19. Die besondere Situation von Frauen im Gefängnis und die Auswirkungen der Inhaftierung von Eltern auf deren Leben in Familie und Gesellschaft (Aussprache)
Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Marie Panayotopoulos-Cassiotou im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter über die besondere Situation von Frauen im Gefängnis und die Auswirkungen der Inhaftierung von Eltern auf deren Leben in Familie und Gesellschaft (A6-0033/2008).
Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Berichterstatterin. − (EL) Herr Präsident! Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, der diesen Initiativbericht vorgelegt hat, hat weder Kosten noch Mühen gescheut. Die Mitglieder unseres Ausschusses haben nicht nur an diesem Bericht gearbeitet, sondern sie haben einen umfangreichen Bericht über die Situation von Frauen in europäischen Gefängnissen präsentiert. Wir hatten eine Anhörung, bei der sowohl namhafte Wissenschaftler als auch gesellschaftliche Vertreter über dieses Thema sprachen. Die Dienste des Europäischen Parlaments haben uns ebenfalls einige interessante Darstellungen zu dem Thema geliefert. Sie geben uns eine Vorstellung von der Arbeit des Parlaments bezüglich des Schutzes der Menschenrechte und der Wahrung der besonderen Rechte von Frauen, die unter den schwierigen Bedingungen einer Gefängnishaft leben müssen. Weibliche Inhaftierte gehören zu einer Sonderkategorie, denn sie repräsentieren wohl eine Minderheit unter den Gefängnisinsassen in Europa; durchschnittlich liegt ihr Anteil bei nur 5 %. Diese Zahl schwankt natürlich, sie liegt de facto zwischen 7 % und 0 %.
Der Bericht untersucht die Situation weiblicher Häftlinge meines Erachtens recht gründlich, da jeder potenzielle Aspekt abgedeckt ist. Angesprochen werden spezielle und allgemeine Anforderungen an die Gesundheitsfürsorge, einschließlich der spezifischen Probleme der Hygiene und der besonderen Bedürfnisse der weiblichen Psyche, des Weiteren geht es um den Umgang mit Problemen, die in der Vorgeschichte weiblicher Häftlinge begründet liegen, und um die besondere Situation von Müttern – wie die Statistik zeigt, hat die Hälfte der in Europa inhaftierten Frauen minderjährige Kinder –, weitere Themen sind spezielle Bedingungen während der Schwangerschaft, die Geburt von Kindern in Haftanstalten und der Schutz von Kindern während der ersten Lebensjahre, wenn sie mit ihren Müttern zusammen im Gefängnis leben müssen. Deswegen halten wir es für unser gutes Recht, von den Mitgliedstaaten die Schaffung geeigneter materieller Bedingungen mit Hilfe der EU einzufordern, damit akzeptable Strafvollzugsanstalten bereitgestellt werden können, in Übereinstimmung mit den internationalen und europäischen Richtlinien und Verträgen. Die Gesetzgebung sollte so modernisiert werden, dass Haftstrafen an die besonderen Lebensumstände von Müttern angepasst werden können; das Personal im Strafvollzug sollte regelmäßig überwacht und speziell geschult werden, um für die Probleme weiblicher Inhaftierter aufgeschlossen zu sein. Die Haftbedingungen für Frauen sollten in den Jahresbericht der Europäischen Kommission über die Menschenrechte in der EU aufgenommen werden.
Ich hoffe, der heutige Bericht wird Anlass zu einer fruchtbaren Aussprache geben.
Louis Michel, Kommissionsmitglied. − (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Mein Kollege, Kommissar Špidla, ist sehr zufrieden darüber, dass das Europäische Parlament beschlossen hat, über die Situation von Frauen im Gefängnis und die Auswirkungen der Inhaftierung von Eltern auf deren Leben in Familie und Gesellschaft zu beraten. Deshalb beglückwünscht er die Berichterstatterin, Frau Panayotopoulos, zu ihrem ausgezeichneten Bericht.
Wenngleich die Frauen nur einen kleinen Prozentsatz – etwa 5 % – der Gefängnispopulation in Europa ausmachen, ist doch klar, dass ihre Inhaftierung die ganze Familie sehr schwer trifft. Darüber hinaus sind ein relativ hoher Prozentsatz der inhaftierten Frauen zugleich Mütter.
Die Kommission fördert Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausgrenzung von gefährdeten Bevölkerungsgruppen, zu denen insbesondere auch Personen im Strafvollzug gehören. Allerdings ist hervorzuheben, dass die soziale Eingliederung vor allem in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegt. Die Rolle der Kommission im Bereich der sozialen Eingliederung besteht hauptsächlich darin, im Rahmen der offenen Koordinierungsmethode und anderer spezifischer Aktionen die Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung zu unterstützen. Allerdings sieht der neue Vertrag von Lissabon – und das ist natürlich interessant – neue Initiativen im Bereich Recht, Freiheit und Sicherheit vor. In diesem speziellen Bereich, der zunehmend an Bedeutung gewinnt, wird das Verfahren der Mitentscheidung auf deutlich mehr Felder ausgedehnt werden, wodurch sich natürlich die Zuständigkeit des Europäischen Parlaments zur Prüfung einiger der im Bericht enthaltenen Vorschläge verstärken wird. Der Bericht von Frau Panayotopoulos verfolgt einen ausgewogenen Ansatz. Er respektiert voll und ganz das Subsidiaritätsprinzip und erkennt gleichzeitig die unterstützende Rolle der Kommission an. Diesen methodischen Ansatz befürworten wir uneingeschränkt. Wir wissen, dass, um den Herausforderungen zu begegnen, denen inhaftierte Frauen ausgesetzt sind, die Mitgliedstaaten und die Kommission das Schwergewicht auf die Lebensbedingungen in den Gefängnissen, auf die absolut notwendige Aufrechterhaltung der familiären Beziehungen und der sozialen Beziehungen und natürlich auf die Bedeutung der sozialen und beruflichen Wiedereingliederung legen müssen. Dieser Ansatz entspricht der Strategie der Kommission zur sozialen Eingliederung, die drei große Schwerpunkte umfasst: Förderung des Zugangs zu Basisdienstleistungen und zu verschiedenen Möglichkeiten und Chancen, die Kontrolle der Einhaltung der Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Diskriminierungen und gegebenenfalls die Erarbeitung gezielter Ansätze, um den spezifischen Bedürfnissen der verschiedenen Gruppen gerecht zu werden.
