Jim Allister (NI). – (EN) Herr Präsident! Gestern Nachmittag zog der Präsident in diesem Plenum in einer unplanmäßigen Ankündigung eine Show ab, indem er eine Reihe von Abgeordneten wegen des Protests im Dezember beachtliche finanzielle Sanktionen auferlegte. Ich möchte Folgendes wissen: War es in Ordnung, dass der Präsident diese Ankündigung machte, ohne den Abgeordneten die einfachste Höflichkeit zu erweisen und ihnen mitzuteilen, dass er eine solche Ankündigung machen und wann er sie machen würde? Der Präsident sprach lang und breit über Höflichkeit gegenüber den Mitgliedern dieses Hohen Hauses, warum also, frage ich, wurde denjenigen von uns, die seine Äußerung betraf, nicht die einfache Höflichkeit erwiesen, sie zuvor von der Ankündigung zu informieren? Ist es zu viel verlangt, eine Antwort darauf zu erwarten?
Der Präsident. − Herr Allister, das Präsidium ist nicht verpflichtet, über Höflichkeit zu urteilen. Unsere Pflicht ist es, die Regeln der Geschäftsordnung anzuwenden, und Sie können absolut sicher sein, dass diesen Regeln in vollem Umfang entsprochen wurde.
Hans-Peter Martin (NI). – Herr Präsident! Ich beziehe mich unter anderem auf Artikel 146 der Geschäftsordnung. Sie haben gerade davon gesprochen, dass Sie dazu da sind, Regeln einzuhalten. Es ist mir nicht nachvollziehbar, warum in konstanter Form die Sitzungen hier immer wieder unpünktlich beginnen, mit minutenlanger, manchmal viertelstündiger Verspätung. Da wird sehr viel Geld des Steuerzahlers verschwendet! Sie sind in der Anwendung von Formalien so strikt gegenüber politischen Gegnern, die einfach ein Referendum oder faire Demokratie wollen, sich selbst gegenüber aber nicht!
Würden Sie alle gleich behandeln in diesem Haus, dann müssten Sie gegen die Präsidentschaft wegen unzähliger Vorfälle schon längst Verfahren wegen schweren Betrugs einleiten, weil nichts anderes ist es in meinen Augen, wenn hier ständig Sitzungen verspätet stattfinden und damit entsprechend Geld von Steuerzahlern vergeudet wird.
Hier wird mit zweierlei Maß gemessen, und Sie müssen sich den Vorhalt gefallen lassen, dass es sich hier um ein Willkür-Parlament handelt, wo man gezielt politische Gegner wegen Formalien auf die Seite stellt, aber eigene Dinge ständig duldet und sogar schweren Betrug deckt!
Der Präsident. − Vielen Dank, Herr Martin, für Ihre interessanten Ansichten.
2. Die Politik der Entwicklungszusammenarbeit der EU als Herausforderung für die neuen Mitgliedstaaten (Aussprache)
Der Präsident. − Der erste Punkt ist der Bericht von Danutė Budreikaitė im Namen des Entwicklungsausschusses über die Politik der Entwicklungszusammenarbeit der EU als Herausforderung für die neuen Mitgliedstaaten (2007/2140(INI)) (A6-0036/2008).
Danutė Budreikaitė, Berichterstatterin. – (LT) Seit den Erweiterungsrunden von 2004 und 2007 sind der Europäischen Union 12 Länder beigetreten; zehn von ihnen haben besondere Erfahrungen gemacht. Sie sind von einer Planwirtschaft zu einer Marktwirtschaft und von autoritärer Kontrolle zur Demokratie übergegangen.
Vor ihrem Beitritt waren diese Länder Empfänger von Hilfe, doch jetzt sind sie zu Gebern im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit geworden. Die meisten von ihnen hatten vorher keine Erfahrungen bei der Verfolgung der EU-Politik der Zusammenarbeit. Durch die Unterzeichnung des Beitrittsvertrags haben sie sich zur Umsetzung dieser Politik verpflichtet.
Darüber hinaus legte die Kommission 2004 mehrere Dokumente zur Europäischen Nachbarschaftspolitik vor, die unmittelbar mit der offiziellen Entwicklungshilfe der neuen Mitgliedstaaten verbunden waren. Nach drei Jahren Mitgliedschaft ist es wichtig, die Fortschritte der neuen Geberländer bei der Bewältigung der Herausforderungen der Entwicklungszusammenarbeit zu prüfen.
Ich möchte darauf hinweisen, dass der Bericht nur auf die zehn Mitgliedstaaten eingeht, die gemeinsame Landgrenzen mit östlichen Nachbarn haben und von der Nachbarschaftspolitik profitieren. Diese zehn Länder hatten stets langfristige Handels-, Wirtschafts- und kulturelle Beziehungen zu ihren Nachbarn, sie hatten eine gemeinsame Geschichte und waren bestrebt, die Ziele der Entwicklung und Konsolidierung der Demokratie zu erreichen und die Sicherheit in Ost- und Mitteleuropa zu erhöhen. Die Ergebnisse einer speziellen Studie zeigen, dass die meisten der neuen Mitgliedstaaten die offizielle Entwicklungshilfe in der Regel ihren Nachbarn zukommen lassen – den Ländern des westlichen Balkans und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten.
Außerdem sind die Beziehungen zwischen der EU und ihren östlichen Nachbarn nach wie vor am wenigsten entwickelt, und die neuen Mitgliedstaaten, die gegenüber den alten Mitgliedstaaten einen relativen Vorteil haben, können einen günstigen Einfluss auf die geografische Position und die Art der Entwicklungshilfepolitik ausüben. Zudem können die neuen Mitgliedstaaten ihre jüngsten Erfahrungen beim Übergang zu einer Marktwirtschaft und bei der Verwirklichung guter Regierungstätigkeit und demokratischer Prinzipien sowie der Menschenrechte weitergeben.
Dabei widmen die neuen Mitgliedstaaten den AKP-Staaten relativ wenig Aufmerksamkeit. Hilfe gegenüber diesen Ländern ist meist sozioökonomischer Art: Neue Projekte im Bildungs- und Gesundheitssektor werden erarbeitet, Anstrengungen werden unternommen, um die Entwicklung des öffentlichen Sektors und der Zivilgesellschaft sowie die Grundsätze der Gleichstellung der Geschlechter zu fördern.
Dokumente, in denen die Politik der Entwicklungszusammenarbeit definiert ist, geben keine Hinweise darauf, welche Länder die Hilfe erhalten sollten. Angesichts der begrenzten finanziellen Mittel und Humanressourcen in den neuen Mitgliedstaaten täten sie am besten daran, ihre Hilfe auf eine bestimmte Anzahl von Ländern – sowohl Nachbarländern als auch AKP-Staaten – zu konzentrieren und Hilfe in Bereichen anzubieten, in denen sie die meisten Erfahrungen besitzen.
Bezüglich der Probleme, vor denen die neuen Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Entwicklungshilfepolitik stehen, möchte ich auf Folgendes hinweisen:
1) Die Mehrheit der neuen Mitgliedstaaten hat noch nicht ihre entscheidenden Prioritäten definiert.
2) Es gibt praktisch keinen strategischen Planungs- oder Kontrollmechanismus auf dem Gebiet der Politik der Entwicklungszusammenarbeit.
3) Das Niveau der Kommunikation zwischen den für die Umsetzung der Entwicklungshilfepolitik zuständigen Gremien und den NRO ist unzureichend.
4) Das Niveau staatlicher Initiativen ist zu gering, und es besteht überall in der EU ein allgemeiner Mangel an Informationen für die Öffentlichkeit über die Entwicklungszusammenarbeit.
Um größere Erfolge in der Verwirklichung der Politik der Entwicklungszusammenarbeit zu erreichen, sollten alle beteiligten Länder ihre positiven Erfahrungen austauschen und dabei die Erfahrungen der neuen Mitgliedstaaten im Osten berücksichtigen. Die neuen Mitgliedstaaten sollten sich an der Ausarbeitung von Plänen für Aktivitäten im Rahmen der Umsetzung der Nachbarschaftspolitik beteiligen, einen höheren Grad der Beteiligung der nationalen Parlamente sichern und die Tätigkeit von NRO verstärken.
Dennoch möchte ich unterstreichen, dass die letzten beiden Runden der EU-Erweiterung eine neue Sicht auf die Politik der Entwicklungszusammenarbeit mit sich gebracht und ihre unlösliche Verbindung mit der Europäischen Nachbarschaftspolitik deutlich gemacht haben, wobei letztere das unmittelbare Resultat der Erweiterung ist. Beide, die Politik der Entwicklungszusammenarbeit und die Nachbarschaftspolitik, sind feste Bestandteile der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu anderen Ländern.
Die Institutionalisierung der Politik der Entwicklungszusammenarbeit in der EU wäre von großer Bedeutung für die Verwirklichung der genannten Ziele. Sie würde auch die Wirksamkeit der Europäischen Nachbarschaftspolitik neben der offiziellen Entwicklungshilfe erhöhen und die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele günstig beeinflussen.
Um das zu erreichen, sollten wir eine Versammlung der EU und der Nachbarländer ins Leben rufen, die die östliche Dimension abdecken und zur Verwirklichung der Entwicklungszusammenarbeit und der Nachbarschaftspolitik beitragen würde. Ich möchte das Parlament in dieser Frage um Unterstützung bitten.
Louis Michel, Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst die Berichterstatterin, Frau Budreikaitė, zu diesem ausgezeichneten Bericht beglückwünschen, in dem die Herausforderung, die die Entwicklungspolitik für die neuen Mitgliedstaaten darstellt, ausführlich erläutert wird.
Ihr Bericht hat mich an alle Diskussionen und die Besorgnis erinnert, die es sowohl in der Öffentlichkeit als auch unter den Politikern im Vorfeld der Erweiterung gab; er rief mir die Zweifel und Ängste in Erinnerung, dass die Erweiterung unsere Solidarität mit den Entwicklungsländern verwässern und Afrika auf der Prioritätenliste der Europäischen Union zurückfallen lassen würde. In diesem Fall waren die Ängste grundlos. Die Vorhersagen und die Sorgen haben sich als unbegründet erwiesen. Noch nie war die europäische Entwicklungspolitik in Bezug auf ihre Ziele so ehrgeizig oder so geschlossen in ihren Arbeitsweisen wie heute und noch nie hat Afrika so weit oben auf der außenpolitischen Agenda der Europäischen Union gestanden. Ihr Bericht bestätigt, dass dies nicht trotz, sondern dank des Engagements und dank der Bereitschaft der neuen Mitgliedstaaten, ihrer Verantwortung voll gerecht zu werden, möglich war.
Betrachten wir zunächst die Frage der Finanzierung. Natürlich liegt vor den neuen Mitgliedstaaten noch ein Stück Weg, bis sie die für 2010 gesteckten Ziele erreichen; natürlich ist es unbedingt notwendig, dass mehr Länder Mehrjahrespläne für die Aufstockung ihrer Hilfe aufstellen – bisher haben nur vier von den zwölf Ländern dies bereits getan – aber wir dürfen einfach die beträchtlichen gemeinsamen Anstrengungen, die diese zwölf Mitgliedstaaten unternommen haben, nicht übersehen. Seit ihrem Beitritt zur Europäischen Union haben diese Länder ihre Hilfe verdoppelt und in einigen Fällen sogar verdreifacht. 2007 betrug die Hilfe dieser Länder fast 800 Millionen Euro. Außerdem haben sich diese Länder verpflichtet, bis 2015 0,33 % ihres BIP für die staatliche Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen.
Der nächste Punkt, den wir betrachten müssen, ist die Effektivität der Hilfe. Letztes Jahr hat die Europäische Union einen Verhaltenskodex angenommen, in dem einige Prinzipien für eine bessere Arbeitsteilung in der Union aufgeführt werden. Ich freue mich berichten zu können, dass die neuen Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieser Prinzipien eine sehr gute Figur machen. Alle betroffenen Staaten wenden das Prinzip an, ihre Hilfe auf eine begrenzte Anzahl von Ländern zu konzentrieren – ein seit langem anerkanntes Prinzip bei den besten Praktiken, da so eine höhere Effektivität erzielt wird.
So leisten mehrere dieser neuen Mitgliedstaaten ihre Hilfe gemeinsam mit anderen Mitgliedstaaten im Rahmen von Kofinanzierungen und verringern so ihre eigenen Verwaltungskosten und die der Partnerländer. Ich denke hier zum Beispiel an die Unterstützung, die die Slowakei gemeinsam mit Österreich für die Infrastruktur in Kenia leistet oder an die Unterstützung im Wassersektor, die die Tschechische Republik gemeinsam mit Luxemburg leistet. Das sind sehr aufschlussreiche Beispiele und es sind keine Einzelfälle.
Ein weiteres Beispiel für die Effizienz ist die Tatsache, dass die Mehrzahl der neuen Mitgliedstaaten die Entwicklungsländer auf der Grundlage der Schaffung von Mehrwert in speziellen Bereichen unterstützt – eine Herangehensweise, die auf ihren eigenen Erfahrungen im politischen und wirtschaftlichen Reformprozess fußt. Ich denke da insbesondere an die Hilfe, die auf Good Governance, die Stärkung der Kapazitäten der staatlichen Behörden oder wirtschaftliche Reformen ausgerichtet ist.
Aus meiner Sicht sind diese im Verhaltenskodex für Komplementarität und Arbeitsteilung in der Entwicklungspolitik bestätigten Maßnahmen von grundlegender Bedeutung. Im April werde ich eine erste Einschätzung der Umsetzung des Kodexes ein Jahr nach seiner Annahme vorlegen, mit Analysen und Vorschlägen in Bezug auf die Steigerung der Hilfe und die Verbesserung der Kohärenz. Auf dieser Grundlage möchte ich eine ernsthafte Debatte mit allen Mitgliedstaaten über das weitere Vorgehen anstoßen. Wenige Monate vor dem Forum auf hoher Ebene in Accra zur Effektivität der Hilfe zählen die Entwicklungsländer auf Europa, dass es den einzuschlagenden Weg zeigt, und sie haben Recht, da Europa – lassen Sie es mich wiederholen –, mit großem Abstand der Hauptgeldgeber für Entwicklungshilfe in der Welt ist und sowohl das Potenzial als auch die Pflicht hat, ein Beispiel zu geben.
Ihr Bericht hebt einen anderen grundsätzlichen Punkt hervor, den der Notwendigkeit der Sensibilisierung der Öffentlichkeit in den neuen Mitgliedstaaten. Es ist richtig, dass in den meisten dieser Länder die Entwicklungshilfe, insbesondere für Afrika keine große Tradition hat. Also liegt es auch in unserer Verantwortung, weiter auf die Öffentlichkeit einzuwirken und ihr die Botschaft zu übermitteln, dass es nicht nur um Wohltätigkeit geht, sondern auch um ein gegenseitiges Interesse – ich denke hier an Themen wie Frieden und Sicherheit, Migration, Klimaänderung und Ernährungssicherheit.
Unter diesem Blickwinkel hat die Europäische Kommission Mitte Februar das dritte Programm zur Verstärkung der Kapazitäten für die neuen Mitgliedstaaten gestartet. Im Rahmen dieses Programms wird die Kommission das erforderliche Fachwissen zur Entwicklung von Kommunikationsstrategien zur Verfügung stellen, die die Behörden in die Lage versetzen, der Öffentlichkeit effektiver über ihre Aktivitäten zu berichten und vor allem die Medien und die Studenten für alles, worum es in der Entwicklungspolitik geht, zu sensibilisieren.
Meine Damen und Herren, es gibt kein ‚altes Europa’ oder ‚neues Europa’ mehr. Es gibt keine erste, keine zweite Klasse, keine alten und keine neuen Mitgliedstaaten. Es gibt nur ein Europa, ein solidarisches, offenes, politisch bewusstes Europa – mit Werten, die nicht nur europäische, sondern auch universelle Werte sind. Die seit der jüngsten Erweiterung erfolgte Veränderung der Entwicklungspolitik ist der Beweis an sich, dass Erweiterung und Vertiefung der Europäischen Union sich nicht ausschließen. Im Grunde ist dies eine außergewöhnliche Geschichtslektion sowohl für die Zukunft der Entwicklungspolitik als auch für die Zukunft der europäischen Integration.
Filip Kaczmarek, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Im Rahmen einer öffentlichen Anhörung zum Thema der neuen EU-Geberländer, die im Europäischen Parlament im Januar vergangenen Jahres stattfand, äußerten die Teilnehmer die Hoffnung, die Debatte über die Entwicklungspolitik der neuen EU-Mitglieder würde in den einzelstaatlichen Parlamenten und der weiteren Arbeit des Europäischen Parlaments ihre Fortsetzung finden. Deshalb begrüße ich voller Genugtuung den Bericht von Frau Budreikaitè, wird doch darin zum ersten Mal in der Geschichte des Europäischen Parlaments der Versuch unternommen, das Engagement der neuen Mitgliedstaaten für die Entwicklungspolitik der EU und die damit für sie verbundenen Herausforderungen zu beleuchten.
Es ist nicht einfach, sämtliche Herausforderungen aufzuzählen, denen die neuen europäischen Geber bei der Formulierung ihrer nationalen Entwicklungspolitik und der Reform der Entwicklungspolitik auf EU-Ebene gegenüberstehen. Daher möchte ich mich auf einige wenige Schlüsselthemen konzentrieren. Erstens muss die Rolle der nationalen Parlamente bei der Gestaltung der Entwicklungshilfe in den neuen Mitgliedstaaten gestärkt werden. Ohne die Schaffung einer soliden Rechtsgrundlage durch die Nationalparlamente sind eine wirksame Entwicklungspolitik und eine sachgerechte Koordinierung der Planung und Verwaltung der Hilfe für die Entwicklungsländer nicht möglich. In einigen Ländern sind die Arbeiten an der erforderlichen Gesetzgebung, die seit 2004 laufen, immer noch nicht abgeschlossen, das heißt, es fehlt diesen Ländern unter anderem an einer Agenda für die Umsetzung.
An der Schärfung des öffentlichen Bewusstseins muss ebenfalls noch gearbeitet werden. In puncto Sensibilisierung der Öffentlichkeit in den neuen Mitgliedstaaten für die Bedeutung der Entwicklungspolitik stimme ich mit Herrn Kommissar Michel überein. In einer Übergangszeit wie dieser spielen die Erziehung zum Verständnis für Entwicklungsarbeit, eine breitangelegte Konsultation der Öffentlichkeit, Massenkommunikation und Informationskampagnen eine wichtige Rolle. Ohne dem wird es schwer, die Steuerzahler von der Notwendigkeit höherer öffentlicher Ausgaben für die Entwicklungspolitik zu überzeugen. Je stärker die Sensibilisierung des öffentlichen Bewusstseins, desto eher wird die Gesellschaft die finanzielle Belastung akzeptieren.
Ich teile auch die Meinung des Herrn Kommissars, dass wir in der Entwicklungspolitik europäische Solidarität brauchen. Wir müssen unsere Zusammenarbeit koordinieren und voneinander lernen. Einerseits können sich die aus der Geschichte und der Übergangszeit in den neuen Mitgliedstaaten abgeleiteten Verpflichtungen und das gesammelte Wissen für die gesamte EU bei der Entwicklung und Stärkung der Demokratie in den im Wandel befindlichen Ländern als nützlich erweisen. Andererseits können die Erfahrungen der alten Mitgliedstaaten, vor allem jene, die aus Hilfeleistungen für die ärmsten Länder der Welt gewonnen wurden, dazu beitragen, die Entwicklungshilfe zu verstärken und dorthin zu lenken, wo sie am Dringendsten gebraucht wird, beispielsweise im subsaharischen Afrika – eine Region, die in den neuen Mitgliedstaaten nicht als Hauptziel für Hilfen angesehen wird. Eine solche gegenseitige Anleitung und Unterstützung kann die Effektivität der Entwicklungspolitik der Europäischen Union insgesamt steigern.
Corina Creţu, im Namen der PSE-Fraktion. – (RO) Der Bericht, über den wir heute diskutieren, hat meiner Meinung nach den Vorzug, dass er den neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union hilft, neue Politiken und neue Mechanismen für die Hilfe gegenüber Ländern zu definieren, denen die Europäische Union ihre Aufmerksamkeit widmet.
Auf der Grundlage der Werte, die bei der Gründung der Union Pate standen, sowie der Verpflichtungen, die unsere Länder im Rahmen der von ihnen unterzeichneten Verträge eingegangen sind, definieren die neuen Staaten jetzt ihre Politik der Entwicklungszusammenarbeit neu, die sich auf bedürftige Länder richtet, und sie diversifizieren ihre Kooperationsinstrumente und die erfassten Gebiete. Was die Berichterstatterin in ihrem Vorwort sagte, ist völlig richtig, nämlich dass die Prioritäten noch nicht eindeutig genug beschrieben sind und gute Absichten oft durch fehlende finanzielle Mittel behindert werden. Es sieht so aus, als brauchten die neuen Mitgliedstaaten noch immer eine Periode der Anpassung an die Entscheidungssysteme im Rat und an ihre Prioritäten auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit.
Rumänien verfügt über eine nationale Strategie zur internationalen Entwicklungszusammenarbeit, die vorsieht, dass das Land die Entwicklung der Staaten in jenen geografischen Gebieten unterstützt, die als für die Außenbeziehungen prioritäre Gebiete festgelegt worden sind, nämlich Osteuropa, der westliche Balkan und der südliche Kaukasus. Eine weitere Bemühung bildet die allmähliche Ausweitung der Hilfe für afrikanische Staaten, insbesondere auf dem Gebiet von Bildung und Erziehung,
Ich freue mich, dass der Entwicklungstag der Europäischen Sozialisten in diesem Jahr am 1. Oktober in Bukarest stattfindet, und ich möchte an dieser Stelle meinen sozialdemokratischen Kollegen dafür danken, dass sie sich einhellig für meinen Vorschlag entschieden haben, dieses Ereignis in einem neuen Mitgliedstaat der Europäischen Union, nämlich in Rumänien, stattfinden zu lassen. Diesen Bericht, der den neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union einen nützlichen Rahmen für feldbezogene Konzeptualisierung bietet, finde ich sehr lobenswert.
Toomas Savi, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Am Dienstag sagte der Präsident der Republik Estland, Herr Toomas Hendrik Ilves, wir sollten mit der Bezeichnung „neue Mitgliedstaaten“ Schluss machen. Diese Bezeichnung ist auch Bestandteil des Titels des Berichts von Frau Budreikaitė. Obwohl ich meinem Präsidenten im Prinzip beipflichte, hat die Bezeichnung auch eine positive Konnotation, die Innovation und Reformbereitschaft impliziert. Der heutige Bericht gibt einen umfassenden Überblick über die von den neuen Geberländern in der Europäischen Union – die vor einem Jahrzehnt noch Empfänger ähnlicher Hilfe waren – erreichten Fortschritte auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit, wobei sowohl auf die Mängel als auch auf das Potenzial zu weiteren Erhöhung des Beitrags zur EU-Politik im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit hingewiesen wird.
Im Jahr 1970 einigten sich die Vereinten Nationen darauf, 0,7 % des BIP für Entwicklungshilfe anzusteuern, um die extreme Armut auszumerzen – den einen Menschen am meisten demütigenden Zustand. Liebe Kolleginnen und Kollegen, vergessen wir nicht, dass das etwa ein Drittel der Weltbevölkerung betrifft. Leider reichen die bisherigen Bemühungen bei Weitem nicht aus. Kein neuer Mitgliedstaat hat das Ziel erreicht. Das Gleiche trifft auf die alten Mitgliedstaaten zu, ausgenommen auf Dänemark, Luxemburg, die Niederlande und Schweden. Norwegen ist zwar kein Mitglied der EU, hat aber ebenso das Ziel erreicht.
Ich möchte Frau Budreikaitė für ihre umfangreiche Arbeit bei der Zusammenstellung des Berichtsentwurfs und für die Berücksichtigung meiner Änderungsanträge und der meiner Kollegen im Entwicklungsausschuss danken. Als Berichterstatterin wurde eine Kollegin aus einem neuen Geberland erwählt, und ihr Bericht wird von diesen Ländern, also auch von Estland, gewiss eingehend analysiert werden.
Abschließend möchte ich sagen, dass sich der Europäische Konsens über die Entwicklungspolitik zu einer weiteren Erhöhung der zugewiesenen Mittel verpflichtet fühlt, und ich ersuche alle Mitgliedstaaten, das ernst zu nehmen. Dieser Bericht ist ein lobenswertes Dokument, das uns neuerlich an unsere Verpflichtungen gemahnt, und ich fordere alle meine Kolleginnen und Kollegen auf, ihn zu unterstützen.
Adam Bielan, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Auch ich möchte Frau Budreikaitė zu ihrem ausgezeichneten Bericht gratulieren. Darin wird auf die östliche Dimension der EU-Außenbeziehungen und den Bedarf an einer neuen Versammlung nach dem Vorbild von EUROMED und EUROLAT verwiesen – einer Versammlung, die auf der historischen Erfahrung insbesondere der neuen Mitgliedstaaten, mein Heimatland Polen eingeschlossen, aufbauen könnte.
In dieser Hinsicht stimme ich voll und ganz mit der Berichterstatterin überein. Europa braucht eine neue Vision von einer größeren Einflusssphäre, die sich über den Balkan und die Schwarzmeer-Region bis zum südlichen Kaukasus erstreckt. Die EU-Politik für diese Regionen ist von gestern. Schon allein die Bezeichnung „Europäische Nachbarschaftspolitik“ ist veraltet und eine Beleidigung für Länder wie die Ukraine, die zweifellos zu Europa gehört. Wir sollten von der „Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union“ sprechen, wie der ehemalige ukrainische Außenminister Borys Tarasiuk beim letzten Treffen des EU-Ukraine-Kooperationsrates zu Recht ausführte.
Die Europäische Union muss die Ukraine und Georgien stärker unterstützen und in ihren Einflussbereich einbeziehen. Diese Länder bedürfen unseres Engagements noch mehr als die Länder Mitteleuropas vor der Erweiterungsrunde 2004. Was sie brauchen, ist ein individueller Ansatz seitens der EU und keine allgemeine Nachbarschaftspolitik, nach der die Ukraine de facto wie ein Land behandelt wird, das historisch nicht zu Europa gehört. Die Ukraine, Georgien und auch Belarus sind ärmer, wirtschaftlich schwächer und haben größere politische Schwierigkeiten als die Länder, die der Union nach 2004 beigetreten sind.
In den letzten Jahren hat sich Russlands Stellung in der Region deutlich gefestigt. Russlands Bereitschaft, seine Energiereserven zum Zwecke politischer Erpressung einzusetzen, hält die EU davon ab, sich gegen die beschämenden Praktiken des Kremls zu stellen, die nichts mit Demokratie zu tun haben. In Georgien und der Ukraine versucht Moskau, den demokratischen Wandel umzukehren. Im Rahmen der EU-Nachbarschaftspolitik, wie wir sie nennen sollten, muss für unsere nächsten Nachbarn unverzüglich politische und wirtschaftliche Hilfe bereitgestellt werden. Polen hat schon fertige Projekte wie das unabhängige Fernsehprojekt Bielsat für Belarus, die nur auf ihre Umsetzung warten.
Gabriele Zimmer, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte auf das eigentliche Thema des Berichts zurückkommen und Frau Budreikaitė sehr herzlich für ihren Bericht danken, den ich für sehr ausgewogen und sehr kompetent halte. Im Übrigen ist er genau zu diesem Zeitpunkt sehr wichtig, weil es jetzt möglich ist, eine Zwischenbilanz zu ziehen, und daraus auch Schlussfolgerungen für eine verstärkte Entwicklungskooperation der neuen Mitgliedstaaten, gerade auch mit dem Schwerpunkt AKP-Staaten, zu ziehen.
Es ist klar, dass der Beitritt zur EU natürlich eine vertragliche Verpflichtung bedeutet, die Errungenschaften des acquis communautaire zu übernehmen. Aber es ist auch klar, dass der Vertrag eine Sache und das öffentliche Bewusstsein für einen Politikschwerpunkt in den jeweiligen Ländern eine andere Sache ist. Die vorgelegten Zahlen unterstreichen das ja auch nachdrücklich.
Die Entwicklungskooperation mit den Staaten Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas erscheint in Ländern, die selbst noch einen wirtschaftlichen Entwicklungsrückstand haben, oftmals als nicht so vordringliche Aufgabe. Daher müssen wir uns gemeinsam dafür stark machen, dass die Bedeutung dieser Aufgabe erkannt wird und dass auch mit Blick auf die in der Vergangenheit durchaus existierende Entwicklungskooperation mit einigen Staaten, vor allem auch afrikanischen Ländern, hier wieder angesetzt werden kann.
Viele Bindungen, die vor 1989 bestanden haben, sind ja sehr schnell und trotzdem fast geräuschlos beendet worden. Manches ist dabei auch durchaus bedauerlich. Es gibt eine Reihe von begonnenen Projekten, die in diesen Staaten zu Bauruinen wurden. Ich denke, man muss hier wieder neu anfangen.
Ich bedauere es auch ein bisschen, dass sich in Absprache mit der Kommission die Entwicklungskooperation fast aller mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten auf die Zusammenarbeit mit den ehemaligen Sowjetrepubliken konzentriert und damit das eigentliche Ziel der Entwicklungskooperation, nämlich die Durchsetzung der millennium development goals, in den Hintergrund gerät. Selbst wenn es den neuen Mitgliedstaaten gelingen sollte, wie vereinbart bis 2010 ihre ODA auf 0,17 % zu steigern, ist zu befürchten, dass davon nur ein Bruchteil in die Entwicklung und die Unterstützung der ärmsten Länder dieser Welt gelangen wird.
Ich bedanke mich noch einmal ausdrücklich bei Frau Budreikaitė für ihren Bericht.
Frank Vanhecke (NI). – (NL) Der vorliegende Bericht hat meines Erachtens seine guten Seiten. Er bietet einen interessanten Überblick über die Lage hinsichtlich der Entwicklungszusammenarbeit in den neuen Mitgliedstaaten. Das ist ein Positivum. Im Grunde genommen halte ich diesen Bericht jedoch vor allem für eine vertane Chance. Anstatt den neuen Mitgliedstaaten zuzuraten, die traditionellen Ziele der EU-Entwicklungshilfe zu verfolgen, täte dieses Parlament besser daran, selbst über diese Ziele zu diskutieren und sich darüber Gedanken zu machen, inwieweit eine einfache Fortsetzung der traditionellen Form der Entwicklungshilfe heute noch Sinn macht.
Immer wieder erhebt dieses Haus die finanziellen Ziele gleichsam zu einem Dogma, ohne sich näher damit auseinanderzusetzen, und immer wieder weigern wir uns, die den Problemen der meisten Entwicklungsländer zugrunde liegenden Ursachen anzuerkennen. In Afrika liegt der eigentliche, primäre Grund für Armut, Hunger Unsicherheit sowie für die gewaltigen sozialen und wirtschaftlichen Probleme der Entwicklungsländer zweifellos in der katastrophalen Regierungsführung ihrer völlig korrupten Regime.
Die neuen Mitgliedstaaten werden hier zur Durchführung von Informations- und Sensibilisierungskampagnen aufgefordert. Dies befürworte ich, aber sollten wir die Menschen nicht auch darüber informieren, dass die afrikanischen Länder mehr für Waffen ausgeben, als sie an Entwicklungshilfe erhalten? Oder dass afrikanische Potentaten mehr Milliarden beiseite geschafft und bei Schweizer Banken deponiert haben als den Gesamtbetrag aus mehreren Jahren Entwicklungshilfe? Wenn schon von Europa ein Signal ausgehen sollte, dann lautet dieses, dass nur demokratische Staaten, in denen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gilt, den Menschen eine echte Chance für die Verbesserung ihres Loses bieten und dass unter solchen Umständen Entwicklungshilfe wirksam und von Nutzen sein wird. Gegenwärtig ist sie es leider nicht.
Theodor Dumitru Stolojan (PPE-DE). – (RO) Ich lobe diesen Bericht, der für die neuen Mitgliedstaaten eine echte Hilfe bei der Erfüllung ihrer im Zusammenhang mit der Politik der Entwicklungszusammenarbeit eingegangenen Verpflichtungen darstellen wird.
Ich unterstütze die im Bericht enthaltenen Empfehlungen und möchte auf zwei hinweisen, erstens auf die Notwendigkeit einer Strategie zur Bildung der Bürger. Das bedeutet nicht, dass Bürgern eines Mitgliedstaates mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Bewohner von nur 38 % des EU-Durchschnitts, wie Rumänien, begreiflich gemacht werden soll, sie hätten einen Teil der Haushaltsmittel für die Entwicklung anderer Länder herzugeben, aber das ist ein grundlegender Wert der Europäischen Union, der uns leitet; und Rumänien, das in dieser Situation ein Mitgliedstaat ist, wird in dieser Richtung tätig werden.
Verweisen möchte ich ferner auf die Empfehlung zur Übermittlung positiver Erfahrungen der alten Mitgliedstaaten an die neuen Mitgliedstaaten, um solche Fehler in der Entwicklungszusammenarbeit, solche Fehler bei der Erreichung ihrer Ziele, Ineffizienz und die Eröffnung von Möglichkeiten für Korruption in den begünstigten Staaten zu vermeiden.
Ich möchte unterstreichen, welche Bedeutung der Entwicklungszusammenarbeit für die Bildung und Ausbildung von Humanressourcen zukommt. In diesem Zusammenhang hat Rumänien äußerst positive Erfahrungen gesammelt, da es Stipendien an Schüler und Studenten aus der Republik Moldau und der Südwest-Ukraine vergibt. Es besteht eine direkte Beziehung zwischen den rumänischen Universitäten und Schulen sowie den Schülern und Studenten dieser Länder.
Justas Vincas Paleckis (PSE). – (LT) Meinen Glückwunsch an die Berichterstatterin, Frau Budreikaitė, für den Bericht, dessen Ausarbeitung viel Zeit und Mühe gekostet haben dürfte. Es ist erfreulich zu hören, dass sich die neuen Mitgliedstaaten in einem solch kurzen Zeitraum von Hilfeempfängern zu Hilfegebern gewandelt haben. Doch die meisten dieser Länder – wenn nicht alle – kämpfen wohl noch um die Erreichung des Ziels, bis 2010 0,17 % des BIP für die Entwicklungshilfe bereitzustellen.
Was könnte der Grund sein? Jene Länder, die der EU im 21. Jahrhundert beigetreten sind, lähmt noch immer der Ethnozentrismus. Sie meinen, am meisten gelitten zu haben, sie mühen sich und benötigen die meiste Hilfe. Doch wenn man Teil der EU ist und sich an der Entwicklungszusammenarbeit beteiligt, dann hilft das, Engstirnigkeit zu überwinden.
In Litauen, wo Entwicklungshilfeprojekte bis vor kurzem auf Skepsis stießen, ist heute die Mehrheit der Bevölkerung davon überzeugt, dass eine solche Hilfe willkommen und notwendig ist. Die neuen Mitgliedstaaten befinden sich in der vorteilhaften Position, dass sie ihre in der Übergangsperiode gewonnenen Erfahrungen mit anderen Regionen der Welt teilen können. Wir sind mit den Schwierigkeiten vertraut, mit denen unsere engen Nachbarn in Mitteleuropa, im Kaukasus und Zentralasien zu kämpfen haben, denn wir haben in jüngster Zeit selbst ähnliche Härten erfahren.
Wir müssen jedoch den Fokus unserer Aufmerksamkeit und Hilfe noch ein wenig erweitern. Es ist ziemlich schwer, die Armut in afrikanischen und asiatischen Ländern aus der Sicht von Vilnius, Warschau, Budapest oder Bukarest zu betrachten, doch wir müssen begreifen, dass wir, wenn wir jenen helfen, die heute in Not sind, eigentlich uns selbst helfen. Jedes Land auf diesem Planeten ist mit anderen verbunden, wie bei dem Gesetz der verbundenen Gefäße. Die zunehmende Kluft zwischen den reichsten und den ärmsten Ländern sowie die unaufhaltsame Flut von Wirtschaftsmigranten untergraben das Fundament der Welt.
Neben der staatlichen Hilfe spielen die Organisationen der Zivilgesellschaft eine ganz wichtige Rolle. Der Wert der von Nichtregierungsorganisationen, Schulen und der Kirche gesammelten Gelder und Waren ist nicht sehr hoch, aber er wird hoch geschätzt.
Ryszard Czarnecki (UEN). – (PL) Herr Präsident. Mein Heimatland hat viele Jahre lang aufgrund der dort herrschenden Armut Hilfe erhalten. Heute, nach vier Jahren Mitgliedschaft in der Europäischen Union, beteiligt sich Polen stärker und aktiver an der Unterstützung von Entwicklungsländern. Kürzlich haben wir beispielsweise Angola die beträchtlichen Schulden erlassen. Außerdem investieren wir Geld in die Unterstützung der Eliten in den Entwicklungsländern, indem wir Stipendien für ein Studium in Polen zur Verfügung stellen. Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass Investitionen in Wissen und die Schaffung einer Elite mindestens ebenso wichtig sind wie karitative Maßnahmen.
Auch wenn vielleicht nicht alle von Ihnen dieser Meinung sind, sollte sich Hilfe für Entwicklungsländer nach meinem Dafürhalten nicht auf die Unterstützung afrikanischer Staaten beschränken. Ich möchte Sie daran erinnern, dass der Europäische Konsens von 2005 uns nicht verpflichtet, die Entwicklungshilfe ausschließlich auf Afrika auszurichten. Als Pole bin ich stolz darauf, dass mein Heimatland, ein neuer EU-Mitgliedstaat, den gleichen Prozentsatz seines Bruttosozialprodukts für Entwicklungshilfe aufbringt wie Griechenland, das seit 27 Jahren und Portugal, das seit 22 Jahren Mitglied der EU ist, sowie Italien als eines der Gründungsmitglieder der Gemeinschaft.
Katrin Saks (PSE). – (ET) Ich möchte der Berichterstatterin für den zeitgemäßen und ausgewogenen Bericht danken und einige Anmerkungen zu Fragen machen, die sich aus der früheren Diskussion über diesen Bericht sowie aus der heutigen Aussprache in diesem Haus ergeben haben.
Zunächst geht es mir um die Vorstellung, die Menschen in den neuen Mitgliedstaaten zeigten sich von Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe nur wenig begeistert. Meiner Ansicht nach kommt der Bewusstseinsbildung in dieser Hinsicht eine äußerst wichtige Rolle zu. Im Rahmen einer in Estland durchgeführten Studie wurde die aktuelle Haltung der Bürger mit ihrer vor drei Jahren geäußerten Meinung verglichen, wobei selbst die Zahlen von vor drei Jahren zeigen, dass sich das Bewusstsein für Entwicklungszusammenarbeit nicht nur in den Institutionen, sondern auch in der breiten Bevölkerung dermaßen verbessert hat, dass beträchtliche Haushaltsmittel bzw. eine Budgetaufstockung für die Entwicklungszusammenarbeit vorgesehen werden konnten.
Die Öffentlichkeit muss unbedingt wissen, dass die Gelder nicht in einem schwarzen Loch verschwinden, sondern in bestimmte Länder für konkrete Projekte fließen. Estlands Entwicklungszusammenarbeit beruht auf dem Grundsatz, dass Verantwortung für Entwicklung in erster Linie bei den Entwicklungsländern selbst liegt. Mit Zwang lässt sich nichts erreichen. Aus diesem Grund besitzt die enge Zusammenarbeit besondere Bedeutung. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist die Kooperation zwischen Estland und Georgien.
Darum begrüße ich Ziffer 17 des Berichts, demzufolge Budgetaufstockung und Sensibilisierungsmaßnahmen die größten Herausforderungen sein werden, vor allem für die breite Öffentlichkeit. Dazu ein Beispiel: Obgleich der 2006 von Estland für die internationale Entwicklung vorgesehene Betrag 0,09 % des BIP betrug, wird heute die Auffassung vertreten, dieser Betrag solle erhöht werden, wobei auf einen Wert von 0,17 % des BIP im Jahr 2011 gemäß dem 2006 verabschiedeten Programm für die Entwicklungszusammenarbeit orientiert wird.
Ich begrüße die Tatsache, dass die von meinen estnischen Kolleginnen und Kollegen unterbreiteten Vorschläge in der Entwurfsphase in den Bericht eingeflossen sind, was meines Erachtens eine grundlegende Änderung darstellt, denn die neuen Mitglieder sind von Hilfeempfängern zu Hilfegebern geworden. Hoffentlich wächst diese Unterstützung weiter.
Liam Aylward (UEN). – (EN) Herr Präsident! Es ist bestürzend, dass 200 Millionen Kinder in aller Welt als Kinderarbeiter bezeichnet werden können. Das ist eine völlig abzulehnende Praxis. Die internationale Gemeinschaft muss auf konzertiertere Weise tätig werden und sicherstellen, dass internationale Verhaltenskodizes zur Bekämpfung der Kinderarbeit in allen Ländern der Welt rigoros durchgesetzt werden.
Das muss jederzeit ein Schlüsselthema im Zusammenhang mit den Entwicklungshilfemaßnahmen der EU sein. Die EU muss enger mit den Vereinten Nationen, der UNICEF, der Weltbank, der Internationalen Arbeitsorganisation, Gebern und NRO zusammenarbeiten, um die richtigen Strategien durchzusetzen, damit einheitliche Gesetze in Kraft sind, die dieser unmenschlichen Praxis der Kinderarbeit Einhalt gebieten.
Erforderlich ist ein multidimensionales Herangehen, wenn überall in der Welt wirksam gegen Kinderarbeit vorgegangen werden soll. Maßnahmen des sozialen Schutzes müssen durchgesetzt werden, und andere Regeln für den Arbeitsmarkt müssen her. Kinderarbeit und Fragen der Bildung sind untrennbar miteinander verknüpft. Wird Kindern der Zugang zu Bildung verwehrt, dann werden diese leichter zur Kinderarbeit herangezogen. Die Europäische Union als der weltweit größte Geber der Entwicklungshilfe muss weiterhin couragiert daran arbeiten, dass die Millenniums-Entwicklungsziele bis 2015 erreicht werden, darunter auch die von der internationalen Gemeinschaft gesetzten Ziele hinsichtlich des Bildungszugangs für alle Kinder in der Welt.
Mieczysław Edmund Janowski (UEN). – (PL) Herr Präsident! Anderen zu helfen, wenn man selbst Hilfe braucht, ist wahrlich ein Zeichen der Solidarität. Die 12 jüngsten Mitgliedstaaten der EU beweisen dies, und das verdient Wertschätzung. Im November vergangenen Jahres habe ich mit der Ausstellung mit dem Titel „Polish aid to the world“ gezeigt, was Polen in dieser Hinsicht unternimmt. Deshalb bin ich Frau Budreikaitė für ihre umfassende Darstellung des Themas sehr dankbar.
Sinn und Zweck der Millenniumsziele, über die wir seit Jahren reden, ist es, Menschen zu helfen, die in Armut leben, darunter Millionen von unterernährten Kindern. Entwicklungshilfe sollte jedoch darin bestehen, den Menschen eine Angel in die Hand zu geben und ihnen zu zeigen, wie man angelt, statt ihnen den Fisch auf einem Teller zu servieren.
Darüber hinaus müssen wir uns um ein gerechteres Handelsregime mit den Ländern der Dritten Welt bemühen. Die Geberländer müssen großzügig Schulden erlassen und wissenschaftliche Erkenntnisse, vor allem in der Medizin, mit diesen Ländern teilen. Wir sollten Schulen und Universitäten in den betreffenden Ländern unterstützen, so dass die Absolventen durch ihre Arbeit die Bedürfnisse ihrer Landsleute befriedigen können. Wir sollten einen Beitrag zur Lösung des Problems der Trinkwasserknappheit leisten. Als Bürger der Europäischen Union stellen wir lediglich 7,5 % der Weltbevölkerung, beanspruchen aber 23 % des Bruttonationaleinkommens der Welt. Fraglos haben wir in Europa unsere eigenen Probleme, darunter auch wirtschaftliche, doch sollten wir diese nüchtern betrachten. Dem Leiden anderer, die hungern, krank sind oder keinen Zugang zu Bildung haben, die in Armut und Entbehrung oder unter lebensgefährlichen Bedingungen leben, dürfen wir nicht gleichgültig gegenüberstehen.
Reinhard Rack (PPE-DE). – Herr Präsident! Herr Kommissar, ich möchte eine Bemerkung aufgreifen, die Sie in Ihrer Einleitung gemacht haben, nämlich dass wir Entwicklungshilfe nicht nur geben sollen, sondern dass wir sie mit allgemeinen Anliegen verknüpfen können und verknüpfen sollten, nicht im Sinne einer seinerzeitigen Powerpolitik und Strings-attached-Politik, wie sie die Vereinigten Staaten, die ehemalige Sowjetunion und auch das derzeitige Russland oder China machen, sondern im Sinne unserer Anliegen: good governance, Menschenrechte, Korruptionsbekämpfung. Das sind Anliegen, die wir insgesamt – und zwar nicht nur in Bezug auf die neuen Mitgliedstaaten und deren Entwicklungshilfepolitik, sondern für uns alle – auf unsere Fahnen schreiben sollten. Vielleicht kann man diesen Gedanken aus diesem konkreten Anlass heraus noch stärker betonen.
Jan Zahradil (PPE-DE). – (CS) Herr Präsident! Natürlich ist der Bericht sehr nützlich. Die Entwicklung auf diesem Gebiet verläuft sehr dynamisch und ist dem Bericht sogar voraus. Beispielsweise widerspiegelt der Bericht nicht die Tatsache, dass einige neue Mitgliedstaaten bereits Entwicklungsorganisationen ins Leben gerufen haben.
Ich möchte jedoch über etwas anderes sprechen. Ich möchte mit dem verbreiteten Mythos aufräumen, die neuen Mitgliedstaaten hätten keine Erfahrung auf diesem Gebiet. Wir haben diese Erfahrung, wenngleich wir sie erlangten, als Europa noch gespalten war, hinter dem Eisernen Vorhang und unter einem anderen Regime, wo alles ideologisch und politisch motiviert war. Es bleibt eine Tatsache, dass wir Kraftwerke und Brauereien bauten und den Entwicklungsländern Hilfe auf dem Gebiet der Landwirtschaft leisteten. Übrigens schuldet man uns seit damals noch Geld, und einige Schulden sind recht hoch, aber das spielt heute keine Rolle mehr. Wir haben einfach das Know-how. Ich möchte, dass dieses Know-how genutzt wird. Auch möchte ich bei dieser Gelegenheit die Kommission auffordern, nicht zu denken, dass die neuen Mitgliedstaaten noch feucht hinter den Ohren seien, sondern ihr vorhandenes Wissen effektiv zu nutzen.
Miloslav Ransdorf (GUE/NGL). – (CS) Herr Präsident! Ich möchte an die Worte von Herrn Zahradil anschließen. In der Vergangenheit war die Tschechoslowakei wie alle anderen Länder des Sowjetblocks in Entwicklungsländern aktiv. Unser Land war erfolgreich an der Wirtschaftshilfe für diese Länder beteiligt, und nun können wir von diesem Potenzial zehren.
Es gibt zwar auch einige negative Aspekte, die darauf zurückzuführen sind, dass externe Wachstumsressourcen niemals die einheimischen Ressourcen ersetzen können: Volkswirtschaften, die sich in dieser Situation befinden, sind oft nicht in der Lage, sich von innen heraus zu entwickeln.
Vor einiger Zeit, eigentlich schon vor recht langer Zeit, veröffentlichte Gunnar Myrdal sein Buch „Asiatisches Drama“. In diesem Buch stellt er den nach dem Zweiten Weltkrieg zum Beispiel in Afrika spürbaren Optimismus dem in asiatischen Ländern herrschenden Pessimismus gegenüber. Heute stellt sich die Situation ganz anders dar. Viele asiatische Länder können auf ein starkes Wachstum verweisen, während Afrika nur 2 % der weltweiten Investitionen auf sich zieht und die Volkswirtschaften in vielen Ländern dieses Kontinents sich in einer ernsten Notlage befinden.
Da gibt es auch den Zusammenhang mit dem Verhalten der Führungseliten in diesen beiden Regionen, die in scharfem Kontrast zueinander stehen. Eine französische Studie vergleicht das Verhalten dieser Eliten und weist nach, dass die Elite in Asien in die Wirtschaft investierte, während die afrikanische Elite Ressourcen anhäufte, die auf ihrem Territorium geschaffen worden waren und die sie ins Ausland schaffte.
Louis Michel, Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Lassen Sie mich zunächst allen Rednern für das sehr hohe Niveau und die Sachkunde ihrer Redebeiträge danken, die in allen Punkten meine eigenen Besorgnisse widerspiegeln. Zunächst möchte ich auch dem slowenischen Vorsitz danken, der eine bemerkenswert frische Herangehensweise gezeigt hat, der die Überlegungen zur Entwicklungspolitik in den neuen Mitgliedstaaten fördert und aktiviert und der bislang zwei äußerst produktive Meetings zur Aussprache über diese Fragen organisiert hat.
Was die Bemerkungen angeht, die zum Umfang der Hilfe gemacht worden sind – das heißt den Finanzbedarf – so verstehe ich vollkommen das Problem der neuen Mitgliedstaaten. Ich möchte Sie jedoch daran erinnern – Sie haben es ja bereits allgemein gesagt –, dass es mannigfaltige Alternativen der Beteiligung und Nutzung von Transfers von Fachwissen mit geringen Kosten gibt. So sprach beispielsweise eine Rednerin über Kooperationsprojekte im Bildungssektor. Es ist klar, dass die Bereitstellung beispielsweise von Ausbildern oder Lehrern für afrikanische Länder relativ wenig kostet, zugleich aber natürlich einen äußerst wichtigen Beitrag für die Länder darstellt.
Ich denke, dass die hier angeregte unterschwellige Frage, ob die neuen Mitgliedstaaten nicht besser in ihre eigene Nachbarschaft investieren sollten – Nachbarschaft ist vielleicht nicht das beste Wort und ich kann noch ein besseres suchen – anstatt in Afrika, die falsche Debatte ist. Ich verstehe vollkommen, dass Investitionen in die Nachbarschaft natürlich attraktiver und leichter zu begründen sind und dass sie sowohl die öffentliche Meinung in Ihren Ländern als auch potenzielle Partner in der Entwicklungspolitik mehr ansprechen. Doch das eine schließt das andere nicht aus, und der pädagogische Wert für die Jugend einer Nation, die beschließt, beispielsweise Afrika zu helfen und sich Afrika gegenüber zu öffnen, ist außerordentlich groß. Damit werden Werte vermittelt, die sowohl europäische im tiefsten Sinne als auch allgemein gültige Werte sind. Lassen Sie mich weiter sagen, dass wenn ich dafür plädiere, dass die neuen Mitgliedstaaten sich in Afrika engagieren – das wurde bereits gesagt –, so deshalb, weil einige Ihrer Länder bereits Erfahrungen in Afrika gemacht haben und dass diese Erfahrungen im Allgemeinen recht positive Spuren hinterlassen haben, insbesondere beim Aufbau bestimmter Staaten, bestimmter staatlicher Behörden, wo echtes Fachwissen weiterhin präsent ist.
Zweitens möchte ich sagen, meine Damen und Herren, dass Afrika in Bezug auf die Millenniumsziele im Verzug ist. Die Millenniumsziele werden in allen Entwicklungsländern erreicht werden außer in Afrika. Ich erlaube mir also zu sagen, dass es Teil unserer Verantwortung oder unserer Mitverantwortung ist, die Investitionen in Afrika nicht zu verringern, und ich möchte noch einmal unterstreichen, indem ich auf eine meiner Vorrednerinnen verweise, dass Investitionen durch Austausch von Fachwissen gefördert werden müssen. Es ist klar, dass die Förderung oder Anregung unserer Universitäten, unserer Schulen, unserer Gemeinden und unserer lokalen Behörden, sich im Austausch mit den Entwicklungsländern zu engagieren, effektive Wege mit relativ geringem Kostenaufwand sind. Ich muss auch sagen, dass ich durchaus bereit bin, Vertreter der so genannten neuen Mitgliedstaaten einzuladen, mich bei einigen meiner Reisen zu begleiten. Ich halte es für ungeheuer wichtig, dass sie mit eigenen Augen sehen, wie groß die Herausforderungen sind, aber auch, mit welch wirklich dramatischen Situationen bestimmte Länder und bestimmte Völker konfrontiert sind.
Ich möchte das Schwergewicht auf einen Aspekt legen, der ein großes Potenzial für Wertzuwachs bietet – der möglicherweise größer ist als wir es in einigen unserer eigenen Länder haben, wie dargelegt worden ist –, nämlich alles, was die Governance betrifft. Was meinen wir denn überhaupt mit Governance? Governance ist die Fähigkeit eines Staates, seine großen hoheitlichen Aufgaben abzusichern und seinem Volk ein Minimum an grundlegenden Sozialleistungen zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, dass Sie in Bezug auf Governance enorm viel beitragen können: das heißt, alles was mit dem Aufbau eines Staates zu tun hat, und – um etwas zu unterstreichen, was, glaube ich, von Herrn Lambsdorff gesagt wurde – alles, was mit dem Weg von einer Reformperiode zum Aufbau eines Staates oder endgültigerer Strukturen zu tun hat. Ich denke an die Einnahme von Steuern, an die Schaffung von bürgernahen Verwaltungen, an das Subsidiaritätsprinzip, an die Dezentralisierung. Alle diese Bereiche sind selbstverständlich von grundlegender Bedeutung für den Aufbau von Staaten, die wirklich im Dienste ihres Volkes stehen, und Sie können dabei natürlich eine wichtige Rolle spielen.
Ich denke, dass es nützlich wäre – und das ist ein Vorschlag, den ich machen würde –, die zwölf so genannten neuen Mitgliedstaaten aufzufordern, ab der Programmplanung des 10. Europäischen Entwicklungsfonds mit der Kommission zusammenzuarbeiten. Derzeit haben wir die Programmplanung für den 10. Europäischen Entwicklungsfonds mehr oder weniger abgeschlossen. Und es wäre eine lohnende Aufgabe, die neuen Mitgliedstaaten hinzuzuziehen, um mit ihnen Land für Land festzustellen, wie sie sich ihrer Meinung nach am besten einbringen könnten. Wir können sie zum Beispiel auffordern, in den Bereichen Justiz, Verwaltung, Bildung Schulungen durchzuführen, wo sie bestimmte Fachleute zur Verfügung stellen könnten. Einige der neuen Länder verfügen beispielsweise über Erfahrungen im Bereich e-Government; und diese Art von Fachwissen ist in bestimmten afrikanischen Ländern sehr gefragt. Deshalb mache ich diesen Vorschlag. Ich denke, dass es wichtig war, diese Aussprache zu führen, und ich bin mir bewusst, dass es einige nützliche Wege gibt, die verfolgt werden müssen. Daher würde ich vorschlagen, dass wir, wenn wir wirklich effektiv sein und die Dinge voranbringen wollen, sehr bald eine Besprechung mit den Vertretern dieser zwölf Länder planen und die Themen aktiv ansprechen sollten, damit wir in den nächsten Wochen wirklich zur Aufstellung gemeinsamer Pläne gelangen. Ich glaube, dass dies eine Chance ist, die wir nicht verstreichen lassen sollten.
Letzter Fakt: Sie haben von Konditionalität gesprochen. Ich kann diesen Gesichtspunkt vollkommen verstehen. Alles was mit Werten, den Menschenrechten, der Achtung der Menschenrechte, mit der Korruptionsbekämpfung zu tun hat, ist natürlich wichtig, dem stimme ich zu, aber in einigen Fällen kann es sehr schwierig, sogar kontraproduktiv sein, Entwicklungshilfe mit der strikten Einhaltung dieser Art von Werten, die uns zweifellos viel bedeuten, zu verknüpfen. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Auferlegung einer wertbezogenen Verknüpfung oder Bedingung in Ländern, in denen diese Forderung nicht eingehalten wird, in erster Linie den einfachen Menschen dieser Länder schadet. Und unsere Reaktion auf dieses Problem in Ländern, in denen die good governance nicht eingehalten wird, besteht in der Zusammenarbeit mit speziellen Operatoren, entweder mit indirekten lokalen Operatoren, NRO oder Vertretern der Vereinten Nationen. Wir gewähren nur den Ländern Budgethilfe, die ein Mindestniveau an good governance gewährleisten können. Ich denke also, dass wir uns in Bezug auf diese Herangehensweise einig sind. Was diese Werte angeht, so vermitteln wir sie ja ständig. Wir versuchen stets, diese Werte durch den politischen Dialog zu fördern, sie voranzubringen. Aber eine strikte Konditionalität ist schwer zu praktizieren, wenn wir der Bevölkerung wirklich helfen wollen, und das ist schließlich das Hauptziel.
Danutė Budreikaitė, Berichterstatterin. – (LT) Meinen aufrichtigen Dank an alle, die sich an der Diskussion beteiligt und meinen Bericht unterstützt haben. Ich möchte auch allen Mitgliedern des Entwicklungsausschusses dafür danken, dass sie einhellig für ihn gestimmt haben.
Ich möchte mehrere Fragen ansprechen. Die ‚neuen Mitgliedstaaten‘ – die Bezeichnung ist eigentlich irgendwie abhängig von einer anderen; aber so ist es leichter, zwischen den ‚alten‘ Mitgliedstaaten und jenen zu unterscheiden, die nach zwei Erweiterungsrunden der EU beigetreten sind. Der Name unterstellt, dass sie einen besonderen historischen Hintergrund haben und vielleicht ärmer sind als die alten Länder.
Ich möchte die Erfahrung der Politik der Entwicklungszusammenarbeit erwähnen. Diese Politik wurde erstmals 1958 angewendet. Mitteleuropäische Länder – die Tschechische Republik, die Slowakei und andere – haben mehr Erfahrungen mit der Teilnahme an der Entwicklungszusammenarbeit. Die Beteiligung der baltischen Staaten war viel stärker eingeschränkt. Dennoch, mein Land ist zurzeit in die ozeanologische Hilfe für Mauritius, ein afrikanisches Land, eingebunden. Der Fortschritt ist augenfällig. Warum hebe ich die ‚östliche‘ Dimension, die ‚östlichen Länder‘ hervor? Sie sind nun einmal für uns ganz wichtige Nachbarn. Es hat keinen Sinn, die Nachbarschaftspolitik und die Politik der Entwicklungszusammenarbeit voneinander abzugrenzen oder die Politiker ihre Details beraten zu lassen. Diese Begriffe sind miteinander verflochten. In Belarus, unserem Nachbarn, überleben einige Menschen mit weniger als zwei Dollar pro Tag. Zu welcher Gruppe von Ländern gehört dieses Land also? Diese Länder sind auch rückständig und bitten um Hilfe, bestehen darauf, dass ihnen Hilfe zuteil wird. Wir alle wollen, dass unsere Nachbarn eine gute Lebensqualität haben. Darum verfolgen wir offenbar auch die gleichen globalen Ziele.
Wir helfen afrikanischen Ländern bei der Bekämpfung der Armut, bei der Verringerung des Ausmaßes der Migration, bei der Verbesserung ihrer Lebensqualität, bei der Ankurbelung ihrer Wirtschaft, wir versetzen sie in die Lage, Krankheiten zu bekämpfen und unabhängig zu werden. Indem wir unseren Nachbarländern helfen, die Armut zu bekämpfen, indem wir ihnen eine helfende Hand reichen, wann immer wir es können und wo wir einschlägige Erfahrungen besitzen, tragen wir zur Stabilisierung in ganz Europa und in der Balkanregion bei. Ich danke Ihnen für die Teilnahme an der Diskussion und für Ihre Unterstützung.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet heute um 12.00 Uhr statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Theodor Dumitru Stolojan (PPE-DE). – (RO) Ich lobe diesen Bericht, der für die neuen Mitgliedstaaten eine echte Hilfe bei der Erfüllung ihrer im Zusammenhang mit der Politik der Entwicklungszusammenarbeit eingegangenen Verpflichtungen darstellen wird.
Ich unterstütze die im Bericht enthaltenen Empfehlungen und möchte auf zwei hinweisen, erstens auf die Notwendigkeit einer Strategie zur Bildung der Bürger. Das bedeutet nicht, dass Bürgern eines Mitgliedstaats mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Bewohner von nur 38 % des EU-Durchschnitts, wie Rumänien, begreiflich gemacht werden soll, sie hätten einen Teil der Haushaltsmittel für die Entwicklung anderer Länder herzugeben, aber das ist ein grundlegender Wert der Europäischen Union, der uns leitet; und Rumänien, das in dieser Situation ein Mitgliedstaat ist, wird in dieser Richtung tätig werden.
Verweisen möchte ich ferner auf die Empfehlung zur Übermittlung positiver Erfahrungen der alten Mitgliedstaaten an die neuen Mitgliedstaaten, um solche Fehler in der Entwicklungszusammenarbeit, solche Fehler bei der Erreichung ihrer Ziele, Ineffizienz und die Eröffnung von Möglichkeiten für Korruption in den begünstigten Staaten zu vermeiden.
