Der Präsident. − Ich erkläre die am Donnerstag, 8. Mai 2008, unterbrochene Sitzungsperiode für wieder aufgenommen.
2. Erklärung der Präsidentschaft
Der Präsident. − Liebe Kollegen und Kollegen! Am vergangenen Mittwoch, dem 14. Mai 2008, verübte die Terrororganisation ETA erneut einen Anschlag in Spanien. Ein Mitglied der Guardia Civil, Juan Manuel Piñuel, wurde Opfer einer Autobombe vor der Polizeikaserne von Legutiano (Álava). Das Europäische Parlament verurteilt diesen verabscheuungswürdigen Mord auf das Schärfste und ebenso die verabscheuungswürdige Tat, die zur Verletzung der Wachleute führte.
Im Namen des Europäischen Parlaments möchte ich den Familienangehörigen unser aller tiefe Trauer und aufrichtige Anteilnahme zum Ausdruck bringen. Ich möchte ebenso unsere Solidarität mit dem spanischen Volk, seinen Behörden, demokratischen Institutionen und Sicherheitskräften bekunden.
Ich darf Sie bitten, des ermordeten Polizeibeamten in Stille zu gedenken.
(Das Parlament erhebt sich zu einer Schweigeminute.)
3. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung: siehe Protokoll
4. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
5. Zusammensetzung der Fraktionen: siehe Protokoll
6. Zusammensetzung der Ausschüsse und der Delegationen: siehe Protokoll
7. Prüfung von Mandaten: siehe Protokoll
8. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
9. Anfragen zur mündlichen Beantwortung und schriftliche Erklärungen (Vorlage): siehe Protokoll
10. Übermittlung von Abkommenstexten durch den Rat: siehe Protokoll
14. Weiterbehandlung der Standpunkte und Entschließungen des Parlaments: siehe Protokoll
15. Erklärung der finanziellen Interessen: siehe Protokoll
16. Tagungskalender 2009: siehe Protokoll
17. Unterzeichnung von Rechtsakten, die im Mitentscheidungsverfahren angenommen wurden: siehe Protokoll
Bernd Posselt (PPE-DE). – Herr Präsident! Im Zusammenhang mit der Kalenderabstimmung ist eine Unterlage verteilt worden, in der ein Wahltermin am ersten Wochenende im Juni blau eingetragen ist. Sie wissen selbst, dass seit 1979 alle Europawahlen immer am zweiten oder dritten Wochenende im Juni stattgefunden haben. Ich möchte fragen, wer wann beschlossen hat, die Europawahlen im nächsten Jahr zum ersten Mal auf das erste Wochenende im Juni vorzuverlegen.
Der Präsident. − Herr Kollege! Wir nehmen Ihre Bemerkungen zu Protokoll und werden Ihnen dann in der angemessenen Weise eine Antwort geben.
18. Arbeitsplan
Der Präsident. − Der endgültige Entwurf der Tagesordnung dieser Tagung, wie er in der Konferenz der Präsidenten in ihrer Sitzung vom Donnerstag, 15. Mai 2008, gemäß Artikel 130 und 131 der Geschäftsordnung festgelegt wurde, ist verteilt worden.
Hartmut Nassauer (PPE-DE). – Herr Präsident! Einmal jährlich – und zwar erstaunlicherweise im Mai – pflegen die Ausschüsse alle in Straßburg zu tagen. Ein sachlicher Grund dafür ist nicht ersichtlich. Und so kommt es, dass heute Abend Ausschüsse tagen, während gleichzeitig ihre Themen auf der Tagesordnung des Parlaments stehen.
Das ist ein unhaltbarer Zustand! Die Lösung kann eigentlich nur darin liegen, dass künftig die Ausschüsse in Straßburg tagen und wir das Plenum nach Brüssel verlegen, um diesen Konflikt zu lösen. Aber im Ernst: Es ist unhaltbar, in welchem Ausmaß, vor allem in den letzten beiden Jahren, die Ausschüsse hier in Straßburg tagen, während wir Plenarsitzungen haben und Fraktionssitzungen – und das entgegen allen Erklärungen, dass dies nicht stattfinden soll. Jetzt haben wir sogar eine cooling off periods. Es besteht keinerlei sachliche Notwendigkeit, die Ausschüsse hier in Straßburg mit Plenararbeit kollidieren zu lassen. Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie sich mit allen Ihren Möglichkeiten ernsthaft darum bemühen wollten.
(Beifall)
Der Präsident. − Vielen Dank, Herr Nassauer! Ich werde diesen Tatbestand, den Sie vorgetragen haben, der Konferenz der Präsidenten unterbreiten und ich bin zuversichtlich, dass wir dann hoffentlich eine zufriedenstellende Lösung finden werden.
Zum Entwurf der Tagesordnung wurden folgende Änderungen beantragt:
Montag:
Keine Änderung.
Dienstag:
Die Sozialdemokratische Fraktion beantragt, eine Erklärung der Kommission zur Lage der Roma in Italien ohne Entschließungsanträge in die Tagesordnung von Dienstagnachmittag aufzunehmen.
Martin Schulz, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte unseren Antrag präzisieren. Wir beantragen eine Erklärung der Kommission nicht nur zur Lage der Roma in Italien, sondern zur Lage der Roma dort und in Europa insgesamt. Wir haben heute in unserer Fraktion darüber diskutiert, dass es zurzeit eine sehr schwierige Situation in Italien gibt. Wir wollen aber nicht verhehlen, dass die Situation nicht allein auf Italien beschränkt ist, und dass die Frage des Schutzes von Minderheiten, die Frage der Integration der Roma in die Gesellschaften in Europa kein speziell italienisches Problem ist. Dort tritt dieses Problem nur zurzeit massiv zu Tage.
Wir wollen von der Kommission wissen, was sie in den letzten Jahren mit den umfangreichen Mitteln, die wir zur Verfügung gestellt haben, unternommen hat, um Projekte vor Ort wirksam zu unterstützen, um zu vermeiden, dass es zu Situationen kommt, wie wir sie jetzt in Italien erleben.
Wir beantragen also eine generelle Aussprache, ausgehend von der Situation in Italien, aber bitte nicht beschränkt auf Italien, das möchte ich ausdrücklich vermeiden. Wir haben viele andere Dinge zu berücksichtigen, nicht nur die italienische Situation. Wir wollen vor allem von der Kommission wissen, was sie in der Vergangenheit getan hat und was sie in der Zukunft noch weiter unternehmen will. Deshalb wären wir dankbar, wenn die Kommission am Dienstag eine solche Erklärung abgeben könnte.
Monica Frassoni, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verts/ALE-Fraktion unterstützt diesen Vorschlag, und sie unterstützt ihn aus zweierlei Gründen, sowohl, weil wir es für wichtig halten zu erörtern, was mit den Roma in der Europäischen Union als solcher geschieht – wobei wir allerdings fest im Hinterkopf behalten, was in den letzten Tagen in Italien geschah –, als auch, weil wir uns alle dessen bewusst sind, dass es zwei mögliche Interventionsinstrumente für die Europäische Union gibt, die allerdings nicht bekannt sind und über die nicht gesprochen wird.
Unter diesen beiden Gesichtspunkten sind wir wirklich froh, dass diese Aussprache stattfindet, wobei ich allerdings fürchte, dass das nicht die letzte sein wird, zumindest nicht, was Italien betrifft.
Joseph Daul, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Die Konferenz der Präsidenten hatte dies nicht vorgesehen, aber offensichtlich ist dafür Spielraum in der Tagesordnung vorhanden. Im September 2007 hatten wir eine Aussprache. Die Roma-Frage ist ein echtes Problem für ganz Europa und auch für Rumänien; dies konnten wir bei unserem Aufenthalt in Rumänien feststellen. Meines Wissens soll im September eine Aussprache zu diesem Thema stattfinden. Wäre es nicht besser, den Vorschlag unserer Fraktion aufzugreifen und das Problem in Italien zunächst im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres zu diskutieren und eine offizielle Aussprache hier im Parlament solange aufzuschieben, bis wir sie ordentlich vorbereitet haben? Dies ist der Standpunkt der PPE-DE-Fraktion.
(Das Parlament nimmt den Antrag an.)
Mittwoch, Donnerstag:
Keine Änderung.
(Der Arbeitsplan ist somit angenommen.)
Hannes Swoboda (PSE). – Herr Präsident! Der Ordnung halber möchte ich anführen, dass wir eine Verschiebung der Abstimmung über den Bericht Grosch beantragen werden, bei dem es um die Ruhezeiten und die Frage der Busfahrer geht. Es gibt eine prinzipielle Einigung zwischen Unternehmer- und Arbeitnehmerseite, und das wollen wir auch im Bericht Grosch beinhaltet sehen. Ich möchte den anderen Fraktionen nur ankündigen, dass wir diese Verschiebung der Abstimmung beantragen werden.
19. Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen
Der Präsident. − Als nächster Punkt folgen die Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen.
Erna Hennicot-Schoepges (PPE-DE). – (FR) Herr Präsident! Seit über zwei Jahren ist im Informationsbüro des Europäischen Parlaments in Luxemburg die Stelle eines Verwaltungsrates unbesetzt. Ich würde gern wissen, wie das Ausschreibungsverfahren abgelaufen ist. Warum gab es einen Bewerber, dessen Bewerbungsunterlagen unvollständig waren, und welche Unterlagen haben gefehlt? Warum wurden wir nicht darüber informiert? Des Weiteren würde mich interessieren, was die Verwaltung zu tun gedenkt, um die schon so lange offene Stelle endlich zu besetzen.
Antonio Masip Hidalgo (PSE). – (ES) Herr Präsident! Vielen Dank für Ihre Worte, die Sie zu Beginn dieser Plenarsitzung an die Familie des ermordeten Polizisten der Guardia Civil, die spanische Armee und natürlich das spanische Volk gerichtet haben. Vielen Dank, Herr Präsident.
Ich glaube, nur wenn wir vereint gegen den Terrorismus vorgehen, können wir die ETA und die Terroristen besiegen.
Meiner Ansicht nach sollten alle europäischen Demokraten ihre Geschlossenheit bekunden und die Regierungen Spaniens und Frankreichs bei dieser gemeinsamen Aufgabe unterstützen, und wir sollten die absurden Spaltungen der jüngsten Vergangenheit beiseite lassen. Zeigen wir, dass wir alle vereint gegen den Terrorismus stehen.
Jelko Kacin (ALDE). – (SL) Am 28. April musste ein Flugzeug der mazedonischen Luftfahrtgesellschaft MAT mit sechsundsiebzig Passagieren an Bord, das sich auf dem Weg nach Ägypten befand, zwangsweise in Istanbul landen, da ihm die griechischen Behörden das Durchfliegen des griechischen Luftraums verweigert hatten.
Im Februar haben die griechischen Behörden der MAT für Charterflüge nach Korfu keine Erlaubnis erteilt, wobei sie als Grund den Namen der Luftfahrtgesellschaft nannten: MAT (Macedonian Airlines). Ziel des im Juni 2006 unterzeichneten europäischen Abkommens über den gemeinsamen Luftraum ist die Schaffung eines erweiterten gemeinsamen Luftraums mit den benachbarten Staaten, auch mit der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien.
Die griechischen Behörden sind auf der Grundlage des Vertrags verpflichtet, dem Ersuchen der MAT stattzugeben. Die griechische Blockade der MAT-Flüge stellt eine Verletzung des geltenden Rechts, der EU-Verträge und des internationalen Rechts auf dem Gebiet des Luftverkehrs dar. Den Namen der Luftfahrtgesellschaft als Grund für diese Entscheidung anzuführen, steht wiederum im Gegensatz zu den gemeinsamen europäischen Werten.
Mich interessiert, was die europäischen Institutionen und die Kommission zu unternehmen gedenken, um dieser diskriminierenden Praxis, die im Widerspruch zum freien Verkehr von Personen, Waren und Dienstleistungen steht und gegen Staaten gerichtet ist, die sich um die Mitgliedschaft in der Europäischen Union bewerben, ein Ende zu setzen.
László Tőkés (Verts/ALE). – (HU) Herr Präsident! In der mittel- und osteuropäischen Region müssen wir uns auch mit den schädlichen Hinterlassenschaften des Kommunismus für die Umwelt auseinander setzen. Das kann allerdings keinesfalls als eine rein einzelstaatliche Angelegenheit betrachtet werden, sondern wir haben es hier mit einem gemeinsamen europäischen Problem zu tun, das uns alle angeht. Zum Zeitpunkt des Regimewechsels waren unsere Länder einschließlich Rumänien in Bezug auf Strategien zum Schutz der Umwelt vollkommen unvorbereitet.
Ich befürworte den Bericht von Herrn Hartmut Nassauer von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten (PPE-DE-Fraktion) über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt, und ich wünsche mir, dass jene, die der Umwelt schwere Schäden zufügen, durch die restriktive Handhabung und strikte Einhaltung des Gemeinschaftsrechts strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.
Die Zyanidtechnologie muss in Roşia Montană (Verespatak) verboten werden. Auch die Zerstörung der Wälder im Szeklerland und anderen Regionen Rumäniens schadet der Umwelt. Die Autobahn, die in Transsilvanien gebaut wird, könnte der Umwelt ebenfalls großen Schaden zufügen. Die Bauarbeiten am Bystroye-Kanal in der Ukraine gehen weiter. In Bulgarien wird ein neues Kernkraftwerk errichtet, nachdem dieser Mitgliedstaat gezwungen war, die Anlage in Kozloduy zu schließen. Wir sollten diesen Problemen mehr Aufmerksamkeit widmen.
Sylvia-Yvonne Kaufmann (GUE/NGL). – Herr Präsident! In der Auseinandersetzung um den Vertrag von Lissabon wird in Deutschland von einigen linken Gruppen unter Berufung auf die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten behauptet, in Europa würde die Todesstrafe wieder eingeführt, um – wie es heißt – Menschen zwecks Niederschlagung eines Aufstandes exekutieren zu dürfen. Im Kern ist das eine unerhörte Verhöhnung der EMRK, die den unantastbaren Kern des europäischen Wertesystems und damit das Symbol eines auf Frieden und Freiheit und Rechtsstaatlichkeit verpflichteten Europas darstellt.
Ich bin empört, dass den Menschen auf diese Weise vor der EMRK, der die EU gemäß dem Vertrag von Lissabon beitreten soll, Angst gemacht wird. Außerdem protestiere ich entschieden dagegen, dass der Vertrag von Lissabon von einigen Linken mit Hitlers Ermächtigungsgesetz von 1933 gleichgesetzt wird. Das ist nicht nur völlig absurd, sondern impliziert darüber hinaus eine ungeheuerliche Verharmlosung des deutschen Faschismus. Das überschreitet die Grenzen von Anstand und Moral!
Gerard Batten (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Großbritannien ist eines von sieben Ländern, das Rechtsvorschriften für die Annahme eines Rahmenbeschlusses des Rates über gemeinsame Vorschriften für die Vollstreckung von Entscheidungen, die in Abwesenheit ergangen sind, vorschlägt. Das bedeutet, dass ein britischer Bürger in Abwesenheit im Ausland gerichtlich belangt und verurteilt und dann zur Inhaftierung in dieses Land überführt werden kann. Damit haben Betroffene nicht die Möglichkeit, sich in einem Gerichtsverfahren zu verteidigen, sondern müssen nach Aburteilung ihre Unschuld beweisen.
Obwohl es eine Bestimmung über Wiederaufnahmeverfahren gibt, werden diese nicht von allen EU-Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Rechtssysteme anerkannt. Das ist ein weiterer vernichtender Schlag gegen das Habeas-Corpus-Recht und das britischen Staatsbürgern traditionell zugestandene Recht, von willkürlicher Verhaftung und Inhaftierung verschont zu bleiben, auf dem das englische Recht und die Freiheiten des Landes fußen. Alle guten Elemente Großbritanniens werden durch die Mitgliedschaft in dieser bösartigen Organisation, die unter der Bezeichnung Europäische Union firmiert, schrittweise zerstört.
Slavi Binev (NI). – (BG) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die bulgarischen Behörden zeigen mit ihren Maßnahmen der vergangenen Wochen erneut ganz deutlich, dass sie weder die Absicht noch den Willen haben, sich mit dem Hauptproblem unseres Landes zu beschäftigen: der Reform des Justizsystems und der Innenpolitik. Anstatt das Leben und die Rechte der Bürger zu schützen, sind der Präsident, der Ministerpräsident, die Staatsanwaltschaft, der Innenminister und der Bürgermeister von Sofia in einer symbiotischen Einheit aufgegangen und nutzen die Hebel der Macht nur für politische Erpressungen Andersdenkender.
Schlimmer noch: Die meisten Medien in Bulgarien, die die zuverlässigsten Garanten dafür sein sollten, dass bei der Entwicklung unseres Landes nicht mehr vom Pfad der Demokratie abgewichen wird, sind durch finanzielle Interessen ein Bündnis mit dem kriminellen Element und mit den Machthabern eingegangen und deren vehemente Beschützer und Komplizen geworden.
Jeder, der der offiziellen Linie widerspricht, wird mundtot gemacht und hat keinen Zugang mehr zur öffentlichen Bühne. Leider stießen alle unsere Bemühungen, diese Fragen in Bulgarien zur Sprache zu bringen und zu diskutieren, auf heftigen Widerstand der korrupten Behörden, weshalb wir uns genötigt sahen, den Europäischen Gerichtshof einzuschalten, um die Staatlichkeit in unserem Lande zu bewahren.
Rodi Kratsa-Tsagaropoulou (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Ich möchte mich zu der sehr kritischen und zutiefst beunruhigenden Lage im Libanon äußern.
Im Parlament haben wir die Entwicklung der Situation verfolgt und oft über die Auswirkungen einer länger anhaltenden Krise infolge des Zusammenbruchs der Institutionen, die Probleme bei der Wahl eines Präsidenten der Republik, den wirtschaftlichen Stillstand, der auf die Besetzung des Geschäfts- und Verwaltungszentrums zurückgeht, und die Angst vor Terroranschlägen diskutiert.
Die Dinge gipfelten in Gewaltakten aller Art seitens der Hisbollah, nachdem die Regierung beschlossen hatte, deren unkontrolliertes Telekommunikationsnetz lahmzulegen.
Herr Präsident, ich möchte daran erinnern, dass derzeit in Katar ein schwieriger Versuch zur nationalen Verständigung unternommen wird. Auch wir müssen auf jede erdenkliche Weise diesen nationalen Dialog unterstützen, der unter gebührender Berücksichtigung der Interessen der libanesischen Bürger und ihres Wunsches nach Wohlstand, Sicherheit und nationaler Unabhängigkeit zu führen ist. Nutzen wir sämtliche Möglichkeiten, die uns das Assoziierungsabkommen mit diesem Land bietet.
Proinsias De Rossa (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte Sie einladen, sich mir anzuschließen und den im Tschad stationierten Soldaten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Namen des Europäischen Parlaments viel Erfolg zu wünschen. Diese mit einem hohen Risiko verbundene EU-Mission, die von der UNO sanktioniert ist, wird aus 4 000 vor Ort stationierten Militärangehörigen der Mitgliedstaaten bestehen und sich um den Schutz und die Unterstützung der 430 000 Flüchtlinge und Binnenvertriebenen, die derzeit in 42 Lagern leben, bemühen. Die Mission umfasst Hunderte von irischen Militärangehörigen, die die stolzen friedenserhaltenden und humanitären Traditionen der irischen Armee fortsetzen.
Diese Mission ist ein Beispiel für den Beitrag, den Europa jetzt leisten kann, und ein Hinweis darauf, was wir noch effektiver und zeitnaher tun können, sobald wir die humanitäre Hilfe, die Petersberger Aufgaben und die Bestimmungen des Lissabon-Vertrages über eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik in die Tat umsetzen können.
Ich möchte Sie dringend bitten, Herr Präsident, den Truppen vor Ort unsere besten Wünsche zu übermitteln.
Graham Watson (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte mich zur Lage der Roma und der Bürger aus neuen Mitgliedstaaten in Italien äußern. In den letzten Tagen hat die Polizei Razzien bei der Bevölkerungsgruppe der Roma in Rom durchgeführt. Von den dabei festgenommenen Personen wurden 118 zur sofortigen Ausweisung verurteilt, und der neue Bürgermeister von Rom hat angekündigt, dass er die Ausweisung von 20 000 Personen veranlassen wird. Auf die Lager von Roma in einigen Vororten von Neapel wurden Brandanschläge verübt und die Feuerwehr massiv bei der Brandbekämpfung behindert. Um zu überleben, mussten Hunderte von Zuwanderungsfamilien fliehen, und Berichten zufolge werden noch immer einige Kinder vermisst. Meine Kollegin Viktória Mohácsi war in Rom. Sie hat Besorgniserregendes berichtet, und ich hoffe, dass sie morgen Gelegenheit haben wird, sich zur Erklärung des Rates zu äußern.
Wir wissen, dass Angriffe auf Zuwanderer in vielen unserer Mitgliedstaaten ein Problem darstellen, aber in Italien ist das Ausmaß der Gewalt ungewöhnlich groß. Die OSZE hat Italien beschuldigt, Migranten zu stigmatisieren, und ich habe den Eindruck, dass die Atmosphäre der jüngsten Wahlkampagne dazu geführt hat, dass die Verantwortlichen dieser Übergriffe ungestraft agieren können. Selbst Kommissar Frattini, der die neuen Mitgliedstaaten als Erster über die Integration der ethnischen Minderheiten belehrte, stellt jetzt die Schengen-Abkommen in Frage. Diese Problematik geht ganz Europa an. Sie berührt den Kern der Ursachen, die zur Gründung der Europäischen Union geführt haben, und ich möchte die Kommission und den Rat dringend auffordern zu prüfen, wie in dieser Angelegenheit geholfen werden kann.
Ewa Tomaszewska (UEN). – (PL) Herr Präsident! Beim Lima-Gipfel legte ein Mitglied des Europäischen Parlaments Abtreibungen befürwortende Änderungsanträge zu der Entschließung über Armut und soziale Ausgrenzung vor. Diese Thematik liegt außerhalb der Entscheidungsbefugnisse der Organe der Europäischen Union, denn diese Angelegenheiten unterliegen dem nationalen Recht.
In den Beratungen des Ausschusses für soziale Angelegenheiten, Austauschprogramme, Umwelt, Bildung und Kultur wiesen die Vertreter des Europäischen Parlaments die Änderungsanträge in einer gesonderten Abstimmung für Vertreter der Parlamente der beiden Kontinente ab, was bedeutete, dass der Ausschuss sie nicht angenommen hat. Keines der Parlamente erachtete sie der Annahme wert. Zwischen den Beratungen des Ausschusses und den Plenarsitzungen wurde das Wahlverfahren in eine gemeinsame Abstimmung der Vertreter beider Parlamente geändert. Daraufhin wurden die Änderungsanträge aufgrund der Stimmen der lateinamerikanischen Parlamentarier angenommen. Diese Praxis zu akzeptieren hieße, dass jeder von uns im Namen der Europäischen Union Bestimmungen in internationale Dokumente einbringen könnte, die über das Mandat der EU hinausgehen und sie in die Verantwortung nehmen. Ich protestiere gegen eine derartige Praxis.
Daniel Strož (GUE/NGL). – (CS) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, dass sich die entsprechenden Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft vordringlich mit dem ernst zu nehmenden Phänomen des Auftretens nationalistischer paramilitärischer Gruppen in einigen Mitgliedstaaten befassen müssen, insbesondere in der Tschechischen Republik und in Ungarn. Wie Sie wissen, haben sich in diesen Ländern so genannte Nationale Garden gebildet, die von den staatlichen Stellen toleriert werden. Diese rechtsextremen Organisationen bezwecken die Unterstützung von Nationalismus und Rassismus sowie die Einschüchterung von Ausländern und allen Personen, die links eingestellt sind. Dies zeigte sich vor wenigen Tagen deutlich in Prag. Während die Nationale Garde in Ungarn in erster Linie bestrebt ist, die Beziehungen zwischen den Ungarn und den Nachbarvölkern zu stören, wird die Nationale Garde in Tschechien, obgleich sie ebenfalls fanatisch eingestellt ist, inzwischen zu einem Instrument der Einschüchterung nicht nur der Linken, sondern aller demokratisch gesinnten Bürger. Diese Organisationen sind nicht mit der Vorstellung eines Europas auf der Grundlage der Freundschaft unter den Nationen vereinbar; sie sind umso gefährlicher, da sie sowohl ehemalige als auch jetzige Mitglieder der Streitkräfte dieser Länder rekrutieren. Ich möchte Sie auf diesen Sachverhalt vordringlich aufmerksam machen.
Thomas Mann (PPE-DE). – Herr Präsident! Kürzlich entschied die Konferenz der Präsidenten, dass die Intergroups an Einfluss verlieren sollen. Unsere Sitzungen dürfen nur noch donnerstags in Straßburg stattfinden. An diesem Tag können aber zum Beispiel Menschenrechtsexperten nicht teilnehmen. Sie stehen von 15.00 bis 16.00 Uhr auf der Rednerliste der Dringlichkeitsdebatten. Darüber hinaus reisen die meisten Abgeordneten donnerstagnachmittags in die Wahlkreise und haben oft stundenlange Rückwege vor sich.
Bei allem Verständnis für ausreichend Zeit zugunsten der legislativen Arbeit sind Intergroups unentbehrlich. Wir haben uns freiwillig zusammengeschlossen, um die Themen zu erarbeiten, für die in den Ausschüssen keine Zeit bleibt, etwa Tibet oder Familie und Schutz der Kinder oder Vierte Welt oder Baltikum oder Tierschutz usw. Wir sind sichtbar, wir sind hörbar und wir sind für eine Vielzahl von Initiativen des Europäischen Parlaments verantwortlich. Ausgerechnet den aktiven Abgeordneten wird jetzt ein Maulkorb verpasst, sie werden ausgebremst und vor vollende Tatsachen gestellt, nämlich dass man dienstags und mittwochs nicht mehr tagen darf. Sorgen Sie, Herr Parlamentspräsident, bitte dafür, dass diese Fehlentscheidung korrigiert wird!
Der Präsident. − Ich will das nicht kommentieren, aber der Präsident des Parlaments ist nicht so mächtig, wie Sie das anzunehmen scheinen. Aber ich werde mich natürlich um die Angelegenheit kümmern.
Magda Kósáné Kovács (PSE). – (HU) Vielen Dank, Herr Präsident! Der Papst empfing letzte Woche Mitglieder der Ungarischen Katholischen Bischofskonferenz im Vatikan. Im Rahmen dieser Audienz brachte das Oberhaupt der katholischen Kirche seine Wertschätzung für die Tätigkeit der ungarischen Kirche zum Ausdruck und kritisierte den weltlichen Staat, der, wie er sagte, die Familien bestrafe. So verurteilte er das Gesetz, das unverheirateten Paaren die Eintragung ihrer Partnerschaft ermöglicht, mit der Begründung, dass damit das Zusammenleben unverheirateter Paare legalisiert wird und gleichgeschlechtlichen Paaren bürgerliche Rechte zuerkannt werden. Er stellte fest, dass dieses Gesetz nicht nur den Kirchendoktrinen zuwiderläuft, sondern auch gegen die ungarische Verfassung verstößt.
Im säkularen Europa mischen sich die Mitgliedstaaten nicht in religiöse Angelegenheiten ein, und die Kirche übt keinen ideologischen Druck auf den Staat aus. Der Vertrag von Lissabon garantiert die Grund- und Menschenrechte einschließlich der Religionsfreiheit und stellt institutionelle Beziehungen zwischen der EU und der Kirche her.
Eine Zusammenarbeit muss jedoch auf Gegenseitigkeit beruhen, und aus diesem Grunde fordern wir den Kommissionspräsidenten, Herrn Barroso, nachdrücklich auf, auf der Grundlage des ihm verliehenen Mandats zu handeln und einen Dialog mit der katholischen Kirche einzuleiten, um das weltliche Europa und die europäischen Werte zu schützen. Vielen Dank.
Tunne Kelam (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte an das anschließen, was mein Kollege Thomas Mann über die Verlagerung der Intergroup-Sitzungen auf den Donnerstagnachmittag gesagt hat. Ich bezweifle, dass es darum ging, den Abgeordneten zu helfen, sich besser auf die Plenarsitzungen zu konzentrieren. In gewisser Weise sind wir nun einmal Mädchen für alles. Wir müssen unsere Zeit auf unterschiedliche Aktivitäten aufteilen, und ein solcher Schritt kann die Mehrzahl der Europaabgeordneten auch nicht daran hindern, am Donnerstagnachmittag abzureisen, weil sie nach Hause fliegen müssen, um am nächsten Tag, also am Freitag, mit ihren Wählern zu sprechen. Ich fürchte, dass die Intergroups auf diese Weise zwischen Hammer und Amboss geraten, bei denen es sich in diesem Falle um Plenartagungen und Wahlkreise handelt. Ich glaube, diese Entscheidung würde ihrer lebendigen Arbeit einen kräftigen Dämpfer versetzen.
Vielleicht wäre es am sinnvollsten, wenn man es den Intergroups überließe, den für sie praktischsten und flexibelsten Modus Vivendi zu finden, und Ihre Erwiderung auf die Feststellungen von Herrn Mann machen mir Mut, Herr Präsident.
Catherine Guy-Quint (PSE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar! Es ist etwas beunruhigend, die Kommission daran erinnern zu müssen, dass sie für eine gerechte Umsetzung der europäischen Politiken auf dem Territorium eines jeden Mitgliedstaates verantwortlich ist.
Im konkreten Fall hat die französische Regierung der Auvergne als einziger Region die Zuständigkeit für die Verwaltung der Mittel des Europäischen Sozialfonds, die für lokale Pläne für berufliche Wiedereingliederung und Beschäftigung bereitgestellt wurden, entzogen. Der Standpunkt der Regierung ist nicht nachvollziehbar. Die betroffenen Stellen haben eine ausgezeichnete Bilanz in der Verwaltungsarbeit vorzuweisen, und diese willkürliche Entscheidung gefährdet die Existenz von Strukturen, die seit vielen Jahren für die soziale Eingliederung der Ärmsten tätig sind.
Die Europäische Kommission muss die französische Regierung an ihre Pflicht zu einheitlichem Handeln und zur Einhaltung der Vorschriften für die Verwendung europäischer Gelder erinnern. Es kann nicht sein, dass Abkommen mit der Europäischen Union in verschiedenen Teilen ein und desselben Landes auf polarisierende und parteiische Weise umgesetzt werden.
Toomas Savi (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Bei den Verhandlungen über ein neues Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der EU und der Russischen Föderation ist es aufgrund des Verhaltens einiger Mitgliedstaaten, das von vielen als obstruktiv eingeschätzt werden könnte, zu gewissen Rückschlägen gekommen. Ich freue mich, dass sich der Ratsvorsitz, die Kommission und Litauen auf einen Konsens einigen konnten, der uns die Verlängerung des alten, im letzten Jahr ausgelaufenen Abkommens ermöglicht.
Durch unsere Verzögerung der Verhandlungen mit Russland sägen wir an genau dem Ast, auf dem wir sitzen. Es gibt etliche Bereiche, von der Umwelt und der Energie über Visaregelungen, Zuwanderung, grenzübergreifende Projekte bis hin zu ungelösten Problemen in Verbindung mit Georgien und der Republik Moldau, die eine umfassende politische Einigung über gemeinsame Ziele und Maßnahmen erfordern. Ich gehe davon aus, dass die Kommission ihr Verhandlungsmandat im Interesse aller Mitgliedstaaten nutzen wird.
András Gyürk (PPE-DE). – (HU) Vielen Dank für die Worterteilung, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der bevorstehende EU-Russland-Gipfel in Sibirien könnte neue Möglichkeiten eröffnen. Ein potenziell wichtiges Ergebnis des Treffens wird der bilaterale Vertrag sein, der die Beziehungen zwischen beiden Parteien auf lange Sicht definieren könnte. Energiefragen müssen bei diesem Abkommen Vorrang erhalten, während gleichzeitig das Prinzip der Gegenseitigkeit im Auge behalten werden muss.
Eine wichtige Voraussetzung für die Gewährleistung der Gegenseitigkeit ist die Ratifizierung des Vertrags über die Energiecharta durch Russland. Dieser Vertrag sorgt für transparente Beziehungen auf dem Energiemarkt, trägt zur Versorgungssicherheit bei und fördert die Investitionstätigkeit. All diese Faktoren sind auch für Russland von entscheidender Bedeutung. Schließlich könnte sich Russland plötzlich außer Stande sehen, seinen Verpflichtungen nachzukommen, falls die Kapitalanlage im Bereich der Entwicklung vernachlässigt wird. Deshalb liegt die Ratifizierung des Vertrags über die Energiecharta durch den Kreml im Interesse beider Seiten.
Der Erfolg des bevorstehenden Gipfels wird davon abhängen, ob es den Mitgliedstaaten gelingt, aus dem Schatten des kurzfristigen Denkens herauszutreten und mit einer Stimme zu sprechen, um die gemeinsamen Interessen zu schützen. Vielen Dank, Herr Präsident.
Pervenche Berès (PSE). – (FR) Herr Präsident! Sie haben vorhin gesagt, dass Sie nicht allmächtig seien. Dennoch bin ich mir sicher, dass Sie mächtig genug sind, um die Beschlüsse der Konferenz der Präsidenten durchzusetzen.
Diese hat am 24. April dieses Jahres zu Recht beschlossen, die Quästoren darum zu bitten, ihre Entscheidung vom 26. September 2007 zu überdenken, in den Gebäuden des Europäischen Parlaments Räume und Infrastruktur für das European Business and Parliament Scheme zur Verfügung zu stellen.
Während unserer letzten Sitzungsperiode haben wir den Bericht Stubb/Friedrich über die Tätigkeit von Lobbyisten angenommen. Wenn in einer parlamentarischen Institution Vertreter von Arbeitgeberorganisationen ein Büro eröffnen, dann führt dies, offen gesagt, aus meiner Sicht zu einer Vermengung von Dingen, die nicht zusammengehören, zu einer Schieflage in unseren Beziehungen zu den Sozialpartnern, was jeglicher parlamentarischen Tradition in der Europäischen Union widerspricht.
Zudem ist mir unverständlich, warum wir nach diesem Beschluss der Konferenz der Präsidenten vom Vizepräsidenten des Parlaments, Herrn Vidal-Quadras, in Ihrem Namen eine Einladung für die Feier zur Eröffnung des European Business and Parliament Scheme am 3. Juni erhalten haben.
Ich hoffe, Herr Präsident, dass Sie Ihre ganze Autorität geltend machen werden, um die Ordnung in diesem Hause wiederherzustellen und um zu gewährleisten, dass dem Beschluss der Konferenz der Präsidenten Geltung verschafft wird.
Filiz Hakaeva Hyusmenova (ALDE). – (BG) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der nächste Monitoring-Bericht zu Bulgarien steht bevor. Als stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für regionale Entwicklung und Mitglied der Bewegung für Rechte und Freiheiten, einer Partei, die Teil der Regierungsmehrheit ist, habe ich die Umsetzung des Abkommens über den Beitritt Bulgariens zur EU aufmerksam beobachtet. Ich bin davon überzeugt, dass die Regierung unseres Landes im vergangenen Monat erneut eine unvoreingenommene Analyse der Problembereiche abgegeben und ihre Entschlossenheit erklärt hat, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Ein Hinweis darauf ist, dass zur Verbesserung der Abschöpfung europäischer Mittel der neue Posten einer stellvertretenden Ministerpräsidentin geschaffen wurde, um operationelle Programme zu beaufsichtigen und zu koordinieren. Damit wird sich die Kommunikation mit der Europäischen Kommission verbessern, und die stellvertretende Ministerpräsidentin wird die genaue und ordnungsgemäße Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen überwachen.
Es wurden Strukturveränderungen auf den Weg gebracht, um das Funktionieren der Verwaltungen innerhalb von Ministerien und staatlichen Behörden zu rationalisieren. Es wurden Minister in der Regierung ausgetauscht, der Rechtsrahmen für Inneres und Sicherheit wird geändert, Spitzenbeamte werden abgelöst. Der neue Innenminister ist dabei, Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption und Verbrechen zu ergreifen.
Bulgarien setzt seinen Weg des Zusammenhalts mit den Mitgliedstaaten fort, und ich bin zuversichtlich, dass die europäischen Institutionen die Anstrengungen unseres Landes objektiv bewerten werden.
Laima Liucija Andrikienė (PPE-DE). – (LT) Ich möchte diese Gelegenheit ergreifen, um über die diplomatische Vertretung der EU in Belarus zu sprechen.
Vor kurzem wurde in Minsk ein Büro der Europäischen Kommission eröffnet. Insgesamt haben 14 Mitgliedstaaten diplomatische Vertretungen in der Hauptstadt von Belarus. Zwei weitere EU-Länder, die Niederlande und Finnland, sind über andere EU-Länder in Belarus vertreten. Allerdings haben immerhin 11 Mitgliedstaaten ihre Moskauer Botschaften mit der Vertretung in Belarus beauftragt. Beispiele hierfür sind Österreich, Belgien, Griechenland, Dänemark, Spanien und leider auch das Land, das gegenwärtig den EU-Ratsvorsitz innehat, nämlich Slowenien. Meiner Ansicht nach wird dem belarussischen Volk hiermit ein falsches Signal gesendet, insbesondere da dieses darum kämpft, Widerstand gegen die Absichten des Regimes zu leisten, Belarus Russland zu opfern. Ich denke, es ist an der Zeit, alle Mitgliedstaaten nachdrücklich aufzufordern, vom eigenen Hoheitsgebiet aus in Belarus vertreten zu sein, und nicht von Moskau aus.
Der Präsident. − Damit ist dieser Tagesordnungspunkt geschlossen.
20. Strafrechtlicher Schutz der Umwelt (Aussprache)
Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Hartmut Nassauer im Namen des Rechtsausschusses über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt (KOM(2007)0051 – C6-0063/2007 – 2007/0022(COD)) (A6-0154/2008).
Hartmut Nassauer, Berichterstatter. − Herr Präsident! Die Europäische Union greift zum Mittel des Strafrechts. Es sollen also namens der Europäischen Union künftig auch Strafen ausgesprochen werden, und zwar zunächst wegen Verstößen gegen das Umweltrecht. Das ist ein weit reichender und bemerkenswerter Schritt, denn das Strafrecht ist der Europäischen Union eigentlich entzogen. Es gehört sogar zum Kernbereich der mitgliedstaatlichen nationalen Souveränität.
Deswegen musste der Weg zu dieser Richtlinie auch erst über zwei Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs eröffnet werden. Kurios genug, denn sowohl Rat als auch Kommission und Parlament sind sich seit langem darüber einig, dass Umweltrecht auch mit Hilfe von Strafmaßnahmen umgesetzt werden darf: Es hat einiger Jahre bedurft, ehe geklärt war, wer hier tätig werden darf – die Mitgliedstaaten im Rahmen von Rahmenbeschlüssen oder die Gemeinschaft in Gestalt der Richtlinie.
Der Europäische Gerichtshof hat sich – was nicht überrascht – der Haltung der Kommission angeschlossen. Im Übrigen ist der Streit sicherlich auch für die Zukunft entschärft, da der neue Vertrag von Lissabon diese Problematik aufnimmt und zugunsten der Gemeinschaft noch weitergehender löst, als das durch die Entscheidungen des EuGH schon einmal geschehen ist.
Hier liegt auch der Grund dafür, dass wir ein first reading agreement abgeschlossen haben. Wir wollten nämlich vermeiden, dass das Verfahren von neuem beginnen muss, wenn in diesem Jahr keine Lösung zustande kommt. Mit Rücksicht auf geänderte materielle Rechtsgrundlagen und im Hinblick auf die anstehenden Europa-Wahlen hätte zweifellos beträchtliche Zeit vergehen können, bis ein entsprechendes Gesetz hätte geschaffen werden können. Deswegen waren wir einmütig der Meinung, dass wir alles daransetzen müssen, um eine Lösung in erster Lesung zu erzielen. Mit „wir“ meine ich die slowenische Ratspräsidentschaft – ich bedauere außerordentlich, dass sie hier heute nicht vertreten ist, zumal ich gerade aus diesem Anlass eine dezente Krawatte angelegt habe –, die Kommission und – und das möchte ich besonders hervorheben – die Kolleginnen und Kollegen Schattenberichterstatter, die sehr kollegial und kooperativ waren und sehr sachlich mitgearbeitet haben. Die Arbeit war eine reine Freude.
Das neue Gesetz enthält drei Säulen, die ich wenigstens kurz zitieren möchte. Erstens haben wir nicht nur tatbestandsmäßige Handlungen definiert, die künftig unter Strafe stehen sollen, sondern auch in einem Anhang festgelegt, welche Vorschriften im Einzelnen als Grundlage für ein strafbares Handeln herangezogen werden können. Das folgt dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Nicht irgendein Umweltverstoß, sondern der Verstoß gegen präzise in einem Anhang festgelegte Gesetze begründet eine mögliche Strafbarkeit. Es war wichtig, dass dies hier verankert worden ist.
Der zweite Punkt ist gewissermaßen die Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Die Keule des Strafrechts kann nicht gegen jeden auch noch so lächerlichen Verstoß geschwungen werden, sondern er muss von einigem Gewicht sein. Deswegen ist Bagatellunrecht aus der Strafbarkeit ausgeschlossen worden.
Drittens haben wir auch festgelegt, dass nur rechtswidriges Verhalten Grundlage für Strafbarkeit sein kann. Diese drei Grundsätze haben wir übereinstimmend in dem Entwurf verankert. Ansonsten haben wir auch durchaus die Definitionen verbessert. Ich bin nun sehr gespannt auf die Debatte. Ich bedanke mich nochmals bei allen Kolleginnen und Kollegen, die diesen Kompromiss möglich gemacht haben.
Der Präsident. − Vielen Dank, Herr Nassauer! Sie hatten die besondere Qualität Ihrer Krawatte angesprochen. Das war auch mir aufgefallen, aber ich habe nicht gewagt, dazu eine Bemerkung zu machen. Aber nachdem Sie es selbst getan haben, möchte ich Ihnen doch gerne bestätigen, dass mir das auch aufgefallen ist.
Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. − (FR) Herr Präsident! Auch wenn Herr Nassauer und ich nicht ganz die gleiche Krawatte tragen mögen, unterstütze ich dennoch seine ausgezeichnete Arbeit voll und ganz und danke ihm herzlich dafür.
Die Kommission begrüßt das Ergebnis der Verhandlungen mit dem Parlament und dem Rat sowie die Tatsache, dass eine Einigung in erster Lesung möglich scheint. Dies ist ein weiterer Erfolg für die drei Organe und zeigt, Herr Präsident, dass das Verfahren der Mitentscheidung selbst bei verzwickten und schwierigen Themen sehr effizient ist. Ich muss sagen, dass Herr Nassauer als Berichterstatter im Namen des Rechtsausschusses, der Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Umweltausschusses und die Schattenberichterstatter hart und konstruktiv mit dem Ratsvorsitz und der Kommission zusammengearbeitet haben, um im Rahmen des informellen Trilogs diesen Kompromiss zu erzielen, der Ihnen heute vorliegt.
Da Herr Nassauer bereits alles sehr gut erläutert hat, werde ich mich kurz fassen. Tatsächlich hängt ein effizienter Umweltschutz von der wirksamen und vollständigen Umsetzung der Gemeinschaftspolitik ab. Das Strafrecht ist dabei ein unverzichtbares Instrument. Bei den schwerwiegendsten Straftaten ist nur mit scharfen strafrechtlichen Sanktionen eine wirklich abschreckende Wirkung zu erzielen, wobei natürlich stets das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu berücksichtigen ist, wie Sie sehr richtig bemerkt haben.
Die Kommission hätte sich zwar eine Angleichung des Strafmaßes gewünscht, allerdings ist dies nach dem Urteil des Gerichtshofes vom Oktober 2007 auf der Rechtsgrundlage des Vertrags nicht möglich, und das Urteil des Gerichtshofes muss respektiert werden. Doch auch ohne diese Angleichung des Strafmaßes wird die Richtlinie entscheidend zu einem wirksameren Umweltschutz beitragen, nicht zuletzt durch ihre abschreckende Wirkung. Die Mitgliedstaaten werden sich über die Definition von die Umwelt schädigenden Straftaten, über den Haftungsumfang von Unternehmen bei derartigen Vergehen und über die Notwendigkeit von wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktionen einigen.
Deshalb hoffen und vertrauen wir darauf, dass dies angesichts der bereits erzielten Ergebnisse erfolgreich gemeistert werden kann. Das Übereinkommen des Europarates über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht wurde vor zehn Jahren hier in Straßburg unterzeichnet und ist noch immer nicht in Kraft getreten! Daher ist es höchste Zeit, ein wirksames europäisches Rechtsinstrument zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt zu schaffen. Damit dieses Ziel baldmöglichst erreicht werden kann, zähle ich auf die Unterstützung des Parlaments und möchte dem Berichterstatter nochmals danken.
Zum Schluss noch Folgendes: Die Kommission ist verpflichtet, bestimmte Erklärungen abzugeben, die Bestandteil des mit den gesetzgebenden Organen vereinbarten Kompromisses sind. Herr Präsident, ich werde diese Erklärungen jetzt verlesen.
„Erklärung Nr. 1 : Die Europäische Kommission nimmt den folgenden, vom Rechtsausschuss des Parlaments angenommenen Änderungsantrag zur Kenntnis: „Erweist es sich, dass eine Dauertätigkeit nach einer gewissen Zeit zu Umweltschäden führt, die ihrerseits eine strafrechtliche Haftung gemäß dieser Richtlinie nach sich ziehen können, dann sollte die Frage, ob der Schadensverursacher vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat oder nicht in Bezug auf den Zeitpunkt entschieden werden, zu dem der Schadensverursacher von dem Straftatbestand Kenntnis erlangte oder erlangt haben sollte, und nicht in Bezug auf den Zeitpunkt, zu dem der Schadensverursacher seine Tätigkeit aufgenommen hat. Es sollte in diesem Zusammenhang beachtet werden, dass die vorherige Erteilung einer amtlichen Genehmigung, Lizenz oder Konzession unter solchen Umständen keinen Rechtfertigungsgrund darstellen sollte.“ Die Kommission versteht die in diesem Änderungsantrag geäußerten Bedenken voll und ganz. Diese Belange gehören in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, und wir sind zuversichtlich, dass diese wichtigen Fragen von den Mitgliedstaaten berücksichtigt werden.“
„Erklärung Nr. 2 der Europäischen Kommission: Der in Anhang B der vorliegenden Richtlinie über die Sicherheit und Gesundheit zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt gegen die Gefahren durch ionisierende Strahlungen genannte abgeleitete Rechtsakt wurde auf der Grundlage des Euratom-Vertrages verabschiedet. Somit erstrecken sich die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, in Anwendung der Richtlinie strafrechtliche Sanktionen einzuführen, auch auf rechtswidrige Handlungen unter Verletzung der Bestimmungen des auf der Grundlage des Euratom-Vertrages verabschiedeten Rechtsaktes und sind mit Bezug auf diesen Rechtsakt zu definieren.“
Verzeihen Sie mir, dass ich diese beiden Texte vorlesen musste, aber dazu war ich verpflichtet. Nachdem das erledigt ist, Herr Präsident, werde ich die Aussprache mit größter Aufmerksamkeit verfolgen.
Dan Jørgensen, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. − (DA) Herr Präsident! Ich möchte zunächst bemerken, dass es nicht nur Grund gibt, Herrn Nassauers Krawatte zu loben. Es gibt auch Grund, seinen bedeutenden Beitrag bei der Suche nach einem Kompromiss in dieser schwierigen Angelegenheit herauszustellen. Die Entscheidung, die wir jetzt treffen, ist außerordentlich wichtig. Eines der Hauptprobleme bei der Umweltpolitik der EU besteht darin, dass sie in den einzelnen Staaten leider nicht einheitlich durchgesetzt und insbesondere auch nicht einheitlich durchgeführt wird. Darin besteht also das Problem, das wir jetzt durch diesen großen Schritt nach vorn zu lösen versuchen. Künftig werden wir dafür sorgen, dass der gleiche Verstoß in allen Mitgliedstaaten, ganz gleich wo er verübt wird, auf die gleiche Weise geahndet wird. Ich stelle auch erfreut fest, dass uns jetzt einige Definitionen vorliegen, worin derartige Verstöße bestehen. Wir haben jetzt einen klaren Katalog, der, wie wir betonen, nicht statisch, sondern dynamisch sein muss, und der zeigt, wann gegen die grundlegenden Prinzipien der Umweltpolitik verstoßen wird. Im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit waren wir sehr darum besorgt zu gewährleisten, dass insbesondere die natürlichen Lebensräume geschützt werden, und wir freuen uns, dass dieser Aspekt in den Bericht aufgenommen wurde. Wir hätten auch gerne mehr Details zum Strafmaß gehabt. Dies war leider auf der Basis der aktuellen Verträge nicht möglich, aber insgesamt sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Es stellt für den Umweltschutz einen großen Schritt nach vorn dar.
VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS Vizepräsident
Georgios Papastamkos, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Im letzten Sommer wurde Griechenland von einer der schlimmsten Katastrophen seiner jüngeren Geschichte heimgesucht. Mehr als 60 Menschen sind ums Leben gekommen, es gab viele Verletzte, und tausende Hektar Land gingen in Flammen auf. Dies ist die tragische Bilanz der Feuersbrünste auf der westlichen Peloponnes, in Attika und auf Euböa. Von ähnlichen Katastrophen waren in den vergangenen Jahren auch andere EU-Mitgliedstaaten in Mittelmeerraum wie Spanien, Italien oder Portugal betroffen.
Brandstiftung im Wald zählt, zumal wenn sie Menschenleben und den Naturreichtum einer Region in Gefahr bringt, ohne jeden Zweifel zu den schwersten und abscheulichsten Verbrechen unserer Tage.
Die Kommission hat einen Vorschlag für eine Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt vorgelegt. Die Richtlinie berücksichtigt nicht den Ausgang des einschlägigen Rechtsetzungsprozesses, der mehr von formaljuristischen Differenzen als von substanziellen Fragen abhängig sein wird. Dennoch wird hier ein Schritt in die richtige Richtung unternommen; die Richtlinie wird in den kommenden Jahren ein bedeutendes Instrument für einen wirksameren Umweltschutz darstellen.
Ich möchte dem Berichterstatter des Europäischen Parlaments, Herrn Nassauer, persönlich für sein Feingefühl danken, hat er doch in einen auf Ausgleich bedachten Änderungsantrag eine Bestimmung eingefügt, wonach vorsätzliche Brandstiftung als Straftatbestand einzustufen ist. Ich möchte zudem den Mitgliedern der spanischen Delegation in der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten danken, die meinen Änderungsantrag unterstützt haben.
Manuel Medina Ortega, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Ich glaube, diese Sitzung des Europäischen Parlaments wird in einigen Jahren als der Zeitpunkt betrachtet werden, an dem ein wichtiger Präzedenzfall in der Entwicklung des Rechts der Europäischen Union gesetzt wurde.
Im Prinzip hat die Europäische Union keine Kompetenz in Sachen Strafrecht, da es den Mitgliedstaaten obliegt. Wie der Berichterstatter bemerkte, haben die beiden Urteile des Gerichtshofs den Weg für eine gewisse, wenn auch begrenzte Zuständigkeit der Gemeinschaft im Strafrecht geöffnet.
Herr Jørgensen erklärte, dass es hier nicht um Harmonisierung geht, sondern um die Annäherung der Rechtsvorschriften, und in dieser Hinsicht haben meiner Meinung nach das Parlament, durch seinen Berichterstatter, Herrn Nassauer, der Rat und die Kommission, die slowenische Präsidentschaft und Kommissar Barrot dazu beigetragen, eine für alle akzeptable Vereinbarung auf den Weg zu bringen.
Wie ich sagte, sprechen wir über Harmonisierung und nicht über die Annäherung der Rechtsvorschriften. Wir werden die Kategorien der Straftaten harmonisieren, das ist die Grundlage des Strafrechts, und wie Herr Nassauer bemerkte, mit juristischer Präzision, die strafrechtliche Einordnung darf keinen allgemeinen oder willkürlichen Charakter haben.
Wir respektieren den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, indem wir Mindeststrafen ausschließen, und wir legen das Prinzip fest, dass man keine Handlung verfolgen kann, wenn dafür keine Strafe vorgesehen ist.
Ich glaube, dass die Erklärung der Kommission, insbesondere zur Nachlässigkeit und Festlegung der Haftung, uns helfen wird, in dieser Frage voranzukommen. Im Moment können wir nicht weiter gehen, und meines Erachtens werden wir dazu erst in der Lage sein, nachdem substanzielle Änderungen im Unionsrecht vorgenommen werden, mit neuen Verfassungsbestimmungen. Doch das Parlament unternimmt gemeinsam mit dem Rat und der Kommission alles, was in seinen Kräften steht, um die Umweltschutzgesetze und die entsprechenden strafrechtlichen Bestimmungen zu stärken, in Übereinstimmung mit der alten Konvention des Europarats, in der die Festlegung einer strafrechtlichen Haftung für Verstöße gegen die Umweltgesetze vorgesehen war. Vielen Dank.
Diana Wallis, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Wie bereits festgestellt wurde, sollten wir Herrn Nassauer für seine Zuarbeit zur Einigung in erster Lesung danken. Besonderer Dank gebührt ferner der Kommission, mit deren Hilfe wir schließlich ans Ziel gelangen konnten.
Wie Herr Medina eben sagte, ist es und wird es eine bemerkenswerte Einigung in erster Lesung sein. Hinsichtlich der Entwicklung des Mitentscheidungsverfahrens ist gerade die Mitwirkung dieses Hauses an der Festsetzung von strafrechtlichen Sanktionen beachtlich. Das ist wirklich eine bemerkenswerte Entwicklung. Diese Richtlinie wird endlich in einem Bereich für Rechtssicherheit sorgen, der in der Vergangenheit von einem sehr unwürdigen Hin und Her zwischen dem Europäischen Gerichtshof und den verschiedenen Armen des europäischen Gesetzgebers gekennzeichnet war. Jetzt verfügen wir über ein gewisses Maß an Sicherheit und Klarheit.
Vor allem ist das ein großes Plus für die Umwelt. Als Mitglied des Petitionsausschusses habe ich im Verlaufe der Jahre festgestellt, dass sich unsere Bürger aufgrund von Umweltschäden am häufigsten veranlasst sehen, uns um Unterstützung bei der Umsetzung von Vorschriften zu ersuchen, bei denen es sich ihrer Ansicht nach um europäisches Recht handeln sollte. Jetzt endlich sind wir in der Lage zu sagen, dass wir über wirksame Mittel verfügen – oder verfügen sollten –, um dafür Sorge zu tragen, dass das Umweltrecht tatsächlich so konsequent durchgesetzt wird, wie es unsere Bürger unionsweit erwarten.
Doch nicht nur das – das Parlament kann einen weiteren Erfolg verbuchen. So haben wir bei dieser Einigung u. a. auf der Einführung so genannter Entsprechungstabellen bestanden. Mithilfe dieser Tabellen wäre es uns möglich, im Rahmen dieses sehr komplexen Rechtsaktes festzustellen, an exakt welcher Stelle die Mitgliedstaaten europäische Rechtsvorschriften in ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften einfügen. Diesen Punkt nehmen wir als Parlament sehr ernst, und jetzt endlich wurde unser Standpunkt aufgegriffen. Meines Erachtens ist das ein deutlicher Beweis unserer Kompetenz und wachsenden Effektivität als Gesetzgeber und ein gutes Zeichen für das bevorstehende Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon.
Monica Frassoni, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Normalerweise mag meine Fraktion keine Einigungen in erster Lesung, weil die Qualität der Rechtsvorschriften oft unter dem Druck, schnell zu einer Übereinkunft zu gelangen, beeinträchtigt wird. Ich muss zugeben, Herr Nassauer, wenn Sie mich vor einem Jahr gefragt hätten, ob ich mir vorstellen könnte, wir würden mit Herrn Nassauer als Berichterstatter in erster Lesung zu einer fraktionsübergreifenden Einigung zum strafrechtlichen Schutz der Umwelt kommen, hätte ich das wahrscheinlich nicht für möglich gehalten. Und doch ist es passiert, dank der hervorragenden Teamarbeit, die durch die strikte Einhaltung der informellen Dialogverfahren mit Kommission und Rat ermöglicht wurde, in die sowohl der Berichterstatter, aber auch die Schattenberichterstatter so weit wie möglich einbezogen wurden, aber selbstverständlich auch dank der wertvollen Arbeit des Umweltausschusses. Auch ich möchte deshalb dem Berichterstatter und seinen Kollegen von ganzem Herzen danken, denn das ist, wie bereits alle anderen Redner sagten, ein bedeutsames Ergebnis.
Herr Präsident, das Urteil des Gerichtshofs hat uns ganz klar daran gehindert, Sanktionen festzulegen, und das hat uns ein wenig die Flügel gestutzt, doch auch aus diesem Grund hoffe ich, dass wir gemeinsam, die Europäische Union, nach dieser Abstimmung das Problem nicht vergessen werden. Ich denke, wir sollten uns dem Thema ernsthaft wieder zuwenden, wenn der Vertrag von Lissabon ratifiziert ist.
Wie alles im Leben ist selbstverständlich auch diese Richtlinie nicht perfekt. Wir zum Beispiel sind nicht besonders glücklich über den komplizierten Anhang, der eine lange, gleichwohl komplette Liste der Richtlinien enthält, auf die dieser neue Rechtsakt angewendet werden muss. Uns wäre ein von der Kommission vorgeschlagenes und vom Umweltausschuss gebilligtes System, aus dem klar hervorgeht, dass über die fraglichen Richtlinien hinaus eine ganze Reihe von Delikten automatisch als strafwürdig betrachtet werden, lieber gewesen.
Noch gefällt uns besonders, dass die Übergansfrist auf zwei Jahre festgesetzt wurde. Das hätte man unseres Erachtens besser machen können, und, wie Frau Wallis bereits sagte, sind wir sehr zufrieden, dass den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auferlegt wurde, Tabellen der Entsprechungen vorzulegen, mit anderen Worten, die Mitgliedstaaten müssen uns umgehend mitteilen, wie sie die Rechtsvorschriften umsetzen, was sie oft unterlassen haben.
Jedenfalls findet es unsere uneingeschränkte Unterstützung, dass für eine Reihe von Verstößen nun keine Straffreiheit mehr gewährt wird. Ich komme aus einem Land, Italien, wo die Versuchung hierzu bestand und ihr auch nachgegeben wurde, und ich bin froh, dass die vorliegende Richtlinie diese Möglichkeit ausschließt und die Zerstörung natürlicher Lebensräume, Vandalismus und andere derartige Vergehen nicht länger straflos bleiben.
Jens Holm, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Jeder, der gegen das Umweltrecht verstößt, ist natürlich zu bestrafen, wobei die Strafen fühlbar sein und abschreckend wirken müssen, um Wiederholungen auszuschließen. Aber sollten wir die strafrechtlichen Bestimmungen harmonisieren? Soll die EU festlegen, wie Umweltkriminalität zu ahnden ist, d. h. mit Haftstrafen, Geldstrafen oder anderen Sanktionen? Nein, die Entscheidung in diesen Dingen fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.
Die Gefahr einer Harmonisierung von Rechtsvorschriften besteht darin, dass progressive Länder gezwungen sein könnten, ihre Bestimmungen zu entschärfen. Das ist unannehmbar. Wenn wir die Entscheidungsbefugnis auf diesem Gebiet der EU überlassen, was kommt dann als Nächstes? Natürlich muss die EU auf die Verbesserung des Umweltrechts in den Mitgliedstaaten hinwirken. Wir können und müssen gute Beispiele verbreiten und diejenigen Mitgliedstaaten unterstützen, die aus verschiedenen Gründen hinterherhinken. Ein ausgezeichnetes Mittel ist die Erstellung von Tabellen mit konkreten Indikatoren, anhand deren die Mitgliedstaaten verglichen werden können. Damit schaffen wir ein System mit einem hohen Grad an Legitimität und demokratischer Verankerung. Außerdem erweisen wir so der Umwelt den besten Dienst.
Aloyzas Sakalas (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Berichterstatter für seine wohl überlegte Zusammenarbeit danken und feststellen, wie sehr es mich freut, dass es uns im Rahmen unserer Diskussionen gelungen ist, eine Lösung zu finden, die alle Beteiligten akzeptieren können. Dennoch möchte ich drei Punkte ansprechen.
Erstens befürworte ich uneingeschränkt den Vorschlag, dass dieser Bericht vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon angenommen werden sollte. Das bedeutet, dass sämtliche Mitgliedstaaten schon sehr bald strafrechtliche Sanktionen gemäß der neuen Richtlinie anzuwenden haben werden. Die Waldbrände in Griechenland sollten uns allen eine große Lehre sein.
Zweitens möchte ich auf den sehr positiven Charakter des neuen Wortlauts von Artikel 3 Buchstabe h in Bezug auf Aktionen verweisen, die „die erhebliche Schädigung eines Lebensraums innerhalb eines geschützten Gebiets“ bewirken. Das stellt eine erhebliche Verbesserung im Vergleich zu dem ursprünglich vom Berichterstatter vorgeschlagenen enger gefassten Wortlaut dar.
Drittens wurden die Anhänge am kontroversesten diskutiert. In diesem Zusammenhang stelle ich fest, dass der Umfang der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten im Hinblick auf Artikel 176 EG-Vertrag dadurch nicht eingeschränkt wird. Außerdem wird eine Liste der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für die Rechtssicherheit sorgen, die im Rahmen des Strafrechts erforderlich ist. Damit erübrigt sich auch die Definition bestimmter Begriffe in der Richtlinie wie Wasser oder Abfall. Ich befürworte die Aufnahme der beiden Anhänge in die Richtlinie.
Das von Herrn Nassauer vorgeschlagene Dokument hat meine volle Unterstützung.
Mojca Drčar Murko (ALDE). – (SL) Im Umweltausschuss haben wir erwartet, dass die Schaffung gemeinsamer Standards für die strafrechtliche Verfolgung bei Umweltdelikten über diesen Kompromiss hinausgeht und neben dem Gemeinschaftsrecht auch die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten umfasst. Es hat sich aber gezeigt, dass der erzielte Kompromiss derzeit das ist, was annehmbar ist. Gleichwohl ist das für den Umweltschutz ein großer Schritt nach vorn, da bei schweren Umweltstraftaten, wie sie im Anhang aufgeführt sind, eine koordinierte Anwendung wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen vorgesehen ist.
Hinsichtlich der Strafrechtspolitik der Staaten, die sich auf dieser Grundlage entwickeln wird, möchten wir auf die Regel des modernen Strafrechts aufmerksam machen, wonach die Höhe der angedrohten Strafen nicht so entscheidend ist wie die Zuverlässigkeit der Strafverfolgung. Die Täter sollen ruhig wissen, dass sie nirgends in Europa einen sichereren Zufluchtsort haben werden.
Hiltrud Breyer (Verts/ALE). – Herr Präsident! Es ist in der Tat sehr zu begrüßen, dass sich die Kommission von den EU-Mitgliedstaaten nicht hat bangemachen lassen und einen Vorschlag zur Bestrafung von Umweltsünden vorgelegt hat. Es wäre wünschenswert, wenn es eine Einigung in erster Lesung gäbe, denn es darf nicht länger sein, dass Verstöße gegen die Umwelt als Kavaliersdelikt betrachtet werden. Es ist auch positiv, dass gerade heute, da die UN-Konferenz zum Artenschutz begonnen hat, Naturschutzgebiete im Gesetzesvorschlag besser und klarer definiert werden und dass klarer wird, was ein Verstoß ist.
Allerdings ist es bedauerlich, dass es keine Sanktionen gibt und dass ein Verstoß nicht generell als strafbare Handlung betrachtet wird. Das schafft leider Schlupflöcher, gerade beim Schutz von Fauna und Flora, wo Verstöße nicht generell geahndet werden und viele sich hinter ihrem Nichtwissen verstecken können. Von daher wäre es folgerichtig auch gut gewesen, wenn die Gentechnik unter diese Richtlinie fallen würde. Kriminelles Vorgehen im Umweltbereich muss bestraft werden und ich hoffe, dass wir damit einen Meilenstein setzen können, um deutlich zu machen, dass die Umwelt ein schützenswertes Gut ist und wir alles tun müssen, damit Verstöße gegen Umweltbestimmungen geahndet werden.
Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. − (FR) Herr Präsident! Diese Aussprache hat tatsächlich gezeigt, dass wir an der Schwelle zu einer neuen Etappe stehen. Vielleicht sollte ich sagen, dass wir diese Schwelle überschreiten werden, wenn dieser Text – und ich möchte Herrn Nassauer nochmals für seinen Anteil an der Erarbeitung danken – hoffentlich deutlich macht, dass bei „Verstößen nun keine Straffreiheit mehr gewährt wird“, wie Frau Frassoni gesagt hat. Genau das zählt meiner Meinung nach. Dies ist ein echter Schritt nach vorn. Ich möchte hinzufügen, dass die Kommission anfangs gegen Anhänge war; doch auch wenn sie einen solchen Anhang immer noch für verzichtbar hält, muss er akzeptiert werden, wenn dies dem Wunsch der Mehrheit der Mitgliedstaaten entspricht. Der nun zur Abstimmung stehende Anhang ist umfangreich und enthält alle wichtigen Instrumente des Umweltrechts, die für die in der Richtlinie definierten Verstöße von Bedeutung sein können.
Gleichzeitig lässt sich natürlich nicht behaupten, dass wir eine erschöpfende Liste erstellt haben, und es wäre auch riskant gewesen, Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Andererseits bin ich nunmehr der Überzeugung – und ich möchte die Abgeordneten ganz einfach nur daran erinnern –, dass die Mitgliedstaaten nach der Verabschiedung der Richtlinie achtzehn Monate Zeit haben, um deren Inhalt in einzelstaatliches Recht umzusetzen, und diesen Umsetzungsprozess wird die Kommission natürlich aufmerksam verfolgen. Im Lichte des Rechtsrahmens wird sie prüfen, ob zusätzliche Rechtsinstrumente gebraucht werden.
Aus meiner Sicht wird eine ganz besonders gründliche Prüfung erforderlich sein, um sicherzustellen, dass die Umsetzung auch tatsächlich im Sinne dessen erfolgt, was das Europäische Parlament mit diesen Rechtsvorschriften erreichen wollte. Ich höre gerade, dass die Frist für die Umsetzung 24 Monate beträgt. Ja, das ist richtig, es sind tatsächlich 24 Monate. Ich war hier wohl etwas ambitionierter. Allerdings kann Ihnen die Kommission heute versichern, dass sie die Umsetzung dieses Textes, der ein bedeutender Fortschritt für den Umweltschutz in Europa ist, fest im Blick behalten wird.
Hartmut Nassauer, Berichterstatter. − Herr Präsident! Um mit dem letzten Punkt, der Umsetzungsfrist, zu beginnen: Dies hier ist ein Präzedenzfall. Kollege Medina hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nun alle Umweltrechte der Gemeinschaft durchforstet werden müssen und sich im Hinblick auf die neuen Tatbestände sozusagen strafrechtlich bewähren müssen. Das geschieht zum ersten Mal und ist sehr umfänglich. Deswegen hat es Sinn, wenn wir hier den Mitgliedstaaten nicht nur 18 Monate Zeit lassen, sondern 24.
Im Übrigen will ich mich jetzt nur noch einmal an die Kommission wenden. Herr Kommissar Barrot, vielleicht ist das derzeit nicht unbedingt Ihr Zuständigkeitsbereich, aber in Zukunft doch. Die Kommission hat jetzt eine neue Möglichkeit, sie verfügt über ein neues Instrumentarium, das wie gesagt im Kern und grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten ist. Ich glaube, dass die Kommission gut beraten ist, wenn sie von diesen Möglichkeiten mit Vorsicht Gebrauch macht. Die strafrechtliche Bewährung von Gemeinschaftsrecht ist ja nicht auf das Umweltrecht beschränkt, sondern kann im Prinzip auf alle anderen Gemeinschaftsfelder übertragen werden. Deswegen glaube ich, dass die Kommission gut beraten ist, wenn sie dies hier sehr sorgfältig überlegt. Denn das Strafrecht ist das letzte Mittel, um einem Recht zur Durchsetzung zu verhelfen, und kein Mittel, was man jeden Tag einsetzt. Die Mitgliedstaaten werden von alledem nicht furchtbar begeistert sein. Übrigens sind die Urteile des Europäischen Gerichtshofs –um es ganz vorsichtig zu umschreiben – in der Rechtslehre und der Rechtswissenschaft mit größter Zurückhaltung aufgenommen worden.
Deshalb mein Rat an die Kommission: Machen Sie vorsichtigen Gebrauch von diesen Mitteln. Umso wirksamer wird es sein, wenn es nachher konkret umgesetzt wird.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Mittwoch, dem 21. Mai 2008, statt.
21. EP-Haushaltsvoranschlag 2009 (Aussprache)
Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Janusz Lewandowski im Namen des Haushaltsausschusses über den Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben des Europäischen Parlaments für das Haushaltsjahr 2009 (2008/2022(BUD)) (A6-0181/2008).
Janusz Lewandowski, Berichterstatter. − (PL) Herr Präsident! Bei der Bewertung des Voranschlags der Einnahmen und Ausgaben des Europäischen Parlaments für das Haushaltsjahr 2009 haben wir die besonderen Umstände und Herausforderungen, mit denen wir es im kommenden Jahr zu tun haben, berücksichtigt. Wir alle sind uns einig, um welche Herausforderungen es sich handelt: Das Parlament muss an seine erweiterten Befugnisse nach dem erwarteten Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags angepasst werden; es stehen Wahlen bevor, und die Wahlkampagne muss finanziert werden; neue Regeln für die Bezüge der Abgeordneten sowie – hoffentlich – transparente Regeln für die Beschäftigung und Entlohnung von parlamentarischen Assistenten sollen angenommen werden.
Nicht jede Herausforderung des kommenden Jahres wurde quantifiziert und in den Voranschlägen der Ausgaben berücksichtigt. In Fällen von Unwägbarkeit ist die naheliegende Antwort eine Haushaltsreserve, und genau dies war Gegenstand der Diskussionen bei unserer Sitzung mit dem Präsidium des Parlaments, die in unserem Haushaltsjargon als „Vorkonzertierungssitzung“ bezeichnet wird. Ich kann Ihnen erfreut mitteilen, dass die Stimmung auf der Sitzung gut war und viele unserer Vorschläge angenommen wurden. Insbesondere die 65 neuen Planstellen wurden in die Voranschläge aufgenommen, wobei ein Teil der Mittel in die Reserve eingestellt wurde. Es wurde zudem eine „Lissabon-Reserve“ eingerichtet, um die Feststellungen der Ad-hoc-Arbeitsgruppe, die derzeit die Auswirkungen des Vertrags von Lissabon auf die neuen Erfordernisse des Parlaments bewertet, zu berücksichtigen. Der Haushaltsausschuss hat die Forderungen der politischen Fraktionen geprüft und die Notwendigkeit anerkannt, das Unterstützungspersonal aufzustocken, jedoch gemäß den Grundsätzen der Haushaltsdisziplin, d. h. Wiederbeschäftigung muss Vorrang vor der Schaffung neuer Stellen haben.
Was Immobilien und Immobilienpolitik betrifft, so erwarten wir die Präsentation einer Langzeitstrategie im Mai, insbesondere da die bewilligten und derzeit in die Reserve eingestellten Mittel – zusammen mit dem Saldo-Vortrag des laufenden Jahres – erheblich sind. Wir fanden im Haushalt eine Mittelbewilligung in Höhe von 3,4 Mio. Euro für die Asbestbeseitigung im SDM-Gebäude in Straßburg. Angesichts der eher ungünstigen Publicity um den Konflikt mit den städtischen Behörden in Straßburg und der Sensibilität der Angelegenheit bedarf die Sache der Klärung, und es gibt diesbezügliche Änderungsanträge. Sie gehen so weit, eine Reserve zu fordern, um die erforderlichen Maßnahmen zu decken. Ich werde hier nicht auf andere Angelegenheiten eingehen, die erhebliche finanzielle Auswirkungen haben, nämlich die Computerisierung des Besucherzentrums und zusätzliche Dienste für die Abgeordneten. Betont werden sollte vor allem, dass wir noch immer unter der Obergrenze von 20 % der gesamten Verwaltungsausgaben der europäischen Institutionen liegen. Diese Zahl 20 % ist kein Ziel an sich, sondern eine vernünftige, freiwillige Grenze, die unsere Glaubwürdigkeit erhöht, wenn wir Haushaltsdisziplin von anderen Institutionen fordern. Ich hoffe, der Voranschlag der Ausgaben wird sich als nahe am endgültigen Haushalt des Parlaments herausstellen. Ebenso hoffe ich, dass wir das Klima des Vertrauens aufrechterhalten werden, das zu einem erheblichen Grad der persönlichen Leistung von Generalsekretär Rømer zu verdanken ist. Die morgige Abstimmung dürfte reibungslos verlaufen, da nur vier Änderungsanträge eingereicht wurden.
Abschließend möchte ich allen danken, die dabei geholfen haben, dass das Pilotverfahren – das als möglicherweise schwierig eingeschätzt wurde – bisher reibungslos verlaufen ist. Ich hoffe, dass dies bis zur endgültigen Verabschiedung des Parlamentshaushalts weiterhin der Fall sein wird.
Reimer Böge, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Tatsache, dass es zu diesem Bericht Lewandowski nur vier Änderungsanträge gibt, belegt eigentlich, wie hervorragend und solide der Berichterstatter im Vorfeld seine Arbeit geleistet und versucht hat, sich mit den Fraktionen zu arrangieren. Es belegt vielleicht auch, dass wir mit diesem so genannten Pilotprojekt in der Zusammenarbeit zwischen Präsidium und dem Haushaltsausschuss in diesem Jahr zunächst einmal als ersten Schritt einen erfolgreichen gemeinsamen Ansatz gesucht haben – auf der Grundlage der unterschiedlichen Verantwortung und im Vorfeld verbunden mit einer sehr intensiven Diskussion, sowohl mit dem Präsidium als auch mit der Verwaltung dieses Hauses –, so dass manches frühere Missverständnis oder auch Unverständnis einfach auch im Sinne der Notwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens aus dem Weg geräumt werden konnte.
Es ist auch wichtig – gerade zum Zeitpunkt der Diskussion über die Umsetzung des Reformvertrags –, noch einmal deutlich zu machen, dass das Parlament strikt der Haushaltsdisziplin verpflichtet bleibt und in der aktuellen Situation zunächst einmal nicht über die 20 %-Grenze der Rubrik 5 hinausgehen wird.
Es ist auch wichtig, hier noch einmal deutlich zu machen, dass es ja fast eine Kulturrevolution ist – immerhin ein guter Anfang –, dass das Präsidium jetzt selbst entschieden hat, die Mittel bestimmter Posten in die Haushaltsreserve einzustellen und nicht eben mal einen Verwaltungsvorschlag so durchzuwinken, sondern eine intensivere inhaltliche Diskussion darüber zu führen, was sich hinter dem Parlamentshaushalt verbirgt. Das erleichtert auch dem Haushaltsausschuss die Arbeit, das erleichtert das Aufeinanderzugehen.
Natürlich werden wir, wenn wir zur ersten Lesung kommen, noch sehr viel intensiver über die Frage der Umschichtungen zur Stärkung der Ausschüsse und auch von Umschichtungen zur Stärkung der Fraktionen zu sprechen haben, damit wir im Sinne des Reformvertrags unsere Arbeit erfolgreich machen können.
Um es sehr deutlich zu sagen: Ich erwarte – auch aufgrund der Plenumsbeschlüsse und aufgrund der Vorgespräche, die wir mit dem Präsidium geführt haben –, dass das Präsidium in dieser Woche heute oder Mittwoch wirklich die notwendigen Entscheidungen zur Frage der Assistentenregelung, des Assistentenstatuts und der anderen auf dem Tisch liegenden Fragen trifft. Da gibt es klare Plenumsentscheidungen, man braucht sie im Präsidium nur umzusetzen, um wirklich Konsequenzen aus der internen und der öffentlichen Debatte zu ziehen.
Thijs Berman, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Wie lange noch soll mindestens jeder zehnte Assistent der Mitglieder des Europäischen Parlaments hier ohne jeglichen Sozialversicherungsschutz in einem Gestrüpp verschiedener Verträge arbeiten, die völlig unklar sind und zu einem Betrugsverdacht Anlass geben?
Jedes Mal wenn sich die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament darum bemüht, den Assistenten der Mitglieder einen ordnungsgemäßen Vertrag mit allen üblichen Garantien der sozialen Sicherheit zu geben, versucht die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten, ein solches Assistentenstatut zu verhindern. Das Wort „Statut“ ist für die PPE-DE wirklich tabu. Diesmal soll das Wort „Statut“ durch „Regelung“ ersetzt werden. Und das ist nicht nur ein Wortspiel. Dieses Parlament sollte bei den Arbeitsbedingungen eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen, hinkt aber hoffnungslos den in der EU seit langem ganz gewöhnlichen Standards hinterher. Ohne ein einheitliches Statut kommen unsere Mitarbeiter nie in den Genuss des Schutzes, auf den sie normalerweise Anspruch haben.
Dieser eine Punkt, das Statut der Assistenten, rangiert daher ganz obenan, und der Änderungsantrag, der auf seine Streichung hinausläuft, wäre ein Makel in dem ansonsten tadellosen Bericht von Herrn Lewandowski. Ich gehe mit seinen Darlegungen und denen von Herrn Böge konform. Der Haushalt bewegt sich noch in den Grenzen, obgleich der neue Vertrag dem Parlament mehr Verantwortlichkeiten überträgt. Zweifellos bedarf es mehr Klarheit, erstens über die Zuteilung von Personal und zweitens über die Asbestbeseitigung aus den Gebäuden des Europäischen Parlaments. Klarheit in diesen Punkten muss ausdrückliche Voraussetzung für die Freigabe der Mittel sein, die wir hierfür in die Reserve einstellen wollen.
Anne E. Jensen, im Namen der ALDE-Fraktion. – (DA) Herr Präsident! Der Haushalt des Parlaments wird erst im Oktober verabschiedet, aber mit Herrn Lewandowskis Bericht unterstützen wir im Prinzip den vom Präsidium im April angenommenen Haushaltsentwurf für 2009, und insbesondere den Dialog über die Details des Entwurfs, der dieses Jahr als Pilotprojekt durchgeführt wird. Ich denke, die ersten Erfahrungen zeigen, dass ein solcher Dialog nutzbringend ist. Er bedeutet, dass der Haushalt im Detail von denen geprüft wird, die politisch verantwortlich sind, und dass der Haushaltsausschuss angemessen beteiligt wird. Das ist eine gute Sache. Der Dialog hat sich sehr stark auf den Personalbedarf im Zusammenhang mit den neuen Aufgaben des Parlaments, die sich aus dem Vertrag von Lissabon ergeben, konzentriert, nicht zuletzt darauf sicherzustellen, dass der Bedarf durch mögliche Wiederbesetzungen gedeckt wird, bevor wir über die Schaffung neuer Stellen reden. Mit der Erweiterung der EU wurde die Zahl der Beschäftigten natürlich erheblich erhöht, und jetzt muss eine Phase der Konsolidierung kommen, während der wir den Personalbedarf sorgfältig prüfen.
Ferner haben wir vereinbart, bis Ende dieses Monats einen langfristigen Strategieplan für die Gebäude und deren Instandhaltung vorzulegen. Auch hier ist es erforderlich, die künftige Politik in diesem Bereich zu prüfen. Der Asbest-Fall zeigt, dass Details von Bedeutung sind. Wir sind überrascht, dass für die Entfernung von Asbest aus dem SDM-Gebäude Mittel vorgesehen wurden, da dem Parlament beim Erwerb des Gebäudes gesagt wurde, es gebe dort kein Asbest! Die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa unterstützt daher den Vorschlag der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, die Mittel in die Reserve zu stellen.
Nicht zuletzt möchte ich auch die Notwendigkeit betonen, dass wir eine Regelung für die Assistenten annehmen, wie es mit dem Generalsekretär des Parlaments, Harald Rømer besprochen wurde. Dieses Mal darf es nicht schiefgehen. Wir müssen diese Angelegenheit in Ordnung bringen.
Wiesław Stefan Kuc, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Der von Herrn Lewandowski vorgelegte Entwurf einer Entschließung des Europäischen Parlaments zum Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben des Europäischen Parlaments für das Haushaltsjahr 2009 bringt, zusammen mit dem Haushaltsvorentwurf, die Erledigung der Aufgaben des Parlaments in diesem Jahr – die im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, den Wahlen zum Europäischen Parlament, dem neuen Abgeordnetenstatut, der Immobilienpolitik, der Verbesserung der Dienste für Abgeordnete, Energieeinsparungen usw. entstehen – in Einklang mit weiteren Haushaltseinsparungen. Was über den EU-Haushalt insgesamt gesagt wurde, nämlich dass man nicht für weniger Geld mehr tun kann, hat sich jetzt als möglich erwiesen. Das Know-how und die enorme Erfahrung von Herrn Lewandowski und der übrigen Abgeordneten, sowie die exzellente Zusammenarbeit mit dem Präsidium, haben Wunder bewirkt. Meine Fraktion wird für den Entschließungsentwurf stimmen.
Gerard Batten, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Am 21. April beschloss das Präsidium den Vorentwurf des Haushaltsvoranschlags in Höhe von insgesamt 1,5 Milliarden Euro für die Kosten des Europäischen Parlaments. 2009 werden sich die Auswirkungen des Lissabon-Vertrags bemerkbar machen – sofern er denn von allen Mitgliedstaaten ratifiziert wird.
Uns wurde gesagt, der Lissabon-Vertrag – eigentlich die Europäische Verfassung unter neuem Namen – sei nur eine Art Bereinigung, die die Arbeit des Parlaments vereinfachen würde. Doch von den Beamten werden zwei Millionen Euro angefordert, um die mit dem Vertrag verbundenen Mehrkosten zu decken. Außerdem sind allein im Parlament 65 neue Stellen erforderlich, um den Fraktionen zu helfen, den Vertrag zu verstehen. All das wird gebilligt, bevor der Vertrag in Großbritannien ratifiziert ist und bevor die Menschen in Irland sich in einer Volksabstimmung dazu äußern konnten.
Natürlich hat das Parlament längst beschlossen, dass es die Entscheidung des irischen Volkes, falls dieses mit Nein stimmt, ignorieren wird, und um die Iren zu einer Zustimmung zum Vertrag zu überreden, hat die EU Irland weitere Finanzmittel in Höhe von 332 Millionen Euro versprochen. Bleibt zu hoffen, dass die Iren sich ihre Freiheit nicht so billig abkaufen lassen. Doch wie Ken Dodd, ein großer Engländer, schon sagte, auf Regen folgt Sonne, plus Mehrwertsteuer.
Der Bericht stellt fest, dass ein zusätzlicher Bedarf für das Besucherzentrum besteht. Ich habe immer gedacht, je mehr Menschen ins Parlament kommen, um sich das Geschwätz anzuhören und der legislativen Wurstmaschine bei der Arbeit zuschauen, umso mehr werden sich angewidert abwenden.
Wenn jeder europäische Bürger sehen könnte, wie chaotisch und stümperhaft in diesem Parlament über Rechtsvorschriften abgestimmt wird, dann gäbe es in jedem Mitgliedstaat der EU eine Partei wie die UK Independence Party. Das dafür angelegte Geld wäre wenigstens sinnvoll angelegt.
Margaritis Schinas (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Meines Erachtens haben wir im Hinblick auf den Parlamentshaushalt 2009 einen sehr guten Start hingelegt. Es handelt sich um einen realistischen und politisch klugen Anfang, denn man sollte nicht vergessen, dass 2009 ein Wahljahr ist.
