Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Sergio Berlato im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 hinsichtlich der Übertragung von der Tabakbeihilfe auf den Gemeinschaftlichen Tabakfonds für die Jahre 2008 und 2009 sowie der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinsichtlich der Finanzierung des Gemeinschaftlichen Tabakfonds (KOM(2008)0051 – C6-0062/2008 – 2008/0020(CNS)) (A6-0164/2008).
Sergio Berlato, Berichterstatter. − Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Vorschlag der Europäischen Kommission sieht im Wesentlichen vor, den 5%igen Einbehalt von den Tabakbeihilfen auch für die Kalenderjahre 2008 und 2009 zu bewilligen, und diese Mittel für die weitere Finanzierung des Gemeinschaftlichen Tabakfonds zu verwenden, mit dem ausschließlich Initiativen zur besseren Aufklärung der Unionsbürger über die durch Tabakkonsum verursachten Schäden gefördert werden.
Als Erstes sollten meines Erachtens einige objektive Anhaltspunkte hervorgehoben werden. Die Übertragung von Mitteln aus den Agrarbeihilfen auf den Fonds ist ein seltenes und positives Beispiel für die Integration und Kooperation zwischen der Agrar- und der Gesundheitspolitik der Europäischen Union. Da die Tätigkeiten des Fonds wichtig für die Unionsbürger sind, und dies auch, wie von der Kommission hervorgehoben, in den kommenden Jahren bleiben werden, müssen sie unserer Auffassung nach auch in den Jahren 2007 und 2009 finanziell gefördert werden.
Der Einbehalt von den gekoppelten Beihilfen für die Landwirte ist von jeher die einzige Finanzierungsquelle des Gemeinschaftlichen Tabakfonds. Die Finanzierungsgrundlage dieses Abzugs hat sich mit der Reform der GMO für Tabak und der Entscheidung einiger Mitgliedstaaten für die vollständige Abkopplung, wodurch dem Fonds die Mittel aus dem Einbehalt vollständig entzogen wurden, drastisch verringert. Es ist erforderlich, dem Fonds durch eine weitere Verlängerung des Anwendungszeitraums und die Anhebung des prozentualen Anteils des Einbehalts genügend Mittel zur Verfügung zu stellen, um Programme finanzieren zu können, ohne den EU-Haushalt zusätzlich zu belasten, zumindest nicht bis zum Ende der laufenden Finanziellen Vorausschau, wobei gleichzeitig auch nach anderen Finanzierungsmöglichkeiten für den Fonds gesucht werden muss.
Zu den positiven Aspekten des Finanzierungsmechanismus des Fonds gehört, dass die genehmigten Vorhaben zu mindestens einem Viertel des Gesamtbetrags durch bewährte Akteure kofinanziert werden sollen, womit mehr Mittel zur Verfügung stünden. Der Landwirtschaftsausschuss hat sich mehrfach mit diesen Fragen befasst und hält an seiner Linie fest, konsequentere Maßnahmen zur Einschränkung des Rauchens zu ergreifen und die Bürger besser über dessen gesundheitsschädigende Wirkung zu informieren.
Andererseits sind wir uns – wie bereits in der legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2004 dokumentiert wird – der Tatsache bewusst, dass das Volumen der europäischen Erzeugung von Rohtabak, die mittlerweile stark eingeschränkt ist und sich auf einige wenige spezielle Regionen der Union konzentriert, weniger als 4 % der weltweiten Erzeugung ausmacht und keinerlei Auswirkung auf den lokalen Konsum von Tabakfertigerzeugnissen hat.
Obwohl dieses Thema nicht im Mittelpunkt der heutigen Aussprache steht, sei doch daran erinnert, dass die Europäische Union der weltweit größte Importeur von Rohtabak ist und über 70 % ihres Bedarfs in Drittländern deckt, was Tabak zugute kommt, der häufig in Gebieten erzeugt wird, in denen die Erzeugung einer weniger strengen Kontrolle unterliegt als in Europa, was vor allem für Brasilien, Malawi, Argentinien, Indonesien, Simbabwe, Indien und China gilt. Auf diese Weise kommt ein Handelsbilanzdefizit von über 1,2 Milliarden Euro jährlich zustande.
Andererseits war in den Mitgliedstaaten, in denen die Tabakbeihilfe – zusätzlich zur Annullierung der Übertragung auf den Fonds – vollständig abgekoppelt worden, die völlige Aufgabe der Erzeugung festzustellen, ohne dass sich eine unter dem Aspekt der Wirtschaft und der Beschäftigung nachhaltige Initiative abgezeichnet hätte, was schwerwiegende negative Auswirkungen auf den gesamten ländlichen Raum der betroffenen Regionen hat, ohne dass es zu einer Veränderung beim lokalen Konsum von Tabakfertigerzeugnissen gekommen wäre.
Was den Vorschlag betrifft, für das Kalenderjahr 2008 einen Einbehalt von den Beihilfen vorzunehmen, ist der Landwirtschaftsausschuss angesichts des Umstands, dass die Anbauverträge für Tabak der Ernte 2008 bereits seit geraumer Zeit abgeschlossen sind, der Auffassung, dass die Annahme eines solchen Vorschlags zu einer großen Zahl von Klagen vor Gericht und auf jeden Fall zu einem Rechtsstreit führen kann, der schlussendlich einen schweren Schaden anrichten würde, welcher ausschließlich zu Lasten der landwirtschaftlichen Erzeuger ginge.
