Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Cem Özdemir im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über die Strategie der EU für Zentralasien (A6-0503/2007) (2007/2102(INI)).
Cem Özdemir, Berichterstatter. − Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst die Gelegenheit nutzen, den Schattenberichterstattern für die Unterstützung und für ihre wertvollen Anregungen für den Bericht in Sachen Zentralasien zu danken. Ich möchte aber auch die Gelegenheit nutzen, um dem AFET-Sekretariat ausdrücklich zu danken und natürlich auch den Fraktionsmitarbeitern, die man bei der Gelegenheit nicht vergessen sollte und ohne die dieser Bericht nicht möglich gewesen wäre. Ich möchte nur wenige hervorheben: Dag Sourander, Paolo Bergamaschi, Rosemary Opacic, Andrew Woodcock, Margaret François und meine Mitarbeiterin Rana Aydın.
Heute Abend befassen wir uns im Europäischen Parlament zum ersten Mal mit dem Bericht über Zentralasien. Ich finde, dies ist ein besonderer Moment für dieses Parlament, weil es ausdrückt, welche Bedeutung wir der Region Zentralasien in unseren Beziehungen einräumen. Zentralasien wird ein zunehmend wichtiger strategischer Partner für die Europäische Union. Nach Jahren der Vernachlässigung hat die Europäische Union die Notwendigkeit einer kohärenten Strategie gegenüber den fünf zentralasiatischen Republiken Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan erkannt. Nach dem Zerfall der Sowjetunion sind die fünf Republiken Mitglieder der OSZE geworden und haben sich damit allerdings auch verpflichtet, die Werte, die Standards und die Prinzipien dessen, was wir innerhalb der OSZE teilen, anzunehmen.
Unter der deutschen Ratspräsidentschaft nahm der Europäische Rat am 20./21. Juni 2007 eine gemeinsame Zentralasienstrategie an. Die Zentralasienstrategie bietet den fünf genannten Ländern an, die Erfahrungen und die Expertise in Schlüsselbereichen wie beispielsweise gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit, Demokratisierung, Menschenrechte, Bildung und Ausbildung zu teilen. Die Abhängigkeit der Europäischen Union von externen Energieressourcen sowie der Bedarf an einer diversifizierten Energieversorgungspolitik, um Energiesicherheit zu garantieren, ist ein gemeinsames Interesse der Europäischen Union und der zentralasiatischen Republiken. In dieser Hinsicht haben wir gemeinsame Interessen.
Allerdings reden wir, wenn es um den Bezug von Energiequellen geht, im Kern von zwei Ländern, nämlich von Turkmenistan und von Kasachstan. Usbekistan und Tadschikistan beispielsweise haben, wie wir in diesen Tagen wieder erfahren durften, selber Energieprobleme. Kirgisistan ist ein energiereiches Land, wenn es um Wasser geht, und wir haben es bewusst genannt. Hier folgen wir dem Vorschlag der Kommission und der Botschaften vor Ort, eine Wasser- und Energieakademie einzurichten, die das Thema gemeinsam betrachtet, auch im Sinne der Ökologie und im Sinne der Nachhaltigkeit. Es liegt auch im Interesse der betroffenen Länder, die Energierouten zu diversifizieren, weil wir kein Interesse an einer weiteren Erhöhung der Abhängigkeit gegenüber Russland haben können.
Die Partnerschafts- und Kooperationsabkommen sind wichtige Instrumente der bilateralen Kooperation mit den Staaten. Die Abkommen mit Kasachstan, Kirgisistan und Usbekistan sind bereits in Kraft getreten, während das Abkommen mit Tadschikistan noch nicht von allen Mitgliedstaaten ratifiziert wurde. Mit Turkmenistan haben wir bislang kein Abkommen unterzeichnet. Die Gründe sind bekannt. Es liegt an dem Isolationsregime, das bis Ende 2006 in Aschgabat herrschte. Wir hoffen – und ich nehme an, dass ich hier im Namen aller spreche –, dass in Turkmenistan ein Neubeginn erfolgt, und wir drücken der neuen Regierung die Daumen, dass sie mit demokratischen Reformen weitermacht. Der Weg allerdings – das muss an dieser Stelle auch gesagt werden – ist noch ein sehr langer. Die ersten Schritte in Richtung Öffnung, die erfolgt sind, begrüßen wir. Wir hoffen allerdings, dass dies erst der Beginn von dem ist, was wünschenswert ist.
Dieser Bericht orientiert sich klar an Zielen und Prioritäten hinsichtlich der Beziehungen zu diesen fünf Ländern. Es geht darum, dass wir länderspezifische und regionale Ansätze zusammenbringen. Es geht um Demokratie und um Rechtsstaatlichkeit, ohne dass wir die Menschenrechte übersehen wollen. Wir wollen klare benchmarks, die Indikatoren und Ziele definieren, damit unsere Partner wissen, womit sie es zu tun haben. Ich wünsche mir auch, dass die Kommission und der Rat sich weiterhin in aller Deutlichkeit beispielsweise für die Freilassung von politischen Gefangenen und auch für die Unabhängigkeit der Medien einsetzen. Und ich hoffe, dass die Regierungen sich durch diesen Bericht ermutigt fühlen, in Sachen Menschenrechte die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und vor allem die Freilassung von allen Menschenrechtsaktivisten ohne jedes Wenn und Aber zum schnellstmöglichen Zeitpunkt zu veranlassen.
Uns ist klar: Wir werden nur dann dauerhafte Stabilität in der Region gewinnen, wenn damit der Ausbau der Zivilgesellschaft einhergeht. Ohne aktive Zivilgesellschaften in Rechtsstaaten wird es auf Dauer keine Stabilität geben. Wer Energiesicherheit für uns möchte, der darf die Demokratie nicht dagegen ausspielen.
Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. − Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrter Herr Özdemir! Auch für uns ist Zentralasien eine Region wachsender Bedeutung, und ich stimme vollkommen mit Ihnen überein, dass es eine Brücke zwischen Europa und Asien ist, eine große strategische Bedeutung hat, ja auch ein Nachbar der Nachbarn ist, nämlich wenn ich den Kaukasus anspreche. Tatsächlich sind die zentralasiatischen Länder, wie Sie sagten, Mitglieder der OSZE und suchen damit auch eine enge Anbindung an Europa. Es ist wichtig, dass wir das weiterhin unterstützen. Diesem Wunsch wollen wir entgegenkommen, und wir hatten mit der deutschen Präsidentschaft eine wirklich gute Zusammenarbeit. Wir als Kommission haben Vorschläge unterbreitet, die dann auch von allen angenommen wurden. Damit haben wir eine neue und sehr wichtige Zentralasienstrategie.
Ich freue mich, dass das Europäische Parlament und Sie selbst, Herr Özdemir, mit diesem fundierten Bericht genau diese Frage aufgegriffen haben. Denn es ist sehr wichtig, in der Umsetzung dieser Strategie in der Zukunft voranzugehen.
Wir müssen natürlich auch immer wieder bedenken, dass die Europäische Union zwar bereits seit der Unabhängigkeit dieser Länder aktiv dort tätig ist, aber wir jetzt sozusagen einen neuen Schwung haben, und uns verstärkt diesen Ländern zuwenden. Ich begrüße daher auch besonders die klare Aussage in dem Bericht, dass das Europäische Parlament die Ratifizierung der Partnerschafts- und Kooperationsabkommen vor allem mit Tadschikistan voranbringen wird. Ich hoffe, dass das im Falle Turkmenistan ebenfalls geschehen kann, da gerade bei Turkmenistan ein erweiterter vertraglicher Rahmen auch eine intensivere Unterstützung der Rahmenbedingungen und der Reformen ermöglichen würde.
Wie Sie wissen, leisten wir bereits seit vielen Jahren bilaterale technische Hilfe im Rahmen des Reformprozesses und auch humanitäre Hilfe. Also wir beginnen nicht bei Null. Aber es besteht ein enormes Potenzial, um unsere Beziehungen weiter auszubauen. Daher haben wir in der neuen Strategie ganz konkret dargelegt, welche Ziele wir mit dem verstärkten Engagement erreichen wollen: tatsächliche Förderung von Reformen im Bereich der Menschenrechte, Demokratie, Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung, Investitionsförderung, Schutz der Umwelt, Gewährleistung der ökologischen Nachhaltigkeit, Ausbau der Energie- und Verkehrsverbindungen, aber auch Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen wie jener des Drogenhandels.
Die Strategie wird auch von der regionalen Hilfsstrategie der Europäischen Gemeinschaft für Zentralasien flankiert. Das unterstützt unsere politischen Ziele und leistet auch wichtige Beiträge zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele, vor allem in den Bereichen Armutsminderung und Gesundheit.