Aus meiner Sicht zeichnet sich der von uns heute erörterte Plan durch drei Pluspunkte aus, aufgrund derer sich von einem guten Anfang sprechen lässt.
Zuerst ist die Disziplin zu nennen. Denn im Gegensatz zu dem, was von den Euroskeptikern zu vernehmen ist, bleibt das Europäische Parlament jetzt das dritte Jahr in Folge unter der Obergrenze von 20 % für die Verwaltungsausgaben. Das Parlament hat durch seine disziplinierte und vernünftige Arbeitsweise extreme Ansichten in Europa widerlegt.
Zweitens spiegeln die für Humanressourcen vorgesehenen Mittel erstmals unseren aufgrund des im neuen Vertrag verankerten Mitentscheidungsverfahrens gestiegenen Bedarf wider. Unsere Organisationsstruktur ist also klar und transparent.
Der dritte positive Aspekt ist die Immobilienpolitik. Meiner Meinung nach sollten wir hier großzügig sein. In Sachen Asbestsanierung muss uns bewusst sein, dass wir bei der Sicherheit nicht sparen können; der Preis darf keine Rolle spielen. Daher müssen wir freigebig sein und umsichtig handeln. Wir alle – auch die Kollegen in den Dienststellen – brauchen ein Umfeld, in dem Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz gewährleistet sind.
Natürlich ist das nur der Anfang; wir sind noch nicht fertig, und die erste Lesung findet im Herbst statt. Meines Erachtens sollte die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen dem Hauhaltsausschuss und der Präsidentschaft in diesen Fragen fortgesetzt werden. Wir erwarten von der Präsidentschaft, dass sie direkte Kontakte zu uns unterhält, um für die kommenden Phasen der ersten und zweiten Lesung eine wahrhaft solide Grundlage zu schaffen.
Vladimír Maňka (PSE). – (SK) Ich möchte dem Berichterstatter zu diesem ausgezeichneten Bericht gratulieren. Dieser Haushaltsplan ist dahingehend etwas Besonderes, dass darin mehrere wichtige neue Fakten zu berücksichtigen sind: die Ratifizierung des Vertrags von Lissabon, die Wahlen zum Europäischen Parlament, die Einführung des neuen Abgeordnetenstatuts für die Mitglieder des Europäischen Parlaments und, wie ich meine, auch für die Assistenten. Wir müssen jedoch auch wirksame Parameter für eine Immobilienpolitik erwägen und festlegen, in denen die Instandhaltungs- und Umweltschutzkosten berücksichtigt sind. Um die richtigen Entscheidungen zu treffen, brauchen wir eine langfristige Strategie in diesem Bereich, die wir bereits im kommenden Monat prüfen können.
Unsere Hauptaufgabe besteht in der Erarbeitung guter Rechtsvorschriften. Das vorgeschlagene System des Wissensmanagements sowie die beabsichtigte Verbesserung der Dolmetsch- und Übersetzungsdienste und des Analysedienstes der Bibliothek werden dafür sorgen, dass sich die Qualität der Dienstleistungen erhöht und Mittel eingespart werden. Dies ist ein weiterer Grund dafür, dass uns vor der ersten Lesung des Haushaltsplans alle erforderlichen Analysen vorliegen sollten, damit wir gegenüber unseren Bürgern belegen können, dass wir mit ihrem Geld verantwortungsvoll umgehen.
Jan Mulder (ALDE). – (NL) Ebenso wie viele andere vertrete auch ich die Auffassung, dass es baldmöglichst ein Statut für die Assistenten der MdEP geben sollte. Das könnte uns künftig großen Ärger ersparen.
Ein Wort zu den Gebäuden. Als wir vor einigen Jahren in Straßburg mehrere Gebäude kauften, stand die Frage im Vordergrund, ob sie Asbest belastet sind oder nicht. Ein Gutachten wurde eingeholt, dem zufolge die Gebäude Asbest enthielten – das trifft auf alle Gebäude zu, die in jener Zeit gebaut wurden –, was aber absolut nicht gefährlich sei. Auf dieser Grundlage erwarben wir die Gebäude. Uns wurde nie empfohlen, den Asbest zügig zu entfernen.
Daher ist die Verwaltung meines Erachtens auf dem Holzweg, wenn sie das jetzt verlangt, denn, wenn dies geschehen muss, dann sollte die Stadt Straßburg dafür aufkommen. Solange in dieser Frage Unsicherheit herrscht, sollten wir nach meinem Dafürhalten nicht auf Kosten des Parlaments mit der Beseitigung des Asbests aus diesen Gebäuden beginnen. Zunächst müssen wir diesen Punkt mit der Stadt Straßburg klären, denn sie muss zahlen.
Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (UEN). – (PL) Herr Präsident! Ich möchte mich zu drei Punkten äußern.
Erstens: Wenn der Vertrag von Lissabon von allen Mitgliedstaaten ratifiziert wird, ist 2009 das erste Jahr, in dem das Parlament auf der Grundlage dieses Vertrags handeln wird. Das Europäische Parlament wird nicht nur umfassendere Befugnisse haben, es wird auch verpflichtet sein, die Parlamente der Mitgliedstaaten zu Gesetzesinitiativen zu konsultieren. Dies wird sicherlich einen erheblichen Anstieg der Betriebskosten bedeuten und mit der Beschäftigung von mehr Personal, größeren Ausgaben für Sachverständigenrat und Konsultation usw. verbunden sein.
Zweitens: 2009 ist das Jahr neuer Parlamentswahlen und insbesondere der Einführung des neuen Abgeordnetenstatuts, das zweifellos zu bedeutenden Mehrausgaben des Parlaments führen wird.
Dritter und letzter Punkt: Nach Expertenschätzungen wird die durchschnittliche jährliche Inflationsrate in der EU 2009 bei ca. 4 % liegen, was einen erheblichen Anstieg der Verwaltungskosten des Parlaments zur Folge haben wird.
Ich hoffe, dass all diese Faktoren bei der Erstellung des endgültigen Entwurfs des Haushaltsplans des Europäischen Parlaments berücksichtigt werden.
Valdis Dombrovskis (PPE-DE). – (LV) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hinsichtlich des Haushaltsvoranschlags 2009 des Europäischen Parlaments möchte ich dem Berichterstatter zunächst einmal zu der Tatsache gratulieren, dass sich sein rigoroser Ausgabenansatz als richtig erwiesen hat und dass der Gesamtumfang des Haushaltsplans des Europäischen Parlaments im kommenden Jahr nicht die Obergrenze von 20 % der Gesamtverwaltungsausgaben der EU überschreiten wird. Somit werden die Gesamtausgaben innerhalb der zuvor festgesetzten Grenzen bleiben, ungeachtet der Änderungen, die für die Arbeit des Europäischen Parlaments im Jahr 2009 zu erwarten sind – nach dem Vertrag von Lissabon wird es unter anderem eine wachsende Menge an legislativer Arbeit, eine Änderung im System der Abgeordnetenbezüge sowie eine Informationskampagne für die Öffentlichkeit im Zusammenhang mit den Wahlen zum Europäischen Parlament geben. Im Kontext des Haushaltsplans 2009 sollten wir auch die Wiederaufnahme ehrgeiziger Einzelvorhaben ausreichend bewerten. Erstens ist die Rede vom Web-TV-Projekt des Europäischen Parlaments. Um die Nützlichkeit dieses und anderer Vorhaben einzuschätzen, sollten wird Daten über die Beliebtheit von Web TV zusammentragen und herausfinden, wie viele Zuschauer mit diesen Investitionen in Höhe mehrerer Millionen tatsächlich herangezogen werden. In Bezug auf die Kommunikationspolitik des Europäischen Parlaments und der erwarteten Informationskampagne für die Öffentlichkeit sollte mehr Gewicht auf eine dezentrale Kommunikation über die Informationsbüros des Parlaments in den Mitgliedstaaten gelegt werden, Die Kommunikation mit den Bürgern der verschiedenen Mitgliedstaaten funktioniert auf diesem Wege wirksamer als von einer zentralen Stelle aus. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Brigitte Douay (PSE). – (FR) Herr Präsident! In dieser Haushaltdebatte müssen wir Herrn Lewandowski einmal mehr für seinen sehr ausgewogenen Bericht danken. Und ich möchte nochmals an die Bedeutung des Jahres 2009 für die europäische Demokratie erinnern, werden doch sowohl ein neues Parlament als auch eine neue Kommission ihr Amt antreten. Für die Kommunikation unserer Institutionen mit den Bürgern wird es somit ein überaus wichtiges Jahr sein.
Damit diese Bürger jedoch Interesse zeigen und spüren, dass sie selbst von den europäischen Fragen betroffen sind und sich daher in großer Zahl am Wahlprozess beteiligen sollten, muss die Kommunikation der verschiedenen Institutionen auch einheitlich und gut verständlich sein. Eingedenk dessen und im Interesse einer höheren Effizienz ist eine gute Zusammenarbeit zwischen den drei Hauptinstitutionen, die direkt oder dezentral über ihre Vertretungen in den Mitgliedstaaten miteinander kommunizieren, ein Jahr vor den nächsten Wahlen von größter Bedeutung.
Dieser Gedanke liegt dem Änderungsantrag 2 meiner Fraktion zum Bericht des Kollegen Lewandowski zugrunde. Unser Ziel besteht in einer größeren Bürgerfreundlichkeit, und daran ist uns allen in diesem Parlament sehr gelegen.
Ville Itälä (PPE-DE). – (FI) Herr Präsident! Ich danke dem Berichterstatter, Herrn Lewandowski, für seine hervorragende Arbeit und möchte die Aufmerksamkeit auf einige spezielle Punkte lenken.
Erstens möchte ich etwas zur Regelung für die Assistenten sagen. Ich stimme dem zu, was der Berichterstatter vorgeschlagen hat. Er erklärt, dass es sich hierbei um ein wichtiges Thema handelt, und das muss mit diesem Bericht abschließend gelöst werden.
Als nächstes möchte ich auf das Asbestproblem eingehen, das hier diskutiert worden ist. Bevor eine Finanzierung bereitgestellt wird, muss festgestellt werden, wer verantwortlich ist und wie viel Geld tatsächlich gebraucht wird. Außerdem muss es auch einen einleuchtenden Plan geben, wie es weitergehen soll. Es ist vollkommen klar, dass wir nicht in einem Gebäude arbeiten können, in dem wir unbegreiflicherweise, nachdem wir es gekauft haben, Asbest vorfinden.
Außerdem möchte ich einmal darauf hinweisen, dass wir seit langem und ausgiebig über ein EMAS-System reden, obwohl es dafür keine konkreten Pläne gibt. Ich hätte mir auch gewünscht, dass die Mehrheit im Parlament klar und deutlich beschlossen hätte, die Verwaltung zu beauftragen, einen Vorschlag dahingehend auszuarbeiten, dass wir mehr in umweltfreundliche Fahrzeuge für den täglichen Einsatz hier im Parlament investieren, aber auch dazu gibt es noch keine konkreten Pläne.
Esko Seppänen (GUE/NGL). – (FI) Herr Präsident! Ich stimme dem Bericht von Herrn Lewandowski im Grundsatz zu, aber wir werden uns der Stimme enthalten, weil über den Haushalt des Parlaments in seiner endgültigen Form erst im Herbst abgestimmt wird, und der erste Entwurf für den Haushalt des Europäischen Parlaments ist unbefriedigend. Unsere Erfahrung zeigt, dass sich das bis zum Herbst klären wird, und daher können wir noch nicht Stellung zum endgültigen Wortlaut nehmen, der erst dann vorgelegt wird.
Auf eine erfreuliche Ankündigung von Generalsekretär Rømer möchte ich noch hinweisen, der gesagt hat, dass die Reisekosten in der nächsten Wahlperiode ausschließlich auf der Grundlage der tatsächlichen Ausgaben erstattet werden, und dass es keine Zwischen- oder temporären Lösungen geben wird.
Der Kritik von Herrn Mulder zum Programm für die Straßburger Gebäude stimme ich zu: Aus unserer Sicht wäre es Betrug, wenn wir Renovierungsarbeiten aufgrund des Asbestproblems durchführen müssten.
Janusz Lewandowski, Berichterstatter. − (PL) Herr Präsident! Zunächst einmal sollte Transparenz in den Regeln für die Vergütung von parlamentarischen Assistenten, die wir zu erzielen versuchen, kein Bereich für Feilschereien und Konflikte zwischen den Fraktionen sein: Dies liegt in der gemeinsamen Verantwortung des Parlaments als Ganzes, das nächstes Jahr erneut zu einem Vertrauensvotum aufruft. Zweitens wird das Klima des Vertrauens zwischen uns und dem Präsidium umso besser, je häufiger und umfassender wir im Voraus über Unternehmungen mit finanziellen Auswirkungen informiert werden. Drittens besteht der Zweck unserer Arbeit am Haushaltsplan eben genau darin, das wahrscheinlichste Szenario im kommenden Jahr vorzubereiten. Dort, wo Unwägbarkeiten bestehen, ist die Antwort eine Haushaltsreserve, und dies gilt ebenso für Unwägbarkeiten hinsichtlich des Vertrags von Lissabon und seiner Auswirkungen.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am morgigen 20. Mai 2008 statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Nathalie Griesbeck (ALDE), schriftlich. – (FR) Das Anliegen des uns heute vorliegenden Berichts besteht für unsere Institution darin, ihren Standpunkt zum Haushaltsvoranschlag des Europäischen Parlaments für 2009 darzulegen.
Dabei handelt es sich um ein entscheidendes Jahr, ein Jahr, in dem ein neues Parlament gewählt wird, ein Jahr, in dem darüber hinaus bedeutende Änderungen im Statut der Angeordneten des Europäischen Parlaments und ihrer Assistenten erfolgen werden, und vor allem das erste Jahr nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, der für unsere Institution mehr Verantwortung und damit zusätzliche Arbeit bedeutet.
Ich möchte den vom Präsidium vorgelegten Entwurf des Voranschlags unterstützen. Dadurch, dass im Entwurf der erhöhte Finanzbedarf des Parlaments berücksichtigt wird, bleiben wir bei den Ausgaben in der Rubrik 5 unter der Grenze von 20 %. Unsere Verwaltung muss ihre Rationalisierungslinie weiterverfolgen, um unsere Effizienz, insbesondere durch die Umsetzung von Personal, weiter zu optimieren.
Ferner möchte ich hinzufügen, dass derzeit eine Folgenabschätzung zum Bedarf nach dem Inkrafttreten des vereinfachten Vertrags durchgeführt wird, und dass die Möglichkeit besteht, die veranschlagten Mittel bis zur Abstimmung über den Haushaltplan in erster Lesung im Herbst anzupassen.
22. Handel mit Roh- und Grundstoffen (Aussprache)
Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Jens Holm im Namen des Ausschusses für internationalen Handel über den Handel mit Roh- und Grundstoffen (2008/2051(INI)) (A6-0134/2008).
Jens Holm, Berichterstatter. − (SV) Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich allen Schattenberichterstattern für die enge Zusammenarbeit danken.
Wir alle haben Bilder von den Folgen der jüngsten Ernährungskrisen im Kopf. Innerhalb ganz kurzer Zeit sind die Agrarpreise, nicht zuletzt für Lebensmittel, in die Höhe geschossen. Für viele Entwicklungsländer, die in hohem Maße von Nahrungsmittelimporten abhängig sind und schon vorher am Rand einer Katastrophe standen, war dies wie ein Todesstoß. Es steht zu hoffen, dass dieser Bericht über den internationalen Handel mit Roh- und Grundstoffen zur Lösung eines Teils dieser Probleme beitragen kann. Mit der Unterzeichnung der so genannten Millenniums-Entwicklungsziele haben wir uns der Beseitigung von Hunger und Armut verschrieben. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki Moon, hat kürzlich davor gewarnt, dass die steigenden Lebensmittelpreise das wichtigste Millenniums-Entwicklungsziel – die Halbierung der Armut in der Welt – gefährden. Daher ist es höchste Zeit für zügige Maßnahmen.
Insbesondere die jüngste Ernährungskrise hat gezeigt, dass Nahrungsmittel eben kein beliebiger Rohstoff sind. Wenn nicht einmal so grundlegende Bedürfnisse wie die, dass alle Menschen zu essen haben, befriedigt werden können, ist das ganze Gerede über Entwicklung nicht viel wert. Wir sollten daher gründlich darüber nachdenken, ob Nahrungsmittel eine internationale Handelsware wie jede andere sein sollen. Die Entwicklungsländer der Welt sind sogar gezwungen worden, ihre Nahrungsmittelpolitik zu deregulieren und von der Produktion für den nationalen Bedarf zur Exportproduktion überzugehen. Diese Politik wird vom IWF, der Weltbank, den USA und auch von der EU vertreten, die diese Forderungen durchgesetzt haben. Durch die Abschaffung von Schutzzöllen und Subventionen sind viele Entwicklungsländer extrem anfällig für starke Preisschwankungen bei Nahrungsmitteln und Rohstoffen geworden. Nehmen Sie beispielsweise Haiti, das sich früher selbst mit Reis versorgen konnte. 1995 wurde das Land vom Internationalen Währungsfonds zur Senkung der Reiszölle gezwungen. Sofort strömte staatlich subventionierter Reis aus den USA ins Land und die lokale Produktion brach zusammen. Heute kommen drei Viertel des auf Haiti verbrauchten Reises aus den USA.
Dieser Bericht kann uns hoffentlich Instrumente an die Hand geben, die es uns ermöglichen, die Probleme und Herausforderungen zu bewältigen, die der mit Unsicherheiten behaftete Rohstoffhandel mit sich bringt. Zu den Maßnahmen, die der Bericht besonders ins Blickfeld rückt, gehört unter anderem die Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Diversifizierung ihrer Volkswirtschaften, damit sie sich aus einer Lage befreien können, die bedeutet, dass sie lediglich ein bis zwei Rohstoffe exportieren, und beim Übergang zu moderneren Produktionsstrukturen, die auch die Herstellung von Produkten mit höherem Veredlungsgrad umfassen. Wir unterstreichen ferner die Wichtigkeit von Flexibilität in der Entwicklungspolitik, die diesen Ländern Spielraum für Möglichkeiten und wirtschaftspolitische Instrumente lässt, um beispielsweise die Entwicklung der einheimischen Landwirtschaft zu fördern. Außerdem fordern wir die Europäische Kommission auf, ihr Finanzausgleichssystem FLEX zu überprüfen, das die Stabilisierung der Rohstoffpreise zum Ziel hat. Wir greifen ferner die Dimension der Gleichstellung im Rohstoffhandel bzw. vielmehr deren Fehlen auf. Bei den Verhandlungen über internationale Handelsabkommen muss stets auch die Frage der Gleichstellung eine Rolle spielen.
Im Bericht geht es ferner um fairen Handel, der einen Beitrag zur Unterstützung von Kleinerzeugern in Entwicklungsländern und dazu leisten kann, stärkeren Druck auszuüben, damit Sozial- und Umweltstandards in diesen Ländern angehoben werden. Wir fordern die EU-Institutionen auf, den Grundsatz des fairen Handels zum Bestandteil ihrer öffentlichen Ausschreibungen und ihrer Beschaffungspolitik zu machen.
Außerdem greifen wir das Problem des wachsenden Konsums tierischer Erzeugnisse auf, das heißt die zunehmende Nachfrage nach Fleisch- und Milchprodukten, was wiederum zu einer stärkeren Nachfrage nach Getreide führt, das als Tierfutter und nicht für die menschliche Ernährung verwendet wird.
Wir sprechen darüber hinaus noch eine ganze Reihe weiterer Punkte an. Abschließend möchte ich noch sagen, dass sich bei dieser Arbeit das wahre Gesicht der EU gezeigt hat. Während wir unsererseits bemüht waren, den Bedürfnissen und Bedingungen der Entwicklungsländer Rechnung zu tragen, hat die europäische Industrie mithilfe ihrer Vertreter im Europäischen Parlament versucht, den Schwerpunkt auf das kurzfristige kommerzielle Interesse von Unternehmensverbänden an einem stabilen Zugang zu billigen Rohstoffen zu verlagern.
Ich möchte an Sie alle appellieren, die von der Fraktion der Linken, der Sozialdemokraten und der Grünen eingereichten Änderungsanträge zu unterstützen, wobei insbesondere die Änderungsantrage 20 und 21 von Bedeutung sind. Auf diese Weise können wir die Entwicklungsdimension noch stärker in den Bericht einbringen.
Janez Potočnik, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Parlament für die Möglichkeit danken, über den Zugang zu Rohstoffen zu sprechen, denn das ist ein Thema, das vor allem in Anbetracht unserer Wettbewerbsagenda im Themenkatalog der Europäischen Union mit an oberster Stelle steht. Zunächst möchte ich dem Berichterstatter und den Schattenberichterstattern für den Bericht danken, der sich auf zahlreiche Bereiche erstreckt wie den Klimawandel, die Verringerung der Armut und die Entwicklung.
Der Entwicklung kommt in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle zu. Deshalb möchte ich kurz auf Entwicklungsfragen eingehen, bevor ich mich unseren Sorgen und Aktionen bezüglich der Ausbreitung von Maßnahmen zuwende, die den Zugang zu Rohstoffen einschränken.
Der Kampf gegen Armut, die Entwicklung sowie die Ernährungssicherheit nehmen im Themenkatalog der Kommission einen wichtigen Platz ein. Wie Sie wissen, ist die Europäische Union der weltweit bedeutendste Geber im Bereich der Entwicklungshilfe. Was konkret den Bereich der Rohstoffe betrifft, hat die Kommission mehrere entwicklungsorientierte Programme eingeleitet. So unterstützt die Kommission im Rahmen von FLEX Entwicklungsländer, deren Staatshaushalt aufgrund des Rückgangs von Exporteinnahmen Einbußen verzeichnet.
Ferner fördert die Kommission mittels verschiedener Initiativen wie EITI, dem Kimberley-Prozess und dem Programm FLEGT Transparenz in Bezug auf die Steuereinnahmen aus der Nutzung von Rohstoffen und Naturressourcen. Ich möchte zudem unser Programm „Alles außer Waffen“ erwähnen, das für alle aus den am wenigsten entwickelten Ländern eingeführte Produkte (außer Waffen) zollfreien Zugang gewährt und damit diesen Ländern eine Diversifizierung ihrer Exporte ermöglicht.
Ich möchte jetzt etwas zu unserem wichtigsten Anliegen sagen, das den Handel betrifft. Zum Handeln gehören immer zwei. Wir müssen importieren, und wir müssen exportieren. Deshalb muss unbedingt sichergestellt werden, dass der Zugang zu Rohstoffen in Drittländern frei ist von ungerechtfertigten Verzerrungen wie Quoten, Ausfuhrzöllen und Ausfuhrverboten.
Das ist gegenwärtig bedauerlicherweise nicht der Fall. Im Gegenteil, Drittländer verhängen immer häufiger Ausfuhrbeschränkungen. Besondere Sorgen bereiten uns jene, die von einigen aufstrebenden Volkswirtschaften im Rahmen ihrer aggressiven Industriepolitik verhängt werden. Ich möchte betonen, dass sich unser Augenmerk diesbezüglich nicht auf die ärmeren Entwicklungsländer richtet, sondern vor allem auf die großen aufstrebenden Volkswirtschaften.
Einige der von diesen Ländern ergriffenen Maßnahmen verzerren den Wettbewerb auf globaler Ebene und schaden damit der europäischen Industrie. Leider nimmt dieses Problem weiter zu. Bis jetzt haben mindestens zwanzig Länder Maßnahmen ergriffen, die sich auf Exporte auswirken, welche für die Europäische Union von Bedeutung sind. Wir haben 450 Beschränkungen gezählt, von denen verschiedene Rohstoffe betroffen sind. Das hat direkte oder indirekte Auswirkungen auf die meisten, wenn nicht sogar alle Wirtschaftssektoren der EU.
Was kann dagegen unternommen werden? Die bisherige Arbeit hat gezeigt, dass es keine Patentlösungen gibt, obwohl wir in der Beseitigung von Ausfuhrbeschränkungen schon jetzt eine unserer wichtigsten Aufgaben sehen, sei es im Rahmen von bilateralen Freihandelsabkommen oder im Rahmen der Welthandelsorganisation, aber wir werden mehr tun.
Erstens kommt es jetzt darauf an, eine Gesamtstrategie für den Zugang zu Rohstoffen zu erarbeiten. Diesbezüglich arbeitet die Kommission derzeit an einer Mitteilung, die eine wichtige Handelskomponente umfassen wird. Eine solche Strategie sollte sich in umfassender und kohärenter Form auf alle Politikbereiche erstrecken, einschließlich kritischer Fragen wie Ernährungssicherheit, Entwicklung und Umwelt.
Sämtliche Mittel müssen maximal genutzt werden. Eine nachhaltige und kohärente Politik für den Zugang zu Rohstoffen sollte folglich folgende Elemente enthalten: erstens auf internationale Zusagen im Rahmen der WTO und auf bilateraler Ebene ausgerichtete Verhandlungen; zweitens die Durchsetzung von WTO-Regeln und bestehenden Vereinbarungen und drittens sanfte Maßnahmen wie Dialog und der Aufbau von Allianzen. Obwohl keines dieser Elemente neu ist, machen ihr Zusammenwirken und ihr kohärenter Einsatz ihre Stärke aus. Darüber wird auf einer noch für dieses Jahr geplanten Konferenz mit den Betroffenen zu sprechen sein.
Angesichts der Bedeutung, die der Zugang zu Rohstoffen hat, begrüßt die Kommission die Diskussionen des Parlaments zu dieser Thematik. Insbesondere begrüßt die Kommission die Änderungen zum ersten Entwurf des Berichts. Jetzt hebt der Bericht die Bedeutung dieser Problematik klarer hervor. Darin werden Möglichkeiten für ein konstruktives Umgehen mit dieser Problematik vorgeschlagen wie die Durchsetzung von Abkommen und Verhandlungen mit Partnerländern. Wir sind zu einer umfassenden Zusammenarbeit mit dem Parlament im Hinblick auf die Gestaltung und Umsetzung unserer weiteren Strategie bereit.
Daniel Caspary, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar! Ich freue mich sehr, dass Sie, Herr Potočnik, uns heute zur Verfügung stehen. Kommissar Mandelson zieht es ja wieder einmal vor, zu irgend welchen wichtigen Konferenz in der Welt zu reisen, statt mit uns im Parlament über für die europäische Industriepolitik wesentliche Dinge zu diskutieren. Umso begeisterter bin ich, dass Sie das Thema deutlich besser und klarer und zukunftsgerichteter dargestellt haben, als es unser Handelskommissar je hätte tun können.
Ich freue mich sehr über das Ergebnis, das wir in den Ausschussberatungen erzielt haben, denn der Berichterstatter hat leider in seinem ursprünglichen Entwurf bei all den positiven Aspekten, die er im Hinblick auf die Entwicklungsländer diskutiert hat, unsere Industrieinteressen vollkommen aus den Augen verloren. Wir haben im Außenhandelsausschuss diese industriepolitischen Interessen in einem ersten Teil des Berichts ergänzt. Die Kerninhalte sind mittlerweile auch eindeutig. Wir müssen eine klare Ausrichtung an der Sicherung der Rohstoffversorgung der europäischen Industrie haben. Wir haben hier – wie der Herr Kommissar zu Recht ausgeführt hat – große Schwierigkeiten.
Im Bereich der WTO brauchen wir dringend bessere Regelungen mit dem Ziel, möglichst Verbote von handelsverzerrenden Maßnahmen wie Exportzöllen einzuführen. Wir brauchen einen freien Marktzugang zu den Rohstoffen auf dem Weltmarkt. Es ist untragbar, wenn Länder wie China und andere Staaten Rohstoffe zu industriepolitischen Zwecken missbrauchen.
Wir müssen alles daran setzen – in den multilateralen Verhandlungen, aber auch in bilateralen Verhandlungen –, dass wir diese Marktzugänge auch tatsächlich offen halten. Dass die Kommission beim WTO-Beitritt der Ukraine eingeknickt ist und Exportzölle teilweise toleriert hat, ist untragbar und ein schlechtes Beispiel. Dass wir beim WTO-Beitritt Saudi-Arabiens dual pricing akzeptiert haben und unsere europäische petrochemische Industrie deswegen Riesenschwierigkeiten hat, ist untragbar. Wenn ich mir ansehe, was im Moment bei den Verhandlungen im Hinblick auf den WTO-Beitritt Russlands passiert, dann bin ich auch nicht sehr hoffnungsvoll und wünsche mir, dass die Kommission hier wirklich darauf achtet, dass es nicht zu weiteren handelsverzerrenden Maßnahmen kommt.
Herzlichen Dank noch mal allen Kollegen für den Bericht! Ich hoffe, dass wir in der Plenarabstimmung morgen nicht allzu viel verändern.
VORSITZ: LUISA MORGANTINI Vizepräsidentin
Francisco Assis, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) Zunächst möchte ich den Berichterstatter beglückwünschen. Die derzeitigen Probleme beim Zugang zu Rohstoffen sind zum größten Teil Ergebnis eines Strukturwandels auf den jeweiligen Märkten infolge von Umbrüchen in der internationalen Wirtschaft.
In der Vergangenheit entwickelte sich der Rohstoffmarkt zyklisch: von Zeiten akuten Mangels zu Phasen der Knappheit, wobei manchmal ein Gleichgewicht erreicht wurde. Offenbar haben wir es momentan mit einem strukturellen Engpass zu tun, der in großen Teilen aus dem plötzlichen Anstieg der Nachfrage aufgrund der raschen Industrialisierung und Verstädterung in mehreren Schwellenländern resultiert.
Es steht außer Frage, dass in den einschlägigen Foren, insbesondere in der Welthandelsorganisation, Anstrengungen unternommen werden müssen, um eine Einigung zu erreichen, die den Zugang zu Rohstoffen ermöglicht. Allerdings dürfen wir dabei ein anderes wesentliches Problemfeld nicht aus den Augen verlieren: In den betreffenden Märkten sind die Karten im Bereich von Nahrungsmitteln als auch Energie neu gemischt. Als Hauptimporteure von Rohstoffen müssen die EU-Mitgliedstaaten diesem Problem besonderes Augenmerk schenken. Einerseits gilt es, die weltweiten Auswirkungen zu berücksichtigen, denn aus dieser Situation könnte überhöhter Druck auf den Rohstoffverbrauch mit äußerst negativen Folgen für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft in den Entwicklungsländern entstehen, während wir gleichzeitig auch unsere eigene Lage betrachten und Verständnis für unsere eigenen Schwierigkeiten entwickeln müssen.
Daraus ergeben sich zwei anscheinend grundlegende Fragen. Zum einen geht es darum, unser eigenes Wirtschaftsentwicklungsmodell zu hinterfragen, weil es nicht mit Bedingungen kompatibel ist, unter denen Rohstoffe übermäßig ausgebeutet werden. Zum anderen sollte die angewandte wissenschaftliche Forschung gestärkt werden, um für mehr Innovation zu sorgen, die Wiederverwertung von Rohstoffen zu erhöhen und neue Antworten auf die neuen Probleme zu finden, die diese strukturelle Knappheit mit sich bringt.
Zbigniew Zaleski (PPE-DE). – (PL) Die Natur hat ihre Reichtümer – die Rohstoffe unter der Erde, Nahrungsmittel und Bäume auf der Erdoberfläche und Fische im Wasser – ungleich über den Globus verteilt. Die menschlichen Bedürfnisse sind dieselben, aber diese Bedürfnisse zu erfüllen erfordert Solidarität bei der Nutzung von Ressourcen und bei ihrer Verteilung über den internationalen Handel. Der Bericht Holm hat viel zu diesem Thema zu sagen. Ich möchte anknüpfend an Herrn Caspary einige Punkte herausstellen:
Erstens, die vernünftige Nutzung begrenzter Ressourcen. Ich wiederhole: begrenzter Ressourcen.
Zweitens, den Schutz von Rohstoffen vor Beschlagnahmung, vor der neokolonialen Enteignung armer Länder, insbesondere in Afrika. Wir haben keine Transparenz hinsichtlich des Handels mit solchen Stoffen, den China und gewisse andere Länder betreiben.
Drittens: Der Zweck des Handels mit solchen Rohstoffen sollte die Entwicklung armer Länder sein. Das ist unser Hauptziel. Die Gewinne müssen an die Bewohner fließen, nicht nur an Vertreter der Behörden oder an große internationale Unternehmen.
Viertens muss die Rohstoffpolitik der EU gewährleisten, dass die Union keine Geisel beispielsweise Russlands im Falle von Gas und vielleicht künftig Brasiliens im Falle von Zucker wird.
Fünftens teilen alle Partner absolute Verantwortung hinsichtlich der Nutzung der Meeresressourcen. Wie wir wissen, sind bestimmte Fischarten vom Aussterben bedroht, ebenso wie die Wälder Asiens und Amazoniens.
Abschließend, Frau Präsidentin, möchte ich darauf hinweisen, dass die Parole für freien und fairen Handel Verantwortung bei der Nutzung begrenzter natürlicher Ressourcen lauten muss, damit künftige Generationen Zugang zu den Rohstoffen haben können, die für die menschliche Existenz notwendig sind. Ebenso muss armen Ländern geholfen werden, die Technologien zu entwickeln, die für die Herstellung von Grundnahrungsmitteln erforderlich sind. Und in dieser Hinsicht kann Europa eine Menge tun.
Marusya Ivanova Lyubcheva (PSE). – (BG) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Unter Berücksichtigung der Rolle, die der Handel in unserer globalisierten Welt spielt, müssen wir die Bemühungen zur Förderung des fairen Handels sowie alle Initiativen, die zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung beitragen, unterstützen.
Die Rohstoffpreise beeinflussen Marktentwicklungen und wirken sich in manchen Fällen erschwerend auf die wirtschaftliche Entwicklung aus, insbesondere in Ländern, in denen Rohstoffvorkommen knapp sind. Dies beeinflusst die allgemeine Marktsituation und die Verfügbarkeit von Rohstoffen.
Die erwarteten hohen Öl- und Strompreise können und sollten durch effektive Technologien sowohl bei der Förderung als auch bei der Verarbeitung von Rohstoffen bewältigt werden. Diese Effektivität und die Implementierung von Innovationen sowie die Beibehaltung eines starken Forschungssektors bestimmen das Maß des Erfolgs bei der Verbesserung der Marktsituation und Marktstärke durch größere Diversifizierung und Energiesicherheit.
Was den Agrarhandel angeht, so sollte sich die Aufmerksamkeit auf eine Minderung des Drucks auf die Erzeuger richten, der durch das Ungleichgewicht zwischen Ab-Hof-Einkaufspreisen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und ihrem Einzelhandelspreis verursacht wird. Dadurch wird der Markt verzerrt, aber es zeigt sich auch, dass der Markt seine sozialen Kosten hat.
Glyn Ford (PSE). – (EN) Frau Präsidentin! Es ist mir eine Freude, mich zu Herrn Holms Bericht über den Handel mit Roh- und Grundstoffen zu äußern. Ich hatte letzten Monat die Ehre, im Auftrag des Europäischen Parlaments an der zwölften Tagung der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD XII) in Accra teilzunehmen. Von dieser Tagung ging ein Hilferuf der Armen dieser Welt aus.
Eskalierende Lebensmittelpreise haben zunehmend öffentliche Unruhen zur Folge, und wir brauchen einen neuen Ansatz, wenn wir dagegen etwas unternehmen wollen. Diese neue Krise könnte mehr Menschenleben an einem Tag kosten als der Terrorismus in den sechs Jahren seit dem 11. September. Politiker und Regierungen haben vielleicht noch nicht bemerkt, dass die Armen dieser Welt zusehen müssen, wie ihre Kinder immer öfter Hunger leiden. In Afrika werden die Auswirkungen besonders akut sein. Dort haben sich die Grundstoffpreise in den letzten zwölf Monaten mehr als verdoppelt, und Spekulationen, Verknappung und eine Veränderung der Produktionsmuster treiben sie weiter dramatisch in die Höhe. Ursache dafür sind die wachsende Nachfrage in Ostasien und die angebotsseitigen Konsequenzen mangelnder Investitionen in die Landwirtschaft. Der Klimawandel in Form von Überschwemmungen, Dürren und Rekordtemperaturen verschlimmert die Lage vor allem für die Ärmsten der Armen weiter. Deshalb hoffe ich, dass wir diesen Entschließungsantrag annehmen.
Georgios Papastamkos (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin! Der Zugang zu Rohstoffen ist für die europäische Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit tatsächlich von entscheidender Bedeutung. Dies gilt umso mehr, als die EU in erheblichem Maße von Rohstoffimporten aus Drittstaaten abhängig ist.
Die Beseitigung der von Drittstaaten errichteten Hindernisse für den Zugang der EU zu Rohstoffmärkten muss sowohl im Rahmen der laufenden WTO-Gespräche als auch bei den Verhandlungen über bilaterale Freihandelsabkommen Vorrang haben.
Schließlich, Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, besteht meines Erachtens Bedarf an Unterstützungsmechanismen und Know-how-Transfer zugunsten der Entwicklungsländer, um eine nachhaltige, transparente Nutzung von Rohstoffen und natürlichen Ressourcen zu ermöglichen.
Stavros Arnaoutakis (PSE). – (EL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Unbestritten hängt die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft in erheblichem Maße von der Versorgung mit Rohstoffen ab. Deshalb brauchen wir heute eine integrierte Strategie, die den Zugang zu den Weltmärkten sicherstellt und zugleich dazu beiträgt, die internationale Zusammenarbeit, den lauteren Wettbewerb, den fairen Handel und die Beachtung von Einschränkungen zugunsten wichtiger Entwicklungsanreize in den weniger entwickelten Ländern zu gewährleisten. Sie wird zudem zur Förderung von Investitionen in Forschung und Entwicklung in den Bereichen umweltfreundliche Technologien und Recycling beitragen.
Unser Ziel muss sowohl die nachhaltige Entwicklung der EU als auch die Solidarität mit den ärmsten Ländern der Welt sein.
Brian Crowley (UEN). – (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte dem Berichterstatter für seine Arbeit an diesem Bericht danken. Meines Erachtens muss auf drei Schlüsselelemente verwiesen werden.
Erstens findet ein globaler Wettbewerb um Roh- und Grundstoffe statt. Wir müssen auf europäischer Ebene erkennen, dass wir bessere Voraussetzungen für bilaterale Abkommen und bilaterale Geschäfte schaffen müssen, wenn wir uns erfolgreich Zugang zu diesen Grundstoffen verschaffen wollen.
Natürlich ist die Frage der Welthandelsgespräche hinsichtlich langfristiger Entwicklungen sehr wichtig, aber unsere Wirtschaftspartnerschaften mit der Dritten Welt können für eine weitere Hebelwirkung sorgen. Außerdem möchte ich zur Vorsicht mahnen. Meines Erachtens könnte sich die Aufgabe gewisser Rechte im Rahmen der Welthandelsgespräche zugunsten eines kurzfristigen Zugangs zu Roh- und Grundstoffen nachteilig auf unsere Industrie in der Europäischen Union und insbesondere unsere Landwirtschaft auswirken.
Wie mein Vorredner schon sagte, um das abschließend noch festzustellen, ist Fairness die wichtigste aller Überlegungen. Wir müssen jetzt in die Entwicklungsländer investieren, damit sie sich erfolgreich entwickeln können – nicht nur in diesem und im nächsten Jahr wegen des hohen Ölpreises, sondern in 20 Jahren. Entsprechende Maßnahmen müssen mit Investitionen in den Ländern im Bereich der Bildung und Gesundheit der Bürger verknüpft werden, um weitere Probleme in allen anderen Bereichen zu unterbinden.
Janez Potočnik, Mitglied der Kommission. − (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte den verehrten Abgeordneten für ihre Beiträge danken. Sie haben sich sehr klar zu den vor uns stehenden Herausforderungen geäußert. Ebenso klar ist, dass wir einerseits für eine ausgewogene Entwicklung unserer Tätigkeit sorgen und uns dabei folglich vor allem auf die ärmeren Länder und die Gewährleistung der von Herrn Crowley angesprochenen Fairness konzentrieren sollten; andererseits müssen wir uns faire Handelsregeln für den Zugang unserer Industrie zu Rohstoffen sichern. Es ist eine Tatsache, dass die Europäische Union ein Nettoimporteur von Rohstoffen ist, und daran wird sich auch nichts ändern.
Wir sehen uns jetzt auf unseren Angebotsmärkten aufgrund einer größeren Konkurrenz durch einige aufstrebende Volkswirtschaften einem schärferen Wettbewerb sowie steigenden Preisen gegenüber. Gleichzeitig errichten diese aufstrebenden Volkswirtschaften Schranken für den Zugang zu ihren Rohstoffen und verzerren damit den Wettbewerb. Ein fairer Zugang zu Rohstoffen unter transparenten Bedingungen bildet daher einen wesentlichen Bestandteil der Gleichung im Rahmen unserer globalen Wettbewerbsstrategie.
Die Kommission beabsichtigt, in den kommenden Jahren alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente zu nutzen, um die nachhaltige Versorgung unserer Wirtschaft mit Rohstoffen aufrechtzuerhalten. Dabei wird sie eine umfassende und ausgewogene Strategie verfolgen. Wie das Parlament ganz richtig betont, müssen bei dieser Strategie nicht nur die Interessen unserer Industrien und unsere Wettbewerbsfähigkeit berücksichtigt werden, sondern auch die Interessen der ärmeren Länder.
Was den Blickwinkel der Entwicklung angeht, so müssen und werden wir unterscheiden einerseits zwischen gerechtfertigten Maßnahmen wie Ausfuhrsteuern, die ärmere Entwicklungsländer ergreifen und die für den Haushalt dieser Länder unerlässlich sind, und andererseits Maßnahmen, die aufstrebende Volkswirtschaften im Rahmen ihrer Industriepolitik ergreifen und die den Wettbewerb auf den globalen Märkten verzerren.