Der Landwirtschaftsausschuss ist schließlich der Auffassung, dass die Verlängerung des Einbehalts bis zum Wirtschaftsjahr 2012 und die Anhebung des prozentualen Anteils des Einbehalts zugunsten des Fonds auf 6 % eine Ausstattung mit Finanzmitteln ermöglichen können, die für die Maßnahmen des Gemeinschaftlichen Tabakfonds bis zum Jahr 2013 ausreichend sind. Er fordert die Kommission auf, ein Mehrjahresprogramm auszuarbeiten, das dank der Änderungen, die mit den hier vorgelegten Änderungsanträgen vorgenommen werden, mit einem Betrag von über 81 Millionen Euro ausgestattet ist, ohne dass es zu irgendeiner Belastung für den Haushalt der Union kommt.
Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. − (EN) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Berlato, herzlich danken. Der Enthusiasmus Ihres Vortrags am heutigen Abend hat mich sehr gefreut. Ich möchte dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung für seinen Bericht über den Gemeinschaftlichen Tabakfonds danken.
Der Rat hat 2004 die Tabakreform beschlossen, durch die teilgekoppelte und teilentkoppelte Zahlungen an die Tabakerzeuger im Zeitraum 2006 bis 2009 eingeschränkt werden. Die Reform sieht einen relativ langen Übergangszeitraum vor, weil die teilgekoppelte Beihilfe bis 2009 gezahlt werden kann. Aber es gibt, wie Sie ganz richtig sagten, auch Mitgliedstaaten, die sich 2006, als die Reform in Kraft trat, für eine vollständige Entkoppelung entschieden haben.
Die Reform von 2004 sah zudem vor, einen bestimmten Anteil der Tabakbeihilfe für die Jahre 2006 und 2007 von den Tabakerzeugern auf den Tabakfonds zu übertragen. Durch den Vorschlag der Kommission wird der Zeitraum der Übertragung eines Anteils der Tabakbeihilfe auf den Tabakfonds bis zum Kalenderjahr 2009 verlängert.
Die Unterstützung für die Übertragung eines Teils der Tabakbeihilfe auf den Gemeinschaftlichen Tabakfonds begrüße ich sehr. Ihr Bericht unterstreicht ganz richtig die enorme Bedeutung, die die im Rahmen dieses Fonds durchgeführten und auf die Unterstützung von Initiativen zur Information über die potenziellen Gefahren des Tabakkonsums ausgerichteten Maßnahmen auf die europäische Öffentlichkeit haben.
Ihre Bitte, den Übergangszeitraum bis 2012 zu verlängern, stellt jedoch ein riesiges Problem dar. Eine solche Verlängerung der Übergangsregelung für teilgekoppelte Zahlungen widerspricht komplett der Philosophie dessen, was die Kommission morgen in ihrer Mitteilung über den „Gesundheitscheck“ vorschlagen wird, der verstärkt auf eine entkoppelte Zahlung abzielt, um es den Landwirten zu überlassen, das zu erzeugen, wonach der Markt verlangt.
Soweit ich informiert bin, haben die Mitgliedstaaten, die sich von Anfang an für eine vollständige Entkoppelung der Zahlungen an die Tabakerzeuger entschlossen haben, das deshalb getan, weil es für die Landwirte rentabler war, den Sektor zu verlassen. Vielleicht war es aufgrund der Tabakqualität schwieriger, einen vertretbaren Preis zu erzielen.
2004 wurde zudem vereinbart, dass 50 % der Gemeinschaftsförderung für den Tabaksektor ländlichen Entwicklungsmaßnahmen zugute kommen würden. Damit wird im Haushaltsjahr 2011 begonnen, und als zusätzliche Gemeinschaftsförderung wird diese Hilfe in Tabak erzeugende Regionen fließen. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass diese Mittel für die Tabak erzeugenden Regionen bestimmt sind. Ausgehend davon wurde bereits ein jährlicher Betrag von 484 Millionen Euro in die ländlichen Entwicklungsprogramme für den Zeitraum 2007-2013 für jene Mitgliedstaaten aufgenommen, die von der Tabakreform betroffen sind.
Deshalb bin ich sicher, dass es Sie nicht überraschen wird, dass ich aufgrund der von allen Tabak erzeugenden Mitgliedstaaten unterstützten Vereinbarung im Rahmen der Einigung auf das Paket über Mittelmeererzeugnisse im Jahr 2004 keine Verlängerung der Übergangsregelung für teilgekoppelte Zahlungen vorschlagen kann. Dennoch freue ich mich auf eine sehr lebhafte und interessante Diskussion am heutigen Abend.
Wiesław Stefan Kuc, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Haushaltsausschusses. − (PL) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Die Subventionierung der Tabakproduktion bei gleichzeitiger Bekämpfung des Konsums von Tabakprodukten war über viele Jahre Gegenstand von Kontroversen. Der Gemeinschaftliche Tabakfonds, in den derzeit bis zu 5 % der Haushaltsmittel für Tabakbeihilfen fließen, dient jedoch der Finanzierung von Forschung zur Bekämpfung der schädlichen Auswirkungen des Rauchens, von Aufklärungskampagnen und der Fortbildung von Tabakerzeugern im Hinblick auf einen Wechsel zu anderen Erzeugnissen.
Ich bin der Verfasser der Stellungnahme des Haushaltsausschusses zum Bericht Berlato. Die Weiterfinanzierung des Gemeinschaftlichen Tabakfonds in den nächsten beiden Jahren ist mehr als angemessen, doch stellt sich die Frage, ob es denn die Gründe für seine Existenz nach dieser Zeit nicht mehr geben wird, da wir wissen, dass die Menschen rauchen und weiterhin rauchen werden. Sie werden rauchen, ob wir in Europa Tabak erzeugen oder nicht. Das Problem wird nicht verschwinden, auch wenn wir die Beihilfen für Tabakerzeuger einstellen. Daher muss der Fonds weiterbestehen. Das Einzige, was geändert werden kann, ist die Art seiner Finanzierung.