Im Frühjahr 2006 veranstaltete die Kommission eine öffentliche Anhörung über die Notwendigkeit, auf EU-Ebene weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die aktive Eingliederung von arbeitmarktfernen Personen zu fördern. Die Ergebnisse dieser Anhörung wurden in einer Mitteilung im Oktober 2007 vorgelegt, die gleichzeitig die zweite Phase der Konsultation einleitete. Die Sozialpartner wurden aufgefordert, ihren Standpunkt zu der Möglichkeit einer Stärkung der offenen Koordinierungsmethode durch Verabschiedung gemeinsamer Prinzipien – vor allem im Bereich der Einkommensbeihilfe, der aktiven Arbeitsmarktpolitiken und des Zugangs zu hochwertigen Dienstleistungen –, zum Inhalt der gemeinsamen Prinzipien und schließlich zu der Frage, wie die Umsetzung der gemeinsamen Prinzipien durch eine Kontrolle und eine Bewertung auf der EU-Ebene unterstützt werden kann, darzulegen. Die Anhörung wurde am 28. Februar 2008 abgeschlossen, und die Kommission wird nun die von den Sozialpartnern und anderen interessierten Seiten vorgelegten Vorschläge prüfen.
Gestatten Sie mir nun, den Bericht kurz zu kommentieren. Im Mittelpunkt steht die Frage der Wiedereingliederung inhaftierter Frauen in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt. Wir teilen die Auffassung, dass gezielte Umsetzungsmaßnahmen mit geeigneten Sicherheitsnetzen kombiniert werden müssen, um die soziale Ausgrenzung zu verhindern. Die Wiedereingliederung des Inhaftierten muss bereits im Gefängnis in Zusammenarbeit mit spezialisierten Sozialdiensten beginnen.
Wir sind uns bewusst, dass die Gewährung akzeptabler und angemessener Lebensbedingungen die Chancen der Wiedereingliederung der Inhaftierten in die Gesellschaft wesentlich erhöht. Die Behörden, einschließlich der Strafvollzugsverwaltungen, müssen ermutigt werden, Inhaftierten eine hochwertige Berufsausbildung anzubieten. Die Zusammenarbeit zwischen Haftanstalten und Unternehmen, die auf die Beschäftigung von Häftlingen spezialisiert sind, muss natürlich gefördert werden, denn sie ist Teil des Wiedereingliederungsprozesses.
Diesbezüglich möchten wir die Rolle des Europäischen Sozialfonds für die Förderung der Eingliederung und Integration von inhaftierten Frauen und Männern in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft im Allgemeinen unterstreichen. Der Sozialfonds kofinanziert – wie Ihnen wohl bekannt sein dürfte – die Tätigkeiten, die darauf abzielen, Programme der allgemeinen und beruflichen Bildung für Häftlinge zu entwickeln, wobei Initiativen in direktem Zusammenhang mit der Verbesserung der Lebensbedingungen der Inhaftierten, wie die Errichtung neuer Gebäude und der Erwerb neuer Ausrüstungen, über andere Strukturfonds gefördert werden können.
Ich habe die Aufforderung des Europäischen Parlaments an die Kommission und den Rat, einen Rahmenbeschluss über Mindestvorschriften für den Schutz der Rechte von Strafgefangenen zu verabschieden und die Erarbeitung einer europäischen Strafvollzugscharta voranzutreiben, sehr wohl zur Kenntnis genommen. Meiner Meinung nach sollte nochmals daran erinnert werden, dass einige der in dem Bericht angeschnittenen Fragen ausschließlich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, dass aber, wie wir bereits angemerkt haben, der Vertrag von Lissabon das Verfahren der Mitentscheidung auf zahlreiche Bereiche ausweiten wird, die mit Justiz, Freiheit und Sicherheit in Zusammenhang stehen. Hier besteht eine reale Möglichkeit, die Rolle des Parlaments zu verstärken und die Situation sowie die Behandlung dieser sehr ernsten Angelegenheit weiter zu verbessern.
Anna Záborská, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (SK) Der Initiativbericht über Frauen im Gefängnis ist von hoher Symbolkraft. Einerseits bestätigt er die überaus pragmatische Haltung des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, andererseits das bewundernswerte Engagement unserer Kollegin, Frau Panayotopoulos-Cassiotou.
Ich muss betonen, dass Marie Panayotopoulos-Cassiotou in unserem Ausschuss sehr engagiert ist, und ich beglückwünsche sie zu ihrer Arbeitseinstellung, die sich immer durch Verantwortungsbewusstsein auszeichnet. Für die Arbeit an diesem Bericht haben wir das Frauengefängnis in Brügge besucht. Aufgrund dieses Besuchs kann ich mir die Aussage erlauben, dass der Bericht alles andere als reine Theorie ist. Ich bin froh, dass der Bericht die Lage von Frauen im Gefängnis in all ihrer Komplexität behandelt. Besonders hervorheben möchte ich, wie wichtig der Schutz der Kinder vor psychischem Schaden während der Haft ihrer Eltern ist.
Das Folgende bezieht sich auf meine eigenen Erfahrungen. Unter dem kommunistischen Regime wurde, als ich fünf Jahre alt war, mein Vater verhaftet und aus frei erfundenen politischen Gründen zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Die Lehrer fragten mich in der Schule häufig, wo er sei und warum er niemals zu den Elternversammlungen komme, obwohl jeder wusste, dass er im Gefängnis saß. Das war sehr schmerzhaft. Kinder sollten nicht dem Trauma ausgesetzt werden, das ihre Mitmenschen durch ihr unsensibles Verhalten auslösen und das das Stigma der Haft ihrer Eltern noch verstärkt. Für ihr weiteres Leben und ihre zukünftigen zwischenmenschlichen Beziehungen ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie in regelmäßigem, persönlichem Kontakt zu ihren inhaftierten Müttern bleiben.
Abschließend möchte ich Ihre Aufmerksamkeit besonders auf Ziffer 22 des Berichts lenken und die Bedeutung unterstreichen, die Marie Panayotopoulos-Cassiotou der Erhaltung familiärer Bindungen beimisst.
Teresa Riera Madurell, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich der Berichterstatterin zu ihrer ausgezeichneten Arbeit und ihrer Aufgeschlossenheit gratulieren. Dadurch konnten wichtige Einigungen über die Änderungsanträge erzielt werden, die meine Fraktion eingereicht hat.
Der Bericht ist sehr umfassend, er lässt keines der Themen aus, die mit der schwierigen Situation im Leben von Familie und Gesellschaft nach der Inhaftierung von Eltern verknüpft sind. Er bringt viele neue Aspekte ein, einschließlich der Behandlung von Vätern oder Müttern im Gefängnis, die für Kinder verantwortlich sind.
Es ging darum, eine Lösung zu finden, bei der die Rechte der Kinder gewahrt bleiben und zugleich die Sicherheitsmaßnahmen aufrechterhalten werden, die für Personen mit Freiheitsstrafen gelten müssen. Vorgeschlagen wird die Einrichtung unabhängiger Einheiten, getrennt von der normalen Gefängnisumgebung, mit Lebensbedingungen, die auf die Bedürfnisse der Kinder zugeschnitten sind und ihre Integration in die Gemeinschaft berücksichtigen.
Gleiches gilt für inhaftierte Personen mit abhängigen Familienangehörigen – eine Situation, von der ebenfalls in erster Linie Frauen betroffen sind. Hier wird wiederum empfohlen, in den meisten Fällen andere als Haftstrafen zu wählen. In diesem Zusammenhang stellt der Bericht klar, dass die Maßnahmen bei inhaftierten Männern mit minderjährigen Kindern oder anderer familiärer Verantwortung die gleichen wie bei Frauen sein müssen.
Darüber hinaus ist es notwendig, dass die Maßnahmen die volle Achtung der sexuellen Orientierung und jeglicher Form der familiären Gestaltung garantieren, die sich im gesetzlichen Rahmen bewegt. Inhaftierten Frauen muss Zugang zu Präventionskampagnen und zu Familienplanungsprogrammen unter gleichen Bedingungen gewährt werden.
Der Bericht fordert weiterhin Programme zur Reduzierung der Anfälligkeit von Gefängnisinsassen gegenüber gewalttätigen Situationen, begleitet von psychologischer Betreuung für Frauen, die Opfer sexueller Gewalt wurden. Er empfiehlt ebenfalls, das Gefängnispersonal im Hinblick auf dieses Thema auszubilden und zu sensibilisieren.
Unsere Fraktion hat eng mit der Berichterstatterin zusammengearbeitet und diese und andere Änderungsanträge eingereicht, und ich glaube, dass wir insgesamt einen Bericht vorlegen konnten, auf den das Parlament stolz sein kann. Nochmals meinen Glückwunsch an die Berichterstatterin!
Marios Matsakis, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte mich zu diesem Thema ganz persönlich äußern. Frau Panayotopoulos-Cassiotou hat aufgrund der ihr eigenen Klugheit und großen Anstrengungen eine hervorragende Arbeit geleistet und einen Bericht erstellt, der sich äußerst effektiv mit den Problemen von Frauen im Gefängnis befasst.
Das meiste, was Frau Panayotopoulos-Cassiotou in ihrem Bericht feststellt, ist natürlich richtig. Aber ich frage mich, ob er sich nicht vielleicht auf eine ideale Welt, nicht aber auf die Realität bezieht, das heißt eine Welt, in der Gefängnisse nicht einfach dazu dienen, verurteilte Personen zu bestrafen, sondern hauptsächlich dazu, sie wieder einzugliedern? Die harte Realität sieht so aus, dass die meisten Gefängnisse in Europa und der Welt im Allgemeinen nur unangemessen den Belangen von Frauen und Männern dienen. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir nicht immer wieder auf Änderungen drängen müssen. Ebenso wenig bedeutet dies, dass uns die besonderen Bedürfnisse von inhaftierten Frauen nichts angehen sollten. Im Gegenteil. Es ist unsere Pflicht, ständig Verbesserungen zu fordern, aber wir dürfen dabei die folgenden einfachen Tatsachen nicht vergessen:
Erstens sind Veränderungen in unserem Rechtssystem generell erforderlich.
Zweitens darf es keine Diskriminierung zwischen Männern und Frauen geben, außer sie ist streng biologischen Unterschieden geschuldet, wozu Schwangerschaft oder besondere Aspekte der Mutterschaft gehören.
Drittens sind Gefängnisse keine Hotels, noch sind sie Entbindungsstationen oder Kindergärten.
Viertens handelt es sich bei den meisten Gefangenen – Frauen und Männer – um verurteilte Straftäter, und viele haben scheußliche Verbrechen gegen andere Menschen begangen.
Fünftens sind – so hart es klingen mag – viele verurteilte Frauen nicht als Mutter geeignet, und es muss nach Alternativen für die Erziehung ihrer Kinder gesucht werden.
Sechstens ist die Frage, ob es weiblichen Häftlingen gestattet werden sollte, im Gefängnis schwanger zu werden, keinesfalls unumstritten.
Dessen ungeachtet möchte ich abschließend meine Unterstützung für diesen Bericht zum Ausdruck bringen.
Ewa Tomaszewska, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Ich möchte auf zwei Themen in dem Bericht eingehen.
Das erste betrifft die Haftbedingungen. Es ist hier besonders wichtig, dass angemessene Möglichkeiten zur Körperpflege gewährt werden und Frauen medizinische Versorgung für sich erhalten. Als politische Gefangene im kommunistischen Polen bekam ich ein Viertel Stück grauer Seife, mit dem ich ein halbes Jahr lang auskommen musste. Wochenlang konnte man nicht baden, wie es die Gefängnisstatuten vorsahen. Das ist unzureichend. Fließendes Wasser, warmes Wasser zum Waschen, die Möglichkeit einen Gynäkologen aufzusuchen und ein Mammogramm zu erstellen sollten alle haben, unabhängig von der Art und der Dauer der Haftstrafe.
Der zweite Punkt betrifft die Auswirkungen der Haft bei Müttern und schwangeren Frauen auf das Leben und die Gesundheit ihrer Kinder. Besonders häufig wird Frauen das Recht auf die Teilnahme an Gerichtsverhandlungen über elterliche Rechte verwehrt. Personen in Haft wird die Möglichkeit verwehrt, an Verhandlungen teilzunehmen. Kinder von inhaftierten Müttern haben nur eingeschränkte Besucherrechte. Neugeborene werden häufig kurz nach der Entbindung von der Mutter getrennt und können somit nicht gestillt werden. Man muss sich im Klaren darüber sein, eine Frau zu einer Haftstrafe zu verurteilen bedeutet immer auch, damit indirekt das Kind und die ganze Familie zu bestrafen. Eine solche Strafe sollte deswegen nur in Ausnahmefällen verhängt werden. Abschließend möchte ich noch der Berichterstatterin gratulieren.
Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Dieser Initiativbericht ist wichtig, denn die Situation der Frauen in Gefängnissen muss endlich beleuchtet und die Defizite müssen aufgezeigt werden. Frauenrechte gelten auch und gerade in Gefängnissen. In der Europäischen Union haben wir glücklicherweise noch keine Situation wie in den USA, wo Gefängnisse und das Wegsperren von Menschen ein lukratives Geschäft geworden sind. Aber auch in Europa wächst die Zahl der Frauen in Gefängnissen. Deshalb muss ihre spezifische Situation ins Auge gefasst werden.
Da ist zum einen die Gesundheitsvorsorge, von der wir gerade eben gesprochen haben. Frauen in Gefängnissen haben Gewalterfahrung, sexueller oder auch anderer Art, entweder im Gefängnis oder vorher, und brauchen ausreichende psychologische und therapeutische Betreuung, oft auch weil sie Abhängige sind. Es besteht das Risiko der sexuellen Ausbeutung im Gefängnis. Vor allem die Situation der Mütter müssen wir besonders beachten. Es darf nicht wieder passieren wie in Deutschland, dass einer Frau ihr wenige Monate alter Säugling weggenommen wurde, weil im Gefängnis kein Mutter-Kind-Platz mehr frei war, und so Mutter und Kind monatelang getrennt waren. Außerdem brauchen wir mehr Geld für die Reintegration der Frauen.
Besonders am Herzen liegt mir, die besondere Situation von Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund an die Öffentlichkeit zu bringen. Wenn diese Frauen nach Europa kommen und in Detention Centers festgehalten werden, dann müssen wir ein besonderes Augenmerk auf ihre Situation in diesen Detention Centers richten, weil in vielen auch gefängnisähnliche Zustände herrschen. Mädchen und Frauen werden als Flüchtlinge, Asylsuchende und irreguläre Migrantinnen in Detention Centers festgehalten. Es gibt bislang kein EU-Gesetz, das festlegt, wie lange sie maximal in diesen Zentren festgehalten werden dürfen.
Und schließlich — das Europäische Parlament hat dazu eine Studie ausgearbeitet — mahnen wir besonders dringend eine Verbesserung beim Schutz besonders gefährdeter Gruppen an, vor allem von Opfern sexueller Gewalt.
Věra Flasarová, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (CS) Meine Damen und Herren! In seinem Buchklassiker „Überwachen und Strafen“ nennt der französische Philosoph Michel Foucault unter anderem drei Aspekte der Gefängnishaft. Diese Aspekte haben sich über die gesamte lange Geschichte des Strafrechts hinweg bis heute erhalten.
Zum einen geht es um das ursprüngliche Ziel, einen Straffälligen von der Gesellschaft zu isolieren; zweitens bietet die Strafe eine Möglichkeit, mit Schuld zurechtzukommen (Katharsis), und drittens wäre da noch der moderne Aspekt des Angebots einer Möglichkeit zur Rehabilitation und Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Der dritte Aspekt wird in zivilisierten Ländern als der wichtigste betrachtet.
Die Gesellschaft übt keine Rache an einem Straffälligen und will ihm auch nicht seine Würde nehmen. Sie bemüht sich im Gegenteil darum, bisweilen auch gegen erhebliche Widerstände, das Verhaltensmuster des verurteilten Gefangenen, das ihn mit dem Gesetz in Konflikt brachte, zu verändern. Die Gefängnishaft soll den Verurteilten keinen Schaden zufügen, geschweige denn ihren Familienangehörigen.
Die Berichterstatterin hat ein Problem der Inhaftierung sehr klar auf den Punkt gebracht: Die Hauptaufmerksamkeit gilt der Schuld und der Bestrafung einer Person, während die Tatsache ignoriert wird, dass die Bestrafung sich auch auf jene auswirkt, die von der verurteilten Person abhängig sind. In der Regel sind dies die Kinder weiblicher Inhaftierter.
Mehr als die Hälfte aller in Europa inhaftierten Frauen sind Mütter mit mindestens einem Kind. Die genauen Zahlen variieren von Land zu Land, genau wie die Haftbedingungen. In meinem Heimatland beispielsweise, in der Tschechischen Republik, ist die Überfüllung von Gefängnissen das schwerwiegendste Problem. Auf der anderen Seite bemühen sich die zuständigen Behörden darum, die negativen Auswirkungen der Haft auf Frauen und ihre Familienangehörigen zu mildern und die Rückkehr in das normale Leben für diese Frauen zu erleichtern. Abgesehen davon werden allerdings Versuche der Wiedereingliederung von Strafgefangenen in die Gesellschaft dadurch behindert, dass zu wenig Geld zur Verfügung steht, z. B. für Sozialarbeiter.
Ich stimme der Berichterstatterin zu, dass es wichtig ist, die Bedingungen für die Aufrechterhaltung familiärer Bindungen zu verbessern, da die Trennung von der Familie in Kombination mit Schuld und Bestrafung zu einer Entfremdung führt, die die Rückkehr ins normale Leben nach einer Gefängnishaft wesentlich erschwert. Ich spreche hier allerdings nicht von den Fällen, in denen familiäre Bindungen bereits vor der Inhaftierung in erheblichem Maße gestört waren.
Zum Abschluss möchte ich noch einen weiteren wichtigen Punkt erwähnen: Psychologische Studien haben gezeigt, dass es weiblichen Gefangenen schwer fällt, sich an das Zusammenleben auf engstem Raum anzupassen. Männer können sich mit erzwungener Nähe und ständigen Konflikten besser abfinden.
Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Der Bericht von Berichterstatterin Marie Panayotopoulos-Cassiotou fällt just in eine Zeit, in der in vielen Mitgliedstaaten Reformen der Gefängnisinfrastruktur, auch in Form der Schaffung reiner Frauengefängnisse, vorgenommen werden. Der geografische Standort ist hier ein wichtiger Faktor: Er kann es weiblichen Gefangenen beispielsweise erleichtern, familiäre Bindungen und Freundschaften zu erhalten und an Gottesdiensten teilzunehmen.
Die Folgen von Isolierung und Kummer für die Frauen, insbesondere für Mütter und Schwangere, können negative Auswirkungen auf die Mutter selbst, aber in erster Linie auch auf das Kind und seine Entwicklung haben. Die Teilnahme am Gottesdienst kann daher positive Veränderungen im Leben der Gefangenen mit sich bringen.
Menschenwürde und Menschenrechte müssen in der Strafvollzugspolitik der Länder streng beachtet werden. Um die Ordnung in den Gefängnissen zu wahren, wird qualifiziertes Personal benötigt, das in der Lage ist, Gewalt an und Misshandlungen von Frauen im Keim zu ersticken. Darüber hinaus dürfen wir nicht vergessen, dass das Personal auch in der Lage sein sollte, psychologische Hilfe anzubieten, denn in der Vergangenheit litten viele Frauen vielfach unter Traumata.
Meine Glückwünsche an die Berichterstatterin für eine aktuelle Analyse, die zahlreiche wichtige Erkenntnisse enthält. Der Bericht sieht zudem eine Reihe von Vorschlägen und Anregungen zur Verbesserung der Haftbedingungen von Frauen vor, insbesondere von allein erziehenden Müttern und jungen Gefangenen. Ich begrüße es, dass die Berichterstatterin schwangeren Frauen besondere Aufmerksamkeit widmet.
Frauen im Gefängnis sind häufig Opfer von Gewalt. Diesem Thema müssen wir uns daher auf besonders sensible Weise und mit dem Mut zuwenden, innovative Maßnahmen im Bereich der Strafvollzugspolitik einzuleiten. Nach ihrer Haftentlassung muss den Frauen jede denkbare Unterstützung angeboten werden, um ihre reibungslose Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen.
Zita Gurmai (PSE). – (HU) Danke, Herr Präsident! Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Chancengleichheit muss auch für Menschen in Haft gelten. Auch Frauen in Gefängnissen müssen angemessene Gesundheits- und Hygieneeinrichtungen zur Verfügung haben, die sich von denen für Männer unterscheiden. Die Möglichkeit der Pflege familiärer Bindungen ist besonders wichtig für Frauen, die inhaftiert sind, weil dadurch auch ihre spätere Wiedereingliederung in die Gesellschaft erleichtert wird, wie einige meiner Vorredner bereits erwähnt haben. Bei Drogenabhängigkeit und in einigen anderen Fällen ist psychologische Hilfe besonders wichtig, und verschiedene Mitgliedstaaten haben dazu vielschichtige, geschlechtsorientierte Programme entwickelt. Die neuen Mitgliedstaaten müssen diesem Beispiel folgen. Ehemalige weibliche Strafgefangene haben es schwerer, Arbeit zu finden. Ausbildungsprogramme in Gefängnissen können dieses Problem mildern helfen und dadurch noch dazu beitragen, das Rückfallrisiko zu senken. Der Bericht ist hervorragend, und ich empfehle seine Annahme.
Bairbre de Brún (GUE/NGL). – (GA) Herr Präsident! Ich begrüße den Initiativbericht von Frau Panayotopoulos-Cassiotou über die Untersuchung der besonderen Situation von Frauen im Gefängnis. Meiner Meinung nach könnte der Bericht durch verschiedene Änderungen noch aufgewertet werden.
Ein Schwerpunkt sollte auf einem Konzept liegen, bei dem zur besseren Vorbereitung auf die bevorstehende Haftentlassung einer Frau eine Verlegung stattfindet. Zu diesem Zweck sollte es Rehabilitationszentren geben, die über ein geeignetes unterstützendes Umfeld verfügen.
Ich fordere dringend zur Unterstützung der Änderungsanträge auf, die eine Beendigung der Inhaftierung von Mädchen in Erwachsenengefängnissen zum Ziel haben. Das Personal in Frauengefängnissen sollte soweit wie möglich aus Frauen bestehen, einschließlich des medizinischen Personals.
Ein 2004 veröffentlichter Bericht und ein weiterer, der letztes Jahr veröffentlicht wurde, enthielten ausführliche Schilderungen der entsetzlichen Lebensumstände einer durchschnittlichen weiblichen Strafgefangenen in meinem Wahlkreis in Nordirland. Ich gebe der Kommission den Rat, die Empfehlungen sowohl des einen als auch des anderen Berichts zu lesen.
Kathy Sinnott (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! In der Vorgeschichte vieler Frauen im Gefängnis ist es zu Gewalt und sexuellem Missbrauch gekommen, so dass es für sie schwierig sein kann, stabile Beziehungen aufzubauen – und gerade das ist es, was sie im Endeffekt brauchen.
Unser Ziel sollte nicht nur die soziale Integration von Inhaftierten sein, sondern ihre persönliche Entwicklung. Und hier kommt natürlich die Frage der Kinder ins Spiel. Die Mutter und ihr Baby werden im Gefängnis oftmals wenige Stunden nach der Geburt getrennt. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf jede Chance, dass sich ein gesundes Verhältnis zwischen den beiden entwickelt. Damit sich letztendlich dieses besondere Band zwischen Mutter und Kind herausbildet, ist es notwendig, dass beide zusammenwachsen. Und die einzige Möglichkeit, dass zwei gesund und normal zusammenwachsen, besteht darin, dass sie zusammen sind, wo immer dies möglich ist, und dass für sie ein betreutes und sicheres Umfeld geschaffen wird, in dem sie leben können.
Eine Mutter und ihr Baby zu trennen bedeutet, dass ihr Verhältnis von vorn herein Schaden erleidet. Weshalb tun wir das, wenn das, was die meisten dieser Frauen am meisten brauchen, eine stabile, liebevolle Beziehung in ihrem Leben ist?
Corina Creţu (PSE). – (RO) In dem zur Debatte stehenden Bericht werden verschiedene Probleme aufgedeckt, vor denen die Mitgliedstaaten in diesem Bereich stehen.
Angesichts einer gestiegenen Kriminalitätsrate in bestimmten Milieus, insbesondere in einem benachteiligten Umfeld, das von großer Armut, Analphabetentum und der Auflösung von Familienstrukturen gekennzeichnet ist, sowie vor dem Hintergrund des Verfalls des sozialen Sicherungssystems haben die Regierungen der Mitgliedstaaten nach meinem Dafürhalten den falschen Ansatz gewählt, nämlich härtere Bestrafung.
Erst kürzlich richtete sich das öffentliche Interesse in Rumänien auf den Fall von drei Frauen aus derselben Familie – Tochter, Mutter und Großmutter –, die ihre Haftstrafe für ein geringfügiges Delikt gleichzeitig absitzen mussten. Dabei handelte es sich nicht um einen Einzelfall. Deshalb bin ich der Meinung, die Anwendung von anderen Strafen als Freiheitsentzug ist eine der wichtigsten Empfehlungen des Berichts, vor allem, wenn auch das Leben eines Kindes betroffen ist. Einen Sonderfall bilden minderjährige Kinder, deren Elternteile beide im Gefängnis sitzen.
Ich unterstütze den im Bericht enthaltenen Aufruf an die Kommission, eine gemeinsame europäische Strafvollzugscharta zu verfassen, um die Angleichung der Haftbedingungen in den Mitgliedstaaten und eine schnellere Eingliederung von Menschen in die Gesellschaft zu ermöglichen, die Freiheitsstrafen verbüßt haben. Ich beglückwünsche die Berichterstatterin zu ihrer Arbeit
Zuzana Roithová (PPE-DE). – (CS) Herr Präsident! Wie wir gehört haben, sind nur 5 % aller Gefängnisinsassen in Europa Frauen. Die Hälfte dieser Frauen sind Mütter mit kleinen Kindern, und die meisten von ihnen haben in ihrer eigenen Vergangenheit Gewalt und Missbrauch erlitten.
Ich begrüße diesen Bericht rückhaltlos und danke allen, die daran mitgearbeitet haben. Der Bericht betont, dass die Mitgliedstaaten die Entwicklung spezifischer Bedingungen für Frauen in Haftanstalten fördern müssen. Die Priorität der menschlichen Würde ist in meinen Augen ein Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche künftige Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Es gilt, eine angenehme Besuchsatmosphäre für Kinder zu schaffen und den Frauen zu vermitteln, was menschliche Würde bedeutet.
Daher bin ich sehr erstaunt angesichts des Antrags der Liberalen auf eine separate Abstimmung über Ziffer 19, in der angeregt wird, Frauen das Recht zur Teilnahme an Gottesdiensten einzuräumen. Ich finde es empörend, dass Frauen in Gefängnissen je nach dem Ergebnis der morgigen Abstimmung andere Rechte haben sollen als Frauen außerhalb von Gefängnissen.
Louis Michel, Kommissionsmitglied. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte allen Rednern für diese sehr bereichernde und interessante Debatte danken. Ich bin nicht der zuständige Kommissar für diesen Bereich. Dennoch möchte ich Ihnen nicht verhehlen, dass diese Aussprache für mich sehr anregend und interessant war. Ich habe eine Reihe persönlicher Anregungen empfangen und sehe darin den eindeutigen Beweis dafür, dass es Ihnen gelungen ist, mein Interesse an einem Thema zu wecken, das natürlich sehr wichtig ist.
Um die Hindernisse für die Wiedereingliederung von inhaftierten Frauen in die Gesellschaft und ihre Einbeziehung in den Arbeitsmarkt zu überwinden, müssen wir natürlich erneut unterstreichen, dass Umsetzungsmaßnahmen und ein geeignetes Sicherheitsnetz miteinander kombiniert werden müssen. Das erfordert die Einbeziehung aller interessierten Seiten, einschließlich der Sozialpartner.
Die Kommission wird weiterhin die Fragen der sozialen Eingliederung mit den Mitgliedstaaten gemäß der offenen Koordinierungsmethode prüfen, und ich muss Ihnen sagen, dass eine Reihe der hier gemachten Vorschläge – die ich selbstverständlich an Kommissar Špidla weiterleiten werde – meine Aufmerksamkeit geweckt haben. So ist beispielsweise die in einigen Ländern bereits verwirklichte Idee, nämlich zu versuchen, Alternativstrafen anzuwenden – sofern die inhaftierte Person keine Gefahr für die Gesellschaft darstellt –, durchaus ein interessanter Weg. Ich denke auch insbesondere, und das sage ich ganz ungezwungen, an die elektronischen Armbänder, die es den Betreffenden ermöglichen, das Gefängnis zu verlassen und in ihrer Familie zu leben. Ich denke, es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, die in diesem Zusammenhang geprüft werden können, denn im Grunde trifft das, was ich hier gehört habe, ja auch zu: Die Gefängnisstrafe ist vor allem ein Akt der sozialen Aussöhnung, und es muss zugleich versucht werden, diesen Akt der Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu einem positiven Element zu machen. Sehr beeindruckt war ich auch von den Ausführungen von Frau Záborská, die in verschiedenen Formulierungen von mehreren Rednern aufgegriffen wurden; das betrifft die ganze Frage der familiären Bindungen und der Bindungen zu Kindern, die selbstverständlich sehr spezifische Ansätze erfordern.
Die Frage der Hygiene in Haftanstalten, der Gesundheitsfürsorge, der sexuellen Neigungen, der sexuellen Aggressionen, der sexuellen Gewalt sind ebenfalls Themen, die ich schon aus meiner Funktion als Kommissar für Entwicklung kenne, selbst wenn dieser Bereich nicht in meine Zuständigkeit fällt. Ich habe regelmäßig Gelegenheit, Gefängnisse in Entwicklungsländern zu besuchen, und kann Ihnen sagen, dass ich deshalb sehr an diesen Fragen interessiert bin.
Jedenfalls werde ich es nicht versäumen, Kommissar Špidla über diese ausgezeichnete Debatte und alle hier vorgetragenen Ideen zu berichten. Ich weiß, dass er diesen Fragen besonders aufgeschlossen gegenübersteht.
Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Berichterstatterin. − (EL) – Herr Präsident! Ich danke Ihnen, dass Sie so lange durchgehalten haben. Mein Dank gilt auch den Herren Kommissaren Michel und Špidla für ihre überaus positive Mitarbeit an unserem Bericht; auch würde ich gerne Ihnen, meine Damen und Herren, sowie auch Herrn Matsakis danken, der sich als einziges männliches Parlamentsmitglied an dieser Aussprache beteiligt hat.
Die Aufrechterhaltung familiärer Bindungen ist meiner Auffassung nach ein gemeinsamer Nenner, und jeder hier hat die Wichtigkeit dieses Umstands betont. Darüber hinaus besteht ein zentrales Anliegen im Schutz von Kindern, insbesondere von kleinen Kindern, und in der Schaffung geeigneter Bedingungen, die auf die besonderen Bedürfnisse von Frauen zugeschnitten sind. Vorrangig muss auf jeden Fall sein, dass wir uns für die Menschenrechte einsetzen, vor allem für die Rechte von Frauen – egal, ob innerhalb oder außerhalb von Gefängnissen. Deshalb sollte das, was für nicht inhaftierte Frauen gilt, auch für inhaftierte Frauen gelten.
Im Hinblick auf das Thema der sozialen Ausgrenzung darf ich mich besonders bei Herrn Kommissar Špidla bedanken, der uns über Sie, Herr Kommissar Michel, begreiflich gemacht hat, wie wichtig Unterstützungsmaßnahmen bereits während der Dauer der Inhaftierung sind. Dazu zählen Maßnahmen für eine Berufsausbildung, für eine Integration in den Arbeitsmarkt und für eine Kooperation mit dem privatwirtschaftlichen Bereich. So können wir das, was Sie sagten, Herr Kommissar, in die Tat umsetzen: Wir sollten dafür sorgen, dass eine Gefängnishaft eine Chance sein kann und nicht eine Form der Rache darstellt. Zum Standpunkt von Herrn Matsakis, es gebe auch gefährliche Tendenzen, möchte ich Folgendes anmerken: Es gibt diese Tendenzen, und zwar sowohl in den Gefängnissen als auch außerhalb, und wir müssen die Gelegenheit und die medizinischen Mittel bereitstellen, um diese Tendenzen zu bekämpfen, damit Menschen nicht an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Marginalisierung steht im Widerspruch zu unseren Idealen von Menschenwürde und der Möglichkeit, Menschen zu unterstützen, so dass sie einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten können.
Ich hoffe, dass der neue Vertrag von Lissabon uns mehr Handlungsspielraum einräumen wird, wie der Herr Kommissar schon gesagt hat. Da die Präsentation dieses Berichts und die Ratifizierung des Vertrags nicht mehr fern sind, können hoffentlich viele der im Bericht enthaltenen Vorschläge umgesetzt werden. Ich möchte jedoch auf ein Thema zurückkommen, das bisher noch nicht erwähnt wurde, nämlich, dass die Lage von Frauen in EU-Gefängnissen auch in den Jahresbericht der Kommission über die Menschenrechte mit aufgenommen werden sollte.
Der Präsident. − Zwar hat Herr Matsakis als einziges männliches Mitglied das Wort ergriffen, doch dann sprach Herr Michel für die Kommission, und ich habe diese interessante Aussprache mit großer Aufmerksamkeit verfolgt.
Wie so oft sind mehr Frauen bei diesen Aussprachen am späten Abend anwesend als Männer, aber das tut deren Beitrag keinen Abbruch. Ich danke der Berichterstatterin und anderen Rednern für ihre Beiträge, denn immerhin sprechen Sie in einer solchen Aussprache für die Frauen, die sich nicht selbst äußern können.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Donnerstag, dem 13. März, statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Katalin Lévai (PSE), schriftlich. – (HU) Ich möchte auf die Tatsache verweisen, dass, obwohl der Frauenanteil in den europäischen Gefängnissen bei ungefähr 4–5 % liegt und obwohl dieser Anteil in vielen EU-Ländern schneller steigt als der Anteil der männlichen Gefängnisinsassen, Gefängnisse immer noch primär für Männer konzipiert werden und man dazu neigt, die besonderen Probleme der wachsenden Zahl weiblicher Häftlinge zu ignorieren.
Die Bereiche, in denen der größte Anlass zur Sorge besteht, sind die gesundheitliche Betreuung, die Situation von Müttern mit Kindern sowie die berufliche und soziale Wiedereingliederung. Statistiken über weibliche Strafgefangene belegen ein allgemein niedriges Bildungsniveau und mangelnde berufliche Kompetenzen. Wenn wir wollen, dass weibliche Häftlinge nach ihrer Gefängnishaft den Weg zurück in die Gesellschaft finden und anschließend ein stabileres Leben führen können, müssen wir allen Inhaftierten die Möglichkeit geben, ein Basisniveau an Bildung zu erwerben. In zahlreichen europäischen Gefängnissen lässt sich eine Diskrepanz feststellen zwischen der beruflichen Ausbildung, die Frauen angeboten wird, und den Anforderungen des Arbeitsmarktes. Die meisten Haftanstalten bieten ein Ausbildungsprogramm an, das sich auf die Entwicklung von Fertigkeiten und Fähigkeiten beschränkt, die der traditionellen sozialen und kulturellen Rolle der Frau entsprechen. Auf dem Arbeitsmarkt werden diese schlecht bezahlten beruflichen Fertigkeiten nicht immer hoch bewertet, was die Fortsetzung der sozialen Ungleichheiten begünstigen und die soziale und berufliche Wiedereingliederung unterminieren kann. Die Gefängnisleitungen sollten daher ermutigt werden, eventuell gemeinsam mit externen Anbietern Berufsbildungsmaßnahmen von hoher Qualität sowie vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten anzubieten, die den Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt gerecht werden und frei von Geschlechtsstereotypen sind.