton in Frankreich erschossen worden. Ein junger spanischer Polizeibeamter von 24 Jahren, Raúl Centeno, starb sofort, und ein zweiter Polizeibeamter, Fernando Trapero, 23 Jahre alt, wurde schwer verletzt und starb am vergangenen Mittwoch.

Ich möchte in Ihrer aller Namen, liebe Kolleginnen und Kollegen, den Familienangehörigen der Opfer mein aufrichtiges Mitgefühl bekunden.

Ich möchte ebenfalls dem spanischen Volk, den spanischen Behörden, den demokratischen Institutionen des Landes und insbesondere den Sicherheitskräften eine Botschaft der Solidarität übermitteln. Das Europäische Parlament verurteilt jede Art von Gewalt als Mittel zur Durchsetzung von Zielen. Terrorismus ist ein Anschlag auf Freiheit und Demokratie. Der Terrorismus muss unter Einsatz aller Mittel, die dem Rechtsstaat zu Gebote stehen, bekämpft und beseitigt werden. Für Terror kann es keine Rechtfertigung geben. Bei der Bekämpfung des Terrorismus dürfen wir uns keine Schwächen leisten. So wird es der terroristischen Bedrohung niemals gelingen, die Demokratie in die Knie zu zwingen!

Ich bin sicher, dass wir uns bei diesen Grundsätzen alle einig sind. Ich danke Ihnen.

(Beifall)

 

3. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll

4. Zusammensetzung des Parlaments
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  Der Präsident. − Die 35 rumänischen Mitglieder werden die Stimme der rumänischen Bürgerinnen und Bürger sein und ihre Interessen im Europäischen Parlament vertreten. Als Präsident des Europäischen Parlaments wünsche ich den neuen Kolleginnen und Kollegen – und viele kennen wir ja schon aus ihrer bisherigen Arbeit – allen Erfolg in den bevorstehenden eineinhalb Jahren ihres Mandats.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch noch einmal allen Mitgliedern des rumänischen Parlaments danken, die seit September 2005 Beobachter und seit dem 1. Januar dieses Jahres Mitglieder des Europäischen Parlaments waren. Ich danke Ihnen für Ihre unermüdliche Arbeit und Ihr Engagement für die europäische Einigung.

(Beifall)

13 der ersten entsandten Europaparlamentarier wurden wiedergewählt, und ich hoffe, dass sie ihren neuen Kolleginnen und Kollegen behilflich sein werden, sich sehr rasch voll in die Arbeit des Parlaments zu integrieren, um so gemeinsam zum Nutzen ihrer Wählerinnen und Wähler zum Gelingen des europäischen Einigungsprojekts beizutragen.

Die Liste dieser Mitglieder wird im Protokoll der heutigen Sitzung veröffentlicht. Noch einmal, sehr herzlich willkommen, liebe Kolleginnen und Kollegen aus Rumänien(1).

 
  

(1)Nähere Einzelheiten zur Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll


5. Unterzeichnung von Rechtsakten, die im Mitentscheidungsverfahren angenommen wurden: siehe Protokoll

6. Rücküberweisung von Änderungsanträgen für das Plenum zur erneuten Prüfung durch den Ausschuss (Artikel 156 GO): siehe Protokoll

7. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll

8. Mündliche Anfragen und schriftliche Erklärungen (Vorlage): siehe Protokoll

9. Petitionen: siehe Protokoll

10. Übermittlung von Abkommenstexten durch den Rat: siehe Protokoll

11. Hinfällige schriftliche Erklärungen: siehe Protokoll

12. Dringlichkeitsantrag: siehe Protokoll

13. Bekämpfung des Terrorismus (eingereichte Entschließungsanträge): siehe Protokoll

14. Arbeitsplan: siehe Protokoll

15. Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgen die Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen.

 
  
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  Georgios Papastamkos (PPE-DE). - (EL) Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie wissen, verhandeln die Union und Südkorea über die Schaffung einer Freihandelszone. Ich habe die Kommission im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle auf eine Frage aufmerksam gemacht, die für die Wirtschaft einiger Teile Griechenlands und anderer Regionen sehr wichtig ist.

Ich meine die extrem hohen Importzölle, die Südkorea auf Obstkonserven erhebt. Wir wissen, dass das Europäische Parlament auf die Gestaltung der Außenhandelspolitik nur eingeschränkt Einfluss nehmen kann. Aber die geheime Verhandlungsführung der Kommission darf zumindest innerhalb des EU-Systems nicht in zu wenig Transparenz und demokratischer Kontrolle enden.

 
  
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  András Gyürk (PPE-DE).(HU) Herr Präsident, ich danke Ihnen dafür, dass Sie mir das Wort erteilen! Meine Damen und Herren! Die Wahlen in Russland vom 12. Dezember können Ängste wecken. Die Beobachter der OSZE und des Europarats haben – sofern sie überhaupt ein Visum erhielten – über massive Unregelmäßigkeiten berichtet. Vor den Wahlen ließen die Regierungskräfte nichts unversucht, um eine Opposition der politischen Bewegungen unmöglich zu machen. Wir sind davon überzeugt, dass Europa nicht den Kopf in den Sand stecken darf, wenn es um antidemokratische Prozesse geht. Unter keinen Umständen darf das Argument, die Stabilität der Regierung wahren zu müssen, als Rechtfertigung für die Einschränkung der Meinungsfreiheit und des Wahlrechts herhalten. Wir dürfen nicht vergessen, dass ein Staat, der eine Politik der Stärke innerhalb seiner Grenzen verfolgt, nicht davor zurückschrecken wird, eine solche Politik auch in den internationalen Beziehungen einzusetzen. Unseres Erachtens gibt es keine Alternative zu einer Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Russland. Zugleich müssen die bilateralen Beziehungen in jedem Fall auf der Wahrung der Menschenrechte und auf echter Gegenseitigkeit beruhen. Danke.

 
  
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  Der Präsident. − Er war Nutznießer eines Versehens von mir. Ich hatte irrtümlicherweise PPE-DE gelesen anstatt PSE, was natürlich nicht zulässig ist. Deswegen bekommen jetzt zwei Vertreter aus der Sozialdemokratischen Fraktion das Wort.

 
  
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  Antonio Masip Hidalgo (PSE). - (ES) Herr Präsident! Vielen Dank für Ihre anteilnehmenden Worte zu dem terroristischen Anschlag, denen zwei junge Spanier zum Opfer fielen, die Sie im Namen des gesamten Hauses zu Beginn dieser Sitzung ausgesprochen haben. Vielen herzlichen Dank, Herr Präsident!

Ich möchte Sie daran erinnern, dass am 16. Mai Miguel Ángel López und Edén Galván, zwei Spanier, zusammen mit fünf portugiesischen Bürgern in Riga festgenommen wurden, weil sie an Straßenlaternen hängende lettische Fahnen heruntergerissen haben.

Hinter ihrer Handlung steckte keine böse Absicht. Bis zur gerichtlichen Voruntersuchung, für die ihnen kein Dolmetscher gestellt wurde, erhielten sie keinen rechtlichen Beistand, und für das Gespräch mit einem Rechtsanwalt blieben ihnen nur wenige Sekunden. Sie wurden von der Polizei geschlagen und in Einzelhaft genommen. Einem von ihnen wurden eine Woche lang die für die Behandlung seiner Erkrankung notwendigen Medikamente verweigert.

Einige der Festgenommenen verbrachten 13 Tage in Haft ohne Anklage. Miguel Ángel und Edén Galván waren 19 Tage inhaftiert. Der Albtraum endete für sie im November mit einer Geldstrafe von jeweils 4 000 Euro.

Ich weiß von anderen Fällen unangemessener Behandlung wegen angeblicher Verletzung lettischer Hoheitszeichen, was, so meine ich, schon eine sehr ernste Angelegenheit ist. Am heutigen Tag der Menschenrechte bitte ich den Präsidenten, der sich sehr für die Menschenrechte einsetzt, ein Schreiben an den lettischen Präsidenten zu richten, in dem er unsere große Besorgnis über diese Situation zum Ausdruck bringt.

 
  
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  Inés Ayala Sender (PSE). - (ES) Herr Präsident! Auch ich danke Ihnen für Ihre Worte des Mitgefühls zur Ermordung der zwei Polizeibeamten in Capbreton.

Aber ich möchte auch Kritik angesichts der enttäuschenden Vorstellung dieses Hauses während des Besuchs des Präsidenten der spanischen Regierung, José Luis Rodríguez Zapatero, äußern. Als Spanier und Vertreter der europäischen Bürger im Parlament ist es für mich nur schwer zu verstehen, wie unsere Institution den Präsidenten Spaniens einladen kann und dann nicht alles unternimmt, um seinen Besuch würdig zu gestalten. Besonders auffällig war das Verhalten in den Reihen der Mehrheitsfraktion, dort hatte man schon fast den Eindruck, es sei eine Anweisung ergangen, und dieses Verhalten wurde in den Medien meines Landes kommentiert.

Ich meine, wir haben eine große Chance vertan, die proeuropäischen Verbindungen zwischen dem Parlament und dem spanischen Volk, das an diesem Tag hier in diesem Haus durch den Präsidenten seiner Regierung vertreten war, deutlicher sichtbar zu machen. Das Parlament hat nicht die Gastfreundschaft geboten, die das spanische Volk und die Bürger Europas erwartet haben.

Glücklicherweise zeichnet sich der Präsident Spaniens durch Großzügigkeit und eine zutiefst proparlamentarische Haltung aus, sodass er es vorzog, sich zum Niveau und zur Fülle der Debatte wie auch zu dem großartigen Empfang, der ihm von den anderen Fraktionen und auch den vielen spanischen Bürgern in den Einrichtungen des Rates bereitet wurde, zu äußern.

Ich gehe davon aus, Herr Präsident, dass Sie dank Ihrer umfangreichen Erfahrungen und aufgrund Ihre derzeitigen Verantwortung als Präsident dieses Hauses wissen, was zu tun ist, um diesen unglücklichen Eindruck zu korrigieren und sicherzustellen, dass sich so etwas nicht wiederholt.

 
  
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  Der Präsident. − Der Präsident freut sich immer, wenn das Plenum gut besetzt ist und besonders bei solchen Anlässen.

 
  
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  Меtin Kazak (ALDE).(BG) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Bulgarien hat mit seinem Beitritt ein für die Balkanregion und Europa einzigartiges funktionsfähiges Toleranzmodell in die Europäische Union eingebracht. Es beruht auf dem Gleichgewicht zwischen dem Prinzip der Integration der Minderheiten in allen Bereichen des politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens des Landes und dem Prinzip der Bewahrung ihrer ethnischen und religiösen Identität. Dieses Modell wies einen Weg aus dem Stillstand der interethnischen Spannungen, in den der „Wiederbelebungsprozess“ Bulgarien gestürzt hat. Und mit genau diesem Modell wurden die gutnachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Christen und Moslems wiederhergestellt und ethnische Konflikte einem politischen Prozess zugeführt.

Bei der Entwicklung des bulgarischen ethnischen Modells spielt die Bewegung für Rechte und Freiheit eine entscheidende Rolle. Als größte liberale Partei auf dem Balkan verteidigt die DPS die Rechte und Freiheiten des Einzelnen und gewährt den Minderheiten Schutz. Dabei lässt sie sich vom Gesetz und den europäischen Werten und nicht von der Herkunft oder Religion leiten. Im Gegensatz zu anderen Nachbarländern hat sich die DPS auch während der durch schärfste Repression gekennzeichneten kommunistischen Herrschaft zu keiner Zeit zu gewaltvollen Methoden verleiten lassen. Die Partei hat keine sezessionistischen Gedanken oder Aktionen unterstützt; sie bemüht sich vielmehr um das einvernehmliche Vorgehen aller demokratischen Parteien sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene, um neuen Tendenzen ethnischer oder religiöser Intoleranz oder von Rassendiskriminierung entschieden entgegenzutreten.

 
  
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  Zdzisław Zbigniew Podkański (UEN).(PL) Herr Präsident, durch den Missbrauch von Pestiziden und eine unpassende Abfallbewirtschaftung hat sich die Bodenqualität verschlechtert, dies stellt eine Bedrohung für unsere Bürger dar. Es sollte eine unserer vorrangigen Aufgaben sein, es ihnen und künftigen Generationen zu ermöglichen, gesunde Lebensmittel herzustellen.

Die Lösungen, die im Bericht von Frau Gutiérrez-Cortines vorgelegt werden, und zu denen die Erstellung eines Verzeichnisses der verseuchten Gebiete in jedem Mitgliedstaat sowie eine Strategie zur Sanierung dieser Gebiete gehören, sind zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung. Ich hoffe, es wird noch weitere solcher Schritte geben.

Die chemische Verunreinigung und die Beseitigung ihrer Folgen sind jedoch längst nicht alles. Ein neues und noch beunruhigenderes Problem ist mit der vermehrten Herstellung gentechnisch veränderter Lebensmittel aufgetaucht; dies ist die biologische Verunreinigung. Ich versichere Ihnen allen, dass GVO noch sehr viel bedenklicher sind als die chemische Verunreinigung. Wenn wir die chemische Verunreinigung bekämpfen, müssen wir also auch der biologischen Verunreinigung den Kampf ansagen. Die EU muss die Verwendung gentechnisch veränderter Organismen in Lebensmitteln ganz entschieden ablehnen.

 
  
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  Milan Horáček (Verts/ALE). - Herr Präsident! Bei den Duma-Wahlen vom 2. Dezember hat sich wieder einmal gezeigt, dass in Russland keine Überraschungen zu erwarten sind. Dafür wurde bereits im Vorfeld gesorgt, etwa durch massive Veränderungen an der Wahlgesetzgebung, die gezielte Zersetzung und Einschüchterung der Opposition, das Einsperren und Ausschalten von potentiellen Gegnern wie Chodorkowski oder die wiederholten Verhaftungen von Garri Kasparow.

Von dem Ergebnis des „Einigen Russlands“ sind wir nicht beeindruckt. Die Putin-Partei gewinnt, die Demokratie verliert. Dieser fragliche Erfolg wird dadurch verstärkt, dass keine regierungskritische Partei ins Parlament kam. Für die Beziehungen Europas zu Russland sind diese Wahlen kein Zeichen für eine gemeinsame Basis, die sich auf Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit stützt. Diese entmutigende Generalprobe lässt nichts Gutes für die Präsidentschaftswahlen im März 2008 vorausahnen und zeigt uns gleichzeitig, wie wichtig unser Werteverständnis sein muss.

 
  
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  Willy Meyer Pleite (GUE/NGL). - (ES) Herr Präsident! Vielen Dank für Ihre im Namen unserer Institution abgegebene Erklärung, in der Sie die von der ETA begangenen Morde verurteilen.

Ich möchte nun zu meinem eigentlichen Anliegen kommen: In der vergangenen Woche hatte ich die Gelegenheit, mit Frau Yolanda Pulecio, der Mutter von Ingrid Betancourt, zu sprechen, die, wie Sie wissen, 2001 von der FARC als Geisel gefangen genommen wurde. Sie erklärte mir gegenüber, wie wichtig es sei, dass die Europäische Union die Vermittlungsbemühungen sowohl von Hugo Chávez, dem Präsidenten Venezuelas, als auch dem französischen Präsidenten Sarkozy unterstützt. Und ich überbringe diese Botschaft heute Ihnen, dem Parlament und der Kommission sowie den europäischen Institutionen. Am 9. Oktober bekundeten auch die europäischen Institutionen über die portugiesische Präsidentschaft ihre Unterstützung für diese Vermittlertätigkeit.

Das ist unbedingt erforderlich, da sich nun ein Weg für eine Vermittlung abzeichnet, der das Leiden vieler Geiseln, die sich seit langer Zeit in Gefangenschaft befinden, beenden und den Beginn der Wiederherstellung der Normalität im Konflikt in Kolumbien bedeuten könnte

Deshalb bitte ich die europäischen Institutionen, den Aufruf von Frau Yolanda Pulecio, der Mutter von Ingrid Betancourt, nicht ungehört verhallen zu lassen.

(Beifall)

 
  
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  Gerard Batten (IND/DEM).(EN) Herr Präsident! Am 23. November hat sich die Ermordung eines Mitglieds meines Wahlkreises, von Alexander Litwinenko, zum ersten Mal gejährt. Der Mord war ein staatlich finanzierter atomarer Terrorangriff. Der Stoff, mit dem er getötet wurde, Polonium-210, wird streng kontrolliert und kann leicht nach Russland zurückverfolgt werden, sogar bis hin zur der ursprünglichen Charge, der er entnommen wurde. Das Verbrechen kann nur von höchster politischer Führungsebene in Russland genehmigt worden sein.

Die britischen Behörden haben lediglich die Ausweisung einer Person, nämlich von Andrej Lugowoi, beantragt. Die Ermordung war aber nicht die Tat eines Einzelnen: Ein Team geschulter Geheimagenten war darin verwickelt. Die britische Regierung hat sichergestellt, dass Herr Lugowoi scheinbar die alleinige Verantwortung trägt, um so die Aufmerksamkeit von den tatsächlich Schuldigen abzulenken. Der Verdacht reicht direkt in den Kreml. Wenn Präsident Putin die Tat nicht angeordnet hat, so weiß er mit Sicherheit, wer es war.

 
  
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  Monica Maria Iacob-Ridzi (PPE-DE). - (RO) Herr Präsident, am Ende des Jahres erstellt die Europäische Kommission den Bericht über die Hindernisse beim Zugang zum Arbeitsmarkt.

Meines Erachtens sollten in diesem Bericht unbedingt zwei Fragen hervorgehoben werden: die den neuen Mitgliedstaaten auferlegten Beschränkungen sind nicht gerechtfertigt, da ihr Beitritt kein Ungleichgewicht auf den Märkten der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union hervorgerufen hat. Zweitens sollten diese sollte diese Beschränkungen nicht über die ersten zwei Jahre hinausgehen, die im europäischen Arbeitsrecht festgelegt sind.

Bei der 2+3+2-Formel wird in den Mitgliedstaaten leicht verwendet, um auf bestimmte derzeitige Erfordernisse der Politik zu reagieren.

Daher halte ich eine entschiedene Haltung der europäischen Institutionen bei den ersten zwei Jahren für notwendig, um die ungerechtfertigte Blockade der Bewegung der Arbeitskräfte zu stoppen.

Ich möchte auch den Grundsatz der Meistbegünstigung der Gemeinschaft in dem Zusammenhang erneut bekräftigen, in dem das Parlament die europäische Blaue Karte diskutiert, die über 20 Millionen Arbeitskräften aus Ländern außerhalb der Europäischen Union die Einreise ermöglichen soll.

Gemäß diesem Grundsatz ist es regelwidrig, Arbeitnehmer aus den kürzlich beigetretenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union strenger als die aus Drittstaaten zu behandeln.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE).(EN) Herr Präsident! Die Erweiterung des Schengen-Raums ist ein wunderbares Weihnachtsgeschenk für die Europäer des 21. Jahrhunderts, wenngleich das für unsere Nachbarn, die Ukraine, Russland, Moldau und Belarus, einen neuen europäischen Vorhang bedeutet: einen finanziellen und bürokratischen Vorhang anstelle des sehr alten Eisernen. Früher konnten unsere Nachbarn mit kostenlosen oder vergünstigten Visa in viele Schengen-Länder reisen. Jetzt müssen sie zwischen 35 und 60 Euro bezahlen. In einigen dieser Länder entspricht das einem Drittel eines Monatsgehalts.

Für die EU geht der finanzielle Gewinn aus diesen Visagebühren nach hinten los. Die EU wird für ganz normale Nachbarn zu einem fernen Land. Letzten Endes ist es doch so: Je mehr Menschen in die EU reisen, desto besser können sie sehen, wie wir leben. Zudem wird unser Tourismussektor davon profitieren. Auch aus finanzieller Sicht ist es besser, Reisen zuzulassen als einzuschränken.

Wir brauchen keine Festung Europa. Ich wende mich an meine Kolleginnen und Kollegen und den Präsidenten dieses Hauses und bitte sie, Druck auf den Rat auszuüben, damit er die Bedingungen für die Visagebühren für unsere europäischen Nachbarn prüft.

 
  
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  Toomas Savi (ALDE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte Sie auf ein Dokument aufmerksam machen, an dem dieses Haus bald arbeiten wird: Das ist der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel.

Ich bin besorgt darüber, dass dieser Vorschlag der Kommission keine Artikel enthält, mit deren Hilfe die Mitgliedstaaten den Stromimport aus Drittländern einschränken könnten, wenn deren Umweltvorschriften weniger strikt sind als die der Europäischen Union.

Die Europäische Union sollte Stromversorgern, die zu niedrigen Preisen, aber mit verheerenden Folgen für die Umwelt, Strom erzeugen, keinerlei Zugeständnisse machen. Das wäre eine rückgratlose Abwendung von unseren Werten und es wäre europäischen Stromversorgern gegenüber, die die erforderlichen Normen einhalten, einfach unfair.

 
  
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  Ryszard Czarnecki (UEN).(PL) Herr Präsident. Ich möchte auf zwei Beiträge meiner Kollegen Bezug nehmen und mich zu den Wahlen in Russland äußern. Sie erinnerten mich an einen alten Witz, in dem es heißt, jeder Amerikaner könne sein Auto frei wählen, solange es ein schwarzer Ford ist. Ich habe jedoch den Eindruck, dass viele europäische Politiker einen Seufzer der Erleichterung darüber ausstießen, dass eine gewisse Kontinuität besteht und es in Russland weiterhin jemanden gibt, mit dem sie reden können.

Natürlich verstehe ich das wirtschaftliche Interesse einzelner Mitgliedstaaten, vor allem der großen Staaten, sowie das Interesse einzelner Lobbygruppen und einzelner Industriezweige. Doch unsere stillschweigende Zustimmung zur Nichteinhaltung der Menschenrechte in Russland, die Blindheit und Taubheit unserer Europäischen Union können die russischen Behörden nur darin bestärken, immer mehr Kasparows zu verhaften. Je schweigsamer wir in der EU über die Geschehnisse in Russland sind, je weniger wir dazu sagen, desto größer ist die Politik der Unterdrückung in diesem Land, so einfach ist das. Daher schlage ich vor, dass wir über das reden müssen, was in Russland vor sich geht. Und es geschehen dort schlimme Dinge.

 
  
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  Gisela Kallenbach (Verts/ALE). - Herr Präsident! Ich möchte auf die Situation der bulgarischen Kunsthistorikerin Martina Baleva sowie ihres deutschen Kollegen von der Freien Universität Berlin, Ulf Brunnbauer, aufmerksam machen. Beide sind Morddrohungen und Hetzkampagnen im Zusammenhang und als Folge einer wissenschaftlichen Arbeit über ein Gemälde ausgesetzt, das insbesondere durch den Fernsehsender Skat TV und die radikale Partei Ataka. Letztere hat bei dem Abschluss ihres Europawahlkampfs ein Plakat in der Öffentlichkeit gezeigt, ein Transparent, auf dem stand: „Baleva aufs Schafott – der Deutsch-Jude auf den Pfahl!“ Die Strafanzeige bei der bulgarischen Staatsanwaltschaft wegen öffentlichen Aufrufs zum Mord ist seit Juni nicht bearbeitet worden. Aus Sicherheitsgründen hält sich Frau Baleva jetzt in Deutschland auf, der TV-Sender hat ein Preisgeld auf sie ausgesetzt. Der bulgarische Staat reagiert nicht, und das ist eines Mitgliedstaates unwürdig und nicht hinnehmbar!

 
  
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  Kyriacos Triantaphyllides (GUE/NGL).(EL) Herr Präsident! Der EU-Afrika-Gipfel hat in Lissabon stattgefunden. In der gemeinsam verabschiedeten Stellungnahme wurden vor allem die Kooperationsvereinbarungen zwischen der Union und den afrikanischen Ländern hervorgehoben. Den zuständigen Kommissaren, Herrn Mandelson und Herrn Michel, zufolge werden diese Vereinbarungen der Entwicklung Afrikas neue Impulse verleihen.

Abgesehen davon, dass wir die politische Unterstützung jahrelang zu Gunsten der wirtschaftlichen Unterstützung ignoriert haben, lohnt es sich, darüber nachzudenken, was wir den afrikanischen Ländern noch anbieten können, wenn wir z. B. wissen, dass die EU-Exporte nach Afrika in den letzten 15 Jahren um 84 % zugenommen haben, wodurch arme Länder gezwungen waren, 57 % ihres BIP für den Import von Lebensmitteln auszugeben, die sie auch vor Ort hätten produzieren können.

Die einzigen, die von dieser Kooperation profitieren, sind die großen europäischen Unternehmen. Wir dürfen uns da nichts vormachen. Lassen Sie uns klar sagen: Wir geben Geld, das direkt an uns zurückfließt.

 
  
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  Pál Schmitt (PPE-DE).(HU) Danke, Herr Präsident! Vier MdEP mit ungarischer Staatsangehörigkeit haben bei den Wahlen zum Europäischen Parlament in Rumänien ein Mandat erhalten: Magor Csibi, Csaba Sógor, László Tőkés und Gyula Winkler. Dies ist ein hervorragendes Ergebnis und eine wunderbare Chance für die ungarische Gemeinschaft, für die gleiche Autonomie zu kämpfen, die in ganz Europa Praxis ist, nämlich die Ausbildung in der Muttersprache und eine unabhängige ungarischsprachige Universität.

Ich möchte vor allem Bischof László Tőkés nennen, denn für uns alle ist ein aufrichtiges, authentisches Mitglied, das der Demokratie und den Menschenrechten verpflichtet ist, eine Bereicherung. Er wurde als unabhängiger Einzelkandidat gewählt, ohne Parteiliste, dafür gibt es bisher nur wenige Beispiele. Die Tatsache, dass sein Wahlkampf ehrlich geführt wurde und sich auf die Werte der grundlegenden Menschenrechte stützte, spielte bei seinem Wahlerfolg eine große Rolle. Bischof Tőkés ist in der ungarischen Politik durch seine bisherigen Tätigkeit, seine Rolle beim Übergang Rumäniens zur Demokratie und seinen unermüdlichen Kampf für die größte nationale Minderheit in Europa, die in Rumänien lebende ungarische Gemeinschaft, eine Art Legende in der ungarischen Politik geworden. Im Namen der Delegation der ungarischen Volkspartei betrachte ich es als meine Pflicht, unsere Landsleute als gewählte Vertreter der ungarischen Gemeinschaft in Rumänien willkommen zu heißen. Danke.

 
  
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  Maria-Eleni Koppa (PSE).(EL) Herr Präsident! Ich möchte heute im Plenum gern die Frage der Olympic Airlines ansprechen. Meiner Auffassung nach hat die griechische Regierung alle Versuche aufgegeben, über die Zukunft der Olympic Airlines zu verhandeln. Sie macht die anhängige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes so zu einer ausgemachten Sache.

Da bekannt ist, dass die Europäische Union im Rahmen ihrer Regionalpolitik bereits festgestellt hat, dass die Fluggesellschaft mit moderner Ausrüstung gestärkt werden muss, damit die täglichen Verbindungen zu den isolierten Inselteilen des Landes gewährleistet werden können, gibt es für diese inakzeptable Haltung keinerlei Rechtfertigung.

Es ist klar, dass die griechische Regierung ausgehend von einer vorab gefällten Entscheidung auf jedes Recht und jede Möglichkeit, zu verhandeln und Arbeitsplätze zu sichern, verzichtet, was zu einem enormen sozialen Problem führt. Zudem werden alle Anforderungen, die eine Verteilung der immateriellen Vermögenswerte der Olympic Airlines, die einen beträchtlichen wirtschaftlichen Wert ausmachen, still und leise fallen gelassen.

So machen die griechische Regierung und die Europäische Kommission Griechenland im Namen des Wettbewerbs zu einem Reiseziel zweiter Klasse. Dagegen werden sich alle Kräfte wehren, die sich für die Zukunft des Landes als einem ernstzunehmenden Reiseziel einsetzen.

 
  
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  Zsolt László Becsey (PPE-DE).(HU) Danke, Herr Präsident! Die ethnische Vielfalt in der nordserbischen Region Vojvodina gibt wieder einmal Anlass zur Sorge. Das Europäische Parlament hat diese Vielfalt in vielen Beschlüssen zu einem schützenswerten Wert erklärt. Im Sinne des Rückübernahmeabkommens, das Serbien im Übrigen in ungerechter Weise von der Europäischen Union aufgezwungen wurde, ist laut Schätzungen davon auszugehen, dass Zehntausende von Menschen, die sich illegal in den integrierten Mitgliedstaaten aufhalten, nach Serbien zurückgeschickt werden müssen. Da die serbische Regierung keine Strategie für die soziale und geografische Wiedereingliederung dieser Massen besitzt, besteht das Verbot der serbischen Verfassung, Änderungen im Verhältnis der ethnischen Gruppen durch Ansiedlung vorzunehmen, nur auf dem Papier, wenn die rückübernommenen Personen nicht an die Orte zurückkehren, aus denen sie ursprünglich kamen, sondern in die Vojvodina gehen, die eine stärker entwickelte Region ist. Es ist kein Zufall, dass sogar leere Wohnungen hier auf die Liste der Polizei gesetzt werden. Zudem haben die Einheimischen richtige Angst vor eine Welle von Flüchtlingen aus dem Kosovo. Die Spannungen werden durch jüngste Erhebungen des Militärs verstärkt, bei denen die Ungarn der Vojvodina als loyale serbische Bürger angesehen werden. Dies betrachtet ein Land, das ein „Partner für den Frieden“ der NATO ist, und das eine friedliche Ansiedlung im Kosovo anstrebt, jedoch als ungerechtfertigt. Danke, Herr Präsident!

 
  
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  Marianne Mikko (PSE).(ET) Meine Damen und Herren.

Europa darf die Sicherheit nicht der Liberalisierung des Energiemarktes opfern. Zumindest nicht, solange Drittländer Energie als Instrument der Außenpolitik einsetzen.

Beim Erwerb von Gaspipelines in der Republik Moldau nutzte Gazprom den festgefahrenen Konflikt in Transnistrien aus und unterbrach die Gasversorgung und die Ausfuhrmöglichkeiten.

Angesichts der heiklen Lage in der Republik Moldau zweifle ich nicht daran, dass sich unsere Energiesicherheit durch die Bildung weiterer Partnerschaften zwischen verschiedenen Marktregionen, Mitgliedstaaten und Drittländern, die unsere Kriterien erfüllen, verbessern wird.

Kleinere Mitgliedstaaten müssen noch mehr tun, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Estlands Wirtschaft und Militär waren denen unserer Nachbarn immer wieder unterlegen und sind sehr viel kleiner als die des Eroberers Russland.

Energieerzeugung und Energieverteilung haben für Estland strategische Bedeutung. In Anbetracht dessen bin ich der Ansicht, dass bestimmte Unternehmen nicht entflochten werden, sondern in staatlichem Besitz bleiben sollten. Bitte glauben Sie uns, wenn wir sagen, dass dies sehr wichtig für uns ist.

 
  
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  Emmanouil Angelakas (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! Ich möchte den brutalen Übergriff auf einen ethnisch griechischen Journalisten am 5. Dezember in Istanbul ansprechen. Der Journalist heißt Andreas Robopoulos, ist Korrespondent des griechischen Fernsehsenders MEGA und Herausgeber der griechischsprachigen Zeitung ECHO. Er wurde von, wie man sagt „unbekannten Angreifern“, die den Behörden möglicherweise bekannt sind, von hinten angegriffen und erlitt mehrere Armbrüche und Kopfverletzungen, die genäht werden mussten.

Dieser Zwischenfall ereignete sich vor dem Büro von ECHO im Bezirk Pera. Die Angreifer ließen ihr Opfer in seinem Blut auf dem Boden liegen. Das ist einer von vielen Zwischenfällen, wie beispielsweise die Ermordung des ethnisch armenischen Journalisten Hrant Dink am 19. Januar in Istanbul oder die Ereignisse des 13. Dezember, als Bulldozer des türkischen Forstwirtschaftsministeriums das Kloster der Heiligen Trinität auf der Insel Heybeliada (Halki) zerstörten.

Ich fordere das Europäische Parlament, das höchster politischer Ausdruck der Demokratie in der Europäischen Union ist, auf, eine gründliche Untersuchung durchzuführen, energisch zu reagieren und solche Verbrechen vonseiten eines Landes, das eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union anstrebt und gleichzeitig seine eigenen Bürger angreift, zu verurteilen.

 
  
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  Marios Matsakis, (ALDE).(EN) Herr Präsident! Heute ist der internationale Tag der Menschenrechte, und die Welt wird von einer Fülle von Verstößen gegen die Menschenrechte heimgesucht. Zu den Beispielen zählt auch mein kleines Heimatland Zypern. Seit 33 Jahren haben türkische Streitkräfte einen Teil der Insel besetzt und 200 000 Flüchtlinge von ihrer Heimat ferngehalten. Seit 33 Jahren hält die türkische Armee die unbewohnte Stadt Famagusta und benutzt sie, um die griechisch-zypriotische Gemeinschaft zu erpressen. Seit 33 Jahren haben türkische Soldaten der Hauptstadt Nikosia eine Trennung ähnlich der in Berlin aufgezwungen. Und all das, weil das türkische Militär scheinbar die türkische Politik auf Zypern diktiert.

Lassen Sie uns hoffen, dass Herrn Erdoğans neue Regierung realisiert, wie unvertretbar es ist, einen EU-Mitgliedstaat mit seinen Streitkräften zu besetzen und den türkischen Polizeichef Herrn Büyükanıt anweist, seine Streitkräfte schnellstmöglich von der Insel abzuziehen.

 
  
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  Hanna Foltyn-Kubicka (UEN).(PL) Herr Präsident. Man kann die gerade abgeschlossenen Parlamentswahlen in Russland wohl kaum anders als eben einen schlechten Witz auf Kosten der Demokratie bezeichnen. Die Ergebnisse aus der Region Tschetschenien, in der Wahlbeteiligung und Unterstützung für die Partei „Vereintes Russland“ bei 99 % lagen, sind besonders beunruhigend.

Das Beispiel der Tschetschenen ist symptomatisch. Die Menschen, die in diesem Land leben, haben keinen Grund, für das Putin-Team zu stimmen. Das gewaltige Leiden, das ihnen von diesen Personen zugefügt wurde, ist mehrfach erwähnt worden. Eine Wahlbeteiligung und Unterstützung für die Regierungspartei von fast 100 % gibt es in einem demokratischen Staat nicht. Dies erinnert uns lebhaft an die Wahlen in totalitären Staaten.

Es gibt weitere Ähnlichkeiten. Die Wahlen haben gezeigt, dass es für eine Opposition in Russland keinen Platz mehr gibt. Die Redefreiheit ist eingeschränkt, die Medien werden vom Staat kontrolliert. Die Kategorie der politischen Häftlinge kehrt zurück. Diese Gruppe besteht aus denjenigen, die den Mut haben, sich offen gegen das Regime auszusprechen. Die Demokratie wird zu einer Fassade, hinter welcher der so unschuldig wie ein Engel erscheinende Demokrat Putin tun kann, was er möchte.

 
  
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  Mairead McGuinness (PPE-DE). – Herr Präsident! Normalerweise sollten wir kurz vor Weihnachten in guter Laune sein. Ich muss jedoch sagen, dass Irland gegenwärtig geschockt ist angesichts der jungen Menschen, die am Kokainkonsum sterben. Gerade heute wird ein junges Mädchen beerdigt. Sie ist das Gespräch eines ganzen Landes, denn sie stand in der Öffentlichkeit. Meiner Auffassung nach wirft das eine sehr ernste Frage auf, die nicht nur Irland, sondern viele Mitgliedstaaten und ihre jungen Menschen betrifft. Es geht dabei aber auch darum, dass Drogenkonsum ein Teil der Freizeitbeschäftigung ist.

Die Europäische Union und die einzelnen Mitgliedstaaten müssen das Problem direkt und in zwei Richtungen angehen. Natürlich müssen wir die Versorgung unterbrechen, aber das kann extrem schwierig sein. Da bedarf es einer besseren Polizeiarbeit und einer besseren Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten. Aber wir müssen auch die Nachfrage unterbrechen, und wir müssen erreichen, dass junge Leute – ja, dass wir alle –, die in den Drogen lauernden Gefahren erkennen. Diejenigen, die die Legalisierung unterstützen, sollten das zur Kenntnis nehmen.

Schließlich möchte ich diejenigen, die derzeit spritzen, dringend bitten, doch damit aufzuhören. Und ich möchte den irischen Familien, die Angehörige verloren haben, mein Mitgefühl aussprechen.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE).(RO) Herr Präsident! Der Klimawandel ist eines der vielschichtigsten Probleme der internationalen Gemeinschaft.

In diesen Tagen kommen Delegationen aus 190 Ländern, Hunderte von Sachverständigen und Nichtregierungsorganisationen sowie über 1 400 Journalisten zur Konferenz auf Bali zusammen.

Das gemeinsame Ziel besteht darin, einen Fahrplan für die Verringerung des Klimawandels auch nach 2012 festzulegen.

Wir können auf Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel durch wissenschaftliche Forschungen, Anpassungen an den Klimawandel, Senkung der Treibhausgasemissionen und Umsetzung einer globalen Energiestrategie reagieren.

Im Rahmen der Konferenz von Bali sollte die Europäische Union eine führende Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels übernehmen.

Die Maßnahmen, die die Union bereits in einigen Bereichen wie der Luftfahrt ergriffen hat, bei der sie weniger luftverschmutzende Fahrzeuge, Brennstoffqualität und Luftqualität fördert, werden Folgen für die Bekämpfung des Klimawandels und die Belebung der wirtschaftlichen Entwicklung haben.

 
  
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  Zita Pleštinská (PPE-DE).(SK) Herr Präsident! Während der Herrschaft totalitärer Regime hatten die Menschen in Osteuropa häufig Angst vor Zollkontrollen. Die Mitgliedschaft in der EU ist für viele eng mit dem Ende dieser Kontrollen verbunden.

Euro-Regionen, die durch ihre Tätigkeiten die Zusammenarbeit in Grenzgebieten unterstützten, haben die Beseitigung von Hindernissen in diesen Gebieten deutlich erleichtert. Diese grenzübergreifenden Zusammenschlüsse haben uns, die Mitglieder des Parlaments, darin ermutigt, Druck auf die beteiligten Parteien auszuüben, um die ursprüngliche Frist für die Ausweitung des Schengen-Raums einzuhalten.

Ich freue mich, dass ihre diesbezüglichen Erwartungen erfüllt wurden und dass am 20. Dezember um Mitternacht die letzten Reste des Eisernen Vorhangs verschwinden, dass die Euro-Regionen ohne Grenzen Wirklichkeit werden. Mit dem Beitritt der Slowakischen Republik zum Schengen-Raum und der Öffnung der Grenzen zur Tschechischen Republik, zu Polen, Ungarn und Österreich wird ein neuer Raum für eine enge Zusammenarbeit geschaffen.

Ich hoffe, alle Verbände, Dörfer und Städte in den Grenzregionen werden die Einladung in die Euroregion Tatra am 21. Dezember annehmen und an den Grenzübergängen den größten Erfolg der europäischen Integration feiern, nämlich die Beseitigung der Grenzen, die sie bisher getrennt haben.

 
  
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  Richard Corbett (PSE). (EN) Herr Präsident! Ich möchte so kurz vor Weihnachten der Europäischen Kommission für die Ankündigung einer Beihilfe in Höhe von 170 Millionen Euro aus dem Europäischen Solidaritätsfonds danken, mit der die Aufräumarbeiten nach dem Hochwasser im letzten Sommer in meinem Land und insbesondere in meiner Region unterstützt werden sollen. Mir ist bewusst, dass wenn er genehmigt wird, er der zweithöchste Betrag ist, der jemals aus dem Europäischen Solidaritätsfonds gezahlt wurde. Als MdEP für eine der am stärksten betroffenen Regionen kann ich sagen, dass jeder Beitrag willkommen ist. Diese vom Rest Europas ausgehende Geste der Solidarität wird in meinem Wahlkreis äußerst willkommen sein.

 
  
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  Der Präsident. – Normalerweise kommentiert der Präsident nicht das Gesagte, aber auf meiner Liste steht „170 Euro“ und nicht „170 Millionen Euro“, von daher freue ich mich sehr, dass Großbritannien in diesem Fall nichts zu kritisieren hat!

(Heiterkeit)

 
  
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  Ljudmila Novak (PPE-DE). (SL) Ich möchte Sie über einige Vorfälle an der kroatisch-slowenischen Grenze unterrichten.

Die kroatische Seite verfolgt wieder einmal die Praxis der vollendeten Tatsachen, um noch offene Grenzfragen mit Slowenien zu lösen. Die Kroaten haben zunächst begonnen, Land im umstrittenen Gebiet am linken Ufer des Flusses Dragonja zu verkaufen, und haben anschließend eine Brücke in Hotiza gebaut. Kürzlich haben sie ganz langsam die Grenze in die Wälder von Snežniški verlegt, und ihre Förster haben begonnen, Bäume zu fällen.

In Razkrižje haben sie stillschweigend ein neues Grenzkontrollgebäude abgesteckt, ohne dass das kroatische Außenministerium die slowenische Seite zuvor von seinen Absichten unterrichtet hat, auch wenn dies in den Abkommen, die es selbst mit unterzeichnet hat, vorgeschrieben ist. Auch die slowenischen Besitzer der Grundstücke, auf denen der Bau der Übergangsstelle vorgesehen ist, wurden nicht unterrichtet.