Ich möchte unterstreichen, welche Bedeutung der Entwicklungszusammenarbeit für die Bildung und Ausbildung von Humanressourcen zukommt. In diesem Zusammenhang hat Rumänien äußerst positive Erfahrungen gesammelt, da es Stipendien an Schüler und Studenten aus der Republik Moldau und der Südwest-Ukraine vergibt. Es besteht eine direkte Beziehung zwischen den rumänischen Universitäten und Schulen sowie den Schülern und Studenten dieser Länder.
VORSITZ: MIGUEL ANGEL MARTÍNEZ MARTÍNEZ Vizepräsident
3. Gleichstellung und Teilhabe – die Rolle der Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit (Aussprache)
Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Feleknas Uca im Namen des Entwicklungsausschusses über das Thema „Gleichstellung und Teilhabe – die Rolle der Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit“ (2007/2182(INI)) (A6-0035/2008).
Feleknas Uca, Berichterstatterin. − Herr Präsident, Herr Kommissar, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor fünf Tagen wurde zum hundertsten Mal der Internationale Frauentag gefeiert. Vieles ist erreicht worden, von Chancengleichheit in den ärmsten Ländern dieser Welt kann jedoch keine Rede sein. Menschenrechte von Frauen und Mädchen sind noch lange kein unveräußerlicher, integraler und untrennbarer Bestandteil der allgemeinen Menschenrechte, wie es die Wiener Erklärung der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1993 fordert.
In meinem Bericht habe ich mich intensiv mit der Situation von Frauen und Mädchen in Entwicklungsländern beschäftigt, und ich habe mich auch damit befasst, wie die europäische Entwicklungszusammenarbeit die Lebenssituation dieser Frauen verbessern kann. Lassen Sie mich kurz ein paar Zahlen und Fakten nennen.
Zwei Drittel aller Analphabeten weltweit sind Frauen. Mehr als 40 % der Frauen in Afrika haben keine Grundschule besucht. In Afrika machen Frauen 52 % der Gesamtbevölkerung aus, leisten jedoch 75 % der Arbeit in der Landwirtschaft und erzeugen und vermarkten 60-80 % der Nahrungsmittel.
In der aktualisierten Strategie der Kommission zur Gleichstellung und Teilhabe von Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit werden wichtige Bereiche angesprochen und konkrete Maßnahmen für die Förderung der Gleichstellung vorgeschlagen. Der doppelte Ansatz der Strategie, sowohl Gender Mainstreaming effizienter zu gestalten, als auch gesonderte Maßnahmen zur Vorantreibung der Gleichstellung vorzuschlagen, ist begrüßenswert. Auch möchte ich die 41 konkreten Maßnahmen aus den Bereichen Governance, Beschäftigung, Wirtschaft, Bildung, Gesundheit sowie Gewalt gegen Frauen lobend hervorheben. Dennoch habe ich in meinem Bericht Kritik an einigen Punkten geäußert. Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz auf die wichtigsten dieser Punkte eingehen.
In Bezug auf die Bekämpfung traditionell bedingter Gewalt bin ich der Ansicht, diese sollte im Mittelpunkt der Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen stehen. Zweitens bin ich doch sehr befremdet darüber, dass die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen in der Strategie unerwähnt bleiben. An keiner Stelle wird vom Zusammenhang zwischen der Stärkung der Rolle der Frau und den Wirtschaftsabkommen zwischen der EU und den AKP-Ländern gesprochen. Was die spezifische Situation von Frauen in Konflikten angeht, so bedaure ich, dass die Strategie nicht auf die besondere Rolle von Frauen in so genannten schwachen Staaten und in den am wenigsten entwickelten Ländern eingeht. Besonderes Augenmerk sollte auch auf die reproduktive Gesundheit und die sexuellen Rechte von Frauen in Entwicklungsländern gelegt werden.
Ich bedaure sehr, dass sich die meisten Änderungsanträge wieder einmal nur damit beschäftigen, Passagen aus dem Bericht zu streichen, welche das Recht der Frauen fordern, über ihren Körper und ihr Leben frei und unabhängig zu bestimmen. Ich möchte nicht unbescheiden sein, aber mein Bericht sollte nicht auf dieses Thema reduziert werden. In diesem Zusammenhang begrüße ich die Vorschläge von Frau Buitenweg im Namen der Fraktion der Grünen. Vielen Dank für Ihre wichtigen Beiträge.
Zur reproduktiven Gesundheit möchte ich an dieser Stelle nur Folgendes sagen: Jede Frau hat das Recht darauf, unabhängig und in Freiheit über ihren Körper und ihr Leben zu entscheiden. Der uneingeschränkte Zugang der Frauen zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit ist eine Voraussetzung für die Gleichstellung der Geschlechter. Solange Frauen dieser Zugang verwehrt bleibt, sind es andere, die über Leib und Leben der Frauen bestimmen. Das, verehrte Anwesende, kann niemand wollen, dem die humanistische Tradition Europas, unsere gemeinsamen Werte und die Achtung der Menschenrechte am Herzen liegen!
(Beifall)
Louis Michel, Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst, die Berichterstatterin zu diesem äußerst umfassenden Bericht zu einem übergreifenden Thema von großer Bedeutung zu beglückwünschen. In der Tat sind eine größere Beteiligung der Frauen in der Wirtschaft und eine gerechte Teilung der Macht zwischen Mann und Frau wesentliche Voraussetzungen für die Entwicklung. Wenn wir die Gleichstellung von Männern und Frauen nicht gewährleisten können, werden wir weder je die Millenniumsziele noch ein dauerhaftes wirtschaftliches Wachstum erreichen.
Warum machen im subsaharischen Afrika Frauen nur 34 % der regulär beschäftigten Arbeitnehmer aus? Warum stellt das Einkommen dieser Frauen nur 10 % des Gesamteinkommens dar und warum besitzen sie nur 1 % des Eigentums? Das sind natürlich äußerst wichtige Fragen. Und warum sind, wie es Ihr Bericht sagt: 70 % der 1,3 Milliarden Menschen, die in absoluter Armut leben, Frauen? Was hier veranschaulicht wird, ist also eine sehr spezielle Tragödie, die damit zusammenhängt, Frau zu sein. Leider gibt es zu viele Fragen dieser Art, die wir beantworten müssen. Selbst in Europa, sogar in den nationalen Parlamenten unserer Mitgliedstaaten, wo der Anteil der Frauen recht hoch ist, gibt es keine Garantie, dass die Prioritäten der Frau immer auf der Tagesordnung stehen.
Was unsere Politik gegenüber unseren Partnerländern angeht, so erkennen wir die Notwendigkeit, einen äußerst intensiven politischen Dialog zu führen. Ich kann Ihnen sagen, dass der Dialog über die Gleichstellung der Geschlechter nicht immer einfach ist, es kann dabei beispielsweise darum gehen, die Erarbeitung von geschlechtsspezifischen Statistiken zu unterstützen oder im Rahmen der Haushaltspolitik eine größere Aufmerksamkeit für die sozialen Bereiche zu fordern, da vielfach Bildung oder Gesundheit nicht als echte Prioritäten angesehen werden, obwohl bekanntlich Bildung und Gesundheit von Frauen Schlüsselbereiche für die Entwicklung darstellen.
All dies steht im Mittelpunkt der Mitteilung zur Gleichstellung der Geschlechter in der Entwicklungszusammenarbeit, die die Europäische Kommission am 8. März 2007 verabschiedet hat. Diese Politik stellt eine Antwort auf die im Europäischen Konsens zur Entwicklung festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter in allen unseren Politiken und Praktiken zur Zusammenarbeit dar. Anliegen dieser Mitteilung ist es, eine europäische Vision zu entwickeln und eine dauerhafte Unterstützung für die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in allen Regionen und allen Entwicklungsländern anzubieten.
Die Mitteilung dient auch als Leitlinie in Bezug auf die neuen Hilfsmodalitäten, namentlich die Budgethilfe. Im Gegensatz zu den in Ihrem Bericht formulierten Kritiken bin ich der Ansicht, dass die Budgethilfe neue Möglichkeiten bietet, um die Gleichstellung von Mann und Frau effektiv zu unterstützen. Warum? Ich hatte bereits häufig Gelegenheit, die Gründe zu schildern, aus denen ich im Rahmen des Möglichen die Budgethilfe befürwortet habe. Die Budgethilfe gibt uns einen unvergleichlich stärkeren Hebel im politischen Dialog mit den Behörden des Partnerlandes in die Hand. Sie bietet uns die Möglichkeit, beispielsweise über die politischen Optionen und unter anderem auch über die Notwendigkeit der besseren Entwicklung des Potenzials von Frauen in der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung eines Landes zu diskutieren. Außerdem stützen wir in diesem Fall unsere Unterstützung auf die Überprüfung von greifbaren Ergebnissen, die anhand von Indikatoren vorgelegt oder aufgedeckt wurden, die stets geschlechtsspezifisch sind und somit eindeutig die geschlechtsbezogenen Lücken dort aufzeigen, wo es sie gibt. Die Ziele, an denen die Ergebnisse eines Landes gemessen werden, sind auf die Millenniumsziele ausgerichtet, und sie sind zu einem großen Teil sehr wichtig für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Frauen. Sie umfassen, um nur einige davon zu nennen, die Erhöhung der Einschulungsquote der Mädchen oder zum Beispiel der Zahl der pränatalen Beratungen. Die Fortschritte eines Landes, um solche Ziele zu erreichen, sind die Grundlage, auf der die Europäische Kommission ihre variablen Tranchen an Budgethilfe zahlt.
Im Verlaufe dieser Diskussion hat einer der Redner die Konditionalität angesprochen. Wenn Sie Budgethilfe leisten, haben Sie natürlich die Möglichkeit, auf gewisse Weise den Partner zu verpflichten, Kriterien einzuhalten und eine gewisse Konditionalität zu beachten. Der positive Einfluss ist deutlich stärker als ohne den Mechanismus der Budgethilfe. Ich bin auf alle Fälle bereit, diese Aussprache in anderen Formen fortzusetzen. Aber auf der Grundlage meiner heutigen Erfahrung bin ich zutiefst davon überzeugt, dass Budgethilfe – wo sie möglich ist – offensichtlich ein viel effektiverer Weg ist.
Langezeit haben wir einen doppelten Ansatz verfolgt. Zum einen binden wir die Gleichstellung der Geschlechter in alle unsere Politiken und Aktionen ein, auch als Teil der Budgethilfe und im politischen Dialog mit unseren Partnern. Das macht es unter anderem erforderlich, unsere Kollegen in den Delegationen in Fragen der Geschlechterproblematik zu schulen. So haben seit 2004 mehr als eintausend Kollegen eine spezielle „Geschlechter“-Schulung erhalten, und wir haben jetzt einen „Gender-Helpdesk“ eingerichtet, um diese Schulung in der Zukunft weiterzuführen. Zum anderen finanzieren wir spezielle Aktionen zugunsten der Gleichstellung von Mann und Frau.
Solche Aktionen gehören zu bestimmten nationalen Richtprogrammen, aber was noch wichtiger ist, es gibt auch thematische Programme, die die Zusammenarbeit auf geografischer Grundlage ergänzen. So umfassen die Programme „Investition in Humanressourcen“ und „Menschenrechte und Demokratie“ spezielle Elemente für die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter. Das Programm „Investition in Humanressourcen“ verfügt für geschlechtsbezogene Aktionen im Zeitraum 2007-2013 über 57 Millionen Euro: das ist ein durchschnittlicher Jahresbetrag, der rund das Dreifache dessen beträgt, was wir bis 2006 ausgegeben haben. Natürlich ist die Gleichstellung der Geschlechter auch in andere thematische Programme eingebunden, seien es Bildungs-, Gesundheits-, Agrarprogramme oder das Umwelt- oder Kulturprogramm.
Wenngleich noch ein sehr weiter Weg vor uns liegt, bin ich doch davon überzeugt, dass wir mit einem gemeinsamen Engagement zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in Zusammenarbeit vor allem mit den Frauen der Entwicklungsländer in der Lage sein werden, die Armut zu bekämpfen und gerechtere Gesellschaften aufzubauen.
Gabriela Creţu, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. − (RO) Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sehe, der Bericht hat bereits Reaktionen hervorgerufen. Wir hoffen, das beweist seine politische Relevanz.
Die Mitteilung der Kommission war eine sehr gute Prämisse, und das Parlament hat nützliche Einzelheiten hinzugefügt. Ich möchte nur das zugrunde liegende Prinzip erläutern. Das Ziel war klar, wir unterstützen die Rolle der Frau in der Entwicklungszusammenarbeit. Neben den Argumenten zur Gleichstellung gibt es ausreichend Beweise dafür, dass Frauen eine gute Investition darstellen, da sie ausgezeichnete Multiplikatorinnen von Ergebnissen sind.
Doch wie gelangen wir zu einer maximalen Effizienz bei der Erreichung des Ziels? Wir hätten von den begünstigten Staaten strenge Kriterien zur Stärkung der Position der Frau fordern können. Tatsächlich existieren solche Kriterien bereits. Wir können allerdings auch schwache Reaktionen, Mangel an Expertise und administrativer Fähigkeit, formelle Verpflichtungen in den strategischen Entwicklungsplänen und mangelnde Umsetzung solcher Verpflichtungen erwarten. Die Nichteinhaltung von Verpflichtungen kann zur Kürzung oder Einstellung der Hilfe führen. Das hätte eine negative Auswirkung auf die Endbegünstigten, und die Frauen würden am Ende für die Inkompetenz von Regierungen bezahlen. Das wollen wir nicht.
Unter diesen Bedingungen haben wir uns entschieden, auf der Erfüllung der Anforderungen zu bestehen, die wir kontrollieren und wofür wir die Aktionsmittel haben. Aus diesem Grund ersuchen wir die Kommission und die Mitgliedstaaten, die Konsistenz zwischen anderen Gemeinschaftspolitiken und der Entwicklungspolitik zu sichern. Sonst könnten gewisse Aspekte der einheimischen Handelspolitik oder der Gemeinsamen Agrarpolitik unsere Ziele auf negative Weise beeinträchtigen.
Angesichts der erheblichen Differenzen in der Geschlechterfrage in der Politik der Mitgliedstaaten sind wir davon überzeugt, dass die Ausarbeitung der Roadmap der Europäischen Kommission zur Gleichstellung der Geschlechter innerhalb der Union eine Voraussetzung für einen echten und effizienten Einsatz von Frauen bei der Gestaltung der Entwicklungszusammenarbeit bildet, die eine Politik ist, die vorrangig von den Mitgliedstaaten geleitet wird. Die neuen Mittel zur Gewährung von Unterstützung haben die Aufmerksamkeit gegenüber Frauen anscheinend abnehmen lassen.
Wir fordern eine Bewertung ihrer Folgen für die Gleichstellung und entsprechende Korrekturmaßnahmen entsprechend der Verantwortung gegenüber den europäischen Bürgerinnen und Bürgern für die Transparenz der Fondsverwendung.
Anna Záborská, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (SK) Die Ausarbeitung des Berichts über die Gleichstellung der Geschlechter und die Teilhabe von Frauen konnte nicht leicht sein, wie sein Umfang zeigt.
Ich stimme zwar nicht mit allem im Bericht unserer Kollegin Uca überein, doch möchte ich sie zu ihrer Konsequenz und zur Genauigkeit ihres Herangehens an dieses Thema beglückwünschen. Bei der Diskussion über diese Frage sollten wir unsere Unterstützung für die Würde der Frau und ihre Rolle für das Gemeinwohl in der Gesellschaft hervorheben.
In Entwicklungsländern (aber nicht nur dort) leiden viele Frauen unter Diskriminierung und Gewalt, oft arbeiten sie unter schlechten Bedingungen und für niedrige Löhne, es mangelt ihnen an gesundheitlicher Betreuung, ihr Arbeitstag ist zu lang, und sie sind Demütigungen und körperlicher Misshandlung ausgesetzt. Das ist der Grund für eine ungenügende Entwicklung. Alle diese Faktoren haben auch einen Einfluss auf die Qualität ihres Familienlebens. Ein Aufschwung in der Entwicklung und die Verbesserung der Gleichberechtigung, um im 21. Jahrhundert den Frieden zu fördern: Das sind die konkreten Schritte, die, wenn wir sie gehen, zur Verbesserung der Situation beitragen können. Wir müssen die gegen Frauen und Mädchen häufig verübte sexuelle Gewalt bei jeder sich bietenden Gelegenheit immer wieder und kompromisslos verurteilen. Wir müssen die Entwicklungsländer zur Verabschiedung von Gesetzen ermutigen, die den Frauen einen wirksamen Schutz bieten.
Im Namen der Achtung gegenüber jedem Individuum müssen wir auch eine ganz weit verbreitete Quasi-Kultur verurteilen, die zu systematischer sexueller Ausbeutung und zur Vernichtung der Würde selbst ganz junger Mädchen führt, indem diese gezwungen werden, ihren Körper feilzubieten, und so zu den in der Sexindustrie eingestrichenen Milliardengewinnen beitragen. Leider kommen ihre Kunden zumeist aus den zivilisierten Teilen der Welt, auch aus der Europäischen Union. Frauen in Gebieten mit militärischen Konflikten sind Opfer systematischer Vergewaltigung zu politischen Zwecken.
Ich bin dankbar, dass es Frauenbewegungen gibt, die an der Förderung der Würde der Frauen arbeiten. Wenn wir das Problem der Hilfe für Frauen in Entwicklungsländern betrachten, dürfen wir nicht vergessen, dass es neben der Finanzhilfe aus Entwicklungsfonds ein wirksames Netz religiöser und karitativer Organisationen gibt. Diese Initiative hat viele Jahre lang über Parallelprogramme und informelle Mikrokredite für die Armen die Unterstützung lokaler Kirchen genossen. Es ist sehr ermutigend zu sehen, dass die geduldige, ehrliche und harte Arbeit armer Frauen auf diese Weise gewürdigt wird. Auch das verdient Unterstützung, indem die Strukturen erneuert werden, die dazu beitragen, den Erfolg neuer Initiativen auszuweiten.
Den Frauen müssen Chancengleichheit, ein fairer Lohn, Gleichheit beim beruflichen Aufstieg, gleichberechtigter Zugang zu Bildung auf allen Ebenen, Zugang zur gesundheitlichen Betreuung und Gleichberechtigung in Familienangelegenheiten gewährt werden. Die Beschäftigung der Frauen mit der Politik verlangt Mut, doch wenn Frauen in Entwicklungsländern Fortschritte machen, bedeutet das Fortschritt für uns alle.
Anne Van Lancker, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Im Namen meiner Fraktion möchte ich unsere nachdrückliche Unterstützung des Berichts von Frau Uca zum Ausdruck bringen und dem Kommissar zu dieser Strategie zur Förderung der Geschlechtergleichstellung gratulieren. Praktisch alle Länder haben die Millenniums-Entwicklungsziele vor acht Jahren unterschrieben. Die Hälfte der Zeit ist bereits verstrichen, und allem Anschein nach werden die Ziele in Afrika größtenteils nicht erreicht werden.
Frauen spielen bei der Armutsbekämpfung eine unverzichtbare Rolle, jedoch der gleichberechtigte Zugang zu Bildung, Gesundheitsfürsorge, Beschäftigung bzw. Grund und Boden bleibt ihnen verwehrt. Sie haben einen niedrigen sozialen Status, und Gewalt gegen Frauen ist weit verbreitet. Gleichzeitig werden in den meisten strategischen Programmen unserer Partnerländer Frauen gänzlich ignoriert. Deshalb muss die geschlechtsspezifische Dimension im Mittelpunkt des politischen Dialogs mit den Partnerländern stehen und müssen Frauenorganisationen in die Politikgestaltung einbezogen werden.
Ich halte es für unerhört, dass Kollegen der PPE- und der UEN-Fraktion die klare Sprache über sexuelle und reproduktive Gesundheit in dem Bericht streichen möchten. Wenn Frauen nämlich über ihren Körper selbst bestimmen und selbst entscheiden können, ob sie Kinder haben wollen, werden damit nicht nur Millionen Frauenleben gerettet, sondern werden auch Kindern größere Chancen geboten und die Gemeinschaften stärker. Wer dies in Abrede stellt, unterläuft damit den 1994 von der internationalen Gemeinschaft unterschriebenen Konsens zu Bevölkerung und Entwicklung, und das werden wir nicht zulassen.
Noch ein letztes Wort: Ich befürworte uneingeschränkt die Forderung der Fraktion der Grünen nach einem Europäischen Beauftragten für Frauenrechte. Ein Frauenbeauftragter wird den Frauen der Welt Gesicht und Stimme in Europa verleihen und gegebenenfalls die europäischen Regierungen sowie gelegentlich die Mitglieder der Kommission an die von ihnen abgegebenen Zusicherungen erinnern.
Renate Weber, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Die Gleichstellung und die Teilhabe der Frau stellen Werte und Prinzipien dar, die wir in der Europäischen Union alle preisen. Als solche müssen sie im Rahmen der bestehenden Zusammenarbeit entschieden mit den Entwicklungsländern geteilt werden. Wir alle tragen eine ungeheure Verantwortung in unserer Hinwendung zu ihnen, denn ein Zur-Schau-Stellen von doppelten Standards würde uns moralisch ins Abseits stellen, und wir verlören gewiss an Glaubwürdigkeit. Ich gehe jetzt konkret auf die für die heutige Abstimmung eingereichten Änderungsanträge ein; es sind dieselben Anträge, die der Entwicklungsausschuss abgelehnt hat.
Ich fürchte, wir laufen Gefahr, unterschiedliche Maßstäbe anzuwenden, wenn wir diese Werte einerseits gegenüber unseren Entwicklungspartnern äußern und sie andererseits innerhalb der Europäischen Union anwenden. Wir können es uns nicht leisten, Hinweise auf die Rechte zur Reproduktion von diesem Bericht auszunehmen, denn das ist ein Kernthema, wenn wir die Förderung der Rechte der Frau und ihrer Teilhabe zum Schwerpunkt machen.
Wie der Bericht richtig hervorhebt, ist der umfassende Genuss der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte der Frau eine Voraussetzung zur Erreichung der Gleichstellung. Der Schutz der reproduktiven Rechte wie Familienplanung hinsichtlich des Zeitpunkts der Geburt und der Geburtenabstände sowie die Entscheidung über eine Reproduktion, die frei von Diskriminierung, Zwang und Gewalt ist, geben den Frauen die Freiheit zu umfassender und gleichberechtigter Teilhabe in der Gesellschaft.
Wir können in der Zusammenarbeit mit unseren Partnern nicht auf halbem Wege stehen bleiben und gleichzeitig behaupten, unser Ziel sei es, gesündere und stärkere Frauen zu haben, die in der Lage sind, aktiv und gleichberechtigt an der Gesellschaft teilzuhaben. Bitte verzeihen Sie meine harten Worte, aber für mich ist das bloße Heuchelei. Wir werden diese Ziele nicht erreichen, wenn wir von Anfang an Kernfragen ausschließen oder einen anderen Eindruck von unseren Prinzipien vermitteln, einen anderen, als wir ihn zu Hause geben.
In der heutigen Welt ist die Förderung der Gleichstellung und der Teilhabe der Frau in den Entwicklungsländern keine leichte Aufgabe. Die Erreichung dieser Ziele verlangt echtes Engagement und Handeln, und vor allem verlangt sie Vertrauen in unsere Beziehungen zu den Entwicklungsländern.
Margrete Auken, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (DA) Herr Präsident, 750 Millionen Frauen leben in Armut, und diese Frauen kämpfen sowohl um ihr eigenes Überleben als auch um das Überleben ihrer Familien. Die Rolle der Frauen ist unschätzbar, doch werden ihre Fähigkeiten und ihr Potenzial nicht gewürdigt. Ihr Zugang zu Bildung, Arbeit und Vermögen ist stark eingeschränkt. Es sollte zu den vordringlichsten Aufgaben der EU gehören zu sichern, dass Frauen im Zentrum der Entwicklungsarbeit stehen, sofern die EU daran beteiligt ist. Wie die Dinge stehen, laufen unsere Maßnahmen oft darauf hinaus, dass der ohnehin geringe Status der Frau noch weiter abnimmt, und aus diesem Grund freue ich mich sehr über den Bericht von Frau Uca.
Man darf diesen Bericht nicht verwässern, wie es viele Abgeordnete der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten und der Fraktion Union für das Europa der Nationen mit ihren Änderungsanträgen zu tun versuchen, mit denen sie alles, was über sexuelle und reproduktive Rechte der Frauen geschrieben steht, herausnehmen wollen. Wie bereits mehrfach gesagt wurde, haben diese Rechte entscheidende Bedeutung, um die Frauen in die Lage zu versetzen, Verantwortung für ihr eigenes Leben und somit für das Leben ihrer Familie zu übernehmen. Das ist für sie oft eine Sache von Leben und Tod. Frauen müssen das Recht und die Möglichkeit haben, Nein zu sagen, um Gewalt zu vermeiden und eine Bildung sowie die Möglichkeit zu erhalten, selbstbestimmt zu leben. Das ist entscheidend, wenn sich aus unserer Entwicklungshilfe Entwicklung ergeben soll, und es ist unmoralisch und gleichermaßen töricht, würde man die Frauen nicht ins Zentrum dieser Arbeit rücken.
Leider mangelt es natürlich an politischem Willen – wie auch schon gesagt wurde –, und so unterstützen viele unter uns einen Vorschlag zur Ernennung eines Hohen Vertreters der EU für Frauen. Er oder sie sollte sicherstellen, dass Frauen in aller Welt in die politische und soziale Arbeit einbezogen werden und ihren Einfluss geltend machen, den sie haben sollten, da sie die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen. Frauen dürfen nicht zu Opfern oder zu armen Teufeln werden. Wir alle müssen dafür sorgen, dass sie auf die gleiche Stufe gestellt werden, die wir alle einnehmen.
Luisa Morgantini, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Was soll ich sagen? Hut ab vor der Kommission für eine schlüssige Mitteilung, mit der zum ersten Mal eine europäische Strategie für die Geschlechtergleichstellung in der Entwicklungszusammenarbeit aufgestellt wird, die im Übrigen mit den Forderungen großer Bewegungen von Frauen, die nicht länger Opfer sein wollen, im Einklang steht. Vielmehr lehnen wir es ab, länger Opfer zu sein, wir bestimmen selbst über unser Leben und unsere Sexualität und entscheiden selbst, in welcher Art von Gesellschaft wir leben wollen: in einer Gesellschaft, die imstande ist, Diskriminierung, Ungerechtigkeit, Gewalt und Militarisierung in den Staaten und in den Köpfen die Stirn zu bieten und ihnen ein Ende zu setzen.
Ebensolche Anerkennung gilt auch dem Bericht von Frau Uca, in dem die Aspekte, die die Kommission nicht berücksichtigt hat, die sie aber, wie ich denke, akzeptieren wird, eingehender untersucht und erfasst worden sind. Es erübrigt sich, an dieser Stelle die Zahlen über Frauen, die in extremer Armut leben, die Analphabetinnen sind und an AIDS oder Malaria leiden, sowie über die vielen Frauen, die vor allem zu Hause, auch in Europa, Opfer physischer und sexueller Gewalt sind, zu wiederholen.
Konkrete Maßnahmen sind die einzigen, die zählen: verantwortliches politisches Handeln, Bildung, Gesundheit, Gewalt gegen Frauen, Zugang zu Besitz und Beschäftigung und, wie Frau Uca sagt, wirtschafts- und handelspolitische Maßnahmen der EU, die nicht im Widerspruch zur Entwicklungspolitik stehen.
Erforderlich ist ein stärkeres Gender Mainstreaming verbunden mit der großzügigeren Bereitstellung finanzieller und personeller Mittel für die Delegationen der Kommission und für Vorhaben mit großer Wirkung, wie z. B. Kleinstkredite. Das sind praktische Maßnahmen, die zu einer ständigen Verbindung mit den Frauenbewegungen auf lokaler und nationaler Ebene, mit den länderübergreifenden Frauennetzen führen werden, die während der Kampagne gegen Wüstenbildung, für eine dringende Lösung der Konflikte, für das Recht auf Gesundheit, Wohnung und Wasser, entstanden sind.
Ich möchte noch etwas zu den Änderungsanträgen sagen, denen gemäß die Hinweise auf die verschiedenen internationalen Strategien – von Kairo bis Maputo – für die reproduktive Gesundheit der Frauen und ihre freie Entscheidung in Bezug auf die Fortpflanzung gestrichen werden sollen. Der Schutz des Lebens steht über allem. Das Recht auf Leben bedeutet jedoch, dass es kein Zögern bei der Umsetzung entwicklungspolitischer Maßnahmen geben darf, die fähig sind …
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Der Bericht über Gleichstellung und Teilhabe – die Rolle der Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit beschäftigt sich mit Problemen, die beispielsweise Frauen in Afrika und Asien betreffen. Darin wird eine Strategie dargelegt, die Maßnahmen in verschiedenen Bereichen umfasst: Gleichstellung, politisches Handeln, Beschäftigung, Bildung, Gesundheit und Gewalt gegen Frauen.
Bekanntermaßen bilden gleiche Rechte für Frauen und Männer einen herausragenden Aspekt der sozialen Entwicklung, die in unserer europäischen Zivilisation in grundlegenden Bestimmungen hinsichtlich der Einhaltung der Menschenrechte und der Achtung aller Menschen enthalten sind. Gleichstellung und Nichtdiskriminierung von Frauen sind aber nicht die einzigen Voraussetzungen für die soziale Entwicklung. Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Faktoren, die für den sozialen Fortschritt maßgeblich sind, angefangen bei der Befolgung ethischer und moralischer Grundsätze, die eine beträchtliche Verringerung von Ausbeutung, Gewalt, Betrug und anderen Formen der Manipulation, einschließlich der Diskriminierung und Unterdrückung von Frauen, gewährleisten.
Die dramatischen Lebensbedingungen von Frauen in afrikanischen Ländern sind das Ergebnis einer Politik der Plünderung natürlicher Ressourcen und der Spekulation durch internationale Unternehmen, die sich auf Kosten des Lebens und der Gesundheit der lokalen Bevölkerung bereichern. Budgethilfen und andere EU-Programme wiegen die Verluste durch Raubwirtschaft nicht auf. Auch ethischer Relativismus fördert die sexuelle Ausbeutung und die Verbreitung sexuell übertragbarer Krankheiten. Die propagierte sexuelle Freiheit beraubt Frauen ihrer Würde, indem sie zu Sexobjekten degradiert werden, und fördert Gewalt. Die Lage der Frauen lässt sich nicht durch die Bereitstellung weiterer Gelder für Verhütungsmittel und Abtreibungen ändern, sondern durch finanzielle Unterstützung vor allem für kinderreiche Familien, indem ihnen Bildung und Entwicklung ermöglicht sowie Gesundheitsfürsorge und sozialer Schutz, insbesondere für schwangere Frauen, verbessert werden. Gebildete Frauen mit Führungspotenzial oder Interesse an politischem Engagement sollten sich natürlich zur Wahl stellen können und ihre psychische und physische Unterschiedlichkeit nutzen, um das Spektrum an Meinungen zu Themen zu erweitern, die nicht nur für Frauen und Kinder von Bedeutung sind.
Gender-Mainstreaming als zentrale Idee, die uns unter anderem den Erziehungsurlaub für Väter beschert hat, hat bereits die zu erwartenden Früchte getragen, da nicht nur schwedische Väter lieber Elche jagen oder die Zeitung lesen, als sich um ihre Kinder zu kümmern. Die Tyrannei der sexuellen Aggression, die von den Massenmedien verbreitet wird, beeinflusst ...
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Filip Kaczmarek (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Frau Ucas Bericht befasst sich mit dem wichtigen Thema der Gleichstellung in der Entwicklungszusammenarbeit. Bedauerlicherweise werden die zweifellos positiven Absichten der Berichterstatterin durch die weitschweifige und widersprüchliche Darstellung der Frage der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte untergraben. Diese Thematik sollte nicht kontrovers behandelt werden, doch bedient sich der Bericht einer widersprüchlichen Sprache, wie sie in der Europäischen Union so häufig benutzt wird. Genau dieser merkwürdige Sprachgebrauch bewirkt, dass die EU sich von ihren Bürgern entfernt und zu einer unverständlichen, bürokratischen und bürgerfernen Maschinerie wird. Auf diese Weise schaffen wir uns die Gegner der EU selbst und spielen wir ihnen in die Hand.
Daher hoffe ich auf die Annahme der von der PPE-DE-Fraktion eingebrachten Änderungsvorschläge. Warum? Weil die Verfasserin und die Befürworter des Berichts mit den Termini „reproduktive Gesundheit und Rechte“ das Gegenteil von dem meinen, was diese Worte aussagen. Bei den „reproduktiven Rechten“ geht es nicht um Reproduktion, sondern um deren Beschränkung. Also suchen wir nach einer positiv klingenden Bezeichnung für etwas, was negative Konsequenzen hat, nämlich die Einschränkung der Fortpflanzung. Das ist reine Augenwischerei.
Wer Restriktionen gegenüber der Bevölkerung in armen Ländern sowie die Förderung von Verhütung oder Abtreibung befürwortet, sollte sich nicht hinter Begriffen wie Gesundheit und reproduktive Rechte verstecken. Wir sollten das Kind beim Namen nennen. Meines Erachtens lehnen sie dies ab, weil sie der Meinung sind, dass die Europäische Union sich nicht mit solchen Fragen befassen sollte. Mutet es nicht etwas seltsam an, wenn Europäer jenseits der europäischen Grenzen Empfängnisverhütung und Abtreibung fördern und finanzieren? Sowohl in Afrika and Asien als auch in der EU sollten die einzelnen Staaten selbst entscheiden, welche Politik sie in diesem Bereich verfolgen. Laut Bericht sollen Frauen selbst entscheiden, aber wir sind es, die den afrikanischen Frauen sagen, wo es lang geht. Nach meinem Dafürhalten herrscht hier einige Unklarheit.
Ein weiterer Punkt: Es gibt keinen kausalen Zusammenhang zwischen Kinderreichtum und Gleichberechtigung. Beides hat nichts miteinander zu tun, und ich begreife nicht, weshalb in dem Bericht hier ein Zusammenhang hergestellt wird.
Alain Hutchinson (PSE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Dieses Mal werde ich nicht zum Bericht selbst sprechen – zu dem ich die Berichterstatterin beglückwünsche –, sondern zu den Änderungsanträgen, die uns bald zur Abstimmung vorgelegt werden, um zu sagen, dass ich die von unseren Kollegen der UEN zum Bericht vorgeschlagenen Änderungen wirklich skandalös finde.
(Beifall)
Indem die UEN sich gegen jede Erwähnung und Bezugnahmen auf die Problematik der Schwangerschaftsverhütung in diesem Bericht ausspricht, lehnt sie ganz einfach ab, den Frauen in den südlichen Ländern das Recht auf ein würdiges Leben zuzugestehen. Das ist nicht nur skandalös, sondern auch unverantwortlich und scheinheilig, wenn wir bedenken, dass das Fehlen einer ernsthaften Politik der Familienplanung Millionen von Menschen in der ganzen Welt zu unnötigem Leid, zu Krankheit und zum Tod verurteilt – vor allem Frauen und die Kinder, die sie nur allzu zu häufig gegen ihren Willen zur Welt bringen.
Die von der PPE-DE-Fraktion vorgeschlagenen Änderungen sind nicht weniger bedauerlich. Sie formulieren die Dinge einfach anders, insbesondere indem sie es ablehnen, die Anerkennung des Rechts der Frauen auf Steuerung ihrer Fruchtbarkeit zu bedenken. In der großen Mehrzahl der Entwicklungsländer leiden Frauen und Mädchen – sogar kleine Mädchen – weiter unter schweren Formen von Diskriminierung und nicht tolerierbarer Gewalt. Wer sich dagegen ausspricht zu berücksichtigen, dass in diesen Ländern jede Frau die Möglichkeit haben muss, ihr eigenes Schicksal vollständig selbst zu steuern, lehnt es eindeutig ab, sie als gleichberechtigt gegenüber den Männern anzusehen. Die reproduktive Gesundheit dürfte dennoch kein solch alarmierendes Thema sein; sie schließt lediglich ein, den Menschen die Möglichkeit zu geben, ein verantwortungsvolles, befriedigendes und sicheres Sexualleben zu führen, und Frauen die Freiheit zu geben zu entscheiden, ob und wann sie Kinder haben möchten. Diese Auffassung von Gesundheit setzt voraus, dass Frauen und Männer auf gleichberechtigter Grundlage sichere, wirksame, erschwingliche und akzeptable Methoden zur Steuerung der Fruchtbarkeit wählen können.
Olle Schmidt (ALDE). – (SV) Herr Präsident! Es ist wichtig, dass wir uns darüber im Klaren sind, was wir wollen. Allzu lange ist die Diskussion, bei der es um Menschenrechte gehen sollte, durch verschiedene politische Erwägungen vergiftet worden. Eine Frau hat selbstverständlich ein Recht auf ihren eigenen Körper. Darum weiche ich bei der Debatte über Genitalverstümmelung auch nicht der Frage aus, ob die Anwendung des Schariarechts dem Grundsatz der Gleichheit der Menschen widerspricht. Niemand käme auf den Gedanken, einem Mann das Recht zu verweigern, über seine eigene Reproduktion zu bestimmen; niemand würde sagen, es sei eine Frage kultureller Werte, einem Mann die Möglichkeit zu verweigern, sein eigenes Geld zu verdienen und seine Selbstständigkeit zu wahren.
Wenn die EU, der weltweit größte Geber von Entwicklungshilfe, in der Dritten Welt agiert, müssen unsere Werte immer deutlich werden. Die Menschenrechte – zu denen ich die Gleichstellung nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis, zähle – müssen dabei unser Leitmotiv sein. Wir müssen deutlich zu verstehen geben, dass Marktwirtschaft etwas Positives für arme Frauen und Männer ist, nichts Negatives. Das zeigt sich nicht zuletzt in der erfolgreichen Kampagne für Mikrokredite, die Millionen schutzbedürftiger Frauen Wohlstand und Selbstbestimmung gebracht hat.
Natürlich dürfen wir aus der reichen Welt anderen Menschen nicht eine bestimmte Lebensweise aufzwingen, aber wir haben – und ich halte es für wichtig, das zu unterstreichen – eine Verantwortung, Wahlmöglichkeiten zu bieten, wo es heute noch keine gibt. Daher bin ich, wie viele meiner Kollegen hier, echt enttäuscht über einige Änderungsanträge zu einem ansonsten guten und wichtigen Bericht, denn sie weisen einfach in die falsche Richtung.
Meinem hinter mir sitzenden Kollegen möchte ich sagen, dass ich als Abgeordneter des Schwedischen Reichstags Elternurlaub genommen habe und mit meinem Sohn ein halbes Jahr lang zuhause war. Ich glaube wirklich, dass ich ein besserer Vater geworden bin, als ich es davor war. Natürlich habe ich in dieser Zeit auch Zeitung gelesen, aber meine Hauptverantwortung lag darin, mich zusammen mit meiner Frau um unsere Kinder zu kümmern. Ich kann nur sagen, dass dies eine gute Sache ist, die noch mehr Väter ausprobieren sollten, auch um zu erkennen, wie wichtig es ist, eine Familie – Mann, Frau und Kinder – zusammenzuhalten.
(Beifall)
Raül Romeva i Rueda (Verts/ALE). – (ES) Herr Präsident! Zunächst möchte ich diesen Bericht begeistert begrüßen, da er aus mehreren Gründen wichtig ist.
Erstens, wegen der Gerechtigkeit: Obwohl Frauen und Kinder etwa zwei Drittel der weltweiten Arbeitslast tragen, erhalten sie nur 5 % des Einkommens, und darüber hinaus hat die Armut ein deutlich weibliches Gesicht.
Zweitens, wegen der Würde: Ich halte es für zwingend erforderlich, das häufig von Frauen gezeichnete Bild als verletzliche Opfer durch ein Frauenbild als hoch differenzierte Gruppe sozialer Akteure zu ersetzen, die wertvolle Ressourcen und Fähigkeiten und ihre eigenen Vorstellungen besitzen; das bedeutet unter anderem die Anerkennung und umfassende Berücksichtigung des Rechts der Frau, über ihre Sexualität und ihren Körper selbst zu bestimmen.
Drittens, wegen des echten Engagements und der Konsistenz: Es ist bedauerlich, dass die Gleichstellung der Geschlechter oft als Vorwand für das Fehlen konkreter Vorschläge und Ziele, beispielsweise in den Länderstrategiepapieren, dient.
Aus allen diesen Gründen bin ich der Ansicht, dass dieser Bericht begrüßt und mit absoluter Mehrheit unterstützt werden sollte.
Gay Mitchell (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Dies ist ein Bericht über Gleichstellung und Teilhabe der Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit. Warum also sind die Sozialdemokraten, die Liberalen und einige andere heute Vormittag darauf eingestellt, gegen einen Änderungsantrag zu stimmen, in dem es um Information über Diskriminierung von Frauen geht, die bereits im Mutterleib beginnt?
Ein Änderungsantrag in meinem Namen sowie im Namen von Herrn Deva und Frau Belohorská fordert die Kommission auf, alle Partner der Union in der ganzen Welt, Regierungen wie Nichtregierungsorganisationen, zu ersuchen, ständige Analysen aller Abtreibungen anzustellen und dem Parlament regelmäßig über die Ergebnisse Bericht zu erstatten. Vielleicht kann uns Herr Hutchinson erzählen, was an solchen Informationen so Furchtbares ist. Das Parlament sieht das heute Vormittag offensichtlich anders, indem es diesem Änderungsantrag seine Zustimmung verweigert, doch in einigen Ländern hat die starke Bevorzugung von Söhnen zur Eliminierung von Millionen von Mädchen aufgrund der elterlichen Geschlechterselektion geführt. Auch sterben Mädchen im Kleinkindalter infolge von absichtlicher Vernachlässigung und durch Verhungern. Dem UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) zufolge gelten allein in Asien mindestens 60 Millionen Mädchen als „vermisst“. Aus einigen Ländern wird berichtet, dass die Selektion nach Geschlecht häufiger in Städten vorkommt, wo Technologien wie Amniocentese und Ultraschall ohne Weiteres zugänglich sind und mit ihnen Missbrauch getrieben werden kann. In anderen Ländern tritt das häufiger in ländlichen Gegenden auf, wo dem UNFPA zufolge der Wunsch nach Söhnen stark ausgeprägt ist. Töchter werden in einigen Ländern als wirtschaftliche Belastung gesehen, und UNFPA zufolge prägt sich dadurch das leicht erhöhte Geschlechterverhältnis bei Geburt stärker aus. Der Mangel an Frauen und Mädchen in einigen Ländern Asiens hat potenziell alarmierende soziale Auswirkungen, unter anderem besteht eine gesteigerte Nachfrage nach Frauenhandel, ob nun für Heiratszwecke oder für Sexzwecke, und ihr Status verschlechtert sich insgesamt. Das sind die Worte des UNFPA, nicht meine.
Welche Haltung nimmt das Parlament ein? Es sieht das anders. In der gesamten Geschichte haben Mehrheiten geirrt, beispielsweise in den dreißiger Jahren in Österreich und in Deutschland. Wie kann ein angeblich denkendes Gremium wie das Europäische Parlament so ein Unrecht tun und diesen Änderungsantrag ablehnen. Wir wollen einfach nur Informationen…
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Ana Maria Gomes (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich gratuliere meiner Kollegin Uca zu diesem ausgezeichneten Bericht, und ich begrüße das von der Kommission in ihrer Mitteilung befürwortete zweigleisige Vorgehen, das den Schwerpunkt sowohl auf die Gleichstellung als auch auf konkrete Aktionen zur Teilhabe der Frauen setzt. Ich bedauere allerdings, dass viele Länderstrategiepapiere auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeitsinstrumente (DCI) die Gleichstellung nur als Querschnittsthema berühren und keine konkreten Aktivitäten, Ziele oder Finanzzuwendungen angeben. Das bedeutet, dass Gleichstellungsbemühungen in der Entwicklungszusammenarbeit ungeachtet des strategischen Rahmens in den kommenden Jahren zu einer bloßen Rhetorik werden könnten.
Performanceindikatoren, die die Gleichstellung berücksichtigen, sollten in Halbzeit- und Endüberprüfungen bewertet werden. Das Parlament wird die Umsetzung der CPS überwachen, und wir hoffen, die Kommission wird auf Fortschritte auf dem Gebiet konkreter Ergebnisse in Gleichstellungsfragen verweisen können.
Abschließend möchte ich sagen, dass ich entsetzt bin über mehrere mittelalterliche Konzepte in Änderungsanträgen einiger Kolleginnen und Kollegen zu diesem Bericht in Bezug auf Fragen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit. Ich werde natürlich gegen sie stimmen.
Alexander Lambsdorff (ALDE). – Herr Präsident! Auch ich will der Berichterstatterin danken für diesen prima Bericht und auch der Kommission Glückwünsche aussprechen für ihre Mitteilung. Die Aufforderung ist allerdings auch, jetzt konsequent zu sein. Ich war vor zehn Tagen mit einigen Kollegen aus nationalen Parlamenten auf Einladung des European Parliamentary Forum in New York bei der Kommission über den Status der Frau. Es ist interessant, dass Länder, die unsere AKP-Partner sind, im Kontakt mit Brüssel und den jeweiligen Hauptstädten so reden, und dann in New York, wenn es darum geht, die Sache auf globaler Ebene zu verhandeln, völlig anders reden.
Deswegen meine Aufforderung an Sie, Herr Kommissar: Seien Sie konsequent, weisen Sie Ihre Delegationen an, dass in den jeweiligen Hauptstädten auch über das Verhalten in New York gesprochen wird, denn unsere frauen- und entwicklungspolitischen Ziele werden in New York oft konterkariert!
In diesem Zusammenhang freue ich mich sehr, dass UNIFEM jetzt ein Büro in Brüssel aufmacht, das wird die Qualität der Debatte zwischen den Vereinten Nationen und der Europäischen Union auf diesem Gebiet sicher heben.
Ich freue mich ausdrücklich, dass Mikrokredite genannt werden als eines der Mittel zum Empowerment, zur Befreiung der Frau. Es gibt zum Teil relativ obskure Einrichtungen ...
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Satu Hassi (Verts/ALE). – (FI) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mein herzlicher Dank gilt Frau Uca für ihren ausgezeichneten Bericht. Zugleich teile ich die Missbilligung, die hier von vielen im Hinblick auf die Änderungsanträge der Rechten zum Ausdruck gebracht worden ist.
Um Frauenrechte auch im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit in vollem Umfang verwirklichen zu können, braucht die Europäische Union eine Sonderbeauftragte für Frauenrechte, deren Aufgabe darin bestehen soll, sicherzustellen, dass die Rechte der Frauen gewahrt werden. Auf diese Weise könnten Mittel für Entwicklungszusammenarbeit auch wirksamer eingesetzt werden.
Wir wissen, dass die billigste Art der Förderung der Entwicklung darin besteht, die Rechte der Frauen, einschließlich ihrer sexuellen Rechte, ihrer Bildung, ihrer Chancen auf Beschäftigung und so weiter, zu verbessern. Obwohl die Menschen das aus eigener Erfahrung und aus zahlreichen Berichten wissen, vergessen sie das immer wieder, selbst dann, wenn sie darüber entscheiden, wie Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit der EU ausgegeben werden sollen. Deshalb brauchen wir eine Sonderbeauftragte für Frauenrechte, und deshalb hoffe ich, dass jeder in diesem Haus den Änderungsantrag 20 zu dieser Frage unterstützt.
Nirj Deva (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Da ist zwar viel Gutes in diesem Bericht, aber in einem bin ich völlig gegensätzlicher Meinung, ebenso wie meine Kollegen Kaczmarek und Mitchell.
Ich möchte Ihnen, Herr Präsident, eingangs die Frage stellen, von wem dieser Satz stammt: „Aufgrund der Praxis vorgeburtlicher Selektion wird ungezählten Frauen überhaupt das Existenzrecht verwehrt.“ Die Berichterstatterin mag es überraschen zu erfahren, dass das Ban Ki Moon in New York in seiner Eröffnungsansprache vor der Kommission der Vereinten Nationen zur Lage der Frau sagte.
Ferner besteht, wie der UN-Bevölkerungsfonds in seinem Bericht über die Weltbevölkerung vom vergangenen Jahr ausführte, weltweit ein Defizit von 60 Millionen Frauen – das ist die gesamte Bevölkerung des Vereinigten Königreichs! Diese fehlenden Frauen wurden vor der Geburt selektiert, abgetrieben und durch Kindermord ihrer Existenz beraubt, und das geschieht auf dem Kontinent, auf dem ich geboren wurde; ich weiß, wovon ich rede. Wie kann es nur sein, dass sich ein Bericht des Europäischen Parlaments über die Gleichstellung der Geschlechter zur bewussten Eliminierung der Grundlage der Geschlechter ausschweigt? Wo bleibt da die Gleichstellung?
Ich habe einen Änderungsantrag zu diesem Bericht eingereicht, in dem ich eine Gender-Analyse aller in der Welt vorgenommenen Abtreibungen fordere. Und wissen Sie, was nun passierte? Die Sozialisten haben dagegen gestimmt! Warum? Haben wir kein Recht zu erfahren, wie Frauen abgetrieben werden, noch ehe sie geboren sind? Wir werden heute noch erleben, wie sie über Änderungsantrag 11 abstimmen.
Ich weiß nicht, warum die Berichterstatterin diese wertvolle Gelegenheit ausschlug, mit der wichtigsten Ursache des heute in der Welt begangenen Unrechts gegen Frauen – gegen ihr Grundrecht auf Leben – Schluss zu machen und stattdessen weiter auf der Verteidigung des so genannten Recht auf sexuelle …
(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)
Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (PSE). – (PL) Herr Präsident! Die Statistik beweist, dass die Gleichstellungspolitik die Erreichung der UN-Millenniums-Entwicklungsziele, nämlich die Bekämpfung von Armut und die Verbesserung der demografischen, sozialen und wirtschaftlichen Indikatoren, beschleunigt. Geschlechterspezifische Aspekte gelten jedoch noch immer als zweitrangig.
In vielen Ländern haben Frauen nach wie vor keinen Zugang zu gesundheitlicher Grundversorgung, Bildung und der Teilhabe an Entscheidungsprozessen. Zwei Drittel aller Analphabeten in der Welt sind Frauen. Die Chance, eine weiterführende Schule zu besuchen, ist für Mädchen in den Entwicklungsländern um 11 % geringer als für Jungen. Statistiken zeigen auch eine traurige Bilanz im Gesundheitsbereich. So sind beispielsweise im subsaharischen Afrika 60 % der mit dem HIV-Virus infizierten Menschen Frauen. Unter den Jugendlichen kommen auf Mädchen 75 % der Neuerkrankungen an AIDS.
Die Mitteilung der Kommission markiert einen bedeutenden Schritt zur Einbeziehung des Gleichstellungsaspekts in die Zusammenarbeit der EU mit den Partnerländern als wichtiges Instrument zur Bekämpfung von Armut und zur Förderung der Menschenrechte, wozu auch die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zählt. Ich gratuliere der Berichterstatterin zu diesem ausgezeichneten Bericht. Abschließend ...
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Roberta Alma Anastase (PPE-DE). – (RO) Heute diskutieren wir über einen weiteren Bericht, der die Lage der Frauen analysiert, den zweiten in dieser Woche, doch diesmal aus der Sicht der Chancengleichheit bei der Entwicklung der Gemeinschaft.
Es ist ein Bericht, der zu Diskussionen und Kontroversen, zu unterschiedlichen Herangehensweisen und kontextualisierten Analysen provozierte. Es ist jedoch wichtig, dass wir solche Dinge diskutieren; noch wichtiger ist das Vorhandensein kontextualisierter Vorschläge und greifbarer Ergebnisse.
Wir reden viel über Bildung und ihre herausragende Rolle bei der Änderung von Haltungen, der Gestaltung von Verhaltensweisen, der Integration von Gruppen mit einem hohen Risiko der Ausgrenzung und bei der Herausbildung von Gemeinschaften. Ich meine jedoch, dass es höchste Zeit für eine konsistente Bildungspolitik auf europäischer Ebene ist, mit klaren zu überwachenden Schritten. Natürlich müssen Geschlechterfragen Teil der Bildungsprogramme sein.
Wichtig ist, dass die Europäische Union dieses Thema in die Dialoge mit Drittländern auf dem Gebiet des Schutzes der Menschenrechte aufnimmt. 2008, das Jahr des Interkulturellen Dialogs, muss genutzt werden, um den interuniversitären Austausch und den Erfahrungsaustausch zwischen europäischen Frauen und Frauen in den Entwicklungsländern im Hinblick auf die Feststellung der Rolle der Frau in der ganzen Welt zu fördern. Aus dieser Perspektive muss die Förderung der jungen Generationen, darunter auch der jungen Mädchen, in der Entwicklungszusammenarbeit eine Priorität bilden.
Ich danke Ihnen und hoffe, dass die Endfassung dieses hochwichtigen Berichts alle im Europäischen Parlament bestehenden Auffassungen widerspiegelt und wir in dieser Frage ausgewogen vorgehen werden.
Thijs Berman (PSE). – (NL) Die freie Selbstentscheidung der Frauen ist schlichtweg ein Menschenrecht. Sie trägt auch zum Wirtschaftswachstum und zur Verbesserung des Sozialschutzes bei. Die Frauensterblichkeit ist in den Entwicklungsländern noch immer in dramatischer und unzulässiger Weise hoch. Die Folge sind zerstörte Familien. Es besteht ein direkter Zusammenhang mit der Kinderarbeit. Investitionen in Chancengleichheit und Freiheit bedeuten Investitionen in die Zukunft, sowohl in Europa wie in den Entwicklungsländern.
Zusammen mit meiner Fraktion finde ich es schockierend, dass in diesem Haus zu dem hervorragenden und umfassenden Bericht von Frau Uca eine Unmenge ultrakonservativer Änderungsanträge eingereicht wurde, mit denen die Frauenrechte beschnitten werden sollen. Es geht dabei nicht wirklich um Entscheidungen während der Schwangerschaft, das ist pure Heuchelei. Es geht vielmehr darum, dass alle Verweise selbst auf die noch so gemäßigten UNO-Texte über Frauenrechte gestrichen werden sollen. Sexuelle Freiheiten und reproduktive Rechte gewährleisten indes für alle Frauen die freie Selbstentscheidung. Sogar der Vatikan wird diese Freiheit eines Tages anerkennen. So lange können die Frauen aber nicht warten; die Welt kann nicht so lange warten.
Ioannis Varvitsiotis (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Ich bin fest davon überzeugt, dass der Zugang zu Informationen und Dienstleistungen auf dem Gebiet der sexuellen und reproduktiven Gesundheit die Frauen vor AIDS schützt, wenn überhaupt ein Schutz möglich ist. Ich bin daher völlig gegen unsere Weigerung, das zu erlauben, weil man meint, dahinter verberge sich das Thema Abtreibung. Ich bin auch dagegen, dass wir aus dem gleichen Grund das Kyoto-Protokoll aus dem wohlbekannten Text des Maputo-Protokolls über die Rechte der Frauen in Afrika herauslösen.
Natürlich ist das Problem der Abtreibungen eine prinzipielle Frage, und jeder von uns wird je nach seiner Überzeugung Stellung beziehen. Ich achte die Überzeugungen anderer, aber ich bitte sie auch, die meinen zu respektieren. Wir sollten also sowohl die Rechte der Frauen respektieren als auch das Recht jeder einzelnen Frau zu wählen, ob sie eine Abtreibung macht oder nicht, sei es aus wirtschaftlichen, sozialen, familiären oder auch gesundheitlichen Gründen. Ich persönlich werde daher für den Bericht stimmen.
Rovana Plumb (PSE). – (RO) Es finden sich viele gute Aspekte in diesem Bericht, und ich werde ihn unterstützen, aber ich werde gegen die vom rechten Flügel eingereichten absurden Änderungsanträge zu den reproduktiven Rechten stimmen.
Meiner Ansicht nach ist ganz klar, dass eine nachhaltige Entwicklung nicht zu erreichen ist, ohne die Rolle der Frau in Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Umweltschutz und Familie neu zu überdenken. Gestern haben wir diskutiert und festgestellt, dass die Bildung ein Schlüsselbereich für die Entwicklung ist. Angesichts der Tatsache, dass die Gleichstellung der Geschlechter zuallererst eine Frage von Stereotypen und Bildung ist, schlage ich vor, dass die Kommission die Mitgliedstaaten darin unterstützt, Fragen der Geschlechtergleichstellung in die Unterrichtspläne an den Schulen aufzunehmen.
Wir brauchen jetzt konkrete und entschlossene Aktionen, beispielsweise eine Aufstockung der Haushaltsmittel zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Familie, und ich bin sicher, wir haben den politischen Willen, diese Ziele zu erreichen.
Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Da 70 % der 1,3 Milliarden Menschen, die in absoluter Armut leben, Frauen sind, muss sich die Entwicklungshilfe vorrangig auf Frauen richten.
Ich stimme Frau Ucas Bericht, in dem festgestellt wird, dass Bildung der Schlüssel zur Teilhabe der Frauen ist, in allen Punkten zu. Auch ich bin der Meinung, dass finanzielle und technische Hilfe jenen Frauenorganisationen zuteil werden sollte, die aktiv im Bildungsbereich tätig sind und die die Frauen lehren, wie man zum Erfolg kommt. Ich bin für Mikrokredite als Mittel zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele.
Nicht jedoch kann ich der Haltung der Berichterstatterin in den im Bericht aufgeworfenen Fragen der reproduktiven Gesundheit beipflichten. Wenn wir den Frauen das Recht zugestehen, Entscheidungen über ihren Körper zu treffen, warum räumen wir nicht ihren ungeborenen Kindern die gleiche Möglichkeit ein, zwischen Leben und Tod zu entscheiden? Ich unterstütze die von meinen Kollegen der PPE-DE- und der UEN-Fraktion hierzu eingereichten Änderungsanträge und danke meinen Kollegen für ihren Mut, sie aufzunehmen. Ich werde nicht für den Bericht stimmen, wenn diese Änderungsanträge nicht angenommen werden.
Karin Scheele (PSE). – Herr Präsident! Glückwünsche an die Kommission, Glückwünsche an die Berichterstatterin! Es tut mir Leid, dass diese Debatte sehr stark auf sexuelle und reproduktive Rechte konzentriert ist, weil es viele Themen gibt, die in diesem Zusammenhang wichtig sind.
Ich habe den Eindruck, dass von der UN, von manchen Konservativen so getan wird, als ob die sexuellen und reproduktiven Rechte sich nur auf Abtreibung beziehen würden. Da möchte ich Ihnen empfehlen: Lesen Sie nach, schauen Sie es sich an: Wenn man gegen Empfängnisverhütung ist, wenn man gegen Aufklärung ist, wenn man gegen den Zugang von Frauen zu diesen Dienstleistungen ist, dann steigert man die Zahl der Abtreibungen noch mehr. Ich finde es mehr als zynisch, dass die gleichen Leute aufstehen und so tun, als ob sie die Ethik und die Moral gepachtet hätten.
Es ist unethisch und es ist unmoralisch angesichts der Zahlen, die wir von den Vereinten Nationen und vom Weltbevölkerungsbericht jedes Jahr erfahren, hier gegen sexuelle und reproduktive Rechte aufzutreten.
(Beifall)
Avril Doyle (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Wir diskutieren hier über die Gleichstellung der Geschlechter und die Teilhabe von Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit. Es betrübt mich zunehmend, dass die Debatte, immer wenn wir über diese Fragen diskutieren, in eine sehr intolerante Debatte über sexuelle Gesundheit und die reproduktiven Rechte für Frauen ausartet. Das ist eine Tragödie. Es ist eine der ständigen Tragödien in diesem Parlament, dass wir nicht das umfassendere Bild der Bedeutung von Bildung und Mikrokrediten sehen können.
Ich werde die meisten der von einigen meiner Kollegen eingereichten Änderungsanträge nicht unterstützen. Nicht dass ich besorgt wäre über den Umfang der Geschlechterselektion, mit der weibliche Föten in China und andernorts entsorgt werden. Natürlich machen wir uns alle Sorgen darüber, was dort geschieht. Es ist, weil ich wirklich nicht davon überzeugt bin, dass die Motive hinter der Einreichung dieser Änderungsanträge aus den eigentlichen Änderungsanträgen hervorgehen.
Wären unsere Kolleginnen und Kollegen gegen Abtreibung, würde ich es respektieren, wenn sie einen Antrag gegen das Abtreiben stellten, denn ich denke, die Selektion männlicher Föten stellt für sie eine genauso große Sorge dar wie die weiblicher Föten…
(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)
Marusya Ivanova Lyubcheva (PSE). – (BG) Ich möchte der Berichterstatterin für den umfassenden Bericht über die Gleichstellung der Geschlechter und der Kommission für ihre Mitteilung ein Lob aussprechen. Allerdings ist ein Dokument so stark wie seine Umsetzung. Daher sollten wir uns um diese Umsetzung bemühen.
Die Millenniums-Entwicklungsziele lassen sich durch die Ausgewogenheit aller Maßnahmen – Familie, Schule, Universität, Gesundheitsfürsorge, Wirtschaft – erreichen, wobei die Frauen den Dreh- und Angelpunkt bilden sollten. In unseren Programmen der Zusammenarbeit müssen wir das Recht der Frauen auf Gesundheit, einschließlich der reproduktiven Gesundheit, hervorheben.