Ioannis Gklavakis, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Frau Präsidentin! Ich freue mich, dass die Kommissarin heute anwesend ist, da ich sie für einen unvoreingenommenen Menschen halte. Gestatten Sie mir zu erklären, warum ich das sage.
Zunächst möchte ich meine Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss darauf hinweisen, dass wir gegen das Rauchen und für eine groß angelegte Kampagne gegen das Rauchen sind. Wenn die Leute aber trotzdem weiter rauchen und daher eine entsprechende Nachfrage nach Tabak besteht, müssen wir ihn nicht aus Drittstaaten einführen. Erzeugen wir ihn in Europa.
Ich beglückwünsche Herrn Berlato zu seinem Bericht und stimme ihm uneingeschränkt zu. Ich fordere, dass die Finanzierung aus dem Gemeinschaftlichen Tabakfonds fortgesetzt wird. Wir Landwirte, Frau Kommissarin, haben die Anhebung des Einbehalts für den Fonds für die Aufklärung der Öffentlichkeit über die schädlichen Wirkungen des Tabaks um 1 % mit Freude akzeptiert, obwohl es Geld ist, das uns genommen wird. Damit können wir durchaus leben. Wir bitten aber um die Verlängerung des Status quo bis 2013.
Frau Kommissarin, Sie sind ein unvoreingenommener Mensch. Warum sollten allein die Tabakanbauer benachteiligt werden? Wir fordern daher, dass dies rückgängig gemacht wird und dass die jetzige Regelung bis 2013 gültig bleibt. Hinzu kommt, dass die Tabakerzeuger, wie Ihnen bekannt sein dürfte, in allen Ländern und vor allem in meinem Land zu den ärmsten Landwirten gehören. Sie leben oftmals in den ärmsten, strukturschwächsten Regionen, in denen häufig nichts anderes angebaut werden kann. Wenn wir die Regelung aufheben und die Zahlung der Beihilfe einstellen, werden in diesen Regionen Umweltschäden und Wüstenbildung eintreten.
Deshalb fordere ich, dass die Regelung im Sinne des Berichts von Herrn Berlato sowie seiner und meiner Änderungsanträge verlängert wird. Da Sie, Frau Kommissarin, meines Wissens ein unvoreingenommener Mensch sind, denke ich, dass unser Vorschlag auf Ihre Unterstützung zählen kann.
Alejandro Cercas, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Frau Präsidentin! Vielen Dank, Frau Kommissarin, für Ihre Anwesenheit. Ich hatte ein Gespräch mit dem Präsidenten meiner Region. Er hat eine hohe Meinung von Ihnen, was ich hier nochmals bestätigen möchte.
Ich spreche in meinem eigenen Namen und im Namen der Schattenberichterstatterin meiner Fraktion, Frau Rosa Miguélez, um unsere Unterstützung für Herrn Berlato zum Ausdruck zu bringen, der wohl die rationalste Position vertreten dürfte.
Der Bericht von Herrn Berlato behandelt ausschließlich den Gemeinschaftlichen Tabakfonds, den Gemeinschaftsfonds zur Bekämpfung des Rauchens. Er fordert mehr Zeit und mehr Geld für seine Kampagne. Deshalb sollten auch Abgeordnete, die gegen Tabakprämien sind, für diesen Bericht stimmen, da es ihm darum geht, die Zeit und den Geltungsbereich für den Kampf gegen den Tabak auszudehnen.
Allerdings erregt das Wort Tabak so starke Gefühle bei vielen Mitgliedern dieses Parlaments, dass sie Dinge verwechseln. Sie verwechseln den Gemeinschaftlichen Tabakfonds mit den Gemeinschaftsprämien und meinen, wir würden die Fortsetzung der Prämien fordern. Das ist nicht so. Wir sprechen hier über die Entwicklung des Fonds bis 2013.
Sie verwechseln Produktion mit Konsum. Das Problem in Europa ist nicht die Produktion. Europa produziert sehr wenig Tabak. Das Problem Europas ist der Konsum des Tabaks, der von außerhalb Europas importiert wird.
Sie verwechseln Tabak mit Rauchen. Das ist, als würde man Alkohol und Alkoholismus durcheinanderbringen. Die Pflanze, die eine landwirtschaftliche Kultur ist, hat viele Verwendungszwecke, auch medizinische, wogegen Rauchen eine Krankheit darstellt.
Wenn sie den Konsum verhindern wollen, müssten sie ihre Angriffe viel mehr auf die Importe, die Verarbeitung, Werbung und die mächtige Tabakindustrie insgesamt richten, und nicht auf die armen Arbeitnehmer in meinem Land, die nur zu 5 % zu dem in Europa gerauchten Tabak beitragen.
Abschließend sei bemerkt, Frau Kommissarin, dass wir nicht den Tabak um seiner selbst finanzieren, wir finanzieren den Tabak, weil er viele Arbeitsplätze schafft, nicht nur unter den Tabakerzeugern, sondern in allen betroffenen Regionen. In der Tat wollen viele Tabakerzeuger die Produktion aufgeben, weil sie mehr verdienen, wenn sie nicht arbeiten. Doch die betreffenden Regionen werden untergehen, wenn sie diese tausenden Arbeitsplätze für Frauen und Einwanderer verlieren, wie es auch in anderen Gegenden Europas geschehen ist.
Sie fordern nur Zeit, Zeit zur Umgestaltung ihrer Betriebe.
Frau Kommissarin, vielen Dank für Ihre Geduld. Ich hoffe, dass Sie Ihre Hand reichen werden, nicht so sehr Herrn Berlato, sondern den Arbeitnehmern, die auf dieses Parlament schauen in der Erwartung, dass es nicht zweierlei Maßstäbe anlegen wird. Ich hoffe, dass niemand hier seine Wünsche mit der tatsächlichen Situation verwechselt, und ich hoffe auch, dass niemand hier seine eigenen Interessen über die dieser einfachen Menschen stellen wird.
Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Ich habe den Eindruck, dass hier – wie man in Westfalen sagt –, mit der Wurst nach der Speckseite geworfen werden soll, dass man nämlich über den Fonds retten will, dass eine Ankoppelung der Tabakprämien bis 2013 durchgeführt wird. Der Fonds, der ja auch über die schädlichen Folgen des Rauchens aufklärt, wurde hier im Parlament zur Stützung der eigentlichen Tabakprämien eingeführt, weil es im Hohen Haus mehrheitlich erheblichen Widerstand gegen das Rauchen gab, und man immer wieder sagte: Wie können wir das denn fördern, wenn das Rauchen so gefährlich ist?
Ich bin immer ein Befürworter der Tabakprämie gewesen, weil ich meine, dass das nichts miteinander zu tun hat. Aber dann soll man auch nicht scheinheilig sagen: Wir machen etwas gegen das Rauchen, wenn man etwas anderes – nämlich die Beibehaltung der Prämien – will. Hier geht es nicht um die Beibehaltung der Prämien, sondern im Wesentlichen um die angekoppelten Prämien. Es soll nicht entkoppelt werden. Es wird immer so getan, als würde bei der Entkoppelung den Tabakanbauern die Prämie genommen. Wir wissen – das haben wir bei der Baumwolle ja auch diskutiert –, dass das nicht stimmt. Die Gelder gehen weiter in die Betriebe, nur sind diese nicht mehr gezwungen, Tabak anzubauen. Und das halte ich auch für vernünftig.
Ich kann mich erinnern: Während einer Reise des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung nach Nordgriechenland haben wir die Ärmsten der Armen besucht. Wir haben die armen Regionen gesehen, die aber nicht wegen der Entkoppelung arm waren – die gab es damals noch gar nicht –, sondern weil die Tabakindustrie für den dort angebauten Tabak nicht den entsprechenden Preis bezahlte und vielmehr die Prämien, die damals gezahlt wurden, für sich in Anspruch nahm und den Preis so weit nach unten drückte, dass von den Prämien für die Tabakanbauer nichts mehr übrig blieb. Wir fanden das damals unglaublich und haben uns gefragt, warum Tabakanbauer, die in dieser Region Gewürztabak anbauen, der weltweit als Spezialtabak in die Zigaretten verarbeitet wird, nicht so viel bekommen, dass sie allein von dem Anbau leben können – auch ohne Prämien.
Wenn jetzt in den Regionen durch die Entkoppelung, oder in einigen Ländern, wo die Entkoppelung ganz durchgeführt worden ist, kein Tabak mehr angebaut wird, dann nicht deswegen, weil in diesen Regionen nichts anderes zu machen ist, sondern weil sie durch den Tabak nicht die Kosten decken können, die sie für den Anbau aufbringen müssen. Daher müsste hier eine Auseinandersetzung mit der Industrie geführt werden, damit sie die Tabakanbauer endlich ordentlich bezahlt.
Frau Kommissarin, ich fände es besser, die Aufklärung über das Rauchen anderen zu überlassen – da haben wir ja inzwischen in der Europäischen Union Aufklärung genug geleistet – und die Gelder stattdessen in die ländliche Entwicklung und in Diversifizierungsmaßnahmen für diese armen Regionen fließen zu lassen. Außerdem sollten die Mittel noch aufgestockt werden, damit in diesen Regionen andere Arbeitsplätze als nur im Tabakbereich angeboten werden.
Janusz Wojciechowski, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Selten haben in diesem Hause diskutierte Entscheidungen derart schwerwiegende Konsequenzen für eine solch große Zahl von Menschen. Bei dem uns heute vorliegende Thema geht es um die Existenz oder Nichtexistenz von Tabakerzeugern in Europa. Die Tabakerzeugung sichert den Lebensunterhalt von etwa 120 000 Landwirten und beschäftigt, einschließlich Saisonarbeitern, nahezu 400 000 Menschen in den alten und den neuen Mitgliedstaaten. Der Fall Griechenlands hat bereits gezeigt, dass die so genannte Reform des Tabaksektors de facto seine Auslöschung bedeutet. Sie ist ein Todesurteil für 120 000 Bauernhöfe, zumeist kleine Familienbetriebe. Ich kenne solche Tabakbetriebe in Polen, aber wir finden sie auch hier, in der Umgebung von Straßburg. Wir sprechen von einer Katastrophe für Menschen, die ihr Leben der Erzeugung von Tabak gewidmet haben. In welchem Namen sollten sie ihrer Lebensgrundlage beraubt werden? Die Auslöschung der Tabakerzeugung wird die Menschen nicht vom Rauchen abhalten. Sie werden Zigaretten aus importiertem Tabak rauchen. Diese Reform wird niemandem nützen und vielen schaden.
Ich unterstütze daher uneingeschränkt Herrn Berlatos Bericht, der zu Recht die Tabakerzeuger verteidigt, und ich schließe mich mit meiner Stimme Herrn Glavakis und Herrn Cercas an.
Diamanto Manolakou, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Frau Präsidentin! Auf Tabakanbauer wird eine erbarmungslose Hetzjagd betrieben, da die Kampagne gegen das Rauchen gleichbedeutend ist mit einer tabakfeindlichen Politik. So gilt in der EU angebauter Tabak als gesundheitsschädlich, importierter Tabak aber nicht. Das ist widersprüchlich, unwissenschaftlich und ungerecht. Die Ergebnisse dieser Politik sind allenthalben bekannt: Trotz der Kampagnen steigt die Zahl der Raucher, während die Erzeugung in der EU stark schrumpft. Arbeitsplätze gehen verloren, zehntausende kleine und mittlere Tabakerzeuger stehen vor dem Ruin, die Tabakimporte haben aber inzwischen ein Volumen von mehr als 1,2 Milliarden Euro jährlich erreicht.