Trotz der grundsätzlichen Zustimmung Sloweniens zum Beitritt Kroatiens zur EU sollte Kroatien die Abkommen, die es mit anderen Ländern geschlossen hat, einhalten, wenn es seinen Status als glaubwürdiger Bewerber um die Mitgliedschaft in der Union rechtfertigen will.

 
  
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  Viktória Mohácsi (ALDE).(HU) Vielen Dank, Herr Präsident. Meine Damen und Herren, an diesem Tag im Jahr 1948 nahm die UNO-Vollversammlung die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte an, deshalb können wir heute den Tag der Menschenrechte begehen. Ich möchte bei allem Respekt fragen, ob es wirklich einen Grund zum Feiern gibt. Die in dem Dokument zum Ausdruck gebrachten Werte sind fraglos weiterhin die Grundlage für die Union und unsere Zugehörigkeit zu Europa heute. Doch nur, weil wir feiern, können wir nicht darüber hinwegsehen, dass in vielen Mitgliedstaaten der Union, von Ungarn bis Griechenland und von der Slowakei bis in die Niederlande – ich könnte die Beispiele aufführen – gewisse Phänomene bestehen, und die Zahl der politischen Gruppen zunimmt, die sich in Uniformen verstecken und eben diese Werte in Zweifel ziehen, wenn sie mit den Symbolen gestürzter Diktaturen aufmarschieren. Ich bitte dringend alle zuständigen europäischen Politiker: Lassen Sie uns die Feierlichkeiten verschönern, lassen Sie uns gemeinsam gegen extremistische Gruppen vorgehen! Meiner Fraktion wird es hoffentlich gelingen, einen Beschluss des Europäischen Parlaments vorzuschlagen, um gegen Bekundungen von Extremismus zu protestieren. Es könnte keinen besseren Zeitpunkt für eine Zusammenarbeit als den Internationalen Tag der Menschenrechte geben. Vielen Dank.

 
  
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  Mieczysław Edmund Janowski (UEN).(PL) Herr Präsident, ich möchte Sie daran erinnern, dass der 5. Dezember der Jahrestag der Geburt eines großen Polen und Europäers war, des polnischen Staatschefs Marschall Józef Piłsudski. Diese charismatische Gestalt war nicht nur ein ausgezeichneter und heldenhafter befehlshabender Offizier, sondern vor allem auch ein echter Staatsmann, der zur Wiedergeburt des polnischen Staats einen großen Beitrag geleistet hat.

Unter seiner Führung hielt die polnische Armee 1920 den Vormarsch der Bolschewiken auf, die ganz Europa unterwerfen wollten. Er trat für ein Zusammenleben mit unseren Nachbarn in Frieden und Harmonie ein, unter Wahrung einer uneingeschränkten Souveränität. Er sagte auch, Polen sei mit einer wichtigen Frage konfrontiert: Sollte es anderen großen Weltmächten gleichgestellt werden oder ein kleinerer Staat sein, der den Schutz der Mächtigen braucht? Polen hat diese Frage bisher noch nicht beantwortet. Es muss sich dieser Prüfung seiner Stärken noch unterziehen. Eine große Anstrengung liegt in dieser Hinsicht vor uns, und wir, die heutige Generation, müssen uns dafür rüsten. Diese Worte sind heute noch gültig, da Polen einer der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist.

 
  
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  Milan Gaľa (PPE-DE).(SK) Herr Präsident! Am 19. November 2007 wurde die Autobahn A6 eingeweiht, die Bratislava und Wien verbindet. Ich betrachte dies als ein historisches Ereignis, das die Autobahnverbindungen zwischen der Slowakischen Republik und Österreich erheblich verbessern wird.

Nach drei Jahren intensiver Arbeiten an der A6 und nach dem Beitritt der Slowakischen Republik zum Schengen-Raum werden die Kontakte zwischen den beiden Ländern zweifellos noch produktiver werden.

Ich möchte Österreich für den erfolgreichen Abschluss des Projekts in Zusammenarbeit mit der Slowakischen Republik danken. Mit der Eröffnung der A6 wird erstmals verkündet, dass die Slowakische Republik an die transeuropäischen Verkehrskorridore angeschlossen wird. Dies wird Erleichterung für die anderen Verkehrswege bieten, die bereits stark ausgelastet sind.

 
  
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  Jörg Leichtfried (PSE). - Herr Präsident! Am letzten Freitag wurden der österreichischen Parlamentspräsidentin, Barbara Prammer, mehr als 70 000 Unterschriften für ein strengeres Tiertransportgesetz überreicht. Eine Bürgerinitiative von ganz wenigen Menschen wurde gebildet, von einem Landsmann von mir, Herrn Helmut Schaupensteiner, koordiniert und von einer sehr engagierten Journalistin, Frau Maggie Entenfeller, unterstützt. Es ist ihnen gelungen, in kürzester Zeit diese 70 000 Unterschriften zu finden.

Diese Initiative findet meine vollste Unterstützung, und 70 000 Unterschriften zeigen, dass auch die Bevölkerung nicht mehr willens ist, diese untragbaren Zustände unkommentiert geschehen zu lassen. Daher sehe ich es als Europaabgeordneter als meine Pflicht an, Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, über diesen großartigen Einsatz der Initiative gegen Tiertransporte zu unterrichten und uns alle aufzufordern, hier endlich etwas zu unternehmen, damit diese Dinge, die derzeit auf Europas Straßen passieren, in Zukunft nicht mehr geschehen können.

 
  
  

VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS
Vizepräsident

 
  
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  Ján Hudacký (PPE-DE).(SK) Herr Präsident! Am 4. Dezember 2007 entschied das Verfassungsgericht der Slowakischen Republik, dass die Rechtsvorschriften zum Schwangerschaftsabbruch, die Schwangerschaftsabbrüche bis zur 12. Woche der Schwangerschaft ohne Begründung, und ich wiederhole, ohne jegliche Begründung zulassen, nicht gegen die Verfassung der Slowakischen Republik verstoßen.

In der Verfassung der Slowakischen Republik ist jedoch vom Schutz menschlichen Lebens auch vor der Geburt die Rede. Ich bedauere sagen zu müssen, dass dieser Tag in das Geschichtsbuch der Slowakischen Republik mit dem Blut der Kinder eingetragen wird, die keine Chance bekommen, geboren zu werden und zu leben.

Ich bedauere, dass die Mehrheit der Richter nicht in der Lage war, genügend Mut aufzubringen, um den Vorrang des Schutzes menschlichen Lebens zu bestätigen. Die Duldung der Abtreibung ungeborener Kinder auf der Grundlage so genannter Menschenrechte oder vielmehr der Rechte der Frau, die nichts mit der menschlichen Natur und Würde gemein hat, ist bedauerlich und muss verurteilt werden.

 
  
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  Maria Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! Wir haben vorhin schon etwas zur Sorge des griechischen Volkes in der Frage der Olympic Airlines gehört. Wir müssen sicherstellen, dass Olympic weiter fliegen kann.

Es gibt jedoch noch ein weiteres Problem, das das griechische Volk beschäftigt und das auf Initiative des Vizepräsidenten (erster Sprecher), Herrn Sourlas, im griechischen Parlament diskutiert wurde: das ernstzunehmende Risiko, das die Verwendung von Technik und Computern für junge Leute darstellt. Die Abhängigkeit von diesem neuen Phänomen führt zu Erkrankungen junger Menschen, die in der Folge nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können und deren Aussichten auf Bildung oder Arbeit so zerstört werden.

Zudem gibt es keinerlei Sicherheitsmaßnahmen. Unsere Frage lautet: Warum lässt der freie Wettbewerb auf dem freien Markt die Herstellung und den Import von Videospielen aus Drittländern, die Verbreitung solcher Spiele und den unkontrollierten Betrieb von Internetcafés 24 Stunden am Tag zu? Wie kann dieser Markt kontrolliert werden? Welchen Beitrag leistet die Europäische Union zur Bereitstellung eines sicheren Internets für junge Menschen? Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Krankheiten zu behandeln, unter denen junge Leute aufgrund ihrer Computer- und Internetsucht leiden? Und wie kontrollieren die zuständigen Strafverfolgungsbehörden die elektronische Kriminalität auf europäischer Ebene?

 
  
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  Dushana Zdravkova (PPE-DE).(BG) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Am Vorabend des Beginns der Ratifizierung des Lissabon-Vertrages und der Unterzeichnung der Charta der Grundrechte möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf Bulgarien sowie darauf richten, dass die bulgarische Regierung, ihre Verwaltung und die Vertreter der Regierungskoalition im Parlament leider noch weit von der Anwendung einiger diesen Dokumenten zugrunde liegenden Grundsätze entfernt sind. Es sind dies die Grundsätze des offenen Regierens, der Transparenz und insbesondere der Rechenschaftspflicht im Entscheidungsprozess.

Erst in den letzten Tagen haben die Bürgerinnen und Bürger Bulgariens einen weiteren Versuch ihrer Regierung erlebt, zweifelhafte Kriterien in Anwendung zu bringen, damit Überschüsse aus dem Staatshaushalt indirekt umverteilt und Gelder unkontrolliert in die so genannten „schwarzen Kassen“ der Regierungsparteien fließen können. Das ist ein weiteres Beispiel für die gängige politische Praxis der letzten Jahre, bei der es darum geht, an die Macht zu gelangen und in den Positionen zu verbleiben, und zwar nicht dank guter Arbeit, sondern durch Kauf von Wählerstimmen.

Als Abgeordnete im europäischen Parlament und Vertreterin der größten Oppositionspartei in Bulgarien und einer politischen Kraft des rechten Flügels, von der die Werte der Europäischen Volkspartei geteilt werden, bin ich der Meinung, dass der Status quo des politischen Modells in Bulgarien die Bürger vom Entscheidungsprozess entfremdet und ihre Korruptionsempfindungen verstärkt. In der Öffentlichkeitskampagne zur Unterstützung des Lissabon-Vertrages und der Charta der Grundrechte sind wir bereit, die Grundsätze des effizienten und transparenten Regierens zu fördern und die Bürgerinnen und Bürger von den in diesen beiden Dokumenten verankerten Werten zu überzeugen.

 
  
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  Péter Olajos (PPE-DE).(HU) Vielen Dank, Herr Präsident. Dieses Jahr haben alle 27 Mitgliedstaaten der Union eine Reihe von Festlichkeiten veranstaltet, um der Gründung der Europäischen Union und ihres 50. Jahrestages oder Geburtstages zu gedenken. Kürzlich, Erst Anfang Dezember habe ich an einer solchen Veranstaltung in Mosonmagyaróvár teilgenommen. Mosonmagyaróvár ist eine Stadt an der Grenze Ungarns zur Slowakei und zu Österreich, daher war es nicht überraschend, dass sehr viele Bürgermeister aus allen drei Ländern anwesend waren. Die teilnehmenden Bürgermeister sprachen über eine Initiative, die für das Europäische Parlament oder seinen Präsidenten konzipiert wurde. Die Initiative folgt einer Tradition aus dem antiken Griechenland und sieht im Wesentlichen vor, dass das Europäische Parlament 2008 zum ersten Mal zu einem Waffenstillstand während der Olympischen Spiele in Peking aufruft. Herr Präsident, das Motto dieser Aufforderung ist: „17 Tage Frieden“. Die Bürgermeister begannen am 1. Dezember damit, Unterschriften zu sammeln, und sie möchten Ihnen, Herr Präsident, diese Petition hier in Straßburg im Frühjahr übergeben. Sie baten mich, diese Einladung an Sie weiterzugeben, was ich hiermit getan habe. Danke.

 
  
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  Nickolay Mladenov (PPE-DE).(BG) Herr Präsident! An mich sind Vertreter der bulgarischen Konföderation für Gesundheitsschutz herangetreten, die von zwölf Patientenorganisationen zum Schutz der Interessen von einer Million chronisch Erkrankter in Bulgarien gegründet wurde. Die Arzneimittelpolitik Bulgariens gibt seit einigen Jahren Anlass zu ernsthafter Besorgnis. Trotz steigender Zuwendungen für die gesundheitliche Betreuung können von Jahr zu Jahr weniger Medikamente eingekauft werden. Leider unterliegt der Preis auch einer Mehrwertsteuer von 20 Prozent. Die Patienten in Bulgarien sind besorgt darüber, dass ihre Vertreter nicht an der Kontrolle und Überwachung der Ausgaben für die Gesundheitsfürsorge teilnehmen dürfen. Sie bestehen auf einer Einbeziehung in diese Prozesse, um Transparenz zu sichern. Nach jahrelangen erfolglosen Appellen an die Regierung Bulgariens haben sie nun beschlossen, sich an die Europäische Kommission und das Europäische Parlament zu wenden.

Mehr als eine Million Bürgerinnen und Bürger Bulgariens sind chronisch erkrankt, ihnen wird kein ausreichender Gesundheitsschutz gewährt. Ferner berühren die Probleme der Arzneimittelpolitik die Interessen von mehr als 80 europäischen pharmazeutischen Unternehmen, die sich ebenfalls eine größere Transparenz wünschen. Deshalb appelliere ich von hier an die bulgarischen Behörden und die Institutionen der Europäischen Union, den Wunsch der Patientenorganisationen nach mehr Transparenz zu unterstützen.

 
  
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  Edit Bauer (PPE-DE).(SK) Herr Präsident! Ich möchte auf die Frage des Rundfunks für Minderheiten in der Slowakischen Republik eingehen, der gerade eingestellt wird.

Der öffentliche Rundfunk in der Slowakischen Republik ist per Gesetz verpflichtet, in den nationalen Minderheitensprachen zu senden. In der vorigen Woche beschloss die Rundfunkleitung aber, die Ausstrahlung von „Rádio Pátria“ in Minderheitensprachen auf Mittelwelle wegen fehlender Mittel einzustellen. Dies wäre das Ende von Sendungen auf Ungarisch, Ruthenisch und Ukrainisch.

Wenn das slowakische Parlament durch die Annahme des Haushalts für das kommende Jahr keine Mittel für den Rundfunk auf der Mittelwelle bereitstellt, werden Rundfunksendungen in Minderheitensprachen am 1. Januar enden. In der Slowakei hat diese Art des Rundfunks eine achtzigjährige Tradition. Es ist auch beschlossen worden, die Sendungen über das Internet weiter auszustrahlen, auch wenn geschätzt wurde, dass lediglich 1 % der Hörer einen Computer besitzen und ihn zum Radiohören nutzt. Es gibt jedoch alternative Lösungen...

 
  
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  Tunne Kelam (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Am kommenden Wochenende wird der Europäische Rat auch über Energieprobleme sprechen. Sie sind zu einer Frage der allgemeinen Sicherheit geworden.

Vor diesem Hintergrund möchte ich dem Europäischen Rat drei Wünsche mit auf den Weg geben.

Erstens möchte ich, dass der Rat die Vorschläge der Kommission über eine Eigentümerentflechtung und die Einschränkung des mehrheitlichen Besitzes von Kapital aus Drittstaaten an den Strom- und Gasmärkten unterstützt. Das ist eine Schlüsselfrage für die Sicherung des fairen Wettbewerbs und zur Vermeidung undurchsichtiger Geschäfte zwischen Staatsmonopolen.

Zweitens möchte ich, dass die Mitgliedstaaten ihre Stromeinfuhren aus Drittländern einschränken können, wenn andernfalls die langfristige Versorgungssicherheit wesentlich gefährdet würde.

Darf ich drittens den Rat an die Entschließung des Europäischen Parlaments zur Energieversorgungssicherheit vom September erinnern, in der das Amt eines externen Beauftragten für Energiesicherheit vorgeschlagen wird?

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE).(PL) Herr Präsident, heute, zu Beginn des dritten Jahrtausends, steht die Welt noch ungelösten Problemen der Vergangenheit gegenüber, zu denen neue Herausforderungen hinzukommen. Wir können stolz sein, dass die Europäische Union einen Wandel herbeiführt und dass Menschenrechte, Freiheit, Demokratie, Toleranz, ein freier Markt, ein besserer Lebensstandard und die Sorge um die natürliche Umwelt unsere größten Werte sind.

Wollen wir diese Gedanken und Ziele wirksam umsetzen, muss unsere Union nüchtern denken und leistungsfähig sein. Wir gelangen an das Ende einer besonderen Arbeitsphase. Wir billigen den Reformvertrag, den Vertrag von Lissabon. Das ist zwar sehr gut, doch das Leben hat neue Herausforderungen für uns vorbereitet. Wenn wir alle diese Bestimmungen des Vertrags umsetzen, wenn wir die Arbeitsweise der EU und ihrer Institutionen verbessern, müssen – und wollen – wir über die Zukunft reden, über eine bessere Zukunft für Europa, für unsere Mitgliedstaaten...

(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Eluned Morgan (PSE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte meine Straßburger Tradition fortsetzen und Mitgliedstaaten, die die Lissabon-Richtlinien nicht einhalten, nennen und bloßstellen.

2005 stimmten alle 27 Mitgliedstaaten zu, sich an den Rahmen für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energiebetriebener Produkte zu halten. Bis August 2007 hatten lediglich sechs Mitgliedstaaten erklärt, dass sie die Richtlinie vollständig in nationales Recht umgesetzt haben. Die Kommission leitete gegen 21 Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren ein, und bis heute halten sich 15 Mitgliedstaaten noch immer nicht an diese Rechtsvorschrift.

Auf der Sünderliste stehen: Deutschland, Italien, Luxemburg (erneut), Portugal, Malta, Zypern, Polen, die Tschechische Republik, die Slowakei, Slowenien, Ungarn, Finnland, Dänemark, Estland und Griechenland.

In dieser Woche, in der gerade die Bali-Konferenz stattfindet, ist es ein Skandal, dass Mitgliedstaaten sich nicht an Maßnahmen halten, denen sie bereits zugestimmt haben und die schon längst signifikante Auswirkungen im Rahmen der Bekämpfung des Klimawandels hätten haben können.

 
  
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  Csaba Sándor Tabajdi (PSE).(HU) Meine Damen und Herren! Der heutige Tag ist ein Wendepunkt in den westlichen Balkanstaaten und auch im Leben der ganzen Europäischen Union. Heute verstreicht die Frist der UNO für eine Einigung zwischen Serben und Albanern. Wir hätten im Voraus wissen sollen, dass die Bemühungen der Troika, dies zu erreichen, zum Scheitern verurteilt waren. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird das Kosovo innerhalb von zwei Monaten seine Unabhängigkeit erklären, und es ist noch immer schwierig, die über die Region des westlichen Balkans hinausreichenden Folgen zu bewerten. Das Kosovo wird ein Protektorat der Union sein. Die Beilegung des Kosovo-Konflikts wird der endgültige Test für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sein. Werden wir uns auf einen einheitlichen Standpunkt einigen können, oder werden wir Opfer der Streitigkeiten zwischen Amerika und Russland? Wenn die Union nicht geeint ist, wird dies eine ernste Gefahr für die Anpassung und die europäische Integration der Region sein. Daher ist es sehr wichtig, eine gute und faire Lösung für das Kosovo zu erreichen. Das ist die Verantwortung der Union.

 
  
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  Jacky Hénin (GUE/NGL). - (FR) Herr Präsident! Das Arbeitsgericht Straßburg hat am 6. Dezember seinen Beschluss in der Rechtssache Europäisches Parlament gegen einige seiner Angestellten gefasst. Ich zitiere: „Stellt fest, dass der Bereitstellungsvertrag zwischen Manpower und dem Europäischen Parlament nichtig ist; stellt fest, dass der Projektvertrag zwischen Manpower und den Arbeitnehmern nichtig ist; entscheidet, dass die vertraglichen Beziehungen zwischen dem antragstellenden Arbeitnehmer und dem Europäischen Parlament in einen unbefristeten Vertrag umzuwandeln sind“.

Ich lobe hier den Mut der Bediensteten auf Zeit, die sich nicht durch Einschüchterungen und sonstige Provokationen davon abhalten ließen, ihre Rechte durchzusetzen. Ich wage zu hoffen, Herr Präsident, dass die Verwaltung sehr rasch angewiesen wird, diese Sache endgültig zum Abschluss zu bringen, da sie unsere Institution in den Augen der Arbeitswelt nur in Misskredit gebracht hat.

 
  
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  Ioan Mircea Paşcu (PSE).(EN) Herr Präsident! Heute möchte ich die Frage eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Korruptionsbekämpfung und Demokratie ansprechen. Das internationale Image der Korruption in einigen Ländern, auch in Rumänien, ist so mächtig, dass es scheinbar zu dem Glauben geführt hat, zu ihrer Bekämpfung dürfe man sogar die Demokratie beugen. Entsprechend fordert und begrüßt Brüssel ständig lautstark die Stärkung eines Instruments zur Bekämpfung der Korruption, verhält sich in der Regel aber still, wenn genau die Instrumente missbraucht werden, die in erster Linie für innenpolitische Zwecke bestimmt sind.

Wenn die Korruptionsbekämpfung weiterhin Priorität genießt – und das sollte sie –, sollte der Lobgesang der Hüter der Demokratie daher gleichermaßen von der Kritik an Übertreibungen und Verstößen gegen bürgerliche Grundrechte begleitet werden. Andernfalls wird die Demokratie unter dem Deckmantel der Bekämpfung der Korruption schleichend untergraben und ehrlich gesagt halte ich das für ebenso schädlich, wenn nicht gar noch schädlicher.

 
  
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  Manolis Mavrommatis (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! Am 1. Dezember wurde der Weltaidstag begangen, ein Tag der Erinnerung an alle Opfer dieser Erkrankung. Sie ist noch immer die Geißel unserer Erde. Die Zahlen aus der letzten Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation zeigen, dass sich die Anzahl der Träger des Virus weiterhin auf demselben Niveau bewegt, wogegen die Anzahl neuer Fälle gesunken ist. Dennoch sind die Zahlen noch immer viel zu hoch.

In einer Anfrage an die Europäische Kommission habe ich vorgeschlagen, eine Reihe von Briefmarken herauszugeben, um das öffentliche Bewusstsein für AIDS zu steigern. Markos Kyprianou, das für Gesundheitsfragen zuständige Kommissionsmitglied, hat die Idee unterstützt. Kostis Hatzidakis, der bis vor einigen Monaten unser Kollege war, ein MdEP, und nun griechischer Minister für Verkehr und Kommunikation ist, hat meinem Vorschlag zugestimmt und Griechenland hat einen Satz AIDS-Sonderbriefmarken gedruckt und herausgegeben. Die Erlöse aus dem Verkauf der Briefmarken werden für den Kauf von Medikamenten für Menschen, die an dem Virus leiden, verwendet. Die Kommission hat alle 27 Mitgliedstaaten bestärkt, diese Idee aufzugreifen. Griechenland hat den Anfang gemacht!

 
  
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  Der Präsident. − Damit ist dieser Tagesordnungspunkt geschlossen.

 

16. Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Aussprache)
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  Der Präsident. − (PT) Als nächster Punkt folgt die Empfehlung für die zweite Lesung des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie) (09388/2/2007 – C6-0261/2007 – 2005/0211(COD)) (Berichterstatterin: Marie-Noëlle Lienemann) (A6-0389/2007).

 
  
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  Marie-Noëlle Lienemann, Berichterstatterin. − (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die Richtlinie, die unser Parlament in zweiter Lesung annehmen soll, ist äußerst wichtig, da sie die erste Richtlinie ist, die die Mitgliedstaaten zu einer Umweltstrategie zwingt, um einen guten Umweltzustand der Meere und Ozeane zu erreichen. Bei der Prüfung in erster Lesung haben wir bereits ihre Bedeutung unterstrichen, da jüngste wissenschaftliche Berichte zeigen, dass das Überleben von Fischpopulationen und die Biodiversität der Meere und Ozeane besonders bedroht sind. Manche sprechen sogar davon, dass es in fünfzig Jahren keine Fische mehr geben wird. Außerdem spielen die Ozeane eine grundlegende Rolle bei der Regulierung des Klimas, und dadurch, dass wir sie verschmutzen, laufen wir Gefahr, diese Regulierungsfunktion zu mindern und die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu verstärken. Für die Europäische Union war es nach der Annahme der Wasserrahmenrichtlinie insbesondere in Bezug auf Süßwasser daher dringend notwendig, sich schnell mit der Frage des Meerwassers zu befassen.

In erster Lesung haben wir unsere Bereitschaft gezeigt, den existierenden Text zu verbessern. Ich wende mich zunächst den strukturellen Punkten dieser Richtlinie und der existierenden Texte zu. Das erste Ziel besteht darin, einen guten Umweltzustand unserer Meere und Ozeane zu erreichen. Das zweite ist die Festlegung der notwendigen Schritte, die jeder Mitgliedstaat unternehmen muss: zunächst in den Meeresregionen oder Meeresunterregionen zusammenarbeiten, dann den Wasserzustand und die Biodiversität in diesen Meeren ermitteln, danach einen guten Umweltzustand und einige vorrangige Umweltziele festlegen und schließlich einen Aktionsplan sowie ein Maßnahmenprogramm erstellen. Wir haben daher diese Richtlinie positiv gefunden, waren jedoch der Meinung, dass sie in dem Zustand, in dem wir sie von der Kommission erhalten haben, nicht weit genug ging.

Wir haben auf einigen Punkten bestanden. Der erste ist die Notwendigkeit, dieser Richtlinie einen verbindlichen Charakter zu verleihen. Verbindlich in Bezug auf die Ressourcen wie auch auf die Ergebnisse. Dies ist zweifellos der positivste Punkt unserer Zusammenarbeit mit dem Rat und der Kommission gewesen: die Richtlinie ist verbindlich.

Zweitens hoffen wir, dass der gute Umweltzustand präzise definiert wird, sodass das Wiedererreichen dieses Zustands nicht bloßes Gerede ist. Wir waren sehr zufrieden damit, dass die Kriterien für einen guten Umweltzustand dahingehend erweitert worden sind, dass sie den Druck aller auf ein Ökosystem wirkenden Schadstoffe sowie die Notwendigkeit, sie zu bewerten und ihre Auswirkung zu verringern, in dieses Ziel der Wiederherstellung eines guten Umweltzustands einschließen.

Der dritte Punkt besteht darin, dass das Parlament unbedingt geschützte Meeresgebiete schaffen will, jene Arten von Reservaten, die eine Schlüsselrolle bei der Wiederherstellung der Vielfalt dieses Biotops und insbesondere der Wiederherstellung von Fischpopulationen spielen müssen. Wir hätten uns einen Text gewünscht, der in Bezug auf die Notwendigkeit dieser Reservate restriktiver, strenger, verbindlicher ist, aber das Prinzip ist festgelegt; jedenfalls steht die Notwendigkeit, dass sie groß genug sein müssen, um eine Rolle bei der Wiederherstellung der Biodiversität zu spielen, fest.

Schließlich wollte das Parlament, dass der Geltungsbereich der Richtlinie erweitert wird. Wir wollten insbesondere, dass die Küstengewässer gebührend berücksichtigt werden, und wir wollten, dass keine Unsicherheit in Bezug auf die Notwendigkeit, alle Gezeitengewässer zu berücksichtigen, bleibt. Jedenfalls ist dies für einen großen Teil von ihnen der Fall gewesen. Zwar hätten wir gern eine etwas bessere Definition der von den Gezeitengewässern bedeckten Fläche gehabt, aber der jetzt vorliegende Text ist zufriedenstellend.

Ich möchte die Wichtigkeit kohärenter Strategien nach geografischen Bereichen unterstreichen: wir hätten uns einen strengeren Text gewünscht, die Notwendigkeit der Kohärenz wird jedoch bekräftigt.

Schließlich war es der Wunsch unserer Kollegen aus der Ostseeregion, dass die Meeresregion Ostsee eine Art Pilotprojekt wird, das es uns ermöglicht, angesichts der Dringlichkeit der Situation schneller voranzukommen. Sie waren nicht vollkommen zufrieden, da es in unseren Institutionen Tradition ist, kein spezielles Gebiet herauszugreifen. Die Idee eines Pilotraums ist jedoch aufgegriffen worden, und in bin sicher, dass die Kommission die Ostsee als diesen Raum auswählt.

Schließlich der Zeitplan: unser Hauptanliegen war es, dass die Richtlinie bindend ist, selbst wenn dies bedeutet, dass sich der Zeitraum, der den Mitgliedstaaten zum Erreichen der Vorgaben eingeräumt wird, etwas verlängert. Auf diesen Kompromiss hat man sich schließlich geeinigt. Der Termin ist 2020, aber die Mitgliedstaaten dürfen nicht trödeln, da sie die Richtlinie 2010 umgesetzt haben müssen. Ich möchte sie jedoch bitten, keine Zeit zu verlieren, da der Rückstand im Rahmen der Wasserrichtlinie zunimmt und unsere Meere nicht warten können.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich ergreife das Wort im Namen meines Kollegen Stavros Dimas, der auf der Klimakonferenz in Bali weilt und somit heute Abend nicht hier sein kann. Zunächst möchte ich mich bei der Berichterstatterin, Frau Lienemann, für ihre hervorragende Arbeit zur Meeresstrategie-Richtlinie und beim Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit für seinen positiven und konstruktiven Beitrag bedanken. Ich gratuliere Ihnen dazu.

Diese Richtlinie stellt den Beginn eines neuen Konzepts zum Schutz unserer Meere und Ozeane dar. Die nächste große Aufgabe wird dann natürlich ihre erfolgreiche Umsetzung sein. Die Bemühungen des Parlaments, das ehrgeizige Anliegen dieser Rechtsetzungsinitiative zu stärken, haben Früchte getragen und sie haben sichergestellt, dass die vereinbarte Richtlinie ein wirksames Instrument zum ganzheitlichen Schutz unserer Meere und Ozeane wird. Die Kommission ist erfreut darüber, dass es möglich war, in zweiter Lesung zu einer Vereinbarung zu kommen. Ich möchte vor allem die konstruktive Rolle des Europäischen Parlaments in diesem Verfahren hervorheben. Das Parlament hat zu jeder Zeit an seinen hohen politischen und ökologischen Zielen festgehalten und so eine hilfreiche und konstruktive Rolle bei der Erarbeitung dieser Vereinbarung gespielt.

Ziel der vorgeschlagenen Richtlinie ist es, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um bis spätestens 2020 einen guten Umweltzustand der Meeresumwelt zu erreichen. Das wird durch die Schaffung und Umsetzung von Meeresstrategien in ihren Meeresgewässern erfolgen. Deshalb enthält die Richtlinie ein sehr anspruchsvolles Ziel. Die Kommission wird weiterhin sehr aufmerksam sein, um dafür zu sorgen, dass alle Maßnahmen ergriffen werden, die nötig sind, um den wirksamen Schutz unserer Meeresumwelt zu gewährleisten. In einigen wichtigen Punkten ist es dem Parlament gelungen, über den anfänglichen Kommissionsvorschlag hinauszugehen.

Ich möchte besonders drei Fragen hervorheben, die in den Verhandlungen eine zentrale Rolle gespielt haben: Sicherstellen eines ehrgeizigen Ziels der Richtlinie, eine genauere Definition des guten Umweltzustands, einschließlich einer Reihe spezifischer Deskriptoren, und die Forderung, im Zusammenhang mit dieser Richtlinie geschützte Meeresgebiete einzurichten.

Das Parlament hat während des gesamten Verhandlungsprozesses darauf bestanden, dass es wichtig ist sicherzustellen, dass die Richtlinie in allen wesentlichen Punkten äußerst ambitioniert ist. Diese Richtlinie schafft einen neuen Rahmen, um erstmals eine gemeinsame, ganzheitliche Arbeit zum Schutz unserer Meere und Ozeane zu ermöglichen. Wir werden auf dieser politischen Initiative aufbauen, damit sich aus der Meeresstrategie-Richtlinie konkret die Umweltsäule der Meerespolitik der Europäischen Union bilden lässt. Daher kann die Kommission ein Kompromisspaket akzeptieren, um in zweiter Lesung zu einer Vereinbarung über diese Richtlinie zu kommen.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FI) Herr Präsident! Als Berichterstatterin für meine Fraktion ist es mir eine Freude, feststellen zu können, dass diese Richtlinie, zu der wir einen Kompromiss erzielt haben, eine jener EU-Umweltvorschriften ist, von der unsere künftigen Generationen auf eine sehr reale Art und Weise profitieren werden. Es ist höchste Zeit, dass wir endlich unsere Aufmerksamkeit auf unsere Meeresumwelt richten, deren zunehmende Verschlechterung traurig mit anzusehen war, und die Ostsee ist das schockierendste Beispiel von allen. Die vorliegende Richtlinie gibt Anlass zur Hoffnung, zielt sie doch darauf ab, der Verschmutzung der Meere Einhalt zu gebieten und die biologische Artenvielfalt wiederzubeleben.

Die Arbeit während dieser zwei Jahre war nicht immer einfach. Obwohl das Ziel für alle das gleiche war, haben sich die Fraktionen oftmals unterschiedlicher Mittel bedient. Ein Beispiel dafür, wie unsere Meinungen auseinandergingen, war die Frage der Perspektiven für die Technologie der Kohlendioxidabscheidung und -speicherung. Die Haltung von Frau Lienemann hätte in der Praxis die Entwicklung einer solchen Technik verhindert. Andererseits waren wir der Meinung, dass diese angesichts des Klimawandels notwendig ist und dass die Meeresstrategie-Richtlinie daher nicht mit Details beladen werden sollte, die das unmöglich machen würden.

Ich glaube, dass der Kompromiss, den wir jetzt erzielt haben, für alle Beteiligten zufrieden stellend ist. Er ist ehrgeizig in seinen Zielen, überlässt es jedoch den Mitgliedstaaten, wie sie ihn umsetzen, wobei sie gleichzeitig zur Zusammenarbeit in den einzelnen Meeresregionen verpflichtet sind, um das jeweils beste Ergebnis zu erzielen. In dem Kompromisstext wird klar und deutlich beschrieben, wie der von uns angestrebte gute maritime Umweltzustand aussieht und worin die möglichen Gefahren liegen. Gleichzeitig sind darin die verschiedenen Handlungen, die eine Bedrohung darstellen, nicht mehr detailliert aufgeführt, da die Liste nicht erschöpfend wäre und die einzelnen Handlungen, die in der Meeresumwelt vorgenommen werden, damit unterschiedlich eingeordnet würden.

Mit dem nunmehr gewählten Wortlaut wird den Parteien eine Verpflichtung auferlegt, ohne jedoch Schuldzuweisungen vorzunehmen. Der Text beinhaltet Forderungen, aber keine ungerechtfertigten Zwangsmaßnahmen. Die Ziele sind jedoch klar, wissenschaftlich belegt und verbindlich, und so werden sie sich auch als wirksam erweisen.

Ich danke Frau Lienemann für ihre erfolgreiche Arbeit. Sie war eine gute Verhandlungsführerin und hat auch den anderen Fraktionen Gehör geschenkt. Ich bin vor allem dankbar dafür, dass es uns gelungen ist, den ernsten Zustand der Ostsee deutlich herauszuarbeiten.

Ich bin sicher, dass die Meeresstrategie-Richtlinie ein hervorragender Umweltpfeiler einer gemeinsamen EU-Meerespolitik sein wird. Sie unterstützt auf hervorragende Art und Weise das Ziel einer gemeinsamen Meerespolitik zur Förderung von Wachstum, Beschäftigung und nachhaltiger Entwicklung und baut gleichzeitig auf solidem Wissen aus der Meeresforschung auf. Sie repräsentiert jene Art von Rechtsvorschriften, die unsere Gemeinschaft braucht.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis, im Namen der PSE-Fraktion. (LT) Ich gratuliere der Berichterstatterin zu ihrer so wichtigen Arbeit. Ich möchte festhalten, dass auch nach meinem Dafürhalten ein durch stärkere Stellungnahmen geprägter Bericht noch wirksamer gewesen wäre. Allerdings können diese Stellungnahmen auch noch warten. Zwischenzeitlich können wir uns erst einmal über den erzielten Kompromiss freuen.

Dem Schutz der Meere und Ozeane wird seit einiger Zeit nicht mehr die ihm gebührende Aufmerksamkeit beigemessen. Die Ressourcen des Meeres werden unerbittlich genutzt, das Ökosystem wird ausgebeutet und wir behandeln die Meeresumwelt, als würden wir den Ast, auf dem wir sitzen, absägen. Deshalb ist die Einrichtung geschützter Meeresgebiete für den Erhalt lebendiger Gewässer für zukünftige Generationen so wichtig.

Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass das Seegebiet der Europäischen Union größer als ihr Landgebiet ist. Das Wohlergehen der Regionen der EU und von Millionen von EU-Bürgern hängt von dem guten Umweltzustand und der Produktivität der umliegenden Meere und Ozeane ab. Daher muss die Europäische Union den Umweltschutz in Zukunft in seiner Gesamtheit betrachten, weil er sich bekanntermaßen nicht durch einzelne unbedeutende Beschlüsse „zusammenflicken“ lässt. Verringern wir die Bodenverschmutzung, verringert sich auch die Meeresverschmutzung. Wir müssen mehr Mittel für den Bau von Ableitungen bereitstellen und nicht weniger wichtig ist es, solche Maßnahmen auch außerhalb der EU zu unterstützen.

Ich begrüße die Tatsache, dass die Europäische Union einmal mehr weltweit eine Führungsrolle übernimmt und sich dazu verpflichtet, innerhalb von 13 Jahren einen guten Meeresumweltzustand zu erreichen.

Das Thema Ostsee wurde bereits angesprochen. Dieses Meer ist besonders empfindlich. Sein Wasser tauscht sich nur alle 25 bis 30 Jahre aus. Die Auswirkungen von Verschmutzungen sind also überdurchschnittlich hoch. Wir bekommen die Folgen einer jahrzehntelangen unverantwortlichen Verwendung von Chemikalien noch immer zu spüren. Bevor wir mit der Erdölförderung und Plänen für den Bau von Pipelines in der Ostsee beginnen, sollten wir über Umweltfragen nachdenken. Wir müssen sicherstellen, dass sich unsere Entscheidungen nicht nachteilig auf das Wohlergehen unserer Kinder und Enkelkinder auswirken.

 
  
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  Adamos Adamou, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Ich möchte Frau Lienemann für ihre Bemühungen und die Art, wie sie die Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission geführt hat, danken und ihr dazu gratulieren. Ich möchte mich auf die wesentlichen positiven Punkte konzentrieren.

Durch die Richtlinie werden die erforderlichen Maßnahmen für die Erfüllung und den Erhalt eines guten Umweltzustands ausreichend in den Blickpunkt gerückt. Jede Verschlechterung des Umweltzustands wird vermieden werden. Wenngleich das Europäische Parlament ursprünglich für 2017 plädiert hat, haben die Mitgliedstaaten jetzt bis 2020 Zeit, sie umzusetzen. Das ist ein realistisches Datum, das der Rat in Abstimmung mit den nationalen Vertretern vorgeschlagen hat.

Die Mitgliedstaaten werden bis 2012 eine Anfangsbewertung fertig stellen, in der der gute Umweltzustand definiert und kohärente Umweltziele erklärt werden. Dem Europäischen Parlament ist es gelungen, vom Rat eindeutige Zusagen zu integrierten Politiken und Konzepten zu erhalten, die die Mitgliedstaaten ermutigen werden, zusammen an einem EU-weiten guten Umweltzustand zu arbeiten.

In dieser Richtlinie wird ferner die Gemeinsame Fischereipolitik berücksichtigt, die eine praktikable Verwertung der Fischbestände vorsieht und zudem auf die Integrität der Ökosysteme achtet, sodass diese erhalten oder wiederhergestellt werden können. Wo nötig, können Orte zum Eierlegen, als Zuflucht und zum Füttern geschützt werden.

Was schließlich die finanziellen Mittel betrifft, wird die Umsetzung für bestehende Fonds im Rahmen der Finanzierungsmöglichkeiten und einhergehend mit den wirtschaftlichen Aussichten für 2007 bis 2013 gelten und angesichts der Tatsache, dass die Richtlinie bis 2020 andauert, für die nächste Periode neu verhandelt werden.

 
  
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  Ioannis Gklavakis (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! Auch ich möchte zunächst der Berichterstatterin, Frau Lienemann, zu ihrer hervorragenden Arbeit gratulieren. Die Richtlinie hat, so wie sie sollte, den Schutz der Meeresumwelt zum Ziel. Als Berichterstatter des Fischereiausschusses möchte ich mich allerdings gern zu einigen Punkten äußern.

Der Ausschuss für Umweltfragen muss die Frage der Fischerei und der damit verbundenen Probleme aufgrund der Meeresverschmutzung stärker betonen. Seeleute und Fischer kennen die Meere besser als jeder Andere. Sie leben auf und von ihnen. Sie müssen bei der Bekämpfung dieses Problems mitmachen. Ferner möchte ich meine Zufriedenheit über die Ausdehnung der geschützten Meeresgebiete zum Ausdruck bringen.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass der Erfolg der Sicherung der Meeresstrategie von vier Hauptfaktoren abhängt: Erstens müssen die Parteien sich an den in der Richtlinie dargelegten Zeitplan halten. Wir können und dürfen keinerlei Verzögerungen in unserem Programm zulassen. Die Ziele müssen bis 2020 erreicht sein. Gelingt uns das bis dahin nicht, wird es zu spät sein, um die Dinge wieder in den Griff zu bekommen.

