Der Präsident. – Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zur Lage in Kenia.
Janez Lenarčič, amtierender Ratspräsident. − (SL) Ich freue mich sehr darüber, dass das Europäische Parlament heute über die Lage in Kenia diskutieren und über die vorgeschlagene Entschließung zur gegenwärtigen Lage dort sprechen wird.
Die bloße Tatsache, dass das Europäische Parlament die Wahlbeobachtungsmission unter der Leitung von Herrn Lambsdorff sowie seine eigene Delegation unter Leitung von Herrn Mulder entsandte, hat ein sehr wichtiges Signal gegeben, dass sich das Europäische Parlament für die Lage in Kenia interessiert.
Bekanntermaßen fanden die Wahlen in Kenia am 27. Dezember statt. Die hohe Wahlbeteiligung der kenianischen Wähler ist ein Beweis für das Bekenntnis der Menschen in Kenia für den demokratischen Prozess und ihr Vertrauen in diesen Prozess.
Die Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union unter Leitung von Herrn Lambsdorff war am Ort des Geschehens präsent. Sie wies auf zahlreiche Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung und Sammlung der Stimmen bei diesen Wahlen hin. Diese Unregelmäßigkeiten lassen ernste Zweifel am tatsächlichen Ergebnis dieser Wahlen aufkommen. Wie allen bekannt ist, kam es nach der Veröffentlichung der Ergebnisse in der Hauptstadt Nairobi und in anderen Teilen Kenias zu Gewalttätigkeiten.
Anhänger des Oppositionsführers Odinga stießen mehrfach mit den Sicherheitskräften zusammen und griffen auch die Anhänger von Präsident Kibaki an. Die Sicherheitskräfte feuerten Schüsse auf die Massen ab. Nach Aussagen von Louis Arbour, dem Hohen Kommissar für Menschenrechte, reagierten die Sicherheitskräfte „mit übermäßiger Gewalt“.
Mindestens 600 Menschen kamen ums Leben und fast eine Viertelmillion wurden vertrieben – und all das geschah in Kenia, einem Land, in dem Flüchtlinge aus den Nachbarländern – Somalia und dem Südsudan – in der Regel Zuflucht suchen.
Das hat sich nicht nur auf die Wirtschaft von Kenia selbst ausgewirkt, sondern auch auf die der benachbarten Staaten, insbesondere derer ohne eigenen Zugang zum Meer. Das ist eine Tragödie. Gleichzeitig bedeutet das einen herben Rückschlag für den Prozess der Demokratisierung und einen Rückschlag für den gesamten afrikanischen Kontinent, wo Kenia als Musterland angesehen wurde.
Die Europäische Union hat die Gewaltausbrüche in Kenia verurteilt. Wir haben an die kenianischen Politiker appelliert, die Zweifel an der Regelmäßigkeit der Wahlen auszuräumen, vor allem aber einen Dialog zu führen und nach einer politischen Lösung zu suchen. Ja, wir haben auf die humanitären Bedürfnisse der kenianischen Bevölkerung reagiert. Die Europäische Union begrüßte die Vermittlerrolle des ghanaischen Präsidenten Kufuor, der den Vorsitz der Afrikanischen Union innehat.
Ferner haben wir unsere Unterstützung für eine Gruppe namhafter afrikanischer Persönlichkeiten unter Leitung des ehemaligen UN-Generalsekretärs, Kofi Annan, zum Ausdruck gebracht, die in Kürze in Nairobi eintreffen müsste. In der Zwischenzeit hat Präsident Kibaki ohne sich mit dem Oppositionsführer, Herrn Odinga, zu beraten, seine Regierung ernannt. Letzterer hat zu Massendemonstrationen in Kenia in drei Tagen aufgerufen.
Positiver ist, dass gestern das kenianische Parlament zu seiner ersten Sitzung zusammentrat. Der Kandidat der Opposition wurde zum Parlamentspräsidenten gewählt. Das war insofern ermutigend, als in diesem Land bestimmte demokratische Regeln dennoch eingehalten werden und die Opposition auch ein Mitspracherecht hat.
Für die Europäische Union besteht kein Zweifel, dass wir erst dann wieder mit Kenia normal verhandeln werden, wenn ein politischer Kompromiss gefunden wurde. Der Kompromiss muss zu einer dauerhaften Lösung führen, die den Willen der kenianischen Bevölkerung achtet, ihr Vertrauen zurückgewinnt und Kenia wieder zur Stabilität zurückführt.
Im Namen der Europäischen Union kann ich sagen, dass alles, was nach den Wahlen in Kenia geschehen ist, für uns eine große Enttäuschung war und dass uns die Situation noch immer große Sorgen bereitet. Allerdings ist das mit der Enttäuschung der Menschen in Kenia nicht vergleichbar, die in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft in Scharen an die Wahlurnen gegangen sind.
Louis Michel, Mitglied der Kommission. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Natürlich ist die Europäische Kommission zutiefst besorgt über die ernste Krise in Kenia. Übrigens wurden wir bereits am Tage nach den Wahlen aktiv, als wir erste Anzeichen für das Chaosrisiko vor allem infolge der Geschehnisse bei der Stimmenauszählung erkannten, und haben Kontakt zu den Behörden beider Seiten, sowohl der alten Mehrheit als auch der Opposition, aufgenommen. Ich muss Ihnen hierzu auch sagen, dass ich problemlos einen direkten und persönlichen Kontakt zu Herrn Odinga herstellen konnte. Demgegenüber ist es mir seitdem trotz wiederholter Versuche nicht gelungen, in persönlichen und direkten Kontakt zu Herrn Kibaki zu treten, was überraschend ist, da in der Vergangenheit dieser Kontakt leicht herzustellen war. Dies ist recht bezeichnend für das herrschende Unbehagen.
Die Gewalttätigkeiten nach den Wahlen, die den Tod von mehr als 600 Menschen und die Vertreibung von mehr als 250 000 zur Folge hatten, haben deutlich gemacht, welchen Frust und welchen Zorn das kenianische Volk empfindet angesichts der tief greifenden Probleme der sozioökonomischen Ungleichheit und Korruption in der kenianischen Gesellschaft, mit denen das Risiko ethnischer Auseinandersetzungen einhergeht. Aber diese Wahlen haben auch die demokratischen Sehnsüchte des kenianischen Volkes offenbart. Diese Sehnsüchte wurden durch die Unregelmäßigkeiten am Wahltag mit Füßen getreten, die ernsthafte Zweifel an der Gültigkeit der offiziellen Ergebnisse wecken. Wir teilen voll und ganz die Schlussfolgerungen und Erklärungen der Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union unter Leitung Ihres Kollegen Alexander Lambsdorff, den ich zu seiner bemerkenswerten Arbeit beglückwünschen möchte, welche zur Folge hatte, dass auch internationale Instanzen außerhalb der Europäischen Union, die eine etwas weniger kategorische und gewissermaßen weniger objektive Position bezogen hatten, sich schließlich den Feststellungen und Schlussfolgerungen von Herrn Lambsdorff angeschlossen und sich diese zu eigen gemacht haben.
Die Position der Kommission zu der politischen Situation in Kenia ist ganz eindeutig. Die kenianischen politischen Verantwortlichen müssen sich dringend ihrer Verantwortung stellen und sich sofort und ernsthaft um eine politische Einigung bemühen. Ohne ein solches Engagement wird die Europäische Union zweifellos keine andere Wahl haben als ihre Beziehungen zu Kenia zu überdenken, die bisher, das sei gesagt, ausgezeichnet waren. Kenia ist ein Land, das hinsichtlich der Regierungsführung, der Menschenrechte und der Demokratie auf dem richtigen Weg war und zudem eine wichtige Rolle für die regionale Stabilität spielte. Diese Faktoren gilt es in Erinnerung zu rufen.
