Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Lutz Goepel im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung über den „Gesundheitscheck“ der GAP (2007/2195(INI)) (A6-0047/2008).
Lutz Goepel, Berichterstatter. − Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Ratspräsident, meine sehr verehrten Kollegen! Die erste Runde der parlamentarischen Beratungen zum so genannten Health Check der Gemeinsamen Agrarpolitik wird morgen abgeschlossen. Dieser Health Check ist keine grundlegende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik. Er soll die bestehende Politik auf der Basis der seit 2003 gewonnenen Erfahrung dort, wo es sinnvoll ist, weiter modernisieren und an geänderte Umstände anpassen.
Die Kommission sollte unsere Stellungnahme mit hoher Ernsthaftigkeit zur Kenntnis nehmen. Sie ist eine gute Basis für die anstehenden Verhandlungen über das Gesetzgebungspaket, aber auch für die Haushaltsbewertung nach 2013.
Wir haben im Ausschuss die Fortsetzung der Reform in Richtung mehr Eigenverantwortlichkeit und Marktorientierung unterstützt, gleichzeitig aber die Aspekte der Nahrungsmittelsicherheit und der sozialen und umweltpolitischen Verantwortung — gerade auch im Hinblick auf die aktuelle Marktentwicklung und die neuen Herausforderungen der Klimapolitik — stärker betont, als wir dies in der Vergangenheit getan haben. Außerdem wollen wir mehr Flexibilität für die Mitgliedstaaten beim Systemwechsel, d. h. mehr Möglichkeiten zur Einführung weiterer Entkopplung und das Sich-Lösen von historischen Referenzwerten.
Die Debatten in unserem Ausschuss haben allerdings auch gezeigt, dass dies nicht in allen Bereichen frühestens vor 2013 sinnvoll ist. Bei den Tierprämien bzw. bei Staaten mit voller Entkopplung, die aber einen starken Viehsektor haben, würde angesichts der aktuellen Marktlage ein plötzlicher Systemwechsel unabänderliche negative Strukturbrüche nach sich ziehen. Ähnlich sieht es bei einigen kleineren Marktordnungen im Pflanzenbereich aus, wie beispielsweise den Marktordnungen für Kartoffelstärke, Trockengrüngut oder Reis, von denen eine regional bedeutsame Verarbeitungsindustrie abhängt, die in den letzten Jahren viel investiert hat und dies mit einem hohen Kapitaldienst bedienen muss.
Wir haben im Ausschuss für die Einführung eines neuen flexiblen Instruments zur Förderung einer bestimmten umwelt- und regionaltypischen Produktion oder bestimmter Sektoren gestimmt, bekannt auch als Artikel 69, aber auch gleichzeitig gefordert, dass zügig neue Maßnahmen zur Grundabsicherung gegen Umweltkrisen und solche Krisen, die angesichts des Klimawandels und zunehmender Vernetzung der Agrarmärkte vermehrt zu erwarten sind, formuliert werden. Durch dieses Instrument soll auch eine neue Form des privat-öffentlichen Risikomanagements erprobt werden, das angesichts der Rückführung anderer Instrumente und der neuen Unwägbarkeiten dringend erforderlich ist.
Noch kurz einige Worte zur Degression und Modulation: Unsere Landwirte erwarten Planungssicherheit, und es passt einfach nicht, nur vier Jahre nach der Umsetzung der letzten Reform mit einer obligatorischen 5 %igen Modulation erneut zwischen 8 und 53 % der direkten Einkommensbeihilfen zu kürzen und umzuschichten.
Bei allem Verständnis für die Finanzierung der Entwicklung des ländlichen Raumes, hier wird Vertrauen zerstört und werden auch Strukturbrüche provoziert. Und diese Vorschläge treffen insbesondere die Vollerwerbsbetriebe und diejenigen, die durch Zusammenschlüsse zu juristischen Personenbetrieben ihre Wettbewerbsfähigkeit in den letzten Jahren verbessert haben. Aber wir haben Vorschläge gemacht, wie die allgemeinpolitischen Ziele und die ökonomischen Erfordernisse miteinander in Einklang gebracht werden können.
Wir müssen im Interesse der Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit neue Wege beschreiten. Wir sind vor allen Dingen all denen dankbar, die bei diesem Initiativbericht mitgewirkt haben, und ich danke insbesondere meinen Mitarbeitern und fraktionsübergreifend allen Kollegen aus dem Agrarausschuss.
Iztok Jarc, amtierender Ratspräsident. − (SL) Der Ratsvorsitz begrüßt den Bericht von Herrn Goepel als einen sehr wohl überlegten und eindrucksvollen Beitrag zur Debatte. Auch der Rat hat viel Mühe aufgewendet, um eine Erwiderung auf den Bericht der Kommission zu erarbeiten. Wie Sie wissen, haben die Minister dazu auf drei Ratstagungen, und zwar im November, im Januar und in Februar, entsprechende Diskussionen geführt.
Nächste Woche werden wir als Minister versuchen, zu Schlussfolgerungen hinsichtlich des Berichts über den Gesundheitscheck der Gemeinsamen Agrarpolitik zu gelangen. Den Ausgangspunkt werden einige allgemeine Grundsätze bilden. Als beispielsweise 2003 die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik beschlossen wurde, hat der Rat eindeutig seine Absicht bekundet, die Wirksamkeit der beschlossenen Reformen zu evaluieren und insbesondere ihre Wirkung auf die Zielsetzungen zu beurteilen. Außerdem wollte er ihre Wirkung auf die Agrarmärkte analysieren.
Wichtig zu wissen ist auch, dass wir bei unseren Beschlüssen zum GAP-Gesundheitscheck die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zur Finanziellen Vorausschau 2007-2013 und die an die Kommission gerichtete Aufforderung des Europäischen Rates, eine umfassende Überprüfung des EU-Haushalts und der Ausgaben für 2008-2009 durchzuführen, in Betracht ziehen werden. Der Ratsvorsitz teilt die Ansicht der Kommission, dass der Gesundheitscheck der Gemeinsamen Agrarpolitik ein wichtiger Teil der geplanten Maßnahmen im Rahmen der Haushaltsüberprüfung für 2008-2009 ist und die Schlussfolgerungen nicht vorwegnimmt.
Wir haben festgestellt, dass die Reformen von 2003-2004 die Ziele in Bezug auf die Reaktion auf Marktbedingungen und mehr Bürgernähe der Gemeinsamen Agrarpolitik im Wesentlichen erreicht haben. Die Minister sind zudem überzeugt davon, dass die Kommission in ihrem Bericht die wichtigsten Entwicklungen im Anschluss an die 2003-2004 beschlossenen Reformen richtig eingeschätzt hat.
Der Rat wird drei Schlüsselfragen besondere Aufmerksamkeit widmen: der Regelung der einheitlichen Betriebsprämie, der Rolle der Vermarktungsinstrumente und natürlich Maßnahmen zur Bewältigung der jetzigen und künftigen Herausforderungen in Bezug auf das Risikomanagement im Bereich Klimawandel. Wir werden uns bemühen, das richtige Maß zu finden zwischen der Anpassung der Politik an die neuen Herausforderungen und veränderten Bedingungen und der Erhaltung eines klaren und stabilen Rahmens.
In punkto Vereinfachung möchte ich feststellen, dass die Europäische Union dieser Frage vorrangige Bedeutung beimisst, und wir erwarten außerdem von der Kommission, dass sie konkrete Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels formuliert.
Wie ich bereits sagte, wird sich der Rat nächste Woche bemühen, zu diesen und vielen anderen Fragen wie Risikomanagement, Milchquoten, Übergang zur Abschaffung der Milchquoten und der Frage der zweiten Säule Schlussfolgerungen anzunehmen. Ihr Bericht stellt zweifellos einen wertvollen Beitrag zu einer künftigen Debatte in dieser Angelegenheit dar.
Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung und insbesondere Herrn Goepel nochmals für die intensive Arbeit danken, die einen ausgezeichneten Bericht zum Ergebnis hat.
Wir befinden uns in der ersten Runde und haben inzwischen zahlreiche beteiligte Akteure sowie verschiedene Organisationen und Einzelpersonen konsultiert, um deren Meinung einzuholen und Ideen zu sammeln. Die Ansichten des Europäischen Parlaments sind ebenso wie die für nächste Woche erwarteten Schlussfolgerungen des Rates von entscheidender Bedeutung für die Fertigstellung der von der Kommission am 20. Mai anzunehmenden Legislativvorschläge. Unmittelbar danach werde ich dem Europäischen Parlament noch am gleichen Tag hier in Straßburg die Rechtstexte vorlegen. Aber grundsätzlich freue ich mich, dass alle drei Institutionen – das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission – an einem Strang ziehen, auch wenn wir unsere Schwerpunkte möglicherweise unterschiedlich setzen.
Ich werde nicht im Einzelnen auf die verschiedenen Punkte eingehen, sondern Ihnen meine Ansichten zu den drei wichtigsten darlegen. Der Erste betrifft die Direktzahlungen; sie stehen in enger Beziehung zu der langfristigen Sicherheit, die wir für unsere Landwirte gewährleisten wollen. Deshalb teile ich die in Ihrem Bericht getroffene Feststellung, dass Direktzahlungen auch künftig als Einkommensgrundsicherung erforderlich sind. Die Regelung der einheitlichen Betriebsprämie kurbelt die Wettbewerbsfähigkeit unserer Landwirte wirksam an, aber wir müssen das System effektiver, effizienter und einfacher gestalten. Deshalb befürworte ich eine weitere Entkoppelung. Unsere Erfahrungen mit der Reform von 2003 zeigen, dass die Entkoppelung recht gut funktioniert, und deshalb sollten wir meines Erachtens die Vorzüge der Entkoppelung weiter ausbauen, außer in Fällen, in denen es sehr gute Gründe für gekoppelte Zahlungen gibt.
Ich habe auch festgestellt, dass Sie den Gedanken eines flexibleren Artikels 69 als wertvolles Instrument unterstützen. Wir sollten in Artikel 69 aber nicht eine Art Allheilmittel sehen, und ich werde alle Versuche, die gekoppelte Unterstützung mittels Artikel 69 durch die Hintertür wieder einzuführen, bekämpfen.
Ich werde nicht noch einmal im Detail auf den Milchsektor eingehen, denn diese Diskussion hatten wir bereits. Ich werde allerdings einige der Marktinstrumente erwähnen, und zwar die Intervention und die private Lagerhaltung. So wie Ihnen ist auch mir klar, dass einige unserer Marktinstrumente nach wie vor ihre Daseinsberechtigung haben, aber sie dürfen nicht den Bezug zur Europäischen Union in ihrer jetzigen Form verlieren. Ich freue mich, dass wir uns darin einig sind, dass sie künftig die Funktion echter Sicherheitsnetze haben sollten.
Risiken aufgrund schlechter Witterungsbedingungen und dem Ausbruch von Tierseuchen spielen, wie Sie unterstreichen, natürlich eine wichtige Rolle in unserer Diskussion. Wir fangen allerdings nicht bei Null an: Der Rat hat sich 2005 mit dieser Frage beschäftigt und ist zu dem Schluss gekommen, dass neue Maßnahmen auf EU-Ebene die auf der Ebene der Mitgliedstaaten bereits existierenden Regelungen nicht behindern dürfen. Wir müssen dafür sorgen, dass neue Maßnahmen die Landwirte nicht daran hindern, auf Marktsignale zu reagieren. Außerdem müssen sie mit dem WTO-System kompatibel sein, wobei die Einbußen über 30 % betragen müssen.
Hinsichtlich der Modulation habe ich bei etlichen Gelegenheiten deutlich gemacht, dass wir für die Zukunft eine sehr ehrgeizige ländliche Entwicklungspolitik brauchen. Ich war sehr enttäuscht darüber, dass die Staats- und Regierungschefs im Verlaufe der Diskussionen über die finanzielle Vorausschau Ende 2005 übereinkamen, die Mittel für die ländliche Entwicklung drastisch zu kürzen.
Ich stelle in Ihrem Bericht eine kühle Zurückhaltung bezüglich meiner Vorstellungen in diesem Bereich fest. Ich denke aber, dass wir die Tatsache, dass unsere ländliche Entwicklungspolitik in finanzieller Hinsicht überlastet ist, begründen können. Wenn wir hohe Erwartungen an unsere ländliche Entwicklungspolitik stellen, indem wir sie beispielsweise, wie der amtierende Ratspräsident sagte, nutzen müssen, um neuen Herausforderungen – z. B. im Bereich der Wasserwirtschaft und der biologischen Vielfalt – zu begegnen, dann können wir ihr nicht ständig neue Aufgaben übertragen, ohne mehr Geld bereitzustellen. Meines Erachtens stellt die Modulation die beste Möglichkeit dar, um mehr Mittel bereitzustellen.