Zweitens, die Zusammenarbeit mit Drittländern: Meere haben keine Grenzen. Wir sollten uns zusammen an einen Tisch setzen und diese Fragen mit all unseren Nachbarn besprechen. Lassen Sie uns nicht vergessen, dass rund um das Mittelmeer 27 Länder liegen und nur sieben von ihnen EU-Mitgliedstaaten sind. Daher sollten wir uns alle zusammensetzen und überlegen, was wir tun können.

Drittens müssen für diesen Zweck angemessene Mittel bereitgestellt werden.

Viertens müssen wir die Fischer dazu bringen mitzumachen. Sie sind unsere einzige Hoffnung auf Erfolg.

Abschließend und um meine Anmerkungen zu vervollständigen, möchte ich wiederholen, dass die Meeresstrategie-Richtlinie, wenn sie korrekt angewendet wird, einen Beitrag zu einem praktikablen und nachhaltigen Fischereiwesen und zu gesunden Meeren leisten wird, damit wir saubere Meere haben und uns an deren Schönheit erfreuen können.

 
  
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  Inger Segelström (PSE).(SV) Herr Präsident! Ich möchte zunächst der Kollegin Lienemann für ihre gute Arbeit an der Rahmenrichtlinie danken. Als Schwedin, die in Stockholm an der Ostsee, dem weltweit am stärksten verschmutzten Meer, wohnt, begrüße ich grundsätzlich diese Richtlinie. 40 % der schwedischen Bevölkerung leben weniger als fünf Kilometer von der Küste entfernt, und die Tourismusbranche in unserem Land, einschließlich unserer Inseln, hat 71 000 Beschäftigte. Darüber hinaus bietet die Fischereiindustrie weitere 4 000 Arbeitsplätze. Dank unserer Fischereiindustrie haben wir auch die Möglichkeit, Fisch zu essen, was für uns Schweden von großer Bedeutung ist.

Eine zerstörte Meeresumwelt bedeutet für viele Menschen eine geringere Lebensqualität. Eine solche Entwicklung wollen wir nicht. Wenn wir in der EU nicht hier und heute gemeinsam Maßnahmen ergreifen, besteht die Gefahr, dass es binnen kurzem keine Berufs- und Freizeitfischerei mit Booten, kein Baden im Meer und keine Erholung an der Küste mehr geben wird. Eine gemeinsame Meerespolitik dient der Stärkung und dem Schutz des Meeresökosystems sowie der Einrichtung von Datenbanken, um diese zu überwachen und unsere Kenntnisse darüber zu erweitern. Wir, die Abgeordneten des Europäischen Parlaments, verfolgen ehrgeizigere Ziele als die Kommission, und ich bin froh darüber, dass wir das Ziel, einen guten Zustand der Meeresumwelt zu erreichen, bereits für 2017 und nicht erst 2021 festgelegt haben. Ferner begrüße ich es, dass die Mitgliedstaaten bereits 2015 Maßnahmenprogramme für die Meeresumwelt vorlegen müssen.

Ich möchte Kommissar Frattini dafür danken, dass er sich uns angeschlossen hat. Als jemand, der sich in Umweltfragen engagiert, würde ich gern noch zügiger vorangehen, aber wenn nun alle 27 Mitgliedstaaten an Tempo zulegen, können wir etwas bewegen, und damit können wir jetzt beginnen. Das ist eines der besten Beispiele für einen Bereich, in dem grenzübergreifende Zusammenarbeit notwendig ist. Ich hoffe, die Ostsee kann ein Pilotraum werden, denn acht von neun Ostsee-Anrainerstaaten sind EU-Mitglieder. Die Ostsee ist unser Problem und unsere Verantwortung. Es ist ebenfalls wichtig, dass wir, die wir in der internationalen Zusammenarbeit im Umweltbereich engagiert sind, in Bezug auf die Ostsee und die Meeresumwelt mit Russland zusammenarbeiten. Vor uns liegen Beschlüsse, die sowohl die Umwelt- als auch die Energiepolitik berühren. Lassen Sie uns die Meeresumwelt jetzt in den Mittelpunkt stellen.

 
  
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  Georgios Toussas (GUE/NGL).(EL) Herr Präsident! Die Entwicklung im Rahmen der Lissabon-Strategie, gelenkt vom Grundsatz der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, d. h. einer Steigerung der Rentabilität der Monopolgruppen in der Europäischen Union, führt nicht nur zu einer bis zum Äußersten gehenden Ausbeutung der Arbeiterklasse und der Arbeitnehmer im Allgemeinen, sondern auch zu einer ernsthaften Verschlechterung der Umweltprobleme, indem die Meeresökosysteme und die Biodiversität der Meere systematisch zerstört werden, was zu einer anhaltenden Verschlechterung der Meerwasserqualität führt.

Zusätzlich zu dem Schaden, der dem Meerwasser durch die von Schiffen ausgehende Verschmutzung zugefügt wird, ist die Verschmutzung durch die Industrie zu einem hohen Grad für die Kontaminierung des Meerwassers verantwortlich. Sie führt zu einem unberechenbaren Verschmutzungsgrad des Grundwasservorkommens, der in der Folge auf das Meerwasser übertragen wird. Die Meeresumwelt und das Funktionieren der Ökosysteme werden ebenfalls schwer durch die von der zunehmenden Anzahl an Fischzuchtbetrieben ausgehende Verschmutzung belastet.

Die Invasion der Monopole in zahlreichen Bereichen, die sich vor der Privatisierung von Versorgungseinrichtungen und öffentlichen Infrastrukturen in öffentlicher Trägerschaft befanden, sowie die Kommerzialisierung öffentlichen Vermögens wie beispielsweise des Meerwassers, verschärfen die Probleme der Meeresumwelt erheblich. Riesige touristische Komplexe, die Monopolgruppen gehören, führen zu einem ertragsstarken touristischen Entwicklungsmodell, während öffentliches Vermögen wie Küsten, Strände und Meerwasser geplündert werden.

Die Verschmutzung des Meerwassers ist nicht länger nur auf das Abladen von Müll oder den Zufluss von Abwässern aus diesen touristischen Komplexen in das Meer zurückzuführen, sondern auch auf den Bau industrieller Anlagen für deren Geschäftstätigkeiten, einschließlich der Installation von Entsalzungsanlagen zur Bewässerung von Golfplätzen und insgesamt zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Die Folgen sind für die Einwohner ganzer Gebiete verheerend.

Abschließend, Herr Präsident, möchte ich betonen, dass die gemeinsame Position des Berichts des Rates und der Kommission nicht die notwendige Lösung bietet, um ernsthafte Umweltprobleme zu lösen oder wenigstens zu mindern.

 
  
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  Andres Tarand (PSE).(ET) Die Meere sind der am wenigsten untersuchte und am wenigsten bekannte Teil der Biosphäre. Zudem sollten bei der Nutzung der Meere die bekannten Vorsorgeprinzipien des Umweltschutzes zugrunde gelegt werden.

Glücklicherweise teilt die Berichterstatterin, Frau Lienemann, diesen Ansatz, und dafür danke ich ihr.

Hoffentlich werden wir uns in der zweiten Lesung mit dem Rat einigen können, damit die Meeresstrategie rasch umgesetzt werden kann.

Abgesehen davon möchte ich meine persönliche Unterstützung für Änderungsantrag 29 zum Ausdruck bringen, der vorsieht, der Meeresregion Ostsee eine Pilotfunktion für die Umsetzung der Meeresstrategie der Europäischen Union zu übertragen.

Unter allen Meeren, von denen Europa umgeben wird, ist die Ostsee durch ihre seichten Gewässer und den geringen Wasseraustausch mit dem Atlantik zweifellos das am stärksten gefährdete Meer. Deshalb werden beispielsweise keine Gaspipelines gebaut, wie dies in der Nordsee oder im Mittelmeer der Fall ist.

Wäre die Meeresregion Ostsee bereits ein Pilotgebiet für die Umsetzung der Meeresstrategie der Europäischen Union, dann wäre sie wahrscheinlich nicht Teil des NordStream-Projekts.

Glücklicherweise muss die Europäische Union das Ostsee-Maßnahmenprogramm nicht von Grund auf neu einrichten. Mit dem Helsinki-Übereinkommen, das den Schutz der Ostsee begründete, wurde die dafür notwendige Basisarbeit im Rahmen des Ostsee-Aktionsplans geleistet.

Daher ist es möglich, die Ostsee erfolgreich als Pilotraum für die Meeresstrategie zu nutzen. Ein weiterer positiver Aspekt besteht darin, dass Russland durch das HELCOM auch an der Umsetzung des Maßnahmenprogramms für die Ostsee teilnehmen kann. Ohne die Mitwirkung Russlands ist es schwierig, die Ostsee zu schützen und einen guten Umweltzustand zu gewährleisten.

 
  
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  Daciana Octavia Sârbu (PSE).(RO) Herr Präsident! Zunächst einmal möchte ich der Berichterstatterin danken und sie beglückwünschen.

Ein grundlegender Bestandteil der europäischen Meeresstrategie besteht darin, die nachteiligen Folgen der menschlichen Tätigkeit auf das Ökosystem anzuerkennen und die Bemühungen um eine Bekämpfung dieser Folgen zu verstärken. Die menschliche Entwicklung und die Entwicklung des Fremdenverkehrs entlang der Küsten wirkt sich durch die Intensivierung der Fischereitätigkeit, des Seeverkehrs und des Tourismus zu Erholungszwecken beträchtlich auf die Meeresumwelt aus. Klimawandel, Abfälle, Fischereitätigkeiten, akustische, biologische und chemische Faktoren bedrohen die Meeresgewässer. Diese Richtlinie ist ein wichtiger Schritt hin zur Verbesserung der Integrität der Ökosysteme und zum Erhalt der Artenvielfalt.

Die Verunreinigung durch Öl und Schwefel im Schwarzen Meer und im Asowschen Meer, zu der es kürzlich infolge eines Sturms kam, der den Untergang mehrerer Handelsschiffe verursachte, wird uns mindestens in den nächsten zehn Jahren beeinträchtigen. Das Unglück wurde durch einen Systemfehler verursacht, da die Schiffe für den Verkehr auf Flüssen und nicht auf Meeren bestimmt waren. Dies zeigt, dass es keine Bemühungen um die Erhaltung und den Schutz der Meeresumwelt gibt. Dieser schwere Unfall belastet den Prozess der ökologischen Verbesserung dieser Gewässer, die bereits als die am stärksten verschmutzten Meeresgebiete der Welt eingestuft sind.

Die Schädigung der Gewässer des Schwarzen Meeres wirkt sich auf die Gesundheit der Bevölkerung und die Artenvielfalt im Meer aus. Beträchtliche Anstrengungen sind erforderlich, um die Integrität des Ökosystems wiederherzustellen. Überdies müssen bei der Beförderung gefährlicher Fracht die Bestimmungen internationaler Übereinkommen erfüllt und ein Mindestsicherheitsniveau gewährleistet werden, um ähnlich verheerende Unfälle in Zukunft zu verhüten, die das Leben im Meer und den Menschen schädigen.

Mit dieser Richtlinie werden wir sicherstellen, dass die Meeresumwelt in der Europäischen Union besser geschützt ist, und dass die Tätigkeit des Menschen sowie der Verkehr die Qualität der Gewässer und die Artenvielfalt nicht beeinträchtigen.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Die Mitgliedstaaten müssen nunmehr auf Grundlage der vereinbarten Texte die Meeresstrategien für ihre Meeresgewässer umsetzen. Solche Strategien sollen mit einer Bewertung des Zustands der Meeresgewässer und der bestehenden Auswirkungen und Belastungen beginnen, aus der dann Ziele zum Erhalt eines guten Umweltzustandes entwickelt werden.

Die Mitgliedstaaten werden Überwachungsprogramme einrichten und dann ab 2015 Programme und Maßnahmen entwickeln, die erforderlich sind, um die Ziele zu erreichen. Diese Reihe von Maßnahmen wird regelmäßig wiederkehrend alle sechs Jahre durchgeführt.

Das nunmehr vorgeschlagene Kompromiss-Gesamtpaket enthält einige Schlüsselkomponenten. Am wichtigsten ist, dass das Ziel der Richtlinie jetzt klar und ambitioniert ist, weil die Mitgliedstaaten aufgefordert sind, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um bis spätestens 2020 einen guten Umweltzustand für die Meeresumwelt zu erreichen.

Die Gesetzgeber haben sich auf eine Definition des guten Umweltzustands und auf eine Reihe damit verbundener Deskriptoren geeinigt, die zu erfüllen sind. Einem überarbeiteten Zeitplan wurde nunmehr zugestimmt, der tatsächlich anspruchsvoller ist, als der aus dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission, gleichzeitig aber genug Zeit lässt, um auf jeder Stufe die angemessenen Maßnahmen zu ergreifen.

Ausnahmen und Abweichungen, einschließlich unverhältnismäßig hoher Kosten, wurden genauer bestimmt. Die Mitgliedstaaten sollen geschützte Meeresgebiete einrichten, um ihre Ziele im Rahmen dieser Richtlinie und in Übereinstimmung mit den internationalen Verpflichtungen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten zu erreichen. Im Zusammenhang mit jeder Meeresregion sind Maßnahmen zu ergreifen. Deshalb bedeutet die Entwicklung von Meeresstrategien eine feste Zusammenarbeit mit und innerhalb regionaler Meeresübereinkommen.

Die Umsetzung dieser Richtlinie erfordert in der Tat eine verstärkte Koordinierung. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal an die Bedeutung erinnern, die das Parlament den wichtigen regionalen Verfahren in den Verhandlungen beigemessen hat. Ich möchte hierbei vor allem den Ostsee-Aktionsplan erwähnen, der im Rahmen des Helsinki-Übereinkommens verabschiedet worden ist. Wie das Parlament betont hat, ist dieser integrierte Aktionsplan ein nützliches erstes Beispiel und ein Mittel, das Fortschritte bei der Umsetzung der Richtlinie erleichtern wird.

Ein solcher integrierter Ansatz muss ein wichtiger Bestandteil aller Maßnahmen sein, die im Rahmen der verschiedenen regionalen Meeresübereinkommen zum Schutz der europäischen Meere – des Mittelmeers, des Nordatlantiks, des Schwarzen Meers oder der Ostsee – ergriffen worden sind.

Abschließend bleibt mir zu sagen, dass die Kommission mit den Ergebnissen der Verhandlungen sehr zufrieden ist. Die Kommission kann die vorgeschlagenen Änderungsanträge vollständig annehmen.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Richard Seeber (PPE-DE), schriftlich. Im Sinne eines effektiven Umweltschutzes müssen die Weltmeere, insbesondere die europäischen Meere, verstärkt in den Politiken der EU berücksichtigt werden. Die vorliegende Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie reagiert auf die durch den Klimawandel entstandenen Herausforderungen und sieht Maßnahmen sowohl von Seiten der EU als auch von Seiten der Mitgliedstaaten vor. Um auf europäischer Ebene geeignete Schritte zu setzen, ist es zunächst unerlässlich, dass der Umweltzustand der Meere anhand einheitlicher Kriterien erfasst wird. Weiter verpflichtet die Richtlinie die Mitgliedstaaten, bis 2017 einen guten Zustand der Meeresumwelt zu erreichen und die dafür notwendigen Regelungen zu treffen.

Im Sinne des Berichts fordere ich die Mitgliedstaaten auf, notwendige Maßnahmen zur Nachweisbarkeit und Rückverfolgbarkeit von Meeresverschmutzungen zu ergreifen, damit das Verursacherprinzip zur Anwendung kommt. Die von der EU bereits gesetzten Schritte im Bereich der Speicherung von CO2 im Meeresboden müssen verstärkt werden, da diese einen innovativen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel darstellen. Bereits bestehende Pilotprojekte müssen jedoch vor allem hinsichtlich ihrer Effizienz und möglicher Folgeschäden kritisch beurteilt werden. Um dem Klimawandel effektiv zu begegnen, dürfen wir uns Innovationen nicht verschließen, sondern müssen diese in eine breit angelegte EU-Umweltpolitik mit einbeziehen.

 

17. Luftqualität und saubere Luft für Europa (Aussprache)
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die Empfehlung für die zweite Lesung des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie) (09388/2/2007 – C6-0261/2007 – 2005/0211(COD)) (Berichterstatterin: Marie-Noëlle Lienemann) (A6-0389/2007).

 
  
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  Holger Krahmer, Berichterstatter. − Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Kompromiss zur Luftqualitätsrichtlinie ist in erster Linie das Ergebnis einer gelungenen Teamarbeit. Das möchte ich eingangs herausstellen. Mein Dank gilt vor allem meinen Kolleginnen und Kollegen, die aktiv an der Ausgestaltung dieses Richtlinientextes beteiligt waren, besonders den Berichterstatterinnen, Frau Anja Weisgerber von der EVP-ED-Fraktion und Frau Dorette Corbey von der PSE-Fraktion, aber auch Frau Satu Hassi von der Fraktion der Grünen. Bedanken möchte ich mich auch bei der Kommission für die wertvolle Hilfeleistung sowie bei der portugiesischen Ratspräsidentschaft, die als offener und konstruktiver Verhandlungspartner entscheidend zu dem guten Ergebnis beigetragen hat.

Der Kompromiss stellt die künftige EU-Luftqualitätspolitik auf eine solide Grundlage. Die neue Richtlinie hält die Balance zwischen ambitionierten Ziel- und Grenzwerten und der notwendigen Flexibilität für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten. Darüber hinaus wird der Fokus stärker auf die Exposition gerichtet und die Notwendigkeit der Maßnahmen an den Quellen der Verschmutzung hervorgehoben.

Lassen Sie mich zunächst die Kernpunkte des Kompromisses skizzieren. Der entscheidende Fortschritt, der mit der Novellierung der Luftqualitätsgesetzgebung erzielt wird, ist die Regulierung der feinsten Partikel PM2,5. Von den kleinsten Partikeln, die ausschließlich aus anthropogenen Quellen stammen, gehen nach Meinung aller Experten die größten Risiken für die menschliche Gesundheit aus. Die PM2,5 – die Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern –, die für das Auge nicht sichtbar sind, können bis in die Lunge eindringen und langfristig zu schweren Atemwegserkrankungen führen. Es ist daher überfällig, die kleinsten Partikel ins Zentrum der europäischen Luftqualitätspolitik zu stellen.

In den Vereinigten Staaten von Amerika besteht seit 1997 ein strenger Grenzwert für PM2,5. Die USA sind der EU, was die Gesetzgebung in diesem Bereich angeht, ein gutes Jahrzehnt voraus. Aber bei allem Respekt für die amerikanische Luftqualitätspolitik möchte ich feststellen, dass wir nicht einfach kopieren können, was die Amerikaner seit Jahren machen. Wir verfügen in Europa über völlig andere Bedingungen, insbesondere was die Siedlungs- und Verkehrsdichte angeht.

Die Forderung von Umweltverbänden nach einer sofortigen Einführung eines strengen Grenzwertes für PM2,5 ist nicht realistisch. Die Datenlage in Europa ist nicht belastbar, und die Erfahrungen mit den Messungen sind unzureichend – keine guten Voraussetzungen für eine voreilige Einziehung eines Grenzwerts. Rat und Parlament waren sich von Anfang an darin einig, PM2,5 in zwei Phasen zu regeln. Zunächst soll ab 2010 ein Zielwert und erst ab 2015 ein Grenzwert von jeweils 25 Mikrogramm pro Kubikmeter gelten. Gegenüber der Kommission und auch gegen den Widerstand des Rates hat sich das Parlament stets für einen strengeren Wert für PM2,5 eingesetzt. Es ist daher das Verdienst des Parlaments, dass wir heute den Grenzwert für PM2,5 in einer zweiten Stufe im Jahr 2020 auf 20 Mikrogramm pro Kubikmeter senken wollen!

Zusätzlich zu einem Ziel- und Grenzwert für PM2,5 wird eine Expositionskonzentrationsverpflichtung für die Mitgliedstaaten von 20 Mikrogramm im Jahr 2015 eingeführt. Diese hat die Reduktion der Hintergrundkonzentration zum Ziel und wird eine positive Auswirkung auf den Schutz der menschlichen Gesundheit besonders in urbanen Ballungszentren haben. Das vom Europäischen Parlament vorgeschlagene Reduktionsmodell für die Konzentrationen von PM2,5 bis 2020 hat sich ebenfalls durchsetzen können. Es wird nach Mitgliedstaaten differenziert, und Vorleistungen werden stärker berücksichtigt.

Zu PM10: Die Mehrheit des Parlaments hat sich in der ersten Lesung für einen ambitionierten Jahresgrenzwert für PM10 eingesetzt, der unter anderem in einer besseren Korrelation zum geltenden Tagesgrenzwert steht. Die Position von Rat und Kommission, die geltenden Grenzwerte gar nicht anzutasten, hat sich in den Verhandlungen durchgesetzt. Mit drei Jahren Fristverlängerung für PM10 wird ab Inkrafttreten der neuen Richtlinie den Kommunen, die aufgrund ihrer geografischen Lage oder der meteorologischen Bedingungen trotz aller nachweislichen Anstrengungen die Grenzwerte nicht haben einhalten können, bis 2012 Fristverlängerung gewährt.

Wenngleich die Verbesserung der Qualität unserer Umgebungsluft auch in Zukunft eine große Herausforderung für die EU darstellen wird, möchte ich drei Punkte hervorheben, die aus meiner Sicht bei der Umsetzung dieser Richtlinie und bei der Revision der Gesetzgebung 2013 zu beachten sind.

Erstens: Die Schadstoffbelastung unserer Umgebungsluft ist in den vergangenen Jahrzehnten drastisch zurückgegangen. Wie eine neue Studie der Europäischen Umweltagentur aufzeigt, konnten in der EU im Zeitraum 1990-2004 – also noch vor Einführung der PM10-Grenzwerte – etwa 50 Prozent der Feinststaubemissionen reduziert werden. Das ist weniger durch die Gesetzgebung als durch den technischen Fortschritt erreicht worden.

Zweitens: Die Voraussetzungen in der Europäischen Union und zwischen den Mitgliedstaaten sind sehr unterschiedlich. Die meteorologischen und geografischen Bedingungen habe ich bereits genannt. Aber es ist vor allem die sehr unterschiedliche Siedlungs-, Verkehrs- und Industriedichte. Das muss bei der Umsetzung der künftigen Gesetzgebung stärker berücksichtigt werden.

Und drittens: Um die Luftverschmutzung weiter zu reduzieren, werden weder kurzfristiger Aktionismus wie Straßensperrungen und Fahrverbote noch strengere Grenzwerte, die nur auf dem Papier stehen, zum Erfolg führen.

Das Parlament begrüßt außerordentlich die Erklärung der Kommission zur Ergreifung von Maßnahmen an der Quelle, die gemeinsam mit der neuen Richtlinie im Jahr 2008 im Amtsblatt veröffentlicht wird. Die Luftverschmutzung kann nur langfristig und auf EU-Ebene vor allem durch Stärkung grenzüberschreitender Maßnahmen verringert werden. Es sollte in Zukunft vor allem die Quellenpolitik im Vordergrund stehen, die bisher wenig betrachtet wurde, insbesondere die privaten Feuerungsanlagen, die Schifffahrt und auch die Landwirtschaft.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich ergreife im Namen meines Kollegen, von Kommissar Dimas, das Wort, der sich auf der Bali-Konferenz befindet.

Zunächst möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Krahmer, für seine hervorragende Arbeit an der Luftqualitäts-Richtlinie danken und ihm dazu gratulieren. Ebenso danke ich dem Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, insbesondere den Schattenberichterstattern, für ihren positiven Beitrag.

Es war nicht leicht, den Vorschlag so weit zu bringen. Das Europäische Parlament hat bei der Erarbeitung eines gründlichen und wirksamen Textes eine konstruktive Rolle gespielt. Dafür möchte ich ihm die Anerkennung der Kommission aussprechen.

Bei der Vorbereitung des Kommissionsvorschlags und während der Verhandlungen haben wir uns klar von wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Bedeutung kontinuierlicher Bemühungen zur Verbesserung der Luftqualität leiten lassen, speziell über die Notwendigkeit, die Frage des Feinstaubs (PM2,5) anzusprechen. Die durchschnittliche Lebenserwartung der EU-Bürger wird aufgrund der Luftverschmutzung um mehr als acht Monate gesenkt. Das ist inakzeptabel, und da müssen wir mehr tun.

In den vergangenen Jahren ist es der EU lediglich eingeschränkt gelungen, die Luftqualität zu verbessern. Im Zentrum der Debatte standen das Erreichen von PM2,5 und das Erfüllen bestehender Normen.

Sowohl auf Gemeinschafts-, als auch auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene sind ganz klar weitere Maßnahmen erforderlich. Die gemeinschaftlichen Maßnahmen, um Emissionen an ihrer Quelle zu bekämpfen, werden in der Thematischen Strategie zur Luftreinhaltung dargelegt. Bei der Entwicklung und Annahme dieser Maßnahmen liegen wir gut in der Zeit. Der letzte Fortschrittsbericht kann der dem Kompromisspaket beigefügten Erklärung entnommen werden. Die Kommission und das Parlament teilen die Auffassung über die Bedeutung dieser Maßnahmen zur wirksamen Emissionsreduktion.

Lassen Sie mich die wesentlichen Merkmale der Richtlinie aufzählen: In der Richtlinie werden die bestehenden Grenz- und Zielwerte beibehalten. Für einen gewissen Zeitraum ist es möglich, sie in einigen Bereichen vollständig zu erreichen, vorausgesetzt, bestimmte Bedingungen werden erfüllt. Im Kompromisstext wird sichergestellt, dass Verzögerungen nur eingeschränkt möglich sind. Er schafft keinerlei Anreize, die zu ergreifenden Maßnahmen zu verzögern. Da ja Luft keine Grenzen kennt, werden diese Maßnahmen die Bemühungen zur Umsetzung der Richtlinie auch in den benachbarten Regionen und Staaten fördern.

Was den Jahresgrenzwert für PM10 betrifft, kann ich die ehrgeizige Absicht, die dem Vorschlag des Ausschusses zugrunde liegt, nachvollziehen. Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge ist jedoch bei chronischer Exposition die Feinpartikel-Subfraktion PM2,5 von PM10 der ausschlaggebende Faktor, sodass die Kommission vorgeschlagen hat, den Grenzwert für PM10 unverändert zu lassen und ihre Ambitionen mit den neuen PM2,5-Zielen zu verfolgen. Die PM10-Normen werden bei der Revision 2013 vollständig neu bewertet werden, um sicherzustellen, dass die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und die Erfahrungen aus der Umsetzung entsprechend in die Normen aufgenommen werden.

Die größte Herausforderung bei den Verhandlungen war, zeitliche, realistische und dennoch ambitionierte Ziele für PM2,5 zu stecken. Das Kompromisspaket schreibt in dem Text des Artikels über die Revision sehr klare Zusagen vor, die zeigen, dass im Rahmen der obligatorischen Revision 2013 ein strengerer Jahresgrenzwert in Betracht gezogen wird. Das wird durch Festsetzen des Richtgrenzwertes für PM2,5 erreicht.

Die Bedeutung der Einführung einer neuen, rechtsverbindlichen Expositionskonzentration bereits 2015 kann gar nicht genug betont werden. Während der neue Ansatz zur Reduzierung der Exposition den Mitgliedstaaten schon jetzt die Flexibilität zugesteht, die Vorteile aus den Verringerungsmaßnahmen für die Volksgesundheit möglichst wirksam zu erhöhen, wird mit den neuen gesetzlichen Verpflichtungen und dem für ihre Umsetzung vorgesehenen relativ kurzen Zeitraum sichergestellt, dass die Mitgliedstaaten umgehend aktiv werden und die Exposition der Bevölkerung im Hinblick auf Feinstaub reduzieren.

Ich freue mich über die Bedeutung, die der Ausschuss empfindlichen Bevölkerungsgruppen, darunter Kindern, beimisst. Die Zusätze fördern die angemessene Berücksichtigung empfindlicher Bevölkerungsgruppen bei der Gestaltung der Verringerungsmaßnahmen.

Mit diesem wichtigen Rechtsakt ist die Europäische Union bereit, die erheblichen nachteiligen Auswirkungen der Luftverschmutzung weiterhin wirksam zu senken und zu minimieren. Die Kommission unterstützt den Prozess aktiv, indem sie gemeinschaftliche Maßnahmen entwickelt und die Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten durch Anleitung und durch erleichterten Austausch zwischen den Mitgliedstaaten fördert.

 
  
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  Anja Weisgerber, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte mich auch beim Berichterstatter Krahmer und den Schattenberichterstattern für die gute Zusammenarbeit bedanken. Die Einigung mit dem Rat in zweiter Lesung ist ein Erfolg für das Europäische Parlament. Diese Einigung ist ein großer Schritt hin zu einer besseren Luftqualität in Europa. Dabei benötigen wir aber die Mithilfe aller Beteiligten. Die Städte und Gemeinden müssen Luftreinhaltepläne erstellen und z. B. Umweltzonen einrichten, wenn sie die Grenzwerte nicht einhalten. Die Mitgliedstaaten müssen dafür die Voraussetzungen schaffen – wie z. B. in Deutschland den Erlass der Autoplakettenverordnung.

Aber auch Europa ist gefragt. Nur ca. 20-30 Prozent der Rußpartikel in der Luft kommen vom innerstädtischen Verkehr. Nur hierauf können aber die Kommunen letztendlich Einfluss nehmen. Die Kommunen haben keine Chance, die Grenzwerte einzuhalten, wenn nicht auf europäischer Ebene Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen auch aus anderen Quellen als dem Verkehr ergriffen werden. Allein das Messen der Emissionen verbessert die Luftqualität nicht. Wir brauchen Maßnahmen, die den Ausstoß von Feinstaub bereits an der Quelle bekämpfen. Das bringt den wahren Gesundheitsschutz.

Zu solchen Maßnahmen hat sich jetzt auch die Kommission politisch verpflichtet. Sie will Gesetzesvorschläge machen, z. B. Euro 6 für Lkw – was dann letztendlich auch dazu führt, dass die Rußpartikelfilter verpflichtend werden –, Emissionsstandards für kleinere Industrieanlagen und neue Regelungen für Schiffsmotoren. Durch diese Regelungen müssen die Maßnahmen der Kommunen flankiert werden, um wirklich eine Verbesserung der Luftqualität zu erreichen.

Erstmals wird es Grenzwerte für die kleinsten Staubpartikel geben. Diese Partikel sind gefährlicher für die Gesundheit der Menschen, da sie lungengängiger sind. Deshalb müssen wir hier ansetzen. Mit ambitionierten, aber auch realistischen Werten setzen wir hier ein weiteres Zeichen für den Gesundheitsschutz. Hier hat der Gesetzgeber Augenmaß bewiesen und gleichzeitig ein hohes Gesundheitsschutzniveau gewahrt. Da wir als Parlament ein gutes Ergebnis bei den kleinsten Staubpartikeln erzielen konnten, haben wir die Position des Rates akzeptiert, an den bestehenden Grenzwerten zu PM10 – d. h. auch an den Tagesgrenzwerten – nichts zu ändern. Dies heißt aber auch, dass es keine Verschärfung der Jahresgrenzwerte zu PM10 gibt. Der Text der Richtlinie stellt es ausdrücklich heraus, dass es für die Kommunen keine Pflicht zur Ergreifung ineffektiver kurzfristiger Maßnahmen wie z. B. Straßensperrungen gibt. Der Fokus soll auf den langfristigen, nachhaltigen Maßnahmen wie z. B. Umweltzonen liegen. Hier tun die Kommunen schon viel, und das sollten sie auch weiterhin machen.

Städte und Kommunen können aber künftig unter strengen Voraussetzungen eine Fristverlängerung bezüglich der Einhaltung der bestehenden Grenzwerte zu PM10 beantragen. Dies bedeutet aber – das möchte ich ausdrücklich betonen – keinen Freifahrtschein für die Kommunen. Sie können die Grenzwerte nicht unbegrenzt überschreiten, und sie erhalten die Fristverlängerung nur unter zwei strengen Voraussetzungen: Sie leiden unter ungünstigen klimatischen Bedingungen oder auch ungünstigen Ausbreitungsbedingungen wie z. B. Kessellagen, und sie haben auf lokaler Ebene alle geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen ergriffen. Diese Flexibilität für die Kommunen trägt zur Praktikabilität der Richtlinie bei, ohne das Gesundheitsschutzniveau zu vernachlässigen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben ein verantwortungsvolles Paket vorgelegt. Wir haben einen Fortschritt für den Gesundheitsschutz erreicht!

 
  
  

VORSITZ: MAREK SIWIEC
Vizepräsident

 
  
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  Dorette Corbey, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Saubere Luft ist eine Lebensnotwendigkeit. Die Luft wurde in den vergangenen dreißig Jahren zwar sauberer, aber nach wie vor ist sie viel zu stark verschmutzt. Die derzeit geltenden Richtlinien werden nur unzureichend eingehalten. Die Richtlinie über Luftqualität bedarf einer Überarbeitung, wenn wir wirksamer gegen die Verschmutzung vorgehen wollen. Vergangene Woche haben Parlament und Rat Übereinstimmung über die neue Richtlinie erzielt. Ich begrüße das Ergebnis und danke Herrn Krahmer, Frau Weisgerber und den übrigen Schattenberichterstattern für die konstruktive Zusammenarbeit in den letzten zwei Jahren. Drei Punkte möchte ich herausstellen.

Zunächst einmal die strengeren Normen. Meine Fraktion hat sich stets und ständig für ehrgeizigere Nomen für Feinstaub und andere Schadstoffe, die Mensch und Umwelt schädigen, stark gemacht. Daher stimmt es mich zufrieden, dass es dank uns eine neue Norm für Mikropartikel geben wird. Verschmutzung durch Mikropartikel kann man zwar weder sehen noch riechen, aber sie verursacht die meisten Gesundheitsschäden, die zum vorzeitigen Tod von Hunderttausenden Europäern führen. Nicht wenige Menschen leiden an Asthma und anderen Beschwerden. Die neue Norm versetzt uns in die Lage, diese Gesundheitsschäden zielgerichteter anzugehen.

Diese Vereinbarung ist daher gleichsam eine gute Nachricht für die Gesundheit der Bürger. Das Parlament hat sich nicht mit den halbherzigen Ambitionen der Kommission und des Rates abgefunden. Wir verlangten ein stärkeres Engagement und wurden erhört. Die PM2,5-Norm sollte von 25 µg auf 20 µg sinken. Wissenschaftlern zufolge wird hierdurch die mittlere Lebenserwartung um weitere vier bis fünf Monate steigen. Allerdings reichen auch die neuen Normen nicht aus. Weitere Verbesserungen sind ebenso wie die besondere Berücksichtigung der Kinder vonnöten. Letzten Endes müssen wir einen Wert von höchstens 10 µg/m3 Luft erreichen. Das ist die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Obergrenze, die Gewähr für wirklich saubere Luft bietet. Die vorliegende Richtlinie ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Zweitens, Europa darf nicht nur strenge Normen festlegen, sondern muss auch Instrumente für die Erreichung dieser Ziele konzipieren. Schließlich ist Europa oft gut darin, allgemeine politische Ziele zu formulieren, bei der Schaffung der richtigen Instrumente, mit denen sich diese Ziele auch tatsächlich verwirklichen lassen, hapert es jedoch. Ohne sauberere Autos, Schiffe, Landwirtschaft und Industrie bleiben die Luftqualitätsnormen ein Papiertiger.

Kürzlich stimmten wir über EURO V und EURO VI ab: sauberere Personenkraftwagen ab 2009 und sogar noch sauberere ab 2014. Derartige Rechtsvorschriften brauchen wir schleunigst für Schwerfahrzeuge und Busse. Das Parlament drängte den Rat und die Kommission beim Ergreifen flankierender Maßnahmen zur Eile, damit an den Schadstoffquellen angesetzt werden kann. Dies mündete in eine Erklärung der Kommission mit einer Auflistung aller Maßnahmen, die in den nächsten Jahren vorgesehen sind. Die Erklärung wird der Richtlinie als Anlage beigefügt und enthält einen Verweis auf die Richtlinie. Damit übermitteln wir den Bürgern die klare politische Botschaft, dass Europa tätig wird und Säuberungsaktionen in allen möglichen Sektoren startet.

Ein dritter Diskussionspunkt war die Flexibilität der Normen. 24 Mitgliedstaaten können die in der derzeitigen Richtlinie verankerten Grenzwerte nicht einhalten. Das scheint mir eher kein gutes Beispiel für wirksame Rechtsvorschriften zu sein. Ich habe stets den Standpunkt vertreten, dass es durchaus vertretbar ist, den Mitgliedstaaten, die zwar alle möglichen Maßnahmen treffen, aber dennoch die Grenzwerte verfehlen, etwas mehr Zeit lassen, damit sie sich der Problembereiche annehmen können. Das setzt jedoch voraus, dass mittelfristig erheblich strengere Normen eingeführt werden. Wir müssen unbedingt sicherstellen, dass die Praktikabilität und Umsetzbarkeit der Rechtsvorschriften, die wir hier schaffen, gewahrt bleiben.

Heute zeigen wir, dass das Europäische Parlament die Klagen der Mitgliedstaaten über nicht durchführbare Rechtsvorschriften ernst nimmt. Die Erfahrung lehrt uns, dass die Luft nicht sauberer wird, wenn wir die Umsetzung der Richtlinie außer Acht lassen. Die neue Richtlinie über Luftqualität stellt gegenüber der alten eine Verbesserung dar. Bessere und strengere Normen kommen der Gesundheit der Bürger, den Kommunen und den Bauunternehmen zugute. Wir können wieder atmen!

 
  
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  Marios Matsakis, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Herrn Krahmer zu seinem hervorragenden Bericht über dieses schwierige und äußerst wichtige Thema gratulieren.

Zudem möchte ich den Schattenberichterstattern und allen Kollegen gratulieren, die Anregungen, Ratschläge und Änderungsanträge eingebracht und so dazu beigetragen haben, einen Kompromiss zu formulieren, dem in den Verhandlungen zugestimmt wurde und der, wenn er umgesetzt wird, der Versuch ist, eine bessere Richtlinie über die Luftqualität zu erzielen. Bis zu einem gewissen Grad soll er für sauberere und gesündere Luft in Europa sorgen.

In einer Zeit, in der in vielen Gegenden Europas Infektionen der Atemwege wie Asthma, Emphysem und Lungenkrebs zunehmen, von denen zumeist die am stärksten Gefährdeten betroffen sind, nämlich Kinder und ältere Menschen, haben wir als Gesetzgeber die Pflicht, sicherzustellen, dass wir unser Bestes geben, damit unsere Bürger gesündere Luft atmen.

Zu diesem Zweck waren wir uns in unserer Entschlossenheit einig, den unverantwortlichen Forderungen des Rates nicht nachzugeben, der keinerlei Änderungen der Vorschriften über bestehende Tages- und Jahresgrenzwerte für PM10 akzeptieren wollte und den Vorschlag des Parlaments, eine Ausnahmeregelung mit der Annahme zusätzlicher EU-Maßnahmen für Verschmutzungsursachen zu verbinden, glattweg abgelehnt hat.

Wenngleich wir zu einer Einigung gekommen sind, muss der Rat doch auch verstehen, dass dieses Haus der Gesundheit seiner Millionen von Bürgern eine größere Priorität einräumt, als dem Reichtum europäischer Industrieriesen. Jeder muss voll und ganz begreifen, dass das Parlament sich mehr darum sorgt, die Lungen der Menschen vor Zerstörung durch Erkrankungen zu schützen, als dabei zu helfen, die Geldbeutel habgieriger Industriebarone zu füllen.

Ich bin zuversichtlich, dass dieses Haus künftig noch Gelegenheit haben wird, bei der alle seine Bestimmungen in einem weniger kompromissreichen Rechtsakt erfolgreich angenommen werden, der die Bürger wirklich und umfassend vor schweren Schäden der Atemwege schützt.

 
  
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  Mieczysław Edmund Janowski, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Im Namen der Fraktion Union für das Europa der Nationen möchte ich unsere Anerkennung für die Qualität des Berichts von Herrn Krahmer zum Ausdruck bringen. Wir setzen unsere Arbeit an der Richtlinie fort, die für das gesamte Ökosystem von enormer Bedeutung ist, einschließlich der Verbesserung des Gesundheitszustands der Bürger Europas und – in einem weiteren Sinne betrachtet – der Welt.

Der wirtschaftliche Aspekt dieser Bestimmungen sollte auch nicht verschwiegen werden. Unser Ziel sollte es daher sein, einen Kompromiss zu finden, der es den Mitgliedstaaten tatsächlich ermöglicht, die beschlossenen Parameter umzusetzen und dabei die zulässigen Emissionshöchstgrenzen für Partikel und Gase näher zu bestimmen, die die Atmosphäre verunreinigen. Ich beziehe mich hier auf die Konzentration der PM2.5- and PM10-Partikel und der Gase Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Schwefeldioxid, Stickstoffoxide und Ozon, Benzol sowie flüchtige organische Verbindungen und auch Blei.

Dies bedeutet infolgedessen eine verlässliche und regelmäßige Überprüfung. Größere Ausgaben werden für die grundlegende Umrüstung vieler Unternehmen erforderlich sein, auch derjenigen, die Energie und vor allem Wärme liefern. Die Methoden und die Organisation des Land-, Luft- und Seeverkehrs müssen von Grund auf geändert werden.