Das Bemühen um eine politische Einigung ist daher die dringendste Aufgabe der kenianischen Verantwortlichen. Es setzt eine sofortige Einstellung der Provokationen und Gewalttätigkeiten auf der Straße, aber auch in den Medien und in öffentlichen Stellungnahmen, voraus. Vorrangig kommt es darauf an, dass Präsident Mwai Kibaki und Oppositionsführer Raila Odinga sich dazu durchringen, Kompromisse zu schließen, indem sie anerkennen, dass das Ergebnis der Urnengangs sich nicht korrekt in der Ausübung der Macht und der Verantwortung niedergeschlagen hat und dass es unausweichlich zu einer Teilung der Macht kommen muss, um ein Fortdauern der politischen Krise zu vermeiden. Diese Teilung der Macht könnte eine Zwischenlösung beispielsweise bis zu möglichen Neuwahlen sein.
Des Weiteren muss die kenianische politische Klasse die zwingende Notwendigkeit anerkennen, die grundlegenden Probleme zu lösen, die diesen Gewaltausbruch verursacht haben, so die verfassungsmäßige Organisation der Macht, die politische Regierungsführung des Landes oder die schwerwiegenden Diskriminierungen und sozioökonomischen Ungleichheiten.
Die Kommission und die Europäische Union insgesamt unterstützen voll und ganz die afrikanische Vermittlung, die Präsident Kufuor eingeleitet und Kofi Annan dank der Initiative von Graça Machel und Benjamin Mkapa fortgesetzt hat. Sie appellieren an Präsident Kibaki und Raila Odinga, umfassend mit dem Ziel einer politischen Einigung zusammenzuarbeiten. Ich habe zu Beginn der Krise lange mit Desmond Tutu anlässlich seiner Vermittlungsmission gesprochen. Ich hatte ebenfalls ein längeres Gespräch mit Kofi Annan, in dem deutlich wurde, dass es wohl am sinnvollsten wäre, einen Annäherungsprozess durch eine afrikanische Vermittlung zu begleiten. Ich habe die Unterstützung der Kommission für diese Vermittlung, sei es in politischer oder in finanzieller Hinsicht, zugesagt.
Unabhängig davon ist zu begrüßen, dass gestern Abend der Präsident des kenianischen Parlaments ordnungsgemäß gewählt wurde. Dies ist als ein Zeichen zu sehen, dass der konstitutionelle Rahmen zumindest unter diesem Gesichtspunkt gewahrt wird. Allerdings werden die nächsten Tage entscheidend sein. Wir werden die Situation genau verfolgen und in ständigem Kontakt mit den afrikanischen Vermittlern bleiben. Wir werden unsere Beziehung zu Kenia, einschließlich auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe, in Abhängigkeit von der Entwicklung der Situation und der konkreten Handlungen beider Seiten anpassen.
Alle Optionen liegen nun auf dem Tisch. Es muss einen europäischen und internationalen Dialog geben, um unserer Aktion ein Höchstmaß an Wirkung zu verleihen. Heute kann man davon ausgehen, dass die internationale Gemeinschaft sich auf der gleichen Wellenlänge befindet, dass es keine Unterschiede im Ansatz, der politischen Tendenz oder der Strategie mehr gibt. Das ist wichtig. Am Anfang, unmittelbar nach den Wahlen, war das nicht unbedingt der Fall. Heute halte ich das für gegeben, und das ist eine gute Sache.
Was die humanitäre Situation betrifft, hat die Kommission sehr zügig reagiert. Nach dem Vorliegen der Einschätzungen der Experten von ECHO und unserer Partner vor Ort hat die Kommission eine erste Soforthilfe in Höhe von 5,5 Millionen Euro freigegeben, um den Bedarf der vertriebenen Bevölkerungsgruppen an Wasser, Nahrungsmitteln, Unterkünften und gesundheitlicher Versorgung zu befriedigen.
Maria Martens, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Wie schon gesagt worden ist, gilt Kenia seit 2002 als wichtiges Beispiel für Demokratie und Stabilität in der Region. In den letzten Jahren hat das Land politisch und wirtschaftlich beachtliche Fortschritte gemacht. Die Wahlen in Kenia haben gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Kenianer die Demokratie der Diktatur vorzieht. Sie haben unter Beweis gestellt, dass die Kenianer den gewählten Vertretern mehr Glauben schenken als dem Militär. Dennoch kam es zu diesen schrecklichen Gewaltausbrüchen und herrscht jetzt eine humanitäre Krise, mit bisher bereits mehreren hundert Toten und mehr als 250 000 Menschen, die auf der Flucht sind. Dies wird nicht ohne Folgen für die wirtschaftliche Lage des Landes bleiben.
Was ist zu tun? Die Europäische Union muss der von der Afrikanischen Union ernannten Gruppe afrikanischer „Elder Statesmen“ unter Führung von Kofi Annan unbedingt volle Unterstützung zuteil werden lassen. So denn aus der Vergangenheit eine Lehre zu ziehen ist, dann die, dass wir nicht der Meinung sein sollten, wir – in Europa – seien imstande, die Probleme Afrikas zu lösen. Afrikanische Probleme erfordern afrikanische Lösungen, und ich begrüße, dass dies von der Kommission befürwortet wird.
Herr Präsident, unsere Fraktion steht voll und ganz hinter dem Entschließungsantrag. Eine Sache, die unsere Fraktion außerordentlich bedauert, muss ich allerdings noch loswerden, nämlich dass einen Tag nach den Wahlen – mithin zu einem Zeitpunkt, da über den Ausgang entschieden war und, wie der Kommissar ausführte, sich Unregelmäßigkeiten bereits häuften – die Europäische Kommission der Regierung über 40 Millionen Euro an Budgethilfe zukommen ließ. Sie wartete nicht einmal die Bewertungen unseres eigenen Beobachterteams ab, die – wohlgemerkt – drei Tage später veröffentlicht wurden.
Diese politische Entscheidung lässt sich nicht mit technischen Gründen rechtfertigen, wonach die Auszahlung schon einmal bis nach den Wahlen aufgeschoben worden sei und es sich lediglich um die dritte Zahlungstranche handle. Ein Aufschub dieser Zahlung war möglich und wäre erforderlich gewesen. Dies war eine äußerst bedauerliche Entscheidung, umso mehr, als die Mitgliedstaaten selber ihre Hilfen bereits suspendiert hatten. Dies darf nicht mehr vorkommen.
Emilio Menéndez del Valle, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Ein weiterer Beweis dafür, dass die Mehrheit des kenianischen Volkes Präsident Kibaki nicht unterstützt, ist die Tatsache, dass bei den Parlamentswahlen, die zusammen mit den Präsidentschaftswahlen stattfanden, die Oppositionspartei von Odinga mehr als doppelt so viele Sitze wie die von Kibaki erhalten hat.
Bekanntlich war es dadurch möglich, dass die Partei von Herrn Odinga das Amt des Parlamentspräsidenten übernahm, als das Parlament gestern in Nairobi eröffnet wurde. Gleichzeitig mussten 22 Minister von Herrn Kibaki, die einen Abgeordnetensitz anstrebten, eine Wahlniederlage hinnehmen.
Präsident Kibaki trägt aus meiner Sicht eine gewaltige Verantwortung, nicht nur für den Wahlbetrug. Seine fünfjährige Regierungszeit hat zu Frustration, Desillusionierung und Täuschung geführt. Zwar ist die Wirtschaft um 6 % gewachsen, doch mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt noch immer unterhalb der Armutsgrenze. Weiterhin werden mehrere Kabinettsminister, die Kibaki in einem eindeutigen Akt von Provokation benannt hat, mit Korruptionsfällen in Verbindung gebracht.