Ich habe Ihre Vorschläge mit Interesse gelesen, und ich bin sicher, dass wir zu dieser Problematik zurückkehren werden.
Ist Ihr Bericht in Bezug auf die Modulation noch kühl, so würde ich ihn im Hinblick auf die Reduzierung der Zahlungen an große landwirtschaftliche Betriebe, die Sie als Degression bezeichnen, als ausgesprochen frostig beschreiben. Das ist kein Problem, das einfach ignoriert werden kann. Wir wissen, dass sich im Zuge unserer Transparenzinitiative alle Augen auf die großen Summen richten werden, die einzelne Landwirte und einzelne Großgrundbesitzer erhalten. Andererseits nehme ich jedermanns Bedenken in dieser Frage sehr ernst. Ich habe mich zudem mit Interesse mit dem Gedanken der „progressiven Modulation“ in Ihrem Bericht beschäftigt. Meines Erachtens sind darin einige gute Ideen enthalten, die wir bei den Legislativvorschlägen in Betracht ziehen würden.
Wenn ich etwas zu lange gesprochen habe, dann nur, um mein Engagement in der Sache deutlich zu machen und zu zeigen, wie sehr ich die Möglichkeit schätze, hier im Parlament über die Zukunft der europäischen Agrarpolitik zu diskutieren.
Bart Staes, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. − (NL) Ich spreche im Namen von Frau Buitenweg, der Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, die wegen Krankheit entschuldigt ist. Von den 17 Empfehlungen, die der Umweltausschuss formulierte, möchte ich vier herausstellen.
1. Der Ausschuss für Umweltfragen begrüßt es, dass die Europäische Kommission in ihrer Mitteilung beabsichtigt, auf die Herausforderung des Klimawandels zu reagieren und weniger intensive landwirtschaftliche Produktionsverfahren zu fördern.
2. Der Ausschuss für Umweltfragen betont die Notwendigkeit einer Entwicklung hin zu einer nachhaltigen und multifunktionellen Landwirtschaft, in deren Rahmen eine Lanze für auf Erhaltung gerichtete Landwirtschaft und ökologische Landwirtschaft gebrochen wird.
3. Die Europäische Kommission wird aufgefordert, die bestehenden Cross-Compliance-Bestimmungen – also die Bestimmungen über die Umwelt und den Tierschutz und ihre Vereinbarkeit – nicht durch die so genannte Vereinfachung abzuschwächen. Ganz im Gegenteil, unserer Ansicht nach sollte Cross-Compliance sogar auf bestimmten Gebieten wie Wasserverbrauch, Wasserbewirtschaftung und Wasserqualität verstärkt werden.
4. Der Ausschuss mahnt die Kommission, bei dem Konzept der so genannten Biokraftstoffe ein wenig zurückhaltender zu sein. Ihr Nutzen ist fragwürdig und zweifellos nicht eindeutig positiv, weder unter ökologischen noch unter sozialen Gesichtspunkten.
Neil Parish, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich danke Herrn Goepel für seinen Bericht. Meines Erachtens ist es ihm gelungen, die Standpunkte des gesamten Ausschusses und des Parlaments in einem ausgezeichneten Bericht zu bündeln. Ich würde vorschlagen, die Agrarreform als Evolution und nicht als Revolution zu bezeichnen, und mit den Fischler-Reformen haben wir schon so manches erreicht. Ich begrüße vieles von dem, was die Kommission vorgeschlagen hat und im Bericht von Herrn Goepel enthalten ist.
Einer der Schlüssel zur Reform war aus meiner Sicht der Bürokratieabbau für Landwirte, und da gibt es noch einiges zu tun. Richtig, Frau Kommissarin, wir ziehen alle an einem Strang, aber mir scheint, dass manche von uns glauben, wir sollten unser Geld für andere Dinge ausgeben, und genau das ist vermutlich der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Diskussion.
Die Ernährungssicherheit steht wieder ganz oben auf der Tagesordnung, besonders seit der Ferne Osten immer mehr Nahrungsmittel kauft. Die Getreidepreise sind inzwischen auf das Zwei- bis Zweieinhalbfache gestiegen; wir müssen meiner Meinung nach also im Zuge der Reform immer wieder neu darüber nachdenken, wie wir unser Geld ausgeben.
Wir sollten uns noch einmal mit dem Thema Modulation befassen. Nach meiner Auffassung sollten wir die Flächenstilllegung ein für allemal abschaffen, denn diese gemeinsame Agrarpolitik darf keine produktionsbezogene Politik sein. Und Sie dürfen keinesfalls die Flächenstilllegung beibehalten, die genau das bedeutet.
Wir müssen uns die Milchquoten ansehen und sie bis zum Jahr 2015 abschaffen.
Entkoppelte Zahlungen sind der springende Punkt der Reform, und Sie drücken in dieser Frage zu Recht auf Tempo. Ich möchte nochmals betonen, dass jetzt nach meinem Dafürhalten der geeignete Zeitpunkt ist, um in der Landwirtschaft marktorientierte Preise ins Auge zu fassen. Sicher, wir brauchen die gemeinsame Agrarpolitik, aber da ist auch noch der Markt, und den sollten wir uns weit stärker zunutze machen.
VORSITZ: MAREK SIWIEC Vizepräsident
Luis Manuel Capoulas Santos, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) Herr Präsident! Auch ich möchte den Präsidenten des Rates und die Frau Kommissarin herzlich willkommen heißen. Die Gemeinsame Agrarpolitik gibt stets Anlass zu hitzigen Debatten, und es ist immer schwierig, einen Konsens zu erzielen. Ich kann jedoch feststellen, dass wir uns alle einig sind, dass die Gemeinsame Agrarpolitik beibehalten werden muss, deren Ziele gerade erst im Vertrag von Lissabon bestätigt worden sind.
Die PSE-Fraktion hat in dieser Debatte großes Engagement gezeigt, sowohl in der Fraktion selbst als auch im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sowie in den Verbänden der Landwirte, und wir haben mehr als die Hälfte der über 600 Änderungsanträge zu dem Bericht von Herrn Goepel eingebracht und 15 der 17 Kompromisse zu Dutzenden von Änderungsanträgen unterzeichnet. Wir haben hart gearbeitet und bedeutende Zugeständnisse gemacht, um einen möglichst breiten Konsens im Parlament zu erzielen, und ich möchte daher Herrn Goepel zu seiner Dialogbereitschaft und seinem ausgesprochenen Kompromissgeist beglückwünschen; ferner möchte ich Herrn Parish dafür danken, wie er unsere Arbeit im Ausschuss gelenkt hat.
Dies ist somit zwar der beste Kompromiss, aber dennoch kein Bericht der Sozialdemokraten. Ein von uns erarbeiteter Text hätte anders ausgesehen. Den vorliegenden Bericht halten wir angesichts dessen, was die Gesellschaft und die Landwirte eigentlich erwarten, für ziemlich rückschrittlich und konservativ. Grundsätzlich lässt er aber den Willen erkennen, sich einer weiterführenden Debatte über den Legislativvorschlag nicht zu versperren. Ich hoffe, dass wir uns unseren Kompromissgeist bewahren können, bei der Festlegung einer neuen Marschrichtung für die europäische Landwirtschaft aber dennoch mehr Ehrgeiz an den Tag legen.
Ich beziehe mich dabei auf die heikelsten Fragen wie die Richtung und das Tempo der Entkopplung der Zahlungen, einen Mechanismus zur gerechteren Verteilung der Beihilfen, den verantwortungsbewussten Umgang mit der Zukunft des Milchsektors, die neuen Herausforderungen, insbesondere die Rolle der Landwirtschaft im Kampf gegen den Klimawandel, die Produktion von Biokraftstoffen usw. Wir werden morgen darüber abstimmen, und unser Blick ist dabei in die Zukunft gerichtet. Ich ersuche Sie, mit großer Mehrheit für diesen Bericht zu stimmen, und auch für die Verbesserungen, die die Sozialdemokraten einbringen werden, damit er noch verständlicher wird.
Niels Busk, im Namen der ALDE-Fraktion. – (DA) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Ratspräsident, meine Damen und Herren! Der Berichterstatter, Herr Goepel, hat in der für ihn typischen kompetenten Art und Weise einen Bericht vorbereitet, der die zur Klärung und Vereinfachung der Agrarpolitik erforderlichen Instrumente enthält. Die Argumente für die Beibehaltung einer Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013 sind ebenfalls überzeugend – und dafür danke ich dem Berichterstatter. Wir unterstützen seine Positionen zu einer weiteren Entkopplung, sodass die Reform von 2003 in allen Mitgliedstaaten implementiert wird. Ferner befürworten wir die Standpunkte des Berichterstatters zu Marktinstrumenten und Risikomanagement im Hinblick auf Krisen, Epidemien, Tierschutz und Umwelt, Modulation und Degressivität. Wir unterstützen zudem die weitere Entwicklung der ländlichen Politik und die stärkere Konzentration auf Biokraftstoffe. Hinsichtlich der Auflagenbindung („Cross-Compliance“) und Vereinfachung sollten erhebliche Anstrengungen unternommen werden, da die aktuelle Situation die Bauern von ihren Feldern und aus ihren Ställen in ihre Büros holt, um Diagramme zu erstellen und Kontrollauflagen Genüge zu tun. Die Milchquoten sollen 2015 abgeschafft werden, somit gibt es allen Grund, die Milchquoten jetzt um mindestens 2 % zu erhöhen und den Übergang 2009 abzufedern. Die wachsende Nachfrage nach Milchprodukten wird die Basis für die europäische Milchproduktion schaffen, sodass wir liefern werden, was der Markt verlangt.
Der Bericht enthält zahlreiche Ausführungen zu Liberalisierung und Marktwirtschaft, die die Kommission als Grundlage für ihre Vorschläge im Mai nutzen sollte, wenn dann der GAP-Gesundheitscheck auf dem Tisch liegt.
Sergio Berlato, im Namen der UEN-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir gehören zu denjenigen, die an die Fortführung der GAP auch über das Jahr 2012 hinaus glauben und sie verteidigen.
Unseres Erachtens geht dieser Bericht in die richtige Richtung, doch können wir nicht hinnehmen, dass die vollständige Entkopplung der Beihilfen nicht die Möglichkeit vorsieht, für einige spezifische Bereiche eine teilweise entkoppelte Beihilfe beizubehalten, um die Totalaufgabe der Produktion zu verhindern. Es gibt nämlich ganze Branchen, wie etwa den Tabakanbau, die im Zuge der Anwendung der vollständigen Entkopplung verschwinden würden, wodurch Arbeitslosigkeit sowie verschiedene wirtschaftliche und Umweltprobleme in besonders benachteiligten Gebieten entstehen würden.
Wir betrachten die progressive Modulation der Beihilfen als eine Maßnahme, die über das Ziel hinausschießt und vermutlich kontraproduktiv ist, wenn es unser Ziel bleibt, die europäische Agrarproduktion zu schützen. Wir erkennen die Bedeutung der ländlichen Entwicklung an, sind jedoch der Auffassung, dass sie nicht auf Kosten der ersten Säule der GAP erfolgen darf.
Darüber hinaus müssen die Unterstützungsmaßnahmen für einzelne GMO erforderlichenfalls fortgeführt werden. Herr Präsident, Frau Kommissarin, die Europäische Union braucht eine Gemeinsame Agrarpolitik, der es gelingt, …
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Kommissarin! Sie haben in einem Strategiepapier versucht, einen Gesundheitscheck für die Agrarpolitik vorzunehmen, nicht so sehr für die Landwirtschaft – der geht es ja im Moment relativ gut, wenn auch nicht in allen Bereichen. Die Fragestellung lautete: Ist die Agrarpolitik auf der Höhe der Zeit? Da muss ich sagen: Fiebermessen alleine reicht nicht, sondern man muss auch eine Therapie entwickeln, wenn Mängel festgestellt werden. Und Sie haben Mängel festgestellt, Sie haben es in Ihrer Rede selbst gesagt. Ich will jetzt nicht im Einzelnen darauf eingehen, das kostet zu viel Zeit.
Also kommt es nun darauf an, Maßnahmen zu ergreifen, die auch gesellschaftlich akzeptiert werden. Das Wesentliche ist, dass die Landwirtschaft natürlich zu der Klimastabilisierung beizutragen hat. Das tut sie auch, aber es gibt Teile der landwirtschaftlichen Produktion, wo es schwierig wird, Vorschläge zu machen, ohne restriktiv einzugreifen.
Ganz besonders wichtig ist aber, dass wir die Verteilung der öffentlichen Mittel so gewährleisten, dass die Maßnahmen, die wir für notwendig halten, finanziert werden können. Es ist ein Manko, dass die so genannte zweite Säule, die ländliche Entwicklung, in der mittelfristigen Finanzplanung eine Kürzung erfahren hat und nach dem Vorschlag der Kommission und auch des Parlaments Abstriche von über 20 Milliarden Euro hat hinnehmen müssen.