Ich danke Herrn Assis für seinen Hinweis zu den FuE-Mittelbindungen, die in diesem Zusammenhang ebenfalls angehoben werden müssen. Beim Parlament möchte ich mich dafür bedanken, dass es uns bei dieser Politik unterstützt. Wir werden Sie über die weitere Umsetzung unserer Strategie auf dem Laufenden halten.
Jens Holm, Berichterstatter. − (SV) Herr Kommissar Potočnik, wir freuen uns auf die Mitteilung der Kommission und die Konferenz. Es ist gut, dass Sie die Themen Ernährungssicherheit, Entwicklung und Umwelt aufgreifen wollen.
Kollege Assis, ich bin ebenso wie Sie der Meinung, dass wir unser eigenes Wirtschaftsentwicklungsmodell hinterfragen müssen.
Herr Zaleski, auch ich meine, dass der Handel nicht einer Art neokolonialen Diebstahls von Rohstoffen aus Entwicklungsländern gleichkommen darf. Daher appelliere ich an Sie, Herr Kollege, und an alle anderen Mitglieder dieses Hauses, insbesondere die Änderungsanträge 20 und 21 zu unterstützen. Bitte schauen Sie sie sich genau an.
Beachten Sie bitte auch Änderungsantrag 26 zu Biokraftstoffen. Darin fordern wir Umwelt- und Sozialnormen für Biokraftstoffe. Es ist ein großes Problem, dass immer mehr Getreide zur Fleischerzeugung verwendet wird, dass wir also Getreide an Tiere verfüttern, aber auch, dass Getreide zunehmend genutzt wird, um Kraftstoff für unsere Autos zu produzieren.
Dies ist ein Appell an die Kommission – wir wollen Maßnahmen zur Reduzierung des privaten Autoverkehrs und des Fleischverzehrs, damit mehr Getreide für die menschliche Ernährung übrig bleibt.
Im Bericht fordern wir zügige Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels, bei denen auch der Handel in die Pflicht genommen werden muss. Wir müssen alle unnötigen Emissionen reduzieren und die Transporte verringern. Ein Großteil des Handels entfällt auf Erzeugnisse, die ebenso gut auch lokal produziert werden könnten. Wir müssen den Handel mit „grünen Waren“ und intelligenter Umwelttechnik erleichtern. Wenn wir das nicht tun und der Handel seiner Verantwortung nicht gerecht wird, haben wir bald keine Rohstoffe mehr, mit denen wir Handel treiben können, und auch keine Nahrungsmittel zum Essen mehr. Es ist immens wichtig, dass wir unsere Klimaverantwortung ernst nehmen!
Die Präsidentin. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 20. Mai 2008, statt.
23. Gründung des gemeinsamen Unternehmens „Brennstoffzellen und Wasserstoff“ (Aussprache)
Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Pia Elda Locatelli im Namen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Gründung des gemeinsamen Unternehmens „Brennstoffzellen und Wasserstoff“ (KOM(2007)0571 – C6-0446/2007 – 2007/0211(CNS)) (A6-0145/2008).
Janez Potočnik, Mitglied der Kommission. − (EN) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich meine Dankbarkeit gegenüber dem Parlament und vor allem der Berichterstatterin, Frau Pia Locatelli, sowie auch Frau Teresa Riera Madurell, die sie ablösen wird, dafür zum Ausdruck bringen, dass sie unseren Vorschlag für die Gründung des gemeinsamen Unternehmens „Brennstoffzellen und Wasserstoff“ unterstützt haben.
Ferner möchte ich mich bei jedem der Schattenberichterstatter für ihre konstruktive Unterstützung sowie beim Haushaltsausschuss für seine Stellungnahme bedanken.
Das gemeinsame Unternehmen „Brennstoffzellen und Wasserstoff“ wird zwei Gründungsmitglieder haben, und zwar den Industrieverband und die Gemeinschaft. Der Industrieverband wurde durch die Privatwirtschaft gegründet, und seine Mitglieder bilden einen repräsentativen Querschnitt der europäischen Brennstoffzellen- und Wasserstoffunternehmen, zu denen Autohersteller, Energieanbieter sowie Unternehmen, die Brennstoffzellen und deren Anwendungen entwickeln, zählen. Es sind alle Größen von Kleinstunternehmen bis zu multinationalen Unternehmen vertreten.
Bei der Zusammenarbeit zwischen der Kommission und der Industrie im Rahmen der Vorbereitung der Verordnung ist die ausgeprägte Triebkraft der betreffenden Industrie deutlich hervorgetreten. Die Zusicherung der öffentlichen Hand, langfristig für eine stabile Finanzierung zu sorgen, wird für zusätzliches Vertrauen sorgen. Ausgehend davon können wir mit der Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen in beträchtlicher Höhe vom privaten Sektor rechnen.
Neben den beiden Gründungsmitgliedern des gemeinsamen Unternehmens richten Universitäten, Forschungszentren und andere Forschungseinrichtungen derzeit einen Forschungsverband ein, der sich voraussichtlich als drittes Mitglied am gemeinsamen Unternehmen beteiligen wird. Angesichts der Bedeutung, die die Grundlagenforschung für diese gemeinsame Technologieinitiative hat, wurde die Vertretung des Forschungsverbandes im Verwaltungsrat des gemeinsamen Unternehmens für erforderlich gehalten.
Schätzungen zufolge dürfte die Technologieinitiative die Entwicklung solider Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien um bis zu fünf Jahre beschleunigen, so dass die Marktreife zwischen 2010 und 2020 erreicht werden kann.
Ich möchte ferner auf die Bedeutung dieser Technologieinitiative für unsere Bemühungen im Bereich der beschleunigten Entwicklung von Energietechnologien verweisen, da diese Technologieinitiative ein sehr interessantes Modell für einige Industrie-Initiativen im Rahmen des Strategieplans für Energietechnologien darstellt.
Die Stellungnahme des Parlaments umfasst einige sehr sachdienliche Änderungsvorschläge. So wird beispielsweise unterstrichen, wie wichtig die auf die Durchsetzung auf dem Markt ausgerichtete Forschung ist. Die Grundlagenforschung wird Teil des FuE-Programms sein, was wiederum die Wahrscheinlichkeit von Fortschritten und Erfolg erhöht.
Ein weiteres Beispiel betrifft die Klärung der Teilnahme des Gemeinsamen Forschungszentrums (JRC) an den Aktivitäten des gemeinsamen Unternehmens. Das JCR verfügt über eine umfassende Zuständigkeit in mehreren wichtigen Bereichen, und seine konsequente Einbeziehung würde die Forschungstätigkeit des gemeinsamen Unternehmens stärken.
Sowohl der Rat als auch die Kommission freuen sich auf Ihre Vorschläge und Ansichten, denn wir alle wollen diese bedeutende Initiative schnellstmöglich in Angriff nehmen.
Die Präsidentin. – Nun hätte eigentlich Frau Locatelli als Berichterstatterin sprechen sollen, die jedoch an ihrer Stelle Frau Madurell benannt hat; leider kann ich Frau Madurell noch nicht sehen, und wir bedauern ihre Abwesenheit wirklich sehr.
Ich erteile daher direkt den Mitgliedern das Wort, die im Namen ihrer Fraktionen sprechen.
Jan Březina, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich der Berichterstatterin, Frau Locatelli, für ihre große Gründlichkeit und Detailgenauigkeit bei der Erarbeitung dieses Berichts, der sich mit einer der wichtigsten strategischen Technologien für unsere energiewirtschaftliche Zukunft beschäftigt, danken.
Ich begrüße nachdrücklich die Initiative der europäischen Technologieplattform für Wasserstoff und Brennstoffzellen, ohne die Erfolge in diesem Bereich nicht denkbar sind. Das Konzept der gemeinsamen Technologieinitiativen (JTI) wurde im Siebten Rahmenprogramm als ein neuer Mechanismus zur Durchführung langfristiger öffentlich-privater Partnerschaften in der Forschung auf europäischer Ebene eingeführt. Bislang sind vier gemeinsame Technologieinitiativen in den Feldern innovative Arzneimittel, eingebettete Systeme usw. gegründet worden. Mit dem vorliegenden Vorschlag wird die fünfte gemeinsame Technologieinitiative im Forschungsfeld Brennstoffzellen und Wasserstoff errichtet.
Konfrontiert mit schwierigen Aufgaben wie beispielsweise der Sicherung der Stromversorgung, der Abhängigkeit im Bereich Energie und der vielfach diskutierten Bekämpfung des Klimawandels, muss die EU die Entwicklung und den Einsatz saubererer und effizienterer Energietechnologien vorantreiben. Brennstoffzellen und Wasserstofftechnologien verfügen über das Potenzial, einen maßgeblichen Beitrag zur Durchsetzung dieser Ziele zu leisten. Das Fehlen einer gemeinsamen europäischen Strategie hat Europa bisher daran gehindert, mit den asiatischen Ländern und den USA Schritt zu halten.
Was die Änderungsanträge betrifft, so befürworte ich diejenigen, die der Stärkung des Vorschlags dienen und für Kohärenz mit anderen JTI sorgen sollen. Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen und Diskussionen mit KMU unterstütze ich insbesondere Änderungsanträge, die den Nachdruck verstärkt auf das Innovationspotenzial von KMU sowie die spezifischen Hemmnisse legen, denen sie ausgesetzt sind, wie beispielsweise ihre geringeren Zugangsmöglichkeiten zu Forschungseinrichtungen. Darin wird auch die Bedeutung der Durchsetzung der auf dem Markt ausgerichteten Forschung hervorgehoben. Wie bereits im Durchführungsplan erwähnt wurde, sollte insbesondere in den Anfangsstufen die Forschung einen wichtigen Teil der Tätigkeit der Gemeinsamen Technologieinitiativen ausmachen.
Meines Erachtens ist diese gemeinsame Initiative des öffentlichen und privaten Sektors der richtige Weg, um die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den USA und anderen Ländern, die im Bereich der Wasserstoffforschung über langjährige Traditionen und eine Entwicklungsstrategie verfügen, zu erhöhen.
Silvia-Adriana Ţicău, im Namen der PSE-Fraktion. – (RO) Auch ich möchte der Berichterstatterin gratulieren und die Bedeutung dieser Unterlage hervorheben. Diese Initiative ist überaus wichtig für die Forschungstätigkeit. Leider sind die Gelder häufig nicht ausreichend bzw. werden manchmal nur unzureichend ausgeschöpft. Der Höchstbeitrag der Europäischen Gemeinschaft zu den Verwaltungsausgaben für dieses gemeinsame Unternehmen wird sich auf 470 Millionen EUR belaufen. Es wird möglich sein, auch nach dem Jahr 2013 neue Gelder bereitzustellen, allerdings nur für Projekte, für die bis zum 31. Dezember 2013 eine Finanzierungsvereinbarung geschlossen wird.
Ich möchte betonen, dass dieses gemeinsame Unternehmen überaus nützlich ist, da hiermit das Forschungsrahmenprogramm umgesetzt wird, insbesondere im Bereich von Energie und Verkehr, einschließlich Luftfahrt, und da es zu diesem Programm gehört. Meines Erachtens ist dieser Bericht überaus wichtig, da mit ihm die Tätigkeiten der Forschung und technologischen Entwicklung in koordinierter Weise unterstützt werden. Außerdem wird mit dieser Initiative die Umsetzung der Forschungsschwerpunkte im Bereich der Kommunikations- und Informationstechnologie in Sachen Brennstoffzellen und Wasserstoff unterstützt; zugleich werden aber auch Anreize für mehr öffentliche und private Investitionen in die Forschung auf dem Gebiet Brennstoffzellen und Wasserstoff in den Mitgliedstaaten und den assoziierten Länder geschaffen.
Vladko Todorov Panayotov, im Namen der ALDE-Fraktion. – (BG) Europa muss den Klimawandel bewältigen und die Sicherheit der Versorgung mit natürlichen Ressourcen sicherstellen. Bei konstant steigenden Preisen für Rohstoffe und Fertigerzeugnisse erweist sich diese Aufgabe als extrem schwierig.
Es gibt eine Lösung, und diese liegt in neuen Technologien, mit denen einerseits Treibhausgasemissionen präventiv gesenkt werden und andererseits Rohstoffe eingespart und effizienter genutzt werden sollen. So kann Europa eine führende Rolle bei der Bewältigung der globalen Erwärmung einnehmen und seine Wettbewerbsfähigkeit auf dem weltweiten Rohstoffmarkt bewahren. _Dafür bedarf es höherer Investitionen in Forschung und neue Technologien, unter Berücksichtigung des Potenzials jedes einzelnen Mitgliedstaates.
Neue Technologien, insbesondere die Wasserstofftechnologie und die Entwicklung von Brennstoffzellen, werden eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung des Mangels an Energieressourcen sowie beim Umweltschutz und bei der Erfüllung der im Kyoto-Protokoll gesetzten Ziele spielen. Dabei sollten wir jedoch berücksichtigen, dass diese Technologien die Verwendung von Metallen wie Platin, Palladium und Gold erfordern, die einen wesentlichen Bestandteil der neuen Geräte und Anlagen darstellen. Nur wenn wir neue, hoch effiziente und umweltgerechte Methoden umsetzen, um diese Metalle zu fördern und wiederzugewinnen, können wir die effektive und nachhaltige Entwicklung der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien erreichen.
Mit der Gründung eines gemeinsamen Unternehmens sollten die Anstrengungen aller Länder integriert werden, die über Erfahrungen sowohl bei der direkten Entwicklung von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien als auch bei der Entwicklung von Technologien für die nachhaltige und umweltfreundliche Förderung der erforderlichen Rohstoffe verfügen. Diese Entwicklungen müssen in neuen Mitgliedstaaten gefördert werden, die umfassende Erfahrungen in diesen Bereichen haben, beispielsweise Bulgarien, wo Forschungsteams seit vielen Jahren an derartigen Projekten arbeiten und bedeutende Erfolge erzielt haben.
Zdzisław Kazimierz Chmielewski (PPE-DE). – (PL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Es ist schwer, einem Versuch, geeignete Regeln für ein gemeinsames Unternehmen im Bereich Brennstoffzellen- und Wasserstofftechnologie aufzustellen, nicht zuzustimmen. Frau Locatellis interessanter Bericht beschreibt diese Initiative als vielversprechendes Beispiel einer öffentlich-privaten Partnerschaft für die Implementierung einer gemeinsamen technologischen Initiative. In der mir vorliegenden Stellungnahme bestätigt der Rat jedoch die enorme Komplexität der technologischen Herausforderung bei der praktischen Anwendung solcher Zellen. Die Experten stehen vor der unermesslich schwierigen Aufgabe, Wege für die Forschung zu finden, die einen Erfolg garantieren würden. Manche Wissenschaftler beispielsweise sagen voraus, dass es erhebliche Einschränkungen bei der praktischen Anwendung von Brennstoffzellen geben wird. Wenn wir davon ausgehen, dass Wasserstoff nur ein Energieträger ist, dürfen wir nicht vergessen, dass seine praktische Anwendung, in Brennstoffzellen beispielsweise, jedes Mal die Nutzung anderer Energiequellen für seine Erzeugung erfordert. Und wenn wir diese Schwierigkeit überwinden, tun sich andere Schwierigkeiten auf, und sei es nur die Notwendigkeit, geeignete Technologien für die Lagerung und den Transport von Wasserstoff zu finden.
Auf diesen Aspekt verweise ich im Hinblick auf die weitere legislative Arbeit an dem Text, zu dem das Europäische seine Stellungnahme abgibt. Lassen Sie es mich ganz unverblümt sagen und nicht bloß als Randbemerkung: Nach Aussage meines leitenden Experten wird dieser Ansatz nicht zum Erfolg führen.
Janez Potočnik, Mitglied der Kommission. − (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte mich bei den verehrten Abgeordneten für Ihre Ausführungen bedanken. Ich möchte ferner feststellen, dass wir mit den gemeinsamen Technologieinitiativen wahrhaft Neuland beschreiten. Ich hoffe aufrichtig, dass das funktioniert, denn dieser neue Ansatz sollte maßgeblich dazu beitragen, einiges in Europa umzukrempeln.
Wir gehen damit von der Finanzierung von Projekten über zur Finanzierung von Programmen und einer stärkeren Unterstützung von privaten-öffentlichen Partnerschaften, und ich meine private-öffentliche Partnerschaften, denn es ist klar, dass Initiativen und strategische Forschungsagendas ihren Ausgangspunkt in Technologieplattformen haben, die die Grundlage dieser gemeinsamen Technologieinitiativen bilden. Die Zusammenarbeit ist unverzichtbar, und ich stelle fest, dass diese gemeinsamen Technologieinitiativen tatsächlich Gruppierungen und Verbände im europäischen Maßstab zusammenführen. Einige der wichtigsten Wettbewerber in Europa kommen zusammen, sodass sie in dieser vorwettbewerblichen Phase ihr Wissen zusammenführen und Europa im globalen Maßstab stärken können.
Ferner möchte ich in diesem Zusammenhang noch feststellen, dass diese spezielle Technologieinitiative auch deshalb so wichtig ist, weil sie sich auf den Energiesektor bezieht, werden wir doch täglich aus Neue an die Bedeutung dieses Sektors erinnert.
Eines der Hauptziele des europäischen Strategieplans für Energietechnologie (SET-Plan) ist die Beschleunigung der Entwicklung und des Einsatzes kohlenstoffarmer Technologien. Mir ist bekannt, dass Sie derzeit an Ihrer Stellungnahme zum SET-Plan arbeiten, und bin auf Ihre Ansichten sehr gespannt. Wie ich bereits sagte, ist die gemeinsame Technologieinitiative im Bereich Brennstoffzellen und Wasserstoff ein interessantes Modell für andere Bereiche und wird sicher auch Bestandteil des SET-Plans werden, sobald dieser gebilligt ist.
All das wird sich hoffentlich in Zukunft auszahlen. Eine letzte Sache möchte ich noch erwähnen, weil ich mir nicht sicher bin, ob richtig gedolmetscht wurde. Die Kommission wird 470 Millionen Euro für den Zeitraum von sechs Jahren, in dem diese gemeinsame Technologieinitiative durchgeführt wird, bereitstellen und erwartet natürlich, dass dieser Betrag durch den privaten Sektor, der ebenfalls seinen Beitrag leisten wird, auf das Doppelte angehoben wird.
Die Präsidentin. − Frau Madurell ist zweifellos nicht hier, doch ich bin sicher, die Berichterstatterin, Frau Locatelli wird Kontakt aufnehmen, denn was der Herr Kommissar hier ausgeführt hat, ist äußerst wichtig.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag um 12.00 Uhr statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Péter Olajos (PPE-DE) , schriftlich. – (HU) In den letzten fünfzig Jahren hat sich die Weltbevölkerung verdoppelt, während sich der Energieverbrauch vervierfacht hat. Aus diesem Grund bleibt uns nichts weiter übrig, als das gemeinsame Unternehmen „Brennstoffzellen und Wasserstoff“ zu begrüßen und seine Gründung mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln zu unterstützen.
Ich verstehe Frau Haugs Bedenken bezüglich der Finanzierung des gemeinsamen Unternehmens, aber wir dürfen nicht zulassen, dass finanzielle Fragen dieser Initiative im Weg stehen. Die Schlüsselwörter sind Innovation und eine Veränderung unserer Lebensweise. Doch das kostet Geld. Andererseits bringt es auch Gewinn. In den modernen Volkswirtschaften sind Innovationen für 70-80 % des jährlichen BIP-Wachstums verantwortlich.
Weshalb sollten wir in Wasserstoff investieren? Weil es sich dabei um eine intermediäre Energiequelle handelt. Das „Angebot“ kann sich nicht verknappen. Wasserstoff ist das am häufigsten vorkommende Element des Universums. Er kann jedoch nur dann als Alternative zu den fossilen Brennstoffen gelten, wenn wir ihn zu wettbewerbsfähigen Preisen aus erneuerbaren Energiequellen herstellen können, ohne dass dabei Kohlendioxid oder andere Treibhausgase freigesetzt werden.
In Kanada und den USA hat man bereits 2002 die Bedeutung von Wasserstoff erkannt. Auf den dortigen Straßen sind bereits Hunderttausende von „Öko-Autos“ unterwegs, und die Zahl der Tankstellen, die Wasserstoff anbieten, nimmt ständig zu. In der Europäischen Union gibt es bisher ca. 18 000 umweltfreundliche Fahrzeuge, während die Zahl der Wasserstoffzapfstellen nicht der Rede wert ist.
Wenn wir den endgültigen Kollaps verhindern wollen, dann können wir dieser Technologie und diesem Kraftstoff unsere Unterstützung nicht versagen; wir müssen handeln. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen und meine Kollegen und Kolleginnen zu meiner Greenovations-Konferenz einladen, die nächste Woche, und zwar am Nachmittag des 28. Mai, hier im Parlament stattfinden wird. Im Anschluss an die Diskussionsrunde werden die Teilnehmer Gelegenheit zur Fahrt mit einem wasserstoffbetriebenen Bus oder Auto haben.
24. Gemeinschaftlicher Tabakfonds (Aussprache)
Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Sergio Berlato im Namen des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 hinsichtlich der Übertragung von der Tabakbeihilfe auf den Gemeinschaftlichen Tabakfonds für die Jahre 2008 und 2009 sowie der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinsichtlich der Finanzierung des Gemeinschaftlichen Tabakfonds (KOM(2008)0051 – C6-0062/2008 – 2008/0020(CNS)) (A6-0164/2008).
Sergio Berlato, Berichterstatter. − Frau Präsidentin, Frau Kommissarin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Vorschlag der Europäischen Kommission sieht im Wesentlichen vor, den 5%igen Einbehalt von den Tabakbeihilfen auch für die Kalenderjahre 2008 und 2009 zu bewilligen, und diese Mittel für die weitere Finanzierung des Gemeinschaftlichen Tabakfonds zu verwenden, mit dem ausschließlich Initiativen zur besseren Aufklärung der Unionsbürger über die durch Tabakkonsum verursachten Schäden gefördert werden.
Als Erstes sollten meines Erachtens einige objektive Anhaltspunkte hervorgehoben werden. Die Übertragung von Mitteln aus den Agrarbeihilfen auf den Fonds ist ein seltenes und positives Beispiel für die Integration und Kooperation zwischen der Agrar- und der Gesundheitspolitik der Europäischen Union. Da die Tätigkeiten des Fonds wichtig für die Unionsbürger sind, und dies auch, wie von der Kommission hervorgehoben, in den kommenden Jahren bleiben werden, müssen sie unserer Auffassung nach auch in den Jahren 2007 und 2009 finanziell gefördert werden.
Der Einbehalt von den gekoppelten Beihilfen für die Landwirte ist von jeher die einzige Finanzierungsquelle des Gemeinschaftlichen Tabakfonds. Die Finanzierungsgrundlage dieses Abzugs hat sich mit der Reform der GMO für Tabak und der Entscheidung einiger Mitgliedstaaten für die vollständige Abkopplung, wodurch dem Fonds die Mittel aus dem Einbehalt vollständig entzogen wurden, drastisch verringert. Es ist erforderlich, dem Fonds durch eine weitere Verlängerung des Anwendungszeitraums und die Anhebung des prozentualen Anteils des Einbehalts genügend Mittel zur Verfügung zu stellen, um Programme finanzieren zu können, ohne den EU-Haushalt zusätzlich zu belasten, zumindest nicht bis zum Ende der laufenden Finanziellen Vorausschau, wobei gleichzeitig auch nach anderen Finanzierungsmöglichkeiten für den Fonds gesucht werden muss.
Zu den positiven Aspekten des Finanzierungsmechanismus des Fonds gehört, dass die genehmigten Vorhaben zu mindestens einem Viertel des Gesamtbetrags durch bewährte Akteure kofinanziert werden sollen, womit mehr Mittel zur Verfügung stünden. Der Landwirtschaftsausschuss hat sich mehrfach mit diesen Fragen befasst und hält an seiner Linie fest, konsequentere Maßnahmen zur Einschränkung des Rauchens zu ergreifen und die Bürger besser über dessen gesundheitsschädigende Wirkung zu informieren.
Andererseits sind wir uns – wie bereits in der legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2004 dokumentiert wird – der Tatsache bewusst, dass das Volumen der europäischen Erzeugung von Rohtabak, die mittlerweile stark eingeschränkt ist und sich auf einige wenige spezielle Regionen der Union konzentriert, weniger als 4 % der weltweiten Erzeugung ausmacht und keinerlei Auswirkung auf den lokalen Konsum von Tabakfertigerzeugnissen hat.
Obwohl dieses Thema nicht im Mittelpunkt der heutigen Aussprache steht, sei doch daran erinnert, dass die Europäische Union der weltweit größte Importeur von Rohtabak ist und über 70 % ihres Bedarfs in Drittländern deckt, was Tabak zugute kommt, der häufig in Gebieten erzeugt wird, in denen die Erzeugung einer weniger strengen Kontrolle unterliegt als in Europa, was vor allem für Brasilien, Malawi, Argentinien, Indonesien, Simbabwe, Indien und China gilt. Auf diese Weise kommt ein Handelsbilanzdefizit von über 1,2 Milliarden Euro jährlich zustande.
Andererseits war in den Mitgliedstaaten, in denen die Tabakbeihilfe – zusätzlich zur Annullierung der Übertragung auf den Fonds – vollständig abgekoppelt worden, die völlige Aufgabe der Erzeugung festzustellen, ohne dass sich eine unter dem Aspekt der Wirtschaft und der Beschäftigung nachhaltige Initiative abgezeichnet hätte, was schwerwiegende negative Auswirkungen auf den gesamten ländlichen Raum der betroffenen Regionen hat, ohne dass es zu einer Veränderung beim lokalen Konsum von Tabakfertigerzeugnissen gekommen wäre.
Was den Vorschlag betrifft, für das Kalenderjahr 2008 einen Einbehalt von den Beihilfen vorzunehmen, ist der Landwirtschaftsausschuss angesichts des Umstands, dass die Anbauverträge für Tabak der Ernte 2008 bereits seit geraumer Zeit abgeschlossen sind, der Auffassung, dass die Annahme eines solchen Vorschlags zu einer großen Zahl von Klagen vor Gericht und auf jeden Fall zu einem Rechtsstreit führen kann, der schlussendlich einen schweren Schaden anrichten würde, welcher ausschließlich zu Lasten der landwirtschaftlichen Erzeuger ginge.
Der Landwirtschaftsausschuss ist schließlich der Auffassung, dass die Verlängerung des Einbehalts bis zum Wirtschaftsjahr 2012 und die Anhebung des prozentualen Anteils des Einbehalts zugunsten des Fonds auf 6 % eine Ausstattung mit Finanzmitteln ermöglichen können, die für die Maßnahmen des Gemeinschaftlichen Tabakfonds bis zum Jahr 2013 ausreichend sind. Er fordert die Kommission auf, ein Mehrjahresprogramm auszuarbeiten, das dank der Änderungen, die mit den hier vorgelegten Änderungsanträgen vorgenommen werden, mit einem Betrag von über 81 Millionen Euro ausgestattet ist, ohne dass es zu irgendeiner Belastung für den Haushalt der Union kommt.
Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. − (EN) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Berlato, herzlich danken. Der Enthusiasmus Ihres Vortrags am heutigen Abend hat mich sehr gefreut. Ich möchte dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung für seinen Bericht über den Gemeinschaftlichen Tabakfonds danken.
Der Rat hat 2004 die Tabakreform beschlossen, durch die teilgekoppelte und teilentkoppelte Zahlungen an die Tabakerzeuger im Zeitraum 2006 bis 2009 eingeschränkt werden. Die Reform sieht einen relativ langen Übergangszeitraum vor, weil die teilgekoppelte Beihilfe bis 2009 gezahlt werden kann. Aber es gibt, wie Sie ganz richtig sagten, auch Mitgliedstaaten, die sich 2006, als die Reform in Kraft trat, für eine vollständige Entkoppelung entschieden haben.
Die Reform von 2004 sah zudem vor, einen bestimmten Anteil der Tabakbeihilfe für die Jahre 2006 und 2007 von den Tabakerzeugern auf den Tabakfonds zu übertragen. Durch den Vorschlag der Kommission wird der Zeitraum der Übertragung eines Anteils der Tabakbeihilfe auf den Tabakfonds bis zum Kalenderjahr 2009 verlängert.
Die Unterstützung für die Übertragung eines Teils der Tabakbeihilfe auf den Gemeinschaftlichen Tabakfonds begrüße ich sehr. Ihr Bericht unterstreicht ganz richtig die enorme Bedeutung, die die im Rahmen dieses Fonds durchgeführten und auf die Unterstützung von Initiativen zur Information über die potenziellen Gefahren des Tabakkonsums ausgerichteten Maßnahmen auf die europäische Öffentlichkeit haben.
Ihre Bitte, den Übergangszeitraum bis 2012 zu verlängern, stellt jedoch ein riesiges Problem dar. Eine solche Verlängerung der Übergangsregelung für teilgekoppelte Zahlungen widerspricht komplett der Philosophie dessen, was die Kommission morgen in ihrer Mitteilung über den „Gesundheitscheck“ vorschlagen wird, der verstärkt auf eine entkoppelte Zahlung abzielt, um es den Landwirten zu überlassen, das zu erzeugen, wonach der Markt verlangt.
Soweit ich informiert bin, haben die Mitgliedstaaten, die sich von Anfang an für eine vollständige Entkoppelung der Zahlungen an die Tabakerzeuger entschlossen haben, das deshalb getan, weil es für die Landwirte rentabler war, den Sektor zu verlassen. Vielleicht war es aufgrund der Tabakqualität schwieriger, einen vertretbaren Preis zu erzielen.
2004 wurde zudem vereinbart, dass 50 % der Gemeinschaftsförderung für den Tabaksektor ländlichen Entwicklungsmaßnahmen zugute kommen würden. Damit wird im Haushaltsjahr 2011 begonnen, und als zusätzliche Gemeinschaftsförderung wird diese Hilfe in Tabak erzeugende Regionen fließen. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass diese Mittel für die Tabak erzeugenden Regionen bestimmt sind. Ausgehend davon wurde bereits ein jährlicher Betrag von 484 Millionen Euro in die ländlichen Entwicklungsprogramme für den Zeitraum 2007-2013 für jene Mitgliedstaaten aufgenommen, die von der Tabakreform betroffen sind.
Deshalb bin ich sicher, dass es Sie nicht überraschen wird, dass ich aufgrund der von allen Tabak erzeugenden Mitgliedstaaten unterstützten Vereinbarung im Rahmen der Einigung auf das Paket über Mittelmeererzeugnisse im Jahr 2004 keine Verlängerung der Übergangsregelung für teilgekoppelte Zahlungen vorschlagen kann. Dennoch freue ich mich auf eine sehr lebhafte und interessante Diskussion am heutigen Abend.
Wiesław Stefan Kuc, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Haushaltsausschusses. − (PL) Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Die Subventionierung der Tabakproduktion bei gleichzeitiger Bekämpfung des Konsums von Tabakprodukten war über viele Jahre Gegenstand von Kontroversen. Der Gemeinschaftliche Tabakfonds, in den derzeit bis zu 5 % der Haushaltsmittel für Tabakbeihilfen fließen, dient jedoch der Finanzierung von Forschung zur Bekämpfung der schädlichen Auswirkungen des Rauchens, von Aufklärungskampagnen und der Fortbildung von Tabakerzeugern im Hinblick auf einen Wechsel zu anderen Erzeugnissen.
Ich bin der Verfasser der Stellungnahme des Haushaltsausschusses zum Bericht Berlato. Die Weiterfinanzierung des Gemeinschaftlichen Tabakfonds in den nächsten beiden Jahren ist mehr als angemessen, doch stellt sich die Frage, ob es denn die Gründe für seine Existenz nach dieser Zeit nicht mehr geben wird, da wir wissen, dass die Menschen rauchen und weiterhin rauchen werden. Sie werden rauchen, ob wir in Europa Tabak erzeugen oder nicht. Das Problem wird nicht verschwinden, auch wenn wir die Beihilfen für Tabakerzeuger einstellen. Daher muss der Fonds weiterbestehen. Das Einzige, was geändert werden kann, ist die Art seiner Finanzierung.
Ioannis Gklavakis, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Frau Präsidentin! Ich freue mich, dass die Kommissarin heute anwesend ist, da ich sie für einen unvoreingenommenen Menschen halte. Gestatten Sie mir zu erklären, warum ich das sage.
Zunächst möchte ich meine Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss darauf hinweisen, dass wir gegen das Rauchen und für eine groß angelegte Kampagne gegen das Rauchen sind. Wenn die Leute aber trotzdem weiter rauchen und daher eine entsprechende Nachfrage nach Tabak besteht, müssen wir ihn nicht aus Drittstaaten einführen. Erzeugen wir ihn in Europa.
Ich beglückwünsche Herrn Berlato zu seinem Bericht und stimme ihm uneingeschränkt zu. Ich fordere, dass die Finanzierung aus dem Gemeinschaftlichen Tabakfonds fortgesetzt wird. Wir Landwirte, Frau Kommissarin, haben die Anhebung des Einbehalts für den Fonds für die Aufklärung der Öffentlichkeit über die schädlichen Wirkungen des Tabaks um 1 % mit Freude akzeptiert, obwohl es Geld ist, das uns genommen wird. Damit können wir durchaus leben. Wir bitten aber um die Verlängerung des Status quo bis 2013.
Frau Kommissarin, Sie sind ein unvoreingenommener Mensch. Warum sollten allein die Tabakanbauer benachteiligt werden? Wir fordern daher, dass dies rückgängig gemacht wird und dass die jetzige Regelung bis 2013 gültig bleibt. Hinzu kommt, dass die Tabakerzeuger, wie Ihnen bekannt sein dürfte, in allen Ländern und vor allem in meinem Land zu den ärmsten Landwirten gehören. Sie leben oftmals in den ärmsten, strukturschwächsten Regionen, in denen häufig nichts anderes angebaut werden kann. Wenn wir die Regelung aufheben und die Zahlung der Beihilfe einstellen, werden in diesen Regionen Umweltschäden und Wüstenbildung eintreten.
Deshalb fordere ich, dass die Regelung im Sinne des Berichts von Herrn Berlato sowie seiner und meiner Änderungsanträge verlängert wird. Da Sie, Frau Kommissarin, meines Wissens ein unvoreingenommener Mensch sind, denke ich, dass unser Vorschlag auf Ihre Unterstützung zählen kann.
Alejandro Cercas, im Namen der PSE-Fraktion. – (ES) Frau Präsidentin! Vielen Dank, Frau Kommissarin, für Ihre Anwesenheit. Ich hatte ein Gespräch mit dem Präsidenten meiner Region. Er hat eine hohe Meinung von Ihnen, was ich hier nochmals bestätigen möchte.
Ich spreche in meinem eigenen Namen und im Namen der Schattenberichterstatterin meiner Fraktion, Frau Rosa Miguélez, um unsere Unterstützung für Herrn Berlato zum Ausdruck zu bringen, der wohl die rationalste Position vertreten dürfte.
Der Bericht von Herrn Berlato behandelt ausschließlich den Gemeinschaftlichen Tabakfonds, den Gemeinschaftsfonds zur Bekämpfung des Rauchens. Er fordert mehr Zeit und mehr Geld für seine Kampagne. Deshalb sollten auch Abgeordnete, die gegen Tabakprämien sind, für diesen Bericht stimmen, da es ihm darum geht, die Zeit und den Geltungsbereich für den Kampf gegen den Tabak auszudehnen.
Allerdings erregt das Wort Tabak so starke Gefühle bei vielen Mitgliedern dieses Parlaments, dass sie Dinge verwechseln. Sie verwechseln den Gemeinschaftlichen Tabakfonds mit den Gemeinschaftsprämien und meinen, wir würden die Fortsetzung der Prämien fordern. Das ist nicht so. Wir sprechen hier über die Entwicklung des Fonds bis 2013.
Sie verwechseln Produktion mit Konsum. Das Problem in Europa ist nicht die Produktion. Europa produziert sehr wenig Tabak. Das Problem Europas ist der Konsum des Tabaks, der von außerhalb Europas importiert wird.
Sie verwechseln Tabak mit Rauchen. Das ist, als würde man Alkohol und Alkoholismus durcheinanderbringen. Die Pflanze, die eine landwirtschaftliche Kultur ist, hat viele Verwendungszwecke, auch medizinische, wogegen Rauchen eine Krankheit darstellt.
Wenn sie den Konsum verhindern wollen, müssten sie ihre Angriffe viel mehr auf die Importe, die Verarbeitung, Werbung und die mächtige Tabakindustrie insgesamt richten, und nicht auf die armen Arbeitnehmer in meinem Land, die nur zu 5 % zu dem in Europa gerauchten Tabak beitragen.
Abschließend sei bemerkt, Frau Kommissarin, dass wir nicht den Tabak um seiner selbst finanzieren, wir finanzieren den Tabak, weil er viele Arbeitsplätze schafft, nicht nur unter den Tabakerzeugern, sondern in allen betroffenen Regionen. In der Tat wollen viele Tabakerzeuger die Produktion aufgeben, weil sie mehr verdienen, wenn sie nicht arbeiten. Doch die betreffenden Regionen werden untergehen, wenn sie diese tausenden Arbeitsplätze für Frauen und Einwanderer verlieren, wie es auch in anderen Gegenden Europas geschehen ist.
Sie fordern nur Zeit, Zeit zur Umgestaltung ihrer Betriebe.
Frau Kommissarin, vielen Dank für Ihre Geduld. Ich hoffe, dass Sie Ihre Hand reichen werden, nicht so sehr Herrn Berlato, sondern den Arbeitnehmern, die auf dieses Parlament schauen in der Erwartung, dass es nicht zweierlei Maßstäbe anlegen wird. Ich hoffe, dass niemand hier seine Wünsche mit der tatsächlichen Situation verwechselt, und ich hoffe auch, dass niemand hier seine eigenen Interessen über die dieser einfachen Menschen stellen wird.
Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin, Frau Kommissarin! Ich habe den Eindruck, dass hier – wie man in Westfalen sagt –, mit der Wurst nach der Speckseite geworfen werden soll, dass man nämlich über den Fonds retten will, dass eine Ankoppelung der Tabakprämien bis 2013 durchgeführt wird. Der Fonds, der ja auch über die schädlichen Folgen des Rauchens aufklärt, wurde hier im Parlament zur Stützung der eigentlichen Tabakprämien eingeführt, weil es im Hohen Haus mehrheitlich erheblichen Widerstand gegen das Rauchen gab, und man immer wieder sagte: Wie können wir das denn fördern, wenn das Rauchen so gefährlich ist?
Ich bin immer ein Befürworter der Tabakprämie gewesen, weil ich meine, dass das nichts miteinander zu tun hat. Aber dann soll man auch nicht scheinheilig sagen: Wir machen etwas gegen das Rauchen, wenn man etwas anderes – nämlich die Beibehaltung der Prämien – will. Hier geht es nicht um die Beibehaltung der Prämien, sondern im Wesentlichen um die angekoppelten Prämien. Es soll nicht entkoppelt werden. Es wird immer so getan, als würde bei der Entkoppelung den Tabakanbauern die Prämie genommen. Wir wissen – das haben wir bei der Baumwolle ja auch diskutiert –, dass das nicht stimmt. Die Gelder gehen weiter in die Betriebe, nur sind diese nicht mehr gezwungen, Tabak anzubauen. Und das halte ich auch für vernünftig.
Ich kann mich erinnern: Während einer Reise des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung nach Nordgriechenland haben wir die Ärmsten der Armen besucht. Wir haben die armen Regionen gesehen, die aber nicht wegen der Entkoppelung arm waren – die gab es damals noch gar nicht –, sondern weil die Tabakindustrie für den dort angebauten Tabak nicht den entsprechenden Preis bezahlte und vielmehr die Prämien, die damals gezahlt wurden, für sich in Anspruch nahm und den Preis so weit nach unten drückte, dass von den Prämien für die Tabakanbauer nichts mehr übrig blieb. Wir fanden das damals unglaublich und haben uns gefragt, warum Tabakanbauer, die in dieser Region Gewürztabak anbauen, der weltweit als Spezialtabak in die Zigaretten verarbeitet wird, nicht so viel bekommen, dass sie allein von dem Anbau leben können – auch ohne Prämien.
Wenn jetzt in den Regionen durch die Entkoppelung, oder in einigen Ländern, wo die Entkoppelung ganz durchgeführt worden ist, kein Tabak mehr angebaut wird, dann nicht deswegen, weil in diesen Regionen nichts anderes zu machen ist, sondern weil sie durch den Tabak nicht die Kosten decken können, die sie für den Anbau aufbringen müssen. Daher müsste hier eine Auseinandersetzung mit der Industrie geführt werden, damit sie die Tabakanbauer endlich ordentlich bezahlt.
Frau Kommissarin, ich fände es besser, die Aufklärung über das Rauchen anderen zu überlassen – da haben wir ja inzwischen in der Europäischen Union Aufklärung genug geleistet – und die Gelder stattdessen in die ländliche Entwicklung und in Diversifizierungsmaßnahmen für diese armen Regionen fließen zu lassen. Außerdem sollten die Mittel noch aufgestockt werden, damit in diesen Regionen andere Arbeitsplätze als nur im Tabakbereich angeboten werden.
Janusz Wojciechowski, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Selten haben in diesem Hause diskutierte Entscheidungen derart schwerwiegende Konsequenzen für eine solch große Zahl von Menschen. Bei dem uns heute vorliegende Thema geht es um die Existenz oder Nichtexistenz von Tabakerzeugern in Europa. Die Tabakerzeugung sichert den Lebensunterhalt von etwa 120 000 Landwirten und beschäftigt, einschließlich Saisonarbeitern, nahezu 400 000 Menschen in den alten und den neuen Mitgliedstaaten. Der Fall Griechenlands hat bereits gezeigt, dass die so genannte Reform des Tabaksektors de facto seine Auslöschung bedeutet. Sie ist ein Todesurteil für 120 000 Bauernhöfe, zumeist kleine Familienbetriebe. Ich kenne solche Tabakbetriebe in Polen, aber wir finden sie auch hier, in der Umgebung von Straßburg. Wir sprechen von einer Katastrophe für Menschen, die ihr Leben der Erzeugung von Tabak gewidmet haben. In welchem Namen sollten sie ihrer Lebensgrundlage beraubt werden? Die Auslöschung der Tabakerzeugung wird die Menschen nicht vom Rauchen abhalten. Sie werden Zigaretten aus importiertem Tabak rauchen. Diese Reform wird niemandem nützen und vielen schaden.