Dieser Präsident, der versucht, sich mit Betrug an der Macht zu halten, ist auch für ein weiteres gravierendes Problem verantwortlich: Sein Vorgehen hat zum Wiederaufflammen der ethnischen Konflikte geführt, einer Spirale, die vielleicht schwierig aufzuhalten ist.
Als ob das nicht genug wäre, erklärte der Vorsitzende der Wahlkommission Kenias bekanntlich vor zwei Wochen nichts weniger, als dass er nicht wisse, wer die Präsidentschaftswahlen gewonnen habe.
Aufgrund all dieser Vorkommnisse ist es meiner Ansicht nach vollkommen berechtigt, wie es in Ziffer 11 des gemeinsamen Entschließungsantrags des Parlaments heißt, Neuwahlen zu fordern, falls es sich als unmöglich herausstellt, eine faire, transparente und glaubwürdige Neuauszählung der bei den Präsidentschaftswahlen vom 27. Dezember abgegebenen Stimmen durch ein unabhängiges Gremium zu organisieren.
Alexander Lambsdorff, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte meine Ausführung mit einem Dank an den Rat, an die Kommission und auch an die Kollegen hier im Europäischen Parlament beginnen. Wir haben eine große Einigkeit unter den Institutionen. Das macht mich persönlich sehr froh, und ich sage das auch im Namen meiner Mannschaft, der über 150 Wahlbeobachter, von denen mehr als 50 über einen Monat lang in Kenia stationiert waren. Diese Einigkeit hier ist ein gutes Signal.
Einige dieser Beobachter – ich will das hier sagen – sind jetzt nach Pakistan unterwegs oder schon dort angekommen, wo die nächste schwierige Wahl ansteht. Wahlbeobachtung ist manchmal eine harte und gefährliche Arbeit. Ich möchte diesen Menschen ganz herzlich dafür danken, dass sie sich dafür einsetzen.
Wofür Sie stehen, ist das Europa der gemeinsamen Werte. Wir können darauf stolz sein – der Kommissar hat es eben angesprochen –, dass sich andere Beobachtermissionen unserem Urteil angeschlossen haben, etwa die Commonwealth-Delegation und das International Republican Institute aus den USA. Ich glaube, die Arbeit der Beobachtungsmission hat damit eine Grundlage für eine gemeinsame Anstrengung geschaffen, bei der die Europäische Union, Afrika und die USA an einem Strang ziehen, um zu einer Lösung der Krise in Kenia zu kommen.
Das Europäische Parlament wird in seiner Entschließung die Wege aufzeigen, die es für geeignet hält. Ich selbst habe mich als Chefbeobachter an diesen Beratungen nicht beteiligt. Die Neutralität unserer Mission muss nach meiner Auffassung bis zum Schluss eindeutig gewahrt werden. Bis zum Schluss heißt bis zur Vorlage unseres Abschlussberichts, den wir gerade erarbeiten.
Diese konsequente Neutralität war unser stärkstes Pfund zusammen mit der professionellen Arbeit unserer Beobachter vor Ort. Zu dieser Neutralität und zur Professionalität gehört auch, dass wir nur auf Basis von Beweisen arbeiten. Wir haben im Ergebnis festgestellt, dass es Zweifel am Ergebnis der Präsidentschaftswahl gibt. Wir haben als Beobachtungsmission nie gesagt, dass ein bestimmter Kandidat die Wahlen gewonnen hat. Was wir gesagt haben, ist, dass es nicht möglich ist festzustellen, wer der Sieger ist.
Ich möchte auf Englisch etwas von den kenianischen Wahlbeobachtern zitieren, die Folgendes schreiben:
(EN) „Betrachtet man den Wahlprozess als Ganzes, waren die 2007 abgehaltenen Parlamentswahlen hinsichtlich der Stimmabgabe und Stimmenauszählung unserer Meinung nach glaubwürdig. Der Wahlprozess verlor jedoch in Bezug auf die Auszählung der Stimmen und die Bekanntgabe der Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen gegen Ende an Glaubwürdigkeit.“
Das sagen die nationalen kenianischen Beobachter, die 16 000 bis 20 000 Leute stationiert hatten. Das stimmt exakt mit unserem Urteil überein.
Jetzt will ich etwas sagen, das für mich selber, für die Mannschaft und für alle gilt: Wir haben die Hoffnung auf eine rasche Beilegung der Krise, auf ein Ende der Gewalt und eine schnellstmögliche Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimat!
Konrad Szymański, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, Herr Kommissar! Das Problem in Kenia ist nicht nur der Missbrauch der Wahlen durch Präsident Kibaki. Es geht hier um eine humanitäre Krise der Zivilbevölkerung.
Am dramatischsten scheint die Lage in Eldoret, in der katholischen Heilig-Geist-Kirche in Langas zu sein. Hier geschahen zahlreiche Morde vor einem politischen und ethnischen Hintergrund. Viele Kenianer wurden aus ihren Häusern verjagt, die danach angezündet wurden. Am 1. Januar 2008 nahmen mehr als 3 000 Menschen Zuflucht in der Pfarrkirche von Langas. Den Flüchtlingen fehlt es an Nahrungsmitteln, sauberem Wasser und Sanitäreinrichtungen. Am 2. Januar 2008 berichtete die katholische Nachrichtenagentur MISNA, 7 000 bis 10 000 Menschen hätten sich in die Kathedrale in Langas geflüchtet. Benötigt wird nicht nur politische Vermittlung, sondern es müssen auch Maßnahmen ergriffen werden, um Ausbrüche ethischen und religiösen Hasses zu verhindern.
Marie-Hélène Aubert, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Ich glaube, dass sich die Europäische Union angesichts der derzeitigen Situation bemühen muss, ihre Glaubwürdigkeit hinsichtlich der in diese Länder entsandten Beobachtungsmissionen zu untermauern. Wenn, wie dies der Fall ist, ernsthaft festgestellt wird, dass das Ergebnis eindeutig gefälscht ist, dass der Präsident nicht als legitim gewählt gelten kann, muss die Europäische Union konsequent in ihrer Politik sein, indem sie zunächst – und das ist wirklich das Minimum – den Präsidenten, also Herrn Kibaki, nicht anerkennt. Zweitens muss die Union vorschlagen und sich dafür einsetzen, dass schnellstmöglich Präsidentschaftsneuwahlen stattfinden, die es ermöglichen, diesmal den Präsidenten wirklich ordnungsgemäß zu wählen.
Denn leider gibt es Präzedenzfälle, besonders in Äthiopien, wo der Präsident sich ebenfalls mit einem Gewaltakt ins Amt gebracht hat, obwohl eindeutig Betrug vorlag, worauf dann zahlreiche Repressionsmaßnahmen folgten. Die Anerkennung vollendeter Tatsachen durch die Europäische Union trägt dazu bei, das Interesse an der Entsendung von Beobachtermissionen zu unterminieren.
Was bringt es, europäische Bebachtermissionen mit der Ernsthaftigkeit und dem Engagement all unserer Kollegen in diesem Bereich zu entsenden, deren Schlussfolgerungen allgemein anerkannt werden, wenn man dann klein beigibt und nach einigen Monaten den Gewaltakt eines Präsidenten anerkennt, der nicht mit sich reden lässt? Würde man eine solche Situation in unseren Ländern akzeptieren? Natürlich nicht.
Wir können daher hinsichtlich der Demokratie und der Wahlprozesse, die wir unterstützen, nicht mit zweierlei Maß messen: mit einem, das in der Europäischen Union gilt, und einem, das je nach den Interessen der einen oder anderen in diesen Regionen variiert.
Das kenianische Volk möchte, wie ich glaube, diese Situation aufklären und fordert Neuwahlen, um Eindeutigkeit zu schaffen.
