Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt eine Aussprache über
die mündliche Anfrage an den Rat über ein Weltweites Abkommen über ein Verbot von Uranwaffen von Elly de Groen-Kouwenhoven, Angelika Beer und Carolina Lucas im Namen der Verts/ALE-Fraktion, Luisa Morgantini im Namen der GUE/NGL-Fraktion, Annemie Neyts-Uyttebroeck im Namen der ALDE-Fraktion, Ana Maria Gomes im Namen der PSE-Fraktion, Ģirts Valdis Kristovskis im Namen der UEN-Fraktion, Karl von Wogau und Stefano Zappalà im Namen der PPE-DE-Fraktion (O-0029/2008/rev – B6-0153/2008)
und
die mündliche Anfrage an die Kommission über ein Weltweites Abkommen über ein Verbot von Uranwaffen von Elly de Groen-Kouwenhoven, Angelika Beer und Carolina Lucas im Namen der Verts/ALE-Fraktion, Luisa Morgantini im Namen der GUE/NGL-Fraktion, Annemie Neyts-Uyttebroeck im Namen der ALDE-Fraktion, Ana Maria Gomes im Namen der PSE-Fraktion, Ģirts Valdis Kristovskis im Namen der UEN-Fraktion, Karl von Wogau und Stefano Zappalà im Namen der PPE-DE-Fraktion (O-0030/2008/rev – B6-0154/2008).
Elly de Groen-Kouwenhoven, Verfasserin. − (EN) Frau Präsidentin! Im Dezember 2007 hat die UN-Vollversammlung mit überwältigender Mehrheit eine Resolution verabschiedet, in der Untersuchungen zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Uranwaffen auf Zivilisten und Soldaten gefordert wurden.
Wir beglückwünschen Deutschland, Irland und Italien als die einzigen NATO-Länder, die die UN-Resolution unterstützt haben. Der Grund für diese Unterstützung liegt sicher darin, dass viele ihrer Soldaten mit tödlichen Krankheiten zurückgekehrt sind und/oder später Kinder mit schweren Fehlbildungen hatten. Wir appellieren deshalb an die anderen EU-Länder, ihrem Beispiel zu folgen und entsprechend der Forderung der Vereinten Nationen Gesundheitsberichte vorzulegen.
Depleted Uranium oder abgereichertes Uran ist auf dem Balkan, im Irak und in Afghanistan zum Einsatz gekommen. Abgereichertes Uran ist ein Abfallprodukt, aus dem man sehr billig Waffen herstellen kann. Die weltweiten Bestände werden auf 1,3 Millionen Tonnen geschätzt. Schon weit weniger als ein Mikrogramm im Körper kann tödlich sein. Neben der Strahlungsbelastung ist abgereichertes Uran auch chemisch toxisch. Niemand informiert die Truppen oder die Bevölkerung der Länder, in denen DU-Waffen eingesetzt werden. Die letzten Gutachten der Experten der Weltgesundheitsorganisation zu den schädlichen Wirkungen von abgereichertem Uran wurden zensiert.
Wir verlangen, dass die EU ihre Bürger und die Bevölkerung der betroffenen Länder informiert. Wir rufen die Kommission und den Rat auf sicherzustellen, dass möglichst bald ein weltweites Abkommen geschlossen wird.
Um genaue Erkenntnisse zu dieser Angelegenheit zu gewinnen, ist es für die Kommission und den Rat höchste Zeit, Zugang zu allen vorhandenen Berichten zu gewähren und weitere Untersuchungen in die Wege zu leiten, wie es das Parlament seit 2001 fordert. Inzwischen bekräftigen wir unseren Aufruf, den Einsatz von abgereichertem Uran gemäß dem Vorsorgeprinzip zu verbieten.
Annemie Neyts-Uyttebroeck, Verfasserin. − (NL) Der Kampf für ein weltweites Verbot von Waffen und Munition, die abgereichertes Uran enthalten, ist Teil unseres allgemeinen Kampfes für Rüstungskontrolle und Abrüstung. Unsere besondere Aufmerksamkeit gilt Waffen und Munition, die für die Zivilbevölkerung äußerst gefährlich und schädlich sind und von denen auch lange nach dem Ende des Konflikts eine Gefahr ausgeht, wie zum Beispiel Landminen, Streubomben und Waffen mit abgereichertem Uran. Ich weiß, es mag ein wenig ironisch klingen, wenn ich von Waffen spreche, die gefährlicher und schädlicher sind als andere, aber so ist es nun einmal. Deshalb konzentrieren wir uns auf jene mit den schlimmsten Folgen für die unschuldigen Zivilbevölkerungen.
Im November 2006 forderte unser Parlament ein Moratorium für diesen Waffentyp, sprich Waffen, die abgereichertes Uran enthalten. Mein Heimatland, Belgien, verabschiedete im vergangenen Jahr nicht nur ein Gesetz über ein solches Moratorium, sondern auch über ein tatsächliches Verbot jedweder Verwendung von Uranwaffen, und ich denke, darauf kann ich ein wenig stolz sein. Nunmehr möchte ich von der Kommission und dem Rat wissen, was sie zu tun gedenken, um dieses Moratorium zu verallgemeinern und ein generelles Verbot zu unterstützen.
Darüber hinaus, und meine Vorrednerin ist ausführlich darauf eingegangen, scheinen Uranwaffen auch schädliche Folgen für die Soldaten zu haben, die sie verwenden oder ihrer Verwendung ausgesetzt sind. Selbst wenn es noch nicht vollkommen sicher sein mag, ist der Rat trotzdem gut beraten, dafür Sorge zu tragen, dass die an den Operationen im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik beteiligten Soldaten und anderen Mitarbeiter derartigen Risiken nicht ausgesetzt sind. Deshalb darf ich den Rat fragen, welche konkreten Maßnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass die an solchen Operationen teilnehmenden Soldaten und Mitarbeiter derlei Gefahren nicht ausgesetzt sind und dass die Bevölkerung in den Gebieten, in denen solche Einsätze stattfinden, damit ebenso wenig in Berührung kommt. Für eine Antwort wäre ich Ihnen dankbar.
Ana Maria Gomes, Verfasserin. − (PT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! In einem kürzlich an The Times in London gerichteten Brief haben neun ehemalige Militärkommandeure die Regierung des Vereinigten Königreichs aufgefordert, sich auf die Seite derer zu stellen, die für ein Verbot von Streumunition kämpfen. Sie argumentierten dabei wie in Bezug auf Antipersonenminen: Wie nützlich eine Waffe kurzfristig auch sein mag, in der militärischen Logik rechtfertigt allein Tatsache, dass sie längerfristig wahllos Schaden anrichtet, dass sie von verantwortungsvollen Streitkräften nicht mehr eingesetzt wird.
Dieselbe Logik gilt für Munition mit abgereichertem Uran. Die Europäische Organisation der Militärverbände (EUROMIL) befasst sich intensiv mit diesem Thema, und ihr Standpunkt, der auf den Informationen von Militärpersonal aus ganz Europa beruht, ist kategorisch: DU-Munition gehört möglichst rasch abgeschafft.
Das Europäische Parlament hat sich bereits für ein vollständiges Verbot dieser Waffen ausgesprochen, und die im Dezember letzten Jahres verabschiedete UNO-Resolution, mit der das Thema DU-Waffen und –Munition auf die Tagesordnung der 63. Sitzung der UN-Vollversammlung gesetzt wurde, hat bekräftigt, dass das Europäische Parlament das Recht hat, bei dieser Debatte über Abrüstung und humanitäres Recht eine Vorreiterrolle zu übernehmen und den Rat gleichfalls dazu aufzufordern.
Die „Gegenargumente“ der Skeptiker unter uns ziehen nicht. Allein aus Gründen der Vorsicht ist die Ächtung dieser Waffen schon geboten, bevor die umfangreichen Indizien für ihre wahllos schädigende und krebserzeugende Wirkung durch unwiderlegbare wissenschaftliche Beweise ersetzt werden.
Was werden uns die Menschen (darunter auch die, die heute skeptisch sind) in zehn Jahren sagen, wenn die schädlichen Wirkungen dieser Waffen, ganz klar feststehen, wir aber in der Zwischenzeit nichts getan haben, um sie aus dem Verkehr zu ziehen? Wohl dasselbe, was sie heute bei den Antipersonenminen sagen, nämlich: „Wie konnten Sie bloß solange warten?“
Ģirts Valdis Kristovskis, Verfasser. – (LV) Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich betonen, dass ich mein Land – Lettland – aufrufe, die UNO-Resolution vom Dezember 2007 zu unterzeichnen. Zweitens fordere ich den Hohen Vertreter auf, eine begründete Stellungnahme zu der in dieser Resolution enthaltenen Initiative vorzulegen. Drittens fordere ich die Europäische Union auf sicherzustellen, dass zwischen den Mitgliedstaaten Informationen über die Arten von Munition weitergegeben werden, die bei Operationen zum Einsatz kommen können.
Ich habe meine eigenen Erfahrungen mit abgereichertem Uran gemacht, denn ich war fünfeinhalb Jahre lang lettischer Verteidigungsminister. Während meiner Amtszeit trat Lettland der Koalition der USA im Irakkrieg bei. Damals kam bei mehreren Gelegenheiten der Verdacht auf, dass im Irak abgereichertes Uran eingesetzt wurde. Die internationale Gemeinschaft hat scharf darauf reagiert. Die lettischen Truppen haben keine AU-Munition eingesetzt. Von mir wurde jedoch in Lettland einige Monate lang gefordert, als einer der Minister der Koalition die politische Verantwortung für diese Ereignisse zu übernehmen. Leider war ich als Koalitionsminister nicht über den Einsatz von abgereichertem Uran informiert. So etwas ist nicht akzeptabel. Zum einen müssen sich die EU-Mitgliedstaaten ernsthaft mit der Frage befassen, ob sie diese Art von Munition in ihren Waffenarsenalen brauchen. Darüber hinaus muss die Europäische Union dafür sorgen, dass die Mitgliedstaaten zum Austausch von Informationen über einen möglichen Einsatz von abgereichertem Uran bei Operationen verpflichtet sind. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Die Präsidentin. − Herr Kristovskis, ich habe Sie nicht unterbrochen, weil Ihr Bericht als Minister Lettlands äußerst wichtig war, doch mache ich Sie darauf aufmerksam, dass Sie Ihre Redezeit deutlich überschritten haben.
Stefano Zappalà, Verfasser. − (IT) Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vieles wurde in der Vergangenheit zu diesem Thema gesagt, und leider muss meines Erachtens auch noch viel darüber gesagt werden, ehe eine endgültige Lösung gefunden wird; meine Kollegen haben bereits darauf hingewiesen und es sehr gut dargelegt.
Einige Mitgliedstaaten haben Maßnahmen erlassen, die die Herstellung und jegliche Verwendung dieser Waffenart zu kommerziellen oder kriegerischen Zwecken verbieten. Es gab mehrere Forderungen dieses Parlaments, es gibt Unterlagen in Form von Fotos und Zeugenaussagen, und es gibt handfeste Gründe für die Annahme, dass italienische Militärangehörige aufgrund der Exposition gegenüber solchen Waffen gestorben sind.
Es gibt eine UNO-Resolution, in der allgemeine Besorgnis zum Ausdruck gebracht wurde, und es wurden mehrere Forderungen nach gründlicheren Untersuchungen dieser Thematik erhoben. Es gilt das Vorsorgeprinzip, das, im Einklang mit dem EU-Recht, zur Verhängung eines allgemeinen Moratoriums führen müsste, das mindestens so lange gelten sollte, bis gesicherte wissenschaftliche Daten vorliegen.