Ich unterstütze daher uneingeschränkt Herrn Berlatos Bericht, der zu Recht die Tabakerzeuger verteidigt, und ich schließe mich mit meiner Stimme Herrn Glavakis und Herrn Cercas an.
Diamanto Manolakou, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Frau Präsidentin! Auf Tabakanbauer wird eine erbarmungslose Hetzjagd betrieben, da die Kampagne gegen das Rauchen gleichbedeutend ist mit einer tabakfeindlichen Politik. So gilt in der EU angebauter Tabak als gesundheitsschädlich, importierter Tabak aber nicht. Das ist widersprüchlich, unwissenschaftlich und ungerecht. Die Ergebnisse dieser Politik sind allenthalben bekannt: Trotz der Kampagnen steigt die Zahl der Raucher, während die Erzeugung in der EU stark schrumpft. Arbeitsplätze gehen verloren, zehntausende kleine und mittlere Tabakerzeuger stehen vor dem Ruin, die Tabakimporte haben aber inzwischen ein Volumen von mehr als 1,2 Milliarden Euro jährlich erreicht.
In Griechenland ist der Tabakanbau um 73 % zurückgegangen. Immer mehr Tabakbauern verlieren ihre Arbeit. Ganze Gebiete veröden, weil dort nichts anderes angebaut werden kann.
Unserer Auffassung nach muss die Regelung zurückgenommen werden, wonach 50 % der Direktbeihilfen ab 2010 auf den zweiten Pfeiler übertragen werden. Alle Einbehalte von den Beihilfen müssen unverzüglich abgeschafft werden, damit auch weiter Tabak angebaut werden kann, zumal die Nachfrage zu 70 % durch Importe gedeckt wird. Beihilfen müssen an die Erzeugung gekoppelt werden und ein fester Bestandteil der garantierten, den Produktionskosten der jeweiligen Sorte entsprechenden Mindestpreise sein.
Da der Bericht des Kollegen Berlato positive Elemente im Sinne der vorstehenden Ausführungen enthält, werden wir, die Abgeordneten der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE), dafür stimmen.
Hélène Goudin, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Frau Präsidentin! Der subventionierte Tabakanbau ist ein eindeutiger Beleg für die Doppelmoral, von der die EU und das Europäische Parlament geprägt sind. Die Europäische Union hat stolz verkündet, der Kampf gegen Krankheiten müsse Vorrang haben, und gibt jedes Jahr mehrere Millionen Schwedische Kronen für Informationskampagnen aus. Gleichzeitig subventioniert sie durch die Hintertür unrentable Tabakbauern alljährlich mit mehreren Milliarden Kronen.
Dem Bericht zufolge würde die Regelung zum schrittweisen Abbau der Beihilfen bis 2013 verlängert. Der Berichterstatter versucht, seine Hände bezüglich der negativen Folgen des Tabakkonsums in Unschuld zu waschen. Es wird ganz einfach behauptet, die Tabakproduktion der EU sei mit ihrem Anteil von gerade einmal 4 % an der weltweiten Erzeugung so gering, dass sie keinerlei Auswirkung auf den Konsum von Tabakfertigerzeugnissen habe. Was ist das denn für eine Begründung? Soll damit etwa die weitere Subventionierung gerechtfertigt werden? Ich halte eine Tabakproduktion von 4 % in der EU für zu hoch. Außerdem ist der europäische Tabak so schlecht, dass nur ein Bruchteil davon auf dem europäischen Markt verkauft und ein Drittel verbrannt wird. Die Sonderinteressen der Tabakindustrie sind lange genug bedient worden. Unsere Bürger verlangen, dass wir uns unserer politischen Verantwortung stellen.
Meine Damen und Herren, die letzte Zigarette hat einen schlechten Geschmack. Es ist an der Zeit, sich die Doppelmoral abzugewöhnen! Daher appelliere ich an Sie, morgen gegen diesen Bericht zu stimmen.
Esther Herranz García (PPE-DE). – (ES) Frau Präsidentin! Die Beihilfen für den Tabaksektor werden im Ergebnis der jüngsten Reform 2010 um 50 % gekürzt. Ich halte dies für eine nie da gewesene Maßnahme, die eine klare Benachteiligung der Tabakerzeuger gegenüber den übrigen landwirtschaftlichen Produzenten der Gemeinschaft darstellt. Kein anderer Agrarsektor hat solch eine dramatische Kürzung erfahren, zu der noch die Abstriche durch die Änderungen der Direktbeihilfen kommen, die morgen vom Ministerrat beschlossen werden.
Ich halte es nicht für verfehlt, einige Angaben über diesen Sektor zu machen. Mindestens 80 % des europäischen Tabaks wird in benachteiligten Regionen angebaut. In der Extremadura, in Spanien, wo der größte Teil der spanischen Produktion konzentriert ist, sind 20 000 Familien mit einem Jahresumsatz, der 26 % des Gesamtwertes der landwirtschaftlichen Produktion der Region ausmacht, von der Reform betroffen.
Zudem erfolgt die Produktion des Tabaks in Spanien vor allem in kleinen Betrieben mit einem hohen Anteil an Frauenarbeit auf den Höfen und in der gesamten Industrie. Weiterhin dürfen wir nicht vergessen, dass die Europäische Union nur 5 % des Tabaks in der Welt erzeugt und 70 % des konsumierten Tabaks importiert. Wenn daher die Tabakproduktion der Gemeinschaft von der Bildfläche verschwindet, wird dies keinesfalls eine Gewähr für einen Rückgang des Konsums sein.
Der so genannte Gesundheitscheck der GAP ist ein idealer Zeitpunkt, um über die Folgen nachzudenken, die diese Entscheidung für Regionen wie die Extremadura haben kann, wo sich eine beachtliche soziale und wirtschaftliche Gemeinschaft um diese Kultur entwickelt hat und wo alternative Anbauformen kaum möglich sind.
Darüber hinaus steht die Reform dieses Sektors auch im Widerspruch zu den Erwartungen des Agrarsektors der Gemeinschaft insgesamt, da die Gemeinschaft seine Stabilität bis zum Ende des durch die derzeitige Finanzplanung abgedeckten Zeitraums im Jahr 2013 garantiert hat.
Der vom Landwirtschaftsausschuss angenommene Bericht, der sich für eine Ausdehnung des Tabakfonds der Gemeinschaft einsetzt, berücksichtigt die Interessen der Verbraucher und stellt gleichzeitig die Gültigkeit des Beschlusses zur Reduzierung der Beihilfe für die Bauern in Frage, weil sich der Fonds durch die Abzüge bei der Direktbeihilfe für die Bauern finanziert.
VORSITZ: MAREK SIWIEC Vizepräsident
Lily Jacobs (PSE). – (NL) Tabak tötet jährlich etwa eine halbe Million Bürger Europas. Selbst unter Nichtrauchern gibt es jedes Jahr 19 000 Todesfälle infolge des Passivrauchens.
Woher weiß ich das? Das ist die Botschaft der Werbespots, die die Europäische Union selbst in allen 27 Mitgliedstaaten als Teil einer groß angelegten Antiraucherkampagne ausstrahlen lässt. Und dafür haben wir insgesamt 18 Millionen Euro vorgesehen. Verglichen mit den Beihilfen, die die Europäische Union jährlich an Tabakerzeuger zahlt, ist dieser Betrag jedoch ein Tropfen auf dem heißen Stein. Dieses Jahr gibt Brüssel dafür noch 320 Millionen Euro aus. Vor drei Jahren waren es noch fast 1 Milliarde Euro.
Ist es nicht äußerst sonderbar, dass wir versuchen, das Rauchen zu bekämpfen und zugleich die Tabakerzeugung mit europäischen Steuergeldern finanzieren? Außerdem konterkariert die weitere Finanzierung das gesamte Grundanliegen der Reformen unserer Agrarpolitik, dass wir nämlich die Erzeugungsbeihilfen abschaffen müssen. Den Vorschlag der Europäischen Kommission zur weiteren Unterstützung des Tabaksfonds auch 2008 und 2009 befürworte ich vorbehaltlos, aber dieser Fonds darf nicht als Entschuldigung für die Weiterzahlung der Tabakbeihilfen im Jahr 2013 herhalten. Obgleich ich die Argumente meiner Kollegen sehr wohl respektiere, sollte in diesem Fall meines Erachtens die Gesundheit der Bevölkerung an oberster Stelle stehen.
Roberta Angelilli (UEN). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte dem Berichterstatter ganz besonders zu seiner hervorragenden Arbeit gratulieren. Mit diesem Bericht wird ein doppeltes Ziel erreicht: Verstärkung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Tabaksucht durch Verlängerung der Finanzierung des Gemeinschaftlichen Tabakfonds und zugleich Anpassung des Tabaksektors an die anderen GMO, die mit dem Erntejahr 2012 ganz normal auslaufen werden.
Kampf gegen das Rauchen darf allerdings nicht bedeuten, den Tabakanbau in Europa auszumerzen, ist doch die Europäische Union der weltweit größte Importeur von Rohtabak und deckt über 75 % ihres Bedarfs in Drittländern, was Tabak zugute kommt, der häufig ohne gesicherte gesundheitliche Kontrollen erzeugt wird. Eine eventuelle Abschaffung der Beihilfen würde lediglich das Ende der Produktion und den automatischen Anstieg der Importe bedeuten und hätte keinerlei Wirkung gegen die Tabaksucht.
Kartika Tamara Liotard (GUE/NGL). – (NL) Es ist schwer zu sagen, was absurder ist, dass die Europäische Union den Tabakanbau subventioniert oder dass Europa diese Beihilfen teilweise wieder in einen Fonds steckt, der vom Tabakrauchen abhalten soll. Derart scheinheilige Maßnahmen sind genau der Grund, weshalb die EU unter den Bürgern kaum Glaubwürdigkeit genießt. Das Argument, die EU erzeuge relativ wenig Tabak, ist nicht stichhaltig. Jedes Paket enthält noch immer eine von der EU subventionierte Zigarette. Diese Zigarette ist dann übrigens noch von solch minderwertiger Qualität, dass wir sie in Europa nicht einmal rauchen wollen und sie anderswo verschleudern.
Die Tabakbeihilfe darf nicht fortgesetzt werden, wie es das Parlament will. Ein Teil der Beihilfen darf auch nicht als Feigenblatt für Antiraucherkampagnen verwendet werden, wie es die Kommission wünscht. Ich habe genug von diesen Beihilfen. Sie müssen schlicht sofort abgeschafft werden.
Bogdan Golik (PSE). – (PL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Herrn Berlatos Bericht befasst sich mit einer Kombination aus Gesundheits- und Landwirtschaftsthemen. Eine Anhebung der Mittel von 5 % auf 6 % zusammen mit der vorgeschlagenen Ausdehnung des Systems auf die Jahre 2009-2012 erhöht die dem Fonds zugewiesenen Mittel erheblich – um nahezu 81 Mio. Euro. Viele Landwirte und Organisationen unterstützen die vorgeschlagene Verordnung uneingeschränkt. Sowohl die polnischen als auch die europäischen Tabakerzeuger erwarten, dass die Annahme des Berichts zur Weiterführung des Gemeinschaftlichen Tabakfonds, der für die Volksgesundheit wesentlich ist, und zum Erhalt des Tabaksektors für die 100 000 Tabakerzeuger Europas führt.
Die vorgeschlagene Verordnung ermöglicht es, ohne zusätzliche Haushaltsausgaben ein Beihilfesystem aufrechtzuerhalten, das zum Teil der Tabakerzeugung zugute kommt und damit die Benachteiligung von Tabakerzeugern gegenüber den anderen Landwirten verhindert.
Es ist unbedingt erforderlich, Frau Kommissarin, dass wir die sehr wichtige Debatte über die Zukunft der Tabakproduktion in Europa schon ab morgen wieder aufnehmen, und zwar im Zusammenhang mit der Präsentation des Gesundheitschecks.
Andrzej Tomasz Zapałowski (UEN). – (PL) Herr Präsident! In der heutigen Aussprache stehen die Argumente der landwirtschaftlichen Erzeuger im Konflikt zu denen der Gruppen, die sich für die Gesundheit der europäischen Gesellschaft einsetzen. Aber werden die Europäer gesünder, wenn sie aus Drittländern importierten Tabak von deutlich geringerer Qualität rauchen? Wenn wir unsere eigene Produktion zerstören, werden wir nicht 70 %, sondern 100 % importieren. Wir müssen auch darüber nachdenken, ob eine Benachteiligung von Landwirten, die Tabak anbauen, anstatt die Entwicklung unseres ländlichen Raums zu fördern, nicht in bestimmten Regionen der Europäischen Union zu einem noch größeren wirtschaftlichen Zusammenbruch und steigender Arbeitslosigkeit führen wird. Natürlich können wir dann Finanzhilfen für die Arbeitslosen in diese Regionen pumpen, da wir ja so reich sind, dass wir es uns leisten können, unsere eigene Landwirtschaft zugunsten der Landwirtschaft im Fernen Osten zu zerstören, die wir unterstützen müssen, um dort die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.
Herr Berlatos Bericht findet meine volle Unterstützung.
Thijs Berman (PSE). – (NL) Europäische Landwirte, die Tabak anbauen, sollten dafür von der EU nicht einen einzigen Cent erhalten. Selbstverständlich waren Tabakbeihilfen jahrelang eine immense Einkommensquelle für Landwirte, eine Art Sozialpolitik, die diesen Namen nicht verdiente. Allerdings sollten Steuergelder aus Prinzip nicht für ungesunde Produkte ausgegeben werden. Deshalb gibt es nur eine Alternative zu diesen Beihilfen: ihre Abschaffung.
Der Vorschlag im Bericht Berlato ist ein lächerlicher Versuch, die Tabakbeihilfen bis mindestens 2012 zu verlängern. Das darf nicht passieren, und dafür gibt es noch einen weiteren Grund. Aus Sicht der Entwicklungsländer ist die europäische Subventionierung von Tabak völlig unfair. Das ist unlauterer Wettbewerb gegenüber armen Bauern und läuft der Entwicklungspolitik der Europäischen Union unmittelbar zuwider, ein klassisches Beispiel dafür, wie sich ein Politikfeld mit einem anderen überschneiden kann.
Ermutigen Sie die europäischen Landwirte zum Anbau von Pflanzen, die jetzt einen hohen Preis erzielen, wie zum Beispiel Getreide, denn das wird dringend benötigt. Aber seien Sie solidarisch und lassen Sie die Tabakbeihilfen in Rauch aufgehen im Namen der Gesundheit der Bevölkerung und im Namen der Kohärenz der europäischen Politik für die Entwicklung der ärmsten Länder in der Welt. Das ist Solidarität.
Armando Veneto (PPE-DE). – (IT) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es liegen einige gesicherte Daten vor, die unumstritten sind. Erstens: Es steht fest, dass die vollständige Entkopplung einen Rückgang der Erzeugung bewirkt. Zweitens: Selbst wenn der Tabakanbau in Europa verhindert wird, bedeutet das nicht, dass die Verringerung des Tabakanbaus in Europa auch zu einer Schrumpfung der Raucherpopulation führen würde. Und drittens verurteilen wir möglicherweise Hunderttausende Menschen zum Hunger, ohne ein konkretes Ergebnis zu erzielen.
Deshalb sollten nach meinem Dafürhalten zum einen die Tabakbeihilfen dafür verwendet werden, den Verbrauchern die schädlichen Wirkungen des Rauchens aufzuzeigen – unter diesem Gesichtspunkt sollte das Geld selbstverständlich aus den Beihilfen kommen –, und zugleich müssen wir die Tabakerzeuger in die Lage versetzen, langsam aus dem Anbau auszusteigen, indem wir ihnen die nötige Zeit einräumen, um den ganzen Sektor aufzugeben. Deshalb denke ich, dass wir für den Bericht Berlato stimmen sollten.
Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk (UEN). – (PL) Ich möchte drei Punkte in diese Diskussion einbringen. Erstens wird die Idee der Entkopplung der Zahlungen für die Erzeugung häufig von der Europäischen Kommission wiederholt. Dabei handelt es sich um einen Ansatz, der offensichtlich die landwirtschaftliche Erzeugung Europas verringert. Kommissarin Fischer Boel hat diesen Gedanken heute erneut geäußert, dieses Mal in Bezug auf die Tabakerzeugung.
Zweitens dürfen wir nicht vergessen, dass der Tabakanbau sowohl in den alten als auch in den neuen Mitgliedstaaten in kleinen Familienbetrieben der am wenigsten entwickelten Regionen erfolgt. Die Auslöschung dieser Produktion wird die Entwicklungsmöglichkeiten in diesen Regionen verringern und die Existenz kleiner Betriebe gefährden.
Drittens und letztens ist der Anbau von Tabak zwar kontrovers, ihn aber in Europa zu beschränken, hat eine Zunahme der Tabakimporte aus Drittländern zur Folge. Wie Herr Berlato uns mitteilte, beliefen sich die Tabakimporte im vergangenen Jahr auf 1,2 Milliarden Euro.
Ich hoffe, die Europäische Kommission wird diese Warnungen berücksichtigen, wenn sie ihren Standpunkt festlegt.
Ioannis Gklavakis (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident! Ich spende meinen Kolleginnen und Kollegen Beifall, die in der Frage des Rauchens so großes Feingefühl gezeigt haben. Ich denke, dass wir alle ohne Ausnahme gegen das Rauchen sind, aber, liebe Freunde, lassen Sie mich auf einen wesentlichen Unterschied hinweisen: Rauchen und Tabakanbau sind zwei Paar Schuhe. Wir sollten so viel Geld wie möglich bereitstellen, möglichst oft über das Problem sprechen und so viele Aktionen wie möglich durchführen, um unsere Parlamentskollegen und Mitbürger vom Nichtrauchen zu überzeugen. Da es trotzdem weiter Raucher geben wird, sehe ich nicht ein, warum wir Tabak importieren müssen anstatt ihn hier selbst anzubauen. Lassen Sie mich nun an Ihr Umweltbewusstsein appellieren. Tabak ist ein Gewächs, das nur wenig Wasser, Düngemittel und Pestizide braucht; er wird von armen Landwirten auf kargen Böden angebaut. Ich bin sicher, dass der Umweltschützer in Ihnen, aber auch Ihr menschliches Empfinden Sie zum Umdenken veranlassen wird – selbst jene, die gegen das Rauchen zu Felde ziehen und es mit dem Tabakanbau in Verbindung bringen. Denn wenn man eine Verbindung zwischen Rauchen und Tabakanbau herstellt, dann ist es, als ob man unsere berühmte Weinkultur mit dem Alkoholismus verwechselte. Sollen wir wegen des Alkoholismus keinen Wein mehr anbauen?
Mariann Fischer Boel, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Ich bedanke mich bei allen, die einen Beitrag zu dieser Aussprache geleistet haben, und nochmals herzlichen Dank dafür, dass Sie sich für eine Verlängerung der Übertragung auf den Tabakfond ausgesprochen haben.
Mir ist natürlich klar, dass die Diskussionen über die Tabakpolitik eine heikle Sache sind, und ich kann Ihnen sagen, dass ich das erst unlängst bei meinem Besuch im April in Griechenland zu spüren bekommen habe. Ich muss auch ganz klar feststellen, dass die Verlängerung des Tabakfonds keine Aufforderung für eine Neuauflage der Reform von 2004 darstellt. Meines Erachtens müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass diese Reform unter Dach und Fach ist. Ferner sollten Sie meiner Ansicht nach bedenken, dass diese Reform von allen Tabak produzierenden Mitgliedstaaten unterstützt wurde. Deshalb wäre es etwas schwierig, diese ganze Diskussion neu aufzurollen.
Außerdem sollten wir nicht vergessen, dass wir die Subventionen für die Tabakerzeuger nicht stoppen. Wir nehmen sogar weiterhin die höchsten Direktzahlungen vor bzw. zahlen die höchsten Subventionen, mehr als in irgendeinem anderen Bereich der Landwirtschaft. Keine andere Ertragskultur erhält höhere Direktzahlungen.
Wir bleiben also dabei: ab 2009 werden wir entkoppeln und ab 2011 wird die Übertragung auf die ländliche Entwicklungspolitik erfolgen.
Anstatt viel Zeit und Mühe auf Versuche zu verschwenden, die Vereinbarungen des Rates aus dem Jahre 2004 rückgängig zu machen, sollten sich die Mitgliedstaaten und die Tabakerzeuger, der gesamte Tabaksektor, meines Erachtens mit der ländlichen Entwicklungspolitik befassen und prüfen, welche Möglichkeiten es gibt. Denn es werden hohe Summen für die Umstrukturierung, für das Ausprobieren anderer Erwerbsmöglichkeiten im Agrarsektor zur Verfügung stehen.
Ich bin sicher, dass es mit etwas Phantasie – auch wenn ich weiß, dass in diesen Gebieten nicht alles produziert werden kann – möglich sein sollte, eine Lösung zu finden. Dazu bedarf es der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, dem Tabaksektor und den Tabakerzeugern, die nach rentablen Lösungen für diese Gebiete auch nach 2011 suchen müssen.
Sergio Berlato, Berichterstatter. − Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte der Frau Kommissarin und allen Abgeordneten, die sich zu Wort gemeldet haben, danken. Ich möchte daran erinnern, dass, im Hinblick auf die Zukunft des europäischen Tabaksektors, vor kurzem die Minister fast sämtlicher Erzeugermitgliedstaaten, einschließlich der Länder, die für die völlige Abkopplung optierten, und der neuen Mitgliedstaaten, formell an die Kommission die Forderung gerichtet haben, einen Vorschlag für eine Verordnung vorzulegen, mit der die gegenwärtige Unterstützungsregelung für Tabak bis zum Jahre 2013 verlängert werden soll. Dieses Thema muss im Rahmen der Debatte angegangen werden, die derzeit über den Gesundheitscheck der GAP geführt wird.
Abschließend, Herr Präsident, möchte ich meine Kolleginnen und Kollegen – die auf den ersten Blick den Eindruck erwecken könnten, sich wenig für eine Maßnahme zu interessieren, die nur einen Einbehalt von den Agrarbeihilfen der fünf alten Mitgliedstaaten betrifft, die die teilweise gekoppelten Beihilfen beibehalten haben – auffordern darüber nachzudenken, dass die Verwendung dieser Mittel und die Informationskampagnen des Fonds auch in Zukunft der Gesundheit aller Unionsbürger zugute kommen werden.
Ich möchte außerdem hervorheben, dass wir hier vielleicht einem grundlegenden Missverständnis unterliegen: Dieser Bericht betrifft weder die Verlängerung der Beihilfen für die Tabakerzeuger noch entscheidet er darüber; es geht lediglich um die Annahme eines Berichts, der die Verlängerung der Finanzierung des Gemeinschaftlichen Tabakfonds zum Gegenstand hat. Die Entscheidung über die Verlängerung der Beihilfen wird später getroffen, doch das ist nicht Thema dieses Berichts, der sich, wie ich sagte, auf die Verlängerung der Finanzierung des Gemeinschaftlichen Tabakfonds und nicht auf die Verlängerung der Beihilfezahlungen an die Tabakerzeuger in unmittelbarer und absehbarer Zukunft bezieht.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 20. Mai 2008, statt.
25. Bewertung des Programms PEACE und Strategien für die Zukunft (Aussprache)
Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Bairbre de Brún im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung über die Bewertung des Programms PEACE und Strategien für die Zukunft (2007/2150(INI)) (A6-0133/2008).
Bairbre de Brún, Berichterstatterin. − (GA) Das Programm zur Förderung von Frieden und Versöhnung hat den nationalen Friedens- und Versöhnungsprozess in Irland maßgeblich unterstützt.
Im Rahmen des ersten Programms (PEACE I) wurden zwischen 1995 und 1999 750 Millionen Euro bereitgestellt, die im zweiten Programm (PEACE II), das von 2000 bis 2007 lief, auf 994 Millionen Euro aufgestockt wurden. Das dritte Programm (PEACE III) sieht bis 2013 einen Betrag in Höhe von 333 Millionen Euro vor.
Die bereitgestellten Mittel wurden nutzbringend zur Unterstützung jener eingesetzt, die gewillt waren, sich vom Konflikt ab- und dem Versöhnungsprozess zuzuwenden. Diese Beträge waren, wie wir jetzt feststellen können, eine gute Investition, die die privatwirtschaftliche Entwicklung in Nordirland und in den Grenzbezirken angekurbelt hat.
Der Prozess der Versöhnung und Friedensbildung ist ein kontinuierlicher Prozess. Eine gemeinsame Exekutive in Belfast regelt jetzt lokale Angelegenheiten für die lokale Bevölkerung. Vor zehn Tagen fand in Belfast eine Konferenz statt, auf der Investoren mit großem Interesse Investitionsmöglichkeiten prüften. Diese Schritte sind Ausdruck des neuen Vertrauens in unsere politische und wirtschaftliche Zukunft. Der Beitrag von PEACE und der Beitrag des Internationalen Fonds für Irland, dessen größter Geber die Europäische Union ist, haben maßgeblich zur Förderung dieses Vertrauen beigetragen.
Jetzt, da die Teilnehmer die Umsetzung des dritten Programms (PEACE III) in Angriff nehmen, ist es mir eine Freude, den Standpunkt des Parlaments zu den Maßnahmen darzulegen und zu erläutern, wie wir uns die weitere Rolle von PEACE vorstellen. Ich möchte den Mitgliedern des Ausschusses für regionale Entwicklung für ihre Unterstützung und den Schattenberichterstattern für ihre Zuarbeit danken.
Teilhabe, Anerkennung der gegenseitigen Abhängigkeit, die Förderung von Vielfalt und die erfolgreiche Beseitigung von Ungleichheit sind ebenso wie der Schutz und die Förderung der Menschenrechte wichtige Elemente der Friedensbildung und des Wiederaufbaus der Gesellschaft.
Im Rahmen des Programms PEACE haben die vom Konflikt am stärksten betroffenen Menschen Vertrauen geschöpft und konnten so einen aktiven Beitrag zur Friedensbildung leisten. Die Stärkung des Engagements der Menschen vor Ort bildet einen zentralen Bestandteil des Programms PEACE, und ich möchte diese Gelegenheit nutzen und den Freiwilligenorganisationen, Unternehmen, Bürgergruppen und Vertretern der Gemeinderäte sowie allen, die mit ehemaligen Gefangenen, mit Opfern und Überlebenden zusammenarbeiten, meine Anerkennung für ihr enormes Engagement für die Gemeinschaft und den Versöhnungsprozess aussprechen.
Die Zusammenarbeit der Beteiligten im Rahmen der durch das Programm PEACE geförderten Programme sollte nicht aufhören, wenn diese Programme auslaufen. Wir fordern die Regierungsstellen auf, diese Arbeit, die sie so effektiv eingeleitet haben, zu fördern und zu gewährleisten, dass weiterhin eine Finanzierung für diese unschätzbare Arbeit bereitgestellt werden kann. Es sollten Möglichkeiten gefunden werden, um Hilfsgruppen für Opfer und Überlebende den Zugang zu finanzieller Unterstützung zu sichern, wenn die Finanzierung im Rahmen von PEACE ausläuft.
Natürlich kann auch etwas zurückgegeben werden. So können die Erfahrungen der erfolgreichen Elemente von Initiativen, die im Rahmen von PEACE und dem Internationalen Fonds für Irland finanziert wurden, für andere Vorhaben genutzt werden. Bei diesen Initiativen gesammelte Erfahrungen sollten mit denjenigen geteilt werden, die sich in anderen internationalen Arbeiten zur Friedenskonsolidierung engagieren. Entsprechende Möglichkeiten werden bereits diskutiert.
Anliegen des Berichts ist es, Sie mit den Lehren vertraut zu machen, die gezogen werden können, und ich begrüße die Aussprache am heutigen Abend.
Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident, meine Damen und Herren, sehr geehrte Frau de Brún! Zunächst möchte ich Ihnen herzlich für die ausgezeichnete Arbeit bei der Bewertung des Programms PEACE und hinsichtlich der Strategien für die Zukunft danken. Die Kommission teilt Ihre Ansicht, dass die Maßnahmen der Europäischen Union zur Unterstützung des Friedensprozesses in Nordirland zu einer Annäherung der beiden Gemeinschaften beigetragen und die Herausbildung von konfessions- und grenzübergreifenden Verbindungen befördert haben.
Die Kommission ist sich zudem bewusst, dass die Friedensbildung ein langfristiger und mehrdimensionaler Prozess ist, und wir sind uns auch darüber im Klaren, dass die Friedensbildung einen flexiblen Ansatz und die Bereitschaft erfordert, Experimente zuzulassen und innovative Wege zu beschreiten. Doch die wohl wichtigste Lehre aus dem Programm PEACE ist die Erkenntnis, wie wirksam der Bottom-up-Ansatz ist. Er hat Menschen und Organisationen vor Ort die Möglichkeit gegeben, nach einer Lösung für die Probleme und Fragen zu suchen, die beide Gemeinschaften auf lokaler Ebene betreffen. Er hat Vertreter beider Gemeinschaften zusammengeführt und, was besonders wichtig ist, ihnen ein Gefühl der Mitverantwortung für den Friedensprozess gegeben.
Maßnahmen für die vom Konflikt am stärksten betroffenen Menschen sind wichtig, aber ebenso wichtig für die Änderung von Haltungen und Ansichten sind Projekte für junge Menschen, unsere Zukunft. Und schließlich haben wir gelernt, dass Vorhaben zur Unterstützung von Frauen von besonderer Bedeutung sind, da Frauen bei der Friedensbildung und Förderung der Versöhnung eine Schlüsselrolle für die Gewährleistung der Stabilität und Dauerhaftigkeit des Prozesses spielen.
Die Kommission ist ferner der Ansicht, dass die im Rahmen der EU-Maßnahmen in Nordirland und der Frieden schaffenden Initiativen gesammelten Erfahrungen erfasst werden sollten, um anderen Gebieten der Welt mit bewährten Praktiken bei der Überwindung von Konflikten oder ähnlichen Problemen der sozialen Integration zu helfen. Mir ist bekannt, dass sich Nordirland aktiv um die Einrichtung eines Zentrums zur Konfliktbewältigung bemüht, und dabei kann das Land auf meine Unterstützung zählen.
Gestatten Sie mir, auch den erfolgreichen Workshop zum Thema Nordirland zu erwähnen, der im Oktober letzten Jahres im Rahmen der Open Days durchgeführt wurde. Das Ereignis war nicht nur ausgebucht, sondern es hat auch die Bildung eines Netzwerkes ausgelöst, das derzeit für den Austausch von Erfahrungen zum Thema Frieden und Versöhnung eingerichtet wird. Für die Anfang Oktober dieses Jahres stattfindenden Open Days ist zudem eine Nachfolgeveranstaltung geplant.
Damit komme ich zum Schluss. Ich danke Ihnen für Ihren ausgezeichneten Bericht und bin jetzt gespannt auf die Aussprache des Parlaments.
Lambert van Nistelrooij, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (NL) Wenn in Europa ganz außergewöhnliche Umstände herrschen, dann müssen wir auch zu ganz außergewöhnlichen Maßnahmen greifen. In diesem Fall wurde dank der Mittel aus dem Fonds für regionale Entwicklung wirklich eine maßgeschneiderte und innovative Lösung gefunden.
Wir haben damit tatsächlich die Herzen der Menschen erreicht, sind bis zu ihren Wohnzimmern vorgedrungen und haben in sozialen Organisationen arbeiten können, wo Vertrauen ungemein wichtig ist. Vertrauen der Menschen in die Umgebung, das angesichts der gewaltigen Spannungen, die in Nordirland herrschten, dringend nötig war. In diesem Zusammenhang stimme ich mit Kommissarin Hübner voll und ganz darin überein, dass dies ein gutes Beispiel für einen Fall ist, in dem derartige Instrumente, derartige Mittel eingesetzt werden müssen, genauso wie in ähnlichen Situationen, wie beispielsweise in Zypern.
Herr Nicholson, der Schattenberichterstatter der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten hat sein Flugzeug verpasst, und daher bin ich der erste Redner. Ich möchte erwähnen, dass ich als Koordinator das Programm PEACE III uneingeschränkt befürworte, insbesondere die Rolle der Menschen und – wie ich bereits sagte – die grenzüberschreitenden Aspekte. Die Tatsache, dass auch die Menschen im übrigen Irland und die Infrastruktur einbezogen werden, ist von großer Bedeutung.
Catherine Stihler, im Namen der PSE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Man kann Frieden nicht in Geld ausdrücken, aber die seit 1995 in Nordirland laufenden PEACE-Programme haben den Friedensprozess in Nordirland mit dem Ziel unterstützt, eine friedliche und stabile Gesellschaft sowie die Versöhnung in der Region zu fördern. Ich beglückwünsche Frau de Brún zu diesem Initiativbericht, der die positiven Ergebnisse und bewährten Verfahren beschreibt, die aus diesem EU-Programm resultieren. Der friedensbildende Aspekt des Programms ist für die Zukunft von Nordirland entscheidend und enthält Lehren für andere EU-Mitgliedstaaten mit einer konfliktreichen Geschichte.
Das Programm PEACE II ermöglichte einen wertvollen Erfahrungsaustausch zwischen verschiedenen Gebieten, zu denen Albanien, Belarus, die Republik Moldau, Serbien, die Ukraine und Bosnien zählen. Ich begrüße die derzeitige Diskussion über Möglichkeiten, ein europaweites Netzwerk aus Regionen und Städten zu schaffen, die gerade einen Konflikt überwunden haben oder die mit einem Konflikt und mit Ausgrenzung leben. Versöhnung ist ein langfristiger Prozess, und ich unterstütze die Fortsetzung des Programms PEACE. Dabei kommt es auf die Einbeziehung der lokalen Gemeinschaften an, und in Frau de Brúns Bericht wird auf die Vielfalt von Projekten u. a. in den Bereichen Kinderbetreuung, außerschulische Betreuung, Unternehmensparks und Kleinunternehmen, und zwar sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten, verwiesen. Viele der mit PEACE-Mitteln finanzierten Projekte wurden initiiert, um lokalen Anforderungen gerecht zu werden. Sie haben ein breites Spektrum verschiedener Beteiligter erreicht, die ein gemeinsames Ziel verfolgen, und dazu beigetragen, Modelle für ein öffentliches Engagement bei der Entwicklung von Strategien zu erstellen. Frauengruppen haben eine sehr positive Rolle bei der Friedensbildung gespielt. Ich danke Frau de Brún und hoffe, dass dieser konstruktive Bericht die Unterstützung aller erhält.
Marian Harkin, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich der Berichterstatterin, Frau de Brún, zu ihrem ausgezeichneten Bericht gratulieren, der den enormen Beitrag würdigt, den das Programm PEACE zur Förderung von Frieden und Versöhnung in Nordirland und den Grenzbezirken geleistet hat. Er zeigt ferner auf, wie die dabei gewonnenen Schlussfolgerungen und bewährten Erfahrungen an jene weitergegeben werden sollten, die in anderen Regionen friedensbildende Arbeit leisten.
Ich freue mich, dass die Berichterstatterin meinen Änderungsantrag akzeptiert hat, in dem es heißt, dass Programme zur Konsolidierung des Friedens, insbesondere Programme, an denen sich Bürger- und Freiwilligengruppen beteiligen, unbedingt weiter finanziell unterstützt werden müssen, wenn die PEACE-Programme auslaufen. Dazu stellt der Bericht klar, dass die Regierungsstellen auf beiden Seiten der Grenze die Fortsetzung der allgemeinen Finanzierung für diese unschätzbare Arbeit nach Auslaufen der EU-Finanzierung sicherstellen sollten. Wir dürfen den Bürger- und Freiwilligengruppen, die sich an dieser wertvollen Arbeit beteiligen, keinesfalls die Unterstützung entziehen. Das käme einem Vertrauensbruch gegenüber den Gemeinschaften gleich und würde einen beträchtlichen Teil der derzeit laufenden guten Arbeit zunichte machen. Bürger- und Freiwilligenorganisationen müssen die Möglichkeit haben, nach einem strategischen Plan zu arbeiten, da sie bei kurzfristigen Aktionen keine Pläne für die Zukunft aufstellen können.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass diese Gruppen nicht in die Finanzierungslücke zwischen PEACE II und PEACE III geraten. Ich habe mich diesbezüglich an die Kommission gewandt und eine Antwort erhalten. Bevor ich heute Abend in den Saal kam, habe ich noch einmal einen Blick auf die lange Liste der Bürgergruppen auf beiden Seiten der Grenze geworfen, die im Rahmen von PEACE finanziert werden und die aktiv an der Friedensbildung, der Versöhnung und an Erneuerungsprojekten beteiligt sind. Die EU kann sicher sein, dass die Mittel aus dem PEACE-Programm sinnvoll ausgegeben wurden und dass der durch die Freiwilligentätigkeit erzeugte Mehrwert PEACE zu einem Paradebeispiel für ein günstiges Verhältnis von Aufwand und Nutzen gemacht hat.
Wir sprechen in diesem Haus oft darüber, dass wir den Bürgern Europa näher bringen müssen. Das Programm PEACE war und ist ein greifbarer Mechanismus dafür. Wie Kommissarin Hübner heute Abend sagte, zeigt sich hier der Wert des Bottom-up-Ansatzes wie auch die wichtige Rolle, die Frauen in der Friedensbildung spielen. Das ist ein Beispiel für Bürgernähe, dafür, dass die EU den Anstoß zu Veränderungen gibt und in diesem Fall dafür, dass sich die Bürger angesprochen fühlen und sich aufrichtig engagieren.
Seán Ó Neachtain, im Namen der UEN-Fraktion. – (GA) Herr Präsident! Eingangs möchte ich feststellen, dass ich diesen Bericht begrüße. Als Nordirland durch Konflikt und Auseinandersetzungen geteilt war, erhielten die Menschen im Norden besondere Unterstützung und Ermutigung durch die führenden Vertreter und Organe der Europäischen Union, die ihnen den Weg in eine friedliche Zukunft wiesen. Wie Bairbre de Brún, die Berichterstatterin, feststellte, hatte diese Unterstützung einen Wert von 1,65 Milliarden Euro, und weitere 333 Millionen Euro sind noch vorgesehen.
Ich möchte die Berichterstatterin, Frau de Brún, beglückwünschen. Merkwürdig ist jedoch, dass von denjenigen, die von der Kampagne zur finanziellen Unterstützung am meisten profitiert haben, ausgerechnet die Sinn Féin den Lissabon-Vertrag und den europäischen Prozess ablehnt. Gerry Adams, der Führer der Sinn Féin, erwähnt diese 1,65 Milliarden Euro nur höchst selten. Wenn wir auf diese Leute hören würden, dann wäre Irland nicht Mitglied der Europäischen Union. Wir wären nicht Teil eines Systems, in dessen Rahmen wir Geld für den Friedensprozess in Europa erhalten. Und ich muss sagen, dass das genau der Punkt ist, der mich am heutigen Nachmittag hier am meisten enttäuscht.
Jim Allister (NI). – (EN) Herr Präsident! Das ist ein Bericht voller Floskeln und ohne Inhalte, so wie auch ein Großteil der Mittel von PEACE für heiße Luft ausgegeben wurde.
Die Ironie, dass ausgerechnet eine Europaabgeordnete der IRA/Sinn Féin einen Bericht über den Frieden vorlegt, dürfte Tausenden von Menschen in Nordirland, die Opfer der bösartigen terroristischen Kampagne ihrer gefährlichen Organisation geworden sind, nicht entgangen sein.
Es überrascht mich nicht, dass sie einen Bericht vorlegen kann, in dem von Frieden die Rede ist, ohne dabei rot zu werden, ohne ein Fünkchen des Bedauerns dafür, wieso wir diesen Frieden brauchen: weil nämlich ihre IRA das Land jahrzehntelang mit Terror überzogen hat.
Ebenso wenig überrascht es mich, dass sie eine der größten Fehlleistungen des PEACE-Programms unerwähnt lässt, nämlich die ungleiche Verteilung der Mittel zwischen den beiden Gemeinschaften in Nordirland, wobei den protestantischen Unionisten ihr fairer Anteil vorenthalten wird. Das dürfte Frau de Brún natürlich kaum Kopfzerbrechen bereiten.
Abschließend möchte ich zu Protokoll geben, dass der relative Frieden, den wir heute in Nordirland haben, nicht auf irgendein Friedensprogramm der EU zurückzuführen ist, sondern auf die bemerkenswerte Beharrlichkeit, den Mut und die Opferbereitschaft unserer hervorragenden Sicherheitskräfte, die sich der IRA, die uns über einen so langen Zeitraum des Friedens beraubt hatte, entgegengestellt haben.
Ioannis Kasoulides (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Das Programm PEACE hat nicht nur durch finanzielle Unterstützung zum Friedensprozess in Nordirland beigetragen, sondern auch die Annäherung der beiden Gemeinschaften unterstützt. Anliegen war es, mit der Zivilgesellschaft und NRO zu arbeiten, um eine aktive Bürgerbeteiligung zu fördern. Das hat den beteiligten Bürgern die Suche nach individuellen Lösungen für ihre Probleme ermöglicht. Das ist ein Beispiel für den Beitrag der Kommission zur Friedensbildung und Versöhnung, und dazu ist sie zu beglückwünschen.
Der Bericht stellt fest, dass die bei PEACE gesammelten Erfahrungen mit Regionen geteilt werden sollten, die mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind. Als Abgeordneter aus Zypern wäre es meines Erachtens äußerst interessant, diese Erfahrungen auf Zypern anzuwenden. Ich fordere die Regierung von Zypern und die Kommission auf, diese Möglichkeit im Rahmen einer politischen Lösung zu prüfen.