Diese und andere Kosten müssen natürlich übernommen werden. Doch nicht alle Länder sind in der Lage, bei dieser Frage entschlossene Maßnahmen innerhalb des hier vorgeschlagenen relativ kurzen Zeitraums zu ergreifen, ohne dabei deutliche wirtschaftliche Verluste hinzunehmen. Dies gilt insbesondere für die neuen Mitgliedstaaten, darunter Polen, das in diesem Bereich viel unternimmt.

Abschließend möchte ich hervorheben, dass die Maßnahmen der EU auch von anderen übernommen werden müssen, vor allem von den USA, China, Russland, Japan und Brasilien. Die Luft ist schließlich ein gemeinsames Gut.

 
  
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  Marie Anne Isler Béguin, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wir erinnern uns an den Appell der WHO vom 5. Oktober 2006 an die internationale Gemeinschaft zur Verbesserung der Luftqualität. Es ging um die Verabschiedung strengstmöglicher Normen für die Luftverschmutzung, mit dem Ziel, die Anzahl der Todesfälle in verschmutzten Städten um 15 % zu verringern. Die Europäische Union, die bei Umweltvorschriften oft eine Vorreiterrolle spielt, erwies sich bei der ersten Lesung als große Enttäuschung, sodass Umweltkommissar Stavros Dimas über die Position des Europäischen Parlaments, durch die die ohnehin wenig strikte geltende Gesetzgebung noch abgeschwächt wurde, persönlich entrüstet war.

In der zweiten Lesung am 9. Oktober 2007 hatten die Grünen den Umweltausschuss vor den kontraproduktiven Auswirkungen der administrativen Vereinfachung und speziell der Erhöhung der Anzahl von Tagen, an denen die Höchstwerte überschritten werden dürfen, sowie den Ausnahmen bei bestimmten Schadstoffen gewarnt. Der Kompromiss, der kürzlich bei der zweiten Lesung des Europäischen Parlaments ausgehandelt worden ist, begrenzt die Schäden der ersten Lesung. In Bezug auf PM2,5 in den Stadtgebieten wird ein neuer Grenzwert von 20 Mikrogramm pro Kubikmeter vorgeschlagen, der von der Europäischen Kommission 2015 geprüft werden soll.

Natürlich können zusätzliche Maßnahmen zur Berücksichtigung der Situation empfindlicher Bevölkerungsgruppen wie Kinder und alte Menschen durchgeführt werden. Obwohl er eine Verbesserung gegenüber der Ausgangslage ist, stellt dieser Kompromiss für das Europäische Parlament keinen großen Schritt nach vorn dar. Er wird die Mitgliedstaaten nicht dazu zwingen, die restriktiven Maßnahmen einzuleiten, die für die Verbesserung der Gesundheit der Menschen in Europa erforderlich sind. Die Auswirkung der Verschmutzung der Atmosphäre entspricht den Schätzungen zufolge immer noch einer Verringerung der Lebenserwartung unserer Mitbürger um 9 Monate. Deshalb müssen wir weiter gehen und die Begrenzung der Partikel in der Luft schon früher mittels vorbeugender Instrumente zur Emissionsreduktion in verschiedenen Bereichen, insbesondere dem Transportwesen sowie der Industrie, einbeziehen.

 
  
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  Dimitrios Papadimoulis, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Europa sterben jedes Jahr 370 000 Menschen frühzeitig an Erkrankungen, die sich auf die Luftverschmutzung zurückführen lassen. Den offiziellen Zahlen der Kommission zufolge ist die Lebenserwartung in einigen europäischen Ländern als Folge der Exposition gegenüber gefährlichen Schadstoffen in der Luft um zwischen acht Monaten und zwei Jahren zurückgegangen. Die große Mehrheit der Todesfälle ist auf Feinstaubpartikel in der Luft zurückzuführen. Meine Fraktion unterstützt das abschließende Schlichtungsübereinkommen und die zögerlichen, aber in jeder Hinsicht positiven Schritte, die als Reaktion auf diese Situation ergriffen werden.

Allerdings möchte ich auf einige ernstzunehmende Schwachstellen aufmerksam machen: Die durch diesen Kompromiss festgelegten Grenzwerte für Feinstaubpartikel in der Luft sind mehr als doppelt so hoch wie die entsprechenden WHO-Empfehlungen. Die amerikanische Bundesumweltschutzbehörde schreibt strengere Grenzwerte vor als die Europäische Union. Über sicherere Grenzwerte für Feinstaubpartikel in der Luft (PM 10) konnte keine Einigung erzielt werden. Die Überwachungsanforderungen wurden gesenkt, wenngleich eine konstante Überwachung der kritischen Schadstoffbelastungen für eine Verbesserung der Situation sehr wichtig ist.

Die Fristen für die Erfüllung in Bezug auf Benzol sind verschoben worden, wobei der große Übeltäter, nämlich die Brennstoffqualität, verschont gelassen wird. Obwohl jeder sagt, dass wir bessere Kraftstoffe und sauberere Autos benötigen, wurde die Luftqualität und deren Überwachung am Arbeitsplatz außen vor gelassen. Ferner erhalten die Mitgliedstaaten beträchtliche Freiheiten, um die bestehende Gesetzgebung nicht durchsetzen und ihre korrekte Anwendung nicht überwachen zu müssen. Obgleich wir einen positiven Schritt tun, reicht das nicht aus. Und aus genau dem Grund unterstützt meine Fraktion das Schlichtungsübereinkommen, bittet den Rat und die Kommission jedoch gleichzeitig darum, mutigere Maßnahmen zu ergreifen.

 
  
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  Bastiaan Belder, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Ich spreche im Namen meines Kollegen, Herrn Blokland, der derzeit an der Klimakonferenz auf Bali teilnimmt.

Nach langwierigen Verhandlungen liegt endlich eine Vereinbarung über Luftqualität vor. Das ist eine beachtliche Leistung und auch insofern ungemein wichtig, als die Luftqualität unmittelbaren Einfluss auf den Umweltschutz und die menschliche Gesundheit hat. Ein Dankeschön gebührt daher dem Berichterstatter, Herrn Krahmer, für seine Anstrengungen, die er unternommen hat, um das zu erreichen.

Diese Richtlinie trägt realistisch zur Verbesserung der Gesundheit und Umwelt bei. In den vergangenen Jahren hat sich die Luftqualität bereits spürbar gebessert, und diese Richtlinie wird künftig eine weitere Verbesserung zuwege bringen. Dennoch werden sich einige Länder weiterhin mit der baldigen Einhaltung strenger Grenzwerte schwer tun. Deshalb freue ich mich über die in der Vereinbarung vorgesehenen Verlängerungen, die den Mitgliedstaaten zur Anpassung ihrer Luftqualität an diese Grenzwerte gewährt werden, sofern sie hinreichende Anstrengungen unternehmen.

Nicht minder wichtig ist es, dass an Orten nicht gemessen zu werden braucht, zu denen die Öffentlichkeit keinen Zugang hat und die nicht ständig bewohnt sind. Speziell in Hafengebieten ist diese Flexibilität von außerordentlicher Bedeutung. Außerdem finde ich es besonders begrüßenswert, dass konkret auf die an den Schadstoffquellen ansetzenden Maßnahmen verwiesen wird. Ich halte auf Emissionsquellen bezogene Maßnahmen wie die neue EURO-VI-Norm für Lastkraftwagen für das Erreichen einer guten Luftqualität für ein absolutes Muss.

Summa summarum kann ich sagen, dass ich die vorliegende Vereinbarung positiv bewerte und dafür stimmen werde.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI). - Herr Präsident! Die nun zu verzeichnende Zunahme an Atemwegserkrankungen – vor allem bei Kindern, alten und kranken Menschen – sowie der Anstieg allergisch bedingter Atemschwierigkeiten steht in direktem Zusammenhang mit einer Verkehrslawine, die sich Tag für Tag durch unsere Ballungszentren und entlang der Hauptverkehrsrouten wälzt.

Vor allem im Fernverkehr schlägt sich die verfehlte EU-Förderpolitik der letzten Jahrzehnte nieder. Für besonders sensible Regionen – wie jene der Alpen – konnte man sich bekanntlich bis dato noch nicht durchringen, den schönen Worten der Vergangenheit endlich Taten folgen zu lassen und etwa die Alpenkonvention durchzusetzen. Nun rächt sich aber auch der Ausverkauf unserer öffentlichen Betriebe, die zu einem katastrophal mangelhaften öffentlichen Nahverkehrsnetz geführt haben.

Inwieweit hier Aktionen wie Verkehrsbeschränkungen, die Errichtung von Umweltzonen oder City-Maut überhaupt noch greifen können, ist meines Erachtens höchst fraglich. Es gilt also in erster Linie, sehr rasch Hauptverursacher von Schadstoffemissionen, wie gewerbliche Nutzfahrzeuge mit alternden Dieselmotoren, zu ersetzen.

 
  
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  Péter Olajos (PPE-DE).(HU) Danke, Herr Präsident! Mehr als 300 Millionen Menschen leiden weltweit unter Asthma, 30 Millionen von ihnen in Europa und 200 000 in Ungarn. 18 % der Asthmatiker in Westeuropa gelten als schwere Fälle. Die Anzahl der Asthmapatienten in meinem Heimatland Ungarn ist in den letzten zehn Jahren um 250 % gestiegen. Die Anzahl der neuen Fälle von Asthma, die jedes Jahr diagnostiziert werden, hat sich im gleichen Zeitraum verdoppelt. Zu den Hauptursachen für Asthma und Asthmaanfälle gehört die Luftverschmutzung. Die Daten in dem uns vorliegenden Bericht sprechen meines Erachtens für sich selbst. Das Schicksal des Berichts, über das wir morgen entscheiden, betrifft nur zum Teil den Umweltschutz und sehr viel mehr die Lebensqualität und den Gesundheitsschutz.

Eines der größten Probleme des Gemeinschaftsrechts ist heute seine fehlende Umsetzung. Dies gilt leider auch für die Rechtsvorschriften zur Luftqualität. Daher besteht unsere Hauptaufgabe nun nicht darin, für mehr Regeln, die noch strikter sind, zu stimmen, sondern die Einhaltung der bestehenden Bestimmungen zu fördern. Budapest, der Ort, in dem ich lebe, ist eine Stadt mit 2 Millionen Einwohnern. Die zulässigen Grenzwerte für Partikel in der Luft sind beispielsweise schon in den ersten vier Monaten des Jahres überschritten, Überschreitungen um das Vier- bis Fünffache sind an der Tagesordnung. Unsere Aufgabe besteht daher darin, die bestehenden Rechtsvorschriften sinnvoll weiterzuentwickeln und Leitlinien vorzubereiten, die keine zusätzlichen Aufgaben vorschreiben, sondern die bestehenden verfeinern, um tatsächlich zu einer saubereren Luft für die Bevölkerung der EU beizutragen.

Meiner Ansicht nach erfüllt der Bericht Krahmer diese Anforderung. Sein Wert besteht darin, die Luftverschmutzung in erster Linie am Ort der Verschmutzung messen und erfassen zu wollen, dies ist technisch gesehen der richtige Ansatz. Der Kompromiss ist daher nicht ehrgeizig, aber fortschrittlich. Ich meine, dass die betroffenen Städte und Mitgliedstaaten nun in der Lage sein werden, ihn konsequenter umzusetzen, und dass wir vielleicht in der Lage sein werden, unseren Kindern ein besser bewohnbares Europa zu übergeben. Vielen Dank, Herr Präsident.

 
  
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  Justas Vincas Paleckis (PSE). - (LT) Ich gratuliere dem Berichterstatter. Zunächst möchte ich sagen, dass es immer angenehm ist, wenn wir schönes Wetter haben. Wir können das Wetter nicht beeinflussen, aber wir können und müssen etwas zu seiner Qualität beitragen. Der Grad der Luftverschmutzung in dicht besiedelten und industriellen städtischen Gebieten der Europäischen Union ist noch immer inakzeptabel. Wenn Sie in einer der größten Städte Europas sind, können Sie die von der Luftverschmutzung ausgehende Bedrohung nur allzu deutlich spüren. Sie führt jedes Jahr zum frühzeitigen Tod Zehntausender Europäer. Verschmutzung wirkt sich nicht nur auf das menschliche Leben selbst, sondern auch auf dessen Qualität nachteilig aus.

In den vergangenen Jahren wurden schädliche Gasemissionen in den EU-Ländern deutlich reduziert. Allerdings ist das erst der Anfang. Wir müssen die Monster, die schlimmsten Luftverschmutzer auf unseren Straßen, die das Gas in die Luft pusten, zähmen. Wir müssen entschiedene Maßnahmen ergreifen, um öffentliche Verkehrsmittel auszubauen, und die Menschen darin bestärken, seltener private Transportmittel zu benutzen. Das ist für die neuen Mitgliedstaaten eine Schlüsselfrage, in denen 20 oder gar 30 Jahre alte Autos in einem desolaten Zustand weiterhin die Umwelt verschmutzen.

Die Position der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament und die des Parlaments im Allgemeinen ist für die Länder, die der EU im 21. Jahrhundert beigetreten sind, sehr wichtig, insbesondere was strengere Bedingungen und Ziele zur Minderung der Luftverschmutzung, die Flexibilität bei der Umsetzung dieser Ziele und die Abstimmung lang- und kurzfristiger Ziele betrifft.

Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um in den meisten Ländern Europas bis 2015 die geringstmögliche Konzentration unterschiedlich großer Luftpartikel zu erreichen. Länder, die aktive Maßnahmen zur Reduzierung der Verschmutzung ergreifen, die gesetzten Ziele aber bisher nicht erreichen konnten, sollten die Chance dazu bekommen. Es ist wichtig, die Dauer der Ausnahmeregelung von „vier plus zwei“ auf „drei plus zwei“ Jahre zu kürzen.

 
  
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  Zdzisław Zbigniew Podkański (UEN).(PL) Herr Präsident! Das Europäische Parlament wirft heute einen zweiten Blick auf den Entwurf der Richtlinie über Luftqualität. Eines der Ziele dieser Richtlinie besteht darin, die Menge der in der Luft schwebenden Staubpartikel in den nächsten Jahren zu begrenzen, der Partikel, die wir einatmen und die eine Größe von 2,5 bis 10 Mikrometern haben. Wissenschaftler warnen, dass die kleinsten Partikel eine ernste Gefahr für den Menschen darstellen, und um eben diese geht es bei der Richtlinie, die hier erörtert wird.

Durch den Kompromiss zwischen Parlament und Rat wurden Zugeständnisse an den Rat gemacht, der für weniger strikte Verordnungen ist. Ich hoffe, dass sich die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen nicht als ungeeignet erweisen, und dass, wenn dieses Problem 2013 von der Europäischen Kommission überprüft wird, dann ehrgeizigere Ziele beschlossen werden, da wir hier über die Gesundheit der heutigen und der künftigen Generationen sprechen.

Ich möchte abschließend dem Berichterstatter für seine gute Arbeit danken und Sie daran erinnern, dass Vermeidung besser als Bewältigung der Folgen ist.

 
  
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  Hiltrud Breyer (Verts/ALE). - Herr Präsident! Der gefundene Kompromiss ist besser als erwartet, aber den Kompromiss als großen Erfolg zu feiern, wäre Augenwischerei, denn er wurde verwässert. Durch die Neuregelung der Bestimmungen, wo gemessen wird, ist hier verwässert worden, denn hoch belastete Orte können jetzt ausgeklammert werden.

Der ausgehandelte Kompromiss ist aber auch Schadensbegrenzung. Denn die vorgesehene Schonfrist darf nun nicht mehr als Einladung zum Nichtstun verstanden werden. Damit die Ausnahme nicht zur Regel wird, muss die EU-Kommission die vorgesehenen Aktionspläne und die Einhaltung der Grenzwerte streng überwachen und die Nichtumsetzung sanktionieren. Es darf deshalb nicht als großer Erfolg gefeiert werden, weil wir ja wissen: Eigentlich hätte diese Richtlinie längst in Kraft sein sollen.

Es darf aber auch – und das ist gut an dem Kompromiss – kein Freibrief für die deutschen Kommunen sein, die Hände in den Schoss zu legen. Denn die erneute Einladung zum Nichtstun ist dadurch unterbunden, dass die Kommunen und die Länder Aktionspläne vorlegen müssen.

Wir müssen aber auch betonen, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Deutschland für Deutschland bedeutet und unterstrichen hat, dass die Kommunen in der Pflicht sind zu handeln, so oder so. Wir wissen: Es gibt bereits gute Initiativen in der Europäischen Union wie beispielsweise Umweltzonen oder Umrüstung von Fuhrparks. Aber es muss auch jetzt ganz klar sein: Das ist die letzte Gnadenfrist, die eingeräumt wird. Jetzt müssen wirklich den Worten Taten folgen, damit eine ambitionierte Luftreinhaltepolitik nicht ad absurdum geführt wird.

 
  
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  Jaromír Kohlíček (GUE/NGL).(CS) Sehr geehrte Damen und Herren! Die Überwachung der Luftverschmutzung und Anstrengungen zur Verbesserung der Luftqualität sind begrüßens- und lobenswert. Die Tatsache, dass Teile des zur Diskussion stehenden Vorschlags recht hohe Anforderungen stellen, andere hingegen die Realität ein wenig vereinfachen, stellt kein Problem dar. Schwerer wiegt jedoch, dass er, während sich der Schwerpunkt der Debatte über die Überwachung und Beseitigung von Feinstaub zu Recht von groben zu feineren Partikeln, von PM10 zu PM2,5, verlagerte, eigentlich auch für noch kleinere Partikel als PM2,5 gelten sollte. Sie dringen in die Alveolen ein, die wegen ihrer ausgedehnten Oberfläche möglicherweise große Mengen an Schadstoffen aufnehmen können. Da sich diese Partikel nicht in den oberen Atemwegen ablagern, sind sie potenziell sehr gefährlich. Ungeachtet dieser Vorbehalte befürworte ich ebenso wie die GUE/NGL-Fraktion, der ich angehöre, den Vorschlag für eine Richtlinie, und ich vertraue darauf, dass wir dieses Thema demnächst noch einmal eingehender behandeln werden.

 
  
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  Françoise Grossetête (PPE-DE). - (FR) Herr Präsident! Wir erkennen alle an, und wir haben es alle gesagt, dass die Verschmutzung unserer Siedlungen, unserer Städte immer mehr zunimmt und dass durch diese Verschmutzungen verursachte Todesfälle leider immer häufiger werden. Als Vorsitzende eines Netzwerks zur Überwachung der Luftqualität in meinem Departement, das ich vor mehr als sechzehn Jahren gegründet habe, möchte ich Sie daran erinnern, dass die Verringerung der Luftverschmutzung von den Bürgern als eine Sache angesehen wird, bei der im Hinblick auf den Umweltschutz dringender Handlungsbedarf seitens der Behörden besteht, und dass sie für 54 % der französischen Bürger sogar den schwerwiegendsten Grund zu Besorgnis darstellt.

Dieser Text ist daher eine Reaktion auf den erneuten Ausbruch von Atemwegserkrankungen wie Asthma, Bronchitis und Emphysem, von denen zumeist Kleinkinder betroffen sind – Bronchiolitis bei Kleinkindern ist ein Dauerthema im Winter –, und Lungenkrebs bei älteren Menschen.

Deshalb ist die Einführung neuer Normen für die feinsten und schädlichsten Partikel, für die es bisher keine Vorschriften gegeben hat, eine befriedigende Maßnahme. Wir haben jedoch eine Vielzahl von Lösungen für eine bessere Luftqualität zur Hand wie Maßnahmen zu Kraftstoffen, zu Beförderungsarten und zu Fahrzeugen. Wir müssen noch die Unmenge an EU-Rechtsvorschriften anwenden, die bereits bestehen und die leider von den meisten Mitgliedstaaten nicht eingehalten werden. Gemäß den Texten, über die wir morgen abstimmen werden, müssen die Mitgliedstaaten Probenahmestellen in Stadtgebieten einrichten. Praktisch müsste jeder „Partikelpläne“ haben. Wir müssen ferner die Öffentlichkeit täglich mit Informationen versorgen, insbesondere die Bürger, die gegenüber bestimmten Stoffen in der Luft besonders empfindlich sind.

Schließlich dürfen wird die Luft in geschlossenen Räumen nicht vergessen, in denen wir mitunter mehr als 80 % unserer Zeit verbringen. Studien zur Umweltqualität von Häusern wird wenig Interesse entgegengebracht, während ihre Auswirkung auf die Gesundheit sicherlich mindestens genauso groß ist wie die der Außenumwelt.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE).(RO) Herr Präsident! Zunächst möchte ich den Berichterstatter, Herrn Krahmer, beglückwünschen.

Der Vorschlag für eine Richtlinie über Luftqualität und sauberere Luft in Europa beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen Luftqualität und Gesundheit des Menschen. Vorgeschlagen werden Gemeinschaftsmaßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in Europa.

Der städtische Verkehr verursacht 40 % der Kohlendioxidemissionen und 70 % der Emissionen anderer Schadstoffe, die durch Fahrzeuge hervorgerufen werden. Verkehrsstaus, vor allem in Ballungszentren, kosten die Europäische Union schätzungsweise 1 % des BIP.

In vielen europäischen Hauptstädten staut sich der Verkehr, die Luftverschmutzung hat schwer wiegende Folgen für ihre Einwohner. Mehr als 66 % der europäischen Bürger betrachten Staus in den Städten und die damit verbundene Verschmutzung als Probleme, die ihre Lebensqualität ernsthaft einschränken. Sie fordern von der Union ein kohärentes und vor allem entschlossenes Vorgehen.

Auf der Tagung des Europäischen Rates am 8. und 9. März 2007 setzte sich die Europäische Union nachdrücklich dafür ein, die Treibhausgasemissionen bis 2020 gegenüber 1990 um mindestens 20 % zu verringern.

Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten müssen ihr Handeln auf dicht bevölkerte Ballungsgebiete und städtische Gebiete konzentrieren und die Frage der Luftqualität in städtischen Ballungsräumen unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips ehrgeiziger angehen, indem sie eine Strategie der Zusammenarbeit und Abstimmung auf europäischer Ebene umsetzen. Im Grünbuch zur Mobilität in der Stadt werden die Entwicklung eines öffentlichen Personenverkehrs gefördert, doch auch Maßnahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen infolge des Straßenverkehrs behandelt.

Zu Änderungsantrag 31 möchte ich erklären, dass einige der Maßnahmen im Bereich der verbindlichen technischen Normen zur Verringerung der Luftverschmutzung durch Landfahrzeuge sowie durch Binnenwasserschiffe bereits in anderen Rechtsvorschriften vorgesehen sind.

Meines Erachtens ist es äußerst wichtig, das Parlament alle fünf Jahre über die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Verbesserung der Luftqualität zu unterrichten, doch ich halte es für besonders wichtig, dass diese Maßnahmen auch aus den Strukturfonds finanziert werden.

 
  
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  Leopold Józef Rutowicz (UEN).(PL) Herr Präsident! Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Luftqualität und saubere Luft ist für die Gesundheit der europäischen Bürger von großer Bedeutung, vor allem, da die von der Industrie, dem Verkehr und den Kraftwerken abgegebenen Stoffe, wie Partikel, Schwefel- und Stickstoffoxide sowie Blei, sich über große Entfernungen ausbreiten können.

In der Richtlinie werden Grenzwerte für ihre Emission festgelegt, die Bedeutung einer Verringerung der Schadstoffemissionen und ihrer Quellen wird hervorgehoben. Die Bedingungen für die Erfüllung dieser Anforderungen sind aber unterschiedlich. In Regionen und Ballungsgebieten mit vielen Schadstoffemissionsanlagen, z. B. Hochöfen und Fabriken, die alte Techniken verwenden, wird die Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie Zeit und einen enormen finanziellen Aufwand kosten.

In begründeten Fällen soll die Frist bis zur Einführung der Richtlinienbestimmungen daher gemäß Änderungsantrag 2 verlängert werden. In der Richtlinie wird zu Recht betont, dass Schadstoffemissionen überwacht werden müssen. Dies ist sehr wichtig für die Begrenzung der Schadstoffe, einschließlich der grenzüberschreitenden. Ich beglückwünsche Herrn Krahmer, den Berichterstatter.

 
  
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  Richard Seeber (PPE-DE). - Herr Präsident! Ich freue mich sehr, dass wir so schnell hier und in allen Fraktionen eine Einigung in diesem wichtigen Dossier gefunden haben. Die Luftqualität ist zentral für das Wohlbefinden und die Gesundheit unserer Bürger. Es freut mich weiters sehr, dass wir strenge Grenzwerte gesetzt haben, insbesondere neue Grenzwerte im Bereich PM2,5, die ja besonders gefährlich sind für die Gesundheit. Leider ist in manch anderen Bereichen eine Verschärfung nicht erfolgt, die ich mir gewünscht hätte. Dies betrifft PM10 und natürlich auch den NOx-Bereich.

Was mich jedoch mehr beunruhigt als die Grenzwerte, die wir jetzt gesetzt haben, ist die konkrete Luftsituation, die derzeit in den Mitgliedstaaten herrscht. Wie Sie alle wissen, überschreiten fast alle Mitgliedstaaten die derzeitigen Grenzwerte. Es wird also wirklich jetzt an uns liegen, dieses ambitionierte Gesetzespaket auch umzusetzen, und auch an der Kommission, dies zu kontrollieren. Die Kommission hat bis jetzt keine Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, obwohl permanent Grenzwertüberschreitungen erfolgt sind. Also zum einen muss sauber umgesetzt werden, aber zum andern müssen auch konkrete Aktionen von Kommissionsseite erfolgen, falls Mitgliedstaaten nach wie vor nicht in der Lage bzw. willens sind, die Grenzwerte einzuhalten.

Wichtig ist auch, dass wir einheitliche Kriterien gefunden haben für Messungen. Hier herrscht eine sehr unterschiedliche Praxis in den einzelnen Mitgliedstaaten. Was den Verkehr anbelangt – gerade in meiner Heimat einer der Hauptverursacher der Luftverschmutzung –, muss man sagen, dass auch hier die Kommission teilweise nicht bereit ist, Aktionen, die Länder setzen, um Luftgrenzwerte einzuhalten, zu unterstützen. Hier darf ich die Kommission wirklich auffordern, dass Mitgliedstaaten bei ihren Ambitionen, eine saubere Luft zu erhalten, unterstützt und nicht behindert werden. Wir haben sehr starke Zunahmen im alpenquerenden Transitverkehr, auch hier muss bezüglich der Luft etwas getan werden.

 
  
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  Lambert van Nistelrooij (PPE-DE). - (NL) Herr Präsident! Das Europäische Parlament schafft heute Klarheit in der sich schon seit Langem dahinziehenden Debatte über die genaue Festlegung von Grenzwerten, die aus Gründen der öffentlichen Gesundheit für Feinstaub – PM2,5/PM10 – erforderlich sind. Heute sorgen wir eine substanzielle Verbesserung für dafür empfindliche Bevölkerungsgruppen wie Kinder und alte Menschen. Ich befürworte diese Maßnahmen vorbehaltlos.

Klar ist auch, dass individuellere Maßnahmen möglich sind. Zoneneinteilung unserer recht verstädterten Gebiete soll möglich werden, wodurch wir die Praktikabilität verbessern, ohne bei unseren endgültigen Zielen Zugeständnisse machen zu müssen. Ferner ist deutlich, dass nunmehr die an den Schadstoffquellen ansetzenden Maßnahmen ernsthaft in Angriff genommen und dass in Europa grenzübergreifend zusammengearbeitet wird.

Weniger klar ist – zumindest mir –, ob die Blockade in der niederländischen Gesetzgebung für einige Vorhaben ob des integrierten Genehmigungsverfahrens für Umwelt und Raumordnung nun tatsächlich aufgehoben wurde. Es ist Sache der Niederlande, einschließlich des Unterhauses des niederländischen Parlaments und der Gesetzgebung, zu prüfen, ob dies im Kooperationsprogramm für die Verbesserung der Luftqualität geklärt werden kann.

Europa schafft heute einen ganz klaren Rahmen für das Machbare, auch in den Niederlanden. Nunmehr ist es an den Niederlanden, die Verbindung zwischen Raumordnung und Umweltpolitik vernünftig zu regeln und so weitere unnötige Blockaden zu vermeiden. In diesem Geiste sichere ich heute meine Unterstützung für die erzielte Vereinbarung zu.

 
  
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  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Das nunmehr vorgeschlagene Kompromiss-Gesamtpaket enthält einige Schlüsselkomponenten.

Am wichtigsten ist, dass er die folgenden Punkte enthält:

- Die Möglichkeit der zeitlichen Ausdehnung für PM10 wird auf dem Niveau des gemeinsamen Standpunkts gehalten. Es darf keinerlei Verzögerungen bei der Umsetzung der Maßnahmen geben. Das einstufige Konzept wird den Verwaltungsaufwand minimieren.

- Die Normen für Partikel PM10 bleiben im Einklang mit dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag unverändert.

- Bis 2010 bzw. 2015 soll ein realistischer und rechtzeitiger jährlicher PM2,5-Zielwert und ein Grenzwert von 25 µg/m3 erreicht werden.

- Er enthält einen Richtgrenzwert für 2020, zusätzlich zum ehrgeizigen Plan für PM2,5 für die obligatorische Revision im Jahr 2013;

- eine rechtsverbindliche Verpflichtung zur Expositionskonzentration bis 2015, die das Ziel der Expositionsreduzierung durch umgehend zu ergreifende Maßnahmen zugunsten größtmöglicher Vorteile für die Volksgesundheit und

- eine Erklärung der Kommission über Fortschritte bei der Erarbeitung an der Quelle ansetzender gemeinschaftlicher Maßnahmen.

Die neue Erwägung 15 verstärkt ferner die Entschlossenheit der beiden Mitgesetzgeber, die von der Kommission vorgelegten Gesetzesvorschläge, die Emissionen auf Gemeinschaftsebene an der Quelle anzugehen, als vorrangig zu betrachten.

Ich weiß, dass all diese Punkte in der ersten Lesung für das Parlament und im Ausschuss die ganze Zeit wichtig waren. Meines Erachtens wird der aktuelle vorgeschlagene Kompromiss das Parlament zufrieden stellen, da in Bezug auf das Grundprinzip, ehrgeizige, aber realistische Normen für die Luftqualität festzusetzen, wichtiger Boden gewonnen werden konnte, und zwar dank eines klaren Fahrplans, der die Annahme der erforderlichen gemeinschaftlichen Maßnahmen und eine klar umrissene Überarbeitung im Jahr 2013 enthält.

Ferner bin ich besonders erfreut festzustellen, dass sowohl das Parlament als auch der Rat es als wichtig erachtet haben, bei dieser Richtlinie zu einem Kompromiss zu kommen. Dank dem daraus erwachsenen Kompromiss und der gezeigten Entschlossenheit kann die Europäische Union wirksame nächste Schritte ergreifen, um sicherzustellen, dass ihre Bürger gesündere Luft atmen.

Abschließend bleibt mir zu sagen, dass die Kommission mit den Ergebnissen der Verhandlungen sehr zufrieden ist. Die Kommission kann die vorgeschlagenen Änderungsanträge vollständig akzeptieren.

Ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Krahmer, noch einmal für all seine Bemühungen, in zweiter Lesung zu einer Einigung zu kommen, danken und ihm dazu gratulieren.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 11. Dezember 2007, statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Małgorzata Handzlik (PPE-DE), schriftlich.(PL) Es muss weder erläutert noch betont werden, wie wichtig eine gute Umgebungsluft ist. Die derzeitige Priorität der europäischen Politik, die auf der raschen und weit reichenden Einführung kohärenter und einheitlicher Rechtsvorschriften liegt, um die Qualität der Luft sicherzustellen, ist der richtige Ansatz.

In dem Richtlinienentwurf, der derzeit erörtert wird, werden bestehende europäische Rechtsvorschriften durch einen einzigen kohärenten Vorschlag zusammengefasst und gestrafft. Nach der Prüfung des Vorschlags kann versichert werden, dass das von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten, der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament und der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa angenommene Kompromisspaket die Interessen aller Parteien, die von der Richtlinie direkt betroffen sein werden, uneingeschränkt berücksichtigt. Dies ist ein ausgewogener Vorschlag für die Mitgliedstaaten, die den Stellenwert ihrer Bestimmungen durch eine gleichzeitige Verbesserung der Luftqualität in Europa und langfristig einer deutlichen Verringerung der PM spüren werden.

Abgesehen von der sehr ausführlichen Behandlung der einzelnen Zielwerte für PM10 und PM2,5 ist es meines Erachtens sehr wichtig, sich auf die Bestimmungen zur Flexibilität beim Erreichen der zulässigen Werte für die Mitgliedstaaten zu konzentrieren. Es sollte darauf hingewiesen werden, dass die Mitgliedstaaten bereits erhebliche Schwierigkeiten haben, die schon bestehenden Bestimmungen für die Verbesserung der Luftqualität zu erfüllen.

Unterstrichen werden müssen ferner die langfristigen Maßnahmen für die Luftqualität. Wir wissen aus Erfahrung, dass kurzfristige Maßnahmen häufig weniger wirksam sind als langfristige. Die Mitgliedstaaten sollten dazu ermutigt werden, auf freiwilliger Basis langfristige politische Strategien zur Luftverschmutzung zu verfolgen.

 
  
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  Gyula Hegyi (PSE), schriftlich.(HU) Das Recht auf saubere Luft lässt sich auch als Menschenrecht auslegen, da es Aufgabe der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union ist, grundlegende Lebensbedingungen für die Menschen sicherzustellen (sauberes Wasser und saubere Luft). Vor fünfzig bis hundert Jahren war der rauchende Fabrikschlot das Symbol der Industriegesellschaft. Unsere Werte haben sich seitdem geändert, und wir schätzen eine saubere und natürliche Lebensweise, zumindest in unseren Worten. Bedauerlicherweise zeugt die Luft in unseren Städten nur teilweise davon. Mit dem Zusammenbruch der Schwerindustrie bzw. ihrer Verlagerung in die Dritte Welt ist die Verschmutzung durch die Industrie zurückgegangen, aber die Motorisierung hat sich vervielfacht. Vor fünfundzwanzig Jahren gab es in Ungarn mit seinen zehn Millionen Einwohnern nur eine Million Autos, nun sind es dreimal so viele, von denen fast eine Million die Luft in Budapest verschmutzt, dazu kommen die katastrophalen Folgen für die Gesundheit. Die Fälle von Lungenkrebs haben sich vervielfacht und die Zahl der Asthmafälle ist um das Neunfache gestiegen. Kleine Kinder, die an Hauptstraßen leben, sind einem ständigen Risiko ausgesetzt. Es hat sich auch gezeigt, dass die Verschmutzung durch Mikropartikel aus Dieselfahrzeugen für die menschliche Gesundheit besonders schädlich ist. Europa sollte sich schämen, dass die Standards in der EU hierbei unter denen der Vereinigten Staaten liegen. Wir sollten nicht nur reden, sondern handeln. Wir müssen präzise Instrumente für die Begrenzung des Straßenverkehrs in besiedelten Gebieten einsetzen und striktere Emissionsbestimmungen als die bisherigen für die Fahrzeuge festlegen, die weiter benutzt werden sollen. Wir müssen von einer Gesellschaft der Umweltverschmutzer zu einer Gesellschaft des gesunden Lebens werden!

 
  
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  Monica Maria Iacob-Ridzi (PPE-DE), schriftlich.(RO) Die EU-Richtlinie zur Luftqualität wird die Gesundheit der europäischen Bürger verbessern und zur Erhöhung des Lebensstandards in städtischen Gebieten beitragen. Aufgrund der verbindlichen Form dieser Rechtsvorschrift wird dies auf dem gesamten Gebiet der Europäischen Union erreicht werden.

Ein Schwachpunkt der Richtlinie ist die Finanzierung von Maßnahmen zur Anpassung an die Ziele, zu denen sich die Mitgliedstaaten bis 2010 bzw. bis 2015 verpflichtet haben. Als erster Schritt ist ein beträchtlicher finanzieller Aufwand nötig, um Zentren für Probenahmen und die Messung der Luftverschmutzung einzurichten. Die den Mitgliedstaaten bereits zugewiesenen Strukturfondsmittel, die für die Umweltpolitik in Anspruch genommen werden können, sollen auch für die Erfüllung der in der Richtlinie beschriebenen Ziele zugänglich sein, dadurch verringern sich aber die ursprünglich geschätzten Beträge. Meines Erachtens muss eine zusätzliche Haushaltslinie geschaffen werden, wenn die Richtlinie wirksam wird.

Zugleich bin ich für die Aufnahme einer Flexibilitätsklausel, die den Mitgliedstaaten Übergangszeiten von bis zu zwei Jahren einräumen würde, vorausgesetzt, sie können beweisen, dass sie erhebliche Anstrengungen unternommen haben, um die Ziele einer Verringerung der Luftverschmutzung zu erreichen.

 
  
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  Eija-Riitta Korhola (PPE-DE), schriftlich. – (FI) Wir erörtern heute in zweiter Lesung zwei wichtige Richtlinien zur Verbesserung der Qualität der Umwelt. Die eine bezieht sich auf das Meer, die andere auf die Luft. Der Schutz der Luft ist einer der wichtigsten und traditionsreichsten Bereiche des Umweltschutzes, weil die Luftqualität und die menschliche Gesundheit unmittelbar zusammenhängen. Wie die Kommission erklärte, hat sich die Lebenserwartung in der EU auf Grund der Luftverschmutzung um 8,5 Monate verkürzt. Die Lebensqualität von Hunderttausenden von Menschen verschlechtert sich von Tag zu Tag, und die natürliche Umwelt ist in Gefahr, trotz einer beträchtlichen Verringerung der Emissionen in den letzten Jahren. Die Bedeutung der Richtlinie zur Luftqualität kann wahrscheinlich nicht genug betont werden: Sie führt eine Reihe von bisher verstreuten Normen, zusammen, und das ist ein besserer Ansatz für eine Lösung des Problems insgesamt.

Ich möchte zunächst einmal dem Rat für seine Bereitschaft danken, mit dem Parlament eine Reihe wichtiger Fragen zu erörtern. Fast die Hälfte der in erster Lesung angenommenen Änderungsanträge wurde vollständig übernommen. Letztendlich hat der Rat bestimmte, ganz entscheidende Änderungen des Europäischen Parlaments mitgetragen. Das betraf den Ersatz bestimmter Zielwerte für Partikelkonzentrationen durch verbindliche Grenzwerte, die Fristen dafür und die Art und Weise, wie diese angewendet werden sollen. Der Normgrenzwert für die PM2,5-Partikel, die für die menschliche Gesundheit am schädlichsten sind, ist dabei von besonderer Wichtigkeit.

Wir brauchen daher eine sehr strenge Richtlinie. Reine Grenzwerte allein reichen jedoch nicht aus. Es gilt, die Aufmerksamkeit auch auf die Techniken zur Verbesserung der Luftqualität zu richten.

 

18. Volks- und Wohnungszählungen (Aussprache)
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  Der Präsident . – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Frau Juknevičienė im Namen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Volks- und Wohnungszählungen (KOM(2007)0069 – C6-0078/2007 – 2007/0032(COD)) (A6-0471/2007).

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Volks- und Wohnungszählungen sind ein zentraler Bestandteil aller Statistikberichte über die in der Europäischen Union lebenden Menschen. In fast jedem Politikbereich, in dem die EU aktiv ist, sei es Wirtschaft, Soziales oder Umwelt, sind qualitativ hochwertige Bevölkerungsdaten erforderlich, um operative Ziele zu formulieren und Fortschritte zu bewerten. Internationale, europäische und einzelstaatliche Organe benötigen Volkszählungsdaten für aussagekräftige Vergleiche zwischen den EU-Mitgliedstaaten.

Genaue Daten über die Bevölkerung sind erforderlich, um wichtige Gesetze einzuhalten. Beispiele dafür sind die Abstimmungen mit qualifizierter Mehrheit im Rat oder die Verteilung des Strukturfonds (auf Grundlage des „BIP pro Kopf“).

Zweck der vorliegenden Verordnung ist es, einen klaren europäischen Rahmen zu schaffen, damit die Ergebnisse der in den EU-Mitgliedstaaten durchgeführten Volkszählungen vergleichbar sind. Sie klärt Zuständigkeiten und Aufgaben der statistischen Stellen auf nationaler und europäischer Ebene und legt gemeinsame Anforderungen an die Qualität und Transparenz der Ergebnisse und der angewendeten Verfahren und der Technologie fest.

Das ist ein großer Schritt in Richtung Harmonisierung der Bevölkerungs- und Sozialstatistiken. In den Ländern der heutigen Europäischen Union haben Volkszählungen eine lange Tradition, die manchmal mehrere Jahrhunderte zurückreicht. Nun wird es zum ersten Mal ein europäisches rechtliches Rahmenwerk für die Zählungen geben. Das Wort „historisch“ wäre sicher angemessen, um diese Entwicklung zu beschreiben. Die Verordnung ist ferner ein wichtiger Meilenstein für die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Volks- und Wohnungszählungen, in dem die Europäische Kommission mit Eurostat seit vielen Jahren aktiv ist.

Über die Bedeutung dieser Rechtsvorschriften herrscht in den beteiligten Organen – der Kommission, dem Rat und dem Parlament – breite Einigkeit. Es ist nur natürlich und auch gern gesehen, dass Rechtsvorschriften über Volkszählungen zu einer Aussprache führen. Letztlich entscheiden Sie über die Erhebung von Daten über alle europäischen Bürger und über die teuerste und mit den größten Belastungen verbundene statistische Aufgabe.