Doch nichts von alledem hat bisher die erhofften Ergebnisse gebracht. Abgereichertes Uran wird weiterhin auf Kriegsschauplätzen in ländlicher und städtischer Umgebung eingesetzt. Es besteht kein Zweifel, dass die chemische Substanz durch den Boden in das Grundwasser und in die Feldfrüchte gelangt, und deshalb steht außer Frage, dass Partikel von abgereichertem Uran, die in Kontakt mit dem Boden kommen, sich im Untergrund verstreuen und Trinkwasser sowie Agrarerzeugnisse verseuchen, was offenkundig zur Verbreitung von Krankheiten unter der exponierten Bevölkerung und – wenngleich in abgeschwächter Form – durch den Wasserkreislauf und die Elemente, speziell in einem immer umfassenderen globalen Marktsystem, im Weltmaßstab führt.
Es liegen zugegebenermaßen noch keine endgültigen Studien als Beweis für diese Gefährlichkeit vor, doch lässt sich nicht leugnen, dass die uns heute bekannten Parameter die Existenz dieser Gefahr nicht ausschließen. Allein diese Erwägung muss die fortgeschrittenen Demokratien dazu veranlassen, das Thema eingehender zu untersuchen und Entscheidungen zu treffen.
Insbesondere die Europäische Union darf meines Erachtens nicht weiterhin untätig bleiben. Die Union hat klare Pflichten gegenüber ihren Mitgliedstaaten, sie hat klare Pflichten gegenüber der übrigen Welt, klare Pflichten gegenüber ihren Bürgern. Die Union verfügt über wirtschaftliche Ressourcen, die sie nutzen kann, und sie unterliegt keinen Beschränkungen in Bezug auf die Wissenschaft und die verfügbaren Labors. Nichts zu unternehmen ist zweifellos das Ergebnis einer Wahl, und nicht eines Mangels an Ressourcen und Mitteln.
In Anbetracht all dessen wird klar, dass sich Rat und Kommission verpflichten müssen, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Bürger, seien sie nun Zivilisten oder Militärangehörige, nicht in Gebiete der Welt geschickt werden, wo diese Art von Munition verwendet wird oder wurde, und dass sie darüber hinaus nicht umhin können, jede erdenkliche Initiative zu ergreifen, um vorerst ihre Herstellung und Verwendung anzupassen und dann, im Lichte der wissenschaftlichen Ergebnisse, ihre vollständige Ächtung und endgültige Vernichtung vorzubereiten.
Das ist es, was wir fordern, wobei wir hoffen, dass Rat und Kommission ihr Verantwortungsbewusstsein in der Praxis unter Beweis stellen, denn das ist kein schwammiges politisches Problem, sondern eine Frage der öffentlichen Gesundheit.
Janez Lenarčič, amtierender Ratspräsident. − (SL) Vielen Dank, Frau Präsidentin! Im Namen des Rates möchte ich den Abgeordneten auch dafür danken, dass sie die Frage bezüglich des weltweiten Verbots bzw. des weltweiten Abkommens über ein Verbot von Uranwaffen aufgeworfen haben.
Natürlich dürfte den Abgeordneten bekannt sein, dass so ein Abkommen noch nicht existiert. Es gibt kein Abkommen, das auf internationaler Ebene den Umgang mit Waffen, die abgereichertes Uran enthalten, regelt. Dass es dazu keine Einstimmigkeit innerhalb des Rates gibt, das ist auch bekannt.
Eine Debatte über die Auswirkungen von Waffen, die abgereichertes Uran enthalten, fand vor kurzem bei den Vereinten Nationen statt, wo Ende letzten Jahres vom UN-Abrüstungskomitee eine Resolution mit dem Titel „Auswirkungen des Einsatzes von mit abgereichertem Uran gehärtetem Kriegsgerät und Munition” verabschiedet wurde. Wie bereits erwähnt, haben die EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich über diese Resolution abgestimmt. Ich würde sagen, sehr unterschiedlich: fünf stimmten dafür, vier dagegen, und alle anderen enthielten sich der Stimme. Meines Erachtens ist das eine ziemlich gute Illustration der gegenwärtigen Lage in der Welt.
Wenn Sie gestatten, werde ich jetzt versuchen, die gestellten Fragen kurz zu beantworten.
In Bezug auf die erste Frage im Zusammenhang mit der Entschließung des Europäischen Parlaments bezüglich biologischer Waffen und einiger Arten konventioneller Waffen möchte ich darauf hinweisen, dass die Europäische Union bei ihren internationalen Bestrebungen, das Übereinkommen über biologische und Toxinwaffen (BWÜ) umzusetzen, schon immer sehr aktiv war, ist und sein wird. Unter anderem hat die EU bei der Überprüfungskonferenz im Jahr 2006 eine bedeutende Rolle gespielt, und sie wird auch für die Dauer des Experten-Programms bis zur nächsten, für 2011 geplanten Überprüfungskonferenz aktiv sein.
Was das Abkommen über konventionelle Waffen betrifft, so nehmen sowohl die Europäische Union als auch ihre Mitgliedstaaten aktiv an den gegenwärtigen Verhandlungen teil, die auch eine Debatte über die humanitären Folgen von Streubomben beinhalten. Die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, durch Verhandlungen bis Ende des Jahres ein rechtlich bindendes Instrument zu entwickeln, das alle Aspekte von Streubomben berücksichtigt.
Bezüglich der zweiten Frage möchte ich erklären, dass bis jetzt Waffen, die abgereichertes Uran enthalten, nicht in der Strategie der Europäischen Union für Massenvernichtungswaffen enthalten sind. Im Moment ist eine Aussprache darüber im Gange, ob es überhaupt möglich ist, solche Munition in den Bereich der Massenvernichtungswaffen aufzunehmen. In der Tat sind einige der Meinung, dass abgereichertes Uran vom Übereinkommen über bestimmte konventionelle Waffen (CCW) abgedeckt wird; andere glauben, dass Protokoll Nr. 3, das Teil des Übereinkommens ist, ergänzt werden sollte, um das Thema Projektile und Sprengköpfe, die abgereichertes Uran enthalten, mit einzubeziehen. Kurz gesagt, die Diskussionen dauern noch an.
Bezüglich der dritten Frage möchte ich klar feststellen, dass bei von der Europäischen Union durchgeführten Operationen die Wahl der Militärausrüstung, einschließlich Munition, innerhalb des Aufgabengebietes der Mitgliedstaaten liegt, und aufgrund der Tatsache, dass wir kein multilaterales Abkommen zu diesem Thema haben, kann ich Ihnen keine zusätzlichen Informationen zum Einsatz von abgereichertem Uran zur Verfügung stellen.
In Erwiderung auf die vierte Frage zu Sicherheitsvorkehrungen für an Operationen der Europäischen Union beteiligte Soldaten und Zivilisten möchte ich darauf hinweisen, dass es der Befehlshaber des Einsatzes ist, der im Rahmen des vom Europäischen Rat befürworteten operativen Planes die Verantwortung für Sicherheitsvorkehrungen trägt und der jede Maßnahme, die er für notwendig erachtet, durchführen muss. Gleichzeitig muss er natürlich operative Einschränkungen berücksichtigen.
Bei jeder zivilen Mission der Europäischen Union liegt diese Verantwortung beim Leiter der Mission, die unter Führung des Befehlshabers der zivilen Operation steht.
Und zur letzten Frage bezüglich des Dialogs zwischen dem Europäischen Rat und den USA, Nichtregierungsorganisationen und Einzelpersonen kann ich nur sagen, dass bis jetzt das Thema weder im Dialog mit den Vereinigten Staaten aufgeworfen wurde – noch von Seiten der in der Frage erwähnten Parteien. Auf jeden Fall werde ich die weitere Debatte in dieser Angelegenheit mit Interesse verfolgen.
Vielen Dank.
Louis Michel, Mitglied der Kommission. – (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die im November 2006 angenommene Entschließung des Parlaments fordert die Europäische Union und die Mitgliedstaaten auf, sich dazu zu verpflichten, den Geltungsbereich von Protokoll III des Übereinkommens über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen zu erweitern, um der Anwendung von Munition mit abgereichertem Uran ein Ende zu setzen. Ich möchte das Hohe Haus daran erinnern, dass das Parlament zu Maßnahmen aufruft, die, wie Ihnen sicher bekannt ist, die Zuständigkeiten der Kommission überschreiten, da ja die Gemeinschaft keine Unterzeichnerin des Übereinkommens ist. Außerdem verfügen die Organe der Gemeinschaft aufgrund der Verträge über keine Zuständigkeiten im militärischen Bereich. Ich möchte trotzdem nicht den Eindruck erwecken, dass die Kommission den Problemen in Verbindung mit der Herstellung, Lagerung und Verwendung der unter das VN-Waffenübereinkommen fallenden Waffen oder in Verbindung mit der Frage von inhumanen Waffen im Allgemeinen gleichgültig gegenüber steht, ganz im Gegenteil.
Die Kommission engagiert sich voll und ganz für die Umsetzung eines im Vorjahr vom Rat angenommenen Gemeinsamen Aktionsplans zugunsten der Allgemeingültigkeit des VN-Waffenübereinkommens und seiner Protokolle. In diesem Jahr fanden drei Seminare statt, eines im März in Santo Domingo für Lateinamerika und die Karibik und zwei weitere vor einem Monat in Lomé für die Länder Afrikas. Nach Abschluss dieser Seminare hat die Dominikanische Republik schon ihre Bereitschaft signalisiert, sehr bald das Übereinkommen zu ratifizieren, und Surinam erklärte sich bereit, die für die Ratifizierung notwendigen Schritte zu ergreifen. Darüber hinaus unterstützt die Kommission die Umsetzung des Übereinkommens über das Verbot von biologischen Waffen und arbeitet auch noch an der Weiterverfolgung von Initiativen zur Schaffung eines neuen Instruments als Reaktion auf die humanitären Bedenken, die durch Streubomben aufgeworfen werden, sowohl im Rahmen des VN-Waffenübereinkommens als auch im Rahmen des Oslo-Friedensprozesses.
Die Kommission hat auch mit entsprechenden Maßnahmen auf die durch explosive Kampfmittel ausgelösten Probleme reagiert. So wurden zum Beispiel 2006 fünf Millionen Euro als Hilfe für die Beseitigung von explosivem Kriegsschrott im Libanon ausgegeben.
Was die zweite Frage betrifft, so lässt sich aufgrund der uns zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht bestätigen, dass Munition aus abgereichertem Uran (DU) eine signifikante Gefahr für die Gesundheit der Zivilbevölkerung in den betroffenen Kriegsgebieten oder für Militärpersonal, das in diesen Gebieten gedient hat oder noch dient, darstellt. Diese Ansicht spiegelt sich in den Ergebnissen der Umfragen wider, die von der UNO, der WHO, der IAEA (Internationale Atomenergieorganisation) sowie von einer durch die Europäische Kommission gemäß Artikel 31 des Euratom-Vertrags aufgestellten Expertengruppe durchgeführt wurden und Folgendes aussagen – ich zitiere: „Aufgrund der verfügbaren Informationen wird geschlussfolgert, dass die Belastung mit abgereichertem Uran keine nachweisbaren Wirkungen auf die Gesundheit hervorrufen könnte, wie aus realistischen Hypothesen in Bezug auf die angeblich aufgenommenen Dosen hervorgeht“. Die Kommission ist bereit, die Frage erneut zu prüfen. Sie wird auch weiterhin die Gesundheit ihrer Mitarbeiter gewährleisten, und sie wird sich bei Einsätzen unter Bedingungen, die eine potenzielle Belastung mit abgereichertem Uran mit sich bringen, an die Richtlinien der WHO halten.
Was den Dialog mit EUROMIL betrifft, so ist die Kommission selbstverständlich bereit, mit allen Vertretern der Zivilgesellschaft zu reden.
Was schließlich die letzten drei Fragen betrifft, hat die Kommission bis heute nicht vor, sich in diesen Bereichen finanziell zu engagieren.
VORSITZ: ADAM BIELAN Vizepräsident
Jana Hybášková, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (CS) Waffen, die abgereichertes Uran enthalten, stellen eine enorme Umweltbelastung dar. Das Argument, ihre schädliche Wirkung sei nicht nachgewiesen, ist für jeden, der die Folgen ihres verhängnisvollen Einsatzes mit eigenen Augen gesehen hat, völlig absurd. Schmutzige Bomben reißen die mehrere Zentimeter dicke Panzerung der meisten modernen Panzer in Stücke. Sie verfügen über eine gewaltige zerstörerische Kraft und sind gesundheitsschädigend. Sie töten gnadenlos. Der Handel mit diesen Waffen muss unbedingt eingestellt und ihre Produktion, ihr Einsatz und ihre Lagerung unterbunden werden. Das Parlament und die Europäische Union bauen die Europäischen Streitkräfte und die europäische Verteidigung schrittweise auf. Wir werden die künftigen Partner sowohl der NATO als auch der USA sein und müssen uns deshalb als glaubwürdig erweisen. Sich zu erheben und zu rufen „Ich fordere ein Moratorium für abgereichertes Uran“ ist einfach lachhaft. Gleichermaßen lächerlich ist die Forderung an den Rat, eine Wirkungsanalyse vorzubereiten. Erforderlich ist zunächst ein politischer Konsens zwischen den Mitgliedstaaten wie Frankreich, Großbritannien und vielleicht der Tschechischen Republik. Dann müssen wir Gespräche mit der UNO aufnehmen, um die Grundlage für ein internationales Abkommen über das Verbot von abgereichertem Uran zu schaffen. Hierzu gehört die Erarbeitung eines von allen Mitgliedstaaten akzeptierten Plans für das schrittweise Verbot der Herstellung wie auch der Lagerung und des Handels mit Uran und schließlich die Festlegung eines Datums, ab dem der Einsatz verboten sein soll. Der nächste Schritt ist die Durchführung einer Konferenz, auf der dieser Plan verabschiedet und der zum endgültigen Verbot dieser Waffen führende Prozess in Gang gebracht wird.
Erforderlich ist eine präzise analytische Untersuchung der Nebenwirkungen. Es geht aber zunächst um die politische Zusammenarbeit, die den schrittweisen Prozess der politischen Willensfindung und Sicherung der internationalen Anerkennung, der Konsens- und Entscheidungsfindung auslöst. Dieser Prozess wird Jahre dauern. Es wäre eine großartige Errungenschaft, wenn die Europäische Union Mitunterzeichner des neuen Vertrages über das Verbot jeglichen militärischen Einsatzes von abgereichertem Uran wäre. Deshalb müssen wir unserer Verantwortung gerecht werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass sinnloses Geschrei, fachliche Ignoranz und halbfertige Vorlagen die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union beeinträchtigen. Wir müssen uns weiterhin als Partner in diesem so bedeutungsvollen Spiel erweisen.
Elizabeth Lynne im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Im Vereinigten Königreich glauben Hunderte von Veteranen, dass sie sich durch den Kontakt mit abgereichertem Uran im ersten Golfkrieg chronische Erkrankungen und Behinderungen zugezogen haben. Auch gibt es Beweise dafür, dass nach dem Einsatz von abgereichertem Uran im Irak mehr Kinder mit nur einem Auge oder ohne Augen geboren wurden. Sieben der acht ohne Augen geborenen Babys waren im Irakkrieg 1991 abgereichertem Uran ausgesetzt.
Mindestens 17 Länder haben in ihrem Waffenarsenal noch immer Waffen mit abgereichertem Uran, darunter die drei EU-Mitgliedstaaten Frankreich, Griechenland und Vereinigtes Königreich. Wir brauchen jetzt dringend ein weltweites Abkommen zur Einführung eines sofortigen Moratoriums über die Verwendung, Entwicklung, Herstellung, Lagerung, Beförderung und das Testen von Waffen mit abgereichertem Uran sowie die Verwertung oder Zerstörung der vorhandenen Bestände. Ich hoffe, dass diese Entschließung von allen unterstützt wird.
Konrad Szymański, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Schon der Vorsicht halber ist es geboten, sich für die wirkliche Beseitigung der AU-Waffen einzusetzen. Sicher sollte die Arbeit an den Expertenstudien über die Auswirkungen des Einsatzes solcher Waffen auf die Menschen und die natürliche Umwelt beschleunigt werden. Es könnte jedoch sofort ein Moratorium für die Verwendung von Waffen dieser Art eingeführt werden, und das Thema könnte im Rahmen der neuen europäischen Sicherheitsstrategie behandelt werden. Vor uns liegt jetzt die schwierige Aufgabe, die Arbeit an einem internationalen Abkommen auf der Basis des Systems der Vereinten Nationen aufzunehmen, das die Verwendung, Produktion, Lagerung und Erprobung dieses Waffentyps regeln wird.
Tobias Pflüger, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Diese Debatte war überfällig. Es ist gut, dass wir sie heute führen. Depleted Uranium oder abgereichertes Uran wird von vielen und vor allem westlichen Staaten als Munition in ihren Kriegen benutzt, weil DU eine starke Durchschlagskraft vor allem gegen Panzer hat. Doch DU-Munition ist sowohl chemisch hochgiftig – also toxisch – als auch radioaktiv. DU-Munition ist auch ein Abfallprodukt der Atomindustrie, das bei der Anreicherung von Uran oder bei der Atomwaffenproduktion anfällt. Auch darin, in der Nutzung von Atomenergie, liegt das Problem.
DU-Munition hat Langzeitwirkung. DU wird bei hohen Temperaturen beim Auftreffen auf ein festes Ziel freigesetzt und verbrennt zu DU-Oxyd, und es entsteht feiner alpha-radioaktiver toxischer Staub, der leicht inhaliert und durch Wind und Wasser verbreitet werden kann. Dieser Staub ist aus der Umwelt schwer zu beseitigen und setzt sich bei Einatmung in den Lungen fest. Es gibt das Golfkrieg-Syndrom, das Balkan-Syndrom, und es ist immer wieder das gleiche Phänomen festzustellen, dass Soldaten offensichtlich Krebs bekommen, zum Beispiel Lungenkrebs. Es gibt auch eine Zunahme derartiger Krebsphänomene bei der Bevölkerung in den Gebieten, wo diese Waffen eingesetzt wurden.
Interessant ist, dass DU-Munition als solche eine sehr geringe militärische Effektivität hat, aber sehr viele nicht kalkulierbare Risiken aufweist. Die NATO hat im Angriffskrieg gegen Jugoslawien DU-Munition eingesetzt. Im Irak hat die US-Armee DU-Munition eingesetzt – insgesamt 300 Tonnen. Es gibt eine erhöhte Anzahl missgebildeter Kinder, insbesondere in Bagdad. Die Regierung von Afghanistan hat jetzt eine Untersuchung über den Einsatz von DU-Munition in Afghanistan gefordert, und sie sagt, dass das US-Militär sie nicht darüber informiert habe, dass DU-Munition vor allem im Osten Afghanistans eingesetzt wurde. Im Libanon-Krieg wurde DU-Munition insbesondere von Israel eingesetzt, und im ersten Golf-Krieg wurde DU-Munition auch sehr umfangreich eingesetzt. Es ist die Rede von 66.000 kontaminierten Soldaten.
Das Problem ist offensichtlich. Inzwischen bekommen die ersten Veteranen Kriegsrenten als Folge dieser DU-Munition, zum Beispiel Kenny Duncan aus Großbritannien. Wenn DU-Munition Kosmetik wäre oder etwa ein Stoff in Verbindung mit Nahrungsmitteln, so wäre sie schon längst verboten. Soldaten werden angewiesen, Schutzanzüge anzuziehen, wenn sie mit DU-Munition zu tun haben. Die Soldatenvereinigung EUROMIL fordert ein Verbot dieser Waffen. Belgien hat DU-Munition verboten. Gratulation hierzu! Bei der Abstimmung im Abrüstungsausschuss der Vereinten Nationen waren 122 Länder dafür, 35 Länder enthielten sich, 6 waren dagegen, darunter Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und Tschechien. Was wir brauchen, ist ein Verbot des Einsatzes und der Produktion von DU-Munition.
Luca Romagnoli (NI). – (IT) Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verwendung von abgereichertem Uran zu Kriegszwecken steht im Widerspruch zum Völkerrecht, es liegen unstrittige Beweise für seine reale Toxizität sowohl für den Menschen als auch für die Umwelt vor. Ich stimme zu, dass das Problem als Teil der Europäischen Sicherheitsstrategie volle Berücksichtigung finden muss, und ich bin der Ansicht, dass diese Waffen in den Mitgliedstaaten der Union mit einem totalen und absoluten Verbot belegt werden müssen.
Die beiden Anfragen enthalten Bewertungen und legen fundierte gemeinsame Probleme dar, die weitgehend belegt wurden; ich möchte die Gelegenheit ergreifen, um an das Beispiel der auf dem Balkan eingesetzten italienischen Soldaten zu erinnern, die immer noch auf ihre gerechte Entschädigung warten, die sie, wie ich befürchte, wohl nie erhalten werden. Wenn die Union schon nicht in der Lage ist, die Schäden aus der Vergangenheit wieder gutzumachen, sollte sie wenigstens ein entschlossenes, deutliches Signal für die Zukunft setzen, indem sie die Herstellung, die Lagerung und den Verkauf solcher Waffen in den Mitgliedstaaten der Union verbietet.
Luisa Morgantini, Verfasserin. − (IT) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte den Hinweis von Jana Hybášková auf die Realpolitik für unpassend und überaus zynisch. Trägheit oder Nachlässigkeit sind ebenso wie Staatsgeheimnisse unzulässig, wenn es um die Gesundheit der Bürger geht.
Die Verwendung von Uranwaffen hat verheerende und irreparable Folgen. Wenn Urangeschosse explodieren, setzen sie feinen Giftstaub frei; sie kontaminieren Luft, Boden und Wasser, dringen in das Atmungssystem ein und erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Tumor- und Leukämieerkrankungen sowie von Missbildungen. Wer sie einsetzt, der verstößt eindeutig gegen das humanitäre Völkerrecht. Seit dem Golf-Krieg 1991 schätzte die Hilfsorganisation für Angehörige von Opfern des Militärpersonals die Zahl der Todesfälle allein in Italien auf 50. Vor kurzem sprach der Verteidigungsminister von 77 Toten, und bei den Kranken schwanken die Zahlen zwischen einigen Hundert und etwa 2 000.