Auch sollten wir an die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frauen als eine Voraussetzung für die Entwicklung von Unternehmergeist und an die zielgerichtete Nutzung ihres gesamten Potenzials denken. Vor allem ist es wichtig, auf allen Ebenen, auf nationaler und auf internationaler, von gemeinsamer Verantwortung zu sprechen, von gemeinsamen Verantwortlichkeiten zwischen Männern und Frauen. Das gilt für alle Bereiche des Lebens und für alle Sektoren der Wirtschaft.
Piia-Noora Kauppi (PPE-DE). – (FI) Herr Präsident! Diesem Bericht ging eine sehr hitzige Debatte im Ausschuss Anfang dieses Jahres voraus, und es scheint so, als ginge diese Debatte heute hier im Plenum weiter.
Ich halte die Gesundheitsfürsorge für Frauen im Allgemeinen für einen sehr wichtigen Teil der Menschenrechte, und diese erstrecken sich ganz gewiss auch auf Leistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit.
Das ist nicht nur ein Problem der Entwicklungsländer: Aussagen zufolge, die ich gestern zu den Vereinigten Staaten von Amerika gehört habe, leiden dort 40 % der jungen Mädchen im Teenageralter an Krankheiten, die durch Geschlechtsverkehr übertragen werden. Selbst in der westlichen Welt reichen also Aufklärung und Verantwortungsbewusstsein allein längst nicht mehr aus.
In den Entwicklungsländern ist die Situation noch viel schlimmer. HIV bei Frauen nimmt zu, ebenso wie sexuelle Gewalt gegen Frauen. Bei den Angeboten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit in den Entwicklungsländern geht es auch nicht um Abtreibung, sondern vielmehr darum, dass Frauen wissen, welche Möglichkeiten sie haben und dass sie das Recht haben, eigene Entscheidungen zu treffen.
Mairead McGuinness (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Danke, dass Sie mir das Wort hierzu erteilen, denn in der Hitze der Debatte möchte ich die Dinge auf eine eher praktische Ebene herunterbringen. Die Realität wird im erläuternden Statement geschildert, beispielsweise in Afrika, wo die Frauen 52 % der Bevölkerung ausmachen, aber 75 % der Arbeit in der Landwirtschaft verrichten und 80 % der Lebensmittel erzeugen und vermarkten. Ich meine, die Rolle der Frauen hinsichtlich der Nahrungsmittelproduktion in den Entwicklungsländern wird oft nicht zur Kenntnis genommen.
Eine Ausnahme bildet für mich der – historische und nicht aktuelle – Absatz im erläuternden Statement, in dem von der Gemeinsamen Agrarpolitik die Rede ist und dem ich absolut widerspreche. Europa ist der größte Importeur von Agrarprodukten aus den Entwicklungsländern. Wir haben die Vereinbarung „Alles außer Waffen“ und werden vielleicht bald ein Welthandelsabkommen haben. Aber ich denke, wir müssen, wie die Weltbank sagt, wieder in die landwirtschaftliche und Lebensmittelproduktion investieren, und wir müssen das über die Frauen tun.
Louis Michel, Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident! Ich werde mich wirklich sehr kurz fassen, da ich mir gut vorstellen kann, dass wir keine Zeit haben, um lange zu reden.
Ich möchte einfach auf die Frage von Frau Gomes zurückkommen. Warum gibt es so wenige spezielle Aktionen zum Thema der Geschlechterproblematik in den Strategiepapieren der Länder? Die Antwort ist einfach: die Länderstrategien werden von den Partnerländern selbst ausgearbeitet und beschlossen, da sie zwei Kernbereiche auswählen müssen, und nicht wir schreiben ihnen die Bereiche vor, die sie wählen sollen. Ich möchte jedoch unterstreichen, dass wir darauf bestehen, dass die Genderproblematik im gesamten Verlauf dieser Projekte berücksichtigt wird.
Herr Lambsdorff, ich verstehe, dass Sie die fehlende Einheitlichkeit der Position der Europäischen Union in New York nur schwer akzeptieren können, aber ich glaube, dass Sie sich nicht an die Kommission wenden müssen – da hier nicht die Kommission Abhilfe schaffen kann –, sondern an den Rat. Im Übrigen teile ich natürlich Ihren Wunsch nach einer kohärenteren Position.
Ganz kurz – einige werden meine Worte vielleicht etwas provokatorisch finden – aber ich möchte Ihnen meine persönliche Überzeugung mitteilen. Ich stimme vollkommen mit denjenigen überein, die der Ansicht sind, dass die reproduktive Gesundheit eine Vorbedingung für die Gleichberechtigung der Frau ist. Ich halte es für undenkbar, dieses Thema und diese Frage zu behandeln, ohne dass wir in Bezug auf diese Vorbedingung, genau wie in Bezug auf den Zugang zu Schulbildung, zu Arbeit, zu Mikrokrediten einig sind. Das sind natürlich alles wichtige Elemente, aber im Grunde ist die Schaffung der Bedingungen für die freie Wahl der Frau ein grundlegendes Prinzip der Gleichstellung von Mann und Frau. Man kann es nicht negieren!
(Beifall)
Im Übrigen fordere ich diejenigen auf, die Zweifel an der menschlichen Tragödie hegen könnten, die die Lebensumstände der Frau in bestimmten Entwicklungsländern darstellen, sich dort vor Ort umzusehen und die Geschichten einiger Frauen über ihre eigenen qualvollen Erfahrungen anzuhören. Das ist alles, was ich sagen wollte; ich glaube, es gibt wenig hinzuzufügen. Ich danke Ihnen nochmals für die hohe Qualität der Aussprache.
Feleknas Uca, Berichterstatterin. − Herr Präsident, verehrte Anwesende! Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen Rednerinnen und Rednern für ihre interessanten Beiträge. Mein besonderer Dank gilt Frau Creţu als Verfasserin der Stellungnahme im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. Ihre klare Analyse und ihre Vorschläge für mehr Kohärenz haben den Bericht um viele wichtige Punkte bereichert. Aus zeitlichen Gründen kann ich leider nicht auf alle Ihre Beiträge eingehen. Bitte sehen Sie dies nicht als Zeichen von Missachtung.
Vielen Dank Frau van Lancker, Herr Berman, Herr Lambsdorff, Herr Hutchinson, Frau Scheele, Frau Doyle, Frau Weber, Herr Varvitsiotis, Frau Hassi und Frau Gomes: Sie haben vollkommen Recht, dass reproduktive Gesundheit in den Entwicklungsländern absolute Priorität hat und es wichtig ist, mutig und konsequent dafür zu kämpfen. Frau Krupa, ich widerspreche hier vehement Ihrer Ansicht, sexuelle Freiheit von Frauen provoziere Gewalt. Diese Logik ist empörend und diskriminierend!
(Beifall)
Herr Deva, von Ihnen habe ich nichts anderes erwartet! Bitte verzeihen Sie mir, wenn ich diese Bemerkung Ihnen gegenüber mache. Liebe Luisa Morgantini, lieber Herr Romeva i Rueda, Sie haben wie immer starke Worte gefunden, um klarzumachen, dass Frauen keine Almosen wollen, sondern einfach das, was ihnen als Hälfte der Menschheit zusteht.
Vielen Dank an alle, die meinen Bericht unterstützen! Ich freue mich auch über die durchweg positive Bewertung für meinen Bericht durch die Nichtregierungsorganisationen im Bereich Entwicklung und Frauenrechte. Für die gute Zusammenarbeit und Ihre Unterstützung möchte ich mich ganz herzlich bedanken!
(Beifall)
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen nun zur Abstimmung.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Genowefa Grabowska (PSE), schriftlich. – (PL) Chancengleichheit und der gleichberechtigte Zugang von Frauen und Männern zu Ressourcen sowie die Teilhabe am öffentlichen Leben sind nicht nur außerhalb der EU im Rahmen der nachhaltigen Entwicklung von entscheidender Bedeutung – sie sind auch für viele Frauen in der Europäischen Union von größter Wichtigkeit. Dazu möchte ich Ihnen ein Beispiel geben: In Polen, in meiner Heimat Schlesien, sind Frauen, die sich täglich für die Gleichstellung von Frauen und Männern einsetzen, besorgt darüber, dass das Gender-Mainstreaming, das heißt die Gleichstellungspolitik, im wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Leben der Region nicht genügend Berücksichtigung findet.
Bei einer Zusammenkunft von Frauen am 8. März 2007 in Katowice erklärten die Teilnehmerinnen, die Gleichstellungspolitik werde weder von den örtlichen Gebietskörperschaften noch den öffentlichen oder privaten Medien gefördert, obgleich Polen vor fast vier Jahren der EU beigetreten ist. Zudem seien die schlesischen Behörden von dem Motto „Eine Demokratie ohne Frauen ist nur eine halbe Demokratie“ offenbar nicht überzeugt.
Nach den letzten Wahlen gibt es ein Drittel weniger Frauen in der schlesischen Politik. Wie kann man da von der Gleichberechtigung der Frau sprechen? Aus diesem Grund fordern die schlesischen Frauen von den örtlichen Behörden die gleichberechtigte Partizipation an der Lokalregierung und am Entscheidungsprozess, die Förderung von beruflichem Fortkommen und unternehmerischer Tätigkeit, Chancengleichheit im Hinblick auf Beschäftigung, Arbeitsbedingungen und Bezahlung sowie Gewaltfreiheit.
VORSITZ: MARTINE ROURE Vizepräsidentin
4. Abstimmungsstunde
Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Abstimmung.
(Abstimmungsergebnisse und sonstige Einzelheiten: siehe Protokoll)
4.1. Globaler Dachfonds für Energieeffizienz und erneuerbare Energien (A6-0006/2008, Claude Turmes) (Abstimmung)
4.2. Die Politik der Entwicklungszusammenarbeit der EU als Herausforderung für die neuen Mitgliedstaaten (A6-0036/2008, Danutė Budreikaitė) (Abstimmung)
4.3. Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen (A6-0027/2008, Neena Gill) (Abstimmung)
4.4. Besteuerung von unverbleitem Benzin und Gasöl (A6-0030/2008, Olle Schmidt) (Abstimmung)
4.5. Rolle der Europäischen Union im Irak (A6-0052/2008, Ana Maria Gomes) (Abstimmung)
– Nach der Abstimmung über Änderungsantrag 10:
Anna Záborská (PPE-DE). – (FR) Frau Präsidentin, ich möchte einfach eine mündliche Änderung vorschlagen, die folgendermaßen lautet: unter Berücksichtigung des vierten Genfer Abkommens vom 12. August 1949 über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten und seine Zusatzprotokolle I und II, ist es besonders besorgt angesichts der Gewaltakte, denen Mitarbeiter humanitärer, medizinischer und religiöser Einrichtungen in Ausübung ihrer Tätigkeit ausgesetzt sind. Das ist der Wortlaut des Änderungsantrags. Ich habe unsere Kollegen der verschiedenen Fraktionen umfassend konsultiert und sie haben mir zugesichert, dass sie meinen Vorschlag nicht blockieren werden.
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
4.6. EU-Verhaltenskodex für Waffenausfuhren (Abstimmung)
4.7. Die besondere Situation von Frauen im Gefängnis und die Auswirkungen der Inhaftierung von Eltern auf deren Leben in Familie und Gesellschaft (A6-0033/2008, Marie Panayotopoulos-Cassiotou) (Abstimmung)
– Vor der Abstimmung:
Teresa Riera Madurell (PSE). – (ES) Frau Präsidentin! Bevor wir über diesen Bericht abstimmen, lassen Sie mich sagen, dass ich zusammen mit der Berichterstatterin, Frau Panayotopoulos, und den übrigen Berichterstattern einen mündlichen Änderungsantrag zum ersten Änderungsantrag zu Ziffer 6 vorzuschlagen habe.
Es geht um die Streichung der beiden letzten Worte des Änderungsantrags, die ich auf Englisch vortragen muss: „contraception and abortion“; dadurch würden wir die Notwendigkeit einer Abstimmung über den zweiten Teil des betreffenden Änderungsantrags umgehen.
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
– Vor der Abstimmung über Änderungsantrag 7:
Marie Panayotopoulos-Cassiotou, Berichterstatterin. − (EL) Frau Präsidentin! Es geht um eine Änderung in der Wortfolge ‚Inhaftierung von Mädchen und Jungen’, und auch das Alter ändert sich von 17 auf 18.
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
4.8. Gleichstellung und Teilhabe – die Rolle der Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit (A6-0035/2008, Feleknas Uca) (Abstimmung)
Syed Kamall (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Was man auch denken mag über die gegenwärtige Debatte über den Klimawandel – und ich kann um mich herum eine Menge heiße Luft spüren –, ich denke, wir können uns alle auf die Notwendigkeit höherer Energieeffizienz einigen.
Wenn wir aber über Energieeffizienz reden, dann sollten wir uns vergewissern, dass wir etwa in den gleichen Bahnen denken. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: unsere gesamte Politik zu Energiesparlampen. Ja, wir wollen, dass die jetzigen Glühbirnen auslaufen, erheben aber Zoll auf die Einfuhr von Energiesparlampen. Ja, wir reden über das Verbot von Quecksilber in Barometern (wenngleich es eigentlich nur ein ganz geringes Risiko darstellt), aber gleichzeitig empfehlen wir die Verwendung von Energiesparlampen, die – ja, Sie haben es erraten – mehr Quecksilber enthalten. Nicht nur das, aber wir sprechen über Energieeffizienz und kommen weiterhin nach Straßburg, wodurch Tonnen und Abertonnen unnützes zusätzliches CO2 emittiert werden.
Wenn wir also wirklich führend sein wollen in der Energieeffizienz, sollten wir das Straßburger Parlament zumachen.
Bernard Wojciechowski (IND/DEM). – (PL) Herr Präsident! Ich habe für die Beteiligung der Gemeinschaft an einem Forschungs- und Entwicklungsprogramm zur Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen durch den Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien gestimmt. Das Projekt bietet nicht nur älteren Menschen Entwicklungsmöglichkeiten, sondern auch Behinderten, Frauen, die ihre Kinder zuhause erziehen, und Menschen in ländlichen Gebieten. Nach meinem Dafürhalten verhindert die Initiative die soziale Schichtung in Europa im Bereich des Zugangs zu digitalen Diensten sowie die Marginalisierung von sozialen Gruppen aufgrund des eingeschränkten Zugangs zu modernen Technologien. Allerdings gilt es dabei zu berücksichtigen, dass die Kosten für diese Technik möglichst gering gehalten werden.
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Ich habe für den Bericht über die Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen gestimmt, der sich mit Fragen befasst, die für viele Bürger Europas, insbesondere die ältere Generation, von grundlegender Bedeutung sind. Ältere Menschen sind abhängig von Rentenleistungen, die meist sehr niedrig ausfallen. Das Problem nimmt mit der wachsenden Zahl älterer Menschen zu, die solche Leistungen beziehen. Diese wiederum sind begrenzt, da die Zahl der Einzahler in das System abnimmt. Deshalb steuern wir auf eine Situation zu, in der eine Vielzahl älterer Menschen die verschiedensten Sozialleistungen beantragen wird. Viele von ihnen sind jedoch noch in der Lage, unterschiedlichste Tätigkeiten zu verrichten und können im Arbeitsmarkt aktiv bleiben. Die steigende Zahl älterer Menschen gepaart mit dem Bedarf an einem breiteren Spektrum an Dienstleistungen und Produkten führt zu einem Anstieg der Nachfrage in diesem Bereich.
Bernard Wojciechowski (IND/DEM). – (PL) Herr Präsident! Ich habe gegen den Bericht gestimmt, da er einige Fragen aufwirft. Ich befürworte die Bestimmungen der Richtlinie über die Harmonisierung der Verbrauchsteuersätze für Gasöl und Benzin nicht. Unterschiedliche Verbrauchsteuersätze ermöglichen den Wettbewerb zwischen Transportunternehmen aus verschiedenen EU-Ländern, was zweifellos dem Verbraucher zugute kommt. Des Weiteren lehne ich die Bestimmungen für eine EU-weite Erhöhung der Verbrauchsteuern für Kraftstoffe ab. Hohe Ölpreise auf den nationalen Märkten sowie die Anpassung von Verbrauchsteuern in allen 27 EU-Staaten hemmen das Wirtschaftswachstum in Ländern mit einem niedrigen BSP. Eine Erhöhung der Kraftstoffpreise bedeutet einen Anstieg der Preise für Waren und Dienstleistungen. Dementsprechend habe ich für die vorgelegten Änderungsanträge gestimmt, wonach den neuen Mitgliedstaaten, einschließlich Polen, gestattet sein sollte, abweichende Verbrauchsteuersätze beizubehalten.
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Ich habe dagegen gestimmt, weil die starke Erhöhung der Verbrauchsteuer für Gasöl zu einem Anstieg der Zölle für Waren und Dienstleistungen in den Ländern führt, die einen Verbrauchsteuersatz erheben sollen, der unter dem vorgeschlagenen gemeinschaftlichen Mindestsatz liegt, aber angesichts der Bedingungen in den betreffenden Ländern dennoch hoch ausfällt.
Da das Durchschnittseinkommen in den Mitgliedstaaten, die 2004 und 2007 der Europäischen Union beigetreten sind, relativ niedrig ist, fällt die vorgeschlagene Verbrauchsteuererhöhung zu hoch aus. Die Auswirkungen werden insbesondere die ärmsten Familien zu spüren bekommen, da der gegenwärtige Preisanstieg bei Kraftstoffen bereits ein tiefes Loch in ihre private Haushaltskasse frisst. Den am wenigsten entwickelten Ländern mit ihren geringen Einnahmen sollten deshalb wesentlich längere Übergangsfristen als die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Übergangszeit gewährt werden, um ihnen für die Anpassung mehr Zeit einzuräumen. Nach meinem Dafürhalten ist die vorgeschlagene Erhöhung ungerechtfertigt und unverhältnismäßig hoch.
Christopher Heaton-Harris (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Es ist sehr gut, dass Sie wieder den Vorsitz haben und diesen Erklärungen zur Abstimmung zuhören, was Sie, wie ich weiß, so gern tun. Ich möchte auch sagen, dass ich die Freundlichkeit und das Verständnis Ihrer Mitarbeiter und Dienste und Dolmetscher bei den Erklärungen zur Abstimmung in dieser Woche sehr schätze.
Ich habe aus einer ganzen Reihe von Gründen gegen diesen speziellen Bericht gestimmt. Zunächst glaube ich an einen Steuerwettbewerb. Ich meine nicht, dass Steuerharmonisierung oder Steuern überhaupt in die Zuständigkeit dieser Institutionen fallen sollte.
Zweitens hat der Finanzminister meines Landes in dieser Woche den britischen Pkw- und Lkw-Fahrern höhere Kraftstoffsteuern auferlegt, ohne die Folgen seines Tuns zu bedenken. Ich möchte ein ganz anderes Problem aufwerfen. Ich leite eine Kampagne beim Northampton Chronicle and Echo für die Leute, die in dieser Gegend meiner Region leben, wo man von uns höhere Preise für unseren Kraftstoff verlangt als in allen anderen größeren Städten der Umgebung. Ich möchte darauf hinweisen, dass es abgesehen von Steuerproblemen noch andere Probleme auf dem Kraftstoffmarkt gibt.
Syed Kamall (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte es meinem Kollegen gleich tun und Ihnen, Ihren Mitarbeitern und den Dolmetschern für ihre freundliche Geduld bei diesen Erklärungen zur Abstimmung danken, die für Sie zuweilen recht unterhaltsam, ein andermal aber auch ziemlich langweilig sein mögen. Ich verstehe das. Aber das gehört zum großen Kontrastprogramm in diesem Haus.
Sprechen wir nun über den Steuerwettbewerb. Wir reden hier von der Schaffung des größten Binnenmarkts der Welt, von der Umwandlung der EU zur wettbewerbsfähigsten Wirtschaft der Welt, vom weltweiten Wettbewerb, doch was tun wir, wenn es um die Frage des Steuerwettbewerbs geht? Nun, in der einleitenden Erklärung heißt es tatsächlich, dem Problem des Wettbewerbs komme man am besten durch vollständige Harmonisierung bei.
So sieht es also aus: Wir betrachten den Wettbewerb als Problem und reden zur gleichen Zeit über die Notwendigkeit einer wettbewerbsfähigeren Wirtschaft. Dies sollte nicht in die Zuständigkeit der EU fallen. Dafür sind die Mitgliedstaaten zuständig, und wir sollten es dabei belassen, denn eine wettbewerbsfähige Wirtschaft gewährleistet man am besten durch steuerlichen Wettbewerb, nicht durch Harmonisierung.
Bernard Wojciechowski (IND/DEM). – (PL) Herr Präsident! Ich habe dagegen gestimmt. Die Europäische Union hat kein Interesse daran, den Irak finanziell zu unterstützen. Es gibt Länder in Europa, die von solchen Beihilfen wesentlich stärker profitieren würden. Wie aus dem Bericht von Caritas Europa hervorgeht, sind vor allem allein erziehende Eltern und davon insbesondere Frauen in 14 europäischen Ländern, einschließlich Polen, Österreich, Deutschland und Großbritannien, von Armut betroffen.
Einem EU-Bericht zufolge hat Polen in der EU mit 26 % den höchsten Prozentsatz an Kindern, die in Armut leben. Einer von fünf polnischen Bürgern (19 %) lebt unterhalb der Armutsgrenze, und 22 % aller polnischen Kinder mit mindestens einem erwerbstätigen Elternteil sind von Armut bedroht. Das ist europaweit der höchste Wert. Dreizehn Prozent aller Polen haben ein Armutsrisiko, obwohl sie erwerbstätig sind. In Österreich leben 47 % der arbeitslosen, allein erziehenden Elternteile in chronischer Armut. Konzentrieren wir also unsere Bemühungen auf Europa.
- Bericht Marie Panayotopoulos-Cassiotou (A6-0033/2008)
Christopher Heaton-Harris (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Als Sie gestern den Vorsitz hatten, wies ich darauf hin, wie gern ich hier immer die Berichte des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter lese, und ich frage mich, warum es ihn gibt. Ich will das belegen: Heute haben wir einen Bericht, dessen Feststellungen eher zu jemandem passen, der als Kind zu viel Prisoner: Cell Block H gesehen hat, als dass er sich auf den eigentlichen Fakten der Situation von Frauen im Gefängnis gründet – und überhaupt frage ich mich, ob das in die Zuständigkeit dieses Hauses fallen sollte.
In Erwägung Q heißt es zum Beispiel: ‚in der Erwägung, dass die steigende Zahl inhaftierter Frauen teilweise auf die Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Frauen zurückzuführen ist ‘. Ich denke – und ich habe das in der Statistik mehrerer Länder der Europäischen Union nachgeprüft –, die Zahl nimmt einfach deshalb zu, weil die Bevölkerung wächst. Tatsache ist, dass der proportionale Anteil von Frauen im Gefängnis in ganz Europa sinkt.
Es heißt hier, dass in den Gefängnissen der Zugang zu sämtlichen Gesundheitsdienstleistungen gewährt werden sollte, und diese Leistungen sollten hochwertig sein. Ja, das ist völlig richtig. Aber in meinem Wahlkreis gibt es viele ältere Frauen, die liebend gern die gleichen Vorzüge gesundheitlicher Betreuung in Anspruch nehmen würden wie weibliche Gefängnisinsassen im Vereinigten Königreich. Deshalb habe ich mich bei diesem Bericht der Stimme enthalten.
Philip Claeys (NI). – (NL) Gestern habe ich auf die unantastbare Position der Türkei als Kandidatenland verwiesen, und dieser Sonderstatus wird durch den vorliegenden Bericht nur bestätigt. Wochenlang hat die Türkei Nordirak bombardiert und Zehntausend Soldaten sind in dieses Land eingefallen. Und was tut dieses Parlament anstelle einer unmissverständlichen Verurteilung dieses Angriffs? Es fordert die Türkei höflich auf, die territoriale Integrität des Irak zu achten.
Alle Bestimmungen, alle Grundsätze, alle Leitlinien und Kriterien müssen dem türkischen Beitritt weichen, von den Kopenhagener Kriterien bis hin zum Völkerrecht und dem darin verankerten Aggressionsverbot. Die Türkei betrachtet sich als über dem Gesetz stehend und wird in diesem Glauben von Europa ständig bestärkt. Eines Tages wird die Europäische Union ihre Haltung noch zu bereuen haben.
Bernd Posselt (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich war ein scharfer und klarer Kritiker und Gegner des Irak-Kriegs und bin es noch heute. Aber ich glaube, dass wir die Fehler, die wir dort gemacht haben, auch wiedergutmachen müssen. Deshalb sind wir als westliche Welt — Europa und die USA gemeinsam — dazu verpflichtet, alles zu tun, um Frieden und Stabilität zu sichern, und das wird schwierig genug. Deshalb ist der Bericht Gomes hervorragend.
Aber wir sollten wirklich die Gelegenheit nutzen, die Initiative der Kollegin Záborská für die Freilassung des verschleppten Erzbischofs zu unterstützen. Ich bedauere, dass durch einen Managementfehler dieses Hauses die entsprechende Entschließung nicht heute Nachmittag auf der Tagesordnung steht. Wir haben die Pflicht, alles zu tun, um diesem Repräsentanten einer in ihrer Existenz bedrohten Minderheit zu helfen, die Jahrhunderte lang friedlich mit ihren muslimischen Nachbarn zusammengelebt hat, und die ausgerechnet in einer Zeit vom Genozid bedroht ist, in der wir im Irak die Verantwortung tragen. Das ist nicht akzeptabel, und deshalb müssen wir uns in dieser Frage massiv einsetzen.
- Bericht Marie Panayotopoulos-Cassiotou (A6-0033/2008)
Bernard Wojciechowski (IND/DEM). – (PL) Herr Präsident! Ich teile im Wesentlichen die im Bericht von Frau Panayotopoulos-Cassiotou getroffenen Aussagen zur Situation von Frauen im Gefängnis. Die Gefängnisverwaltungen müssen für menschenwürdige Haftbedingungen für Gefängnisinsassen und Untersuchungshäftlinge sorgen.
Allerdings möchte ich auf die Situation von Frauen aufmerksam machen, die im Strafvollzug beschäftigt sind. In Polen sind 5 000 der 30 000 Vollzugsbeamten Frauen. Der Lohn für die Beschäftigten im Strafvollzug beträgt höchstens 500 Euro im Monat. Angesichts der Verantwortung, die das Gefängnispersonal für die ordnungsgemäße Verbüßung der Haftstrafe trägt, ist es wichtig, dass die Beamten, die mit weiblichen Gefangenen zu tun haben, überwiegend das gleiche Geschlecht haben, was die für weibliche Insassen unangenehmen Haftsituationen mildert und einen besseren Schutz ihrer Rechte gewährleistet. Ohne deutliche Lohnerhöhung und bessere Arbeitsbedingungen im Strafvollzug werden wir die im Bericht genannten Ziele jedoch nicht erreichen.
Christopher Heaton-Harris (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich habe mich bei der Abstimmung über diesen speziellen Bericht der Parteidisziplin unterworfen und gegen viele Änderungsanträge gestimmt. Ich habe allerdings ein Problem mit dem Inhalt der Erwägungen. Es heißt da: ‚in der Erwägung, dass zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung einheimische Streitkräfte aufgestellt werden müssen, die sich aus allen Bevölkerungsgruppen zusammensetzen und die das Vertrauen dieser Gruppen genießen‘. Das sind Iraker, die von Leuten im Irak gebildete einheimische Streitkraft, nehme ich an.
Man fragt sich eigentlich, mit welcher Entschlossenheit sich die einzelnen Mitgliedstaaten, aus denen sich das Europäische Parlament zusammensetzt, bisher bemüht haben. Man braucht sich nur anzusehen, wie viele Leute die Anstrengungen im Irak unterstützt haben, man mag ihnen glauben oder nicht. Wir unsererseits sollten uns bemühen, die von uns verursachten Probleme aus dem Weg zu räumen.
Ich denke wirklich, dass diese Entschließung zeigt, wie uns das Bemühen um eine zukünftig harmonisierte EU-Außen- und Sicherheitspolitik viele Probleme schaffen wird, sowohl in diesem Haus als auch in den Hauptstädten unserer Mitgliedstaaten.
Bernd Posselt (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich habe mit einem Großteil meiner Fraktion gegen diesen Bericht gestimmt, nicht wegen des Themas, sondern weil hier dieses wichtige Anliegen immer wieder für ideologische Schlachten um die Begriffe sexuelle und reproduktive Gesundheit bzw. Rechte missbraucht wird.
Ich möchte einmal an alle Fraktionen des Hauses appellieren, diesen ideologischen Streit zu Lasten der Sache einzustellen. Wir müssen klarstellen, dass reproduktive Gesundheit wichtig ist, dass sie aber nichts mit Abtreibung zu tun hat, weil dies nicht die Zuständigkeit der Europäischen Union ist, und dass auch jeder Staat das Recht hat, über seine eigene Rechtsordnung auf diesem Gebiet zu bestimmen. Das entspricht dem Subsidiaritätsprinzip, und deshalb dürfen keine Gelder von europäischen Bürgern für Zwecke verwendet werden, die in Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus ethischen und moralischen und rechtlichen Gründen sozusagen nicht akzeptabel sind.
Deshalb sollten wir ganz klar dieses Thema bei diesen Fragen ausklammern und uns auf neutrale Begriffe konzentrieren, die tatsächlich mit dem Thema Gesundheit zu tun haben und nichts mit dem Thema der Abtreibung, worüber es hier im Hause verschiedene Meinungen gibt und wo ich energisch für den Schutz des ungeborenen Lebens eintrete.
David Martin (PSE), schriftlich. − Der Bericht von Claude Turmes über den Globalen Dachfonds für Energieeffizienz und erneuerbare Energien (GEEREF) ist einer, dem ich meine Zustimmung gebe. Der GEEREF wird begrenzte öffentliche Mittel als Anreiz für private Investitionen in Projekte in Entwicklungsländern und Schwellenländern auf dem Gebiet der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien nutzen. Ein Fonds, der allen hilft, ein bestimmtes Niveau in der Energieeffizienz zu erreichen und der erneuerbare Energien einbezieht, hat meine Unterstützung, und so habe ich dafür gestimmt.
Rovana Plumb (PSE), schriftlich. − (RO) Die Entschließung bezieht sich auf die Schaffung eines innovativen Finanzinstruments zur Förderung bestimmter aus diesem Fonds finanzierter Projekte mit Blick auf den Übergang zu einer Wirtschaft mit niedrigen Kohlendioxidemissionen und die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels.
Die Entwicklung einer solchen Wirtschaft mithilfe von aus dem Fonds finanzierten Projekten bedeutet die Schaffung neuer Arbeitsplätze, gleiche Bedingungen für die soziale Entwicklung und Beseitigung von Diskrepanzen. Insofern ist die besondere Unterstützung für KMU beim Zugang zur Finanzierung ihrer GEEREF-Projekte von Vorteil.
Ich habe für diese Entschließung gestimmt, weil ich der Überzeugung bin, dass diese beiden Aktionsformen, nämlich die Senkung der Treibhausgasemissionen und die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels, parallel entwickelt werden müssen, und zwar mithilfe kohärenter und konvergierender Maßnahmen mit positivem Einfluss auf die Entwicklung des Arbeitsmarkts, die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Erhöhung des BIP.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Generell lässt sich sagen, dass das Ziel des Berichts darin besteht, die Einbeziehung der „neuen“ Mitgliedstaaten in die EU-Außenpolitik, insbesondere in die „Politik der Entwicklungszusammenarbeit“ und die „Europäische Nachbarschaftspolitik“ zu fördern.
Ferner wird in dem Bericht erwogen, dass die „neuen“ Mitgliedstaaten der EU eine Chance bieten, ihre „strategische Präsenz in Osteuropa, Zentralasien und im Kaukasus zu stärken“, Regionen, zu denen die „neuen“ Mitgliedstaaten vorrangige Beziehungen unterhalten und die bisher weniger in den Genuss europäischer „Hilfe“ kamen.
Das bedeutet, dass man sich die privilegierten Beziehungen der osteuropäischen Länder, die der EU 2004 beigetreten sind, als ein Interventionsinstrument der EU (unter Berücksichtigung der Interessen der wichtigsten Kräfte und ihrer starken Wirtschafts- und Finanzunternehmen, vor allem auf dem Energiesektor) in den Ländern der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) und den Ländern des westlichen Balkans sowie des Kaukasus zunutze zu machen versucht.
Das heißt, die „Erfahrungen“ dieser Länder beim „Übergangsprozess“ zum Kapitalismus und bei der Einbeziehung in die NATO und die EU sollen als praktikables Modell in diesen Regionen genutzt werden. Darum geht es letztendlich: Um eine Politik, die die Interessen des Kapitalismus mit „Entwicklung“ umschreibt.
David Martin (PSE), schriftlich. − (EN) Ich unterstütze Danutė Budreikaitės Bericht über die Politik der Entwicklungszusammenarbeit der EU als Herausforderung für die neuen Mitgliedstaaten. Zwar verfügen die neuen Mitgliedstaaten der EU, mit Ausnahme Maltas und Zyperns, über beste Erfahrungen bei der zielgerichteten Umsetzung der Entwicklungspolitik in unseren östlichen Nachbarländern, doch müssen wir ihr Engagement für das subsaharische Afrika und andere am wenigsten entwickelte Länder der Dritten Welt aktiv fördern. Unsere neuen Mitgliedstaaten stärken die Rolle der EU als Partner in der Welt, und man sollte sie in dieser Rolle uneingeschränkt ermutigen. Der Bericht und seine Empfehlungen haben meine Unterstützung.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. − (PT) Allein die Tatsache, dass wir über die Rolle der neuen Mitgliedstaaten im Rahmen der Politik der Entwicklungszusammenarbeit der Europäischen Union debattieren, vor allem im Hinblick auf die Länder Afrikas, der Karibik und des Pazifischen Raums (AKP), ist ein unverkennbarer Beweis für den Erfolg des Erweiterungsprozesses und die Einbeziehung der Länder, die in den letzten Jahren beigetreten sind.
Die „ehemaligen osteuropäischen Länder“ pflegten sicherlich eine lange Tradition in der „Zusammenarbeit“ mit Afrika und möglicherweise bleiben die Beziehungen bestehen, wenn auch unter vollkommen anderen Bedingungen. Die Kernfrage besteht jedoch darin, dass es diesen Ländern, die immer noch unverdrossen gegen die Kosten ihrer Reformen ankämpfen, nunmehr gelingt, mit der aktiven Zustimmung in ihrer Bevölkerung zur Zusammenarbeit und Entwicklung beizutragen. Dieser beispielhafte vorwärts weisende Weg könnte, und so hoffen wir, von weiteren Ländern unter weitgehend gleichen Umständen in anderen Teilen der Welt beschritten werden.
Andrzej Jan Szejna (PSE), schriftlich. − (PL) Ich stimme für den Bericht von Frau Budreikaitė über die Politik der Entwicklungszusammenarbeit der EU als Herausforderung für die neuen Mitgliedstaaten.
Es ist ein ausgezeichneter Bericht, der eine detaillierte Analyse der aktuellen Entwicklungszusammenarbeit der neuen Mitglieder, der beteiligten Institutionen und Programme, der Zielländer und der entsprechenden finanziellen Beiträge liefert.
In den im Bericht behandelten Themen wird der Schwerpunkt auf die Beziehungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und ihren neuen östlichen Nachbarn gelegt. Die neuen Mitglieder stellen ein wichtiges Bindeglied zwischen der EU und ihren neuen Nachbarländern dar.
Ich persönlich plädiere dafür, wirksame Formen der Zusammenarbeit zwischen alten und neuen Geberländern zugunsten der weniger entwickelten Länder zu entwickeln und sich die exponierte Stellung der neuen Mitgliedstaaten in bestimmten Regionen und Ländern zu Nutze zu machen.
Edite Estrela (PSE), schriftlich. − (PT) Ich habe für den Bericht von Frau Neena Gill über den Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Beteiligung der Gemeinschaft an einem Forschungs- und Entwicklungsprogramm gestimmt. Dieses Programm ist auf die Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen durch den Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) gerichtet. Die Beteiligung der Europäischen Union an diesem Programm wird gewährleisten, dass die demografischen Herausforderungen dadurch effektiver bewältigt werden können.
Der Einsatz der IKT kann älteren Menschen helfen, selbstständiger zu werden sowie ihre Gesundheit zu erhalten, und kann somit ihre Lebensqualität verbessern.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Wir haben für diesen Bericht gestimmt, der sich mit dem Vorschlag zur Beteiligung der EU am Forschungs- und Entwicklungsprogramm der Europäischen Kommission auseinandersetzt, das auf Beschluss mehrerer EU-Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) erarbeitet wurde, um Menschen im Alter eine Hilfe zu bieten und ihnen ein aktives Altern zu ermöglichen. Das Programm trägt die Bezeichnung „Umgebungsgestütztes Leben” und ist um Synergieeffekte in Bezug auf das Management und die finanziellen Ressourcen bemüht. Portugal beteiligt sich ebenfalls daran.
Der Bericht, dem das Europäische Parlament jetzt zugestimmt hat, richtet sein Augenmerk auf die Förderung der Rolle der Frauen in Wissenschaft und Forschung und bietet dafür konkrete Vorschläge. Ferner werden darin die Einbeziehung der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und der gleichberechtigte Zugang aller Mitgliedstaaten zu kostengünstigen Lösungen hervorgeboben, mit dem Ziel die Vergrößerung der digitalen Kluft und damit die Entstehung eines zweigeteilten Europas zu verhindern.
Es wird darüber hinaus vorgeschlagen, dass die Kommission bis 2010 eine Zwischenbewertung im Hinblick auf die Qualität und Effizienz der Durchführung des Programms vornehmen sollte.
Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. – (FR) Einige Bemerkungen zum Bericht Gill, der in erster Linie die Organisation von Forschungsprogrammen betrifft, die die Unabhängigkeit von alten Menschen durch die Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien verbessern sollen.
Die Erste betrifft den Inhalt: Es ist schwer erkennbar, welchen Wertzuwachs die Europäische Union einem Projekt bringen würde, das völlig legitim von einigen Mitgliedstaaten initiiert wurde – außer dass der Prozess bürokratischer würde und eine neue Gemeinschaftseinrichtung geschaffen würde. Der großzügige finanzielle Zuschuss der Union in Höhe von 150 Millionen Euro, verteilt über mehrere Jahre, abzüglich der Betriebskosten der vorgenannten Einrichtung scheint kein überzeugendes Argument zu sein.
Meine zweite Bemerkung betrifft die Form der Vorschläge. In diesem Hause werden Legislativberichte immer häufiger in Form eines Kompromisses zwischen Parlament und Rat vorgelegt – mit der Vorstellung, die Annahme bereits in erster Lesung zu ermöglichen. Da wird nun aber der Gesetzgeber urplötzlich von einer Handvoll Verhandlungsexperten als Geisel genommen. Ich sehe in der Ausweitung dieser Praxis eine Gefahr für die Demokratie.
Françoise Grossetête (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, der die Beteiligung der Europäischen Union am Forschungs- und Entwicklungsprogramm für umgebungsunterstütztes Leben (AAL) vorschlägt, das gemeinsam von einer Reihe von Mitgliedstaaten und Drittstaaten in Angriff genommen worden ist.
Die Alterung der Bevölkerung stellt eine Herausforderung für die europäische Gesellschaft und die europäische Wirtschaft dar. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt heute 80 Jahre und die Zahl der Menschen im Alter von 65 bis 80 Jahren wird zwischen 2010 und 2030 um etwa 40 % steigen.
Es entstehen neue Lösungen, die den Menschen helfen, den Gedächtnisverlust, die Seh- und Hörbehinderung und die eingeschränkte Mobilität oder den Verlust an Unabhängigkeit auszugleichen, die im Alter häufiger auftreten.
Die Beteiligung der Europäischen Union an diesem Programm basiert auf dem Siebten Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung der Europäischen Kommission. Die Europäische Union wird Projekte, die eine Hebelwirkung haben werden, mit 150 Millionen Euro kofinanzieren, die im Zeitraum 2008 bis 2013 auf mindestens 600 Millionen Euro aufgestockt werden.
Die am AAL-Programm beteiligten Länder sollten sich auch an seiner Finanzierung beteiligen und eine angemessene oder höhere Summe beisteuern, was bedeutet, dass jedes Land mindestens 20 % seines nationalen Forschungsbudgets in diesem Bereich investiert.
Mieczysław Edmund Janowski (UEN), schriftlich. − (PL) Ich habe für den Bericht von Frau Gill (A6-0027/2008) mit dem Titel „Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen“ gestimmt, der darauf abzielt, die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien als Mittel zur Unterstützung älterer Menschen zu fördern.
Bekanntlich steigt die Lebenserwartung in unseren Gesellschaften immer weiter, was einen sehr positiven Trend darstellt. Die durchschnittliche Lebenserwartung in der EU beträgt mittlerweile 80 Jahre, und der Anteil der über 65-Jährigen wird bald 40 % ausmachen. Die betreffenden Technologien können Senioren in den verschiedensten Situationen außerordentlich nützlich sein, so unter anderem bei der Verlängerung ihrer beruflichen und sozialen Tätigkeit sowie im Hinblick auf die Verbesserung ihrer Lebensqualität. Selbstverständlich müssen auch die besonderen Bedürfnisse behinderter Menschen berücksichtigt werden. Der Zugang zu diesen Dienstleistungen und Technologien muss hauptsächlich durch die Bereitstellung von Breitband-Internetverbindungen sowohl in den Städten als auch auf dem Land gewährleistet werden, um geografische Diskriminierung zu vermeiden.
Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. − Ich stimme für eine Ko-Finanzierung des Programms „Umgebungsunterstütztes Leben“ durch die Europäische Union, da dieses nicht nur älteren Menschen, sondern auch anderen Bevölkerungsgruppen, wie zum Beispiel behinderten Personen, zugute kommen würde. Gerade durch die starke demographische Veränderung der europäischen Bevölkerung und den Anstieg der Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten sehe ich eine Notwendigkeit darin, den Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien zu unterstützen, welche zu einer erheblichen Erleichterung der Bewältigung alltäglicher Hürden, die im höheren Alter entstehen, führen würden. Bezüglich der generellen Senkung von Kosten auf dem Gesundheitssektor durch den Einsatz dieser neuen Technologien weise ich noch auf Studien über das Mobile Health Monitoring hin, dessen Einsatz allein in Deutschland die jährlichen Ausgaben im Bereich Gesundheit um 1,5 Milliarden Euro senken würde.
Weiters möchte ich den Vorteil der kostengeteilten Finanzierung betonen, die unter anderem auch eine positive Wirkung auf den privaten Sektor hätte, da indirekt auch eine Förderung der kleinen und mittelständischen Betriebe stattfinden würde.
Ich befürworte das AAL-Programm sehr, weil durch den Einsatz neuer Technologien weiterhin die Privatsphäre älterer Menschen respektiert und somit ein Altern in Würde ermöglicht wird.
David Martin (PSE), schriftlich. − (EN) Ich unterstütze Nina Gills Bericht ‚Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen‘. Wenn wir die Mittel konzentrieren und Forschung und Entwicklung auf europäischer Ebene koordinieren, sind wir eher in der Lage zu bewerten, wie das Leben unserer älteren Bürgerinnen und Bürger zu verbessern ist. Durch die Festsetzung eines Mindestbeitrags sichern wir die Teilnahme aller Mitgliedstaaten in dieser Sache. Ich möchte der Berichterstatterin Lob für ihren Bericht spenden und unterstütze die in ihm enthaltenen Empfehlungen.
Jan Andersson, Göran Färm, Anna Hedh, Inger Segelström und Åsa Westlund (PSE), schriftlich. – (SV) Wir haben den Bericht in seiner Gesamtheit unterstützt, denn unserer Ansicht nach muss die EU Maßnahmen gegen den ungesunden Steuerwettbewerb im Kraftstoffsektor Priorität einräumen, um ihre Klimaziele erreichen zu können.
Der Vorschlag zur Steuerharmonisierung würde einzelne Mitgliedstaaten auch nicht daran hindern, ihre CO2-Steuern für Benzin und Diesel zu erhöhen.
Das ist ein weiterer wichtiger Grund für unsere Befürwortung des Berichts.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Dieser Vorschlag für eine Richtlinie hat die Annäherung der unterschiedlichen Kraftstoffpreise in den einzelnen Mitgliedstaaten zum Ziel, die zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem Güterverkehrsmarkt und zur Umweltbelastung führen. Die Preisunterschiede bei Gasölkraftstoff sowie bei unverbleitem Benzin sind tatsächlich erheblich.
Für Portugal, einem der Länder, in dem sich diese Situation unter Beachtung der Preisunterschiede zwischen unserem Land und Spanien bemerkbar macht, ist der Vorschlag daher wichtig: Portugiesische Unternehmen leiden unter dem Wettbewerb mit den spanischen Unternehmen, weil Letztere von den niedrigeren Kraftstoffpreisen profitieren – der Anteil der Kosten für Kraftstoff beträgt rund 30 % – wegen der niedrigeren Besteuerung von Kraftstoff (und der MwSt. bzw. der USt.).
Portugiesische Unternehmen haben die Stagnation bei den Festlöhnen für die Arbeitnehmer mit diesem Kostendruck gerechtfertigt, mit schwerwiegenden Folgen für die Erwerbstätigen.
Der Vorschlag des Europäischen Parlaments ist vorwiegend positiv, weil darin die Übergangszeiten in Artikel 18 gestrichen werden, was in der gegenwärtigen Situation einen überaus bedeutsamen Aspekt im Vertrauen darauf darstellt, dass es somit möglich wird, den Unterschied zwischen Portugal und Spanien im Jahr 2010 zu verringern, weil das letztere Land seine Besteuerung für Gasölkraftstoff von 302 EUR auf 330 EUR anheben muss. Die Angleichung wird 2012 und 2015 weitergeführt. Für unverbleites Benzin wird es durch diese Maßnahmen leider keine Veränderung geben.
Robert Goebbels (PSE), schriftlich. – (FR) Ich habe gegen den Bericht Schmidt gestimmt, da das Europäische Parlament, anstatt das Vorhaben der Kommission zu unterstützen, eine Art Zaubertrick angewandt und die alten gegen die neuen Ländern ausgespielt hat. Jedenfalls werden schließlich die Minister ganz allein entscheiden, und es muss eine einstimmige Entscheidung sein.
Bruno Gollnisch (NI), schriftlich. – (FR) Höhere Besteuerung und mehr Auflagen – das ist das Rezept, das Brüssel für Europa hat! Die Harmonisierung der Verbrauchsteuersätze wie die Harmonisierung der Mehrwertsteuer durch Festlegung bindender Besteuerungsmindestsätze, wie es sie seit 15 Jahren gibt, ist nachweislich unwirksam, vollkommen unnütz und in manchen Fällen sogar schädlich.
Muss ich Sie daran erinnern, dass dies die Mitgliedstaaten davon abhält, beispielsweise die Mehrwertsteuer im Gaststättengewerbe zu senken, obwohl dies ein Bereich ist, im dem eine Verzerrung der grenzüberschreitenden Konkurrenz am wenigsten glaubhaft ist und wo durch eine solche Maßnahme Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen werden könnten? Muss ich Sie daran erinnern, dass die neuen Mitgliedstaaten gezwungen sind, ihre Steuern in einem für ihre Bürger exorbitanten Umfang zu erhöhen, um sich den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft anzupassen – während andere europäische Vorschriften gleichzeitig von ihnen fordern, ihre Inflationsraten zu senken?
Man schlägt uns heute vor, die Steuer für Dieselkraftstoff auf die für bleifreien Kraftstoff anzuheben, unter dem Vorwand des Umweltschutzes und einer vorgeblichen Notwendigkeit der Bekämpfung des ‚Tanktourismus’ – das heißt der Nutzung von Wettbewerbsvorteilen durch einfache Leute! Das ist umso skandalöser als man insbesondere in Frankreich die Autofahrer angeregt hat Diesel-Fahrzeuge zu kaufen – um sie nun umso mehr zur Kasse bitten zu können!
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Mit dieser Erklärung zur Abstimmung soll nachdrücklich darauf hingewiesen werden, dass wir uns abermals eine Möglichkeit vergeben, auf EU-Ebene – da wir nun einmal über diesen Mechanismus verfügen – Maßnahmen zum Schutz der handwerklichen Küstenfischerei zu ergreifen, indem es uns nicht gelingt, wenigstens die gleichen Bedingungen für die Besteuerung von Benzin anzuwenden, in deren Genuss die Verbraucher von landwirtschaftlich und fischereiwirtschaftlich genutztem Gasöl gekommen sind. Es sei daran erinnert, dass Benzin der für die Schiffe in diesem bedeutenden und größten Segment innerhalb der Flotten der einzelnen Mitgliedstaaten, insbesondere Portugals, verwendete Kraftstoff ist.
In seiner Entschließung vom 28. September 2006 zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in der Fischereiwirtschaft hat das Europäische Parlament unter Berücksichtigung der besonders negativen Auswirkungen, die die erhöhten Kraftstoffpreise auf die Fischereiwirtschaft haben – was die bestehende sozioökonomische Krise verschärft und die Einkommen der Fischer drastisch mindert – und unter Hervorhebung der bestehenden ernstzunehmenden Gefahr für die Existenz tausender Fischereibetriebe und des Verlustes tausender Arbeitsplätze, eine Reihe von Vorschlägen angenommen, um den Sektor in einem solchen Maße zu unterstützen, dass er die gestiegenen Kraftstoffpreise schultern kann. Eineinhalb Jahre danach ist, abgesehen von der Anhebung der „De minimis“-Beihilfe, auf EU-Ebene praktisch nichts unternommen worden.
David Martin (PSE), schriftlich. − (EN) Olle Schmidts Bericht ‚Besteuerung von unverbleitem Benzin und Gasöl‘ hat zum Ziel, die Ungleichheiten bei den Verbrauchssteuersätzen für Kraftstoff in der gesamten Union zu beseitigen. Das gegenwärtige Ungleichgewicht hat den Kraftstofftourismus gefördert, der wirtschaftliche und ökologische Auswirkungen hat. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um dieser Praxis entgegenzuwirken. Dennoch nehme ich die Bedürfnisse der neuen Mitgliedstaaten zur Kenntnis, die noch im Prozess der wirtschaftlichen Entwicklung stehen und die Zeit zur Anpassung an die vorgeschlagenen Maßnahmen brauchen. Ich habe für diesen Bericht gestimmt.
Pierre Pribetich (PSE), schriftlich. – (FR) Das Anliegen des Vorschlags der Kommission war die Einleitung von Maßnahmen zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes gemäß den im Paket zu Energie und Klimawandel gesetzten Zielen. Jedoch entsprechen weder der Vorschlag der Kommission noch der heute angenommene Bericht der dringenden Notwendigkeit einen Kraftstoff zu entwickeln, der bei der Bekämpfung der CO2-Emissionen wirklich etwas ändert. Durch die Disparität der vorgeschlagenen Anpassungen sowie die sowohl zeitliche als auch geografische Streuung in der Europäischen Union, werden die vorgeschlagenen Maßnahmen unwirksam.
Wenn wir wirklich ein „Zeitalter der sauberen Luft“ einleiten wollen, müssten wir zeigen, dass wir im Umweltbereich mehr Ideenreichtum entwickeln und Maßnahmen unterstützen, mit denen wir die Klimaverschiebungen effektiv bekämpfen können. Die von der Kommission und dem Bericht von Olle Schmidt vorgeschlagene Änderung der Besteuerung verbessert aber nun weder die Forschung noch das Konzept eines neuen alternativen Kraftstoffs zur Verringerung des CO2-Ausstoßes.
Heute möchte ich meinen klaren Widerspruch zur Logik dieses Berichts zum Ausdruck bringen, und deshalb habe ich gegen diesen Kompromiss gestimmt, der das erklärte Ziel verfälscht.
Alessandro Battilocchio (PSE), schriftlich. − (IT) In dem Bericht Gomes wird die dramatische und schwierige Situation, in der sich der Irak befindet, zur Kenntnis genommen. Die nichtstaatlichen Organisationen und die verschiedenen für den Wiederaufbau der Region zuständigen Einrichtungen sind de facto nicht imstande, die Probleme, die in Jahrzehnten des Krieges, der Diktatur und der Sanktionen entstanden sind, zu lösen.
Vor diesem Hintergrund ist es die Pflicht der europäischen Organe, eine mehrdimensionale Strategie für den Irak zu unterstützen, mit der die direkte EU-Hilfe für die technische Unterstützung bei der Förderung der Rechtsstaatlichkeit, der Justiz und der verantwortungsvollen Finanzverwaltung verstärkt wird, um die grundlegenden Menschenrechte durch die Schaffung regionaler Stabilität und Sicherheit zu schützen.
Das Parlament fordert daher den Rat auf, europäische Unternehmen zu Investitionen im Gebiet des Irak zu ermutigen und Verhandlungen über ein Handelsabkommen zwischen der EU und Irak zu führen, um den irakischen Markt an die europäischen Vorschriften anzunähern.
Im Wesentlichen wird mit dem Vorschlag des Europäischen Parlaments, dem ich vollkommen beipflichte, eine neue Strategie für den Irak empfohlen, die eine adäquate Nutzung des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) und die Förderung eines pluralistischen und unabhängigen Informationssystems vorsieht.
Als Berichterstatter des Entwicklungsausschusses für den Bericht Erasmus Mundus 2009-2013 werde ich mich ab sofort dafür einsetzen, dass der für den Irak bereitgestellte Finanzierungsbetrag aufgestockt wird: Die Verbreitung der Kultur ist ein grundlegender Schritt zur Schaffung echter Rechtsstaatlichkeit.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Mit der angenommenen Entschließung wurde die „unglaubliche“ Heldentat vollbracht, nicht, auch nur im Geringsten, auf den brutalen und unrechtmäßigen Angriff und die Besetzung des Irak durch die USA und ihre Verbündeten Bezug zu nehmen.
In der gesamten Entschließung werden die vielen hunderttausenden Todesopfer unter den Irakern, die Zerstörung eines ganzen Landes und die vorsätzliche und massive Missachtung der Menschenrechte durch den Angriff und die Besetzung bemäntelt.
In der Entschließung wird die an allererster Stelle zu nennende Ursache für die außerordentlich schwerwiegenden Probleme, mit denen die irakische Bevölkerung und ihr Land gegenwärtig konfrontiert werden, und folglich auch die Möglichkeit ihrer Lösung vollkommen verschwiegen: der sofortige Abzug der Besatzungsstreitkräfte.
Im Wesentlichen wird durch die Entschließung der Status quo gebilligt, indem er als fait accompli dargestellt wird, und es werden Bemühungen unternommen, eine stärkere Beteiligung der EU beim Eingreifen im Irak zu fördern, der wie Afghanistan und das Kosovo als ein weiterer Staat unter der Kontrolle der USA/NATO/EU betrachtet wird. Das ist insofern erstaunlich, als im selben Moment die Auffassung vertreten wird, dass die Nachbarstaaten wohl von jeglichem Eingreifen im Irak Abstand nehmen werden und seine Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität sowie den Wunsch der irakischen Bevölkerung respektieren müssen, die Rechtsstaatlichkeit und das politische System ihres Landes aus eigener Kraft aufzubauen.
Folglich stimmen wir dagegen.
Jean Lambert (Verts/ALE), schriftlich. − (EN) Ich habe für diesen Bericht gestimmt trotz der in einer der Erwägungen zum Ausdruck gebrachten Auffassung, alle Probleme im Irak seien dem vorherigen Regime zuzuschreiben. Es besteht kein Zweifel daran, dass Saddam Hussein ein grausamer Diktator war und den Tod von vielen seiner Landsleute herbeigeführt hat, nicht zuletzt mit dem systematischen Versuch der Ausrottung der Kurden. Doch das völlige Fehlen einer Strategie der Besatzungsmächte für den Wiederaufbau des Landes hat ebenfalls zu unsagbarem Leid geführt.
Ich bin allerdings sehr froh über die Auffassung des Parlaments, dass kein Land Menschen zwangsweise in den Irak zurückführen sollte. Das Land ist nicht sicher, nicht einmal das irakische Kurdistan, das vor kurzem erleben musste, wie türkische Panzer über seine Grenzen einfielen und weitere Angst und Instabilität verursachten. Angehörige vieler Parteien im irakischen Parlament haben uns gesagt, eine Rückkehr sei gefährlich und destabilisiert das Land selbst potenziell. Im Unterausschuss für Menschenrechte haben wir auch von der Not von Millionen Irakern erfahren, die als Flüchtlinge in Nachbarländern mit nur geringer Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft leben. Wir sollten die öffentlichen Dienstleistungen in diesen Ländern unterstützen und wenigstens für die Bildung und Erziehung der Kinder sorgen.
Patrick Louis (IND/DEM), schriftlich. – (FR) Die Vertreter des Mouvement pour la France im Europäischen Parlament haben seit Beginn der US-amerikanischen Intervention im Irak einen gleichbleibenden Standpunkt vertreten. Durch die Erfahrung unseres Landes und seine Nähe zum irakischen Volk konnten wir die menschliche, militärische und moralische Katastrophe vorausahnen, die diese Intervention herbeiführen würde.
Nun ist das Unglück geschehen und die Mitgliedstaaten sollten allein oder gemeinsam handeln, um zu retten und wiederherzustellen, was immer möglich ist. Vor der US-amerikanischen Intervention war der Irak das einzige islamische Land, auf dessen Territorium es eine große und prosperierende christliche Gemeinschaft gab – eine Gemeinschaft, die dort sogar bereits vor der Entstehung des Islam gelebt hat.
Eine der dramatischsten Folgen der US-Intervention ist der Exodus, zu dem diese Bevölkerungsgruppe durch Terror und Einschüchterung getrieben wird. Es ist für den Irak heute und für die Zukunft eine Katastrophe. Auf längere Sicht stellt der schnelle Rückgang des Religionen-Mixes im Nahen Osten eine menschliche und wirtschaftliche Verarmung dar, die die Stabilität und den Wohlstand der gesamten Region gefährdet.
Für den Historiker Fernand Braudel begann die Geschichte in Sumer, heute jedoch scheint die lange Geschichte der christlichen Minderheiten im Irak zu Ende zu gehen.
Wir als Nationen Europas können diese große Ungerechtigkeit nicht durch unsere Untätigkeit unterstützen.
Die irakischen christlichen Gemeinschaften waren einst offen und gastfreundlich gegenüber dem Islam und sie haben gemeinsam mit ihren muslimischen Nachbarn ein Land aufgebaut, das prosperierend war, bevor es durch Fanatismus und Kriege verwüstet wurde.
(Erklärung zur Abstimmung gekürzt gemäß Artikel 163 GO)
David Martin (PSE), schriftlich. − (EN) Ich freue mich darüber, dass Ana Gomes mit ihrem Bericht über die Rolle der EU im Irak den Blick nach vorn richtet und eine Strategie für den Aufbau eines stabilen demokratischen irakischen Staats formuliert, der die Menschenrechte und das reiche ethnische und konfessionelle Gefüge des Landes achtet. Der Irak braucht Europa, um mitzuhelfen – aufbauend auf den jüngsten Verbesserungen in der Sicherheit, was noch viel Zeit in Anspruch nehmen wird –, Investitionen ins Land zu holen und ein verstärktes Engagement der NRO für den Wiederaufbau des Landes zu fördern. Ganz Europa hat ein Interesse an einem stabilen und sicheren Irak, und ich habe den Eindruck, dass die Empfehlungen des Berichts das in Rechnung stellen.
Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Mit dem Bericht soll sichergestellt werden, dass die EU einen größeren Anteil am imperialistischen Beutegut aus dem Krieg gegen den Irak und aus Interventionen in der weiteren Region des Nahen Ostens abbekommt. In diesem Zusammenhang:
sucht er nach Mitteln und Wegen zur Etablierung einer langfristigen EU-Präsenz im Lande, um europäischen Firmen zu helfen, im Rahmen von Ausschreibungen in den Wiederaufbau des Irak zu investieren, das heißt, den Anteil an der Beute, der an die EU-Monopole geht, zu erhöhen;
ruft er zur bedingungslosen Hilfe für die kollaborationistische ‚Regierung‘ des Irak auf;
schlägt er Strategien für die aktive Beteiligung an der imperialistischen Okkupation vor. Damit das Militär und die Polizei Teil der Besatzungsarmeen sein können, muss man sich nur verschiedene Hüte aufsetzen und den Namen in ‚UN-Kräfte‘ ändern;
während also die katastrophalen Folgen des Krieges und des Abschlachtens der irakischen Bevölkerung auf zynische Weise akzeptiert werden, stellt der Bericht eilends fest, dass das Geschehen abgeschlossen ist;
Der Bericht legitimiert nicht nur die Besatzungsarmeen, die er als ‚Multinationale Truppe‘ bezeichnet, sondern auch die Privatfirmen von Mördern, die im Irak aktiv sind, vorausgesetzt es bestehen Regeln für ihre kriminellen Aktivitäten!