Gabriele Zimmer, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind uns sicher alle einig, dass die Vorgänge in Kenia tragisch sind und dass auch die heute fortgesetzte Gewalt unbedingt ein Ende haben muss. Die Krise in Kenia ist tiefgreifend und aus meiner Sicht nicht nur politischer Natur. Sie kann durchaus auch Auswirkungen auf die Situation der afrikanischen Nachbarländer haben.
Es ist wahr, es gibt in Kenia Scharfmacher, die versuchen, zu Hass zwischen den Ethnien aufzustacheln, um an die Macht zu kommen. Aber wenn Sie beispielsweise in diesen Tagen die freie kenianische Presse lesen, so ist es doch sehr ermutigend, wie viele Journalisten sich immer wieder bemühen, für die Einheit des Landes und für die Einheit des kenianischen Volks einzutreten und sich gegen die Zersplitterung der Gesellschaft zu wenden. Das Problem ist vor allem, dass es nicht gelungen ist, breite Teile der kenianischen Bevölkerung am kenianischen Wirtschaftsaufschwung Anteil haben zu lassen und dass sich auf dieser Basis Gewalt ausbreiten kann. Wir müssen im Rahmen unserer Entwicklungskooperation viel mehr Wert darauf legen, dass genau hier versucht wird, Änderungen zu erreichen und insbesondere einen ganz konkreten Kampf gegen die Armut in Kenia zu führen.
Ich halte es auch für problematisch, Diskussionen über die Streichung der Budgethilfe für Kenia zu führen, weil damit Zukunftsängste in Kenia geschürt werden. Ich begrüße es ausdrücklich, Kommissar Michel, dass die EU sich klar an die Seite von Kofi Annan und anderen Vermittlern aus der Afrikanischen Union stellt, um diese Prozesse in Kenia auch durch afrikanische Politikerinnen und Politikern lösen zu helfen.
Valdis Dombrovskis (PPE-DE). – (LV) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich die aktive Teilnahme der kenianischen Bürger am Wahltag begrüßen. Die Wahlen zeichneten sich durch eine hohe Beteiligung und die Geduld der Bürger aus, ungeachtet der langen Schlangen und technischer Probleme in einigen Bezirken. Bei der Veröffentlichung der Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen sah die Lage bedauerlicherweise völlig anders aus. Die geforderte Transparenz wurde nicht erreicht. Die vielen Lücken und Diskrepanzen bei den Meldungen ließen Zweifel an den veröffentlichten Wahlergebnissen wach werden. Leider entstand der Eindruck, den Wahlen hätte das Prinzip zugrunde gelegen, es sei nicht wichtig, wie man abstimmt, sondern, wie die Stimmen gezählt werden. Wenn es nicht möglich ist, eine verlässliche und transparente Überprüfung der Wahlen durchzuführen, sollten die Präsidentschaftswahlen in Kenia wiederholt werden. Nach Veröffentlichung der Wahlergebnisse schlug die bereits angespannte Atmosphäre in Gewalt um. Es ist jetzt absolut vorrangig, der Gewalt Einhalt zu gebieten und eine humanitäre Krise zu verhindern. Die Europäische Union muss die Mission der Afrikanischen Union und Kofi Annans für eine Vermittlung zwischen dem Präsidenten und der Opposition unterstützen, um die Gewalt zu beenden und eine Lösung für die politische Krise zu finden. Gegebenenfalls sollte die Europäische Union bereit sein, diese Vermittlung fortzuführen. Natürlich muss die Europäische Union Kenia die humanitäre Hilfe gewähren, die benötigt wird, um die Lage der vielen tausend Flüchtlinge zu erleichtern, die aufgrund der Gewalt gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen. Die humanitäre Hilfe sollte jedoch so geleistet werden, dass sie die Flüchtlinge auch tatsächlich erreicht, und eine angemessene Kontrolle der Verwendung der Mittel gegeben ist. Aus dieser Sicht ist der einen Tag nach den Wahlen gefasste Beschluss der Kommission, 40 Millionen Euro an Haushaltsmitteln an die kenianische Regierung zu übermitteln, ohne die Kritik der Beobachter der Europäischen Union an der Durchführung der Wahlen zu berücksichtigen, fragwürdig. Eine Budgethilfe gewährleistet bedauerlicherweise keine strenge Kontrolle der Verwendung der Mittel. Die Bereitstellung dieser Hilfe für einen Präsidenten und eine Regierung, die durch zweifelhafte Wahlen an die Macht gelangt sind, sollte sorgfältig geprüft werden. Ich fordere die Europäische Kommission auf, den Fall zu prüfen und das Europäische Parlament über die Maßnahmen zu unterrichten, die ergriffen wurden, damit sich eine solche Situation nicht wiederholt.
Glenys Kinnock (PSE). – (EN) Herr Präsident! Wir müssen uns einmal bewusst machen, dass Kenia ein Land ist, in dem die meisten Menschen von ein paar Dollar am Tag leben müssen.
Es herrscht große Unzufriedenheit und Not; die dortige Lage hat, wie wir gesehen haben, eine ganze Armee unzufriedener Menschen hervorgebracht, denn sie haben erkannt, dass die Kluft zwischen Arm und Reich in Kenia tiefer geworden ist – und das bei einem Wachstum des BIP um 6 %, auf das einige meiner Vorredner hingewiesen haben.
Kenia ist ein einkommensschwaches Land mit geringen Ressourcen. Es ist außerdem ein Land, das – tragischerweise – im Sumpf der Vetternwirtschaft und Korruption versinkt. Und während wir hier darüber sprechen, legen die Menschen in Kenia Lebensmittelvorräte an und gehen in Nairobi und anderen Teilen Kenias wieder auf die Straße.
Deshalb möchte ich mich denjenigen anschließen, die gesagt haben, die EU müsse ihre Budgethilfe für Kenia solange aussetzen, bis eine politische Lösung der gegenwärtigen Krise gefunden ist. Natürlich ist es inakzeptabel, dass genau einen Tag nach der Kritik an der Wahl die besagten 40,6 Millionen Euro überwiesen wurden.
Ich bin sehr froh darüber, dass Kommissar Michel am Montag in unserem Ausschuss andeutete, die Budgethilfe werde umgehend revidiert. Ich würde gern mehr darüber erfahren. Statt das Geld über Kenias Ressortministerien zu leiten, müssen wir nach Mitteln und Wegen suchen, es als Projekthilfe ins Land fließen zu lassen, womit auch gewährleistet würde, dass den Armen in Kenia durch solche Maßnahmen nicht geschadet wird.
Meines Erachtens müssen wir viel stärker auf die Notwendigkeit hinweisen, unsere Hilfe von einer verantwortungsbewussten Regierungsführung abhängig zu machen, so wie das im Cotonou-Partnerschaftsabkommen klar geregelt ist, doch bis jetzt haben wir das nicht getan. Wir haben – leider – viele der schwerwiegenden Korruptionsvorwürfe in diesem Land einfach nicht wahrhaben wollen.
Diejenigen, die für diese fragwürdigen Wahlergebnisse verantwortlich sind, über die die Wahlbeobachter berichtet haben, müssen zur Rechenschaft gezogen werden und dürfen damit nicht durchkommen.
Ich bin auch der Ansicht, dass die Europäische Union ihren Beitrag zur Beobachtung des Vermittlungsprozesses leisten muss. Wir haben mit als Erste darum gebeten, Überlegungen in dieser Richtung anzustellen, und ich wünsche mir vom Rat und von der Europäischen Union ein überzeugenderes und konsequenteres Vorgehen und dass Kofi Annan die Unterstützung von Europa bekommt, die er braucht, und dass so schnell wie möglich eine neue Wahlkommission gebildet werden kann.
Anna Záborská (PPE-DE). – (SK) Bitte gestatten Sie mir einige Fragen und Anmerkungen.
Was geschah mit den Mitteln der Europäischen Union, die sich seit November in der Mission in Nairobi befanden? Warum verzögerte sich der Transfer bis zu den Wahlen, und warum wurde das Geld am Tag nach den Wahlen ausgezahlt? Zu diesem Zeitpunkt lagen nur vorläufige Ergebnisse vor, und es gab bereits erste Zweifel an der Zuverlässigkeit des Verfahrens. Wer kontrolliert die Verwendung der Mittel der EU-Steuerzahler, die für die Entwicklungshilfe vorgesehen sind? Wenn es Zweifel am Ablauf der Wahlen gab, hätten im Voraus klare Regeln festgelegt werden müssen, dass die Mittel erst nach der offiziellen Verkündung der Ergebnisse ausgehändigt werden.
Als ich einen Monat vor den Wahlen in Kenia war, wiesen mich viele Menschen darauf hin, dass die Lage in Gewalt enden könnte. Das Kommissionsmitglied hat dies auch getan. Da die Finanzhilfe für die Menschen gedacht ist, darf die Bedingung für die Bereitstellung der Hilfe nicht davon abhängen, ob sich die Lage stabilisiert hat oder nicht; anderenfalls hätten wir die finanzielle Hilfe in vielen Ländern, nicht nur in Afrika, aussetzen müssen.
Ich lehne die Nutzung der Entwicklungshilfe als Instrument der Manipulation ab. Das Aussetzen von Mitteln ist eine Form des politischen Drucks, und diejenigen, für die die Hilfe bestimmt war, werden den Preis zahlen. Die europäischen Steuerzahler legen Geld zusammen, und die Menschen, denen wir helfen, dürfen nicht zu Geiseln der politischen Führung werden. Abkommen sollten nicht von Entwicklungshilfe abhängig gemacht werden: Häufig sind sie nicht von der Wahrung der Menschenrechte abhängig. Die Menschen in Kenia brauchen unsere Hilfe, ob sie nun Kibaki oder Odinga unterstützen. Sie leben Tür an Tür in Slums, in äußerster Armut.
Wir wissen, dass es Wahlen in Afrika gab. Nach Ansicht von Leuten aus Kenia war die Auszählung der Ergebnisse möglicherweise nicht überall korrekt, doch die Ergebnisse hätten nichts geändert. Daher sollten wir nicht die Menschen bestrafen, die von unserer Hilfe abhängig sind. Ich denke an die Europäer, an die Slowaken, die trotz der ernsten Lage vor Ort geblieben sind und die bilateralen Projekte weiterführen. Ich kann garantieren, dass die Mittel für diese Projekte effizient verwendet werden und Korruption verhindert wird.
Josep Borrell Fontelles (PSE). – (ES) Herr Präsident! Wir Europäer dürfen nicht einfach erklären, dass wir sehr besorgt sind, sondern wir müssen erklären, dass wir sehr große Hoffnungen in eine Normalisierung der Situation setzen. Denn eine Rückkehr zu einer Normalität, die mit dem betrügerischen Sieg von Herrn Kibaki bezahlt wird, ist für uns keine akzeptable Lösung.
In zu vielen afrikanischen Ländern haben gefälschte Wahlen den Bürgern jeglichen Glauben und alle Hoffnung auf ein demokratisches System geraubt. Ein weiterer Fall, dieses Mal in Kenia, wäre tödlich für die demokratischen Hoffnungen Afrikas.
Die Lösung kann nur durch starken außenpolitischen Druck kommen. Ohne starken Druck von außen wird es zwischen den beiden Führern keinerlei Einigung geben. Und wir müssen Herrn Kibaki deutlich sagen, dass seine Regierung unrechtmäßig ist, und wir müssen entsprechend handeln. Ansonsten hätten unsere Wahlbeobachtungsmissionen keinen Sinn.
Wir haben von der Verantwortung der afrikanischen Völker gesprochen, doch wir dürfen auch unsere eigene nicht vergessen. Zu lange Zeit haben wir die Augen verschlossen vor dem, was in Kenia geschieht. Zu lange haben wir Lobgesänge auf ein Land als einem Beispiel der Demokratie gesungen und dabei die sozialen Ungleichheiten und die im Land herrschende Korruption vergessen: 16 Milliarden Dollar Hilfe erhielt das Land seit seiner Unabhängigkeit, und dabei hatte es bis jetzt nur vier Präsidenten.
Kenia zahlt einen hohen Preis für den Schutz und die Unterstützung, den wir ihren schlechten Regierungen gewährt haben, ohne dass wir sie anprangerten. Dieses Mal dürfen wir die Augen nicht verschließen.
Thijs Berman (PSE). – (NL) Herr Präsident! Heute ging Polizei wieder mit brutaler Gewalt gegen Demonstranten vor. Erneut hat es in Kenia Tote gegeben. Wird ein Ende dieser Spannungen ohne neue Präsidentschaftswahlen möglich sein? Das bezweifle ich. Eine unabhängige Untersuchung der erhobenen Wahlbetrugsvorwürfe ist auf jeden Fall erforderlich, und das Ergebnis einer solchen Untersuchung muss von allen Parteien respektiert werden, selbst wenn dies Neuwahlen bedeutet.
Kenia läuft enorme Gefahren. Es liegt im Interesse aller Kenianer, der Region sowie der EU selbst, dass dieses Land wieder Ruhe findet. Eine Ablehnung des Dialogs zum jetzigen Zeitpunkt wäre unverantwortlich. Und eines muss klar sein: Weitere Haushaltsunterstützung für eine so undemokratische Regierung ist indiskutabel.
Kofi Annan ist momentan erkrankt, und selten trat ein Grippeanfall zu einem ungünstigeren Zeitpunkt auf. Die EU muss seiner Mission jedoch zügige und volle Unterstützung zuteil werden lassen sowie jede notwendige technische und finanzielle Hilfe anbieten. Die Vermittlungsbemühungen obliegen selbstverständlich in erster Linie den afrikanischen Führern, sollte die Situation allerdings vor dem Eintreffen Annans weiter zu eskalieren drohen, muss auch die EU darauf vorbereitet sein, im Rahmen einer gemeinsamen Initiative mit der Afrikanischen Union unmittelbar eine hochrangige Delegation nach Nairobi zu entsenden. Kenia darf kein Somalia werden. Es ist noch nicht zu spät.
David Martin (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich stimme Herrn Borrell Fontelles zu: Wenn man der Lage in Kenia nach der Wahl etwas Positives abgewinnen kann, dann ist es die Tatsache, dass offenkundig geworden ist, dass die so genannte Erfolgsstory Kenias auf Sand gebaut ist. Zwar stimmt es, dass das Verlangen des kenianischen Volkes nach Demokratie groß ist und dass Kenia einen starken Wirtschaftsboom erlebt, doch genauso richtig ist es, dass die Regierung, die diesen Wirtschaftsboom begleitet, jahrelang nicht dafür gesorgt hat, dass die gesamte Bevölkerung davon in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht profitiert.
Wir wissen jetzt, dass in dem Land ein tief verwurzeltes soziales und wirtschaftliches Chaos herrscht und dass die Regierung jahrelang auf der Basis von Korruption und Misswirtschaft agiert hat. Eine verantwortungsvolle Regierungsführung und die Achtung der Demokratie sind, wie Frau Kinnock richtig sagte, Voraussetzungen für die Hilfe der Europäischen Union. Doch im Gegensatz zu dem, was einige meiner Vorredner gesagt haben, bedeutet das nicht, dass wir das Land seinem Schicksal überlassen sollten. Es heißt vielmehr, wir sollten unsere Unterstützung Organisationen und Einrichtungen zuteil werden lassen, die dafür sorgen, dass das Geld bei den Armen, den Bedürftigen und den Schwächsten Kenias ankommt. Wenn die Wahlergebnisse jedoch nicht richtig kontrolliert und respektiert werden, dann darf das Geld nicht mehr wie bisher an die kenianische Regierung fließen. Wir müssen eine klare Botschaft vermitteln: Verantwortungsvolle Regierungsführung ist eine Voraussetzung für die Unterstützung durch die Europäische Union.
Anders Wijkman (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Diese Situation ist, wie bereits alle vor mir gesagt haben, sehr tragisch; sie erinnert an die Ereignisse in Addis Abeba vor einigen Jahren.
Ich bezweifle, dass das Problem ohne Neuwahlen gelöst werden kann. Das Beste wäre allerdings, wenn jetzt in Kenia ein Dialog stattfinden würde, um – vorzugsweise mit Unterstützung der Afrikanischen Union – eine Lösung herbeizuführen. Doch bis jetzt hat es kaum Fortschritte gegeben. Die Zeit drängt – das Gefüge des Landes löst sich bereits auf, während wir hier versammelt sind.
Wir können nicht einfach zuschauen, wenn die Lage nicht geklärt wird. Die Hilfe auszusetzen, ist unter den gegenwärtigen Umständen ein Muss. Zudem muss die EU im Falle des Scheiterns des Versöhnungsprozesses einschreiten und ihre Dienste als Vermittlerin anbieten. Ist der Rat, ist die Kommission bereit, das zu tun? Auf lange Sicht würde ich vorschlagen, nicht nur unsere Entwicklungszusammenarbeit, sondern insbesondere unser Programm, das an eine verantwortungsvolle Regierungsführung gekoppelt ist, ernsthaft zu überdenken sowie insbesondere den Parteien dabei zu helfen, sich zu richtigen Parteien zu entwickeln und zudem die Institution des kenianischen Parlaments zu stärken, denn das ist zum jetzigen Zeitpunkt eines der Hauptprobleme.
Colm Burke (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Da ich Kenia und insbesondere die Slums von Nairobi vor kurzem besucht habe, ist mir die Korruption bekannt, die es dort auch schon vor dieser Wahl gegeben hat. Ich verurteile den tragischen Verlust an bis zu 600 Menschenleben und die prekäre humanitäre Lage in Kenia seit den Wahlen vom 27. Dezember. Ich fordere die zuständigen Behörden und Interessenvertreter dazu auf, ihr Möglichstes zu tun, um Kenia Frieden zu bringen und zu gewährleisten, dass die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit geachtet werden.
Es ist äußerst bedauerlich, dass Kenia als eines der stabilsten und wirtschaftlich am höchsten entwickelten Länder Ostafrikas jetzt in so ein Chaos gestürzt ist, da sich das höchstwahrscheinlich nachteilig auf die Nachbarländer auswirken wird. Die EU-Wahlbeobachtungsmission schlussfolgerte, der Mangel an Transparenz und angemessenen Sicherheitsmaßnahmen habe die Glaubwürdigkeit der Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen ernsthaft untergraben.
Heute hat die Oppositionspartei von Raila Odinga erneut zu landesweiten Protesten gegen das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen vom vergangenen Monat aufgerufen. Diese Kundgebungen der Opposition sollen drei Tage dauern, trotz eines Verbots durch die Regierung. Solche Proteste könnten weiteres Blutvergießen zur Folge haben. Viele der Morde scheinen einzig und allein aus ethnischen Gründen begangen worden zu sein, wobei das abscheulichste dieser Verbrechen der brutale Angriff auf eine Kirche in der Nähe der Stadt Eldoret war, bei dem schätzungsweise über dreißig Kikujo getötet wurden.
Ich fordere Herrn Kibaki eindringlich dazu auf, die demokratischen Verpflichtungen seines Landes, die in der kenianischen Verfassung verankert sind, und die Leitlinien der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker zu achten. Ich appelliere an den Ratsvorsitz der EU und die Europäische Kommission, die Vermittlungsmission aufmerksam zu verfolgen, die mit Kofi Annan an der Spitze Ende dieser Woche beginnen wird und, wenn nötig, für eine unverzügliche Fortsetzung dieser Vermittlungsbemühungen durch eine hochrangige EU-Delegation, vielleicht in Form einer gemeinsamen EU-AU-Initiative, zu sorgen.
Karin Scheele (PSE). – Herr Präsident! Ich möchte mich der Frage von Kollegin Glenys Kinnock an Kommissar Michel anschließen. Was sind die Hauptpunkte? Wie kann man sich das vorstellen? In welche Richtung wird die Haushaltsunterstützung verändert?
Eine zusätzliche Frage: Ich nehme an, dass es bereits im jetzigen System der Haushaltsunterstützung Vorkehrungen gibt, dass man die Unterstützung in einer Situation, wie sie in Kenia nach den Wahlen herrschte, suspendiert?
Jan Mulder (ALDE). – (NL) Herr Präsident! Wir sind uns alle darin einig, dass der neuralgische Punkt in Kenia eindeutig das Verfahren bei den Präsidentschaftswahlen war. Relativ zufrieden stellend hingegen sind die Parlamentswahlen, die Wahlen für die Mitglieder des nationalen Parlaments, verlaufen.
Ich stimme Kommissar Michel zu, der die gestrigen Entwicklungen im kenianischen Parlament – das seinen Präsidenten gewählt hat und in dem die Parteien sowie die Opposition stark genug waren, um neue Präsidentschaftswahlen durchzusetzen – als ermutigend bezeichnete. Deshalb sollte das Europäische Parlament meiner Meinung nach alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen, um die parlamentarische Demokratie in Kenia zu unterstützen und nach Möglichkeit zu stärken. An der exakt einen Tag nach den Wahlen gewährten Budgethilfe ist von vielen Seiten dieses Hauses Kritik geübt worden.
Dem Kommissar möchte ich folgende Frage stellen – auch wenn dies formal wohl nicht gestattet ist. Würde er Beschlüsse zur Gewährung einer Haushaltsunterstützung künftig von dem dazu vertretenen Standpunkt des Europäischen Parlaments abhängig machen? Eine solche Entscheidung sollte meiner Ansicht nach nicht bei einer kleinen Gruppe von Beamten des Ausschusses für den Europäischen Entwicklungsfonds liegen, sondern zuerst sollte der Kommissar das Europäische Parlament um seine Stellungnahme ersuchen. Auf diese Frage hätte ich gerne eine präzise Antwort.
Filip Kaczmarek (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Kenias Beispiel zeigt, wozu ein Verfall der demokratischen Normen führen kann, und wie wichtig freie, transparente, ehrliche und gerechte Wahlen sind.
Die Verlierer der Wahlen sollten der Gewalt und Zerstörung Einhalt gebieten, unabhängig davon, ob sie in ehrlichem Wettstreit verloren haben oder ob sie von den Veranstaltern der Wahlen betrogen wurden. Wahllos Menschen verletzen, darunter auch Frauen und Kinder, hat nichts mit dem legitimen Kampf um die eigenen Rechte gemein. Die einzige Hoffnung, diese Art von Problemen wirklich lösen zu können, besteht darin, die Regierung und die Opposition davon zu überzeugen, dass es nicht das vorrangige Ziel der Politik ist, Macht zu erwerben und zu behalten. Das Ziel der Politik ist das Wohl der Menschen.
Die Rückkehr zur Normalität in Kenia muss deshalb mit dem Ende von Gewalt und Zerstörung beginnen. Ich begrüße, dass dies das Ziel der Vermittler der Afrikanischen Union ist; die Europäische Union sollte diesen Prozess unterstützen. Ich möchte Kommissionsmitglied Michel für seine Erklärung in diesem Sinne danken.
Michael Gahler (PPE-DE). – Herr Präsident! Der Umfang der Korruption in Kenia ist ja nicht erst seit kurzem bekannt, und als Konsequenz daraus haben ja viele Mitgliedstaaten — eigentlich alle Mitgliedstaaten — in den vergangenen Jahren die Budgethilfe eingestellt und eben auf Projekthilfe umgestellt. Das ist eigentlich einer der Kritikpunkte, die ich gegenüber der Kommission vorbringen möchte, da die Kommission diese Bedenken der Mitgliedstaaten offenbar nicht zur Kenntnis genommen hat und mit der Budgethilfe fortgefahren ist. Ich bin auch dafür, dass wir jetzt in geeigneter Form die Hilfe fortsetzen, aber eben nicht in der Form, dass die bisherigen Strukturen über Budgethilfe die Möglichkeit bekommen, das Geld zu verwalten.
Ich bin auch sehr dafür, dass wir die Institution, die jetzt legitimiert ist, nämlich das Parlament, in der nächsten Zeit unterstützen. Es ist kein Automatismus, dass alle gewählten Parlamentarier auch sauber sind und keine Korruption herrscht. Da mache ich mir auch keine Illusionen. Aber wir sollten einen beträchtlichen Teil der Unterstützung in die politischen Institutionen Kenias, in die Förderung des Parlamentes und in die Stärkung der Arbeitsfähigkeit unserer Kollegen lenken. Dann haben wir die Chance, dass diese neu legitimierten Kollegen eine Möglichkeit haben, es in Zukunft in Kenia besser zu regeln, als es die bisherige Regierung geschafft hat.
Eoin Ryan (UEN). – (EN) Herr Präsident! Ich glaube, es ist allgemein anerkannt, dass die jüngsten Präsidentschaftswahlen in Kenia nicht korrekt durchgeführt wurden. Ich bedaure das zutiefst, da Kenia ein Land ist, das jahrzehntelang politisch stabil war. Leider hat sich das in den vergangenen zwei Wochen geändert, in denen mehr als 600 Menschen getötet und 250 000 Menschen vertrieben wurden. Leider hat auch hier wieder einmal die Gewalt ethnische Ursachen.
Jetzt stellt sich die Frage, was die internationale Gemeinschaft und wir alle tun können, damit Kenia wieder ein politisch stabiles Land wird, bevor sich die Lage noch weiter verschlechtert. Einem konstruktiven politischen Dialog zwischen beiden Seiten muss eine hohe Priorität eingeräumt werden, und ich schließe mich den Vorrednern an, die gesagt haben, dass gestern ein guter Tag für das kenianische Parlament war. Ohne politisches Engagement wird es jedoch keine Einigung geben, und die Europäische Union drängt auf politische Gespräche. Es freut mich sehr, dass Kofi Annan und die Präsidenten von Tansania und Uganda bald dort eintreffen werden, um eine gewisse Einigung auszuhandeln.
Viele der Vertriebenen sind nach Uganda gegangen, d. h. es hat bereits Auswirkungen auf die Region um Kenia gegeben. Was die Hilfe und die Aufstockung der finanziellen Unterstützung für die humanitären Programme in Kenia durch die Europäische Union betrifft, so würde mich die Antwort von Kommissar Michel auf die von einigen Vorrednern gestellte Frage interessieren, wie genau dieses Geld ausgegeben werden soll und wie gewährleistet werden soll, dass es auch korrekt eingesetzt wird.
Ich finde, wir alle sollten bedenken – und insbesondere das Volk und die Politiker Kenias sollten bedenken –, dass die Geschichte immer wieder gezeigt hat, dass dort, wo ein politisches Vakuum entsteht, dieses oft von Extremisten ausgefüllt wird, doch die kenianischen Menschen haben etwas Besseres verdient.
Janez Lenarčič, amtierender Ratspräsident. − (SL) Herr Borrell hat davor gewarnt, uns lediglich auf die Äußerung von Befürchtungen zu beschränken. Dem stimme ich zu, und in diesem Zusammenhang möchte ich auf die Anfrage von Herrn Wijkman antworten, ob die Europäische Union bereit sei, bei der Suche nach einer Lösung mitzuwirken. Der Ratsvorsitz ist der Meinung, er müsse bereit sein, die Suche nach einer Lösung aktiv zu unterstützen. Aber wie sieht die Lösung aus?
Frau Martens hob die Notwendigkeit einer afrikanischen Lösung für ein afrikanisches Problem hervor. Da stimme ich mit ihr überein. Mit anderen Worten, die Europäische Union will ihre eigenen Lösungen für Probleme dieser Art nicht aufzwingen. Im Gegenteil. Allerdings ist es notwendig, bei der Suche nach einer geeigneten Lösung gemeinsam mit anderen Partnern in der internationalen Gemeinschaft, insbesondere denjenigen, die die gleichen Werte haben und die von Herrn Lambsdorff erwähnt wurden, aktiv mitzuhelfen. Daher wird der Vorsitz die Gruppe namhafter afrikanischer Persönlichkeiten unter der Leitung des ehemaligen UN-Generalsekretärs, Kofi Annan, nach besten Kräften unterstützen. Nach unserem Dafürhalten wird es auch notwendig sein, die humanitäre Hilfe fortzusetzen – selbstverständlich in angemessener Weise.
Herr Präsident, ich möchte allen Abgeordneten des Parlaments für Ihre Anmerkungen danken. Wir werden sie ganz bestimmt wahrheitsgetreu an unsere Kollegen im Rat weiterleiten. Es freut uns, dass der generelle Standpunkt der Organe im Wesentlichen übereinstimmt. Wir werden die Entwicklung der Ereignisse in Kenia sehr aufmerksam weiterverfolgen.
Louis Michel, Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident! Lassen Sie mich zunächst kurz daran erinnern, dass es nicht 30 Millionen, sondern 40,6 Millionen Euro waren, die vor mehreren Monaten als zweite Rate der 120 Millionen Euro für das „Poverty Reduction Budget Support Programme“ gezahlt wurden.
Die Zahlungsentscheidung war in Erwartung der Ergebnisse und Empfehlungen der dritten Revision dieses PRBS-Programms durch den Internationalen Währungsfonds hinausgeschoben worden.
Diese Ergebnisse lagen dann Anfang November vor, und auf der Grundlage der Zustimmung des Internationalen Währungsfonds billigte die Kommission im November in einem Schreiben an den kenianischen Finanzminister im Grundsatz die Zahlung von 40,6 Millionen Euro.
Allerdings beschloss die Kommission angesichts der bevorstehenden Wahlen und des Risikos, dass diese Zahlung durch die Regierung für Wahlkampfzwecke verwendet werden könnte, in Absprache mit den Mitgliedstaaten, die Zahlung nicht vor den Wahlen zu leisten, sondern erst danach, d. h. gemäß den geltenden Verfahren zum Stichtag 31. Dezember für finanzielle Verpflichtungen. Deshalb wurde die Zahlung technisch am 28. Dezember geleistet.
Ich verstehe, welche Aufregung das auslöst, aber es sei daran erinnert, dass die Unregelmäßigkeiten erst ab Freitag, dem 28. Dezember, abends und Samstag, dem 29. Dezember, zu Tage getreten sind, als die Übermittlung des Ergebnisses der letzten 49 von insgesamt 210 Wahlkreisen sich anormal verzögerte. Und wie Sie wissen, hat die Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union erst am Montag, dem 1. Januar, in ihrer vorläufigen Analyse festgestellt, dass die Wahlen nicht den internationalen Standards entsprachen. Es war also technisch gesehen zu spät, um die Zahlung dieses Betrags von 40,6 Millionen Euro zu verhindern oder zu blockieren.
Lassen Sie mich zweitens daran erinnern – weil das für die Argumentation wichtig ist –, dass ich vielem, was gesagt wurde, zustimme, dass es aber auch Dinge gibt, mit denen ich absolut nicht einverstanden bin. Wenn jemand behauptet, dass die Technik oder die Methode der Budgethilfe eine Methode oder Technik sei, die an keine Bedingungen oder Kontrolle gebunden ist, so ist das natürlich falsch. Ich möchte Sie nur darauf aufmerksam machen, dass wir vor einer abrupten Aussetzung der Budgethilfe zunächst prüfen sollten, ob der Vorschlag von Frau Kinnock und anderen, die Budgethilfe in eine projektbezogene Hilfe umzuwandeln, kurzfristig realisierbar wäre oder zumindest ebenso kurzfristig wie die Budgethilfe, um die Bevölkerung nicht in eine noch katastrophalere Notlage zu bringen. Es ist ja leicht, Prinzipien zu verkünden, aber man muss sich auch vergewissern, dass die Ergebnisse bzw. die Konsequenzen ihrer Umsetzung nicht zu einer weiteren Verschlechterung der Situation führen.
Lassen Sie mich zwei Anmerkungen zur Budgethilfe machen. Die Budgethilfe wird kontrolliert. Es müssen Belege vorgelegt werden, und sie ist nicht weniger transparent als das System der projektbezogenen Unterstützung.
Zu Frau Kinnock und anderen möchte ich sagen, dass selbstverständlich, falls es nicht rasch zu einer Einigung zwischen den Parteien kommt, wieder Ruhe herzustellen und, wie ich hoffe, sich auf die eventuelle Durchführung von Neuwahlen zu verständigen, wie Herr Wittmann es sich wünscht, die Budgethilfe, die dem Land, mit dem man diese Technik praktiziert, in gewisser Weise ein Gütezeichen verleiht, sicher nicht mehr umgesetzt werden kann und man bemüht sein muss, andere Mittel zur Gewährung von Hilfe zu finden. Ich bin jedoch absolut nicht dafür, die Entwicklungshilfe für Kenia schlichtweg auszusetzen. Man muss stets bedenken, dass hinter dieser Hilfe Menschen stehen, denen sie zugute kommt. Diese Klarstellung wollte ich machen, denn ich halte sie für wichtig.
Schließlich noch eine letzte Antwort zu zwei anderen Punkten. Müssen sofort Neuwahlen durchgeführt werden? Ich glaube, das wäre wünschenswert, wenn sich die Parteien einigen könnten. Man kann alle Wünsche der Welt äußern, aber zu glauben, dass Neuwahlen sofort durchgeführt werden könnten, ohne dass es zu einer Einigung zwischen den Parteien kommt, wäre nicht realistisch. Es muss auch darauf geachtet werden, dass nicht die Entstehung von Situationen begünstigt wird, die die Schwierigkeiten und das Unglück der Menschen noch vergrößern. Dieser Faktor darf nicht außer Acht gelassen werden, und ich glaube, dass wir mit sehr viel Umsicht handeln müssen. Ich bin für Neuwahlen, vorausgesetzt, dass ihnen eine Einigung vorangeht.
Wir werden die afrikanische Vermittlung uneingeschränkt unterstützen, und natürlich steht die Kommission, wie der Rat erklärt hat, für eine Vermittlungsmission zur Verfügung. Ich habe Kontakt zu Kofi Annan aufgenommen und lange mit ihm gesprochen. Ich habe ihm zugesagt, dass wir für eine Vermittlungstätigkeit zur Verfügung stehen – einschließlich dem Hohen Repräsentanten. Offenkundig wünscht man sich gegenwärtig zuerst eine afrikanische Vermittlung. Aus meiner Sicht ist das ein Element, das wir nicht übersehen dürfen.
Schließlich noch eine letzte Bemerkung zu der Frage von Herrn Mulder: Wenn der Europäische Entwicklungsfonds in den Gesamthaushaltsplan eingestellt wäre, wie das Parlament und ich selbst es verlangen, würde die Budgethilfe – beispielsweise vom Umfang, der Technik, der Kontrolle, der Überprüfung, dem Monitoring her – automatisch erfolgen, was das Verfahren deutlich vereinfachen würde.
Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viel einfacher und effizienter mein Leben wäre, wenn ich direkter von den Entscheidungen, den Optionen und der Kontrolle des Parlaments bezüglich der Verwendung meines Budgets abhinge.
Beim gegenwärtigen Stand der Dinge fürchte ich sehr, dass das leider nicht möglich sein wird, aber ich möchte natürlich gern über dieses Thema sprechen. Ihre Frage beweist einmal mehr, dass die Einstellung des Europäischen Entwicklungsfonds in den Haushaltsplan ein beträchtlicher Fortschritt hinsichtlich der Effizienz unserer Hilfe wäre.
Der Präsident. – (PL) Ich teile Ihnen mit, dass ich gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung sechs Entschließungsanträge(1) erhalten habe.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Donnerstag, dem 17. Januar 2008, statt.
Schriftliche Erklärungen (Art. 142)
Glyn Ford (PSE). – (EN) Die heutige Aussprache stimmt mich etwas traurig. Vor fünf Jahren, im Dezember 2002, war ich Mitglied der Wahlbeobachtungsmission des Europäischen Parlaments in Kenia, die von Frau Baronin Nicholson geleitet wurde. Die Wahl wurde im Einklang mit den internationalen Leitlinien abgehalten, und das verlieh dem Ergebnis eine Integrität, mit der der Sieg der Opposition zugesprochen werden konnte. Wir hatten damals die Gelegenheit, den antretenden Präsidenten Mwai Kibaki kennen zu lernen, und dabei hatten wir alle das Gefühl – neben der Überzeugung, dass dies eine faire Wahl war –, dass Kenia einer besseren Zukunft und einer Zeit mit größerer Effektivität und weniger Korruption entgegensah.
Doch jetzt sind wie im Schluss von George Orwells „Farm der Tiere“ die Schweine zu Menschen geworden und die Menschen zu Schweinen. Das System, das so viel versprechend begann, ist genauso korrupt und untauglich geworden wie das davor, und es hat im Laufe der Zeit die Hoffnungen und die Zukunft von Millionen Kenianern zerstört. Ich begrüße die handfesten Erklärungen des Leiters der EU-Wahlbeobachtungsmission. Ich hoffe, dass die Kommission den Versöhnungsprozess zwischen den zerstrittenen Gruppen fördern und wirksame Maßnahmen für den Fall androhen wird, dass keine Einigung erzielt wird.
James Nicholson (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Als ehemaliger Wahlbeobachter des Europäischen Parlaments in Kenia bin ich zutiefst beunruhigt über die Wende, die die Ereignisse seit der Wahl im Dezember genommen haben. Die Tatsache, dass Kenia jahrelang als das stabilste Land in diesem Teil des afrikanischen Kontinents angesehen wurde, macht diese Entwicklung doppelt bedenklich. Kenia ist, wie mein Land auch, Mitglied des Commonwealth. Ich unterstütze den Vorschlag des Commonwealth-Beobachtungsteams, unabhängige Richter aus dem Commonwealth mit der Überprüfung der Wahlergebnisse zu betrauen. Unser eigenes EU-Wahlbeobachtungsteam hatte ebenfalls vorgeschlagen, eine unabhängige Prüfung der Ergebnisse durchzuführen. Ich bin überzeugt, dass die kenianische Bevölkerung Vertrauen in eine solche, von Richtern aus dem Commonwealth durchgeführte, Überprüfung hätte.
Für uns hat es unmittelbar Priorität, dass in Kenia wieder Normalität einkehrt, womit ich eine friedliche Gesellschaft meine, in der der demokratische Prozess nicht in Frage gestellt wird. Die heutige Nachricht, die Sicherheitskräfte hätten verhindert, dass Politiker der Opposition eine Protestkundgebung veranstalten, verheißt nichts Gutes. Ich fordere die EU eindringlich dazu auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um zusammen mit anderen internationalen Organisationen zu gewährleisten, dass Kenia wieder zu Normalität und Demokratie zurückfindet.