Die Frage ist in politischer Hinsicht heikel und erfordert eine beträchtliche Investition von Steuergeldern und den guten Willen der Bürger in den Mitgliedstaaten.

Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass es negative Folgen hätte, lägen uns keine subjektiven und vergleichbaren Volkszählungsdaten vor. Die Daten werden verwendet, um Politiken zu gestalten und zu bewerten, zu administrativen Zwecken und für die soziale Forschung, die zur Steigerung des Wohlstands der Menschen in der Europäischen Union führt. Die Vorteile harmonisierter Volkszählungsdaten übertreffen den für ihre Erhebung erforderlichen Aufwand bei weitem.

Die Mitgliedstaaten haben im Laufe vieler Jahrzehnte ihre eigenen nationalen Volkszählungen durchgeführt. Was wir mit dieser europäischen Rechtsvorschrift erreichen können, ist, dass sich die Anstrengungen noch mehr lohnen, wenn sichergestellt wird, dass die Volkszählungsdaten von bestmöglicher Qualität und zwischen den Regionen der Europäischen Union vergleichbar sind.

Deshalb unterstützt die Europäische Kommission die anhaltende Debatte und hofft ehrlich, dass eine Lösung gefunden werden kann, die für eine breite Mehrheit in diesem Haus und die im Rat vertretenen Mitgliedstaaten annehmbar ist. Wir fordern alle auf, die Berichterstatterin, Frau Juknevičienė, bei der Suche nach einem solchen Kompromiss zu unterstützen.

 
  
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  Ona Juknevičienė, Berichterstatterin. – (LT) Die Kommissarin hat gerade gesagt, diese Verordnung sei ein historisches Ereignis. Ich möchte zunächst sagen, ja, sie ist ein historisches Ereignis, doch zugleich auch eines der skandalösesten in Europa. Heute können wir uns selbst eingestehen, auch wenn es offensichtlich erscheint, dass wir bisher keine verlässlichen Statistiken und keine Vorstellung davon hatten, wie viele Menschen in der Europäischen Union in welcher Art von Unterkunft leben. Vorab möchte ich meinen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere den Schattenberichterstattern, den Vertretern des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten und den Mitgliedern der Regionalausschüsse für ihre enge Zusammenarbeit bei der Ausarbeitung dieses Dokuments danken. Herzlichen Dank an die Vertreter der Kommission und des Rates, die sich aktiv an der Diskussion und an unseren gemeinsamen Bemühungen beteiligt haben, um zu dem Kompromiss zu kommen, dass diese Verordnung lediglich die erforderlichen Angaben enthält. Unnötige Daten, die in einigen Fällen gegen die Persönlichkeitsrechte einer Person verstoßen könnten, sollen nicht erhoben werden.

Die EU-Statistiken und dementsprechend die Verordnung haben eine juristische Grundlage, die in Artikel 285 des EU-Vertrags festgeschrieben ist. Es besteht keinerlei Zweifel daran, dass die Grundlagen für dieses Dokument vorhanden sind. In dem Artikel wird die Einhaltung sehr wichtiger Kriterien vorgeschrieben, nämlich Unparteilichkeit, Zuverlässigkeit, Objektivität, wissenschaftliche Unabhängigkeit, Kostenwirksamkeit und statistische Geheimhaltung.

Das Hauptziel der Verordnung ist die Bereitstellung ausführlicher Angaben zur Struktur und zu Merkmalen der Bevölkerung, um die Daten zu untersuchen und die Ergebnisse für die Entwicklung von Strategien in vielen EU-Politikbereichen zu nutzen.

Die Daten der jährlichen Volkszählung werden, wie die Kommissarin sagte, verwendet, um so wichtige Kriterien wie die Abstimmungsverhältnisse und die Mehrheit der Stimmen im Rat zu bestimmen. Qualitativ hochwertige regionale Daten sind erforderlich, um zum einen Regionen zu bestimmen, die für eine EU-Förderung in Frage kommen, und zum anderen die Fortschritte der regionalen Kohäsionspolitik zu bewerten. Könnte angesichts dessen irgendein anderes Dokument für den Vergleich und das Vertrauen in die darin enthaltenen Daten wichtiger sein?

Die Verordnung ist eine Gelegenheit, qualitativ hochwertige Daten über die Wohnungssituation zu erheben. Diese Daten sind erforderlich, um die Anzahl der Verbraucher von Wasser, Energie und anderen Rohstoffen und den Bedarf an Wohnungen und Versorgung sowie die erforderlichen Finanzmittel zu bestimmen.

Die letzte Volkszählung 2001 basierte auf einem Gentleman’s Agreement und hat keine positiven Ergebnisse gebracht. Meiner Auffassung nach sind die Daten unzureichend gründlich, zuverlässig und schwer vergleichbar. Zudem beziehen sie sich auf unterschiedliche Zeiträume. Deshalb gibt es Zweifel daran, ob die EU-Mittel umsonst verteilt und verwendet wurden. Natürlich erschwert das auch das Erstellen von Plänen für die Zukunft.

Die vorgeschlagene Verordnung würde verlässliche, transparente und vergleichbare Ergebnisse garantieren. Ferner würde sie in einigen Punkten nur wesentliche Angaben erfordern.

Daher, meine Damen und Herren, bitte ich Sie, die Änderungsanträge, die ich vorgeschlagen habe, zu unterstützen. Sie zielen darauf ab, die Mitgliedstaaten von der Last, unnötige Daten zu erheben und zu speichern, zu befreien.

Die Abstimmung über diese Verordnung ist auf die nächste Plenartagung vertragt worden. Es ist sehr wichtig, dass wir zu einem Kompromiss kommen. Wir müssen diese Verordnung auf den Weg bringen, um unsere Ziele zu erreichen.

Außerdem benötigen wir die Unterstützung der EU-Bürger. Es ist wichtig, dass sie die Bedeutung der Volkszählung erkennen und sie unterstützen. Die Menschen müssen sicher sein, dass ein gemeinsames statistisches System zuverlässig und für ihr Wohlbefinden wesentlich ist. Das Wichtigste ist aber, dass die Daten sicher gespeichert und nur für die richtigen Zwecke verwendet werden.

 
  
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  José Albino Silva Peneda, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (PT) Herr Präsident, meine Damen und Herren, als Schattenberichterstatter für die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten habe ich die Vorbereitung dieses Berichts sowie die Verhandlungen mit der Kommission verfolgt. Dies ist in der Tat ein sehr wichtiger Bericht in Hinblick auf die Planung und Bewertung der Regional- und Sozialpolitik in den verschiedenen Mitgliedstaaten. In dieser Hinsicht gehören das sozioökonomische Profil der Bevölkerung Europas und die Wohnverhältnisse zu den entscheidendsten Aspekten für die Bewertung einer Verbesserung der Lebensbedingungen.

Unseres Erachtens scheint die Kommission bei den Indikatoren, die diese Art von Untersuchung möglich machen, die richtige Linie zu verfolgen, die wir unterstützen. Wir müssen daher den Geltungsbereich, die Qualität und die Zuverlässigkeit dieser Art von statistischen Daten weiter verbessern. Wir sind jedoch der Ansicht, dass stets auf ein ausgewogenes Kosten/Nutzen-Verhältnis hinsichtlich der Detailliertheit der vorzulegenden Angaben geachtet werden muss und dabei auch die Privatsphäre nicht vergessen werden darf.

Dieser Bericht wird nur dann nützlich sein, wenn er dazu beiträgt, die Häufigkeit, Vergleichbarkeit und Korrektheit dieser Daten auf EU-Ebene zu erhöhen. Daher muss besondere Sorgfalt für die von den Mitgliedstaaten vorgelegten Daten gelten, die einheitlich, vollständig und zuverlässig sein müssen. Nur dann sind vergleichende Studien und Analysen der sozioökonomischen Lage auf regionaler, nationaler und Gemeinschaftsebene möglich. Die Form, in der diese Daten bearbeitet werden, ist noch wichtiger, da die Klassifizierung der Regionen zum Zwecke der Anwendung der Strukturfonds größtenteils auf solchen Indikatoren basiert. Dies bedeutet, dass bei normalem Verlauf dieser Prozess zu Entscheidungen führt, die weitreichende Folgen für die verschiedenen europäischen Regionen und die Mitgliedstaaten selbst haben können.

Ich hoffe, wir werden durch die Verhandlungen mit dem Rat insgesamt eine größere Kohärenz, Klarheit und Korrektheit erreichen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die PPE-DE-Fraktion bei ihrem ursprünglichen Standpunkt zu diesem Bericht geblieben ist, auch nach Anhörung der Erläuterungen durch die Kommission, entsprechend dem Standpunkt des Berichterstatters; ich hoffe, wir werden bis zum Ende daran festhalten. Wir sprechen uns insbesondere für die Streichung der Abschnitte 1.3 und 2.3 des Anhangs aus, sowie einiger nachträglicher Änderungen, die sich unseres Erachtens nicht mit den Zielen einer Verbesserung der Qualität und Zuverlässigkeit der Angaben decken.

 
  
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  Emanuel Jardim Fernandes, im Namen der PSE-Fraktion. (PT) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Frau Madeira, die im Namen der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament sprechen sollte, kann wegen Verkehrsproblemen nicht an unserer Aussprache teilnehmen. Daher werde ich ihre Ansichten zur Wichtigkeit dieses Berichts und ihre Bedenken, die ich teile, und die ich auf dieser Plenartagung bereits zur Entwicklungspolitik geäußert habe, erläutern.

Angesichts der Billigung des Vertrags von Lissabon, der diese Woche von den Staats- und Regierungschefs unterzeichnet wird, sind zuverlässige Daten zur Bevölkerung der Europäischen Union absolut unverzichtbar. Das in diesem Vertrag vorgesehene neue Abstimmungsverfahren, bei dem künftig nicht nur die Stimme des Mitgliedstaats, sondern auch die Bevölkerungszahlen berücksichtigt werden, bedeutet, wir müssen uns bewusst sein, dass Volkszählungen für ein effizientes Arbeiten der Europäischen Union unabdingbar sind. Diese Verordnung ist jedoch neben dem Abstimmungsverfahren noch aus anderen Gründen wichtig. Sie ist auch für alle Indikatoren zu Beschäftigung sowie regionalen, strukturellen oder sozialen Fragen wichtig, bei denen die von allen Mitgliedstaaten vorgelegten Daten berücksichtigt werden, und die, angesichts der Diskrepanzen bei den verwendeten Datenerfassungsmethoden oder bei den Bezugszeiträumen, häufig inadäquate Analysen und Ergebnisse von fragwürdiger Gültigkeit liefern. Als dieser Prozess im Jahr 2000 das letzte Mal durchgeführt wurde, lagen die Daten erst 2005 vor und waren daher von fragwürdigem Wert.

Die heute geprüfte Verordnung, aus der bestimmte Nichtübereinstimmungen getilgt wurden, die auch den unaufmerksamsten Leser schockierten, berücksichtigt eine Reihe von Faktoren, die für gute Ergebnisse bei Volks- und Wohnungszählungen wichtig sind. Sie sieht vordefinierte Referenzjahre für alle Mitgliedstaaten und eine Liste von Fragen vor, die verlässliche Vergleiche ermöglichen werden.

Abschließend möchte ich wiederholen, dass ich für die Aufnahme der nicht-obligatorischen Themen in die Verordnung bin. Werden Fragen verwendet, die nicht unter die obligatorischen Themen fallen, erhalten die Mitgliedstaaten eine einheitliche und kohärente Liste, die als Grundlage für die Erfassung weiterer Daten dienen kann, statt ihnen das Vorgehen hierbei zu überlassen, was zu interessanten, aber völlig redundanten Ergebnisse führen könnte. Das Argument, Zählungen sollten aus dem Text gestrichen werden, weil sie Geld kosten, ergibt keinen Sinn. Gerade, weil es um hohe Kosten geht, sollten wir die zu untersuchenden Themen deutlich in einen Rechtsrahmen aufnehmen, damit die Ergebnisse sich für die künftige Verwendung zu unterschiedlichen Zwecken nicht als wertlos erweisen.

 
  
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  Ewa Tomaszewska, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Der Entwurf einer Verordnung über Volks- und Wohnungszählungen ist ein enorm wichtiges Dokument. Bei Volks- und Wohnungszählungen erfasste Daten bieten die Möglichkeit, Entwicklungsstrategien vernünftig zu planen von und bei Bedarf Interventionsmaßnahmen zu ergreifen. Deshalb müssen die Daten transparent und vergleichbar sein. In diesem Fall werden Lösungen der Gemeinschaft auf tatsächliche und gut untersuchte Erscheinungen Anwendung finden.

Vergleichbarkeit ist nicht nur eine Frage gut festgelegter Daten. Sie bedeutet auch, dass diese Daten über identische Zeiträume erfasst wurden. Eine deutliche Spezifizierung der Erfassungszeiträume und die Aktualisierung sowie Zeitpunkte von Korrekturen und Veröffentlichung sind äußerst wichtig, darauf wurde im Dokument und in den Änderungsanträgen ausdrücklich hingewiesen.

Eine wichtige Frage ist die Art und Weise der Erfassung von Daten zu lokalen Gebietskörperschaften. Ich unterstütze den Änderungsantrag, in dem eine getrennte Definition hierfür vorgesehen ist. Ich unterstütze ferner den Änderungsantrag, der Umweltmaßnahmen neben regionalen Maßnahmen vorsieht. Regelmäßige statistische Erhebungen zu Familien sowie sozialen, wirtschaftlichen und wohnortspezifischen Fragen werden angesichts der demografischen und sozialen Probleme Europas fraglos benötigt.

Daher halte ich den Änderungsantrag für falsch, mit dem empfohlene Themen zu geografischen Ebenen und insbesondere nicht abgeleitete Themen wie Standorte von Schulen oder Hochschuleinrichtungen, Verkehrsmittel für die Fahrt zur Schule oder Arbeit, Entfernung zur Arbeit oder Schule, Gesamtzahl der lebend geborenen Kinder, Erwerbstätigkeit, Dauer der Erwerbslosigkeit, Hauptquelle des Lebensunterhalts, Einkommen, Wohnverhältnisse oder Behinderung, mit denen die tatsächlichen Lebensbedingungen der Familien beschrieben werden, gestrichen werden sollen.

Es ist wichtig, dass in dem Text die Wahrung nationaler Datenschutzrechte betont wird, und das Subsidiaritätsprinzip wurde in diesem Bereich zu Recht genannt. Ich beglückwünsche Frau Juknevičienė zu ihrer gründlichen Arbeit bei diesem Berichtsentwurf.

 
  
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  Der Präsident . – Darf ich darauf hinweisen, dass an unserer Aussprache ein Abgeordneter teilnimmt, das erst gestern ein vollwertiges Mitglied des Parlaments geworden ist, Herr Krzysztof Hołowczyc, eine in Polen sehr bekannte Person. Willkommen, Herr Hołowczyc! Bitte machen Sie sich mit den Verfahren vertraut.

Herr Hołowczyc ist ein in Polen sehr bekannter Rallyefahrer. Am Samstag hat er eine legendäre Etappe der Barbórka-Rallye gewonnen. Meine aufrichtigen Glückwünsche! Wir üben hier allerdings eine andere Sportart aus, setzen Sie sich also bitte rasch wieder auf Ihren Platz, Herr Hołowczyc.

 
  
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  Elisabeth Schroedter, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, sehr geehrte Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist richtig, dass das Erfassen und Harmonisieren statistischer Daten über die wichtigsten wirtschaftlichen und sozialen Merkmale von Regionen für die Europäische Union unerlässlich ist. Schließlich fußt die Vergabe der Strukturfonds, eines Drittels des Haushaltes, auf diesen Datengrundlagen. Was jedoch die Kommission in ihrer Verordnung zur Volkszählung hier vorlegt, hat mit diesen Notwendigkeiten wirklich nichts zu tun. Die Daten, welche sie in diesem für alle Mitgliedstaaten der EU direkt geltenden Gesetzestext erfassen und harmonisieren will, sind persönliche Daten unserer Mitmenschen, welche die EU wirklich nichts angehen. Dazu gehören persönliche Daten des Familien- und Sexuallebens, der Wohnungssituation oder der Religionszugehörigkeit. Sie hat auch noch die Dreistigkeit, diese Daten per Gesetz in einheitlichen Standards erfassen zu wollen, ohne einen Hinweis auf Datenschutz in das Gesetz mitaufzunehmen!

Deshalb ist es unsere Aufgabe als Vertretung der Bürgerinnen und Bürger, einem solchen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte Einhalt zu gebieten, zumal es keinen Grund gibt, Daten im Bereich von Familienleben, persönlichen Lebensumständen oder Wohnungssituation zu harmonisieren, wenn dies gar nicht in die Kompetenz der Europäischen Union fällt und dies auch im Reformvertrag nicht dafür vorgesehen ist. Es kann nicht sein, dass die EU sich hier durch die Hintertür Kompetenzen, die allein in der Kontrolle der Mitgliedstaaten zu verbleiben haben, und auch die Kontrolle der Datensammlung hierzu anmaßt. Es ist für uns nicht eine Frage von Zeit oder Tempo, sondern eine Frage des obersten Gebots, dass der Schutz von persönlichen Daten absolute Priorität hat. Das wird in diesem Kommissionstext nicht gesichert. Ich bin froh, dass die Berichterstatterin hier den nicht obligatorischen Teil streichen will: Das hatte schon immer unsere Unterstützung, bereits im Ausschuss. Damals hatte sie leider nicht die Mehrheit dafür bekommen.

Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns, dass das, was jetzt im Verfahren vorgesehen ist, nämlich die Vertagung, wirklich dazu führt, dass der Ausschuss für Bürgerrechte dafür sorgt, dass der Datenschutz hier noch einmal geprüft wird und erst danach die Entscheidung über die Position des Parlaments und die erste Lesung fällt. Ich bitte alle Fraktionen, hier zu ihrem Wort zu stehen!

 
  
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  Jiří Maštálka, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (CS) Sehr geehrte Damen und Herren! Nach meinem Dafürhalten ist der von der Kommission vorgelegte Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Volks- und Wohnungszählungen ebenso wie die früheren Vorschläge für Statistiken über Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie für die Statistik der offenen Stellen ein Schritt in die richtige Richtung. Ich teile auch die Auffassung der Kommission, die zu der letzten Volks- und Wohnungszählung im Jahr 2001 erklärte, dass eine einzig und allein auf einem „Gentlemen’s Agreement“ beruhende Erhebung von Daten der einzelnen Mitgliedstaaten eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse nicht hinreichend gewährleistet. Daher ist die Verabschiedung von Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene vonnöten. Nur so können wir Ergebnisse sicherstellen, die zuverlässig, transparent und vergleichbar sind.

Erschrocken war ich jedoch, als ich die von Eurostat in Abschnitt 1.3 des Anhangs des Verordnungsvorschlags geforderten Daten sah. Selbst wenn es sich lediglich um empfohlene Indikatoren handelt, ist die Kommission meines Erachtens hier über das Ziel hinausgeschossen. Es gibt keinen Grund, den Menschen intime Fragen zu ihrem Privatleben zu stellen. Noch erstaunter war ich, dass diese Daten nur von Frauen erhoben werden sollen. Deshalb habe ich die Entscheidung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten zur Streichung dieser Forderungen aus der Kommissionsvorlage, die einen erheblichen Eingriff bedeuten und unangemessen sind, voll und ganz befürwortet.

Solche Informationen gehören vielleicht eher in ein medizinisches Zentrum. Die Anonymität dieser Daten muss meiner Ansicht nach mit der von Bankdaten vergleichbar sein. Bei der Erhebung statistischer Daten müssen wir, so meine ich, vor allem den Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre von Personen wahren, und wir sollten uns vor einer unverhältnismäßigen Zunahme der Aufgaben hüten, die wir von den Datenübermittlern verlangen. Ich werde der GUE/NGL-Fraktion empfehlen, in diesem Sinne zu votieren.

 
  
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  Derek Roland Clark, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich hatte am 20. November im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten die Freude, den Änderungsantrag 32 der Berichterstatterin, Frau Juknevičienė, zu unterstützen, dem zufolge Ziffer 1.3.2 entfallen sollte. Dort wird unter dem Deckmantel der „nichtehelichen Gemeinschaft“ die zudringliche und anstößige Frage nach ersten sexuellen Handlungen von Frauen gestellt. Der Vertreter der Kommission, der damals im Ausschuss zugegen war, versprach mir, dass diese „unsensible Frage“ gestrichen und nicht wieder aufgenommen würde. Das habe ich als Sieg für mich, für meine Partei UKIP, aber vor allem als Sieg für den gesunden Menschenverstand gewertet, und ich war bereit, der Kommission dazu zu gratulieren. Übrigens zeigt der Rückzug, dass ich Recht hatte, zu sagen, es ginge dabei um Sex, denn, wenn es lediglich um das Zusammenleben gegangen wäre, wie es hieß, warum hätte der Vertreter der Kommission dann versprechen sollen, eine unschuldige Frage zurückzuziehen? Ich hatte Recht.

Nun, als ich heute sah, dass die Abstimmung nicht wie ursprünglich geplant morgen stattfinden würde, sondern auf unbestimmte Zeit verschoben ist, obwohl die Debatte offensichtlich noch immer anhält, habe ich den Braten schon gerochen, denn normalerweise finden Abstimmungen kurz nach den Aussprachen statt. Damit lag ich richtig. In der neuesten Fassung, die ich gerade vor einer Stunde ausgedruckt habe, steht auf Seite 1, Text der Kommission, dass ein neuer Änderungsantrag 39 vorliegt. Er steht in keinerlei Beziehung zu dem ursprünglichen Änderungsantrag 39, in dem es um unschuldige Feinheiten geht, sondern ist die alte Ziffer 1.3.2 – vollständig, mitsamt der ganzen Liste von Fragen, einschließlich der zudringlichen Frage über nichteheliche Lebensgemeinschaften von Frauen.

Damals im Ausschuss hat mir nicht gefallen, dass die Berichterstatterin es bei der Abstimmung am nächsten Tag zugelassen hat, dass ihr Änderungsantrag 32 in gewisser Weise zu Kompromiss A verwässert wurde, mit dem lediglich die Liste von Fragen aus Ziffer 1.3.2 gestrichen und die Ziffern 1.3 und 1.3.1 zu Präambeln wurden, was natürlich ein Aufhänger für weitere Fragen war – und ich hatte mit meiner Vermutung Recht.

Die Kommission hat diese verwerfliche, anstößige und beleidigende Frage schändlicherweise als Änderungsantrag 39 wieder eingeführt – entgegen dem Versprechen, das die Kommission mir im Ausschuss gegeben hatte – und, Herr Präsident, ich bin darüber noch mehr verärgert, als ich es jemals zuvor war. Man hat mir versprochen, diese Ziffer würde gestrichen und die Kommission hat sie wieder eingebracht – eine schändliche Frage, die man keiner Frau stellen darf. Sie ist eine Schande für die Frauen, sie ist eine Schande für den Ausschuss, der darüber debattieren muss. Deshalb bitte ich alle Kollegen und Kolleginnen, gegen Änderungsantrag 39 und – um sicher zu gehen – gegen diesen ganzen faulen und verdrehten Vorschlag zu stimmen.

 
  
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  Andreas Mölzer (NI). - Herr Präsident! Angesichts der immer wieder aufflackernden ethnisch bedingten Konflikte, die sich beispielsweise in den jüngsten Pariser-Krawallen exzessiv manifestiert haben, ist es erfreulich, wenn man in der EU anscheinend endlich aus den Multikulti-Träumen aufwacht und bei einer EU-weiten Volkszählung im Jahr 2011 Fragen zur ethnischen Herkunft und Religion stellen möchte.

Diese Daten sind unbedingt zu erheben, um die diesbezüglichen Gefährdungspotenziale besser abschätzen zu können. Kulturelle Differenzen können – wie wir in der letzten Zeit vermehrt erlebt haben – nur allzu leicht eskalieren. In dieser Hinsicht sitzen wir in Europa – in dem sich einige Länder großspurig als Einwanderungsländer deklariert haben – gerade in den großstädtischen Ballungszentren auf einem nicht zu unterschätzenden Pulverfass.

So haben die jüngsten Auseinandersetzungen zwischen Kurden und Türken in unseren Städten bekanntlich massive Polizeieinsätze notwendig gemacht. Statistische Daten über die ethnische und kulturelle Zusammensetzung der Wohnbevölkerung könnten also für die Gewaltprävention höchst notwendig und vorteilhaft sein.

 
  
  

VORSITZ: Edward McMILLAN-SCOTT
Vizepräsident

 
  
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  Jan Březina (PPE-DE).(CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Vorschlag für Volks- und Wohnungszählungen ist ein völlig neuer EU-Rechtsakt in einem bislang nicht geregelten Bereich. Es erhebt sich die Frage, ob Bedarf an einer solchen Rechtsvorschrift besteht. Im Großen und Ganzen sind die von der Kommission vorgebrachten Argumente für die Notwendigkeit, die Vergleichbarkeit und Qualität statistischer Daten zu gewährleisten, relativ überzeugend. Gleichwohl müssen wir die vorgeschlagenen Datenbereiche, die erhoben und bewertet werden sollen, kritisch auf den Prüfstand stellen. Die Kommissionsvorlage umfasst eine große Gruppe von Daten, deren Nachhaltigkeit höchst fraglich ist. Ich halte die Erhebung von Wohnungsdaten auf der Grundlage der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates in Laeken für brisant, da sie lediglich als Ausdruck des politischen Willens und nicht als rechtsgültiges Dokument angesehen werden können. Überdies hat die EU keine Kompetenz in der Wohnungspolitik, und daher können die erhobenen Statistiken über die Wohnsituation im Gegensatz zu anderen Daten nicht zur Durchführung bestehender politischer Maßnahmen herangezogen werden, außer wenn die Ergebnisse als möglicher Katalysator für die Einführung einer neuen gemeinsamen Wohnungspolitik dienen sollen. Das käme jedoch einer Überschreitung der Kompetenzen und einer Verletzung des Vertrages gleich.

Der Vorschlag zur Erhebung großer Datenmengen über das Privatleben der Bürger ist durch nichts zu rechtfertigen. Unter dem Gesichtspunkt der Durchführung gemeinsamer Politiken gibt es keinen Grund, weshalb die EU-Institutionen Zugang zu Daten über die Zahl der Eheschließungen und Partner aller weiblichen Bürger oder über die Länge dieser Beziehungen haben sollten. Dies ist eher „Big Brother“, eine Einmischung in das Privatleben der Menschen und ein unzulässiger Eingriff in die persönliche Freiheit. Wenn einige Institutionen der EU versucht sind, dies zu tun, so ist es richtig, einzuschreiten und klare Grenzen zu setzen, die nicht überschritten werden dürfen. Meiner Ansicht nach ist der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten so verfahren, indem er die zu erhebenden Datenbereiche erheblich eingeschränkt hat, und dafür ist er zu loben. Am transparentesten ist die von meiner Fraktion, der PPE-DE, vorgeschlagene Lösung, die im Anhang keinerlei Bezugnahmen auf konkrete statistische Daten vorsieht. Ich darf Sie um Aufmerksamkeit für diesen Vorschlag bitten, dessen Unterstützung ich Ihnen empfehle.

 
  
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  Silvia-Adriana Ţicău (PSE). - (RO) Herr Präsident! Ich möchte den Berichterstatter beglückwünschen und die Wichtigkeit dieses Vorschlags für eine Verordnung über Statistiken der Mitgliedstaaten zum Wohnungswesen hervorheben.

Die Mitgliedstaaten müssen ein gemeinsames System für Standarddaten verwenden, die regelmäßig erfasst und weitergegeben werden. Korrekte und präzise Statistiken zum Wohnungswesen ermöglichen es der Union und den Mitgliedstaaten, angemessene Maßnahmen auf diesem Gebiet umzusetzen. Bei jeder Datenerfassung muss aber die Privatsphäre der Personen gewahrt werden. Die Union stützt sich nicht nur auf wirtschaftliche Kriterien, sondern wir müssen auch ein soziales Europa aufbauen.

Zu einem menschenwürdigen Leben gehört menschenwürdiger Wohnraum. Leider leben heute mehr als 60 Millionen Bürger in der Europäischen Union unter der Armutsgrenze, Kinder sind dem Armutsrisiko am stärksten ausgesetzt. Diese Menschen haben natürlich auch die größten Schwierigkeiten dabei, menschenwürdige Wohnungen zu bekommen.

Die wichtigsten sozialen und demografischen Tendenzen, die sich auf die subventionierte Wohnungspolitik auswirken, sind die Überalterung der Bevölkerung, die Migration von Bevölkerungsgruppen innerhalb der Union, die Migration von Bevölkerungsgruppen aus ländlichen Gebieten in Städte und die vorherrschende Entwicklung städtischer Gebiete.

Bislang gibt es jedoch kein einheitliches Modell, das für alle Mitgliedstaaten anwendbar ist. In einigen Mitgliedstaaten gibt es eine große Anzahl Häuser, in denen viele Generationen der gleichen Familie zusammenleben. Österreich, Finnland, die Tschechische Republik und Polen haben Programme zur Bereitstellung subventionierter Wohnungen für junge Menschen. In Frankreich, Deutschland, Ungarn, Spanien und Großbritannien hat die Anzahl der Häuser mit nur einem Mieter zugenommen. In Rumänien sind 95 % der Häuser in Privatbesitz, und nur 5 % der Häuser sind vermietete oder subventionierte Häuser. In Dänemark sind 47 % der Häuser von Mietern bewohnt oder subventioniert, in Österreich 42 %, in Finnland 37 %, in Frankreich 44 % und in Deutschland 57%.

Statistiken sind nur ein Ausgangspunkt bei der Konzipierung einer angemessenen Wohnungspolitik für jeden Mitgliedstaat. Diese Politik hängt von der Bereitstellung öffentlicher Mittel auf nationaler, regionaler oder kommunaler Ebene sowie von der Entwicklung des Immobilienmarktes ab. Meines Erachtens sollten Mitgliedstaaten auch die Strukturfonds für den Hausbau nutzen, vor allem die Mittel für regionale Entwicklung.

Die Frage des Wohnungswesens erfordert jedoch ein auf statistischen Daten beruhendes Vorgehen sowie einen umfassenden, mehrdimensionalen Ansatz auf der Grundlage des einzelstaatlichen Rechts und des Gemeinschaftsrechts. Dennoch ist ein pragmatischer Ansatz, gestützt auf die Bedürfnisse der Bürger, notwendig. Leider gibt es europäische Bürger, die in ungeeigneten, unsicheren Häusern leben, aber es gibt auch europäische Bürger, die kein Haus oder nicht einmal ein Dach über dem Kopf haben. Wie sehen die Antwort und die Unterstützung Europas in Hinblick auf die Bedürfnisse dieser Bürger aus?

 
  
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  Kathy Sinnott (IND/DEM).(EN) Herr Präsident! Die Erhebung verlässlicher, vergleichbarer Daten gehört zu den wichtigeren Leistungen, die Europa zu erbringen hat. Aus diesem Grund kann ich der Idee einer europäischen Volkszählung meine uneingeschränkte Unterstützung geben.

Allerdings sind dabei einige Punkte zu bedenken. Zunächst müssen einzelstaatliche Volkszählungen im Bericht in gewisser Weise anerkannt werden. Mitgliedstaaten führen ja schon Volkszählungen durch und werden nun in der Lage sein, nationale und europäische Volkszählungen zu organisieren.

Die Durchführung einer Volkszählung ist sehr teuer – es ist eine sehr arbeitsintensive Aufgabe – und es ist nur vernünftig zu erwarten, dass die Mitgliedstaaten die nationale und die europäische Volkszählung zunehmend miteinander verbinden. Das gilt es zu berücksichtigen. Es ist wichtig, dass die Mitgliedstaaten die europäische Volkszählung nutzen dürfen, um Fragen zu stellen, die ihr eigenes Land betreffen, und dass sie diese Fragen getrennt von den gemeinsamen oder den ausschließlich europäischen Fragen betrachten können.

Ferner muss den in der Volkszählung zu stellenden Fragen mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Diese Fragen müssen sorgfältig ausgewählt werden und dürfen nicht die Grenze zwischen zulässigen Daten und dem Eindringen in die Privatsphäre bzw. Angriffe auf diese Sphäre überschreiten. Wir möchten Tendenzen erkennen, um Politiken besser gestalten zu können. Wir wollen nicht im Privatleben der Menschen herumschnüffeln. Nach der Auswahl respektvoller Fragen müssen wir sehr darauf achten, dass sie nicht nur einen sprachlichen, sondern auch einen kulturellen Übersetzungsprozess durchlaufen. Da der Bericht keine Harmonisierung von Bestimmungen über Volkszählungen vorsieht, ist dieser Schritt erforderlich, um eine genaue Vergleichbarkeit der Daten der Mitgliedstaaten zu erreichen.

 
  
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  Lambert van Nistelrooij (PPE-DE). - (NL) Herr Präsident! Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die Verbindung zwischen dem Ziel der Datenerhebung und der Datenmenge lenken, die tatsächlich in eine solche Untersuchung einfließt, denn ganz offensichtlich stimmt etwas diesbezüglich nicht. Es besteht eine Schieflage zwischen den Aufgaben der Europäischen Union in der Wohnungspolitik und dem, was wir jetzt alle fordern. Die Union hat in diesem Bereich keine Kompetenz. Weder das Parlament darf über den Zusammenhang zwischen Religion, ethnischer Herkunft und möglichen Integrationsproblemen diskutieren, noch obliegt es der Europäischen Union als Ganzes, dazu Erklärungen abzugeben.

Zur Diskussion steht jedoch, wie wir Mittel zuweisen, wie wir unsere Strukturmittel verteilen. Dabei gilt es, einen genauen Einblick in die Einwohnerzahl in den betreffenden Gebieten, den NUTS-Gebieten, den Gebietseinheiten für die Statistik, zu erlangen. Solange es dazu keine präzisen Daten gibt und eine Ergebnisorientierung – finanzieller Art – nicht möglich ist, können wir auf diese Maßnahme tatsächlich nicht verzichten. Obenan stehen hier Homogenität und Verlässlichkeit.

Und noch etwas, Frau Novak hat im Ausschuss für regionale Entwicklung einige recht interessante Vorschläge unterbreitet. Was die Einmischung in das Familienleben, die Privatsphäre der Bürger betrifft, werden wir gegen den Vorschlag stimmen, falls dies nicht beseitigt wird. Vielleicht – und hier vertraue ich der Berichterstatterin – werden diese Aspekte im Laufe des Trilogs gestrichen. Nur in diesem Fall können wir, das Parlament und die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten, unsere Unterstützung zusichern, nur unter dieser Bedingung.

 
  
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  Maria Panayotopoulos-Cassiotou (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! Wie die Berichterstatterin und fast alle meine Vorredner bereits gesagt haben, ist es wichtig, die Daten der Mitgliedstaaten über die Bevölkerung und die wesentlichen sozialen, wirtschaftlichen, familien- und wohnungsbezogenen Indikatoren zu vergleichen, damit jeder Mitgliedstaat anhand dieser Angaben und im Rahmen seiner Politik besser mit seinen Problemen umgehen kann. Auf europäischer Ebene müssen wir die Daten bestimmen, die zu einer besseren Kohäsionspolitik und einer besseren regionalen Entwicklung führen, sodass Ungleichheiten ausgeräumt und die Kluft zwischen unterschiedlichen sozialen Gruppen und unterschiedlichen europäischen Regionen verkleinert wird.

Die vorgeschlagene Verordnung gewährleistet die Vergleichbarkeit der Daten, indem gemeinsame Definitionen und Indikatoren festgelegt werden. Damit fördert sie eine bessere Vorgehensweise in den Mitgliedstaaten. Allerdings müssen die von den zuständigen Behörden erhobenen Statistiken regelmäßig ausgewertet und untermauert werden. Die Qualität und die Transparenz dieser Behörden sind zu prüfen. Objektivität, Repräsentationsgrad und Genauigkeit der Daten sind wichtige Aspekte. Paradoxerweise spricht sich die Kommission, obwohl sie die Anlagen der Verordnung zurückzieht, dafür aus, die empfohlenen Punkte aufzunehmen, die die Klarheit und Genauigkeit der Daten beeinträchtigen können, da es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, was sie tun möchten. Wenn das Ziel des Vorschlags darin besteht, die verbindlichen Rechtsvorschriften über gemeinsame Definitionen für die Vergleichbarkeit der Daten anzunehmen, sollten diese Punkte aus meiner Sicht gestrichen werden.

Wir müssen, wie in Artikel 5a vorgeschrieben, eine Kosten-Nutzen-Analyse durchführen, weil die Kosten für die Erhebung solcher Daten insbesondere für Mitgliedstaaten, die nur über begrenzte Kapazitäten für die Analyse der Angaben verfügen, besonders hoch sind.

Abschließend möchte ich betonen, dass, wenn die Änderungsanträge nicht gebilligt werden, der Entwurf der Verordnung besonders sensible Fragen über das persönliche, familiäre und private Leben berühren wird, wie beispielsweise die Erhebung von Daten über Lebensgemeinschaften – die gestrichen werden müssen – oder die Temperatur des Badewassers! Warum sollten wir Daten erheben und Details erfragen, die in keinerlei Bezug zu europäischen Politiken stehen? Armut lässt sich mit Zahlen und Daten nicht kontrollieren.

 
  
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  Ljudmila Novak (PPE-DE).(SL) Ich unterstütze die Verordnung über die Volks- und Wohnungszählungen.

Mit den anhand dieser Verordnung erfassten Daten können wir die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen die Einwohner der Europäischen Union auf regionaler, nationaler sowie auf Unionsebene leben, besser bewerten. Ferner wird es mit diesen Daten möglich sein, die Wirksamkeit der Umsetzung der Regionalpolitik und die Fortschritte beim Erreichen des regionalen Zusammenhalts besser einzuschätzen, für die von der EU immer mehr Mittel bereitgestellt werden.

Zwei Dinge müssen sichergestellt werden, wenn wir die gewünschten Ziele mit der Verordnung erreichen wollen: Die Menge der laut dieser Verordnung erfassten Daten darf nicht zu groß sein, und die erfassten Daten müssen hochwertig und vergleichbar sein. Daten, mit denen nicht der erforderliche Mehrwert erzielt wird und die lediglich den Verwaltungsaufwand und die Kosten erhöhen, müssen ausgeschlossen werden. Diese Vorschläge sind in den Anhängen 1.3 und 2.3 zu finden. Die Mitgliedstaaten müssen aus eigenem Antrieb darüber berichten.

Gleichzeitig muss dafür Sorge getragen werden, nicht übermäßig in die Privatsphäre der Männer und Frauen einzugreifen, die in der Europäischen Union leben. Auch dürfen wir die Erfassung dieser Daten nicht für Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts einsetzen.

Die Vergleichbarkeit der Basisdaten zwischen Mitgliedstaaten und Verlässlichkeit der bei den Zählungen erhobenen Daten sind notwendig für die Bewertung der europäischen Politik und für den Vergleich der Ergebnisse der nationalen Politik auf europäischer Ebene. Daher muss die Verordnung sicherstellen, dass alle Mitgliedstaaten die gleichen Methoden und Kriterien bei der Datenerhebung verwenden.

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE-DE).SK) Herr Präsident! Präzise Bevölkerungsdaten und zuverlässige Daten zum Wohnungswesen in der EU sind heute eine Voraussetzung für die korrekte Bewertung aller Bereiche der europäischen Politik sowie für die Festlegung der operativen Ziele und die Bewertung des Fortschritts in den einzelnen Mitgliedstaaten.

Da diese Daten grundlegenden Zielen dienen, möchte ich vor allem die Bedeutung der Verlässlichkeit und der Qualität dieser Daten hervorheben. Von den vielen Bereichen, für die genaue Erhebungsdaten erforderlich sind, möchte ich zwei nennen: den Prozess der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit im Rat und die Zuweisung von Mitteln aus den Strukturfonds für die Entwicklung weniger begünstigter Regionen. Es ist meines Erachtens wichtig, diesen Bereich einheitlich zu regeln. Auf diese Weise sind die Daten der einzelnen Mitgliedstaaten auf europäischer und regionaler Ebene vergleichbar, wie dies oft notwendig ist.

Als Mitglied des Ausschusses für regionale Entwicklung möchte ich die Wichtigkeit der Klassifizierung statistischer Einheiten betonen. Die Qualität und Vergleichbarkeit dieser Art von Information kann nur durch einen klaren europäischen Rahmen sichergestellt werden, mit anderen Worten, durch europäische Rechtsvorschriften zu Volks- und Wohnungszählungen.

Ich teile die Ansicht, dass die Rechtsvorschriften hauptsächlich auf die Endergebnisse und nicht auf die erfassten Informationen ausgerichtet sein müssen. Dies gewährleistet zuverlässig die Vergleichbarkeit der statistischen Daten, die, wenn sie nicht gegeben ist, die Datenqualität beeinträchtigen kann.

Den Mitgliedstaaten sollte es freistehen, die besten Zählungsweisen und -methoden entsprechend auszuwählen, mit einigen verbindlichen Normen und Qualitätsauflagen. Es versteht sich von selbst, dass die Themen sowie der Zeitrahmen und die Umsetzungsfristen in allen Ländern die gleichen bleiben sollten. Nur in diesem Fall werden die Erhebungsdaten transparent, verlässlich und vergleichbar sein, was ein grundlegender Aspekt bei der Erfüllung vieler wichtiger Ziele ist.