Es erscheint mir ganz besonders wichtig, in einigen besonderen Fragen wie den Menschenrechten, aber auch Bildung, Rechtsstaatlichkeit, in wichtigen regionalen Projekten in West- und Zentralasien, in der Frage der Wasserwirtschaft, der Ausweitung des Mandats der EIB voranzugehen. Sie haben mit Recht auf den energiepolitischen Dialog hingewiesen und auch darauf, dass eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit im Energiebereich mit Turkmenistan geschlossen werden sollte. Tatsächlich haben hier sowohl Kasachstan als auch Turkmenistan natürlich eine besondere Bedeutung für uns.
Ich darf vielleicht in diesem Zusammenhang kurz erwähnen, dass im Frühjahr das Europahaus in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat eröffnet wird, was die Visibilität unserer Maßnahmen dort erheblich verbessern wird. Ich hoffe, das selber durchführen zu können. Schließlich laufen auch die Vorbereitungen für die Eröffnung einer Delegation in Usbekistan und für die Aufwertung der Delegationen in Tadschikistan und Kirgistan nach Plan.
Abschließend noch eine kurze aktuelle Information zur derzeitigen Energie- und Lebensmittelkrise in Tadschikistan. Mein Kollege Louis Michel ist gerade dabei, den Vorschlag von ECHO zu prüfen, eine Reihe von dringlichen Hilfsmaßnahmen im Umfang von 750 000 Euro vorzubereiten, und ich hoffe, dass dieser Vorschlag auch in Kürze genehmigt werden kann.
Ich hätte sicher noch sehr viel mehr zu sagen, aber auch meine Redezeit ist begrenzt.
Josep Borrell Fontelles, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Entwicklungsausschusses. − (ES) Frau Präsidentin! Wie der Berichterstatter sagte, benötigt diese Region von Europa eine kohärente Strategie. Kohärenz bedeutet, den Europäischen Konsens zu Entwicklungsfragen zu erfüllen und insbesondere das Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit anzuwenden, das sich vor allem auf die Bekämpfung der Armut und die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele richtet.
Allerdings ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Region in der Lage sein wird, diese Aufgaben zu meistern, und es ist offenkundig, dass die Armut weiterhin eines der drängendsten Themen in den Ländern der Region sein wird, die Ölstaaten ausgenommen.
Dennoch gehören die Bekämpfung der Armut oder die soziale Integration nicht zu den wichtigsten Prioritäten dieser Strategie, und auch werden die Fragen des Gesundheitswesens oder des Abbaus der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nicht besonders betont.
Der Entwicklungsausschuss fordert, diese Ziele in eine Strategie einzubeziehen, die auf die Kohärenz mit diesen Ländern und mit anderen Instrumenten der Politik der Europäischen Union gerichtet ist.
Wir begrüßen es, dass die Bildungsthemen, insbesondere die Grundschulbildung, als ein Gebiet für die Zusammenarbeit genannt wurden. Das ist notwendig, weil die Bildung das Millenniums-Ziel ist, dessen Erreichung in diesen Ländern in weiter Ferne liegt.
Wir befürworten ebenfalls den Bezug auf die ILO-Konventionen für eine angemessene Arbeit und betonen, dass diese Standards in der Zusammenarbeit, den Investitionen und den Handelsbeziehungen eine umfassende Rolle spielen müssen, besonders bei der Bekämpfung der Kinderarbeit, die noch immer ein sehr ernstes Problem in diesen Ländern darstellt, speziell in Tadschikistan und Usbekistan.
Alojz Peterle, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (SL) Ich beglückwünsche den Berichterstatter, Herrn Özdemir, zu seiner ausgezeichneten Arbeit, und ich möchte ihm für die Zusammenarbeit bei diesem Bericht danken, in dem der klare politische Wille der Europäischen Union zu einer stärkeren politischen Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den Ländern Zentralasiens zum Ausdruck kommt, deren Fortschritte in Demokratie und Wirtschaft wichtig für die Stabilität weltweit sind.
In dem Bericht werden in realistischer, wohlwollender Weise die Fortschritte begrüßt, die die Länder dieser Region in vielen Bereichen erreicht haben. Gleichzeitig übt er konstruktive Kritik an politischen Mängeln, vor allem im Bereich der Menschenrechte, der Demokratie, der rechtsstaatlichen Grundsätze, des Umweltschutzes und der Gesundheit.
Der Bericht wurde unter umfassender Berücksichtigung der Vielfalt der zentralasiatischen Länder und in der Überzeugung ausgearbeitet, dass es in gegenseitigem Interesse liegt, die Zusammenarbeit nicht nur Energiebereich, sondern auch im umfassenderen Bereich Politik und Sicherheit und auf anderen Gebieten zu verstärken. Das Ziel neuer dynamischer Beziehungen findet auch Ausdruck in dem Vorschlag, die Fortschritte bei der Zusammenarbeit alle zwei Jahre zu bewerten, sowie in dem Hinweis, dass die Europäische Kommission dringend Delegationen für alle zentralasiatischen Länder einrichten sollte.
Die Länder Zentralasiens und sämtliche Mitgliedstaaten der Europäischen Union gehören der OSZE an und sind den gleichen Werten und Grundsätzen verpflichtet. Im Jahr 2010 wird Kasachstan den Vorsitz der OSZE übernehmen. Es hat damit großes Vertrauen erworben und wird das erste der zentralasiatischen Länder sein, das eine solch wichtige Verantwortung übernimmt. Ich hoffe, dass dies auch zur Förderung von Demokratie und allgemeinem Fortschritt in Kasachstan und allen anderen Ländern der Region sowie zu engeren Verbindungen zur Europäischen Union beitragen wird.
Meine Damen und Herren, ich begrüße es, dass die Europäische Kommission, der Rat und das Parlament, wenn es um Zentralasien geht, die gleiche Sprache sprechen. Es ist an der Zeit, die Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den Ländern Zentralasiens im Rahmen einer klaren und verbindlichen Strategie auf ein höheres Niveau zu heben.
Katrin Saks, im Namen der PSE-Fraktion. – (ET) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Bedauerlicherweise hat die Europäische Union Zentralasien ziemlich spät für sich entdeckt, und ich bin nicht ganz sicher, ob wir uns der Bedeutung der Region in ökonomischer und sicherheitspolitischer Hinsicht inzwischen vollkommen bewusst sind. Schaut man sich in diesem Saal um, so stellt man fest, dass es nicht eben die populärste Region ist. Auf jeden Fall sind die im letzten Jahr während des deutschen Ratsvorsitzes angenommene Strategie für Zentralasien und dieser Bericht des Europäischen Parlaments ein guter Schritt nach vorn. Ich gratuliere dem Berichterstatter und danke ihm für die angenehme und konstruktive Zusammenarbeit.
Die wichtigsten Probleme, die Zentralasien betreffen, werden auch in diesem Bericht angesprochen. Dazu zählen der Kampf gegen den Terrorismus, Energiefragen, der Kampf gegen Armut, der Drogentransit, Menschenhandel, Umweltfragen und die Entwicklung der Beziehungen zur Europäischen Union, die regionale Zusammenarbeit und die Herausforderungen der Globalisierung. Es geht darum, einerseits einen regionalen Ansatz zu verfolgen und andererseits jedes Land individuell zu beurteilen, denn obwohl wir es mit einer eigenständigen Region zu tun haben, unterscheiden sich deren Länder ganz wesentlich voneinander.
Das wichtigste Merkmal des Berichts ist die Tatsache, dass er das richtige Maß findet zwischen ökonomischen Aspekten und Menschenrechten. Da die in Frage stehenden Länder reich an Ressourcen sind, besteht die Gefahr, dass entsprechende Interessen die Oberhand über andere Werte in unseren Beziehungen erlangen. Erschwerend kommt hinzu, dass Zentralasien über keinerlei demokratische Erfahrungen verfügt, so dass sich die Umsetzung internationaler Standards dort schwierig gestaltet.
Noch komplexer gestaltet sich die Situation aufgrund der traditionell von Clans geprägten Beziehungen und des nach wie vor spürbaren sowjetischen Erbes. Es mag den Anschein haben, als benutzten wir dasselbe Vokabular wie Menschenrechte, Redefreiheit oder Pressefreiheit, wir besetzen es aber mit anderen Inhalten. Folglich ist die Zusammenarbeit nicht einfach, aber wir müssen uns das Interesse, das zentralasiatische Länder an der Europäischen Union haben, zunutze machen. Sie sind allerdings nicht auf uns angewiesen. In den letzten Jahren haben sich Russland wie auch asiatische Länder intensiv um eine Neugestaltung der Beziehungen zu dieser Region bemüht.
Dennoch bieten sich der Europäischen Union heute bessere Möglichkeiten für die Entwicklung ihrer Beziehungen denn je zuvor, weil sie die Verbindungen und Erfahrungen nutzen kann, die beispielsweise die baltischen Länder, die jetzt zur Europäischen Union gehören, sowie andere neue Mitglieder in der Vergangenheit mit den Ländern Zentralasiens unterhielten. Abschließend möchte ich feststellen, dass wir unsere Präsenz in der Region unbedingt verstärken müssen. Doch ausgehend von den Ausführungen der Kommissarin und der Tatsache, dass wir es in Zentralasien mit Ländern zu tun haben, die eine im Vergleich zur Europäischen Union junge Bevölkerung aufweisen, müssen wir unsere Vorhaben vornehmlich auf diesen Aspekt ausrichten.
Samuli Pohjamo, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FI) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Zunächst einmal möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Özdemir, für seinen gelungenen Bericht danken. Er hat hart in dieser Angelegenheit gearbeitet und einige grundlegende Fragen zur Strategie der EU für Zentralasien zur Sprache gebracht.
Aus dem Bericht geht eindeutig hervor, dass die EU Zentralasien unter zwei Aspekten betrachtet: Die Union will die Importe von Erdgas und Erdöl aus der Region steigern und die Transitwege diversifizieren. Gleichzeitig will sie auch die Menschenrechtslage verbessern, Demokratie und Gleichheit fördern und die Systeme der Staatsführung und der Justiz reformieren. Das richtige Verhältnis zwischen diesen Zielen zu finden, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Die EU muss die Umsetzung ihrer Strategie für Zentralasien intensivieren, die Umsetzung von Projekten beschleunigen und ihren Ansatz sowohl auf einzelstaatlicher als auch auf lokaler Ebene ausbauen.
Ich möchte betonen, wie wichtig der Dialog und die Zusammenarbeit zwischen der EU und Zentralasien sind. Gleichzeitig muss die Union auch die Beziehungen zwischen den Ländern Zentralasiens unterstützen und technische Hilfe für den Kampf gegen Menschenhandel und Drogenhandel leisten. EU-Beihilfen für das Gesundheitswesen, sozial- und bildungspolitische Reformen und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wissenschaft werden die Kontakte zur Zivilgesellschaft erweitern und die europäischen Werte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, stärken. Dies wird auch den Weg für eine Zusammenarbeit im Bereich der Energiepolitik bereiten.
Weiterhin möchte ich erwähnen, wie wichtig die Unterstützung der EU in den Bereichen Bildung, Aus- und Weiterbildung ist, die zu besseren Chancen für ein Studium in der EU und für den Austausch mit Studenten von Hochschulen in der EU führt. Ferner muss die EU die Länder Zentralasiens zu wirksameren Maßnahmen beim Umweltschutz anhalten und sie in ihrem Streben nach einer nachhaltigen Nutzung des Wassers und anderer natürlicher Ressourcen unterstützen.
Adam Bielan, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Auch ich möchte Herrn Özdemir für seinen ausgezeichneten Bericht danken.
Frau Kommissarin, Energiesicherheit ist zweifellos eine der größten Herausforderungen, denen sich die Europäische Union im 21. Jahrhundert gegenübersieht. Sie ist nur durch eine Diversifizierung unserer Versorgungsquellen zu erreichen, um die EU-Mitgliedstaaten von ihrer Abhängigkeit von Unternehmen zu befreien, die vom russischen Geheimdienst kontrolliert werden.
Die wichtigste Quelle für die Diversifizierung könnten die Länder Zentralasiens sein. Davon hätten sicher beide Seiten etwas: die EU-Mitgliedstaaten, die auf der Suche nach anderen Quellen für ihre Energieversorgung sind, und die Länder Zentralasiens, die ihre Rohstoffe zu einem höheren Preis verkaufen wollen.
Unterdessen ist aus der geplanten Verlängerung der Pipeline Odessa-Brody bis zur polnischen Hafenstadt Gdansk nichts geworden, und es sieht ganz danach aus, als werde auch die Nabucco-Pipeline, die einzige Pipeline, über die die EU-Mitgliedstaaten unter Umgehung von Russland mit Erdgas beliefert werden könnten, nicht gebaut, da sich Turkmenistan und Kasachstan im letzten Jahr mit Russland auf den Bau einer Gasleitung entlang des Ufers des Kaspischen Meeres geeinigt haben. Weitere Gründe sind die jüngste Vereinbarung zwischen Russland und Bulgarien und die Privatisierung der serbischen Ölindustrie.
Das hat zur Folge, dass unsere Länder aufgrund mangelnder Solidarität innerhalb der Europäischen Union und einer unwirksamen EU-Diplomatie zulassen, dass sie von Russland und China aus dieser wichtigen Region der Welt verdrängt werden. Deshalb möchte ich die Kommissarin fragen, welche konkreten Schritte die Europäische Kommission zugunsten von Vorhaben wie den Pipelines Odessa-Brody-Gdansk und Nabucco zu unternehmen gedenkt.
Jiří Maštálka, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (CS) Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich dem Berichterstatter für die Zeit und Mühe danken, die er in die Erarbeitung dieses Berichts investiert hat. Doch bedauerlicherweise muss ich dieser positiven Feststellung die Bemerkung anschließen, dass der fragliche Vorschlag äußerst zusammenhanglos und unsystematisch daherkommt und sich viele Elemente wiederholen. Meine Hauptfrage lautet: An wen wendet er sich eigentlich?
Ich fürchte, dieser Text wird bei den Nationen, um dies hier geht, ein gewisses Unbehagen auslösen. Die Diplomaten dieser Länder dürften sich mit der Aufgabe, sich der in diesem Bericht enthaltenen Kritikpunkte anzunehmen, schwer tun. Meines Erachtens wäre es künftig sinnvoller, die Entschließung vom Bericht mit seiner Begründung zu trennen. Als Beispiel möchte ich Kasachstan, eines der fraglichen Länder, anführen. Ende 2006 weilte der kasachische Präsident, Nursultan Nasarbajew, in Brüssel. Ich glaube, die Kommissarin war damals ebenfalls hier bei uns. Zu diesem Anlass wurde viel Anerkennung und Lob geäußert. Beim Lesen des Berichts entsteht jedoch der Eindruck, dass das Lob nicht ernst oder aufrichtig gemeint war. Ist der Umfang der Öl- und Gaslieferungen das Maß für unsere Objektivität? Wissen wir, ob Kasachstan tatsächlich ein Programm mit dem Titel „Pass to Europe“ durchführt, das den aufrichtigen Wunsch dieser Republik nach engeren Beziehungen zur EU in den jeweiligen Bereichen zum Ausdruck bringt? Meines Erachtens bietet der Bericht keine ehrliche Antwort auf die kasachische Frage, ob Kasachstan sowohl in geographischer als auch allgemeinerer Hinsicht als Teil Europas gelten kann. Ich halte außerdem den traditionell herablassenden Ton, den die EU gegenüber ihren armen und ungebildeten Brüdern und Schwestern anschlägt, für unangebracht.
Der Text differenziert überhaupt nicht zwischen den verschiedenen Ländern der Region, sei es in Bezug auf Menschenrechte oder Fragen der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung. Die Auflage, diese Länder den Ländern Zentralasiens und der Mongolei zuzuordnen, kann nur als ein Versuch verstanden werden, Staaten zu einer Gruppe zusammenzufassen, die von den Berichterstattern als Länder mit ähnlicher geopolitischer Bedeutung – vermutlich als potenzielle Plattform gegen Russland und China – betrachtet werden. Einige der Formulierungen im Resolutionsentwurf sind fragwürdig. Was ist mit Erwägungsgrund R gemeint, in dem es heißt, „dass eine Reihe ganz unterschiedlicher Länder seit jeher oder in neuerer Zeit rechtmäßige Interessen in der Region verfolgt haben“? Bringen wir damit unsere Unterstützung für die kolonialen Bestrebungen einiger europäischer Mächte der Vergangenheit zum Ausdruck, oder machen wir uns Sorgen um die Interessen einiger Ölunternehmen? Außerdem kann ich mit der Feststellung, dass Russland und China versucht haben, ihren jeweiligen Einflussbereich in Zentralasien durch die Einrichtung der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit zu vergrößern, nichts anfangen.
Abschließend möchte ich feststellen, dass die lobenswerte Absicht, die Beziehungen der EU zu den Ländern Zentralasiens zu verbessern, und die Bemühungen, die demokratische, soziale und politische Entwicklung der Region zu unterstützen, im Entwurf der Entschließung durch die problematischen Interessen bestimmter ehrgeiziger Gruppen in den Hintergrund gedrängt werden. In Anbetracht der tatsächlichen Ziele und Bedürfnisse der EU ist der so entstandene Text meines Erachtens inakzeptabel.
Bastiaan Belder, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Frau Präsidentin! Herr Özdemir stellt in seinem Bericht zu Recht die wichtige strategische Bedeutung Zentralasiens für die Union heraus. Zudem erklärt er, dass Abkommen mit Drittstaaten von einem klaren Engagement für die Menschenrechte im jeweiligen Partnerland abhängig gemacht werden müssen. Im Dialog müssen die Dinge beim Namen genannt werden.