In Griechenland ist der Tabakanbau um 73 % zurückgegangen. Immer mehr Tabakbauern verlieren ihre Arbeit. Ganze Gebiete veröden, weil dort nichts anderes angebaut werden kann.
Unserer Auffassung nach muss die Regelung zurückgenommen werden, wonach 50 % der Direktbeihilfen ab 2010 auf den zweiten Pfeiler übertragen werden. Alle Einbehalte von den Beihilfen müssen unverzüglich abgeschafft werden, damit auch weiter Tabak angebaut werden kann, zumal die Nachfrage zu 70 % durch Importe gedeckt wird. Beihilfen müssen an die Erzeugung gekoppelt werden und ein fester Bestandteil der garantierten, den Produktionskosten der jeweiligen Sorte entsprechenden Mindestpreise sein.
Da der Bericht des Kollegen Berlato positive Elemente im Sinne der vorstehenden Ausführungen enthält, werden wir, die Abgeordneten der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE), dafür stimmen.
Hélène Goudin, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Frau Präsidentin! Der subventionierte Tabakanbau ist ein eindeutiger Beleg für die Doppelmoral, von der die EU und das Europäische Parlament geprägt sind. Die Europäische Union hat stolz verkündet, der Kampf gegen Krankheiten müsse Vorrang haben, und gibt jedes Jahr mehrere Millionen Schwedische Kronen für Informationskampagnen aus. Gleichzeitig subventioniert sie durch die Hintertür unrentable Tabakbauern alljährlich mit mehreren Milliarden Kronen.
Dem Bericht zufolge würde die Regelung zum schrittweisen Abbau der Beihilfen bis 2013 verlängert. Der Berichterstatter versucht, seine Hände bezüglich der negativen Folgen des Tabakkonsums in Unschuld zu waschen. Es wird ganz einfach behauptet, die Tabakproduktion der EU sei mit ihrem Anteil von gerade einmal 4 % an der weltweiten Erzeugung so gering, dass sie keinerlei Auswirkung auf den Konsum von Tabakfertigerzeugnissen habe. Was ist das denn für eine Begründung? Soll damit etwa die weitere Subventionierung gerechtfertigt werden? Ich halte eine Tabakproduktion von 4 % in der EU für zu hoch. Außerdem ist der europäische Tabak so schlecht, dass nur ein Bruchteil davon auf dem europäischen Markt verkauft und ein Drittel verbrannt wird. Die Sonderinteressen der Tabakindustrie sind lange genug bedient worden. Unsere Bürger verlangen, dass wir uns unserer politischen Verantwortung stellen.
Meine Damen und Herren, die letzte Zigarette hat einen schlechten Geschmack. Es ist an der Zeit, sich die Doppelmoral abzugewöhnen! Daher appelliere ich an Sie, morgen gegen diesen Bericht zu stimmen.
Esther Herranz García (PPE-DE). – (ES) Frau Präsidentin! Die Beihilfen für den Tabaksektor werden im Ergebnis der jüngsten Reform 2010 um 50 % gekürzt. Ich halte dies für eine nie da gewesene Maßnahme, die eine klare Benachteiligung der Tabakerzeuger gegenüber den übrigen landwirtschaftlichen Produzenten der Gemeinschaft darstellt. Kein anderer Agrarsektor hat solch eine dramatische Kürzung erfahren, zu der noch die Abstriche durch die Änderungen der Direktbeihilfen kommen, die morgen vom Ministerrat beschlossen werden.
Ich halte es nicht für verfehlt, einige Angaben über diesen Sektor zu machen. Mindestens 80 % des europäischen Tabaks wird in benachteiligten Regionen angebaut. In der Extremadura, in Spanien, wo der größte Teil der spanischen Produktion konzentriert ist, sind 20 000 Familien mit einem Jahresumsatz, der 26 % des Gesamtwertes der landwirtschaftlichen Produktion der Region ausmacht, von der Reform betroffen.
Zudem erfolgt die Produktion des Tabaks in Spanien vor allem in kleinen Betrieben mit einem hohen Anteil an Frauenarbeit auf den Höfen und in der gesamten Industrie. Weiterhin dürfen wir nicht vergessen, dass die Europäische Union nur 5 % des Tabaks in der Welt erzeugt und 70 % des konsumierten Tabaks importiert. Wenn daher die Tabakproduktion der Gemeinschaft von der Bildfläche verschwindet, wird dies keinesfalls eine Gewähr für einen Rückgang des Konsums sein.
Der so genannte Gesundheitscheck der GAP ist ein idealer Zeitpunkt, um über die Folgen nachzudenken, die diese Entscheidung für Regionen wie die Extremadura haben kann, wo sich eine beachtliche soziale und wirtschaftliche Gemeinschaft um diese Kultur entwickelt hat und wo alternative Anbauformen kaum möglich sind.
Darüber hinaus steht die Reform dieses Sektors auch im Widerspruch zu den Erwartungen des Agrarsektors der Gemeinschaft insgesamt, da die Gemeinschaft seine Stabilität bis zum Ende des durch die derzeitige Finanzplanung abgedeckten Zeitraums im Jahr 2013 garantiert hat.
Der vom Landwirtschaftsausschuss angenommene Bericht, der sich für eine Ausdehnung des Tabakfonds der Gemeinschaft einsetzt, berücksichtigt die Interessen der Verbraucher und stellt gleichzeitig die Gültigkeit des Beschlusses zur Reduzierung der Beihilfe für die Bauern in Frage, weil sich der Fonds durch die Abzüge bei der Direktbeihilfe für die Bauern finanziert.