Folglich ist es dringend erforderlich, dass wir zu einer Umwidmung von Geldern kommen. Das ist auch deswegen notwendig, weil wir auch 2013 die gesellschaftliche Akzeptanz brauchen.
Nun haben Sie einige Vorschläge gemacht, und hier muss man dem Agrarausschuss, vor allen Dingen dem Berichterstatter des Europäischen Parlaments, Herrn Goepel, zugute halten, dass er den Vorschlägen, die Sie gemacht haben, einen Praxisbezug verliehen hat, der dann auch in der Konkurrenz der Betriebe untereinander zu Gleichbehandlung führt.
Sie haben den Vorschlag gemacht, eine Degression bis 45 % einzuführen. Auf Vorschlag des Berichterstatters hat der Agrarausschuss das übernommen, aber mit dem Zusatz, dass die Betriebe, die viele Arbeitskräfte beschäftigen, nun auch eine Möglichkeit haben, ihre Lohnkosten in Ansatz zu bringen. Wir waren zusammen in Mecklenburg-Vorpommern, wir haben diese Betriebe gesehen, und Sie wissen, dass nur dadurch eine Wettbewerbsverzerrung vermieden oder Gerechtigkeit hergestellt werden kann, dass wir diese Maßnahme einführen.
Ich hoffe, dass Sie nun auch in Ihrem Legislativvorschlag bei dieser Regel bleiben. Wenn das nicht der Fall wäre, hätten wir als Parlament ja immer noch die Möglichkeit, uns 2009 zu retten. Dann, Frau Kommissarin, sind wir nämlich in der Mitentscheidung, und dann haben wir eine ganz andere und für uns sehr komfortable Position!
Ilda Figueiredo, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Herr Präsident! Dies ist ein wichtiger Moment für die Bewertung der Konsequenzen von mehreren Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik in Folge sowohl für die landwirtschaftliche Produktion als auch für die Versorgung der Verbraucher anhand solcher Kriterien wie Nahrungsmittelsouveränität der Mitgliedstaaten, Sicherstellung der Versorgung mit gesunden und unbedenklichen Lebensmitteln in ausreichender Menge und zu niedrigen Preisen, Schutz der Umwelt und der Artenvielfalt, Erhaltung des ländlichen Raums und Halten der Bewohner, die angemessene Einkommen und Zugang zu öffentlichen Diensten brauchen, die ihnen menschenwürdige Lebensbedingungen garantieren.
Bedauerlicherweise hat die Europäische Kommission diesen Weg nicht eingeschlagen. Sie weigert sich zuzugeben, dass die Gemeinsame Agrarpolitik eine paradoxe Situation herbeigeführt hat. Einerseits steigen die Lebensmittelpreise stetig weiter, andererseits werden nach wie vor landwirtschaftliche Familienbetriebe zerstört und stellen immer mehr kleine und mittlere Landwirte die Produktion ein, weil ihnen keine existenzsichernden Einkommen garantiert werden, während Spekulationen die Preise für die zunehmend knapper werdenden Nahrungsmittel nach oben treiben.
Es ist daher falsch, an der Entkopplung der Beihilfen von der Produktion und der Beschäftigung festzuhalten, und nicht hinnehmbar, dass die Politik der Unterstützung von Großgrundbesitzern und multinationalen Lebensmittelunternehmen fortgesetzt wird, während die Landwirte, die weiterhin Pflanzen- und Tierproduktion betreiben und dabei auf den Schutz der Artenvielfalt, Nahrungsmittelsicherheit und Qualität der Erzeugnisse achten, gering geschätzt werden.
Durch die Reform von 2003 hat sich die Lage noch zugespitzt. Die aufeinander folgenden Reformen der Gemeinsamen Marktorganisationen für Zucker, Obst und Gemüse, Tabak und Wein haben die Ungerechtigkeiten der GAP in allen Bereichen nicht beseitigt. Deshalb fordern wir grundsätzliche Änderungen, die den Besonderheiten der Landwirtschaft jedes Landes Rechnung tragen und auf die größtmögliche Kopplung der Beihilfen an die Produktion gerichtet sind, und eine gerechtere Verteilung von Direktzahlungen verbunden mit einer Obergrenze und Modulation. Es müssen Anreize für kleine und mittlere Betriebe als Instrumente des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts und mit Blick auf die Eindämmung der Intensivwirtschaft und die Unterstützung der Verbände dieser Landwirte, einschließlich der Agrar- und Winzergenossenschaften, gesetzt werden.
Wir sind auch für die Einrichtung einer von der Gemeinschaft finanzierten öffentlichen Landwirtschaftsversicherung, die Landwirten im Falle von Naturkatastrophen wie Dürre, Stürme, Hagel, Brände, Tierseuchen usw. ein Mindesteinkommen garantiert. Zudem verweisen wir mit Nachdruck darauf, dass die Europäische Kommission bei den Verhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation den Besonderheiten der Agrarproduktion als Sektor der Nahrungsmittelproduktion und strukturierendes Element für das territoriale Gleichgewicht, den Umweltschutz und die Sicherung angemessener quantitativer und qualitativer Niveaus der Lebensmittelsicherheit Rechnung tragen muss.
Schließlich fordern wir die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass Lebensmittelunternehmen Spekulation betreiben, eine marktbeherrschende Stellung auf dem Lebensmittelmarkt aufbauen oder Kartelle bilden, indem sie das bestehende Rechtsvakuum und die fehlenden Kontrollen, die mangelhafte Organisation bei Erzeugern und Verbrauchern und das Fehlen geeigneter Infrastrukturen ausnutzen, um ihre Gewinne zu steigern, die Preise für die Erzeuger zu drücken und für die Verbraucher in die Höhe zu treiben, wie es gegenwärtig vor allem in Portugal bei Grundnahrungsmitteln wie Getreide, Kartoffeln und Milch geschieht.
Witold Tomczak, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Entgegen ihren Prinzipien fördert die Gemeinsame Agrarpolitik nun seit Jahren reiche Landwirte stärker, und das geht zu Lasten der armen Bauern. Das Einfrieren des Landwirtschaftsetats im Jahr 2002 und die anschließenden Reformen der GAP haben da keine Besserung gebracht. Im Gegenteil – die riesigen Unterschiede bei den Finanzmitteln, die für Landwirte bereitgestellt werden, sind sogar noch größer geworden. Beispielsweise variierten 2005 die Gesamtbeihilfen pro Hektar zwischen 68 Euro in Lettland und 756 Euro in Belgien, sie lagen also um mehr als das Zehnfache auseinander. Ungerechtfertigte Unterschiede in der Agrarfinanzierung zeigen sich auch im Anteil der Direktzahlungen, die inzwischen etwa 70 % aller Agrarsubventionen ausmachen.
In ihrer Mitteilung schlug die Europäische Kommission vor, die Zahlungen an Begünstigte, die jährlich über 100 000 Euro erhalten, teilweise abzusenken. Diese Gruppe macht gerade einmal 0,34 % aller Landwirtschaftsbetriebe in der EU aus, umfasst jedoch Megaunternehmen, Lebensmittelkonzerne sowie Golfplatzbesitzer. Paradoxerweise wurde dieser zaghafte Vorschlag, der in die Interessen einer so kleinen Gruppe eingreift, vom Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung abgelehnt.
Viele Anträge wurden angenommen, die Fehler in der Agrarpolitik konnten sie jedoch nicht beheben. Der einzige Änderungsantrag, der Chancen auf eine gerechtere Verteilung der Beihilfen bietet, ist der Änderungsantrag 19 der Fraktion Union für das Europa der Nationen, der dem Vorschlag der Europäischen Kommission folgt. Ich gehe allerdings nicht davon aus, dass er viele Anhänger finden wird. Die Änderungsanträge, die ich und mein Kollege Janusz Wojciechowski eingebracht hatten und die auf eine radikale Änderung der GAP abstellen, wurden vom Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung ebenfalls abgelehnt.
Die Abstimmung über den Bericht von Herrn Goepel wird ein Ausdruck Ihrer Verantwortung für die Gestaltung der Agrarpolitik in den kommenden Jahren sein. Wenn Sie für eine nachhaltige Entwicklung der EU-Landwirtschaft und den Schutz der Interessen von Familienbetrieben sind und nicht die Interessen einer sehr kleinen Gruppe von Unternehmern schützen wollen, dann sollten Sie diesen Bericht ablehnen. Andernfalls leisten Sie der weiteren Entvölkerung ländlicher Gebiete, einer hohen Arbeitslosigkeit, dem Verlust der Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln in der EU, der Diskriminierung der neuen Mitgliedstaaten sowie Prozessen Vorschub, die eine Bedrohung der Umwelt darstellen. Die Annahme des Berichts würde bedeuten, dass Sie gegen die wichtigsten Ziele der Europäischen Union verstoßen, die so oft vergessen werden, nämlich wirtschaftlicher Zusammenhalt, sozialer Zusammenhalt und Solidarität unter den Mitgliedstaaten.
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Peter Baco (NI). – (SK) Ich schätze die Arbeit, die der Berichterstatter, Herr Goepel, geleistet hat, sehr. Die Ausarbeitung des Berichts gestaltete sich besonders schwierig, was teilweise daran lag, dass es den Hintergrunddokumenten zur Analyse möglicher Lösungen an einschlägigen Fallstudien und wesentlichen Daten fehlte.
Die Kommission schlägt vor, die Direktzahlungen für große landwirtschaftliche Betriebe zu verringern und führt als Begründung an, dass diese Unternehmen einer solchen Unterstützung nicht bedürfen. Es gibt jedoch Zahlen, die dieser Theorie widersprechen. In der Slowakischen Republik, meinem Heimatland, fallen die meisten landwirtschaftlichen Betriebe in die Kategorie Großunternehmen. Mehr als 75 % ihrer Maschinen sind über 20 Jahre alt, weshalb diese Unternehmen dringend finanzielle Unterstützung benötigen. Das Beispiel Ostdeutschland zeigt, dass Betriebe dieser Art dort, wo sie angemessene Investitionen erhielten, zu den am besten bewirtschafteten Betrieben der Welt aufschließen konnten. In den ehemals sozialistischen Ländern waren solche Unternehmen jedoch verwaltungstechnisch benachteiligt, was zur massiven Zerstörung nicht nur landwirtschaftlicher Sektoren, sondern auch ländlicher Gebiete und ganzer Regionen führte.
Die Kommission hat es unterdessen versäumt, angemessen auf eine in äußerst gefährlicher Weise zunehmende Schwankungsanfälligkeit des weltweiten Marktes für Lebensmittel aus landwirtschaftlicher Erzeugung zu reagieren. Wir müssen uns bewusst machen, dass eine Wiederholung des letzten Jahres sich wirklich nachteilig auf die Ernährungssicherheit in der EU auswirken könnte. Die Verringerung der natürlichen Instabilität des Agrarmarktes ist gewiss die wichtigste Aufgabe jeder Agrarpolitik und sollte sich folglich auch in diesem Bericht widerspiegeln.
Ich bin daher mit der gegenwärtigen Situation nicht zufrieden, die dadurch geprägt wird, dass in chaotischer Weise jedes Jahr neue Maßnahmen getroffen werden, zu denen beispielsweise die Änderung der Energiepflanzenprämie, die Abschaffung der Stilllegung und die Änderung der Produktionsquoten gehören.
Apropos Überprüfung der Gemeinsamen Agrarpolitik…
Agnes Schierhuber (PPE-DE). – Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Ratspräsident! Auch mein Dank gilt dem Berichterstatter für die herausragende Arbeit. Es zeigt sich auch, dass die Zustimmung im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung 82 % betrug, auch zu den 17 großen Kompromissen, die er geschafft hat.
Die Reformen in den Jahren 2003/2004 waren wichtige Etappen im Prozess der Reformierung der GAP. Eine gründliche Überprüfung der GAP, die jedoch keine grundlegende Reform der bestehenden Politik impliziert, ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Sicherung einer modernen, multifunktionalen und wettbewerbsfähigen Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik.
Es ist wissenschaftlich dokumentiert, dass eine gute landwirtschaftliche Praxis die Basis ist, unabhängig davon, ob es sich um Groß- oder Kleinbetriebe handelt. Erste Priorität hat nach wie vor die Nahrungsmittelproduktion, zweite Priorität die Futtermittelproduktion und dritte Priorität die Bereitstellung von Energie. Zur Umweltrelevanz von Bioenergie ist zu sagen, dass z. B. die österreichische Landwirtschaft seit 1990 den CO2-Ausstoß um 14 % reduziert hat und damit eigentlich das Kyoto-Ziel erreicht.
Ich begrüße auch den Wegfall der Degression. Das Modell der progressiven Modulation ist der richtige Weg, und ich unterstütze auch hier die Zahlen.
Ich danke der Kommissarin für ihre Aussagen zur Milch. Hierzu möchte ich doch sagen, dass wir nicht nur ein soft landing und einen behutsamen Übergang bis 2015 brauchen, sondern auch nachhaltige Lösungen nach 2015. Für Berggebiete und benachteiligte Gebiete sowie periphere Gebiete muss sichergestellt werden, dass auch nach 2015 eine Landwirtschaft mit Raufutter verzehrenden Großvieheinheiten bestehen kann. Mit Spannung erwarte ich daher, Frau Kommissarin, den Legislativvorschlag der Kommission am 20. Mai, und ich hoffe, dass wir darin vieles wiederfinden, das der Bericht Goepel jetzt bringt, damit wir nicht wieder diese lange Diskussion ...
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Bernadette Bourzai (PSE). – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Ratspräsident! Ich danke Herrn Goepel für seine Arbeit, denn es ist äußerst wichtig, dass das Europäische Parlament seine Ansicht zu den sich aus dem GAP-Gesundheitscheck ergebenden wesentlichen Orientierungen äußert.
Ich meinerseits habe große Vorbehalte gegen die völlige Entkoppelung, die große Risiken der Produktionseinstellung bei der Viehzucht und auch bei einigen Kulturen mit sich bringt. Ich teile auch nicht den Optimismus bestimmter Leute, die meinen, dass die gegenwärtige Lage auf den Weltmärkten der europäischen Landwirtschaft eine ungetrübte nachhaltige Zukunft beschert und dass der Weg der völligen Liberalisierung fortgesetzt werden müsse. Zudem profitieren auch nicht alle Landwirtschaftssektoren in gleicher Weise von dem Preisanstieg, wie die gegenwärtige besonders ernste Krise der europäischen Viehzucht zeigt.
Daher halte ich die vollständige Abschaffung jeglicher Marktregulierungsmechanismen für gefährlich für unsere Ernährungssicherheit und die der Welt. Meiner Meinung nach ist es erforderlich, die Interventionsbestände aufrechtzuerhalten, so dass im Falle von Nahrungsmittelverknappungen und Spekulationen eingegriffen werden kann, die Gemeinsamen Marktordnungen beizubehalten…
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Willem Schuth (ALDE). – Herr Präsident, liebe Frau Kommissarin, Herr Ratspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich dem Kollegen Goepel ganz herzlich zu seinem ausgewogenen Bericht gratulieren. Wir dürfen gewachsene, wettbewerbsfähige Strukturen in der Landwirtschaft nicht benachteiligen. Daher haben wir im Ausschuss den Kommissionsvorschlag zur Degression in dieser Form abgelehnt. Bei Direktzahlungen darf nicht nach Betriebsgröße diskriminiert werden, sonst würden Arbeitsplätze in großem Maßstab gefährdet.
Ferner vertrete ich die Auffassung, dass ein definitives Auslaufen des Milchquotensystems im Jahr 2015 nach wie vor richtig ist. Angesichts steigender Milchpreise auf boomenden Weltagrarmärkten und damit verbundener enormer Exportmöglichkeiten erscheint dieses System nicht mehr zeitgemäß.
In diesem Zusammenhang muss eine sinnvolle Überarbeitung der Reform von 2003 nicht nur den europäischen Landwirten Verlässlichkeit und Planungssicherheit bieten, sondern auch ein weiterer Schritt hin zu einer marktorientierten Fortentwicklung unseres Agrarsystems sein.
Janusz Wojciechowski (UEN). – (PL) Herr Präsident! Was bedeutet Landwirtschaft in der Europäischen Union? Für die einen stellt sie einen großen Wert dar, den es zu schützen gilt, für andere aber – und von ihnen gibt es leider viele – ist sie ein Klotz am Bein, den sie loswerden möchten. Im Bericht von Herrn Goepel ist zu lesen, dass die Landwirtschaft einen der größten Industriezweige in der EU darstellt. Das ist schön, genügt aber nicht.
Die Landwirtschaft ist keine Industrie und sie ist nicht einfach einer von vielen Wirtschaftssektoren, sondern eine Säule der Lebensmittelsicherheit. Wir geben Unsummen fürs Militär und für die Polizei aus, um die physische Sicherheit in unseren Staaten und in unseren Häusern zu gewährleisten. Riesige Beträge fließen in die Energiesicherheit – wir sind auf der Suche nach teureren, aber sicheren Versorgungsquellen. Genauso viel Geld müssen wir für den Schutz unserer Landwirtschaft aufwenden, die uns Lebensmittelsicherheit bietet, und es ist schade, dass nicht jeder in der EU das begreift.
Alyn Smith (Verts/ALE). – (EN) Herr Präsident! Auch ich beglückwünsche unseren Berichterstatter zu dem uns vorliegenden ausgezeichneten Kompromisspaket. Ich möchte hier vor allem drei Maßnahmen herausstellen, die besonders zu begrüßen sind, und zwar unsere Änderungsanträge, die positiv aufgenommen wurden.
In Ziffer 21 des Berichts vertreten wir die Auffassung, dass die Entkopplung der Direktzahlungen weitgehend erfolgreich war, und bringen die feste Überzeugung zum Ausdruck, dass die Politik der Entkopplung beschleunigt voranzutreiben ist. Gewiss, man muss dies richtig und mit Feingefühl angehen, aber dennoch vorantreiben.
In Ziffer 37 und 38 erklären wir ausdrücklich, dass die Flächenstilllegung ihren Sinn verloren hat und sofort abgeschafft werden sollte und dass etwaige umweltpolitische Vorteile der Flächenstilllegung besser durch Maßnahmen im Bereich der 2. Säule zu erreichen sind.
In Ziffer 86 bis 91 verweisen wir auf die Bedeutung von Nischenerzeugnissen für die europäische Landwirtschaft auf den internationalen Märkten. Ich könnte für unsere Kommissarin durchaus eine Liste schottischer Qualitätsprodukte zusammenstellen, und ich wäre ihr dankbar für ein paar kurze Worte dazu, wie sie die Einführung einer europäischen Marke als Kennzeichen für internationale Qualität voranzubringen gedenkt.
Kartika Tamara Liotard (GUE/NGL). – (NL) Mit diesem Gesundheitscheck hat die Kommission einen vernünftigen – wenn auch bescheidenen – Schritt in Richtung einer etwas weniger ungerechten Agrarpolitik gesetzt. Ich möchte meine Kolleginnen und Kollegen aufrufen, Herrn Goepels Bericht nicht zu unterstützen, da er die Kommissionsvorschläge in einigen ganz wesentlichen Punkten verwässert. Der wichtigste Aspekt ist für mich, dass der Höhe der Beihilfen, die jemand empfangen kann, endlich vorsichtig Grenzen gesetzt werden.
Der europäischen Öffentlichkeit lässt sich schwerlich vermitteln, weshalb beispielsweise an den Fürsten von Monaco oder an multinationale Konzerne wie Heineken und Nestlé Hunderttausende Euro an Einkommensbeihilfen in Form von Agrarbeihilfen allein deshalb fließen, weil sie Land besitzen. Gleichzeitig fällt es echten Landwirten nicht selten schwer, über die Runden zu kommen. Einkommensbeihilfen in der Landwirtschaft sollen den Landwirten ein menschenwürdiges Dasein sichern und nicht multinationalen Konzernen und Großgrundbesitzern die Taschen füllen.
Vladimír Železný (IND/DEM). – (CS) Die Reform der GAP zielte darauf ab, sie weniger schwerfällig und marktorientierter werden zu lassen. In Anbetracht der durchschnittlichen Größe tschechischer landwirtschaftlicher Betriebe ist das in dem Bericht vorgeschlagene System inakzeptabel.
Es würde für die Tschechische Republik dazu führen, dass sie bis zum Jahr 2013 einer der Staaten mit dem größten Anteil …(ein Teil der Rede war nicht verständlich) würde, die im Rahmen der Modulation von der ersten zur zweiten Säule übertragen werden. Nahezu 40 % der Direktzahlungen in die Tschechische Republik würden dann der Degression unterliegen, verglichen mit 6,5 % für Frankreich und nur 2,5 % für Österreich.
Tschechische Agrarbetriebe wären laut dem vorliegenden Vorschlag unsinnigerweise gezwungen sich aufzuteilen und würden tatsächlich an Effizienz einbüßen. Weder dieser Vorschlag noch ein Kompromissvorschlag sind für die Tschechische Republik akzeptabel, da sie uns der Diskriminierung aussetzen und die Wettbewerbsfähigkeit der tschechischen Landwirte ungerechtfertigt verringern.
Jean-Claude Martinez (NI). – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Goepel! In Berlin beschlossen Bundeskanzler Schmidt und der französische Staatspräsident Jacques Chirac vor fast zehn Jahren, den Landwirten einen Aufschub bis 2013 zu gewähren. Mit dem Ende der Milchquoten, dem Ende eines eigenen Agrarbudgets in der finanziellen Vorausschau 2014-2019 und dem nachfolgelosen Eintritt einer Mehrheit von Erzeugern in den Ruhestand war das Ende einer großen GAP schlicht und einfach für 2013 geplant.
Sie stellen heute diese Übereinkunft in Frage und beschleunigen unter der Bezeichnung „GAP-Gesundheitscheck“ die Entwicklung hin zu einer Beseitigung unserer Landwirtschaft unter dem ersten Pfeiler. Das ist nichts Neues! MacSharry, Steichen, Fischler hatten mittels Quoten, GMH, Schlachtprämien, Flächenstilllegungen, Entkoppelungen, Rodungen bereits seit 30 Jahren jene Strategie praktiziert, die darin besteht, das Monopol der Nahrungsmittelproduktion in der Welt der südlichen Hemisphäre und den Pazifikstaaten zu überlassen.
Heute verbirgt sich in den leidenschaftlichen technischen Debatten über die vollständige Entkoppelung hinter Konzepten wie – degressive oder progressive – Modulation, Ökokonditionalität, Entwicklung des ländlichen Raums, dem historischen oder nichthistorischen Bezug nur die eine und einzige wahre Frage: Will Europa zusammen mit Brasilien, während China und Indien die weltweite Lebensmittelnachfrage ankurbeln, während das Steigen der Preise und der Nachfrage den Landwirten eine rosige Zukunft beschert, noch einer der größten Lebensmittelerzeuger der Welt bleiben?
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Mairead McGuinness (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich freue mich über die zahlreiche Anwesenheit, denn dies ist eine sehr wichtige Aussprache. Würden wir den Applausometer zu Rate ziehen, wenn es um umfangreiche Zahlungen an Königshäuser oder einzelne Landwirte geht, könnte man das Zähneklappern in durchweg allen europäischen Königshäusern hören. Die Debatte ist jedoch etwas komplexer, wie von unseren Kolleginnen und Kollegen aus Osteuropa zu vernehmen war.
Zum Gesundheitscheck lassen Sie mich kurz anmerken, dass wir, was Entkopplung und Modulation betrifft, in Irland bereits völlig entkoppelt haben, und ich denke, die Kommissarin wird das bestätigen. Wir wollen unser historisches System der Zahlungen behalten und können uns mit einer höheren Modulation nicht anfreunden. Hier wird ein Loch aufgerissen, um ein anderes zu stopfen. Anschließend wird das Ganze in einer Mogelverpackung verkauft. Wir wissen nicht wirklich, wohin die Gelder für ländliche Entwicklung letztlich fließen werden, und müssen uns das ganz genau ansehen.
Sorgen bereitet den irischen Landwirten momentan nicht Artikel 69, sondern die WTO. Auf dem Tisch vor mir liegt die Bewertung des jüngsten Berichts der WTO, und ich würde darüber gern mit meinen Kollegen sprechen. Das ist wirklich gut aufgemacht, aber der Inhalt ist nicht sehr erfreulich. Wenn es nach Herrn Mandelson geht, dann, fürchte ich, ist es um den Rindfleisch- und Milchsektor, den Lamm- und Schweinefleischsektor in Europa geschehen, und auch um die gemeinsame Agrarpolitik. Die Einfuhrzölle sollen um bis zu 70 % gesenkt werden.
Vielleicht ist man sich über die Auswirkungen nicht so ganz im Klaren, aber konkret bedeutet das, dass unsere Erzeuger mit Nahrungsmittelimporten und Produkten, die nach gänzlich anderen Standards hergestellt werden, nicht mithalten wollen und können.