 
  
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  Der Präsident. − Bevor ich der Kommissarin das Wort erteile, möchte ich daran erinnern, dass König Herodes vor etwa 2000 Jahren die Volkszählung eingeführt hat, damals allerdings nur für Männer.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Das ist ein sehr ermutigender Start für mich.

Ich freue mich darüber, ankündigen zu dürfen, dass die Kommission bereit ist, die meisten Änderungsanträge des Parlaments zu billigen. Wie diese Aussprache gezeigt hat, laufen gegenwärtig Verhandlungen, in denen es um unsere Bedenken geht. Ein Kompromiss könnte weiteren Entwicklungen die Türen öffnen. Die Kommission unterstützt die anhaltende Debatte und hofft ehrlich, dass eine Lösung gefunden werden kann, die für eine breite Mehrheit in diesem Haus und die im Rat vertretenen Mitgliedstaaten annehmbar ist.

Allerdings dürfen wir dabei nicht vergessen, dass die Aufnahme neuer Themen in eine Volkszählung eine tief greifende und langwierige Vorbereitung erfordert. Ich bin voller Zuversicht, dass wir das richtige Verhältnis zwischen der sehr wichtigen Berichterstattung über die Bevölkerung der EU und ihre Wohnsituation und den für die Datenerhebung erforderlichen Kosten und Ausgaben finden werden.

Ich möchte vor allem auf die Frage von Frau Schroedter eingehen. Der Hauptpunkt war, dass diese Rechtsvorschrift die Vertraulichkeit von Daten nicht ausreichend gewährleistet. Meine Antwort ist, dass Eurostat und alle einzelstaatlichen statistischen Ämter die Vertraulichkeit von Daten äußerst ernst nehmen. Es gibt sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene eine Rahmengesetzgebung zur Vertraulichkeit von Daten. Der Vorschlag über die Volkszählung verstößt weder gegen diese Rechtsvorschriften noch ändert er sie. Im Gegenteil, er respektiert alle Vorschriften, ganz gleich ob nationale oder europäische.

Es besteht kein Grund, in diesem speziellen Vorschlag über Volkszählungen die bestehenden Rahmengesetzgebungen über die Vertraulichkeit von Daten zu wiederholen. Keine der Eurostat übermittelten Daten ermöglichen einen Einblick in Daten über eine konkrete Einzelperson. Es handelt sich um anonyme Daten. Außerdem erlauben die im aktuellen Entwurf verankerten Rechtsvorschriften lediglich die Übermittlung aggregierter Daten, nicht die von Mikrodaten.

 
  
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  Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet auf einer späteren Plenartagung statt.

 

19. Sicherheit von Spielzeug (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Stellungnahme der Kommission über die Sicherheit von Spielzeug.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Parlament für sein anhaltendes Interesse an Fragen der Produktsicherheit danken. Danke, dass Sie mir Gelegenheit geben, Ihnen kurz die ersten Ergebnisse der am 22. November 2007 eingeleiteten Bestandsaufnahme zur Produktsicherheit vorzulegen. Am 26. November besuchte ich die Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, und nun freue mich, in der Plenartagung vor dem Europäischen Parlament sprechen zu dürfen.

Meine drei Ausgangspunkte und Grundsätze gelten noch immer, und ich kann sie bestätigen: Bei der Sicherheit der Verbraucher darf es keinen Kompromiss geben. Wir glauben an freie Märkte und fairen Wettbewerb und wir wollen mit den Chinesen und den Amerikanern in einer internationalen Partnerschaft zusammenarbeiten.

Die Ergebnisse der Bestandsaufnahme zeigen, dass der Rechtsrahmen dem Zweck entspricht, wenn er denn ordnungsgemäß angewendet wird. Insbesondere das Schnellwarnsystem RAPEX arbeitet effizient und stellt sicher, dass gefährliche Produkte von den Märkten der gesamten Europäischen Union zurückgerufen werden.

Der Bericht über die Bestandsaufnahme stellt jedoch auch einen gewissen Verbesserungsbedarf fest, und zwar im Bereich der Präventionsmaßnahmen und der internationalen Zusammenarbeit sowie der verstärkten Umsetzung.

Einige angedachte Verbesserungen sind bereits weiterentwickelt worden und stehen kurz davor, in konkrete Maßnahmen umgesetzt zu werden, wie insbesondere die Überarbeitung der Richtlinie über die Sicherheit von Spielzeug.

Ich habe vor, meinen Kolleginnen und Kollegen aus der Kommission vorzuschlagen, eine vorübergehende Maßnahme zu verabschieden, um Magnetspielzeuge mit Warnhinweisen über die möglichen Risiken dieser Spielzeuge zu versehen, solange die Überarbeitung der Normen nicht abgeschlossen ist. Gemäß Artikel 13 der Richtlinie über allgemeine Produktsicherheit haben wir dieses Recht. Ich hoffe, dass diese Maßnahme bald wirksam wird, allerdings ist mir auch bewusst, dass das nur eine teilweise Übergangslösung ist, bis die entsprechende Norm das mit Magneten verbundene Risiko umfassend berücksichtigt.

Die Kommission unterstützt die Marktüberwachungsbehörden der Mitgliedstaaten bei der Ermittlung und beim Austausch bewährter Praktiken für eine bessere Marktüberwachung. Im Oktober 2007 haben die Mitgliedstaaten über Initiativen für eine bessere Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsunternehmen bei speziellen Überwachungskampagnen für Spielzeug berichtet. Die Kommission beabsichtigt, im Verbraucheranzeiger im ersten Quartal 008 Vergleichsdaten zur Durchsetzungskapazität zu veröffentlichen.

Die Kommission setzt ferner die Stärkung der Marktüberwachungskapazität der Mitgliedstaaten fort, indem sie sich an der Finanzierung gut gestalteter gemeinsamer Marktüberwachungsprojekte beteiligt (im Jahr 2007 werden an diese Projekte Gemeinschaftsmittel in Höhe von 1,3 Millionen Euro fließen).

Der Schutz von Verbrauchern vor gefährlichen Produkten erfordert ein gleich bleibendes Niveau, nicht nur innerhalb der Gemeinschaft, sondern auch an den EU-Außengrenzen. Zusätzlich zu Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes in der Europäischen Union werden zahlreiche Maßnahmen zur Verstärkung des Schutzes an den Grenzen eingeleitet. Die jüngsten maßgeblichen Änderungen der Zollvorschriften der EU sollen mithelfen, risikoreiche Warensendungen zum Zwecke der Kontrolle ausfindig zu machen. Durch sichere Zollaustauschmechanismen soll ebenfalls rasches Handeln ermöglicht werden, sobald Informationen über neue Arten gefährlicher Erzeugnisse vorliegen.

Die Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Netzen wird in der Praxis durch regelmäßigen Austausch von Warnungen zwischen dem RAPEX-System und dem „Risiko-Informationsformular“-System der Zollbehörden gestärkt. Letzteres zieht die Aufmerksamkeit des Grenzbeamten auf spezielle, potenziell gefährliche Frachten.

Die Kommission hat die Rückverfolgbarkeit betont, die ein sehr wichtiger verbesserungsbedürftiger Bereich ist. Statistiken zeigen, dass der Anteil der Produkte unbekannter Herkunft, vor denen mit RAPEX gewarnt wurde, im Oktober 2007 zum ersten Mal gesunken ist und nunmehr 3 % gegenüber 17 % im Jahr 2006 ausmachen. Die Kommission prüft gegenwärtig mithilfe der Mitgliedstaaten, wie sicherzustellen ist, dass diese Verbesserung nicht nur von kurzer Dauer ist.

Die Kommission hat in das Paket von Rechtsvorschriften zum „Binnenmarkt für Waren“ schon eine Bestimmung aufgenommen, in der von den Wirtschaftsakteuren verlangt wird, Angaben zu ihren Zulieferern griffbereit zu haben, was den Marktüberwachungsbehörden ein Eingreifen erleichtert, wenn die Rechtsvorschriften in Kraft getreten sind.

Ferner hat die Kommission sich mit der Frage an China gewendet, was es zur Rückverfolgbarkeit beitragen könne. Die Kommission begrüßt die Initiativen in China, für einige risikoreiche Produkte bereits in den Fabriken einen Strichcode vorzuschreiben.

Darüber hinaus betont die Kommission fortwährend die Verantwortung der Wirtschaftsunternehmen für Produktsicherheit. Ich begrüße die Zusage der Industrie, an Maßnahmen zur Stärkung des Vertrauens der Verbraucher zu arbeiten. Wir haben vereinbart, was ich einen „Sicherheitspakt“ nennen würde. Außerdem werde ich Experten losschicken, um eine Studie über Sicherheitsmaßnahmen für Unternehmen der Lieferkette durchzuführen und darüber im ersten Quartal 2008 zu berichten, denn im Zeitalter der Globalisierung sind wir nur so stark wie das schwächste Glied unserer Kette.

Außerdem ist es meines Erachtens wichtig, mit den Bürgerinnen und Bürgern Europas über Fragen der Produktsicherheit zu sprechen und ihre Sorgen anzuhören. Das ist von grundlegender Bedeutung, denn wir beide, Sie und ich, möchten besser auf ihre Fragen und Bedürfnisse reagieren. Mein Chat im Internet neulich stand unter der Überschrift „Sichere Weihnachten“ (was mir sehr gefallen hat) und war sehr bereichernd und engagiert. Ich habe fast 50 interessante Fragen beantwortet.

Schließlich wurden den chinesischen Vertretern auf dem EU-China-Gipfel am 28. November 2007 unsere Bedenken über Produktsicherheit mitgeteilt. Die Vertreter beider Seiten teilten die Auffassung, dass ein hoher Grad der Produktsicherheit für das Vertrauen der Verbraucher und den gegenseitigen Handel von grundlegender Bedeutung ist. Zu diesem Zweck haben die zuständigen Behörden eine umfassende Zusammenarbeit aufgenommen. Beide Seiten wollen den Dialog fortsetzen und vertiefen, regelmäßig Informationen austauschen und messbare, anhaltende Verbesserungen anvisieren.

Ähnliches hat die Kommission im Zusammenhang mit dem transatlantischen Wirtschaftsrat mit der US-Regierung vereinbart, um unsere Zusammenarbeit in Fragen der Importsicherheit zu verstärken.

Meiner Auffassung nach hat Ihnen dieser Bericht gezeigt, dass meine Kolleginnen und Kollegen in der Kommission und ich gemeinsam mit allen einschlägigen Akteuren so wirksam, angemessen und engagiert wie nur möglich die nötigen Schritte eingeleitet haben, um die Produktsicherheit für die Verbraucher zu stärken.

Ich möchte dem Parlament noch einmal für viele anregende Aussprachen zu dieser Frage danken.

 
  
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  Marianne Thyssen, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident, Frau Kommissarin, sehr geehrte Damen und Herren! Selbstverständlich ist es kein Zufall, dass die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und Europäischer Demokraten diese Dringlichkeitsdebatte unmittelbar vor Weihnachten beantragt hat, zumal dieses Thema bereits im September erörtert wurde. Die PPE-DE-Fraktion will mit dieser Aussprache auch ein eindeutiges politisches Signal aussenden und hat ein politisches Ziel vor Augen. Zweifelsfrei sind wir für ein hohes Maß an Verbraucherschutz und dafür, dass die Aufmerksamkeit für die kleinsten, schutzlosesten Verbraucher – die Kinder – weiterhin ganz oben auf der Agenda steht.

Frau Kommissarin, ich freue mich über Ihre Erklärungen. Wie wir feststellen, haben Sie in der Kommission schon umfassende Arbeit geleistet, und selbstverständlich würden wir es begrüßen, wenn sich die Mitgliedstaaten ebenfalls angespornt fühlen und ihren Teil dazu beitragen. Schließlich müssen sie sich auch weiterhin engagiert für die Verschärfung der Überwachung ihrer Spielzeugmärkte einsetzen. Wir wissen ferner, Frau Kommissarin, dass Sie in puncto Verbraucherschutz nichts unversucht lassen. Diese Anstrengungen wissen wir besonders zu schätzen, und zudem sind wir voll und ganz Ihrer Meinung, dass wir bei der Sicherheit von Spielzeug nicht zum x-ten Mal einen neuen Ansatz ersinnen als vielmehr die Lücken in dem derzeitigen System schließen sollten.

In ein paar Punkten erbitte ich eine weitere Klarstellung: Sie sagten – und gerade eben wiesen Sie noch einmal darauf hin –, auch die chinesische Behörden arbeiteten mit besonderem Hochdruck. Vor einiger Zeit kündigten Sie an, dort werde eine Art chinesisches RAPEX-System eingerichtet. Vielleicht können Sie darauf näher eingehen.

Zweitens, ich frage mich ferner, ob tatsächlich konkrete Vereinbarungen mit der Spielzeugindustrie getroffen wurden oder ob jeder Mitgliedstaat seine eigenen Wege geht? Überdies möchte ich wissen, wie es kommt, dass wir noch immer auf die neue Spielzeugrichtlinie oder auf den Vorschlag der Kommission zur Änderung der derzeitigen Spielzeugrichtlinie warten? Wir hatten zu diesem Zeitpunkt damit gerechnet. Offensichtlich verzögert sie sich. Vielleicht könnten Sie den Grund dafür erläutern? Darüber hinaus haben Sie völlig Recht: Der Binnenmarkt ist auch für den Verbraucher da. Ein Verbraucher, der kein Vertrauen darin hat, macht davon nicht hinreichend Gebrauch. Dies ist ein ganz besonders wichtiges Thema.

 
  
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  Evelyne Gebhardt, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Frau Kommissarin, vielen Dank für die Unterrichtung, die Sie uns heute noch einmal über den Fortgang der Diskussionen geben.

Wir haben durchaus bereits Fortschritte gemacht, aber die reichen mir natürlich immer noch nicht. Es gibt unterschiedliche Sachen, die wir noch vor uns haben. Das eine – das haben wir schon mehrfach besprochen: Die Europäische Union selber muss Vorarbeiten leisten. Ich bin auch etwas betrübt darüber, dass die Novellierung der Spielzeugrichtlinie immer noch nicht auf dem Tisch ist. Als ich hörte, dass wir im Dezember eine Novellierung bekommen, ging ich nämlich davon aus, dass es um Dezember 2007 und nicht Dezember 2008 gehen würde. Wir haben jetzt Dezember, und wir wissen, wir werden dies nicht haben. Ich hoffe, sie wird nicht im Dezember 2008, sondern spätestens im Januar vorliegen, das ist vordringlich.

Das Zweite, Frau Kommissarin, ist, dass auch die Mitgliedstaaten in die Pflicht genommen werden müssen. Sie müssen RAPEX noch viel besser und konsequenter benutzen. Das ist das eine. Sie müssen aber auch die Marktüberwachung, die in ihren Händen ist, sehr viel ernster nehmen. Da müssen wir auch noch einiges voranbringen, damit wir auch wirklich die Sicherheit haben können, die wir brauchen.

Aber nicht nur der Staat oder die staatlichen Stellen sind da gefragt, auch die Spielzeughersteller sind gefragt. Sie müssen nämlich auch selber dafür sorgen, dass die Qualität ihrer Produkte stimmt. Man kann die Verantwortung nicht immer nur den anderen zuschieben. Es kann nicht angehen, dass man nach China geht und sagt: Ja, wir wollen Spielzeug, und das darf nicht mehr als soundso viel kosten. Dann geht das auf Kosten der Qualität, das muss man wissen. Da dürfen wir die Hersteller nicht aus der Verantwortung nehmen, sondern müssen von ihnen verlangen, dass sie dies auch tun. Aber, wie gesagt, Kontrolle ist noch besser, und das ist das, was wir dann noch erreichen müssen.

Ich hoffe, dass es gelingen wird, dies in dem Sicherheitspaket, das Sie angesprochen haben, auch wirklich voranzubringen.

 
  
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  Marios Matsakis, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Für einige Familien wird Weihnachten in diesem Jahr zu einer Tragödie – einer Tragödie, weil sie ein Kind verloren haben. Noch schmerzhafter wird diese Tragödie dadurch, dass sie (a) mit Leichtigkeit hätte vermieden werden können und (b) durch ein Geschenk der Liebe hervorgerufen wurde, ein Spielzeug, das sich in eine mörderische Waffe verwandelt hat. Ja, eine mörderische Waffe. Denn jene, die unsicheres Spielzeug herstellen, wissen genau, dass dieses Spielzeug ein Kind töten kann und schließlich vielleicht auch wird. Daher kommt das Inverkehrbringen so tödlicher Spielzeuge in meinen Augen einem Mord gleich und folglich sind Menschen, die es durch ihr Nichtstun versäumen, ein solches Verbrechen zu verhindern, Komplizen.

Frau Kommissarin, wir alle kennen die Täter, die auf diese Weise Kinder töten oder verletzen. Es sind die billigen chinesischen Spielzeughersteller. Und welchen Schutz können Sie unseren Bürgern anbieten? Keinen ausreichenden, es tut mir leid, das sagen zu müssen. Sie sind scheinbar glücklich darüber, dass in 43 % der im letzten RAPEX-China-Bericht genannten Fälle Abhilfemaßnahmen ergriffen wurden, aber, Frau Kommissarin, was ist mit den 57 % der anderen Fälle, in denen keine solchen Maßnahmen ergriffen wurden? Und was ist mit dem potenziell gefährlichen Spielzeug, über das gar nicht berichtet wurde?

Sie haben gesagt, „in dieser Welt kann man keine 100-prozentige Sicherheit bieten“, aber „man kann dafür sorgen, dass das System seinen Zweck erfüllt“. Welchen Zweck, Frau Kommissarin? Den Zweck, Sicherheitsvorschriften zu beschneiden, um die chinesische Regierung nicht vor den Kopf zu stoßen?

Es gibt nur eine Möglichkeit, mit diesem Problem umzugehen, Frau Kommissarin: Verbieten Sie alle Einfuhren chinesischen Spielzeugs, bis die chinesische Regierung mit 100-prozentiger Sicherheit sagen kann, dass kein gefährliches Spielzeug in Europa verkauft werden wird. Nur dann werden Sie ihre wichtigste Aufgabe, den Schutz unserer Kinder vor dem durch chinesisches Spielzeug hervorgerufenen Tod zu schützen, erfüllen. Und vergessen Sie nicht, Frau Kommissarin, ein Fortschritt von chinesischer Seite reicht nicht, denn selbst der Tod eines einzigen Kindes ist einer zu viel.

 
  
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  Der Präsident. (EN) Herr Matsakis, ich muss mich dafür entschuldigen, dass ich Ihnen gesagt habe, Sie hätten eine Minute Redezeit. Es war unser Fehler und Sie hatten tatsächlich zwei Minuten. Ich gebe Rednern, die nicht in ihrer eigenen Sprache sprechen, immer etwas mehr Zeit. Ihr Englisch ist hervorragend!

 
  
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  Roberta Angelilli, im Namen der UEN-Fraktion. (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! In Hinblick auf Sicherheit können bei Spielzeug keine Zugeständnisse gemacht werden, und die umfangreichen Rückrufaktionen von Spielzeug aus China haben die Sicherheit der Verbraucher wieder ins Zentrum der Diskussion gerückt, insbesondere die Sicherheit der kleinsten Verbraucher, die oftmals keine Stimme haben oder nicht in der Lage sind, sich selbst zu schützen.

Es existiert in der Tat ein äußerst profitabler Markt für Produkte, die ein Gesundheitsrisiko darstellen, ein Markt, auf dem jedes Jahr unglaubliche Geldsummen erzeugt werden und der endlose Mittel und Wege zur Täuschung findet, um illegale, riskante Produkte zu legalisieren. Aus diesem Grund begrüßen wir die Vorschläge der Kommission, die Anwendung von Sicherheitskontrollen für Produkte, insbesondere Spielzeug, zu stärken.

Wir sind der Überzeugung, dass im besonderen Maße die Zusammenarbeit mit China und den USA wichtig ist, um den Fluss gefährlicher Produkte in Richtung Europa zu stoppen. Einige Schritte wie eine Gesamtuntersuchung der Sicherheitsmaßnahmen und eine Sicherheitsvereinbarung zwischen Produzenten und Importeuren muss zu den Prioritäten gehören, um das Verbrauchervertrauen wiederherzustellen.

Im Hinblick auf die Mitgliedstaaten ist eine bessere Zusammenarbeit zwischen dem Zoll und den für die Kontrolle der Märkte zuständigen Behörden ausschlaggebend. Die Richtlinie zur Spielzeugsicherheit muss überprüft werden, damit klare Regeln für die Planung angemessener Kontrollen bei der Produktion und für den Zoll existieren.

Abschließend möchte ich jedoch sagen, dass China unbedingt seine Aufgaben erfüllen muss – und darauf muss die Kommission auch bestehen. China muss Garantien geben und hart und kompromisslos gegen illegale Praktiken vorgehen. Andernfalls muss die Europäische Union ernsthafte Maßnahmen ergreifen und der Produktfälscherei sowie dem ungesetzlichen, unfairen Wettbewerb einen Riegel vorschieben.

 
  
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  Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! In dieser Debatte geht es kreuz und quer. Frau Kuneva, Sie verwechseln die Produktsicherheitsrichtlinie mit der Spielzeugsicherheitsrichtlinie! Bei der Produktrichtlinie haben wir in der Tat ein Umsetzungsproblem, während wir bei der Spielzeugrichtlinie ein Defizit in der Gesetzgebung haben. Da hilft uns mehr Kontrolle nicht, denn wir haben Lücken in der Sicherheit, nämlich dass beispielsweise gefährliche Chemikalien nicht verboten sind.

Vor zwei Monaten hat uns Kommissar Verheugen garantiert, dass in diesem Monat die Spielzeugrichtlinie vorgelegt wird. Er hat gesagt, bleihaltiges Spielzeug darf nicht auf den europäischen Markt gelangen. Im ersten Fall sehen wir jetzt, die Revision der Spielzeugrichtlinie liegt nicht vor.

Im zweiten Fall hat Herr Verheugen mir gegenüber schriftlich eingeräumt, dass er falsch lag, als er gesagt hat, das mit dem Blei ist in Europa verboten. Auch das stimmt nicht. Sie verwechseln die Produktsicherheitsrichtlinie und die Spielzeugrichtlinie. Es ist doch geradezu abenteuerlich, wenn Sie sagen, wir brauchen einen Strichcode für besonders gefährliche Produkte. Das meinen Sie doch hoffentlich nicht bei den Spielzeugen! Gefährliche Produkte haben in Kinderhänden nichts verloren!

Wir brauchen das Vorsorgeprinzip. Da reicht uns auch nicht ein Warnhinweis auf Magneten. Was ist mit den Warnhinweisen auf Spielzeug, das krebserregende Stoffe enthält? Wir haben in Europa die polyaromatischen Kohlenwasserstoffe. In Autoreifen werden wir sie verbieten, aber in Spielzeug sind sie zugelassen, obwohl es krebserregende Stoffe sind. Das ist eine absurde Debatte, die wir hier führen, weil es bei Ihnen kreuz und quer geht mit den beiden Richtlinien.

Bitte konzentrieren Sie sich in Ihrer zweiten Antwort auf die Spielzeugrichtlinie und beantworten Sie die Fragen, wann endlich diese Richtlinie vorgelegt werden soll und wann endlich – wie wir es in unserer Resolution vorgeschlagen haben – die Gesetzeslücken gefüllt werden, und bitte verwechseln Sie nicht dauernd beides. Kontrolle ist gut, Gesetze sind besser.

 
  
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  Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Es ist natürlich völlig inakzeptabel, dass Kinder mit Spielzeug Umgang haben, das mit Risiken für ihre Gesundheit verbunden ist. Fast alle von uns glauben doch, dass man in der EU Spielsachen mit CE-Kennzeichnung guten Gewissens kaufen kann. Alles andere wäre undenkbar. In Wirklichkeit kaufen wir jedoch ungewollt Spielsachen, die krebserregende Stoffe sowie Blei enthalten. Es ist unglaublich, dass diese Stoffe bei der Herstellung von Spielsachen verwendet werden, die Kinder oft in den Mund nehmen! Zum Schutz der Kinder muss die Kommission schnellstens Maßnahmen ergreifen. Die Profitinteressen der Hersteller, Anbieter und Importeure dürfen nie wichtiger sein als die Gesundheit unserer Kinder. Ein einziges gefährliches Spielzeug ist schon eines zu viel.

 
  
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  Malcolm Harbour (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte Kommissarin Kuneva danken, dass Sie auf unsere Anregung hin heute in dieses Haus gekommen ist, und ich gratuliere Ihr zu ihrer sehr positiven und starken Haltung bei den von ihr ergriffenen Maßnahmen. Seit unseren ursprünglichen Aussprachen im September ist sie wieder nach China gereist. Die Ergebnisse haben wir gesehen. Ferner war sie vollkommen klar in ihrer Aussage, dass es bei der Sicherheit der Verbraucher keinen Kompromiss geben dürfe. Wir alle glauben fest daran, dass dem so ist.

Kommen wir zu den praktischen Punkten. Eine Reihe meiner Kolleginnen und Kollegen haben bereits darauf hingewiesen, dass es sich um eine äußerst komplexe Frage handelt, in die viele Akteure involviert sind. Deshalb begrüße ich, dass Kommissarin Kuneva uns erneut versichert, mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um deren Kapazität zu verstärken, gefährliche Warensendungen, die mit Hilfe der etablierten Informationsflüsse entsprechend ermittelt werden können, zu prüfen, zu testen und zu stoppen. Lassen Sie uns realistisch sein. Wir haben es mit einer sehr großen Anzahl von Herstellern und einer sehr großen Anzahl von Produkten zu tun.

Eines der letzten Dinge, die wir allerdings tun möchten, ist, jene Spielzeughersteller zu verteufeln, die bereits hervorragende Arbeit leisten und attraktives, gut gestaltetes, wertvolles Spielzeug herstellen, das die Kunden und ihre Kinder in der ganzen Europäischen Union zu schätzen wissen und das, wie wir alle wissen, für die Entwicklung der Kinder sehr wichtig ist. Es ist vollkommen falsch, lediglich die Chinesen herauszugreifen, wie es unser Kollege aus Zypern in seiner sehr emotionalen und engherzigen Rede getan hat. Es gibt viele andere Länder, die Produkte herstellen. Das Wichtigste ist, dass die Qualität des Designs von Anfang an gewährleistet wird und die verantwortlichen Ingenieure mit ihren Lieferanten zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass alle Kontrollen durchgeführt werden. Glauben Sie mir, es gibt viele Unternehmen in China, die Spielzeug nach hervorragenden Qualitätsnormen herstellen. Wir möchten, dass jeder das tut. Und wir möchten, dass das jetzt geschieht. Denn die wichtigste Entscheidung, die jetzt, vor Weihnachten, fallen soll, betrifft Spielzeug, das die Kinder im nächsten Jahr zu Weihnachten in den Händen halten werden. Darüber sprechen wir und das ist der Grund, weshalb wir daran arbeiten und weshalb es so wichtig ist, dass die Kommissarin heute Abend hier ist.

 
  
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  Arlene McCarthy (PSE).(EN) Herr Präsident! Das Ziel der Aussprache am heutigen Abend und der Stellungnahme der Kommissarin muss natürlich sein, ein sehr deutliches Signal an die Verbraucher und an China – und an jene, die Spielzeuge aus Drittländern liefern – auszusenden. Und zwar ein Signal, das zeigt, dass wir entschlossen sind, giftiges Spielzeug von unseren Märkten zu verbannen. Vor Weihnachten sind zahlreiche Spielzeuge zurückgerufen worden, was bedeutet, dass wir den Druck, zu reagieren, aufrechterhalten müssen. Und, Frau Kommissarin, ich möchte hinzufügen, dass bei jüngsten Razzien in meiner eigenen Region – in Manchester – mehr als 20 000 illegale und gefälschte Spielzeuge im Wert von 150 000 Euro beschlagnahmt wurden. Sie sollten offensichtlich die durch die Rückrufe von Spielzeug entstandenen Lücken füllen.

Deshalb müssen die rechtmäßigen Spielzeuglieferanten und -hersteller die höchsten Sicherheitsnormen erfüllen, wenn wir die Kinder nicht den von gefährlichem und gefälschtem Spielzeug ausgehenden Gefahren aussetzen wollen. Lassen Sie mich als Vorsitzende des Verbraucherschutzausschusses des Parlaments ganz deutlich sagen, was wir mit unserer Unterstützung von Ihnen erwarten. Wir möchten eine dringende Prüfung der europäischen Gesetze über die Sicherheit von Spielzeugen, um die Schwierigkeiten neuer Probleme aus Drittländern, chinesischer Importe, natürlich neuer und gefährlicher Spielzeugdesigns wie Magneten, in Angriff zu nehmen, die seit der ursprünglichen Richtlinie von 1995 aufgetreten sind. Sie ist veraltet und muss wirklich überprüft werden. Wir müssen diese Rechtsvorschrift mit wirksameren, intelligenteren Durchsetzungs- und Überwachungsmöglichkeiten ausstatten, um sicherzustellen, dass wir bei schlechten Herstellern hart durchgreifen können.

Frau Kommissarin, ich persönlich unterstütze Sie darin und werde das auch weiterhin tun, so weit zu gehen und gegebenenfalls den Import von gefährlichem Spielzeug aus China zu verbieten. Aber es muss auch gesagt werden, dass Ihre Maßnahmen zu Ergebnissen geführt haben. 93 Verbote kamen aus China selbst, seit Juli sind 184 weitere Untersuchungen hinzugekommen, was bedeutet, dass weniger gefährliche Spielzeuge über die Grenzen Chinas gelangen. Wir müssen diese Maßnahme verstärken und Sie unterstützen. Aber auch die Importeure müssen Verantwortung für den Import gefährlicher Spielzeuge übernehmen, und deshalb begrüße ich die Prüfung der Lieferkette, um durch Hersteller entstehende Lücken zu schließen.

Frau Kommissarin, wir sind nicht bereit, bei der Sicherheit von Spielzeug Kompromisse einzugehen. Warnungen reichen nicht aus. In den USA sehen wir z. B., dass einige Spielzeuge für Kinder unter drei Jahren verboten oder für Kinder über sechs Jahren mit Warnhinweisen versehen worden sind. Die USA beklagen, dass sie unsere gefährlichen Spielzeuge vom europäischen Markt importieren. Vielleicht sollten wir in diesem Bereich dem amerikanischen Beispiel folgen. Lassen Sie uns rasche und wirksame Maßnahmen ergreifen, um das Vertrauen unserer Verbraucher in den Spielzeugmarkt wiederherzustellen. Ich verspreche Ihnen, Frau Kommissarin, dass mein Ausschuss mit Ihnen zusammenarbeiten wird, um das zu erreichen.

 
  
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  Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (UEN).(PL) Herr Präsident! Wenn ich in der Aussprache über die Sicherheit von Spielzeug spreche, möchte ich auf einige recht allgemeine Fragen aufmerksam machen.

Erstens bringt die Liberalisierung des Handels unter der Schirmherrschaft der Welthandelsorganisation, durch die der Europäische Markt zunehmend zugänglicher wird, für den Verbraucher nicht nur Vorteile in Form niedrigerer Preise für viele Waren mit sich, sondern auch Gefahren. Ein anschauliches Beispiel dafür ist die Frage der gefährlichen Spielzeuge, die wir heute erörtern.

Zweitens sind südostasiatische Länder deswegen auf dem europäischen Markt wettbewerbsfähig, weil sie nicht die vollen Kosten der Herstellung dieser Erzeugnisse tragen. Sie berücksichtigen oft keine Umweltschutzkosten, keine Kosten im Zusammenhang mit der Wahrung der Arbeitnehmerrechte und keine Kosten im Zusammenhang mit der Sicherheit der Waren, um nur einige zu nennen.

Drittens müssen Einrichtungen des Verbraucher- und Wettbewerbsschutzes in den EU-Mitgliedstaaten daher die ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, um rasch und wirksam auf diese Umstände zu reagieren und nicht nur gefährliche Erzeugnisse, sondern auch ihre Hersteller oder Importeure vom Markt zu nehmen.

Viertens und letztens muss die Europäische Union bei den laufenden Verhandlungen unter Schirmherrschaft der WTO in Hinblick auf die Ausweitung des Zugangs zum europäischen Markt von Drittländern fordern, dass sie die Regeln des lauteren Wettbewerbs einhalten und insbesondere bei den Produktpreisen die vollen Herstellungskosten unter Verwendung europäischer Normen berücksichtigen.

 
  
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  Heide Rühle (Verts/ALE). - Herr Präsident! Frau Kuneva, ich habe ja schon im Ausschuss gesagt, dass wir Ihre Bemühungen schätzen und dass wir Ihnen für diese Bemühungen danken.

Allerdings zeigen einige dieser Dinge, wo etwas im Argen liegt. Wenn Sie zum Beispiel vor Magneten warnen wollen, zeigt gerade das, dass die Spielzeugrichtlinie nicht ausreicht. Die Spielzeugrichtlinie fußt leider auf dem new approach. Und der new approach setzt voraus, dass die entsprechenden Normierungsausschüsse tätig werden. Die Normierungsausschüsse sind aber leider bezüglich der Magnete nicht tätig geworden, genauso wenig, wie sie bezüglich karzinogener Stoffe tätig geworden sind. Nur drei karzinogene Stoffe sind derzeit verboten, der Rest nicht. Wir müssen dringend überprüfen, wenn wir die Spielzeugrichtlinie revidieren, ob dieser new approach wirklich der richtige Weg ist oder ob es nicht sehr viel wichtiger ist, dass hier der europäische Gesetzgeber klare Standards vorgibt, gerade im Bereich der Spielzeuge, weil Spielzeuge sich vor allem an Kinder wenden und Kinder besonders geschützt werden müssen. Das ist ein Appell von meiner Seite aus, nochmals zu überprüfen, ob hier der new approach wirklich der richtige Weg ist oder ob wir bei der Revision der Spielzeugrichtlinie nicht einen anderen Zugang brauchen.

Ich möchte außerdem nochmals darauf verweisen, dass wir bei der Überarbeitung des Waren-Pakets die Verantwortung der Importeure betont haben. Diese Verantwortung der Importeure muss ernst genommen werden. Ich hoffe, dass sie auch im Trilog von Ihrer Seite, von der Kommissionsseite, aus unterstützt wird. Importeure müssen genauso zur Haftung herangezogen werden wie Hersteller.

Ein letzter Punkt: die Mitgliedstaaten. Da zeigt sich, dass die Produktsicherheitsrichtlinie einfach zu schwach war. Die Mitgliedstaaten müssen verpflichtet werden nachzuverfolgen, und sie müssen verpflichtet werden, die Produkte auch wirklich vom Markt zu nehmen. Leider sind nicht alle tatsächlich vom Markt genommen worden.

 
  
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  Iliana Malinova Iotova (PSE).(BG) Frau Kommissarin! Für meine heutige Frage gibt es mehrere Gründe. Der erste betrifft Ihre Antwort, die Sie in der Diskussion zu dieser Thematik im IMCO-Ausschuss gegeben haben, die meines Erachtens zu allgemein ist. Der zweite Grund ist die von mir bereits eingereichte schriftliche Anfrage, die, so hoffe ich, heute zusammen mit den anderen Fragen beantwortet werden wird. Der dritte Grund ist der folgende: Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit insbesondere auf den 2005 angenommenen Christensen-Bericht über die Integration der neuen Mitgliedstaaten in das Verbraucherschutzsystem richten, welches das Binnenmarktregime in der Europäischen Gemeinschaft ergänzt. Der Bericht enthält an die Europäische Kommission gerichtete Empfehlungen für die besondere Beachtung der Belange der neuen Mitgliedstaaten, zu denen auch mein Land gehört.

Ich vertrete persönlich die Meinung, dass sich ungeachtet der diesbezüglichen Bemühungen der Kommission nur drei Prozent der Bürgerinnen und Bürger Bulgariens als Verbraucher geschützt betrachten. Deshalb stelle ich die konkrete Frage, was die Europäische Kommission unternommen hat, um die Sicherheit des in der Weihnachtszeit und zum Jahreswechsel auf den Märkten der neuen Mitgliedstaaten verkauften chinesischen Spielzeugs zu garantieren, insbesondere angesichts ihrer im Vergleich zu anderen Ländern schwächeren Verbraucherschutzsysteme.

 
  
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  Vicente Miguel Garcés Ramón (PSE). - (ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Ich möchte nicht dramatisieren, aber wir befassen uns hier mit einem Problem, dass die gesamte Europäische Union betrifft. Lassen Sie mich nur ein Beispiel anführen: Tag für Tag treffen in Spanien 40 000 Warencontainer ein, von denen viele Tausend Spielzeug enthalten.

Ich frage mich, ob das System des zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten, das am 1. Januar 2008 eingeführt wird, wirklich effektive Maßnahmen zur Bekämpfung von Handelspraktiken fördern wird, die eine Gefahr für die Gesundheit unserer Kinder darstellen und die wir schon so oft verurteilt haben.

In seiner Entschließung vom 26. September zur Produktsicherheit und insbesondere zur Sicherheit von Spielzeug forderte das Europäische Parlament die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu treffen, die gewährleisten, dass in den Verkehr gebrachte Konsumgüter kein Gesundheitsrisiko darstellen.

Es ist an der Zeit, die Verabschiedung der notwendigen Maßnahmen zu beschleunigen, um die Entschließung des Europäischen Parlaments umzusetzen. Wir müssen die Kontrolle und Überwachung der benannten Märkte verbessern. Im Zeitalter der Globalisierung ist das Spielzeug nicht einfach nur eine Warenkategorie von vielen. Ohne Kontrollen werden sich die Zwischenfälle wiederholen, über die schon mehrfach berichtet wurde; es sind immer wieder Rückfälle in das kommerzielle Dumping festzustellen, und es besteht immer wieder die Gefahr der ernsthaften Beeinträchtigung der Gesundheit der Verbraucher, insbesondere unserer Kinder.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Lassen Sie mich zunächst auf Frau Thyssens Frage antworten, was wir tun werden, um unseren positiven Einfluss auf dem chinesischen Markt zu verstärken. Wenn wir erfolgreich sein wollen, muss Europa seine Rolle als Vorbild weiter ausbauen, und genau das versuchen wir. Mit RAPEX-China haben die chinesischen Behörden Zugang auf Einzelheiten der Risiken, die bei in Europa verkauften chinesischen Produkten festgestellt wurden.

Gegenwärtig baut China sein eigenes nationales Schnellwarnsystem aus, das das europäische kopiert. Das ist wirklich ein großer Erfolg für die Produktsicherheit weltweit. So wird sichergestellt, dass Informationen zügig an lokale Ämter weitergeleitet werden, damit diese Maßnahmen einleiten können. Das System soll zum Jahresende in Betrieb genommen werden. Wenn sich die Entwicklung wie vorgesehen fortsetzt, kann Europa sich zum Ende des Jahres zu dem großen Erfolg gratulieren, den chinesischen Behörden als Muster gedient zu haben.

Weiter möchte ich hervorheben, dass das nächste Jahr für mich ein sehr arbeitsreiches Jahr werden wird, weil eine neue Vereinbarung mit China zu erarbeiten ist. Die aktuelle Vereinbarung, die seit 2006 gültig ist, wird Anfang 2009 auslaufen. Das wird eine sehr konkrete Arbeit der Kommission erfordern.

Viele von Ihnen haben auf die Spielzeugrichtlinie verwiesen. Ich kann nicht etwas kommentieren, das der Zuständigkeit von Vizepräsident Verheugen unterliegt. Die Spielzeugrichtlinie ist Teil seines Portfolios, wenngleich wir hervorragend zusammenarbeiten. Allerdings sollen Sie wissen, dass eine Überarbeitung der Spielzeugrichtlinie ansteht und sehr bald vorgelegt werden wird. Bevor ich mich mit Ihnen getroffen habe, habe ich mit dem Dienst von Kommissar Verheugen und mit ihm persönlich Rücksprache gehalten und ich weiß, dass die Richtlinie schon bald in der Kommission besprochen werden wird. Ich bin sicher, dass sein Dienst sich ins Zeug legt.

Unsere beiden Ansätze werden nicht vermischt – der industrielle Ansatz, zu dem die Spielzeugrichtlinie gehört, und der Ansatz, auf dem meine Tätigkeit beruht und zu dem eine Richtlinie über allgemeine Produktsicherheit gehört. Ich kann Ihnen versichern, dass das innerhalb der Kommission wirklich ganz klar unterschieden wird.

Das ist genau das, was wir mit dem neuen Ansatz versuchen – diese beiden Dinge parallel laufen zu lassen. Das eine betrifft Anforderungen an Spielzeug als Industriegüter, das andere betrifft zu einem bestimmten Zeitpunkt vor allem und über diese Maßnahmen hinaus Prüfungen der Sicherheit von Spielzeug für unsere Kinder. Ein gutes Beispiel sind Magnete in Spielzeugen. Sie werden jetzt in die Richtlinie über allgemeine Produktsicherheit aufgenommen, und wir können nun Prüfungen vornehmen, gefährliche Produkte verbieten und neue Normen fordern, während die Spielzeuge in der Zwischenzeit mit einem Warnhinweis versehen werden. Dann werden wir einen Vorschlag vorlegen. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden einige Arten der Verwendung von Magneten standardisiert und verboten. Mit diesem Ansatz soll mit einer Richtlinie über allgemeine Produktsicherheit eine Sicherheitslücke geschlossen werden. Das ist ein hervorragendes Beispiel dafür, weshalb wir diese beiden Ansätze beieinander halten müssen.

Ich habe angefangen, Frau Rühle in Bezug auf die Magneten zu antworten. Das Kollegium wird meinen Vorschlag, eine gezielte Maßnahme anzunehmen, um spezielle Warnhinweise auf magnetischen Spielzeugen zu fordern, in Betracht ziehen. Das würde die Lücke schließen, bis es für dieses Risiko entsprechende Normen gibt. Wie Sie wissen, dauert dieser Prozess etwas länger, was allerdings nicht an der Kommission liegt. Das sind die Rechtsvorschriften für die Umsetzung unserer Normen, die wir einfach ausführen.

Ich würde gern noch kurz auf die Meinung von Herrn Matsakis zu sprechen kommen. Meine Linie ist recht einfach, denn ich bin der Auffassung, dass Herr Harbour folgerichtig geantwortet hat. Ich glaube nicht, dass gefährliche Spielzeuge einen Pass haben, und wir sollten die Gefahren dort angehen, wo sie herkommen. Ich möchte Sie nur kurz daran erinnern, dass 50 % der gefährlichen Spielzeuge in Europa aus China kommen. Mich überrascht, dass wir noch nicht darüber gesprochen haben, wo die anderen 50 % herkommen. Ich muss Ihnen mitteilen, dass 30 % der gefährlichen Spielzeuge ausgerechnet aus Europa kommen. Deshalb bestehe ich so sehr auf Sicherheit – unabhängig von der Herkunft. Wir müssen noch einmal darüber nachdenken, wie wichtig Vertrauen für unsere Märkte ist. Diese Verantwortung werde ich nicht abgeben.

In Artikel 1 der Richtlinie über allgemeine Produktsicherheit heißt es, dass Hersteller nur sichere Produkte herstellen sollten, und dass wer immer zum ersten Mal ein Produkt in den Verkehr bringt – sei es der Importeur, der Händler oder der Hersteller – die Sicherheit von Spielzeugen prüfen muss, für die er verantwortlich ist.

Die Frage von Frau Iotova möchte ich auf Bulgarisch beantworten, denn sie hat ihre Frage in dieser Sprache gestellt.

Мeine Antwort war nach den Maßstäben der Kommission sehr konkret. Was wir im letzten Jahr unternommen haben, dient der Verbesserung der Gesetzgebung. Ja, diese Gesetzgebung betrifft zum Teil Güter der gewerblichen Wirtschaft, und diese fallen in den Kompetenzbereich eines anderen Kommissars, aber wir arbeiten in vielen Fragen zusammen. Ferner beziehen sich einige Fragen auch auf die REACH-Richtlinie, die ebenfalls nicht in mein Portfolio fällt. Aber auch hier kann ich sagen, dass wir alles tun, um die Sicherheit auf der Grundlage der bestehenden Gesetzgebung zu gewährleisten.

Es gab eine Vielzahl von Zusammenkünften mit allen am Prozess Beteiligten – den Herstellern, zuständigen einzelstaatlichen Behörden, Einzelhändlern und vielen Nichtregierungsorganisationen.

Ferner möchte ich Ihnen sagen, dass wir bei unserer Beurteilung nicht nach alten und neuen Mitgliedstaaten unterscheiden und die Länder auch nicht so aufteilen. Die Sicherheit der Waren ist sowohl für die neuen als auch die alten Mitgliedstaaten gleichermaßen wichtig. Ich kann Ihnen versichern, dass auch einige alte Mitgliedstaaten bereits vor dem Beitritt der zwölf neuen Staaten ernsthafte Probleme verzeichneten, und ich habe nicht die Absicht, diese zu ignorieren. Natürlich bin ich mir der Verantwortung der Kommission für die Umsetzung der Gesetzgebung, insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten, ohne jeden Zweifel voll bewusst. Deshalb spreche ich in den neuen Mitgliedstaaten verstärkt mit den Behörden und dränge immer wieder auf ein nationales Budget für die Schaffung von Einrichtungen zur Marktüberwachung.

Ich kann Ihnen sagen, Frau Iotova, dass es auf dem bulgarischen Markt 180 Inspektoren gibt. Gestern, nein, es war heute morgen, habe ich ein weiteres Mal mit allen an der Sicherheitskette Beteiligten gesprochen, und wir haben uns auf einen so genannten Weihnachtspakt geeinigt, an dem europäische Hersteller sowie Händler und staatliche Behörden in Bulgarien beteiligt sind. Nach beharrlichen Gesprächen, die ich im Ministerium für Wirtschaft in Bulgarien geführt habe, ist die Zahl der Inspektionen um das Vierfache gestiegen. Ich werde deshalb in dieser Richtung weiterarbeiten, und ich wiederhole meine Aufforderung an Sie, die ich bereits das letzte Mal in diesem Haus ausgesprochen habe, dass wir nämlich alle gemeinsam an diesem Ziel arbeiten müssen. Ich bin sicher, dass wir dann größere Erfolge verzeichnen werden.

(EN) Ich möchte dort aufhören, wo ich begonnen habe, und sagen, dass all unsere Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis stehen und auf Solidarität und Subsidiarität beruhen müssen, was uns zusätzliche Stärke verleiht, um dieses sehr wichtige Problem in Angriff zu nehmen.

Ich habe Ihnen allen aufmerksam zugehört, Ihren freundlichen Worten und Ihrem Wunsch, unsere Arbeit zu verstärken. Wenn Sie gegebenenfalls besondere Fälle mit mir besprechen möchten, stehe ich Ihnen dafür weiterhin gern zur Verfügung.

 
  
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  Der Präsident. – Ich möchte der Kommissarin und allen Kolleginnen und Kollegen, die in der Aussprache das Wort ergriffen haben, danken.

Erlauben Sie mir eine kurze Anmerkung: Vor einigen Jahren hat meine älteste Tochter eine in China hergestellte Gummipuppe geschenkt bekommen. Der Kopf ging ab und innen war ein kleiner Gummiknopf, auf den der Kopf gesetzt werden sollte. Wer auch immer das Spielzeug hergestellt hatte, hatte ein kleines Gesicht darauf gemalt. Es war aber kein fröhliches, sondern ein trauriges Gesicht. Wer immer das getan hat, wollte damit eine Art Botschaft über die Bedingungen, unter denen dort gearbeitet wird, aussenden. Ich bin also sehr froh, dass ich heute Abend die Gelegenheit habe, das publik zu machen.

Die Aussprache ist geschlossen.

 

20. Brandschutz in Hotels (Aussprache)
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  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt eine Aussprache über die mündliche Anfrage an die Kommission über den Brandschutz in Hotels von Glyn Ford, Giles Chichester, Graham Watson, Arlene McCarthy, Peter Skinner, Baroness Nicholson of Winterbourne, Elizabeth Lynne, Sarah Ludford, Toine Manders, David Martin, Glenys Kinnock, Claude Moraes, Erika Mann, Alexandra Dobolyi, Ana Maria Gomes, Robert Evans, Christopher Heaton-Harris, Reino Paasilinna, Marianne Mikko, Stephen Hughes, Stavros Lambrinidis, Malcolm Harbour, Bill Newton Dunn, Catherine Stihler, Sérgio Sousa Pinto, Jan Andersson, Linda McAvan, Luisa Morgantini, Jan Marinus Wiersma, Harlem Désir, Jo Leinen, Zita Gurmai, Caroline Lucas, Brian Simpson, Barbara Weiler, Christel Schaldemose, Neena Gill, Benoît Hamon, Michael Cashman, Udo Bullmann und Corina Creţu (O-0066/2007 – B6-0385/2007).

 
  
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  Glyn Ford, Verfasser. – (EN) Herr Präsident! Die Frage des Brandschutzes ist für die Europäische Union und ihre Bürger wichtig. Mit dem Vertrag von Rom wurde der gemeinsame Grundsatz des freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs eingeführt. Was die Menschen betrifft, so haben wir immer wieder Fragen der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und des Verbraucherschutzes betont.

Zwar sind die Freizügigkeit von Geschäftsleuten und Arbeitern ebenso wie der Tourismus für unser wirtschaftliches Wohlergehen und die Erfüllung der Wettbewerbsagenda von Lissabon erforderlich, doch wir sind nicht einmal in der Lage, etwas so Einfaches zu tun, wie dafür zu sorgen, dass Europas Bürgerinnen und Bürger – ob nun als Verbraucher oder als Arbeitnehmer – vor den Gefahren des Feuers gleichermaßen geschützt sind, wenn sie sich in Hotels in den EU-Mitgliedstaaten aufhalten.

Die Union ist für Gesundheit und Sicherheit zuständig. Wir begrenzen den von Rasenmähern ausgehenden Lärm, nicht aber die Aussicht auf den Tod durch Verbrennen. Verbraucherschutz heißt, dass wir uns mit der Sicherheit von Fahrstühlen oder Rolltreppen befassen, nicht aber mit der Sicherheit von Hotels. Die Kommissarin hat gerade gesagt, all unsere Maßnahmen stünden im richtigen Verhältnis zueinander. Ich frage mich, ob sie der Ansicht ist, dass es angemessen ist, bezüglich der Sicherheit in Hotels keine Maßnahmen zu ergreifen.

Sprinkleranlagen sind hochgradig wirksam. Sie löschen bzw. kontrollieren 99 % der Brände zu einem sehr frühen Zeitpunkt. Noch nie ist jemand in einem vollständig mit Sprinklern ausgestatteten Hotel in der EU gestorben. In der Union sind seit 2003 allerdings mehr als 60 Menschen bei Bränden in Hotels ums Leben gekommen, die nicht mit Sprinklern ausgestattet waren.

Tragischerweise verbrachten drei von ihnen den Sommer in meinem Wahlkreis, im Penhallow Hotel in Newquay, Cornwall, wo ein Feuer außer Kontrolle geriet, weil es keine Sprinkleranlage gab. Eine der Toten war eine behinderte Frau, die nicht ohne Hilfe aus dem Gebäude entkommen konnte. Was unternimmt die Kommission, um Menschen wie sie zu schützen?

Die Kommission wird sich auf die Subsidiarität berufen. Kommt auf den Boden! Wie viele Menschen in der EU sind seit 2003 am Lärm von Rasenmähern oder bei Unfällen mit Fahrstühlen oder Rolltreppen gestorben? Und dennoch hat die Kommission es als angemessen erachtet, den Mitgliedstaaten für diese Bereiche ihre Autonomie zu entziehen.

In der EU gibt es sehr unterschiedliche Brandschutzbestimmungen über Sprinkleranlagen, wobei Ungarn wahrscheinlich die besten hat, und Frankreich, mit den meisten Todesopfern, überhaupt keine.

Einige etwas weitsichtigere europäische Hotelketten wie die Accor-Gruppe statten ihre neuen Hotels jetzt mit Sprinklern aus und folgen so den amerikanischen Hotelketten Hilton, Marriott und Sheraton.

Dies der Selbstregulierung zu überlassen, reicht aber nicht aus. Wenigstens ein Bundesstaat ist nicht gewillt, Tatenlosigkeit zu entschuldigen, indem er über Subsidiarität spricht. In den USA schreibt das Gesetz für alle neuen Hotels Sprinkler vor. Angestellte des Staates können keine Aufwendungen geltend machen, wenn sie auf ihren Geschäftsreisen nicht in Hotels mit Sprinkleranlagen übernachten.

Deshalb fordern wir die Kommission auf, die Einführung einer Richtlinie mit Mindestvorschriften für alle Mitgliedstaaten in Betracht zu ziehen, die vorsehen, dass alle neuen Hotels mit mehr als 20 Betten vollständig mit Sprinklern ausgestattet werden müssen und dass bestehende Hotels mit mehr als 20 Betten wenigstens in den Fluren und an den Ausgängen über Sprinkler verfügen müssen. Das wäre keine große wirtschaftliche Belastung. Es würde weniger als zusätzliche 2 % kosten. Natürlich bräuchten die bestehenden Hotels ausreichend Zeit, die Richtlinie umzusetzen, aber wir wollen jetzt handeln und nicht warten, bis die Öffentlichkeit uns nach einer großen Tragödie mit Hunderten von Toten dazu zwingt.

 
  
  

VORSITZ GÉRARD ONESTA
Vizepräsident

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich bin ebenfalls der Auffassung, dass Feuer eine permanente Gefahr für das Leben der Verbraucher darstellt. Untersuchungen zufolge wird die jährliche Anzahl der Todesfälle pro eine Million Einwohner im Vereinigten Königreich auf 10,8, in Spanien auf 6, in Frankreich auf 11,8, in Schweden auf 15,7 und in Deutschland auf 7,3 geschätzt. Für mich als Kommissarin für Verbraucherschutz ist das eine wichtige Angelegenheit. Danke, dass Sie an diese wichtige Frage erinnert haben.

Lassen Sie mich an den tragischen Fall einer britischen Familie erinnern, deren zwei Kinder im Oktober 2006 auf Korfu an einer Kohlenmonoxidvergiftung gestorben sind. Ich habe von Ihnen einige Briefe zu diesem Fall erhalten. Wir haben die griechischen Behörden kontaktiert, und sie haben uns mitgeteilt, dass dem Hotel, in dem sich der Unfall ereignet hat, sofort die Lizenz entzogen worden ist und dass es seitdem nicht mehr betrieben wird. Ich weiß, dass in Griechenland ein Gerichtsverfahren stattfindet und ich hoffe, dass man schon bald zu einem klaren Schluss kommen wird. Das ist ein symbolischer Fall, aber leider nicht der einzige.

Brandschutz in Hotels steht seit 20 Jahren im Mittelpunkt der Diskussionen mit den Mitgliedstaaten.

Zunächst die Ergebnisse, die wir bisher erzielt haben: Die Empfehlung des Rates 86/666/EG über den Brandschutz in bestehenden Hotels hat dazu beigetragen, das Sicherheitsniveau vor allem in den Ländern zu verbessern, in denen es keine oder nur unzureichende Vorschriften gab.

Ferner werden in der Bauprodukterichtlinie für den Fall des Ausbruchs eines Feuers besondere Anforderungen festgelegt, denen alle Bauwerke, einschließlich Hotels, genügen müssen. Es wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um eine konsequente Anwendung dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten sicherzustellen, wie beispielsweise ein gemeinsames System zur Klassifizierung des Feuerwiderstands von Bauwerken und eine Reihe harmonisierter europäischer Normen in den Bereichen Brandbekämpfung, Warn- und Alarmanlagen.

Ferner wurden mit der Niederspannungsrichtlinie die Anforderungen aus der Empfehlung des Rates bezüglich der mit elektrischem Licht verbundenen Risiken umgesetzt.

Allerdings gibt es noch immer viel zu tun, bis alle bestehenden und neuen Hotels in Europa gleich sicher sind, unabhängig von ihrer Größe und der Anzahl ihrer Betten. Wie wir wissen, gelten die Anforderungen für Hotels mit wenigstens 20 Zimmern.

Während der zahlreichen Gespräche mit den Mitgliedstaaten hat die Kommission festgestellt, dass bisher kein gemeinsamer Weg für eine EU-weite Maßnahme vereinbart wurde und dass die richtige Durchsetzung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften bisher die Hauptpriorität war. Die Frage der Einhaltung von Vorschriften ist tatsächlich ein nicht zu unterschätzendes Problem. Und es tut mir sehr leid, das sagen zu müssen.

Deshalb habe ich die großen in Europa vertretenen Hotelketten für den 8. Februar 2008 zu einem Treffen mit mir nach Brüssel eingeladen. Bis wir die Rechtsvorschriften haben, sollten wir umgehende Maßnahmen ergreifen. Wir werden die Frage der Sicherheit in Hotels besprechen, und ich werde Ihnen nach Abschluss der Konsultationen darüber Bericht erstatten. Wenn wir das gemeinsam im Parlament tun können – wenn das Parlament an dem Treffen am 8. Februar teilnehmen möchte – würde ich mich sehr darüber freuen, Sie dort zu begrüßen.

Die Erhebung EU-weiter Daten und Statistiken ist ein wichtiger Aspekt: Da es keine statistischen Festlegungen und einheitlichen Regeln darüber gibt, wie Brände in den Mitgliedstaaten registriert werden, ist ein Vergleich nur sehr schwer möglich und zudem ungenau.

Ich würde gern noch auf die Standardisierung zu sprechen kommen. Standardisierung ohne Unterstützung durch einen Rechtsrahmen wie z. B. eine EU-Richtlinie oder gar eine überarbeitete Empfehlung, würde deren Auswirkungen deutlich reduzieren. Das eigentliche Ziel, den Brandschutz in Hotels sicherzustellen, wäre in der Folge vereitelt.

Kommen wir zu den Sprinkleranlagen: Deren Wirksamkeit bei der Reduzierung der verheerenden Folgen von Bränden wurde weit reichend nachgewiesen, aber die Kosten für ihre Installation und Wartung gehen nicht immer mit der Art von Hotel einher, die es in Europa am häufigsten gibt, nämlich den kleinen Familienhotels.

Außerdem fällt die Entscheidung darüber, ob nun Sprinkler- oder andere Feuerlöschanlagen in Hotels Pflicht sein sollten, in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Ich würde gern mit den Mitgliedstaaten diskutieren und solche Maßnahmen unterstützen, wenn sie bereit sind, diesen Weg zu gehen.

Parallel zu diesen Entwicklungen auf der rechtlichen Seite sei noch erwähnt, dass Hotels auf Selbstregulierung beruhende leistungsbezogene Codes und Gestaltungsverfahren anwenden. Meines Erachtens sollten die Bemühungen von Hotelketten wie Accor wirklich unterstützt werden.

Die Kommission befasst sich im Rahmen ihres Profils als Dienstleister nicht nur mit dem Brandschutz in Hotels, sondern zielt in einer allumfassenden Strategie gegen Brandrisiken auch auf sämtliche Produkte ab, die in Hotels im Allgemeinen vorhanden sind und die am ehesten als Brandursache oder als Brandbeschleuniger dienen könnten. Die Initiativen zu den RIP-Zigaretten, zu denen die Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, Frau McCarthy, für uns einen sehr wichtigen Beitrag geleistet hat, die Entflammbarkeit von Polstermöbeln und Nachtwäsche sowie kindersichere Feuerzeuge sind die Säulen einer solchen Strategie.

Ich freue mich darauf, unsere Zusammenarbeit zu dieser sehr wichtigen Frage, die für uns alle von großer Bedeutung ist, fortzusetzen.

Ich möchte dem Parlament und insbesondere dem Präsidenten noch einmal danken, denn wir ergreifen mit dem, was wir nunmehr in den Händen halten, konkrete Maßnahmen.

 
  
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  Malcolm Harbour, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich meinem Kollegen Herrn Ford dafür danken, dass er die Initiative ergriffen und diese Anfrage eingereicht hat. Heute Abend spreche ich im Namen meiner konservativen Kollegen, die sie gemeinsam unterzeichnet haben. Dazu zählt insbesondere Giles Chichester, der neu gewählte Vorsitzende der konservativen Fraktion, in dessen Wahlkreis sich der verheerende Brand im August ereignet hat, den Herr Ford angesprochen hat. Er möchte, dass ich ihn gedanklich sehr mit dem Druck der von Herrn Ford eingereichten Anfrage in Verbindung bringe.

Aus meiner Sicht ist sie ebenfalls eher schmerzlich, da sich die Frage von Bränden natürlich nicht nur auf Hotels bezieht. Vor einigen Wochen hat sich im Herzen meines Wahlkreises in Warwickshire in einem Industriegebäude ein wirklich verheerendes Feuer ereignet, bei dem vier freiwillige Feuerwehrmänner auf tragische Weise ums Leben kamen. Bisher liegen noch keine abschließenden Untersuchungen des traurigen Vorfalls vor, aber es ist klar, dass das Gebäude eigentlich mit Sprinklern hätte ausgerüstet sein müssen. Offensichtlich war aber nicht ein einziger eingebaut. Ich möchte meine Kolleginnen und Kollegen heute Abend darauf aufmerksam machen und über einige der etwas weiter gefassten Fragen, die die Kommissarin aufgeworfen hat, nachdenken.

Die Kommissarin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Bauprodukterichtlinie, die unserem Ausschuss zu Beginn des nächsten Jahres vorgelegt werden wird, Fragen zur Brennbarkeit von Gebäuden und Baumaterialien behandelt. Ich denke, das wird noch einmal geprüft werden. Und natürlich wird mit der Anfrage von Herrn Ford die ganze Frage der Gebäudestandards und des Potenzials von Brandschutzanlagen wie Sprinkleranlagen aufgeworfen.

Mir gefällt die Position der Kommissarin vielleicht besser, denn meines Erachtens muss man, wenn man versucht, eine einzelne, sehr teure Lösung vorzuschreiben, vor allem im Hotelbereich Vorsicht walten lassen, wo es in der Größe und im Angebot sehr große Unterschiede gibt.

Mir scheint aber, dass hier etwas passieren muss, und ich freue mich zu hören, dass die Kommissarin mit ihrer charakteristischen Initiative, von der wir gerade in der vorangegangenen Aussprache gehört haben, bereits in die Richtung geht und Vertreter der großen Hotelketten zu einem Treffen mit ihr eingeladen hat. Allerdings scheint mir auch, dass eine der Möglichkeiten, wie wir diese Sache sehr schnell voranbringen können, darin besteht, die Verbraucher mit einheitlich dargebotenen Informationen zu versorgen und sie stärker für diese Frage zu sensibilisieren. Wenn sie z. B. Hotels buchen, können sie im Internet nachsehen. Die Hotels stellen mittlerweile zunehmend Informationen über den Brandschutz zur Verfügung, was meines Erachtens allerdings von Land zu Land variiert. Eine Art Bewertungssystem für Hotels, das auf deren Inspektionen und ihrer Ausstattung beruht – ein konsequent angewendetes Sternebewertungssystem, wenn Sie so wollen – wäre vielleicht etwas, worüber man sicherlich mit den Hoteleigentümern sprechen sollte.

Das funktioniert in vielen anderen Bereichen: Zum Beispiel bei Kraftfahrzeugen, wo die Kommission erfolgreich eine Initiative zur Einführung einer Sternebewertung für Autos gefördert hat. Vielleicht könnten wir etwas Ähnliches in Betracht ziehen, um in dieser Frage schnell voranzukommen und das Problem anzugehen, das Herr Ford angesprochen hat und das mit diesem Antrag vor das Hohe Haus gebracht wird.

 
  
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  Arlene McCarthy, im Namen der PSE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Wie der Frau Kommissarin bekannt ist, haben wir zum allgemeinen Problem der Sicherheit von Dienstleistungen viele Diskussionen geführt. Ich begrüße den Willen der Kommissarin sehr, ernsthaft zu prüfen, wie wir die Situation der Verbraucher verbessern können.

Meines Erachtens gibt es beim Verbraucherschutz in Bezug auf Dienstleistungen eine ernst zu nehmende Lücke. Wenn ein Verbraucher, der geschäftlich oder privat in der EU verreist, ein Hotel bucht, kann er dann sicher sein, dass Sicherheitsmaßnahmen vorhanden sind, um Brände oder das Risiko einer Kohlenmonoxidvergiftung zu vermeiden? Oder kann er sicher sein, dass das Schwimmbecken für Kinder sicher ist?

Wie wir ja im Zusammenhang mit Spielzeugen und Produkten gesehen haben, sind wir bereit, unsere Verbraucher zu schützen. Wenn sie aber auf dem Binnenmarkt eine Dienstleistung in Anspruch nehmen oder kaufen, scheint der Verbraucherschutz in der Form nicht zu existieren.

Allerdings nehmen viele Verbraucher an, dass, wenn sie in einem Hotel übernachten, angemessene und grundlegende Sicherheitsstandards vorhanden sind. Und natürlich sind sie, wie wir gesehen haben, nicht angemessen.

Ich bin nicht der Ansicht, dass es so kompliziert ist, Sprinkleranlagen oder Kohlenmonoxiddetektoren zu installieren. Meines Erachtens könnten mit den richtigen Standards und Systemen Bränden und Todesfällen entgegengewirkt werden.

Ehrlich, aus meiner Sicht ist es zu spät – und nicht ausreichend –, eine Lizenz zu entziehen, nachdem Kinder gestorben sind, wenn die Lizenz eigentlich überhaupt nicht hätte erteilt werden dürfen.

Wir möchten der Kommissarin dabei helfen, Standards zu entwickeln, Brandrisiken zu minimieren und die Verbraucher zu schützen. Also lassen Sie uns darüber nachdenken, wie wir das am besten erreichen können. Der Vorschlag von Herrn Harbour, ein EU-Bewertungssystem zu schaffen, ist sicherlich etwas, was wir uns ansehen sollten. Aus meiner Sicht sollte der Verbraucher einen leichten Zugang dazu haben. Die Hotelsysteme der Reiseveranstalter müssen den Verbraucher mit solchen Informationen versorgen, sodass er entscheiden kann, nicht in das Hotel oder die Villa zu gehen, die nicht über ein sicheres Schwimmbecken, Sprinkleranlagen oder Kohlenmonoxiddetektoren verfügt.

Meines Erachtens können wir das für unsere Bürger besser machen: Wir können Todesfälle verhindern. Aus meiner Sicht haben wir heute Abend eine Debatte angestoßen, aber – und das lässt sich an den Interventionen erkennen – das ist erst der Beginn einer Kampagne für sicherere Dienstleistungen, für grundlegende Standards, die es zu schützen gilt. Ich hoffe, dass wir in diesem Bereich in nicht allzu ferner Zukunft weitere Fortschritte erzielen können.

 
  
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  Wolfgang Bulfon (PSE). - Herr Präsident, hohes Haus! Es ist zu bedauern, dass es erst Tote geben muss, damit man sich mit der Frage des Brandschutzes in Hotels auseinandersetzt. Wir alle wissen, dass durch baurechtliche Maßnahmen, welche in den Mitgliedstaaten und Regionen unterschiedlichst gehandhabt werden, ein wirksamer Brandschutz auf europäischer Ebene kaum durchsetzbar ist.

Ich bin davon überzeugt, dass man dieses Problem nur lösen kann, wenn es verbindliche Vorgaben für die Einhaltung der Brandschutznormen gibt. Diese sind nur dann wirkungsvoll, wenn es obligatorische, laufende Kontrollen gibt, welche sinnvollerweise mit einem bereits im Parlament geforderten einheitlichen Qualitätsstandardbewertungssystem einhergehen sollten.

Natürlich darf man dabei nicht vergessen, dass technische Maßnahmen immer mit finanziellem Aufwand verbunden sind. Dies kann für kleine und mittlere Hotels eine sehr große, oft auch unüberwindbare finanzielle Belastung darstellen. Für diesen Fall sollten die Mitgliedstaaten durch Förderungen Brandschutzmaßnahmen unterstützen, um somit bestmögliche Sicherheit für den Gast zu garantieren.

Zum Abschluss sei mir eine Bemerkung erlaubt: Ich glaube nicht, dass bei der Mehrheit der Hotels in Europa, die alle kleine und mittlere Hotels sind, die Lösung nur in einer Verhandlung mit dem industriellen Komplex – also den großen Konzernen – liegen kann.

 
  
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  Linda McAvan (PSE).(EN) Herr Präsident! Mir ist bewusst, dass die Frau Kommissarin sich über die Frage des Schutzes vor Kohlenmonoxid in Hotels viele Gedanken gemacht hat, denn wir haben in den letzten Monaten häufig über den Tod von zwei Kindern in Yorkshire diskutiert. Ich bin froh, dass sie jetzt erkennt, dass Sicherheit in Hotels über den Brandschutz hinausgeht. Meines Erachtens ist eine Lösung wie die von Frau McCarthy vorgeschlagene langfristig die richtige.

Wir müssen darauf achten, die Sicherheit unserer Dienstleistungen zu verbessern. Kurzfristig hoffe ich allerdings, dass die Frau Kommissarin bei dem Treffen mit den Hotelbesitzern im Februar, das ich sehr begrüße, die Frage des Schutzes vor Kohlenmonoxid ansprechen kann. Dabei geht es nicht darum, Hotelketten mit riesigen finanziellen Mitteln auszustatten. Sie können im Internet nachsehen und werden feststellen, dass die sichersten Kohlenmonoxiddetektoren im Vereinigten Königreich 36 GBP kosten, was auch für das kleinste Hotel oder das kleinste Wohnwagen-Unternehmen nicht viel Geld ist. Daher sollten wir meiner Meinung nach die Unternehmen auffordern, jetzt Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen und nicht noch Jahre zu warten, bis eine EU-Rechtsvorschrift vorliegt.

Familien können nicht verreisen, wenn sie davon ausgehen, dass ihre Kinder nicht wieder mit zurückkommen, ebenso wenig wie sie keine Weihnachtsgeschenke für ihre Kinder kaufen können, von denen sie befürchten müssen, dass sie ihnen Schaden zufügen. Ich hoffe also wirklich, dass die Kommissarin diese Frage mit den Vertretern der Hotelketten besprechen und dem Parlament in dieser sehr wichtigen Angelegenheit Bericht erstatten wird.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte hier in Ihrer Anwesenheit sofort versprechen, dass ich diese Frage bei unserem Treffen mit dem Tourismussektor ansprechen werde. Es ist kein Geheimnis. Wir haben Ihnen erklärt, dass dieses Treffen vor allem auf unser Gespräch und den sehr traurigen Verlust von zwei Kindern zurückzuführen ist.

Man kann darüber nachdenken, wie sich diese Rechtsvorschrift verbindlich machen lässt, aber wir sollten die Diskussion im Rat wirklich aufmerksam verfolgen und sehen, welche Position die Mitgliedstaaten einnehmen und dann ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen dem finden, was einige Mitgliedstaaten bereits tun – sie sind einige Schritte voraus – und was sie im Rahmen verbindlicher Maßnahmen der Gemeinschaft bereit sind zu tun.

Ich bin voll und ganz davon überzeugt – ja sogar mehr als das –, dass die Sicherheit von Dienstleistungen in Angriff genommen werden muss, und ich habe das in die Strategie für Verbraucherschutz 2007-2013 aufgenommen. Das 21. Jahrhundert ist kein Jahrhundert der Fertigung. Das 21. Jahrhundert ist meiner Auffassung nach vielmehr ein Jahrhundert der Dienstleistungen, und daher bin ich auch davon überzeugt, dass diese Fragen mithilfe eines Konzepts über die Sicherheit von Dienstleistungen angegangen werden muss, in dessen Rahmen wir dort Rechtsvorschriften erlassen müssen, wo dies erforderlich ist. Dort, wo wir uns mehr auf die Selbstregulierung verlassen müssen – was sehr sinnvoll verstärkt werden könnte –, müssen wir unser Bestes geben, um eng mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, die am Ende Unterstützung geben werden, wenn diese Rechtsvorschriften angenommen worden sind.

 
  
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  Der Präsident. - Die Aussprache ist geschlossen.

 

21. Europäisches Vertragsrecht (Aussprache)
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  Der Präsident. - Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage an die Kommission über den Gemeinsamen Referenzrahmen zum europäischen Vertragsrecht von Giuseppe Gargani im Namen des Rechtsausschusses (O-0073/2007 – B6-0386/2007).

 
  
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  Rainer Wieland, Verfasser. − Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Es ist kein Geheimnis, dass wir mit einem ebenso ambitionierten wie auch notwendigen Projekt bereits einmal versagt haben: einem europäischen Zivilgesetzbuch. Das hängt auch nur bedingt damit zusammen, dass sich manche Rechtskultur in dieser Europäischen Union mit geschriebenem Recht schwertut. Das hängt auch nur bedingt damit zusammen, dass sich manch andere mit der Vorstellung schwertut, dass rechtliche Vorschriften zu verwandten Themenstellungen einigermaßen zusammengefasst und hinreichend abschließend und umfassend geregelt werden und Grundregeln vor oder hinter die Klammern gezogen werden. Die Schwierigkeiten hängen vor allem damit zusammen, dass wir in der Europäischen Union über gemeinsame Wurzeln verfügen, diese aber weit zurückreichen, sich teils unterschiedlich entwickelt haben, teils verschüttet sind, teils um der Tagespolitik willen einer Interpretationsbeliebigkeit geopfert werden.

Unser erster deutscher Bundespräsident Theodor Heuss, wohlgemerkt ein Liberaler, formulierte treffend 1956: „Europa ist auf drei Hügeln gebaut, Golgota, der Akropolis in Athen, dem Kapitol in Rom.“ Die Akropolis ist dabei das Symbol für die griechische Wissenschaft, die mit ihren großen Philosophen und Staatsdenkern den Kern unserer Demokratien und Staatenbildungen schuf. Golgota steht für die sozialen und moralischen Werte Europas, die sich facettenreich über alle unsere Lebensbereiche erstrecken, vom Familienverständnis bis zu den Menschenrechten. Das Kapitol versinnbildlicht das römische Recht, welches uns zu Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeitsempfinden verhalf.

Aber, wie gesagt, unsere Rechtswirklichkeiten, wiewohl von denselben Wurzeln stammend, haben sich auseinanderentwickelt – oft so weit, dass diese Wurzeln nicht mehr erkennbar sind. Die einzige Grundlage dieser Europäischen Union scheint der Binnenmarkt zu sein. Manche sagen: Alle Rechtstraditionen der Nationalstaaten können darüber erhalten bleiben. Aber dies ist fern jeder Realität und im Übrigen auch aller Lebenserfahrung, wenn wir in einer immer kleineren, sich immer schneller drehenden und immer kommunikativeren Welt leben. Denn je besser wir die vier Evangelien des Binnenmarktes, die Freizügigkeit von Menschen, Waren, Kapital und Dienstleistungen, durchbuchstabieren, je idealer wir sie in demokratischer Weise strukturieren und vor dem Hintergrund europäischer Wertvorstellungen konturieren, desto klarer tritt hervor, dass dies alles nichts wert ist, wenn wir ihre Form, zwischen Individuen untereinander und auch zwischen Individuen und staatlicher Gewalt, nicht auf dem Prüfstand von Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit stellen können.

Wir haben bereits einmal versagt, als der Eiserne Vorhang in Europa niederging und Länder fragten: Habt ihr uns ein Recht? Vielleicht war dies vor dem Hintergrund des Glaubens an die Überlebensfähigkeit jeder Verästelung der nationalen Rechtstraditionen verständlich, jedenfalls bei einer nur einstimmig handeln könnenden Union. Wir dürfen aber kein zweites Mal versagen. Es ist dies vielleicht die gravierendste Herausforderung neben der Sprachenfrage. Je klarer wir unseren Binnenmarkt durchbuchstabieren, desto klarer ist die grundlegende Notwendigkeit, die Einheitlichkeit des Rechts nicht nur vertikal, sondern auch horizontal auf der ganzen Geografie des Kontinents.

Wir sind vorangeschritten. Wir haben mittlerweile bereits einen Wettbewerb der Rechtsordnungen. Es wäre gut, und wir hätten Zeit genug, wenn draußen die Realität nicht wäre. Der Streit der Europäer kann nur jenen zugute kommen, die mächtig sind und bereits redundante Rechtssysteme haben. Wir sind keine Familie mit Brüdern und Schwestern, die sich untereinander streiten, dass die Fetzen fliegen, sich aber bei Herausforderungen von draußen einig sind. Wir lassen uns von Herausforderungen von draußen leider nicht stören. Weltvergessen – selbstversessen. Deshalb ist der Wille der Menschen zur Einheitlichkeit da, auch wenn es bei Einzelregelungen dann problematisch wird. Die Ängste werden nach Kräften von den nationalen Politikbereichen bedient, um Egoismen zu pflegen – eine Strategie, der ein Versagen kontinentalen Ausmaßes historischer Dimension droht.

Wir müssen uns einigen, weil wir selbst am Ende sonst nichts behalten werden. Da der große Wurf nicht gelingen wird, müssen wir uns auf das einigen, was möglich ist. Deshalb ist die Toolbox gut, deshalb ist der Referenzrahmen gut, deshalb ist es gut, das zu regeln, was möglich ist, und vielleicht auch ein wenig mehr. Deshalb ist sich das Europäische Parlament weitgehend einig und hat dies auch mehrfach in Entschließungen zum Ausdruck gebracht. Deshalb wollen wir von der Kommission wissen, wie ambitioniert sie das Ziel angehen will. Deshalb stellen wir Fragen, wie wir sie gestellt haben.

Der Kontinent und seine Menschen brauchen einheitliche Rechtsstaatlichkeit wenigstens in der Form, jedenfalls in dem, was der Jurist den allgemeinen Teil nennt. Darauf können wir aufbauen, wir brauchen Gerechtigkeit im Sinne von ausgewogenem Ausgleich berechtigter Interessen, Schnelligkeit, jedermann zugänglichem Recht und jedermann verständlichem Recht. Auch wenn heute nur das Vertragsrecht zur Debatte steht, der Handlungsbedarf an anderen Baustellen ist evident: Familienrecht, Erbrecht, Verwaltungsrecht, ja sogar das Strafrecht. Bei dem, was die Kommission jetzt beginnt, ist es die Methode, die auf dem Prüfstand steht. Die Methode wird wesentlich entscheiden bei der Antwort auf die Frage, wie viel, wie schnell, wie gut wir auf die offenkundigen Herausforderungen reagieren können. Viele von uns in der Welt warten auf ein erfolgreiches Beispiel, viele warten nur auf unser Versagen.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Es ist wenig überraschend, dass diese Frage so viel Aufmerksamkeit erregt, weil sie nämlich wirklich entscheidend und sehr wichtig ist.

Die ganze Kommission begrüßt aufrichtig das Interesse des Parlaments am Gemeinsamen Referenzrahmen (GR).

Die Kommission hat in ihrem zweiten Fortschrittsbericht angekündigt, dass sie, sobald die Wissenschaftler den akademischen GR vorgelegt haben werden, dann die Teile des Entwurfs sorgfältig auswählen wird, die den allgemeinen Zielen der gemeinschaftlichen Rechtssetzung entsprechen. Wie wir dank der Entscheidung wissen, soll dieser akademische GR bis Ende dieses Jahres vorgelegt werden.

Das Auswahlverfahren erfolgt in Absprache mit den anderen Organen, einschließlich des Parlaments und der Interessenvertreter, und meines Erachtens wird das Parlament, das hier viele Sachverständige versammelt, wie immer eine wichtige Rolle spielen.

Die Kommission hat bisher noch nicht entschieden, wie bei der Auswahl der Teile des akademischen GR vorgegangen werden soll, die dann in den endgültigen GR der Kommission einfließen sollen, weil dieser Beschluss von dem Inhalt des GR-Entwurfs der Wissenschaftler abhängt. Ferner hat die Kommission noch nicht entschieden, welche Themenbereiche des EU-Vertragsrechts durch den GR abgedeckt werden sollen.

Bei der Annahme dieses Beschlusses wird die Kommission den Inhalt des akademischen GR ebenfalls berücksichtigten – der uns bisher aber nicht vorliegt – ebenso wie die Ergebnisse der neuen GR-Workshops und die Standpunkte des Parlaments und des Rates.

Die Kommission hat allerdings mehrfach deutlich erklärt, dass der GR keine aufwändige Harmonisierung des Privatrechts und auch kein europäisches Zivilgesetzbuch sein wird. Die künftige Rahmenrichtlinie, die ein Ergebnis der Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz ist, hängt nicht von dem Ergebnis des GR ab, das ein langfristigeres Projekt ist und separat durchgeführt wird.

Die Kommission wird sicherstellen, dass die Teile des Entwurfs der Wissenschaftler, die für den GR ausgewählt – und möglicherweise geändert – werden, mit jeder anderen und der künftigen Rahmenrichtlinie kohärent sind.

Diese Vorbereitungen werden von allen beteiligten Generaldirektionen der Kommission in enger Abstimmung getroffen.

Was Verbraucherfragen angeht, haben meine Dienststellen auch schon entsprechende Workshops durchgeführt und deren Ergebnis analysiert. Die Ergebnisse dienen bereits als Ausgangspunkt für die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands beim Verbraucherschutz und sind sehr hilfreich.

Mein Kollege, Kommissar McCreevy, hat unlängst zwei Workshops über Informationsanforderungen in Rechtsvorschriften für Finanzdienstleistungen und über unlautere Wettbewerbsregeln für zwischenbetriebliche („B2B“) Verträge durchgeführt.

In Bezug auf das allgemeine Vertragsrecht planen die Dienste von Vizepräsident Frattini für das nächste Jahr mehrere Workshops.

Die Kommission versteht vollkommen, dass das Parlament über die Arbeiten am GR informiert werden möchte. Wir begrüßen die Einbindung des Parlaments in den GR-Prozess. Zusätzlich zu den Konsultationen, die ich gerade angesprochen habe, wird die Kommission das Parlament weiter auf angemessenste Weise über die Entwicklungen auf dem Laufenden halten, insbesondere über die mit dem GR befasste Arbeitsgruppe des Parlaments.

Abschließend möchte ich dem Parlament für seine Unterstützung der Arbeit der Kommission in dieser wichtigen Angelegenheit danken. Ich weiß, dass eines der wichtigsten Ereignisse 2006 – wenn ich mich nicht irre – in Wien stattgefunden hat. Das Ergebnis der Konferenz hat unsere Arbeit sehr stark inspiriert.

 
  
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  Klaus-Heiner Lehne, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, sehr verehrte Frau Kommissarin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich ganz herzlich auch bei Ihnen für Ihr Engagement in dieser Sache bedanken. Das hat in den zurückliegenden Monaten auch einen großen Fortschritt bei der Entwicklung dieses Projektes gebracht. Ich darf hier bei dieser Gelegenheit sagen, dass ich dieses Projekt für das wichtigste Projekt in der ganzen Legislaturperiode halte, obwohl es sich eigentlich um ein prälegislatives und nicht um ein legislatives Projekt handelt.

Wir sind als Parlament natürlich massiv daran interessiert – das ist auch der entscheidende Grund, warum heute diese mündliche Anfrage wieder platziert wurde –, dass wir ganz bewusst den Spannungsbogen halten und die Diskussion nicht nur auf der Ebene der Arbeitsgruppe, die wir geschaffen haben, und im Ausschuss aufrechterhalten, sondern auch hier im gesamten Haus mit Ihnen. Darum ist es auch wichtig, dass wir dies heute auf der Tagesordnung stehen haben.

Wir wollen außerdem von Ihnen auch einiges wissen – viel konnten Sie zu dem konkreten Zeitplan noch nicht sagen –, weil es aus der Sicht des Parlaments natürlich angesichts der bevorstehenden Wahlen im Jahr 2009 auch für unsere Planung von Bedeutung ist, wie wir mit dem Referenzrahmen weiter umgehen. Es wird ja im kommenden Jahr einen ersten Entwurf geben, aber einen endgültigen Text wird es dann erst im April 2009 geben. Jedenfalls so spät, dass eine intensive Befassung mit den Inhalten in dieser Legislaturperiode vermutlich nicht mehr möglich sein wird, so dass dies dann das nächste Parlament in der nächsten Legislatur wird machen müssen.

Ich will nochmals ganz deutlich betonen, dass es aus unserer Sicht erforderlich ist, dass sich der Referenzrahmen, soweit er von der Kommission übernommen wird und in ein Konsultationsdokument eingefügt wird, nicht alleine auf Themen des Vertragsrechts bezieht, sondern das Parlament hat immer wieder mit übergroßer Mehrheit deutlich gemacht, dass dies über den Rahmen des reinen Vertragsrechts hinausgehen muss, um die Wirkung zu entfalten, die wir haben wollen.

Wir wollen insbesondere auch über die Option nachdenken können, ob wir später in Gestalt eines so genannten optionalen Instruments für grenzüberschreitende Geschäfte viele Probleme, die wir im Binnenmarkt haben, lösen können.

Wir haben im Augenblick die Situation, dass wir bei einem fröhlichen Nebeneinander von Herkunftslandprinzip und Bestimmungslandprinzip bei vielen Richtlinien und europäischen gesetzgeberischen Entscheidungen mit bis zu 28 Rechtsordnungen parallel leben müssen, die teilweise alle parallel zueinander auch – je nachdem, wie die Fallkonstellationen sind – angewandt werden müssen, was in der Praxis nicht geht, weil niemand – kein Jurist, weder Richter noch Anwalt – in der Lage ist, 28 Rechtsordnungen in Europa zu kennen.

Vor diesem Hintergrund könnte ein optionales Instrument ein Instrument sein, das insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch für den Verbraucher den Binnenmarkt wirklich aufschließt und erst alle Möglichkeiten im Binnenmarkt schafft. Alle Aktivitäten der Kommission und des Parlaments sollten darauf ausgerichtet sein, diese Option offenzuhalten, damit diesbezüglich in der nächsten Legislaturperiode eine endgültige Entscheidung getroffen werden kann.

 
  
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  Manuel Medina Ortega, im Namen der PSE-Fraktion. (ES) Herr Präsident! Die Tatsache, dass wir uns hier zu so später Stunde noch mit dem gemeinsamen Rechtsrahmen befassen, macht deutlich, dass zumindest die Anwesenden großes Interesse an dieser Thematik haben. Auch die Kommissarin hat darauf hingewiesen, dass sie selbst wie auch andere Mitglieder der Kommission diese Diskussion mit Interesse verfolgen.

Ich bin überzeugt, und das sind hier wohl alle, dass die von der Kommission gewählte Verfahrensweise richtig ist. Bevor wir das Kodifizierungsprojekt in Angriff nehmen, gilt es, seine Elemente aus akademischer Sicht zu betrachten und zu verstehen. Die Initiative ist, so denken wir, erfolgversprechend: Vorschläge für Rechtsvorschriften sind zunächst genauestens zu prüfen, bevor sie umgesetzt werden. Ich meine, dass so ein recht gutes Ergebnis erzielt werden kann.

Was jedoch die zweite Phase anbetrifft, die wir zu bewältigen haben, da einige Abgeordnete in der parlamentarischen Arbeitsgruppe, die den gemeinsamen Rechtsrahmen überwacht, aktiv sind oder in dieser mitarbeiten, so müssen wir feststellen, dass nunmehr offensichtlich eine solch große Materialmenge zusammengetragen wurde, dass eine Auswahl schwierig wird. Mein Kollege, Herr Lehne, verwies auf den zeitlichen Rahmen, denn, obgleich es sich bei dem Kodifizierungsprojekt um ein langfristiges Vorhaben handelt, ist es dennoch sinnvoll, dass wir wenigstens damit beginnen, uns mit den Leitgedanken zu befassen.

Das Konzept einer Rahmenrichtlinie ist ein guter Ausgangspunkt. Zweifelsohne waren alle Maßnahmen, die wir in den vergangenen Jahren auf dem Wege der Harmonisierung in Form von Vorschriften, Gesetzgebung und der Anerkennung und Umsetzung von Urteilen getroffen haben, zwar sinnvoll, in ihrer Wirkung aber deutlich begrenzt.

Das europäische Recht im Allgemeinen und das Vertragsrecht im Besonderen können nur entwickelt werden, indem bestimmte Grundsätze festgelegt werden. Ich meine, das Parlament als eine Institution ist ein einzigartiges Instrument, dessen sich die Kommission bedienen kann, denn in ihm sind die einzelnen Rechtssysteme und nationalen Rechtsvorschriften vertreten, und es kann als ein ausgezeichneter Referenzrahmen dienen, wenn bestimmt werden soll, inwieweit die Harmonisierungsvorschläge letztendlich den einzelstaatlichen Rechtssystemen widersprechen.

Die Harmonisierung der Europäischen Union ist, wie wir alle wissen, ein recht schwieriger Prozess, aber der von der Kommission eingeschlagene Weg, der diese erste akademische Phase und eine zweite legislative Phase umfasst, ist der richtige.

Was wir der Kommission im Moment verdeutlichen wollen, ist, dass wir im Parlament einen gewissen zeitlichen Druck verspüren, da die europäische Integration bereits im Gange ist. So ergeben sich für die europäischen Bürger tagtäglich praktische Probleme, die sich nur durch eine Harmonisierung im Rechtssektor lösen lassen. Die Kommissarin ging selbst auf diese praktischen Probleme ein, als sie ihre Vorschläge für die Harmonisierung des Vertragsrechts zum Verbraucherschutz darlegte, bei dem es sich nur um einen Aspekt, wenn auch einen ganz wesentlichen handelt, da wir, kurz gesagt, in der Europäischen Union alle Verbraucher sind, was gewissermaßen eine ausgezeichnete Ausgangsbasis für praktische Maßnahmen ist.

Ich glaube nicht, dass es darum geht, einen rein theoretischen Referenzrahmen zu schaffen. Wenn immer möglich, sollten konkrete Fragen behandelt werden, da sich das am sinnvollsten erweist. Mein Kollege, Herr Lehne, ging auf die Schaffung eines so genannten optionalen Instruments ein. Dieses Modell würde dem Uniform Commercial Code (einheitliches Handelsgesetz) der USA entsprechen, das als das die geringste Vereinheitlichung vornehmende Gesetz bezeichnet wird, das ein Mindestmaß an Vereinheitlichung bietet. Das wäre eine Möglichkeit, aber die zentrale Aufgabe dürfte darin bestehen herauszufinden, welche Grundsätze von allen Rechtssystemen anerkannt werden können. Über diese Informationen werden wir aber erst dann verfügen, wenn wir das, was uns die Akademiker vorgelegt haben, geprüft und berücksichtigt haben.

Deshalb meine ich, Frau Kommissarin, dass Sie im Parlament einen guten Partner finden werden, der an der sich anschließenden Erarbeitung der Rechtsvorschriften mitwirken wird, und hier legen wir bereits ein gewisses Maß an Ungeduld an den Tag, denn wir wollen mit der Arbeit endlich beginnen, damit wir in den noch verbleibenden 18 Monaten der Legislaturperiode einen spürbaren Beitrag zur Entwicklung dieser Rechtsvorschriften leisten können.

 
  
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  Diana Wallis, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte der Kommissarin für Ihre Antwort und ihr Engagement in diesem Bereich, das auch andere Kollegen bereits erwähnt haben, danken.

Allerdings bin ich auch ein wenig überrascht. Heute Morgen und gestern Abend war ich anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde an den Präsidenten des Gerichtshofes in Münster, an der Universität Münster. Gleichzeitig fand ein Treffen der Gruppe Besitzstand zum Gemeinsamen Referenzrahmen statt. Sie sagten mir, dass sie u. a. auch über die Teile des akademischen Gemeinsamen Referenzrahmens (GR) gesprochen hätten, die unsere Dienste verwenden könnten. Dieser Austausch findet also bereits statt, und ich möchte betonen, dass das Parlament natürlich zu jeder Zeit wissen möchte, was vor sich geht, um die Entwicklung des Prozesses verfolgen zu können.

Die Frau Kommissarin wird wissen, wie sehr dieses Parlament an dieser Frage interessiert ist und wie sehr es versucht hat, sich dafür einzusetzen. Der Ausschuss, dem meine Kolleginnen und Kollegen und ich angehören, wird im nächsten Jahr gemeinsam mit der slowenischen Präsidentschaft anlässlich des Inkrafttretens des akademischen GR einen Empfang geben. Wir wollen also wirklich etwas daraus machen und die Arbeit fortsetzen.

Aber wir müssen die ganze Zeit eingebunden werden. Wir hatten lange Zeit den Eindruck, dass das ein Hauptbestandteil der Agenda für „bessere Rechtsetzung“ sei. Ich weiß nicht, wie häufig ich in diesem Zusammenhang die Frage der Kohärenz angesprochen habe. Wir wissen, dass der GR fast da ist, er ist fast schon verwendbar, und dennoch setzen wir uns weiter mit verschiedenen Teilen der Rechtsvorschriften auseinander, die Elemente des Vertragsrechts enthalten, ohne auf die Grundregeln zu achten, die wir bereits im GR zu formulieren beginnen. Wir sehen uns die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz an, und getrennt davon betrachten wir Teilzeitnutzungsrechte. Andere Kollegen befassen sich mit Zahlungen oder mit Fragen im Bereich Passagierverkehr. Wir sind dabei, ein unglaubliches Instrument zu entwickeln. Wir brauchen es, und wir brauchen es dringend.

Wir akzeptieren und sind dankbar für die Arbeit der Kommission insgesamt, die versucht hat, diese Angelegenheit in alle Generaldirektionen zu tragen. Das sind gute Neuigkeiten.

Ich kann nur mit der Bitte schließen, die ich bereits geäußert habe, Frau Kommissarin: Bitte halten Sie uns auf dem Laufenden. Wir wissen, dass noch daran gearbeitet wird. Wir können Ihnen zur Seite stehen. Wir wissen, dass das dem Rat gegenüber eine schwierige Frage ist. Bitte machen Sie gemeinsam mit ihren Stimmen auch Gebrauch von unseren Stimmen, um diesem Projekt so viel Kraft und Schwung zu verleihen, wie es verdient, damit es für unsere Bürger auf dem Binnenmarkt von größtmöglichem Nutzen ist.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich sage das nicht nur aus Höflichkeit: Es ist immer eine große Freude, solch ausgezeichneten Rechtsanwälten zuzuhören, wenn sie über die wichtigsten Dinge, die sich in den vergangenen Jahren im Bereich des Zivilrechts getan haben, sprechen.

Allerdings weiß ich, dass Sie von mir erwarten, so praktisch wie möglich zu sein. Lassen Sie mich Ihnen also nur kurz mitteilen, dass die Kommission 2008 im Hinblick auf Zeitplan, Inhalt und Form über den Umfang des GR sowie darüber entscheiden muss, wie diese Arbeit methodisch, mit Personal- und finanziellen Ressourcen durchgeführt und auf die betreffenden GD aufgeteilt werden soll: Justiz, Freiheit und Sicherheit, Binnenmarkt und Dienstleistungen, Unternehmen und Industrie, das Generalsekretariat und Gesundheit und Verbraucher. Am 11. Dezember, also morgen, wird ein Treffen der Generaldirektoren oder ihrer Vertreter stattfinden, auf dem wir beabsichtigen, für 2008 einen Beschluss des Kollegiums über Umfang, Inhalt und Form des GR vorzubereiten.

Wie Ihnen bekannt ist – ich habe Sie darüber informiert –, habe ich das Kollegium der Kommissionsmitglieder zum GR befragt und ihnen in diesem Jahr einen Hinweis auf dieses Thema zukommen lassen. Zu den optionalen Instrumenten kündigte die Kommission bei der Prüfung des Binnenmarktes an, dass sie sich die Vorzüge einer solchen Initiative im Bereich der Finanzdienstleistungen anschauen wird. Das ist aus meiner Sicht ein gutes Zeichen.

Sie haben alle auf die Rahmenrichtlinie über den gemeinschaftlichen Besitzstand im Verbraucherschutz hingewiesen. Meiner Auffassung nach ist das ein sehr gutes Vorhaben, und was immer wir mit Verbraucherkredit oder Teilzeitnutzungsrechten tun mögen – wir versuchen, diese Konzentration auf ein horizontales Instrument zu vermeiden, denn aus meiner Sicht benötigen wir im Parlament gegenwärtig eine Aussprache über Teilzeitnutzungsrechte. Aber wir müssen den Umfang des Rahmens definieren und meines Erachtens wird die Harmonisierung der Hauptsäulen des Vertragsrechts als Rückgrat der Rahmenrichtlinie ein hervorragender Test dafür sein, wie vereint wir sind. Natürlich werde ich Sie weiter persönlich über das informieren, was sich in diesem sehr wichtigen Bereich tut.

 
  
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  Der Präsident. - Zum Abschluss der Aussprache wurde gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung ein Entschließungsantrag(1) eingereicht.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Mittwoch, dem 12. Dezember 2007, statt.

 
  

(1)Siehe Protokoll.


22. Zehnter Jahrestag des Ottawa-Übereinkommens über das Verbot von Antipersonenminen (Aussprache)
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  Der Präsident. - Als nächster Punkt folgt die Erklärung der Kommission zum zehnten Jahrestag des Ottawa-Übereinkommens über das Verbot von Antipersonenminen.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Parlament für die Gelegenheit danken, diese sehr wichtige Frage zu diskutieren und kurz auf den Entschließungsantrag für eine Welt ohne Minen eingehen, den ich heute erhalten habe.

Zehn Jahre nach der Verabschiedung des Ottawa-Übereinkommens können wir beträchtliche Fortschritte bei der Erreichung der darin erklärten Ziele feiern. 156 Staaten haben das Übereinkommen ratifiziert, und der Einsatz von Antipersonenminen ist in den letzten Jahren zurückgegangen. Es werden weniger Minen hergestellt, und es gibt praktisch keinen Handel mehr mit diesen gefährlichen Waffen.

Seit der Verabschiedung des Ottawa-Übereinkommens 1997 setzt sich die Europäische Gemeinschaft stark für seine Verbreitung und seine Ziele ein. Die Antiminenaktion ist Teil der Hilfs- und Entwicklungsprogramme der EG in Drittländern, mit denen eine große Bandbreite von Aktivitäten abgedeckt werden konnte: Zerstörung der Vorräte, Aufklärung über die von Minen ausgehende Gefahr, Unterstützung von Minenopfern, Rehabilitation sowie soziale und wirtschaftliche Wiedereingliederung. Eine speziell dafür eingerichtete Haushaltslinie, die durch Finanzmittel aus anderen geografisch ausgerichteten Instrumenten ergänzt wird, hat die Antiminenstrategie und Programmplanung der EG untermauert. Insgesamt wurden im Zeitraum von 2002 bis 2007 ca. 275 Millionen Euro zugesagt, womit die EG einer der größten Spender weltweit ist. Wie das Parlament in seiner Entschließung festgestellt hat, wird die Antiminenstrategie der EG in diesem Jahr beendet. Es wird eine Auswertung durchgeführt werden, um festzustellen, ob der Aktionsplan von Nairobi angemessen erfüllt wurde. Eine vorläufige interne Analyse zeigt positive Ergebnisse.

Im Rahmen der 2007 vollzogenen Änderungen bei den Mechanismen der Kommission zur Finanzierung der Außenbeziehungen ist die Haushaltslinie für Antipersonenminen durch neue Instrumente für die Außenhilfe der EG ersetzt worden, die zur Finanzierung entsprechender Antiminenaktionen verwendet werden können. Geografisch ausgerichtete Budgets für Entwicklung, Heranführungshilfe und Nachbarschaftspolitik sind nunmehr die wichtigsten Finanzierungsinstrumente. In dringenden Fällen können Aktionen gegen Antipersonenminen und explosive Kampfmittelrückstände mit dem für humanitäre Hilfe vorgesehenen Haushaltsmitteln und dem neuen Stabilitätsinstrument, durch die bei Krisen oder herannahenden Krisen schnell Mittel bereitgestellt werden können, finanziert werden.

Das ist das neue rechtliche Umfeld, dem die Haushaltsbehörde zugestimmt hat und in dem wir uns bewegen müssen. Der Gesamtansatz der EG bleibt jedoch unverändert: Landminen und explosive Kampfmittelrückstände müssen im großen Kontext der humanitären Unterstützung und langfristiger und nachhaltiger Programme für wirtschaftliche und soziale Entwicklung betrachtet werden. Länder, die unterstützt werden möchten, müssen in ihren Anträgen an die Europäische Kommission Antiminenaktionen den Vorrang einräumen. Wir teilen voll und ganz die Besorgnis des Parlaments, die es auch in seinen Anmerkungen zur Strategie des Stabilitätsinstruments zum Ausdruck bringt, dass in diesem wichtigen humanitären Bereich eine Sicherheitslücke vermieden werden muss.

Wenngleich sich die Instrumente und Methoden geändert haben, so bleibt doch die Bindung der EG an das Übereinkommen von Ottawa bestehen. 2007 hat die Europäische Gemeinschaft den folgenden Ländern ihre Unterstützung bei Antiminenaktionen in Höhe von mindestens 33 Millionen Euro zugesagt: Belarus, Bosnien-Herzegowina, Kambodscha, Zypern, Äthiopien, Guinea-Bissau, Jordanien, Libanon, Senegal und Sudan.

Ich möchte dem Parlament versichern, dass die Kommission die Umsetzung des Übereinkommens von Ottawa weiter sehr engagiert unterstützen wird, ebenso wie sie Drittländern auch weiterhin bei der Zerstörung ihrer Antipersonenminenvorräte, der Räumung verminter Gebiete und der Hilfe für Opfer ihre Unterstützung gewähren wird.

 
  
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  Stefano Zappalà, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich danke der Kommissarin für diese wirklich umfassende Rede, in der sie effektiv darlegte, was bereits in diesem Bereich geschehen ist. Meines Erachtens sollte jedoch dieses Thema uns und andere weiterhin beschäftigen – wie die Kommissarin schon sagte, und ich habe es zur Kenntnis genommen –, denn die Zahlen sind erschreckend.

Zuvor erhielten wird Zahlen über die Sicherheit von Hotels und anderen Arten der Sicherheit, die allerdings niedrig waren, wobei das Leben jedes einzelnen Menschen natürlich kostbar ist. Hier indes stellt sich die Situation ganz anders dar: Jedes Jahr sind 10 000 bis 20 000 Menschen betroffen. Wahrscheinlich wurden mehr als eine halbe Million Menschen in Ländern außerhalb der Gemeinschaft verstümmelt. Es handelt sich also um ein hochaktuelles Thema. Es ist in der Tat kein Zufall, dass es seit dem Übereinkommen von Ottawa vor zehn Jahren diskutiert wird, in diesem Haus aber nach nur zwei Jahren wieder behandelt wird. Wir haben uns 2005 in einer Entschließung damit befasst, und heute beschäftigen wir uns erneut damit. Und der Grund dafür ist, dass ansonsten die Gefahr besteht, dass es in Vergessenheit gerät.

Die Kommissarin – der ich an dieser Stellen noch einmal danken möchte – hat auf einige Finanzierungskanäle hingewiesen, mit denen wir den Einsatz von Antipersonenminen – auf diese beziehe ich mich ausdrücklich – weiter bekämpfen können. Ich glaube jedoch, dass mehr getan werden muss. Zu viele Länder haben noch nicht das Übereinkommen von Ottawa unterzeichnet, zu viele Länder besitzen immer noch Arsenale an diesen Kriegswerkzeugen, zu viele Länder und zu viel Land ist immer noch mit diesen Minen bedeckt, und daher müssen wir die Minenräumung sehr ernst nehmen.

Ich möchte dem, was die Kommissarin sagte, hinzufügen, dass 34 % – dies sind die Zahlen, es bleibt abzuwarten, ob die Statistik hier zuverlässig ist oder nicht – jedenfalls, im Prinzip 34 % der Opfer von Antipersonenminen, die in Ländern liegen bleiben, in denen Kriege stattgefunden haben, Kinder sind, und das macht die Angelegenheit noch gravierender. Ich denke daher, Frau Kommissarin, dass wir das Programm nicht nur fortsetzen, sondern auch finanziell besser ausstatten und seine Laufzeit verlängern sollten.

Die Kommission hat bereits viel geleistet; die Europäische Union hat bereits viel geleistet: 335 Millionen Euro in den vergangenen zehn Jahren, 33 Millionen Euro allein 2007. Nichtsdestoweniger sollten meines Erachtens der Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten eine Konferenz einberufen, um die Vereinbarung von Ottawa zu prüfen, und ihre Bemühungen intensivieren, damit alle Länder dieser Welt in dieser Angelegenheit aktiv werden und damit die Minenräumung sowie die vollständige Abschaffung von Antipersonenminen in naher Zukunft, so bald wie möglich, erfolgen.

 
  
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  Ana Maria Gomes, im Namen der PSE-Fraktion. (PT) Das Ottawa-Übereinkommen war das Ergebnis umfassender und effizienter Bemühungen für eine gerechte Sache, die Regierungen, die Öffentlichkeit und die Nichtregierungsorganisationen einte und weiterhin eint. Sogar Staaten, die keine Vertragsstaaten des Übereinkommens sind – und von denen es leider immer noch 37 gibt –, kommen dem Übereinkommen bereits teilweise nach.

Dieses Instrument fungiert daher als eine Art Barometer, um den Grad der Beteiligung von Ländern an der internationalen Wertegemeinschaft zu messen. Wie die Frau Kommissarin sagte, sollten wir uns daran erinnern, was bereits erreicht wurde. In einem Zeitraum von zehn Jahren haben die Vertragsstaaten des Ottawa-Übereinkommens bereits mehr als 41 Millionen Minen zerstört. Allein im letzten Jahr sind Serbien, Montenegro, Angola, Zypern, Cap Verde und Lettland ihren Verpflichtungen nachgekommen und haben ihre Minenlager beseitigt. 38 von 50 Minen herstellenden Ländern haben die Produktion eingestellt, einschließlich von vier Staaten, die keine Vertragsparteien sind: Ägypten, Finnland, Polen und Israel.

Der 10. Jahrestag der Unterzeichnung des Übereinkommens und seiner Erfolge sollte jedoch auch Gelegenheit sein, hervorzuheben, wie viel noch getan werden muss. Zehn Vertragsstaaten haben ihre Bestände von insgesamt 14 Millionen Minen noch nicht völlig vernichtet. Zwei von zehn Vertragsstaaten besitzen große Bestände an Antipersonenminen und haben keine Maßnahmen für ihre Vernichtung vorgesehen, dies sind Äthiopien und der Irak. Die überwältigende Mehrheit der Minen jedoch befindet sich in den Händen von Staaten, die nicht Vertragsstaaten des Übereinkommens sind. China allein verfügt noch über einen Bestand von 110 Millionen dieser unmenschlichen Waffen, und die Produktion wird fortgesetzt. Was noch mehr schockiert, vielleicht, weil es sich um einen unserer Verbündeten handelt, an dessen Seite europäische Streitkräfte in Ländern wie Afghanistan kämpfen, ist, dass die Vereinigten Staaten, die ebenfalls kein Vertragsstaat des Übereinkommens sind, nicht nur weiterhin einen Bestand von mehr als 10 Millionen Waffen aufrechterhalten. Sondern das Pentagon beantragte letztes Jahr auch neue Finanzmittel für zwei neue Arten von Minen, die mit dem Übereinkommen nicht vereinbar sind.

Es steht zu hoffen, dass die Bemühungen des amerikanischen Kongresses wieder einmal die Großzügigkeit des Weißen Hauses in Hinblick auf dieses neue Kriegsspielzeug dämpfen.

Die Europäische Union hat mit Finnland und Polen immer noch ihre eigenen Glashäuser; beide Länder weigern sich auch weiterhin, das Übereinkommen zu ratifizieren. Dies sollte jedoch nicht verhindern, dass Europa für eine möglichst weite Auslegung der Definition von Antipersonenminen eintritt. Es ist skandalös, dass einige Mitglieder dieses Parlaments darauf bestehen, Unterscheidungen auf der Grundlage der offiziellen militärischen Definition der Mine statt anhand der Art der von ihnen verursachten Schäden vorzunehmen. Ein Zivilist, der nach der Auslösung einer Antifahrzeugmine in die Luft gesprengt wird, dürfte kaum an der Komplexität der Fachterminologie interessiert sein.

Oberst Gaddafi griff auf seiner Website und auf der ganzseitigen Anzeige, die er in den letzten Tagen des Gipfeltreffens EU-Afrika in der portugiesischen Presse schaltete, das Ottawa-Übereinkommen an und verteidigte die Antipersonenminen als die Waffen der Armen. Es gibt in diesem Haus einige, die wie dieser verrückte Kriminelle, das Übereinkommen in einer Weise auslegen wollen, die es den reichen Ländern gestattet, technisch weiter entwickelte Minenarten zu konzipieren und einzusetzen, um einen angeblichen militärischen Bedarf zu decken. Angesichts dieser unverschämten Standpunkte sollte das Ziel der Europäischen Union ein ganz einfaches sein: eine Welt frei von Minen, allen Arten von Minen, und ohne zivile Opfer von Minen.

 
  
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  Marios Matsakis, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Das Übereinkommen von Ottawa über ein Verbot von Minen hat erfolgreich Tausende von Leben gerettet und Tausende von Menschen vor schweren Verletzungen bewahrt.

Leider gibt es in diesem Bereich noch immer viel zu tun, und es liegt ein langer Weg vor uns, um eine noch drastischere Verringerung der Herstellung und Verwendung von Minen zu erreichen.

Wenn wir also den 10. Jahrestag des Übereinkommens von Ottawa begehen, müssen wir uns darauf konzentrieren, wie wir es erreichen können, dass alle Staaten der Welt diesen Vertrag unterzeichnen und ratifizieren. Meiner Ansicht nach sollten wir wie folgt vorgehen: Zunächst müssen wir eine schwarze Liste aller Länder erstellen und verbreiten, die das Übereinkommen noch nicht unterzeichnet und ratifiziert haben. Bis heute sind das 31 Länder, zu denen leider auch die größten Länder der Welt zählen, nämlich China, Indien, Russland, die USA und andere.

Zweitens müssen wir versuchen, den Ländern auf dieser Liste strenge und wirksame Sanktionen aufzuerlegen, um sie so schließlich zur Unterzeichnung zu zwingen.

Drittens müssen wir einen sehr wirksamen und schnellen Minenräumungsdienst schaffen, den Staaten auf Anfrage in Anspruch nehmen könnten, die z. B. aus Kostengründen oder aufgrund mangelnden Expertenwissens noch nicht in der Lage sind, selbst ein solches Problem zu lösen. Folglich müssen wir mehr investieren, um herauszufinden, wie die Minenräumung wirksamer durchgeführt werden kann.

Viertens müssen wir sicherstellen, dass alle betroffenen Länder die Verpflichtung erfüllen, den Opfern von Landminen angemessene gesundheitliche und soziale Hilfe zukommen zu lassen. Dazu muss den ärmeren Ländern ein umfassenderes Finanzierungssystem zur Verfügung gestellt werden.

Fünftens ist es an der Zeit, unsere Aufmerksamkeit nicht nur auf Antipersonenminen, sondern auf alle Minen zu richten, ebenso wie auf andere Arten von Waffen, die auch nach Ende eines Konfliktes weiter töten, wie z. B. Streubomben.

 
  
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  Ģirts Valdis Kristovskis, im Namen der UEN-Fraktion. – (LV) Herr Kommissar, auch ich möchte die Erfolge des Ottowa-Übereinkommens anerkennen. Ich möchte auch den beachtlichen Erfolgen der Europäischen Union bei der Unterstützung des Übereinkommens meine Anerkennung zollen. Dennoch gibt es einige Probleme. Pakistan, Indien und China bestehen in ihren Verteidigungsstrategien weiterhin auf Antipersonenminen. Leider wird im EU-Mitgliedstaat Finnland diese Frage in Hinblick darauf überprüft, Antipersonenminen möglicherweise durch Streubomben zu ersetzen; dies könnte die Europäische Union nicht akzeptieren. Es ist weithin bekannt, dass die Vereinigten Staaten und Russland eine neue Alternative zu dem Übereinkommen entwickeln – kontrollierte und sich selbst zerstörende Minen. Daher stellt sich die Frage: Wie sollten die EU-Mitgliedstaaten und das Ottawa-Übereinkommen nun reagieren? Diese Länder könnten möglicherweise ermutigt werden, humanere Antipersonenminen der nächsten Generation zu erwerben. Ich rufe die Europäische Union daher auf, umgehend ihren Standpunkt zum Wunsch der Vereinigten Staaten und Russlands vorzubereiten, solche Antipersonenminen einer neuen Generation zu entwickeln, und Maßnahmen dagegen zu ergreifen.

 
  
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  Angelika Beer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Frau Kommissarin! Worum geht es eigentlich heute bei dieser Debatte? Wir wollen am Freitag als Parlament eine Entschließung verabschieden, in der wir erstens darauf hinweisen, dass wir den zehnten Jahrestag des Ottawa-Abkommens auch hier mit einer Ausstellung in Straßburg gewürdigt haben, in der wir aber auch sehr klar sagen, dass es nicht reicht, Antipersonenminen zu ächten, sondern dass auch Antifahrzeugminen einbezogen werden müssen.

Zehn Jahre Ottawa sind so wichtig, weil es zum ersten Mal ein zivilgesellschaftlicher Prozess war, der zur internationalen Ächtung einer Massenvernichtungswaffe, nämlich der Antipersonenminen, geführt hat. Es ist schon bezeichnend, dass die einzige Fraktion, die diesen Konsens im Parlament nicht mitträgt, nach dem Redebeitrag von Herrn Zappalà verschwunden ist. Denn es geht darum, dass ich Herrn Zappalà fragen wollte – angesichts der Tatsache, dass sich z. B. 2005 allein in Afghanistan 100 Unfälle mit Antifahrzeugminen ereignet haben –, ob er einem verkrüppelten Kind, das mit einem Schulbus in die Luft geflogen ist, ins Gesicht gesehen hat und begründet hat, warum er Antipersonenminen schlecht, aber Antifahrzeugminen gut findet.

Es geht darum, dass ich von ihm und seiner Fraktion wissen möchte, ob sie schon einmal den Soldatinnen und Soldaten ins Gesicht gesehen haben, die heute verkrüppelt sind, oder den Angehörigen der Verstorbenen, die durch Antifahrzeugminen verkrüppelt und ermordet wurden, und wie sie das rechtfertigen. Es gibt keine Unterschiede zwischen guten und bösen Minen, sondern es gibt die Notwendigkeit, auch Antifahrzeugminen international zu ächten.

Ich möchte noch etwas zu der Frage der Finanzierung sagen. Natürlich ist das Stabilitätsinstrument – und ich setze mich als Berichterstatterin auch weiter dafür ein – notwendig und hilfreich, um in kurzfristigen Maßnahmen Minenbeseitigungsarbeiten vorzunehmen. Aber wir wissen auch, dass eine kurzfristige Maßnahme, eine Strategie zur Entminung unserer Welt, nicht ausreicht. Deswegen setzen wir uns in einer Entschließung dafür ein, dass wir im Hinblick auf 2009 diskutieren, wieder eine eigenständige Haushaltslinie einzusetzen. Wenn wir von Humanität reden, dann in diesem Bereich, und dann fordern wir klare Beschlüsse ein.

 
  
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  Tobias Pflüger, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Das Ottawa-Abkommen ist ein Erfolg aufgrund des Drucks von unten, von sozialen Bewegungen. Es haben nicht die Regierungen begonnen, sondern die Bewegung gegen Landminen. 156 Staaten haben inzwischen unterzeichnet, interessanterweise auch 30 nichtstaatliche bewaffnete Gruppen. Es gibt folgende Probleme: Die Antipanzerminen sind nicht mit abgedeckt. Auch diese Antipanzerminen müssen verboten werden, weil auch Lkw, Busse usw. davon betroffen sind.

Es müssen Exporte unterbunden werden, und zwar so, dass weitere Exporte über andere Länder nicht mehr möglich sind, und es geht auch darum, dass die Schwestern der Landminen ebenfalls verboten werden müssen. Jean-Claude Juncker hat es 2004 sehr schön auf den Punkt gebracht. Er sagt: „Ein Verbot von Streubomben wäre die logische Verlängerung des Verbots von Landminen.“ Ich muss sehr deutlich sagen: EU-Rüstungskonzerne produzieren Landminen. Ich nenne deutsche Firmen: Diehl, Rheinmetall, EADS. Es muss endlich Schluss sein mit diesen brutalen Mordwaffen, den Landminen, nicht nur hier in der Europäischen Union, sondern weltweit.

 
  
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  Geoffrey Van Orden (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich bin sehr erfreut, Kommissarin Kuneva heute Abend hier zu sehen. Ich komme direkt aus dem Flugzeug und hatte nicht erwartet, hier zu sprechen, aber ich freue mich, dass ich die Gelegenheit dazu habe. Ich bin möglicherweise einer der wenigen im Parlament, die bei der Unterzeichnung des Übereinkommens von Ottawa vor 10 Jahren tatsächlich zugegen waren. Die Kampagne gegen Antipersonenminen ist etwas, womit ich mich viele Jahre lang sehr befasst habe. Daher begrüße ich diese Aussprache sehr.

Meines Erachtens ist es sehr wichtig, dass wir uns auf das tatsächliche Problem konzentrieren. Als wir vor 10 Jahren alle in Ottawa waren, hofften wir, dieses Problem in den kommenden 10 Jahren wirklich aus der Welt schaffen zu können. Nun sind wir also hier, 10 Jahre später, und wir sagen noch immer mehr oder weniger dasselbe wie schon vor 10 Jahren. Das ist sehr bedauerlich.

Wir müssen die Dinge in den Griff bekommen. Es ist uns gelungen, Antipersonenminen zu verbieten, weil verantwortungsbewusste Streitkräfte erkannt haben, dass sie diese speziellen Waffen aus ihren Arsenalen nehmen können. Sie standen voll und ganz dahinter. Wir müssen allerdings sorgfältig darauf achten, dass wir unsere Streitkräfte bei diesen Debatten weiter mit ins Boot holen, denn manchmal ist es nicht hilfreich zu versuchen, das Verbot auf all die anderen Bereiche auszudehnen – wenn wir z. B. über Panzerabwehrminen sprechen. Das sind Waffen, die wir noch immer benötigen, die von verantwortungsvollen Streitkräften in unseren Demokratien verwendet werden. Wir sollten stets mit dem Finger auf die wahren Täter zeigen. Die wahren Täter sind das, was einige Menschen höflich „bewaffnete nichtstaatliche Akteure“ nennen. Das sind in Wirklichkeit Rebellen und Terroristen. Sie setzen diese Waffen weltweit am meisten ein.

Sehen wir uns die derzeitige Lage in Afghanistan an: Die Antipersonenminen, die noch immer gelegt werden, werden von den Taliban in Afghanistan gelegt. Diese Menschen verursachen im Augenblick solche Probleme. Wir müssen uns also auf den richtigen Weg konzentrieren. Ich begrüße diese Aussprache sehr. Ich gehe davon aus, dass wir die richtigen Mittel verwenden, um dieses Problem zu überwinden, und das findet meine volle Unterstützung.

 
  
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  Thijs Berman (PSE). - (NL) Herr Präsident! Manchmal ist es schade, dass wir keine offene Debatte führen, denn dann könnte ich Herrn Van Orden antworten, aber das werde ich nicht tun.

Die weltweite Kampagne gegen Landminen kann als großer Erfolg gewertet werden. Dank der Arbeit von Menschen, die in Bosnien, in Angola und zahlreichen weiteren Ländern große Gefahren auf sich nehmen, sind mittlerweile Tausende Quadratkilometer Boden von Landminen geräumt. Gleichwohl besteht zehn Jahr nach dem Ottawa-Übereinkommen nach wie vor kein Anlass zu Fröhlichkeit.

Obgleich 156 Länder das Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung unterzeichnet haben und ein Rückgang – ein drastischer Rückgang – des Handels zu verzeichnen ist, wird weiterhin in die Herstellung von Landminen investiert, auch seitens Finanzinstituten in Europa. Niederländische und andere Banken und Rentenfonds haben sich dessen schuldig gemacht. Es ist richtig, diesen Instituten die Folgen ihrer Investitionen in Landminen vor Augen zu führen.

Schließlich wurden seit 1975 eine Million Menschen durch Landminen getötet. Jedes Jahr fordern sie zig Tausende Menschenleben. Während dieser Aussprache fallen den Landminen mindestens drei Menschen zum Opfer, 70 pro Tag. Landminen haben eine Fläche von 200 000 km² unzugänglich gemacht, und immer noch sind 250 Millionen davon in Umlauf.

Die Regierungen Birmas und Russlands legen noch Minen, und das, Herr Van Orden, ist doch etwas anderes als „terroristische Klubs“, wenngleich... die russische Regierung... Noch 13 Staaten in der Welt produzieren Landminen oder behalten sich das Recht hierzu vor. In den USA fahren Unternehmen wie Alliant Techsystems und Textron, ausgestattet mit Aufträgen der US-Regierung, ungestört mit der Produktion von Minen fort.

Herr Präsident, Kommissarin Kuneva, in Belgien sind Investitionen in Landminen verboten, im übrigen Europa sind Unternehmen jedoch aktiv. Ein Kollege erwähnte Rheinmetall und Thales. Damit muss Schluss sein, und genau das fordern wir in unserem Entschließungsantrag oder fordern wir erneut, denn bereits im Juli 2005 stellte das Europäische Parlament eben diese Forderung. Die EU-Mitgliedstaaten müssen gemeinsam vereinbaren, dass kein einziges europäisches Unternehmen oder Finanzinstitut künftig mehr in Betriebe investieren sollte, die Landminen entwickeln und produzieren. Gleiches muss für Streubomben und Antifahrzeugminen geschehen, die explodieren, sobald sich ihnen jemand nähert.

Die Rüstungsindustrie lässt sich durch ethische Argumente nicht beeindrucken. Hilfreich kann die Androhung eines Investitionsverbots sein. Die EU sollte diese Initiative auf den Weg bringen und eine Ausnahme von der Regel machen, dass sich die Politik nicht in die Investitionspolitik der Wirtschaft einmischt. In Angelegenheiten, die in internationalen Übereinkommen mit einem Verbot belegt sind, gilt ein Einschreiten der Politik als moralische und politische Pflicht. Und das sollte im gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen Recht verankert werden – für eine Welt ohne Landminen und ohne Antifahrzeugminen, wie Frau Beer ganz richtig sagte.

Kommissarin Kuneva, wir möchten wissen, wie Sie darüber denken. Die Europäische Kommission muss auf diesem Gebiet endlich einmal tätig werden. Schließlich und endlich muss sie sich energischer für die Minenräumung einsetzen. Wir haben das Geld, wir haben das Know-how, doch mit dem Engagement Europas hapert es.

 
  
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  Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! In den letzten 10 Jahren konnten wir, wie viele von Ihnen gesagt haben, Erfolge verzeichnen, aber es ist auch klar, dass noch große Herausforderungen vor uns liegen.

Noch immer sterben jedes Jahr Tausende von Zivilisten an Landminen und Tausende verlieren Gliedmaßen. Durch Landminen werden Länder nach Konflikten in Armut gestürzt bzw. gehalten. Darum werden wir das Ottawa-Übereinkommen weiterhin aktiv unterstützen.

Die Europäische Kommission ist entschlossen, ihre Bemühungen fortzusetzen und die von Landminen betroffenen Gemeinden und Personen mit allen verfügbaren Mitteln zu unterstützen.

 
  
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  Marios Matsakis, (ALDE).(EN) Herr Präsident! Gestatten Sie mir mit Bedauern festzustellen, dass in dieser wie auch in den vorherigen Aussprachen, z. B. der Aussprache über gefährliches Spielzeug oder in der Aussprache über Brandschutz, kein Vertreter des Rates in diesem Saale anwesend war. Das ist meines Erachtens eine Schande.

 
  
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  Der Präsident. - Wir werden das an den Rat weiterleiten.

Die Aussprache ist geschlossen.

 

23. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll

24. Schluss der Sitzung
  

(Die Sitzung wird um 22.30 Uhr geschlossen.)

 
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