VORSITZ: MAREK SIWIEC Vizepräsident
Lily Jacobs (PSE). – (NL) Tabak tötet jährlich etwa eine halbe Million Bürger Europas. Selbst unter Nichtrauchern gibt es jedes Jahr 19 000 Todesfälle infolge des Passivrauchens.
Woher weiß ich das? Das ist die Botschaft der Werbespots, die die Europäische Union selbst in allen 27 Mitgliedstaaten als Teil einer groß angelegten Antiraucherkampagne ausstrahlen lässt. Und dafür haben wir insgesamt 18 Millionen Euro vorgesehen. Verglichen mit den Beihilfen, die die Europäische Union jährlich an Tabakerzeuger zahlt, ist dieser Betrag jedoch ein Tropfen auf dem heißen Stein. Dieses Jahr gibt Brüssel dafür noch 320 Millionen Euro aus. Vor drei Jahren waren es noch fast 1 Milliarde Euro.
Ist es nicht äußerst sonderbar, dass wir versuchen, das Rauchen zu bekämpfen und zugleich die Tabakerzeugung mit europäischen Steuergeldern finanzieren? Außerdem konterkariert die weitere Finanzierung das gesamte Grundanliegen der Reformen unserer Agrarpolitik, dass wir nämlich die Erzeugungsbeihilfen abschaffen müssen. Den Vorschlag der Europäischen Kommission zur weiteren Unterstützung des Tabaksfonds auch 2008 und 2009 befürworte ich vorbehaltlos, aber dieser Fonds darf nicht als Entschuldigung für die Weiterzahlung der Tabakbeihilfen im Jahr 2013 herhalten. Obgleich ich die Argumente meiner Kollegen sehr wohl respektiere, sollte in diesem Fall meines Erachtens die Gesundheit der Bevölkerung an oberster Stelle stehen.
Roberta Angelilli (UEN). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte dem Berichterstatter ganz besonders zu seiner hervorragenden Arbeit gratulieren. Mit diesem Bericht wird ein doppeltes Ziel erreicht: Verstärkung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Tabaksucht durch Verlängerung der Finanzierung des Gemeinschaftlichen Tabakfonds und zugleich Anpassung des Tabaksektors an die anderen GMO, die mit dem Erntejahr 2012 ganz normal auslaufen werden.
Kampf gegen das Rauchen darf allerdings nicht bedeuten, den Tabakanbau in Europa auszumerzen, ist doch die Europäische Union der weltweit größte Importeur von Rohtabak und deckt über 75 % ihres Bedarfs in Drittländern, was Tabak zugute kommt, der häufig ohne gesicherte gesundheitliche Kontrollen erzeugt wird. Eine eventuelle Abschaffung der Beihilfen würde lediglich das Ende der Produktion und den automatischen Anstieg der Importe bedeuten und hätte keinerlei Wirkung gegen die Tabaksucht.
Kartika Tamara Liotard (GUE/NGL). – (NL) Es ist schwer zu sagen, was absurder ist, dass die Europäische Union den Tabakanbau subventioniert oder dass Europa diese Beihilfen teilweise wieder in einen Fonds steckt, der vom Tabakrauchen abhalten soll. Derart scheinheilige Maßnahmen sind genau der Grund, weshalb die EU unter den Bürgern kaum Glaubwürdigkeit genießt. Das Argument, die EU erzeuge relativ wenig Tabak, ist nicht stichhaltig. Jedes Paket enthält noch immer eine von der EU subventionierte Zigarette. Diese Zigarette ist dann übrigens noch von solch minderwertiger Qualität, dass wir sie in Europa nicht einmal rauchen wollen und sie anderswo verschleudern.
Die Tabakbeihilfe darf nicht fortgesetzt werden, wie es das Parlament will. Ein Teil der Beihilfen darf auch nicht als Feigenblatt für Antiraucherkampagnen verwendet werden, wie es die Kommission wünscht. Ich habe genug von diesen Beihilfen. Sie müssen schlicht sofort abgeschafft werden.
Bogdan Golik (PSE). – (PL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Herrn Berlatos Bericht befasst sich mit einer Kombination aus Gesundheits- und Landwirtschaftsthemen. Eine Anhebung der Mittel von 5 % auf 6 % zusammen mit der vorgeschlagenen Ausdehnung des Systems auf die Jahre 2009-2012 erhöht die dem Fonds zugewiesenen Mittel erheblich – um nahezu 81 Mio. Euro. Viele Landwirte und Organisationen unterstützen die vorgeschlagene Verordnung uneingeschränkt. Sowohl die polnischen als auch die europäischen Tabakerzeuger erwarten, dass die Annahme des Berichts zur Weiterführung des Gemeinschaftlichen Tabakfonds, der für die Volksgesundheit wesentlich ist, und zum Erhalt des Tabaksektors für die 100 000 Tabakerzeuger Europas führt.
Die vorgeschlagene Verordnung ermöglicht es, ohne zusätzliche Haushaltsausgaben ein Beihilfesystem aufrechtzuerhalten, das zum Teil der Tabakerzeugung zugute kommt und damit die Benachteiligung von Tabakerzeugern gegenüber den anderen Landwirten verhindert.
Es ist unbedingt erforderlich, Frau Kommissarin, dass wir die sehr wichtige Debatte über die Zukunft der Tabakproduktion in Europa schon ab morgen wieder aufnehmen, und zwar im Zusammenhang mit der Präsentation des Gesundheitschecks.