Stavros Arnaoutakis (PSE). – (EL) Herr Präsident! Das Programm PEACE hat bewiesen, welchen Beitrag es zum friedlichen Zusammenleben und zur Versöhnung zwischen den verschiedenen Gemeinschaften in Nordirland zu leisten vermag. Wir befürworten die Verlängerung des Programms in Irland, und ich möchte folgende Aspekte hervorheben.
Das Programm ist ein glänzendes Beispiel für das bewährte Verfahren, das auf andere Regionen der EU wie etwa Zypern übertragen werden kann und muss. Die Art und Weise, in der das Programm PEACE umgesetzt wird und vor allem, wie es von lokalen Partnerschaften und Nichtregierungsorganisationen gesteuert wird, die Entwicklung gemeinschaftsübergreifender Systeme, der leichtere Zugang zu Finanzmitteln für Systeme oder Gruppen, die nicht aus anderen gemeinschaftlichen oder nationalen Quellen finanziert werden können – all dies sind wertvolle Erfahrungen. Dadurch rücken Mittel und Wege ins Blickfeld, die bei Strukturfonds-Programmen häufiger genutzt werden sollten. Das funktioniert nach dem Prinzip des Bottom-up-Ansatzes, insbesondere bei Programmen für die lokale Entwicklung und zur Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung.
Jean Marie Beaupuy (ALDE). – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich die ausgezeichneten Ergebnisse hervorheben, die mit PEACE I und PEACE II erzielt worden sind; das gilt insbesondere für die Programmbegünstigten in Irland – in Nordirland –, deren Würde wiederhergestellt ist und die nun neue Hoffnung schöpfen können. In diesem Zusammenhang möchte ich zwei konkrete Probleme ansprechen, Frau Kommissarin, die Sie hoffentlich erfolgreich klären können.
Wie von Frau de Brún in ihrem Bericht gefordert, müssen erstens die Beschlüsse des Parlaments, der Kommission und des Europäischen Rates von den Regierungen Großbritanniens und Irlands wirklich mitgetragen werden, damit die zeitlich befristeten und ergänzenden Regelungen durch ihre gemeinsamen Anstrengungen umgesetzt werden können.
Da Sie, Frau Kommissarin, für die Taskforce verantwortlich sind, wird es Sie zweitens nicht überraschen, wenn ich Sie bitte, einen integrierten Ansatz zu nutzen, um die Kohärenz zwischen den verschiedenen beteiligten Stellen, zwischen den Programmen und Fonds sowie zwischen den verschiedenen geografischen Gebieten zu gewährleisten.
Nicht zuletzt hoffe ich, dass das Beispiel Irlands in anderen Ländern auf der ganzen Welt Schule machen wird.
Daniel Hannan (NI). – (EN) Herr Präsident! Wieso verabschieden wir diese Entschließung? Ist sie ein spezielles Mittel gegen ein konkretes Problem? Oder verabschieden wir sie, um unser Gewissen zu beruhigen, um das Gefühl zu haben, einen kleinen Beitrag zum Friedensprozess geleistet zu haben?
Ich stelle diese Frage mit einigem Bedauern. Ich unterstütze so wie jeder Abgeordnete in diesem Saal den Friedensprozess in Nordirland, ja vielleicht sogar mehr als einige Abgeordnete. Als einerseits katholischer Ulsteraner und andererseits schottischer Presbyterianer war ich immer der Ansicht, dass mich das gemeinsame Regieren in gewisser Weise persönlich etwas angeht.
Doch der Friedensprozess wird nicht durch Subventionen von außen garantiert. Im Gegenteil, es besteht die Gefahr, dass dieser Geldstrom einen bisher wagemutigen und sparsamen Teil der Welt in einen Subventionsjunkie verwandelt, der von den Almosen anderer abhängig ist.
Stellen Sie sich selbst folgende wirklich ernst gemeinte Frage: Wenn Sie diese Schecks in Höhe von Hunderten Millionen von Euro unterschreiben, denken Sie dann wirklich, dass Sie damit Stabilität und Frieden in diesem Teil der Welt kaufen, oder sorgen Sie damit nicht einfach nur dafür, dass Sie sich für einige Minuten ein wenig besser fühlen?
Die Vorstellung, dass politische Gewalt durch Armut ausgelöst wird, bestätigt sich nun einmal nicht in der Realität. Das ist eine der vielen Ideen, die auf Karl Marx zurückgehen, und so wie viele seiner Ideen klingt sie auf Papier recht plausibel, stellt sich in der Wirklichkeit aber als unrichtig heraus.
Die Region mit den höchsten Pro-Kopf-Subventionen weltweit – mehr als irgendwo in Afrika – ist Palästina, und das ist gleichzeitig eine der am meisten von Gewalt geprägten Regionen.
Es ist doch eigentlich so: Wenn wir den Friedensprozess in Nordirland wirklich unterstützen wollen, dann müssen wir dort für eine echte Demokratie sorgen, in der es eine echte Opposition und die Möglichkeit gibt, die Regierung abzuwählen. Wenn man das tut, braucht man das Geld nicht.
Colm Burke (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich begrüße diesen Bericht von Bairbre de Brún und möchte all jenen gratulieren, die einen Beitrag zu diesem Bericht geleistet haben, insbesondere dem Schattenberichterstatter, Jim Nicholson, Marian Harkin sowie allen anderen Beteiligten.
Das Programm PEACE III ist angelaufen, in dessen Rahmen 333 Millionen Euro zur Unterstützung der Infrastruktur und kommunalen Entwicklung in Nordirland und den Grenzbezirken vorgesehen sind. Meines Erachtens haben die drei PEACE-Programme in sehr hohem Maße zum Frieden in dieser Region beigetragen. Mein Glückwunsch gilt allen, die daran beteiligt waren, aber auch allen politischen Parteien in Nordirland und den Bürgergruppen, die mit ihrer Zusammenarbeit den Fortbestand des Friedensprogramms gesichert haben.
Ich begrüße ferner die Bildung der Taskforce für Nordirland, glaube aber, dass auch in den sechs Grenzbezirken der Republik Irland eine Taskforce für die infrastrukturelle Entwicklung dieses Gebietes notwendig ist. Es ist bedauerlich, dass die irische Regierung hinsichtlich dieser sechs Bezirke keine analogen Schritte eingeleitet hat. Das sollte unbedingt geprüft werden, denn diese Bezirke wurden über einen Zeitraum von 30 bis 35 Jahren ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Wir brauchen eine solche Initiative in diesen sechs Bezirken. Ich würde entsprechende Maßnahmen seitens der irischen Regierung begrüßen.
Nochmals herzlichen Dank an alle Beteiligten.
Rolf Berend (PPE-DE). – Herr Präsident! Es gibt wohl kaum jemanden hier im Parlament, der den Erfolg des Programms PEACE grundsätzlich anzweifelt, was seinen konkreten Beitrag zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt angeht, aber auch was die Sanierung des Engagements vor Ort – der aktiven Bürgerschaft und der Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Friedensbildung betrifft.
Der Initiativbericht hebt zu Recht die positiven Erfahrungen dieses einzigartigen und sehr innovativen Strukturprogramms hervor und zeigt gleichzeitig auf, was in Zukunft verbessert werden kann, welche Herausforderungen noch zu bewältigen sind und welche Schlussfolgerungen gezogen werden können.
Als EU-Regionalpolitiker liegen mir ganz besonders die Notwendigkeit der Entwicklung grenzübergreifender Arbeit sowie die Zusammenarbeit der lokalen Handelskammern, öffentlichen Einrichtungen und freiwilligen Organisationen auf beiden Seiten der Grenzen am Herzen. So befürworten meine Fraktion und ich diesen Bericht natürlich uneingeschränkt.
Marian Harkin (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Da sonst niemand ums Wort bittet, möchte ich eine kurze Anmerkung machen. Ich bin zwar nicht sonderlich überrascht von Herrn Allisters Kommentar, aber schon ein wenig enttäuscht. Wir diskutieren über das Programm PEACE und nicht über den Konflikt. So wie alle Konflikte ist auch dieser tief verwurzelt und nicht erst in jüngster Vergangenheit entstanden, und so wie alle Konflikte ist er komplizierter, als Herr Allister andeutet. Doch unabhängig von jenen, die die Wirksamkeit des Programms PEACE in Frage stellen und sich missbilligend über die EU-Finanzierung äußern, steht außer Zweifel, dass der PEACE-Fonds einen Anstoß zu Veränderungen gegeben hat und, wie ich bereits sagte, durch die Freiwilligentätigkeit für ein günstiges Verhältnis von Aufwand und Nutzen gesorgt hat. Vor allem kann dazu festgestellt werden, dass der Konflikt beendet werden konnte und dass Mittel aus dem Programm PEACE einen Beitrag zu diesem sehr positiven Ergebnis geleistet haben.
Jim Allister (NI). – (EN) Herr Präsident! Aus Frau Harkins Sicht mag das ja alles ganz einfach sein. Sie hat hier gut reden.
Wie viele Menschen in ihrem Wahlkreis wurden denn von Terroristen ermordet? Wie viele Menschen in ihrem Wahlkreis mussten sterben, weil die Organisation, die von Frau de Brún vertreten wird, beschlossen hat, dass sie ihrer politischen Kampagne im Wege standen?
Die IRA hat 2 000 Menschen in meinem Wahlkreis ermordet. Ich lasse mich folglich von niemandem in diesem Haus über meine tiefen Gefühle belehren, und niemand wird mich eines Besseren belehren, wenn ich darauf hinweise, dass die Leute, die so viele meiner Wähler ins Grab gebracht haben, zur IRA gehören, die von Frau de Brún in diesem Haus vertreten wird.
Diese Leute jetzt in der Regierung zu sehen, das dreht mir den Magen um, und zu wissen, dass sie es in die Regierung geschafft haben, weil sie gemordet haben und als Anreiz, dass sie nicht wieder morden, macht alles nur noch schlimmer.
Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Ich möchte feststellen, dass diese Aussprache eindeutig die Bedeutung des Friedensprozesses in Nordirland sowie die Erkenntnis bestätigt hat, dass dieser Prozess mit wichtigen Lehren verbunden war. Die Kommission wird sich auch künftig für die Konsolidierung des Versöhnungsprozesses einsetzen und den Austausch von im Rahmen der Friedensbildung gesammelten Erfahrungen mit anderen Regionen, die vor ähnlichen Problemen stehen, fördern. Bei diesen Bemühungen kommt es vor allem auch auf die Unterstützung durch das Europäische Parlament an.
Ich möchte zwei weitere Anmerkungen machen.
An die Adresse von Jean Marie Beaupuy möchte ich feststellen, dass die Taskforce für Nordirland gebildet wurde, um die Beteiligung der Menschen in Nordirland an allen Politiken der Europäischen Union zu erleichtern und zu verbessern und um die verschiedenen Prozesse, die zur Konsolidierung des Friedens- und Versöhnungsprozesses beitragen, besser zu koordinieren und kohärenter zu gestalten.
Zweitens möchte ich feststellen, dass die Kommission im Rahmen dieser Bemühungen den Menschen in Nordirland helfen möchte, ihre Abhängigkeit vom öffentlichen Sektor, von staatlicher Hilfe und von Unterstützung in Form von Zuschüssen zu verringern. Anliegen der von Frau de Brún erwähnten Konferenz war eben auch die Förderung privater Investitionen – die Belebung des privaten Sektors – in diesem Teil der Insel. Nochmals herzlichen Dank für Ihre Beiträge.
Bairbre de Brún, Berichterstatterin. – (GA) Herr Präsident! Ich möchte mich bei allen bedanken, die sich an der Aussprache beteiligt haben. Ich habe mir ihre Beiträge und die darin angesprochenen Punkte sehr aufmerksam angehört. Enttäuscht haben mich jedoch die Ausführungen von Herrn Allister, dessen Behauptungen ich nicht zustimmen kann. Ich möchte dem Europäischen Parlament und der Kommission meine Anerkennung für die in Verbindung mit dem Programm PEACE im Verlaufe der Jahre geleistete Arbeit aussprechen.
Mein besonderer Dank gilt Kommissarin Hübner für ihr persönliches Engagement, das sie vom ersten Tag ihres Amtsantritts bewiesen hat, sowie für ihre regelmäßigen Besuche in Nordirland. Kommissarin Hübner und ihre Vorgänger sind echte Freunde des Friedensprozesses in Irland, und es ist beruhigend zu wissen, dass die Kommission durch die von Präsident Barroso gebildete Taskforce auch künftig eine wichtige Rolle spielen wird.
Dank des Programms PEACE konnte eine durch die Teilung getrennte an der Grenze lebende Gemeinschaft wieder zusammenfinden. Es brachte junge Nationalisten und Unionisten zusammen, so dass sie die Kultur des jeweils anderen kennen lernen konnten. Besonders möchten wir die wichtige Rolle unterstreichen, die Frauen bei der Friedensbildung zukommt, sowie die bedeutende und wertvolle konfessions- und grenzübergreifende Arbeit, die geleistet wurde.
Mein Bericht unterstreicht, dass die am stärksten marginalisierten Gesellschaftsschichten am meisten von PEACE profitiert haben, und genau so sollte es sein. Sollte es jedoch noch Gruppen geben, die noch keine Anträge im Rahmen von PEACE I und PEACE II gestellt haben, so sollten sie dazu ermutigt werden. Der nächste Schritt besteht darin, dafür zu sorgen, dass die gute Arbeit, die im Rahmen von PEACE geleistet wurde, weiterläuft und dass künftige Generationen von der wertvollen Arbeit, die mit den PEACE-Programmen begonnen hat, und von der wunderbaren Unterstützung durch die europäischen Institutionen profitieren können.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 20. Mai 2008, statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Ramona Nicole Mănescu (ALDE ), schriftlich. – (RO) Das Programm PEACE stellt nicht nur ein Mittel zur Wahrung des Friedens dar, sondern auch ein Instrument zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und des territorialen Zusammenhalts. Seine Durchführung seitens der regionalen Gebietskörperschaften und der nichtstaatlichen Organisationen führt zur Einbindung einer Vielzahl von Gemeinschaften, lokalen Organisationen und Randgruppen in den Prozess der Governance und Entwicklung. Darüber hinaus trägt die Finanzierung regionaler Projekte durch das Programm PEACE dazu bei, den Dialog, die Aussöhnung und den Abschluss von Vereinbarungen zu fördern, deren Ziel es ist, dem gemeinsamen Interesse Rechnung zu tragen und folglich jeglicher Art von Konflikt vorzubeugen.
Nordirland ist für alle anderen Mitgliedstaaten, die Konflikte erleben oder friedensbedrohende Probleme zu bewältigen haben, ein Beispiel für ein bewährtes Verfahren.
Aus diesem Grund befürworte ich die Vernetzung europäischer Regionen und Städte, in denen ein potenzielles Konfliktrisiko besteht, und ich bin der Ansicht, dass die Förderung lokaler Partnerschaften, der Austausch bewährter Verfahren und eine effiziente Zusammenarbeit unter den Regionen und den zwischengeschalteten Finanzierungsstellen wesentliche Faktoren sind, die lokale Gemeinschaften veranlassen, zusammenarbeiten und sich für die Wahrung des Friedens einsetzen.
Ich plädiere zudem nachdrücklich dafür, Programme wie das Programm PEACE auch in Südosteuropa, insbesondere in den Ländern des Balkans, vorzusehen, und zwar in erster Linie, da die Ereignisse der letzten Jahre ein Alarmsignal waren.
26. Strategie für die Regionen in äußerster Randlage: Fortschritte und Ausblick (Aussprache)
Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Margie Sudre im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung über die Strategie für Regionen in äußerster Randlage: Fortschritte und Ausblick (2008/2010(INI)) (A6-0158/2008).
Margie Sudre, Berichterstatterin. − (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Einschätzung der verstärkten Partnerschaft für die Regionen in äußerster Randlage durch die Kommission ist zumindest einseitig und trägt nicht allen Schwierigkeiten Rechnung, die vor Ort auftreten. Dennoch bleiben die Verbesserung der Anbindung dieser Regionen, die Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und ihre regionale Integration weiterhin Ziele, die die Prioritäten dieser Regionen widerspiegeln.
Das übliche Bild von den Azoren, den Kanarischen Inseln, Guadeloupe, Französisch-Guayana, Madeira, Martinique und Réunion als Regionen, die am Tropf gemeinschaftlicher oder nationaler Finanzmittel hängen, ohne dass die positive Wirkung dieser Gelder Erwähnung findet, wird durch den tatsächlichen Zugewinn, den sie für die Union aus ökologischer, kultureller und geostrategischer Sicht bedeuten, nur unzureichend aufpoliert.
Die Strukturfonds leisten weiterhin einen Beitrag zur Entwicklung der Regionen in äußerster Randlage. Dennoch hoffe ich, dass die Kommission ihre derzeitigen und künftigen politischen Maßnahmen noch besser an die Gegebenheiten dieser Regionen anpassen wird, um den Zwängen, denen sie ständig ausgesetzt sind, entgegenzuwirken. Eine zu systematische Methode zur Quantifizierung der Mehrkosten wäre unverhältnismäßig und würde den Besonderheiten der einzelnen Regionen in äußerster Randlage nicht Rechnung tragen. Die zunehmende Bedeutung, die der Bewertung der Gemeinschaftspolitiken beigemessen wird, darf nicht zur Schaffung überflüssiger statistischer Instrumente führen.
Ich bedauere das Desinteresse, das die Generaldirektion Handel, wenn auch nur am Anfang, bei der Aushandlung der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) an den Tag gelegt hat. Ich fordere die Kommission eindringlich auf, im Rahmen der endgültigen Abkommen mit den AKP-Staaten weiterhin nach Kompromissen zu suchen, die den Interessen der Regionen in äußerster Randlage Rechnung tragen, und ich fordere sie des Weiteren auf, dem Aktionsplan für das größere nachbarschaftliche Umfeld im Interesse diese Umfelds echte Substanz zu verleihen.
Was den Verkehrsbereich anbelangt, so werden in meinem Bericht Bedenken gegen die Aufnahme der Zivilluftfahrt in das Europäische Emissionshandelssystem geäußert. Die bisherigen Bemühungen um einen Ausgleich der schlechten Anbindung der Regionen in äußerster Randlage dürfen auf keinen Fall in Frage gestellt werden.
Die Maßnahmen der Gemeinschaft müssen als Katalysator für Initiativen wirken, mit denen Kompetenzzentren entwickelt werden, deren Grundlage Bereiche wie Abfallbewirtschaftung, erneuerbare Energien, Selbstversorgung mit Energie und biologische Vielfalt bilden, in denen die Vorteile und das Know-how der Regionen in äußerster Randlage genutzt werden.
Ich begrüße die Konsultation der Öffentlichkeit zur Zukunft der Strategie der Europäischen Union für die Regionen in äußerster Randlage, bin jedoch der Ansicht, dass die ausgewählten Themen – Klimawandel, demografische Entwicklung, Steuerung der Migrationsströme, Landwirtschaft und Meerespolitik – zwar unverzichtbar sind, die Hauptprobleme unserer Regionen aber nicht in vollem Umfang abdecken. Beispielsweise bedauere ich, dass die Bedeutung von Artikel 299 Absatz 2 des EG-Vertrags, der das Fundament der EU-Politik für die Regionen in äußerster Randlage darstellt, keinen Eingang in die Tagesordnung der Aussprachen gefunden hat, um ihnen die rechtliche, institutionelle und politische Tragweite zu verleihen, die sie verdienen.
Die Bedeutung der öffentlichen Versorgungsleistungen für den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt der Regionen in äußerster Randlage, die Frage der staatlichen Beihilfen, die Aufrechterhaltung der differenzierten Steuersysteme, andauernde Arbeitslosigkeit und der Ungleichheiten, Mittel zur Überwindung der geringen Größe der lokalen Märkte, die Integration in den Europäischen Forschungsraum, die wirksame Einbindung der Regionen in äußerster Randlage in die europäischen Politik in den Bereichen Innovation und Kampf gegen die digitale Kluft sowie Finanzierungsregelungen für Kooperationsvorhaben mit Nachbarländern – dies alles sind aus meiner Sicht Themen, mit denen wir uns heute befassen müssen.
Abschließend möchte ich die Ziele meines Berichts nochmals hervorheben. Es gilt vor allem, die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen in äußerster Randlage sicherzustellen und der Bevölkerung in diesen Gebieten somit echten Wohlstand zu gewährleisten, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und Überzeugungsarbeit dahingehend zu leisten, dass die abgelegenen Gebiete der Union auch ein Teil der Zukunft Europas sind.
Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre Unterstützung bei der morgigen Abstimmung.
Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich feststellen, dass wir diesen Bericht sehr zu schätzen wissen. Das ist ein sehr professioneller Bericht, und ich möchte Frau Sudre nicht nur für ihren Bericht danken, sondern auch dafür, dass sie an der Konferenz der Regionen in äußerster Randlage, die letzte Woche in Brüssel stattfand, teilgenommen und einen aktiven Beitrag geleistet hat.
Ferner gilt mein Dank dem Ausschuss für regionale Entwicklung sowie dem Fischereiausschuss, insbesondere Herrn Guerreiro als dessen Berichterstatter, für den Beitrag zu den Überlegungen über die künftige Strategie für die Regionen in äußerster Randlage sowie Herrn Fernandes, Herrn Marques und Herrn Casaca. Ferner möchte ich allen Beteiligten für ihren Beitrag zu der öffentlichen Konsultation danken, die wir im September letzten Jahres eingeleitet haben. Dieser Abschnitt der Konsultation ging mit der Konferenz in der vergangenen Woche zu Ende.
Im Verlaufe der Konferenz war deutlich geworden, dass die Herausforderung in der Doppelintegration der Regionen in äußerster Radlage besteht und dass diese Regionen als Versuchsstand für Pilotprojekte genutzt werden könnten, und zwar insbesondere in Bereichen wie der erneuerbaren Energie. Außerdem war deutlich geworden, dass Regionen in äußerster Randlage eine Vielzahl an einzigartigen Möglichkeiten bieten und dass sie eine lebendige Kraft darstellen und die Union als Ganzes stärken.
Zum Bericht selbst möchte ich betonen, dass ich die Bedeutung, die das Parlament der Notwendigkeit, an einer Strategie festzuhalten, die auf die Merkmale und Vorzüge der Regionen in äußerster Randlage abgestimmt sind, ohne jede Einschränkung zustimme. Die Kommission ist bereit, den Anwendungsbereich der Strategie auf neue Aufgaben auszuweiten. Die Diskussion muss sich natürlich nicht auf die von der Kommission herausgestellten Themen – Klimawandel, demographische Entwicklung und Steuerung der Migrationsströme, Landwirtschaft und Meerespolitik – beschränken. Wir sind auch für andere Themen offen.
Ferner stimme ich der Forderung von Frau Sudre nach einer Verbesserung der Abstimmung zwischen dem Regionalfonds und dem Europäischen Entwicklungsfonds zu. Zudem sollte meines Erachtens die Integration der Regionen in äußerster Randlage in den europäischen Forschungsraum vorangetrieben und die Zusammenarbeit mit Nachbarregionen gefördert werden. Diesbezüglich hat die reformierte Kohäsionspolitik meiner Ansicht nach eindeutig zu einer Stärkung der Position der Regionen in äußerster Randlage im Rahmen des Ziels der Zusammenarbeit beigetragen.
Die Dimension der Regionen in äußerster Randlage, wenn ich sie einmal so nennen darf, wurde im Zuge der Reform zahlreicher Gemeinschaftspolitiken bewahrt und intensiviert, und zwar betrifft das nicht nur die Kohäsionspolitik, sondern auch die Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, regionale Rahmen für staatliche Beihilfe, die europäischen POSEI-Programme oder die Meerespolitik der EU.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Gestaltung dieser Politiken gut auf die Bedürfnisse der Regionen in äußerster Randlage abgestimmt ist. In der Mitteilung von September 2007 haben wir unterstrichen, dass sämtliche Möglichkeiten, die die Reformen der Gemeinschaftspolitiken bieten, im Zeitraum 2007-2013 genutzt werden müssen, und bei meinen vielen und unterschiedlichen Besuchen in Regionen in äußerster Randlage habe ich festgestellt, dass zahlreiche in diese Richtung gehende Initiativen ergriffen wurden, wenngleich diese Initiativen weiter ausgebaut und gestärkt werden sollten.
Was die Verhandlungen der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen und die Diskussionen zum Emissionshandelssystem seitens der Kommission angeht, so möchte ich feststellen, dass die Regionen in äußerster Randlage von Anfang an fester Bestandteil der Diskussionen waren und dass die Kommission die Vertreter dieser Regionen systematisch informiert und in die Diskussionen einbezogen hat.
Gleichzeitig darf ich Ihnen versichern, dass die Kommission die besonderen Interessen der Regionen in äußerster Randlage in laufenden wie auch in künftigen Verhandlungen dieser Art stets berücksichtigen wird.
Pedro Guerreiro, Verfasser der Stellungnahme des Fischereiausschusses. − (PT) Die Stellungnahme des Fischereiausschusses, der als einziger parlamentarischer Ausschuss beschlossen hat, eine Stellungnahme zu abzugeben, enthält eine ganze Reihe von Vorschlägen, die den Interessen der Regionen in äußerster Randlage entgegenkommen, und zwar folgende: die Erwägung, die ausschließlichen Wirtschaftszonen der Regionen in äußerster Randlage als Zone mit ausschließlichem Zugangsrecht auszuweisen, die Gewährleistung einer gemeinschaftlichen Förderung der Erneuerung und Modernisierung der Fischereiflotten, die Einrichtung eines Gemeinschaftsprogramms zur Unterstützung der kleinen handwerklichen Küstenfischerei, die Bereitstellung gemeinschaftlicher Fördermittel für die Forschung im Bereich Fischerei und für den Schutz und die Wiederauffüllung der Fischbestände, die Einführung von sozioökonomischen Maßnahmen zur Entschädigung der Fischer für die Auswirkungen von Maßnahmen zur Erhaltung der Fischereiressourcen and die Beibehaltung und Aufstockung der gemeinschaftlichen Fördermittel beispielsweise für das POSEI-Fischerei-Programm.
Da sich unserer Auffassung nach diese wichtigen Vorschläge des Fischereiausschusses in der Entschließung widerspiegeln sollten, über die morgen im Plenum abgestimmt wird, legen wir erneut acht Änderungsanträge vor, für die wir um Ihre Unterstützung ersuchen.
VORSITZ: ADAM BIELAN Vizepräsident
Oldřich Vlasák, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (CS) Herr Präsident, Frau Kommissar, meine Damen und Herren! Die besondere Situation der Gebiete in äußerster Randlage verdient auf jeden Fall die besondere Aufmerksamkeit der Europäischen Union. Zweifellos hat die europäische Strategie für die Gebiete in äußerster Randlage bislang einige positive Wirkungen gezeigt. Die Realität sieht jedoch so aus, dass nach wie vor strukturelle Probleme bestehen, und um diese müssen wir uns künftig kümmern. Dabei müssen wir bedenken, dass sich nicht alle Probleme der Gebiete in äußerster Randlage lösen lassen. Einige davon sind besonderer Art und rühren von der Tatsache her, dass wir es – mit Ausnahme von Französisch-Guayana – überwiegend mit Gebieten zu tun haben, die aus Inseln bestehen, und dass wir die besonderen geografischen und strukturellen Gegebenheiten dieser Gebiete nicht ändern können.
Ich möchte an dieser Stelle einen Vorbehalt äußern und mich gegen ein übermäßiges, von zentraler Stelle gelenktes Eingreifen in das soziale Gefüge aussprechen. Bei den Aspekten, die die Gebiete in äußerster Randlage betreffen und die wir erörtert haben, ist es umso wichtiger, die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips in Betracht zu ziehen. Ohne Zweifel brauchen die Gebiete in äußerster Randlage andere Bedingungen, was die Regeln für die staatlichen Beihilfen und den Binnenmarkt betrifft. Dies sollte auch bei den europäischen Rechtsvorschriften Berücksichtigung finden, die dazu beitragen müssen, die besonderen Gegebenheiten dieser Gebiete zu bewahren und die einschränkenden Faktoren zu lindern. Darüber, wie wirksam die komplizierten europäischen Finanzierungsprogramme in diesem Fall sein können, lässt sich allerdings streiten. Meiner Ansicht nach stellen die nationalen und regionalen Beihilfen, die unter ausreichender Beachtung der örtlichen Gegebenheiten gewährt werden, eine viel wirksamere Form der Hilfe für die Gebiete in äußerster Randlage dar. Wie ich meine, sollte die europäische Strukturpolitik stattdessen auf dem Grundsatz beruhen, dass die finanzielle Hilfe hauptsächlich den ärmsten Regionen zugute kommt, in denen sie am dringendsten gebraucht wird, unabhängig davon, ob es sich um eine Insel, eine Gebirgsregion oder ein dünn besiedeltes Gebiet handelt.
Emanuel Jardim Fernandes, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) Herr Präsident! Zunächst einmal möchte ich die Frau Kommissarin und die Kommission zu dieser Initiative beglückwünschen, die mit Sicherheit neue Möglichkeiten für die Lösung der Probleme von Regionen mit äußerster Randlage und ihrer Bewohner bietet.
Der Start der öffentlichen Anhörung hat regen Zuspruch gefunden. Nach meinem Dafürhalten ist bereits ein beträchtlicher Beitrag geleistet worden, so unter anderem im Rahmen des äußerst produktiven Treffens, das die Kommissarin erwähnt hat. Ich möchte mich auf den Entwurf der Stellungnahme konzentrieren, die ausgewogen ist und einen Konsens ermöglicht hat. Im Hinblick auf den Klimawandel usw. ergänzt sie in gewisser Weise die Perspektiven, die von der Kommission hervorgehoben wurden.
Zur Frage der Lissabon-Strategie möchte ich erklären, dass sie meiner Ansicht nach einen Schlüssel für eine Antwort auf die Probleme von Gebieten in äußerster Randlage in dieser neuen Phase, auf die notwendige Anpassung sämtlicher Strategien und Programme an diese Situation sowie auf die Frage gesicherter Finanzmittel darstellt.
Außerdem möchte ich anmerken, dass die Stellungnahme des Fischereiausschusses natürlich auf die wesentlichen Aspekte eingeht, aber auch einige weitere Details herausgestellt werden könnten. Die Schwierigkeit bestand darin, einen ganzen Sektor unter einen Hut zu bringen und eine Strategie für die Regionen in äußerster Randlage aufzustellen, die alle möglichen Entwicklungsbereiche umfasst.
Jean Marie Beaupuy, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, sehr geehrte Damen und Herren! Zu einer Zeit, da unsere Welt zu einem Dorf geworden ist – mühelos kann man von einem Ende der Welt an das andere gelangen –, müssen wir begreifen, dass die Regionen in äußerster Randlage für die Europäische Union eine große Chance darstellen. Wie unsere Berichterstatterin, Frau Sudre, in verschiedenen Punkten ihres Berichts hervorgehoben hat, verfügen wir in unseren Regionen in äußerster Randlage über enorme Vorteile in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Forschung, Technik und Fremdenverkehr. Mit einer Fläche von insgesamt 25 Millionen km² besitzen wir den größten Meeresraum der Welt. Wie es im Bericht heißt, müssen wir diese Vorteile nutzen, damit unsere Regionen in äußerster Randlage in unserer gemeinsamen Zukunft eine erfolgreiche Rolle spielen können.
Als Vorsitzender der Intergruppe Urban – und ich sehe, dass heute Abend etliche meiner Kollegen aus der Intergruppe anwesend sind – möchte ich als zweiten Punkt die besondere Situation der städtischen Gebiete ansprechen, da das Problem der Arbeitslosigkeit gerade dort verstärkt auftritt und diese dreimal so hoch ist wie auf dem europäischen Kontinent. Die Migration ist ebenfalls auf die Städte konzentriert, und dort sind auch die Auswirkungen der demografischen Veränderungen am stärksten spürbar.
Frau Kommissarin, Sie haben hier die einmalige Chance, auf einen integrierten Ansatz zu drängen, der nicht nur die verschiedenen europäischen Fonds, sondern auch die unterschiedlichen Politiken und die vielfältigen Projekte auf Regierungsebene sowie auf regionaler und lokaler Ebene einschließt. Wenn wir diesen integrierten Ansatz nicht entwickeln, dann wird es uns nicht gelingen, in den Regionen in äußerster Randlage wirksame Arbeit zu leisten und deren Vorteile bestmöglich zu nutzen.
Frau Kommissarin, ich danke Ihnen im Voraus für die Anwendung unserer europäischen Rechtsvorschriften, die dazu dienen, sicherzustellen, dass der integrierte Ansatz zum Erfolg all unserer Maßnahmen beitragen wird.
Mieczysław Edmund Janowski, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Im Namen der UEN-Fraktion möchte ich Frau Sudre dafür danken, dass sie dieses Thema aufgegriffen hat. Die europäische Solidarität verlangt von uns, die besondere Situation der Regionen in äußerster Randlage zu berücksichtigen. Es ist unsere Pflicht, ja unsere moralische Pflicht, uns mit dem wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt dieser Regionen zu beschäftigen. Der territoriale Zusammenhalt, auf den der Vertrag von Lissabon verweist – wenn auch nicht im wörtlichen, geografischen Sinne gemeint – muss auch eine Dimension besitzen, die die Regionen in den äußersten Randlagen der Union einschließt.
Betont werden sollte die Notwendigkeit einer engeren Partnerschaft – was eine bessere Anbindung, höhere Wettbewerbsfähigkeit und eine Verbesserung der regionalen Integration bedeutet. Wir dürfen nicht vergessen, dass Ziel all dieser Maßnahmen die Bewohner der Überseegebiete sind, und deren wichtigste Fragen sind der See- und Luftverkehr, Arbeitslosigkeit, Tourismus, Fischerei, ein angemessenes Niveau beim Bildungs- und Gesundheitswesen und ein allgemeiner Breitbandzugang zum Internet sind. Auch dürfen wir nicht vergessen, dass diese Regionen leider anfällig für Naturkatastrophen sind. Die Regionen in äußerster Randlage haben ihre Vorteile, aber sie haben auch ihre Probleme. Frau Sudres Bericht bringt sie uns ein ganzes Stück näher.
Pedro Guerreiro, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Wir bewerten den Bericht als positiv, obgleich er einige Punkte enthält, denen wir nicht zustimmen können.
Wir unterstützen die Annahme der Vorschläge, die wir im Ausschuss für regionale Entwicklung für die Regionen in äußerster Randlage vorgelegt haben. Ein Beispiel dafür ist das Argument, dass die besonderen Merkmale der Gebiete in äußerster Randlage eine Strategie auf der Basis von Konzepten und Maßnahmen erfordern, die weder Übergangskriterien noch konjunkturbedingten Wohlstandsentwicklungen unterliegen, den verschiedenen Bedürfnissen jeder Region angepasst sind und dazu beitragen, den dauerhaften Zwängen, denen diese Regionen ausgesetzt sind, zu begegnen.
Hervorgehoben wird die Bedeutung öffentlicher Versorgungsleistungen für den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt der Regionen in äußerster Randlage, wie beispielsweise in den Bereichen Luft- und Seeverkehr, Post, Energie und Kommunikation sowie natürlich auch im Hinblick auf Breitband-Internetzugang oder dringend notwendige Maßnahmen, die dazu beitragen, die Arbeitslosigkeit, Armut und ungleiche Einkommensverteilung, die in den Regionen in äußerster Randlage EU-weit Höchstwerte erreichen, zu bekämpfen.
Nach unserem Dafürhalten könnten und sollten einige Aspekte jedoch verdeutlicht und verstärkt werden. Gemeinschaftliche Fördermaßnahmen für die Gebiete in äußerster Randlage müssen von Dauer sein und über eine angemessene Finanzierung verfügen, da die Sachzwänge, mit denen die betreffenden Regionen konfrontiert sind, permanenter Natur sind. Um zu gewährleisten, dass Maßnahmen für diese Regionen und die Klärung ihres Status kohärenter und wirksamer sind, muss zudem nicht nur das besondere Merkmal ihrer Randlage in sämtlichen Gemeinschaftskonzepten berücksichtigt, sondern auch ein hinreichend finanziertes Gemeinschaftsprogramm zur Unterstützung der Regionen aufgebaut werden, das alle bereits bestehenden Maßnahmen einschließt.
Daher unsere vorgeschlagenen Änderungsanträge.
Rolf Berend (PPE-DE). – Herr Präsident, Frau Kommissarin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der gute Initiativbericht der Kollegin Sudre verfolgt zwei grundsätzliche Ziele: Zum einen bewertet er die Schlussfolgerungen und Empfehlungen der Kommissionsmitteilung und zum anderen liefert er – wie ich meine – hervorragende Voraussetzungen zur Diskussion über die Zukunftsaussichten für Regionen in äußerster Randlage. Auch wenn die Berichterstatterin die Auffassung vertritt, die vorgelegte Bilanz sei zumindest teilweise zu günstig ausgefallen, so sollten wir doch stolz sein, dank europäischer Hilfe solche Ergebnisse in den entlegenen Regionen vorweisen zu können.
Zum einen bedeutet das keineswegs eine Verringerung der Unterstützung dieser Regionen, da ja ohnehin eine rechtliche Verpflichtung im EG-Vertrag besteht. Zum anderen wissen wir, dass die Wertschätzung der besonderen Vorteile der Regionen in äußerster Randlage die einzig geeignete Strategie ist, um eine endogene und dauerhafte Entwicklung dieser Gebiete zu gewährleisten.
Es geht in der Tat – wie die Berichterstatterin zu Recht resümiert – nicht nur darum, aufrechtzuerhalten, zu bewahren und zu schützen, sondern vielmehr darum, Attraktivität und Ausstrahlungskraft zu schaffen und weiterhin eng zusammenzuarbeiten. So wird im Bericht richtigerweise gefordert, dass die Diskussion über die Zukunft der Strategie zur Unterstützung der Regionen in äußerster Randlage nicht nur mit Blick auf Herausforderungen wie Klimawandel, demographische Entwicklung, Steuerung der Migrationsströme, Landwirtschaft und Meerespolitik zu führen ist, sondern dass auch Positionen, die sie im Rahmen anderer Gemeinschaftspolitiken einnehmen soll, in Betracht zu ziehen sind. Die neue Generation der europäischen Programme muss auch der Beginn der erforderlichen Diversifizierung der Volkswirtschaften in äußerster Randlage sein und darf sich nicht darauf beschränken, den erreichten Entwicklungsstand, der größtenteils dank der EU erzielt wurde, nur aufrechtzuerhalten.
Unter diesem Aspekt sollten wir dem Bericht unsere uneingeschränkte Unterstützung zukommen lassen!
Iratxe García Pérez (PSE). – (ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Ich wiederhole den Dank an Frau Sudre für ihre Arbeit an diesem Bericht und für das Zustandekommen eines mehrheitlichen Konsenses im Ausschuss für regionale Entwicklung über die Politik für die Regionen in äußerster Randlage.
Die Politik muss drei Hauptaspekte umfassen: Sie muss die Zugänglichkeit verbessern, die Wettbewerbsfähigkeit steigern und die regionale Integration stärken.
Der Beitrag der Strukturfonds zur Entwicklung dieser Regionen war erheblich und wird auch künftig sehr wichtig sein, um den erreichten Kohäsionsgrad aufrechtzuerhalten und die Unterschiede weiter abzubauen. Deshalb ist es notwendig, dass die Kommission eine größere Flexibilität zeigt. Sie sollte die Verwendung des EFRE für die Regionen in äußerster Randlage erleichtern, indem sie sicherstellt, dass sein Geltungsbereich möglichst weit gefasst ist, damit der Fonds voll ausgeschöpft werden kann.
Eine weitere wesentliche Aufgabe besteht in der Verbesserung der Zugänglichkeit, und daher ist es wichtig, dass die Regionen in äußerster Randlage eine differenzierte Behandlung im Verkehrsbereich erfahren.
Der vierte Bericht über den Zusammenhalt trägt den neuen Herausforderungen Rechnung, und wir hoffen natürlich, dass die Kommission bedenkt, dass diese auch in den Regionen in äußerster Randlage von Bedeutung sind.
Kyriacos Triantaphyllides (GUE/NGL). – (EL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Ein wichtiger Aspekt, dem von der Kommission nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet wurde, ist die Unterstützung der Inselgebiete in der EU, die zwar nicht zu den im Vertrag erwähnten Regionen gehören, aber dennoch vieles mit ihnen gemein haben.
Die Mitgliedstaaten in Insellage innerhalb der Union müssen genauso behandelt werden wie die Regionen in äußerster Randlage. Dies gebietet der Gleichbehandlungsgrundsatz, da Mitgliedstaaten in Insellage und Inselregionen von Mitgliedstaaten in gewissem Maße mit den gleichen gravierenden territorialen und geografischen Nachteilen behaftet sind wie die Regionen in äußerster Randlage. Kleine Mitgliedstaaten in Insellage und Inselregionen von Mitgliedstaaten müssen daher genauso behandelt werden wie die Regionen in äußerster Randlage, für sie muss dieselbe Präferenzstrategie wie für Letztere gelten. So muss für sie etwa ein gesondertes Paket staatlicher Beihilfen geschnürt werden, damit sie als Brücke zwischen der EU und Regionen wie dem östlichen Mittelmeerraum fungieren können.
Emmanouil Angelakas (PPE-DE). – (EL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Zwar scheint der Bericht von Frau Sudre viele europäische Länder gar nicht zu betreffen, da nur sehr wenige von ihnen Regionen in äußerster Randlage wie die Azoren, Madeira usw. umfassen, doch hat ihr Ansatz mein Interesse erweckt. Meines Erachtens könnte der Bericht als Vorbild für eine ähnliche Politik im Hinblick auf Länder mit Inselregionen, vor allem mit Inselgruppen, aber auch Berggebieten, wie etwa meine Heimat Griechenland dienen. Der geokulturelle Charakter dieser Regionen stellt sowohl eine einzigartige Ressource als auch ein Manko dar.