Turkmenistan zählt zu den vom Berichterstatter erwähnten zentralasiatischen Ländern. Religionsfreiheit ist in diesem Land eine Schimäre. Religion steht vollständig unter staatlicher Kontrolle. Die „Ruhnama“ – Staatsreligion und Personenkult um den ehemaligen Präsidenten Nijasow – gilt nach wie vor als Maßstab. Nicht eingetragene religiöse Gruppen haben es demzufolge sehr schwer. Diese Gläubigen befinden sich in einer misslichen Lage. Durch Einschüchterung von staatlicher Seite werden sie in ihrer Religionsfreiheit eingeschränkt, und auf dem Gebiet der Freizügigkeit und des Immobilienbesitzes stoßen sie auf Probleme. Die Lage der russischen Baptistenpriester Kalatajewski und Potolow, zu denen ich im vergangenen Herbst Anfragen an die Kommission richtete, ist lediglich ein Beispiel dieser entsetzlichen alltäglichen Realität.
Seien Sie daher so gut und überdenken Sie noch einmal die von mir eingebrachten Änderungsanträge, nämlich die Ziffern 12 und 13. Turkmenistan ist ein Land, das für die Diversifizierung der Energieversorgung der Europäischen Union von Bedeutung ist, soviel ist sicher. Aber es verdient auch Beachtung im Hinblick auf die Lage der von mir erwähnten religiösen Gruppen und anderer Minderheiten. Das gilt übrigens auch für unsere übrigen zentralasiatischen Partner. Ich zähle auf Ihre Unterstützung.
Charles Tannock (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Eine Partnerschaft zwischen der EU und Zentralasien ist längst überfällig, und ich gratuliere Herrn Özdemir zu seinem Bericht. Diese riesige und strategisch äußerst wichtige Region wird von dreierlei Seiten umworben: von China, Russland und Europa. Wir müssen unbedingt alles in unseren Möglichkeiten Stehende unternehmen, um sicherzugehen, dass sich Zentralasien vernünftigerweise zu einer Partnerschaft mit der Europäischen Union entschließt.
Die schrittweise Lösung Turkmenistans aus der Isolation, bietet der EU einen entscheidenden Spielraum an Möglichkeiten. Die Sicherstellung einer regelmäßigen und verlässlichen Versorgung mit ausreichenden turkmenischen Erdölressourcen würde die derzeitige übergroße Abhängigkeit Europas von Russland verringern. Dazu wird eine neue transkaspische Pipeline zur Verbindung mit dem Nabucco-Projekt notwendig sein.
Usbekistan, das nach dem Andijan-Massaker zu Recht mit Sanktionen belegt wurde, hat mit der EU einen Dialog zum Thema Menschenrechte aufgenommen. Damit macht es einen bedeutenden Schritt vorwärts. Es liegt auf der Hand, dass noch große Fortschritte erzielt werden müssen, bevor Usbekistan als richtig demokratisches Land gelten kann. Allerdings ist Usbekistan ein unverzichtbarer Verbündeter im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, insbesondere was Afghanistan anbelangt.
Aus EU-Sicht muss Kasachstan als die Kronjuwelen Zentralasiens betrachtet werden. Die riesigen Vorräte an Öl, Gas und mineralischen Rohstoffen, inklusive Uranvorkommen, sind ein offensichtlicher Anziehungspunkt. Auch wenn Kasachstan keine westlich-liberale Demokratie in unserem Verständnis ist, macht es bedeutende Fortschritte als multireligiöses, säkulares Land mit einer muslimischen Mehrheit. In Anbetracht der Tatsache, dass Kasachstan noch vor siebzehn Jahren eine Republik der ehemaligen Sowjetunion war, wird sein OSZE-Vorsitz im Jahr 2010 seinen Vormarsch zu mehr politischer Freiheit und einer besseren Menschenrechtslage weiter festigen.
Als Berichterstatter der Östlichen Dimension der ENP schlug ich einmal vor, Kasachstan könne eines Tages ENP-Mitglied werden. Nach meinem Dafürhalten wird es irgendwann auf eine eher in diese Richtung gehende Lösung hinauslaufen.
Jan Marinus Wiersma (PSE). – (NL) Frau Präsidentin! Auch ich möchte den Berichterstatter, Cem Özdemir, beglückwünschen. Leider ist wahrscheinlich der übergroße Teil der Bevölkerung Zentralasiens schon lange schlafen gegangen.
Die Europäische Union hat Zentralasien lange vernachlässigt. Die nunmehr entwickelte Strategie ist ein zu begrüßender Schritt, der diese Lücke füllt. Wie bereits zahlreiche Redner erklärt haben, verfolgt die Union handfeste Interessen in der Region. Wir entscheiden uns für eine realistische Strategie, die die einzelnen Facetten unserer Beziehungen zu Zentralasien und die dortigen Entwicklungen im Zusammenhang betrachtet. Wie unser EU-Sonderbeauftragter, Pierre Morel, bei zahllosen Gelegenheiten erklärt hat, ist die Entwicklung eines Energiedialogs ohne unsere Hilfe beim Aufbau funktionierender Staaten überhaupt nicht möglich. Und funktionierende Staaten bedeutet Demokratisierung. Eine Garantie dafür, dass die neue Strategie ein Erfolg wird, gibt es nicht. Das wird in starkem Maße von ihrer Umsetzung abhängen. Wir erwarten vor allem, dass die Europäische Kommission die Strategie konkret ausgestaltet. Selbstverständlich darf dabei die Lage der Menschenrechte nicht aus den Augen verloren werden.
Was Usbekistan betrifft, so bleibe ich dabei, dass wir gegenüber diesem Land hart bleiben müssen, bis uns das dortige Regime deutlich signalisiert, dass es tatsächlich bereit ist, den Weg in Richtung Demokratie einzuschlagen.
Kasachstan ist ein wichtiger Punkt. Ich teile die allgemein herrschende Ansicht, dass dieses Land in der Region eine Schlüsselrolle spielt. Ich stimme mit Herrn Tannock nicht darin überein, dass dieses Land in die ENP aufgenommen werden sollte. Gleichwohl sollten wir prüfen, inwieweit wir die Beziehungen zu Kasachstan verbessern können. Ich war selbst dort und war von der Dynamik des Landes – nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch gesellschaftlicher Hinsicht – beeindruckt. Zu meiner Freude wurde Übereinstimmung in der Frage erzielt, ob Kasachstan den Vorsitz der OSZE übernehmen kann. Froh stimmt mich auch, dass diese Zusage, diese Entscheidung, an einige Bedingungen geknüpft ist. In den nächsten Jahren können wir Kasachstan aufmerksam beobachten und uns davon überzeugen, ob es diese Bedingungen auch erfüllt.
Noch eine Bemerkung zum Schluss. Wir können in Zentralasien alle möglichen Dinge unternehmen. Aber nur dann, wenn wir auch die Rolle Russlands und Chinas in der Region berücksichtigen. Folglich müssen wir auch in unserer Politik gegenüber Russland und China überlegen, wie unser wachsendes Interesse in dieser Region aussehen könnte. Als ich dort war, in Kasachstan, erfuhr ich, dass China und Russland nicht ihre einzigen wichtigen Partner sind und sie sich auch engere Beziehungen zur Europäischen Union wünschen. Unsere neue Strategie erweist sich vielleicht als passende Antwort darauf.
Ona Juknevičienė (ALDE). – (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte zuallererst Herrn Özdemir zur Erstellung dieses sehr umfassenden Berichts gratulieren.
Als Vorsitzende der Delegation für die Beziehungen zu den Ländern Zentralasiens und in Bezug auf diese Entschließung möchte ich einige Punkte ansprechen, die ich für wichtig halte.
Zunächst besitzt Zentralasien für die Europäische Union und die gesamte Welt eine offensichtliche und wachsende Bedeutung, zweifellos aufgrund seiner reichen Energieressourcen. Wir haben viele gemeinsame Interessen, die Sicherheit zu verbessern und das Problem Bedrohung durch Terrorismus und Drogenschmuggel in Angriff zu nehmen. Ich bin froh darüber, dass die Strategie der Europäischen Union für eine neue Partnerschaft mit Zentralasien, wie auch der vorliegende Bericht, diese Probleme sehr deutlich formuliert.
Diese Region deckt eine entscheidende geostrategische Fläche ab, insbesondere durch ihre Grenzlage zu Afghanistan, China und Russland. Deshalb müssen wir unsere Ziele und Prioritäten klar festlegen und dabei diesen Kontext berücksichtigen.
2010 wird das Land Kasachstan den Vorsitz der OSZE übernehmen, die für die Wahrung der Demokratie und der grundlegenden Menschenrechte verantwortlich ist. Dies freut mich für meine Kollegen, allerdings mache ich mir Sorgen um die Menschen in Kasachstan, wo das amtierende Parlament kein einziges Oppositionsmitglied zählt.
Für alle Länder Zentralasiens ist es noch ein langer Weg zu wirtschaftlichen und politischen Reformen und dem Errichten demokratischer Gesellschaften. Am Beispiel der ehemaligen Sowjetrepubliken, einschließlich meines Heimatlandes Litauen, zeigt sich, dass 17 Jahre Unabhängigkeit für einen vollständigen und wirklichen Wandel nicht ausreichen. Unsere vordringliche Botschaft muss allerdings ankommen, nämlich dass Europa keine materiellen Vorteile auf Kosten der menschlichen Grundwerte verfolgen wird.
Wiesław Stefan Kuc (UEN). – (PL) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Die in dem Bericht von Herrn Özdemir behandelte Erringung der Unabhängigkeit der zentralasiatischen Länder vor fast zwanzig Jahren bewirkte nach Jahren der Versklavung einen völligen kulturellen Umbruch.
Natürlich haben diese Länder in bis dahin gewohnter Weise von ihrer neuen Freiheit Gebrauch gemacht. Es ist schwierig, in so kurzer Zeit Veränderungen zu bewirken. Diese Nationen haben dank traditionsverwurzelter kultureller Unterschiede Jahrhunderte überdauert. Das ist etwas, was wir respektieren sollten und müssen. Veränderungen brauchen Zeit, damit sie nicht zu Feindseligkeiten gegenüber unserer eigenen Kultur und unseren Erwartungen führen.
Die wirtschaftlichen Verbindungen mit der russischen Föderation blieben auch nach Erringung der Unabhängigkeit bestehen und sind nach wie vor sehr eng. Die russische Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft üben einen enormen Einfluss auf die inzwischen unabhängigen Staaten aus. Solange wir seitens der Europäischen Union keine alternativen Beziehungen aufbauen, sind unsere Bemühungen trotz der Erwartungen, die diese Länder in uns setzen, zum Scheitern verurteilt.
Wir müssen mit der Wirtschaft anfangen: Wir sollten die russischen Pipelines durch unsere ersetzen, russische Ausrüstungen durch unsere Ausrüstungen und die russische Sprache durch Englisch. Damit leiten wir einen systematischen kulturellen Wandel ein.
Gerard Batten (IND/DEM). – (EN) Frau Präsidentin! Dieser Bericht bringt Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die neue kirgisische Verfassung, über die im Rahmen einer Volksabstimmung im Oktober 2007 ohne umfassende Aussprache abgestimmt wurde, das Kräftegleichgewicht verändern könnte. Die kirgisische Verfassung wurde 1996 in einer umstrittenen Volksabstimmung geändert, und 2003 gab es eine erneute Volksabstimmung, die neue Verfassungsänderungen absegnete.
Im weiteren Verlauf missbilligt der Bericht das „ängstliche Bestreben (der zentralasiatischen Republiken), die innenpolitische Kontrolle zu wahren“, das „naturgemäß Regierungsformen zu eigen ist, die wenig Interesse zeigen, die Zustimmung des Volkes als Grundlage ihrer Herrschaft zu gewinnen“.
Moment mal, über wen reden wir hier eigentlich? Über eine Verfassungsänderung, die „das Gleichgewicht der Kräfte erheblich verändern könnte“. „Ängstliche[s] Bestreben, die innenpolitische Kontrolle zu wahren“, mit „wenig Interesse [...], die Zustimmung des Volkes als Grundlage [der] Herrschaft [einer politischen Elite] zu gewinnen“. Das klingt wie ein Auszug aus einem Bericht der UK Independence Party zur Europäischen Verfassung – Verzeihung, ich meinte den Lissabonner Vertrag.
Ich bezweifle, dass die fünf zentralasiatischen Republiken ein Beispiel an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind, aber zumindest hatten die Politiker in Kirgisistan, als sie die Verfassung ändern wollten, den Anstand, die Bevölkerung in einer Volksabstimmung zu befragen.
Das ist etwas, wozu die Europäische Union gegenüber der europäischen Bevölkerung weder den Anstand noch den Mut hatte.
Rihards Pīks (PPE-DE). – (LV) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Vielen Dank. Zunächst möchte ich dem Berichterstatter, dem Schattenberichterstatter und ihren Assistenten danken, denn der Bericht ist sehr umfangreich und umfasst eine Vielzahl von Verweisen und Untersuchungsergebnisse. Außerdem enthält er eine Analyse für jedes Land. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit jedoch auf einige Punkte lenken, die meines Erachtens nicht angemessen behandelt wurden. Hinzufügen möchte ich, dass ich die von der Kommissarin erwähnten konkreten Maßnahmen, die in nächster Zukunft in diesen Ländern ergriffen werden sollen, sehr begrüße. Mir scheint allerdings, dass weder der Bericht noch die Strategie der Europäischen Union generell ausreichend strategische Entscheidungen oder Aktionen in Bezug auf diese Länder vorsehen, während ich den Eindruck habe, dass Russland, China, Südkorea und Indien einen beträchtlichen Einfluss auf diese Region ausüben. Ich möchte Sie zudem auf etwas aufmerksam machen, das mein Kollege Adam Bielan bereits erwähnt hat. Am 10. Oktober 2007 kamen die Staats- und Regierungschefs mehrerer Länder in Vilnius zusammen, um über Energiepipelines vom Kaspischen Meer zu diskutieren. Eine Woche zuvor war Herr Putin, der nicht oft ins Ausland reist, zusammen mit Herrn Nasarbajew nach Turkmenistan aufgebrochen und hatte, nachdem er einen etwas höheren Preis für Gas geboten hatte, eine politische Vereinbarung unterzeichnet, der zufolge sämtliches Gas von Turkmenistan und Kasachstan durch russische Pipelines strömen würde. Damit, so könnte man sagen, nahm er die Feststellung durch unseren Kollegen vorweg. Meines Erachtens bestehen hier Ähnlichkeiten zu den Ereignissen von Andijan, wo der usbekische Präsident nur wenige Monate später gezwungen war, die Schließung des US-Stützpunktes zu fordern. Ich glaube, dass wir auch diesen Aspekten mehr Aufmerksamkeit schenken sollten... Ich möchte lediglich darauf aufmerksam machen, dass wir sorgfältiger analysieren und auch diese strategischen Aspekte in Betracht ziehen müssen. Vielen Dank.
Józef Pinior (PSE). – (EN) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich Herrn Özdemir zu seinem ausgezeichneten Bericht über die EU-Strategie für Zentralasien gratulieren.
Zentralasien liegt auf dem Weg, der die großen euro-asiatischen Zivilisationen seit der Antike miteinander verbunden hat. Im heutigen globalen Kontext kann die alte Seidenstraße als ein Symbol für das große politische, kulturelle und das Handelspotenzial dieser Region gewertet werden. Zentralasien ist die Region, in der die Europäische Union, China, Indien und der Iran aufeinandertreffen. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Länder dieser Region – Kasachstan, Kirgistan, Turkmenistan und Usbekistan – in den kommenden Jahren zu den wichtigsten Gebieten der außenpolitischen Arbeit der EU gehören werden.
Zentralasien ist übrigens eine Region, an der sowohl die EU als auch die Türkei interessiert ist. Der kulturelle, sprachliche und strategische Einfluss der Türkei in dieser Region ist eines der Argumente für eine türkische EU-Mitgliedschaft.
Ich möchte auf zwei Dinge hinweisen. Erstens sollte die EU in diesen Ländern Hilfe in den Bereichen Menschenrechte, Demokratie und Bildung leisten. In diesen Ländern besteht Bedarf an EU-Unterstützung für die Entwicklung der Zivilgesellschaft, des liberal-demokratischen Wandels und der Rechtsstaatlichkeit.
Zweitens möchte ich die Bedeutung einer Partnerschaft im Bereich Energiepolitik hervorheben. Besondere Aufmerksamkeit sollte Projekten zuteil werden, die Öl- und Gasvorkommen und das Verteilungsnetz in Zentralasien mit Pipelines in der Europäischen Union verbinden, was auch zukünftige Vorhaben wie das Nabucco-Projekt einschließt. Ein Ausbau der Zusammenarbeit zwischen Zentralasien und der Schwarzmeer-Region in den Bereichen Energie und Verkehr sind zur Erreichung der EU-Ziele unverzichtbar.
Olle Schmidt (ALDE). – (SV) Frau Präsidentin! Frau Kommissarin! Die Strategie der EU für Zentralasien ist ein großer Schritt nach vorn. Die Stärkung unserer gemeinsamen Präsenz durch einen Sonderbeauftragten sowie die geplante Einrichtung von Delegationen in der Kirgisischen Republik und in Tadschikistan verbessern unsere Möglichkeiten für einen intensiven Dialog mit den einzelnen Ländern und werden die Möglichkeiten für unsere Arbeit in dieser Region verbessern.
Zentralasien wird zunehmend eine wichtige Rolle spielen, insbesondere – und das wurde hier bereits angeschnitten – im Hinblick auf den Zugang zu Energie, die nicht direkt oder indirekt durch Russland kontrolliert wird. Die Region besteht aus neuen Staaten, die Unterstützung bei der Entwicklung und Stärkung ihrer Demokratie, im Kampf gegen Kriminalität sowie bei der Unterbindung des Drogenschmuggels nach Russland und in die EU brauchen, für den einige Länder dieser Region die Durchfahrtswege bilden. Gleichzeitig sind diese Länder natürlich auch wichtige Partner bei der Bekämpfung der weltweiten Entstehung von Terrorismus.
Die EU hat hier die Möglichkeit, ihre Vorzüge auf dem Gebiet der Außenpolitik unter Beweis zu stellen, indem sie alle Werkzeuge der so genannten Soft policy in Form von Entwicklungshilfe und Handel zur Anwendung bringt. Darüber hinaus kann die Europäische Union beim Aufbau demokratischer Institutionen sowie eines funktionierenden Rechtsstaates, der die Menschenrechte sowie eine echte Rede- und Pressefreiheit achtet, behilflich sein.
Die zentralasiatischen Länder haben großes Interesse, ihren Öl- und Gasexport auf eine breitere Grundlage zu stellen. Hier müssen wir seitens der EU effektive und gut finanzierte Alternativen zu russischen und chinesischen Gasleitungen anbieten. Die Europäische Union muss ihre Verantwortung für unsere gemeinsame Energiesicherheit wahrnehmen, denn anderenfalls besteht die Gefahr, dass alle unsere gemeinsamen Anstrengungen fehlschlagen werden.
Weitere Öl- und Gasleitungen aus Zentralasien in russischem Besitz sind für mich kein Beitrag zu der Unabhängigkeit im Energiesektor, den wir für die EU anstreben sollten.
Janusz Wojciechowski (UEN). – (PL) Frau Präsidentin! Kasachstan ist das zentralasiatische Land, das ich am besten kenne und das sich über eine riesige Fläche zwischen China, Sibirien und Europa erstreckt. Paradoxerweise zählen wir auch solche Länder zu den zentralasiatischen Ländern, deren Territorium geographisch teilweise Europa zuzuordnen ist. Mit einer Bevölkerung von 16 Millionen Menschen und über 100 ethnischen Gruppen und Religionen ist uns Kasachstan in Bezug auf seine Traditionen und Geschichte fremd, doch die Politik dieses Landes und die Bestrebungen seines Volkes deuten auf einen ausgeprägten Wunsch nach Annäherung an Europa hin.
Außerdem ist Kasachstan aus kultureller Sicht mehr europäisch als asiatisch. Zwar hat das Land Probleme, aber es ist stabil und führt demokratische Reformen durch. Hinzu kommt, dass die Stabilität in dieser Region für die Sicherheit in der ganzen Welt sehr wichtig ist. Wir sollten den Prozess der Stabilisierung und Annäherung an Europa in Kasachstan und den anderen Ländern Zentralasiens unterstützen. Wir sollten alles unterstützen, was die zentralasiatischen Länder Europa näher bringt, und zwar vor allem deshalb, weil sie einen wichtigen Beitrag zur Gewährleistung der europäischen Energieversorgungssicherheit leisten können.
Roberta Alma Anastase (PPE-DE). – (RO) Meine Damen und Herren! Als Berichterstatterin für die Zusammenarbeit mit der Schwarzmeerregion möchte ich auf die enorme Bedeutung verweisen, die die interregionale Zusammenarbeit zwischen Zentralasien und der Schwarzmeerregion hat. Ich danke dem Berichterstatter dafür, dass er meine Vorschläge zu dieser Thematik berücksichtigt hat und hoffe, dass sowohl die Kommission als auch der Rat nachhaltige Anstrengungen unternehmen werden, um sie durch Verwirklichung der neuen Strategie für Zentralasien umzusetzen.
Die Zusammenarbeit zwischen beiden Regionen und deren Stärkung stellen ein Ziel sowohl für die Europäische Union als auch die Länder Zentralasiens und der Schwarzmeerregion dar. Besonders deutlich wird das im Bereich Energie und Verkehr, denn Zentralasien bildet für die Europäische Union eine wichtige Quelle für Energieressourcen. Deshalb begrüße ich die Tatsache, dass der Bericht diesbezüglich zwei Hauptüberlegungen in den Mittelpunkt stellt.
Erstens geht es darum, die Transportwege und die Energieinfrastruktur zu entwickeln, die die Energiequellen in Zentralasien mit der Schwarzmeerregion und letztlich mit der Europäischen Union verbinden und einen wichtigen Beitrag zur Gewährleistung der Energiesicherheit und -vielfalt in der Europäischen Union leisten. Deshalb verweise ich mit Nachdruck auf die entscheidende Bedeutung des Nabucco-Projekts und schließe mich der Forderung des Berichts an, seiner erfolgreichen Umsetzung besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Zweitens umfasst eine konsequente Energiepolitik auch die Schaffung eines transparenten und wettbewerbsfähigen Energiemarktes. Die Europäische Union sollte in diese Richtung laufende Maßnahmen unterstützen, und zwar sowohl durch Intensivierung des Dialogs mit den Ländern Zentralasiens und der Schwarzmeerregion als auch durch zusätzliche Maßnahmen wie die Förderung des Beitritts zur Welthandelsorganisation.
Dennoch sollten sich diese Zielsetzungen in die Gesamtstrategie für Zentralasien einfügen, die auf nachhaltige Entwicklung und Stabilität ausgerichtet ist. Aus diesen Gründen kommt es neben der Energiepolitik darauf an, in allen fünf Republiken Reformen zu unterstützen, deren wichtigste Elemente Menschenrechte und verantwortungsbewusste Staatsführung, Bildung und lebenslanges Lernen sein sollten.
Vural Öger (PSE). – Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich Cem Özdemir zu seinem sehr gelungen Bericht beglückwünschen. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union hat sich mit zögerlichen Schritten in das Rennen um Zentralasien eingeschaltet und hat nach Russland, China und den USA ein spätes Interesse an dieser Region entwickelt. In Zentralasien wird die Europäische Union bisher nicht als Global Player wahrgenommen. Insbesondere um die Abhängigkeit von Russland in Energiefragen zu verringern, war eine EU-Strategie für Zentralasien längst überfällig. Sie wurde von der deutschen Ratspräsidentschaft initiiert. Es ist wichtig, dass es jetzt ein Follow-up gibt.
Leider wird immer wieder klar, dass es der Energieaußenpolitik der EU noch immer an einer gemeinsamen Stimme fehlt. Wir in Europa mussten vor allem auf Diversifizierung, gemeinsame Interessenvertretung und Solidarität bei Krisensituationen setzen. Doch die bilateralen Energievereinbarungen der EU-Mitgliedstaaten mit Dritten stellen ein geschlossenes Auftreten der Europäischen Union immer wieder in Frage. Eine gemeinsame Energieaußenpolitik ist aber im Interesse der Europäischen Union und ihrer Bürger.
Die für unsere Bürger extrem wichtige Energieversorgung darf allerdings nicht das einzige Motiv der Beziehungen der Europäischen Union mit dieser Region sein. Wir wollen nicht unilateral Profit aus einer Strategie für Zentralasien schlagen. Darin muss sich Europa von anderen Akteuren in der Region unterscheiden. Es kommt vielmehr auch darauf an, den Staaten Zentralasiens beim Aufbau von Rechtsstaatlichkeit und demokratischen Gesellschaftsformen sowie einer funktionierenden Wirtschaft zu helfen. Europa sollte damit in dieser Region stärker ins Bewusstsein der Bürger rücken. Das muss jedoch mit der gebotenen Behutsamkeit geschehen, weil die Ratschläge aus dem Westen dort allzu leicht als Bevormundung oder Eingriff missverstanden werden könnten.
Die Welt wächst auch außerhalb der EU zusammen, und wir sollten auf eine konstruktive Partnerschaft mit den zentralasiatischen Ländern setzen, eine Partnerschaft, die nicht den Anschein erweckt, als ginge es den Europäern um ihren eigenen Nutzen, eine Partnerschaft, die auf gegenseitigen Vorteilen beruht.
Péter Olajos (PPE-DE). – (HU) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Ein Landsmann von mir namens Ármin Vámbéry war der erste Europäer, der vor 150 Jahren über die geschlossenen Gesellschaften Zentralasiens berichtete und die Außenwelt über die kulturelle, administrative und wirtschaftliche Lage dieser Region vor der russischen Eroberung informierte. Selbst zu jener Zeit hatte diese Region so wie die Seidenstraße Europa und Asien seit Jahrhunderten auf dem Landweg miteinander verbunden.
Nach einer langen Zeit der russischen und sowjetischen Vorherrschaft können die fünf zentralasiatischen Länder nun wieder ihre Rolle als Bindeglied zwischen Europa und Asien spielen. Das ist bedauerlicherweise in vielerlei Hinsicht bereits der Fall. Ein großer Teil des illegalen Menschen- und Drogenhandels in Richtung Europa passiert diese Länder. Gleiches gilt für Erdgaslieferungen.
Deshalb brauchte und braucht Europa eine Strategie zur Gestaltung der Beziehungen zu Zentralasien. Europa kann jedoch nicht erwarten, dass es bei der Zusammenarbeit nur darum geht, die von dieser Region ausgehenden Gefahren zu bannen oder Zugang zu Energie und Rohstoffen zu erlangen oder diese Region in Sachen Demokratie und Menschenrechte zu belehren.
Wir müssen eine echte Zusammenarbeit mit dieser Region entwickeln, und deshalb unterstütze ich die Bemühungen der Europäischen Union um die Aufnahme der zentralasiatischen Länder in die WTO und ihre Integration in den Welthandel. Die EU muss alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung und die Modernisierung dieser Region zu fördern. Das ist allerdings nur auf der Basis des gegenseitigen Vertrauens möglich.
Deshalb muss der Umweltschutz im Rahmen dieser Zusammenarbeit Vorrang haben. Der Klimawandel, chronische Probleme in Bezug auf die Nutzung von Wasserressourcen sowie die Sanierung kontaminierter Gebiete sind Fragen, die größere Aufmerksamkeit erfordern. Parallel dazu muss sich Europa konsequent von allen Projekten fernhalten, die die Umwelt verschmutzen oder sich negativ auf den Lebensunterhalt der Menschen vor Ort auswirken.
Ich habe die Kommission bereits auf die Kritik seitens kirgisischer und usbekischer Nichtregierungsorganisationen an Goldaufbereitungsanlagen, die mit Zyanid arbeiten und von der EBWE teilfinanziert werden, hingewiesen. Europa darf die Nutzung derartiger Technologien weder innerhalb noch außerhalb von Europa unterstützen. Vielen herzlichen Dank.
Elisabeth Jeggle (PPE-DE). – Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Auch mein Dank gilt zu allererst dem Berichterstatter Cem Özdemir und allen Schattenberichterstattern, die für diesen Bericht gearbeitet haben. Wir gehen mit dieser Zentralasienstrategie und dieser ersten breiten Debatte im Europäischen Parlament aktiv richtige Schritte, um den Dialog und alle Herausforderungen, die Sie, Frau Kommissarin, angesprochen haben, die noch vor uns liegen, künftig voranzubringen. Diese Strategie wird aber ein langer Weg in vielen kleinen Schritten sein. Es ist zu begrüßen, dass die Zusammenarbeit intensiviert wird. Nicht als Einbahnstraße, sondern im vertrauensvollen Austausch.
Die heutige Debatte zeigt uns, dass wir einen breiten Spagat zu leisten haben, wenn wir von Zentralasien reden. Die verschiedenen Länder Zentralasiens haben sehr unterschiedliche Gesichter. Wir haben sehr unterschiedliche Anforderungen. Wir wollen Energieimport – dabei wollen wir Sicherheit –, und wir wollen Export von Demokratie und von Menschenrechten. Wir wollen beides verbinden, und das ist nicht einfach. Ich bin seit 1999 Mitglied in der Delegation für die Beziehungen zu den zentralasiatischen Ländern; ich kenne die Länder. Ich habe von diesen Menschen gelernt und ich weiß, dass auch diese Menschen ein Gesicht haben, das sie nicht verlieren wollen. Da müssen wir sehr vorsichtig und auch manchmal konkret sein.
Ich möchte in diesem Zusammenhang zu Usbekistan kommen. Usbekistan macht gerade wichtige Schritte, die wir ausdrücklich begrüßen sollten. Zum 1. Januar wurde die Todesstrafe abgeschafft. Ich bedanke mich für den mündlichen Änderungsantrag, Herr Berichterstatter. Ebenso wurde das Habeas-Corpus-Prinzip eingeführt, also die richterliche Anordnung für eine Inhaftierung. Im Mai dieses Jahres werden wir den zweiten Menschenrechtsdialog zusammen mit der Kommission haben. Ich bin zuversichtlich, dass er zustande kommt. Auch das ist ein richtiger Schritt in Fortführung dessen, was wir begonnen haben.
Ich möchte hier sagen, dass ich die Änderungsanträge der UEN unterstützen werde, weil ich sie für richtig halte, weil ich sie für einen Schritt zum Dialog halte, und weil wir auf Dialog und Partnerschaft setzen müssen.
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Frau Präsidentin! Die Europäische Union sollte aktiveren Anteil am Geschehen in Zentralasien nehmen und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Region stärker unterstützen. Gegenwärtig ist unser Einfluss gering; die Geschäfte werden von Moskau, Peking und Washington gemacht.
Um eine aktivere Rolle zu spielen müssen wir eine Zielvorstellung für die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit entwickeln und uns an Vorhaben, Investitionen und Programmen beteiligen, die auf die Bedürfnisse von Kasachstan, der Kirgisischen Republik, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan zugeschnitten sind. Gleichzeitig müssen wir die Länder zum Ausbau der Zusammenarbeit in der Region anregen. Dabei müssen wir jedoch bedenken, dass das nicht einfach sein wird, da es sich bei dieser Region um ein in sprachlicher, religiöser, politischer und sozialer Hinsicht buntes Gemisch handelt, das nach wie vor unter starkem russischem Einfluss steht.
Vorrang sollte für die Europäische Union die Intensivierung der Zusammenarbeit in Bereichen wie Energie, Handel, Bildung, Infrastruktur, Sicherheit und regionale Integration haben. Wir sollten uns auf die Unterstützung der Demokratisierung, der Entwicklung der Bildung und der Eliminierung der Armut konzentrieren. Das wird die Sicherheit sowie die soziale und wirtschaftliche Stabilität in dieser strategischen Region der Welt erhöhen und unsere Zusammenarbeit effektiver gestalten.
Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (UEN). – (PL) Frau Präsidentin! Als Erstes möchte ich Folgendes feststellen: Alle fünf zentralasiatischen Länder sind Mitglieder der OSZE. Das bedeutet, dass sie gegenüber der internationalen Gemeinschaft Verpflichtungen in Bezug auf die Achtung der Grundfreiheiten, Demokratie und Menschenrechte übernommen haben, obwohl sie Unterschiede bei der Erfüllung dieser Verpflichtungen aufweisen.
Zweitens hebt sich Kasachstan vor dem Hintergrund regionaler Defizite positiv ab. Im August 2007 fanden Parlamentswahlen statt, bei denen ich als Beobachter fungierte. Trotz bestimmter Vorbehalte wurden diese Wahlen von der internationalen Gemeinschaft als demokratisch anerkannt.
Wenn die Europäische Union drittens andere Quellen für Rohöl und Erdgas als die russischen erschließen will, dann muss sie eine strategische Zusammenarbeit mit den zentralasiatischen Ländern, vor allem Kasachstan, anstreben. Und das bedeutet, dass sie die europäischen Bestrebungen Kasachstans fördern und unterstützen sollte.
Benita Ferrero-Waldner, Mitglied der Kommission. − (EN) Frau Präsidentin! Das war eine sehr interessante Aussprache. Ich bedauere es immer, wenn solche Aussprachen am späten Abend stattfinden, und deshalb mitunter nur wenige Mitglieder anwesend sind, dennoch danke an die Anwesenden. Viele von Ihnen haben das zum Ausdruck gebracht, was auch ich empfinde: Wir haben eine Strategie, die absolut notwendig ist, und Ziel dieser Strategie sind die Stabilisierung und Sicherheit dieser Region. Wir, die Europäische Union, sprechen uns nachdrücklich für die Fortsetzung dieses Kurses aus.
2000 war ich amtierende Vorsitzende der OSZE und habe diese Länder kennen gelernt, bei denen es sich, wie bereits gesagt wurde, um sehr interessante Länder handelt. Sie sind alle sehr unterschiedlich. Es stimmt zwar, dass Kasachstan unter diesen Ländern eine Paraderolle einnimmt, aber es muss immer noch viel getan werden.
Da haben wir das Thema Menschenrechte, das alle erwähnt haben. Dann haben wir die Themen Armutsbeseitigung und insbesondere Bildung, aber auch die Probleme allgemeinerer Natur im Bereich Menschenrechte und selbstverständlich das große Thema Energie. Ich weiß also, wie viel wir noch tun müssen und ich bin froh, dass die Europäische Union endlich weit mehr getan hat als in der Vergangenheit und dies gemeinsam mit dem deutschen Ratsvorsitz. Zu den einzelnen Themen möchte ich nun ein paar Worte sagen.