Andrzej Tomasz Zapałowski (UEN). – (PL) Herr Präsident! In der heutigen Aussprache stehen die Argumente der landwirtschaftlichen Erzeuger im Konflikt zu denen der Gruppen, die sich für die Gesundheit der europäischen Gesellschaft einsetzen. Aber werden die Europäer gesünder, wenn sie aus Drittländern importierten Tabak von deutlich geringerer Qualität rauchen? Wenn wir unsere eigene Produktion zerstören, werden wir nicht 70 %, sondern 100 % importieren. Wir müssen auch darüber nachdenken, ob eine Benachteiligung von Landwirten, die Tabak anbauen, anstatt die Entwicklung unseres ländlichen Raums zu fördern, nicht in bestimmten Regionen der Europäischen Union zu einem noch größeren wirtschaftlichen Zusammenbruch und steigender Arbeitslosigkeit führen wird. Natürlich können wir dann Finanzhilfen für die Arbeitslosen in diese Regionen pumpen, da wir ja so reich sind, dass wir es uns leisten können, unsere eigene Landwirtschaft zugunsten der Landwirtschaft im Fernen Osten zu zerstören, die wir unterstützen müssen, um dort die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.
Herr Berlatos Bericht findet meine volle Unterstützung.
Thijs Berman (PSE). – (NL) Europäische Landwirte, die Tabak anbauen, sollten dafür von der EU nicht einen einzigen Cent erhalten. Selbstverständlich waren Tabakbeihilfen jahrelang eine immense Einkommensquelle für Landwirte, eine Art Sozialpolitik, die diesen Namen nicht verdiente. Allerdings sollten Steuergelder aus Prinzip nicht für ungesunde Produkte ausgegeben werden. Deshalb gibt es nur eine Alternative zu diesen Beihilfen: ihre Abschaffung.
Der Vorschlag im Bericht Berlato ist ein lächerlicher Versuch, die Tabakbeihilfen bis mindestens 2012 zu verlängern. Das darf nicht passieren, und dafür gibt es noch einen weiteren Grund. Aus Sicht der Entwicklungsländer ist die europäische Subventionierung von Tabak völlig unfair. Das ist unlauterer Wettbewerb gegenüber armen Bauern und läuft der Entwicklungspolitik der Europäischen Union unmittelbar zuwider, ein klassisches Beispiel dafür, wie sich ein Politikfeld mit einem anderen überschneiden kann.
Ermutigen Sie die europäischen Landwirte zum Anbau von Pflanzen, die jetzt einen hohen Preis erzielen, wie zum Beispiel Getreide, denn das wird dringend benötigt. Aber seien Sie solidarisch und lassen Sie die Tabakbeihilfen in Rauch aufgehen im Namen der Gesundheit der Bevölkerung und im Namen der Kohärenz der europäischen Politik für die Entwicklung der ärmsten Länder in der Welt. Das ist Solidarität.
Armando Veneto (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es liegen einige gesicherte Daten vor, die unumstritten sind. Erstens: Es steht fest, dass die vollständige Entkopplung einen Rückgang der Erzeugung bewirkt. Zweitens: Selbst wenn der Tabakanbau in Europa verhindert wird, bedeutet das nicht, dass die Verringerung des Tabakanbaus in Europa auch zu einer Schrumpfung der Raucherpopulation führen würde. Und drittens verurteilen wir möglicherweise Hunderttausende Menschen zum Hunger, ohne ein konkretes Ergebnis zu erzielen.
Deshalb sollten nach meinem Dafürhalten zum einen die Tabakbeihilfen dafür verwendet werden, den Verbrauchern die schädlichen Wirkungen des Rauchens aufzuzeigen – unter diesem Gesichtspunkt sollte das Geld selbstverständlich aus den Beihilfen kommen –, und zugleich müssen wir die Tabakerzeuger in die Lage versetzen, langsam aus dem Anbau auszusteigen, indem wir ihnen die nötige Zeit einräumen, um den ganzen Sektor aufzugeben. Deshalb denke ich, dass wir für den Bericht Berlato stimmen sollten.
Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (UEN). – (PL) Ich möchte drei Punkte in diese Diskussion einbringen. Erstens wird die Idee der Entkopplung der Zahlungen für die Erzeugung häufig von der Europäischen Kommission wiederholt. Dabei handelt es sich um einen Ansatz, der offensichtlich die landwirtschaftliche Erzeugung Europas verringert. Kommissarin Fischer Boel hat diesen Gedanken heute erneut geäußert, dieses Mal in Bezug auf die Tabakerzeugung.
Zweitens dürfen wir nicht vergessen, dass der Tabakanbau sowohl in den alten als auch in den neuen Mitgliedstaaten in kleinen Familienbetrieben der am wenigsten entwickelten Regionen erfolgt. Die Auslöschung dieser Produktion wird die Entwicklungsmöglichkeiten in diesen Regionen verringern und die Existenz kleiner Betriebe gefährden.
Drittens und letztens ist der Anbau von Tabak zwar kontrovers, ihn aber in Europa zu beschränken, hat eine Zunahme der Tabakimporte aus Drittländern zur Folge. Wie Herr Berlato uns mitteilte, beliefen sich die Tabakimporte im vergangenen Jahr auf 1,2 Milliarden Euro.
Ich hoffe, die Europäische Kommission wird diese Warnungen berücksichtigen, wenn sie ihren Standpunkt festlegt.
Ioannis Gklavakis (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Ich spende meinen Kolleginnen und Kollegen Beifall, die in der Frage des Rauchens so großes Feingefühl gezeigt haben. Ich denke, dass wir alle ohne Ausnahme gegen das Rauchen sind, aber, liebe Freunde, lassen Sie mich auf einen wesentlichen Unterschied hinweisen: Rauchen und Tabakanbau sind zwei Paar Schuhe. Wir sollten so viel Geld wie möglich bereitstellen, möglichst oft über das Problem sprechen und so viele Aktionen wie möglich durchführen, um unsere Parlamentskollegen und Mitbürger vom Nichtrauchen zu überzeugen. Da es trotzdem weiter Raucher geben wird, sehe ich nicht ein, warum wir Tabak importieren müssen anstatt ihn hier selbst anzubauen. Lassen Sie mich nun an Ihr Umweltbewusstsein appellieren. Tabak ist ein Gewächs, das nur wenig Wasser, Düngemittel und Pestizide braucht; er wird von armen Landwirten auf kargen Böden angebaut. Ich bin sicher, dass der Umweltschützer in Ihnen, aber auch Ihr menschliches Empfinden Sie zum Umdenken veranlassen wird – selbst jene, die gegen das Rauchen zu Felde ziehen und es mit dem Tabakanbau in Verbindung bringen. Denn wenn man eine Verbindung zwischen Rauchen und Tabakanbau herstellt, dann ist es, als ob man unsere berühmte Weinkultur mit dem Alkoholismus verwechselte. Sollen wir wegen des Alkoholismus keinen Wein mehr anbauen?
Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Ich bedanke mich bei allen, die einen Beitrag zu dieser Aussprache geleistet haben, und nochmals herzlichen Dank dafür, dass Sie sich für eine Verlängerung der Übertragung auf den Tabakfond ausgesprochen haben.
Mir ist natürlich klar, dass die Diskussionen über die Tabakpolitik eine heikle Sache sind, und ich kann Ihnen sagen, dass ich das erst unlängst bei meinem Besuch im April in Griechenland zu spüren bekommen habe. Ich muss auch ganz klar feststellen, dass die Verlängerung des Tabakfonds keine Aufforderung für eine Neuauflage der Reform von 2004 darstellt. Meines Erachtens müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass diese Reform unter Dach und Fach ist. Ferner sollten Sie meiner Ansicht nach bedenken, dass diese Reform von allen Tabak produzierenden Mitgliedstaaten unterstützt wurde. Deshalb wäre es etwas schwierig, diese ganze Diskussion neu aufzurollen.
Außerdem sollten wir nicht vergessen, dass wir die Subventionen für die Tabakerzeuger nicht stoppen. Wir nehmen sogar weiterhin die höchsten Direktzahlungen vor bzw. zahlen die höchsten Subventionen, mehr als in irgendeinem anderen Bereich der Landwirtschaft. Keine andere Ertragskultur erhält höhere Direktzahlungen.
Wir bleiben also dabei: ab 2009 werden wir entkoppeln und ab 2011 wird die Übertragung auf die ländliche Entwicklungspolitik erfolgen.
Anstatt viel Zeit und Mühe auf Versuche zu verschwenden, die Vereinbarungen des Rates aus dem Jahre 2004 rückgängig zu machen, sollten sich die Mitgliedstaaten und die Tabakerzeuger, der gesamte Tabaksektor, meines Erachtens mit der ländlichen Entwicklungspolitik befassen und prüfen, welche Möglichkeiten es gibt. Denn es werden hohe Summen für die Umstrukturierung, für das Ausprobieren anderer Erwerbsmöglichkeiten im Agrarsektor zur Verfügung stehen.
Ich bin sicher, dass es mit etwas Phantasie – auch wenn ich weiß, dass in diesen Gebieten nicht alles produziert werden kann – möglich sein sollte, eine Lösung zu finden. Dazu bedarf es der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, dem Tabaksektor und den Tabakerzeugern, die nach rentablen Lösungen für diese Gebiete auch nach 2011 suchen müssen.
Sergio Berlato, Berichterstatter. − Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte der Frau Kommissarin und allen Abgeordneten, die sich zu Wort gemeldet haben, danken. Ich möchte daran erinnern, dass, im Hinblick auf die Zukunft des europäischen Tabaksektors, vor kurzem die Minister fast sämtlicher Erzeugermitgliedstaaten, einschließlich der Länder, die für die völlige Abkopplung optierten, und der neuen Mitgliedstaaten, formell an die Kommission die Forderung gerichtet haben, einen Vorschlag für eine Verordnung vorzulegen, mit der die gegenwärtige Unterstützungsregelung für Tabak bis zum Jahre 2013 verlängert werden soll. Dieses Thema muss im Rahmen der Debatte angegangen werden, die derzeit über den Gesundheitscheck der GAP geführt wird.
Abschließend, Herr Präsident, möchte ich meine Kolleginnen und Kollegen – die auf den ersten Blick den Eindruck erwecken könnten, sich wenig für eine Maßnahme zu interessieren, die nur einen Einbehalt von den Agrarbeihilfen der fünf alten Mitgliedstaaten betrifft, die die teilweise gekoppelten Beihilfen beibehalten haben – auffordern darüber nachzudenken, dass die Verwendung dieser Mittel und die Informationskampagnen des Fonds auch in Zukunft der Gesundheit aller Unionsbürger zugute kommen werden.
Ich möchte außerdem hervorheben, dass wir hier vielleicht einem grundlegenden Missverständnis unterliegen: Dieser Bericht betrifft weder die Verlängerung der Beihilfen für die Tabakerzeuger noch entscheidet er darüber; es geht lediglich um die Annahme eines Berichts, der die Verlängerung der Finanzierung des Gemeinschaftlichen Tabakfonds zum Gegenstand hat. Die Entscheidung über die Verlängerung der Beihilfen wird später getroffen, doch das ist nicht Thema dieses Berichts, der sich, wie ich sagte, auf die Verlängerung der Finanzierung des Gemeinschaftlichen Tabakfonds und nicht auf die Verlängerung der Beihilfezahlungen an die Tabakerzeuger in unmittelbarer und absehbarer Zukunft bezieht.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 20. Mai 2008, statt.