Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Ioannis Gklavakis im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in Bezug auf die Stützungsregelung für Baumwolle (KOM(2007)0701 – C6-0447/2007 – 2007/0242(CNS)) (A6-0166/2008).
Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Bevor ich auf den Inhalt des Berichts eingehe, möchte ich dem Berichterstatter Herrn Gklavakis und dem Landwirtschaftsausschuss für ihre sehr gute Arbeit zu diesem extrem heiklen Thema der Baumwollreform danken.
Wie Sie wissen, hat der Gerichtshof unsere im Jahr 2004 beschlossene Baumwollreform 2006 für nichtig erklärt, und zwar mit der Begründung, dass gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen wurde. Der Gerichtshof hat außerdem angeordnet, dass innerhalb eines angemessenen Zeitraums eine neue Regelung getroffen werden sollte. Die Kommission ist deshalb sofort auf diesen Beschluss eingegangen, indem sie verschiedene Studien durchgeführt, einen umfassenden Konsultationsprozess angeregt und Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt hat.
Auf dieser Grundlage schlägt die Kommission vor, weiterhin 35 % der Beihilfe zu koppeln, wodurch die Baumwollproduktion aufrechterhalten und den Beitrittsverträgen von Griechenland, Portugal und Spanien Rechnung getragen wird. Gleichzeitig steht die Entkopplung von 65 % im Einklang mit dem Reformprozess der Gemeinsamen Agrarpolitik und den Verpflichtungen der Europäischen Union gegenüber ihren internationalen Partnern, insbesondere in den Entwicklungsländern.
Vor diesem Hintergrund begrüße ich ausdrücklich die im Bericht zum Ausdruck gebrachte Unterstützung für die Kopplungsrate von 35 % und sehe dies als ausgewogenen Weg. Ihr Bericht verweist mit Fug und Recht auf den Umstrukturierungsprozess, den der Baumwollsektor innerhalb der Europäischen Union derzeit durchläuft. Ich bin mit den Erfordernissen des Sektors vertraut und stehe Änderungsvorschlägen zur Unterstützung dieses Prozesses, zum Beispiel durch die Senkung der nationalen Grundfläche und die daraus folgende Erhöhung der gekoppelten Beihilfe je Hektar, deshalb positiv gegenüber. In diesem Punkt finde ich Ihre Vorschläge sehr vernünftig.
Allerdings fordern Sie auch eine Erhöhung der flächenbezogenen Hilfe, wenn die Anbaufläche unter eine auf nationaler Ebene bestimmte Fläche fällt, und dies ist ein Problem. Ich muss sagen, dass dies wirklich ein antizyklisches System ist, das die Handelsverzerrung der Beihilfe innerhalb des europäischen Baumwollsektors verstärken würde und zudem eindeutig im Widerspruch zu unserem multilateralen Mandat für Handelsgespräche in der DOHA-Verhandlungsrunde steht.
Die Änderungsvorschläge zu einem nationalen Finanzrahmen kann ich unterstützen. Ich begrüße insbesondere die Maßnahmen zur Umstrukturierung des Entkörnungssektors und Verbesserung der Produktionsqualität. Allerdings sollten alle Umstrukturierungsmaßnahmen mit der „Green Box“ der Welthandelsorganisation im Einklang stehen und sich nicht mit Maßnahmen überschneiden, die wir innerhalb der Politik zur ländlichen Entwicklung bereits umgesetzt haben.
Schließlich wird es Sie wohl kaum verwundern, dass ich der Übertragung der Beihilfe für Baumwollregionen von der Zweiten auf die Erste Säule ablehnend gegenüberstehe. Ich denke, es ist offensichtlich – und ich hatte bereits mehrfach Gelegenheit, diese Meinung hier im Parlament zu Gehör zu bringen –, dass wir unsere Politik zur ländlichen Entwicklung ausbauen müssen. Ich möchte betonen, dass Programme zur ländlichen Entwicklung in Baumwollregionen Spaniens und Griechenlands tatsächlich sehr effizient genutzt werden, so zum Beispiel die verschiedenen Agrarumweltprogramme.