Über 2 000 Tonnen abgereichertes Uran wurden zwischen 1991 und 2003 eingesetzt. 70 % des Gebiets des Irak sind verseucht, und bis heute ist die Höhe der schrecklichen Kosten an Menschenleben, die das abgereicherte Uran verursacht hat, noch nicht genau bekannt. Im Krankenhaus von Basra, im Irak, sah ich die Körper deformierter Kinder, sah ich die schrecklichen Verletzungen an ihren kleinen Körpern. Tausende von namenlosen Zivilisten lebten und starben weiterhin in den strahlenverseuchten Gebieten: im Irak, in Afghanistan, im Kosovo, in Bosnien und in Somalia, nicht ahnend, welches Schicksal sie ereilen würde.
Seit 2001 haben wir als Europäisches Parlament die Einführung eines Moratoriums gefordert. Wir haben dies 2006 mit der Annahme der Entschließung zu chemischen Waffen und unmenschlichen konventionellen Waffen bekräftigt. In der 2007 mit überwältigender Mehrheit angenommenen Resolution der Vereinten Nationen werden die UNO-Mitgliedstaaten aufgefordert, die gesundheitlichen Risiken zu prüfen. Sechs Länder stimmten dagegen – die USA und Israel – und leider auch einige Mitgliedstaaten der Europäischen Union – Frankreich, das Vereinigte Königreich, die Tschechische Republik und die Niederlande. Sie hätten stattdessen lieber dem Beispiel Belgiens folgen sollen, das im März 2007 als erstes Land ein vollständiges Verbot von abgereichertem Uran erließ, weil es so toxisch ist.
Zusammen mit anderen Kolleginnen – und ich bin froh, dies sagen zu können – aller politischen Richtungen habe ich energisch für diese Aussprache plädiert, denn es ist wichtig, gegen Verletzungen des humanitären Völkerrechts und des internationalen Umweltrechts vorzugehen und zu gewährleisten, dass Militärhierarchien, Staaten und Kriegsindustrie ihre Verantwortung vollständig übernehmen. Unterlassungen und Militärgeheimnisse, Versäumnisse bei der Umsetzung der Schutzvorschriften und des Vorsorgeprinzips können die Gefährlichkeit von Uran verwässern und die Möglichkeit, viele Todesfälle zu vermeiden, vereiteln.
Daher bekräftige ich die in unserem Entschließungsantrag enthaltenen Forderungen und ganz besonders die, wonach durch Angabe der kontaminierten Gebiete größtmögliche Transparenz gewährleistet und vor allem ein sofortiges Moratorium angestrebt werden sollen, um binnen kurzem zu einem vollständigen Verbot der abgereichertes Uran enthaltenen Waffen sowie der Streubomben, die weiterhin Opfer fordern, zu gelangen. Im Libanon beispielsweise schoss die israelische Armee wenige Stunden vor ihrem Abzug mehr als eine Million Splitterbomben auf Dörfer und Häuser ab.
Es besteht Handlungsbedarf. Ich danke dem Rat und der Kommission für ihre Antworten, aber ebenso für das, was sie unternehmen wollen, um uns trotz der von Kommissar Michel erwähnten Beschränkungen von Uranwaffen und Splitterbomben zu befreien.
Janusz Onyszkiewicz (ALDE). – (PL) Abgereichertes Uran ist um 70 % schwerer als Blei. Wegen seiner Bewegungsenergie kann sogar eine kleinkalibrige Rakete die Panzerplatte eines Panzers durchschlagen. Deshalb wird vom Militär abgereichertes Uran eingesetzt. Weltweit gibt es etwa anderthalb Millionen Tonnen abgereichertes Uran. Man kann die Versuchung, es zu nutzen, nur zu gut verstehen. Wie sich jedoch gezeigt hat, hat sich diese Art von Waffen längst nicht als so wirksam erwiesen, wie ursprünglich angenommen. 70 % der beschädigten irakischen Panzer wurden durch Waffen anderer Art beschädigt.
Bleibt natürlich immer noch die Frage nach den Folgen des Einsatzes solcher Waffen. Da sollte ganz klar gesagt werden, dass es noch keine endgültige Antwort gibt. Immerhin haben Tausende von Menschen jahrelang in Uranbergwerken gearbeitet, ohne Krankheitseffekte aufzuweisen. Aber es bestehen immer noch Zweifel. Deshalb muss ein Moratorium verkündet werden, um die Frage endgültig klären zu können.
Roberto Fiore (NI). – (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Art und Ausmaß des durch die Verwendung von abgereichertem Uran verursachten Schadens sind dergestalt, dass es unangebracht erscheint, ihn als Kollateralschaden zu bezeichnen. Der Schaden wirkt in anschließenden Wellen auf die gegnerischen Truppen und auf das Personal, das diese Waffen anwendet: Man denke zum Beispiel an das Golfkriegsyndrom, das Balkansyndrom.
Den Preis dafür zahlt noch Jahrzehnte danach die in den Kriegsgebieten ansässige Zivilbevölkerung, die das abgereicherte Uran, das das Grundwasser und die Nahrungskette vergiftet, einatmet und aufnimmt und der Strahlenbelastung ausgesetzt ist. Den höchsten Preis an den uns allen bekannten, typischen Schäden, die durch die Exposition gegenüber Schwermetallstrahlungen verursacht werden, zahlen die Kinder, die im Wachstum befindlichen Organismen, und vor allem die ungeborenen Kinder. Der exponentielle Anstieg von genetischen Missbildungen und Krebserkrankungen bei Kindern in den Einsatzgebieten des Urans sind Beweis dafür.
Eine aktuelle Untersuchung der britischen BBC verdeutlichte, dass 24 Stunden nach der massiven Bombardierung des Balkans die bislang höchsten Spitzenwerte an atmosphärischer Radioaktivität in Nordengland gemessen wurden. Deshalb schlagen wir nicht nur ein Verbot von abgereichertem Uran, sondern auch die Strafverfolgung derjenigen vor, die Kriegsverbrechen begehen, indem sie es einsetzen, obwohl sie sich seiner Folgen wohl bewusst sind, und die dies tun, wenn ein Verbot gilt.
Gerard Batten (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Da wir einmal beim Thema radioaktive Waffen sind – dieses Parlament war bemerkenswert still, als im Dezember 2006 in London ein britischer Bürger und damit EU-Bürger mit einer radioaktiven Waffe getötet wurde. Gemeint ist natürlich Herr Alexander Litwinenko, der in einem Akt von staatlich gefördertem Terrorismus mit Polonium-210 ermordet wurde.
Der Hauptverdächtige bei diesem Verbrechen ist Herr Andrej Lugowoj, der jetzt ein Mitglied des russischen Parlaments ist und gemäß der russischen Verfassung nicht ausgeliefert werden kann. Inzwischen verweigert man der Witwe von Herrn Litwinenko eine Untersuchung der Umstände des Todes ihres Ehemanns vor einem britischen Gericht, bei der in einer Gerichtsverhandlung gegen die des Verbrechens Verdächtigten die Indizien, die für seine Ermordung sprechen, unter die Lupe genommen werden könnten.
Diese Ermordung war ein kriegerischer Akt Russlands gegenüber dem Vereinigten Königreich. Die britische Regierung mag dieser Tatsache nicht ins Auge sehen. Aber wenn Sie über radioaktive Waffen diskutieren wollen, warum dann nicht eine Aussprache über die Ermordung von Herrn Litwinenko und ihre weit reichenden Folgen halten?
Janez Lenarčič, amtierender Ratspräsident. − (SL) Ich möchte mich ganz kurz für diese Aussprache bedanken und wiederholen, dass der Rat in Bezug auf Fragen zur externen Sicherheit in Übereinstimmung mit der EU-Strategie gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen sehr aktiv bleibt. Innerhalb dieser Strategien werden die Hauptziele des Rates immer wieder auf den neuesten Stand gebracht, neue Entwicklungen auf diesem Gebiet ständig berücksichtigt und dann in die neuen Dokumente integriert.
Ein Beispiel dafür ist die vom Rat zur Unterstützung der weltweiten Annahme des Übereinkommens über das Verbot und die Begrenzung bestimmter konventioneller Waffen beschlossene Maßnahme.
Interessanterweise besteht die Absicht von Protokoll Nr. 5 dieses Übereinkommens darin, die Erzeugung explosiver Kampfmittelrückstände so weit wie möglich zu reduzieren, sobald die militärischen Konflikte vorbei sind. Interessant ist ebenfalls, dass die größten Produzenten und Benutzer von Waffen, die abgereichertes Uran enthalten, bereits Unterzeichner des o. g. Übereinkommens sind.
Für Vorhersagen jedweder Art ist es noch zu früh. Ich habe im Rat die offensichtliche Situation angesprochen, die sich aus den Abstimmungsergebnissen bezüglich der Resolution des UN-Abrüstungsausschusses der Generalversammlung ergeben hat und die heute mehrfach erwähnt wurde. Es ist zu hoffen, dass Aussprachen wie die heutige im Europäischen Parlament dazu beitragen werden, einen Konsens im Rat zu erzielen. Jedenfalls ist in dieser Sache das letzte Wort noch nicht gesprochen
Vielen Dank.
Louis Michel, Mitglied der Kommission. – (FR) Herr Präsident! Ich beeile mich natürlich, die hier unterbreiteten ausgezeichneten Überlegungen und konkreten Vorschläge gebührend zur Kenntnis zu nehmen und an meine Kollegin, Frau Benita Ferrero-Waldner, und an die Kommission weiterzuleiten.
Ich gebe diesem Hohen Haus allerdings zu bedenken, dass die Kommission in ihrem Handeln sehr eingeschränkt ist. Sie hat natürlich deklamatorische bzw. beschwörerische Fähigkeiten, sie kann Vorschläge unterbreiten, aber darüber hinaus hat sie keine Befugnisse. Ich möchte dies klarstellen.
Nachdem ich dies vorangestellt habe, halte ich als klare Botschaft fest, dass Transparenz gewährleistet werden muss, wie Frau Morgantini sagte. Ich teile diese Ansicht sehr wohl. Sie unterbreitet den Vorschlag eines Moratoriums. Ich werde ihn weiterleiten. Mir erscheint es als notwendig und als durchaus möglich, die bislang durchgeführten Umfragen nochmals zu aktualisieren. Es gibt keinen Grund dafür, diese Umfragen nicht erneut zu aktualisieren.
Sie sollten auf jeden Fall wissen, dass ich die ausgezeichneten Beiträge und Argumente, die ich hier vernommen habe, an die Kommission weiterleiten werde. Und ich habe keinen Zweifel daran, dass rechtzeitig Initiativen ergriffen werden. Auf jeden Fall werden die Gedanken weitergeleitet, und der Wille wird da sein, glauben Sie mir, weil für alle anderen europäischen Länder das möglich sein sollte, wozu Belgien in der Lage war. Ich sage dies nicht nur, weil es sich eben um Belgien handelt. Aber ich bin natürlich froh festzustellen, dass mein Land so gehandelt hat. Das ist vielleicht ein wenig von dem, was Sie sich gewünscht hätten. Es gibt also zweifellos nützliche und interessante Quellen für Anregungen. Aber Sie sollten wissen, dass ich alle Vorschläge, Bemerkungen und Anträge, die hier mit aller Überzeugung und Aufrichtigkeit gemacht wurden, weiterleiten werde.
Der Präsident. – Zum Abschluss der Aussprache wurden gemäß Artikel 108 Absatz 5 der Geschäftsordnung sechs Entschließungsanträge(1) eingereicht.
Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet am Donnerstag statt.
(Die Sitzung wird um 17.35 Uhr unterbrochen und um 18.00 Uhr wieder aufgenommen.