Die Kommunistische Partei Griechenlands verurteilt diesen Bericht. Sie bringt ihre Solidarität mit dem Widerstand der Iraker und dem Kampf der Völker der Region für die Befreiung vom imperialistischen Joch der Okkupation und für ihr unveräußerliches Recht zum Ausdruck, über ihre eigenen Geschicke zu bestimmen.
Luís Queiró (PPE-DE), schriftlich. − (PT) Die Tatsache, dass sich das Parlament entschlossen hat, die künftige Rolle der Europäischen Union im Irak zu erörtern und nicht auf einer nutzlosen Debatte über Probleme beharrt, die der Vergangenheit angehören, ist positiv. Die fünf Jahre, die im Augenblick von Belang für uns sind, sind die kommenden fünf Jahre und nicht die vergangenen.
Der Ausgangspunkt einer jeden Debatte zu dieser Thematik muss jetzt darin bestehen, anzuerkennen, dass sich die Lage für die breite Öffentlichkeit deutlich verbessert hat, obgleich sie immer noch sehr ernst ist. Was diese Verbesserung insbesondere zum Vorschein bringt, ist, dass es einen gangbaren Weg in die Richtung des Ziels gibt, einen demokratischen und sicheren Staat aufzubauen. Wir können unser Ziel erreichen. Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt uns jedoch, dass es nur mit mehr Engagement, wachsender Sicherheit, Investitionen in die Ausbildung der irakischen Behörden und, was von äußerster Wichtigkeit ist, einer aktiven Mitwirkung bei der Schaffung einer Infrastruktur, die die Wirtschaft, vom Erdöl abgesehen, in Gang bringt, erreichbar ist. Dies schließt im konkreten Fall der Europäischen Union enorme Investitionen in den wirtschaftlichen Wiederaufbau Iraks und in die Demokratisierung des Landes ein. Ein demokratischer und sicherer Irak, der die Menschenrechte achtet, ist für die Region und für die Welt von elementarer Bedeutung.
Karin Scheele (PSE), schriftlich. − Ich weiß natürlich, dass wir im Plenum über den Berichtsentwurf von meiner Kollegin Ana Gomes über die Rolle der Europäischen Union abgestimmt haben und nicht über die Begründung, die sie uns zu ihrem Bericht liefert. Trotzdem ist es für mich wichtig, dass in der Begründung der Berichterstatterin einmal mehr die Tatsache unterstrichen wird, dass die Invasion im Irak ein strategisches und humanitäres Desaster war, und dass die irakische Gesellschaft durch den Krieg und das damit verbundene Chaos und die damit verbundene Gewalt erneut traumatisiert wurde.
Ich finde es begrüßenswert, dass die Berichterstatterin – neben allen wichtigen Punkten, die sie anführt – explizit die Gewährleistung einer stärkeren Rolle der Frauen und die Beachtung der Rechte von Frauen, Minderheiten und Kindern nennt, um gute Arbeit im Irak zu leisten.
Bart Staes (Verts/ALE), schriftlich. – (NL) Ich halte es für bedauerlich, dass das Europäische Parlament bislang auf jegliche Analyse des Irakkriegs verzichtet hat. In den letzten Jahren hat das Parlament durchweg geschwiegen und den von der Bush-Administration verbreiteten Lügen nicht einmal widersprochen. Für eine demokratische Institution wie das Parlament ist dies vielsagend! Es wird für uns schwierig werden, glaubwürdig zu bleiben, wenn wir selbst gegen UNO-Mitglieder, die die UNO-Charta missachten, nichts unternehmen.
Frau Gomes gibt uns eine Bewertung der Situation im Irak. Ihr Bericht über die Rolle der Europäischen Union im Irak enthält einige nützliche Empfehlungen für den Wiederaufbau des Landes. Verschiedene Themen werden angesprochen, und alle vorgeschlagenen Maßnahmen erscheinen mir realisierbar. Ich begrüße vor allem die Vorschläge für multilaterale Bemühungen unter UNO-Schirmherrschaft, um eingehende diplomatische Gespräche zwischen den Vereinigten Staaten und den Nachbarländern des Irak in Gang zu bringen. Das Ziel muss darin bestehen, im Irak eine Demokratie aufzubauen, die auf rechtsstaatlichen Grundsätzen, verantwortungsvoller Staatsführung und den Menschenrechten beruht. Daher unterstütze ich den Bericht.
Anna Záborská (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Das 4. Genfer Abkommen über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten legt fest, dass Mitarbeiter humanitärer, medizinischer und religiöser Einrichtungen zu achten und zu schützen sind.
Es ist unabdingbar, dass wir den Fall von Mgr. Paulos Faraj Rahho, des am Freitag, dem 29. Februar 2008 entführten chaldäisch-katholischen Erzbischofs, der in Mossul geboren wurde und dort lebte, unterstützen.
Seine drei Begleiter wurden während der Entführung getötet.
Im Rahmen eines mündlichen Änderungsantrags zum Bericht Gomes war es nicht möglich, Mgr. Rahho namentlich zu erwähnen.
Ich bitte daher den Präsidenten ausdrücklich, im Namen des Parlaments zwei Unterstützungs- und Ermutigungsschreiben zu verfassen:
- eines an den schiitischen irakischen Ministerpräsidenten Nouri al-Maliki, der die Angriffe auf christliche Geistliche verurteilt und seitens der irakischen Regierung „Schutz und Gerechtigkeit“ für Christen angeboten hat mit der Versicherung, dass die für die Gewaltakte Verantwortlichen verfolgt und bestraft werden;
- das andere an den irakischen Vizepräsidenten Tareq al-Hashemi, einem Angehörigen der sunnitischen Gemeinde, der die terroristischen Attentate gegen christliche Gemeinschaften ebenfalls scharf verurteilt hat und nach der Entführung seine Solidarität mit den von ihm als „unsere christlichen Brüder“ bezeichneten Personen zum Ausdruck gebracht hat.
Es ist unerlässlich, dass wir die nationalen Behörden ermutigen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die sofortige und bedingungslose Freilassung von Mgr. Paulos Faraj Rahho zu erreichen.
- Entschließungsantrag: Verhaltenskodex der Europäischen Union für Waffenausfuhren (RC-B6-0063/2008)
Glyn Ford (PSE), schriftlich. − (EN) Ich werde diese Entschließung unterstützen. Wie ich in meinem Bericht vor mehr als zehn Jahren ausführte, brauchen wir unbedingt eine verbindliche Rechtsgrundlage für unseren Verhaltenskodex zu Waffenausfuhren.
Doch die treibende Kraft hinter dem Export ist eine uneinheitliche europäische Industrie, die an einer langen Produktion interessiert ist, damit sie, deren Serienproduktion nur auf einheimische Nachfrage eingestellt ist, mit den in Massenproduktion hergestellten Waffen aus den USA konkurrieren kann.
Wir brauchen also einen Binnenmarkt für Rüstungsgüter, der Europa in die Lage versetzt, erstens zu konkurrieren, zweitens der Nährung regionaler Kriege in der ganzen Welt Einhalt zu gebieten und drittens einige der am besten qualifizierten Wissenschaftler und Techniker in die neuen, fortschrittlichen Technologiebranchen der Zukunft zu lenken.
Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. − (SV) Einige Mitgliedstaaten haben ein starkes Eigeninteresse an der Förderung von Waffenausfuhren. Daher würden wahrscheinlich bestimmte Mitgliedstaaten mit einer restriktiveren Politik bei Annahme eines Verhaltenskodexes für Waffenausfuhren zu Kompromissen gezwungen.
Unserer Ansicht nach erfolgt die Überwachung der Waffenausfuhren am besten durch jeden Mitgliedstaat selbst mithilfe seiner nationalen Gesetzgebung. Schweden muss auch künftig das Recht haben, bei Bedarf eine restriktive Waffenausfuhrpolitik zu verfolgen. Um die weltweite Abrüstung voranzubringen, ist Zusammenarbeit wünschenswert. Angesichts der Erfahrungen, des Expertenwissens und der globalen Reichweite der Vereinten Nationen sollte dies jedoch am besten auf internationaler Ebene im Rahmen der UNO erfolgen.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Ein effektiver EU-Verhaltenskodex für Waffenexporte gewinnt zweifellos angesichts ihrer rasch voranschreitenden Militarisierung an Bedeutung, die sich in dem Vertragsentwurf widerspiegelt, der gegenwärtig in allen Mitgliedstaaten ratifiziert wird.
Nicht ohne eine gewisse Ironie verweist der Entschließungsantrag selbst speziell auf die „im Aufbau befindliche Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), in deren Rahmen in zunehmendem Maß militärische und zivile Missionen der EU eingerichtet werden (...), und EU-Personal mit zuvor von EU-Mitgliedstaaten gelieferten Waffen bedroht werden könnte“.
Der „Rüstungsmarkt“ expandiert innerhalb der EU, „mehrere Initiativen zur Harmonisierung der einzelstaatlichen Maßnahmen zur Beschaffung von Rüstungsgütern und innergemeinschaftlicher Waffentransfers und -verkäufe“ werden unterstützt, und es zeigt sich eine „Entschlossenheit, Waffenexporte auszuweiten, um wirtschaftliche Interessen zu fördern“.
Das Motto lautet: Rüstungswettlauf und Militarisierung der internationalen Beziehungen.
Initiativen und Maßnahmen mit dem Ziel, eine solche Eskalation zumindest zu bremsen, sind daher positiv und notwendig. Wie wir zuvor festgestellt haben, wird eine Regelung zum Waffenhandel einen höheren Stellenwert erreichen, wenn sie von einem Prozess der multilateralen und gegenseitigen Abrüstung begleitet wird, der konkret mit dem Abbau der gewaltigen Kernwaffenarsenale beginnt.
Geoffrey Van Orden (PPE-DE), schriftlich. − (EN) Die Delegation der britischen Konservativen hat gegen die Entschließung gestimmt, weil sie die Bezugnahmen auf den Vertrag von Lissabon oder auf die sich herausbildende Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die sie beide ablehnt, nicht akzeptiert. Ferner befürwortet sie zwar eine verantwortungsvolle Politik des Waffentransfers, ist aber nicht von den Vorzügen eines von der EU auferlegten rechtsverbindlichen Verhaltenskodexes im Vorfeld eines international verbindlichen Vertrags über den Waffenhandel überzeugt.
- Bericht Marie Panayotopoulos-Cassiotou (A6-0033/2008)
Jan Andersson, Göran Färm, Anna Hedh, Inger Segelström und Åsa Westlund (PSE), schriftlich. – (SV) Wir schwedischen Sozialdemokraten haben für den Bericht gestimmt, da es wichtig ist, die Haftbedingungen in bestimmten europäischen Haftanstalten zu verbessern und die Menschen- und Grundrechte der Inhaftierten zu achten. Außerdem muss die Gleichstellung der Geschlechter in den Strafvollzug und die Haftanstalten integriert werden. Wir haben jedoch bestimmte inhaltliche Einwände gegen Teile des Berichts. Wir streben keine Harmonisierung der Haftbedingungen in Europa an und haben starke Bedenken in Bezug auf die Formulierungen des Berichts zu speziellen strafrechtlichen Sanktionen oder alternativen Strafen für Frauen, Schwangere und Mütter von Kleinkindern. Was den Kontakt des Kindes mit den Eltern während der Inhaftierung und in der Zeit danach betrifft, sollten, mit Blick auf das Wohl des Kindes, beide Eltern berücksichtigt werden, und nicht nur die Mutter oder der eine Elternteil.
Den Dover (PPE-DE), schriftlich. − (EN) Meine Kollegen von den britischen Konservativen und ich sind der Auffassung, dass man stets nach Wegen suchen muss, um die Lage der Frauen in Gefängnissen zu verbessern. Im Bericht werden zahlreiche Möglichkeiten vorgeschlagen, die näher ergründet werden könnten, einschließlich der Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen.
Der Bericht ist allerdings zu normativ in seinen diesbezüglichen Forderungen an die Mitgliedstaaten. Die Entscheidung über die Details der Gefängnispolitik liegt bei den Mitgliedstaaten. Insbesondere können wir nicht der Prämisse in Erwägung C und in Erwägung Q zustimmen, die unserer Ansicht nach andere gegebenenfalls wertvolle Aspekte des Berichts verzerrt. Aus diesen Gründen haben wir uns entschlossen, uns der Stimme zu enthalten.
Edite Estrela (PSE), schriftlich. − (PT) Ich habe für den Bericht von Frau Panayotopoulos-Cassiotou über die besondere Situation von Frauen im Gefängnis und die Auswirkungen der Inhaftierung von Eltern auf das Leben in Familie und Gesellschaft gestimmt, da die europäischen Gefängnisse offensichtlich weitgehend den männlichen Häftlingen angepasst sind und die besonderen Bedürfnisse von Frauen ignoriert werden.
Ich bin daher der Meinung, dass Maßnahmen getroffen werden sollten, um die Verbesserung der Situation von Frauen im Gefängnis zu fördern, speziell in Bezug auf ihre soziale und berufliche Wiedereingliederung, die Gesundheitsfürsorge und Hygiene, die psychologische Unterstützung und den Erhalt der Familienbeziehungen.
Ilda Figueiredo (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Obwohl im Durchschnitt rund 4,5 bis 5 % aller Insassen in den Gefängnissen der Europäischen Union Frauen sind, sind die Haftanstalten immer noch im Wesentlichen auf männliche Häftlinge zugeschnitten und neigen dazu, die spezifischen Probleme eines kleinen, aber steigenden Anteils an weiblichen Gefängnisinsassen zu ignorieren. Die wichtigsten Probleme stellen sich im Zusammenhang mit der Gesundheitsfürsorge, der Lage von Müttern mit Kindern und der beruflichen und sozialen Wiedereingliederung.
Besondere Aufmerksamkeit sollte der Gesundheitsfürsorge und den hygienischen Bedürfnissen der Frauen gewidmet werden. Insbesondere bedürfen schwangere Strafgefangene besonderer Vorkehrungen und Rücksicht in punkto Ernährung, Bewegung, Kleidung, Arzneimittel und medizinischer Versorgung durch Fachpersonal.
Kinder, die bei ihren inhaftierten Müttern verbleiben, brauchen einen angemessenen Schutz und Fürsorge und sollten keinerlei Art von Diskriminierung erfahren. Die Inhaftierung von Frauen kann besonders dann erhebliche Auswirkungen haben, wenn sie vor der Inhaftierung allein für die Kinder zuständig waren.
Die soziale Eingliederung von Strafgefangenen muss während und nach der Inhaftierung in Zusammenarbeit mit Sozialämtern und anderen zuständigen Organisationen vorbereitet werden, um einen reibungslosen Übergang vom Gefängnis in die Freiheit zu gewährleisten.
Christofer Fjellner, Gunnar Hökmark und Anna Ibrisagic (PPE-DE), schriftlich. – (SV) Wir unterstützen die Arbeit in den Mitgliedstaaten zur Modernisierung und Anpassung des Strafvollzugs, um die Lage der Häftlinge zu verbessern und um dabei die besonderen Bedürfnisse von Frauen besser zu berücksichtigen.
Da der Umgang mit Straftätern nicht in die Zuständigkeit der EU fällt, haben wir gegen den Bericht gestimmt. Besuchsregelungen, der Betrieb von Haftanstalten, Ausbildung von Gefängnispersonal, Freizeitaktivitäten oder sozialer Beistand für Häftlinge sind und bleiben Angelegenheiten der Mitgliedstaaten, damit sie entsprechend dem nationalen und lokalen Bedarf angepasst und entwickelt werden können.
Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. – (SV) Die Juniliste sympathisiert mit vielen im Bericht vertretenen Ansichten in Bezug auf Menschenrechte, bessere Haftbedingungen, Gleichstellung von Männern und Frauen sowie die Bedeutung der Wiedereingliederung von Straftätern in die Gesellschaft. Natürlich ist es auch von enormer Bedeutung, die Bedürfnisse der Kinder in diesen Situationen so weit wie möglich zu berücksichtigen. Wir sind jedoch der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten selbst über ihr Vorgehen bei der Lösung dieser Fragen entscheiden sollten. Besonders betonen wir das Recht jedes Mitgliedstaates auf Gestaltung seines Strafrechts und damit auch das Recht auf Verkündung angemessener Urteile. Die Europäische Union sollte weder das Vorhandensein von Sporträumen in Haftanstalten noch Besuchsregelungen oder Fragen der Arbeit während des Gefängnisaufenthalts genau zu regeln versuchen. Darüber sollte von den Mitgliedstaaten und ihren Wählern in einer öffentlichen gesellschaftlichen Aussprache entschieden werden.
Wir möchten Sie daran erinnern, dass alle EU-Mitgliedstaaten demokratische Staaten sind, die die Kopenhagener Kriterien erfüllen.
Anna Ibrisagic (PPE-DE), schriftlich. – (SV) Wir unterstützen die Arbeit in den Mitgliedstaaten zur Modernisierung und Anpassung des Strafvollzugs, um die Lage der Häftlinge zu verbessern und um dabei die besonderen Bedürfnisse von Frauen besser zu berücksichtigen.
Da der Umgang mit Straftätern nicht in die Zuständigkeit der EU fällt, haben wir gegen den Bericht gestimmt. Besuchsregelungen, der Betrieb von Haftanstalten, Ausbildung des Gefängnispersonals, Freizeitaktivitäten oder sozialer Beistand für Häftlinge sind und bleiben Angelegenheiten der Mitgliedstaaten, damit sie entsprechend dem nationalen und lokalen Bedarf angepasst und entwickelt werden können.
David Martin (PSE), schriftlich. − (EN) Ich stimme den Feststellungen in Marie Panayotopoulos-Cassiotous Bericht über die Lage von Frauen in Haft und die Auswirkungen der Inhaftierung von Eltern auf das Sozial- und Familienleben zu. Die Gefängnisse orientieren sich nach wie vor an den Bedürfnissen männlicher Gefangener, und ich begrüße das mit dem Bericht verfolgte Ziel, die von Frauen erfahrenen Unterschiede herauszustellen. Ich befürworte den Bericht.
Martine Roure (PSE), schriftlich. – (FR) Ich habe für diesen Bericht gestimmt, da die Haftbedingungen dringend angepasst werden müssen, damit die speziellen Bedürfnisse von Frauen berücksichtigt werden. Bis heute sind die Bedingungen in den Gefängnissen in sehr vielen Mitgliedstaaten noch immer sehr schlecht und können keinesfalls die spezielle Unterstützung gewährleisten, die Frauen brauchen.
Es gibt spezifische Besonderheiten für weibliche Gefangene, die einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen, insbesondere, was den Zugang zu gesundheitlichen Leistungen angeht.
Aus diesem Grund habe ich eine Änderung der sozialdemokratischen Fraktion unterstützt, die fordert, dass weiblichen Gefangenen Zugang zu denselben Vorsorgekampagnen zur Erkennung von Brust- und Gebärmutterhalskrebs gewährt wird wie anderen Frauen. Durch diese Art der Früherkennung werden die Chancen auf Heilung verbessert; weiblichen Gefangenen den Zugang zu dieser Art Behandlung nicht zu gestatten, kann für diese eine zusätzliche Strafe darstellen.
Im Übrigen spielen die Frauen immer noch die Hauptrolle in der Familieneinheit. Daher sollten wir andere Formen der Bestrafung als Freiheitsentzug überall da fördern, wo dies möglich ist.
Carl Schlyter (Verts/ALE), schriftlich. – (SV) Dies ist ein Bereich, in dem es keine Zuständigkeiten auf Gemeinschaftsebene gibt. Trotz einiger positiver Vorschläge enthält der Bericht zu viele Detailregelungen. Aus diesem Grunde enthalte ich mich der Stimme.
Nirj Deva and Gay Mitchell (PPE-DE), schriftlich. − (EN) Wenn wir über eine Politik abstimmen, die den Terminus „sexuelle und reproduktive Gesundheit“ beinhaltet, dann verstehen wir darunter den Schutz und die Förderung des Lebens und der Gesundheit der Mutter und des Ungeborenen. Wir akzeptieren keine andere Definition, die die Abtreibung in diesen Terminus einschließt; und weiter gehen wir davon aus, dass jede Betreuung, Information, Maßnahme oder andere Dienstleistung im Zusammenhang mit sexueller und reproduktiver Gesundheit ebenfalls die Abtreibung ausschließen. Wir werden daran arbeiten, dass diese Definition auf jedem Forum und in jedem Gremium, auf das wir Einfluss haben, akzeptiert wird.
Wir nehmen die am 4. Dezember 2003 im Parlament gegebene Antwort des Ratsvorsitzes zur Kenntnis, dass der Terminus reproduktive Gesundheit nicht die Förderung der Abtreibung beinhaltet und dass die Abtreibung unter anderem niemals, im Gegensatz zu dem, was die WHO zur Fertilitätsregelung feststellt, als Methode der Familienplanung dargestellt werden sollte. Daraus folgert, dass die WHO-Definition weder bindend für Regierungen und Parlamente ist, noch von ihnen akzeptiert wird.
Wir werden nach wie vor Maßnahmen zur Förderung vernünftiger sexueller Praktiken und zum Schutz und zur Förderung des Lebens und der Gesundheit der Mutter und des Ungeborenen unterstützen, auch die Bereitstellung von Mitteln zur Erreichung dieser Ziele.
Hélène Goudin und Nils Lundgren (IND/DEM), schriftlich. – (SV) Dieser Initiativbericht zielt darauf ab, die Gleichstellungsperspektive in die Entwicklungszusammenarbeit der EU zu integrieren. Die Juniliste ist gegen Entwicklungshilfe auf EU-Ebene und stimmt daher gegen den Bericht.
Einige Änderungsanträge bestimmter Abgeordneter sind allerdings weniger sympathisch. Das Recht der Frauen auf sexuelle und reproduktive Gesundheit ist ein wichtiges Element bei der Förderung von Entwicklung. In diesem Fall haben wir als Gegengewicht zu den unliebsamen Tendenzen in diesem Hause die ursprünglichen Vorschläge unterstützt. Die Beschäftigung mit diesen Fragen und Entwicklungszusammenarbeit sollten jedoch prinzipiell auf globaler Ebene durch die UNO und nicht durch die EU erfolgen.
Pedro Guerreiro (GUE/NGL), schriftlich. − (PT) Nach unserem Dafürhalten besitzt der Bericht mehrere Vorzüge, wovon einer darin besteht, die Aufmerksamkeit auf eine sowohl für die EU als auch für die Entwicklungsländer bedeutsame Problematik zu lenken: Die Notwendigkeit, den Zugang zu Informationen zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit sicherzustellen, die Freiheit der Entscheidung zu gewährleisten und öffentliche Stellen zum Schutz und zur Anwendung der Grundrechte, insbesondere der Frauenrechte, zu schaffen und zu fördern.
Unserer Ansicht nach sollte jedoch hervorgehoben werden, dass der wichtigste Beitrag zur Gleichstellung und zur Stärkung der Rolle der Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit nicht von einer Strategie ausgehen wird, die Abhängigkeitsverhältnisse und Vormachtstellungen, Marktliberalisierung (siehe EU-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen – EPA), Ausbeutung von Arbeitnehmern, Ungleichheit und soziale Ungerechtigkeit sowie die Missachtung der Menschenrechte fördert, worunter insbesondere Millionen und Abermillionen Kinder und Frauen leiden, sondern von einer Politik der effektiven Zusammenarbeit auf der Grundlage der Gleichberechtigung der Staaten, der Achtung der nationalen Souveränität und des Rechtes eines jeden Landes, ein Entwicklungsmodell festzulegen und umzusetzen, das den Bedürfnissen und Interessen seines Volkes gerecht wird, das heißt, von einer Politik, die den Begriff der „Solidarität“ exakt auslegt.
Tunne Kelam (PPE-DE), schriftlich. − (EN) Ich habe für diesen Änderungsantrag gestimmt, weil ich der festen Überzeugung bin, dass der Kampf gegen Gewalt, in diesem Fall die sexuelle Gewalt gegen Frauen in Krisen- und Konfliktgebieten, oberste Priorität haben muss. Die EU kann keinerlei Gewalt tolerieren, und deshalb meine ich, dass die Betonung auf der Bekämpfung der sexuellen Gewalt gegen Frauen liegen muss. Ferner denke ich, dass Traditionen nicht als etwas Schlechtes zu betrachten sind. Die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte sind sensible Fragen – das hat auch traditionelle gesellschaftliche und auch religiöse Dimensionen – und sollten daher nicht verallgemeinert und auf diese Weise den Gesellschaften aufgezwungen werden, vor allem nicht fragilen Gesellschaften, in denen drastische Änderungen der herkömmlichen Lebensweisen einer solchen fragilen Gesellschaft eher schadet als nützt.
Jörg Leichtfried (PSE), schriftlich. − Ich stimme für die Gleichstellung der Geschlechter und Empowerment von Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit.
Die durch religiöse Regeln, kulturelle Praktiken und Armut bedingte Benachteiligung von Frauen in Entwicklungsländern wird zumeist durch ein Bildungsdefizit zusätzlich noch verschlechtert. Diesbezüglich möchte ich vor allem auf das enorme Potenzial des sozialen Drucks hinweisen, welcher durch eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Frauengrundrechte erreicht werden könnte und schlussendlich die Lebenssituation der Frauen in den betreffenden Regionen verbessern könnte.
Weiters unterstütze ich es, den Ansatz „Gewalt gegen Frauen“ nicht nur als ausschließlich weibliche Opfer-Thematik zu betrachten, sondern eben auch den „männlichen Täter“-Aspekt durch konkrete Programme zu integrieren, wie im Bericht von Frau Uca vorgeschlagen.
Äußerst scharf kritisiere auch ich die Nichteingliederung einer Strategie gegen kulturell oder religiös begründete Gewalt gegen Frauen in den Maßnahmenkatalog der Kommission.
Der schlechte Zugang zu Bildung verursacht auch Nachteile in anderen Lebensbereichen, aus dem einfachen Grund des Informationsmangels. Gerade in Entwicklungsländern, in denen die gesundheitliche Versorgung und die hygienischen Zustände oft katastrophal sind, kann eine schlechte Aufklärung diesbezüglich fatale Folgen haben. Hier möchte ich auf den alarmierend hohen Prozentanteil von HIV-infizierten Frauen – dieser liegt südlich der Sahara bei 57 % – hinweisen.
Als äußerst positiv werte ich die Befürwortung einer „Ausarbeitung von geschlechtsspezifischen Leistungsindikatoren“, welche auch dem Reizthema Quotenregelung die Brisanz nehmen würde.
Maria Martens (PPE-DE), schriftlich. − (EN) Wenn ich über eine Politik abstimme, die den Terminus „sexuelle und reproduktive Gesundheit“ beinhaltet, dann verstehe ich darunter den Schutz und die Förderung des Lebens und der Gesundheit der Mutter und des Ungeborenen. Ich akzeptieren keine andere Definition, die die Abtreibung in diesen Terminus einschließt; und weiter gehe ich davon aus, dass jede Betreuung, Information, Maßnahme oder andere Dienstleistung im Zusammenhang mit sexueller und reproduktiver Gesundheit ebenfalls die Abtreibung ausschließen. Wir sollten daran arbeiten, dass diese Definition auf jedem Forum und in jedem Gremium, auf das wir Einfluss haben, akzeptiert wird.
Ich nehme die am 4. Dezember 2003 im Parlament gegebene Antwort des Ratsvorsitzes zur Kenntnis, dass der Terminus reproduktive Gesundheit nicht die Förderung der Abtreibung beinhaltet und dass die Abtreibung unter anderem niemals, im Gegensatz zu dem, was die WHO zur Fertilitätsregelung feststellt, als Methode der Familienplanung dargestellt werden sollte. Daraus erhellt, dass die WHO-Definition weder bindend für Regierungen und Parlamente ist, noch von ihnen akzeptiert wird.
Ich werde nach wie vor Maßnahmen zur Förderung vernünftiger sexueller Praktiken und zum Schutz und Förderung des Lebens und der Gesundheit der Mutter und des Ungeborenen unterstützen, auch die Bereitstellung von Mitteln zur Erreichung dieser Ziele.
David Martin (PSE), schriftlich. − (EN) Feleknas Ucas Bericht über die Gleichstellung der Geschlechter und Teilhabe von Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit begrüßt die Strategie der Kommission in dieser Frage. Auch ich begrüße eine Strategie, die darauf gerichtet ist, die Gleichheit der Geschlechter in die Entwicklungszusammenarbeit einzubinden. Ich habe für den Bericht gestimmt.
Véronique Mathieu (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Wenngleich die Europäische Union seit vielen Jahren die Gleichstellung der Geschlechter in ihre Programme zur Entwicklungszusammenarbeit aufnimmt, sind doch die Fortschritte auf diesem Gebiet immer noch zu gering. Die Europäische Kommission muss sich also selbst mit Zahlen und Terminen untermauerte Ziele setzen, damit die Entwicklung der Hauptfaktor für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Frauen wird.
Dazu muss sich die Europäische Union in den Partnerschaften, die sie eingeht, auf drei Prioritäten konzentrieren: die Grundfreiheiten, der Status der Frau im öffentlichen Leben und ihr Zugang zu Gesundheitsleistungen.
Zum einen muss die Kommission wachsamer denn je gegenüber Angriffen auf die körperliche Unversehrtheit und Würde der Frau (in Form von Folter, traditionellen Verstümmelungen und Zwangsheirat) sein. Gleichzeitig muss die Zusammenarbeit die Anerkennung der Stellung der Frau in der Gesellschaft, vom Zugang zum Wissen bis zur finanziellen Selbstständigkeit, nach sich ziehen. Außerdem sind Verpflichtungen erforderlich, um bis zum Jahr 2010 Vorbeugung und Behandlung des AIDS-Virus in den Entwicklungsländern Realität werden zu lassen. Die europäische Entwicklungspolitik wird einen bitteren Fehlschlag erleiden, wenn sie keine realen Änderungen in der Lage der Frau bringt.
Athanasios Pafilis (GUE/NGL), schriftlich. – (EL) Trotz seiner zutreffenden Feststellungen über den tragischen Status von Frauen in Entwicklungsländern verbirgt der Bericht, was anzuprangern ist: kapitalistische Produktionsmethoden und die brutalen imperialistischen Interventionen durch die EU, die Vereinigten Staaten und andere imperialistische Staaten und Organisationen. Sie nehmen diese Länder als Beute und plündern ihre den Reichtum schaffenden Ressourcen, was Hunger und Verarmung von Millionen von Menschen zur Folge hat.
Die vorgeschlagenen Lösungen funktionieren im Rahmen der kapitalistischen Entwicklung und der Entwicklungshilfe der EU. Ein weiterer typischer Aspekt bei diesem Vorgehen ist der Vorschlag, den weiblichen Unternehmergeist zu stärken, um den Beschäftigungsgrad zu erhöhen. In diesem Zusammenhang sind die Forderungen nach gerechteren und demokratischeren Gesellschaften, der Zugang von Frauen und Mädchen zu Bildung und gesundheitlicher Betreuung, die Ausmerzung von Armut, Krankheit und so weiter heiße Luft. Es sind nur Wünsche, die von der Wahrheit ablenken sollen, denn die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen ist unvereinbar mit dem übergeordneten Prinzip von kapitalistischer Entwicklung und Profitjagd. Für jeden Euro, den die EU gibt, stiehlt sie tausende aus diesen Ländern.
Die Verbesserung der Stellung der Frau und der Lebensbedingungen der Völker dieser Länder wird nicht durch die legalisierte Ausraubung im Rahmen der Entwicklungshilfe der EU erreicht, sondern durch Widerstand gegenüber der imperialistischen Intervention, durch das Streben nach gleichberechtigten internationalen Beziehungen und durch den Kampf für einen anderen Entwicklungsansatz, der auf den Bedürfnissen der Menschen beruht.
Karin Scheele (PSE), schriftlich. − Der vorliegende Bericht über das Thema Gleichstellung und Teilhabe – die Rolle der Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit – nimmt auf eine Vielzahl von unterschiedlichen Aspekten Bezug und beinhaltet auch wichtige konkrete Forderungen.
Daher ist er in seiner Gesamtheit absolut zu unterstützen. Thema durch den gesamten Bericht ist die sexuelle und reproduktive Gesundheit und Gewalt gegen Frauen verbunden mit der Förderung des Selbstbestimmungsrechts von Frauen.
Wichtig ist beispielsweise auch der Ausbau der Mikrofinanzierungsnetzwerke, um durch Kleinstkredite Frauen ein wirtschaftliches Fortkommen zu ermöglichen. Es ist mir nicht verständlich, wie man durch verschiedene Änderungsanträge versucht, den Bericht aufzuweichen, und vorliegende UN-Dokumente einfach negiert.
Kathy Sinnott (IND/DEM), schriftlich. − (EN) Herr Präsident! Ich bin völlig für die Gleichstellung der Geschlechter und die Teilhabe von Frauen und hätte gern diesen positiven Bericht unterstützt.
Leider wurde dieser Bericht, wie viele andere im Zusammenhang mit Frauen und Kindern, dazu benutzt, um unter dem Deckmantel sexueller und reproduktiver Rechte die Abtreibung zu fördern. Da die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen für die Aufnahme mehrerer Änderungsanträge zu den sexuellen und reproduktiven Rechten gestimmt haben, habe ich mich außerstande gesehen, für diesen Bericht zu stimmen.
Konrad Szymański (UEN), schriftlich. − (PL) Der Bericht Uca über die Gleichstellung in der Entwicklungszusammenarbeit ist Ausdruck des moralischen Imperialismus Europas gegenüber den Entwicklungsländern. Europa exportiert das marode Sozialmodell der reichen europäischen Staaten in die Länder Afrikas und Asiens. Die wiederholt zitierten reproduktiven Rechte bedeuten eine allgemeine Befürwortung der Abtreibung. Deshalb konnte ich nicht für den Bericht stimmen.
Anna Záborská (PPE-DE), schriftlich. – (FR) Die Gleichstellung der Geschlechter ist eine Priorität in den Entwicklungsländern. Ich bin sehr dankbar für die äußerst genaue und sorgfältige Arbeit, die Frau Uca zu diesem wichtigen Thema geleistet hat.
Ich habe dennoch gegen den Bericht gestimmt, da in der Endversion bestimmte Abschnitte, die unbestimmte Termini zur Sexual- und Fortpflanzungsgesundheit einführen, hinsichtlich ihres Inhalts mehrdeutig bleiben. Es gibt immer noch widersprüchliche Auslegungen und einige von ihnen schließen eine Gefahr für das Leben der ungeborenen Kinder ein.
Im nächsten Bericht zum Thema dürfte die Gesundheit der Frauen nicht auf die reproduktive Gesundheit beschränkt werden, da alle Frauen ein Recht auf eine Umgebung haben, die es ihnen ermöglicht, gesund zu bleiben. Das setzt voraus, dass besonders auf die Versorgung mit sauberem Trinkwasser, mit Proteinen und mit Grundmedikamenten neben traditionellen Arzneimitteln geachtet werden muss.
Nach dem Besuch von Frau Gertrude Mongella am 6. März 2008 anlässlich des Internationalen Frauentages würde ich auch sagen, dass wir viel von der afrikanischen Weisheit in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter lernen können: sie wird dort gelebt und nach mündlichen Traditionen unter Frauen und unter Männern weitergegeben, die mit guter geistiger und mentaler Gesundheit gesegnet sind. Wir könnten uns alle davon inspirieren lassen.
6. Berichtigungen des Stimmverhaltens und beabsichtigtes Stimmverhalten: siehe Protokoll
7. Übermittlung von Gemeinsamen Standpunkten des Rates: siehe Protokoll
(Die Sitzung wird um 12.50 Uhr unterbrochen und um 15.05 Uhr wieder aufgenommen.)
VORSITZ: ADAM BIELAN Vizepräsident
8. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
9. Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit (Aussprache)
9.1. Armenien
Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die Aussprache über fünf Entschließungsanträge zu Armenien(1).
Marie Anne Isler Béguin, Verfasserin. − (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Sollte die Tragödie, die in Armenien nach den Präsidentschaftswahlen vom 19. Februar 2008 stattgefunden hat, das Eingeständnis der Ohnmacht Europas sein, instabile kleine Demokratien im Südkaukasus auf ihrem Weg zur Demokratie zu unterstützen?
Nach der Krise in Georgien befindet sich nun Armenien in einer tiefen politischen Krise. Trotz der im Verlauf des Wahlkampfes auf das Land gerichteten großen Aufmerksamkeit ist es der internationalen Gemeinschaft nicht gelungen, den Dialog zu fördern, der notwendig war, um die Zusammenstöße vom 1. März zu verhindern. Nach elf Tagen der Anfechtung der Wahlergebnisse von Seiten einer vom ehemaligen Staatschef Levon Ter-Petrosian geführten Oppositionsbewegung hat die Polizei versucht, die Demonstranten auseinanderzutreiben. Die Situation ist ausgeufert und hat zu acht Toten, zahlreichen Verletzten und der Ausrufung des Ausnahmezustands sowie zu Beeinträchtigungen der Informationsfreiheit und der Versammlungsfreiheit und zu Einschränkungen für politische Parteien geführt. Seitdem sind 400 Personen verhaftet worden. Unter der Bevölkerung, die die Anwendung einer Repressionspolitik befürchtet, herrscht große Besorgnis. Es ist heute unsere Aufgabe, diese Angst in unseren Kontakten mit am politischen Konflikt in Armenien beteiligten Parteien widerzuspiegeln.
Welche Methode sollten wir aber vorschlagen, um alle Seiten vor dem Hintergrund so übersteigerter Spannungen zur Vernunft und an den Verhandlungstisch zu bringen? Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen. Zunächst müssen wir den Armenierinnen und Armeniern das Vertrauen in ihre junge Demokratie zurückgeben. Wesentliche Voraussetzungen für die Wiederherstellung von Vertrauen sind eine Untersuchung des Ablaufs der jüngsten Ereignisse und die Freilassung der Gefangenen. Der nächste Schritt muss darin bestehen, dass wir zusammen mit der internationalen Gemeinschaft, unserem Sondervertreter für den Südkaukasus und unseren Partnern im Europarat und der OSZE einen Zeitplan für unsere armenischen Freunde festlegen, damit sie an den Verhandlungstisch zurückkehren, und wir müssen alle Konfliktparteien, die Behörden genauso wie die Opposition, dorthin bringen. Die Regeln der Demokratie funktionieren über den Dialog und die Gewaltlosigkeit, wir müssen eine solche Herangehensweise erleichtern.
Wenn Sie mir gestatten, Herr Präsident, würde ich gern einen mündlichen Änderungsantrag stellen. Ich weiß nicht, wie ich vorgehen soll, da wir im Rahmen des Beschlusses einen Fehler gemacht haben. In der Erwägung H haben wir vom Gebiet Berg-Karabach gesprochen, wo es Status von Berg-Karabach heißen müsste. Meine Kollegen scheinen mit dem mündlichen Änderungsantrag einverstanden zu sein.
Alexandra Dobolyi, Verfasserin. − (EN) Herr Präsident! Ich gehörte zu den vier Mitgliedern der Wahlbeobachtermission des Europäischen Parlaments in Armenien, und ich stimme ihren Feststellungen zu den Präsidentschaftswahlen uneingeschränkt zu und befürworte sie, nämlich dass die Wahlen im Wesentlichen entsprechend den Verpflichtungen und Normen der OSZE und des Europarats verliefen. Die staatlichen Behörden haben echte Anstrengungen unternommen, um die bei den vorangegangenen Wahlen aufgetretenen Mängel zu beseitigen. Gestatten Sie mir, bei dieser Gelegenheit der Delegation der Kommission in Eriwan für alle uns zuteil gewordene Unterstützung zu danken.
Die Wahlen entsprachen im Wesentlichen unseren Normen, wie ich sagte, doch es bedarf weiterer Verbesserungen und politischen Willens, um die verbleibenden Aufgaben zu bewältigen. Ich bringe mein tiefes Bedauern und meine Besorgnis über die jüngsten Entwicklungen in Armenien zum Ausdruck, wo gewaltsame Zusammenstöße zwischen der Polizei und oppositionellen Demonstranten zum Tod von acht Bürgern und mehr als hundert Verletzten geführt haben. Es versteht sich von selbst, dass wir eine transparente und unabhängige Untersuchung der Ereignisse und die teilweise Aufhebung des nach den Geschehnissen verhängten Ausnahmezustands erwarten.
Wenngleich das ein Schritt in die richtige Richtung ist, reicht das nicht aus. Ich rufe die armenischen Behörden auf, die volle Aufhebung des Ausnahmezustands zu verfügen. Im Namen meiner Fraktion rufe ich alle beteiligten Seiten auf, sich offen und ruhig zu zeigen, sich in ihren Äußerungen zu mäßigen und unverzüglich in einen konstruktiven Dialog einzutreten.
Last but not least bedauern wir die beunruhigende und beispiellose jüngste Verletzung des Waffenstillstands an der Kontaktlinie mit Berg-Karabach und fordern die Parteien nachdrücklich auf, sich aller Aktionen zu enthalten, die den Verhandlungsprozess unterminieren könnten. Wir fordern sie dringlich auf, der Macht lauter und katastrophaler Waffen zu entsagen und sich der Macht des stillen, friedlichen Dialogs zu ergeben.
Urszula Gacek, Verfasserin. − (EN) Herr Präsident! Die jüngsten Ereignisse in Armenien haben gezeigt, wie schwer es für junge Demokratien in der ehemaligen Sowjetunion ist, auf den Wahlprozess zu setzen. Die an der Macht Befindlichen sind versucht, die Karten zu ihren Gunsten zu mischen, besonders im Vorfeld der Wahlen, während die Verlierer Schwierigkeiten mit der Anerkennung der Ergebnisse haben.
Die nach den Wahlen in Armenien aufgetretenen Probleme haben sich zu gewaltsamen Zusammenstößen mit acht Toten und zur Verhängung einer außergewöhnlichen Maßnahme in Form eines Ausnahmezustands zugespitzt. Verbote aller politischen Aktivitäten und eine strenge Zensur der Medien wurden am 1. März 2008 für einen Zeitraum von zwanzig Tagen verfügt. Das Verbot der politischen Aktivitäten wurde danach aufgehoben. Die Freiheit der Medien, darunter der uneingeschränkte Zugang zum Internet, soll folgen. Faktisch sollen in der nächsten Woche wieder alle normalen verfassungsmäßigen Freiheiten gewährleistet sein.
Leider ist nicht auszuschließen, dass der Ausnahmezustand verlängert wird. Zunächst wurde auf den Dampfkessel ein Deckel gesetzt. Ich frage mich besorgt, was unternommen wird, um den Druck abzulassen.
Die Errichtung der Demokratie ist ein komplizierter Prozess. Sie muss von Institutionen gesichert werden, denen alle Parteien vertrauen können. Es ist daher bedauerlich, dass der scheidende Präsident den nationalen Bürgerbeauftragten für Menschenrechte, der die Maßnahmen der Regierung kritisierte, angegriffen hat. Nur durch die Stärkung der Rolle des Bürgerbeauftragten und auch durch die Gewährleistung der Unparteilichkeit des Verfassungsgerichts, das Vorwürfen des Wahlbetrugs nachgeht, kann die Demokratie geschützt werden.
Solange kein Vertrauen in Armeniens eigene Hüter der Demokratie besteht, fordere ich alle Seiten im Disput nachdrücklich auf, vom Vermittlungsangebot der EU- und der OSZE-Gesandten Gebrauch zu machen, und zwar unverzüglich.
Erik Meijer, Verfasser. – (NL) Herr Präsident! Bei Präsidentschaftswahlen stellen wir in zunehmendem Maße eine anhaltende Ungewissheit fest, ob der von der amtierenden Regierung favorisierte Kandidat tatsächlich die Stimmenmehrheit gewonnen hat und auch viele Stimmen auf sich vereinigen konnte. Selbst wenn dieser Kandidat über eine echte Mehrheit verfügt, bleiben gleichwohl Zweifel hinsichtlich der Größenordnung dieser Mehrheit bestehen, zumal im Falle sichtbarer Versuche, diese künstlich aufzublähen.
Wenn dann noch die Aufstellung bestimmter Kandidaten verhindert wird, nur die Favoriten der Regierung Zugang zu Presse, Rundfunk und Fernsehen erhalten, die Opposition oder ausländische Beobachter keine Möglichkeit haben, die Stimmenauszählung richtig zu überwachen, wenn friedliche Protestdemonstrationen gegen das amtliche Ergebnis von Armee und Polizeikräften zersprengt und Oppositionsführer festgenommen werden, besteht aller Anlass, ernsthaft zu daran zu zweifeln, dass der Wählerwille respektiert worden ist.
Solche umstrittenen Präsidentschaftswahlen haben wir außerhalb Europas in Mexiko und Kenia, und innerhalb Europas in Belarus, Russland, Georgien und Armenien erlebt. Armenien befand sich auch schon ohne diese Wahlen in einer äußerst schwierigen Lage. Es besitzt traditionell starke Bande zu Russland, wovon es jedoch durch das benachbarte Georgien, das ernste Konflikte mit Russland hat, und das Nachbarland Aserbaidschan, das seit vielen Jahren einen Grenzstreit mit Armenien führt, getrennt wird.
Die von Armeniern bewohnte Enklave Berg-Karabach wurde nach der ethnischen Aufteilung der russischen Provinz Transkaukasien in den 20er-Jahren durch einen Kompromiss unter Gewährleistung einer armenischen regionalen Selbstverwaltung Aserbaidschan zugewiesen. Diese Lösung ist nicht mehr praktikabel, seitdem sich nach dem Zerfall der Sowjetunion die beiden Staaten Aserbaidschan und Armenien feindlich gegenüberstehen. Faktisch ist das Gebiet heute Armenien einverleibt, das dadurch in einen seit langem ungelösten Konflikt mit seinem östlichen Nachbarn verwickelt ist, auch wenn ein Waffenstillstand vereinbart wurde. Eine solche Situation permanent drohender Kriegsgefahr mit Blockaden stellt einen fruchtbaren Nährboden für autoritäres Regieren sowie eine unablässige Erschwernis für das Funktionieren der Demokratie im Lande dar.
Die Ereignisse seit den Wahlen vom 19. Februar sind nicht überraschend. Dennoch müssen wir alle Anstrengungen für die Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse und der Rechte der Opposition unternehmen. Das Streben der Europäischen Union bzw. ihrer Mitgliedstaaten nach guten Beziehungen zu den De-facto-Regenten von Ländern wie Russland, Belarus, Georgien oder Armenien muss hinter diesem obersten Gebot zurückstehen.
Marios Matsakis, Verfasser. − (EN) Herr Präsident! Armenien ist im Wesentlichen ein relativ junges, wiedergeborenes Land, das darum kämpft, seine demokratischen Institutionen zu festigen und das Wohlergehen seiner Bürgerinnen und Bürger zu sichern. Dabei ist es zwischen zwei weniger demokratischen, aber recht feindseligen Nachbarn eingezwängt, nämlich Russland und der Türkei, und es ist auf beunruhigende und unfaire Weise in einen territorialen Konflikt mit dem totalitären Regime Aserbaidschans verwickelt.
In diesem Umfeld waren die kürzlich abgehaltenen Präsidentschaftswahlen nicht perfekt, aber mit den Worten der internationalen Beobachtermission verliefen sie „im Wesentlichen entsprechend den […] Normen der OSZE und des Europarats“.
Leider ergab es sich, dass die Polizei bei den Protesten nach den Wahlen mehr Gewalt als nötig anwendete, was den Tod von acht Menschen, darunter eines Polizisten, zur Folge hatte.
Eine gründliche und faire Untersuchung der Ereignisse, die zu diesen Todesfällen führten, ist erforderlich. Auch eine Untersuchung der Vorwürfe, Kräfte von außen hätte die Gewalt in Armenien angefacht, um das Land zu destabilisieren, ist zugesichert.
Ich rufe dazu auf, die Entschließung uneingeschränkt zu unterstützen.
Marcin Libicki, Verfasser. − (PL) Herr Präsident! Selbstverständlich wollen wir, dass in Armenien Frieden herrscht, die Grenzen sicher sind und das Land seine auswärtigen Angelegenheiten erfolgreich regelt. Ich darf Sie daran erinnern, dass die Wahlen in Armenien keine schweren Proteste ausgelöst haben. Was heute dort geschieht, muss im besonderen Kontext des Kaukasus, einer höchst sensiblen Region, betrachtet werden.
Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, möchte ich gern diese Gelegenheit nutzen, um meiner Empörung über die Nachricht vom Mord an Faraj Rahho, dem Erzbischof von Mosul, die ich soeben erhalten habe, zum Ausdruck bringen. Er wurde am 29. Februar entführt, und drei seiner Leibwächter wurden erschossen.
Dabei handelt es sich um einen weiteren Angriff, ein weiteres Verbrechen von Männern, denen der Mut fehlt, der Welt ihr Gesicht zu zeigen, die unschuldige Opfer entführen, einfache Menschen – meist Christen und insbesondere Katholiken –, die ihren religiösen Aktivitäten nachgehen. Heute sind wir erneut Zeugen eines solchen Verbrechens geworden. Nach meinem Dafürhalten sollte dieses Thema als Sonderpunkt auf der Tagesordnung unserer nächsten Tagung in Brüssel stehen. Möge Gott dem heroischen Martyrer, der heute in Mosul den Tod fand, ewigen Frieden geben.
Marian-Jean Marinescu, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (RO) Was in Armenien geschah, ist vehement zu verurteilen, aber leider kam es nicht überraschend. In einem anderen Land der Gegend gibt es ganz ähnliche Geschehnisse, mit denen die dortige Entwicklung nach 1990 fortgeführt wird.
Hier haben wir es mit den Folgen mehrerer Faktoren zu tun, die bis heute überdauert haben: unzureichende wirtschaftliche Entwicklung, latente Konflikte und Einfluss der Russischen Föderation. Obendrein haben wir die Situation im Kosovo, die trotz erheblicher, aber nutzloser Anstrengungen der Urheber für alle Beteiligten einen Präzedenzfall bilden wird. Für die Bevölkerung in der Region kann das nur zu Unsicherheit, mangelndem Vertrauen in die Behörden und Anfälligkeit gegenüber Manipulation führen.
Es gibt nur eine Lösung, um die Normalität wiederherzustellen: eine wirtschaftliche Entwicklung, die einen höheren Lebensstandard bewirkt. Es gibt Energieressourcen. Die Entwicklung solcher Ressourcen und ihr Transport zum Abnehmer wird das Problem der wirtschaftlichen Entwicklung lösen und ebenso das der Unabhängigkeit von der Russischen Föderation, und sie wird auch Europas Problem im Allgemeinen lösen.
Die Europäische Union hat nicht wirklich einen Standpunkt bezogen, und wenn wir Lösungen für die Probleme im südlichen Kaukasus finden wollen, dann muss die Union aktive Schritte zur Entwicklung der Energierouten in der Schwarzmeerregion unternehmen.
Justas Vincas Paleckis, im Namen der PSE-Fraktion. – (LT) Wenn ein Land, das sich an der Europäischen Nachbarschaftspolitik beteiligt und der EU positiv gegenübersteht, erfolgreiche demokratische Wahlen abhält, ist das auch für uns ein Sieg. Wenn es schief läuft, dann ist das eine gemeinsame Niederlage.
Die Präsidentschaftswahlen in Armenien wurden der internationalen Beobachtermission zufolge gemäß internationalen Normen abgehalten. Doch die nachfolgenden Entwicklungen haben diesen zaghaften Schritt nach vorn zunichte gemacht. Blutvergießen und die Verhängung des Ausnahmezustands haben Armenien vom Weg zur Demokratie abgedrängt und behindern die Beziehungen des Landes zur Europäischen Union. In Armenien werden die Menschenrechte unterdrückt, und es herrscht keine Meinungsfreiheit.
Eriwan sollte den Ausnahmezustand vollständig aufheben, und der OSZE-Vertreter sollte behilflich sein, eine Lösung für die Krise zu finden. Es ist zu hoffen, dass sich beide Verhandlungsparteien mäßigen und ihre Arbeit auf der Grundlage europäischer Werte verrichten.
Janusz Onyszkiewicz, im Namen der ALDE-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Die gegenwärtige politische Krise in Armenien ist nicht die erste ihrer Art.
Während der Präsidentschaft von Levon Ter-Petrosian wich das Land deutlich vom freiheitlich-demokratischen Kurs ab. Die größten Oppositionsparteien wurden verboten, die Pressefreiheit eingeschränkt, und bei den Parlamentswahlen wurden nach allgemeiner Einschätzung nicht alle demokratischen Kriterien eingehalten. Herr Ter-Petrosian trat unter dem Druck von Demonstrationen als Präsident zurück, was dem Land etwas Stabilität brachte, die jedoch mit dem dramatischen Mord an neun führenden armenischen Politikern, darunter dem Premierminister, durch unbekannte Mörder im Parlament ein jähes Ende fand.
Jetzt erleben wir eine Wiederholung der Ereignisse von vor etwa 10 Jahren. Die gegenwärtige Krise ist möglicherweise der Verdrossenheit der armenischen Gesellschaft mit der Herrschaft des so genannten Karabach-Clan geschuldet, zu dem sowohl der ehemalige als auch der neue Präsident gehören. Der Regierung wird allgemein vorgeworfen, unter dem Deckmantel der Demokratie die autoritäre Herrschaft wiederherzustellen, unternehmerische Aktivitäten mit mafiaähnlichen Methoden zu kontrollieren und für die Verschlechterung der Wirtschaftslage verantwortlich zu sein.
Zudem herrscht wachsende Angst vor einer fortschreitenden Isolierung Armeniens und der allmählichen Schwächung seiner Stellung in dem ungelösten Konflikt um Berg-Karabach. Als Herr Ter-Petrosian entschied, in die Politik zurückzukehren und sich zur Wahl zu stellen, gewann er mit seinem Versprechen größerer Flexibilität in der Außenpolitik beachtliche Unterstützung.
Die gegenwärtige Krise ist jedoch äußerst ernst. Hoffen wir, dass sie mit politischen Mittel gelöst wird, obgleich das nicht sicher ist. Andernfalls könnte der Streit um Berg-Karabach in dem Bemühen verschärft werden, die Gesellschaft um die Regierung zu vereinen. Ein Zwischenfall in Karabach, bei dem vor kurzem elf Menschen starben, bestätigt diese Befürchtung. Ein weiteres Ergebnis könnte darin bestehen, dass die wachsende Abhängigkeit Armeniens von Russland noch zunimmt. Die kürzliche Einweihung der armenisch-iranischen Pipeline wird diese Abhängigkeit nicht mindern, da das Gas und die Pipeline selbst natürlich von Gazprom kontrolliert werden.
Unsere Haltung angesichts der ernsten Lage in Armenien sollte von Sympathie geprägt sein, doch sollten wir uns nicht scheuen, erforderlichenfalls Kritik zu üben und unsere Bedenken zu äußern. Meines Erachtens erfüllt der in der Entschließung vorgeschlagene Standpunkt diese Kriterien.
Ewa Tomaszewska, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen vom 19. Februar 2008 hat zur politischen Destabilisierung Armeniens beigetragen, obgleich betont werden sollte, dass die Durchführung der Wahlen von der OSZE als den demokratischen Standards entsprechend eingeschätzt wurde.
Die Proteste, nachdem Levon Ter-Petrosian unter Hausarrest gestellt wurde, und ihre brutale Niederschlagung am 1. März endeten mit einer Bilanz von acht Toten, vielen Verletzten und der Erklärung des Ausnahmezustands. Die Beschränkung der Medien und die Inhaftierung einer wachsenden Zahl von Mitgliedern der Opposition geben Anlass zu Besorgnis.
Wir fordern den armenischen Staat auf, die Bürgerrechte unverzüglich wiederherzustellen, den Ausnahmezustand aufzuheben, die Menschenrechte zu achten und herauszufinden, wer die Verantwortung für die tragischen Geschehnisse vom 1. März 2008 trägt. Ermittlungen in dieser Frage dürfen nicht zum Vorwand für die weitere Verfolgung der Opposition werden. Die Lage in Armenien ist äußerst kompliziert, und unsere Vertreter müssen ihre Entwicklung aufmerksam verfolgen.
Evgeni Kirilov (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte hinzufügen, dass die Demokratienormen in Armenien nicht so sind, wie wir sie gern hätten. Verschlimmert wird die Lage durch die sozioökonomische Situation, und das treibt natürlich zusätzlich Leute auf die Straße.
Ich möchte sowohl die armenischen Behörden als natürlich auch Aserbaidschan aufrufen, Anstrengungen zu unternehmen, um diesen seit langem währenden Konflikt beizulegen. Es gibt Gebiete, die von Armenien besetzt gehalten werden und die frei gegeben werden sollten, weil dort keine Armenier leben. Wahrhaft beunruhigend ist, dass sich beide Länder in einem Prozess der Wiederaufrüstung befinden, was natürlich die Situation in Bezug auf die echten sozialen Probleme widerspiegelt, mit denen die Länder, insbesondere Armenien, zu tun haben.
Daher unterstütze ich diesen gemeinsamen Entschließungsantrag, aber ich denke, wir sollten die Situation sehr aufmerksam weiterverfolgen, denn sie ist Besorgnis erregend.
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Armenien gehört zu einer Gruppe von Ländern, die von der EU Hilfen für die Durchführung politischer und wirtschaftlicher Reformen, den Aufbau von rechtsstaatlichen Institutionen und die Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen erhalten. Daher ist es unser Recht, den politischen Prozess und die Einhaltung der demokratischen Prinzipien in diesem Land zu beobachten. Das ist insbesondere im Hinblick auf die sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vollziehenden Veränderungen wichtig.
Regierungen versuchen sehr oft, die Medien zu beeinflussen, aber wenn sie auf Gewalt und die Anwendung von Zwang zurückgreifen, muss man ihnen mit größter Entschlossenheit entgegentreten. Gibt es dabei Todesopfer, wird die Lage außerordentlich schwierig. Wir fordern mit Nachdruck die Wiederherstellung der Freiheit, die Achtung der Meinungsfreiheit und die Wahrung von Demokratie und Bürgerrechten. Wir verurteilen die Anwendung von Gewalt sowie die gewaltsame Auflösung von demokratischen Zusammenkünften, Protestveranstaltungen und Demonstrationen.
Louis Michel, Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Kommission richtet besondere Aufmerksamkeit auf die Lage der Demokratie und der Menschenrechte in Armenien, einem Land, das, wie Sie wissen, zu unseren Partnern im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik gehört.
Wir verfolgen den Verlauf der dortigen Ereignisse über unsere Delegation in Eriwan mit den Mitgliedstaaten und in enger Zusammenarbeit mit dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union, Peter Semneby, sehr genau. Dazu unterhalten wir regelmäßige Kontakte mit den lokalen und internationalen NRO, die auf dem Gebiet der Menschenrechte und der Demokratie tätig sind.
Hinsichtlich der tragischen Ereignisse, die in Eriwan am 1. März nach den Wahlen stattgefunden haben, teilt die Kommission die allgemeine Besorgnis über die gewalttätigen Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten der Opposition, bei denen es zu mehreren Toten kam. Daher hat die Kommission nachdrücklich gefordert, dass zu diesen Ereignissen eine sofortige gründliche Untersuchung durchgeführt und die Personen vor Gericht gestellt werden, die für Gesetzesverletzungen verantwortlich sind. Wir haben auch die armenische Regierung aufgefordert, den Ausnahmezustand sofort aufzuheben. Aus Sicht der Kommission kommt es darauf an, dass alle Seiten auf die Anwendung von Gewalt verzichten. Wir erwarten von allen Parteien in Armenien, dass sie sich an einem politischen Dialog zur Überwindung ihrer Meinungsverschiedenheiten beteiligen.
Gleichzeitig bedauert die Kommission sehr, dass die aktuellen Ereignisse einen Schatten auf die im Übrigen zunehmend positive Bilanz Armeniens bei der Umsetzung des ENP-Aktionsplans des Landes geworfen haben, insbesondere im Bereich der Menschenrechte und der Demokratie. Der Aufruf zur Fortsetzung politischer Reformen und zur Achtung der Menschenrechte ist wesentlicher Bestandteil der Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Armenien, und die Kommission wird daher alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die armenischen Behörden zu ermutigen, in diesen Bereichen weiter voranzuschreiten.
Durch die Annahme des gemeinsamen ENP-Aktionsplans zwischen der Europäischen Union und Armenien im Jahr 2006 haben wir uns ein politisches Werkzeug geschaffen, das in diesen Bereichen die Einhaltung der Prinzipien fördern kann, die auf den Werten beruhen, die wir teilen. Wir sind fest davon überzeugt, dass ein ständiger Dialog mit Armenien, der entsprechend den politischen Festlegungen des Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit und des ENP-Aktionsplans geführt wird, wirklich das effektivste Mittel ist, um die Botschaften der Europäischen Union bezüglich der Achtung der Menschenrechte und der Einhaltung des Völkerrechts zu übermitteln. Die jährlichen Zusammenkünfte des Ausschusses für Zusammenarbeit und des Rates für Zusammenarbeit sowie des Parlamentarischen Ausschusses für Zusammenarbeit sind in dieser Hinsicht von besonderer Bedeutung.