Daher gratuliere ich Frau Sudre zu ihrer Leistung, hat sie mich doch dazu bewegt, einige Vorschläge zu den genannten Regionen einzureichen. Ich schlage also vor, dass wir Maßnahmen ergreifen, um das geokulturelle Profil der Inseln und der Berggebiete zu nutzen. Es bedarf einer Entwicklungsstrategie, die den Grundsatz des territorialen Zusammenhalts aufgreift und stärkt. Es sollte ein System statistischer Indikatoren entwickelt werden, um die Unterschiede zwischen Inselgebieten und dem Festland besser beurteilen zu können. Zudem sollten die europäischen und nationalen Beihilfestrategien flexibler angewendet werden, wenn es um Produktionstätigkeiten auf den Inseln geht. Auch die folgenden Fragen sind anzugehen: gleiche Bedingungen für den Zugang zum Binnenmarkt; Schaffung einer auf praktische Belange ausgerichteten Beihilferegelung zugunsten der Inseln; Auswirkungen des Klimawandels auf die Inseln, insbesondere die Verschärfung bestehender Probleme wie Dürre; bessere Verkehrsverbindungen zwischen Insel- und Bergregionen einerseits und dem Festland andererseits. Schließlich kommt der Deckung des Energiebedarfs der Inseln besondere Bedeutung zu; in diesem Zusammenhang sollten Stromerzeugungsprojekte entwickelt und realisiert werden, die neue Technologien und erneuerbare Energiequellen nutzen. Es sollten Breitband-Anschlüsse eingerichtet werden, und die Nachhaltigkeit des Insel- und Gebirgstourismus sollte gestärkt werden.
Aus all diesen Gründen möchte ich Frau Sudre nochmals beglückwünschen. Ich spreche mich uneingeschränkt für den Bericht aus und denke, dass die Kommission irgendwann einen ähnlichen Bericht für die von mir erwähnten Regionen ausarbeiten wird.
Manuel Medina Ortega (PSE). – (ES) Herr Präsident! In einigen der Reden, die wir heute Nachmittag gehört haben, wird offenbar außer Acht gelassen, dass die Realität in den Regionen in äußerster Randlage anders ist. Nicht, dass dies arme Gebiete sind. Wir sprechen von kleinen Inselregionen und sehr isolierten Territorien, die tausende Kilometer vom Festland der Europäischen Union entfernt liegen und eine Bevölkerung von insgesamt viereinhalb Millionen Einwohnern haben.
Die Europäische Union könnte diese Regionen ihrem Schicksal, die Menschen ihrer Armut überlassen und sie zwingen, in die Länder der Europäischen Union auszuwandern, was bedeuten würde, weitere 4,5 Millionen Immigranten aufzunehmen.
Glücklicherweise hat die Europäische Kommission Verständnis für die Lage dieser Territorien und schuf vor langer Zeit eine Sonderregelung. Die Kommission konsultiert uns jetzt. Frau Sudre hat einen wertvollen Bericht als Antwort auf diese Konsultation ausgearbeitet, in dem sie die Bedeutung beispielsweise der Beibehaltung des Elements der Regionen in äußerster Randlage hervorhebt und ganz konkrete Vorschläge zur Aufrechterhaltung öffentlicher Dienstleistungen, der Förderung der Innovation und der Überwindung der digitalen Kluft unterbreitet. Ich meine, das Parlament sollte den Bericht von Frau Sudre aus den von ihr dargelegten Gründen annehmen.
Catherine Neris (PSE). – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht, über den das Parlament morgen abstimmen wird, erinnert uns zu Recht daran, dass die Besonderheiten der Regionen in äußerster Randlage gleichzeitig zu ihren Stärken zählen. Neben den Nachteilen verfügen sie über unbestreitbare Trümpfe, die es auszuspielen gilt, um eine wirksame und nachhaltige Entwicklung dieser Regionen sicherzustellen. Unseren Inseln neue Impulse zu verleihen, heißt auch, das Wachstum anzukurbeln. Es bedeutet, Landwirtschaftsbetriebe mit qualitativ hochwertiger Erzeugung auf eine solide Basis zu stellen, was zur Vielfalt der Agrarproduktion auf EU-Ebene beiträgt. Es schließt ferner die Förderung einer raschen Entwicklung von echten Touristenmagneten ein, die vom Reichtum unserer landschaftlichen Vielfalt und unseres kulturellen Erbes profitieren. Letztlich bedeutet das auch, die geografische Lage der Regionen in äußerster Randlage, insbesondere in der Karibik und im Indischen Ozean, zu nutzen, um die Zusammenarbeit mit den benachbarten Drittstaaten zu verbessern, und unseren Status als Inseln geltend zu machen, um sie zu Exzellenzzentren für die wissenschaftliche Forschung, insbesondere für Meeresstudien sowie Studien in den Bereichen Klimatologie und Ökologie auszubauen.
Diese Ziele sind jedoch nur im konkreten Rechtsrahmen des derzeitigen Artikels 299 Absatz 2 des Vertrags erreichbar, und im Geiste dieses Artikels muss die Anwendung der europäischen öffentlichen Politiken, insbesondere im Energie- und Verkehrssektor, aber auch im Bereich der internationalen Handelsbeziehungen erfolgen, wo bei der Aushandlung von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen die Interessen der Regionen in äußerster Randlage besonders zu berücksichtigen sind. Allerdings erfordert ein echtes und unerschütterliches Engagement der Regionen in äußerster Randlage gleichzeitig eine gerechte, sprich differenzierte Behandlung.
Wir sollten nicht bezweifeln, dass die Kommission all dies bei der Erarbeitung ihres Ansatzes berücksichtigen wird.
Lambert van Nistelrooij (PPE-DE). – (NL) Die Regionen in äußerster Randlage nehmen eine Sonderstellung ein. Viele sind weit abgelegene kleine Inseln, und Frau Sudre hat meiner Meinung nach die rechte Balance gefunden, indem sie diesen spezifischen Charakter beleuchtet und die Instrumente entsprechend darauf zugeschnitten hat.
Als niederländisches Parlamentsmitglied möchte ich über die Entwicklungen im Königreich der Niederlande berichten. Wir haben drei dieser kleinen Inseln, Sawa, St. Maarten und Bonaire, die in diesen anderen Status übergehen und so auch unter die Regionen in äußerster Randlage fallen werden. Gleichwohl erwarte ich nicht, dass dies so schnell passiert und die Einwohner noch vor den Wahlen 2009 darüber abstimmen können. Unter dem neuen Vertrag von Lissabon können wir sie rascher aufnehmen. Dazu bedarf es keiner Vertragsänderung. Vielleicht kann sich Frau Hübner dazu äußern, ob die Kommission bereit ist, diese drei kleinen Inseln mit ihren insgesamt 19 000 Einwohnern als Ganzes aufzunehmen.
Sérgio Marques (PPE-DE). – (PT) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Abgesehen davon, dass ich unserer Kollegin Margie Sudre meinen Glückwunsch zu ihrem ausgezeichneten Bericht aussprechen möchte, würde ich gern drei Anmerkungen zur künftigen Strategie der EU für die Regionen in äußerster Randlage äußern.
Erstens muss man der Europäischen Kommission dazu gratulieren, dass es ihr gelungen ist, die Beteiligung an der Debatte über die Bilanz der europäischen Politik für die Regionen in äußerster Randlage sowie die anzuwendende künftige Strategie zu fördern. Ich begrüße auch die öffentliche Online-Anhörung und die von der Kommission zu dieser Thematik initiierte hochrangige Konferenz, die in der vergangenen Woche stattgefunden hat.
Zweitens ist eine europäische Strategie für die Gebiete in äußerster Randlage in der Zukunft genauso notwendig wie bisher. Man könnte leicht in den Glauben verfallen, die zwischenzeitlich in den betreffenden Gebieten erreichte wirtschaftliche und soziale Entwicklung relativiere die Notwendigkeit europäischer Maßnahmen. Wir müssen uns jedoch stets darüber im Klaren sein, dass sich an der besonderen Lage der Randregionen nichts ändern wird und auch weiterhin eine differenzierte europäische Antwort vonnöten ist, die auf diese besondere Situation eingeht.
Drittens und abschließend möchte ich betonen, wie wichtig es ist, auch in den Gebieten in äußerster Randlage alles für die Umsetzung die Lissabon-Strategie zu unternehmen, wobei sich deren Anwendung in den betreffenden Regionen aufgrund der besonderen Merkmale dieser Gebiete als schwieriger erweist.
Aus diesem Grund würde ich Frau Hübner empfehlen, eine von der EU-Kommission geförderte Studie durchführen zu lassen, um die Herausforderungen, denen die Regionen in äußerster Randlage bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie gegenüber stehen, sowie entsprechende Lösungsmöglichkeiten herauszuarbeiten.
Madeleine Jouye de Grandmaison (GUE/NGL). – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich außerordentlich über die Qualität des Berichts von Frau Sudre.
Zehn Jahre nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam kommen wir nicht umhin festzustellen, dass die in Artikel 299 Absatz 2 festgeschriebene Politik der EU unbestreitbare Fortschritte gebracht hat. Nun ist es aber an der Zeit, in eine neue Phase überzugehen, die, was die Beziehungen zwischen der EU und den Regionen in äußerster Randlage anbelangt, auf einem anderen Ansatz basiert. Dies setzt voraus, dass die EU gemäß den Empfehlungen des Seminars, das in der vergangenen Woche stattgefunden hat, die Vorteile der Regionen in äußerster Randlage stärker berücksichtigt. Aus meiner Sicht sollte sich die neue Strategie neben dem Aufholprozess auf die Entwicklung konzentrieren, auf Entwicklungsformen, die sich eindeutig auf die Ausschöpfung unseres Potenzials stützen. Dies gilt gleichermaßen für die wissenschaftliche Forschung, die Meeresressourcen, die biologische Vielfalt, die europäische Sozialpolitik, den Klimawandel und den beispiellosen Anteil der Regionen in äußerster Randlage an der kulturellen Vielfalt. Diesbezüglich habe ich eine Reihe von Änderungsanträgen eingereicht, die hoffentlich Zustimmung finden werden.
Diesem neuen Ansatz Substanz zu verleihen bedeutet, den Regionen in äußerster Randlage die Mittel an die Hand zu geben, damit sie für Europa zu echten Partnern werden können, und deshalb brauchen wir eine neue Perspektive, eine auf Gegenseitigkeit beruhende Partnerschaft, von der alle Beteiligten profitieren.
Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Ich möchte ganz kurz auf die Frage von Herrn van Nistelrooij antworten. Ja, wir arbeiten in dieser Frage seit eineinhalb Jahren mit der holländischen Regierung zusammen. Glücklicherweise wurden die Änderungen, die im Rahmen des Vertrags gestattet sind, vorgenommen, und wir hoffen, dass eines Tages die drei neuen Territorien auch zu uns gehören werden.
In Bezug auf Ihre Beiträge möchte ich zunächst feststellen, dass die Kommission, einer Bitte des Europäischen Rates vom vergangenen Dezember folgend, im Herbst eine Mitteilung vorlegen wird, die die Strategie für die Regionen in äußerster Randlage mit, wie ich hoffe, Entschlossenheit und Pragmatismus voranbringen wird. So sieht unser Konzept aus, mit dem wir uns nicht nur den beiden neuen Herausforderungen stellen, sondern auch alle sich bietenden Möglichkeiten nutzen wollen.
Frau Sudre, meines Erachtens hilft Ihr Bericht, eine Brücke zwischen der aktuellen und der künftigen Strategie für die Regionen in äußerster Randlage zu schlagen, und er erfüllt damit eine sehr wichtige Aufgabe. Außerdem bin ich fest davon überzeugt, dass es jetzt gilt, vor allem die Vorzüge dieser Regionen zu nutzen, wie von etlichen Abgeordneten betont wurde.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch unser künftiges Grünbuch zum territorialen Zusammenhalt erwähnen, das ein wichtiges Merkmal des französischen Ratsvorsitzes sein wird. Den Regionen in äußerster Randlage kommt bei der Gestaltung der territorialen Dimension der Kohäsionspolitik eine wichtige Rolle zu, weil diese Regionen in beispielhafter Weise unsere Anstrengungen zur Überbrückung der territorialen Kluft innerhalb von Europa verkörpern. Deshalb würde ich auch ihre konsequente Einbeziehung in die öffentliche Konsultation zum Grünbuch über den territorialen Zusammenhalt sehr begrüßen.
Zum letzten Punkt möchte ich Ihnen versichern, dass die Kommission auch künftig einen koordinierten und integrierten Kurs fahren und sich um Synergien zwischen den verschiedenen Gemeinschaftspolitiken, die die Regionen in äußerster Randlage betreffen, bemühen wird.
Margie Sudre, Berichterstatterin. − (FR) Herr Präsident! Ich möchte natürlich allen, die sich an der Aussprache beteiligt haben, danken und auch der Kommission nochmals meinen Dank für ihre Initiative von letzter Woche zur künftigen Strategie für die Regionen in äußerster Randlage aussprechen.
Ich möchte nun auf einige Aspekte eingehen, die von meinen Kolleginnen und Kollegen angesprochen wurden, und ich bin dankbar dafür, dass dieser Bericht so wohlwollend aufgenommen wurde. Herrn Guerreiro möchte ich antworten, dass die Unterstützung, die er für die Erneuerung und die Forschung im Fischereisektor fordert, sowie die Aufstockung der Beihilfen schon durch den Europäischen Fischereifonds abgedeckt sind. All dies ist bereits Bestandteil der Politik der Europäischen Union, insbesondere der Kommission und des Fischereiausschusses, während der vorliegende Bericht die Politik der regionalen Entwicklung betrifft. Deshalb wird der bedeutende Beitrag der Fischerei zu unserer Entwicklung in meinem Bericht zwar berücksichtigt, allerdings nimmt er nicht den breiten Raum ein, den sich Herr Guerreiro gewünscht hätte. Ich möchte ihn daran erinnern, dass wir hier über die Politik der regionalen Entwicklung sprechen.
Unseren griechischen Kollegen, die dafür plädierten, diese Politik unterschiedslos auf sämtliche Inseln anzuwenden, hat Herr Medina Ortega bereits geantwortet und den Unterschied erläutert, der sich aus der Entfernung von vielen tausend Kilometern vom europäischen Kontinent ergibt. Wie groß unsere Fortschritte auch immer sein mögen, wir werden weiterhin tausende Kilometer entfernt sein. Unabhängig davon, wie gut ich die Probleme aller Inselbewohner verstehe, können wir bei Inseln, die in wenigen Stunden per Schiff oder in wenigen Minuten mit dem Flugzeug zu erreichen sind, zweifellos nicht die gleichen Ausnahmen und die gleichen Regeln anwenden. Dies ist sicherlich keine Frage der mangelnden Anerkennung der Insellage, dennoch besteht ein riesiger Unterschied – dies möchte ich nochmals hervorheben – zwischen Ihren Inseln mit ihrer Nähe zum Festland und unseren extrem abgelegenen Inseln.
Herr Guerreiro, Sie haben sich nochmals zu Wort gemeldet, um nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass sich unser Ansatz nicht auf Übergangskriterien stützen sollte. Wir befinden uns eindeutig nicht in einer Übergangssituation. Im Gegenteil: Das ist ein ziemlich dauerhafter Zustand. Allerdings verlangen wir nicht, dass uns permanent und bis in alle Ewigkeit Hilfe in unveränderter Höhe geleistet wird, denn wir haben die Hoffnung, eines Tages zum Durchschnitt der Gemeinschaft aufschließen zu können.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 20. Mai 2008, statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Toomas Savi (ALDE) , schriftlich. – (EN) Dieser Bericht vermittelt einen guten Überblick über die Probleme, denen sich die Azoren, die Kanarischen Inseln, Guadeloupe, Französisch-Guyana, Martinique, Réunion, Saint-Martin und Saint-Barthélemy als geografisch weit entfernte Regionen der Europäischen Union gegenübersehen. Er verweist gleichzeitig auf Unterschiede in der Behandlung der einzelnen Überseeterritorien der Mitgliedstaaten.
Es gibt nach wie vor Regionen, die Teil der Souveränität der Mitgliedstaaten sind, aber nicht den gleichen Status wie die Regionen in äußerster Randlage haben. So sind die Bürger der Britischen Jungferninseln oder von Grönland zwar Bürger der Europäischen Union, aber in diesen Regionen finden keine Wahlen zum Europaparlament statt, während die Bürger von Aruba Bürger der Europäischen Union sind und das Recht haben, an den Europawahlen teilzunehmen. Noch verwirrender ist die Tatsache, dass keines der genannten Territorien wirklicher Bestandteil der Europäischen Union ist.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Beziehungen der Europäischen Union zu den überseeischen Gebieten der Mitgliedstaaten und zu den Bürgern all jener Gebiete, ausgehend vom Grundsatz der Gleichbehandlung der Bürger der Europäischen Union, vereinheitlicht werden sollte.
27. Verbraucherpolitische Strategie der EU (2007-2013) (Aussprache)
Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Lasse Lehtinen im Namen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz über die verbraucherpolitische Strategie der EU (2007-2013) (2007/2189(INI)) (A6-0155/2008).
Lasse Lehtinen, Berichterstatter. – (FI) Herr Präsident! Der vor uns liegende Bericht hat im Ausschuss eine gründliche Lesung durchlaufen, wofür ich meinen Kollegen und vor allem den Schattenberichterstattern der anderen Fraktionen meinen Dank ausspreche. Im Geist des Miteinander haben wir die lobenswerten Bemühungen der Kommission, die Fragen des Verbraucherschutzes in allen Bereichen der Politik herauszustellen, gewürdigt.
Diesem Kontinent wird es nur dann gelingen, im Wettbewerb auf den globalen Märkten zu bestehen, wenn er auf seinem eigenen Binnenmarkt wettbewerbsfähig ist. Die 27 nationalen Mini-Märkte müssen so zusammengeführt werden, dass sie den größten Einzelhandelsmarkt der Welt bilden.
Ein funktionierender Binnenmarkt erfordert Maßnahmen, die das Vertrauen der Verbraucher zu erhöhen. Dabei spielen starke und unabhängige Verbraucherverbände eine wichtige Rolle.
Unter den Optionen zur Vertrauensbildung befindet sich eine, die bei unseren Diskussionen mehr als andere im Mittelpunkt gestanden und auch zu den einzigen erwähnenswerten Meinungsverschiedenheiten zwischen uns geführt hat. Es geht Instrumente, die den Verbrauchern zur Verfügung stehen sollten, um Schadenersatzansprüche geltend zu machen, wenn etwas schief läuft. Im Bericht wird die Auffassung vertreten, dass die Verbraucher unbedingt über ein grenzüberschreitendes kollektives Rechtsschutzsystem für jene Fälle verfügen müssten, in denen es zu Streitigkeiten kommt.
Kommissarin Kuneva hat bereits zugesagt, dass sie prüfen wird, welche Art System des kollektiven Rechtsschutzes in Europa funktionieren könnte. Zumindest scheint es einen breiten Konsens unter uns in Europa darüber zu geben, was für ein System es nicht sein sollte. Grundsätzlich sollte es keine Ähnlichkeit mit dem amerikanischen System des kollektiven Rechtsschutzes aufweisen, das vor allem Vorteile für die Rechtsanwälte bringt und nicht für die Verbraucher. In Europa müssen wir ein System anstreben, bei dem sich Ersatzansprüche direkt auf den tatsächlich entstandenen Schaden beziehen. Somit würde die Art und Weise, wie der Gerechtigkeit genüge getan wird, nicht so sehr auf die Strafe, sondern auf die Erlangung von Recht für den Verbraucher ausgerichtet sein. Kollektive Rechtsschutzsysteme würden also den Verbrauchern keine neuen Rechte bringen, sondern lediglich sicherstellen, dass ihre derzeitigen Rechte in vollem Umfang durchgesetzt werden können.
Die Konservativen sind als Fraktion nicht bereit, die Idee des kollektiven Rechtsschutzes voranzubringen. Als Begründung geben sie an, dass die Kommission bereits versprochen habe, entsprechende Vorschläge auszuarbeiten. Der von den Bürgern in Europa gewählte politische Entscheidungsträger ist jedoch das Parlament, und wir müssen dessen mehrheitlichen Willen deutlich machen. Wir haben sowohl das Mandat als auch die Pflicht, über neue und detaillierte Lösungen für Fragen, die die Öffentlichkeit als problematisch ansieht, nachzudenken und diese der Kommission zu unterbreiten.
Ich habe der Kommission vorgeschlagen zu prüfen, ob es sinnvoll ist, einen Bürgerbeauftragten für Verbraucherbelange einzusetzen, der ihr Bericht erstattet und sich insbesondere mit grenzüberschreitenden Fällen zu befassen hätte. Dieser hochrangige Beamte könnte als eine Art selektive Autorität fungieren, wie es sie auf nationaler Ebene gibt, wenn Mittel des Rechtsschutzes umgesetzt werden. Ich hoffe, dass der Bericht und die darin enthaltenen Kompromisse die breitestmögliche Unterstützung erhalten.
Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Parlament dafür danken, dass es die Ziele und Aktionen unserer verbraucherpolitischen Strategie für die Jahre 2007-2013 befürwortet, und danke natürlich dem Berichterstatter für seine Unterstützung und Arbeit.
Ich begrüße die Ansicht des Europäischen Parlaments, dass die 27 nationalen Mini-Märkte in einen europaweiten Einzelhandelsmarkt – den größten der Welt – verwandelt werden sollten. Das ist aber nur möglich, wenn wir das Vertrauen der Verbraucher in grenzüberschreitende Einkäufe stärken. Wir sprechen häufig davon, dass Vertrauen die Währung der modernen Wirtschaft darstellt. Ich glaube, dass es uns durch unsere Bemühungen und erheblichen Anstrengungen sowie mit unserer Strategie gelingen könnte, dieses Ziel schrittweise zu erreichen.
In diesem Zusammenhang möchte ich mich auch sehr herzlich für die Unterstützung für die vorgeschlagene Rahmenrichtlinie zum Verbrauchervertragsrecht bedanken, die das Instrument zur Erreichung dieses Ziels darstellt. Besonders freue ich mich darüber, dass das Parlament ebenfalls die Notwendigkeit einer gezielten umfassenden Harmonisierung in Bereichen sieht, in denen Engpässe hinsichtlich der Funktionsweise des Binnenmarktes festgestellt werden.
Was den Verbrauchermarktanzeiger betrifft, so bin ich dankbar dafür, dass das Europäische Parlament diese Initiative begrüßt, und freue mich auf Ihre umfassende Unterstützung in den kommenden Monaten. Der Anzeiger ist von zentraler Bedeutung für das Ziel der Strategie, also das bessere Verstehen, wie der Binnenmarkt für unsere Verbraucher funktioniert – um die Ergebnisses des Binnenmarkts für die Verbraucher zu messen. Sobald der Anzeiger ausgereift ist, werden wir wirklich in der Lage sein, bessere Rechtsvorschriften zu erlassen und unsere Politik evidenzbasiert zu gestalten. Ebenso wichtig ist, dass wir unseren Bürgern gegenüber deutlich machen können, dass wir ihre Alltagsprobleme verstehen und darauf entsprechend reagieren.
Sie sprachen das Problem des Rechtsschutzes an. Ich möchte Ihnen dafür danken, dass Sie die Schwerpunktsetzung der Strategie auf Rechtsdurchsetzung und Rechtsschutz unterstützen. Der Rechtsschutz stellt in Verbindung mit der Rechtsdurchsetzung eine der Schlüsselkomponenten dieser Strategie dar. So wie Sie glaube ich fest daran, dass der Binnenmarkt nur dann funktionieren kann, wenn die europäischen Verbraucher sicher sein können, dass sie in der gesamten Europäischen Union ihre Rechte durchsetzen und Wiedergutmachung erlangen können. Ich bin ferner der Ansicht, dass einander ergänzende Rechtsschutzmaßnahmen – gerichtlicher und außergerichtlicher, individueller und kollektiver Natur – für die Regelung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Wirtschaftsteilnehmern am effizientesten und am besten geeignet wären. Das käme sowohl Verbrauchern als auch seriösen Unternehmen zugute. Persönlich halte ich den kollektiven Rechtsschutz – sowohl gerichtlicher als auch außergerichtlicher Natur – für ein wirksames Mittel, um den Rechtsschutzrahmen, den wir für europäische Verbraucher bereits eingerichtet haben, zu stärken. Wir haben zu diesem Zweck Mechanismen der alternativen Streitbeilegung gefördert, ein europäisches Verfahren für grenzüberschreitende Bagatellklagen eingeführt und unlängst die Richtlinie über Mediation verabschiedet.
Natürlich ist bei künftigen Maßnahmen in diesem Bereich Sorgfalt geboten. Wie Sie wissen, habe ich zwei Studien in Auftrag gegeben, bei denen es um weitere Untersuchungen zur Frage des kollektiven Rechtsschutzes geht. Die erste wird die Wirksamkeit und Effizienz bereits existierender kollektiver Rechtsschutzmechanismen prüfen. Sie wird untersuchen, ob Verbrauchern in Mitgliedstaaten, in denen es keinen kollektiven Rechtsschutz gibt, ein Nachteil entsteht und ob negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt feststellbar sind.
Die zweite Studie soll Informationen über die Probleme von Verbrauchern bei der Erlangung von Wiedergutmachung bei Massenklagen erbringen und wird die ökonomischen Konsequenzen derartiger Probleme für Verbraucher, Wettbewerber und den entsprechenden Markt analysieren.
Ich habe vor, auf der Grundlage dieser Studien und der bei Betroffenen und den Mitgliedstaaten eingeholten Informationen eine Mitteilung zu erarbeiten, die die Kommission noch vor Ende 2008 verabschieden soll. Ziel dieser Mitteilung wird es sein, eine öffentliche und möglichst umfassende Anhörung zu den Optionen des kollektiven Rechtsschutzes für Verbraucher durchzuführen.
Gleichzeitig evaluiere ich die Umsetzung der Richtlinie über Unterlassungsklagen und deren Auswirkungen für die Durchsetzung der Verbraucherrechte in der EU. Ich werde meine Schlussfolgerungen in einem Bericht darlegen, den die Kommission Ende des Jahres beschließen wird.
Ich danke dem Parlament nochmals dafür, dass es unsere Vorstellung von einer neuen, marktbasierten Verbraucherpolitik teilt, die es gut informierten und mündigen Verbrauchern ermöglicht, auf dem größten Einzelhandelsmarkt der Welt nach den qualitativ und preislich besten Angeboten zu suchen und diese zu nutzen.
Piia-Noora Kauppi, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft und Währung. − (EN) Herr Präsident! Ich begrüße die Mitteilung der Kommission ebenso wie den Bericht von Herrn Lehtinen, bei denen es sich um insgesamt sehr ausgewogene Dokumente handelt.
Zudem verweisen sie auf ein wichtiges Konzept, das auf EU-Ebene behandelt werden muss – die Verbraucherpolitik ist Teil des Binnenmarktes und muss es auch bleiben.
Damit komme ich zu einem Punkt, den der Ausschuss für Wirtschaft und Währung zu Recht in den Bericht aufgenommen hat: Die Vollendung des Binnenmarktes selbst ist ein Beispiel für gelungene Verbraucherpolitik. Der EU-weite Wettbewerb drückt die Preise und sorgt für mehr Qualität und eine größere Auswahl für die Verbraucher. Es muss gewährleistet werden, dass die Verbraucher EU-weit Zugang zu dieser Auswahl haben.
Auf einem Binnenmarkt sind die Verbraucher die Triebkraft der Marktwirtschaft, und durch die Wahl, die sie treffen, können sie ihre Interessen schützen. Deshalb ist die einheitliche Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien von überragender Bedeutung.
In seiner Stellungnahme verweist der Ausschuss für Wirtschaft und Währung auf zwei Bereiche, die diesbezüglich von besonderer Bedeutung sind. Der erste betrifft die Finanzdienstleistungen: Ein echter Binnenmarkt im Bereich des Bank-, Kredit- und Versicherungsgewerbes usw. ist notwendig, um die Handlungskompetenz der europäischen Verbraucher zu stärken. Das ist vor allem deshalb eine vordringliche Aufgabe, weil bestmögliche Investitionsdienstleistungen aufgrund demokratischer Entwicklungen wachsende Bedeutung für alle Bürger erlangen. Hier gilt es noch recht hohe Hürden zu überwinden.
Der zweite betrifft den elektronischen Handel. Hier besteht eine Verbindung zu funktionierenden Finanzmärkten und eine Abhängigkeit von der Entwicklung von Zahlungssystemen, aber er ist auch praktisch für alle Aspekte des Binnenmarktes von Bedeutung, da das Internet einen echten europäischen Markt ermöglicht. Wir müssen also dafür sorgen, dass der elektronische Handel in Europa wirklich funktioniert und die Bürger über echte Wahlmöglichkeiten verfügen.
Diana Wallis, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Rechtsausschusses. − (EN) Herr Präsident! Der Rechtsausschuss teilt Ihre Ansicht, Frau Kommissarin: Wir sollten uns der 27 Mini-Märkte entledigen; aber dafür bedarf es eines viel stärker gemeinschaftlich ausgerichteten Rechtsrahmens. Wenn deutlich zu erkennen wäre, dass alle Elemente der Kommission, die mit dem Binnenmarkt zu tun haben, ebenfalls Hand in Hand arbeiten, dann wäre das ein guter Ausgangspunkt, der uns helfen würde, dieses Ziel zu erreichen. Ein Problem, das uns seit langem interessiert und das unseres Erachtens vielleicht nicht ausreichend erwähnt wurde, betrifft das Projekt zum Vertragsrecht und den gemeinsamen Referenzrahmen.
Wir wollen nicht das Gefühl haben, dass das vergessen wird und jeder zum nächsten Thema übergeht, bei dem wir Sie hinsichtlich des kollektiven Rechtsschutzes unterstützen, sondern wir sollten uns nach wie vor auch um den gemeinsamen Referenzrahmen bemühen. Wir wären an einer stärkeren Betonung von alternativen Formen der Streitbeilegung interessiert gewesen, und zwar insbesondere in der Online-Welt. Das ist etwas, wofür sich unser Ausschuss seit langem einsetzt. Was den kollektiven Rechtsschutz angeht, so freut es uns, dass Sie sich damit befassen und wir in diesem Bereich Fortschritte machen, aber bitte sorgen Sie dafür, dass es uns dabei nicht so ergeht wie mit dem Vertragsrecht, wo wir uns in Fragen zur Rechtsgrundlage und anderen Fragen verheddert haben.
Anna Hedh, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter. − (SV) Herr Präsident! Mein herzlicher Dank gilt der Kommissarin Meglena Kuneva und dem Berichterstatter Lasse Lehtinen.
Ich begrüße die Strategie und bin sehr froh darüber, dass die Verbraucher als wichtige Gruppe gesehen werden, die Beachtung finden muss. Wir wissen, dass wir ohne zufriedene Verbraucher und Gewährleistung der Verbrauchersicherheit nie einen blühenden Binnenmarkt bekommen werden. Allerdings teile ich die Auffassung des Berichterstatters, dass die Strategie einer kontinuierlichen Weiterbehandlung bedarf, damit sie tatsächlich im Sinne der Verbraucher weiterentwickelt wird.
Als Berichterstatterin für die Strategie im Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter bin ich jedoch enttäuscht, dass der federführende Ausschuss lediglich einen unserer dreizehn Änderungsanträge aufgenommen hat. Sie enthalten zahlreiche wichtige und gute Vorschläge. Wir hätten gern eine deutlichere Geschlechterperspektive gesehen. Die Verbraucherpolitik ist definitiv nicht geschlechterneutral. Das Geschlecht sollte genauso berücksichtigt werden wie Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen. Ich hoffe, das kann bei der nächsten Überprüfung erneut aufgegriffen werden.
Colm Burke, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Ich danke Herrn Lehtinen und den Schattenberichterstattern für die gute Zusammenarbeit der letzten Monate. Dieser Bericht stellt einige sehr positive Elemente vor, die den Bereich der Verbraucherpolitik weiter voranbringen werden. Die Verbraucher können ihre Rechte nur dann ausüben, wenn sie sich dieser Rechte bewusst sind, und die Stärkung der Verbraucher in der EU, die über Bildungs- und Informationskampagnen erzielt wird, bildet ein zentrales Element dieses Berichts. Vor allem sollen Verbraucher mit den Fähigkeiten und Instrumenten ausgestattet werden, die sie brauchen, um sich in der digitalen Umwelt besser zurechtzufinden.
Der Bericht begrüßt die Bemühungen der Kommission, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Produktsicherheit auf internationaler Ebene zu verstärken, vor allem mit den chinesischen, amerikanischen und japanischen Regierungsstellen. Ein kontinuierlicher Dialog und der ständige Austausch von Informationen über die Produktsicherheit liegen im Interesse aller Parteien und sind von zentraler Bedeutung für den Aufbau von Verbrauchervertrauen.
Was den Rechtsschutz angeht, so befürworte ich gemeinsam mit meinen Kollegen von der PPE-DE konsequent den einfachen und effektiven Zugang zum Rechtsschutz für alle Verbraucher in der EU. Wir wissen, dass außergerichtliche Formen des Rechtsschutzes für die meisten Verbraucher die bevorzugte Lösung darstellen, da die Interessen der Verbraucher damit am zügigsten und am kostengünstigsten durchgesetzt werden können.
Wie ich von Anfang an gesagt habe, kann ich mich den Forderungen nach legislativen Maßnahmen zur Einführung eines europaweiten unausgegorenen Systems des kollektiven Rechtsschutzes nicht anschließen. Die Kommission arbeitet zur Zeit an mehreren Studien zu den verschiedenen Verbraucherschutzsystemen, die es in den Mitgliedstaaten gibt, und anstatt den Ergebnissen dieser Studien vorzugreifen, sind meine Kollegen von der PPE-DE und ich der Ansicht, dass das Parlament und die Mitgliedstaaten aktiv in die Auswertung der Ergebnisse dieser Studien einbezogen werden sollten, bevor über weitere Maßnahmen entschieden wird. Die übereilte Einführung eines Systems des kollektiven Rechtsschutzes, das sowohl teuer als auch uneffektiv wäre, ist nicht im Interesse der Verbraucher. In jeder anderen Hinsicht befürworte ich den Bericht.
Evelyne Gebhardt, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident, Frau Kommissarin, lieber Herr Berichterstatter Lehtinen! Danke für den wirklich sehr guten Berichtsentwurf, den Sie uns vorgelegt haben und mit dem wir auch sehr gut werden arbeiten können.
Drei Punkte möchte ich insbesondere herausarbeiten, die in diesem Bericht von großer Wichtigkeit sind. Zum einen geht es darum, dafür zu sorgen, dass Instrumente, die wir in der Europäischen Union bereits haben, um die Sicherheit und Vorsorge voranzubringen, eine wichtige Rolle spielen. Deswegen ist es ganz wichtig, dass das RAPEX-System weiter verbessert wird, um noch besser im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher zu arbeiten.
Zum anderen ist es auch ganz wichtig, dass ein so wichtiges Instrument wie SOLVIT vorangebracht und verbessert wird. Da besteht noch ein ganz erhebliches Informationsdefizit der Verbraucherinnen und Verbraucher, denn allzu viele wissen gar nicht, dass es SOLVIT gibt und wo sie auch einiges an Problemen regeln lassen können. Und das ist von großer Wichtigkeit.
Ich begrüße es auch sehr, dass die Europäische Kommission daran geht, das EE-Zeichen noch einmal zu überprüfen. Das ist ein Zeichen, von dem viele Bürgerinnen und Bürger glauben, es sei ein Sicherheitszeichen, was leider nicht der Fall ist. Wir sollten dafür sorgen, mit Ihnen und Herrn Kommissar Verheugen zusammen, dass dieses Zeichen so ausgestaltet wird, dass wir in Zukunft den Bürgerinnen und Bürgern sagen können: „Ja, mit diesem Zeichen haben Sie Sicherheit, sie können sich darauf verlassen!“. Das ist eine ganz wichtige Sache.
Letzter und wichtigster Punkt für meine Fraktion ist allerdings das System der Sammelklagen, das wir als Sozialdemokraten einfordern. Das ganze bestehende Recht nützt nichts, wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher dieses Recht nicht durchsetzen können. Sei es, weil es grenzüberschreitend und daher sehr schwierig umzusetzen ist, sei es, dass es um viele kleine Beträge und kleine Schäden geht, die allerdings die Bürgerinnen und Bürger mit der Zeit ganz schön schröpfen können. Hier ist es absolut notwendig, dass wir die Europäische Kommission nicht nur ermuntern, sondern tatsächlich auffordern, ein solches System zu prüfen und zu entwickeln und uns so rasch wie möglich ein entsprechendes Gesetzeswerk vorzulegen, damit wir den Verbraucherinnen und Verbrauchern auch wirklich diese Sicherheit und einen entsprechenden Schutz geben können.
Ich bedaure es sehr, dass sich die EVP-Fraktion dagegen verwehrt, dieses System auch wirklich mit der Stärke und der Hingabe zu verlangen, die notwendig wären, damit in Zukunft die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Bürgerinnen und Bürger wirklich Vertrauen in die Europäische Union und in den Binnenmarkt haben. Denn es gehört dazu, dass sie wissen, dass sie einen entsprechenden Schutz genießen, wenn sie in Europa einkaufen gehen.
Alexander Lambsdorff, im Namen der ALDE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte zunächst dem Kollegen Lasse Lehtinen zu diesem guten und ausgewogenen Berichtsentwurf gratulieren. Wir sind uns in sehr vielen Punkten einig. Das hat auch damit zu tun, dass die Vorarbeit der Kommission hier sehr gut war. Da gibt es wenig Streitpunkte.
Die verbraucherpolitische Strategie wird eines der Hauptthemen in der nächsten Phase des Binnenmarkts sein. 490 Millionen Verbraucher stehen im Mittelpunkt der drei größten Herausforderungen der Europäischen Union: Wachstum, Arbeit und die Notwendigkeit, die Bedürfnisse der Bürger zu erkennen und zu befriedigen. Der Binnenmarkt hat das Potenzial, zum größten Einzelhandelsmarkt der Welt zu werden. Die ALDE unterstützt daher das gezielte Bestreben der Kommission, aus 27 kleinen Märkten einen großen Einzelhandelsmarkt zu schaffen.
Wir begrüßen auch, dass der Entwurf das horizontale Element in der Verbraucherpolitik stärkt und die Ernennung von so genannten consumer liaison officers anstrebt. Insbesondere die Stärkung der Verbraucherzentren und das spezielle Augenmerk auf die Bedürfnisse von älteren Mitbürgern und Kindern in der Verbraucherpolitik seien hier erwähnt.
Ich will jetzt auch noch etwas zum Thema Sammelklagen sagen, wo wir ein Problem haben. Wir haben wenig Informationen und viel Dogma. Ich glaube, es ist auch zu früh zu sagen, dass das Parlament Dich, Meglena, in dieser Sache geschlossen unterstützt. Wir haben gerade von der EVP gehört, dass sie das nicht tut. Ich meine, die EVP verkennt die realen Probleme. Es gibt Schäden, die Streuschäden sind, die viele Verbraucher grenzüberschreitend betreffen. Es ist legitim, dass die Kommission sich darüber Gedanken macht und das Ganze in einer Studie prüft. Auf der anderen Seite haben wir das Dogma bei der PSE, die auf jeden Fall dieses Instrument als politisches Instrument fordert, unabhängig davon, wie die realen Probleme aussehen. Und die realen Probleme sind mannigfach.
Da gibt es zum Beispiel das Problem der Rechtsgrundlage. Wo steht im Europäischen Vertrag, dass wir hier als Kommission, als Parlament in die Zivilprozessordnung und die Strafprozessordnung der Mitgliedstaaten eingreifen dürfen? Was hat Diana Wallis gerade für den Rechtsausschuss gesagt? Das Problem des Vertragsrechts steht im Raum. Die Frage opt-in, opt-out, die Rolle des Ombudsmanns – viele Probleme sind zu klären. Und es reicht einfach nicht, zu sagen: Wir wollen nicht das amerikanische System. Auch die Amerikaner haben ursprünglich mal die besten Absichten gehabt mit ihrem System. Die haben ja nicht von Anfang an absichtlich ein schlechtes System geschaffen.
Wir sollten deswegen eine agnostische, eine kritische Haltung bewahren. Wir sollten die Studie abwarten, wir sollten die vorgelegten Ergebnisse ernst nehmen und dann gut informiert und undogmatisch dieses Thema in Ernsthaftigkeit diskutieren, wie es diesem Parlament gut ansteht.
Leopold Józef Rutowicz, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Der Bericht Lehtinen beschäftigt sich mit den Hauptfragen der Strategie für Qualität für die kommenden Jahre. Diese Strategie ist für die Bürger der Union von Bedeutung, und ich möchte einige der damit verbundenen Probleme herausstellen. Mehr Zuarbeit bei der Schaffung von nationalem Recht und EU-Recht sollte von Verbraucherorganisationen kommen, die Schwierigkeiten bei der Erledigung ihrer Arbeit erfahren und in manchen Ländern finanzielle Mittel erhalten. Die Union sollte diesen Organisationen mehr materielle und finanzielle Hilfe zukommen lassen. Die in manchen Ländern geltenden Systeme für Sammelklagen sollten gegen unehrliche Marktteilnehmer eingesetzt werden, und es sollte ein System für Sammelklagen auf europäischer Ebene eingeführt werden.
Europäische Verbraucherzentralen in den einzelnen Ländern sowie Verbraucherorganisationen und Sprecher für Verbraucherrechte sollten Informations- und Aufklärungsmaßnahmen, die auf den besonderen Schutz der am schwächsten gestellten Verbraucher abzielen, verstärken. Durch die Einbeziehung der Solvit- und RAPEX-Verbraucherzentralen lässt sich der Schutz noch wirksamer gestalten. Wir unterstützen diesen Bericht.
Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Vielen Dank, Herr Präsident! Verbraucherrechte finden oft nicht genügend Unterstützung und müssen daher gestärkt werden. Darum danke ich dem Berichterstatter und den Kollegen vom Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, denen es gelungen ist, den Verbrauchergruppen den Rücken zu stärken, die des Schutzes am meisten bedürfen: Kinder und ältere Menschen.