Ich freue mich auf eine ertragreiche Diskussion über dieses so wichtige Thema.
Ioannis Gklavakis, Berichterstatter. − (EL) Herr Präsident! Ich habe der Frau Kommissarin aufmerksam zugehört.
Es gibt in der EU vier Baumwollanbauländer: Griechenland, Spanien, Bulgarien und, in sehr geringem Umfang, Portugal. Als ich mit der Arbeit an diesem Bericht begann, habe ich eng mit vielen Menschen zusammengearbeitet, Empfehlungen erhalten und an Diskussionen teilgenommen, so dass ich sagen kann, dieser Bericht ist das Ergebnis einer langen und umfassenden Zusammenarbeit.
Ich habe mit Mitgliedern meines Ausschusses zusammengearbeitet, denen ich hiermit danke, mit spanischen Vertretern der Fertigungs- und Baumwollentkörnungsbranche und natürlich mit meinen griechischen Landsleuten.
Ich möchte hervorheben, dass der Bericht vom Ausschuss für Landwirtschaft mit 28 gegen 6 Stimmen angenommen wurde. Das zeigt die hohe Akzeptanz.
Nun möchte ich kurz etwas zu dem Vorschlag aus dem Jahr 2004 zur Beihilferegelung für Baumwolle sagen. Dieser Vorschlag war vom Europäischen Gerichtshof für nichtig erklärt worden. Er enthielt die Forderung nach einer 35%igen gekoppelten und einer 65%igen entkoppelten Beihilfe. In den folgenden Jahren ging der Baumwollanbau zurück, und zwar in Spanien um etwa 50 % und in Griechenland um etwa 20 %.
Die Anbauflächen haben sich in Spanien um 25 % und in Griechenland um 11 % verringert.
Dieser Bericht verfolgt das Ziel, dass in Europa weiterhin Baumwolle produziert wird. Der Anteil der gesamten EU an der weltweiten Produktion beträgt lediglich 2 %. Daher sind wir übereingekommen, dass die für die Baumwolle anbauenden Mitgliedstaaten vorgesehenen Mittel in voller Höhe aufrechterhalten werden.
Um zu vermeiden, dass die Baumwollproduktion zurückgehen oder unwirtschaftlich werden könnte, haben wir natürlich eine kleine Erhöhung der Finanzierung je Hektar vorgeschlagen, und ich freue mich, dass Sie dies akzeptieren. Daraus folgt notwendigerweise, da ja die Gesamtsumme gleich bleibt, dass die Anbauflächen etwas kleiner werden. Dennoch wird es keinerlei Probleme geben, wenn ein Mitgliedstaat seine Anbaufläche vergrößern will; dies wird ohne jede Begrenzung nach oben hin möglich sein.
Das Verhältnis zwischen gekoppelter und entkoppelter Beihilfe bleibt bei 35 zu 65 %. Wir haben dennoch angeregt, Mitgliedstaaten zu gestatten, ihren Anteil an gekoppelter Beihilfe zu verändern, nicht jedoch auf einen Betrag unterhalb der Untergrenze von 35 %.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle, eine Sache klarzustellen. Die neue Anbaufläche wird keine feste Obergrenze darstellen, bei deren Überschreitung wie früher Strafen gezahlt werden müssen. Es handelt sich hier im Gegenteil um ein Verfahren zur Erhaltung der aktuellen Gesamtunterstützung für den Sektor. Wir glauben sogar, dass die vorgeschlagene Erhöhung der Mittel einen starken Anreiz zur Erhaltung der Baumwollproduktion darstellen wird.
Darüber hinaus empfehlen wir die Festlegung eines nationalen Mittelrahmens, der über die Einbehaltung von 1 % der gekoppelten Beihilfe, über nicht abgerufene Mittel und über die auf den zweiten Pfeiler übertragenen 22 Millionen Euro finanziert wird.
Was bringt dieser nationale Mittelrahmen? Die entsprechenden Zielsetzungen sind ehrgeizig: Erstens z. B. werden Finanzmittel zur Verfügung gestellt für die Erforschung neuer Sorten, die weniger Wasser und Pestizide benötigen, was nachhaltig zum Umweltschutz beitragen würde. Zweitens wird die Qualität der erzeugten Baumwolle verbessert und eine Modernisierung der Entkörnungsbetriebe ermöglicht.
Der Berichtsentwurf trägt sowohl den Bedürfnissen der Baumwollbauern in den Mitgliedstaaten als auch den Zielsetzungen der EU Rechnung. Er setzt sich einerseits mit aktuellen Finanzierungsfragen auseinander und stellt andererseits Umweltmaßnahmen vor, die für die EU von enormer Bedeutung sind.
Gestatten Sie mir, abschließend die hervorragende Zusammenarbeit und Unterstützung aller meiner Kollegen bei der Erstellung dieses Berichts lobend zu erwähnen, dank der es uns möglich war, neue Ideen und Empfehlungen zu formulieren.
Ich bin zuversichtlich, dass die Umsetzung der neuen Regelung uns dabei helfen wird, einen florierenden Baumwollproduktionssektor in der EU und eine rentable Entkörnungsindustrie zu erhalten.
Zu guter Letzt möchte ich der Kommission nochmals für ihren konstruktiven Umgang mit den Anliegen der baumwollproduzierenden Länder danken. Wir haben ein gutes Ergebnis erzielt und werden dem Rat die richtige Richtung weisen können.
Carmen Fraga Estévez, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Es ist erstaunlich, dass die Antwort der Europäischen Kommission auf das Urteil des Gerichtshofs ein neuer Vorschlag zur Änderung der Beihilferegelung für Baumwolle war, der praktisch mit dem vorhergehenden identisch ist, ausgenommen in Bezug auf die Verknüpfung der Beihilfe mit der geernteten Baumwolle.
Aus diesen Gründen begrüßen wir den hervorragenden Bericht von Herrn Gklavakis, der die Hauptprobleme angesprochen hat, von denen die Produktion und der Verarbeitungssektor betroffen sind.
Erstens, der Vorschlag der Kommission zur Beibehaltung der gekoppelten Beihilfe von 35 % ist, wie in den letzten Jahren durch den Rückgang der Produktion in einem Land wie Spanien belegt wurde, völlig unzureichend; daher ist unserer Ansicht nach die im Bericht angeregte Lösung, die Höchstgrenze der Subsidiarität zu überlassen, die zweckmäßigste.
Herr Gklavakis hat einige Zahlen genannt, und ich kann Ihnen sagen, Frau Kommissarin, dass Andalusien, die wichtigste Produktionsregion meines Landes, in den vergangenen drei Jahren 65 % seiner Produktion verloren hat.
Weiterhin, im Gegensatz zu dem, was Sie sagten, Frau Kommissarin, und ich bedauere, Ihnen zu widersprechen, halte ich den Änderungsantrag 17, den ich selbst eingereicht habe und der in den Bericht aufgenommen wurde, für sehr positiv. In ihm wird richtigerweise darauf hingewiesen, dass die Beihilfe für die Produzenten erhöht werden kann, wenn die Anbaufläche kleiner ist als die Grundfläche für die Produktion. Meiner Ansicht nach wird der Sektor davon profitieren, weil die Haushaltsneutralität erhalten bleibt und die Mittel voll ausgenutzt werden und dem Sektor erkennbar eine größere Flexibilität verliehen wird.
Schließlich möchte ich betonen, Frau Kommissarin, dass die Entkörnungsindustrie meines Erachtens in der Reform von 2004 völlig übersehen wurde. Ihre Umstrukturierung ist eine unbestreitbare Tatsache, es führt kein Weg an der Einrichtung eines Umstrukturierungsfonds vorbei, von dem im Bericht von Herrn Gklavakis die Rede ist.
Ferner glaube ich, dass der Änderungsantrag 39, den wir im Namen der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten eingereicht haben, durch Anwendung von Artikel 69 helfen würde, dieser verarbeitenden Industrie mehr Mittel zur Verfügung zu stellen.
Abschließend, Herr Präsident, möchte ich erklären, dass ich die Vereinbarung ablehne, die der Sonderausschuss Landwirtschaft in dieser Woche erreicht hat, weil ich der Auffassung bin, dass er noch immer keine adäquate Antwort auf die Probleme im Sektor und vor allem die Probleme der Entkörnungsindustrie gibt. Ich habe heute eine Mitteilung von der spanischen Entkörnungsindustrie erhalten, in der es heißt, dass die 27 Entkörnungsanlagen ihren Betrieb einstellen müssen, wenn der Rat diesen Vorschlag nicht ändert.
Ich hoffe, dass der Rat alle diese Punkte ändern wird, und ich danke der Frau Kommissarin für ihre Anwesenheit hier.
María Isabel Salinas García, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Auch ich möchte mich den, wie ich glaube, verdienten Glückwünschen an den Berichterstatter anschließen und ihm für seine ständige Bereitschaft und Zusammenarbeit, vor allem bei den Treffen mit allen Produzenten in meiner Region, meinen Dank aussprechen.
Wir arbeiten zurzeit an einer neuen Reform des Baumwollsektors, denn mein Land, Spanien, und insbesondere meine Region, Andalusien, haben die vorhergehende Reform vor dem Gerichtshof angefochten, und ich möchte betonen, dass zum ersten Mal eine Reform der Kommission verworfen wurde.
Erstaunlich ist, wie schon gesagt, dass die Kommission in Antwort auf diese Situation unerklärlicherweise einen Vorschlag vorlegte, der dem vorherigen ähnelt, wobei sich natürlich die Position von Spanien nicht geändert hat. Die spanischen Baumwollproduzenten wollen – wir wollen – weiterhin Baumwolle anbauen. Hier wurden schon die gravierenden Schäden genannt, die meiner Region zugefügt worden sind.
Dafür brauchen wir eine Reform, die sich von der vorherigen unterscheidet und uns die Möglichkeit bietet, weiterhin Baumwolle anzubauen. Daher glaube ich, dass der Bericht von Herrn Gklavakis richtig ist und eine Lösung darstellt, die in Betracht gezogen werden sollte.
Der Bericht schlägt Spannen für die Höhe der Kopplung bei den umfangreicheren Beihilfen und eine größere Subsidiarität für die Mitgliedstaaten vor. Meines Erachtens hat der Berichterstatter die Unterschiede in der Situation von Griechenland und Spanien verstanden. Daher glaube ich, dass die im Bericht Gklavakis vorgelegte Lösung die Fortsetzung des Baumwollanbaus in den beiden Hauptproduktionsländern gestatten könnte.
Klar ist auch, dass wir einen Umstrukturierungsplan für die Industrie benötigen. Beim letzten Mal hat ihn die Kommission nicht, wie vom Parlament gefordert, in Betracht gezogen.
Die Industrie denkt an einen Ausgleich für den verursachten Schaden, der quantifizierbar ist. Es wäre gut, wenn er Berücksichtigung fände.
Schließlich ist es wichtig, den Änderungsantrag der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament zu unterstützen, der eine Übergangsfrist zur Anpassung an die neue Situation fordert. Es geht nicht um die Aufrechterhaltung der derzeitigen Lage, die unhaltbar ist. Ich möchte Sie daran erinnern, dass es sich hier nicht um eine GMO handelt. Wir müssen zu einer Einigung kommen, die uns die Möglichkeit bietet, auch künftig Baumwolle in der Europäischen Union anzubauen.
Auch wenn wir leider noch keine Mitentscheidung haben, hoffe ich, dass die Arbeit und die Meinung des Parlaments dieses Mal Berücksichtigung finden. Ansonsten, und nach den Berichten, die uns vom Rat erreichen, schließt Spanien nicht aus, eine Revision des Urteils zu verlangen, wenn der Standpunkt des Parlaments nicht berücksichtigt wird.
Diamanto Manolakou, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Die EU hat ein Baumwolldefizit von 70 %. Der Sektor sollte daher mehr Fördermittel erhalten. Dies würde auch bei der Entwicklung der gesamten Branche helfen, angefangen beim Anbau der Baumwolle bis hin zur Fertigung von Textilstoffen und Bekleidung. Stattdessen sind wegen Quoten und Mitverantwortungsabgaben sowohl Produktion als auch landwirtschaftliche Einkommen und Arbeitsplätze im Rückgang begriffen.
Seit der letzten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik sind die Folgen dieses Rückgangs infolge der Einführung einer partiellen Entkoppelung vom Produktionsumfang in Höhe von 65 % noch akuter spürbar. In Griechenland ist die Baumwollproduktion ein Jahr nach der Umsetzung der neuen gemeinsamen Marktorganisation (GMO) um 20 %, in Spanien sogar um mehr als 50 % gesunken.
In Griechenland verschwanden 11 % der Anbauflächen kleiner und mittlerer Landwirtschaftsbetriebe, in Spanien 25 %. Zahlreiche Entkörnungsbetriebe sind unrentabel geworden und stehen vor dem Aus, und viele Arbeitsplätze wurden vernichtet. Die steigenden Produktionskosten hätten durch eine Aufstockung der Beihilfen aufgefangen werden müssen; stattdessen wurden diese Mittel gekürzt.
Trotz der positiven Vorschläge ist die Empfehlung von Herrn Gklavakis keine Lösung für das Problem. Sie akzeptiert die Vorschläge der Kommission. Wir sind dagegen, dass die Quote in Griechenland verringert wird, um die gekoppelte Beihilfe pro Hektar zu erhöhen. Dadurch würden noch mehr kleine und mittlere Baumwollanbaubetriebe zum Aufgeben gezwungen, und auch sonst kann niemand auf eine definitive Lösung für die Probleme zählen.
Nils Lundgren, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Herr Präsident! Wann immer wir über die EU-Agrarpolitik in diesem Hause diskutieren, werden vernünftige Bürger daran erinnert, wie unangemessen diese immer noch ist, trotz bestimmter Verbesserungen in den letzten Jahren. An uns werden ständig die Forderungen bestimmter Interessengruppen nach einem fortgesetzten Schutz vor ausländischer Konkurrenz herangetragen. Das gegenwärtige System ist schon so lange in Kraft, dass es sogar unsere Art, über diese Fragen zu denken und zu sprechen, verzerrt hat. Und nur darum kann der Berichterstatter die folgenden Worte sagen, ohne eine Miene zu verziehen: „Die gemeinschaftliche Baumwollerzeugung sollte auch weiterhin ein florierender Sektor sein... Der Umfang der Produktion sollte die Lebensfähigkeit der Entkörnungsbetriebe gewährleisten, die in Griechenland 3 200 Arbeitsplätze und in Spanien 920 Arbeitsplätze sichern.“
Wenn wir die gleiche Denkweise auf anderen Gebieten an den Tag legen würden, wäre Europa auf dem Weg in den Ruin. Tatsache ist doch, dass Spanien ein äußerst erfolgreiches Industrieland mit etwa 20 Millionen Arbeitsplätzen ist. Für ein solches Land kann es kein Problem sein, 920 Personen von der Baumwolleentkernung in andere produktivere Bereiche umzusetzen. Der Berichterstatter sagt auch ohne zu zögern solche Sätze wie: „Der Erhalt eines florierenden Sektors der gemeinschaftlichen Landwirtschaft wie dem des Baumwollanbaus ist dringend erforderlich”. Dies ist ein extremes Beispiel für eine contradictio in adjecto. Der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass ein florierender Baumwollanbau keine Beihilfen braucht. Die bittere Wahrheit ist jedoch, dass der Baumwollanbau in der EU unwirtschaftlich ist und daher abgeschafft werden sollte. Eine solche Umstellung kann kompliziert sein und staatliche Beihilfen erfordern, aber dann sollten die Beihilfen für Veränderungen eingesetzt werden und nicht dazu, um eine Produktion zu schützen, die eindeutig besser in Ländern außerhalb der EU betrieben wird.
Katerina Batzeli (PSE). – (EL) Herr Präsident! Lassen Sie mich zunächst den Berichterstatter zu seiner Leistung beglückwünschen und auch den Schattenberichterstattern, die ihn bei der Zusammenstellung dieses Berichts unterstützt haben, gratulieren.
Leider ist der Bericht, über den wir heute sprechen, durch den Druck eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs zustande gekommen und nicht infolge des politischen Wunsches, eine langfristige und stabile Regelung für den Baumwollsektor bis 2013 sicherzustellen oder eine Reform zu bewerkstelligen, die den Bedingungen und Regeln der WTO und der GAP entspricht.
Es ist nicht hinnehmbar, dass die beihilfefähigen Anbauflächen in Griechenland von 340 000 Hektar im letzten Jahr auf nunmehr 270 000 Hektar verringert werden sollen. Durch die kleineren Flächen wird es zu weiteren Kürzungen der Beihilfe kommen. Es ist ebenfalls nicht zu akzeptieren, dass Entkörnungsbetriebe Beihilfen aus dem ersten Pfeiler erhalten sollen. Wir könnten eine qualitative Verbesserung unterstützen, nicht jedoch für Maßnahmen des zweiten Pfeilers.
Wir müssen grundsätzlich Stabilität anstreben, so dass sowohl entkoppelte als auch gekoppelte Beihilfen und auch ländliche Entwicklung in den ersten Pfeiler eingesetzt würden und sich somit innerhalb des nationalen Mittelrahmens nach Anhang VIII der Verordnung des Rates (EG) Nr. 1782/2003 befänden. Dementsprechend wären die Mitgliedstaaten bei der Durchsetzung dieser Verordnung flexibler.
Zum Schluss möchte ich besonders der spanischen Regierung gratulieren, weil sie die Baumwollfrage vor den Europäischen Gerichtshof gebracht hat, was die Regierung Griechenlands bezüglich der Tabakproduktion ebenfalls hätte tun sollen.
Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf (Verts/ALE). – Herr Präsident! Frau Kommissarin, können Sie in Ihrer Erwiderung, die jetzt kommt, einmal klarstellen, dass, wenn von 65 zu 35 gesprochen wird, die 65 %ja nicht gestrichen werden, sondern dass die Betriebe dieses Geld bekommen. Wenn nach dieser Aufteilung mit 35 % keine Baumwolle mehr angebaut wird, dann ist es eben interessanter, nur die 65 % zu nehmen und etwas anderes anzubauen, möglicherweise aber auch gar nichts anzubauen, weil die 35 % nicht ausreichen, die Produktionskosten so zu gestalten, dass zu den Preisen, die die Industrie bezahlt, die Baumwolle aufgenommen werden kann.
Wenn es nun im Bereich der Verarbeitung um Arbeitsplätze geht das ist ja nicht von der Hand zu weisen dann müsste man mit der Industrie auch mal darüber sprechen, ob sie nicht in der Lage sind, den Anbauern für diese Baumwolle einen entsprechenden Preis zu zahlen, so dass es sich lohnt, Baumwolle anzubauen.
Wichtig ist natürlich, dass die 65 %, die hier entkoppelt sind, weiterhin an die Produzenten gezahlt werden, ob sie nun anbauen oder nicht. Das ist das System der Entkoppelung. Dies scheint mir in den Aussprachen, die hier vorgenommen wurden, etwas durcheinander zu gehen.
Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich habe den verschiedenen Anliegen, den verschiedenen Ideen der Abgeordneten aufmerksam zugehört. Ich denke, dass unsere Meinungen gar nicht so weit auseinander liegen, und ich bin sicher, dass wir am Ende einen akzeptablen Kompromiss finden werden.
Ich denke, wir sollten nicht vergessen, dass der Gerichtshof bei der Aufhebung der Reform die Aufteilung von gekoppelten und entkoppelten Beihilfen, das Verhältnis 35/65, nicht in Frage gestellt hat – nicht im geringsten. Der Grund für die Haltung des Gerichtshofes war vielmehr die Folgerung, dass wir eine gründlichere Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen müssten. Das ist genau, was wir gerade gemacht haben. Aber das heißt nicht, dass wir einen Grund dafür gesehen hätten, das Verhältnis gekoppelt/entkoppelt zu ändern, und wenn Bauern ihre Produktion einstellen würden, nutzen sie natürlich den entkoppelten Teil nicht. Sie können ihr Geld weiterhin erhalten, obwohl sie künftig keine Baumwolle mehr produzieren.
Ich denke, dass wir in eine schwierige Situation kommen könnten, da ich der Meinung bin, dass einige der Schwierigkeiten des Sektors schon in die Zeit vor der Baumwollreform von 2004 reichen. Ich hoffe aber, dass wir dank dieser Reform überhaupt noch einen Baumwollsektor haben werden. Angesichts der Entwicklungen, die wir gesehen haben, wird er wahrscheinlich kleiner ausfallen, aber ich hoffe, dass er auch wettbewerbsfähiger sein wird.
Ich denke, es kann viel dafür getan werden – wie Frau Batzeli bereits erwähnt hat –, die Produktionsqualität zu verbessern. Mit der Einführung eines Qualitätssiegels tragen wir zur Wertsteigerung des Produkts bei. Nach meiner Ansicht sollten die baumwollproduzierenden Mitgliedstaaten diese Möglichkeit nutzen, um einen besseren Preis für ihre Produkte zu erzielen, so dass wir in der Europäischen Union einen florierenden, wettbewerbsfähigen Baumwollsektor aufrechterhalten können.
Ioannis Gklavakis, Berichterstatter. − (EL) Herr Präsident! Ich denke, wir stimmen alle darin überein, dass die Baumwollproduktion in der EU eine Zukunft haben muss. Wer könnte etwas dagegen haben? Das Baumwolldefizit der EU liegt bei 70 %. Wenn die Baumwollproduktion auf allen Ebenen weiter verfällt, wird die EU bald in allen Bereichen defizitär sein.
In der EU bauen wir lediglich 2 % der weltweiten Produktion an, und die müssen wir unter allen Umständen bewahren. Wir dürfen nicht vergessen, dass Baumwolle nur 0,15 % der Agrarproduktion der EU ausmacht. Wir unternehmen mit diesem Bericht eine besondere Anstrengung, zumal die Erzeuger in den Baumwolle anbauenden Ländern, die ich besucht habe, selbst versichert haben, dass sie den Ehrgeiz haben, Qualitätsbaumwolle zu produzieren.
Alle vorgelegten Vorschläge sollten zu spürbaren Ergebnissen führen. Ich muss aber dennoch erneut auf etwas eingehen, das, wie ich sehe, nicht verstanden wurde. Die Anbaufläche wurde verringert, um die Subventionen zu erhöhen, und der Gesamtbetrag der Beihilfen je Land wurde beibehalten. Es ist keineswegs verboten, die Anbauflächen zu vergrößern, obwohl dies natürlich zu einer Verringerung der Beihilfen je Hektar führen würde.
Somit haben wir im Falle von Griechenland eine Verschiebung von 370 000 Hektar, bei denen jeder Hektar mit 594 Euro subventioniert wurde, auf 270 000 Hektar mit Subventionen in Höhe von 750 Euro je Hektar vorgenommen. Wenn wir nun aber mehr als 270 000 Hektar bewirtschaften, uns für 370 000 Hektar entscheiden, dann wird niemand uns wie früher sagen, dass es eine Obergrenze gibt oder eine Strafe. Das bedeutet, es gibt im Grunde kein Verbot.
(Zuruf)
Bitte wenden Sie sich an das Parlament, und erläutern Sie das. Seien Sie so gut, und lesen Sie den Bericht, dann werden Sie sehen, dass das absolut korrekt ist: Wenn wir 270 000 Hektar überschreiten, erhalten wir weniger als 750 Euro je Hektar. Das können Sie selbst im Bericht nachlesen.