Außerdem ist die Kommission weiterhin entschlossen, durch Gewährung von finanzieller und technischer Hilfe für Armenien zum Reformprozess beizutragen. Die Unterstützung der politischen Reformen in den Bereichen der Menschenrechte und der Demokratie bleibt eine der Prioritäten des nationalen Richtprogramms 2007-2010. Etwa ein Drittel unserer bilateralen Hilfe, die sich für den Zeitraum 2007-2010 auf 98,4 Millionen Euro beläuft, wird zur Unterstützung von Projekten auf diesem Gebiet genutzt werden. Speziell konzentriert das Programm der bilateralen Unterstützung mit Armenien für 2007 seine finanzielle Hilfe mit einer Unterstützung in Höhe von 18 Millionen Euro auf die Reform des Rechtswesens. Ich bin sicher, dass das Europäische Parlament uns bei dieser Bemühung unterstützen und unser zuverlässigster Verbündeter sein wird.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet im Anschluss an die Aussprache statt.
9.2. Verhaftungen von Demonstranten nach den Präsidentschaftswahlen in Russland
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über fünf Entschließungsanträge zu Verhaftungen von Demonstranten nach den Präsidentschaftswahlen in Russland(1).
Bernd Posselt, Verfasser. − Herr Präsident! Im Vorlauf der Ausarbeitung dieser Entschließung wurde einigen von uns vorgeworfen, wir seien Feinde oder Gegner Russlands. Wir sind aber genau das Gegenteil! Wir sind Freunde Russlands, und weil wir Freunde Russlands sind, machen wir uns Sorgen um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in diesem wichtigen europäischen Land. Wir protestieren in aller Schärfe gegen die Inhaftierung von Oppositionellen, die nichts anderes getan haben, als auf eine Tatsache hinzuweisen, die alle internationalen Institutionen registriert haben, nämlich dass die Präsidentschaftswahlen in Russland extrem unfair waren.
Wir fordern die sofortige Freilassung der Oppositionellen und auch der anderen Menschen, die sich schon länger in Gefängnissen und in Arbeitslagern befinden, wie die so genannten Yukos-Häftlinge Chodorkowski und Lebedjew, und ich unterstütze den Appell von Bundeskanzlerin Merkel, diese beiden Persönlichkeiten endlich freizulassen.
Man muss auch eines ganz klar sehen: Der neu gewählte Präsident Russlands hat die einmalige Chance auf einen Neuanfang, einen Wandel hin zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und zu einer weniger nationalistisch und aggressiv ausgerichteten Außenpolitik. Aber dann muss er sich aus den Verstrickungen von Gazprom befreien, dann muss er sich aus dem System Putin befreien, und dafür haben wir leider nicht die geringsten Anzeichen.
Deshalb ist es unsere Pflicht, ehrlich Kritik zu üben. Nicht die sind die Freunde Russlands, die wie der ehemalige deutsche Bundeskanzler Schröder als Hofsänger und Lobredner des Systems Putin wirken und sich in die Propaganda dieses Systems und in die wirtschaftlichen und nationalistischen Interessen dieses Systems einbinden lassen, sondern die sind die Freunde Russlands, die für die Menschen- und Bürgerrechte des russischen Volkes eintreten, das eine Chance auf eine demokratische Entwicklung hat.
Wenn wir schweigen, dann werden Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in ihren schwachen Ansätzen, die Präsident Jelzin entwickelt und Präsident Putin gefährdet hat, endgültig erstickt, und dies kann nicht im Interesse Europas und auch nicht im Interesse des russischen Volkes sein!
(Beifall)
Marios Matsakis, Verfasser. − (EN) Herr Präsident! Ich spreche hier in dieser Angelegenheit in persönlicher Eigenschaft.
In den letzten Jahren haben sich in Russland bedeutende Veränderungen vollzogen: vom stalinistischen Kommunismus zu den Anfängen eines liberalen Kapitalismus, von der nuklearen Bedrohung des Kalten Krieges zur Aufnahme freundschaftlicher Gespräche mit dem Westen über Abrüstung und militärische Zusammenarbeit. Gleichzeitig wurden im Land demokratischere Reformen eingeleitet, und der Lebensstandard der russischen Bevölkerung steigt stetig.
Wir begrüßen diese Veränderungen und müssen sie unterstützen. Wir dürfen das Schlechte nicht immer kritisieren; mitunter müssen wir etwas stillschweigend hinnehmen und das Gute unterstützen. So sind wir nicht nur objektiv, sondern ermutigen schneller und umfassender zu Veränderungen zum Besseren.
Wenn wir das berücksichtigen und uns die jüngsten Präsidentschaftswahlen in Russland vor Augen führen, dann müssen wir sagen, dass diese demokratischer verliefen als in der Vergangenheit, wenngleich es immer noch ein Problem mit dem ungleichen Zugang von Kandidaten zu den Medien gab. Aber seien wir ehrlich, haben wir solch ein Problem nicht selbst in den EU-Mitgliedstaaten? Leider ja.
Nach den Wahlen gab es Proteste auf den Straßen. Berichten zufolge stießen einige dieser Proteste auf unverhältnismäßige Gewalt seitens der russischen Polizei. Können wir ehrlich sagen, dass unsere eigenen Polizeikräfte in den EU-Mitgliedstaaten oder in den Kandidatenländern Engel sind und nicht zuweilen – öfter, als es uns lieb ist – zu unverhältnismäßiger Gewalt greifen?
Ja, wir verurteilen die unfaire Behandlung von Kandidaten durch die staatlich gelenkten russischen Medien; ja, wir verurteilen die unangemessene Anwendung von Gewalt durch die russische Polizei gegen Demonstranten, aber wir tun das genau so und in demselben Geist, wie wir mit ähnlichen Geschehnissen in irgendeinem anderen Land oder Staatenbund, auch bei uns, umgehen.
Alexandra Dobolyi. − (EN) Herr Präsident! Ich muss Sie enttäuschen. Ich bin nicht die Verfasserin dieser Entschließung, und meine Fraktion hat die Entschließung nicht mitunterzeichnet. Der Grund dafür ist nicht, dass wir heute eine Diskussion umgehen wollen. Nicht dass wir meinen, wir bräuchten diese Dinge nicht zu diskutieren, und nicht dass wir meinen, es gebe keine Probleme in Russland, auch nicht dass wir meinen, wir bräuchten uns nicht mit den Implikationen der russischen Präsidentschaftswahlen zu befassen, sondern der Grund ist, dass wir der festen Überzeugung sind, dass wir, wenn es um Russland geht – eine Weltmacht, ein Mitglied des UN-Sicherheitsrats und einen der großen Partner der EU –, eine umfassende und gut vorbereitete Plenardebatte ansetzen müssen.
Russland ist für uns nicht nur ein enger Nachbar, sondern auch ein strategischer Partner. Wir wollen eine umfassende Aussprache über unsere Beziehungen, in der alle wichtigen Fragen zur Sprache kommen, vom Handel bis zu den Investitionen – die florieren –, zur Energie, zur Demokratie und auch zu den Menschenrechten.
Zu Russland gibt es viele unterschiedliche Meinungen, aber ich denke, alle sind sich darin einig, dass Russland für uns ein entscheidender Partner bei der Lösung regionaler Konflikte und bei der Bewältigung globaler Herausforderungen ist und dass viel zu tun bleibt, um das volle Potenzial unserer Beziehungen zu entwickeln. Wir müssen in diesem Haus, aber auch mit der Kommission und dem Rat, einen umfassenden Meinungsaustausch darüber führen können, wie wir auf pragmatische Weise an die Zusammenarbeit in Fragen herangehen, wo wir kooperieren können, und wo wir uneins in Fragen sind, die eine Kooperation unmöglich machen.
Es liegt auf der Hand, dass es unmöglich oder unangemessen ist, dieses wichtige und bedeutende Problem an einem Donnerstagnachmittag in einem Zeitfenster von zwanzig Minuten zu behandeln, und das ist der Grund dafür, dass meine Fraktion den Entschließungsentwurf nicht unterstützen kann, und der Grund, warum sich meine Fraktion später in der Abstimmung der Stimme enthalten wird.
Marcin Libicki, Verfasser. − (PL) Herr Präsident! Wieder wurde in Russland gewählt, und erneut sind viele Kandidaten vor der Abstimmung ausgeschlossen worden. Wieder wurden Oppositionsanhänger, die gegen das Wahlergebnis protestierten, gewaltsam auseinandergetrieben. Und ein weiteres Mal ist der Westen in dreierlei Hinsicht überrascht: Erstens, dass in Russland die Bürgerrechte nicht geachtet werden. Zweitens: Weshalb sollte man die Opposition verfolgen, wenn sie ohnehin so schwach ist? Drittens: Warum sollte man dies überhaupt tun, wenn die Öffentlichkeit jede Regierungsentscheidung prinzipiell unterstützt?
Uns muss klar sein, dass, wer Russland wie einen normalen zivilisierten westlichen Staat und die Russen wie eine normale Gesellschaft behandelt, dieses Land nicht verstehen kann. Die russische Mentalität ist ganz anders, wie Russlands Nachbarn – viele Länder in Mittel- und Osteuropa – bezeugen können. Uns ist wohl bekannt, dass die russische Gesellschaft die Regierung und die Behörden immer unterstützt – Wahlen hin oder her. So ist es in Russland stets gewesen, so ist es heute und so wird es immer sein.
Natürlich stimme ich mit Herrn Posselt völlig darin überein, dass die wahren Freunde Russlands alles tun müssen, um das zu ändern. Aber meiner Ansicht nach ist daran nichts Überraschendes.
Jana Hybášková, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Die Russische Föderation ist ein Land, mit dem wir sehr an dem Abschluss einer strategischen Partnerschaft interessiert sind. Wenn nicht die Demokratie, dann ist die Rechtsstaatlichkeit der entscheidende Punkt hier.
27. Februar: Ein Aktivist der Koalition Das Andere Russland wurde in der russischen Stadt Twer aus einer psychiatrischen Klinik entlassen. Roman Nikolaitschik war Opfer einer Strafmaßnahme, die ihn in die Psychiatrie verbannte. Nachdem er als lokaler Kandidat auf die Parteienliste der Koalition Das Andere Russland gesetzt worden war, hatte sich der Druck gegen ihn erhöht. Larisa Arap wurde 46 Tage gefangen gehalten, nachdem sie in der Zeitung Murmansk Oblast einen kritischen Artikel veröffentlicht hatte. Artem Basyrow wurde in der Republik Mari-El für mehr als einen Monat in ein Krankenhaus eingeliefert, weil er Das Andere Russland unterstützte.
1. März: Offener Brief an den Föderativen Sicherheitsdienst Russlands: „Wir, Journalisten und Kollegen von Natalja Morar, einer Korrespondentin der Zeitschrift The New Times, fordern von der Führung des FSD, ihre verfassungswidrige Festnahme im Zollbereich des Flughafens Domodedowo einzustellen und ihr die russische Grenze zu öffnen.“
4. März: Tausende marschierten in Moskau und in den Straßen St. Petersburgs. In Moskau, wo sich die Behörden weigerten, eine Versammlung zu genehmigen, wurden Dutzende verhaftet, als die Polizei mit Schlagstöcken auf die Menge losging. Nikita Belych, Vorsitzender der Union der Rechten Kräfte, wurde von getarnten Spezialkräften der OMON mitgenommen. Zu den Verhafteten gehörten auch Lew Ponomarjow, der Vorsitzende der Bewegung für Menschenrechte, und Denis Bulinow, Geschäftsführer der Vereinigten Bürgerfront.
7. März: Journalisten während der Wahl in Russland zum Schweigen gebracht: Auf Südsachalin griff ein Leutnant der Armee einen Reporter der Zeitung Twoja Gaseta von Jushno Sachalinsk an. In Nowosobirsk wurde der Fotograf Jewgeni Iwanow des „Widerstands gegen die Staatsgewalt“ und der „Unterlassung der Meldepflicht“ angeklagt. In St. Petersburg wurde ein Reporter der Grashdanski Golos von der Miliz festgenommen, weil er sich „ohne Genehmigung in einem Wahllokal aufhielt.“ Die Zeitung wird von Golos, einer unabhängigen Wahlbeobachtungsgruppe, geleitet. Ein Reporter von Wperjod (Vorwärts), einer Lokalzeitung aus Chimni, Im Gebiet Moskau, wurde von Offizieren der Miliz angegriffen, als er seinen Wahlzettel in die Urne werfen wollte.
Ist das Rechtsstaatlichkeit?
Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, im Namen der PSE-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Die Vereinbarungen der EU mit Russland betreffen nicht nur die verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Sicherheit und Energie, sondern auch die Achtung der Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und grundlegenden Menschenrechte.
Dennoch gab es im Vorfeld der Wahlen für oppositionelle Gruppen und Nichtregierungsorganisationen deutlich strengere Auflagen im Hinblick auf das Recht auf Versammlungsfreiheit und friedliche Kundgebungen. Darüber hinaus wurden die wichtigsten Tageszeitungen sowie Rundfunk- und Fernsehstationen einer strengen staatlichen Kontrolle unterworfen. Der von den Oppositionsparteien organisierte Protestmarsch am 3. März wurde von den Moskauer Behörden zunächst nicht genehmigt und endete schließlich mit der Verhaftung der Teilnehmer, darunter auch der Oppositionsführer. Bedauerlicherweise haben die jüngsten Wahlen gezeigt, dass Demokratie und die Achtung des Rechtsstaats in Russland nicht stark ausgeprägt sind. Damit meine ich nicht nur den unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt durch die Polizei während der Demonstrationen, sondern auch die feindselige Haltung gegenüber der Überwachungsmission der OSZE.
Die internationale Gemeinschaft darf von Russlands neuem Präsidenten zu Recht mehr erwarten als die Zusicherung des weiteren Aufbaus der Demokratie im größten Land der Welt – nämlich konkrete Maßnahmen wie die Überprüfung der Situation der schon seit Jahren inhaftierten politischen Aktivisten.
Ewa Tomaszewska, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Weder der russische Präsidentschaftswahlkampf noch die Wahlen selbst entsprachen demokratischen Regeln. Bei der Ankündigung der Kandidaturen versuchte man nicht einmal, den Schein zu wahren. Die Medien waren ständigem Druck ausgesetzt, keine kritischen Bemerkungen über den vom amtierenden Präsidenten unterstützten Kandidaten zu veröffentlichen. Der Opposition war der Zugang zu den Medien versperrt, und die Wahlbeobachtung wurde behindert.
Das ist insbesondere im Hinblick auf Russlands Mitgliedschaft im Europarat und die früheren Erklärungen des russischen Staates zur Achtung der Menschenrechte kaum hinnehmbar. Zugegebenermaßen sind solche Erklärungen nur für Menschen glaubwürdig, die Russland nicht kennen. Der Verletzung demokratischer Grundprinzipien während der Wahlen folgten Proteste, die gewaltsame Auflösung einer Demonstration und die Verhaftung von Demonstranten. Russland ist entschieden vom demokratischen Weg abgewichen. Wir fordern die zügige Freilassung aller politischen Häftlinge.
Jiří Maštálka, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich darüber, dass dieses Problem der Entwicklungen in Russland Eingang in die Plenaraussprachen gefunden hat.
Zweifellos sind gute gegenseitige Beziehungen mit der Russischen Föderation eine Vorbedingung für eine zukünftig starke Europäische Union. Ich bedauere sehr, dass die Wahlen in Russland nicht ohne Einmischung seitens der Behörden stattfanden. Andererseits mangelt es uns wie schon so oft an einer simplen Achtungsbezeugung unsererseits für die geleistete Arbeit und für die Kultur der Nation und des Landes, über das wir heute diskutieren.
Ohne den geringsten Zweifel liegt vor Russland noch ein langer Weg bis zur Erreichung eines Niveaus an sozialer Gerechtigkeit und Lebensqualität, wie wir es gern überall in der Welt sehen würden. Das Land kommt nur schwer mit seiner demografischen Krise zurecht. Andererseits zieht der höchste Repräsentant des Landes zum ersten Mal in der russischen Geschichte freiwillig aus dem Kreml aus, und sein Nachfolger wurde vom Volk gewählt. Es besteht kein Zweifel darüber, dass politische Technologien, Mittel und Managementmethoden in Russland, darunter auch die Wahlverfahren, bis zur Perfektion ausgebaut worden sind. Diese Technologien wurden jedoch aus dem Westen eingeführt.
Ich möchte diejenigen fragen, die heute über die Notlage der Demokratie in Russland Tränen vergießen, ob sie ebenso erbost sind über die etwas feige Weigerung des Europäischen Parlaments, Herrn Solana zu fragen, wie er es mit dem internationalen Recht hält.
Urszula Krupa, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Thema der heutigen Aussprache ist die Verletzung der Menschenrechte in Russland im Rahmen der Proteste gegen das Demokratiedefizit, vor allem während der jüngsten Präsidentschaftswahlen. Dabei wurde nicht nur Gewalt gegen Demonstranten eingesetzt und gab es Verhaftungen, sondern die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa musste ihre Mission zur Überwachung der Wahlen aufgrund der extremen Beschränkungen seitens der russischen Regierung abbrechen. Der russische Staat hat Druck auf oppositionelle Gruppen ausgeübt, Wahlbetrug toleriert und die Medien eingeschränkt. Nichtregierungsorganisationen wurden behindert, und die Organisation von Zusammenkünften unterlag Restriktionen.
Wir können die Missachtung von Demokratie und Menschenrechten, die fehlende Redefreiheit, die Diskriminierung nationaler Minderheiten und die Behinderung unabhängiger Organisationen auf gar keinen Fall hinnehmen. Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass es in Russland keine demokratische Tradition gibt. Die kurze Zeit der Demokratisierung, die 1864 begann, endete 1917 mit der Gründung Sowjetrusslands, eines typischen totalitären Staates, der zunächst von Lenin und Stalin, später dann von ihren Schülern angeführt wurde, was die absolute Negierung der Demokratie bedeutete.
Die Lage in Russland sollte anderen Imperien und totalitären Staaten, die sich vor der Demokratisierung scheuen, als Warnung dienen, selbst wenn die Opposition eine Minderheit darstellt und nur damit droht, die Wahrheit zu enthüllen, die um jeden Preis im Verborgenen bleiben soll.
Koenraad Dillen (NI). – (NL) Zwei Bemerkungen nur. Ich habe keinerlei Problem, diesen Entschließungsantrag zu unterstützen. Selbstverständlich ist uns jedoch allen bewusst, dass Russland ein zu wichtiger Energielieferant ist, sodass die Staats- und Regierungschefs dieses Stück Papier seelenruhig beiseite legen werden.
Aus Erfahrung wissen wir, dass, sobald Wirtschaftsinteressen auf dem Spiel stehen, sei es in China, Russland oder Saudi-Arabien, das Menschenrechtsengagement aller dieser Grundrechtecharta-Apologeten der Realpolitik weichen muss. Geben wir uns daher keinen Illusionen hin.
Zweitens, werte Kolleginnen und Kollegen, ersetzen Sie in dem vorliegenden Entschließungsantrag „Russland“ durch „Belgien“, und der Text behält seine volle Gültigkeit. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit wurden nämlich auch in Belgien friedliche Demonstranten auf Anweisung des Brüsseler Bürgermeisters durch aufgehetzte Polizeidienste auseinander getrieben. Auch in Belgien ist der Opposition der Zugang zu den Medien weitgehend verwehrt. Auch in Belgien wurde eine Oppositionspartei auf Geheiß der Regierung – sowie auf Antrag der Partei, der der hier anwesende Kommissar angehört – durch politisch ernannte Richter verboten. Und die betreffenden Richter sind daraufhin befördert worden. Europa sollte erst einmal vor seiner eigenen Tür kehren und diese Pseudodemokraten in die Schranken weisen.
Józef Pinior (PSE). – (EN) Herr Präsident! Russland ist ein großes Land, eine Weltmacht, Mitglied des UN-Sicherheitsrats und ein strategischer Partner der Europäischen Union.
Zunächst möchte ich zu einer ernsthaften, ruhigen und objektiven Debatte im Europäischen Parlament über die Notlage der russischen Demokratie und über die Menschenrechte in dem Land aufrufen.
Die Realität ist die, dass Russland es internationalen Akteuren schwer gemacht hat, die letzten Parlamentswahlen zu überwachen. Der Europäische Menschenrechtshof hat bis heute in 15 Fällen im Zusammenhang mit Tschetschenien gegen Russland entschieden. Folter und illegale Festnahmen durch regierungsamtliche Kräfte unter Führung des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow sind weit verbreitet und werden systematisch vorgenommen. In der Zeit vor den Wahlen hatten die russischen Behörden die Einschränkung der Versammlungsfreiheit verschärft und übermäßige Gewalt angewendet, um friedliche Demonstrationen aufzulösen. Die russischen Gesetze im Zusammenhang mit Nichtregierungsorganisationen sind besonders restriktiv.
Es ist unmöglich, am heutigen Nachmittag eine ordentliche Aussprache über alle diese Fragen zu führen. Einmal mehr möchte ich zu einer ernsthaften Plenardebatte über die Notlage der Demokratie und der Menschenrechte in Russland aufrufen.
Zbigniew Zaleski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Wie sich zeigt, verläuft der demokratische Wandel in Russland nicht Hand in Hand mit einer Verbesserung der fundamentalen Bürgerrechte, vor allem im Hinblick auf die Rechte der Opposition. Die Menschen in Russland haben gelernt, stolz zu denken, obwohl sie in kläglicher Knechtschaft leben. Der Staat wird uns kaum Beachtung schenken, egal, was wir sagen, aber dem russischen Volk sollte die Haltung Europas bewusst gemacht werden. Vielleicht wird es ein langwieriger Prozess, schrittweise das Verständnis dafür zu fördern, dass auch in Russland die Dinge anders, normaler laufen und die Menschen glücklicher sein könnten, da das Land das Potenzial dazu hat. Diesen Sensibilisierungsprozess müssen wir unterstützen.
Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Ich stimme meinen Vorrednern zu, dass gute Nachbarschaftsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland von entscheidender Bedeutung für die Stabilität, die Sicherheit und die Prosperität ganz Europas sind.
Einerseits muss sich die Europäische Union um eine Vertiefung der Zusammenarbeit mit Russland bemühen, namentlich in Fragen der Politik, der Sicherheit, der Wirtschaft und vor allem der Energie. Andererseits dürfen wir bei Verletzungen der Demokratie und der politischen Freiheit in Russland nicht weiter schweigen. Wir müssen unsere Unzufriedenheit in Fällen zum Ausdruck bringen, in denen wir von vornherein Kenntnis über eine Verletzung der Demokratie erhalten, wie beispielsweise im Fall der Disqualifizierung des Präsidentschaftskandidaten Michail Kasjanow.
Ich vertraue darauf, dass der neu gewählte russische Präsident Dmitri Medwedjew Rechtsstaatlichkeit und Demokratie achtet und die Voraussetzungen für eine baldige Aufnahme der Verhandlungen über das neue Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Russland schafft.
Janusz Onyszkiewicz (ALDE). – (PL) Herr Präsident! Ich würde gern einen weiteren Punkt zur Liste der Missstände hinzufügen, die diese Wahl gekennzeichnet haben und aufgrund derer man nicht wirklich von einer Wahl sprechen kann, denn die Möglichkeit, zwischen Kandidaten zu wählen, gab es nicht. Ich meine damit die Tatsache, dass einige Kandidaten aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten ihrer Partei nicht auf die Wahllisten gesetzt werden konnten.
Warum finanzielle Probleme? Weil seit den letzten Wahlen zur Duma die Zuteilung von Sendezeit für Wahlwerbung bezahlt werden muss, wenn es der betreffenden Partei nicht gelingt, eine bestimmte Stimmenzahl zu erreichen. Folglich haben einige Parteien Schulden und können sich keine politischen Aktivitäten mehr leisten. Schlimmer noch, sie laufen Gefahr, wegen Insolvenz für illegal erklärt zu werden. Diese bizarre Situation sollte man im Hinterkopf behalten.
Louis Michel, Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident! Ich möchte mit einer kleinen persönlichen Richtigstellung beginnen. Ich habe den Beitrag von Herrn Dillen, dem Vertreter einer belgischen rechtsextremen Partei, gehört, der sich einen vollkommen ungehörigen Vergleich zwischen der Situation in Belgien und der in Russland erlaubt hat. Ich kann sie nur klar anprangern. Ich erkenne darin die klassischen Methoden, auf die er und seine Partei üblicherweise zurückgreifen und die nur eine Form von Beleidigung sind. Lassen Sie mich ganz deutlich sagen, dass diese Methoden denjenigen, die sie anwenden, nicht zur Ehre gereichen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Kommission verfolgt die Entwicklungen um die Demonstrationen vom 3. März in Moskau und Sankt Petersburg sehr genau: wir tun dies nicht nur über unsere Delegation in Moskau, sondern auch über direkte Kontakte mit den Mitgliedstaaten. Wir haben auch regelmäßig Verbindung zu den russischen und internationalen NRO, die im Bereich der Menschenrechte tätig sind. Die Kommission teilt Ihre Besorgnis in Bezug auf die offensichtliche Verschlechterung der Menschenrechtssituation in Russland und den Anstieg der gemeldeten Zahl von Fällen von Menschenrechtsverletzungen, insbesondere was die Versammlungsfreiheit und die Meinungsfreiheit betrifft. Wir waren sehr enttäuscht darüber, dass das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE feststellen musste, dass es nicht möglich war, eine Mission zur Beobachtung der Wahlen zu entsenden. Die Europäische Union betont regelmäßig in ihren bilateralen Kontakten auch auf höchster Ebene mit Russland die Bedeutung der Einhaltung der Menschenrechte.
In einem Monat findet eine von zwei jährlichen Konsultationen zu den Menschenrechten mit Russland statt. Diese Konsultationen eröffnen uns die Möglichkeit, die allgemeinen Tendenzen im Bereich der Menschenrechte tief greifender zu untersuchen und den Standpunkt Russlands zu Einzelfällen zu hören. In der bevorstehenden Konsultation werden wir unsere Besorgnisse im Besonderen in Bezug auf die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit, die mit der Zunahme des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit verbundenen Probleme, die Zusammenarbeit mit Russland in internationalen Organisationen wie der OSZE und dem Europarat mitteilen. Die Konsultationen bieten uns außerdem die Möglichkeit Fälle von Einzelpersonen anzusprechen. Vor und nach dieser Beratung werden wir eine Gruppe von Vertretern russischer und internationaler NRO treffen, die im Bereich der Menschenrechte tätig sind. Solche Zusammenkünfte bieten der Europäischen Union Gelegenheit, sich näher den Anliegen der Verfechter der Menschenrechte vertraut zu machen und einen direkten Meinungsaustausch zu führen.
Perspektivisch gesehen müssten wir bald in der Lage sein, Verhandlungen zu einem neuen Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Russischen Föderation zu beginnen. Es wird sich um ein umfassendes Abkommen handeln, das die wachsende Zahl von politischen Bereichen einschließt, in denen wir zusammenarbeiten. Wie es in der Erklärung der Europäischen Union nach den russischen Präsidentschaftswahlen heißt, haben wir ein gemeinsames Interesse daran, die Beziehungen voranzubringen, und wir hoffen, dass diese Partnerschaft während der Präsidentschaft von Dmitri Medwedjew konstruktiv verstärkt und entwickelt wird. Während der Verhandlungen zum neuen Abkommen werden wir darauf achten, dass sich die Werte, denen sich beide Seiten verschrieben haben, darin widerspiegeln: Eine aufblühende Zivilgesellschaft und unabhängige Medien sind natürliche und unabdingbare Verbündete von Wachstum und Stabilität in Russland. Diese Erfahrung haben wir selbst in der Europäischen Union gemacht, und das ist eine Botschaft, die wir – als Nachbarn und Partner – an unsere russischen Freunde tagtäglich sowie in den Diskussionen zur Gestaltung unserer künftigen Beziehungen unermüdlich weitergeben werden. Ich bin sicher, dass uns das Europäische Parlament bei diesen Bemühungen großzügig unterstützen wird.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen
Die Abstimmung findet im Anschluss an die Aussprache statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Filip Kaczmarek (PPE-DE), schriftlich. – (PL) Herr Präsident! Mich überraschen immer wieder Menschen, die hohe Ansprüche an die amerikanische Demokratie stellen, aber oftmals geringe Erwartungen gegenüber Russland haben. Für Russland und die Russen ist das beschämend. Von den Großen und Mächtigen sollte man mehr erwarten – nicht weniger. Jene, die die in Guantanamo und im Kampf gegen den Terrorismus angewendeten Methoden verurteilen, die nach den Spuren der CIA und CIA-Verschwörungen in Europa suchen, sollten Russland vielleicht genauer unter die Lupe nehmen. Aber sie und Politiker, die ihre Denkweise teilen, wollen nichts von Menschen- und Bürgerrechten in Russland wissen. Im Gegenteil: Sie finden die verschiedensten Gründe und Entschuldigungen, um sich nicht mit den Problemen der russischen Demokratie auseinandersetzen zu müssen.
Mit Russlands angeblichen Leistungen, wie beispielsweise der Tatsache, dass Präsident Putin die russische Verfassung nicht verletzt hat und aus eigenem Antrieb von seinem Amt zurückgetreten ist, können wir uns nicht zufriedengeben. Das ist kein Verdienst, sondern Mindeststandard. Das erinnert mich an einen Witz über Stalins Güte: Ein Kind verlässt das Büro Stalins. Es blutet zwar, aber es lächelt: „Warum lächelst du?“, fragt jemand. „Ich lächele, weil Stalin so gut zu mir war.“ „Was meinst du mit gut?“, entgegnet der Fragesteller. „Er hat dich geschlagen, nicht?“ „Ja“, sagt das Kind, „aber er hätte mich auch umbringen können.“
Katrin Saks (PSE), schriftlich. – (ET) Herr Präsident! Bedauerlicherweise muss ich Ihnen mitteilen, dass ich den Standpunkt meiner Fraktion zur Stimmenthaltung bei der Abstimmung über den Entschließungsantrag zu Russland nicht teile.
In der Tat brauchen wir eine Entschließung, wenn der Präsidentschaftsanwärter Dmitri Medwedjew im Amt ist. Es bleibt abzuwarten, welches seine ersten Schritte sein werden und welche Rolle sich Wladimir Putin unter dem neuen Präsidenten gibt.
Außerdem ist es mir angesichts der aktuellen Lage, in der demokratisch gesinnte Kandidaten nicht an den Wahlen teilnehmen bzw. ihre Meinung zur Situation im Land nach den Wahlen nicht äußern durften, ein großes Anliegen, meine eigene Sicht darzustellen. Ansonsten geht es uns so wie dem Europarat, der die Veröffentlichung seines Berichts über Russland bis auf weiteres auf einen dafür besser geeigneten Zeitpunkt verschoben hat.
Ich werde also meine Stimme abgeben, und zwar für die Entschließung, auch wenn der Wortlaut vielleicht nicht ganz meinem Geschmack entspricht. Nach meinem Dafürhalten ist es unsere Pflicht, als demokratische Institution eine mutige, unseren Prinzipien verpflichtete Stellung zu beziehen und unsere Meinung zu einem so wichtigen Thema wie das der freien Wahlen zu äußern.
9.3. Der Fall des afghanischen Journalisten Perwiz Kambakhsh – Der Fall des iranischen Staatsangehörigen Seyed Mehdi Kazemi
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgen die Aussprache über sechs Entschließungsanträge zum Fall des afghanischen Journalisten Perwiz Kambakhsh sowie die Aussprache über vier Entschließungsanträge zum Fall des iranischen Staatsangehörigen Seyed Mehdi Kazemi(1).
Nickolay Mladenov, Verfasser. − (EN) Herr Präsident! Ich werde diese Diskussion mit der vorangegangenen Aussprache über Russland verbinden, denn ich bin fest davon überzeugt, dass wir, wenn wir an ein System von Werten glauben, nicht nur in schwachen Ländern für sie eintreten dürfen und starke Länder davon ausnehmen.
Ich bin stolz darauf, dass dieses Parlament die Entschließung zu Russland diskutiert hat, und wir sollten alle stolz darauf sein. Wir sollten den Tag fürchten, da das Europäische Parlament nicht mehr solche Entschließungen diskutiert und nicht mehr fest für die Werte einsteht, an die wir glauben,
Denn heute bedeutet Demokratie nicht das Recht aller, gleichberechtigt zu sein, sie bedeutet gleiches Recht für alle, anders zu sein. Das ist eine Kernbotschaft, die wir an unsere Partner in Russland weitergeben müssen, und wir müssen sie an unsere Partner in Afghanistan weitergeben.
Präsident Karzai und die afghanische Regierung haben sich zur Errichtung eines demokratischen, modernen Staates verpflichtet. In einem demokratischen und modernen Staat ist ein Todesurteil nicht zu akzeptieren. Darüber gibt es nichts zu diskutieren. Keine Form der Todesstrafe ist in einem demokratischen und modernen Staat zu akzeptieren. Das ist der Kern unseres europäischen Werts.
Der Fall des afghanischen Journalisten Kambakhsh ist noch bestürzender, denn er wurde zum Tode verurteilt, weil er sein Recht auf freien Zugang zu Informationen ausübte.
Wir sollten die Behörden in Afghanistan, die Regierung und den Präsidenten ermutigen, zu seinen Gunsten zu intervenieren und ihre Befugnisse zu nutzen, um sein Leben zu retten und sicherzustellen, dass er am Ende des Prozesses, durch den er jetzt gehen muss, nämlich durch das Berufungsverfahren, begnadigt wird.
Wir sollten allerdings auch weiterhin den Behörden dabei helfen, diejenigen Institutionen aufzubauen, die sie brauchen, damit sie als demokratischer und moderner Staat wirken können, wir müssen die Zivilgesellschaft unterstützen und zu allererst bei unserer Verpflichtung gegenüber der Sicherheit Afghanistans bleiben.
Schließlich sollten wir niemals vergessen, dass Bildung und Erziehung der entscheidende Wert ist, den wir einem Land wie Afghanistan vermitteln müssen. Die Mädchen durften erst in den letzten Jahren zur Schule gehen. Uns bleibt dort so viel zu tun. Die Arbeit sollte uns nicht abschrecken, und wir sollten sowohl auf die Kommission als auch auf den Rat und alle Mitgliedstaaten ganz energisch dahingehend einwirken, dass wir in Afghanistan in die Bildung investieren müssen
Marcin Libicki, Verfasser. − (PL) Herr Präsident! Der afghanische Journalist Perwiz Kambakhsh wurde zum Tode verurteilt. Wie üblich greifen autoritäre Regierungen jene Menschen an, die sich für die Menschenrechte einsetzen, also Journalisten und religiöse Aktivisten.
Ich stimme meinen Vorrednern zu: Wir sollten gegenüber mächtigen Ländern wie Russland und China nicht nachgiebiger sein. Wie Herr Mladenov zu Recht bemerkte, müssen alle mit dem gleichen Maß gemessen werden. Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass jene, die behaupten, wir sollten gegenüber China und Russland mehr Nachsicht üben, weil sie mächtig sind, in zweierlei Hinsicht falsch liegen: Erstens, weil überall die gleichen Standards angewendet werden müssen. Zweitens, weil die Tatsache, dass Regierungen gezwungen sind, bestimmte Kompromisse einzugehen, auf einem anderen Blatt steht. In der Geschichte Europas sind die Parlamente immer das Gewissen der Nation gewesen, denn sie können solche Kompromisse, wie wir sie mitunter seitens der Regierung leider akzeptieren müssen, nicht schließen.
Deshalb fordere ich das Hohe Haus auf, die Mächtigen und die Schwachen nicht mit unterschiedlichem Maß zu messen.
Thijs Berman, Verfasser. – (NL) Die Todesstrafe ist barbarisch, und das Recht auf freie Meinungsäußerung ist in der Verfassung Afghanistans fest verankert. Gleichwohl wurde der Journalist Perwiz Kambakhsh, fernab der Haupstadt Kabul, aufgrund eines Artikels über Rechte der Frauen im Islam, den er übrigens nicht einmal selbst verfasst hatte, wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt. Da sein Bruder kritisch über lokale Führer schreibt, war dies im Falle von Perwiz offensichtlich nicht zu seinem Vorteil.
Dieses Todesurteil hat einen gewaltigen Schock ausgelöst, selbst in Ländern mit überwiegend muslimischer Bevölkerung. Journalisten in Pakistan, im Iran, in Quatar, allen ist vollauf bewusst, wie wichtig der Schutz der freien Meinungsäußerung ist, wo auch immer in der Welt, massivem Widerstand zum Trotz und ungeachtet ultrakonservativer Kreise, die nichts von Freiheiten, Frauenrechten oder offenen Debatten halten, wiewohl diese Konservativen ebenfalls Meinungsfreiheit brauchen.
Was soll Europa tun?
1. Mehr Hilfestellung bei der Justizreform in Afghanistan anbieten, als 2007 zugesichert wurde;
2. Einen eindringlichen Appell an Präsident Karzai richten, etwas zu unternehmen, und ihn dabei unterstützen;
3. Die Europäische Union muss die Achtung der Menschenrechte und der afghanischen Verfassung zu einem zentralen Pfeiler der Politik der Europäischen Kommission machen.
Es hat keinerlei Sinn, diese Angelegenheit noch weiter auf die Spitze zu treiben, als die Ultrakonservativen zu tolerieren bereit sind. Damit würde ihnen in die Hände gespielt. Perwiz Kambakhsh muss aber unverzüglich freigelassen werden.
Marios Matsakis, Verfasser. − (EN) Herr Präsident! Einige sind der Meinung, Afghanistan sei ein Land, das sich in den letzten Jahren in einem Zustand ständigen Aufruhrs und chaotischer Spannung befand. Armut, Analphabetismus, gewaltsame Stammesfehden, Drogenbarone, Warlords, russische Besatzung, der Terrorismus der Taliban, gefolgt von einer schwierigen Militärintervention durch die USA und Großbritannien und zu all dem noch das strenge islamische Gesetz der Scharia. Wenn es so etwas gäbe wie die Hölle auf Erden, dann wäre Afghanistan wirklich ein Kandidat für die vorderen Ränge. Doch angesichts dieser extremen Not gibt es leichte Anzeichen von Auflehnung und Hoffnung auf Redefreiheit und Demokratie.
Das ist der Fall des jungen Journalisten Perwiz Kambakhsh, der es wagte, einen Artikel über die Rechte der Frauen im Islam kursieren zu lassen, den er aus dem Internet heruntergeladen hatte. Diese mutige Tat wurde nach dem aus dem Paläolith stammenden Gesetz der Scharia als Blasphemie angesehen, und er wurde von schwachköpfigen, fanatisch verblendeten so genannten Richtern vor einem so genannten Regionalgericht in Nordafghanistan zum Tode verurteilt. Wie wir alle wissen, gelten Frauen fanatischen Islamisten zufolge kaum mehr als Möbelstücke, und jeder Versuch, das in Frage zu stellen, verursacht eine extreme Reaktion wie die, um die es in dieser Entschließung geht.
Aber die Dinge müssen sich zum Besseren wenden, und wir im Westen haben eine Pflicht, darauf hinzuwirken, dass solch ein Wandel eher früher als später eintritt. Da der Westen, darunter auch die EU, in Afghanistan eine riesige Militärpräsenz aufrecht erhält und da der Westen, darunter auch die EU, Milliarden Euro als Finanzhilfe in das Land pumpt, denke ich, wir haben völlig Recht mit unserer Forderung, dass nicht nur der fragliche junge Mann unverzüglich und bedingungslos frei gelassen wird, sondern dass ähnliche Fälle im Zusammenhang mit dem rückständigen Gesetz der Scharia nie wieder vorkommen – niemals! Sonst sollten wir ernsthaft erwägen, unsere Truppen und unser Geld aus Afghanistan abzuziehen und das Land seinen Höllenkurs weiter verfolgen lassen, zu dem es von seinem fanatischen religiösen Geschick verdammt wird.
Jean Lambert, Verfasser. − (EN) Herr Präsident! Meine Fraktion unterstützt nachdrücklich den Entschließungsentwurf zu Herrn Kambakhsh, obgleich ich nicht sicher bin, ob ich allem, was mein Vorredner sagte, zustimmen würde.
Ich möchte jedoch die Aufmerksamkeit auf einen weiteren jungen Mann lenken, dessen Leben im Moment ebenfalls in Gefahr ist, Mehdi Kazemi aus dem Iran, wo die britische Regierung in diesem Fall etwas tun könnte. Viele von uns hoffen, dass die Innenministerin, Jacqui Smith, jetzt aufgrund neuen Beweismaterials intervenieren wird.
Dieses Parlament hat viele Entschließungsentwürfe verabschiedet, in denen das Menschenrechtsregister im Iran verurteilt wurde. Wir meinen, es ist ein für Homosexuelle gefährliches Land. Wir haben immerhin die Körper an den Kränen hängen sehen, wir wissen also, dass es so ist, und viele von uns sind der Ansicht, dass es besonders für diesen jungen Mann gefährlich ist.
Manche haben gesagt, er würde sicher sein, wenn er ausgeliefert würde, sofern er sich „diskret“ verhalte. Ich denke mir, ein „diskretes“ Verhalten im Iran dürfte im Iran anders gedeutet werden als in unseren Mitgliedstaaten. Aber das Problem besteht darin, dass schwul sein, sei es im Iran, in Jamaika oder sonstwo, ein Verbrechen ist, und man ist in Gefahr.
Meine Fraktion hat die Dubliner Verordnung, die in diesem Fall ins Spiel kommt, sehr kritisch gesehen, den wir wissen, es gibt immer noch eine große Schwankungsbreite zwischen den Mitgliedstaaten in der Art und Weise, wie Asylanträge behandelt werden, und sogar der Zugang zum Verfahren kann sich extrem schwierig gestalten. Wir haben ein Klima erlebt, in dem Zahlen für wichtiger erachtet werden als das Leben.
Das ist das Wesen des Schutzverfahrens: Es geht darum, jemandem das Leben zu retten, wenn es in Gefahr ist. Es geht nicht um die Feinheiten korrekter Verfahren: Es geht um den Effekt.
Wir wollen eine funktionierende Asylpolitik, die imstande ist, Fehler zu korrigieren und neue Informationen zur Kenntnis zu nehmen, eine, die in allen Mitgliedstaaten den gleichen hohen Standard gewährt. Wir hoffen, dass die britische Regierung in diesem Fall den Beweis erbringt, dass das möglich ist.
Eva-Britt Svensson, Verfasserin. – (SV) Herr Präsident! Erlauben Sie mir zunächst zwei kurze Bemerkungen: Erstens dürfen wir niemals schweigen, wenn die Todesstrafe verhängt wird, unabhängig davon, wo in der Welt das geschieht. Zweitens ist es sehr bedauerlich, dass wir jedes Mal, wenn wir uns hier in Straßburg treffen, eine Reihe von Verbrechen gegen die Menschenrechte auf der Tagesordnung haben. Manchmal hat man das Gefühl, dass das nie ein Ende nimmt.
Was diesen Entschließungsantrag betrifft, können wir feststellen, dass in Artikel 34 der Verfassung Afghanistans ganz eindeutig das Recht auf freie Meinungsäußerung mit den Worten verteidigt wird: „Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist unverletzlich; jeder Afghane hat das Recht, seinen Gedanken in mündlicher Rede, bildlichen Darstellungen und in Schriftform sowie mit anderen Mitteln Ausdruck zu verleihen.“ Dessen ungeachtet wurde der 23-jährige Journalist Perwiz Kambakhsh in einem rechtswidrigen Gerichtsprozess, bei dem ihm seine gesetzlichen Rechte verweigert wurden, zum Tode verurteilt. Journalisten und Menschenrechtsorganisationen werden von diesem Gerichtsverfahren ausgeschlossen. Das so genannte Verbrechen bestand darin, dass er einen Artikel über die Lage der Frauen im Islam verbreitet hat.
Der Hintergrund des Falls ist also gut bekannt. Jetzt fordern wir mit allem Nachdruck die sofortige Freilassung von Perwiz Kambakhsh. Er hat kein Verbrechen begangen, sondern voll und ganz in Übereinstimmung mit dem Gesetz und der Verfassung gehandelt. Die EU und die gesamte Welt müssen sich hinter diese Forderung stellen: Freiheit für Perwiz Kambakhsh.
Marco Cappato, Verfasser. − (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! In dem Fall von Mehdi Kazemi müssen wir über etwas beraten, was eigentlich keine einzige Sekunde der Diskussion erfordern dürfte.
Jeder, den man gefragt hätte, ob er es für möglich hält, dass ein europäisches Land jemanden an einen Henkerstaat und eine Diktatur wie Iran ausliefert, hätte gewiss geantwortet, dass das unvorstellbar sei. Doch das Unvorstellbare droht zu geschehen, oder geschieht vielmehr gerade, trotz der Zusicherungen, die gegeben wurden. Das bedeutet, dass etwas wirklich Schlimmes geschieht, dass Europa wohl vom Wahnsinn ergriffen wird.
Mancher sagt, es gebe einige juristische Winkelzüge, die zur Deportation und zum Tode von Mehdi Kazemi führen können. Das darf doch wohl nicht möglich sein. Die Grundprinzipien der Europäischen Union, die Achtung der Menschenrechte und des Lebens, wurden noch nicht aufgehoben. Wenn Kazemi hingerichtet wird, wird niemand bürokratischen Verfahren die Schuld dafür geben können, es sei denn, er findet sich mit der Auffassung ab, dass Europa nur aus Folgendem besteht: aus bürokratischen Verfahren und aus Nationalstaaten, die so mächtig sind, dass es ihnen nicht einmal gelingt, ein Leben zu retten.
Ich möchte den 140 EP-Mitgliedern, die sich zu diesem Fall zusammengefunden haben, danken, und ich hoffe, dass dieses Hohe Haus den eingereichten Entschließungsantrag einstimmig annehmen wird.
Ewa Tomaszewska, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Am 22. Januar 2008 hat das erstinstanzliche Gericht der nordafghanischen Provinz Balkh den für eine Lokalzeitung tätigen 23-jährigen Journalistikstudenten Perwiz Kambakhsh wegen der elektronischen Verbreitung eines aus dem Internet heruntergeladenen Artikels über Frauenrechte zum Tode verurteilt. Ein Rechtsbeistand wurde ihm im Prozess verwehrt. Der Beschuldigte wurde geschlagen und ein Geständnis durch brutale Behandlung erpresst.
Wir fordern von den afghanischen Behörden die Freilassung von Perwiz Kambakhsh und von der afghanischen Regierung die Achtung der Menschenrechte, insbesondere des Rechts auf Leben. Gestatten Sie mir, meiner Hoffnung Ausdruck zu verleihen, dass Afghanistan zügig ein Moratorium für den Vollzug der Todesstrafe verabschiedet.
Raül Romeva i Rueda, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Vor einigen Monaten erklärte der iranische Präsident, Mahmud Ahmadinedschad, feierlich vor den Vereinten Nationen, dass im Iran kein Problem mit der Homosexualität bestünde, einfach weil es dort keine Homosexuellen gebe. Was er nicht sagte war, dass jeder dort lebende Homosexuelle hingerichtet wird.
Der Fall von Mehdi Kazemi macht erneut die gewaltigen Lücken in der Asylregelung der Europäischen Union deutlich: Die Tatsache, dass jemand heutzutage um Asyl bitten muss, weil er oder sie wegen Homosexualität verfolgt und mit dem Tode bedroht wird, erfüllt uns mit größter Sorge und zeigt, dass die Förderung der LGBT-Rechte einen wichtigeren Platz in der internationalen Agenda einnehmen muss.
Noch gravierender ist die Tatsache, dass die Europäische Union als Vorkämpferin für Rechte und Freiheiten die Verfolgung aufgrund sexueller Ausrichtung nicht für einen genügend wichtigen Faktor hält, um in Fällen wie dem von Mehdi Kazemi automatisch Asyl zu gewähren. Leider ist dies nicht das erste Beispiel dieser Art, und zweifellos wird es nicht das letzte sein. Es gibt in der Tat noch viele Länder, in denen die LGBT-Bürger unter fortgesetzter Verfolgung leiden und sogar zum Tode verurteilt werden, wie im Iran.
Deshalb hoffe ich, dass sich dieses Hohe Haus und alle Fraktionen dieser Situation bewusst sind und sich den gerechten Forderungen in der heute vorgelegten Entschließung anschließen, insbesondere im Hinblick auf die uneingeschränkte Anwendung der Anerkennungsrichtlinie, in der die Verfolgung aufgrund der sexuellen Ausrichtung als entscheidender Grund für die Gewährung von Asyl anerkannt wird. Ebenso verfügt sie, dass die Mitgliedstaaten den Einzelfall prüfen und dabei die Lage im Herkunftsland, einschließlich der Gesetze und Vorschriften und der Art und Weise ihrer Handhabung, berücksichtigen.
Weiterhin ist es notwendig, dass die Mitgliedstaaten eine gemeinsame Lösung finden, um Mehdi Kazemi den Flüchtlingsstatus zuzuerkennen und ihm den notwendigen Schutz in der Europäischen Union zu gewähren und dafür zu sorgen, dass er nicht in den Iran zurückgeschickt wird, wo er wahrscheinlich, ebenso wie sein Partner, hingerichtet wird.
Alles was dafür getan werden muss, ist, Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention anzuwenden, demzufolge niemand in Länder abgeschoben oder ausgeliefert werden darf, in denen ein hohes Risiko besteht, der Verfolgung, der Folter oder gar der Todesstrafe ausgesetzt zu sein.
Ioannis Varvitsiotis (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Natürlich unterstütze ich die Entschließung, denn die gegenwärtige Lage in Afghanistan ist nun einmal inakzeptabel und enttäuschend. Die Herrschaft der Taliban hat das Land um viele Jahre zurückgeworfen.
Seien wir jedoch ehrlich. Wer hat die Taliban gestärkt? Waren es nicht die Amerikaner mit ihren Waffen und ökonomischen Ressourcen, die die Taliban in ihrem Kampf gegen die Sowjets stärkten? Ist es nicht auch eine Tatsache, dass sich heute die Opium-Produktion in diesem Land verfünffacht hat? Wie kommt das? Es soll jeder seine eigenen Schlüsse ziehen.
Sophia in 't Veld (ALDE). – (NL) Über den Fall Mehdi Kazemi und die Tatsache, dass wir nicht alle spontan dafür eintreten, dass ihm Asyl gewährt werden soll, bin ich ziemlich bestürzt. Ich fordere die Vertreter der niederländischen und britischen Regierung zusammen mit den Mitgliedern dieses Hauses, die gegen den vorliegenden Entschließungsantrag zu stimmen beabsichtigen, eindringlich auf, sich einmal Gedanken darüber zu machen, worin genau das Ziel der Rechtsstaatlichkeit besteht: In der ordnungsgemäßen und buchstabengetreuen Anwendung von Gesetzen und Verfahren oder darin, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird? Denken Sie also sorgfältig darüber nach, bevor Sie abstimmen werden.
Bernd Posselt (PPE-DE). – Herr Präsident! Meine Fraktion ist ganz klar für den Schutz von Herrn Kazemi und selbstverständlich gegen seine Auslieferung an den Iran. Aber wir sind gegen die vorliegende Entschließung, weil sie sich nicht wie vorgesehen ein Dringlichkeitsthema betrifft, sondern das Asylrecht in der Europäischen Union im Allgemeinen und das Verhältnis zwischen zwei EU-Mitgliedstaaten, nämlich Niederlande und Großbritannien, in dieser schwierigen Frage.
Das ist nicht die Sache dieser Dringlichkeitsentschließungen! Die werden hier missbraucht, um innenpolitische Themen auszutragen. Wir sind für den Schutz von Herrn Kazemi, wir werden jede Initiative in diese Richtung unterstützen, aber nicht diese Entschließung, die sich zwar mit dem Titel von Herrn Kazemi versehen hat, aber im Inhalt etwas ganz anderes bedeutet.
John Bowis (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich unterstütze diese beiden Entschließungen. Aber es ist mein Land, das beabsichtigt, einen jungen Mann im Teenager-Alter nach dem Iran in den Tod zu schicken. Einen Tod, den sein Freund bereits erlitten hat. Nicht wegen irgendeines Verbrechens, sondern wegen seiner Sexualität. Es ist mein Land, das sich in der Vergangenheit eines absoluten Standards gebrüstet hat, wir würden nie Leute zurückschicken, wenn sie eine Strafe erwartet, die schlimmer ist als die Strafe, zu der sie in Großbritannien verurteilt werden könnten.
Hier haben wir kein Verbrechen, und wir haben eine Strafe, die wir in Großbritannien vor vielen Jahren abgeschafft haben. Es ist mein Heimatland, das, wenn es in diesem Fall nicht nachgibt, sein Gesicht vor Scham bedecken sollte. Ich hoffe, dieses Parlament bedeckt sein Antlitz nicht vor Scham. Ich hoffe, es wird diese Resolution unterstützen.
Um Gottes willen, wir sprechen von einem Neunzehnjährigen!
(Lebhafter Beifall)
Czesław Adam Siekierski (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Einer der Werte der Europäischen Union besteht darin, Aktionen zum Schutz der Menschenrechte zu koordinieren und diesbezügliche Standpunkte zu verabschieden. Das gilt auch für den Fall des afghanischen Journalisten, der von einem Gericht in einer nordafghanischen Provinz wegen der Verbreitung eines Artikels über die Rechte der Frauen im Islam zum Tode verurteilt wurde. Vor Gericht wurde ihm das Recht auf einen Rechtsbeistand verwehrt, und er war verschiedenen Formen körperlicher Gewalt ausgesetzt, obwohl das Recht auf freie Meinungsäußerung in der afghanischen Verfassung festgeschrieben ist.
Offenbar decken sich Gesetz und Realität nicht. Viele Staaten garantieren die Einhaltung der Menschenrechtserklärung, verschließen aber die Augen davor, wie sie im eigenen Land umgesetzt wird, was uns motivieren sollte, die Menschenrechte, Freiheit und Demokratie noch entschlossener zu verteidigen.
Mario Mauro (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur hervorheben, dass, trotz der in mancher Hinsicht begründeten Befürchtungen meiner Fraktion, der Inhalt der Entschließung könne verallgemeinert werden, nicht an der Tatsache zu rütteln ist, dass die Auskünfte, die wir von iranischen Quellen und Behörden bekommen, unmissverständlich sind. Wenn Mehdi Kazemi in den Iran zurückkehrt, erwartet ihn der Tode, und aus diesem Grund werde ich, entgegen meiner Gewohnheit, anders als meine Fraktion abstimmen.
Louis Michel, Mitglied der Kommission. − (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen, dass Sie uns die Gelegenheit geben, mit Ihnen über den Fall von Perwiz Kambakhsh in Afghanistan sowie den Fall des iranischen Staatsbürgers Mehdi Kazemi zu sprechen.
Hinsichtlich Herrn Kambakhsh teilen wir natürlich alle Ihre Besorgnisse und verfolgen diese Angelegenheit vor Ort genau über unsere Delegation in Afghanistan in Zusammenarbeit mit dem Missionschef und dem EU-Sonderbeauftragten. Wir haben diesen Fall wiederholt bei den afghanischen Behörden, zuletzt bei Außenminister Spanta auf dem Troika-Treffen in Ljubljana am 21. Februar angesprochen.
Ich weiß, dass die Afghanistan-Delegation des Europäischen Parlaments diese Frage auch direkt beim afghanischen Parlament angesprochen hat und dass die afghanischen Parlamentarier Ihnen die Versicherung gegeben haben, dass für diese Angelegenheit eine zufrieden stellende Lösung gefunden wird.
Ich denke, wir sollten die bisher angewandte Herangehensweise weiter verfolgen, indem zumindest im Augenblick auf diskrete diplomatische Aktionen zurückgegriffen wird. Nach dem gegenwärtigen politischen Klima in Afghanistan zu urteilen, würde die Freilassung von Herrn Kambakhsh in Sicherheit erschwert, wenn man den Eindruck vermittelt, dass die afghanischen Behörden dem internationalen Druck nachgeben.
Ich möchte Ihnen jedoch versichern, dass wir diese Angelegenheit weiter sehr genau verfolgen werden und dass wir bereit sind, weitere Schritte zu unternehmen, für den Fall, dass die Todesstrafe in der Berufung bestätigt wird. Das afghanische Rechtssystem ist durch fast 30 Jahre bewaffneter Konflikte völlig zerstört worden. Wir haben deshalb der Reform der afghanischen Rechtsinstitutionen im Rahmen unseres Hilfsprogramms für Afghanistan Vorrang eingeräumt. Wir haben bereits Sachverständige vor Ort, die mit dem Obersten Gerichtshof, der Generalstaatsanwaltschaft und dem Justizministerium zusammenarbeiten, um diese Einrichtungen auf zentraler und Provinzebene zu professionalisieren. Das Programm der Europäischen Kommission unterstützt die Behörden auch bei der Schaffung eines neuen Systems der Rechtshilfe – was in Afghanistan dringend benötigt wird, wie dieser Fall gezeigt hat. Momentan gibt es weder eine fest etablierte und unabhängige Anwaltskammer noch Zugang zu öffentlicher Rechtshilfe. Ich bin guter Hoffnung, dass das Justizreformprogramm der Europäischen Kommission – das in enger Synergie mit der EUPOL-Polizeimission in Afghanistan im Rahmen der ESVP durchgeführt wird – mittel- und langfristig zur Verbesserung der Situation der Menschenrechte beitragen wird.
Im Übrigen teilt die Kommission natürlich Ihre ernste Besorgnis bezüglich Mehdi Kazemi und anderer ähnlicher Fälle. Der Fall von Herrn Kazemi wird gerade sehr eingehend von den niederländischen und britischen Behörden geprüft. In Bezug auf den Schutz der Flüchtlinge möchten wir unterstreichen, dass nach internationalem Recht, insbesondere dem Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, keiner der Vertragsstaaten auf irgendeine Weise einen Flüchtling an den Grenzen der Territorien abschiebt oder zurückweist, auf denen sein Leben oder seine Freiheit auf Grund seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe oder seiner politischen Ansichten in Gefahr ist.
Gemäß dem iranischen Strafgesetzbuch steht auf die als lavat bezeichnete Tat die Todesstrafe. Der Terminus lavat macht indessen keinen Unterschied zwischen mit freier Zustimmung und unter Zwang eingegangenen sexuellen Beziehungen. Im letztgenannten Fall scheint, dass sich der Terminus, wenn die Strafe wegen lavat in Verbindung mit anderen Anklagepunkten erkannt wird, im Allgemeinen auf Vergewaltigung bezieht. Selbstverständlich ist die Kommission unter allen Umständen kategorisch gegen die Todesstrafe, und umso mehr, wenn kein Verbrechen begangen wurde. Die Situation Homosexueller im Iran ist ein Grund zur Besorgnis. Die Verletzungen des Rechts auf Privatleben und die auf der sexuellen Orientierung beruhenden Diskriminierungen stehen vollkommen im Gegensatz zu den Pflichten, die der Iran Kraft des Internationalen Abkommens über bürgerliche und politische Rechte, das er ratifiziert hat, erfüllen muss.
Die Europäische Union übermittelt dem Iran diese Botschaften zu den Menschenrechten auf allgemeine Weise und auch indem sie an mehreren Fronten handelt. Bedauerlicher Weise hat der Iran unser Angebot zur Wiederaufnahme des bilateralen Dialogs zu den Menschenrechten noch nicht angenommen. Auf jeden Fall unterstreichen wir in unseren Gesprächen mit iranischen Vertretern, dass wir zu jedem der Themen, die die Europäische Union in den Bereichen der Politik, der Atomenergie, des Handels und der Menschenrechte interessieren, Fortschritte sehen möchten. Ohne eine allgemeine Verbesserung der Lage der Menschenrechte im Iran können sich unsere Beziehungen zum Iran nicht zufrieden stellend entwickeln.
Was mich persönlich betrifft, so möchte ich Herrn Bowis meinen aufrichtigen Dank und meine Glückwünsche zu seinem Beitrag übermitteln: Ich teile voll und ganz seine Ansichten.
Der Präsident. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet im Anschluss an die Aussprache statt.
10. Zusammensetzung der Ausschüsse und der Delegationen: siehe Protokoll
11. Abstimmungsstunde
Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die Abstimmung.
(Abstimmungsergebnisse und sonstige Einzelheiten der Abstimmung: siehe Protokoll)
11.1. Armenien (Abstimmung)
– Vor der Abstimmung:
Marios Matsakis, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Dies ist nur ein einfacher Änderungsantrag, der mit den großen Fraktionen vereinbart worden ist. Er soll im Änderungsantrag der PPE-DE-Fraktion das Wort „durch“ die Türkei durch das Wort „zur“ Türkei ersetzen. Ich gehe davon aus, dass das von allen großen Fraktionen akzeptiert werden kann.
Da ich gerade das Wort habe: Es gibt eine zweite Änderung betreffend die Erwägung H, wie ein Kollege bereits erwähnte und wo das Wort „Territorium“ durch das Wort „Status“ zu ersetzen ist. Ich gehe davon aus, dass auch das von den großen Fraktionen akzeptiert werden kann. Ich bin dem Sekretariat sehr dankbar, denn dieser mündliche Änderungsantrag kam sehr spät.
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
11.2. Verhaftungen von Demonstranten nach den Präsidentschaftswahlen in Russland (Abstimmung)
– Vor der Abstimmung:
Marcin Libicki, Verfasser.. − (PL) Ich möchte eine stilistische Änderung vorschlagen. Die Wörter „Europäischer Gerichtshof“ sollten durch „Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte“ ersetzt werden, ansonsten ist der Text unverständlich.
(Der mündliche Änderungsantrag wird angenommen.)
11.3. Der Fall des afghanischen Journalisten Perwiz Kambakhsh – Der Fall des iranischen Staatsangehörigen Seyed Mehdi Kazemi (Abstimmung)
– Vor der Abstimmung:
Marco Cappato, Verfasser. − (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte lediglich im Sinne von Artikel 115 GO darum bitten, dass die Abstimmung, die wir nun vornehmen werden, nicht durch so genannte Verfahrensfragen beeinträchtigt wird.
Der Fall Mehdi Kazemi wurde in den Tagesordnungspunkt der Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit aufgenommen. Obwohl das keine Entschließung zur Asylpolitik ist, hat das Präsidium dennoch entschieden, diesen Punkt im Rahmen der Dringlichkeitsentschließungen zu behandeln. Ich hielte es wirklich für ein negatives und unverständliches Signal, wenn eine Verfahrensfrage die – wie ich glaube – grundlegende Einstimmigkeit dieses Parlaments untergraben würde.
Bernd Posselt (PPE-DE). – Herr Präsident! Die Angaben in diesem Fall sind so widersprüchlich. Der Kommissar hat auch etwas anderes gesagt als im Entschließungsantrag steht. Er hat gesagt, Großbritannien wird nicht ausliefern. Deshalb schlage ich meiner Fraktion vor, dass wir nicht mit Nein stimmen, wie ursprünglich beabsichtigt, sondern dass wir uns der Stimme enthalten und dass wir uns in Zukunft in diesem Haus mit derartigen Fällen gründlicher befassen. Die passen wirklich nicht in die Dringlichkeitsdebatten hinein.
Der Präsident. – Damit ist die Abstimmungsstunde beendet.
14. Weiterbehandlung der Standpunkte und Entschließungen des Parlaments: siehe Protokoll
15. In das Register eingetragene schriftliche Erklärungen (Artikel 116 GO): siehe Protokoll
16. Übermittlung der in dieser Sitzung angenommenen Texte: siehe Protokoll
17. Zeitplan der nächsten Sitzungen: siehe Protokoll
18. Schluss der Sitzung
(Die Sitzung wird um 16.35 Uhr geschlossen.)
ANLAGE (Schriftliche Anfragen)
ANFRAGEN AN DEN RAT (Für diese Antworten trägt der Vorsitz des Rates der Europäischen Union die Verantwortung.)
Anfrage Nr. 13 von Bernd Posselt (H-0099/08)
Betrifft: Beitrittsverhandlungen mit Kroatien
Wie beurteilt der Rat den aktuellen Stand der Beitrittsverhandlungen mit Kroatien, und wie sieht der Zeitplan für ihre Fortführung aus?
Die Antwort des Ratsvorsitzes, die weder für den Rat noch die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde während der Fragestunde mit Anfragen an den Rat auf der Tagung des Europäischen Parlaments vom März 2008 in Straßburg nicht mündlich erteilt.
Der Rat hat am 10. Dezember 2007 Kroatien für die allgemeinen Fortschritte gelobt, die es im vergangenen Jahr erzielt hat und die dem Land den Eintritt in die nächstfolgende, wesentlich wichtigere und anspruchsvollere Phase ermöglicht haben. Die Beitrittsverhandlungen verlaufen weiterhin planmäßig.
Bislang sind zwei Kapitel eröffnet und vorübergehend wieder geschlossen worden: Kapitel 25 – Wissenschaft und Forschung – und Kapitel 26 – Bildung und Kultur –, während 14 weitere Kapitel neu eröffnet wurden: Kapitel 3 – Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit; Kapitel 6 – Gesellschaftsrecht; Kapitel 7 – Schutz der Rechte des geistigen Eigentums; Kapitel 9 – Finanzdienstleistungen; Kapitel 10 – Informationsgesellschaft und Medien; Kapitel 17 – Wirtschafts- und Währungspolitik; Kapitel 18 – Statistik; Kapitel 20 – Unternehmens- und Industriepolitik; Kapitel 21 – Transeuropäische Netze; Kapitel 28 – Gesundheits- und Verbraucherschutz; Kapitel 29 – Zollunion; Kapitel 30 – Außenbeziehungen; Kapitel 32 – Finanzkontrolle und Kapitel 33 – Finanz- und Haushaltsbestimmungen.
Ferner sind für das erste Halbjahr 2008 mit Kroatien Beitrittskonferenzen auf Stellvertreter- und Ministerebene zur Eröffnung weiterer Kapitel vorgesehen.
Es sei betont, dass noch viel Arbeit ansteht. Größere Aufmerksamkeit muss der effizienten Umsetzung und Durchführung des gemeinschaftlichen Besitzstandes gewidmet werden, damit die aus der Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen rechtzeitig erfüllt werden. Mit Blick auf den von der Kommission erarbeiteten Fortschrittsbericht über Kroatien 2007 muss das Land seine Anstrengungen bei der Umsetzung verstärken und insbesondere bei der Justiz- und Verwaltungsreform, der Korruptionsbekämpfung, auf dem Gebiet der Wirtschaftsreformen, der Minderheitenrechte und im Zusammenhang mit der Rückkehr von Flüchtlingen weitere Fortschritte erzielen. Die vorbehaltlose Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ) muss fortgesetzt werden, wobei weitere Nachbesserungen erforderlich sind, damit die Verfolgung und Verurteilung von Kriegsverbrechern in Kroatien ohne nationale Voreingenommenheit gewährleistet wird.
Des Weiteren muss die Frage der ökologischen Fischereizone (ZERP) erörtert werden. Der Rat hat am 18. Februar 2008 Kroatien erneut aufgefordert, seine diesbezüglichen Verpflichtungen zu erfüllen, und auf seine Beschlüsse vom Dezember 2007 verwiesen, in denen er Kroatien aufgefordert hatte, die Vereinbarung vom 4. Juni 2004 uneingeschränkt zu achten und die ökologische Fischereischutzzone, in der auch für EU-Mitgliedstaaten Fangverbot galt, keinesfalls durchzusetzen, solange keine gemeinsame Vereinbarung im Geist der EU erzielt wurde. Der Rat wird diese Frage auf seiner nächsten Tagung erneut behandeln und hat die Kommission darum ersucht, den Dialog mit den kroatischen Behörden fortzusetzen und dem Rat darüber Bericht zu erstatten.
Anfrage Nr. 14 von Zita Pleštinská (H-0146/08)
Betrifft: Beitrittsverhandlungen mit Kroatien
Ohne den Beitritt der Staaten Südosteuropas zur Union kann von einem Erfolg der europäischen Integration keine Rede sein. Slowenien ist seit dem 1. Mai 2004 vollwertiges Mitglied der EU. Die Kroaten streben gerade in die Union. Die Grenzstreitigkeiten zwischen Slowenien und Kroatien sind schon seit einigen Jahren bekannt. Die Ausrufung einer Umwelt- und Fischereizone Anfang dieses Jahres hat die Beitrittsverhandlungen Kroatiens mit der EU zusätzlich erschwert.
Wie sollen die Grenzstreitigkeiten zwischen Slowenien, das den Ratsvorsitz der EU führt, und Kroatien, das sich um den Beitritt zur EU bemüht, nach mehrheitlicher Auffassung des Rates beigelegt werden? Hält der Rat es für richtig, bilaterale Probleme mit dem Prozess der Beitrittsverhandlungen zu verknüpfen? Von welcher zeitlichen Perspektive für eine Lösung der Situation, die für beide Seiten annehmbar wäre, geht der Rat aus? Wann wird es möglich sein, die Beitrittsverhandlungen Kroatiens mit der Europäischen Union wieder aufzunehmen?
Die Antwort des Ratsvorsitzes, die weder für den Rat noch die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde während der Fragestunde mit Anfragen an den Rat auf der Tagung des Europäischen Parlaments vom März 2008 in Straßburg nicht mündlich erteilt.
Die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien sind zu keinem Zeitpunkt ausgesetzt worden und müssen deshalb auch nicht wieder aufgenommen werden. Vielmehr verlaufen sie auch weiterhin planmäßig. Im ersten Halbjahr 2008 sind zwei Beitrittskonferenzen vorgesehen, eine auf Ebene der Stellvertreter und eine weitere auf Ministerebene, damit neue Kapitel eröffnet werden. Ebenso sei darauf hingewiesen, dass der Rat am 10. Dezember 2007 Kroatien für seine allgemeinen Fortschritte gelobt hat, die sich im vergangenen Jahr fortgesetzt und es dem Land ermöglicht haben, in die nächstfolgende, wesentlich wichtigere und anspruchsvollere Phase einzutreten.
Dessen ungeachtet muss jedoch auch die Frage der ökologischen Fischereischutzzone (ZERP) erörtert werden. Der Rat hat am 18. Februar 2008 Kroatien erneut aufgefordert, seine diesbezüglichen Verpflichtungen zu erfüllen, und auf seine Beschlüsse vom Dezember 2007 verwiesen. Der Rat wird diese Frage auch auf seiner nächsten Tagung behandeln und hat die Kommission ersucht, den Dialog mit den kroatischen Behörden fortzusetzen und dem Rat darüber Bericht zu erstatten.
Darüber hinaus hat der Rat am 12. Februar eine neue Beitrittspartnerschaft mit Kroatien angenommen. In dieser überarbeiteten Beitrittspartnerschaft wird es vorrangig darum gehen, die Bemühungen um eine endgültige Lösung noch offener bilateraler Fragen, insbesondere der Grenzfragen mit Slowenien, Serbien, Montenegro und Bosnien und Herzegowina, zu verstärken und die Frage der ökologischen Fischereischutzzone zu lösen. Die Durchführung der Beitrittspartnerschaft ist für die Fortsetzung des Beitrittsprozesses von entscheidender Bedeutung.
Anfrage Nr. 15 von Robert Evans (H-0101/08)
Betrifft: Gefängnisse in der EU
Die Gegebenheiten und Räumlichkeiten in den Gefängnissen der EU weisen in den einzelnen Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede auf. Was kann getan werden, damit innerhalb der EU Einheitlichkeit hergestellt wird, und wie könnten Länder, die ihre Räumlichkeiten verbessern müssen, unterstützt werden?
Die Antwort des Ratsvorsitzes, die weder für den Rat noch die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde während der Fragestunde mit Anfragen an den Rat auf der Tagung des Europäischen Parlaments vom März 2008 in Straßburg nicht mündlich erteilt.
Die Frage der Verhältnisse in den Gefängnissen liegt in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und nicht der EU. Zuständigkeiten in dieser Frage werden weder vom EU-Vertrag noch vom geltenden Vertrag oder Reformvertrag übertragen. Deshalb kann dieser Bereich nicht unmittelbar durch Gesetz geregelt werden. Allerdings überträgt der Vertrag Zuständigkeiten auf dem Gebiet der justiziellen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten. Der Rat der EU hat auf dieser Grundlage bereits einige Maßnahmen getroffen, wobei in diesem Zusammenhang zwei Dokumente zu nennen wären: die Initiative der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik im Hinblick auf die Annahme eines Rahmenbeschlusses des Rates über die Anerkennung und Überwachung von Bewährungsstrafen, alternativen Sanktionen und bedingten Verurteilungen und der Rahmenbeschluss über die Europäische Überwachungsanordnung. Über den ersten Beschluss hat der Rat bereits eine Einigung erzielt, zum zweiten will sich der slowenische Ratsvorsitz um eine Einigung bemühen.
Unabhängig davon möge sich der Herr Abgeordnete mit den europäischen Haftvorschriften vertraut machen, die vom Europarat angenommen wurden und europäische Standards und Normen für die Verhältnisse in den Gefängnissen festlegen.
Anfrage Nr. 16 von Chris Davies (H-0103/08)
Betrifft: Überwachung der Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften während der slowenischen Präsidentschaft
Kann die Ratspräsidentschaft mitteilen, ob sie dafür gesorgt hat, dass das Thema unzureichende Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten auf die Tagesordnung von Sitzungen des Ministerrats gesetzt wird, die während der laufenden Präsidentschaft stattfinden sollen?
Die Antwort des Ratsvorsitzes, die weder für den Rat noch die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde während der Fragestunde mit Anfragen an den Rat auf der Tagung des Europäischen Parlaments vom März 2008 in Straßburg nicht mündlich erteilt.
Dem Herrn Abgeordneten ist sich sicherlich bekannt, dass der Rat einer ordnungsgemäßen und rechtzeitigen Umsetzung und Durchführung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten große Bedeutung beimisst. Diese Frage ist auch Bestandteil der umfassenderen Agenda zur besseren Rechtsetzung, die eine der Prioritäten des Rates darstellt.
Die Kommission hat auf der Tagung vom 25. Februar 2008 den Rat über die neueste Ausgabe des Binnenmarktanzeigers informiert, der bei der Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien in einzelstaatliches Recht deutliche Fortschritte bescheinigt und dem zufolge gegenwärtig 22 Mitgliedstaaten im Hinblick auf das Umsetzungsdefizit unter der Zielmarke von 1,5 Prozent liegen, die 2001 vom Europäischen Rat festgelegt wurde. Gleichwohl ist die große Zahl der Vertragsverletzungsverfahren, die wegen mangelhafter oder nicht korrekter Anwendung der Binnenmarktvorschriften gegen die Mitgliedstaaten eingeleitet wurden, besorgniserregend. Auf der Grundlage dessen hat der Rat in seinem Eckpunktepapier für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates auf die Bedeutung einer vollständigen, kohärenten und rechtzeitigen Umsetzung und Durchführung der Dienstleistungsrichtlinie verwiesen. Dies wurde auch in dem entsprechenden Eckpunktepapier, das am 12. Februar 2008 vom Rat angenommen wurde, unterstrichen.
Der slowenische Ratsvorsitz wird die Agenda zur besseren Rechtsetzung und ihre verschiedenen Aspekte auch in den kommenden Monaten vorrangig behandeln. Eine Orientierungsaussprache zur besseren Rechtsetzung ist für die Ratstagung am 29. und 30. Mai 2008 vorgesehen, auf der Rat und Kommission einmal mehr Gelegenheit haben werden, diese wichtige, von dem Herrn Abgeordneten aufgeworfene Frage zu erörtern.
Anfrage Nr. 17 von Justas Vincas Paleckis (H-0108/08)
Betrifft: Wirksame Umsetzung der Ziele der Europäischen Union
Die Europäische Union ist aktiv an der Umsetzung der Millennium-Entwicklungsziele beteiligt. Eines dieser Ziele ist die Beseitigung von Armut und Hunger. Bei der Verringerung der Zahl der Hunger leidenden Menschen in den Entwicklungsländern kommt den Getreidekulturen und anderen Körnerfrüchten, die für viele Arme die Ernährungsgrundlage bilden, eine große Bedeutung zu. Nachdem die Union das Ziel vorgegeben hat, dass bis zum Jahr 2010 ein Zehntel der Gesamtmenge der Verkehrskraftstoffe aus Biokraftstoff bestehen soll, haben die Landwirte der EU damit begonnen, aktiv in den Rapsanbau zu investieren, da sie sich hiervon einen großen finanziellen Vorteil und Perspektiven versprechen. Ein Teil der Landwirte hat auf andere Kulturen umgestellt – anstelle von Körnerfrüchten bauen sie nun zunehmend Raps an. Es besteht die Gefahr, dass die EU bei einer deutlichen Verringerung der Getreidekulturen nicht mehr in der Lage sein wird, den ständig wachsenden Bedarf der Hunger leidenden Menschen in Drittländern zu befriedigen.
Welche vorbeugenden Maßnahmen gedenkt der Rat zu ergreifen, damit die EU-Erzeuger dieser Art von Nahrungsmitteln nicht finanziell benachteiligt sind und sich der Umfang der Drittländern gewährten Nahrungsmittelhilfe nicht verringert? Wie soll sichergestellt werden, dass für die Verfolgung der einen Ziele nicht andere geopfert werden?
Die Antwort des Ratsvorsitzes, die weder für den Rat noch die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde während der Fragestunde mit Anfragen an den Rat auf der Tagung des Europäischen Parlaments vom März 2008 in Straßburg nicht mündlich erteilt.
Der Herr Abgeordnete erinnert in seiner Anfrage an die Verpflichtung der Europäischen Union, aktiv zur Verwirklichung der Millennium-Entwicklungsziele beizutragen. In diesem Zusammenhang ist der Rat der Auffassung, dass das Engagement der EU auf dem Gebiet der Entwicklung und der humanitären Hilfe, einschließlich der Nahrungsmittelhilfe, möglichst wirksam sein und im Einklang mit der Pariser Erklärung zur Wirksamkeit der Entwicklungshilfe stehen sollte.
Dem Herrn Abgeordneten ist sicher bekannt, dass die EU schon seit einiger Zeit ungebundene Nahrungsmittelhilfe gewährt, um letztlich ihre Wirksamkeit zu gewährleisten. Die Europäische Union ist im Einklang mit den Empfehlungen des Entwicklungshilfeausschusses der OECD der Ansicht, dass jede Form der Nahrungsmittelhilfe nur unter den Voraussetzungen gewährt werden sollte, die auch für Zuschüsse gelten, das heißt in völlig ungebundener Form, auf der Grundlage einer systematischen Bewertung der Bedürfnisse und als Barauszahlung. Die Durchführungspartner der EU erwerben die Nahrungsmittel vor allem auf den lokalen und regionalen Märkten. So erwirbt das Welternährungsprogramm (World Food Programme - WFP), einer der wichtigsten Durchführungspartner der EU, etwa 80 % der Waren in den Entwicklungsländern. Deshalb beeinträchtigt eine Ausweitung des Rapsanbaus in der EU nach Ansicht des Rates nicht die Fähigkeit der Union, den Bedarf jener Menschen zu befriedigen, die Nahrungsmittelhilfe benötigen.
Die jüngsten Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik zielten auf eine stärkere Nachhaltigkeit und Marktausrichtung der europäischen Landwirtschaft ab. Der Rat ist sich dessen bewusst, dass die Nahrungsmittelpreise weltweit steigen. Die Gründe für diesen Anstieg sind vielfältig und lassen sich nicht allein auf die Veränderungen beim weltweiten Anbau von Kulturen zurückführen. Es sei darauf hingewiesen, dass die ausgesprochen hohen Kraftstoffpreise ernste Folgen für die Nahrungsmittelerzeugung und die Transportkosten haben. Einen Einfluss auf die erhöhte Nachfrage nach Nahrungsmitteln hat auch der wachsende Wohlstand in verschiedenen Regionen der Welt, wie etwa in Asien.
Der Rat wird sich nach Kräften darum bemühen sicherzustellen, dass die europäische Landwirtschaft diese Herausforderung bewältigt, das heißt, dass sie zwischen dem Anbau von Kulturen zu Ernährungszwecken und solchen für bioenergetische Zwecke das richtige Gleichgewicht findet.
Anfrage Nr. 18 von Brian Crowley (H-0110/08)
Betrifft: Bekämpfung von Drogen in der EU
Im Rahmen der Initiative MAOC (Maritime Air Operations Centre) arbeiten Polizei-, Marine-, Zoll- und Nachrichtendienste der acht Mitgliedstaaten an der Westküste Europas zusammen, um ihre Aktivitäten zur Bekämpfung von Kokaineinfuhren aus Afrika und Südamerika nach Europa zu koordinieren. Der Rat wird gebeten, in diesem Zusammenhang eine umfassende Erklärung darüber abzugeben, welche neuen, im Wesentlichen mit den Zielen des MAOC übereinstimmenden Initiativen verfolgt werden, um die illegale Einfuhr von Drogen in die EU zu verhindern.
Die Antwort des Ratsvorsitzes, die weder für den Rat noch die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde während der Fragestunde mit Anfragen an den Rat auf der Tagung des Europäischen Parlaments vom März 2008 in Straßburg nicht mündlich erteilt.
Die Verringerung der Einfuhr von Drogen in die Europäische Union ist eine Schlüsselpriorität der EU-Drogenstrategie für den Zeitraum 2005-2012, die auf der Tagung des Europäischen Rates bekräftigt und in dem vom Rat angenommenen EU-Drogenaktionsplan für den Zeitraum 2005-2008 gebilligt wurde. Deshalb hat die Europäische Union mit den größten Erzeugerländern Aktionspläne und Kooperationsprogramme abgeschlossen.
Die EU-Mitgliedstaaten und die Länder Lateinamerikas und der Karibik (LAC) haben sich 1999 im Aktionsplan von Panama verpflichtet, bei der Unterbindung der Drogenerzeugung und des Drogenhandels zusammenzuarbeiten. Später wurde ein Mechanismus zur Zusammenarbeit eingerichtet, der auf mehreren Ebenen zum Tragen kommt – von Expertengruppen bis hin zu politischen Gipfeltreffen. In diesem Rahmen fand während der slowenischen EU-Ratspräsidentschaft in Wien ein Treffen auf hoher Ebene statt (das zehnte seiner Art), auf dem ein gemeinsames Dokument, die so genannte Hofburg-Erklärung, angenommen wurde. Hierin verpflichteten sich die beteiligten Länder erneut, die Zusammenarbeit weiter auszubauen, um das Drogenproblem in den Griff zu bekommen. Unter anderem betonten die Länder die Bedeutung eines analytischen Vorgehens seitens des Operationszentrums für den Kampf gegen den Drogenhandel im Atlantik (Maritime Analysis and Operational Centre - MAOC) in Lissabon, das auch vom Herrn Abgeordneten in seiner Anfrage erwähnt wird und das insbesondere der illegalen Einschleusung von Kokain über Westafrika nachgeht.
Überdies finden gegenwärtig zahlreiche gemeinsame Projekte statt, von denen folgende hervorzuheben sind:
1. Partnerschaft zwischen europäischen, lateinamerikanischen und karibischen Städten;
2. polizeiliche und nachrichtendienstliche Zusammenarbeit zur Bekämpfung des Handels von Kokain aus Lateinamerika und der Karibik über Westafrika;
3. Austausch nachrichtendienstlicher Erkenntnisse zwischen Polizeivertretern lateinamerikanischer Länder und europäischen Verbindungsbeamten, die mit der Drogenproblematik in der Region befasst sind;
4. Unterbindung der Herstellung von Vorläufersubstanzen und des Handels damit in Lateinamerika und der Karibik.
Eine Überprüfung der für die LAC vorgesehenen Mittel hat ergeben, dass die EU-Länder bis 2005 insgesamt 76 Projekte mit einem Volumen von über 230 Millionen Euro mitfinanziert haben. Die Daten für die ab 2005 bereitgestellten Mittel werden noch erhoben. Die Programme sind so aufgebaut, dass sie eine nachhaltige Entwicklung der Regionen, eine Verringerung der Armut und die Entwicklung demokratischer Institutionen fördern. Darüber hinaus werden damit auch Maßnahmen zur Senkung der Drogenproduktion gefördert – so etwa durch den Anbau alternativer Pflanzen, die jenen Bauern, die in der Vergangenheit Kokasträucher angebaut haben, ein Auskommen ermöglichen.
Diese Programme und deren Verknüpfung wurden auch in der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament erörtert. Die Kommission hat ein gesondertes Dokument in Form einer Mitteilung veröffentlicht, während das Europäische Parlament eine Entschließung über die Zusammenarbeit zwischen der EU und Lateinamerika verabschiedet hat.
In diesen Tagen findet in Wien eine Sitzung der Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen statt, bei der die EU-Länder die Annahme einer Entschließung vorschlagen werden, die sich erheblich auf die Einfuhr illegaler Drogen über Westafrika in das Gebiet der EU auswirken könnte. Die Entschließung sieht nämlich ein gemeinsames und besser abgestimmtes Vorgehen internationaler Organisationen sowie der UN-Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung des illegalen Drogenhandels und des Kokaintransports über diese Länder vor und sichert den Regierungen der Staaten Westafrikas, der Afrikanischen Union und der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS) Hilfe und Unterstützung bei der Einleitung und Durchführung von Maßnahmen zur Eindämmung des illegalen Handels mit Kokain zu.
Anfrage Nr. 19 von Eoin Ryan (H-0112/08)
Betrifft: Überblick über die aktuellen politischen Entwicklungen im Zusammenhang mit der politischen Lage in Darfur
Kann der Rat eine umfassende Erklärung zur politischen Lage in Darfur abgeben?
Die Antwort des Ratsvorsitzes, die weder für den Rat noch die Mitgliedstaaten bindend ist, wurde während der Fragestunde mit Anfragen an den Rat auf der Tagung des Europäischen Parlaments vom März 2008 in Straßburg nicht mündlich erteilt.
Der politische Prozess in Darfur stützt sich gegenwärtig auf die gemeinsame Initiative der AU und der VN (Vermittlung durch Sonderbeauftragte der VN und der AU), in deren Rahmen sich alle Parteien zusammenschließen sollen, um sich an einem glaubwürdigen politischen Prozess zu beteiligen. Allerdings sind diese Bemühungen mit vielschichtigen Problemen verbunden. So nimmt die Zersplitterung der Rebellenbewegungen zu, und auch von einem echten Waffenstillstand kann keine Rede sein. Die Gespräche zwischen den Parteien werden deshalb wohl nicht in absehbarer Zeit fortgesetzt.
Die EU beteiligt sich am internationalen Engagement auch mittels eines EU-Sondervertreters für den Sudan, der gewährleistet, dass die Mitwirkung der EU am Krisenmanagement in Darfur mit den allgemeinen politischen Beziehungen der EU zum Sudan im Einklang steht. Er reist regelmäßig in das Land, wo er Gespräche mit den sudanesischen Behörden führt und mit Vertretern der internationalen Gemeinschaft vor Ort zusammenarbeitet.
Der Rat ist tief besorgt über die Verschlechterung der Sicherheitslage und der humanitären Situation in Darfur. Er misst einem ständigen, ungehinderten und sicheren Zugang humanitärer Organisationen zur Bevölkerung von Darfur größte Bedeutung bei. Trotz der jüngsten Verlängerung des Moratoriums in Bezug auf Beschränkungen und Behinderungen der humanitären Arbeit in Darfur hat er die sudanesische Regierung aufgefordert, ihre Verpflichtungen hinsichtlich des Moratoriums einzuhalten und humanitären Helfern den Zugang zu der Region zu ermöglichen.
Durch die jüngsten Angriffe sudanesischer Streitkräfte auf Dörfer im westlichen Darfur werden die humanitäre Tragödie von mehr als zehntausend Flüchtlingen und Vertriebenen und das regionale Ausmaß des Darfur-Konflikts deutlich. Die zunehmenden Spannungen zwischen den Regierungen von Tschad und Sudan haben die Beschleunigung des politischen Prozesses in Darfur weiter erschwert.
Der Rat hat die Regierungen von Tschad und des Sudan erneut aufgefordert, sich aller Handlungen zu enthalten, durch die die Region weiter destabilisiert werden könnte, und insbesondere im Osten von Tschad bzw. in Darfur operierende bewaffnete Gruppen nicht länger zu unterstützen. Beide Regierungen müssen die mit ihren Vereinbarungen eingegangenen Verpflichtungen erfüllen, das Eindringen von bewaffneten Gruppen über ihre gemeinsame Grenze zu verhindern.
Um diesen Problemen wirksam zu begegnen, richten sich alle Erwartungen inzwischen auf die Entsendung der UNAMID nach Darfur. Allerdings legt die sudanesische Regierung einer wirksamen Entsendung weiterhin administrative und technische Hindernisse in den Weg. Diese Verzögerung wird sich auf die Chancen für den Neubeginn eines glaubwürdigen politischen Prozesses auswirken. Für den Beginn von Verhandlungen müssen zunächst grundlegende Sicherheitsanforderungen gewährleistet sein. Auf lange Sicht wird die UNAMID-Mission nur dann erfolgreich sein, wenn alle Seiten, die an den Auseinandersetzungen in Darfur beteiligt sind, eine umfassende politische Einigung erzielen.
Anfrage Nr. 20 von Seán Ó Neachtain (H-0114/08)
Betrifft: Förderung einer sicheren Trinkwasserversorgung in der Dritten Welt
Kann der Rat eine umfassende und detaillierte Erklärung zu den Hilfsmaßnahmen abgeben, die die Europäische Union durchführt, um in Übereinstimmung mit den Millennium-Entwicklungszielen eine sichere Trinkwasserversorgung in der Dritten Welt zu gewährleisten?
Diese Antwort, die vom Ratsvorsitz ausgearbeitet wurde und die für den Rat und seine Mitglieder nicht bindend ist, wurde in der Fragestunde der Tagung des Europäischen Parlaments im März 2008 in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Eine gerechte und nachhaltige Bewirtschaftung der Wasserressourcen ist der Schlüssel für eine nachhaltige Entwicklung und die Beseitigung von Armut. Keine Strategie zur Armutsverringerung darf das lebenswichtige Bedürfnis der Bevölkerung nach Wasser ignorieren. In diesem Zusammenhang engagiert sich der EU-Rat weiterhin in vollem Umfang für die Erfüllung der Millenniums-Entwicklungsziele einschließlich des Millenniums-Entwicklungsziels Nr. 7 (Gewährleistung von Nachhaltigkeit in Umweltfragen) und Ziel 10 (Halbierung des Anteils der Bevölkerung ohne nachhaltigen Zugang zu sicherem Trinkwasser bis zum Jahr 2015).
Im Europäischen Konsens zur Entwicklung(1), der vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission am 20. Dezember 2005 unterzeichnet wurde, wird der Schutz der natürlichen Ressourcen als Schlüsselfaktor für die Beseitigung der Armut definiert. In dem Dokument heißt es ferner, dass der politische Rahmen der Gemeinschaft für die integrierte Bewirtschaftung der Wasserressourcen auf eine ausreichende, qualitativ gute Trinkwasserversorgung, angemessene sanitäre Versorgung und Hygiene für alle Menschen ausgerichtet ist und zwar in Übereinstimmung mit den Millenniums-Entwicklungszielen und mit den Vorgaben, die 2002 in Johannesburg auf dem Weltgipfel über nachhaltige Entwicklung festgelegt wurden. Dieses politische Werkzeug soll darüber hinaus einen Rahmen für den langfristigen Schutz aller Wasserressourcen abstecken, mit dem einer weiteren Degradation dieser Ressourcen entgegengewirkt und ein nachhaltiger Wasserverbrauch gefördert werden soll.
Die EU-Wasserinitiative, die auf dem Weltgipfel über nachhaltige Entwicklung ins Leben gerufen wurde, ist ein Ausdruck für den gemeinsamen Wunsch der EU nach innovativen Lösungsansätzen im Bereich Wasser und sanitäre Versorgung. Die Initiative unterstützt die bereits zuvor umrissenen politischen Ziele durch Folgendes: Bekräftigung der politischen Verpflichtung zum Handeln, stärkere Konzentration auf die Wasser- und Abwasserproblematik als Bestandteil der Anstrengungen zur Armutsverringerung und nachhaltigen Entwicklung, Förderung besserer Regelungen zur Wasserbewirtschaftung, Förderung regionaler und subregionaler Zusammenarbeit in Fragen der Wasserbewirtschaftung und Mobilisierung zusätzlicher Mittel. Gleichzeitig bietet die Initiative einen Rahmen für den Aufbau strategischer Partnerschaften in der Wasser- und Abwasserproblematik mit Afrika, Lateinamerika, den Mittelmeerländern und den Ländern Osteuropas, des Kaukasus und Zentralasiens (EECCA). Die Initiative wird mit 500 Mio. EUR unterstützt, die aus dem 9. Europäischen Entwicklungsfonds für den EU-Wasserfonds für die AKP-Länder bereitgestellt werden.
Das Instrument für Entwicklungszusammenarbeit (DCI)(2), das vom Europäischen Parlament und vom Rat am 18. Dezember 2006 angenommen wurde, umfasst die Unterstützung der nachhaltigen integrierten Bewirtschaftung von Wasser mit besonderem Schwerpunkt auf dem Zugang aller zur sicheren Trinkwasserversorgung und zur Kanalisation im Einklang mit den Millenniums-Entwicklungszielen und auf der nachhaltigen und effizienten Nutzung der Wasserressourcen, einschließlich für landwirtschaftliche und industrielle Zwecke.
Zugang zu sicherer Wasserversorgung, Wasserknappheit und Dürre sind und bleiben die wichtigsten EU-Prioritäten innerhalb und außerhalb der Gemeinschaft. In seinen Schlussfolgerungen vom 14. Dezember 2007(3) begrüßte der Europäische Rat die Schlussfolgerungen des Rates vom 30. Oktober 2007 und ersuchte die Kommission, 2008 einen Bericht vorzulegen und auf dieser Grundlage bis 2012 die Strategie der EU unter Berücksichtigung der internationalen Dimension zu überprüfen und weiter auszugestalten.
Der Rat ist sich der besonderen Bedürfnisse Afrikas in Bezug auf den Zugang zu einer sicheren Wasserversorgung bewusst. In der Strategischen Partnerschaft EU-Afrika(4), die am 9. Dezember 2007 auf dem Gipfeltreffen in Lissabon angenommen wurde, heißt es, dass die Bewirtschaftung der Wasserressourcen und der Zugang zu einer sicheren Wasserversorgung und sanitären Grundversorgung entscheidende Faktoren sowohl für Wirtschaftswachstum und Armutsbekämpfung als auch für die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele darstellen. Afrika und die EU werden daher zusammenarbeiten, um die bestehende EU-Afrika-Partnerschaft zu den Bereichen Wasser und sanitäre Versorgung mit dem übergeordneten Ziel weiterzuentwickeln, die Grundbedürfnisse bezüglich Wasser und sanitärer Versorgung zu decken und zu einer besseren Bewirtschaftung der Wasserressourcen auf lokaler Ebene, auf Ebene der Einzugsgebiete sowie auf nationaler und auf grenzüberschreitender Ebene beizutragen.
Betrifft: Erzielung eines Konsenses in der Frage der handelspolitischen Schutzinstrumente
Kann der Rat seine Pläne im Hinblick auf die Erzielung eines Konsenses zwischen den Mitgliedstaaten in der Frage der handelspolitischen Schutzinstrumente umreißen?
Diese Antwort, die vom Ratsvorsitz ausgearbeitet wurde und die für den Rat und seine Mitglieder nicht bindend ist, wurde in der Fragestunde der Tagung des Europäischen Parlaments im März 2008 in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Im Jahre 2006 beschloss die Kommission, im Rahmen der Umsetzung der Mitteilung „Ein wettbewerbsfähiges Europa in einer globalen Welt“ eine öffentliche Konsultation über den Einsatz handelspolitischer Schutzinstrumente (TDI) in einer sich wandelnden globalen Wirtschaft in die Wege zu leiten, um zu ermitteln, ob eine größere Flexibilität im TDI-System möglich ist.
Eine der Schlussfolgerungen dieser öffentlichen Konsultation lautet, dass das einwandfreie Funktionieren des TDI-Systems nicht notwendig ist, um die Branchen der Gemeinschaft vor unfair gehandelten oder subventionierten Einfuhren zu schützen und das öffentliche Vertrauen in den fairen Handel zu gewährleisten. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass es notwendig wäre, bestimmte Elemente dieses Systems umzugestalten.
Nach Gesprächen, die 2007 in den Vorbereitungsgremien des Rates geführt wurden, erklärte Kommissar Mandelson am 11. Januar 2008, dass die Kommission erst dann Vorschläge zur Reform der TDI-Regeln vorlegen werde, wenn ein breiterer Konsens unter den Mitgliedstaaten darüber besteht, welche Art Reform sie bereit sind anzunehmen. Da kein formaler Vorschlag der Kommission vorliegt, sind gegenwärtig keine weiteren Aussprachen vorgesehen.
Diskussionen über Änderungen des derzeitigen Wortlauts der Vereinbarungen zu Antidumpingmaßnahmen, Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen, einschließlich der Subventionen in der Fischereiwirtschaft, fanden zudem bei den Welthandelsgesprächen in Genf im Rahmen der Doha-Entwicklungsagenda statt. Eines der Ziele der EU besteht darin, das auf Regeln beruhenden internationale Handelssystem zu stärken und dafür zu sorgen, dass die vereinbarten Regeln von allen Handelspartnern besser eingehalten werden.
Im Zuge der Überprüfung der Maßnahmen soll ein Konsens erzielt werden, was jedoch längere Zeit in Anspruch nehmen wird. Außerdem sind dabei die möglichen Ergebnisse der Gespräche in Genf zu beachten. Daher ist es derzeit noch nicht möglich, einen Zeitrahmen dafür zu benennen, wann die Kommission dem Rat Vorschläge unterbreiten wird.
Anfrage Nr. 22 von Sarah Ludford (H-0123/08)
Betrifft: Ermittlung personenbezogener Daten
Die Kommission hat die Einführung eines EU-eigenen Systems zur Erfassung von Fluggastdatensätzen (KOM(2007)0654), eines Systems für die Ein- und Ausreise sowie eines Systems für eine elektronische Einreiseerlaubnis vorgeschlagen. Kann der Rat angesichts dieser Vorschläge darlegen, was er unter dem Begriff „Ermittlung personenbezogener Daten“ versteht, und kann er insbesondere darlegen, ob diese Systeme von einer solchen Ermittlung Gebrauch machen würden?
Diese Antwort, die vom Ratsvorsitz ausgearbeitet wurde und die für den Rat und seine Mitglieder nicht bindend ist, wurde in der Fragestunde der Tagung des Europäischen Parlaments im März 2008 in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Zunächst möchte der Rat die Frau Abgeordnete darauf hinweisen, dass weder die EU, der Rat noch der Europarat über eine feststehende Bestimmung des Begriffes „Profiling“ (Ermittlung personenbezogener Daten) verfügen. Der Europäische Datenschutzbeauftragte verwies in seiner Stellungnahme zum Vorschlag der Kommission über ein europäisches Fluggastdatensystem (PNR-Daten-System) auf die Definition des Profiling in einer Europaratsstudie und erklärte gleichzeitig, dass er sich der anhaltenden Diskussionen über die Definition des Profiling bewusst sei. Außerdem bestätigte der Europäische Datenschutzbeauftragte, dass es in erster Linie nicht um die Frage der Begriffsbestimmung, sondern um die Auswirkungen auf die Menschen geht.
In dem Vorschlag der Kommission für ein europäisches PNR-Daten-System(1) wird der Begriff „Profiling“ entsprechend der Definition in der Europaratsstudie nicht verwendet. Nach dieser Studie handelt es sich beim Profiling um ein computergestütztes Verfahren, bei dem mithilfe einer Datenanalyse Möglichkeiten zur Einleitung individueller Maßnahmen gegenüber einer auf diese Weise identifizierten Person geschaffen wird.
Der Vorschlag gestattet lediglich, PNR-Daten im Rahmen der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus zu verwenden, vorwiegend bei der Einholung von Informationen und nachrichtendienstlichen Informationen über Personen, die an einer Straftat beteiligt sein könnten. Gestattet ist ferner die Auswertung von PNR-Daten. Diese Daten werden nach bekannten „Risikoindikatoren“ durchsucht, um das Risiko, das von einem Fluggast ausgehen könnte, zu bewerten. Diese Risikoindikatoren basieren auf Belegen, die aus Berichten, wie z. B. nachrichtendienstlichen Berichten, und aus früheren Vorfällen gewonnen werden. Die Risikoindikatoren werden auf der Ebene der Mitgliedstaaten ermittelt, weil sich eine Straftat von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden kann. Der Vorschlag der Kommission schließt ausdrücklich die Möglichkeit aus, dass Risikoindikatoren auf sensiblen Daten wie z. B. der ethnischen Herkunft und dem religiösen Glauben gegründet werden, die PNR-Daten derartige Informationen enthalten. Dennoch möchte der Rat betonen, dass Artikel 3 Absatz 5 des Vorschlags der Kommission ausdrücklich besagt, dass die automatisierte Verarbeitung der PNR-Daten allein keine ausreichende Grundlage für die Einleitung von Strafverfolgungsmaßnahmen durch die PNR-Zentralstellen und die zuständigen Behörden bietet. Mit anderen Worten dürfen Strafverfolgungsmaßnahmen auf der Grundlage von PNR-Daten, einschließlich Entscheidungen über Einzelpersonen, nicht ohne Einbeziehung des Faktors Mensch ergriffen werden, das heißt nicht ohne Einbeziehung der Strafverfolgungsbehörden.
Am 13. Februar 2008 legte die Kommission eine Mitteilung über die Vorbereitung der nächsten Schritte für die Grenzverwaltung in der Europäischen Union(2) vor. Darin werden mögliche neue Instrumente für die Grenzverwaltung zur Diskussion gestellt, darunter die Einrichtung eines Systems zur Registrierung der Einreise/Ausreise von Drittstaatsangehörigen und der Einführung eines Systems zur Erteilung elektronischer Reisebewilligungen. Bisher sind dazu jedoch noch keine konkreten Legislativvorschläge unterbreitet worden. Die Mitteilung wird zusammen mit den Mitteilungen der Kommission vom 13. Februar 2008 „Prüfung der Schaffung eines Europäischen Grenzkontrollsystems (EUROSUR)"(3) und „Bericht über die Evaluierung und künftige Entwicklung der Agentur FRONTEX “(4) auf der Ministerkonferenz über die Herausforderungen beim Schutz der EU-Außengrenzen erörtert werden, die am 11. und 12. März 2008 in slowenischen Brdo stattfindet.
Anfrage Nr. 23 von Cristiana Muscardini (H-0127/08)
Betrifft: Einschüchterung durch die slowenische Polizei
Am Sonntag, den 10. Februar, wollte eine Gruppe von istrischen Exilanten einen Lorbeerkranz niederlegen zum Gedenken an die 97 Zollbeamten, die von jugoslawischen Partisanen hauptsächlich aus der Campo Marzio-Kaserne verschleppt und in eine Schlucht in der Nähe des Dorfes Roditti geworfen worden waren.
Ist der Rat aufgrund des einschüchternden Verhaltens der slowenischen Polizei, die unter Verstoß gegen die Schengen-Abkommen den Bus mit den Exilanten, die auf dem Wege nach Roditti und Capodistria waren, am Grenzübergang Pese stoppte und an der Weiterfahrt hinderte, und unter Berücksichtigung der aus dem Beitritt zur EU entstandenen Verpflichtungen Sloweniens, des Landes, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, nicht der Ansicht, dass er dieses skandalöse Beispiel von Polizeiverhalten untersuchen sollte? Ist er nicht der Meinung, dass er die Einschüchterung durch die Polizei verurteilen sollte?
Sollte der Rat in Anbetracht der antidemokratischen und ungerechtfertigten Behandlung einer Gruppe von EU-Bürgern (im konkreten Fall von italienischen Staatsbürgern), die sich auf einer friedlichen Pilgerfahrt auf EU-Territorium befanden, nicht eingreifen und dafür sorgen, dass die Schengen-Abkommen, die auch von Slowenien unterzeichnet wurden, eingehalten werden?
Diese Antwort, die vom Ratsvorsitz ausgearbeitet wurde und die für den Rat und seine Mitglieder nicht bindend ist, wurde in der Fragestunde der Tagung des Europäischen Parlaments im März 2008 in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Der Vorfall, auf den Frau Muscardini Bezug nimmt, unterliegt der Zuständigkeit der Behörden des betreffenden Mitgliedstaates, das heißt, der slowenischen Behörden. Gemäß Artikel 33 des Vertrags über die Europäische Union sind die einzelnen Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zuständig.
Aus diesem Grund hat der Rat die Anfrage von Frau Muscardini nicht behandelt.
Anfrage Nr. 24 von Pedro Guerreiro (H-0132/08)
Betrifft: Situation der fünf in den Vereinigten Staaten inhaftierten kubanischen Bürger - "Miami Five"
Wenn ihnen nicht bald Gerechtigkeit in ihrer elementarsten Form durch die Behörden der Vereinigten Staaten von Amerika widerfährt, dann werden es am 12. September 2008 zehn Jahre sein, dass António Guerrero, Fernando Gonzalez, Gerardo Hernández, Ramon Sabañino und René González zu Unrecht in amerikanischen Gefängnissen inhaftiert sind. Es handelt sich bei den fünf Männern um kubanische Patrioten, die zur Verteidigung ihres Landes tätig wurden und versucht haben, zu verhindern, dass Organisationen mit Sitz in Miami (USA) weiterhin Terroraktionen auf Kuba fördern und durchführen. Es sei darauf hingewiesen, dass die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu den in den USA inhaftierten fünf kubanischen Bürgern am 27. Mai 2005 die Ansicht vertrat, dass das Urteil, das über die fünf gefällt wurde, „nicht in einem Klima der Objektivität und Unbefangenheit erging“. Außerdem beschloss das elfte Bezirks-Berufungsgericht von Atlanta (11th Circuit Court of Appeals) am 9. August 2005 einstimmig, das Urteil von Miami aufzuheben. In den vergangenen neun Jahren waren die fünf kubanischen Patrioten Opfer unzähliger illegaler Situationen, von unzulässigen und unmenschlichen Strafen, von Druck und Erpressung. Die elementarsten Menschenrechte wurden nicht geachtet: So behinderten und schränkten die Behörden der USA in nicht zu tolerierender und grausamer Weise den Besuch von Familienangehörigen, auch ihren Frauen und Töchtern, bei den Häftlingen, ein.
Was gedenkt der Rat zu unternehmen, damit die elementarsten Menschenrechte dieser in amerikanischen Gefängnissen inhaftierten fünf kubanischen Patrioten geachtet werden, insbesondere das Recht auf Besuch von ihren Familienangehörigen, auf Aufhebung der Urteile, auf ein gerechtes Urteil und auf Freilassung?
Diese Antwort, die vom Ratsvorsitz ausgearbeitet wurde und die für den Rat und seine Mitglieder nicht bindend ist, wurde in der Fragestunde der Tagung des Europäischen Parlaments im März 2008 in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Dem Rat ist bekannt, dass die Behörden der USA in einigen Fällen Familienangehörigen und anderen Personen, einschließlich Abgeordneten des Europäischen Parlaments, den Kontakt zu den fünf kubanischen Staatsangehörigen, die in den USA wegen Spionage inhaftiert sind, nicht gestattet haben. Dennoch wurde der UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen zufolge der großen Mehrheit der Familienangehörigen ein Visum für den Besuch ihrer Verwandten erteilt.
Ein von einem Gericht in den USA gefälltes Urteil ist eine interne Angelegenheit, die der Zuständigkeit dieses Landes unterliegt. Es laufen weitere Verfahren in dieser Sache, und das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Deshalb darf sich der Rat dazu nicht äußern. Die Entscheidung über die Erteilung eines Visums zur Einreise in ein Land unterliegt ebenso der internen Zuständigkeit dieses Landes. Da die Mehrheit der Visaanträge positiv beschieden wurde und sich nicht nachweisen lässt, dass Angehörigen immer wieder Besuche verweigert wurden, kann der Rat nicht geltend machen, dass eine Verletzung der Menschenrechte der Häftlinge oder ihrer Familien vorliegt. Außerdem sieht das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen vor, dass der einzelne Staat für die Wahrung der Rechte und Interessen seiner Staatsangehörigen im Ausland zuständig ist.
Der Rat bekräftigt sein uneingeschränktes Engagement für die Achtung der Menschenrechte der Angehörigen aller Staaten.
Anfrage Nr. 25 von Bill Newton Dunn (H-0134/08)
Betrifft: Datennetzkriminalität
Wird die Konvention des Europarats über Datennetzkriminalität vom Rat uneingeschränkt unterstützt?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, was gedenkt der Rat zu tun, um nicht weniger als vierzehn seiner Mitgliedstaaten, und zwar Belgien, Deutschland, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Spanien, Schweden, die Tschechische Republik und das Land, das der Fragesteller am besten kennt, nämlich das Vereinigte Königreich, zu bewegen, die Konvention zu ratifizieren?
Diese Antwort, die vom Ratsvorsitz ausgearbeitet wurde und die für den Rat und seine Mitglieder nicht bindend ist, wurde in der Fragestunde der Tagung des Europäischen Parlaments im März 2008 in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Der Rat unterstützt die Konvention des Europarats über Datennetzkriminalität uneingeschränkt und hat einen Rahmenbeschluss über Angriffe auf Informationssysteme angenommen, dessen Wortlaut dem der Konvention(1) ähnelt. Dieser Rahmenbeschluss, dessen Umsetzungsfrist am 16. März 2007 abgelaufen ist, könnte den Mitgliedstaaten auch als Ansporn dienen, die Konvention des Europarats zu ratifizieren. Die Zuständigkeit für die Ratifizierung der Konvention liegt jedoch bei den Mitgliedstaaten.
Im Herbst 2006 hat die Kommission ihre Strategie zum Thema Alkohol bekannt gemacht. In diesem Zusammenhang weist sie darauf hin, dass Alkohol ein Problem für die Volksgesundheit darstellt. Trotzdem hat die Kommission in dem Dokument KOM(2007)0732 Vorschläge betreffend den Weinanbau unterbreitet, die dem Geist der Strategie völlig entgegenstehen. Vom Rat ging eher die Botschaft aus, dass er die Alkoholstrategie gern noch schärfer formuliert gesehen hätte und daher in den Schlussfolgerungen des Rates den Ton verschärfte. Wie sieht der Rat die Mitteilung der Kommission über die Alkoholstrategie? Wie wird diese umgesetzt?
Diese Antwort, die vom Ratsvorsitz ausgearbeitet wurde und die für den Rat und seine Mitglieder nicht bindend ist, wurde in der Fragestunde der Tagung des Europäischen Parlaments im März 2008 in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Auf einer Tagung am 30. November 2006 begrüßte der Rat die Mitteilung der Kommission über eine EU-Strategie zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Verringerung alkoholbedingter Schäden, die einen wesentlichen Schritt in Richtung eines umfassenden und koordinierten Konzepts der Gemeinschaft zur Bekämpfung der nachteiligen Auswirkungen exzessiven Alkoholkonsums auf die Gesundheit und das Wohlergehen in Europa darstellt. Im Jahre 2007 wurde als Basis für die Implementierung dieser Strategie ein Forum für Alkohol und Gesundheit mit dem allgemeinen Ziel eingerichtet, eine gemeinsame Ausgangsbasis für alle Interessengruppen auf EU-Ebene zu schaffen, die sich der Förderung von Maßnahmen zur Verringerung alkoholbedingter Schäden widmen.
Der Rat hat die Mitgliedstaaten nachdrücklich aufgefordert, der Strategie der Kommission ihre volle Unterstützung zu gewähren und deren Umsetzung auf einzelstaatlicher sowie auf Gemeinschaftsebene zu fördern.
Des Weiteren betonte der Rat die Notwendigkeit, umfassende, konsequente und abgestimmte Maßnahmen zur Verhinderung alkoholbedingter Schäden für die öffentliche Gesundheit in allen relevanten Politikbereichen wie Forschung, Verbraucherschutz, Verkehr, Werbung, Marketing, Sponsoring, Verbrauchsteuern und auf anderen Gebieten des Binnenmarkts zu ergreifen.
Der Rat ersuchte die Kommission um eine weitere Unterstützung der Anstrengungen der Mitgliedstaaten, die einzelstaatliche Alkoholpolitik zur Verringerung alkoholbedingter Schäden zu fördern, zu intensivieren oder auszubauen, und er forderte die Kommission auf, ab 2008 regelmäßig über den Stand der Durchführung der EU-Strategie sowie über die Tätigkeiten, die die Mitgliedstaaten melden, Bericht zu erstatten, damit der Rat die erreichten Ergebnisse bewerten kann. Darüber hinaus forderte der Rat die Kommission auf, messbare Basisindikatoren zur Überwachung der Fortschritte bei der Verringerung alkoholbedingter Schäden auf Gemeinschaftsebene zu entwickeln.
Sobald der Bericht vorliegt, wird der Vorsitz den Rat informieren und einen Beschluss über weitere geeignete Maßnahmen fassen.
Anfrage Nr. 27 von Katrin Saks (H-0141/08)
Betrifft: Mögliche Beschränkung der Einreisemöglichkeiten für Bürger der Schengen-Staaten nach Russland
Am 21. Dezember 2007 wurde der Geltungsbereich des Schengenabkommens auf Länder Ost- und Mitteleuropas ausgeweitet. Die neuen Mitglieder des Schengenabkommens haben alle Anforderungen des Abkommens erfüllt und somit ihre Vertrauenswürdigkeit als gleichberechtigte Partner neben den anderen europäischen Ländern bewiesen.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der russischen Staatsduma, Konstantin Kossatschow, hat öffentlich geäußert, dass Russland, da es einigen russischen Bürgern nicht gestattet wurde, in Estland einzureisen, als Antwort die Einreise in sein Territorium für Bürger der Staaten des Schengenabkommens einschränken kann, die russische Bürger auf Grund ihrer Überzeugung auf schwarze Listen gesetzt haben. Als Beispiel nannte Kossatschow den Fall der Studentin Mariana Skvortsova. Ihr Visum wurde auf Grund der Verletzung von estnischen Visabestimmungen für ungültig erklärt. Welchen Standpunkt vertritt der Rat bezüglich Drohung Russlands, Bürgern aus Mitgliedstaaten des Schengenabkommens die Einreise nach Russland zu untersagen? Wie beabsichtigt er gegebenenfalls auf Gegenmaßnahmen Russlands zu reagieren, wenn die Rechte eines Bürgers eines Mitgliedstaaten des Schengenabkommens auf Grund der Grenz- und Sicherheitspolitik eines andern Mitgliedstaates eingeschränkt werden?
Diese Antwort, die vom Ratsvorsitz ausgearbeitet wurde und die für den Rat und seine Mitglieder nicht bindend ist, wurde in der Fragestunde der Tagung des Europäischen Parlaments im März 2008 in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Die Voraussetzungen für die Ausstellung von Visa durch die an der Schengen-Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaaten sind in der Gemeinsamen konsularischen Instruktion an die diplomatischen Missionen und die konsularischen Vertretungen(1) festgelegt. Die Einreisevoraussetzungen für Drittstaatsangehörige in den Schengen-Raum regelt der Schengener Grenzkodex(2).
Der Rat wurde darüber informiert, dass Vertreter der Kommission die russischen Behörden auf den Tagungen des Gemischten Ausschusses „Visaerleichterungen“(3) zwischen der Russischen Föderation und der Europäischen Union über die geltenden Regelungen für die Ausstellung von Visa unterrichtet haben.
Dem Rat sind keinerlei Einschränkungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Russischen Föderation bekannt, die die russischen Behörden für Staatsangehörige bestimmter Mitgliedstaaten einführen sollen.
Außerdem ist der Rat nicht mit den Umständen des Falls vertraut, auf den sich die Frage bezieht.
Gemischter Ausschuss »Visaerleichterungen«, eingesetzt durch das Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Russischen Föderation über die Erleichterung der Ausstellung von Visa (ABl. L 129 vom 17.5.2007, S. 27).
Anfrage Nr. 28 von Georgios Georgiou (H-0142/08)
Betrifft: Gazastreifen
Wird der Ministerrat im Fall des Gazastreifens dieselben Methoden und Instrumente anwenden, die er anlässlich der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo eingesetzt hat?
Diese Antwort, die vom Ratsvorsitz ausgearbeitet wurde und die für den Rat und seine Mitglieder nicht bindend ist, wurde in der Fragestunde der Tagung des Europäischen Parlaments im März 2008 in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Als Antwort auf die Frage des Herrn Abgeordneten, der die Problematik des Gazastreifens im Zusammenhang mit den Verhältnissen im Kosovo angesprochen hat, vertritt der Rat die Auffassung, dass sich die Gazastreifen-Problematik in keiner Weise mit der Lage im Kosovo vergleichen lässt.
Anfrage Nr. 30 von Danutė Budreikaitė (H-0148/08)
Betrifft: Reflexionsgruppe
Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung vom 14. Dezember 2007 eine unabhängige Reflexionsgruppe eingesetzt.
Kann das den Vorsitz innehabende Land folgende Angaben zur Situation machen: Wurde die Reflexionsgruppe bereits eingesetzt, aus welchen Mitgliedern besteht sie, wie werden diese ausgewählt, aus welchen Quellen wird die Tätigkeit der Gruppe finanziert, wie sieht der Tätigkeitsbereich aus, welche Ergebnisse werden erwartet? Was kann die Reflexionsgruppe im Vergleich zu dem erreichen, wozu der Konvent nicht in der Lage war und das von allen EU-Bürgern gewählte Europäische Parlament nicht in der Lage ist?
Diese Antwort, die vom Ratsvorsitz ausgearbeitet wurde und die für den Rat und seine Mitglieder nicht bindend ist, wurde in der Fragestunde der Tagung des Europäischen Parlaments im März 2008 in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Die Reflexionsgruppe, auf die Frau Budreikaitė Bezug nimmt, wurde vom Europäischen Rat auf seiner Tagung am 14. Dezember 2007 eingesetzt. Gleichzeitig benannte er einen Vorsitzenden sowie zwei stellvertretende Vorsitzende und forderte diese auf, eine Namensliste möglicher Mitglieder vorzulegen, die vom Europäischen Rat während der französischen Ratspräsidentschaft zu prüfen ist.
Aufgabenbereich, Organisation und Zeitplan der Gruppe, die vom Europäischen Rat ebenfalls auf seiner Tagung am 14. Dezember 2007 vereinbart wurden, sind in den Schlussfolgerungen dieser Tagung aufgeführt.
Daher empfiehlt der Ratsvorsitz der Frau Abgeordneten, weitere Informationen über die Reflexionsgruppe diesen Schlussfolgerungen zu entnehmen.
Anfrage Nr. 31 von Hélène Goudin (H-0152/08)
Betrifft: Die Fischereiabkommen der EU mit Drittländern
Die EU schließt regelmäßig Fischereiabkommen mit armen Entwicklungsländern, die nicht der Union angehören. Diese Abkommen werden sowohl von der Umweltbewegung als auch von Entwicklungshilfeorganisationen kritisiert. Fischereiabkommen werden vorwiegend mit afrikanischen Ländern geschlossen. Die Abkommen beinhalten, dass europäische Fischfangflotten das Recht erhalten, in den Gewässern der betreffenden Länder zu fischen. Die Kritiker sind der Auffassung, dass die Fischereiabkommen zur Überfischung der Weltmeere beitragen und bewirken, dass die einheimischen Fischer in den Entwicklungsländern ihrer Einkommensquelle beraubt werden.
Bringt der Ratsvorsitz der Kritik, die sich regelmäßig gegen die Fischereiabkommen mit Drittländern richtet, Verständnis entgegen? Hat der Ratsvorsitz die Absicht, Schritte einzuleiten, die darauf abzielen, diese Fischereiabkommen zu modernisieren und auf lange Sicht abzuschaffen?
Diese Antwort, die vom Ratsvorsitz ausgearbeitet wurde und die für den Rat und seine Mitglieder nicht bindend ist, wurde in der Fragestunde der Tagung des Europäischen Parlaments im März 2008 in Straßburg nicht mündlich vorgetragen.
Der Rat ist sich der Kritik an den Fischereiabkommen, die die Gemeinschaft mit Drittländern geschlossen hat, bewusst und möchte betonen, dass die Schlussfolgerungen des Rates über partnerschaftliche Fischereiabkommen(1) seit dem 19. Juli 2004 die Rahmenbedingungen für den Abschluss dieser Abkommen bilden.
Mit der Annahme dieser Vereinbarungen wurden sämtliche Fischereiabkommen durch partnerschaftliche Fischereiabkommen ersetzt. Die wesentlichen Punkte dieses strategischen Rahmens sehen vor, dass Schiffe der Gemeinschaft Zugang zu überschüssigen Ressourcen in den Gewässern des betreffenden Drittlands erhalten und dass ein Teil des Finanzbeitrags der Gemeinschaft für Maßnahmen zur Entwicklung des örtlichen Fischereisektors einzusetzen ist.
Nach Maßgabe aller partnerschaftlichen Fischereiabkommen wird ein gemischter Ausschuss eingesetzt, der die Erfüllung des Abkommens überwacht und bewertet sowie die Fischereipolitik in dem Land umsetzt, für das die Gemeinschaft finanzielle Unterstützung bereitgestellt hat. Der gemischte Ausschuss darf zudem über eventuelle Änderungen des Abkommens entscheiden, die anschließend von den Vertragsparteien zu ratifizieren sind. Diese gemischten Ausschüsse müssen mindestens einmal im Jahr tagen.
Der Rat hat keine Kenntnis davon, ob die Kommission beabsichtigt, eine neue Mitteilung vorzulegen und eine Änderung des Charakters der partnerschaftlichen Fischereiabkommen vorzuschlagen.
Anfrage Nr. 38 von Silvia-Adriana Ţicău (H-0107/08)
Betrifft: Promotionsstudiengänge und Schaffung von Arbeitsplätzen für Hochqualifizierte
Aktuelle Statistiken belegen, dass im Jahre 2004 lediglich 3,3% aller Studenten auf EU-Ebene in einen Promotionsstudiengang eingeschrieben waren. Die Tschechische Republik, Österreich und Finnland nahmen mit 7% Doktoranden im Verhältnis zur Gesamtzahl der Studierenden die vordersten Plätze ein, während über 50% aller Promotionsstudenten der EU aus Frankreich, Großbritannien und Spanien stammten.