Der Lammfleischsektor, den das Parlament eigentlich unterstützen will, wird durch die WTO vernichtet. Darf ich Sie bitten, Frau Kommissarin, sich einmal die Analyse der Irish Farmers’ Association anzusehen – ich halte sie noch einmal hoch, denn sie sieht wirklich gut aus –, und mir zu sagen, dass sie auf dem Holzweg sind, obgleich ich fürchte, dass sie den Nagel auf den Kopf getroffen haben.
Dieses Hohe Haus wird in keiner Weise über die Auswirkungen dieses jüngsten Berichts der WTO aufgeklärt, und ich bin der Meinung, dass wir diese Informationen brauchen und ein Anrecht darauf haben. Ich möchte noch anmerken, dass irische Landwirte für die Europäische Union sind; viele von ihnen kamen jedoch am Wochenende zu mir nach Hause und hinterfragten deren Entscheidungen im Hinblick auf die Abstimmung über einige Verträge. Und da haben wir ein echtes Problem, wie die Kommissarin wohl weiß.
María Isabel Salinas García (PSE). – (ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Die europäischen Landwirte, insbesondere die spanischen, brauchen, und ich würde sagen, fordern, ein Minimum an Stabilität. Deshalb möchte ich die Kommission als Erstes ersuchen, diese Halbzeitüberprüfung der Gemeinsamen Agrarpolitik nicht zu einer großen radikalen Revision zu machen.
Ein Aspekt, der mir Sorge bereitet, ist die teilweise Entkoppelung der Beihilfen; die Hast, mit der die Entkoppelung der Beihilfen auf den Weg gebracht werden soll, kann viele Kulturen gefährden. Eine volle oder teilweise Koppelung in einigen Sektoren ist lebenswichtig für die Aufrechterhaltung der Produktion, beispielsweise im Baumwollsektor.
Folglich bin ich nicht der Ansicht, dass die Entkoppelungshöhen beibehalten werden sollten, wie sie 2003 vereinbart wurden, und wenn das nicht möglich ist, sollte den Mitgliedstaaten meiner Meinung nach auf jeden Fall ein gewisser Spielraum gegeben werden, da ein freiwilliges Modell für jeden Sektor auf fallweiser Basis die besten Bedingungen für die landwirtschaftliche Produktion schaffen könnte. Ich glaube, dass wir an den Agrarsektor jetzt ein Signal der Ruhe und Stabilität aussenden sollten.
Jan Mulder (ALDE). – (NL) Meine Glückwünsche an Herrn Goepel zu seiner Arbeit. Meiner Ansicht nach kommt es in dieser Aussprache auf zwei Dinge an.
Erstens, der wichtigste Aspekt der Agrarpolitik ist aus meiner Warte der gemeinsame Markt für 500 Millionen Verbraucher. Hat die Kommission oder der Bericht Goepel diesen Markt verzerrt? Ich denke nicht – und das ist positiv.
Zweitens, meines Erachtens müssen öffentliche Stellen glaubwürdig sein. Wir müssen uns an unsere Zusagen im Haushaltsplan 2007 halten, und ich meine, die Kommission macht das auch.
Die Modulation sehe ich mit gemischten Gefühlen. Ich kenne die Ergebnisse der ländlichen Entwicklungspolitik noch nicht. Die Berichte des Rechnungshofs sind äußerst kritisch, aber ich finde es problematisch, den Landwirten eine zusätzliche finanzielle Belastung aufzubürden, von der sie 60 % nicht wiedersehen. In den Niederlanden werden damit Naturgebiete gekauft.
Gestatten Sie noch einige Worte zu nicht handelsbezogenen Anliegen. Wie kann ich den europäischen Landwirten erklären, dass sie bestimmte Erzeugnisse nicht herstellen dürfen, wohingegen es anderen Ländern gestattet ist und wir derartige Erzeugnisse unbegrenzt einführen dürfen? Das führt zu unlauterem Wettbewerb.
Andrzej Tomasz Zapałowski (UEN). – (PL) Herr Präsident! In den letzten Jahren wurden in der Gemeinsamen Agrarpolitik viele Änderungen vorgenommen. Nicht immer standen dabei die Notwendigkeit, die Lage in ländlichen Gebieten zu verbessern, oder die Bedürfnisse der EU-Verbraucher im Mittelpunkt. Obwohl die Lebensmittelpreise gegenwärtig stetig steigen, kann von einer merklichen Verbesserung der Situation kleiner und mittlerer Betriebe keine Rede sein. Die Europäische Kommission fördert internationale Unternehmen, auch solche, die genmanipulierte Lebensmittel herstellen, mehr als die einheimischen Landwirte. Die Europäische Gemeinschaft steuert immer weiter auf den Punkt zu, an dem sie die Souveränität im Bereich der Lebensmittelproduktion verlieren wird. Nun wird mit den Reformvorschlägen zur Gemeinsamen Agrarpolitik eine weitere Gruppe von Landwirten in den Ruin getrieben: die Tabakanbauer. Dies bedeutet für nahezu 100 000 von ihnen das wirtschaftliche Aus sowie den Verlust von 400 000 Arbeitsplätzen. Es ist höchste Zeit, dass die Europäische Kommission sich mehr um die Interessen der europäischen Landwirte kümmert als um die von Drittländern.
Marie-Hélène Aubert (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Das Umfeld der Landwirtschaft hat sich seit 2003 stark verändert, und die uns heute vorliegenden Analyseergebnisse sind bereits nicht mehr ganz aktuell und den wesentlichen Herausforderungen der Zukunft wirklich nicht angemessen. Die Nachfrage nach Lebensmitteln steigt sprunghaft an, die Preise schießen in die Höhe und werden unerschwinglich für die Ärmsten, während die landwirtschaftlichen Flächen gleichzeitig zurückgehen. Die subventionierten Biokraftstoffe destabilisieren die Landwirtschaft in hohem Maße. Hervorzuheben sind weiterhin die Auswirkungen des Klimawandels und vor allem die steigende Ablehnung eines ultraliberalen, intensiven industriellen Landwirtschaftsmodells durch unsere Mitbürger, das bewirkt, dass Agrarerzeugnisse über Tausende von Kilometern durch die Welt transportiert werden, während gleichzeitig soziales und ökologisches Dumping betrieben wird.
Daher müssen wir nunmehr eine tiefgreifende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in Angriff nehmen und nicht nur eine technische Anpassung der gegenwärtigen Instrumente, die Sie uns heute vorschlagen. Wir brauchen jetzt auch wirklich einen klaren strategischen Kurs, der uns gegenwärtig am stärksten fehlt.
Bairbre de Brún (GUE/NGL). – (GA) Herr Präsident! Dieser Bericht kommt zu einem für Landwirte in der EU sehr wichtigen Zeitpunkt. Wie meine Kollegin Frau McGuinness bereits sagte, haben wir in den Gesprächen im Rahmen der Welthandelsorganisation gesehen, wie der Kommissar bereit ist, die Interessen unserer Landwirte und unserer ländlichen Gemeinschaft zu opfern, nicht zum Nutzen der Dritten Welt, sondern für ein internationales Verhandlungsspiel.
Was den Gesundheitscheck betrifft, so stimme ich zu, dass es ein ausgewogenes Verhältnis zwischen einer Vereinfachung und einer Steigerung der Effizienz der Maßnahmen sowie einer gewissen Stabilität für die Landwirte geben muss, da diese Lebensmittel für uns erzeugen und so den ländlichen Raum erhalten.
Wenn dies in fairer Weise umgesetzt wird, sollten wir eine Obergrenze für umfangreiche Zahlungen an große landwirtschaftliche Betriebe oder Zusammenschlüsse als einen Schritt nach vorne weg von der Gemeinsamen Agrarpolitik, die nur den Großgrundbesitzern Nutzen bringt, begrüßen. Es ist auch wichtig, dass nur die aktiv agrarisch wirtschaftenden Landwirte Prämienansprüche erheben können.
Die Gemeinsame Agrarpolitik sollte…
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Derek Roland Clark (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Für jeden Gesundheitscheck werden Kriterien und eine Bewertung gebraucht. Im Falle der GAP würde ich als Kriterium die Finanzierung vorschlagen, und die Bewertung könnten die Rechnungsprüfer übernehmen.
Hält der Rechnungshof die GAP für gesund, obwohl 28,9 % der Betriebsprämien fälschlicherweise gezahlt werden? Soll es gesund für die GAP sein, wenn Landwirte Zahlungen erhalten, damit sie keine Nahrungsmittel anbauen? Meint der Rechnungshof, dass es gesund ist, Ackerland in Anbauflächen für Biokraftstoffe umzuwandeln, wenn weltweit gerade Getreide knapp wird? Hält er die GAP für gesund, obwohl echte Landwirte – zumindest im Vereinigten Königreich – kaum ihren Lebensunterhalt verdienen können? Ist dem Rechnungshof bekannt, dass es Landwirten in Neuseeland sehr gut geht, obwohl sie keinerlei Beihilfen erhalten, und dass dort nur 3 % die Abschaffung der Subventionen nicht überlebt haben?
Da mir all dies nach einer sehr kranken GAP aussieht, stellt sich die Frage, ob es nicht Zeit ist, die lebenserhaltenden Apparate abzuschalten, damit die europäischen Landwirte auf eigenen Füßen stehen können.
Jim Allister (NI). – (EN) Herr Präsident! Vieles in diesem Bericht findet meine Zustimmung. Ich möchte mich kurz zu vier Punkten äußern.
Erstens ist Entkopplung theoretisch eine feine Sache, die praktische Umsetzung ließ jedoch in den Augen mancher zu wünschen übrig, da sie den Erzeugern nicht die versprochenen höheren Marktpreise brachte.
Zweitens müssen wir genügend Instrumente zur Verfügung halten, um gegen Markt- und Versorgungskrisen gewappnet zu sein. Unausgewogenheiten in der Versorgungskette gefährden das Ziel der GAP, eine sichere Nahrungsmittelversorgung zu gewährleisten. Ernährungssicherheit ist nur möglich, wenn den Produzenten wirtschaftliche Nachhaltigkeit garantiert wird.
Drittens können wir viel zur Vereinfachung der GAP beitragen, indem wir bürokratische Hürden beseitigen und darauf verzichten, Landwirte in die Verbrecherecke zu stellen, wenn sie aufgrund geringfügiger Verstöße unabsichtlich Fehler begehen.
Viertens sollten nicht genutzte Mittel des Agrarhaushaltes, die für Marktsteuerungsmaßnahmen vorgesehen waren, vorrangig als Beihilfe nach Artikel 69 für die Stärkung der EU-Landwirtschaft eingesetzt werden, besonders in Gebieten mit marginaler Produktion, und um Situationen zu meistern, in denen sich, wie in meinem Wahlkreis, vielen Landwirten über 55 Jahren keinerlei Beschäftigungsalternativen bieten.
Véronique Mathieu (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht Goepel stellt einen guten Kompromiss zwischen den kühnen Vorschlägen der Kommission und den von unseren Landwirten geäußerten Sorgen dar. Bravo für diesen Bericht, Herr Goepel; dies war nicht leicht, das wissen wir. Er enthält gute Vorschläge.
Dies trifft erstens auf das System der Direktbeihilfen zu, die verändert werden müssen, wobei die Mitgliedstaaten über mehr Flexibilität bei der Umsetzung dieser Änderung verfügen müssen.
Wenn die Entkoppelung fortgesetzt werden soll, dann muss sie die Schwierigkeiten berücksichtigen, die gegenwärtig in bestimmten Sektoren auftreten, insbesondere im Viehzuchtsektor sowie bei bestimmten für zahlreiche Regionen sehr wichtigen pflanzlichen Kulturen wie Flachs, Hanf, Trockenfutter, für die es eine angemessene Übergangsperiode geben muss.
Die Modulation halte ich in der vorgeschlagenen Form für zu stark, sie bringt den ersten Pfeiler aus dem Gleichgewicht. Die Bedingungen im Zusammenhang mit der Flächenstilllegung müssen reformiert werden, doch zuvor muss die Kommission eindeutig die Instrumente festlegen, die die Beibehaltung ihrer Vorteile insbesondere in Bezug auf die Artenvielfalt ermöglichen. Eine Revision und eine Verstärkung von Artikel 69 wären ebenfalls ein Mittel, um eine leistungsfähige Unterstützung für anfällige Zonen wie Bergregionen, für die Umstrukturierung von in Schwierigkeiten befindlichen Sektoren wie Viehhaltung oder Milch sowie für das Risikomanagement bereitzustellen.
Des Weiteren, Herr Kommissar, sollten wir wirklich die Biokraftstoffe hinterfragen, die in ökologischer Hinsicht stark umstritten sind. Gerade der Gesundheitscheck ist vielleicht eine Gelegenheit, dies zu tun.
Csaba Sándor Tabajdi (PSE). – (HU) Der vorliegende Bericht ist einer der wichtigsten Berichte der letzten vier Jahre für den Agrarsektor, denn er ist viel mehr als nur eine Bestandsaufnahme der aktuellen Sachlage oder ein „Gesundheitscheck“. Frau Fischer Boel ist eine Radikal-Liberale, Herr Goepel ein christdemokratischer Liberaler und ich bin ein sozialdemokratischer Liberaler, und wir alle haben die Aufgabe, die Gemeinsame Agrarpolitik ab 2014 grundlegend zu reformieren. Dieser „Gesundheitscheck“ formuliert eine Reihe von Ideen, die nach 2014 umgesetzt werden sollen. Beispiele dafür sind der Einstieg in eine flächenbezogene Flatrate bei den Direktzahlungen, die Umverteilung der Finanzierung auf die zweite Säule sowie die Art der dafür ins Auge gefassten Modulation und die Entwicklung eines Risikomanagementsystems. Ich stimme Frau Fischer Boel und Herrn Goepel zu, dass die Obergrenzen ebenfalls von großer Bedeutung sind. Ich würde mich freuen, wenn die britische Königin weniger Beihilfen erhalten würde, und auch in Ungarn gibt es zurzeit sehr viele Großbetriebe. Wir müssen jedoch ein System entwickeln, das eine Umgehung der Obergrenzen verhindert; mit anderen Worten, dieses Problem muss in Zukunft gelöst werden. Vielen Dank.
Anne Laperrouze (ALDE). – (FR) Herr Präsident! Ich möchte vier Punkte für die weitere Entwicklung der GAP hervorheben.
Die Aufrechterhaltung der Direkthilfen, die ein unverzichtbares Element darstellt, denn es ist erwiesen, dass keine Wirtschaft in der Welt es ihren Landwirten ermöglicht, ohne finanzielle Unterstützung angemessen zu leben. Die Umwelt prägt die Landwirtschaft ebenso wie die Landwirtschaft die Umwelt. Daher müssen die Konditionalitätskriterien für den Erhalt der Beihilfen aufrechterhalten werden. In jedem Abkommen der WTO müssen die Frage der geschützten geografischen Angaben, des Tierschutzes, des Gesundheitsstatus der importierten Erzeugnisse behandelt werden, weil dies für einen fairen Wettbewerb erforderlich ist und weil Gesundheitsprobleme nicht an den Grenzen Halt machen. Zudem muss der Beitrag der Landwirtschaft zum Klimawandel und zur nachhaltigen Entwicklung bestimmt werden. Ich fordere die Europäische Kommission auf, sich eingehender mit der Frage zu befassen, welcher Anteil der landwirtschaftlichen Flächen der Europäischen Union für Ökokraftstoffe und für die Grüne Chemie verwendet werden kann.
Ich begrüße diese Entschließung, die treffend darlegt, welche Herausforderungen die Landwirtschaft künftig sowohl in Bezug auf ihre Ernährungsfunktion als auch im Hinblick auf ihren Beitrag zur Bewahrung unserer Umwelt zu bewältigen hat.
Liam Aylward (UEN). – (EN) Herr Präsident! Ich begrüße den Vorschlag zur Vereinfachung der Vorschriften für Landwirte im Zuge des Gesundheitschecks der GAP und appelliere an die Kommissarin, Landwirte frühzeitig über Kontrollen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen zu informieren, wenn sie prüft, wie Vorschriften vereinfacht und flexibler gestaltet werden können.
Ich bin absolut gegen eine Erhöhung der obligatorischen Modulation auf 13 % in den kommenden Jahren. Damit würden Direktzahlungen für Landwirte gekürzt, obwohl diese das Geld bereits eingeplant haben.
Es besteht die Gefahr, dass die Schafzucht ihre wichtige Rolle beim Erhalt ökologisch sensibler Gebiete durch Flächenstilllegungen einbüßt und dass Zuchtwissen verloren geht, und das muss beim Gesundheitscheck der GAP berücksichtigt werden.
Die letzte Aussprache hat klar gezeigt, dass die Milchquoten ab April 2015 wegfallen werden, und ich begrüße den Beitrag der Kommissarin zu dieser Debatte. Eine sanfte Landung ist wichtig, und ich bin für eine schrittweise jährliche Erhöhung der Milchquote bis zum Jahr 2015.
Abschließend möchte ich noch sagen, dass die Vorschläge, die in Genf zur Zukunft der europäischen Landwirtschaft im Rahmen der WTO auf dem Tisch liegen, absolut inakzeptabel sind, besonders aus irischer Sicht. Ich begrüße es, dass viele EU-Mitgliedstaaten ebenfalls gegen diese Vorschläge sind und dass die zuständige Kommissarin diesen Befürchtungen Rechnung tragen wird.
Carmen Fraga Estévez (PPE-DE). – (ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Herrn Goepel zu seiner Arbeit beglückwünschen und hinzufügen, dass ich in meiner Rede speziell auf die Zukunft des Milchsektors eingehen werde. Dazu habe ich die folgenden Bemerkungen.
Vor allem möchte ich sagen, dass eine große Ungewissheit im Hinblick auf die Auswirkungen besteht, die aus der Abschaffung der Quotenregelung in den verschiedenen Erzeugerregionen entstehen könnten. Viele Menschen befürchten, dass sich der Trend zur Produktionsaufgabe beschleunigen wird und dass dies für einige Regionen mit einer sehr niedrigen Wirtschaftlichkeit und wenigen Alternativen zur Landwirtschaft einen nicht wiedergutzumachenden Schlag bedeuten wird.
Klar ist indes, dass die gegenwärtige Quotenregelung nicht das gewünschte Ergebnis bringt, nämlich ein Gleichgewicht zwischen Produktion und Verbrauch zu erreichen. Hatten wir früher Milchseen, so stehen wir jetzt vor einem Defizit von mehr als 3 Millionen Tonnen, was ein deutlicher Beweis ist für das Auf und Ab dieser GMO, die ungleiche Verteilung der Produktionsquoten, die mangelhafte und dürftige Bewertung der letzten Reformen und einiger konkreter Maßnahmen, die realisiert wurden, wie die Entkoppelung der Beihilfen, deren Folgen für die Zukunft des Sektors wir noch nicht kennen.
Hinzu kommen das Missverhältnis bei der Anwendung der Quotenregelung zwischen den einzelnen Ländern; und, Frau Kommissarin, ich muss sagen, dass in manchen Ländern, wie meinem, Hindernisse für die Liberalisierung des Sektors bestehen und dass zum Beispiel die individuelle Quotenübertragung, ein wichtiges Element für die Umstrukturierung, seit 2005 abgeschafft ist.
Abschließend möchte ich nur noch sagen, Frau Kommissarin, dass es meiner Ansicht nach positiv wäre, die Idee der Quotenerhöhung von 2 % auf freiwilliger Basis für 2008-2009, wie in den Berichten Jeggle und Goepel vorgeschlagen, mit einer nicht linearen Erhöhung für die Folgejahre zu kombinieren, wie in Ziffer 84 des Berichts Goepel gefordert wird, um die Produktionsquoten gleichmäßiger zu verteilen und jenen Mitgliedstaaten den Vorzug zu geben, in denen die Quoten im Vergleich zu ihrem einheimischen Verbrauch seit jeher zu niedrig liegen.
Lily Jacobs (PSE). – (NL) Ich möchte auf einen Aspekt unserer Agrarpolitik aufmerksam machen, der nicht selten vernachlässigt wird: die Interessen der Entwicklungsländer. Wir müssen Schluss machen mit Protektionismus und marktverzerrenden Maßnahmen, die in dem heutigen System eingebaut sind. Die allerärmsten Länder haben Anspruch auf einen fairen Zugang zu unserem Markt und auf ein Ende des unlauteren Wettbewerbs auf ihren Märkten.
Ich habe Änderungsanträge eingebracht, um die Aufmerksamkeit darauf zu lenken und bitte meine Kolleginnen und Kollegen dafür um Unterstützung. Die Frau Kommissarin wird mir zustimmen, dass der Schwerpunkt unserer Politik außerdem vor allem auf den Verbrauchern liegen sollte. Deshalb ist es unverzichtbar, dass wir den Landwirten bei der Erzeugung hinreichend sicherer Lebensmittel allerhöchster Qualität Hilfe bieten. Mithin müssen wir eine nachhaltige Landwirtschaft sicherstellen, in der in höchstem Maße in den Schutz und die Verbesserung der ländlichen Gebiete und der Umwelt investiert wird, damit nicht nur wir als vielmehr auch unsere Kinder Freude daran haben.
Wir müssen dafür sorgen, dass es in ausreichendem Maße Lebensmittel für alle gibt. Und das ist unter anderem möglich, indem wir unser Wissen stetig erweitern und der übrigen Welt unsere Kenntnisse und modernen Techniken zur Verfügung stellen.
Kyösti Virrankoski (ALDE). – (FI) Herr Präsident! Der Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung über einen „Gesundheitscheck“ für die Landwirtschaft ist realistisch. Das größte Problem ist die Entkopplung. Die Kommission fordert eine stärkere Entkoppelung der Beihilfen von der Produktion.
Der Ausschuss ist sehr vorsichtig, und das nicht ohne Grund. Die Entkoppelung erinnert in vielerlei Hinsicht an Vorruhestandsbeihilfen für Landwirte. Sie begünstigt jene Betriebe, die ihre Produktion zurückfahren oder ganz aufgeben, aber sie motiviert nicht die jungen Landwirte, die ihre Produktion erweitern. Ebenso begünstigt sie die extensive Produktion zu Lasten der arbeitsintensiven Produktion.
Vor allem die in Bezug auf ihre natürlichen Bedingungen benachteiligten Regionen scheinen das Nachsehen zu haben. In den Vereinigten Staaten sind die Beihilfen beispielsweise nach wie vor hauptsächlich an die Produktion gebunden. Ausgesprochen ärgerlich ist die Tatsache, dass die soziale Rechtfertigung für Beihilfen ihre Grundlage verliert. Wenn ein Landwirt, der Lebensmittel im Nebenerwerb produziert, die gleiche Bezahlung erhält wie ein anderer, der sieben Tage die Woche arbeitet, dann hat der Steuerzahler durchaus Grund zu protestieren. Die Aufgabe der Landwirtschaft wird es auch weiterhin sein, Lebensmittel zu produzieren.
Zdzisław Zbigniew Podkański (UEN). – (PL) Herr Präsident! Obwohl die Gemeinsame Agrarpolitik mehrmals reformiert wurde, wird sie den Erwartungen noch immer nicht gerecht. Als krasse Beispiele können der Verlust der Lebensmittelsicherheit in der EU, die zahlreichen Krisensituationen und fehlende gemeinsame, beide Seiten zufrieden stellende Regelungen genannt werden. Die Krise wird aufgrund der fehlenden Kohäsion und der Diskriminierung von Landwirten in den neuen Mitgliedstaaten verschärft. Die Tatsache, dass es je nach geografischer Lage und EU-Beitrittsdatum besser und schlechter Gestellte gibt, belegt eindeutig, dass es keine Gemeinsame Agrarpolitik gibt und dass sie noch lange auf sich warten lassen wird.
Trotz des enormen Arbeitsaufwands, den der Berichterstatter, der Kollege Goepel, betrieben hat, wurde das Ziel verfehlt, und es ist sogar schwer zu sagen, ob wir uns sinnvollen Lösungen genähert oder weiter davon entfernt haben. Angesichts dieser Sachlage scheint die Ansicht jener Minderheit zuzutreffen, die meint, die Kommission fördere mit ihrer Politik weiterhin die internationale Lebensmittelindustrie und Großgrundbesitzer und die Gemeinsame Agrarpolitik befriedige weder die Bedürfnisse der Verbraucher noch die der kleinen und mittleren Familienbetriebe, die zur Aufgabe gezwungen werden. Deswegen brauchen wir eine neue gerechte Agrarpolitik, die von objektiven Experten und nicht von Interessengruppen erarbeitet wird.
Petya Stavreva (PPE-DE). – (BG) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Ich möchte den Berichterstatter Lutz Goepel zu seiner erfolgreichen Arbeit an diesem Bericht beglückwünschen.
In meiner Eigenschaft als Parlamentsabgeordnete aus Bulgarien halte ich es für außerordentlich wichtig, dass der Bericht den neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union besondere Aufmerksamkeit zuteil werden lässt. Sie können, wenn sie dies wünschen, die vereinfachten einheitlichen Flächenprämien bis 2013 anwenden, und sie werden von der Europäischen Union bei der Anwendung der Cross-Compliance-Regeln unterstützt.
Die Wahrung des Rechts der Mitgliedstaaten selbst zu entscheiden, ob und wie sie ihre Direktzahlungssysteme ändern, wird unseren Ländern größere Flexibilität verleihen und ihnen bei der Anpassung an die spezifischen Erfordernisse jeder Region und jedes Sektors behilflich sein.
Ich glaube, dass der Bericht über den „Gesundheitscheck“ der Gemeinsamen Agrarpolitik heute, da das Europäische Parlament den Bürgern sein Engagement und seine verantwortungsbewusste politische Haltung für die Entwicklung des Landwirtschaftssektors in der Gemeinschaft zeigen muss, von besonderer Wichtigkeit ist.
Ich denke, dass der Bericht von Lutz Goepel die Interessen der europäischen Bauern schützt, und ich fordere Sie nachdrücklich auf, den Bericht zu unterstützen. Vielen Dank.
Bogdan Golik (PSE). – (PL) Herr Präsident! Ich möchte zunächst dem Kollegen Goepel zu dem ausgezeichneten Bericht gratulieren und ihm für den damit verbundenen riesigen Arbeitsaufwand danken. Der Bericht spiegelt voll und ganz das besondere Interesse des Parlaments an der Agrarpolitik wider. Obwohl die Ausgaben von fast 80 % in den 1970er-Jahren auf 33 % in der derzeitigen Finanziellen Vorausschau zurückgegangen sind, ist und bleibt die Agrarpolitik eines der wichtigsten europäischen Politikfelder.
Da meine Zeit begrenzt ist, nenne ich nur einige der Probleme, die für die neuen Mitgliedstaaten von Belang sind. Die Modulation sollte in diesen Ländern erst greifen, wenn die Zahlungen vollständig bezogen wurden, und sie sollte – wie früher in anderen EU-15-Staaten – schrittweise eingeführt werden. Ich kann der Abschaffung der Beihilfen und Energiepflanzenprämien, die uns gerade erst zugesprochen wurden, nicht zustimmen. Im Gegenteil – die EU sollte besonders die neue Richtung der Biomasseproduktion fördern.
Was die Zukunft der Milchquoten anbelangt, bin ich weiterhin davon überzeugt, dass wir für die Entscheidung in diesem Bereich eine umfassendere Debatte und gründlichere Analyse brauchen.
Magor Imre Csibi (ALDE). – (RO) Gestatten Sie mir als stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit einige Bemerkungen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft.
Mit ihren intensiven landwirtschaftlichen Produktionsverfahren hatten die Landwirte in den vergangenen Jahren nicht unerheblichen Anteil an der globalen Erwärmung, und jetzt stehen sie vor ihren verheerenden Folgen. Statistiken zufolge entfallen auf die Landwirtschaft 17 % bis 32 % der durch menschliche Aktivitäten bedingten Treibhausgasemissionen. Durch den unverantwortlichen Einsatz von Düngemitteln, die unangemessene Lagerung von Dung und die verfehlte Bodennutzung, ich meine speziell Abholzung und Überweidung, belastet die Landwirtschaft die Umwelt nach wie vor.
Die globale Erwärmung ist unumkehrbar, und in Zukunft sollten uns häufig auftretende Dürren und Hochwasser nicht mehr erstaunen. Daher bin ich dem im Bericht vorgetragenen Gedanken von einem Sicherheitsnetz auf europäischer Ebene zur Unterstützung der Landwirte bei Umwelt-, Klima- und Seuchengefahren zugetan.
Mithin fordere ich die Europäische Kommission auf zu prüfen, inwieweit die sofortige Einführung von Mehrgefahrenversicherungen für die EU-Landwirte in Form eines Fonds oder Mechanismus möglich ist, die mit Mitteln der EU und der Mitgliedstaaten finanziert werden.
Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (UEN). – (PL) Herr Präsident! Ich möchte in dieser Debatte nur auf zwei Punkte hinweisen. Erstens sinkt der prozentuale Anteil der Ausgaben aus dem Gesamthaushalt, die in die Landwirtschaft fließen, stetig. Im letzten Jahr der derzeitigen Finanziellen Vorausschau lag er bei nur noch 32 %. Diese Gelder machen durchschnittlich etwa 30 % der Einkommen von EU-Landwirten aus. Die Förderung muss auch in Zukunft auf diesem Niveau erfolgen, um das Interesse an landwirtschaftlichen Tätigkeiten aufrechtzuerhalten und vor allem die Lebensmittelsicherheit in Europa zu gewährleisten. Dabei ist zu bedenken, dass viele entwickelte Länder in der Welt die Einkommen der Landwirte mit verschiedensten Instrumenten stützen, wobei die Beihilfen mehr als 50 % des Einkommens ausmachen können. Dazu gehören Länder wie Japan, Südkorea, Norwegen und die Schweiz.
Zweitens muss die Förderung der Landwirte in den alten und neuen Mitgliedstaaten deutlich schneller angeglichen werden. Nach Expertenberechnungen wird das durchschnittliche Förderniveau pro Hektar Ackerland in den Jahren 2007-2013 in den neuen Mitgliedstaaten gerade einmal 62 bis 64 % dessen betragen, was Landwirte in den alten Mitgliedstaaten erhalten. Solange diese beiden grundlegenden Forderungen nicht erfüllt werden, ist Entwicklung in der europäischen Landwirtschaft nur schwer vorstellbar.
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Die Überprüfung der Agrarpolitik der EU soll zu Verbesserungen führen. Dabei werden die Erfahrungen, die seit der letzten Reform im Jahr 2003 gewonnen wurden, und die Lage auf dem Weltmarkt berücksichtigt. Es gilt aber zu bedenken, dass die Änderungen erstens den gemeinschaftlichen Charakter dieser Politik – wir sind gegen ihre Nationalisierung – und zweitens das europäische Agrarmodell nicht beschädigen dürfen. Nichts spricht dafür, die Direktzahlungen auf der Grundlage historischer Referenzwerte der landwirtschaftlichen Erzeugung zu berechnen und sie dementsprechend zu staffeln.
Das nach 2013 anzuwendende Beihilfemodell sollte auf einfachen Prinzipien ähnlich denen des Systems einheitlichen Flächenzahlungen (SAPS) beruhen. Man sollte aber in Extremfällen auch Marktinterventionen oder sogar Produktionsbeihilfen zulassen, etwa für den Tabakanbau oder die Milcherzeugung in Berggebieten.
Katerina Batzeli (PSE). – (EL) Herr Präsident! Ich möchte zunächst Herrn Goepel zu seinem Bericht beglückwünschen. Da meine Redezeit begrenzt ist, möchte ich bestimmte Grundsätze herausstellen, von denen man sich bei jeder Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik mithilfe einer Mitteilung oder eines legislativen Instruments leiten lassen muss.
Erstens darf die Neudefinierung des europäischen Agrarmodells nicht die kleinen und mittleren Familienbetriebe vernachlässigen. Zweitens darf das Thema Finanzierung, das später zu regeln ist, nicht auf dem Grundsatz der Kofinanzierung beruhen, wodurch die Gemeinsame Agrarpolitik im Grunde renationalisiert wird. Drittens muss die Frage der Regionalisierung, die die Probleme der Markt- und Lebensmittelprodukte nicht von allein lösen kann, neu geprüft und in ihren wahren Dimensionen betrachtet werden. Viertens muss aus bestimmten Reformen, z. B. der Tabakreform, entstehende Ungerechtigkeit beseitigt werden. Diese Produkte müssen wieder eingesetzt werden und eine Gleichbehandlung mit anderen Produkten erfahren.
Francesco Ferrari (ALDE). – (IT) Herr Präsident, Frau Kommissarin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte dem Berichterstatter für diesen in Anbetracht der Komplexität und Tragweite des behandelten Themas sehr relevanten Bericht danken.
Ich möchte zwei Punkte herausstellen, die ich für besonders wichtig halte. Erstens betrachte ich die GAP als ein entscheidendes Instrument, das auch nach 2013 beibehalten werden muss, weil es die Unternehmen unterstützt. Aber gerade deshalb sollte sie an die Unternehmer gerichtet sein, damit sie Arbeitsplätze schaffen, die Umwelt erhalten und qualitativ hochwertige Erzeugnisse gewährleisten können.
Der zweite betrifft das heikle Problem der Milchquoten. Ich stimme mit dem Berichterstatter dahingehend überein, dass jene Regionen, in denen keine Alternativen zur Viehzucht und zur Milchwirtschaft bestehen, geschützt werden müssen, doch sollten wir auch all jene Tierhalter nicht vergessen, die umfangreiche Investitionen für den Erwerb von Milchquoten tätigen und die nach 2015 in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten geraten könnten.
Ich hoffe, dass wir mit Unterstützung der Frau Kommissarin eine Lösung finden können, die alle zufrieden stellt, nicht zuletzt, weil 1984, als die Quotenregelung eingeführt wurde, Italien dagegen war und heute immer noch etwa 40 % weniger Milch erzeugt, als es verbraucht.
Struan Stevenson (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Der ausgezeichnete Bericht von Herrn Goepel wird das Fundament einer soliden Agrarpolitik für die Zukunft legen, allerdings zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die Ernährungssicherheit demnächst ganz oben auf unserer politischen Agenda stehen wird, wie Herr Parish sagte.
Die Panik angesichts des Klimawandels ist derart groß, dass Politiker und Planer Gefahr laufen, ein noch größeres globales Problem als das zu schaffen, das sie ursprünglich lösen wollten. Der Boom bei den Biokraftstoffen entzieht der landwirtschaftlichen Produktion so viel Land, dass einige Experten bereits eine unmittelbar bevorstehende weltweite Hungerkatastrophe voraussagen. Außerdem werden riesige Regenwaldflächen im Amazonasgebiet und in Indonesien abgeholzt, um Biokraftstoffpflanzen wie Ölpalmen und Nahrungsmittelkulturen wie Soja anzubauen. Dadurch gelangen Millionen Tonnen von CO2 in die Erdatmosphäre und unserer globalen Klimaanlage droht die Vernichtung. Abholzungen zeichnen bereits für 18 % der gesamten weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich und sind ein Paradebeispiel für die Unvernunft der aktuellen Politik.
Gier statt Sorge um unsere Umwelt dominieren heutzutage unsere Strategien für den Umgang mit dem Klimawandel, und der Wettlauf im Bereich Biokraftstoffe stellt eine potenzielle Bedrohung für Millionen von Menschen dar, da die Weltbevölkerung von derzeit 6 auf schätzungsweise 9 Milliarden Menschen im Jahr 2050 anwachsen wird. Jeden Monat werden 6 Millionen Menschen geboren. Bis zum Jahr 2030 wird die Weltbevölkerung derart gewachsen sein, dass die Nahrungsmittelproduktion um 50 % gesteigert werden muss, um den zu erwartenden Bedarf decken zu können. Bis 2080 muss die weltweite Produktion an Nahrungsmitteln sogar verdoppelt werden!
Die Wahrheit jedoch ist, dass jedes Jahr aufgrund von Dürre und als direkte Folge des Klimawandels für die Nahrungsmittelproduktion genutzte Flächen von der Größe der Ukraine stillgelegt werden. Die weltweite Nahrungsmittelproduktion geht zurück statt zu steigen. Und genau deshalb steht die Ernährungssicherheit ganz oben auf der Tagesordnung.
Constantin Dumitriu (PPE-DE). – (RO) Die Gemeinsame Agrarpolitik gilt als eine der Säulen der europäischen Entwicklung, und die Debatten über die Wege zur Verbesserung dieser Politik sollten nicht nur in den EU-Institutionen, sondern auch innerhalb der Mitgliedstaaten in den Gemeinden, die uns gewählt haben, eine feste Größe sein.
Zu meiner Freude haben wir in der Kommissionsmitteilung und in dem von Herrn Goepel vorgelegten Bericht einige Lösungen aufgezeigt, die die GAP verbessern und die Menschen im ländlichen Raum davon überzeugen sollen, dass diese Politik zu ihrem Besten und nicht nur eine Reihe bürokratischer Vorschriften ist, die von einigen Brüsseler Stellen erdacht worden sind. Allerdings müssen wir sicherstellen, dass die von der Kommission, vom Rat und von uns unterbreiteten Vorschläge für eine wirksame Umsetzung flexibel und realistisch genug sind.
In Rumänien, dem Land, das ich im Europäischen Parlament vertrete, sind 25 % der Erwerbsbevölkerung in der Landwirtschaft tätig und leben 40 % der Bevölkerung in ländlichen Gebieten. Diese Zahlen veranschaulichen die Bedeutung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums für Rumänien und für unsere Wirtschaft. Bei der Suche nach Lösungen für die GAP-Reform dürfen wir Fälle wie Rumänien mit einem großen Agrarsektor, der sich mitten im Prozess der Modernisierung befindet, nicht außer Acht lassen.
James Nicholson (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Als Erstes möchte ich den Bericht von Herrn Goepel begrüßen und sowohl ihm als auch allen anderen Beteiligten für die geleistete harte Arbeit danken.
Wir stehen erst am Anfang des Prozesses, dem wir uns im Verlaufe dieses Jahres beim Thema gemeinsame Agrarpolitik stellen müssen. Es ist ein sehr wichtiger Schritt in diesem Prozess, und wir warten nun gespannt auf die Vorschläge der Kommission. Die Position der zweiten Säule der ländlichen Entwicklung und das Ausmaß der Modulation werden sicherlich ausschlaggebend für den langfristigen Erfolg bzw. auch für die Zukunft der gemeinsamen Agrarpolitik sein.
Ich muss jedoch sagen, dass es noch nie so wichtig war, Chancengleichheit für die Landwirte aller Mitgliedstaaten zu gewährleisten, und wir dürfen keine unterschiedlichen Prozentsätze in den einzelnen Mitgliedstaaten zulassen. Die Entkopplung ist größtenteils gelungen. Daran sollte meines Erachtens nicht gerüttelt werden. Cross-Compliance hat nur wenig gebracht, war bürokratisch und ist durchaus verbesserungsfähig. Und die Ernährungssicherheit muss ganz oben auf der Tagesordnung stehen.
Andrzej Jan Szejna (PSE). – (PL) Herr Präsident! Von der Gemeinsamen Agrarpolitik und der sie flankierenden Strukturpolitik werden Lösungen für immer gravierendere Probleme verlangt. Die Grundform der Gemeinsamen Agrarpolitik für die Jahre 2007-2013, die von den Landwirtschaftsministern der EU-Länder am 26. Juni 2003 in Luxemburg beschlossen wurde, enthält einige für Polen vorteilhafte Lösungen. Andere hingegen schützen in höherem Maße die Interessen der alten Mitgliedstaaten.
Ich teile die Ansicht des Berichterstatters, dass die Kommission einen Bericht vorlegen sollte, der sich ausführlich mit solchen Problemen wie den Mehrkosten befasst, die den Landwirten durch die Einhaltung gemeinschaftlicher Standards in den Bereichen Umwelt, Tierschutz und Nahrungsmittelsicherheit entstehen.
Was den uns vorgelegten Bericht betrifft, bin ich ebenfalls der Meinung, dass der Reformprozess und die Weiterentwicklung ländlicher Gebiete fortgesetzt werden müssen. Die Gemeinsame Agrarpolitik muss sich ändern, um Antworten auf neue Herausforderungen wie etwa den Klimawandel, den steigenden Energiebedarf, die wachsende Weltbevölkerung und die verstärkte Öffnung zum Weltmarkt zu finden.
Markus Pieper (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich begrüße den Bericht Goepel, weil die Zeit endgültig reif ist, Instrumente wie Quotensteuerung, Tierprämien, Exporterstattung und Interventionspreise abzuschaffen bzw. grundlegend zu reformieren.
Mit Blick auf die global steigende Nahrungsmittelnachfrage bietet mehr Marktwirtschaft in der Agrarpolitik auch mehr Chancen in der europäischen Landwirtschaft. Besorgt bin ich über einige Kompromissformulierungen. Da ist die Rede von vorerst zu entkoppelnden Tierprämien, gefordert werden branchenbezogene Absicherungssysteme, und es sollen über die erste Säule eine ganze Reihe von Ausnahmeregelungen – etwa bei der Milch – finanziert werden.
Das alles birgt die Gefahr, dass wir durch die Hintertür an den alten Marktordnungen festhalten. Ausnahmen müssen wir wirklich auf strukturschwache Regionen beschränken und für sehr eng begrenzte Produktionsmengen definieren!
Sind wir hier zu großzügig, kommt es zu Wettbewerbsverzerrungen, die wir politisch nicht kalkulieren können. Ich ermuntere die Kommission deshalb, bei den jetzt anstehenden Legislativvorschlägen dem Markt wirklich eine Chance zu geben.
Marian Harkin (ALDE). – (EN) Herr Präsident! In diesem Bericht finden sich zahlreiche Verweise auf die WTO. Ich für meinen Teil hege echte Befürchtungen, dass, während wir uns heute Nachmittag im Parlament mit diesem Bericht über die GAP befassen, die Zukunft der europäischen Landwirtschaft durch die in unserem Namen von Kommissar Mandelson bei den WTO-Gesprächen geführten Verhandlungen gefährdet ist und schwer beschädigt wird.
Im Bericht wird gefordert, das Konzept des qualifizierten Marktzugangs in die WTO-Verhandlungen einzubringen. Ist Frau Fischer Boel als zuständige Kommissarin zufrieden damit, dass wir diese Linie verfolgen? Glaubt sie wirklich, dass die Strategie von Kommissar Mandelson den Rindfleisch- und Milchsektor sowie andere Sektoren nicht unterminieren wird und zumindest in gewisser Weise nicht bewirken wird, dass unsere heutige Debatte ins Leere läuft?
Der Bericht fordert europäische Non-trade-concerns als zentrales Thema in den WTO-Gesprächen. Ist die Kommissarin zufrieden mit dieser Strategie oder führen wir diese Debatte hier im Parlament an diesem Nachmittag nur höflichkeitshalber, während Herr Mandelson gerade an den Grundfesten der GAP sägt?
Iztok Jarc, amtierender Ratspräsident. − (SL) Ich möchte Ihnen allen für eine sehr interessante Aussprache danken. Meines Erachtens war der Bericht von sehr hoher Qualität und enthielt eine Vielzahl guter Ideen.
Ich möchte feststellen, dass das Parlament und der Rat zu vielen Fragen in dieser Aussprache, die gar nicht alle aufgezählt werden können, weil es zu viele sind, sehr ähnliche Ansichten vertreten. Ich bin überzeugt, dass diese Ansichten durch diese Ähnlichkeiten, die eine gute Grundlage für die künftige Zusammenarbeit zwischen den beiden Institutionen bilden, zusätzliches Gewicht erhalten. Ich bin zudem sicher, dass sie auch in den Schlussfolgerungen zum Ausdruck kommen werden, die die Minister nächste Woche diskutieren und annehmen werden.
Ich bin mir sicher, dass beide Institutionen die von der Kommission auf der informellen Sitzung im Mai in Slowenien vorzulegenden Legislativvorschläge gründlich studieren werden und dass uns auf dieser Sitzung eine interessante Debatte ins Haus stehen wird.
Abschließend möchte ich feststellen, dass sich der slowenische Ratsvorsitz um einen raschen Beginn der Aussprache über diese Vorschläge bemühen wird, damit der Großteil der Arbeit während des slowenischen Ratsvorsitzes abgeschlossen werden kann.
Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Ich teile voll und ganz Herrn Nicholsons Ansicht, dass dies der erste Schritt in einer Diskussion ist, die für fast den Rest des Jahres andauern wird, und deshalb werde ich nicht im Einzelnen auf die verschiedenen Fragen eingehen, die heute gestellt wurden. Ich werde mich lediglich auf einige der wichtigsten konzentrieren.
Zunächst einmal sei festgestellt, dass die große Mehrheit eine stärkere Entkoppelung befürwortet, und das weiß ich sehr zu schätzen. Die Idee, einem Mitgliedstaat die Möglichkeit zur Einführung eines regionalen Modells zu geben, ermöglicht ihm den Übergang zu einer Flatrate, und ich habe bei verschiedenen Gelegenheiten erläutert, weshalb ich das für wichtig halte.
Ich werde, um keine Erwartungen zu wecken, bezüglich der Entkoppelung beim Tabak kein Blatt vor den Mund nehmen. Angesichts der Tatsache, dass wir jetzt auf eine stärkere Entkoppelung orientieren, wäre die von einigen von Ihnen vorgeschlagene Ausweitung der gekoppelten Zahlungen für Tabak ein Schritt in die völlig falsche Richtung. Deshalb sollten Sie nicht erwarten, dass die Kommission etwas in diese Richtung unternehmen wird.
Frau McGuinness sagte, die Modulation sei ein Diebstahl an den Landwirten. Dem kann ich nicht zustimmen. Meines Erachtens sind für die ländliche Entwicklungspolitik mehr Mittel erforderlich, um die neuen Herausforderungen zu bewältigen, von denen der Klimawandel und die Senkung der CO2-Emissionen die wichtigsten sind.
Wir müssen berücksichtigen, dass erstens die entkoppelten Gelder in den Mitgliedstaaten verbleiben und dass zweitens die der Modulation unterliegenden Mittel von den Mitgliedstaaten kofinanziert werden, d. h. Sie steuern diese Gelder. Sie erhalten doppelt so viel, wie Sie von der Direktzahlung abziehen. Das ist eine wichtige Botschaft, und wir werden in den Legislativvorschlägen darauf zurückkommen.
Herr Graefe zu Baringdorf hat die progressive Modulation erwähnt und das aus seiner Sicht bestehende Erfordernis, die Arbeitsintensität in diese Diskussionen einzubeziehen. Ich verstehe seinen Standpunkt, ich kann dazu nur sagen, dass so etwas mit sehr viel Bürokratie verbunden und nur sehr schwer umzusetzen wäre. Deshalb würde ich mich nur sehr ungern an dieser Diskussion beteiligen.
Vielleicht irre ich mich, aber ich sehe in der Einführung der Mitentscheidung in der Landwirtschaft keine Bedrohung, wie dies verschiedentlich anklang. Das ist angesichts der Bedeutung der Landwirtschaft sowohl aus wirtschaftlicher Sicht als auch aus der Sicht vieler Menschen, die davon betroffen sind, ein enormer und natürlicher Schritt. Deshalb begrüße ich diese Entwicklung. Andererseits kommt es jetzt darauf an, dass wir den Gesundheitscheck bis Jahresende abschließen, andernfalls wird daraus ein Gesundheitscheck für 2010, und das wäre bedenklich nahe an 2013. Das ist der Grund, aber Sie können mir glauben, dass ich über die erwähnten Veränderungen sehr glücklich bin.
Gegenüber Entwicklungsländern ist die Europäische Union der offenste Markt. Wir importieren mehr landwirtschaftliche Erzeugnisse als Kanada, die USA, Australien und Japan zusammengenommen. Das muss ebenfalls berücksichtigt werden, wenn wir über den Agrarsektor sprechen.
An Frau Harkins Adresse möchte ich sagen, dass ich über ihre mündliche Anfrage informiert bin. Sie wird schriftlich beantwortet, und deshalb bin ich sicher, dass sie alle Informationen erhalten wird, um die sie gebeten hat.
Lutz Goepel, Berichterstatter. − Herr Präsident! Mir fällt anhand dieser Diskussion der Eiskunstsport ein: Wenn beim Eiskunstlauf die Bewertung vorgenommen wird, dann streicht man die oberste und die unterste Note und nimmt dann die Bewertung vor. Wenn ich also in diesem Hause die extrem rechte Meinung und die extrem linke Meinung wegnehme, dann haben wir ein Ergebnis, mit dem wir alle sehr zufrieden sein und mit dem wir alle recht gut leben können.
Ich bedanke mich nochmals ganz herzlich für Ihre Unterstützung und Mitarbeit. Ich betone das noch einmal über die Fraktionsgrenzen hinaus. Ich freue mich auf eine spannende Zusammenarbeit für das legislative Gesetzespaket!
Der Präsident. − Ich möchte nur ergänzen, Herr Goepel, dass die Regel, die oberste und die unterste Note zu streichen, auch im Skispringen und im Boxen gilt. Wenn das unsere Debatte bereichert, dann ist es ja gut.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch, dem 12. März 2008, statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Gábor Harangozó (PSE), schriftlich. – (EN) Natürlich muss in diesem Bericht ganz klar herausgestellt werden, dass die Direktzahlungen unbedingt beibehalten werden müssen, und zwar nicht nur im Fall von Klimakatastrophen oder Marktversagen, sondern auch als Ausgleich für die hohen europäischen Standards beim Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz. Trotzdem sind wir verpflichtet, die Situation der schwächsten Länder mit landwirtschaftlicher Produktion zu berücksichtigen, wenn wir die Kriterien für die künftige Bewilligung von Direktzahlungen im Rahmen unserer gemeinsamen Agrarpolitik prüfen. Außerdem müssen wir uns die schwierige Lage vor Augen halten, in der sich der Agrarsektor in den meisten neuen Mitgliedstaaten befindet, die hauptsächlich bei der Umstrukturierung und Modernisierung des Sektors besonderer Aufmerksamkeit und weiterer Investitionen bedürfen. Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass im Rahmen des Gesundheitschecks der GAP – und angesichts der aktuellen Krise – besonderes Augenmerk auf die Gewährleistung der Nahrungsmittelsicherheit und der Versorgung unserer Bürger mit einer ausreichenden Menge Nahrungsmitteln gelegt werden muss.