Die Beseitigung der Armut ist äußerst wichtig, und sie ist einer der Hauptaspekte, auf den wir uns in den Länderstrategien konzentrieren. Das Grundlagenpapier, das wir für die EU-Strategie für Zentralasien erstellt haben, ist eher ein politisches Dokument über politische Prioritäten. Aber in den Länderstrategien werden alle Erfordernisse im Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit („DCI“) genannt, das sich auf Bildung, Gesundheit, ländliche Entwicklung, sozialen Schutz und insbesondere auf schutzbedürftige Familien und Kinder in Not konzentriert.
In puncto Gesundheit und übertragbare Krankheiten gibt es einen weiteren Hauptfaktor: den Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria, bei dem auch wieder die zentralasiatischen Länder in Frage kommen. Dies ist die eine Seite, an der wir mit Sicherheit weiterarbeiten werden.
Andererseits stellen sich die Energiefrage – es sind sowohl die Nabucco-Pipeline als auch die Odessa-Brody-Danzig-Pipeline erwähnt worden – und die Frage der Energiesicherheit im Allgemeinen. Ich stimme völlig mit Ihnen überein, dass wir eine Diversifizierung unserer Energiepolitik brauchen, auch wenn wir diese noch nicht wirklich erreicht haben. Aber das Wichtigste ist, dass wir diese Entscheidung klar getroffen haben.
Zur Odessa-Brody-Danzig-Pipeline möchte ich sagen, dass die Kommission in jeder Hinsicht bestrebt ist, die Energieversorgung und natürlich die Versorgungswege der EU breiter zu streuen, und dabei ist Zentralasien selbstverständlich absolut unabdingbar. Die von Ihnen erwähnte Pipeline ist für diese Bestrebungen ein wichtiges Projekt, und zur Belieferung dieser Pipeline muss vor allem an der transkaspischen Pipeline gearbeitet werden, um die zentralasiatischen Ressourcen bis zum Schwarzen Meer zu befördern. Vor wenigen Tagen hatten wir die erste regionale Konferenz „Schwarzmeersynergie“, die ein erster Schritt auf regionaler Ebene in der Arbeit an diesen Themen war.
Des Weiteren gehen wir mit der Nabucco-Pipeline auch das Thema Energiesicherheit an. Dieses Projekt hat immer noch Priorität für die Kommission und wir werden es weiterhin unterstützen. Es ist noch nicht gestorben, wie einige von Ihnen denken könnten. Wir haben also energiepolitische Prioritäten. Übrigens sind wir auch dabei, mit Turkmenistan eine Art gemeinsame Absichtserklärung zum Thema Energie abzuschließen. Mit Kasachstan wurde bereits eine unterzeichnet, und wir beabsichtigen durchaus weitere Brücken zwischen den verschiedenen Ländern des Kaukasus und Zentralasiens zu bauen.
Jemand sprach mich auf die Mongolei an. Die fünf Länder Zentralasiens haben infolge des Zerfalls der Sowjetunion eine gemeinsame jüngste Vergangenheit, und sie sind alle selbstverständlich sehr junge Nationen. Das heißt, dass wir, was den politischen und wirtschaftlichen Wandel dieser Gesellschaften anbelangt, vor ähnlichen Aufgabenstellungen stehen. Aber wie Sie wissen, ist die Geschichte der Mongolei eine ganz andere, und deshalb haben wir die Mongolei in dieser Strategie auch nicht einbezogen. Allerdings schließen wir eine Annäherung an den Süden Zentralasiens nicht aus und suchen gleichzeitig nach Möglichkeiten zur weiteren Arbeit mit der Mongolei. Sie ist heute ein recht demokratisiertes Land, in dem viele positive Maßnahmen und Entscheidungen getroffen werden.
Kasachstan wird 2010 in der Tat den Vorsitz der OSZE übernehmen. Ich möchte Ihnen dazu sagen, dass ich stets dafür eingetreten bin, vorausgesetzt, dass Kasachstan weiterhin viele wichtige und immer noch notwendige Fortschritte macht. Auf den Gebieten der Pressefreiheit, des Wahlrechts und der Registrierung der politischen Parteien muss noch mehr getan werden, aber es geht schon in die richtige Richtung.
Und schließlich ist Kasachstan Teil der Europäischen Nachbarschaftspolitik. Wir sollten die Zentralasien-Strategie und die ENP auseinanderhalten, auch wenn Aspekte der Nachbarschaftspolitik später in einem besonderen Abkommen auftauchen können, besonders mit Kasachstan, weil wir wissen, dass dieses Land als eines der Ersten in Zentralasien eine positive Stimmung verbreiten kann. Ich hoffe, dass die anderen nachziehen werden.
Cem Özdemir, Berichterstatter. − Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Ich möchte zunächst einmal allen Kolleginnen und Kollegen danken, die sich an der Debatte beteiligt haben, auch für die Anregungen der mitberatenden Ausschüsse, selbstverständlich auch bei der Vorsitzenden der Delegation, Frau Juknevičiené. Mein Dank gilt auch jenen, die Änderungsanträge eingereicht haben. Frau Jeggle hat bereits auf den Änderungsantrag bezüglich der Abschaffung der Todesstrafe in Usbekistan hingewiesen, was wir ausdrücklich begrüßen. Ich kann es mir allerdings nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass wir doch mit Besorgnis zur Kenntnis nehmen, dass Oppositionspolitiker und Journalisten in den Nachbarländern Usbekistans unter mysteriösen Umständen ums Leben kommen. Auch das sollte man in diesem Zusammenhang ansprechen.
Es geht um nichts anderes als um die Frage: Wie können wir unsere Werte vermitteln, ohne die eigenen Interessen dabei zu verleugnen? Genau hier liegt die Chance der Europäischen Union, weil wir eben mehr zu bieten haben als Abhängigkeit oder gar Ausbeutung der Länder. Es geht schlicht und ergreifend um die Frage, wie wir langfristige Stabilität und demokratische Entwicklung miteinander kombinieren können. Da gibt es noch ein großes Potenzial für die Entwicklung einer echten Partnerschaft zwischen den zentralasiatischen Republiken auf der einen und der Europäischen Union auf der anderen Seite. Es geht um nichts Geringeres als ein Gesamtpaket aus wirtschaftlicher und demokratischer Entwicklung sowie kulturell-wissenschaftlichem Austausch, aber eben auch mit der klaren Prioritätensetzung auf Umweltschutz und zivilgesellschaftliche Entwicklung.
Auf einen Punkt will ich noch kurz hinweisen, der sicher allen hier bekannt ist: die Umweltkatastrophe am Aralsee, die nun auch über die Region hinaus bekannt geworden ist – eine der größten Umweltkatastrophen der Welt. Die betroffenen Länder werden dieses Problem nicht ohne unsere Hilfe lösen können. Auch hier müssen wir uns solidarisch zeigen und unseren Teil dazu beisteuern.
Es gibt auch gute Nachrichten: Wenn wir daran denken, dass wir mit der Türkei einen wichtigen Partner haben, der vor Ort verankert ist und als Land, das in die Europäische Union aufgenommen werden möchte, sein Fachwissen in die gemeinsame Entwicklung einer Strategie einbringen kann.
Der Erfolg der Europäischen Union misst sich auch an der Frage, inwieweit es gelingt, eine kohärente Strategie gegenüber Zentralasien zu entwickeln. Wer Global Player sein möchte, der muss hier auch eine Strategie entwickeln, in der die Europäische Union ihre Interessen gemeinsam formuliert.
Die Präsidentin. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch, 20. Februar 2008, statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. – (IT) Im Rahmen der Tätigkeit in der Delegation für die Beziehungen mit Zentralasien, deren Mitglied ich bin, hatte ich Gelegenheit, die Länder der Region, die Gegenstand des Berichts sind, zu besuchen.
Ich konnte mich folglich von den erheblichen Fortschritten überzeugen, die diese Länder in vielen Bereichen, vom Umwelt- bis hin zum sozialen Bereich, vor allem dank eines starken Impulses durch die EU, erzielt haben. Gleichwohl wäre es wünschenswert, dass die EU ihre Aktivitäten in dieser Region der Welt fortsetzt, nicht zuletzt wegen der Rolle dieser Länder als entscheidende Verbündete im Kampf gegen den internationalen Terrorismus und den Rauschgiftschmuggel, und dass sie ihren Dialog mit den betreffenden Ländern weiter ausbaut.
Darüber hinaus werden der Rat und die Kommission aufgefordert, sich mehr für einen besseren Schutz der Bürger in Schlüsselbereichen des sozialen Lebens und somit für die Verstärkung der bestehenden Gesetze über die Rechte von Frauen und deren bessere Anwendung einzusetzen; den unermüdlichen Kampf gegen die Ausbeutung von Kindern fortzuführen; wichtige Reformen im Bildungswesen und, in Anbetracht des starken Anstiegs von Infektionskrankheiten in der Region, eine Reform im Gesundheitsbereich durchzuführen, dem eine Schlüsselrolle für diese Länder beigemessen wird.