In Europa weiß man um den Stellenwert der Promotionsstudiengänge für den Aufbau einer wissensbasierten Gesellschaft. Die Förderung akademischer Ausbildung und der Doktorandenprogramme wird den Unternehmen die Schaffung von Arbeitsplätzen für hoch qualifiziertes und leistungsfähiges Personal ermöglichen.
Welche Strategie verfolgt die Kommission, um die Mitgliedstaaten zu ermuntern und zu unterstützen, die Attraktivität ihrer Doktorandenprogramme zu erhöhen und somit die Steigerung ihrer Forschungs- und Innovationskapazität zu ermöglichen? Wie will die Kommission die Anzahl der Promotionsstudenten in den Ingenieurwissenschaften erhöhen?
Der von der Frau Abgeordneten angeführte Prozentsatz von 3,3 %, bezieht sich nur auf Doktoranden und andere graduierte Forschungsstudenten. Nicht mitgezählt werden dabei postgraduale Masterstudenten. Werden diese miteinbezogen, ergibt sich ein wesentlich positiveres Bild, da die Zahl postgradualer Studenten ständig zunimmt.
Ganz allgemein nimmt die Teilnahmequote an Promotionsstudiengängen in der EU kontinuierlich zu und liegt höher als in den USA oder in Japan. Allerdings variieren die Prozentsätze und die absoluten Zahlen von Promotionsstudenten zwischen den EU-Staaten erheblich. Einige der Länder mit einem hohen Doktorandenanteil haben insgesamt relativ wenig Hochschulstudenten, so dass die Gesamtanzahl der Promotionsstudenten im Verhältnis zur Bevölkerungszahl nicht sehr hoch ist.
Um die Zahl der Postgraduierten in den Ingenieurswissenschaften zu erhöhen, muss zunächst erst einmal die Zahl der Hochschulabsolventen in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Technik (MNT) steigen. Deshalb hat die Kommission ein Benchmarking vorgeschlagen, das vom Rat „Bildung“ im Mai 2003 angenommen wurde, dessen Ziel darin besteht, „die Gesamtzahl der Studienabsolventen in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Technik bis 2010 um 15 % zu steigern“, während gleichzeitig das „Geschlechterungleichgewicht abnehmen“ soll. Während das erste Ziel bereits erreicht wurde, sind in Bezug auf die Geschlechterverteilung mit einem Anstieg des Frauenanteils von 30,7 % im Jahr 2000 auf 31,2 % im Jahr 2005 nur sehr kleine Fortschritte erzielt worden.
Die Kommission koordiniert den Austausch bewährter Praktiken und Peer-Learning-Maßnahmen zwischen den Mitgliedstaaten bei der Ausbildung in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Technik im Rahmen des Arbeitsprogramms „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“. Im Jahr 2006 hat die Kommission eine aus 13 Mitgliedstaaten bestehende Cluster-Gruppe gebildet, die das europäische Benchmarking in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Technik verfolgen und die Beteiligung an den entsprechenden Studiengängen und Laufbahnen insbesondere bezüglich des Frauenanteils verbessern soll. Sie soll auch zur Vorbereitung wissenschaftlicher Spezialisten für das Barcelona-Ziel, nämlich den Anteil der Forschung am Bruttoinlandprodukt (BIP) auf 3 % zu steigern, beitragen.
Der Bereich MNT gehört auch zu den acht Schlüsselkompetenzen für lebensbegleitendes Lernen (Empfehlung des Parlaments und des Rates, Dezember 2006) und ist ein vorrangiges Thema für die Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen im Jahr 2008 innerhalb des Programms für lebenslanges Lernen. Darüber hinaus wird im Rahmen des Siebten Forschungsrahmenprogramms (RP7) im März 2008 eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen veröffentlicht werden, in der es um innovative Methoden bei der Vermittlung der Naturwissenschaften an den Schulen auf breiter europäischer Ebene im Anschluss an den Rocard-Bericht über naturwissenschaftlichen Unterricht gehen wird.
Anfrage Nr. 39 von Justas Vincas Paleckis (H-0109/08)
Betrifft: Förderung des lebenslangen Lernens von Erwachsenen
Die Bedeutung des lebenslangen Lernens von Erwachsenen wird in allen EU-Ländern anerkannt. Die Erwachsenenbildung ermöglicht die Sicherstellung von Flexibilität und Beschäftigung auf den Arbeitsmärkten, was zu positiven gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen in den EU-Ländern beiträgt. Bei der Durchführung von Reformen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung wurden große Fortschritte erzielt, doch gibt es nach wie vor EU-Länder, die keine innovativen Lernprogramme entwickeln und nicht für eine beschleunigte, qualitative und wirksame Umsetzung und Finanzierung derartiger Programme sorgen. Das nicht formale und informelle Lernen wird ganz offensichtlich zu langsam umgesetzt.
Welche Initiativen ergreift die Kommission oder gedenkt sie zu ergreifen, um den Abstand zwischen den Ländern, die dieses Programm eher aktiv, und jenen, die es eher passiv umsetzen, zu verringern?
Um Einfluss auf die Erwachsenenbildung in Europa zu nehmen, stellt die Kommission Benchmarks auf, wendet die offene Koordinierungsmethode an und entwickelt Referenzinstrumente und Mitteilungen. Darüber hinaus sieht das Programm für lebenslanges Lernen Finanzhilfen vor.
Die EU hat bereits im Jahr 2003 ein Benchmarking entwickelt, um die Fortschritte bei der Beteiligung von Erwachsenen an allgemeiner und beruflicher Bildung zu verbessern und zu überwachen. Ziel dieses Benchmarkings ist es, die Beteiligung von Erwachsenen (25- bis 64-Jährige) am lebenslangen Lernen bis 2010 auf 12,5 % zu steigern. Dieses Ziel einer höheren Teilnahme Erwachsener am lebenslangen Lernen ist seit 2003 auch Teil der europäischen Beschäftigungsstrategie.
Auf EU-Ebene stieg die Teilnahme an Maßnahmen der allgemeinen und beruflichen Bildung von 7,1 % im Jahr 2000 auf 9,6 % im Jahr 2006. Durchschnittlich 9,6 % der Europäer zwischen 25 und 64 Jahren nahmen im Jahr 2006 an Maßnahmen der allgemeinen und beruflichen Bildung teil. Zukünftig sind noch raschere Fortschritte zu erzielen, und viele EU-Länder müssen zusätzliche Anstrengungen unternehmen, um die Benchmark einer Beteiligungsrate von 12,5 % im Jahr 2010 zu erreichen.
Spitzenreiter sind bislang Schweden, Dänemark, das Vereinigte Königreich (VK) und Finnland, gefolgt von den Niederlanden, Slowenien und Österreich. Die übrigen EU-Länder haben nach wie vor Quoten unter dem europäischen Durchschnitt von 12,5 %.
Es gibt beträchtliche Unterschiede zwischen den Ländern, die von Teilnahmequoten von annähernd 30 % in einigen Ländern bis zu knapp über 1 % in anderen reichen.
Im Durchschnitt nahmen mehr Frauen als Männer an Weiterbildungsmaßnahmen teil (2006: 10,4 % Frauen, 8,8 % Männer) und Erwachsene mit hoher Bildung beteiligten sich stärker als gering ausgebildete Erwachsene. Die Beteiligung sinkt auch mit zunehmendem Alter.
Um das lebenslange Lernen von Erwachsenen weiter zu fördern und das Gefälle zwischen den Ländern bei der Umsetzung dieser Initiative zu verringern, hat die Kommission zwei Mitteilungen zur Erwachsenenbildung angenommen. In der ersten Mitteilung mit dem Titel „Man lernt nie aus“ gibt die Kommission einen allgemeinen Überblick über die Entwicklungen und den Bedarf im Bereich der Erwachsenenbildung. Die zweite Mitteilung vom September 2007 „Zum Lernen ist es nie zu spät“ ist der europäische Aktionsplan für die Erwachsenenbildung.
Bei der Umsetzung des Aktionsplans in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten wird die Kommission die Auswirkungen nationaler Reformen in der Erwachsenenbildung analysieren. Da der Sektor Erwachsenenbildung alle anderen Bildungsbereiche berührt, ist es wichtig, die Auswirkungen von Entwicklungen in diesen Bereichen und ihre Interaktion mit den Entwicklungen in der Erwachsenenbildung zu analysieren. Die meisten Mitgliedstaaten erarbeiten einen nationalen Qualifikationsrahmen in Abstimmung mit dem europäischen Qualifikationsrahmen. Dabei geht es darum, Zugang, Fortschritte und Übertragbarkeit zu erleichtern; diese Entwicklungen sind daher potenziell wichtig für die Öffnung der Qualifizierungssysteme für Erwachsene. Die Kommission wird auch Standards für die Anbieter von Erwachsenenbildung sowie Qualitätssicherungsmechanismen auf der Grundlage bewährter Verfahren entwickeln. Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, Ziele für die Erhöhung der Qualifikationsniveaus von Erwachsenen zu setzen und den Prozess der Validierung und Anerkennung der Lernergebnisse aus dem nichtformalen und informellen Wissenserwerb für Risikogruppen zu beschleunigen. Und nicht zuletzt wird die Kommission einen Satz an Kerndaten vorschlagen, um die Vergleichbarkeit in diesem Sektor zu verbessern.
Parallel zu diesen politischen Maßnahmen ist in dem Programm für lebenslanges Lernen und insbesondere dem Sektorprogramm „Grundtvig“ eine finanzielle Unterstützung für grenzübergreifende Projekte im Bereich der Erwachsenenbildung vorgesehen.
Unlängst hat die Kommission eine Broschüre mit 20 herausragenden Grundtvig-Projekten - „Grundtvig - Erfolgreiche Projekte“ - veröffentlicht. Diese Broschüre zeigt bewährte Verfahren auf und ermutigt andere Akteure, diesen erfolgreichen Beispielen zu folgen. Die Broschüre kann unter folgender Internetadresse heruntergeladen werden:
Auch andere Sektorprogramme innerhalb des Programms für lebenslanges Lernen können die Erwachsenenbildung mit einbeziehen: So lautet eine der Prioritäten für multilaterale Projekte im Zeitraum 2008-2010 des Programms Leonardo da Vinci zum Beispiel „Qualifizierung von Erwachsenen auf dem Arbeitsmarkt“.
Anfrage Nr. 40 von Michl Ebner (H-0150/08)
Betrifft: Einsatz von EU-Fördermitteln im Kulturbereich
Gemäß Artikel 151 Absatz 1 EGV leistet die Gemeinschaft einen „Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt“. Zurzeit allerdings fließt die Unterstützung aus den EU-Förderprogrammen für kulturelle Aktivitäten fast ausschließlich zugunsten von Projekten der Hochkultur. Theater, Museen und Konzerte freuen sich über Beiträge, während Vereine, die sich der Erhaltung von Volkskulturen widmen, auf der Strecke bleiben. Dies geschieht trotz der Tatsache, dass solche Vereine nicht nur historisch gewachsene Erhalter sehr wichtiger Teile europäischer Kultur sind, sondern auch meist transnational organisiert sind und ihre jährlichen Veranstaltungen sehr populär sind.
Ist sich die Kommission dieser de facto doch ziemlich einseitigen Förderpolitik bewusst? Wie gedenkt sie dem in Zukunft entgegenzuwirken?
Das Programm Kultur (2007-2013) wurde nach Konsultation des Kultursektors aufgestellt. Diesem Programm liegen die Bedürfnisse der Kulturschaffenden zugrunde. Auf ihre Empfehlung hin unterscheidet sich das Programm Kultur insofern von seinem Vorläufer, als es flexibler und offen für Europas große kulturelle Vielfalt sowie für alle in diesem Bereich tätigen Organisationen der Zivilgesellschaft ist.
Das Programm läuft seit gut einem Jahr, so dass es noch zu früh ist, um ein vollständiges Bild des durch dieses Programm finanzierten Tätigkeitsspektrums zu geben. Es gibt jedoch ein Informationssystem, das zukünftig einen Überblick über die ausgewählten Projekte, deren Art, Anzahl, Ziele und Nummer geben wird.
Mehrere Projekte des vorangegangenen Programms befassten sich bereits intensiv mit verschiedenen Volkstraditionen - vor allem im Musik- und Tanzbereich. Durch solche Veranstaltungen werden unterschiedliche europäische Kulturen zusammengebracht und sie sind, wie der Herr Abgeordnete richtig feststellt, in diesem Sinne transnational.
Die Kommission hört den Kulturschaffenden aufmerksam zu und ihre Ansichten wurden bei den Änderungen, die an den Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen innerhalb des neuen Programms vorgenommen wurden, berücksichtigt. Die Kommission hofft, dass ein noch breiterer Kreis von Projekten sich zukünftig erfolgreich um eine Finanzierung bewerben wird.
Was die Unterstützung von Kultur fördernden Investitionen u. a. im Rahmen der Kohäsionspolitik anbelangt, so sind dafür die Mitgliedstaaten und nicht die Kommission zuständig.
Anfrage Nr. 48 von Mairead McGuinness (H-0096/08)
Betrifft: Einfluss der Klimaschutzdiskussion auf die Handelsverhandlungen
Es ist verständlich, dass die effektive Bekämpfung des Klimawandels gegenwärtig zweifelsfrei ein vorrangiges Anliegen Europas darstellt. Inwieweit machen die spezifischen Klimaschutzanliegen Europas einen Teil der internationalen Handelsverhandlungen aus?
Wie kann die Kommission zudem sicherstellen, dass der auf der Konferenz von Bali im Dezember 2007 erzielte weltweite Konsens über einen umfassenden und gerechten Rahmen für die Bekämpfung des Klimawandels für die Zeit nach 2012 Teil der internationalen Handelsverhandlungen wird?
Der Klimawandel ist eine globale Priorität, die dringend globale Maßnahmen verlangt. Die beste Möglichkeit für effiziente und gemeinsame Maßnahmen bietet ein Übereinkommen zum globalen Klimawandel. Deshalb besteht das vorrangige Ziel der EU darin sicherzustellen, dass die im Dezember 2007 in Bali gemäß dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) eingeleiteten Verhandlungen zur Erzielung eines umfassenden und ehrgeizigen Klimaabkommens für die Zeit nach 2012 bis Ende 2009 erfolgreich abgeschlossen werden.
Dies ist nicht nur aus umweltpolitischer Sicht notwendig, sondern auch im Hinblick auf Handel und Wettbewerbsfähigkeit, denn es ist klar, dass sich Handelskonflikte und Wettbewerbsprobleme am besten durch einen auf internationaler Ebene vereinbarten Rahmen zum Klimawandel vermeiden lassen.
Die Handelspolitik sollte auf die bei den Verhandlungen über den globalen Klimawandel geäußerten Bedürfnisse und Hinweise reagieren und Antworten liefern, wo dies zur Maximierung von Synergien sowie zur Gewährleistung der notwendigen Komplementarität von Handel und Umwelt gefordert ist. Insbesondere sollte sie weiter darauf hinwirken, den positiven Beitrag des Handels zur Bekämpfung des Klimawandels sowohl in Bezug auf Klimaschutz- als auch auf Anpassungsmaßnehmen zu verstärken. Die tarifäre und nichttarifäre Liberalisierung von Umweltgütern und -dienstleistungen sollte nachdrücklich unterstützt werden, weil dies zum notwendigen Einsatz von und Zugang zu Umwelttechnologien beitragen wird.
Dies ist Ziel des jüngsten Vorschlags der EU und der USA über die Liberalisierung von Umweltgütern und –dienstleistungen, der in der laufenden multilateralen Handelsrunde der Welthandelsorganisation (WTO) eingebracht wurde. Darin werden andere Länder aufgefordert, konkrete Vorschläge für Güter und Dienstleistungen vorzulegen, die einbezogen werden sollten.
Wie ebenfalls in der Doha-Ministererklärung der laufenden WTO-Runde zum Ausdruck gebracht, kann und sollte die Umweltbewertung von Handelspolitiken (wie die Nachhaltigkeitsprüfung der EU) eine Rolle bei der Prävention oder zumindest Begrenzung jeglicher negativer Auswirkungen des Ausbaus des Handels spielen.
Hervorzuheben ist ebenso, dass die EU bei den Verhandlungen über eine neue Generation von Freihandelsabkommen ein Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung anstrebt. Wir versuchen, den Handel mit Umweltgütern, -dienstleistungen und –technologie zu erleichtern und die Einführung international vereinbarter Umweltstandards zu fördern. Wir bemühen uns auch um die Errichtung eines Forums, in dem Themen der nachhaltigen Entwicklung - auch mit der Zivilgesellschaft - erörtert werden sollen.
Ganz allgemein wurde am Rande der UNFCCC-Konferenz in Bali, Indonesien, ein informeller Dialog über Handel und Klimawandel auf Ministerebene eingeleitet. Dieser soll einen Beitrag zur Herausbildung eines gemeinsamen Verständnisses des Zusammenhangs zwischen Handelspolitik und Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels unter gebührender Berücksichtigung der Entwicklungsdimension leisten.
Anfrage Nr. 49 von Gay Mitchell (H-0098/08)
Betrifft: Staatsfonds und Handelspolitik
Staatsfonds haben in vergangener Zeit einen erheblichen Zuwachs erfahren und sich zu äußerst wichtigen weltweiten Investitionsinstrumenten mit einem Gesamtkapital von 2,9 Trillionen US-Dollar entwickelt. Die Tätigkeiten solcher Staatsfonds sind weitgehend undurchsichtig und Investitionsentscheidungen tragen häufig politische oder nationalistische Züge.
Hat die Kommission in Anbetracht dessen eine klare Strategie im Hinblick auf die Handelsangelegenheiten der Staatsfonds entwickelt?
Die Kommission verfolgt die Tätigkeit von Staatsfonds und überwacht aufmerksam die jüngsten Entwicklungen in diesem Bereich.
Sie hat am 27. Februar 2008 eine Mitteilung zu diesem Thema angenommen(1).
In der Mitteilung werden die mit Staatsfonds verbundenen Fragen behandelt und dargelegt. Damit möchte die Kommission auf die mit den Staatsfonds einhergehenden Befürchtungen eingehen. Konkret dargelegt werden auch die Erwartungen der EU im Hinblick auf die Verwaltung und die Transparenz von Staatsfonds. Diese beiden Elemente sollen nicht nur dazu beitragen, zu einem gemeinsamen EU-Ansatz zu diesem Thema zu gelangen, sondern auch Impulse für die auf internationaler Ebene stattfindenden Diskussionen, so z. B. innerhalb des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), liefern. Diese Mitteilung enthält keine gesetzgeberischen Initiativen.
Ganz allgemein möchte die Kommission daran erinnern, dass die wohlwollende Öffnung für Investitionen und den freien Kapitalverkehr zu den seit langem verfolgten Zielen der EU gehört und ein Schlüssel zum Erfolg der EU in einem zunehmend globalisierten internationalen System ist. Den Mitgliedstaaten stehen gesetzgeberische und Regulierungsinstrumente zur Verfügung, um Überwachungsmaßnahmen durchzuführen und aus nationalen Sicherheitserwägungen einzugreifen. So sollte Europas Antwort auf die durch Investitionen von Staatsfonds ausgelösten Bedenken ausgewogen sein und keinesfalls den Eindruck erwecken, dass Europa rechtmäßig tätigen Investoren nicht mehr offen stehe.
Kann die Kommission eine umfassende Erklärung zum gegenwärtigen Stand der Welthandelsgespräche abgeben?
Wie dem Herrn Abgeordneten bekannt ist, wurde bei dem Ministertreffen in Hong Kong im Jahr 2005 der Beschluss gefasst, zunächst erst eine Vereinbarung über so genannte Modalitäten für den Handel und gewerbliche Güter (oder „NAMA“ im WTO-Jargon) zu treffen, dem ein endgültiges Übereinkommen zu allen Verhandlungsthemen folgen soll. Das Ziel einer Vereinbarung über die Modalitäten ist es, die Eckdaten für Zollsenkungen und im Landwirtschaftsbereich auch für Subventionskürzungen festzulegen. Der Termin für eine solche Vereinbarung ist mehrfach verschoben worden. Nunmehr soll versucht werden, in den kommenden Wochen die Bestandteile einer solchen Modalitäten-Vereinbarung festzulegen, wobei allerdings noch unklar ist, ob dies gelingen wird.
Mitte Februar 2008 veröffentlichten die Vorsitzenden der jeweiligen WTO-Verhandlungsgruppen für Landwirtschaft und NAMA überarbeitete Versionen der Verhandlungstexte. Diese Texte sollen letzten Endes die Grundlage für die Ministerverhandlungen bilden, die zu einer Vereinbarung über die Modalitäten führen sollen. Ein zentrales Problem dieser beiden Texte ist jedoch, dass sie noch keine ausreichende Gewissheit schaffen, ob ein hinlängliches Gleichgewicht zwischen Landwirtschaft und NAMA erreicht werden kann.
Im Landwirtschaftsbereich sind wir gegenüber Drittländern Verpflichtungen eingegangen, die deren Zielen entsprechen, jedoch im Rahmen der 2003 erfolgten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik bleiben. Diese Ziele können mit den derzeit vorliegenden Vorschlägen des Vorsitzenden der landwirtschaftlichen Verhandlungsgruppe erreicht werden, auch wenn weitere Aspekte noch zu klären und zu vereinbaren sind.
Dieser Ansatz wurde jedoch ausschließlich unter der Voraussetzung gewählt, dass diese Verhandlung ein Einzelfall ist und dass Zugeständnisse in einem Bereich durch Vorteile in anderen Bereichen ausgeglichen werden. Was die gewerblichen Güter anbelangt, so hat der Vorsitzende leider einen überarbeiteten Text veröffentlicht, durch den nur weniger ehrgeizige Ziele in Aussicht stehen könnten. Die EU könnte keine Vereinbarung akzeptieren, mit der der Auftrag der Doha-Entwicklungsagenda, d. h. wirklich neue Handelsmöglichkeiten für gewerbliche Güter zu schaffen, nicht erfüllt werden kann. Diese Position ist gegenüber anderen WTO-Mitgliedern deutlich gemacht worden. Wir könnten zwar noch tolerieren, dass die überwiegende Mehrheit der Entwicklungsländer nur sehr geringe Verpflichtungen in dieser Runde eingeht, aber wir sind der Ansicht, dass Schwellenländer wir China, Brasilien und Indien entsprechend ihrem Entwicklungsniveau einen wichtigen Beitrag in Form eines neuen Marktzugangs leisten sollten.
Nach Auffassung der EU sollte eine Vereinbarung über die Modalitäten in diesem Frühjahr erreicht werden. Es ist jedoch festzuhalten, dass eine solche Vereinbarung noch kein endgültiges Übereinkommen wäre. Darin würden Eckpunkte für Landwirtschaft und Handel festgelegt, aber bezüglich der anderen Verhandlungsthemen müsste erst der Abschluss der Verhandlungen abgewartet werden, bevor ein endgültiges Übereinkommen erreicht werden kann. Wir werden jedoch alles daran setzen, dass die Vereinbarung über die Modalitäten hinreichenden Spielraum bis zum letzten Verhandlungsabschnitt über andere Themen wie Dienstleistungen, Regeln (Antidumpingmaßnahmen und Beihilfen), geografische Angaben, Handelserleichterung, Umweltgüter und Entwicklung bietet. Sollte ein endgültiges Übereinkommen nicht mehr dieses Jahr zustande kommen, ist ein Abschluss vor 2010 aufgrund der politischen Lage in den USA sehr unwahrscheinlich.
Anfrage Nr. 51 von Pedro Guerreiro (H-0133/08)
Betrifft: Sachstand bei den laufenden Verhandlungen im WTO-Rahmen
In mehreren Berichten der Vereinten Nationen wird auf die in den letzten Jahren beobachtete Ausweitung des sozialen und wirtschaftlichen Gefälles zwischen einzelnen Staaten und innerhalb vieler Staaten auf der Ebene der Einkommen hingewiesen. Die Zahlen über Armut und Arbeitslosigkeit bleiben hoch oder steigen noch, während die Gewinne großer multinationaler Unternehmen wachsen und der Reichtum sich konzentriert. Hier spielt natürlich auch die weltweitere Liberalisierung von Handel und Kapital eine Rolle.
Welche geänderten Vorschläge wird die Kommission – unter Berücksichtigung der in jüngster Zeit geänderten Vorschläge zur Landwirtschaft und zum Marktzugang für außerlandwirtschaftliche Produkte – bei den WTO-Verhandlungen vorlegen, vor allem auf den Gebieten Landwirtschaft, außerlandwirtschaftliche Produkte (einschließlich Textilien und Bekleidung) und Dienstleistungen? Die Liberalisierung des Agrarhandels, des Industriesektors und des Dienstleistungssektors wird die wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten verschärfen, die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln und die Dienstleistungen für die Allgemeinheit in Bedrängnis bringen und Standortverlagerungen und Sozial- und Umweltdumping begünstigen. Welche Haltung nimmt die Kommission vor diesem Hintergrund zu der Notwendigkeit der Änderung des gegenwärtigen Verhandlungsmandats ein?
In kaum einer Studie wird bestritten, dass Handelsoffenheit ein wichtiger Faktor für Wachstum und Entwicklung ist. Die Diskussionen konzentrieren sich eher auf die Art und die Abfolge dieser Öffnung. Es ist jedoch ebenso klar, dass sich Handelsoffenheit nicht im Vakuum vollzieht und so sind dafür auch ein breites Spektrum anderer politischer Maßnahmen, eine verantwortungsvolle Staatsführung und ein stabiles wirtschaftliches Umfeld notwendig. Handelsoffenheit allein ist kein Garant für Entwicklung.
Viele Entwicklungsländer machen den Handel zur Schlüsselkomponente ihrer entwicklungspolitischen Maßnahmen und verzeichnen im Ergebnis dessen eine deutliche Verringerung der Armut und einen Zuwachs an Wohlstand. Die eindrucksvollsten Beispiele für handelsbasiertes Wachstum sind wahrscheinlich in Asien zu finden. China ist geradezu ein Pionier in dieser Hinsicht. Ähnliche Trends lassen sich aber auch in kleineren asiatischen Ländern, z. B. in Vietnam, oder sogar in den am wenigsten entwickelten Ländern wie Bangladesch beobachten. Gleichzeitig messen China und andere Schwellenländer den damit einhergehenden sozioökonomischen Herausforderungen, wie dem Einkommenszuwachs, dem Wohlstandsgefälle und dem sozialen Zusammenhalt sowie der wirksamen Durchsetzung des Arbeitsrechts, zunehmende Beachtung bei.
Die UNCTAD(1) hat kürzlich auf die positiven Auswirkungen des Wachstums in Asien auf andere arme Regionen - insbesondere jene, die vom Warenexport abhängig sind - hingewiesen. Der Süd-Süd-Handel ist ein zunehmend bedeutsamer Bestandteil des Welthandels und eröffnet neue Entwicklungsmöglichkeiten, auch wenn die Handelshemmnisse im Süden weiterhin hoch sind: Mehr als 60 % der von Entwicklungsländern gezahlten Zölle gehen an andere Entwicklungsländer, obgleich nur 40 % ihrer Exporte in diese Ländergruppe geliefert werden.
Die in der WTO(2) laufenden multilateralen Handelsverhandlungen bieten eine Möglichkeit, den Handel durch größere Marktzugangsmöglichkeiten für Entwicklungsländer weiter zur Beschleunigung der Entwicklung zu nutzen.
In den vorliegenden Verhandlungstexten wird voll und ganz der Tatsache Rechnung getragen, dass nicht alle Entwicklungsländer in gleicher Weise fähig sind, die Handelsliberalisierung zu bewältigen. In wesentlichen Teilen der Verhandlungen über die Entwicklungsagenda geht es daher um eine Sonder- und Vorzugsbehandlung für Entwicklungsländer, um so den Weg zu einer gleitenden Skala bezüglich der Verpflichtungen zur Marktöffnung (bei gewerblichen oder landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder Dienstleistungen) in Abhängigkeit von dem Entwicklungsstand einzelner Ländergruppen zu ebnen. Die überwiegende Mehrheit der Entwicklungsländer in der WTO wird nur sehr geringe Verpflichtungen eingehen, die in vielen Fällen, und zwar insbesondere bei den am wenigsten entwickelten Ländern, keinerlei neue Marktöffnung erfordern.
Auf der anderen Seite ist es nur normal, dass wir von den Schwellenländern wie Brasilien, Indien oder China verlangen, ihrem Entwicklungsniveau entsprechende Verpflichtungen einzugehen, indem sie neuen Zugang zu ihren Märkten, insbesondere für gewerbliche Erzeugnisse, schaffen. Während der europäische Markt für gewerbliche Erzeugnisse offen ist und die Zolltarife zu den niedrigsten der Welt gehören, haben die Schwellenländer nach wie vor hohe Durchschnittszölle und oftmals sehr hohe Spitzenzölle. Auf jeden Fall werden auch diese Länder ihre Märkte öffnen müssen - wenngleich in einem geringeren Grad als die entwickelten Länder -, und sie werden weiterhin das Recht haben, in einem gewissen Maße bestimmte sensible Sektoren zu schützen.
Von entscheidender Bedeutung wird sein, ob es gelingt, in dem endgültigen DDA-Übereinkommen (Doha-Entwicklungsagenda - DDA) Ausgewogenheit zwischen den Beiträgen der Länder mit unterschiedlichem Entwicklungsniveau in den verschiedenen Verhandlungssäulen herzustellen; dies wird auch ein wesentlicher Faktor für die Förderung des Süd-Süd-Handels sein.
Die WTO-Mitgliedstaaten haben stets die zentrale Bedeutung der Entwicklungsdimension jedes Aspekts des Doha-Arbeitsprogramms hervorgehoben. Die Kommission möchte den Herrn Abgeordneten des Weiteren daran erinnern, dass bereits Einvernehmen über verschiedene Maßnahmen erzielt worden ist, mit denen die ärmsten Entwicklungsländer in der WTO dabei unterstützt werden sollen, die Chancen voll und ganz zu nutzen, die ein erfolgreicher DDA-Abschluss bieten würde, wie eine höhere handelsbezogene Hilfe oder zoll- und kontingentfreie Importe für die am wenigsten entwickelten Länder. Die EU will also sicherstellen, dass das Thema Wegfall von Präferenzen in angemessener Weise behandelt wird.
Die EU unterstützt weiterhin die Zusammenarbeit WTO-IAO(3) bezüglich der Wechselwirkung zwischen Beschäftigung/Sozialpolitik und Handel, und die Kommission leistet aktive Unterstützung bei der Entwicklung von Indikatoren für menschenwürdige Arbeit und bei der Bewertung des Zusammenhangs zwischen Handel, Beschäftigung und menschenwürdiger Arbeit im Rahmen des thematischen Programms für menschliche und soziale Entwicklung 2007-2013 („In die Menschen investieren“).
Seit dem Beitritt der Ukraine zur WTO am 5.2.2008 steht einem Freihandelsabkommen (FTA) zwischen der EU und der Ukraine nichts mehr im Wege. Die erste Verhandlungsrunde hat am 17.2.2008 begonnen. Welchen Zeitrahmen sieht die Europäische Kommission für die Verhandlungen vor?
Während im Jahr 2006 25% der Exporte der Ukraine in die EU gingen, beliefen sich die Importe der Ukraine aus der EU auf 42%. Wird die Kommission in den Verhandlungen darauf achten, dass die Ukraine mit dem neuen FTA ihre Exporte in die EU langfristig steigern kann? Welche Vorteile wird die Ukraine im handelspolitischen Bereich allgemein durch das FTA erhalten? Wie wird die Kommission gewährleisten, dass mit der Ukraine auf gleicher Augenhöhe verhandelt wird und keine handelsspezifischen Asymmetrien entstehen?
Hat die Kommission eine Kommunikationsstrategie vorgesehen, die dem Bürger die Vorteile einer Liberalisierung im Sinne des Bürgers vermittelt?
Der Generalrat der Welthandelsorganisation (WTO) billigte den Beitritt der Ukraine am 5. Februar 2008, woraufhin Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen (FHA) mit der Ukraine als Kernstück des neuen erweiterten Abkommens eingeleitet wurden. Nach der offiziellen Eröffnung am 18. Februar 2008 in Kiew durch Kommissar Mandelson und den ukrainischen Präsidenten Juschtschenko folgte eine kurze erste Verhandlungsrunde zwischen den Chefunterhändlern, bei der es vorrangig um organisatorische Belange ging. Wir haben mit der Ukraine vereinbart, möglichst alle 8 Wochen eine Verhandlungsrunde abzuhalten. Die erste Verhandlungsrunde ist für die Woche ab dem 21. April in Brüssel geplant.
Die Europäische Union hat die Absicht, ein tiefgreifendes und umfassendes FHA mit der Ukraine auszuhandeln, mit dem die Ukraine dem Binnenmarkt so weit wie möglich angenähert wird. Das Abkommen sollte über die klassischen FHA-Bestimmungen über den Marktzugang für Waren und Dienstleistungen hinausgehen und auch Handelshemmnisse „hinter der Grenze“ berücksichtigen, z. B. gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Fragen sowie technische Normen und Standards.
Aus der Nachhaltigkeitsprüfung eines unabhängigen Beraters geht hervor, dass von einem FHA deutliche Vorteile für die Ukraine zu erwarten sind. Die Studie gelangte auch zu dem Ergebnis, dass das FHA in der Ukraine vorhandene Trends verstärken würde: Sektoren der Ukraine mit einem Wettbewerbsvorteil werden gewinnen und solche mit einem Wettbewerbsnachteil werden Einbußen hinnehmen müssen, wenn sie nicht ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern können. Insgesamt wird jedoch von einem positiven Ergebnis ausgegangen.
Was die Unterrichtung der Öffentlichkeit über die laufenden Verhandlungen anbelangt, so ist im Rahmen des zivilgesellschaftlichen Dialogs ein Treffen über die FHA-Verhandlungen zwischen der EU und der Ukraine im Laufe des Jahres 2008 vorgesehen.
Das Europäische Parlament wird über den Stand der Verhandlungen regelmäßig unterrichtet werden.
Anfrage Nr. 53 von Johan Van Hecke (H-0137/08)
Betrifft: Beitritt Russlands zur WTO
Obwohl Russland ein wichtiges Mitglied der G8 ist, hat es immer noch keine angemessenen Vorschriften zum Schutz des geistigen Eigentums im gewerblichen Bereich erlassen. Es muss zahlreiche Rechtsreformen durchführen, um sein Urheberrechtssystem zu modernisieren und die Durchsetzung der Urheberrechte zu verbessern, bevor ein rechtmäßiger Markt für russische und europäische Rechteinhaber errichtet werden kann. Russland hat die WIPO-Internet-Verträge von 1996 immer noch nicht ratifiziert, und es unternimmt nur wenig zur Bekämpfung der Internetpiraterie. Auf Druck der EU wurde die einschlägig bekannte Website „Allofmp3.com“ vor kurzem geschlossen, doch ähnliche Websites werden nach wie vor von Russland aus betrieben; sie müssen geschlossen und gleichzeitig müssen strafrechtliche Ermittlungen gegen deren Betreiber eingeleitet werden.
Es ist von grundlegender Bedeutung, dass die EU auch weiterhin den wirksamen Schutz und die Durchsetzung des Rechts auf geistiges Eigentum zu einer Voraussetzung für den Beitritt Russlands zur WTO macht. Wird sich die Kommission gegen den Beitritt Russlands zur WTO aussprechen, solange Russland keine wirksamen Vorschriften zum Schutz des geistigen Eigentums nachweist, indem es seine Verpflichtungen aus dem TRIPS-Übereinkommen angemessen erfüllt, die WIPO-Internet-Verträge ratifiziert und Internetpiraterie bekämpft?
Anfrage Nr. 54 von Esko Seppänen (H-0140/08)
Betrifft: Russische Holzzölle
Russland hat einseitig die Zölle auf ausgeführtes Rohholz auf ein Niveau angehoben, das nach und nach dazu führt, dass die Einfuhr von Holz aus Russland in die EU eingestellt wird. Wie schwerwiegend ist nach Auffassung der Kommission dieses Problem in Bezug auf die Mitgliedschaft Russlands in der Welthandelsorganisation und beabsichtigt die Kommission, die Gespräche mit den russischen Behörden zur Senkung der Zölle fortzusetzen?
Der Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO) liegt zuallererst in Russlands eigenem Interesse. Will Russland seinen wirtschaftlichen Modernisierungskurs fortsetzen, seine Wirtschaft weiter diversifizieren und dringend benötigte internationale Investitionen anziehen, so wird ihm das am besten als WTO-Mitglied gelingen.
Russlands Beitritt liegt aber auch im Interesse seiner Handelspartner. Unter dem Strich wird die WTO-Mitgliedschaft bedeuten, dass Russland die internationalen Handelsregeln einhalten muss. Der Spielraum des Staates zu willkürlichen Entscheidungen wird kleiner werden. Der ehemalige Präsident Putin hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass er zur WTO-Mitgliedschaft entschlossen ist, und ich bin überzeugt, dass sein Nachfolger, Dmitri Medwedew, dies genauso sehen wird.
Was ist für den Beitritt Russlands noch zu regeln? Genau genommen sind nur noch wenige Fragen offen. Tatsache ist, dass wir bei der großen Mehrheit der Themen bereits eine Einigung erzielt haben oder überzeugt sind, dass die russischen Rechtsvorschriften die WTO-Regeln erfüllen.
Im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums (IPR) hat Russland noch beträchtlichen Handlungsbedarf, insbesondere in Bezug auf die wirksame Anwendung dieser Rechte. Hinsichtlich des Rechtsrahmens allerdings ist die Kommission zuversichtlich, dass durch Russlands jüngste Gesetzesänderungen und Verpflichtungen die Erfüllung der WTO-Anforderungen gewährleistet wird. Zur Information sei der Herr Abgeordnete darauf hingewiesen, dass das neue Kapitel IV des Bürgerlichen Gesetzbuches zu den Rechten des geistigen Eigentums am 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist. Wir arbeiten eng mit Russland zusammen, um die Lage weiter zu verbessern. Dies könnte im Rahmen des IPR-Dialogs erfolgen.
Ein anderes Thema, das die Kommission besonders herausstellen möchte, sind die russischen Exportzölle auf Holz. Wie dem Herrn Abgeordneten vielleicht bekannt ist, stellt dies zurzeit das wichtigste noch offene Problem dar, das die EU für den Beitrittsprozess Russlands sieht. Nach Ansicht der Kommission war der Beschluss, die Exportzölle auf Holz deutlich zu erhöhen, nicht gerechtfertigt. Das für Handel zuständige Kommissionsmitglied traf unlängst mit dem stellvertretenden Premierminister Kudrin zusammen, um diese Problematik zu erörtern, und wird wahrscheinlich in den nächsten Tagen ein weiteres Gespräche mit ihm führen. Die Kommission ist davon überzeugt, dass eine Lösung gefunden werden kann, vorausgesetzt, dass beide Seiten den politischen Willen zu solch einer Einigung haben.
Anfrage Nr. 55 von Marian Harkin (H-0078/08)
Betrifft: WTO-Verhandlungen
Kann sich die Kommission im Lichte der jüngsten WTO Verhandlungen und der Veröffentlichung von acht neuen Arbeitsdokumenten zum Marktzugang zu der Frage äußern, welche Zugeständnisse in Bezug auf die europäische Landwirtschaft vorgeschlagen wurden und was sie angesichts der entscheidenden Rolle, die die Landwirtschaft bei der Gewährleistung der Nahrungsmittelsicherheit, der Rückverfolgbarkeit und einer nachhaltigen Umwelt spielt, in Bezug auf weitere Zugeständnisse im Bereich der Landwirtschaft beabsichtigt?
Das jüngste Ergebnis der derzeit laufenden Gespräche über die Landwirtschaft im Zusammenhang mit den Verhandlungen im Rahmen der Doha-Runde der Welthandelsorganisation (WTO) besteht in dem überarbeiteten Entwurf der Modalitäten, den der Vorsitzende der Landwirtschaftsverhandlungen, Botschafter Crawford Falconer, am 8. Februar 2008 vorgelegt hat.
Die Kommission verfolgt die Verhandlungen über die Doha-Entwicklungsagenda (DDA) und überwacht so kontinuierlich die Position der EU im Verhältnis zu ihrem Auftrag, wozu auch eine Bewertung der vorgeschlagenen Modalitäten insbesondere bezüglich der Zugeständnisse beim Marktzugang - mit besonderem Schwerpunkt auf Kürzungen und der Behandlung sensibler Erzeugnisse - gehört. Das Angebot der EU vom Oktober 2005 ist mit den Gesprächsinhalten von heute durchaus vergleichbar, die ähnliche makroökonomische Auswirkungen hätten.
Die Gewährleistung der Nahrungsmittelsicherheit, die Rückverfolgbarkeit und eine nachhaltige Umwelt sind entscheidende Elemente der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) aus dem Jahr 2003. Demzufolge ist in Bezug auf die landwirtschaftlichen Verhandlungen völlig klar, dass die GAP-Reform von 2003 Europas wichtiger Beitrag zur Entwicklungsagenda von Doha ist und die Grenzen seiner Verhandlungspositionen in der WTO-Runde absteckt. Der durch diese Reform gebotene Handlungsspielraum kann nur unter der Voraussetzung entsprechender Zugeständnisse seitens der WTO-Partner in der Landwirtschaft und anderen Bereichen ausgeschöpft werden. Ein unausgewogenes Gesamtergebnis würde keine Zustimmung finden.
Anfrage Nr. 56 von Giovanna Corda (H-0081/08)
Betrifft: Handelsbeziehungen und sozialrechtliche Bestimmungen in China
Kürzlich haben Rückverfolgbarkeits- und Qualitätskontrollen zur Rücknahme hunderttausender von gefährlichen, aus China importierten Spielzeugen geführt, die auch Gegenstand einer Reihe von Maßnahmen sind, die von der Kommission beschlossen wurden. Welche Vereinbarungen wurden darüber hinaus zwischen der Kommission und China getroffen, um sicherzustellen bzw. ggf. zu prüfen, dass bei der Herstellung von Exportprodukten die gesetzliche Höchstarbeitszeit, das gesetzlich vorgeschriebene Mindestalter für Arbeitnehmer, die Bestimmungen über Gesundheitsschutz und Sicherheit der Erwerbstätigen sowie der gesetzliche Mindestlohn eingehalten werden, um zu vermeiden, dass der ungezügelte Ausbau dieser gewerblichen Tätigkeiten zu Lasten der Gesundheit, der Sicherheit und der Menschenwürde der Beschäftigten geht?
Die Kommission verurteilt aufs Schärfste alle Versuche, die wirtschaftliche Entwicklung zu Lasten der Rechte der Arbeitnehmer und ihrer Menschenwürde voranzutreiben. Sie erklärt nachdrücklich, dass die Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) einen umfassenden Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leistet.
Dieser Ansatz kommt in den verschiedenen Initiativen der Kommission zur Förderung der sozialen Dimension der Globalisierung(1), der sozialpolitischen Agenda (2) und menschenwürdiger Arbeit(3) klar zum Ausdruck. Außerdem haben sich alle EU-Organe nachdrücklich für diese Politik eingesetzt und verschiedene Beschlüsse bzw. Entschließungen verabschiedet, die einen allgemeinen Rahmen für die Entwicklung unserer bilateralen Zusammenarbeit mit China im Bereich Beschäftigung und Soziales bieten.
Die Zusammenarbeit der EU mit China in dieser konkreten Frage hat sich seit 2005, als die erste Vereinbarung über Fragen der Sozial- und Beschäftigungspolitik mit dem chinesischen Ministerium für Beschäftigung und soziale Sicherheit unterzeichnet wurde, sehr positiv entwickelt. Die Kommission unterstützt rückhaltlos alle Bemühungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, zur Förderung der Anwendung der bestehenden arbeitsrechtlichen Vorschriften und zur Stärkung der sozialen Verantwortung der Unternehmen in China.
Im Mittelpunkt ihres Dialogs mit China stehen solche Fragen wie die Vermittlung von Fähigkeiten, die Reform des Sozialversicherungssystems, die ordnungsgemäße Anwendung und Reform des Arbeitsrechts sowie die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer. Obwohl noch erheblicher Handlungsbedarf besteht, führt die Kommission einen sehr konstruktiven Dialog mit den chinesischen Behörden.
Die Kommission hat die jüngsten Entwicklungen mitverfolgt und wird das am 1. Januar 2008 in Kraft getretene chinesische Gesetz über Arbeitsverträge sorgfältig beobachten. Das neue Gesetz verkörpert einen wesentlichen Fortschritt im chinesischen Arbeitsvertragssystem, weil es die Rechte und Pflichten der Parteien festlegt. Die Kommission begrüßt die Tatsache, dass die neue arbeitsrechtliche Regelung bei korrekter Anwendung zu einer beträchtlichen Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen in China führen kann und soll.
Als Zeichen der Bedeutung, die die Kommission den Beschäftigungs- und Sozialstandards in ihren Beziehungen zu China beimisst, stattete das für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit zuständige Kommissionsmitglied diesem Land im Januar 2008 einen zweiten Besuch ab.
Im Anschluss an diesen Besuch wurden mit dem chinesischen Ministerium für Beschäftigung und soziale Sicherheit, der chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften und der Staatlichen Verwaltung für Arbeitssicherheit wichtige neue Initiativen vereinbart. Mit der Staatlichen Verwaltung soll 2008 eine Vereinbarung über Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz unterzeichnet werden. Sie wird die technische Zusammenarbeit mit den chinesischen Behörden auf diesem bedeutsamen Gebiet ergänzen, das in unserem bilateralen Dialog noch fehlt. Zurzeit erörtern wir mit den chinesischen Behörden auch Pläne für ein anspruchsvolles Ausbildungsprojekt zur Verbesserung der Arbeitssicherheit im chinesischen Bergbau.
Über unsere bilaterale Zusammenarbeit mit China im Bereich Beschäftigung und Soziales hinaus setzen wir uns auch sehr stark für die Stärkung multilateraler Initiativen im Rahmen der IAO ein und unterstützen alle Maßnahmen, die der Förderung der Agenda für menschenwürdige Arbeit in China dienlich sind.
Anfrage Nr. 57 von Marie Panayotopoulos-Cassiotou (H-0083/08)
Betrifft: Restaurierung traditioneller Siedlungen
In seiner Entschließung P6_TA(2006)0355 zum Schutz des natürlichen, architektonischen und kulturellen Erbes Europas in ländlichen Gebieten und Inselregionen hat das Europäische Parlament die Kommission aufgefordert, Programme zur Restaurierung traditioneller Siedlungen aufzulegen und die Zusammenarbeit verschiedener Träger bei der Umsetzung der Programme zur Wiederherstellung ursprünglicher architektonischer Formen zu unterstützen. Dabei soll der Charakter dieser Siedlungen gewahrt werden, und spätere architektonische Eingriffe, die nicht im Einklang mit dem Gesamtbild stehen, sollen rückgängig gemacht werden.
Welche Maßnahmen hat die Kommission bisher zur Umsetzung dieses konkreten Ziels ergriffen?
Die Kommission misst dem Schutz des natürlichen, architektonischen und kulturellen Erbes Europas große Bedeutung bei. Die Regionalpolitik, die ländliche Entwicklung und die Kulturförderung gehören zu den Bereichen, in denen Anreize für den Schutz und die Förderung des Erbes geschaffen werden können.
Im Bereich der Kohäsionspolitik werden Investitionen in den Schutz des architektonischen und kulturellen Erbes durch die strategischen Leitlinien der Gemeinschaft gefördert (vgl. Artikel 2 Absatz 1, in dem ausdrücklich Maßnahmen gefordert werden, die die „Erhaltung und Erschließung des historischen und kulturellen Erbes mit positiven Effekten für die Entwicklung des Fremdenverkehrs“ zum Ziel haben), da die Erbepflege zur nachhaltigen Entwicklung in den Mitgliedstaaten beiträgt. Zudem spielt das historische Erbe eine wichtige Rolle bei den Fremdenverkehrsstrategien der Mitgliedstaaten. In der Verordnung über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ist u. a. Unterstützung für den „Schutz und die Entwicklung des Naturerbes“ und für den „Schutz und Erhaltung des Kulturerbes“ sowie für den „Ausbau der kulturellen Infrastruktur“ vorgesehen.
Ferner wird Unterstützung für die Sanierung von städtischen und ländlichen Gebieten gewährt, wobei auch Maßnahmen im Bereich der historischen Erbes förderfähig sind. Im Kontext der geteilten Verwaltung in der Regionalpolitik ist es jedoch den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, ob sie in die EFRE-Förderprogramme auch Maßnahmen zum Schutz des Erbes aufnehmen wollen.
Programme zur ländlichen Entwicklung können ebenfalls genutzt werden, um den Schutz des natürlichen, architektonischen und kulturellen Erbes Europas in ländlichen Gebieten zu fördern. Unter bestimmten Voraussetzungen erhalten die Mitgliedstaaten Beihilfen für spezifische Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung des ländlichen Erbes.(1) Den verfügbaren Angaben zufolge haben die Mitgliedstaaten derartige Maßnahmen in mindestens 70 Programme zur ländlichen Entwicklung (von maximal 86 solcher Programme) aufgenommen, wodurch für den gesamten Programmplanungszeitraum 2007-2013 ELER-Investitionen von insgesamt 1.280.000 Euro mobilisiert werden. Es gibt noch weitere Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung, die einen positiven Beitrag zum Schutz des natürlichen Erbes leisten, darunter solche bekannten Initiativen wie NATURA 2000 und die Agrarumweltmaßnahmen.
Im Rahmen des neuen Programms „Kultur“ 2007-2013 unterstützt die Kommission wie schon beim Vorgängerprogramm „Kultur 2000“ Initiativen zum Schutz des kulturellen Erbes durch den Europäischen Kulturerbepreis. Mit der Vergabe der betreffenden Auszeichnungen wurde Europa Nostra beauftragt. Im Jahr 2007 ging der Preis unter anderem an den Mihai-Eminescu-Trust wegen seines integrierten Ansatzes zum Schutz des Erbes. Der Trust hat seinen Sitz in London (Großbritannien), arbeitet unter der Schirmherrschaft seiner Königlichen Hoheit (SKH), des Prinzen von Wales, und widmet sich dem Schutz und der Sanierung von Dörfern und Gemeinden in Siebenbürgen (Transsilvanien) und der Maramuresch (Rumänien). Eine hohe Auszeichnung erhielt auch das Schutzprojekt der inmitten des Abruzzenhochlands bei l'Aquila (Italien) gelegenen befestigten Stadt Santo Stefano di Sessanio wegen der hier geleisteten Arbeit zur Erhaltung des typischen mittelalterlichen Stadtbilds. Aus dem Programm „Kultur“ 2007-2013 können Kulturerbenetze finanziert werden (im Rahmen der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen 2007 wurden zwei Netze ausgewählt).
Außerdem arbeitet die Kommission auch aktiv mit dem Europarat bei der Ausrichtung der Europäischen Tage des Denkmals zusammen. Unter anderem werden Finanzhilfen für die Organisation von Veranstaltungen gewährt, um die Öffentlichkeitswirksamkeit der Initiative sicherzustellen.
Artikel 57 der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates, ABl. L 277 vom 21. Oktober 2005.
Anfrage Nr. 58 von Manuel Medina Ortega (H-0088/08)
Betrifft: Minderjährige Zuwanderer
Welche Maßnahmen beabsichtigt die Kommission angesichts der beträchtlichen Anzahl minderjähriger Zuwanderer zu ergreifen, die illegal in die Europäische Union einreisen und aufgrund der internationalen Übereinkommen einen besonderen Schutzstatus genießen? Inwiefern beabsichtigt sie die Regierungen der Aufnahmeländer bei der Betreuung dieser minderjährigen Zuwanderer zu unterstützen und die Rückführung in ihre Herkunftsländer sowie die Wiedereingliederung in ihre Familien zu erleichtern?
Unbegleitete Minderjährige sind sehr schutzbedürftig und benötigen aufgrund ihrer spezifischen Bedürfnisse ständige Unterstützung.
Das Einwanderungs- und Asylrecht der EU trägt dieser Tatsache in allen Fällen Rechnung, und es wird stets gefordert, dass „die besten Interessen des Kindes“ in den Vordergrund zu stellen sind, wenn die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, von denen Minderjährige – ob mit oder ohne Begleitung – betroffen sind.
Weitere Grundrechte, die gewährleistet werden müssen, sind das Recht auf Bildung und das Recht auf Einheit der Familie, die in den gemeinschaftlichen Besitzstand im Bereich Einwanderung und Asyl sowie in die Vorschläge der Kommission einbezogen wurden.
Hilfe für die Mitgliedstaaten in Bezug auf Minderjährige wird über die Finanzinstrumente gewährt, vor allem über das neu geschaffene Generelle Programm „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme 2007-2013“.
Dieses Programm besteht aus vier Fonds, die sehr ähnlich wie die Strukturfonds verwaltet werden: dem Europäischen Außengrenzenfonds, dem Europäischen Flüchtlingsfonds, dem Europäischen Fonds zur Integration von Drittstaatenangehörigen und dem Europäischen Rückkehrfonds. Für den Zeitraum 2007-2013 beläuft sich der Gesamtbetrag für das Programm auf 4020,37 Millionen Euro, wobei auch Maßnahmen in Bezug auf Minderjährige vorgesehen sind.
In den Strategischen Leitlinien für den Europäischen Fonds zur Integration von Drittstaatenangehörigen werden fünf spezifische Prioritäten genannt. Eine Priorität sind Maßnahmen für spezielle Zielgruppen (Frauen, Kinder usw.). Die Kofinanzierung solcher Maßnahmen durch die EU wird von 50 auf 75 % aufgestockt.
Beim neuen Europäischen Flüchtlingsfonds (EFF III) wird die besondere Lage schutzbedürftiger Personen wie z. B. unbegleiteter Minderjähriger ausdrücklich berücksichtigt. Er verfügt über eine Mittelausstattung von 699,37 Millionen Euro für den Zeitraum 2007-2013. Zusätzlich zu den jährlichen Mittelzuweisungen für förderfähige Maßnahmen in den Mitgliedstaaten wird dieser Fonds einen Festbetrag von 4.000 Euro für jedes neu angesiedelte unbegleitete minderjährige Kind (neben anderen Zielgruppen) zur Verfügung stellen.
Der Rückkehrfonds mit einem Gesamthaushalt von 676 Millionen Euro für den Zeitraum 2008-2013 wird u. a. Maßnahmen unterstützen, mit denen konkrete Hilfe für schutzbedürftige Personen, so z. B. für unbegleitete Minderjährige in Fällen einer freiwilligen bzw. erzwungenen Rückkehr, geleistet werden soll.
Das Programm Daphne schließlich hat die Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen sowie der Schutz von Opfern und gefährdeten Gruppen zum Ziel. Seit 1997 wurden durch Daphne rund 420 Vorhaben zum Schutz vor bzw. zur Verhütung von verschiedenartigen Formen der Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen finanziert. Einige davon waren speziell auf unbegleitete Minderjährige ausgerichtet.
Anfrage Nr. 60 von Chris Davies (H-0104/08)
Betrifft: Überwachung der Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften während der slowenischen Präsidentschaft
Kann die Kommission mitteilen, ob sie darum ersucht hat, dass das Thema unzureichende Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften durch die Mitgliedstaaten auf die Tagesordnung von Sitzungen des Ministerrats gesetzt wird, die während der slowenischen Präsidentschaft stattfinden sollen?
Die Kommission hat nicht darum gebeten, dass die Frage der Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten auf die Tagesordnung von Sitzungen des Ministerrats gesetzt wird, die während der slowenischen Präsidentschaft stattfinden.
Wie schon in der Antwort auf die mündliche Anfrage H-0816/07 des Herrn Abgeordneten(1) erklärt wurde, ist daran zu erinnern, dass die Kommission eine Mitteilung zur Anwendung des Gemeinschaftsrechts(2) verabschiedet hat, die den EU-Institutionen übermittelt wurde. Die Kommission arbeitet intensiv an der Umsetzung der in ihrer Mitteilung angekündigten Maßnahmen. Sie hat eine Gruppe nationaler Sachverständiger einberufen, um die Mitteilung während der portugiesischen Präsidentschaft zu erörtern. Dies ist das Forum, das die Kommission ausgewählt hat, um die diesbezügliche Diskussion mit den Mitgliedstaaten weiterzuführen, ohne dabei die Möglichkeit auszuschließen, dass einige in der Mitteilung genannte Fragen auf die Tagesordnung einer der Ratsformationen im Jahr 2008 gesetzt werden. Im Dezember 2007 fand eine Sitzung dieser Sachverständigengruppe statt, deren nächste Zusammenkunft für Juni 2008 während des slowenischen Ratsvorsitzes vorgesehen ist.
Außerdem könnte eine allgemeine Debatte in der einen oder anderen Ratsformation zu anderen Anlässen stattfinden, zum Beispiel bei der Vorlage eines Jahresberichts über die Umsetzung eines Programms oder Aktionsplans.
Auf der Tagung des Rates „Wettbewerbsfähigkeit“ vom 25. Februar 2008 legte die Kommission die Ergebnisse des Binnenmarktanzeigers vom Dezember 2007 vor.
Seit Juni 2005 präsentiert die Kommission außerdem einen jährlichen Anzeiger der Fortschritte bei der Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.
Anfrage Nr. 61 von Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (H-0105/08)
Betrifft: Regulierungen für Supermärkte in der Europäischen Union
Bis zum 31.1.2008 hatten 439 Mitglieder die Schriftliche Erklärung 0088/2007 zu der Untersuchung des Machtmissbrauchs durch große Supermarktketten, die in der Europäischen Union tätig sind, unterzeichnet. Hierbei handelt es sich nun also um einen offiziellen Standpunkt des EP. In der Erklärung wird die GD Wettbewerb aufgefordert, die Auswirkungen der Konzentration des EU-Supermarktsektors auf Kleinunternehmen, Zulieferer, Arbeitnehmer und Verbraucher zu untersuchen und insbesondere jegliche Missbräuche der Kaufkraft, die aus einer solchen Konzentration entstehen können, zu bewerten. Die Kommission wird ferner ersucht, geeignete Maßnahmen, einschließlich Regulierung, vorzuschlagen, um Verbraucher, Arbeitnehmer und Hersteller vor jeglichem Missbrauch einer beherrschenden Stellung oder im Zuge dieser Ermittlung festgestellten nachteiligen Auswirkungen zu schützen.
Im Mai 2007 hat das polnische Parlament ein Gesetz über die Errichtung und Tätigkeit großer Supermärkte angenommen, das den geäußerten Erwartungen vollständig entspricht und die Kommunalverwaltungen anweist, für die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen den verschiedenen Handelsformen zu sorgen und die Einhaltung der Grundsätze des fairen Wettbewerbs im Handelssektor zu gewährleisten. Am 31.1.2008 hat die Kommission diese Maßnahmen infrage gestellt und die polnischen Behörden unter der Androhung, diesen Fall an den Gerichtshof weiterzuleiten, zu ihrer Änderung aufgefordert. Wie wird die Kommission diesen tiefen Widerspruch zwischen den Erwartungen des Europäischen Parlaments und ihren eigenen Maßnahmen im Zusammenhang mit Konzentrationstendenzen im Handelssektor überbrücken?
Der Herr Abgeordnete bezieht sich auf die am 19. Februar 2008 verabschiedete Schriftliche Erklärung 0088/2007 des Parlaments zu der Untersuchung des Machtmissbrauchs durch große Supermarktketten, die in der Europäischen Union tätig sind, und zu entsprechenden Abhilfemaßnahmen. In der Schriftlichen Erklärung wird die Kommission aufgefordert, die Auswirkungen dieser Konzentration des Supermarktsektors auf einzelne Marktteilnehmer zu untersuchen und insbesondere jegliche Missbräuche der Kaufkraft durch die Supermärkte zu bewerten. Ferner wird die Kommission in der Erklärung ersucht, geeignete Maßnahmen vorzuschlagen, um Verbraucher, Arbeitnehmer und Hersteller vor jeglichem Missbrauch einer beherrschenden Stellung und weiteren nachteiligen Auswirkungen zu schützen, die im Zuge der geforderten Untersuchung festgestellt werden.
Die Kommission wird das Parlament nach den geltenden Regeln für Folgemaßnahmen der Kommission zu den nicht-legislativen Entschließungen des Parlaments, speziell nach den auf der Februarsitzung 2008 verabschiedeten Regeln, über ihre Reaktion auf die Schriftliche Erklärung informieren.
Was das Schreiben der Kommission(1) in Bezug auf das polnische Gesetz über die Errichtung und Tätigkeit von Einzelhandelseinrichtungen betrifft, das der Herr Abgeordnete anspricht, so sollte damit die Aufmerksamkeit der polnischen Behörden auf die Probleme der Vereinbarkeit dieser neuen Rechtsvorschriften mit der Niederlassungsfreiheit - einer Grundfreiheit gemäß Artikel 43 EG-Vertrag - und mit der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt(2) gelenkt werden. Die Kommission hat Bedenken hinsichtlich des möglicherweise diskriminierenden Charakters und der beschränkenden Wirkungen des polnischen Gesetzes, das ein Genehmigungsverfahren für die Errichtung neuer Einzelhandelseinrichtungen und die Tätigkeit bestehender Einzelhandelseinrichtungen mit einer Fläche von mehr als 400 Quadratmetern vorschreibt. Namentlich wird die Kommission prüfen, ob das neue Verfahren potenziell übermäßig langwierig und kostspielig ist, ob es auf Kriterien beruht, die zum Teil nicht präzise genug sind, ob die Behörden Ermessensspielräume haben und/oder ob eine Überprüfung eines wirtschaftlichen Bedarfs vorgenommen werden soll, die nach der obigen Richtlinie verboten ist.
Dieses Verfahren berührt oder verhindert jedoch nicht die Anwendung anderer Artikel des Vertrags bzw. anderer Gemeinschaftsvorschriften. Daher besteht nach Auffassung der Kommission kein Widerspruch zu den Erwartungen des Parlaments.
Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt.
Anfrage Nr. 62 von Brian Crowley (H-0111/08)
Betrifft: Lage in Gaza
Kann die Kommission darlegen, welche finanziellen Unterstützungsmechanismen sie geschaffen hat, um das palästinensische Volk in der derzeitigen Situation zu unterstützen?
Die Kommission führt zurzeit die folgenden Hilfsmaßnahmen für die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen durch:
Finanzierung von Brennstofflieferungen für das Kraftwerk im Gazastreifen (über den PEGASE-Mechanismus);
Zahlung von sozialen Beihilfen an Beschäftigte des öffentlichen Sektors und an die bedürftigsten Familien auf monatlicher bzw. vierteljährlicher Basis (über PEGASE);
Unterstützung für Palästina-Flüchtlinge durch das Hilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA). Seit 2007 hat die Kommission ihre Unterstützung für den Allgemeinen Fonds des UNRWA aufgestockt. Die Gesamtunterstützung für das Hilfswerk belief sich 2007 auf mehr als 100 Millionen Euro und erfasste alle fünf Tätigkeitsbereiche des Hilfswerks in der Region;
Gewährung von humanitärer Hilfe durch die Kommission in den Bereichen Gesundheit, Ernährung, Wasser und Abwasser, psychosoziale Hilfe, Schutz und Arbeitsbeschaffung durch die Spezialorganisationen der Vereinten Nationen (VN), europäische Nichtregierungsorganisationen (NRO) und die Rotkreuz-Familie;
Unterstützung der Kommission für das Soforthilfeprojekt zur Abwasseraufbereitung im Norden Gazas („North Gaza Emergency Sewage Treatment Project“), um die Einwohner von Beit Lahia vor möglichen Überschwemmungen durch unbehandelte Abwässer zu schützen.
Der Palästinensische Reform- und Entwicklungsplan, den die Kommission über PEGASE unterstützt, beinhaltet mehrere Projekte im Gazastreifen. Die Kommission ist bereit, ihre Entwicklungshilfe für Gaza auszuweiten, sobald die Lage es gestattet.
Anfrage Nr. 63 von Eoin Ryan (H-0113/08)
Betrifft: Bekämpfung des illegalen Herunterladens von Pay-per-view-Sportsendungen aus dem Internet
Kann die Kommission das Verfahren zur Ausarbeitung europaweit geltender Rechtsvorschriften nach dem Vorbild der Sarkozy-Olivennes-Initiative in Frankreich einleiten? Durch diese Initiative soll das illegale Herunterladen von Pay-per-view-Sportsendungen aus dem Internet unter Strafe gestellt und dafür gesorgt werden, dass Internet-Anbieter illegale Websites schließen, wenn sie von den Polizeibehörden dazu aufgefordert werden.
Laut den der Kommission vorliegenden Informationen wurden in Frankreich in jüngster Zeit keinerlei Maßnahmen ergriffen, um das illegale Herunterladen von Pay-per-view-Sportsendungen aus dem Internet unter Strafe zu stellen und dafür zu sorgen, dass Internet-Diensteanbieter illegale Websites schließen, wenn sie von den Polizeibehörden dazu aufgefordert werden.
Am 23. November 2007 wurde zwischen Musik- und Filmproduzenten, Internet-Anbietern und der französischen Regierung eine Vereinbarung(1) unterzeichnet. In Anbetracht dieser Vereinbarung bereitet sich Frankreich nunmehr darauf vor, seine Gesetze zu ändern und eine neue Internet-Behörde einzurichten, die befugt sein soll, in Extremfällen die Aussetzung des Internetzugangs für Teilnehmer anzuweisen, die Dateien mit urheberrechtlich geschütztem Material illegal nutzen. Das soll jedoch nur für Urheberrechtsverletzungen im Film- und Musiksektor gelten, wo es in Frankreich bereits strafrechtliche Sanktionen gibt. Soweit der Kommission bekannt ist, werden Weiterverbreitungsrechte bzw. Rechte an Sportbildern von dieser Regelung nicht erfasst. Konkret gesagt: Sollte die Internet-Behörde nicht in der Lage sein zu vermitteln, nachdem sie dem Rechtsverletzer über die Internet-Anbieter entsprechende Warnungen per E-Mail übermittelt hat, kann sie Strafmaßnahmen ergreifen. Zudem kann sie Klage erheben, und der Richter kann strafrechtliche Sanktionen verhängen. Dieser Mechanismus ermöglicht es, das Strafmaß der Schwere der Rechtsverletzung anzupassen. Die erwähnte Vereinbarung verfolgt außerdem das Ziel, die Zusammenarbeit zwischen Rechteinhabern, Peer-to-Peer-Plattformen (P2P-Plattformen) und Internet-Diensteanbietern zu verstärken, um die legale Nutzung geschützter Inhalte zu fördern.
Was die EU-Ebene anbelangt, so betonte die Europäische Kommission in ihrem Weißbuch Sport(2) im Juli 2007, dass die wirtschaftliche Rentabilität der Verwertung von Sportrechten davon abhängt, ob auf einzelstaatlicher und internationaler Ebene wirksame Mittel zum Schutz gegen Rechtsverletzer zur Verfügung stehen. Es sei jedoch unbedingt erwähnt, dass die Rechte am Sportbild in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen unterliegen. Die Kommission wird diese Frage in diesem Jahr prüfen, indem sie eine Studie zur Bewertung der Sportfinanzierung in Auftrag gibt, in der es natürlich auch um den Verkauf von Medienrechten und Bildrechten gehen wird.
Das unerlaubte Internet-Streaming von Live-Sportveranstaltungen und die P2P-Piraterie deuten auf die Notwendigkeit hin, das vorhandene rechtliche Instrumentarium zu überprüfen, das den Rechteinhabern im Kampf gegen digitale Piraterie zur Verfügung steht.
Die Richtlinie über Zugangskontrollen(3) verfolgt das Ziel, einen Binnenmarkt für alle zugangskontrollierten Dienste (Anbieter zugangskontrollierter Dienste sowie Leistungen bzw. Dienste, die sich des kontrollierten Zugangs bedienen, um ihre Einnahmen zu schützen, wie z. B. Bezahlfernsehdienste) zu schaffen, indem der Schutz gegen Piraterie in allen Mitgliedstaaten verstärkt wird und die zuvor bestehenden „sicheren Häfen“ für Piraten in der EU geschlossen werden. Sie spielte eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der Bezahlfernsehdienste innerhalb des Binnenmarktes. Die in ihr vorgesehenen Schutzmaßnahmen gelten für Fernsehsendungen wie auch für die auf Abruf bereitgestellten audiovisuellen Mediendienste.
Die Kommission erarbeitet momentan einen Bewertungsbericht zu dieser Richtlinie. Darin sollen ihre Auswirkungen angesichts der Entwicklung neuer Abonnementdienste wie Internet-Protokoll-Fernsehen (IPTV) beurteilt und zugleich eingeschätzt werden, ob es dabei Erweiterungs-, Klärungs- und/oder Vereinfachungsbedarf gibt. Die Kommission hat eine öffentliche Konsultation zu dieser Thematik eingeleitet, die auch die Fragestellung beinhaltet, ob der Geltungsbereich der Richtlinie erweitert werden sollte, damit sich die Rechteinhaber (einschließlich Sportrechteinhaber) leichter darauf berufen können, wenn sie ihre Ansprüche auf Vergütung geltend machen.
In der 2000 verabschiedeten Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr(4) sind die Haftung und die Verantwortlichkeiten der Internet-Diensteanbieter je nach Art des oder der von ihnen angebotenen Dienstes/Dienste (reine Durchleitung, Caching oder Hosting von Inhalten) festgeschrieben. Die Richtlinie stellt auch sicher, dass Internet-Diensteanbieter, wenn sie über einen Verstoß in Kenntnis gesetzt werden, verpflichtet sind, bei den Verfahren zur Entfernung der betreffenden Website („take-down-Verfahren“) behilflich zu sein. Bei der Annahme der Richtlinie bestand die Hoffnung, dass sich die entsprechenden Parteien einigen würden, so genannte „Notice-and-take-down-Verfahren“, d. h. Verfahren zur Meldung und Entfernung rechtswidriger und schädlicher Informationsinhalte durch die Anbieter, zu entwickeln. Artikel 16 und Erwägung 40 regten ausdrücklich eine Selbstregulierung auf diesem Gebiet an. Dieser Ansatz wird auch von allen Mitgliedstaaten im Rahmen der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie verfolgt. So entschieden sich z. B. Finnland und Ungarn für gesetzlich vorgeschriebene „Notice-and-take-down-Verfahren“, die sich allerdings auf Urheberrechtsverletzungen konzentrieren. Die Mitgliedstaaten beobachten die Entwicklungen auf diesen Gebieten durch die Sachverständigengruppe „Elektronischer Geschäftsverkehr“, in der sie sich über bewährte Verfahren austauschen und Alternativen erörtern.
Zu bedenken ist auch, dass Websites, die in unerlaubte Internet-Streamings von Live-Sportveranstaltungen verwickelt sind, häufig außerhalb der Europäischen Union gehostet werden. In diesen Fällen gibt es für Rechteinhaber nur eine Möglichkeit, nämlich Schritte bei den jeweiligen einzelstaatlichen Behörden zu unternehmen, damit der Zugang zu diesen Sites gesperrt wird.
Bei einer konsequenten Reaktion auf das zunehmende Phänomen des unerlaubten Internet-Streamings von Live-Sportveranstaltungen und der P2P-Piraterie ist zu berücksichtigen, dass einerseits die Rechteinhaber die Möglichkeit zur Bekämpfung von Internetpiraterie haben müssen, andererseits aber die Grundrechte von Privatpersonen – zum Beispiel das Recht auf Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten – in einem digitalen Umfeld geschützt werden müssen. Die Argumentation des Europäischen Gerichtshofs in seinem Urteil in der Rechtssache „Promusicae“ (C-275/06) lässt sich auch anwenden, wenn es um die Bekämpfung des illegalen Herunterladens von Pay-per-view-Sportsendungen aus dem Internet geht.
In ihrer im Januar 2008 verabschiedeten Mitteilung über kreative Online-Inhalte(5) hat die Kommission eine öffentliche Konsultation über legale Angebote und Piraterie eingeleitet. Dieses Thema soll auch in der „Plattform für Online-Inhalte“, die den Rahmen für einen Meinungsaustausch auf europäischer Ebene bietet, behandelt werden. Es ist geplant, dass die Kommission im zweiten Halbjahr 2008 einen Vorschlag für eine Empfehlung zu kreativen Online-Inhalten verabschiedet.
„Accord pour le développement et la protection des œuvres et programmes culturels sur les nouveaux réseaux“, http://www.culture.gouv.fr/culture/actualites/index-olivennes231107.htm.
Richtlinie 98/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 1998 über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten, ABl. L 320 vom 28.11.1998.
Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt, ABl. L 178 vom 17.7.2000.
Kann die Kommission darlegen, was sie auf internationaler Ebene derzeit unternimmt, um den Einsatz von Kinderarbeit auf der ganzen Welt zu bekämpfen?
Nach Ansicht der Kommission muss Kinderarbeit an der Wurzel bekämpft werden: Die Kommission verfolgt in ihren Beziehungen zu Drittstaaten systematisch das Ziel, sowohl durch politischen Dialog als auch durch die Außenhilfe die Rechte aller Kinder zu schützen und zu fördern. Vor allem will die Kommission durch ihren politischen Dialog die Länder darin bestärken, die Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, seine Fakultativprotokolle und die einschlägigen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation über Kinderarbeit zu ratifizieren und entsprechend umzusetzen. Die primäre Absicht besteht folglich nicht darin, die Arbeitsbedingungen für Kinder zu verbessern, sondern darin, die Arbeitsverhältnisse für Kinder, deren Alter unter dem Mindestarbeitsalter liegt, völlig aufzulösen. Als Alternative zur Kinderarbeit sollten außerdem die (bedingungslose oder an den Schulbesuch geknüpfte) Zahlung von sozialen Beihilfen und vor allem von Kindergeld für Eltern bzw. andere Betreuungspersonen (z. B. Großeltern) sowie die Beschäftigung Jugendlicher gefördert werden.
Die Erfahrung zeigt, dass die Beseitigung von Kinderarbeit durch Maßnahmen in den Bereichen Arbeitsmarkt, sozialer Dialog und Sozialschutz vorangetrieben wird, so beispielsweise durch Sozialleistungen, die Kinderarbeit unattraktiv oder überflüssig machen, und durch die Förderung von Bildung. Ein solcher multidimensionaler Ansatz spiegelt sich in dem Aktionsplan „Children’s Rights in External Action“ wider, der die im vorigen Monat verabschiedete Mitteilung der Kommission „Außenmaßnahmen der EU: Ein besonderer Platz für Kinder“(1) ergänzt. Der Aktionsplan behält die Bekämpfung von Kinderarbeit als einen Schwerpunkt für regionale und globale Maßnahmen bei.
Sichere und gesundheitsfördernde Bedingungen für Kinder in der globalisierten Welt sind für uns alle ein dringliches Anliegen. Wie Ihnen bekannt ist, unterstützt die Kommission weltweit die wirksame Anwendung von Kernarbeitsnormen, wozu auch die Bekämpfung von Kinderarbeit gehört; die Kommission kann und muss einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsnormen in der ganzen Welt leisten.
Betrifft: Verhalten israelischer Sicherheitsbehörden gegenüber europäischen Bürgern
Aufgrund der Tatsache, dass die israelischen Behörden auf dem Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv den Arzt Karim Chilal, griechischer Staatsangehöriger palästinensischer Abstammung und Inhaber eines Reisepasses, der den verschärften Sicherheitsauflagen von Schengen entspricht, erniedrigenden Verhörmethoden unterzogen und ihm grundlos die Einreise in das Land verweigert haben, sowie angesichts dessen, dass auch andere Inhaber griechischer Pässe, die in Palästina leben, ähnlichen Schwierigkeiten ausgesetzt sind, wird die Kommission gebeten mitzuteilen, ob sie über die Probleme und die missbräuchlichen Praktiken, denen Bürger der Europäischen Union in Israel bei Landung und Abflug ausgesetzt sind, informiert ist.
Hat die Kommission dieses Thema bei ihren bilateralen Kontakten mit Israel angesprochen und welche Erklärungen hat sie von den israelischen Behörden erhalten?
Gedenkt sie die israelische Regierung zu ersuchen dafür Sorge zu tragen, dass von den staatlichen Sicherheitsbehörden die Menschenwürde der europäischen Bürger, die das Land besuchen, geachtet wird?
Der Kommission sind die Schwierigkeiten bekannt, auf die Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei der Beantragung von Visa für die Einreise in die besetzten palästinensischen Gebiete stoßen, was vor allem seit der Änderung der Visumpolitik im zweiten Halbjahr 2006 der Fall ist.
Die EU-Mitgliedstaaten und die Kommission haben die israelischen Behörden 2006 sowie Anfang 2007 bei verschiedenen Anlässen ersucht, Abhilfe zu schaffen und klarzustellen, welche Verfahren bei der Beantragung eines Visums einzuhalten sind, wenn jemand das Westjordanland oder den Gazastreifen besuchen bzw. dort wohnen oder arbeiten möchte. Die israelischen Behörden erklärten gegenüber der Kommission und dem Ratsvorsitz, dass die Einzelheiten der neuen Verfahren noch ausgearbeitet werden müssten.
Seitdem Anfang 2007 erneut Kritik geübt wurde, hat sich die Lage anscheinend verbessert. Doch der Ratsvorsitz, die Kommission und die Mitgliedstaaten beobachten weiterhin die Situation vor Ort sehr genau. Die Delegation der Kommission in Tel Aviv steht wegen des spezifischen Falles, den der Herr Abgeordnete angesprochen hat, im Kontakt mit der griechischen Botschaft in Israel.
Sollte die griechische Botschaft keine zufriedenstellende Antwort auf ihre Fragen erhalten, wird die Kommission den Fall weiterverfolgen und könnte ihn in einem geeigneten Forum gegenüber den israelischen Behörden zur Sprache bringen.
Anfrage Nr. 66 von Dimitrios Papadimoulis (H-0120/08)
Betrifft: Verbot von Bildungseinrichtungen, die auf der Grundlage der Zertifizierungsmethode operieren
Artikel 149 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sieht Folgendes vor: „Die Gemeinschaft trägt zur Entwicklung einer qualitativ hoch stehenden Bildung dadurch bei, dass sie die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten fördert und die Tätigkeit der Mitgliedstaaten unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie der Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen erforderlichenfalls unterstützt.“
Haben Mitgliedstaaten das Recht, Bildungseinrichtungen zu verbieten, die auf der Grundlage der Zertifizierung durch Bildungseinrichtungen operieren, die Hochschuldiplome vergeben und ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben?
Artikel 149 EG-Vertrag gibt den Mitgliedstaaten nicht das Recht, Bildungseinrichtungen zu verbieten, die auf der Grundlage der Zertifizierung durch Bildungseinrichtungen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat operieren. Die Ausbildung an Einrichtungen, die auf der Grundlage der Zertifizierung durch Bildungseinrichtungen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat arbeiten, gehört jedoch nicht zum Bildungssystem des Mitgliedstaats, in dem sie stattfindet. Diese Ausbildung ist Teil des Bildungssystems des Mitgliedstaats, in dem die Bildungseinrichtung, welche die Ausbildung bescheinigt und das Hochschuldiplom ausstellt, ihren Sitz hat.
Die Niederlassungsfreiheit und der freie Dienstleistungsverkehr sind zwei durch den Vertrag, vor allem durch Artikel 43 und 49, garantierte Grundfreiheiten. Jede Beschränkung von Bildungseinrichtungen muss daher vor dem Hintergrund dieser Artikel des Vertrags und der Rechtsprechung des Gerichtshofs geprüft werden. Der Gerichtshof hat zum Beispiel in seinem Urteil in der Rechtssache C-153/02 (Neri) erklärt, dass die Organisation von Studiengängen gegen ein Entgelt eine wirtschaftliche Tätigkeit ist, die unter das Vertragskapitel über das Niederlassungsrecht fällt, wenn sie von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats in stabiler und kontinuierlicher Weise von einer Haupt- oder Nebenniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat aus in diesem ausgeübt wird. Laut Rechtsprechung des Gerichtshofes muss eine restriktive Maßnahme, um die Beschränkung einer Grundfreiheit zu rechtfertigen, ein mit dem Vertrag zu vereinbarendes und durch Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigtes legitimes Ziel verfolgen. Des Weiteren darf diese Maßnahme nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist. Ein Verbot für Bildungseinrichtungen als die schärfste Form der Beschränkung einer Grundfreiheit muss anhand dieser Grundsätze geprüft werden.
Anfrage Nr. 67 von Koenraad Dillen (H-0125/08)
Betrifft: Wallonien und die Europäischen Strukturfonds
Wie aus einer Antwort auf eine schriftliche Anfrage (P-0498/06) hervorgeht, hat Wallonien aus den Europäischen Strukturfonds für den Zeitraum 2000-2006 nicht weniger als 672.430.656 Euro im Rahmen von Ziel I und 164.445.783 Euro im Rahmen von Ziel II erhalten.
In einem Interview mit der Tageszeitung "Metro" vom 4. Februar 2008 erklärt Gérard Deprez, französischsprachiges, liberales Mitglied des Europäischen Parlaments und Vorsitzender des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten des EP, dass die EU-Beihilfen, verglichen mit anderen Regionen, in und für Wallonien nicht das erhoffte Ergebnis gebracht hätten. Er spricht in diesem Zusammenhang von „schlechten Projekten“, wofür nicht nur Wallonien verantwortlich sei, sondern auch die Kommission, zumal sie diese Projekte bewillige.
Wie hoch sind die Zuschüsse, die für den Zeitraum 2006-2013 vorgesehen sind? Wie bewertet die Kommission die vorgeschlagenen Vorhaben und wie misst sie die Ergebnisse? Wie reagiert die Kommission auf die Kritik von Herrn Deprez?
Was die Gelder betrifft, die Wallonien im Zeitraum 2000-2006 gewährt wurden, so bestätigt die Kommission die von dem Herrn Abgeordneten genannten Beträge, möchte jedoch auch auf die nachstehende Tabelle aufmerksam machen, aus der die Aufteilung nach Programmen für diese Region Ende 2007 hervorgeht:
Zeitraum 2000-2006:
a) „Phasing-out“ Ziel 1 Hennegau: 671,15 Mio. Euro (davon EFRE: 427,6 Mio.; ESF: 200,2 Mio.; EAGFL: 41,8 Mio. und FIAF: 1,55 Mio.)
b) Ziel 2 Meuse-Vesdre: 164,44 Mio. Euro (davon EFRE: 138,7 Mio. und ESF: 25,73 Mio.)
c) Ziel 2 ländliche Gebiete: 60,48 Mio. Euro (davon EFRE: 54,85 Mio. und ESF: 5,63 Mio.)
d) Ziel 3: 297,87 Mio. Euro aus dem ESF
e) Leader+: 10,33 Mio. Euro aus dem EAGFL
f) Urban II Sambreville: 7,17 Mio. Euro aus dem EFRE
g) Equal: 42,31 Mio. Euro aus dem ESF
h) Fischerei: 23,57 Mio. Euro aus dem FIAF
Anzumerken ist, dass die für Ziel 3 genannten Mittel auch das Programm für die Region Brüssel-Hauptstadt enthalten.
Im Rahmen des Fischereiprogramms außerhalb der Ziel-1-Finanzierung wurden Wallonien 1,5 % der Mittel zugewiesen.
Zeitraum 2007-2013:
a) Konvergenz: 638,32 Mio. Euro (davon EFRE: 449,22 Mio. und ESF: 189,10 Mio.)
b) Wettbewerbsfähigkeit: 665,35 Mio. Euro (davon EFRE: 282,51 Mio. und ESF: 382,83((1))
Insgesamt: 1 303,67 Mio. Euro (davon EFRE: 731,74 Mio. und ESF: 571,93 Mio.)
Für die Auswahl der zu finanzierenden Operationen sind gemäß dem Subsidiaritätsprinzip die von den Mitgliedstaaten eingesetzten Verwaltungsbehörden zuständig. Für Wallonien stellt eine Task Force bestehend aus Hochschulvertretern, Verwaltungsbeamten und Persönlichkeiten der Geschäftswelt eine Liste der Projektarten auf, die in Übereinstimmung mit den Strukturfondsbestimmungen, dem europäischen Recht und anderen Gemeinschaftspolitiken kofinanziert werden können. Anhand dieser Liste entscheidet die Verwaltungsbehörde dann, welche Projekte kofinanziert werden. Für die Entscheidung über die Förderfähigkeit der Projekte im Zeitraum 2007-2013 sind ebenfalls die von den Mitgliedstaaten eingesetzten Verwaltungsbehörden zuständig.
Die Überwachung der Programme erfolgt durch die Kommission in Partnerschaft mit der für jedes Programm eingerichteten Verwaltungsbehörde. Programmänderungen können während der gesamten Laufzeit vorgenommen werden, und es ist eine fortlaufende Bewertung vorgesehen (entweder kontinuierlich oder zu konkreten Terminen). Darüber hinaus führt die Kommission mit jeder Verwaltungsbehörde eine jährliche Überprüfung der Fortschritte bei der Umsetzung des Programms durch, für das diese Behörde zuständig ist. Auf Grundlage der jüngsten Jahresberichte hat die Kommission bestätigt, dass die in Wallonien im Zeitraum 2000-2006 durchgeführten Programme (Abwicklungsfrist bis zum 31.12.2008) insgesamt ihre Ziele erreichen werden. Im Übrigen konnten im Rahmen einer Halbzeitüberprüfung im Zeitraum 2004-2005 die Maßnahmen innerhalb jedes Programms erforderlichenfalls korrigiert werden.
Was die Meinung von Herrn Deprez anbelangt, auf die Bezug genommen wird, so sind der Kommission die Informationen, auf die Herr Deprez seine Beurteilung stützt, nicht bekannt.
In diesem Betrag inbegriffen ist die Finanzierung des regionalen Programms Brüssel-Hauptstadt.
Anfrage Nr. 68 von Lidia Joanna Geringer de Oedenberg (H-0126/08)
Betrifft: Veröffentlichung von Gemeinschaftsrechtsakten in den Amtssprachen der EU
Das Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften ist für die Übersetzung der europäischen Rechtsakte und ihre anschließende Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union verantwortlich.
Gibt es rechtlich festgelegte Fristen für die Veröffentlichung in allen Sprachen? Ist ein Akt, der in einer Sprache nicht veröffentlicht wurde, in dem betreffenden Land rechtlich bindend? Kommt es in den Mitgliedstaaten vor, dass Gerichte ihrer Rechtsprechung nationale Rechtsakte zugrunde legen, weil keine Übersetzungen der entsprechenden Gemeinschaftsrechtsakte vorliegen?
Weder im EG-Vertrag noch im Vertrag über die Europäische Union sind Fristen für die Veröffentlichung von Texten festgelegt, die im Zusammenhang mit dem Beitritt eines Landes zur Europäischen Union zur Verfügung gestellt werden sollen. Jedoch enthält Artikel 58 der Akte über die Bedingungen des Beitritts Bulgariens und Rumäniens folgende Klausel: „Die vor dem Beitritt erlassenen Rechtsakte der Organe … in den … in bulgarischer und rumänischer Sprache abgefassten Wortlauten sind vom Zeitpunkt des Beitritts an unter den gleichen Bedingungen wie die Wortlaute in den derzeitigen Amtssprachen verbindlich. Sie werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, sofern die Wortlaute in den derzeitigen Sprachen auf diese Weise veröffentlicht worden sind.“
In seiner Auslegung derselben Bestimmung in der Akte über die Bedingungen des Beitritts für die Tschechische Republik, die Republik Estland, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen, die Republik Ungarn, die Republik Malta, die Republik Polen, die Republik Slowenien und die Slowakische Republik hat der Gerichtshof unlängst in der Rechtssache C-161/06 (Skoma-Lux sro/Celní ředitelství Olomouc) für Recht erkannt, dass Verpflichtungen, die in einer Gemeinschaftsregelung enthalten sind, die nicht im Amtsblatt der Europäischen Union in der Sprache eines neuen Mitgliedstaats veröffentlicht worden ist, obwohl diese Sprache eine Amtssprache der Europäischen Union ist, Einzelnen in diesem Staat nicht auferlegt werden können. Dies steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung, wo erklärt wurde, dass Verpflichtungen, die in allgemeingültigen Rechtsetzungsakten enthalten sind, Einzelnen in einem Mitgliedstaat nicht auferlegt werden können, in dem diese nicht in der Sprache dieses Staates veröffentlicht worden sind.
Anzumerken ist, dass das Amt für Veröffentlichungen bei einer Erweiterung nicht für die Übersetzung von Rechtsetzungsakten verantwortlich ist. Die Verpflichtung zur Übersetzung von Texten, die vor dem Beitritt angenommen wurden, obliegt vielmehr dem betreffenden Land, während die nach dem Beitritt angenommenen Texte von den EU-Organen übersetzt werden, die den Rechtsetzungsakt erlassen haben. Das Amt ist für die Veröffentlichung zuständig.
Anfrage Nr. 69 von Johannes Blokland (H-0128/08)
Betrifft: Ingenieurtechnische Anforderungen an Phare-Projekte
Welche verwaltungs- und ingenieurtechnischen Anforderungen werden an die durch das Phare-Programm subventionierten Bauvorhaben in Rumänien gestellt? Dürfen die Bauarbeiten bei ungünstigen Wetterverhältnissen weitergehen? Auf gefrorenem Boden durchgeführte Bauarbeiten sind häufig reparaturanfällig, wenn etwa Beton nicht richtig fest wird oder Zementauflagen einfrieren. Sind das Einlassen von Betonpfeilern und das Gießen von Zementauflagen bei Frost zulässig?
Die ingenieurtechnischen Anforderungen an Bauleistungen, die durch das Phare-Programm finanziert werden, sind in dem international anerkannten vertraglichen Rahmen (FIDIC(1)) aufgeführt. Seit dem Beitritt werden Bauleistungen gemäß den nationalen Vorschriften Rumäniens für das öffentliche Auftragswesen ausgeführt.
In den Finanzierungsvereinbarungen für Phare werden in der Regel FIDIC-Verträge und die Überwachung der Verträge durch einen Ingenieur gefordert. Die Vergabe von Bauleistungen, die durch das Phare-Programm subventioniert werden, erfolgt gemäß FIDIC-Vertragsbedingungen. Die Ausführung der Bauleistungen wird durch FIDIC-Ingenieure geleitet und überwacht. Außerdem muss der Ingenieur für die Einhaltung der geltenden Bestimmungen des rumänischen Rechts zur Bauqualität sorgen. Nach diesen Bestimmungen erfolgt die Kontrolle der Bauqualität durch die staatliche Aufsichtsbehörde für die einheitliche Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen im Bausektor(2).
Die Normen, die bei schlechten Wetterverhältnissen Anwendung finden sollen, werden durch den gleichen, oben schon kurz zusammengefassten nationalen Rahmen und durch Baunormen festgelegt, die ungeachtet der Finanzierungsquelle anzuwenden sind, also sowohl bei EU-Projekten als auch bei national finanzierten Projekten.
Alle Bieter werden durch die Ausschreibungs- und Vertragsbedingungen über diese spezifischen Anforderungen informiert. Außerdem werden sie davon in Kenntnis gesetzt, dass die Arbeit auf den Baustellen in der Wintersaison in Rumänien nur bis zum 15. November bzw. bis zum 1. Dezember erlaubt ist. Nach diesen Terminen darf nur bei entsprechenden Witterungsbedingungen weitergearbeitet werden. All diese Bestimmungen helfen dem Bieter, den zeitlichen Ablauf der Bauarbeiten sowie die jeweilige Finanzierung ordnungsgemäß vorzubereiten.
Den obigen Normen zufolge bindet Beton nicht mehr ab, wenn die Außentemperaturen unter 5 °Celsius fallen; er könnte jedoch weiter abbinden, wenn der Betonmischung besondere Zusatzstoffe beigefügt werden (Letzteres wird nur in Ausnahmefällen empfohlen, wenn das Abbinden bei Kälteeinbruch bereits begonnen hat)(3).
Referenzdokument: Praktischer Leitfaden für die Ausführung von Betonarbeiten (Richtlinie NE 012:1-2007), herausgegeben vom Ministerium für Entwicklung, öffentliche Arbeiten und Wohnungswesen, (http://www.mie.ro/_documente/constructii/reglementari_tehnice/ne012_1.pdf), Kapitel 5.2.8, Seiten 25-26.
Anfrage Nr. 70 von Francesco Enrico Speroni (H-0129/08)
Betrifft: Olympische Spiele in Peking
Das Britische Olympische Komitee hat in einen Vertrag, den die für die Olympischen Spiele kommenden August in Peking ausgewählten Athleten unterschreiben müssen, eine Klausel eingefügt, die besagt, dass nur jene britischen Sportler an der Olympiade teilnehmen dürfen, die sich schriftlich verpflichten, China in keiner Weise zu kritisieren, insbesondere was die Achtung der Menschenrechte und die Annektierung Tibets betrifft.
Ist die Kommission nicht der Auffassung, dass dies einen eklatanten Verstoß gegen die Gedanken- und die Meinungsfreiheit darstellt und zum Geist der Verträge im Widerspruch steht?
Es ist Aufgabe der britischen Behörden, den hier vorliegenden Fall, der keinen Bezug zum Gemeinschaftsrecht aufweist, zu prüfen, um die uneingeschränkte Achtung der Meinungsfreiheit gemäß den Verpflichtungen des Vereinigten Königreichs im Rahmen der Europäischen Menschenrechtskonvention zu gewährleisten.
Anfrage Nr. 71 von Frank Vanhecke (H-0130/08)
Betrifft: Illegale Verschiffung von Drogen nach Europa
Kann die Kommission mitteilen, welche konkreten Initiativen der Europäischen Gemeinschaft zum Abfangen von Drogentransporten auf dem Seeweg von Nordafrika nach Europa bestehen?
Das Abfangen von Drogenlieferungen aus Nordafrika nach Europa ist eine operative Strafverfolgungsmaßnahme, die als solche nicht in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Gemeinschaft fällt. Der Kommission ist sich jedoch der Entwicklung des Drogenhandels im Mittelmeerraum und der damit verbundenen Herausforderungen für die Strafverfolgung bewusst.
In diesem Zusammenhang haben sieben EU-Mitgliedstaaten am 30. September 2007 ein internationales Abkommen über die Einrichtung des Maritimen Analyse- und Operationszentrums – Rauschgift (MAOC-N) mit Sitz in Lissabon unterzeichnet. Das MAOC-N nutzt aktuellste nachrichtendienstliche Informationen in Verbindung mit Militär- und Strafverfolgungsressourcen, um rasch auf Versuche von Drogenhändlern reagieren zu können, Kokain in die EU zu liefern. Durch Einrichtung einer Koordinierungsstelle soll dem Drogenschmuggel auf dem See- und Luftweg in einem Einsatzgebiet begegnet werden, das sich vom Kap der Guten Hoffnung in Südafrika bis in den äußersten Norden – zum Europäischen Nordmeer – erstreckt. Das Hauptaugenmerk gilt nichtkommerziellen Schiffen und Flugzeugen vor allem aus den Regionen Südamerikas und Westafrikas. Das Abkommen sieht auch die Möglichkeit der Erweiterung des Einsatzgebietes bis in das westliche Mittelmeer vor.
Die Kommission verfolgt die Entwicklungen aufmerksam mit und leistet finanzielle Unterstützung für einzelne Bestandteile ihrer ursprünglichen Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau; seit dem 1. Januar 2008 hat sie Beobachterstatus. Das Europäische Polizeiamt Europol spielt eine bedeutende Rolle bei der Bekämpfung des Drogenschmuggels, indem es den einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden wirksam zur Seite steht.
Darüber hinaus erstellt Europol eine „Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der organisierten Kriminalität“ (OCTA), zu der das MAOC-N Zuarbeit leistet. Darin werden die Bedrohungen durch aktuelle und zu erwartende neue Trends im organisierten Verbrechen - darunter natürlich auch durch Trends im Drogenhandel – in der gesamten EU eingeschätzt.
Parallel dazu entstehen jetzt einige ähnlich gelagerte regionale Initiativen in anderen Regionen, darunter auch im Mittelmeerraum.
Anfrage Nr. 72 von Bill Newton Dunn (H-0135/08)
Betrifft: Durchführbarkeitsstudie über Machbarkeit und Hindernisse für die Schaffung einer Bundespolizei der Europäischen Union
Unter Posten XX 01 02 11 04 im Haushaltsplan der Kommission für 2008 forderten Parlament und Rat gemeinsam, dass die Kommission „eine Studie über Machbarkeit und Hindernisse für die Schaffung einer Bundespolizei der Europäischen Union“ durchführen solle.
Wie weit ist diese Studie inzwischen gediehen? Wann läuft die Frist für die Fertigstellung dieser Studie ab?
Im Verlauf des Haushaltsverfahrens 2008 forderte das Parlament, im Rahmen des Haushaltspostens XX 01 02 11 - „Sonstige Ausgaben für den Dienstbetrieb des Organs” eine Studie über die Hindernisse für die Schaffung einer Bundespolizei der Europäischen Union durchzuführen (Änderungsantrag 0995). Unmittelbar danach gab die Kommission bekannt, dass sie solch eine Studie nicht unterstützt, da die Politik der Kommission darauf abzielt, die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Polizeikräften der Mitgliedstaaten zu verbessern, und zwar zunächst durch die Anwendung des Instruments zur Überführung des Vertrags von Prüm in den Rechtsrahmen der EU und nicht durch die Schaffung einer „Bundespolizei der Europäischen Union“.
Anfrage Nr. 73 von Anna Hedh (H-0139/08)
Betrifft: Alkoholpolitik
Im Herbst 2006 hat die Kommission ihre Strategie zum Thema Alkohol bekannt gemacht. In diesem Zusammenhang weist sie darauf hin, dass Alkohol ein Problem für die Volksgesundheit darstellt. Trotzdem hat die Kommission in dem Dokument KOM(2007)0732 Vorschläge betreffend den Weinanbau unterbreitet, die dem Geist der Strategie völlig entgegenstehen. Wird die Alkoholstrategie im Rahmen der Arbeit der Kommission überhaupt umgesetzt oder wird dieses Dokument einfach nur eines von vielen Papieren sein?
In der im Oktober 2006 angenommenen Mitteilung der Kommission über eine europäische Strategie zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Verringerung alkoholbedingter Schäden wird der Ansatz der Kommission zum Thema Alkohol und Gesundheit klar dargelegt. All diese Problembereiche werden in ausgewogener Form thematisiert, wobei der Schwerpunkt auf Alkoholmissbrauch und alkoholbedingten Schäden – und nicht auf einer generellen Verteufelung des Alkoholkonsums – liegt.
Alkoholbedingte Schäden sind EU-weit ein zentrales gesundheits-, sozial- und wirtschaftspolitisches Problem. Jährlich sterben in der EU jährlich fast 200.000 Menschen daran; vor allem an Krankheiten im Zusammenhang mit übermäßigem Alkoholkonsum, aber auch infolge alkoholbedingter Straßenverkehrsunfälle und unter Alkoholeinfluss verübter Tötungshandlungen und Gewalttaten, die mit enormen Kosten für die Gesundheitssysteme, die Volkswirtschaften und die Gesellschaft im Allgemeinen verbunden sind.
Die Umsetzung der Strategie macht gute Fortschritte: Es werden Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und anderen Politikfeldern der EU ergriffen, und es gibt eine enge partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, um zur Koordinierung der einzelstaatlichen Alkoholpolitiken beizutragen und zusammen mit den entsprechenden Akteuren weitere Strategien zu fördern.
Im Rahmen des Europäischen Forums „Alkohol und Gesundheit“ bemüht sich die Kommission, konkrete Maßnahmen auf allen Ebenen anzustoßen, die auf den Schutz der EU-Bürger vor dem schädlichen Genuss von Alkohol gerichtet sind. Eine erste Runde von Verpflichtungen der Akteure ist jetzt abgeschlossen worden, und es wurde ein beeindruckendes Spektrum von Maßnahmen zugesichert. Zu diesen vielfältigen Aktionen gehört auch die Verpflichtung des Weinsektors, eine Sensibilisierungskampagne zu alkoholbedingten Schäden zu starten.
In den letzten zehn Jahren ist der Weinkonsum in der EU zurückgegangen, während die Weinvorräte zunehmen. Dies hat zu einem starken Ungleichgewicht auf dem Weinmarkt geführt. Aus diesem Grund sind rund 500 Millionen Euro des Jahresbudgets von 1,3 Milliarden Euro einfach nur dafür ausgegeben worden, Wein loszuwerden, für den es keinen Markt gibt. Daher war eine gründliche Reform der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) für Wein erforderlich.
Bei der jüngsten Reform der GMO für Wein wird der Gesundheits- und Verbraucherschutz in gebührender Weise berücksichtigt, wobei hauptsächlich die schrittweise Abschaffung von Marktmaßnahmen vorgesehen ist, die zur Erzeugung qualitativ minderwertiger Weine geführt haben. Auf diese Weise sollen die Europäer darin bestärkt werden, „weniger, aber besser zu trinken“, während der Wegfall der Subventionen zugleich negative Anreize für die Produktion billiger und minderwertiger Weine schafft.
Die neue Verordnung wird auch die Möglichkeit der Erhöhung des Alkoholgehalts durch Anreicherung einschränken. Der Grundsatz, dass ein hoher Alkoholgehalt gleichbedeutend mit einer hohen Qualität des Weins ist, wird nicht mehr unterstützt. Außerdem fragen Verbraucher immer stärker nach Weinen mit niedrigem Alkoholgehalt nach, die ihnen auch besser zu schmecken scheinen. Diese neue Einstellung wird unterstützt und rechtfertigt die übermäßige Anreicherung von Weinen nicht länger.
Die neue GMO für Wein enthält auch Bestimmungen in Bezug auf Werbung und Information. Wein ist ein in Anhang I des Vertrags aufgenommenes Agrarerzeugnis, und die Absatzförderung von Agrarerzeugnissen einschließlich Wein wird durch Verordnung (EG) Nr. 3/2008 des Rates vom 17. Dezember 2007 über Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen für Agrarerzeugnisse im Binnenmarkt und in Drittländern geregelt. Durch die neue GMO für Wein bietet sich den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, derartige Absatzförderungsmaßnahmen in Drittländern zu verstärken und Anregung zu Sensibilisierungskampagnen für einen maßvollen und verantwortungsbewussten Konsum zu geben, indem sie diese zu 60 % mitfinanzieren.
Anfrage Nr. 74 von Inger Segelström (H-0143/08)
Betrifft: Europäischer Flüchtlingsfonds
Die EU befindet sich momentan in der zweiten Phase des Aufbaus eines gemeinsamen Asylverfahrens. Das Ziel dieser Phase besteht darin, einen höheren gemeinsamen Sicherheitsstandard und eine stärkere Übereinstimmung zwischen den Asylverfahren der Mitgliedstaaten zu erreichen. Neben einer weiteren rechtlichen Angleichung im Asylbereich zielt das Haager Programm auch darauf ab, eine erweiterte praktische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten ins Leben zu rufen. Dies umfasst auch die Zusammenarbeit bei der Gewinnung von Informationen über die Herkunftsländer der Asylbewerber, der so genannten Länderinformationen.
Die Länderinformationen spielen eine zentrale Rolle im Asylverfahren. Um ein gerechtes und korrektes Asylverfahren garantieren zu können, ist es notwendig, den Zugang zu Länderinformationen sicherzustellen, die einem hohen Standard genügen und ein wirklichkeitsgetreues und ausgewogenes Bild des Herkunftslandes liefern. Die Länderinformationen sind ein wesentliches Hilfsmittel einerseits für die Einwanderungsbehörden und die juristischen Instanzen andererseits, aber auch für die Asylbewerber und deren Vertreter.
Die Mitwirkung nichtstaatlicher Organisationen (NGO) war wichtig für die Erarbeitung der Länderinformationen und auch für den Zugang zu ihnen, da gewisse Teile der Informationen, die den Behörden der Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, für die Allgemeinheit nicht zugänglich sind. Trotzdem richtete sich die letzte Aufforderung der Kommission zur Einreichung von Vorschlägen für Anträge auf Mittel des Europäischen Flüchtlingsfonds für Länderinformationsprojekte ausschließlich an die nationalen Behörden.
Warum wurden nichtstaatliche Organisationen von der Bewerbung um Mittel aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds für Länderinformationsprojekte ausgeschlossen? Welche Pläne hat die Kommission für die nächste Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen im Jahre 2008?
Die Sammlung, Prüfung und Vorlage von Informationen über die Herkunftsländer sind wesentliche Aspekte für die Mitgliedstaaten bei der Entscheidung über Asylanträge. Länderinformationen ermöglichen es den zuständigen nationalen Behörden, die von den Asylsuchenden zu ihrem Bedarf an internationalem Schutz abgegebenen Erklärungen zu prüfen. Es muss daher ein objektives, transparentes und genaues Informationssystem über die Herkunftsländer zur Verfügung stehen, das schnell offizielle und zuverlässige Auskünfte bereitstellt. Eine größere gegenseitige Annäherung der Systeme der zuständigen nationalen Behörden zur Erhebung und Analyse der Länderinformationen würde zu einer einheitlicheren Vorgehensweise auf europäischer Ebene beitragen.
Deshalb ist die Zusammenarbeit bei den Länderinformationen ein Kernstück der Tätigkeit der Kommission und zentrales Anliegen des Expertennetzes EURASIL(1). Seit 2006 arbeitet die Kommission zusammen mit den zuständigen nationalen Behörden der Mitgliedstaaten an der Schaffung eines gemeinsamen Portals, das den nationalen Behörden eine einheitliche Zugangsmöglichkeit zu allen offiziellen Datenbanken mit Informationen über die Herkunftsländer geben soll. Dieses gemeinsame Portal wäre eine weitere nützliche Quelle, vor allem für die Mitgliedstaaten, deren Länderinformationssysteme noch nicht so weit entwickelt sind.
Eine technische Durchführbarkeitsstudie wurde 2007 abgeschlossen und für 2008 ist ein Pilotprojekt vorgesehen, bei dem zwei nationale Datenbanken verbunden werden. Nach Abschluss dieser Testphase wird die Kommission Vorschläge zur Errichtung eines Portals vorlegen, das alle vorhandenen nationalen Datenbanken miteinander vernetzt. In diesem Zusammenhang werden Fragen bezüglich des Zugangs zu den Informationen zu klären sein, insbesondere zum Zugang von Nichtregierungsorganisationen (NRO), weil diese Datenbanken vertrauliche Informationen enthalten.
Die Haushaltsmittel für die von der Kommission initiierten und aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds finanzierten grenzübergreifenden Maßnahmen sind begrenzt. Bei der Planung dieser Tätigkeiten verfolgt die Kommission daher alljährlich einen strategischen Ansatz, um die Entwicklung der gemeinsamen Asylpolitik so effizient wie möglich voranzutreiben. In den Jahren 2004, 2005 und 2006 erhielt ein vom Österreichischen Roten Kreuz koordiniertes und in ca. 12 Mitgliedstaaten tätiges sehr großes Konsortium von Nichtregierungsorganisationen Finanzmittel aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds zur Entwicklung eines tragfähigen Netzes von NRO und Einrichtungen, die die Interessen von Asylantragstellern vertreten, das sich mit Informationen über die Herkunftsländer befasst. Der Umsetzungsprozess löste einen konstruktiven Dialog zwischen dem Freiwilligensektor und den staatlichen Behörden aus. Auf Initiative der Kommission konnte das Konsortium an den Sitzungen des EURASIL-Netzes, dem die Kommission vorsteht, teilnehmen und dort das Ergebnis seines Projekts den für die Bearbeitung von Asylanträgen zuständigen nationalen Stellen vorstellen.
Schwerpunkt der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen im Jahr 2007 war zum einen die Stärkung von - insbesondere von NRO getragenen - Projekten, die sich mit den Problemen schutzbedürftiger Gruppen und Personen beschäftigen, und zum anderen die besondere Ermutigung der nationalen Behörden der Mitgliedstaaten, grenzübergreifende Kooperationsprojekte zur Verwaltung von Länderinformationen zu entwickeln. Deshalb richtete sich dieser zweite Teil des Aufrufs ausschließlich an die nationalen Behörden.
Die Kommission führt gegenwärtig Konsultationen für die Festlegung ihrer Prioritäten für die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für europäische Maßnahmen im Jahr 2008 im Rahmen des Europäischen Flüchtlingsfonds durch.
Anfrage Nr. 75 von Leopold Józef Rutowicz (H-0144/08)
Betrifft: Energieproblem der neuen Staaten Osteuropas
Verfügt die Kommission über einen konkreten Plan zur Unterstützung der neuen Staaten Osteuropas im Zusammenhang mit dem zunehmenden Defizit bei der Versorgung mit elektrischer Energie?
In diesen Staaten wurden gefährliche Atomkraftwerke geschlossen, und wegen der erheblich verschärften Umweltschutzanforderungen steht für eine Reihe veralteter Kohlekraftwerke die Stilllegung an. Hierdurch droht in vielen Gegenden im Osten der Europäischen Union ein Stillstand der wirtschaftlichen Entwicklung.
Beabsichtigt das reiche Europa, das die Probleme des Umweltschutzes und der Modernisierung seiner Energiebasis weitgehend hinter sich hat, etwa, eventuelle Konkurrenten auf dem Markt zu liquidieren? Oder stützen wir den lauteren Binnenwettbewerb als Weg zur Entwicklung des europäischen Marktes und seiner Wettbewerbsfähigkeit in der Weltwirtschaft, indem wir bei der Bewältigung dieses Problems helfen, das eine großen Teil Europas betrifft?
Nach europäischem Recht ist jeder Mitgliedstaat selbst dafür zuständig, die Zulänglichkeit der Stromerzeugung im Lande zu überwachen. Die Kommission überwacht ihrerseits, ob auf europäischer Ebene ausreichend Strom erzeugt wird.
Neue Mitgliedstaaten, aber auch viele alte Mitgliedstaaten sind zurzeit dabei, ihren Energiemix umzustrukturieren. Das erfordert einen beträchtlichen Ausbau des Übertragungsnetzes und eine stärkere Harmonisierung der Vorschriften. Derartige Probleme gehören zum Aufgabenbereich der europäischen Koordinatoren, die für Projekte zur Einbeziehung der Offshore-Windenergie und zur Integration Litauens und Polens in das westliche Netz verantwortlich sind.
Eine der kostengünstigsten Lösungen ist darüber hinaus die Beschränkung der Nachfrage. Daher sollte der im Oktober 2006 von der Kommission vorgeschlagene Aktionsplan für Energieeffizienz, wenn er umgesetzt wird, das Nachfragewachstum begrenzen, die Stromerzeugungskapazität verbessern und die Verluste bei der Stromübertragung senken.
Was die Entwicklung eines wettbewerbsfähigen Marktes betrifft, so arbeitet die Kommission aktiv daran, dass in der EU faire und gleiche Marktbedingungen durchgesetzt und eingehalten werden, was als beste Möglichkeit angesehen wird, das Problem der Zulänglichkeit der Stromerzeugung in den Griff zu bekommen. Deshalb schlug die Kommission im September 2007 das dritte Paket von Rechtsvorschriften für den Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarkt(1) vor. Ein ordnungsgemäß funktionierender Binnenmarkt, der die richtigen Investitionssignale gibt, ist die beste Antwort, um die Sicherheit der Stromversorgung zu fördern. Die Einzelentscheidungen über Investitionen in neue Stromerzeugungskapazitäten hängen von den Marktteilnehmern ab.
Gemäß der Verordnung der Kommission (EG) Nr. 303/2007(1) vom 21. März 2007 über die Festsetzung von Ausfuhrerstattungen für Schweinefleisch gleicht die Kommission die Differenz zwischen den Preisen auf dem Weltmarkt und dem Binnenmarkt durch Ausfuhrerstattungen aus, um so den Schweinefleischsektor bei der gegenwärtigen Marktlage, die durch hohe Futterkosten und daraus resultierende hohe Produktionskosten gekennzeichnet ist, zu unterstützen
In der Liste der Produkte, für die Ausfuhrerstattungen gezahlt werden können, sind gefrorener, entbeinter Bauchspeck und Schweinekamm nicht enthalten. Kann die Kommission im Hinblick auf die neueste Entwicklung, die Wechselkurse und die Situation auf dem japanischen Markt erklären, warum für diese Produkte keine Ausfuhrerstattungen gezahlt werden, und mitteilen, wann diese Produkte in die Liste aufgenommen werden?
Eine Ausweitung der Ausfuhrerstattungen für Schweinefleisch auf bestimmte Sorten gefrorener Teilstücke erscheint nicht gerechtfertigt. Die Kommission ist von der Notwendigkeit einer solchen Maßnahme bzw. von ihren möglichen Auswirkungen auf den Umfang der Lieferungen nach Japan nicht überzeugt.
Seit vielen Jahren machen die Schweinefleischausfuhren der EU rund 30 % des weltweiten Handels aus. Die meisten dieser Ausfuhren werden ohne Hilfe von Erstattungen abgewickelt. Vorläufigen Angaben zufolge konnte der Anteil der EU auch 2007 trotz des ungünstigen Wechselkurses zwischen dem Euro und dem US-Dollar gehalten werden. Den EU-Exporteuren gelang es 2007, auf einigen Märkten Asiens (Hongkong, China) beträchtlich zu expandieren.
Die EU-Ausfuhren von gefrorenem Schweinefleisch auf den hochdotierten japanischen Markt blieben in den letzten Jahren ebenfalls verhältnismäßig stabil. Die Kommission rechnet damit, dass dies auch ohne Subventionierung so bleiben wird. Während der letzten Krise auf dem Schweinefleischmarkt im Jahr 2004 stiegen die Ausfuhren nach Japan an, obwohl diese spezifischen Teilstücke für Japan nicht für Ausfuhrerstattungen in Frage kamen.
Die Kommission wird die Lage in Bezug auf bestimmte Märkte, die von besonderem Interesse für unsere Exporteure sind, selbstverständlich weiter beobachten und gegebenenfalls nicht zögern, bei den Ausfuhrerstattungen eine Änderung vorzuschlagen.
Betrifft: Recht der Verbraucher auf Anschluss an die Stromnetze
Wenn eine Privatperson in Litauen eine Wohnung baut, weigert sich die für die Stromversorgung im östlichen Litauen zuständige Verteilergesellschaft „Rytu Skirstomieji Tinklai“, das Objekt an die bestehende Stromleitung anzuschließen, was sie mit unzureichenden Kapazitäten begründet. Die Privatperson muss 40% der Kosten für die Verlegung einer neuen Leitung von der Transformatorstation bis zu der im Bau befindlichen Wohnung tragen und häufig auch eine neue Transformatorstation bauen. Die Verteilergesellschaften haben das Recht, an die neu verlegte Leitung weitere Verbraucher anzuschließen.
Der Verbraucher, der die Entwicklung der Infrastruktur des (staatlichen oder privaten) Energieunternehmens und seinen Reichtum finanziert, erhält weder ein Eigentumsrecht an dem Objekt noch Ermäßigungen auf den Energiepreis.
Kann die Kommission zu dieser Situation Stellung nehmen? Wird hier nicht gegen die Verbraucher- und Eigentumsrechte verstoßen? Missbrauchen die Energieunternehmen nicht ihre Monopolstellung? Wie kann die Situation unter dem Aspekt der Verbraucherrechte gelöst werden? Über welche Erfahrung verfügen die EU-Mitgliedstaaten?
Der Universaldienst ist ein durch das Gemeinschaftsrecht entwickeltes Konzept, wonach allen Verbrauchern das Recht auf Anschluss und Versorgung mit Energie zu angemessenen, einfach und eindeutig vergleichbaren und transparenten Preisen garantiert werden soll. Damit sind die Versorgungsunternehmen verpflichtet, jeden Verbraucher mit Strom zu versorgen, der bereit ist, den für diese Leistung festgelegten Preis zu zahlen.
Die Umsetzung der Universaldienstverpflichtung unterliegt der Subsidiarität und fällt somit in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Keine Bestimmung in den EU-Rechtsvorschriften verbietet es, dem Verbraucher angemessene und gerechtfertigte Anschlusskosten in Rechnung zu stellen.
In welchem Umfang sich die Netzanschlussfirma, die Verteilergesellschaft oder der Verbraucher diese Kosten teilen oder inwieweit sie Eigentumsentscheidungen treffen, hängt gänzlich von der einzelstaatlichen Anschlusspolitik ab, und in einigen Fällen kann das für die einzelnen Verbraucher ganz erhebliche Gebühren mit sich bringen.
Die einzelstaatlichen Energieregulierungsbehörden spielen eine zentrale Rolle: Sie müssen darauf achten, dass die Zuordnung der Anschlusskosten und die entsprechenden Tarife transparent sind und dass weder die einzelnen Verbraucher noch die Unternehmen diskriminiert werden.
In Ausnahmefällen kann das Wettbewerbsrecht anwendbar sein, und unter den derzeitigen Umständen sind vielleicht die nationalen Wettbewerbsbehörden der geeignetste Ansprechpartner für diese Frage.
Die Kommission möchte die Frau Abgeordnete auch darauf aufmerksam machen, dass sich das EG- Verbraucherschutzrecht auf bestimmte Aspekte der Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern beschränkt.
Fragen des Erwerbs von Eigentumsrechten an unbeweglichen Strominfrastrukturen fallen nicht in den Geltungsbereich dieser Rechtsvorschriften und sollten von den nationalen Behörden und Gerichten auf der Basis der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften geprüft werden.
Anfrage Nr. 78 von Anne E. Jensen (H-0151/08)
Betrifft: Digitaler Tachograph und Vorschriften für die Lenk- und Ruhezeiten
Die Verordnung (EG) Nr. 2135/98(1) und die Richtlinie 2006/22/EG(2) wurden keiner Folgenabschätzung unterzogen, wie es heute zur guten Rechtsetzungspraxis in der EU gehört. Es gibt jetzt massive Probleme mit der praktischen Durchführung. Dies geht unter anderem aus Anfragen von Mitgliedern des Europäischen Parlaments und aus der Debatte vom September 2007 im Verkehrsausschuss hervor.
Wird die Kommission in diesem Bereich für mehr Forschung und Entwicklung auf EU-Ebene sorgen? Wird die Kommission die Initiative zu einem Dialog zwischen allen betroffenen Interessengruppen ergreifen, damit zufriedenstellendere Rechtsvorschriften für die Lenk- und Ruhezeiten und ihre Kontrolle erarbeitet werden können?
Welche Initiativen gedenkt die Kommission zu ergreifen, um zum einen den akuten Problemen zu begegnen und zum anderen eine Lösung auf längere Sicht zu finden, die in Bezug auf die Verkehrssicherheit und die Arbeitsbedingungen der Fahrer zufriedenstellender und effizienter ist?
Die Umsetzung der neuen Regeln für die Lenk- und Ruhezeiten(3), der Vorschriften für den digitalen Tachografen(4) sowie der Bestimmungen zur Durchsetzung des Verkehrsrechts(5) ist - wie das bei jeder komplexen Rechtsvorschrift der Fall ist - auf einige Schwierigkeiten gestoßen, die Folgendes betreffen:
- Auslegung des Wortlauts, insbesondere der Verordnung über die Lenk- und Ruhezeiten;
- Anwendung neuer Durchsetzungspraktiken unter Konzentration auf die Unternehmen, bei denen gehäuft Verstöße zu verzeichnen sind, in Übereinstimmung mit der Durchsetzungsrichtlinie;
- Anpassung an den technischen Fortschritt und Betrugsbekämpfung bei der Nutzung des digitalen Tachografen.
Diese Probleme wurden zwecks ihrer Lösung unverzüglich der Kommission gemeldet, die daraufhin eine Reihe von Initiativen eingeleitet hat, die bereits nennenswerte Erfolge gebracht haben.
Was die Vorschriften für die Lenk- und Ruhezeiten betrifft, so hat der Ausschuss der Vertreter der Mitgliedstaaten(6), der die Kommission bei der Umsetzung dieser Rechtsvorschrift unterstützt und zu dessen Sitzungen auch Vertreter der Sozialpartner als Beobachter geladen sind, eine Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz der Kommission eingerichtet, die sich mit den Auslegungsfragen zu der entsprechenden Verordnung befasst.
Auf Grundlage der Tätigkeit dieser Gruppe hat die Kommission fünf Leitlinien ausgearbeitet, die auf ihrer Website(7) veröffentlicht wurden. Diese Leitlinien stießen auf allgemeine Zustimmung und sorgen für eine einheitlichere Anwendung der Rechtsvorschriften.
Bezüglich der Durchsetzungsrichtlinie unterstützt eine zweite innerhalb dieses Ausschusses eingerichtete Arbeitsgruppe die Kommission bei der Aufstellung einer umfassenden Liste der nach Schwere eingestuften Verstöße, wie sie in der Richtlinie gefordert ist. Diese Arbeit soll die Einführung eines gemeinsamen Systems zur Ermittlung der Unternehmen unterstützen, die die schwersten Verstöße begehen. Das Ziel ist eine effizientere Durchsetzung und die Verringerung des Verwaltungsaufwandes sowohl für die nationalen Behörden - die ihre Aufmerksamkeit effektiver dorthin lenken können, wo das Risiko am größten ist - als auch für die Verkehrsunternehmen, die nur kontrolliert werden, wenn dies nach der Sachlage notwendig ist.
Was den digitalen Tachografen anbelangt, so hat die Kommission im April 2007 ein auf 24 Monate angelegtes Projekt mit dem Namen SMART gestartet, um Vorschläge zur Anpassung der technischen Spezifikationen des digitalen Tachografen an den technischen Fortschritt zu entwickeln (dies wird mit Änderungen des technischen Anhangs der Verordnung 3821/85 verbunden sein), sodass die Betrugsrisiken effektiver bekämpft werden können.
Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates.
Richtlinie 2006/22/EG des Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über Mindestbedingungen für die Durchführung der Verordnungen (EWG) Nr. 3820/85 und (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über Sozialvorschriften für Tätigkeiten im Kraftverkehr sowie zur Aufhebung der Richtlinie 88/599/EWG des Rates.