Ein starker Verbraucherschutz braucht aktive Verbraucherorganisationen. Der Einzelne ist nicht allein am stärksten. Erst durch diese Organisationen werden die Verbraucher stark, gewinnen neue Erkenntnisse und werden besser aufgeklärt. Daher brauchen diese Organisationen eine verlässliche und gesicherte Finanzierung. Die gegenwärtig herrschende Unsicherheit im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Käufen muss beendet werden, indem die Möglichkeit geschaffen wird, Sammelklagen gegen kriminelle Unternehmen einzureichen. Das größte Problem für die Verbraucher liegt gegenwärtig darin, dass Klagen bei Streitigkeiten zwischen verschiedenen Ländern schwer durchzusetzen sind, da es keine Stellen zur Regelung grenzüberschreitender Streitfälle gibt. Die EU sollte in erster Linie Instanzen für die Beilegung solcher Konflikte und keine neuen Gemeinschaftsvorschriften schaffen. Den Vorschlag zur Einsetzung eines Europäischen Bürgerbeauftragten für Verbraucherbelange halte ich für äußerst zweifelhaft. Weshalb sollten wir weitere auf Gemeinschaftsebene zu finanzierende Dienste einrichten und damit eine Kürzung der Mittel für die Verbraucherorganisationen riskieren? Die Verbraucher haben davon keinen Nutzen.
Schließlich möchte ich noch meinem Bedauern Ausdruck verleihen, dass die Änderungsanträge des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter – wie üblich, muss ich leider sagen – vom Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz abgelehnt wurden. Sie hätten ein besseres Schicksal verdient.
Hanne Dahl, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (DA) Herr Präsident! Es ist mir eine Freude, hier zum ersten Mal das Wort zu ergreifen, und dies in einem Verantwortungsbereich, auf den ich mich freue. Es ist natürlich positiv, dass das Europäische Parlament mit diesem Bericht die Initiative ergreift, um die Rechte der Verbraucher zu sichern. Allerdings befürchte ich, dass diese Rechtsvorschriften nach und nach einfach auf einen Flickenteppich hinauslaufen werden. Dabei wird mit einigen Flicken verdeckt, dass die EU so organisiert ist, dass die Rücksicht auf den freien Verkehr von Waren, Kapital und Dienstleistungen immer Vorrang vor der Rücksicht auf Verbraucherbelange und andere „weiche“ Angelegenheiten haben wird. Wie ich meine, wird das auch in der heutigen Aussprache deutlich.
Ich möchte zwei ganz konkrete Beispiele dafür anführen, wie wir die Verbraucherrechte sichern müssen. Es kommt entscheidend darauf an, dass wir das Recht des Verbrauchers sichern, in seinem eigenen Land und in seiner eigenen Sprache Beschwerde einzulegen. Ebenso wichtig ist es, dass die Möglichkeit eingeräumt wird, Lebensmittel und andere Produkte, die ein Gesundheitsrisiko darstellen könnten, beim Import in die einzelnen Länder einer Kontrolle zu unterziehen. Den einzelnen Ländern sollte es aus Erwägungen des Umweltschutzes und des Gesundheitsschutzes der Verbraucher gestattet sein, Kontrollen vorzunehmen und einen höheren Standard zu fordern als in EU-Rechtsvorschriften festgelegt ist. Die EU-Strategie für den Gesundheitsschutz der Verbraucher muss auf dem Grundsatz der Vorsicht statt auf einem ideologischen Denkmodell basieren, das nur dazu dient, die ungehinderte Ein- und Ausfuhr aller Produkte zu ermöglichen. Dazu müsste das Recht auf Beschwerde und Kontaktaufnahme zu Rechtsorganen vor Ort gesichert werden, und es müsste möglich werden, die Einfuhr von Waren zu stoppen, wenn dafür gesundheitsbedingte Gründe vorliegen.
Sergej Kozlík (NI). – (SK) Herr Präsident, meine Damen und Herren! In dem Bericht werden die positiven Auswirkungen des Euro im Sinne einer Reduzierung der Aufwendungen für Finanztransaktionen richtig beurteilt. Die Verbraucher können die Preise bei grenzüberschreitenden Verträgen nunmehr einfacher vergleichen, und auch das Einzelhandelspotenzial im Binnenmarkt kommt ihnen zugute. Ich stimme zu, dass die neuen Mitgliedstaaten ermutigt werden sollten, ihre Reformen fortzusetzen, und dass es ihnen die Einführung des Euro möglich sein sollte, sobald sie die Maastricht-Kriterien erfüllen, damit sie den Vorteil einer Einheitswährung im Binnenmarkt uneingeschränkt nutzen können.
Das Europäische Parlament wird bald Gelegenheit haben, diesen Vorschlag in der Praxis zu prüfen, wenn es über die Ausdehnung des Euro-Währungsgebiets auf die Slowakische Republik berät. Die Slowakei hat mit großen Anstrengungen und vorfristig die Konvergenzkriterien von Maastricht erfüllt. Ich weise die Haltung einiger Kollegen zurück, die nun mit vagen und unklaren Gegenargumenten über die Tragfähigkeit der Erfüllung dieser Kriterien gegen uns vorgehen. Darauf könnte man natürlich ewig herumreiten.
Charlotte Cederschiöld (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Der Binnenmarkt sollte für Freizügigkeit für Verbraucher und Anbieter sowie für einen freien Waren- und Dienstleistungsverkehr sorgen.
Wenn wir grenzübergreifende Aktivitäten ermöglichen und verbessern wollen, dann dürfen Verbraucher in anderen Mitgliedstaaten nicht weniger Schutz genießen als in ihrem Heimatland. Deshalb begrüße ich den horizontalen Ansatz in der Verbraucherpolitik und den damit einhergehenden besseren Schutz.
Das bedeutet mündige Verbraucher und wirksamen Verbraucherschutz sowie eine unternehmensfreundliche Binnenmarktgesetzgebung. Sorgen bereitet uns jedoch das übereilte Vorgehen in Bezug auf den kollektiven Rechtsschutz.
Für einen Standpunkt des Parlaments ist es noch zu früh. Zunächst müssen die in den Mitgliedstaaten existierenden Systeme gründlich untersucht und es muss geprüft werden, ob wir ein europaweites System des kollektiven Rechtsschutzes brauchen. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen uns noch keine ausreichenden Erkenntnisse über potenzielle Folgen hinsichtlich eines Risikomissbrauchs, höherer Kosten für Verbraucher und Unternehmen sowie mehr Regulierung vor.
Ich glaube nicht, dass es in der EU jemanden gibt, der die Einführung eines europaweiten Systems in Kenntnis aller damit verbundenen Nachteile und unangemessenen Folgen befürwortet. Im Moment orientieren wir auf andere Formen der Wiedergutmachung, die zügiger und kostengünstiger sind, und überlassen die Regulierung den Mitgliedstaaten. Bereits existierende Instrumente und nichtlegislative Mittel können auf EU-Ebene eingesetzt werden.
Wir fordern die Kommission auf, die Studie durchzuführen und deren Ergebnisse dem Parlament und den Mitgliedstaaten vorzulegen. Warum mehr tun als für die Erreichung der Ziele des Vertrags notwendig ist? Warum den Mitgliedstaaten die Möglichkeit nehmen, unterschiedliche Streitbeilegungsmechanismen anzuwenden? Es sind noch viele Fragen offen.
Bisher liegen noch keine eindeutigen Hinweise darauf vor, dass ein europaweites System des kollektiven Rechtsschutzes für den Binnenmarkt und seine Verbraucher und Unternehmen einen Mehrwert erzielen würde. Die EU sollte ohne Vorliegen zwingender Gründe keine Rechtsvorschriften erlassen.
Bernadette Vergnaud (PSE). – (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich Lasse Lehtinen zu seiner exzellenten Leistung und zu seiner Fähigkeit zum Zuhören beglückwünschen. Sein Bericht hat sich zum Ziel gesetzt, die Strategie der Kommission, die bereits auf den Grundsätzen des Schutzes und der Stärkung der Verbraucher basiert, weiter zu verbessern.
Ich befürworte den vom Berichterstatter vertretenen horizontalen Ansatz als Mittel, den Verbraucherschutz – insbesondere den Schutz der anfälligsten Verbraucher – und die Effizienz des Binnenmarktes in Einklang zu bringen. Ebenso ist es von grundlegender Bedeutung, die Rolle der Verbraucherorganisationen bei der Ausarbeitung von Legislativvorschlägen zu stärken.
Auf dem Gebiet der Produktsicherheit sollte die Kommission nicht nur ihre Anstrengungen zur Marktüberwachung fortsetzen, sondern auch für eine rasche Festlegung von Grundsätzen für eine CE-Kennzeichnung sorgen, die eine echte Garantie für Qualität, Rückverfolgbarkeit und Sicherheit bietet.
Ferner muss der Zugang zum Rechtsschutz dadurch verbessert werden, dass ein Vorschlag zu einem europäischen System von Sammelklagen unterbreitet wird, um es den Verbrauchern zu ermöglichen, bei erwiesenen Schäden ihre Rechte in vollem Umfang wahrzunehmen, wobei gleichzeitig die Fallstricke des US-amerikanischen Systems vermieden werden müssen. Durch eine positive Abstimmung über diese Dinge kann das Vertrauen der Bürger in ein offenes und sicheres europäisches Marktmodell nur gestärkt werden.
Andreas Schwab (PPE-DE). – Herr Präsident, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die verbraucherpolitische Strategie der Kommission umfasst verschiedene Themenbereiche, die wir zu ganz großen Teilen unterstützen. Und, liebe Frau Kuneva, wir unterstützen auch Sie in ihrem persönlichen Engagement für die Vollendung des Binnenmarktes unter besonderer Berücksichtigung der Verbraucher und ihrer Rolle im Binnenmarkt.
Es gibt verschiedene Bereiche: Die Stärkung der europäischen Verbraucherzentren und die Stärkung des SOLVIT-Systems sind bereits angesprochen worden. Dies unterstützen wir fraktionsübergreifend. Wir sprechen uns auch für die Notwendigkeit eines horizontalen Ansatzes in der Verbraucherpolitik aus und bedauern zugleich die schwache Betonung des Vertragsrechts. Wir müssen aufpassen, dass uns das Vertragsrecht nicht ausfranst und wir hier einen Flickenteppich bekommen. Die Abstimmung im Ausschuss heute Abend hat es gezeigt: Verbraucher vertrauen dem Recht dann, wenn sie ziemlich sicher sind, dass sie es kennen. Wenn die Fristen in allen Rechtsbereichen unterschiedlich sind, werden die Verbraucher ein Stück weit Vertrauen verlieren. Deswegen brauchen wir den gemeinsamen Referenzrahmen, weil wir einheitliche Standards brauchen, damit die Verbraucher Vertrauen fassen können.
Das Gleiche betrifft auch die Sammelklagen. Nun ist ja hier von verschiedenen Seiten schon gesagt worden, es gebe verschiedene Ansätze. Der Ansatz der EVP-Fraktion ist ganz klar: Wir sind uns einig in der Analyse, dass die Durchsetzung von Verbraucherinteressen an bestimmten Stellen gerade im grenzüberschreitenden Umfeld Schwachpunkte aufweist. Wir vermissen aber die Analyse, woher diese Schwachpunkte rühren. Da hat heute Abend im Plenum auch niemand etwas dazu gesagt. Studien sind uns versprochen worden. Die werden wir sehr konkret und sehr genau lesen. Wenn in diesen Studien aber nur die Rechtslage analysiert wird und nicht die Unterschiede in der Durchsetzung der jeweiligen nationalen Rechtslagen in den Mitgliedstaaten, werden wir am Ende durch diese Studien keinen Mehrwert erhalten.
Deswegen, liebe Frau Kuneva, darf ich Ihnen sagen, dass wir sehr ergebnisoffen sind und Verbesserungen bei der Durchsetzung bestehender Rechte sehr konstruktiv gegenüberstehen, aber dass diese Verbraucherrechte nur dann verbessert durchgesetzt werden können, wenn sie am Ende in der Praxis auch wirklich funktionieren. In Deutschland gibt es das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz, wo viele Kläger gegen die Deutsche Telekom in einem Aktionärsprozess klagen, und dort zeigt sich, dass Theorie und Praxis bei Sammelklagen oft sehr weit auseinander liegen.
Gabriela Creţu (PSE). – (RO) Es liegt auf der Hand, dass sich Verbraucher, die gut über ihre Rechte Bescheid wissen, besser durchsetzen und ihre Interessen verteidigen können. Dennoch brauchen die Bürger neben den entsprechenden Kenntnissen auch ein Instrument, um Schadenersatz einzufordern, wenn ihre Rechte verletzt wurden. Aus diesem Grund sind wir der Ansicht, dass Gruppenklagen in einer Form notwendig und zu begrüßen sind, die für den Verbraucher als effizient und für den Markt als ausgewogen erweist. Ebenso notwendig ist es, den Prozess der Überwachung des Binnenmarktes fortzusetzen und zu intensivieren.
Wir sind der Ansicht, dass das vorhandene Meinungsbarometer sehr nützlich ist, und werden seine Ausstattung mit Finanzmitteln auch im Haushaltsplan 2009 befürworten, fordern jedoch, dass mehr Gewicht auf die Erfassung und den Vergleich der Waren und Dienstleistungen gelegt wird, die in den 27 Mitgliedstaaten gehandelt werden. Zu guter Letzt dürfen wir nicht vergessen, dass die Verbraucherrechte auch im Bereich der Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen und Dienstleistungen im digitalen Umfeld, gewahrt werden müssen, wo weitaus größere Risiken bestehen und es viel schwieriger ist, die Verletzung von Rechten nachzuweisen.
Malcolm Harbour (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte Lasse Lehtinen für einen sehr umfassenden Bericht danken, der eine enorme Vielzahl richtungweisender Ideen enthält. Wie die Kommissarin bereits sagte, brauchen wir innovative und sichere Produkte und Dienstleistungen, wenn wir den Verbrauchern die Möglichkeit geben wollen, sich besser zu informieren, mehr Vertrauen zu haben und eine bewusste Wahl zu treffen. All das erreichen wir, wenn wir die Verbraucher unterstützen und ihre Rechte stärken.
Das sage ich vor allem an die Adresse von Lasse, denn es enttäuscht mich, dass er zugelassen hat, dass all diese gute Arbeit von einem einzigen Punkt überschattet wird. Das Problem in Bezug auf den kollektiven Rechtsschutz besteht darin, dass unsere Kollegen aus der sozialistischen Fraktion offenbar bereits zu der etwas übereilten Schlussfolgerung gelangt sind, dass neue europäische Rechtsvorschriften erforderlich sind. Ich habe mich über Ihre Bestätigung gefreut, dass Sie, Frau Kommissarin, zwei Studien – nicht nur eine – in Arbeit haben, die sich eingehend mit dieser Problematik befassen. Wir, die Abgeordneten auf dieser Seite des Hauses, wollen den Bericht abwarten, bevor wir unsere Schlussfolgerungen ziehen. Doch es scheint, als hielten unsere Kollegen auf der sozialistischen Seite des Hauses dies bereits für eine großartige Sache und uns für eine Art Feind der Verbraucher, weil wir dem nicht zustimmen. Man braucht nur einige der Pressemitteilungen – der farbenfrohen Pressemitteilungen, der roten Pressemitteilungen – zu lesen, die von dieser Seite des Hauses herausgegeben wurden. Die Unterstellung, diese Seite des Hauses, habe etwas gegen die Rechte der Verbraucher, weil wir uns nicht für einen Vorschlag einsetzen, für den uns noch nicht einmal die entsprechenden Informationen vorliegen, weise ich entschieden zurück. An die Adresse aller unserer Kollegen hier sage ich Folgendes: Ein Mehr an Bürokratie und an potenziell höheren Kosten für die Verbraucher hat nichts mit Verbraucherfreundlichkeit zu tun. Wir sollten die Schlussfolgerungen abwarten.
An Alexander Lambsdorffs Adresse stelle ich fest, dass er sich in dieser Sache hat vereinnahmen lassen. Doch damit wir Herrn Lehtinens Bericht morgen einstimmig befürworten können, braucht er nur für unsere Änderungsanträge 5 und 6 zu stimmen, mit denen die Tür ganz klar offen bleibt. Wir werden Frau Kunevas Bericht abwarten und ihn unvoreingenommen prüfen. Doch bis dahin werden wir uns konsequent für die Verbraucher auf dem Binnenmarkt und für deren effektive Rechte einsetzen, die durch die derzeit geltenden Regelungen geschützt werden.
Joel Hasse Ferreira (PSE). – (PT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Bericht von Lasse Lehtinen wird durchaus zu Recht davon ausgegangen, dass den Erfordernissen des Verbraucherschutzes nur dann durch Gesetze Rechnung getragen werden kann, wenn diese besser und einfacher gestaltet sind. Außerdem bedürfe es kohärenterer rechtlicher Rahmenbedingungen für Verbraucherrechte.
Darum fordere ich die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, hinreichende Finanzmittel für starke und unabhängige Verbraucherverbände bereit zu stellen. Eine entsprechende Finanzierung ist unerlässlich, wenn beim Aufbau eines echten Binnenmarktes für Verbraucher Fortschritte erzielt werden sollen.
Angesichts der positiven Erfahrungen in verschiedenen Mitgliedstaaten verdienen Sammelklagen größter Beachtung und finden meine Unterstützung.
Wie schon Herr Lehtinen betonte, möchte ich anmerken, dass ein leistungsfähiges Verbraucherschutzsystem auch wettbewerbsfähigen Herstellern und Verkäufern nützt, indem Anreize für Unternehmen geschaffen werden, langlebigere Waren zu produzieren und zu vertreiben, was wiederum zu mehr nachhaltigem Wachstum führt.
Der Bericht geht sogar noch einen Schritt weiter. So begrüße ich die Aussage von Herrn Lehtinen, Verbraucherschutz sollte integraler Bestandteil der Planung und Konzeption von Produkten und Dienstleistungen sein.
Abschließend möchte ich erklären, dass ich seine Schlussfolgerung teile, wonach ein wirksamer und verbesserter Verbraucherschutz notwendig ist, damit der Binnenmarkt zuverlässiger funktioniert. Ich möchte ihm danken und Ihnen mitteilen, dass nach meinem Dafürhalten jetzt die günstigsten Voraussetzungen für eine solide strategische Einigung mit Frau Kuneva in diesem Bereich gegeben sind.
Małgorzata Handzlik (PPE-DE). – (PL) Herr Präsident! Wie wichtig die Verbraucherzufriedenheit für die Unternehmen ist, braucht nicht besonders betont zu werden. Jeder von uns als Verbraucher weiß, dass unehrliche Geschäftspraktiken – vorsätzlich irreführende Informationen oder unbefriedigender Kundendienst – bei uns eine Abneigung erzeugen, weitere Waren oder Dienstleistungen von dem betreffenden Unternehmen zu beziehen. Es kommt jedoch darauf an, dass die Verbraucher immer die Wahl haben und den Dienstleister oder Verkäufer wechseln können. Eine solche Entscheidungsfreiheit sorgt zweifellos für einen wettbewerbsfähigen Markt, auf dem es sich für Marktteilnehmer nicht auszahlt, die Verbraucher abzuschrecken. Auf einem wettbewerbsfähigen Markt weiß der Unternehmer, dass er den Verlust seiner Marktposition riskiert und mit ihr seine Gewinne und Aussichten auf weitere Entwicklung. Wie ich meine, verfügt der EU-Binnenmarkt über ein derartiges Potenzial. Ich freue mich, dass die Möglichkeit der Schaffung des Binnenmarkts existiert, dass sie dank den Verbrauchern existiert, und dass diese Tatsache zur Kenntnis genommen wurde. Natürlich sage ich nicht, dass wir bereits in einem solchen Markt agieren. Den Verbrauchern fehlt noch immer das nötige Wissen, um die vorteilhaftesten Angebote herauszusuchen, und manche Unternehmen enthalten diese Informationen den Verbrauchern vor. Außerdem berücksichtigen Dienstleister häufig selbst die Verbraucherinteressen in nicht ausreichendem Maße.
Daher gilt es, dafür zu sorgen, dass die Verbraucherrechte gewahrt werden, dass die Verbraucher ein Recht auf vollständige, verständliche, einfache und leicht zu vergleichende Informationen haben, und dass dieses Recht von den Unternehmen und Gesetzgebern respektiert wird. Nicht minder kommt es darauf an, dass die Verbraucher über ihre Rechte informiert sind und über die vorhandenen Instrumente aufgeklärt werden, die ihnen dabei helfen, Entscheidungen in einem freien Markt zu treffen. In dieser Hinsicht spielen Verbraucherverbände eine große Rolle. Ebenso wenig dürfen wir vergessen, dass die Verteidigung der Verbraucherrechte und die Möglichkeit ihrer wirksamen Durchsetzung von größter Bedeutung für das einwandfreie Funktionieren des Marktes sind. Wie der Berichterstatter darlegt, darf die Verteidigung des Verbrauchers jedoch nicht als Entschuldigung für Marktprotektionismus dienen. Unsere Aufgabe besteht darin, die richtige Balance beim Verbraucherschutz zu finden, damit kein Hemmnis für die Unternehmensentwicklung entsteht.
Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Ich begrüße den Bericht der Kommission über die verbraucherpolitische Strategie der EU und danke Ihnen, Frau Kommissarin Kuneva, für Ihre Bemühungen um die Förderung einer Verbraucherkultur auf der Grundlage einer Sensibilisierung der Verbraucher und eines besseren Zugangs zu Informationen.
Wie ich meine, bilden starke und unabhängige Verbraucherverbände das Rückgrat einer wirksamen Verbraucherpolitik, und ich freue mich, dass Herr Lehtinen in seinem Bericht die Änderungen aufgenommen hat, die ich in Ziffer 7 vorgeschlagen habe, wo das Parlament die Kommission und die Mitgliedstaaten auffordert, angemessene Finanzmittel für die Verbraucherorganisationen bereitzustellen. Dies betrifft in erster Linie die finanzielle Förderung von Intensivlehrgängen für Mitglieder von Verbraucherverbänden. Die Verbraucherorganisationen kennen die Bedürfnisse der Verbraucher am besten und sollten daher zu allen Bereichen der Verbraucherpolitik, die sich auf die Verbraucher auswirken, konsultiert werden.
Ich befürworte voll und ganz die beiden Änderungsanträge, die von meiner Fraktion, der PPE-DE, zu Ziffer 40 des Berichts eingereicht wurden, in der es um Sammelklagen geht. Nur wenn in der Folgenabschätzung ein entsprechender Bedarf festgestellt wird, sollte die Kommission einen europäischen Rahmen vorschlagen, der allen Verbrauchern in allen Mitgliedstaaten einen einfachen Zugang zu verschiedenen Rechtsschutzmechanismen bei grenzüberschreitenden Beschwerden verschafft.
Silvia-Adriana Ţicău (PSE). – (RO) Im Zusammenhang mit der Verbraucherschutzstrategie der Europäischen Union möchte ich auf die Bedeutung der Qualität von Dienstleistungen und Produkten hinweisen. Auch wenn die Verbraucher es schon gewohnt sind, sich bei Produktmängeln an Verbraucherschutzzentralen zu wenden, ist das bei Dienstleistungen nicht der Fall. Häufig unterzeichnen Verbraucher Dienstleistungsverträge, ohne die Vertragsbestimmungen aufmerksam zu lesen, und falls sie sie doch aufmerksam lesen, glauben sie, dass sie keine Änderungen fordern können. In der Tat befinden sie sich nicht in der gleichen starken Verhandlungsposition wie die Dienstleister, jedoch könnten sie durch Einwände bewirken, dass sich der Inhalt von Verträgen verbessert und mehr Vertrauen geschaffen wird.
Ich möchte auf die Notwendigkeit des Schutzes von Touristen und Passagieren in Bezug auf die Einhaltung ihrer Rechte aufmerksam machen, die leider viele von ihnen nicht kennen und nicht geltend machen. Besondere Beachtung sollte auch den elektronischen Dienstleistungen geschenkt werden. Das Vertrauen der Verbraucher in digitale Dienste ist für die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union und insbesondere für die Entwicklung einer wissensbasierten Wirtschaft von wesentlicher Bedeutung.
Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass wir auch über die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen und über den Verbraucherschutz in dieser Beziehung reden müssen.
Magor Imre Csibi (ALDE). – (RO) Zunächst einmal möchte ich Herrn Lehtinen zu seinem schlüssigen Bericht beglückwünschen. Dennoch möchte ich eine Anmerkung zu Ziffer 35 des Berichts machen. Darin geht es um die Einsetzung eines Europäischen Bürgerbeauftragten für Verbraucherbelange im Amt des Europäischen Bürgerbeauftragten. Meines Erachtens zieht dieser Vorschlag ein recht kompliziertes und nicht sehr effizientes Verfahren nach sich.
Zunächst einmal wären für die Einrichtung einer solchen Stelle finanzielle Mittel erforderlich. Wir müssten die Mittel zwischen den europäischen Verbraucherschutzzentralen und dem möglichen neuen Bürgerbeauftragten neu aufteilen. Zweitens würde die Bürokratie auf der Ebene der Europäischen Union zunehmen. Nicht zuletzt käme es zu einer Überschneidung der Aufgaben des neu eingesetzten Bürgerbeauftragten und der europäischen Verbraucherschutzzentralen. Ich bin nicht der Ansicht, dass ein neues Instrument mehr Effizienz bei der Bearbeitung der Beschwerden europäischer Verbraucher bewirken würde. Wie ich meine, würde jedoch eine effiziente und gründliche Umsetzung der Rechtsvorschriften die Unzufriedenheit mit dem Funktionieren des Binnenmarktes verringern.
Abschließend ersuche ich die Vertreter der Europäischen Kommission, Ziffer 7 zu berücksichtigen, in der wir die Bereitstellung angemessener Finanzmittel für die Verbraucherschutzorganisationen in der gesamten Europäischen Union fordern.
Zuzana Roithová (PPE-DE). – (CS) Herr Präsident! Die Globalisierung unseres Marktes verlangt zwingende, klare und leicht durchsetzbare Verbraucherrechte, und ich freue mich, dass die Kommission in diesem Bereich sehr erfolgreiche Anstrengungen unternimmt. In meinem Bericht vom Vorjahr habe ich darauf hingewiesen, dass das Vertrauen der Verbraucher in den elektronischen Geschäftsverkehr durch Musterverträge und bessere Mechanismen zum Umgang mit Beschwerden sowie durch das Europäische Vertrauenssiegel und die Europäische Charta erhöht werden könnte. Ich denke jedoch nicht, dass ein Europäischer Bürgerbeauftragter für Verbraucherbelange für uns eine große Hilfe wäre. Wir müssen stattdessen die finanzielle Förderung der vorhandenen Verbraucherorganisationen und Aufsichtsorgane in den Mitgliedstaaten verstärken, denn das sind die Stellen, die immer öfter die unsicheren Produkte aus Asien wie Spielzeug, Kinderschuhe und Sportgeräte ausfindig machen. Die Bürger erwarten von uns, dass wir mit erfolgreicheren Mitteln für den Umgang mit grenzüberschreitenden Beschwerden aufwarten, worauf hier schon oft hingewiesen wurde. Dies ist ein weiterer Grund zur Harmonisierung der Vorschriften in den Mitgliedstaaten. Sammelklagen sind jedoch problematisch. Sie mögen gut für die Anwälte sein, sind jedoch häufig sehr kostspielig für die Verbraucher oder Dienstleister. Ich begrüße daher die Absicht der Kommission, zunächst die Ergebnisse des deutschen bzw. britischen Modells auswerten zu wollen und erst dann das mögliche weitere Vorgehen zu prüfen und sich nicht von den Sozialdemokraten in eine Sackgasse drängen zu lassen. Unserem Berichterstatter und der Kommission möchte ich für ihren Einsatz zur Reform der Verbraucherpolitik meinen Dank aussprechen.
Evelyne Gebhardt (PSE). – Herr Präsident! Ich möchte meinem Kollegen Malcolm Harbour eine Freude machen. Ich werde morgen mein rotes Kostüm anziehen, um Ihnen dann zu zeigen, dass die rote Ecke tatsächlich weiß, was sie will. Das ist nämlich der Unterschied zwischen dem, was wir auf der linken Seite wollen, und dem, was die rechte Seite so anstellt, nämlich hinter großen schwarzen Schwaden verstecken, dass sie den Verbraucherschutz als solchen eigentlich gar nicht haben will, sondern dass ihr vor allem an den Interessen der Industrie gelegen ist. Es ist gut, wenn das auch einmal ganz klar wird.
Meglena Kuneva, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Soweit ich weiß, habe ich nur zwei Minuten zur Verfügung. Ich wünschte, ich hätte mehr Redezeit. Ich hoffe sehr, dass ich die Diskussion über Verbraucherfragen mit Ihnen allen, sofern Sie Zeit und Interesse haben, fortsetzen kann. Darüber würde ich mich sehr freuen, denn ich habe selbst zu dieser späten Stunde eine Vielzahl von Anregungen erhalten.
Ich möchte die politische Verpflichtung abgeben, dass ich mich auch künftig der Probleme im Zusammenhang mit der nachhaltigen Entwicklung annehmen und mich mit der CEE und der Richtlinie über allgemeine Produktsicherheit befassen und prüfen werde, ob sie einander ergänzen können. Natürlich werde ich auch die Arbeiten zum digitalen Leitfaden fortsetzen, der Thema eines der ersten Gespräche war, die ich mit Frau Roithová geführt habe. Ich arbeite natürlich mit meinen Kommissionskollegen zusammen. Dieses Portfolio nimmt immer umfassendere Züge an und überschneidet sich mit anderen Portfolios. Doch ich glaube, dass das auch das Schöne an diesem Portfolio ist.
Es gibt also viele Dinge. Sie werden mir sicher alle zustimmen, wenn ich sage, dass wir den Schwerpunkt stärker auf die Rechte der Verbraucher legen müssen, wenn wir den Binnenmarkt vollenden wollen. Nur so kann der zweite Abschnitt des Binnenmarktes unter Dach und Fach gebracht werden. Wenn wir mit unserem Anzeiger gut vorankommen, dann wird er meines Erachtens zu einem Überblick über den Binnenmarkt beitragen, und wir werden bereits eine recht umfassende Vorstellung davon haben, wie der europäische Binnenmarkt funktioniert.
Besonders beeindruckt haben mich die Ausführungen von Frau Dahl – schade, dass sie nicht mehr anwesend ist –, die sagte, dass dies ihr erster Beitrag ist. Ein Wort zum so genannten Wettlauf nach unten. Wenn wir gemeinsame Vorschriften für die gesamte Europäische Union haben und nicht nur die Verbraucher jeweils auf nationaler Ebene schützen, dann geht es nicht um Gewinner oder Verlierer, es sei denn, der Gewinner ist der Verbraucher.
Wir haben vor Jahren mit der Verbesserung des Umfeldes für die Unternehmen begonnen, und das war ein richtiger Schritt. Doch wenn man die europäische Wirtschaft entwickelt, muss man auch bedenken, dass die Unternehmen auf Verbraucher angewiesen sind, und es ist ganz klar, dass es auch in Bezug auf die Verbraucher gilt, Engpässe zu überwinden, so dass man überall problemlos leben kann, beispielsweise als Schwede in Brüssel. Wir müssen dieselben Rechte haben. Wie müssen beim Einkauf im Internet und bei anderen Formen des Fernabsatzes alle dieselben Rechte haben.
Ich möchte etwas zum kollektiven Rechtsschutz sagen. Ich habe Ihnen allen sehr genau zugehört. Dazu möchte ich feststellen, dass es bei der Hälfte von unseren zehn Benchmarks, die wir verteilt und diskutiert und zu denen wir über 300 Stellungnahmen erhalten haben, darum ging, riesige Entschädigungen und kostspielige Verfahren zu vermeiden. Also bei mindestens fünf dieser Benchmarks geht es darum, zusätzliche Kosten zu verhindern.
Meines Erachtens sollten wir unvoreingenommen vorgehen und jegliches Dogma vermeiden, und diesbezüglich würde ich um Ihre Unterstützung bitten. Außerdem möchte ich Ihnen mitteilen, dass wir eine Mitteilung vorbereiten. Deshalb führen wir auch keine Studie zu den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen durch, wie wir das für alle unsere Legislativvorschläge tun. Aber der Vorbereitungsprozess ist sehr umfangreich. So haben wir zwei sehr gründliche vergleichende Studien eingeleitet.
Wir werden noch in diesem Monat drei große Konferenzen für Stakeholder durchführen, an denen Unternehmen, Verbraucher und Wissenschaftler teilnehmen werden, und dazu möchte ich Sie einladen. Unsere Dienststellen werden für die Workshops vier Plätze für Vertreter des Europäischen Parlaments bereitstellen. Die Ergebnisse dieser drei Veranstaltungen werden veröffentlicht werden. Wir werden sie auf unseren Webseiten veröffentlichen und die Öffentlichkeit nach besten Kräften informieren, und natürlich werde ich Ihnen für Gespräche über Ihre Hoffnungen und Befürchtungen zur Verfügung stehen.
Abschließend möchte ich mich bei Ihnen bedanken und feststellen, dass heute vielleicht zum ersten Mal fast niemand sagte, Europa wird eine Sammelklage anstreben. Das halte ich für ein positives Zeichen.
Lasse Lehtinen, Berichterstatter. − (EN) Herr Präsident! Ich möchte mich bei allen meinen Kollegen, die sich heute Abend geäußert haben, bedanken, und natürlich danke ich Frau Kuneva für ihre konstruktive Haltung, die uns seit ihrem Amtsantritt vertraut ist.
Ich habe einige Anmerkungen zu machen. Frau Kauppi erwähnte den Bereich der Finanzdienstleistungen. Der immer größer werdende Bereich der grenzüberschreitenden Bank- und Versicherungsgeschäfte und der Vermögensverwaltung mit seinen z. T. sehr komplexen Instrumenten stellt ein wachsendes Problem dar. Die Vorschriften verwirren die Verbraucher bereits auf nationaler Ebene. Deshalb glaube ich, das wir auch in diesem Bereich ein grenzübergreifendes System des kollektiven Rechtsschutzes brauchen, weil dies die Finanzinstitutionen veranlassen wird, bei der Erläuterung der Rechte und Risiken gegenüber den Verbrauchern verantwortungsbewusster und sorgfältiger vorzugehen.
Wir alle kennen die traurigen Zahlen, aus denen hervorgeht, dass die Bürger in den Mitgliedstaaten aufgrund ihres mangelnden Vertrauens Bedenken bezüglich des grenzüberschreitenden Erwerbs von Waren und Dienstleistungen haben. Aber ich bin überzeugt davon, dass es uns gelingen wird, das Vertrauen der europäischen Verbraucher zu stärken, wenn wir diese gute Atmosphäre, in der wir diesen Bericht im Parlament und mit der Kommission diskutiert haben, beibehalten können.
Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Dienstag, dem 20. Mai 2008, statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Gábor Harangozó (PSE), schriftlich. – (EN) Wir begrüßen die laufenden Bemühungen um die Einbeziehung des Verbraucherbewusstseins als notwendige Grundlage für die wirksame Umsetzung des bestehenden Rechtsrahmens für den Verbraucherschutz, und zwar insbesondere im Hinblick auf die schutzbedürftigsten Bevölkerungsgruppen.
Es ist nicht nur so, dass ein umfassenderer Rechtsrahmen für Verbraucherrechte erforderlich ist, sondern wir müssen uns bei der Vollendung des Binnenmarktes und der Schaffung der entsprechenden Standards auch ernsthaft um die Berücksichtigung der Verbraucherinteressen bemühen. Es liegt auf der Hand, dass ein stärkeres, EU-weit wirksames einheitliches Verbraucherschutzsystem im Interesse aller Bürger ist. Die Vollendung des Binnenmarktes bietet Gelegenheit, Harmonisierungsmaßnahmen durchzuführen und die Probleme in Angriff zu nehmen, denen sich die Verbraucher in ihrem Alltag gegenübersehen. Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei Sektoren gelten, die mit dem neuen digitalen Umfeld in Verbindung stehen.
Ein guter Verbraucher ist ein Verbraucher, der seine Rechte kennt und weiß, wie er sie rechtmäßig durchsetzen kann. Wir sollten innerhalb der Gemeinschaft eine echte Verbraucherkultur entwickeln, die Teil unseres Bildungssystems ist, und Verbraucherorganisationen systematisch in die Konsultationen und den Dialog mit der Industrie einbeziehen. Deshalb begrüßen wir die Forderung nach Einsetzung eines besonderen Europäischen Bürgerbeauftragten für Verbraucherbelange im Amt des Europäischen Bürgerbeauftragten. Dies sollte von Land zu Land geprüft werden.
Roselyne Lefrançois (PSE), schriftlich. – (FR) Ich möchte den Bericht von Herrn Lehtinen, der den Verbraucherschutz in den Mittelpunkt der Bemühungen um die Vollendung des Binnenmarktes rückt, ausdrücklich begrüßen.
Dieser Bericht unterstreicht, dass ein hohes Niveau in Bezug auf den Schutz aller Verbraucher in der Europäischen Union nur mit einem horizontalen Ansatz zu erreichen ist, d. h. mithilfe sektorspezifischer Richtlinien zur Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, und verweist ferner mit Nachdruck auf die erforderliche Stärkung des Vertrauens eben dieser Verbraucher. Dies setzt vor allem voraus, dass die Sicherheit aller im Umlauf befindlichen Produkte und die Sicherheit sämtlicher im Rahmen des grenzüberschreitenden Handels mit Dienstleistungen oder im Rahmen des E-Handels erfolgenden Transaktionen gewährleistet ist.
Zudem nehme ich mit Befriedigung zur Kenntnis, dass im Bericht vorgeschlagen wird, die Einführung rascher und wirksamer Rechtsmittel für die Verbraucher auf europäischer Ebene zu untersuchen. Die Schaffung von Systemen zur außergerichtlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten würde ebenso wie die Anpassung bestimmter Rechtsmittel, beispielsweise der in einigen Mitgliedstaaten bereits existierenden Sammelklagen, an die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften diesen Erwartungen gerecht werden.
Gleichzeitig wäre es aus meiner Sicht angebracht, die Vorteile und Grenzen derartiger Regelungen im Lichte der unterschiedlichen einzelstaatlichen Erfahrungen eingehender zu untersuchen.
Vincent Peillon (PSE), schriftlich. – (FR) Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass die Europäische Kommission in ihrem Vorschlag zur verbraucherpolitischen Strategie der EU für den Zeitraum von 2007 bis 2013 den Schutz der europäischen Verbraucher zu einem ihrer vorrangigen Anliegen erklärt hat.
Ebenso möchte ich meinem finnischen Kollegen von den Sozialdemokraten, Lasse Lehtinen, für seine ausgezeichnete Arbeit und für die wichtigen Beiträge, die er in seinem Bericht leistet, danken.
Ich begrüße seine Vorstellung von einem horizontalen Ansatz auf Gemeinschaftsebene, denn es ist wichtig, dass die Interessen der Verbraucher in allen Politikbereichen der Union Berücksichtigung finden. Des Weiteren unterstütze ich seinen Wunsch, die Rolle der Verbraucherorganisationen bei der Ausarbeitung von europäischen Vorschriften zu stärken, sowie seinen Vorschlag, den Schutz von besonders anfälligen Personen, insbesondere von Jugendlichen und älteren Menschen, durch mehr gezielte Informationskampagnen zu verbessern.
Zudem spreche ich mich mit Nachdruck für die Schaffung eines europäischen Systems von Sammelklagen aus, das es den Verbrauchern in verschiedenen Mitgliedstaaten ermöglichen würde, ihre Ansprüche gemeinsam vor Gericht geltend zu machen und Rechtsmittel einzulegen, wobei jedoch die Fallstricke des amerikanischen Modells vermieden werden müssen. Daher hoffe ich, dass sich unser Parlament trotz des Widerstands der Konservativen für dieses europäische Sammelklagesystem aussprechen wird.
Katrin Saks (PSE), schriftlich. – (ET) Ich möchte dem Berichterstatter, Herrn Lehtinen, für die Arbeit danken, die er bei der Erstellung des Berichts geleistet hat.
Eines der wichtigsten Ziele der von der Kommission vorgeschlagenen verbraucherpolitischen Strategie besteht darin, den Verbraucherschutz zum Dreh- und Angelpunkt des europäischen Binnenmarktes zu entwickeln.
Ich möchte betonen, dass es sich dabei um genau das Mittel handelt, mit dem wir in der Lage sein werden, die bestmöglichen Bedingungen für unsere Verbraucher zu schaffen und den Zielen der Europäischen Union einen bedeutenden Schritt näher zu kommen.
Wie können wir das erreichen? Die Verbraucher müssen Zugang zu genauen Informationen haben, auf deren Grundlage sie ihre Entscheidungen treffen können. Ein informierter Verbraucher ist auch ein aktiverer Verbraucher! Ein gut funktionierender Binnenmarkt muss den Bürgern gute Optionen und angemessene Preise sowie die Möglichkeit bieten, qualitativ hochwertige Waren und Dienstleistungen zu kaufen.
Ein weiteres wichtiges Problem sind Sammelklagen, die in Estland im Gegensatz zu einigen unserer Nachbarländer nicht eingebracht werden können. Ich glaube allerdings nicht, dass dies für unsere Verbraucher von Vorteil ist. Ganz im Gegenteil.
Wichtig ist, von den Erfahrungen anderer zu lernen: Schadenersatzklagen müssen im Verhältnis zum tatsächlich erlittenen Schaden stehen. Gleichzeitig müssen die Verbraucher in der Lage sein, sich auf ihre Rechte zu berufen; sie sollten nicht gezwungen sein, auf sie zu verzichten, weil sie nicht über die Ressourcen verfügen, um die Anbieter von Waren und Dienstleistungen in anderen Ländern gerichtlich zu belangen.
Unsere klaren Formulierungen schützen die Interessen der Verbraucher in dieser Hinsicht, und ich glaube, dass sich Sammelklagen zu einem ganz wichtigen grenzüberschreitenden Erfordernis entwickelt haben.
28. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll