Index 
Ausführliche Sitzungsberichte
PDF 1551k
Mittwoch, 4. Juni 2008 - Brüssel Ausgabe im ABl.
1. Wiederaufnahme der Sitzungsperiode
 2. Erklärung des Präsidenten
 3. Begrüßung
 4. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung
 5. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll
 6. Antrag auf Schutz der parlamentarischen Immunität: siehe Protokoll
 7. Zusammensetzung der Ausschüsse und der Delegationen: siehe Protokoll
 8. Berichtigungen (Artikel 204a der Geschäftsordnung): siehe Protokoll
 9. Übermittlung von Abkommenstexten durch den Rat: siehe Protokoll
 10. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll
 11. Anfragen zur mündlichen Beantwortung und schriftliche Erklärungen (Vorlage): siehe Protokoll
 12. Hinfällige schriftliche Erklärungen: siehe Protokoll
 13. Arbeitsplan: siehe Protokoll
 14. Verschlechterung der Lage in Georgien (eingereichte Entschließungsanträge): siehe Protokoll
 15. Jahresbericht 2006 über die GASP – Europäische Sicherheitsstrategie und Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (Aussprache)
 16. Begrüßung
 17. Jahresbericht 2006 über die GASP – Europäische Sicherheitsstrategie und Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (Fortsetzung der Aussprache)
 18. Begrüßung
 19. Jahresbericht 2006 über die GASP – Europäische Sicherheitsstrategie und Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (Fortsetzung der Aussprache)
 20. EU/USA-Gipfel
 21. Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen
 22. Allgemeine Zollpräferenzen für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2011 (Aussprache)
 23. Arbeiten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP/EU (2007) (Aussprache) (Aussprache)
 24. Wettbewerb: Untersuchung des Retail-Bankgeschäfts – Grünbuch über Finanzdienstleistungen für Privatkunden im Binnenmarkt (Aussprache)
 25. Gemeinschaftssystem zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (Aussprache)
 26. Schutz empfindlicher Tiefseeökosysteme (Aussprache)
 27. Effiziente Einfuhr- und Ausfuhrvorschriften und -verfahren im Dienste der Handelspolitik (Aussprache)
 28. Zwangprostitution und Menschenhandel, insbesondere von Frauen, zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (Aussprache)
 29. Erklärung der finanziellen Interessen : siehe Protokoll
 30. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll
 31. Schluss der Sitzung


  

VORSITZ: HANS-GERT PÖTTERING
Präsident

(Die Sitzung wird um 15.00 Uhr eröffnet.)

 
1. Wiederaufnahme der Sitzungsperiode
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Ich erkläre die am Donnerstag, dem 22. Mai 2008, unterbrochene Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments für wieder aufgenommen.

 

2. Erklärung des Präsidenten
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Sie gerne daran erinnern, dass Litauen gestern des 20. Jahrestags der Gründung der Litauischen Unabhängigkeitsbewegung Sąjūdis gedachte. Mit ihrer Gründung begann nicht nur die Wiederherstellung der litauischen Unabhängigkeit, sondern es wurde auch der Zusammenbruch der Sowjetunion eingeläutet. Meine herzlichen Glückwünsche!

(Beifall)

Ich möchte Sie gerne auf die Grünen Wochen hinweisen, die in dieser Woche in Brüssel und in den beiden kommenden Wochen in Luxemburg und in Straßburg stattfinden. Zentrale Themen werden CO2-Emissionen und der damit zusammenhängende Klimawandel sein. Wir haben uns verpflichtet, den CO2-Ausstoß des Europäischen Parlaments bis zum Jahr 2020 um 30 % zu reduzieren. Um dies realisieren zu können, erstellt uns ein renommiertes Beratungsunternehmen eine CO2-Bilanz, die im September vorliegen und dem Präsidium präsentiert werden soll. Das Projekt wird schließlich in einen Aktionsplan münden, der sowohl kurz- als auch langfristige Maßnahmen enthält, damit das Europäische Parlament sein selbst gestecktes Ziel erreichen kann. Ich würde mich über ein reges Interesse Ihrerseits freuen!

 

3. Begrüßung
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Ich möchte ganz herzlich Ihre Eminenz Galaktion, Erzbischof von Stara Zagora in Bulgarien, willkommen heißen, der, von orthodoxen Geistlichen begleitet, auf der Ehrentribüne Platz genommen hat.

(Beifall)

Eminenz, es war eine Freude, Sie heute Morgen schon sprechen zu können.

Es ist mir darüber hinaus eine große Freude, heute die Gewinner des ersten Karlspreises der Jugend im Europäischen Parlament willkommen zu heißen. Dieser Preis wird gemeinsam von der Internationalen Karlspreis-Stiftung zu Aachen und dem Europäischen Parlament vergeben. Die Preisverleihung hat am 29. April in Aachen stattgefunden. Seit gestern besuchen unsere jungen Freunde das Europäische Parlament und befinden sich im Moment auf der Tribüne.

(Beifall)

Ich begrüße als Gewinner des ersten Preises stellvertretend für das Projekt „Students Without Boundaries“ Frau Emöke Korzenszky aus Ungarn, Frau Ilona Mikoczy aus der Slowakei, Frau Agota Demeter aus Rumänien und Herrn Zoltan Csadi aus der Slowakei. Herr Lorenzo Marsili aus Großbritannien vertritt den zweiten Preis, der an das Projekt „Festival of Europe“ in London ging. Last but not least begrüße ich den Gewinner des dritten Preises, der an das staatliche Gymnasium in Vyronas, einem Vorort von Athen in Griechenland, vergeben wurde. Frau Paraskevi Christodoulopoulou, seien Sie uns herzlich willkommen!

Im Namen des Europäischen Parlaments möchte ich Ihnen für Ihre Beiträge danken, die die Idee der europäischen Integration unter jungen Menschen befördern helfen.

(Beifall)

Ich möchte eine Delegation des Parlaments von Navarra, Spanien, die auf der Besuchertribüne Platz genommen hat, herzlich willkommen heißen. Der Delegation steht die Präsidentin des Parlaments, Frau Elena Torres Miranda, vor. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Die zehn Mitglieder der Delegation werden heute und morgen verschiedene Vertreter des Europäischen Parlaments treffen, und ich werde auch selbst das Vergnügen haben, mit Ihnen zusammenzutreffen. Ich wünsche Ihnen, dass Ihr Aufenthalt in Brüssel und Ihr Besuch im Europäischen Parlament erfolgreich und positiv verlaufen. Bienvenidos!

 

4. Genehmigung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Das Protokoll vom Donnerstag, dem 22. Mai 2008, wurde verteilt.

Gibt es Einwände?

 
  
MPphoto
 
 

  Paul Rübig (PPE-DE). – Herr Präsident! Ich möchte mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses für die Ausrichtung der Verleihung des „Energy Globe Awards“ bedanken, weil das beispielgebend für diese Welt war und das für unser Haus einen ausgezeichneten Eindruck hinterlassen hat. Danke an all jene, die mitgearbeitet haben!

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Es ist legitim, diesen Dank auszusprechen. Es war zwar nicht zum Protokoll, aber immerhin.

(Das Protokoll der vorangegangenen Sitzung wird genehmigt.)

 

5. Zusammensetzung des Parlaments: siehe Protokoll

6. Antrag auf Schutz der parlamentarischen Immunität: siehe Protokoll

7. Zusammensetzung der Ausschüsse und der Delegationen: siehe Protokoll

8. Berichtigungen (Artikel 204a der Geschäftsordnung): siehe Protokoll

9. Übermittlung von Abkommenstexten durch den Rat: siehe Protokoll

10. Vorlage von Dokumenten: siehe Protokoll

11. Anfragen zur mündlichen Beantwortung und schriftliche Erklärungen (Vorlage): siehe Protokoll

12. Hinfällige schriftliche Erklärungen: siehe Protokoll

13. Arbeitsplan: siehe Protokoll

14. Verschlechterung der Lage in Georgien (eingereichte Entschließungsanträge): siehe Protokoll

15. Jahresbericht 2006 über die GASP – Europäische Sicherheitsstrategie und Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

– den Bericht von Jacek Saryusz-Wolski im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über den Jahresbericht des Rates an das Europäische Parlament zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), der dem Europäischen Parlament unter Anwendung von Teil G Nummer 43 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 vorgelegt wurde – 2006 (2007/2219(INI)) (A6-0189/2008) und

– den Bericht von Helmut Kuhne im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten über die Europäische Sicherheitsstrategie und die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (2008/2003(INI)) (A6-0186/2008).

 
  
MPphoto
 
 

  Jacek Saryusz-Wolski, Berichterstatter. (EN) Herr Präsident! Ich möchte in dieser Aussprache die Ansichten des Parlaments zur Außenpolitik darstellen und erläutern. Das ist mehr als eine der üblichen jährlichen Aussprachen zur Außenpolitik und zum aktuellen Stand der Außenpolitik in der Union: Die Anwesenheit von Herrn Solana zeigt, dass es sich um eine ganz besondere Debatte handelt. Vielen Dank, dass Sie heute bei uns sind, Herr Solana.

Zunächst ist festzustellen, dass wir uns aufgrund der Neuerungen des Vertrags von Lissabon in der Außenpolitik an einem sehr kritischen Punkt, wenn nicht gar an einem Wendepunkt befinden. Wir müssen wie immer zurückblicken, um eine Einschätzung vorzunehmen, aber wir müssen auch ein zukunftsweisendes Konzept haben. Es gibt eine breite und wachsende Zustimmung der Bürger zu einer Außenpolitik, die aufrichtig und stabil ist. Die Sichtweisen der Mitgliedstaaten wandeln sich zunehmend, erleben sie doch, dass eine wirksame Außenpolitik der Union nur möglich ist, wenn wir mit einer Stimme sprechen und gemeinsam handeln.

Mit dem Eintritt in dieses neue Kapitel der EU-Außenpolitik nähern wir uns einem qualitativen Wandel. Die neue Außenpolitik sollte ihre Legitimität nicht nur von der Tatsache herleiten, dass sie zwischen den Regierungen beschlossen wurde, sondern auch aus der Kontrolle durch das Europäische Parlament. Daraus ergibt sich, wie wir sehen werden, die wachsende Bedeutung und Rolle des Europäischen Parlaments bei der Gestaltung dieser Politik, wie in unserem Bericht gefordert. Wir brauchen ein abgestimmtes und ganzheitliches Konzept der Außenpolitik, mit Kohäsion, Konvergenz und Komplementarität aller beteiligten Institutionen, darunter der Mitgliedstaaten.

Die Europäische Union muss an ihrer Rolle als Friedensstifterin und Vermittlerin festhalten, eine sanfte Macht, die zu Stabilisierung, Wiederaufbau und Reform beiträgt, die Unterstützung und humanitäre Hilfe leistet, eine Macht, die Maßstäbe setzt, Werte bestimmt und Demokratie, Freiheit und Menschenrechte fördert. Gleichzeitig sollten wir jedoch die sanfte Seite durch eine härtere ergänzen, indem wir die Dimension der ESVP und unsere militärischen Fähigkeiten entwickeln, um auch auf Machtpläne vorbereitet zu sein.

Wir müssen unsere Politik der Reaktion auf kurz- und mittelfristige Herausforderungen um ein langfristigeres strategisches Konzept und eine Definition langfristiger europäischer Interessen ergänzen, indem wir die eigentlichen Ursachen und nicht nur die Folgen von Veränderungen um uns herum, z. B. in Darfur, angehen, wo wir es sowohl mit Klimafolgen als auch mit einer Konfliktsituation zu tun haben.

Wir müssen uns weiterhin aktiv um verschiedene geografische Prioritäten bemühen, uns aber auch neuen Herausforderungen und horizontalen Aspekten wie Klima-, Energie-, Weltraum- und Cybersicherheit, Migrationsströme und vielem mehr stellen.

Obwohl wir danach streben, eine globale Macht und ein globaler Akteur zu sein, sollten wir unsere beiden Funktionen als Zahler, der wir sind und auch sein wollen, und als wichtiger Akteur auf der Weltbühne in ein neues Verhältnis setzen. Der neue Vertrag bietet enormes Potenzial für eine kohärente und wirksame Außenpolitik, aber wir alle wissen, dass die Umsetzung entscheidend sein wird. Wir brauchen kollektiven Willen und Zusammenarbeit, nicht nur zwischen den drei Organen, sondern auch mit den Mitgliedstaaten, wobei Rivalitäten vermieden werden müssen.

Wir haben uns bemüht, in diesem Bericht ein konstruktives Konzept vorzulegen. Einige Fehlschläge der Außenpolitik bereiten uns Sorge, aber wir blicken mehr in die Zukunft. Wir erkennen positive Entwicklungen, Fortschritt und Erfolge an und empfehlen, sich mit den Fehlschlägen auseinanderzusetzen, jedoch auf dem Erreichten aufzubauen und Möglichkeiten für weitere Fortschritte zu suchen.

Zielsetzung des Europäischen Parlaments ist es, nicht nur die Außenpolitik zu überprüfen, Empfehlungen vorzulegen, auf denen Lösungen und Alternativen der Exekutive aufbauen können, sondern auch in seine eigene Außenpolitikgestaltung zu investieren, was ich „parlamentarische Diplomatie“ nenne, da es im Rahmen unserer Zuständigkeit auf parlamentarischer Ebene erfolgt.

Zu den Prioritäten ist zu sagen, dass wir unserer Ansicht nach ein fokussiertes Konzept und eine begrenzte Anzahl von Prioritäten brauchen. Wir unterstreichen die Notwendigkeit einer wertebestimmten Außenpolitik – nicht aus übertriebenem Idealismus oder Naivität, sondern weil ein Umfeld, das unsere starken universellen Werte teilt, unseren Interessen in Bezug auf Sicherheit und Wohlstand am besten dient.

Das Parlament versteht die Außenpolitik der Union als Beitrag zur Stärkung der europäischen Identität, als Mehrwert für die Bürger der Union sowie als Bestandteil des Strebens der Europäischen Kommission nach einem Europa der Ergebnisse.

Wir betrachten die Außenpolitik als eine EU-Schlüsselpolitik, die mit einem entsprechenden institutionellen Rahmen ausgestattet sein muss, den der Vertrag von Lissabon schafft, sowie mit geeigneten Instrumenten und einer angemessenen Finanzierung aus dem Haushalt der Gemeinschaft. Wir brauchen eine Reihe von Instrumenten, über die wir verfügen können; und diese Aufgabe liegt noch vor uns.

 
  
MPphoto
 
 

  Helmut Kuhne, Berichterstatter. − Herr Präsident! In unserem Bericht wollten wir Verdoppelungen mit Aussagen früherer Berichte zur Europäischen Sicherheitsstrategie vermeiden. Das ist uns vielleicht nicht ganz gelungen, aber ich glaube, wir können in Zukunft auf diesem Weg weiter vorangehen.

Ein Punkt, der in früheren Berichten beschlossen wurde, den wir genau deshalb nicht wieder aufgegriffen haben, der hier aber Erwähnung finden sollte, ist zum Beispiel die Unterstützung des Europäischen Parlaments für das European Defence College. Wir möchten, dass dies eine reale Einrichtung wird und nicht eine bloß virtuelle Einrichtung bleibt. Seit Dezember 2003 – der Verabschiedung der Europäischen Sicherheitsstrategie – ist gemessen an europäischen Maßstäben die Zeit sehr schnell vergangen, vielleicht nicht unbedingt nach objektiven Maßstäben, aber man kann schon sagen, dass in dieser Zeit die Europäische Sicherheitsstrategie bedeutende praktische Fortschritte gemacht hat. Hier können wir einige Erfolge vorzeigen. Ich zähle hier nicht die verschiedenen Missionen ziviler und militärischer Art auf.

Was wir aber strukturell vorweisen können, ist, dass wir seit etwa einem Jahr jetzt auch ein ziviles Steuerungs- und Planungsinstrument auf der Ratsseite haben, dass es jetzt von dem Gebäude drüben bis runter zu denen, die – wie man sagt – on the ground Aktivitäten ausführen müssen, eine klare Linie gibt. Im militärischen Bereich haben wir die Operationsfähigkeit über die Nutzung der Nato-Kapazitäten nach dem Berlin-Plus-Abkommen hinaus gesteigert. Wir haben die Battle Groups, die rotieren sollen, operationsfähig gemacht. Wir haben weiterhin Operationen durchgeführt, von denen wir sagen können, das waren Erfolge, wie etwa die Missionen zur Rechtsstaatlichkeit in Georgien und Ähnliches.

Aber es gibt Aufgaben, die noch zu lösen sind, und wo es meiner Ansicht nach noch Defizite gibt, und es macht die Sicherheitsstrategie nicht schlechter, wenn man diese Punkte aufschreibt. Es gibt, gemessen an der Bevölkerungszahl der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, eine ungleichgewichtige Beteiligung an den Missionen, insbesondere auch im zivilen Bereich. Wir schlagen deshalb vor, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet werden – sei es durch moralischen Druck, sei es anderweitig –, Aktionspläne darüber aufzulegen, welche personellen Kapazitäten sie im Bedarfsfalle der Europäischen Union zur Verfügung stellen können, einschließlich Aussagen, was die weitere Berufsperspektive von Menschen ist, die nach EU-Missionen wieder in ihre Heimatländer zurückkehren. Für militärische Aktionen nach dem Muster Darfur und Tschad können wir uns auf Dauer nicht den quälenden Mechanismus der Truppenstellung leisten, den wir bisher haben. Wir schlagen dafür verschiedene Optionen vor.

Auch zur Behebung der Hubschrauberkrise und zur Steigerung der Verfügbarkeit von Hubschraubern machen wir mehrere Vorschläge. Es muss langfristig damit Schluss sein, dass wir in der Europäischen Union mit 24 verschiedenen Typen von Hubschraubern herumfliegen.

Weiterhin gibt es einige neue Entwicklungen, auf die man in der weiteren Reflexion über die Sicherheitsstrategie eingehen muss. Wir haben im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten ein Verwischen der Innen- und Außengrenzen. Die Sicherung der Energieversorgung durch diplomatische, ökonomische und technische – und ich sage ausdrücklich nicht militärische – Mittel muss angegangen werden. Die Sicherung empfindlicher Infrastrukturen gegen elektronische Angriffe ist etwas, was ins Bewusstsein gerückt ist. Alle diese Dinge sind in die Überlegungen darüber, was gegebenenfalls an der Sicherheitsstrategie ergänzt werden soll, einzubeziehen.

Herr Solana, der hohe Repräsentant der EU, hat einen entsprechenden Auftrag des Rates, über solche Dinge nachzudenken. Wir unterstützen ihn dabei. Wir möchten, dass das Ergebnis dieser Überlegungen etwa zu Jahresende in Form eines Weißbuches vorgelegt wird, damit es für die europäische Diskussion einen gemeinsamen Referenzpunkt gibt, nicht nur für die Diskussion zwischen Herrn Solana und den Regierungen, nicht nur zwischen ihm und uns, nicht nur in den nationalen Parlamenten, sondern auch in der interessierten europäischen Öffentlichkeit, von Polen bis nach Portugal.

 
  
MPphoto
 
 

  Javier Solana, Hoher Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich dem Parlament für die Einladung zu dieser wichtigen Aussprache über die Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union im Rahmen der Plenarsitzung des Europäischen Parlaments danken.

Doch ehe ich mich dem Thema zuwende, möchte ich den terroristischen Angriff auf die dänische Botschaft in Islamabad am Montag entschieden verurteilen und den Dänen und Pakistanern sowie den Familien der Toten und Verletzten mein Mitgefühl aussprechen. Wir wollen ihrer und ganz besonders derer, die dort leiden mussten, gedenken. Ich bin unlängst in Islamabad gewesen und würde gern von dieser Reise berichten, wenn es die Zeit erlaubt.

Ich danke den beiden Berichterstattern, Herrn Saryusz-Wolski und Herrn Kuhne, für ihre Arbeit. Meiner Ansicht nach enthalten diese Berichte viele ausgezeichnete Punkte, wie wir den Einfluss der Europäischen Union entsprechend unseren Werten und Interessen weltweit stärken können. Ich möchte sie beglückwünschen und ihnen sowie Ihnen allen zusichern, dass wir möglichst viele dieser Bemerkungen berücksichtigen werden. Ich halte sie für sehr konstruktiv, sehr positiv, und deshalb werde ich sie überdenken.

Dies ist eine sehr wichtige Sitzung, und ich möchte einige Themen ansprechen, die in beiden Berichten zur Sprache kommen. In der mir zur Verfügung stehenden Zeit werde ich auf jene Themen eingehen, die heute auf der Agenda internationaler Angelegenheiten breiteren Raum einnehmen, um der Frage nachzugehen, wie wir zur Lösung der Probleme von heute beitragen können.

Zunächst einige Bemerkungen zu dem Vertrag, den beide Berichterstatter erwähnen. Beide Berichte enthalten zahlreiche Verweise auf den Vertrag von Lissabon, und es ist ganz klar, warum das so ist. In den Berichten wird stärkere Wirksamkeit gefordert. Wichtigstes Anliegen des Vertrages ist es, die Arbeit der Europäischen Union wirksamer und sichtbarer zu machen, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik. Ich bin überzeugt, dass der Vertrag viele der speziell im Bericht von Herrn Kuhne genannten Probleme lösen wird.

Oberste Priorität hat für uns die Ratifizierung des Vertrags, und wir alle müssen in den kommenden Tagen noch darauf hinwirken. Ich möchte betonen, dass der slowenischen Präsidentschaft vom Europäischen Rat im Dezember das Mandat erteilt wurde, die Vorbereitungen auf das reibungslose Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon voranzutreiben.

Bei der Arbeit haben wir uns, wie Sie wissen, von einigen gemeinsamen Grundprinzipien leiten lassen. Ausgangspunkt der gesamten Diskussion ist der Vertrag selbst. Er muss in vollem Umfang respektiert werden. Zweitens besteht die allgemeine Zielsetzung darin, dass der Vertrag wie vereinbart in Kraft tritt, und das bedeutet am 1. Januar 2009, wenn alles reibungslos verläuft.

Viele Aspekte des Vertrags sind für Sie, für das Europäische Parlament, von grundsätzlichem Interesse, und – da wir von Außen- und Sicherheitspolitik sprechen – auch für diesen speziellen Punkt. Sowohl der Ratsvorsitz als auch die Kommission und ich hatten Gelegenheit, viele dieser Fragen mit einigen von Ihnen zu diskutieren, und ich möchte Ihnen versichern, dass ich dies auch weiterhin tun werde, von meinem heutigen Auftritt hier bis zum Inkrafttreten des Vertrags. Ich halte die Zusammenarbeit der drei Hauptorgane für unverzichtbar, um die reibungslose Umsetzung des Vertrags zu gewährleisten.

Lassen Sie mich kurz auf den Europäischen Auswärtigen Dienst eingehen. Wie Sie wissen, bin ich als amtierender Hoher Vertreter gemäß Erklärung 15 des Vertrags mit dem Mandat ausgestattet, zusammen mit der Kommission und den Mitgliedstaaten Vorbereitungen zu treffen. Das tue ich auch. Ich erfülle dieses Mandat mit dem eindeutigen Ziel, dass der Beschluss über die Einrichtung des EAD so bald wie möglich nach Inkrafttreten des Vertrags verabschiedet wird.

Herr Kuhne erwähnte die Europäische Sicherheitsstrategie. Gestatten Sie mir einige Bemerkungen, wie ich die Situation heute sehe. Das mir im letzten Dezember vom Rat verliehene Mandat sieht die Vorlage eines weiteren Berichts bis Dezember 2008 vor. Ich werde die Diskussionen mit Ihnen allen fortsetzen, um die besten notwendigen Änderungen aufnehmen zu können.

Die Strategie hat sich als sehr nützlich erwiesen. Der Berichterstatter erkennt dies an, wofür ich ihm danken möchte. In den letzten vier Jahren war dies meiner Ansicht nach ein Instrument, das gute Dienste geleistet hat. Das Dokument war kurz, aber es war auch lesbar, weshalb es meiner Meinung nach seinen Zweck erfüllt hat.

Ich denke, diese Strategie zeigt unsere Werte, unsere Prinzipien, sie zeigt, wie wir Außen- und Sicherheitspolitik anpacken sollten. Bei der Aufgabe, für die mir der Europäische Rat im letzten Dezember das Mandat erteilte, geht es, wie ich meine, nicht um die Änderung des Textes; es geht vielmehr darum, den Text wo immer möglich zu verbessern und zu ergänzen.

Man muss sich die internationale Lage zum Zeitpunkt seiner Entstehung im Jahr 2003 vor Augen führen. Seitdem haben Entwicklungen stattgefunden, die vielleicht nicht grundsätzlich ausreichen, um den Inhalt der Strategie zu verändern, aber sie ergänzen die Fragen aus dieser Zeit. Es wurden Lehren gezogen und Aussprachen geführt, im Parlament und in den Organen. Deshalb halte ich den Beitrag des Parlaments für sehr wertvoll, auch in Form des vom Berichterstatter Herrn Kuhne vorgelegten Berichts, der ausdrücklich zu begrüßen ist.

Ich werde dem Europäischen Rat in zwei Wochen mündlich über dieses Thema berichten, wie die Arbeit vonstatten geht. Zu diesem Zeitpunkt werde ich Rückmeldungen von den Mitgliedstaaten bekommen, wie sie zu dieser Frage stehen, und ich werde Ihnen und allen Kommentaren, die Sie heute abgegeben haben, zuhören. Danach wird es weitere Diskussionen und im September ein informelles Treffen der Außenminister, die so genannten Gymnich-Sitzungen, geben, und wir werden hier im Parlament weiter miteinander über diese Themen sprechen.

Den Zeitpunkt halte ich für sehr wichtig. Im Dezember 2008 begehen wir den 5. Jahrestag der ESS. Bis dahin wird der Vertrag von Lissabon hoffentlich ratifiziert sein, wodurch die Kohärenz unseres Handels gestärkt wird. Was die in der Strategie erwogenen wichtigsten Bedrohungen anbelangt, so halte ich die 2003 genannten für die richtigen. Hierin werden Sie mir wohl zustimmen: Massenvernichtungswaffen, Terrorismus, organisiertes Verbrechen, regionale Konflikte – grundsätzlich hat sich da nichts geändert. Das gilt auch heute noch, wie ich bereits sagte, und wir müssen weiterhin aktiv dagegen kämpfen.

Die Strategie basierte auf einer Analyse der wichtigsten globalen Herausforderungen zum damaligen Zeitpunkt, jedoch sind heute, ich erwähnte es bereits, einige von ihnen relevanter als andere vor fünf Jahren, und neue Herausforderungen sind hinzugekommen. Erinnern wir uns – die Berichterstatter haben bereits darauf verwiesen: Der Klimawandel und seine Folgen für die internationale Sicherheit und Energiesicherheit, über die jetzt sehr gründlich nachgedacht werden muss, waren in der Strategie nicht abgebildet. Dasselbe gilt für die Migration, speziell die illegale Migration, und die Informationssicherheit. Sie waren nicht berücksichtigt, sollten jedoch nun eingebunden werden. Wir müssen solchen Entwicklungen Rechnung tragen.

Ich möchte auch kurz auf die vom Berichterstatter angesprochene ESVP eingehen. Hier können wir meiner Ansicht nach ohne Übertreibung von einem Erfolg sprechen. Sie war ein wichtiger und sehr sichtbarer Teil der GASP. In den vergangenen fünf Jahren – und es ist gut, dies anzuerkennen – haben wir mehr als 15 Missionen entsandt, es waren sogar 17. Derzeit sind 14 – zivile und militärische – Missionen auf drei Kontinenten tätig: in Europa auf dem Balkan, in Afrika, im Nahen Osten und in Asien. Das wird in den Berichten gebührend anerkannt, was mich sehr freut.

Dagegen lenkt der Bericht von Herrn Kuhne die Aufmerksamkeit auf einige Herausforderungen und Mängel der ESVP, und ich stimme den meisten hier genannten Punkten zu.

Wir arbeiten daran: Wir berücksichtigen die aus den Missionen gezogenen Lehren; wir passen unsere Strukturen an, sowohl auf ziviler als auch auf militärischer Ebene; wir bemühen uns um mehr Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Einsatzkräften, also um einen umfassenderen Ansatz, was meiner Ansicht nach auch die Intention des Berichtes ist.

Auf dem Treffen des Rates mit den Außen- und Verteidigungsministern in der vergangenen Woche wurden gute Fortschritte erzielt. Ein wichtiger Beschluss wurde verabschiedet. Der Berichterstatter Herr Kuhne erwähnte das Stichwort „Hubschrauber“. Wie Sie wissen, ist das eins der Probleme, denen sich die internationale Gemeinschaft derzeit bei Krisenmanagement-Operationen gegenübersieht. Die benötigten Ressourcen sind nicht vorhanden, während jene, über die wir verfügen, nicht einsatzbereit oder für die aktuellen Aufgaben nicht die zweckmäßigsten sind.

Der Beschluss, dem zufolge sich die Verteidigungsagentur auf dieses taktische Problem der Hubschrauber konzentrieren soll, gilt ab heute, und ich hoffe sehr, dass Sie vom Militär in der Europäischen Union Informationen erhalten werden. Ich gehe doch einmal sehr stark davon aus, dass es hier ein koordiniertes Vorgehen geben wird.

Erlauben Sie mir einige Bemerkungen zur aktuellen Situation in der Welt, zu den Gefahrenherden und zu dem, wofür wir eine Lösung suchen. Da ist zunächst der Westbalkan. Wie Sie wissen, sind im Westbalkan nach wie vor Fragen ungelöst. Was am Sonntag bei den Wahlen in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien passierte, sollte uns zu denken geben. Ich möchte Ihnen aber auch berichten, dass sich seit unserem letzten Gespräch in Serbien zwei wichtige Dinge ereignet haben: Das SAA mit den Serben wurde unterzeichnet, und es haben Wahlen stattgefunden. Ich meine, die Wahlergebnisse haben etwas mit unserem Verhalten zu tun und geben Anlass zu der Hoffnung, dass wir in Serbien eine Regierung haben können, die auf die europäische Perspektive Serbiens schaut.

Noch einige Bemerkungen zum Kosovo. Wie Sie wissen, tritt zum 15. Juni im Kosovo das gesamte Gesetzespaket in Kraft, darunter die seit der Unabhängigkeit des Kosovo zugesagte Verfassung. Bis dahin möchten wir, dass sich die Situation vor Ort, also EULEX, in die richtige Richtung bewegt. Wir stehen mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen in ständigem Kontakt, um zu sehen, wie dies realisiert werden kann, und ich hoffe sehr, Ihnen in ein paar Tagen berichten zu können, dass Fortschritte erzielt wurden.

Es liegt nahe, etwas zu Georgien zu sagen. Ich reise morgen früh nach Georgien, wo ich Tiflis und den dortigen Behörden einen Besuch abstatten werde. Meine Reise wird mich auch nach Abchasien führen. Es ist sehr wichtig, dass wir auch Abchasien besuchen, um im Rahmen der Gruppe der Freunde des Generalsekretärs möglichst erst einmal direkten Kontakt zwischen beiden Seiten herzustellen und zu sehen, ob ein anderes, aktiveres Format geschaffen werden kann. Ich glaube nicht, dass es uns in dieser Woche gelingen wird, alles zu lösen, aber ich hoffe sehr, dass wir einen positiven und konstruktiven Beitrag leisten werden.

Des Weiteren möchte ich von der Situation im Libanon berichten, wo kürzlich ebenfalls wichtige Entwicklungen stattgefunden haben. Gemeinsam mit dem Präsidenten des Parlaments hatte ich die Ehre, am Sonntag dort zu sein. Es war ein sehr bewegender Moment, als die Vereinbarung geschlossen wurde. Nach 18 Monaten der Instabilität ist General Suleiman jetzt Präsident. Das Gebäude, in dem wir uns an diesem Nachmittag aufhielten, war geschlossen gewesen und nunmehr wieder geöffnet worden. Ich hoffe, die in Doha in Katar erzielte Vereinbarung wird eine Entwicklung des Libanon hin zu Frieden und Wahlen 2009 ermöglichen.

Wie Sie wissen, ist diese Vereinbarung nicht perfekt: Sie umfasst positive, aber auch weniger positive Elemente. Hoffen wir, dass unsere Hilfe und die Kohärenz unseres Handelns in den kommenden Monaten dazu beitragen werden, den Prozess voranzubringen, denn gegenwärtig ist er noch nicht abgeschlossen. Der Ministerpräsident wurde erneut in das Amt berufen. Herr Siniora ist ein ehrenwerter Mann, den wir respektieren sollten. Er steht jetzt an der Spitze der Regierung. Hoffen wir, dass es ihm gelingen wird, das Land sicher zu den Wahlen Mitte 2009 zu führen.

Ich würde gern viele weitere Punkte ansprechen – doch ich glaube, ich habe meine Redezeit bereits überschritten. Zumindest habe ich Ihnen einen Eindruck von den Themen vermittelt, die mich in den kommenden Monaten beschäftigen werden.

Ich möchte Ihnen auch mitteilen, dass ich nach Teheran reisen werde. Im Juni 2006 war ich zum letzten Mal dort. Seitdem hatte ich viele Zusammenkünfte mit führenden Vertretern Teherans. Jedoch habe ich gemeinsam mit den sechs an diesen Verhandlungen beteiligten Ländern beschlossen, erneut nach Teheran zu reisen, um dort die führenden Repräsentanten zu treffen. In meinem Reisegepäck werde ich eine verbesserte Version unseres Angebots von 2006 haben. Ich erwarte keine Wunder, aber ich denke, es ist wichtig für uns, weiterhin die Hand zu reichen und deutlich zu machen, dass wir einen zweigleisigen Ansatz verfolgen: Verhandlungen zur Lösung der grundlegenden Fragen, insbesondere in Bezug auf die Atomenergie, bei weiterer Nutzung der Möglichkeiten, die der Sicherheitsrat bietet.

(Beifall)

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Hoher Vertreter, wir danken Ihnen für Ihre Ausführungen und wünschen Ihnen für all Ihre gefährlichen Reisen alles Gute. Ich glaube, das Europäische Parlament ist der sicherste Ort für Sie. Es muss immer eine Freude für Sie sein, hier zu weilen!

 
  
MPphoto
 
 

  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. − Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst möchte ich den Berichterstattern, Herrn Saryusz-Wolski und Herrn Kuhne, für ihren konstruktiven, umfassenden und zukunftsweisenden Ansatz danken, der beiden Berichten zugrunde liegt.

In Anbetracht der großen thematischen Bandbreite beider Berichte möchte ich mich auf einige Aspekte beschränken, die für die Kommission besonders relevant sind, nämlich die Umsetzung des Reformvertrags von Lissabon, die Europäische Sicherheitsstrategie, die Nachbarschaftspolitik sowie die Frage der Gemeinsamkeit des Handelns und dabei besonders die Rolle der Kommission im Rahmen des Krisenmanagements.

Wie die meisten von Ihnen hofft die Kommission auch, dass das Ratifizierungsverfahren für den neuen Reformvertrag in diesem Jahr erfolgreich abgeschlossen wird. Der Vertrag ist zwingend, damit wir die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union global besser vertreten können. Ein sicheres, ein wirtschaftlich und sozial balanciertes und stabiles Europa, das gleichzeitig eine führende Rolle auf der Weltbühne spielt, die seiner wirtschaftlichen Stärke entspricht, braucht eine starke EU-Außenpolitik. Daher sollte alles unterstützt werden, was uns endlich zu einer Außenpolitik aus einem Guss führt. Das ist in erster Linie kein institutionelles Problem und kein Problem von Prozeduren, noch nicht einmal eines der Rechtsgrundlagen – es ist ein politisches Problem. Wirksamere EU-Außenpolitik setzt voraus, dass alle Mitgliedstaaten den erforderlichen politischen Willen aufbringen, sich für die gemeinsamen Interessen der Europäischen Union einzusetzen. Das würde in jedem Fall im Interesse aller liegen. Wir können gemeinsam stark sein, wir können aber auch einzeln schwach sein. Wir haben die Wahl.

Die Kommission bereitet derzeit ihren Beitrag zur Überarbeitung der Europäischen Sicherheitsstrategie vor. Wir sehen heute neue Gefahren und Herausforderungen, auf die der enge Sicherheitsbegriff des Jahres 2003 nicht mehr angemessen reagieren kann. Der Begriff der Bedrohung sollte heute weiter gefasst werden. Mehr Bedeutung verdienen der Zusammenhang zwischen Sicherheit und Entwicklung, Sicherheit und Energie, Sicherheit und Klimawandel, ja selbst Fragen, wie wir sie gerade erleben, der Preisentwicklung und der Verfügbarkeit von Rohstoffen, die Gefahr der Nahrungsmittelverknappung und die Zuwanderungsproblematik.

Der GASP-Jahresbericht und der ESS/ESVP-Jahresbericht enthalten in dieser Hinsicht viele Punkte, die auch von der Kommission geteilt werden. Ich erwarte, dass diese Punkte auch vom Europäischen Rat im Dezember 2008 übernommen werden.

Ein zentrales Element unserer außenpolitischen Strategie muss auch weiterhin die Förderung des Demokratisierungsprozesses in anderen Ländern sein. Wir haben Erfahrung damit – die Erweiterung ist ein erfolgreiches Beispiel dafür. Wir haben dabei wichtige Erfahrungen gemacht, die wir für die Europäische Nachbarschaftspolitik nutzen können.

Die Nachbarschaftspolitik ist heute eines unserer wichtigsten Instrumente – wenn nicht das wichtigste Instrument –, um Frieden und Stabilität in unserem Teil der Welt zu stärken und Wohlstand und Sicherheit zu fördern. So viel Integration wie möglich in die Gemeinschaftspolitiken – das muss unsere Ambition bleiben. Damit unsere Partnerländer von diesem Angebot wirklich profitieren können, brauchen wir eine friedliche Lösung der noch bestehenden Konflikte, über die Herr Solana gerade eben so eindrücklich gesprochen hat, sei es im Kaukasus, in Moldawien, im Nahen Osten oder in der Westsahara.

Die Gesamtentwicklung und damit der globale Einfluss der Europäischen Union hängen vom optimalen Einsatz aller ihrer Hilfsmittel und Instrumente ab. Zum Glück fangen wir hier nicht bei Null an. Es sind bereits eine Reihe von Gemeinschaftsinstrumenten, insbesondere Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe, zur Unterstützung von Krisenbewältigungsmaßnahmen der EU eingesetzt worden – von Afghanistan bis Kosovo, vom Nahen Osten bis zum Tschad.

Des Weiteren wurde das von der Kommission verwaltete Budget für die GASP seit 2002 massiv auf fast das Zehnfache aufgestockt. Derzeit werden elf ESVP-Missionen in den Bereichen Polizei, Rechtstaatlichkeit und Monitoring und zwei weitere im militärischen Bereich durchgeführt. Die Kommission wird nun systematisch von Anfang an in die Planung dieser Missionen einbezogen. Das war schon bei den Einsätzen im Kosovo, im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik der Fall.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch ein Wort zum Stabilitätsinstrument sagen. Mit diesem wichtigen neuen Finanzierungsmechanismus der Gemeinschaft ist jetzt ein Instrument zur Krisenbewältigung und Konfliktverhütung hinzugekommen, das für den Zeitraum von 2007 bis 2013 im Durchschnitt mit mehr als 200 Mio. EUR jährlich ausgestattet ist. Nach Ansicht der Kommission hat sich das Stabilitätsinstrument im ersten Jahr seiner Umsetzung bewährt, sowohl was die Mittelverwaltung als auch was die Qualität der Maßnahmen betrifft.

Die Kommission würde eine engere interinstitutionelle Zusammenarbeit in Bezug auf das auswärtige Handeln der Europäischen Union sehr begrüßen, wenn wir auf diese Weise mehr Kohärenz, Effizienz und Sichtbarkeit der EU-Außenpolitik gewährleisten könnten. Die Kommission ist der Auffassung, dass wir unsere Kräfte bündeln sollten. Das ist das, was Europa braucht. Das ist das, was die Menschen in Europa von uns erwarten. Und das ist auch das, was die internationale Gemeinschaft von uns erwartet.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
MPphoto
 
 

  Joseph Daul, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, Herr amtierender Ratspräsident, Herr Kommissionspräsident, Herr Solana, meine Damen und Herren! Falls der Vertrag von Lissabon, wie wir hoffen, am 1. Januar 2009 in Kraft tritt, beginnt ein neues Zeitalter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union. Diese Politik war ein Wagnis, aber mit eben diesem Ansatz kann sich die Europäische Union als Akteur auf der internationalen Bühne beweisen. Trotz beträchtlicher Fortschritte ist es noch ein weiter Weg, bis Europa – ein wirtschaftlicher Riese, aber ein politischer Zwerg – in der Welt eine politische Macht erlangen kann, die ihrem wirtschaftlichen Gewicht entspricht.

Wie Herr Saryusz-Wolski in seinem ausgezeichneten Bericht erklärt, entspricht die Rolle der EU in der Welt keineswegs ihrem Potenzial. In Israel, in Palästina und überall in der Welt fordern unsere Gesprächspartner, dass Europa sichtbarer in Erscheinung tritt. Wir sollten auf ihre Forderungen hören. Um für diese Partner glaubwürdig zu sein, muss die Union nicht nur mit einer Stimme sprechen, sondern auch über die notwendigen Instrumente verfügen, um sich Gehör zu verschaffen. Ihre Außenpolitik muss demokratische Legitimität besitzen, was durch die im Vertrag von Lissabon vorgesehene parlamentarische Kontrolle möglich wird.

Meine Damen und Herren, wir wollen für Europa eine glaubwürdige Verteidigung, selbstverständlich nicht, um in den Krieg ziehen zu können, sondern um den Frieden zu sichern und, wichtiger noch, den Ärmsten dieser Welt zu helfen. Unsere gemeinsame Sicherheit beschränkt sich nicht länger auf den militärischen Schutz vor Angriffen von außen. Es geht dabei auch um die Energieversorgung, den Klimawandel, die Steuerung der Migration und den Schutz der Menschenrechte und der bürgerlichen Freiheiten.

Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten hat sich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass alle Aspekte dieser gemeinsamen Sicherheit berücksichtigt werden. Unseres Erachtens muss sich die Außenpolitik der Union zuallererst auf unsere nächsten Nachbarn konzentrieren. Daher fordern wir die Kommission und den Rat auf, sich für die Stärkung der europäischen Nachbarschaftspolitik und die Stabilisierung der Lage in den westlichen Balkanländern zu engagieren. Wir müssen unter allen Umständen den Dialog mit Serbien fortsetzen und gleichzeitig den Kosovo weiter unterstützen. Die Zusammenarbeit zwischen Rat und Parlament war bei diesen Fragen nicht immer einfach. Der Rat war für unseren Geschmack nicht immer ausreichend offen und transparent, aber unsere Beziehungen haben dennoch gute Fortschritte gemacht. Der Ratsvorsitz und Herr Solana erkennen nun an, dass die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union stärker und fairer ist, wenn sie die Unterstützung des Parlaments hat.

Im Namen der PPE-DE-Fraktion möchte ich den Rat auffordern, einen Schritt weiter zu gehen, indem er das Parlament an den Diskussionen über die Ernennung des ersten Hohen Vertreters und Vizepräsidenten der Kommission beteiligt und angemessen konsultiert. Wir möchten auch, dass das Parlament zu den Modalitäten der Einrichtung eines Europäischen Auswärtigen Dienstes konsultiert wird. Was die Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie angeht, so fordert unsere Fraktion den Hohen Vertreter auf, ein Weißbuch zu veröffentlichen, um die 2003 begründete Strategie zu bewerten.

Im Rahmen des künftigen Vertrags rufen wir zu einer Stärkung der Haushaltsbefugnisse des Parlaments in allen Ausgabenbereichen der Union auf. Wir treten ferner für Instrumente der parlamentarischen Kontrolle und die Zusammenarbeit mit dem Rat ein.

Meine Damen und Herren, in einer Welt, in der regionale Mächte dominieren, muss die Europäische Union die einzigartigen Chancen nutzen, die sich durch die neuen Instrumente des Vertrags bieten, um sich selbst als politische Macht zu behaupten. Eine Macht, die homogener und dadurch besser in der Lage ist, sich auf der internationalen Bühne Gehör zu verschaffen und gleichzeitig entschiedener gegenüber ihren Partnern aufzutreten. Durch eine stärkere parlamentarische Kontrolle gewinnt diese Politik noch mehr an Wirkung, weil sie demokratischer und transparenter wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Hannes Swoboda, im Namen der PSE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich möchte zuerst dem Kollegen Kuhne für seinen Bericht danken, vor allem weil er einen umfassenden Sicherheitsbegriff verwendet und dementsprechend auch ein umfassendes sicherheitspolitisches Instrumentarium definiert, das das Militärische natürlich einschließt, aber nicht ausschließlich auf dem Militärischen beruht. Kollege Wiersma wird darauf noch näher eingehen. Dem Kollegen Saryusz-Wolski möchte ich auch herzlich für die gute Zusammenarbeit danken, die wir gerade auch bei seinem Bericht im außenpolitischen Ausschuss hatten.

Ich möchte zwei Dinge erwähnen. Das eine – darüber haben wir heute schon in der Fraktion diskutiert, wie Kollege Schulz bereits gesagt hat – ist die Frage der Energiesicherheit und der gemeinsamen Energiepolitik. Für uns geht es nicht darum, vergangene bilaterale Vereinbarungen zu kritisieren, die in einer Zeit getroffen wurden, als es gar keine Diskussion um eine gemeinsame Sicherheitspolitik gab. Aber auch heute werden solche Vereinbarungen getroffen, und vor allem für die Zukunft gilt es klarzustellen, dass solche Vereinbarungen, wenn sie getroffen werden, in eine gemeinsame Sicherheitspolitik und eine gemeinsame Energiepolitik eingebettet sein müssen.

Ich habe heute mit einem prominenten Vertreter von Aserbaidschan gesprochen, der hier im Parlament ist, und er sagte: „Freunde, ihr tretet ganz anders auf, als es China und Russland tun.“ Das ist nicht akzeptabel! Wir müssen gemeinsam auftreten, wenn wir gemeinsame Ziele verfolgen wollen, und das wurde richtigerweise angesprochen.

Damit komme ich zu einem zweiten Thema, das wir noch im Zusammenhang mit dem Bericht des Kollegen Brok weiter ausführen werden. Wir reden heute sehr viel über die Mittelmeerunion oder Union für das Mittelmeer. Wir als Fraktion verlangen auch eine Union für die Schwarzmeerregion. Denn das ist auch eine wichtige Region, in der wir insbesondere in unserem eigenen Interesse viel tun müssen. Ich danke dem Kollegen Saryusz-Wolski, dass er das mit aufgenommen hat.

Der Vorschlag, soweit wir ihn von Polen und Schweden kennen, ist gut. Den unterstützen wir! Aber er geht nicht weit genug. Wir müssen weiter gehen, wenn wir unsere politischen Interessen auch wirklich insbesondere in dieser Region vertreten wollen. Da ist es ganz klar, dass wir dies im Zusammenhang mit diesem Bericht unterstützen und im Zusammenhang mit dem Bericht Brok noch weiter darüber diskutieren, damit unsere gemeinsame Nachbarschaft im Osten und im Süden die europäischen Ziele mit berät, mit behandelt und mit umsetzt.

Zuletzt noch eine Bemerkung zum diplomatischen Dienst – der Hohe Beauftragte Solana hat auch darüber gesprochen: Es gibt viele Diskussionen, und wir werden auch einen Bericht dazu machen, aber lassen Sie mich jetzt schon klarstellen: Wir brauchen einen diplomatischen Dienst, der machbar und für Kommission, Rat und die Mitgliedstaaten akzeptabel ist, der effizient ist und der wirklich die politische Verantwortung auch gegenüber diesem Parlament wahrnehmen kann. Für uns ist entscheidend, dass klar ist, dass dieser Dienst – wie immer er organisiert sein mag – natürlich über den Hohen Beauftragten gegenüber diesem Europäischen Parlament verantwortlich ist.

Ein letzter Punkt zum Iran: Herr Javier Solana, ich wünsche Ihnen viel Glück im Iran! Es ist ganz klar, dass wir die gemeinsame Linie verfolgen, flexibel zu sein, aber auch klar zu sagen: Wir wollen keine weiteren Atomwaffen, insbesondere nicht in dieser Region. Diese würden zu mehr Unsicherheit beitragen und nicht zu mehr Sicherheit. Viel Glück, damit Sie diese Grundsätze umsetzen können!

(Beifall)

 
  
MPphoto
 
 

  Annemie Neyts-Uyttebroeck, im Namen der ALDE-Fraktion.(NL) Herr Präsident, Herr Kommissar, Herr Solana! Mit den beiden Berichten von Herrn Saryusz-Wolski und Herrn Kuhne wurden beachtliche Arbeiten geleistet, deren Aspekte in einer so kurzen Zeit unmöglich allesamt behandelt werden können. Aus diesem Grund werde ich mich auf drei Punkte konzentrieren.

Erstens die Rolle unseres Parlaments in außen- und verteidigungspolitischen Fragen, zweitens die enorme Verantwortung, die alle Mitgliedstaaten für eine kohärente und effiziente Außen- und Sicherheitspolitik tragen, und drittens schließlich die notwendige Fortsetzung des Kampfes gegen die Verbreitung von Atomwaffen sowie der Bemühungen um eine allgemeine Waffenkontrolle. Die Tatsache, dass wir hier heute Nachmittag diese Aussprache mit diesen Teilnehmern führen, ist ein hervorragender Beleg dafür, wie sehr es uns, dem Europäischen Parlament, gelungen ist, einen größeren Part in der Außen- und Sicherheitspolitik zu übernehmen, obschon dies nach den geltenden Verträgen ursprünglich gar nicht vorgesehen war. Zu verdanken ist dies unserer Beharrlichkeit ebenso wie dem Verständnis, das uns sowohl seitens der Kommission als auch seitens des Hohen Vertreters entgegengebracht wurde und das zu einer Institutionellen Vereinbarung geführt hat, durch die solche Debatten wie die heutige ermöglicht werden. Selbstverständlich werden wir sämtliche durch den Vertrag von Lissabon gebotenen Möglichkeiten nutzen, um unserer Aufgabe weiterhin voll gerecht zu werden. Dass wir diese Rolle zu erfüllen vermochten, ist im Übrigen nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass wir es nie zu weit getrieben haben, dass wir darauf bedacht waren, „not to overplay our hand“, wie die Engländer sagen.

Eine wirksame Außen- und Sicherheitspolitik ist natürlich nur möglich, wenn alle 27 Mitgliedstaaten und die Regierungen dieser Mitgliedstaaten, einschließlich der großen, gemeinsam auftreten, wie Herr Swoboda betonte. Wir können hier zwar große Reden schwingen, jeder kann hier große Reden führen, wenn aber die Staats- und Regierungschefs, die Ministerpräsidenten oder die Außenminister hinterher auf der Weltbühne jeweils unterschiedlich agieren, dann ist dies nicht möglich, dann wird eine solche Politik nicht gelingen. Unsere Mitgliedstaaten tragen deshalb eine besonders hohe Verantwortung, nicht nur in dem von mir genannten Bereich, sondern auch wenn es darum geht, den Worten Taten folgen zu lassen. Eine betrübliche Erfahrung damit hatten wir, als beispielsweise die Tschad-Intervention vorbereitet wurde. Nachdem bereits ein positiver Beschluss getroffen worden war, hat es anschließend noch Wochen gedauert, bis man die Truppen und das gesamte Material beieinander hatte. Durch solche Vorkommnisse wird unserer Glaubwürdigkeit schwerer Schaden zugefügt, und deshalb hoffe ich, dass wir alle erhebliche Anstrengungen unternehmen werden, damit geringst mögliche Chancen für eine künftige Wiederholung bestehen.

 
  
MPphoto
 
 

  Angelika Beer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will jetzt das ganze Lob nicht wiederholen und noch einmal unterstreichen, wo wir uns in der Tat einig sind: Das ist die Forderung nach einer kohärenten Außen- und Sicherheitspolitik, wie der Kollege Saryusz-Wolski sie für uns formuliert hat, und natürlich die Frage nach parlamentarischer Kontrolle und Transparenz. Wenn wir in unsere nationalen Mitgliedstaaten zurückgehen, dann merken wir in jeder Diskussion, dass wir, je mehr sich die Europäische Union in der Außen- und Sicherheitspolitik engagiert, bei der Bevölkerung bei uns zuhause mit diesen Instrumenten für Transparenz und Legitimität werben wollen und müssen.

Ich möchte die Punkte ansprechen, die umstritten sind und die bisher keiner genannt hat: Wir haben, Herr Kollege Verheugen, in der ersten Aussprache mit Frau Kommissarin Ferrero-Waldner über den Entwurf des Berichts von Herrn Kuhne gesprochen, und sie hat genau wie meine Fraktion unterstrichen, dass es gut ist, dass wir weiterdenken, dass wir nicht nur über eine Überarbeitung der Europäischen Sicherheitsstrategie diskutieren, sondern versuchen, uns ein gemeinsames Leitbild zu geben, nämlich die Frage der human security und der responsibility to protect. Wer verfolgt hat, was seitdem gelaufen ist, wird diese merkwürdige Koalition der Konservativen von Karl von Wogau und Tobias Pflüger von den Kommunisten erlebt haben. Der relevante Passus ist mit Unterstützung der beiden Fraktionen gestrichen worden, und wir werden ihn neu beantragen. Denn wenn wir uns dieser politischen Herausforderung nicht stellen, werden wir unsere Glaubwürdigkeit im Hinblick darauf verlieren, wie wir mit diesem Thema umgehen, also mit Konfliktverhütung, aber auch mit der Frage, wie agieren wir, wenn es um Darfur geht, wenn es um Tschad geht, oder bei anderen Konflikten, die wir befürchten müssen.

Das Zweite, was ich absurd finde, selbst wenn wir dazu jetzt noch keinen Konsens haben, ist, dass die konservative Fraktion unter Herrn von Wogau beantragt, dass wir zukünftig im Rahmen der Europäischen Sicherheitsstrategie und deren Überarbeitung die US-nationale Sicherheitsstrategie in unsere Planung einbeziehen. Das ist vollkommen absurd, weil diese Politik gescheitert ist und wir wissen, dass die US-Administration mit dieser Eskalation, dem Unilateralismus gescheitert ist, dass dies viele Menschenleben gekostet hat. Dann zu sagen, wir sollen das in unsere künftige europäische Außenpolitik übernehmen – das halte ich schon für mehr als absurd!

Als Drittes möchte ich etwas ganz Wichtiges ansprechen: die Proliferation. Herr Solana, auch ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Wir brauchen den Dialog, auch mit dem Iran. Aber ich frage unsere Kollegen auch: Wenn wir über Energiesicherheit reden, die ja zur erweiterten Sicherheit gehört – ist es denn die Antwort, wenn Sarkozy als zukünftiger Präsident des EU-Rates ankündigt, weltweit Nukleartechnologie ohne Limit auf den Markt zu werfen, ohne Kontrollmöglichkeiten? Wo bleibt denn da unsere Glaubwürdigkeit? Erstens, wir rüsten nuklear nicht ab, was wir eigentlich müssten. Zweitens, wir verbreiten diese Technologie, obwohl wir wissen, dass sie immer auch militärisch zu missbrauchen ist. Ich glaube, dass wir da einen Fehler machen, und deswegen werden wir auch dazu einen Änderungsantrag einbringen.

 
  
MPphoto
 
 

  Brian Crowley, im Namen der UEN-Fraktion. – (GA) Herr Präsident! Es ist wichtig, dass die EU-Mitgliedstaaten bei der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) zusammenarbeiten und sie koordinieren. Es gibt neue globale Gefahren und ich bin davon überzeugt, dass wir diese Gefahren durch den Vertrag von Lissabon und die GASP leichter aus der Welt schaffen können. Die GASP ist mehr als eine Umsetzung von Strategien. Bei ihr arbeiten 27 Mitgliedstaaten zusammen, um auf der ganzen Welt Frieden, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu sichern. Der Vertrag von Lissabon enthält genau dieselben Prinzipien, die voll und ganz den irischen Werten entsprechen.

(EN) Wenn wir beide Berichterstatter zu ihrer Arbeit auf diesem speziellen Gebiet beglückwünschen und unsere Erfahrungen der letzten Jahre berücksichtigen, ist es besonders wichtig, dass wir uns der Tatsache bewusst sind, dass Europa zu oft große Worte gemacht hat, dann aber den Erwartungen nicht gerecht wurde. Deshalb müssen wir – ohne das Ergebnis des Referendums in Irland in irgendeiner Weise vorwegnehmen zu wollen, von dem ich jedoch hoffe, dass es für die Annahme und Ratifizierung des Vertrags von Lissabon positiv ausfallen wird – bei der Entwicklung neuer Politiken immer daran denken: Wenn es den Mitgliedstaaten nicht gelingt, geschlossen zu handeln und gemeinsame Positionen sowie das weitere Vorgehen zu vereinbaren, haben wir es nur mit schönen Worten zu tun, denen keine Taten folgen werden.

Jüngstes Beispiel hierfür sind die Ereignisse im Tschad. Trotz des Elends der Flüchtlinge an der Grenze zwischen Tschad und Sudan, trotz des Wunsches eines jeden Mitgliedstaates, etwas zu tun, hat unser Unvermögen, die Logistik für die Verlagerung der Einsatzkräfte in den Tschad bereitzustellen, unsere Schwächen ganz drastisch deutlich gemacht.

Wenn von künftigen Bedrohungen, Chancen und auch Gefahren die Rede ist, müssen wir uns immer bewusst sein, dass Europa selbst das größte Friedensprojekt ist. Die Arbeit, die wir leisten, und was wir in der Europäischen Union seit 1958 erreicht und aufgebaut haben, beweisen, dass gemeinsames Handeln, Zusammenarbeit mit Toleranz und Verständnis für unterschiedliche Standpunkte eine viel stärkere Macht und ein weitaus mächtigeres Werkzeug sind als jede Waffe, mit der wir uns ausrüsten können. Aber das bedeutet nicht, dass wir naiv sind und meinen, keine Ressourcen zu benötigen. Wir müssen aber daran denken, dass alle Mitgliedstaaten einmütig handeln müssen, wenn es darum geht, neue Außen- und Verteidigungspolitiken für die Zukunft zu entwickeln, und falls ein Land „Nein“ sagt, darf es dafür nicht gering geschätzt oder verteufelt werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Tobias Pflüger, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – Herr Präsident! Die beiden Berichte, über die wir diskutieren, sind ein deutliches Zeichen dafür, wie weit die Militarisierung der Europäischen Union inzwischen fortgeschritten ist.

Ich will auf einige Aspekte eingehen, zum Beispiel auf die sehr enge EU-NATO-Zusammenarbeit, die völlig fatal ist. Die NATO ist auch ein Kriegsführungsbündnis und wir sind gegen diese enge EU-NATO-Zusammenarbeit.

Ich danke noch einmal für die Klarstellung, dass der Lissabonner Vertrag wesentliche Veränderungen im Militärbereich bringen wird. Das ist ein wesentlicher Grund, warum wir gegen den Lissabonner Vertrag sind, und ich will darauf hinweisen, dass er bisher nicht ratifiziert ist, und ich hoffe am 12. Juni auf ein Nein in Irland.

Teil des Lissabonner Vertrages – was auch im Bericht von Herrn Kuhne auftaucht – ist, dass ein eigenständiger EU-Militärhaushalt, genannt Anschubsfonds, kreiert werden soll. Wir halten das für sehr problematisch.

Die parlamentarische Kontrolle der ESVP-Missionen ist nicht gesichert. EU Battle Groups sollen innerhalb von 5 bis 30 Tagen einsatzbereit sein und in diesem Zeitraum kann der Deutsche Bundestag nicht beteiligt werden. Eine Einigung auf eine parlamentarische Kontrolle zwischen allen Fraktionen war nicht möglich, u. a. weil wir gefordert haben, dass alle Fraktionen die entsprechenden Informationen bekommen, auch die kleineren. Das will man hier im Hause offensichtlich nicht.

Der Bericht fordert weitere Rüstungsprojekte. Wir halten das für falsch. Es ist notwendig, eine wirkliche Evaluierung der bisherigen EU-Missionen vorzunehmen. Die ist überfällig. Im Rahmen des Artemis-Einsatzes im Kongo wurde von französischen Soldaten gefoltert. Der Tschad-Einsatz ist ein Desaster und die EULEX-Mission Kosovo – eine so genannte Rechtsstaat-Mission – hat keine legale Grundlage.

Die beiden Berichte gehen in die völlig falsche Richtung. Wir haben deshalb als Fraktion ein Minderheitenvotum eingebracht. Wir sehen jetzt, was die französische Ratspräsidentschaft in diesem Militärbereich ankündigt. Da wird es einen weiteren Militarisierungsschub geben, es ist von Marine- und Luft-Battle-Groups die Rede. Wir wollen keine militärische Europäische Union, wir wollen kein neues Militärbündnis – wir wollen eine zivile Europäische Union! Das heißt, dass wir zu den beiden vorgelegten Berichten ganz klar Nein sagen!

 
  
MPphoto
 
 

  Gerard Batten, im Namen der IND/DEM-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Beide Berichte gehen davon aus, dass der Vertrag von Lissabon/die Europäische Verfassung ratifiziert wird, obwohl das Ergebnis des irischen Referendums erst am 12. Juni feststehen wird. Aber natürlich hat dieses Parlament schon beschlossen, das irische Referendum zu ignorieren, falls es „Nein“ lauten sollte.

Die Europäische Union will nicht, dass ihre Außenpolitik und ihre militärischen Zielsetzungen durch Referenden dem Willen der Völker der Nationalstaaten Europas unterworfen werden, weil sie sehr gut weiß, dass diese solche Ambitionen zurückweisen werden, wenn man ihnen die Möglichkeit dazu gibt. Und was für Ambitionen das sind! Diese Berichte zeigen, wie die EU beabsichtigt, ihre Truppen mit Mitteln wie Zusammenführung multinationaler Truppen, Aufbau gemeinschaftlicher Kommando- und Kontrollstrukturen, Annahme gemeinsamer Beschaffungspolitiken für Ausrüstungen und Systeme sowie Einführung gemeinsamer Kommunikationssysteme aufzubauen. Sie plant die Zusammenführung bestehender multinationaler Truppen sowie eine ständige Truppe unter dem Kommando der EU. Damit haben wir die Anfänge eines stehenden europäischen Heeres. Diese Pläne gefährden die NATO und untergraben die Positionen der Nationalstaaten innerhalb der Vereinten Nationen – die die Europäische Union zu usurpieren versucht.

Ich nahm neulich an einer Sicherheitskonferenz in Brüssel teil, wo jemand die Frage stellte: Wer hat Angst vor der Europäischen Union? Womit natürlich gemeint ist, ohne Androhung militärischer Gewalt wird niemand die außenpolitischen Ansprüche der EU ernst nehmen. In einem späten Stadium des Zweiten Weltkriegs sagte jemand aus Stalins Stab, gewisse außenpolitische Aktionen würden dem Papst missfallen. Worauf Stalin entgegnete: „Und wie viele Divisionen hat der Papst?”

Die Europäische Union möchte eigene Divisionen haben, um ihren Willen durchzusetzen und sich auf der Weltbühne Respekt zu verschaffen. Und wenn wir wissen wollen, wie das aussehen wird, müssen wir uns nur so etwas wie die Gemeinsame Agrarpolitik und die Gemeinsame Fischereipolitik vorstellen, allerdings mit Gewehren, Panzern und Flugzeugen.

Das einzige Volk in Europa, dem hierbei ein Mitspracherecht eingeräumt wird, sind die Iren mit ihrem Referendum am 12. Juni. Einer der wichtigsten Faktoren, die das Denken der Iren beeinflussen werden, wird die Wahrung ihrer historischen Politik der Neutralität sein. Doch ist ihnen klar, dass im Falle der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon mit der Neutralität Schluss sein wird und sie der Außenpolitik und den militärischen Ambitionen der Europäischen Union unterworfen sein werden? Sie werden nicht nur ihre Neutralität einbüßen, sie werden auch feststellen, dass sie an der Finanzierung von Soldaten und Waffen für militärische Aktionen beteiligt sind, die sie möglicherweise nicht billigen.

Sie sollten diese Dinge ernsthaft überlegen, ehe sie entscheiden, wie sie bei ihrem Referendum stimmen wollen. Die britische Regierung und beide Häuser des Parlaments haben das britische Volk schändlich verraten, indem sie ihm ein Referendum über den Vertrag von Lissabon verwehren. Die Neutralität Irlands steht auf dem Spiel, gleichwohl aber auch das Vermögen Großbritanniens, sich selbst zu verteidigen.

 
  
  

VORSITZ: ALEJO VIDAL-QUADRAS
Vizepräsident

 
  
MPphoto
 
 

  Irena Belohorská (NI).(SK) Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich sagen, dass ich den Jahresbericht 2006 und die Verbesserungen bei der Struktur des Berichts begrüße. Das Europäische Parlament muss eine entschlossenere Haltung einnehmen und bei den betreffenden Fragen, mit denen sich der Rat systematisch befassen sollte, mit einer Stimme sprechen. Ich begrüße in diesem Zusammenhang die Vorkehrungen für eine engere Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten sowie die erhöhte Verantwortung der nationalen Parlamente und der Regierungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf strategische Entscheidungen.

Ich denke, dass auch die Vertreter der neuen Mitgliedstaaten in der neuen Struktur der europäischen diplomatischen Dienste ihren Platz finden werden. Meines Erachtens wird Europa durch den Vertrag von Lissabon im Bereich der Außenbeziehungen geeinter auftreten. Es ist wichtig, dass sich die Mitgliedstaaten häufiger mit ihren Partnern und mit dem Hohen Vertreter der EU beraten, vor allem wenn es um grundlegende Entscheidungen geht. Die einheitliche Rechtspersönlichkeit der Union wird es der Europäischen Union ermöglichen, internationale Verträge abzuschließen und internationalen Organisationen beizutreten. Bei der Annahme solch verbindlicher Entscheidungen sollten auch die Sorgen und Erwartungen der Bürger im Hinblick auf internationale Fragen berücksichtigt werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Javier Solana, Hoher Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. − (ES) Herr Präsident! Gestatten Sie mir, bei dieser Gelegenheit kurz die Mitglieder zu beglückwünschen, die im Namen ihrer Fraktionen das Wort ergriffen haben. Ich glaube, dass es allgemein, wenn auch nicht einstimmig, doch einen breiten Konsens zu vielen der Themen gab, die wir im ersten Teil der Aussprache behandelt haben.

(FR) Ich möchte zunächst Herrn Daul von der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten danken. Sie haben sich deutlich zu den Zielen der Überarbeitung der Europäischen Sicherheitsstrategie sowie zu den Zielen des Vertrags von Lissabon im Allgemeinen geäußert. Ich teile Ihre Ansicht uneingeschränkt und glaube, dass es entscheidend darauf ankommt, die Stimme und die menschliche Dimension der Union zu stärken.

Ich bin ehrlich überzeugt, dass Europa nicht nur gegenüber seinen Bürgern, sondern auch gegenüber den Menschen außerhalb Europas Pflichten hat. Überall in der Welt wird die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass Europa künftig einen deutlicheren Ansatz verfolgt und wirksamere Maßnahmen ergreift. Ich schließe mich daher den Anmerkungen der PPE-DE-Fraktion vorbehaltlos an und werde alles tun, um ab sofort eine effiziente Zusammenarbeit mit sämtlichen Institutionen bis zum Inkrafttreten des Vertrags zu ermöglichen. Diese Aufgabe wurde mir gemäß Artikel 15 des Vertrags übertragen, und ich werde mich bemühen, dieser Verpflichtung nachzukommen.

(EN) Ich möchte auch auf das eingehen, was Herr Swoboda sagte – nicht, um ihm zu widersprechen, sondern um im Gegenteil festzustellen, dass vieles von dem, was er sagte, meiner Art zu denken entspricht und in die Richtung geht, in die ich die Dinge gern bewegt sehen würde. Ich halte die von Ihnen angesprochene Zusammenarbeit zwischen zivilem und militärischem Bereich für elementar. Es geht um Krisenmanagement, und nichts anderes. Für das Krisenmanagement sollten alle Instrumente der Europäischen Union zur Verfügung stehen, damit ihre Ressourcen bestmöglich genutzt werden.

Aber, noch einmal, der politische Wille ist das Wichtigste. Wir mögen über die Ressourcen verfügen, doch wenn es an politischem Willen mangelt, passiert gar nichts. Vielleicht verfügen wir ohnehin nicht über die Ressourcen. Deshalb müssen unsere Anstrengungen in beide Richtungen gehen, also in Richtung Ressourcen und politischer Wille. Die politische Willensbildung ist etwas, an dem jeder in diesem schönen Gebäude mitwirken muss, gemeinsam mit den anderen Organen der Europäischen Union.

Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zum Bericht von Herrn Saryusz-Wolski. Er enthält Abschnitte, mit denen ich von A bis Z übereinstimme. Ich möchte hier beispielsweise die Ausführungen zu Afghanistan nennen, denn Afghanistan ist ein sehr wichtiges Thema, bei dem wir Verantwortung tragen. Ich hatte nicht die Gelegenheit, in meinen einführenden Worten zu erwähnen, dass Afghanistan für mich – und ich hoffe für uns alle – eine der Herausforderungen ist, mit denen wir uns auseinanderzusetzen haben, und wir müssen eine Lösung finden, die unbedingt politischer Natur sein muss. Deshalb ist sehr wichtig, was Sie in dem Bericht über die Polizeimission sagen. Wir brauchen dort Polizeikräfte. Wie Sie wissen, haben wir auf dem letzten Rat Auswärtige Angelegenheiten eine Verdoppelung der stationierten Kräfte beschlossen.

Aber ich möchte auch unterstreichen, was Sie über Qualität sagten. Es ist wahr: Wenn wir von Rechtsstaatlichkeit, von Polizei und Richtern sprechen, so stehen uns diese nicht zur Verfügung – sie sind in ihren nationalen Mitgliedstaaten mit anderen Themen beschäftigt, deshalb müssen wir sehen, wie wir zurechtkommen, bis uns europäische Gruppen von Polizisten, Richtern und sozialen Akteuren zur Verfügung stehen, die schnell eingesetzt werden können. Mit dem Militär mag das möglich sein, denn glücklicherweise kann es, soweit es nicht in eine Krisenmanagement-Operation eingebunden ist, für einen Einsatz zur Verfügung stehen. Darüber müssen wir nachdenken, und nicht nur nachdenken, sondern auch Antworten auf diese Fragen finden.

Ich möchte feststellen, dass die Redebeiträge insgesamt sehr konstruktiv waren. Gestatten Sie eine Anmerkung zum Absatz über menschliche Sicherheit. Frau Beer, Sie wissen sehr gut, dass mir dieses Konzept sehr am Herzen liegt. Mit Marie Colvin verbindet mich eine Freundschaft, und ich habe einige dieser Texte mit ihr verfasst. Für mich erklärt dieses Konzept weitgehend unser modernes Denken zum Thema Sicherheit. Deshalb spielt es keine Rolle, wie wir es nennen, wichtig ist, was wir tun. Die Bezeichnung ist wichtig, aber wichtiger als jeder Name ist, was wir tun. Ich denke, eine Überzeugung zieht sich durch alle Berichte: Sicherheit ist etwas, das über ein klassisches Konzept hinausgeht.

Jedoch muss ich, bei allem Respekt, einigen Aussagen widersprechen, angefangen mit der Bemerkung des Vertreters der Kommission. Ich glaube wirklich nicht, dass die Sicherheitsstrategie überarbeitet werden muss, weil ihr ein sehr eng gefasster Begriff von Sicherheit zugrunde lag. Ich halte das für keine gute Aussage. Was die 2003 verfasste Sicherheitsstrategie anbelangt, bin ich der Meinung, dass es sich bei den meisten Einschränkungen dort um dieselben Elemente, dieselben Herausforderungen und dieselben Probleme handelt, die wir heute haben. Vielleicht müssen wir ergänzen und vielleicht müssen wir handeln, aber ich halte die Strategie nicht für eine eng gefasste Konzeption von Sicherheit. Im Gegenteil, es ist das bisher offenste Herangehen der Europäischen Union an dieses Problem.

Um es ganz deutlich zu sagen: Ich meine, wir müssen jetzt keinen neuen Text verfassen, sondern so viel wie möglich von seinem Kern bewahren, d. h. von dem Mandat, über das wir verfügen, und versuchen, Elemente hinzuzufügen. Zum Beispiel erwähnten viele von Ihnen das – durchaus wichtige – Thema Energiesicherheit, die Folgen des Klimawandels in all seinen Dimensionen, die Frage, wie wir unserer Verantwortung in Bezug auf natürliche und nicht vom Menschen verursachte Katastrophen gerecht werden können, denn die zur Bekämpfung solch dramatischer Ereignisse nötigen Ressourcen und Kapazitäten stehen uns zur Verfügung.

Zur Proliferation: Ich habe das bei fast jeder sich bietenden Gelegenheit angesprochen – die Risiken und die Bedeutung, die dieses Thema für uns alle hat. Ich denke, wenn wir zwei horizontale Themen zur Bearbeitung auswählen müssten, so wären dies zum einen der Klimawandel und zum anderen Proliferation und Abrüstung. Das sind die beiden wichtigsten Themen, die vieles von dem, was wir im Leben schätzen, gefährden können. Deshalb stimme ich hier zu.

Ich möchte noch ein paar kurze Bemerkungen an meinen lieben Freund Brian Crowley richten. Es geht meines Erachtens um die Erreichung von Zielen, und ich stimme ihm zu. Aber nehmen wir das Beispiel Tschad. Ich weiß nicht, ob Sie damit das beste Beispiel ausgewählt haben. Ich bin vor einigen Wochen im Tschad gewesen. Ich habe die Hauptstadt, die zweitgrößte Stadt und Goz Beida besucht, wo das irische Bataillon stationiert ist, bei sehr guter Stimmung und mit enormer Professionalität. Darauf können wir stolz sein. Die Arbeit, die das irische Bataillon mitten in der Savanne leistet, erfüllt mich mit Stolz. Wie sie mit großer Hingabe bemüht sind, den Vertriebenen in den Flüchtlingslagern zu helfen. Mein Beifall gilt den irischen Soldaten vor Ort, die eine sehr engagierte Haltung an den Tag legen und fest entschlossen sind, die Lage zu verbessern, was das Ziel ihrer Mission ist.

Mein Dank gilt Ihnen, Herr Präsident, und allen Fraktionen des Parlaments. Ich hoffe sehr, dass es uns bis Ende 2008 gelingen wird, konstruktiv daran zu arbeiten, den Traum so vieler Bürger der Europäischen Union wahr werden zu lassen – die Umsetzung des Vertrags, um ein Europa zu haben, das in der internationalen Gemeinschaft, in der Welt, eine unseren Ideen, Prinzipien und Fähigkeiten und unserem Lebensstandard angemessene Stellung einnimmt.

 
  
MPphoto
 
 

  Karl von Wogau (PPE-DE). – Herr Präsident, verehrte Kollegen, Herr hoher Beauftragter! Zunächst möchte ich dem Kollegen Kuhne für seinen Bericht danken und für die Art und Weise, wie er mit diesem Bericht umgegangen ist, die dazu geführt hat, dass wir in fast allen Punkten haben Einigkeit erzielen können.

Herr hoher Beauftragter, vor wenigen Monaten waren Sie in Bayonne bei der Beerdigung des Soldaten Polin. Er war der erste Soldat, der bei einem europäischen Einsatz gefallen ist. Für mich war das ein sehr bewegendes, ein trauriges Ereignis, das mich dazu veranlasst hat, noch einmal gründlich darüber nachzudenken, wann wir tatsächlich einen Soldaten einsetzen und unter welchen Bedingungen.

Es ist gleichzeitig auch meine Antwort an Frau Beer und das Konzept der human security. Das Konzept der human security ist sicher ein interessantes Konzept – auch für die Entwicklungshilfe. Ohne Sicherheit gibt es keine Entwicklung. Aber ich zweifle, ob dieses Konzept für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union geeignet ist. Denn man kann es so auslegen, dass hier in jedem Fall überall auf der Welt interveniert werden muss. Man weckt damit Erwartungen, die man möglicherweise nicht erfüllen kann. Die Menschen suchen nicht nach demjenigen, der die besten Absichten hat, wenn sie sich in Not befinden, sondern nach demjenigen, der ihnen tatsächlich helfen kann. Hier liegt die Schwäche dieses Konzepts, und nichts wäre schlimmer, als hier falsche Erwartungen zu wecken. Darum wird meine Fraktion gegen die Erwähnung dieses Prinzips stimmen.

Wir haben jetzt die französische Präsidentschaft vor uns und sicherlich auch einige wichtige Entscheidungen. Ich sprach schon davon: Immer mehr Soldaten werden in gefährliche Einsätze geschickt. Wir haben eine Verantwortung dafür, dass sie für diese Einsätze auch tatsächlich die notwendige und die beste Ausrüstung haben. Das ist heute in vielen Bereichen noch nicht der Fall. Wir haben Defizite im Bereich der Telekommunikation und, das ist außerordentlich wichtig, auch im zivilen Bereich, auch bei zivilen Einsätzen. Wir haben Defizite bei der Aufklärung und bei der Navigation. Hier erwarte ich, dass konkrete Vorschläge kommen, damit in Zukunft enger zusammengearbeitet wird und damit derartige Projekte, derartige Defizite auch gemeinsam europäisch gelöst werden.

Der Bericht, der uns vorliegt, fordert, dass das Eurocorps permanent der Europäischen Union unterstellt wird. Und ich glaube, das wäre ein sehr wichtiger Fortschritt gegenüber den Gefechtsverbänden, die ja der Europäischen Union immer nur für ein halbes Jahr zur Verfügung stehen. Ich fordere, dass das Verteidigungskolleg, von dem der Kollege Kuhne gesprochen hat, in Zukunft nicht nur ein virtuelles Kolleg sein wird, sondern dass es tatsächlich eine Grundlage bekommt, damit es seinem Auftrag auch nachkommen kann.

 
  
MPphoto
 
 

  Jan Marinus Wiersma (PSE).(NL) Herr Präsident! Ich möchte zu dem Bericht meines geschätzten Kollegen Kuhne über die Europäische Sicherheitsstrategie, bei dessen Ausarbeitung er natürlich die volle Unterstützung meiner Fraktion hatte und dessen Ergebnis wir für hervorragend halten, einige Anmerkungen machen. Gestatten Sie mir jedoch auch einige Bemerkungen an die Adresse des Hohen Vertreters.

Diese Sicherheitsstrategie ist ein Fait accompli und wurde 2003 als bedeutsame Neuerung entwickelt. Der Kern der Strategie bleibt selbstverständlich bestehen. Worüber wir heute diskutieren, sind Anpassungen an eine veränderte internationale Agenda. Wesentlicher Grundsatz ist ein wirksamer Multilateralismus. Große Bedeutung kommt der Kombination ziviler und militärischer Aspekte zu. Wichtig ist auch die moderne Bedrohungsanalyse. Es gibt eine Vielzahl positiver Beispiele dafür, wie sie in den letzten Jahren von der Europäischen Union unter Leitung von Herrn Solana betrieben worden ist. Der Ansatz ist faktisch der gleiche, nur bezieht er sich auf ein breiteres Spektrum. Alle sind sich darin einig, dass nicht lediglich über Terrorismus und über traditionelle Sicherheitsprobleme gesprochen werden kann. Nachgegangen werden muss auch der Frage, inwieweit die Probleme im Zusammenhang mit der Energiesicherheit und den Klimagefahren für unsere Sicherheit von Belang sind. Das ist die breite Agenda.

Nichtsdestotrotz möchte ich für die enge Agenda eintreten. Es geht nicht nur um die Sicherheit der Staaten; es geht auch um die Sicherheit der Menschen. Ich halte es für begrüßenswert, dass Herr Kuhne sich darum bemüht hat, diese Debatte hier im Parlament anzustoßen, so wie in den Vereinten Nationen eine umfassende Diskussion über das Konzept der „Responsibility to protect“, bei dem es ebenfalls um die Menschen geht, geführt worden ist. Wir müssen sorgfältig prüfen, wie sich dies in unser Konzept integrieren lässt, und deshalb finde ich es höchst bedauerlich, dass sich die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten nicht an den Überlegungen, die darüber anzustellen sind, beteiligen möchte. Wenn über menschliche Sicherheit gesprochen wird, ist dies nicht so auszulegen, dass bei jeder potenziellen Gefährdung der menschlichen Sicherheit automatisch interveniert werden muss, sondern gemeint ist, dass dieses wichtige Element stärker berücksichtigt werden sollte.

In Bezug auf diese breiter gefasste Agenda kommt es ferner darauf an, dass dank des Vertrags von Lissabon – und lasst uns hoffen und beten, dass Irland am 12. Juni für diesen Vertrag stimmen wird, wovon wir ausgehen – die Europäische Union mit einer breiten Agenda zu arbeiten imstande sein wird, ist doch der neue Hohe Vertreter – der, was mein Land anbetrifft, so bezeichnet werden muss – zugleich Vizepräsident der Europäischen Kommission und wird daher diese breite Agenda de facto koordinieren.

Abschließend noch eine Bemerkung zu den Vereinigten Staaten. Dort stehen Wahlen an, und wir wissen nicht, wer die beiden Kandidaten sein werden. Klar ist jedenfalls, dass mit welchem Kandidaten auch immer – und selbstredend hoffe ich, dass es Barack Obama sein wird –, in verschiedenen Sicherheitsfragen leichter zusammenzuarbeiten zu sein wird. Ein spezifisches Beispiel ist die Frage der Nichtverbreitung von Atomwaffen. McCain hatte zu diesem Thema Interessantes zu sagen. Ende des Jahres ist es gegebenenfalls Zeit für weitere Initiativen, für neue Vereinbarungen, etwa zur Multilateralisierung des atomaren Brennstoffkreislaufes. Hoffentlich wird sich der Hohe Vertreter dafür einsetzen.

 
  
MPphoto
 
 

  István Szent-Iványi (ALDE).(HU) Herr Präsident, Herr Hoher Vertreter, Herr Kommissar! Zunächst möchte ich den Kollegen Saryusz-Wolski und Kuhne für ihre umfassenden Berichte danken; sie haben ihre Aufgabe mit Bravour gemeistert. Eine der entscheidenden Aussagen im Bericht von Herrn Saryusz-Wolski lautet, dass die Stabilität der westlichen Balkanstaaten heute die wichtigste Priorität der Europäischen Union darstellt. Dem stimme ich uneingeschränkt zu.

Im Falle des Kosovo geht es um nicht weniger als die Glaubwürdigkeit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Die Vorgeschichte ist nicht gerade ermutigend, denn obwohl sämtliche Mitgliedstaaten den Ahtisaari-Plan unterstützt haben, konnten sie sich immer noch nicht einigen, ob der Kosovo anerkannt werden soll. Ein noch viel größeres Problem ist aber die Tatsache, dass auch noch keine Einigung in der Frage erzielt wurde, ob die Befugnisse von UNMIK auf EULEX übertragen werden sollen. Solange dies nicht geschieht, kann die Europäische Union ihre eigenen Zusagen nicht erfüllen – und das untergräbt ihre Glaubwürdigkeit. Zu den wichtigsten Aufgaben der EULEX-Mission gehören die Herstellung von Verfassungskonformität, der Aufbau einer funktionierenden Marktwirtschaft, die Stärkung des multiethnischen Charakters des Kosovo und die Vertrauensbildung zwischen den in dem Gebiet lebenden Volksgruppen.

Die Europäische Union darf den Kosovo nicht sich selbst überlassen. Unsere Politik für die westlichen Balkanstaaten muss auf drei Säulen ruhen. Erstens müssen wir diesen Ländern eine glaubwürdige europäische Perspektive bieten, wir müssen die Bedingungen einer strengen Prüfung unterziehen und auf Einheitlichkeit achten. Es wäre ein großer Fehler, in der augenblicklichen Lage die Bedingungen nicht aus politischer Sicht zu betrachten oder gegenüber Ländern, die nicht mit uns zusammenarbeiten, Zugeständnisse zu leisten – Zugeständnisse, die wir Ländern, die mit uns kooperieren, nicht zubilligen. All das wird die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union mit Sicherheit weiterhin gefährden.

Die Europäische Union möchte – durchaus zu Recht – auf der internationale Bühne mitspielen, dass wird aber solange Wunschdenken bleiben, bis sie in der Lage ist, die Aussicht auf Frieden, Stabilität und Fortschritt in ihrem unmittelbaren Umfeld zu garantieren. Vielen Dank.

 

16. Begrüßung
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Wir freuen uns, auf der Besuchertribüne die Parlamentsdelegationen aus Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau, der Ukraine und auch die Vertreter der demokratischen Opposition von Belarus begrüßen zu können.

Die Delegation aus Georgien steht unter der Leitung der Präsidentin des Parlaments von Georgien, Frau Burjanadze.

Diese Delegationen sind nach Brüssel gekommen, um an der Konferenz über Europäische Nachbarschaftspolitik teilzunehmen, die heute und morgen im Europäischen Parlament stattfindet.

Wir heißen sie herzlich willkommen und freuen uns über ihre Anwesenheit bei dieser gemeinsamen Aussprache.

(Beifall)

 

17. Jahresbericht 2006 über die GASP – Europäische Sicherheitsstrategie und Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (Fortsetzung der Aussprache)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Wir setzen die gemeinsame Aussprache über den Bericht von Jacek Saryusz-Wolski über den Jahresbericht 2006 zur GASP (A6-0189/2008) und den Bericht von Helmut Kuhne über die Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie und der ESVP (A6-0186/2008) fort.

 
  
MPphoto
 
 

  Marie Anne Isler Béguin (Verts/ALE).(FR) Herr Präsident, es ist mir eine Ehre, vor diesen Delegationen zu sprechen, zu denen wir so enge Beziehungen unterhalten. Wie Sie vielleicht geahnt haben, Herr Hoher Kommissar, werde ich mich bei meinen Ausführungen auf den Südkaukasus konzentrieren. Wir haben die gute Nachricht vernommen, dass Sie morgen für einige Tage nach Georgien reisen. Dafür war es höchste Zeit, und ich danke Ihnen dafür. Sie werden auch nach Abchasien reisen, und Sie haben dazu erklärt, das Wochenende werde vielleicht nicht genügen, um diese Frage zu lösen. Wenn es Ihnen gelingt, eine Lösung an einem Wochenende zu erreichen, werde ich die Erste sein, die Sie beglückwünscht. Wir wissen, dass dies eine schwere Aufgabe ist, doch das Wichtigste ist, dass sich die Europäische Union engagiert. Ich sehe darin beinahe einen Reifetest für die Außenpolitik der EU. Wir wissen, dass Russland, einer unserer Partner, derzeit in den Konflikt verwickelt ist. Dem UN-Bericht zufolge hat Georgien zugestimmt, die Flüge von UAV über Abchasien auszusetzen. Gestern erfuhren wir jedoch, dass Russland seine Truppen entsandt hat, um angeblich Eisenbahnstrecken zu bauen. Wenn das zutrifft, ist es meines Erachtens zu früh, über Friedenstruppen zu sprechen.

Dies ist also eine schwierige Aufgabe. Sie sagten, Sie würden den Friedensplan Georgiens unterstützen, und daher stelle ich Ihnen folgende Frage, Herr Hoher Vertreter: Werden Sie es auch unterstützen, dass als Teil dieses Friedensplans eine abchasisch-georgische Zivilpolizei unter Überwachung der EU oder der OSZE eingesetzt wird? Das wäre ein echter Fortschritt, auf den wir in der EU bei diesem Konflikt seit langem warten, denn dies ist ein Nachbarland. Daher stellt sich heute folgende Frage, die unsere Kollegen bereits angesprochen haben: Werden wir die Nachbarschaftspolitik als Teil unserer Außenpolitik weiterentwickeln?

 
  
MPphoto
 
 

  Hanna Foltyn-Kubicka (UEN).(PL) Herr Präsident! Darf ich Sie daran erinnern, dass das Parlament im Bericht des Rates zu den Hauptaspekten und grundlegenden Optionen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik aus dem vergangenen Jahr seine tiefe Besorgnis über den vom damaligen russischen Präsidenten Wladimir Putin angekündigten Austritt seines Landes aus dem Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa zum Ausdruck gebracht hatte. Trotz der ausdrücklichen Erklärung des Europäischen Parlaments blieben ernsthafte Schritte der zuständigen EU-Behörden aus. Die russische Staatsduma hingegen verabschiedete im Juli 2007 einstimmig ein Gesetz über die Aussetzung der Teilnahme Russlands an diesem Vertrag.

Diesem Umstand kommt zweifellos grundlegende Bedeutung für die Sicherheit in Europa zu, besitzt doch Russland das größte Potenzial an konventionellen bewaffneten Streitkräften auf unserem Kontinent. Deswegen halte ich den erneuten Beitritt der Russischen Föderation zu diesem internationalen Abkommen für eine vorrangige Aufgabe. Die Behörden der EU und ihrer Mitgliedstaaten sollten zudem alle Möglichkeiten ausschöpfen, um dieses Ziel zu erreichen, nicht zuletzt, weil die Ausgaben der Russen für Waffen in jüngster Zeit um 70 % gestiegen sind.

 
  
MPphoto
 
 

  Willy Meyer Pleite (GUE/NGL).(ES) Herr Präsident! Herr El Baradei, der nicht bezichtigt werden kann, radikal zu sein, erklärte auf der letzten Münchener Sicherheitskonferenz, dass mit einer Reduzierung der Rüstungsausgaben um 1 % das Problem des Hungers in der Welt gelöst werden könnte.

Der Beitrag, den die Europäische Union zur Erreichung dieses Ziels leistet, besteht darin, die Mitgliedstaaten zur Erhöhung ihrer Militärausgaben aufzufordern, und dadurch befindet sich diese Zivilisation mittlerweile in der unmoralische Lage, 2006 die höchsten Militärausgaben der Welt zu haben, mehr als im Kalten Krieg: 17 Mal mehr, als wir für die internationale Zusammenarbeit ausgeben.

Meines Erachtens haben wir den falschen Weg eingeschlagen. Die Militarisierung der Sicherheit hat eine ungerechtere, gewalttätigere Welt geschaffen. Sie werden sich erinnern, dass uns gesagt wurde, mit der unmoralischen Invasion des Irak würde das Nahostproblem gelöst und der Erdölpreis gesenkt werden. Die Tatsachen sprechen für sich. Meine Damen und Herren, ich glaube, wir befinden uns auf dem falschen Weg. Wir müssen die Sicherheit entmilitarisieren und zu den alten Werten eines Europas zurückkehren, in dem Persönlichkeiten wie Willy Brandt oder Olof Palme mitten im Kalten Krieg in der Außenpolitik als Ziel eine Nullaufrüstung vorschlugen.

Was unsere Verknüpfung mit der nordamerikanischen Sicherheit anbelangt, so ist sie davon abhängig, von welcher Regierung wir sprechen. Oder sind unsere Prinzipien und Werte etwa die gleichen wie die der Bush-Regierung? Erinnern Sie sich an die CIA-Flüge, die Folter in Guantánamo, die Todesstrafe, die systematische Verletzung der Menschenrechte in der Welt?

Nein, meine Damen und Herren, wir müssen, meine ich, nach einer unabhängigen, nuklearwaffenfreien Sicherheit und einem System streben, das eine ausreichende Sicherheit bietet, um die grundlegenden Probleme zu lösen, die, abgesehen vom Terrorismus, in Hunger, Armut und Diskriminierung bestehen.

 
  
MPphoto
 
 

  Hélène Goudin (IND/DEM).(SV) Herr Präsident! Die heutige Aussprache hat einen Vorgeschmack auf das geliefert, was auf uns zukommt, sollte der Vertrag von Lissabon angenommen werden: eine zunehmende Militarisierung, mehr Supranationalität und höhere Kosten für die EU zu Lasten der Unabhängigkeit der Mitgliedstaaten. Die EU soll uns jetzt alle vertreten. Die Wünsche von 27 Staaten sollen zu einem werden. Daher beobachte ich mit Erstaunen, wie das Europäische Parlament – das sich als Sachwalter der Demokratie bezeichnet – einen föderalistischen Weg wählt, ohne das Referendum in Irland oder die zwischenstaatliche Zusammenarbeit zu respektieren. Der Vertrag von Lissabon bedeutet einen weiteren Schritt hin zu einem gemeinsamen Außenminister, einem gemeinsamen Militär und einem gemeinsamen Nachrichtendienst, kurz gesagt, zu einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Bürger Irlands, ihr seid die Einzigen, die die Möglichkeit erhalten haben, diese gefährliche Entwicklung zu stoppen. Ich appelliere an euch, am 12. Juni mit Nein zu stimmen, wie wir das morgen auch hier im Parlament tun sollten.

 
  
MPphoto
 
 

  Roger Helmer (NI). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte Ihnen eine Frage stellen. Wie kann es sein, dass der Hohe Vertreter, Herr Solana, vor dieses Haus tritt und die blanke Unwahrheit verkündet? Ich habe hier gesessen und gehört, wie er sagte, jeder wünsche sich eine stärkere Europäische Union und eine stärkere GASP. Ich vertrete 4,2 Millionen Menschen in den East Midlands des Vereinigten Königreichs. Nicht einer von ihnen hat je gesagt, dass er sich eine stärkere Europäische Union oder eine stärkere GASP wünscht, wohingegen viele mir gegenüber äußerten, ihnen wäre es lieber, unser Land wäre nicht in der Europäischen Union.

Wenn Sie glauben, dass die Menschen in Europa das wünschen, warum lassen Sie sie dann nicht über die Europäische Verfassung und den Vertrag von Lissabon abstimmen, die genau das erreichen sollen? Haben Sie vergessen, dass die Franzosen und die Niederländer dagegen gestimmt haben? Wissen Sie nicht, dass sich 80 % der Bevölkerung meines Wahlkreises ein Referendum wünschen und, wenn sie es denn bekämen, mindestens 80 % von ihnen mit „Nein“ stimmen würden?

Die Briten, die ich vertrete, wollen Handel und Zusammenarbeit in Europa, doch sie sind absolut gegen eine politische Union und eine europäische Armee.

 
  
MPphoto
 
 

  José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra (PPE-DE).(ES) Herr Präsident! Die Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und dem Rat hat sich in den letzten Jahren erheblich verstärkt, wie im Bericht von Herrn Saryusz-Wolski bekräftigt wird, insbesondere durch die Schaffung flexibler Mechanismen und die Auftritte des Ratsvorsitzenden, des Hohen Vertreters und der Sonderbeauftragten.

Der Bericht sagt jedoch auch, wie es der Vorsitzende meiner Fraktion zum Ausdruck gebracht hat, dass diese Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und dem Rat verbessert werden kann, vor allem im Bereich der zeitlichen Planung. Der Bericht von Herrn Saryusz-Wolski, den ich zu seiner Arbeit beglückwünsche, enthält eine konkrete Initiative: den Abschluss einer interinstitutionellen Vereinbarung ab Anfang kommenden Jahres, um auf der Grundlage der Leitlinien des neuen Vertrags stabile und dynamische Kriterien für die Zusammenarbeit festzulegen. Herr Hoher Vertreter, ich würde gern erfahren, wie Sie diesen Vorschlag im Bericht bewerten.

Zweitens gilt mein Dank auch dem anderen Berichterstatter, Herrn Kuhne, für seinen Bericht über die Europäische Sicherheitsstrategie. Was wir meiner Ansicht nach hier brauchen, ist eine langfristige Strategie, die uns die Möglichkeit gibt, uns mit den neuen Formen der Bedrohung, vor denen wir stehen, auseinanderzusetzen. Diese Strategie kann einer Revision unterzogen werden, wenn sich die Situation ändert, auf jeden Fall alle fünf Jahre in Übereinstimmung mit der Wahlperiode des Parlaments.

Es gab einige sehr bemerkenswerte Reden. Ich halte dies nicht für eine Frage größerer Ausgaben, doch solange wir drei parallele Satellitensysteme haben – Herr von Wogau ist heute schon darauf eingegangen –, fünf Telekommunikationssysteme, 23 Systeme von gepanzerten Fahrzeugen und 87 verschiedene Rüstungsprogramme, werden wir nicht imstande sein, weitere Fortschritte auf dem Weg zu machen, dem wir zu folgen beabsichtigen.

Mit den 27 Mitgliedstaaten hat die Europäische Union etwa zwei Millionen Soldaten, 10 000 Panzer und 3 000 Kampfflugzeuge. Ich glaube, diese Streitmacht ist groß genug, um uns die Möglichkeit zu geben, ernst zu nehmende Maßnahmen zu ergreifen.

Doch wir haben zusätzliche Probleme mit der Entsendung eines Bataillons in Konfliktregionen wie den Tschad, wo es nicht darum geht, Krieg zu führen, sondern Schutz in Krisensituationen zu bieten und bei Konflikten zu vermitteln.

Deshalb, Herr Präsident, glaube ich, dass wir unseren Beitrag leisten und alle unsere Ressourcen mobilisieren müssen, damit die Europäische Union mit all der Kraft, die sie hat, auf der internationalen Bühne nicht auch künftig eine völlig unbedeutende Rolle spielt.

 

18. Begrüßung
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Meine Damen und Herren! Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass eine Delegation des japanischen Parlaments auf der Besuchertribüne Platz genommen hat. Wir möchten sie herzlich willkommen heißen. Sie nehmen am 29. Interparlamentarischen Treffen EP/Japan teil, das vom 2. bis 6. Juni in Brüssel und Wien stattfindet.

Die japanische Delegation steht unter der Leitung von Herrn Taro Nakayama, einem großen Freund Europas, und setzt sich aus sieben Mitgliedern des Abgeordnetenhauses und zwei Mitgliedern des Oberhauses zusammen.

Dieses Interparlamentarische Treffen richtet das Augenmerk auf den Klimawandel und will einen gemeinsamen Ansatz zur Anwendung des Kyoto-Protokolls und dem, was danach kommt, fördern.

Wir sind sehr froh über diese fruchtbare, stabile und fortgesetzte Zusammenarbeit mit Japan, einem Land, mit dem wir die grundlegenden Werte der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und des Prinzips der multilateralen Zusammenarbeit teilen. Deshalb geht ein Willkommensgruß an unsere japanischen Freunde!

(Beifall)

 

19. Jahresbericht 2006 über die GASP – Europäische Sicherheitsstrategie und Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (Fortsetzung der Aussprache)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Wir setzen die gemeinsame Aussprache zum Bericht von Jacek Saryusz-Wolski über den Jahresbericht zur GASP (A6-0189/2008) und zum Bericht von Helmut Kuhne über die Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie und der ESVP (A6-0186/2008) fort.

 
  
MPphoto
 
 

  Ana Maria Gomes (PSE).(PT) Ich beglückwünsche Herrn Kuhne zu seinem ausgezeichneten Bericht und insbesondere dazu, dass er darauf dringt, das Prinzip der menschlichen Sicherheit in Verbindung mit dem Prinzip der Schutzverantwortung einzuführen – ein Konzept, das auch Herr Solana hier bereits unterstützt hat.

Dies müssen die beiden Grundpfeiler des europäischen Ansatzes für Missionen im Bereich Krisenmanagement sein. Einerseits muss die Entscheidung, in einem Land im Rahmen der ESVP zu intervenieren, auf einer Interpretation der UN-Charta beruhen, bei der die Betonung auf der Verantwortung zum Schutz liegt: auf der Pflicht, Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnische Säuberungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verhindern.

Wenn andererseits die Union in eine Krisensituation verwickelt wird, die den Einsatz militärischer Mittel erfordert, kommt es darauf an, dass die Gewaltanwendung von der Doktrin der menschlichen Sicherheit geleitet wird. Das bedeutet, dass die europäischen Truppen ihre Bemühungen in erster Linie auf die Schaffung von sicheren Zufluchtsorten für die unbeteiligte Zivilbevölkerung konzentrieren müssen und nicht auf die Vernichtung des Gegners mit Blick auf den militärischen Sieg.

Mit diesen beiden Prinzipien erhält Europa zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine kohärente Strategie für das Krisenmanagement. Daher reflektiert Änderungsantrag Nr. 1 der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament die moralischen, rechtlichen und operationellen Anforderungen, die sich uns derzeit in Afghanistan, im Tschad oder im Libanon stellen und die sich uns in Zukunft stellen werden.

Aus diesen Gründen halte ich die Ablehnung dieses Änderungsantrages durch die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten und die Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke für bedauerlich. Diese reaktionäre Allianz ignoriert hartnäckig den Vorrang der Menschenrechte – ein Konzept, das die Legitimität der ESVP-Missionen und die Unterstützung der Bevölkerung für diese Missionen stärken würde.

 
  
MPphoto
 
 

  Andrew Duff (ALDE). – (EN) Herr Präsident! In der Aussprache heute Nachmittag gibt es anscheinend zwei Probleme. Erstens ist da das Geschwafel von rechts außen über den Vertrag von Lissabon. Zweitens gibt es eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber all jenen, mich selbst eingeschlossen, die die Gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik nachdrücklich verteidigen. Der Zweck einer großen europäischen Sicherheitsstrategie ist es nicht, bewundert, sondern befolgt zu werden, und zu oft haben der Rat und die Mitgliedstaaten ihre ausgezeichnete Strategie nicht befolgt.

Das Vereinigte Königreich und Frankreich haben die Versprechen der Vereinbarung von St. Malo nicht gehalten. Andere wiederum bestanden auf einer geizigen und unsinnigen Politik, wonach militärische Kosten dort getragen werden sollen, wo sie anfallen. Was ist der Sinn einer solchen Politik, wenn das Ziel darin besteht, die Last zu teilen? Fest steht, dass nur 20 % unserer bewaffneten Streitkräfte tatsächlich kampffähig sind. Mehreren ESVP-Missionen sind die Mittel ausgegangen. Das Fehlen eines europäischen Hauptquartiers für die ESVP führt zur Zersplitterung der Kommandogewalt und erschwert die Ressourcenbündelung.

Das Traurige ist, dass wir zu selten aus unseren Fehlern lernen. Nur an der Sicherheitsstrategie herumzudoktern, wird nichts bewirken.

 
  
MPphoto
 
 

  Mario Borghezio (UEN).(IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gehört, wie das GASP-Programm aussehen soll, doch mutet es etwas lächerlich an, dass es von einem Europa kommt, dem es nicht einmal gelingt, seine Außengrenzen zu kontrollieren, die tagtäglich von Tausenden illegalen Einwanderern, Schmugglern und Mafiamitgliedern verletzt werden. Eine Sicherheitspolitik ohne Basis – falls es doch eine geben sollte, Herr Solana, so sagen Sie uns bitte, welche!

In den Berichten wird fortwährend von Klimawandel gesprochen, doch die Gefahr möglicher militärischer Angriffe, terroristischer Anschläge mit biologischen oder gar nuklearen Waffen wird ignoriert, obwohl sie viel ernster und vielleicht auch realer ist, wenn man die ausdrücklichen Drohungen des islamistischen Terrorismus bedenkt.

Europa ist unter dem Gesichtspunkt der politischen Schlussfolgerungen schwach. Denken wir beispielsweise an das Schwarze Meer, eine Region, zu der keine europäische Politik existiert. Und dies, obwohl in dieser Region über unsere zukünftige Energieversorgung und unsere zukünftige Sicherheit entschieden wird. Wo ist das politische Konzept Europas für diese Region?

Auch der Vertrag von Lissabon wird nicht viel mehr als das Wenige, was erreicht wurde, bieten: Perspektivlosigkeit eines Europas, das keine geopolitische Vision hat. Herr Solana, das ist ein Vakuum, das durch die zehnjährige Gestaltung der Außenpolitik entstanden ist. Sie haben in diesen zehn Jahren nur ein Vakuum entstehen lassen!

 
  
MPphoto
 
 

  Athanasios Pafilis (GUE/NGL).(EL) Herr Präsident! Die beiden Berichte sind eindeutige Belege für die ausufernde Aggressivität und die imperialistischen Pläne der EU. Die darin für das Jahr 2008 genannten Prioritäten dienen der weltweiten Förderung des europäischen Kapitals mit wirtschaftlichen, politischen und militärischen Mitteln. Darüber hinaus will die EU Völker und Länder ausplündern, entweder im Alleingang oder – wo dies nicht möglich ist – mit Unterstützung der USA und der Nato.

Im ersten Bericht ist einer der entscheidenden Punkte die Einmischung und das Anzetteln von Kriegen unter Berufung auf so nebulöse Rechtsbegriffe wie Kampf gegen den Terrorismus sowie „Schutz der Menschenrechte und der Demokratie“. In Ziffer 15, Herr Solana, findet sich die typische, inakzeptable und gefährliche Unterscheidung zwischen Demokratien und nichtdemokratischen Organisationen. Wer hat uns eigentlich das Recht gegeben, Völker als demokratisch oder undemokratisch zu bezeichnen? In diesem Zusammenhang verwenden Sie auch den neuen Begriff „menschliche Sicherheit“ als Vorwand für Präventivkriege.

Zudem wird in beiden Berichten – insbesondere in dem zweiten – der stärkeren Militarisierung der EU das Wort geredet; dafür spricht der erneute Vorstoß in Bezug auf die Bildung von Gefechtsverbänden und einer ständigen gemeinsamen Task-Force. Das wird durch die Entwicklung des Eurokorps, die ständige strukturierte Zusammenarbeit und die Vorbereitung der bewaffneten Streitkräfte der Mitgliedstaaten auf die Aggressionspläne der EU ermöglicht. Mit der massiven Aufstockung des EU-Haushalts für Waffen und Militärausgaben tritt die Union in die Fußstapfen der NATO. Die Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO wird unter dem Deckmantel von Militäreinsätzen sowie angeblich nichtmilitärischen Polizei- und Rechtsstaatlichkeitsmissionen intensiviert. Dabei handelt es sich aber um Experten, die in Wahrheit die Militärkampagnen der EU vorbereiten und leiten. Sie loben die bislang 17 Militärmissionen und fordern weitere Einsätze dieser Art.

Die EU, an der Sie bauen, ist eine von Krieg, Aggression und Imperialismus geprägte Union. Aus diesem Grund müssen die Menschen den Weg des Widerstands und des Ungehorsams gehen und die Gefolgschaft verweigern.

 
  
MPphoto
 
 

  Sylwester Chruszcz (NI).(PL) Herr Präsident! Wir sprechen heute über einen Kompetenzbereich, der bisher souveränen europäischen Staaten vorbehalten war. Heute nimmt die Außen- und Sicherheitspolitik der EU in noch nie da gewesenem Maße Gestalt an, insbesondere nach der Einführung der neuen Euro-Verfassung von Lissabon.

Als polnischer Abgeordneter kann und will ich nicht damit einverstanden sein, dass Brüssel anstelle von Warschau über die polnische Außenpolitik bestimmt, solange deutsche Generäle in den militärischen Hauptquartieren außerhalb von Berlin oder Brüssel über unsere Sicherheit entscheiden. Außerdem möchte ich nicht, dass polnische Soldaten mit EU-Flagge an ihren Uniformen im Auftrag ausländischer Interessen an verschiedenen Orten in Europa und der Welt eingesetzt werden.

Die derzeitigen Tendenzen und die mittlerweile offene Struktur des vereinten europäischen Staates sind unannehmbar. Sie können natürlich Ihre eigenen Völker hinters Licht führen, indem Sie sie nicht einmal fragen, was sie von der Schaffung einer Super-EU halten, aber früher oder später wird dieses Vorhaben zu Staub zerfallen.

 
  
MPphoto
 
 

  Tunne Kelam (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Die Botschaft des heutigen Tages sollte lauten, dass die GASP mehr denn je auf gemeinsamen europäischen Werten beruhen muss. Auf die weiter wachsenden sicherheitspolitischen Herausforderungen gibt es nur eine überzeugende Antwort: Solidarität und verbesserte Koordinierung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Diese wertebasierten Zielsetzungen sollten gegenüber bilateralen Beziehungen Vorrang haben, und Javier Solana sagte sehr richtig, dass es vor allem auf den politischen Willen ankommt.

Was die Energiesicherheit betrifft, so möchte ich die Kommission und den Rat ersuchen, den Standpunkt des Parlaments zur Energiesicherheit vom September letzten Jahres, der auch verschiedene institutionelle Verbesserungen enthält, ernsthaft zu berücksichtigen.

In diesem Bericht wird die Kommission auch aufgefordert, alle Anstrengungen auf die erfolgreiche Fertigstellung der Nabucco-Pipeline zu richten. Ich denke, es geht nicht darum, das eine oder das andere zu tun: Wir müssen unsere eigene Pipeline bauen, praktisch und wirkungsvoll.

Zum Schluss möchte ich sagen, dass es höchste Zeit ist, sich wirksam den neuen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Internet zu stellen, wie der Berichterstatter Herr Kuhne ausführte. Ich möchte von „Cyberterrorismus“ sprechen. Vor einem Jahr wurden weltweit eine Million Computer mobilisiert, um den Zugang zu Regierungsinstitutionen und Banken in Estland zu blockieren. Ich meine, das Europäische Parlament muss sich auch eine Haltung erarbeiten, wie auf die Gefahren der neuesten Technologien reagiert werden soll, die bislang die mit der Lissabonner Strategie erreichten Fortschritte zu übertreffen scheinen.

 
  
MPphoto
 
 

  Adrian Severin (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte ein prinzipielles Problem ansprechen, und zwar die neokonservativen Tendenzen dieses Hauses in Bezug auf die EU-Außen- und Sicherheitspolitik. Anscheinend glauben einige von uns, der Inhalt von Außenpolitik hänge vom Wesen des politischen Regimes ab, das sie betreibt. Deshalb sieht es so aus, als sei der Export unseres politischen Modells unser Hauptziel geworden. Dummerweise verfügt die Europäische Union weder über die Mechanismen zur Entscheidungsfindung noch über die Mittel zur wirksamen Unterstützung einer interventionistischen Politik.

Wir müssen dieses Herangehen ändern und Realismus zur Grundlage unseres außenpolitischen Handelns machen. Das bedeutet, wir müssen den Geltungsbereich unserer Außenpolitik gemäß den gemeinsamen existenziellen Interessen der Bürger Europas klar definieren; den Handlungsspielraum und die Ressourcen ins Gleichgewicht bringen und dabei anerkennen, dass es in der Welt Akteure gibt, die anders sind als wir und nicht in jedem Fall zwangsläufig unsere Werte teilen. Wir müssen lernen, mit ihnen zu arbeiten, und unseren Narzissmus aufgeben, damit wir Verhandlungen und Zusammenarbeit auch mit unseren Gegnern suchen, und nicht nur mit unseren Freunden.

Natürlich sollten wir versuchen, möglichst viele unserer ausländischen Gesprächspartner zu unseren Freunden zu machen, doch ehe und während wir dies tun, müssen wir meiner Ansicht nach lernen, mit denen zu arbeiten, die nicht so sind wie wir. Ich glaube, dass unsere Mittel, unser Vorgehen bei der Verfolgung unserer Ziele, ansprechender sein könnten als unsere Ziele selbst, wodurch wir letztendlich unser Modell in der Welt voranbringen.

 
  
MPphoto
 
 

  Paweł Bartłomiej Piskorski (ALDE).(PL) Herr Präsident! Bei der heutigen Aussprache über die gemeinsame Außenpolitik der Europäischen Union müssen wir unser Augenmerk auf mehrere Aspekte legen. Die Berichte der Kollegen Kuhne und Saryusz-Wolski sind wirklich sehr gut, auch wenn einige wenige Punkte darin fehlen.

Ich gestatte mir den Hinweis, dass wir mehr Aufmerksamkeit darauf verwenden sollten, der Öffentlichkeit die europäische Außenpolitik einschließlich ihres Verteidigungsaspekts zu erläutern. Unsere Bürger, die Allgemeinheit, wissen sehr wohl, was von uns, von der Europäischen Union kommt – die Agrarpolitik, politische Vorgaben im Infrastrukturbereich –, sie haben aber nie Klarheit über die europäische Außen- und Verteidigungspolitik und darüber, was damit zusammenhängt. Zudem sollten wir nicht vergessen, dass es bei der Gründung der Europäischen Union um ganz andere Probleme ging.

Wichtig ist auch, dass der Vertrag von Lissabon Berücksichtigung findet, der – da bin ich zuversichtlich – sobald wie möglich in Kraft treten und die Grundlage für neue Aktionen der EU bilden wird. Zudem muss gewährleistet sein, dass im Ergebnis auch ein möglichst effizientes Instrumentarium zur Verfügung steht. Viele meiner Vorredner haben sich vorrangig mit militärischen Angelegenheiten befasst. Gefechtsverbände und alles, was mit der europäischen Verteidigungsidentität zusammenhängt, sind natürlich sehr wichtig; eine ebenso große Rolle spielt aber die Diskussion über das Modell europäischer Diplomatie anhand der Kriterien, die für die Arbeit dieses diplomatischen Dienstes gelten sollen.

Im Bericht muss betont werden, dass die Außen- und Verteidigungspolitik der EU mit zahlreichen sehr wichtigen Bereichen des Lebens in der Europäischen Union verknüpft ist. Es muss herausgestellt werden, dass wir auch den Gedanken einer gemeinsamen Energiepolitik und der Energiesicherheit als Element unseres gemeinsamen europäischen Denkens ins Spiel bringen.

Schließlich müssen wir die Außen- und Sicherheitspolitik im weiteren Sinne auch als Ausdruck des Raums der Sicherheit, der Stabilität und der Demokratie betrachten. In diesem Zusammenhang nehme ich mit großer Befriedigung zur Kenntnis, welche Bedeutung den Balkanstaaten und Georgien beigemessen wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Andrzej Tomasz Zapałowski (UEN).(PL) Herr Präsident! Die Sicherheit der in Europa lebenden Menschen gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Europäischen Union. Ein unverstellter Blick auf die Gemeinschaftspolitik der letzten Jahre zeigt, dass wir – abgesehen von politischen Aktionen – ein militärisches Leichtgewicht sind. Einige europäische Länder verfolgen ihre eigenen Interessen und versuchen sich politisch und militärisch als Gegenspieler der NATO zu profilieren, deren Mitglieder sie sind. Es ist ein Fehler, sich auf die Bildung von gemeinsamen Gefechtsverbänden, vor allem aber auf erweiterte Kommandobefugnisse zu konzentrieren, und nicht in erster Linie die Rekrutierung von Berufssoldaten für bestimmte Einheiten in einzelnen Mitgliedstaaten voranzutreiben. Ein weiterer Fehler ist in der unzureichenden Nutzung bestehender NATO-Strukturen zu sehen.

Die Stärke der Gemeinschaft sollte auf starken nationalen Armeen beruhen. Die Europäische Union muss Bewegung in derzeit festgefahrene Konflikte in Europa bringen und diese lösen, und zwar nicht nur mit Erklärungen, sondern auch durch tatsächliches politisches Handeln. Auslöser der aktuellen Probleme in Georgien war zum Teil auch die Unterstützung der EU für den Kosovo.

 
  
MPphoto
 
 

  Francisco José Millán Mon (PPE-DE).(ES) Herr Präsident! Der Bericht Saryusz-Wolski, den wir morgen annehmen werden, ist sehr umfassend und berücksichtigt in ausgewogener Form praktisch alle Regionen der Welt, in denen die Außenpolitik der Europäischen Union zum Tragen kommt. Da ich lediglich zwei Minuten Zeit habe, möchte ich nur einige der horizontalen Aspekte ansprechen, die in dem Bericht zu Recht enthalten sind.

Heutzutage kann die Außenpolitik nicht nur aus geografischer Sicht erklärt werden. Es gibt Themen, die einen globalen, horizontalen Aspekt haben, und sie sind von so großer Bedeutung, dass die Hauptakteure der EU-Außenpolitik involviert sein müssen. Ich meine vor allem den Kampf gegen den Terrorismus und das organisierte Verbrechen. Das sind Probleme, denen die Außen- und Sicherheitspolitik ganz besondere Aufmerksamkeit schenken muss.

Eine weitere, sehr wichtige Frage sind die Migration und die Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Wir müssen zu einer Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern kommen, und die Union sollte durch ihre Außenaktion konsequent eingebunden sein. Mit einem Wort, wenn wir einen Raum der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts in der Europäischen Union errichten wollen, ist die außenpolitische Dimension von grundlegender Bedeutung, wie es im Bericht Saryusz-Wolski heißt. Dies ist ein Punkt, der nicht nur in die Zuständigkeit der Innenminister oder des Kommissars für Recht, Freiheit und Sicherheit fallen darf.

Ein weiterer horizontaler Aspekt, der Priorität besitzt, ist die Energiesicherheit. Aufgrund der hohen Abhängigkeit der Mitgliedstaaten vom Ausland ist es notwendig, dass wir zu einer gemeinsamen Außenpolitik der Union im Energiebereich finden. Angesichts des globalen Charakters des Klimawandels benötigen wir zudem eine externe Aktion der Union, um eine effektive Antwort auf diese Gefahr zu finden.

Meine Damen und Herren, ich halte es für wichtig, in allen diesen Fragen weitere Schritte zu unternehmen und die Außenpolitik der Union dabei einzubeziehen. Es sind Themen, die den Bürgern Sorgen bereiten, und die Bürger sind der Auffassung, dass die Europäische Union helfen sollte, sie wirksam voranzubringen, da die Souveränität der Staaten geteilt wird, gerade um den Herausforderungen Rechnung zu tragen, die über die Einzelstaaten hinausgehen und somit globalen Charakter tragen.

Indem wir auf diesen Gebieten weiterarbeiten, kann die Europäische Union ihre Existenz besser rechtfertigen und so ihre Legitimität gegenüber der Öffentlichkeit und den Bürgern stärken.

 
  
MPphoto
 
 

  Justas Vincas Paleckis (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich beglückwünsche die beiden Berichterstatter und stimme zu, was die Bedeutung der Einschätzungen des Vertrags von Lissabon bei der Bewertung des GASP-Berichts anbelangt.

Hätte diese Diskussion zehn Tage später stattgefunden, nach dem entscheidenden Referendum – und ich bin überzeugt, dass die Iren mit „Ja“ stimmen werden – wäre die Aussprache noch konkreter und optimistischer gewesen.

Wenn die EU heute, da von allen Seiten Bedrohungen erwachsen und vordringen, nicht mit einer Stimme sprechen kann, so ist es wichtig, wenigstens abgestimmt und machtvoller zu sprechen. Ich stimme mit der Einschätzung von Herrn Solana völlig überein.

Es wird nicht leicht sein, die Verhandlungen über die Vereinbarung zwischen der EU und Russland zu beginnen. Nach einer Verzögerung von anderthalb Jahren besteht die Gefahr, dass noch einmal so viel oder sogar noch mehr Zeit verlorengeht, wenn wir uns nicht auf die wesentlichsten Fragen konzentrieren. Deshalb müssen 27 Länder ihre Interessen abstimmen und jene in den Mittelpunkt rücken, die allen gemeinsam und für alle wichtig sind. Die Alternative zum Aufschub oder Scheitern der Verhandlungen ist eine Ausweitung der bilateralen Gespräche Moskaus mit Rom oder Vilnius, Berlin oder Budapest, Paris oder Sofia. Das ist keine erstrebenswerte Option, vor allem nicht für die neuen Mitgliedstaaten.

Die Reaktion der Kommission und des Rates, angesichts des bedrohlichen Klimawandels diesen als zentrales Thema zu benennen, erfolgte zur rechten Zeit. Das Europäische Parlament muss ständig verfolgen und prüfen, wie Pläne und Maßnahmen umgesetzt werden, um der Bedrohung entgegenzuwirken.

 
  
MPphoto
 
 

  Anneli Jäätteenmäki (ALDE).(FI) Herr Präsident! Dieser Bericht betont die Bedeutung der Menschen- und Bürgerrechte, und das ist gut so. Auch Trends in der Sicherheit der Energieversorgung werden als eminent wichtig herausgestellt. Außerdem wird in dem Bericht missbilligt, wie Dritte, in erster Linie Russland, Energie als politisches Instrument einsetzen und dass Mitgliedstaaten bilaterale Energievereinbarungen ohne Abstimmung in der EU abschließen.

Die EU muss wirklich einmal einen Blick in den Spiegel werfen. Russland arbeitet direkt mit EU-Mitgliedstaaten zusammen, weil die EU über keine kohärente und aufeinander abgestimmte Energiepolitik verfügt. Man mag sich fragen, ob die Mitgliedstaaten eine solche überhaupt wollen. Russlands Rolle als wichtiger Partner in der EU-Energiepolitik, vielleicht sein wichtigster, muss anerkannt werden. Bei der Zusammenarbeit im Energiebereich zwischen Russland und der EU müssen wir eine Konstellation anstreben, in der beide Seiten gewinnen. Ich bin der Überzeugung, dass eine solche Situation mit Vorteilen für beide Seiten mit politischem Willen und sehr viel weniger Voreingenommenheit erreichbar ist.

Eine von Russland und der EU gemeinsam verfolgte Energiepolitik sollte sich auf Kooperation statt auf Konfrontation gründen. Derzeit versuchen gewisse Kreise, darunter einige innerhalb der EU, die Zusammenarbeit zu behindern, indem sie auf Konfrontation setzen. Russland bemüht sich bereits seit langem darum, ein gleichberechtigter Partner Europas zu sein. Möge das so sein. Wir wissen, dass es ist nicht leicht ist, mit Russland zu verhandeln.

Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU muss mehr Einfluss in der internationalen Politik haben. Ich bin sehr dafür, dass das Parlament Druck auf den Rat ausübt, um den Gedanken eines ständigen Sitzes der EU im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen voranzubringen. Solange die EU nicht über einen solchen Sitz verfügt, wird es schwierig sein, mit einer Stimme zu sprechen.

 
  
MPphoto
 
 

  Miroslav Mikolášik (PPE-DE).(SK) Der Text, über den wir heute sprechen, stützt sich im Wesentlichen auf die vom Rat im Dezember 2003 angenommene Europäische Sicherheitsstrategie und auf die Entschließung vom Mai 2007 zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Ich schätze die Arbeit des Berichterstatters Jacek Saryusz-Wolski, Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, der uns einen umfassenden und qualitativ hochwertigen Text zur Abstimmung vorgelegt hat.

Ich möchte einige Aspekte der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik hervorheben, die nicht ohne eine strategische Zusammenarbeit mit unserem stärksten Verbündeten, den Vereinigten Staaten, umgesetzt werden können. Das wird im Transatlantischen Partnerschaftsabkommen EU-USA, das auch den Aspekt der wirtschaftlichen Beziehungen beinhaltet, angemessen zum Ausdruck gebracht. Diese Frage steht zudem in engem Zusammenhang mit der militärischen Zusammenarbeit, nicht nur mit den USA, sondern auch im Rahmen der NATO. Natürlich muss geklärt und ein für allemal gesagt werden, ob das durch das Radarsystem in Polen und der Tschechischen Republik geschaffene Raketenschutzschild gemeinsamen europäischen Interessen dienen und diese wirksam schützen wird, oder ob es sich dabei lediglich um eine unilaterale Initiative zum Schutz vor Bedrohungen aus Asien handelt. Ich denke dabei insbesondere an das Verhalten des Irans im Nahen Osten.

Wir alle wissen, dass der Iran Syrien und insbesondere die in der Region aktiven terroristischen Gruppierungen militärisch und finanziell unterstützt und dass Letztere durch Aktionen der Hisbollah im Süd-Libanon und in Syrien eine ständige Bedrohung für Frieden und Stabilität darstellen. Iran macht keinen Hehl aus seinem Wunsch, eine Vormachtstellung zu erreichen, und sein militärisches Atomprogramm soll bei der Erreichung dieses Ziels helfen. Ich muss jedoch fragen, ob wir in dem Dokument für die Außenpolitik, über das wir heute sprechen, auf den Vertrag von Lissabon verweisen können, wie das an mehreren Stellen geschehen ist, da dieser noch nicht in Kraft ist, weil der Ratifizierungsprozess noch nicht von allen Mitgliedstaaten abgeschlossen wurde. Und ich habe noch eine weitere Frage: Auf welche rechtliche Grundlage stützte sich die Europäische Union, als sie die EULEX-Mission in das Kosovo entsandte? War dies nicht eigentlich eine Handlung „vor dem Gesetz“? Ich bin sicher, dass es keine UN-Resolution gibt, die einen solchen Schritt rechtfertigen würde.

 
  
  

VORSITZ: EDWARD McMILLAN-SCOTT
Vizepräsident

 
  
MPphoto
 
 

  Ioan Mircea Paşcu (PSE). – (EN) Herr Präsident! Die Welt, in der die EU gefordert ist, ihre Integration voranzutreiben und zu einer wirklich gemeinsamen Außenpolitik zu gelangen, wird von Tag zu Tag komplizierter. Die Gefahr einer wirtschaftlichen Rezession, befördert von der gegenwärtigen Finanzkrise und steigenden Energiekosten, der unbefriedigende Zustand der transatlantischen Beziehungen sowie die zunehmende Vermessenheit Russlands, Europa immer stärker mit geopolitischen Herausforderungen alten Stils zu konfrontieren, für die es nicht mehr gerüstet ist, widerspiegeln lediglich das derzeitige internationale Umfeld.

Vor diesem Hintergrund und angesichts der steigenden Abhängigkeit der EU von russischen Lieferungen wird Energie immer mehr zum Prüfstein für den Erfolg oder Misserfolg bei der Erreichung des Ziels einer gemeinsamen EU-Außenpolitik, denn es macht einen gewaltigen Unterschied, ob Europa zur Deckung seines steigenden Energiebedarfs die Schaffung eines Binnenmarktes für Energie vereinbart und dementsprechend an die Lieferanten, vor allem Russland, herantritt und mit einer Stimme spricht, oder ob es die bestehende nationale Teilung beibehält und bilateralen Verträgen über Vorzugslieferungen Priorität einräumt. Heute geht es in der Weltpolitik vor allem um Gas und Öl.

 
  
MPphoto
 
 

  Colm Burke (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich unterstütze die Entwicklung der GASP, einschließlich der ESVP, und die durch den Vertrag von Lissabon in diesen Politikbereichen eingeführten Änderungen. Das ist auch die Position der irischen Regierung. Diese Änderungen werden der EU die Entwicklung ihrer Ressourcen zur Konfliktprävention und zum Krisenmanagement ermöglichen, wobei gewährleistet ist, dass neue Abmachungen in vollem Einklang mit Irlands traditioneller Politik der militärischen Neutralität stehen.

Den Gefolgsleuten von Sinn Fein, die falsche Informationen über den Vertrag von Lissabon verbreiten, sage ich, in Irland gibt es in Bezug auf die Stationierung von Truppen ein dreifaches Sicherungssystem: Erstens muss es einen UN-Beschluss geben; zweitens einen Beschluss der Regierung; und drittens muss das nationale Parlament Dáil Éireann zustimmen. Daran wird sich auch nach dem Vertrag von Lissabon nichts ändern.

Die derzeit von den Vereinten Nationen ermächtigte EU-Mission im Tschad, bei der Irland eine führende Rolle spielt, ist ein Musterbeispiel für die Aktivitäten der EU auf diesem Gebiet. Ich selbst konnte unlängst den Tschad und die EU-Friedensmission im Osten des Landes besuchen und bin überzeugt, dass diese Mission die für die Erbringung humanitärer Hilfe für Hunderttausende Flüchtlinge und Vertriebene erforderliche Sicherheit schaffen wird und auch für den Schutz der humanitären Hilfskräfte vor Ort sorgt. Mit dieser ESVP-Mission im Tschad hat die EU erstmals einen Friedenseinsatz in nahezu mustergültiger Eintracht mit allen Akteuren angestoßen.

Weitere Missionen mit irischer Beteiligung betreffen die Ausbildung von Polizeikräften in den palästinensischen Autonomiegebieten, die Überwachung des Friedensprozesses zwischen den Rebellen und der Regierung in Indonesien sowie die Unterstützung der Polizeibehörde in Bosnien.

Seit 2003 hat es mehr als 20 solcher Missionen gegeben. Es werden zunehmend Anfragen an die EU gerichtet, auf diesen Gebieten Hilfe und Unterstützung zu leisten. Entscheidend bei all diesen Initiativen ist, dass sie dazu beitragen, das Engagement der EU zur Friedenssicherung und zum Krisenmanagement noch effektiver zu machen.

Aus nationaler Sicht behalten wir das Recht auf Einlegung eines Vetos bei allen Entwicklungen, mit denen wir nicht einverstanden sind, sowie das souveräne Recht, über die Teilnahme an Krisenmanagement-Missionen gemäß unseren eigenen gesetzlichen Erfordernissen zu entscheiden. Das ist einer von zahlreichen Gründen, weshalb die Iren am 12. Juni mit „Ja“ stimmen dürften.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Ehe wir fortfahren, möchte ich alle Besucher auf der Besuchertribüne begrüßen, insbesondere jedoch eine Gruppe aus meinem eigenen Wahlkreis in Yorkshire & Humber.

 
  
MPphoto
 
 

  Anna Záborská (PPE-DE).(FR) Herr Präsident, Herr Hoher Vertreter! Ich wende mich direkt an Sie, um eine Frage zu der Verfolgung von Christen in Algerien zu stellen. Welche Maßnahmen hat die Europäische Union angesichts der Verfolgung von Christen in einem Staat ergriffen, zu dem wir enge Beziehungen unterhalten? Die Religionsfreiheit ist in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschrieben, wonach jeder Staat sicherstellen muss, dass diese Rechte gewahrt werden. Algerien ist Mitglied der Vereinten Nationen, missachtet aber dieses Grundrecht. Die Christen sind vollwertige Bürger, sie haben das gleiche Recht auf Ausübung ihrer Religion wie jede andere Religionsgemeinschaft. Daher fordere ich Sie dringend auf, Herr Hoher Vertreter, alle direkten oder indirekten diplomatischen Kanäle zu nutzen, um der Verfolgung von Christen ein Ende zu setzen. Hier steht auch die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union auf dem Spiel.

 
  
MPphoto
 
 

  Hubert Pirker (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Kommissar, Hoher Beauftragter! Ich glaube, die Debatte hat sehr klar gezeigt, dass die Europäische Union nur unter gewissen Bedingungen tatsächlich eine politische Union werden kann. Zum Ersten nur, wenn der Vertrag von Lissabon ratifiziert wird, und zweitens nur dann, wenn es eine tatsächliche europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik gibt, die diesen Namen auch verdient, wenn Sie sich also besser entwickelt als bisher. Dann ist auch die Chance gegeben, dass sich die Europäische Union von einem global payer in Richtung eines global player entwickelt.

Die Vorbereitungen im Tschad sind zweifelsohne nicht das Ruhmesblatt schlechthin, aber es ist ein Fallbeispiel, an dem wir als Europäische Union haben lernen können, weil ganz einfach die Defizite sehr offensichtlich geworden sind. Das hat einmal mehr gezeigt, dass die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach kompatiblen Systemen verlangt, nach neuen und raschen Mechanismen für die Zurverfügungstellung von Truppen. Die Zeit der Debatten ist vorbei, die Zeit des Handelns sollte endlich folgen!

 
  
MPphoto
 
 

  Csaba Sándor Tabajdi (PSE).(HU) Herr Präsident, ich möchte Herrn Kuhne zu seinem ausgezeichneten Bericht gratulieren. Er hat vollkommen Recht mit seiner Feststellung, dass 2008 das entscheidende Jahr für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sein wird. Nicht nur wegen des Vertrags von Lissabon, sondern auch, weil der Kosovo der größte Prüfstein in der Frage sein wird, ob die EU für die politische Mobilisierung des Kosovo gerüstet ist. Leider haben sich die Vereinten Nationen und die EU noch immer nicht einigen können, und bedauerlicherweise haben wir uns auch auf geistiger Ebene nicht vorbereitet, denn aus unserer Präsenz in Bosnien und Herzegowina haben wir keine Lehren gezogen.

Die antirussische Tendenz im Bericht des Kollegen Saryusz-Wolski halte ich für bedauerlich. Russland kann und muss kritisiert werden, ist zugleich aber auch ein strategischer Partner, an dem man nicht vorbeikommt, und eine Vertiefung der Zusammenarbeit liegt im beiderseitigen Interesse. Nicht der Abschluss bilateraler Abkommen durch die Mitgliedstaaten der EU ist für das Fehlen einer gemeinsamen Politik im Energiebereich verantwortlich. Vielmehr verhält es sich wie folgt: Weil es keine gemeinsame Energiepolitik gibt, fehlt ein Maßstab, an den die Interessen der Mitgliedstaaten angepasst bzw. auf den sie abgestimmt werden können. Die Kritik im Bericht des Kollegen Saryusz-Wolski ist daher vollkommen unangebracht. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
MPphoto
 
 

  Monika Beňová (PSE).(SK) Wie andere vor mir möchte auch ich Herrn Saryusz-Wolski und Herrn Kuhne für ihre Arbeit danken, und zwar insbesondere für die Ausgewogenheit, die zwischen den sozialen, rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekten im Bericht erzielt wurde. Ich gehe davon aus, dass es in Zukunft sehr wichtig sein wird, dem Umgang mit unseren beiden größten Partnern, den Vereinigten Staaten und Russland, mehr Gewicht zu verleihen und uns besser darauf vorzubereiten. Russland hat einen neuen Präsidenten. Bald werden die Vereinigten Staaten eine neue Regierung haben. Es ist folglich richtig, wenn wir uns in unserer gemeinsamen Außenpolitik dann auf diese beiden Länder konzentrieren.

Was die wirtschaftliche Dimension betrifft, müssen wir den Schwerpunkt insbesondere auf die Energieversorgungssicherheit der Europäischen Union legen. Ich vertraue darauf, dass bei den Verhandlungen mit der Russischen Föderation in dieser Frage Fortschritte erzielt werden. Da wir gerade bei unseren beiden Partnern sind, möchte ich sagen, dass es hilfreich wäre, wenn wir als gleichberechtigter und gleichermaßen kompetenter Partner in den Beziehungen mit beiden Seiten, seien es die Vereinigten Staaten oder die Russische Föderation, auftreten würden und wenn die Maßnahmen ausgewogen wären. Abschließend möchte ich sagen, Herr Präsident, dass ich die Verweise auf den Vertrag von Lissabon begrüße. Zeigen wir doch durch die Bezugnahme im Vertrag, dass das Parlament mit dessen Ratifizierung rechnet und voll dahinter steht.

 
  
MPphoto
 
 

  Miloslav Ransdorf (GUE/NGL).(CS) Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Solana hat sich recht lange nicht bei uns blicken lassen, und ich habe mir schon Sorgen über seinen Gesundheitszustand gemacht. Jetzt kann ich mich davon überzeugen, dass er gesund und wohlauf ist, dass er nicht dem Beispiel von Judas Ischariot gefolgt ist und sich nach den Vorfällen im Kosovo nicht erhängt hat. Also kann ich ihn fragen, ob ihm bekannt war, dass Hašim Tači und seine Kumpane Handel mit den Organen serbischer Gefangener betrieben haben? Hat er davon gewusst oder nicht?

 
  
MPphoto
 
 

  Mieczysław Edmund Janowski (UEN).(PL) Herr Präsident! Ich zolle beiden Berichterstattern meine tiefe Hochachtung. Sie haben gute Arbeit geleistet. Dennoch möchte ich auf mehrere Punkte im Zusammenhang mit der Außen- und Verteidigungspolitik hinweisen. Ich denke dabei an das europäische Potenzial in folgenden Bereichen:

Demografie: hier schwinden die Möglichkeiten. Wirtschaftlich stehen wir nicht schlecht da, aber Finanzkrisen stellen eine Bedrohung dar. Am militärischen Potenzial – uneins, wie wir sind, und so zersplittert, wie es sich präsentiert – können wir ablesen, was Sache ist. Das Energiepotenzial, die Möglichkeiten beim Zugang zu Wasser und Nahrung. Wir haben von anderen Gefahren gesprochen; ich möchte als weitere Beispiele die epidemiologischen Risiken und die Informationssicherheit nennen. In der heutigen Zeit sollte Außenpolitik aus meiner Sicht den Zusammenschluss mit Ländern, die uns – aus dem Blickwinkel der Zivilisation betrachtet – nahe stehen, die Zusammenarbeit mit allen, die dazu bereit sind, und ein entschiedenes Auftreten gegenüber allen Anderen umfassen.

 
  
MPphoto
 
 

  Csaba Sógor (PPE-DE).(HU) Vor 88 Jahren fassten die europäischen Großmächte im Vertrag von Trianon, mit dem der Erste Weltkrieg beendet wurde, einige Beschlüsse zur Sicherheitspolitik. Darin wurden die Rechte nationaler Minderheiten ignoriert bzw. nur auf dem Papier garantiert. Auch der nach dem Zweiten Weltkrieg geschlossene Vertrag von Paris löste diese Probleme nicht. Die Sicherheitspolitik wurde auf die Gewährleistung der Unverletzlichkeit von Grenzen reduziert. Viele der seinerzeit gezogenen Grenzen gibt es heute nicht mehr, die Tschechoslowakei und Jugoslawien existieren nicht mehr.

Das Minderheitenproblem besteht jedoch weiterhin. Uns Ungarn hat es in acht Länder verschlagen, von denen bislang nur Slowenien in der Lage war, die Rechte der ungarischen Gemeinschaft auf eine verlässliche Grundlage zu stellen. Dem Bericht zufolge müssen im Interesse der Gewährleistung eines wirksamen Schutzes der Rechte von Minderheiten Fortschritte im Einklang mit europäischen Standards erzielt werden.

Doch um welche Art von europäischen Standards geht es hier? Es wäre gut, auf einer Antwort auf die Frage zu bestehen, was wir in der EU eigentlich von den westlichen Balkanstaaten erwarten. Frei nach dem lateinischen Sprichwort: „Wenn Du Frieden willst, rüste zum Krieg.“ Heute wollen wir ein friedliches Europa. Eine Lösung im Bereich der Minderheitenrechte muss sowohl EU-intern als auch außerhalb der EU mithilfe solcher Instrumente wie regionale und kulturelle Eigenständigkeit herbeigeführt werden, die sich in der westlichen Hälfte Europas bewährt haben. Vielen Dank.

 
  
MPphoto
 
 

  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. − Herr Präsident! Wie schon Javier Solana vor mir glaube auch ich, dass diese Debatte einen breiten Konsens in der grundsätzlichen Orientierung der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik gezeigt hat, und darüber bin ich sehr froh.

Ich möchte zu drei Punkten kurz etwas sagen. Noch einmal zur Frage des Sicherheitsbegriffs: Ich glaube nicht, dass wir da wirklich weit auseinander liegen. Keines der großen globalen Probleme, mit denen wir es heute und in nächster Zukunft zu tun haben werden, ist ohne einen Bezug zur sicherheitspolitischen Dimension. Selbst die Krise der Finanzmärkte hat eine sicherheitspolitische Dimension. Die Lebensmittelsituation hat eine, die Rohstoffsituation hat eine, um die klassischen Themen nicht zu vergessen.

Trotzdem besteht nicht die Gefahr, dass es zu einer Militarisierung unserer Außenpolitik oder einer Militarisierung der Europäischen Union kommt, weil die militärische Antwort bei diesen Risiken in den seltensten Fällen eine Option ist. Wenn überhaupt, dann normalerweise, um ein sicheres Umfeld zu schaffen, in dem die eigentliche Aufgabe, die zivilgesellschaftlicher und politischer Natur sein wird, zu erledigen. Wir müssen aber in der Lage sein, beides zu tun. Wir müssen auf beides vorbereitet sein und das ist genau die Überlegung, in die die europäische Politik geht. Wir sind übrigens in besonderer Weise dazu prädestiniert, zur Bewältigung von Krisen in der Welt beizutragen, weil wir über ein breites Spektrum von Instrumenten zur Umsetzung unserer Strategien verfügen.

Die Europäische Union kann sich nicht nur auf die GASP und die ESVP, sondern auch auf verschiedene gemeinschaftliche Instrumente stützen, zum Beispiel auf die Instrumente für Stabilität und Entwicklungszusammenarbeit im Allgemeinen, aber auch humanitäre Hilfe und Zivilschutz.

Wir müssen dafür sorgen, dass wir immer die richtigen Instrumente wählen und dass ein kohärentes Zusammenspiel der verschiedenen Akteure gewährleistet ist. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass eine der wichtigsten Vorteile des Vertrags von Lissabon – wenn er in Kraft tritt – darin besteht, dass genau dieses kohärente und effektivere Zusammenspiel deutlich erleichtert wird.

Lassen Sie mich zum Schluss und zusammenfassend noch einmal sagen: Worauf es wirklich ankommt, ist unser gemeinsamer und politischer Wille, unsere Möglichkeiten tatsächlich zu nutzen. Die Möglichkeiten sind ja da, wir müssen sie nur nutzen wollen. Wir müssen sie so nutzen, dass wir an einem Strang ziehen. Wir haben unter den heutigen Umständen in Wirklichkeit keine Wahl. Wir können uns widersprüchliches Handeln oder eine ineffiziente Mittelverwendung einfach nicht mehr leisten. Vielmehr müssen wir unsere Ressourcen und Instrumente bündeln und konzentrieren, wenn wir eine wirklich gemeinsame, glaubwürdige und kohärente EU-Außenpolitik erreichen wollen. Nur dann sind wir den Herausforderungen gewachsen und können die berechtigten Erwartungen unserer Bürgerinnen und Bürger und unserer Partner erfüllen.

Vielen Dank.

 
  
MPphoto
 
 

  Javier Solana, Hoher Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. (EN) Herr Präsident! Ich möchte auf die zwei oder drei direkt an mich gerichteten Fragen eingehen. Zuerst zur Frage von Herrn Salafranca Sánchez-Neyra.

(ES) Herr Salafranca Sánchez-Neyra, ich werde die zwei Fragen, die Sie mir gestellt haben, mit Ja beantworten, doch gestatten Sie mir zu sagen, dass wir zuallererst sehen wollen, ob der Vertrag verabschiedet wird. Die auf der Ratifizierung des Vertrags basierenden Themen müssen warten, und die Vereinbarungen werden wahrscheinlich später kommen müssen.

(FR) Frau Záborská, wir werden die Frage weiterverfolgen. Da Frau Záborská nicht anwesend ist, spare ich mir die Antwort für später auf.

(EN) In der Agentur arbeiten wir sehr intensiv an der Interoperabilität. Sie haben sich danach erkundigt, und die Antwort lautet Ja. Zu den anderen Fragen habe ich mich heute bereits geäußert.

Ich habe allen Rednern aufmerksam zugehört und hoffe, dass es uns im Laufe der Zeit – der Moment der Wahrheit rückt immer näher – nach der Ratifizierung des Vertrags gemeinsam gelingen wird, einige der hier vorgeschlagenen Ideen umzusetzen. Ehe die beiden Berichterstatter nun das Wort ergreifen, möchte ich sie noch einmal beglückwünschen, wie ich das vorhin bereits tat.

Abschließend sei bemerkt, dass ich völlig mit dem übereinstimme, was Kommissar Verheugen in seiner letzten Rede sagte, und ich werde dem nichts hinzufügen.

 
  
MPphoto
 
 

  Jacek Saryusz-Wolski, Berichterstatter. (FR) Herr Präsident, es ist schwierig, diese Aussprache in wenigen Worten zusammenzufassen, aber ich bin mit ihrem Inhalt zufrieden. Die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit zwischen dem Parlament, dem Rat, der Kommission und den Mitgliedstaaten ist die wichtigste Schlussfolgerung, die wir daraus ziehen können. Zweitens findet der Inhalt eine recht breite Unterstützung. Drittens erkennen wir an, dass viele äußerst wichtige Dinge bereits erreicht worden sind. Und schließlich unterstreichen wir die Notwendigkeit, unsere Anstrengungen zu verdoppeln.

Herr Kommissar, Vizepräsident Verheugen hat uns ganz zu Recht an den enormen Beitrag der Gemeinschaftspolitiken und die diesbezügliche Rolle der Europäischen Kommission erinnert. Ich teile seinen Standpunkt, denn eine integrierte Außenpolitik wäre ohne die Ergebnisse der Gemeinschaftspolitiken unvollständig.

Zum ersten Mal habe ich den Eindruck, dass dies eine Aussprache zur Vorbereitung der Ernennung des künftigen Außenministers der EU mit „Doppelhut“ ist.

(EN) Was mich zu der Frage veranlasst: Was machen wir ohne diese kreative Spannung?

(FR)…in der Zukunft, wenn es nur noch eine Institution gibt. Ich stimme zu, dass wir eine – im inhaltlichen Sinne – stärkere Außenpolitik für die Institutionen brauchen. Die am häufigsten angesprochene Frage ist die Energiesicherheit. Der am häufigsten genannte Staat bzw. geografische Ort ist wohl Afghanistan, als wäre es ein Test für die Europäische Union und für die gesamte internationale Gemeinschaft. Es gab mehrere Punkte, bei denen die Ansichten auseinandergingen. Ohne diese Unterschiede, die unsere Aussprachen beleben, wären diese ein bisschen langweilig. Ich hoffe daher, dass die künftigen Aussprachen ebenso lebhaft und bereichernd wie diese hier sein werden. Wir haben jedoch eine Einigung über die wichtigsten Grundsätze erzielt, die sehr vielversprechend aussieht, und ich hoffe, der Rat, der Hohe Vertreter und die Kommission werden, mit dem ganz bescheidenen Beitrag des Parlaments natürlich, künftig in der Lage sein, eine Außenpolitik der Union zu begründen, die noch stärker, bedeutender und ambitionierter ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Helmut Kuhne, Berichterstatter. − Herr Präsident! Dieses Schlusswort gibt mir die Gelegenheit, etwas zu tun, wozu ich vorhin keine Zeit hatte, nämlich sowohl Herrn Vizepräsident Verheugen als auch dem hohen Beauftragten, Herrn Solana, für die gute Zusammenarbeit mit ihren Mitarbeitern zu danken, die mir für Gespräche zur Verfügung gestanden haben und bei denen ich eine Menge gelernt habe. Das hat sich auch auf den Bericht positiv ausgewirkt.

Ich bedanke mich auch bei allen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss und ich bedanke mich insbesondere beim Ausschussvorsitzenden und Berichterstatter des anderen Berichts, Herrn Saryusz-Wolski. Wir haben uns ab und an wie Schüler die Zettel herüber geschoben, wo wir overlapping issues in unseren Berichten hatten, um den gleichen Wortlaut zu bekommen. Das hat ebenfalls gut geklappt.

Ich würde gerne noch drei Punkte sagen:

(EN) Zunächst in Englisch, da einige Redner auf das Referendum in Irland Bezug nahmen.

Zur Legende der Militarisierung möchte ich sagen: Mein Bericht enthält eine umfassende Liste von Vorschlägen für Rüstungskontrolle und Abrüstung – eine ganze Seite lang. Zweitens, der Vertrag von Lissabon bewahrt jedem Mitgliedstaat das Recht, sich nicht an EU-Missionen, insbesondere militärischen Missionen, zu beteiligen. Dieses Recht wird vom Vertrag von Lissabon in keiner Weise angetastet. Es war sehr interessant zu hören, wie selbsternannte Befürworter der NATO ihre Sorge um die Unabhängigkeit des neutralen Irland im Zusammenhang mit der ESVP zum Ausdruck brachten. Das fand ich doch sehr interessant.

Ein letzter Punkt, den Herr Pflüger angesprochen hat, betrifft die Frage der parlamentarischen Kontrolle: Ich weiß nicht, ob das ein gewolltes Missverständnis war, aber der Text, der sich sowohl in dem Bericht von Herrn Saryusz-Wolski als auch in meinem Bericht findet, schließt nicht aus, dass Fraktionen an vertrauliche Informationen gelangen können. Es ist eine offene Formulierung. Wir im Parlament müssen erst einmal unsere Hausaufgaben machen, um überhaupt eine Verhandlungsposition gegenüber dem Rat zu entwickeln. Auf welcher Vertraulichkeitsstufe wollen wir wie vielen Abgeordneten Einsicht gewähren? Es kann dann durchaus möglich sein, dass wir sagen, auf dieser Vertraulichkeitsstufe alle Fraktionen, auf diesen diejenigen usw. Das müssen wir erst selbst entwickeln, und in unseren beiden Vorschlägen ist überhaupt nicht ausgeschlossen, dass Fraktionen daran partizipieren.

Ich weiß nicht, ob das ein gewolltes Missverständnis war oder ob der Text so unverständlich war – ich glaube, er war es nicht – , aber wir sollten uns hier im Parlament erst einmal hinsetzen und eine eigene Verhandlungsposition gegenüber dem Rat entwickeln.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag, dem 5. Juni 2008, statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
MPphoto
 
 

  Roberta Alma Anastase (PPE-DE), schriftlich. (RO) Ich möchte die Bedeutung dieses Berichts hervorheben und dem Berichterstatter dafür danken, dass er alle meine Vorschläge in den endgültigen Text aufgenommen hat. Vor dem Hintergrund der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon und angesichts der künftigen Zuständigkeiten des Europäischen Parlaments ist es notwendig, Bilanz über die Arbeitsweise der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu ziehen und ihre vorrangigen Ziele für 2008 und 2009 festzulegen.

Die Intensivierung der Europäischen Nachbarschaftspolitik muss 2008 ein Hauptziel sein. Was die Qualität der Beziehungen und die Zusammenarbeit mit der Schwarzmeerregion angeht, so möchte ich die Wichtigkeit ihrer baldigen Entwicklung betonen. War 2007 das Jahr, in dem die EU-Politik für diese Region festgelegt wurde, so muss der Schwerpunkt im Jahr 2008 auf der praktischen Umsetzung der Schwarzmeersynergie liegen. Außerdem kommt es darauf an, alle Kräfte für eine erfolgreiche und schnellst mögliche Durchführung des Energieprojekts Nabucco zu mobilisieren und eine Lösung für die Konflikte in der Region zu finden.

Die westlichen Balkanstaaten und ihre Nähe zur EU müssen ebenfalls ein Schwerpunktthema der EU-Außenpolitik sein. Unter den Aspekten, die in dieser Region sorgfältig überwacht werden müssen, möchte ich die Notwendigkeit hervorheben, die Rechte von Minderheiten, auch die der rumänischsprachigen Minderheiten, wirksam zu schützen.

 
  
MPphoto
 
 

  Adam Bielan (UEN), schriftlich. – (PL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich dem Kollegen Saryusz-Wolski für seinen sehr guten Bericht danken. Ich möchte einige Überlegungen aufgreifen, die einem beim Lesen dieses Berichts in den Sinn kommen. Am beunruhigendsten ist die weiter zunehmende Abhängigkeit der EU von Energielieferungen aus instabilen und undemokratischen Ländern. Was die Unterzeichnung bilateraler Energieabkommen durch die Mitgliedstaaten angeht, kann von Koordinierung überhaupt keine Rede sein; das schadet den Interessen der EU und stellt ihre strategischen Projekte in Frage. Eine solche Handlungsweise, die bestimmte Mitgliedstaaten an den Tag legen, schwächt die Verhandlungsmacht der Europäischen Union und ihre Anstrengungen im Hinblick auf eine gemeinsame Außenpolitik im Energiebereich erheblich.

Ich möchte nochmals die strategische Bedeutung der Nabucco-Pipeline für die Energiesicherheit der EU hervorheben und die Europäische Kommission und den Rat auffordern, jede nur erdenkliche Anstrengung zu unternehmen, um die Arbeit an diesem Vorhaben voranzutreiben.

Mit Blick auf die zweitägige Konferenz zum Thema „Europäische Nachbarschaftspolitik“, die während der jetzigen Sitzungsperiode stattfindet und an deren Organisation ich beteiligt bin, möchte ich auf die Bedeutung von Maßnahmen zur Verstärkung dieser Politik hinweisen. Die anhaltenden Konflikte in Ländern, die in die ENP eingebunden sind, stellen eine ernsthafte Herausforderung für die Sicherheit der EU dar.

Kurz gesagt: Meines Erachtens sollten die Stärkung der östlichen Nachbarschaftspolitik und die Beendigung von Konflikten, die hinter unserer Ostgrenze provoziert werden, sowie die Gewährleistung der Energiesicherheit vorrangige Anliegen der EU-Außenpolitik sein.

 
  
MPphoto
 
 

  Alexandra Dobolyi (PSE), schriftlich. (EN) Der Bericht spiegelt genau unsere Ansichten zur künftigen Entwicklung der GASP wider. Die GASP ist ein entscheidendes Element der EU-Außenpolitik. Ich begrüße die mit dem Vertrag von Lissabon verbundenen Verbesserungen im Bereich Außenbeziehungen. Mit seiner Umsetzung würde die GASP wirksamer und kohärenter. Die mit dem Vertrag geschaffenen neuen Positionen könnten die Sichtbarkeit der EU verbessern, allerdings halte ich es für wichtig, die jeweiligen Rollen zu definieren, damit sichergestellt ist, dass ihre unterschiedlichen Funktionen zur Kohärenz und Wirksamkeit der GASP beitragen.

Wenn wir wollen, dass die EU eine Kraft ist, die aktiv für internationalen Frieden und Stabilität eintritt, müssen wir über das erforderliche Instrumentarium verfügen. Dafür wiederum brauchen wir mehr politischen Willen vonseiten der Mitgliedstaaten.

Die Präsenz der EU nimmt weltweit zu, EU-Missionen gibt es auf der gesamten Erde. Die EU macht auch das Leben ihrer eigenen Bürger sicherer, wenn sie an der Schaffung von Sicherheit und Stabilität in der Welt mitwirkt. Das ist der beste Weg, ihre Sicherheit zu verteidigen und ihre Werte zu fördern.

Nach meinem Dafürhalten sind das Schritte in die richtige Richtung.

 
  
MPphoto
 
 

  Genowefa Grabowska (PSE), schriftlich. – (PL) Ich befürworte den hier vorgelegten Bericht. Meines Erachtens handelt es sich um ein ausgewogenes und nicht auf Konfrontation abzielendes Dokument.

Gerade heute ist eine Bewertung der EU-Außenpolitik besonders dringend geboten, vor allem in Anbetracht der im Vertrag von Lissabon diesbezüglich vorgeschlagenen Änderungen. Ich habe keinen Zweifel, dass dieser Vertrag dadurch, dass er die Rolle des Hohen Vertreters stärkt, eine weitsichtigere und langfristige Strategie für die Außenpolitik der EU ermöglichen wird. Die Tatsache, dass die Europäische Union in ihrer Gesamtheit auf gemeinsamen Werten beruht, bedeutet, dass eben diese Werte ihren Niederschlag in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union finden müssen. Nur wenn die EU einen solchen Ansatz verfolgt, erlangt sie Glaubwürdigkeit auf dem internationalen Parkett. Die GASP fordert einerseits die politische Einheit der Mitgliedstaaten und andererseits die Achtung der Grundsätze der Solidarität, insbesondere bei der Festlegung neuer politischer Strategien der EU.

Ich teile daher das im Bericht zum Ausdruck gebrachte Bedauern und die darin vorgetragenen Bedenken über den Mangel an Fortschritten im Zusammenhang mit einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik im Energiebereich. Zudem kann ich nicht hinnehmen, dass einige Mitgliedstaaten gesonderte bilaterale Energielieferverträge mit Russland schließen, denn das schwächt die Verhandlungsposition der Europäischen Union insgesamt und ihre Anstrengungen im Hinblick auf eine gemeinsame Außenpolitik im Energiebereich erheblich. Das ist umso bedauerlicher, als vor noch gar nicht allzu langer Zeit genau diese Staaten gesonderte Visavereinbarungen mit den Vereinigten Staaten kritisierten und mitteleuropäische Staaten, die derartige Abkommen geschlossen hatten, der Schwächung der gemeinsamen europäischen Visapolitik bezichtigten.

 
  
MPphoto
 
 

  Janusz Lewandowski (PPE-DE), schriftlich. – (PL) Herr Präsident! Die Europäische Union steigt zum Global Player auf; der beste Beweis dafür ist die geografische Reichweite des gemeinschaftlichen Engagements. Sie müssen dabei nur auf die im Bericht von Herrn Kuhne genannten, vom Rat 2007 und Anfang 2008 gefassten Beschlüsse zu operativen Maßnahmen verweisen: die Polizeimission in Afghanistan, die Militäroperation im Tschad, die Neuaufstellung der Truppen in Bosnien und die Vorbereitung von Missionen im Kosovo und in Guinea-Bissau.

Leider hält die Beseitigung von bereits seit längerem erkennbaren Schwachstellen, d. h. Fehlen eines Europäischen Zivilen Friedenskorps, Transportengpässe und unterschiedliches Engagement einzelner Länder, nicht mit der Erweiterung des geografischen Einsatzgebietes Schritt.

Aufgrund von seit kurzem vorliegenden Informationen muss in die Debatte über europäische Sicherheit eine neue Dimension einfließen. Ich spreche von der Sicherheit europäischer Institutionen in Brüssel, Luxemburg und Straßburg. Die Entlarvung terroristischer Gruppen, die sich Einrichtungen der EU als Angriffsziel auserkoren hatten, bedeutet, dass Sicherheitsbelange kein theoretisches Problem mehr sind. Uns ist bewusst, dass das Europäische Parlament leicht zugänglich ist und dass es schwer sein dürfte, einen goldenen Mittelweg zwischen der Offenheit dieser Institution und schärferen Sicherheitsanforderungen zu finden. Das ist jedoch dringend geboten und sollte im Haushaltsplan 2009 berücksichtigt werden. Diese Angelegenheit ist zwar nicht ganz so bedeutungsvoll wie andere Probleme, die in dem Bericht behandelt werden, verdient aber dennoch Aufmerksamkeit.

 
  
MPphoto
 
 

  Marianne Mikko (PSE), schriftlich. – (ET) Meine Damen und Herren! Eine effektive Außen- und Sicherheitspolitik kann nicht von den einzelnen Mitgliedstaaten allein betrieben werden. Ein bilateraler Ansatz bei energie- und außenpolitischen Fragen schadet uns, weil wir dann weniger ernst genommen werden. Es ist untragbar, dass die Europäische Union, wenn es um internationale Beziehungen ging, bisher oft weniger einflussreich war als einige einzelne Mitgliedstaaten. Die Europäische Union muss gegenüber den größten Ländern der Welt, vor allem der Russischen Föderation, mit einer Stimme sprechen, die auf dem gemeinsamen Interesse aller 27 Mitgliedstaaten basiert. Nur dann werden wir in Amerika und Asien als gleichberechtigter Partner gelten.

Ich begrüße es, dass Herr Saryusz-Wolski in seinem Bericht die Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik als eines der wichtigsten Ziele für 2008 bezeichnet. Die Konferenz über die Region Ost der Europäischen Nachbarschaftspolitik, die heute und morgen im Europäischen Parlament stattfindet, zeigt, dass wir unser eigenes Ziel ernst nehmen. Für die europäische Sicherheit ist es dringend erforderlich, dass wir Maßnahmen zur Demokratisierung unserer Nachbarn ergreifen und Konflikte lösen. Wir müssen der Republik Moldau bei der Lösung des Transnistrien-Konflikts helfen.

Als Leiterin der Delegation für die Beziehungen zur Republik Moldau muss ich auch darauf hinweisen, dass die Aussicht auf eine EU-Mitgliedschaft für Moldau und die Ukraine von großer Bedeutung ist. Diese Möglichkeit ist die treibende Kraft hinter den Wirtschaftsreformen und der Demokratisierung. Natürlich wird es seine Zeit brauchen, bis die drei Kopenhagener Kriterien erfüllt sind, obwohl Moldau und die Ukraine gezeigt haben, dass sie bereit sind, den Weg nach Europa einzuschlagen. Das vierte Kopenhagener Kriterium, nämlich die Aufnahmefähigkeit der EU, sollte unter keinen Umständen den EU-Beitritt dieser beiden europäischen Länder behindern. Es steht außer Frage, dass die Erweiterung fortgesetzt werden muss.

 
  
MPphoto
 
 

  Sirpa Pietikäinen (PPE-DE), schriftlich. – (FI) Mein Dank gilt dem Berichterstatter für einen ausgezeichneten und umfassenden Bericht. Ich stimme mit ihm überein, dass es für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union wichtig ist, sich in den kommenden Jahren weiter kontinuierlich auf die Entwicklung von Strukturen und Verfahren zu konzentrieren, die die Union in die Lage versetzen, schneller und effizienter auf internationale Krisen zu reagieren. Ziviles Krisenmanagement, friedenserhaltende Maßnahmen und der Schutz der Menschenrechte sind die Eckpfeiler der GASP.

Mit dem Vertrag von Lissabon erhält die EU-Außenpolitik eine neue Leitfigur in Person des Hohen Beauftragten der Union. Die Änderungen, die der Vertrag mit sich bringen wird, bieten die Chance für die Gestaltung einer effizienteren und kohärenteren Außen- und Sicherheitspolitik. Die EU muss in den Arenen dieser Welt mit größerer Konsequenz sprechen und handeln.

Ich hoffe jedoch, dass das Parlament im Rahmen seiner künftigen Jahresberichte eine standhaftere Position im Hinblick auf eine kohärentere und stärkere Rolle der EU bei den Vereinten Nationen vertreten wird. Die EU ist eine wirtschaftliche und politische Supermacht. Im Laufe der Jahre hat die Union eine wachsende internationale Bedeutung erfahren, und ihre Hauptaufgabe muss es jetzt sein, eine globale Organisation aufzubauen, die die Menschen und die Umwelt respektiert.

Die EU muss Zeit und Energie in die Mittelmeer-, die Ostsee- und die Schwarzmeer-Region investieren, um wirtschaftliche Zusammenarbeit, politische Stabilität und Demokratie weiterzuentwickeln. Künftig werden mehr Ressourcen zur Umsetzung der Ostsee-Strategie, für die Stärkung des Zusammenhalts in der Region und für die Lösung ihrer Umweltprobleme nötig sein. Die Unterstützung und engere Integration der Schwarzmeer-Region als Teil der EU-Nachbarschaftspolitik wird ein Mittel zur Erhöhung der politischen Stabilität in der EU und darüber hinaus im Gebiet des gesamten Schwarzen Meeres sein.

 
  
MPphoto
 
 

  Nicolae Vlad Popa (PPE-DE), schriftlich. – (RO) Der Bericht Kuhne über die Umsetzung der europäischen Sicherheitsstrategie und der ESVP ist gut strukturiert, da er echte Probleme aufzeigt und mögliche Lösungen anbietet. Meines Erachtens wird diese Art des Vorgehens mit Hilfe einer „Checkliste“ die Überwachung der Fortschritte erleichtern. Zum Inhalt möchte ich folgende Anmerkungen machen:

1. Das Europäische Sicherheits- und Verteidigungskolleg sollte genannt werden, das durch seine Ausbildungsmaßnahmen im strategischen Bereich eine wichtige Rolle bei der Konzipierung einer gemeinsamen ESVP spielt. Dies gilt umso mehr, als der Vorsitzende des SEDE-Ausschusses, von Wogau, ein Schreiben an den Generalsekretär/Hohen Vertreter Solana gerichtet hat, in dem er die Tätigkeit des ESVK befürwortet.

2. Die Erklärung zu den Beziehungen zwischen der EU und der NATO hätte angesichts der Erklärung von Bukarest, die auf dem NATO-Gipfel angenommen wurde, eine stärkere Botschaft enthalten können.

3. Die Bedeutung der strategischen Partnerschaft zwischen der EU und der NATO hätte erwähnt werden können. Die Aussage, dass „eine stärkere Europäische Union zur gemeinsamen Sicherheit beitragen wird“, könnte mit dem Grundsatz der Unteilbarkeit der Sicherheit der Bündnismitglieder verknüpft werden, der damit auf die EU ausgeweitet wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Toomas Savi (ALDE), schriftlich. (EN) Der Bericht von Herrn Saryusz-Wolski bekräftigt erneut das Eintreten der Europäischen Union für die Millenniumsziele der Vereinten Nationen, jedoch ist das inzwischen eine ziemlich seichte Phrase, die im Diskurs der EU-Entwicklungspolitik großzügig verwendet wird, obwohl tatsächlich sehr geringe Fortschritte gemacht werden und die Entwicklungsziele für uns immer noch unerreichbar sind.

Von allen Mitgliedstaaten stellen nur Dänemark, Luxemburg, die Niederlande und Schweden mehr als 0,7 % ihres BIP für Öffentliche Entwicklungshilfe zur Verfügung, obwohl das Ziel von 0,7 % bereits am 24. Oktober 1970 im Rahmen der Internationalen Entwicklungsstrategie für die Zweite Entwicklungsdekade der Vereinten Nationen beschlossen wurde.

Es ist meine Überzeugung, dass die Sicherung der Glaubwürdigkeit der EU als Global Player wichtiger Teil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sein sollte. Die Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen wäre ein ausgezeichneter Anfang.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen die wortreichen Erklärungen, mit denen sie ihre Zusagen bekräftigen, in abgestimmtes und gemeinsam wirksames Handeln umsetzen. Meiner Ansicht nach ist dies nur erreichbar, indem wir Ressourcen zusammenführen und für die Akkumulation, Bewilligung und Auszahlung Öffentlicher Entwicklungshilfe eine einheitliche EU-Institution schaffen.

 
  
MPphoto
 
 

  Esko Seppänen (GUE/NGL), schriftlich. – (FI) Mit dem Vertrag von Lissabon wird die EU militarisiert, da die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik eine zusätzliche Komponente in Form der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik erhalten wird. Für bündnisfreie Staaten wird es schwieriger werden, ihren Status der Bündnisfreiheit beizubehalten. Das wird der Fall sein, wenn sich die Mitgliedstaaten gegenseitig verpflichten, ihre Militärausgaben zu erhöhen. Das wird der Fall sein, wenn ein neuer militärischer „harter Kern“ für die EU geschaffen wird: die permanente, strukturelle Zusammenarbeit. Damit soll bereits während der jetzigen französischen Ratspräsidentschaft begonnen werden.

Der Bericht von Herrn Saryusz-Wolski spricht sich leider für die Militarisierung der EU aus. Auch die Akzentuierung des Berichts auf die Sicherheit der Energieversorgung ist aus Polens ausgesprochen einseitiger Sicht sehr aggressiv.

 

20. EU/USA-Gipfel
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgen die Erklärungen des Rates und der Kommission zum nächsten Gipfeltreffen EU-USA.

 
  
MPphoto
 
 

  Dimitrij Rupel, amtierender Ratspräsident. (EN) Herr Präsident! Erlauben Sie mir einige Bemerkungen zum bevorstehenden Gipfeltreffen EU-USA. Wenn Sie gestatten, werde ich in meiner Muttersprache sprechen.

(SL) Obwohl die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika im Wesentlichen bilateral sind, haben ihre Ergebnisse globale Auswirkungen. Die transatlantische Partnerschaft ist schon seit langer Zeit nicht mehr rein wirtschaftlicher Natur. Die Europäische Union und die USA arbeiten sowohl bilateral als auch im Rahmen internationaler Organisationen eng zusammen, um ungelöste Fragen zu klären, wozu auch die dringlichsten regionalen Fragen wie Afghanistan, der Nahe Osten und der westliche Balkan zählen.

Wie es bei allen Beziehungen der Fall ist, sind natürlich auch die Europäische Union und die USA bei bestimmten Themen manchmal unterschiedlicher Meinung, aber wir schaffen diese Meinungsverschiedenheiten durch eine konstruktive Vorgehensweise und gegenseitiges Verständnis aus der Welt. Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten bilden ein wichtiges, ja das wichtigste System, das erhebliche Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen hat. Wir haben unsere Meinungsverschiedenheiten, aber meistens arbeiten wir als Verbündete und Freunde zusammen. Wir haben viele gemeinsame Werte und sind historisch durch das gesamte zwanzigste Jahrhundert miteinander verbunden. Zu guter Letzt haben wir am Ende des Kalten Krieges und bei der Ausweitung der euro-atlantischen Verbindungen Seite an Seite gestanden.

Da die Konsensfindung für die Europäische Union schwieriger ist als für die USA, sind die Beziehungen natürlich nicht immer unkompliziert. Aber auch innerhalb der USA kann nicht immer ein Konsens erzielt werden. Wenn wir uns die Wahlkampfberichte ansehen, stellen wir fest, dass es sogar innerhalb ein und derselben Partei schwierig sein kann, einen Konsens herbeizuführen. Die Europäische Union ist in Vielfalt geeint und stolz darauf. Das ist auch die Ausgangsbasis des Vertrags von Lissabon, der hoffentlich Anfang nächsten Jahres in Kraft treten wird.

Slowenien hat während seiner Ratspräsidentschaft großes Augenmerk auf die Stärkung der transatlantischen Beziehungen und vor allem ihrer strategischen Dimension gelegt. Ich möchte darauf hinweisen, dass bereits einige wichtige Treffen stattgefunden haben wie beispielsweise das Troikatreffen der EU- und US-Außenminister, das Treffen politischer Führungskräfte und das Troikatreffen der Justiz- und Innenminister von EU und USA. Im Mai gab es zudem in Ljubljana ein Treffen der europäischen und amerikanischen Gesetzgeber. Die wichtigste Veranstaltung im Zusammenhang mit den transatlantischen Beziehungen wird jedoch der Gipfel EU-USA sein, der am 10. Juni im slowenischen Brdo pri Kranju stattfinden wird.

Es freut mich, sagen zu können, dass dieses Ereignis gut vorbereitet sein wird und dass wir bereits sehr darauf hingearbeitet haben. Bei diesem Gipfel werden wir auch die Gelegenheit haben, der breiten Öffentlichkeit die Bedeutung der Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten zu erläutern und unsere gemeinsamen Werte, unseren produktiven Dialog und unsere vergleichbaren Interessen bei der Lösung dringender regionaler und globaler Probleme unter Beweis zu stellen.

Der Gipfel wird sich in vier Teile gliedern: das Treffen der Staatschefs, die Plenarsitzung, das Mittagessen und eine anschließende Pressekonferenz. Die Staatschefs werden die dringlichsten regionalen Fragen wie den Nahen Osten, den Balkan, Zentralasien usw., den Kaukasus und den Iran diskutieren, während die übrigen regionalen Themen bei der Plenarsitzung und beim Mittagessen zur Sprache kommen werden. Außerdem wird es bei den Gesprächen um weitere globale Themen wie den Klimawandel, Energie, die Verhandlungen innerhalb der Welthandelsorganisation, Entwicklung, Gesundheit und Sicherheit, Freihandelszonen und die Freizügigkeit gehen.

Auf der Plenarsitzung wird erstmals der Fortschrittsbericht des Transatlantischen Wirtschaftsrats vorgestellt, der beim EU-US-Gipfel 2007 in Washington gegründet wurde und in dem das Europäische Parlament ebenfalls eine bedeutende Rolle spielt, nämlich als beratendes Gremium durch den Transatlantischen Dialog der Gesetzgeber.

Der Fortschrittsbericht des Transatlantischen Wirtschaftsrats, der bei dessen Treffen am 13. Mai in Brüssel verfasst wurde, wird von den Ko-Vorsitzenden des Rates präsentiert, dem Assistenten des US-Präsidenten für internationale Wirtschaftsangelegenheiten, Daniel Price, und dem für Unternehmen und Industrie zuständigen Kommissionsmitglied und Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Günter Verheugen, der heute hier anwesend ist. Die Pressekonferenz im Anschluss an die Gespräche wird einen wichtigen Teil des Gipfels darstellen, da sie die Gelegenheit bieten wird, Europa und der Welt eine positive Botschaft zu übermitteln, was die Fortschritte bei den transatlantischen Beziehungen und geplante gemeinsame Projekte betrifft.

Das auf dem Gipfel anzunehmende Dokument wird das Ergebnis monatelanger Gespräche zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten sein. Wir entwerfen zurzeit eine Erklärung, die die gesamte Bandbreite der transatlantischen Zusammenarbeit umfassen soll. In ihr wird es unter anderem um regionale Fragen, globale Sicherheit, die transatlantische Wirtschaftspartnerschaft und globale Herausforderungen einschließlich Klimawandel und Energie gehen. Unsere Absicht und das Ziel der Präsidentschaft ist es, ein kurzes und prägnantes Dokument zu erarbeiten, das eine eindeutige politische Botschaft vermittelt, was uns hoffentlich auch gelingen wird.

Selbst im Hinblick auf den Klimawandel, bei dem wir verschiedener Meinung sind, haben wir hoffentlich eine Kompromisslösung gefunden. In dem vorgeschlagenen kurzen und sachlichen Text über den Klimawandel werden die wichtigsten Ziele der Europäischen Union beibehalten und zugleich die Ansichten der Vereinigten Staaten berücksichtigt – ich möchte hier nichts wiederholen, was dem Parlament nur allzu gut bekannt ist. Die Erklärung wird in der Arbeitsgruppe Transatlantische Beziehungen – COTRA – angepasst und die Fortschritte der Gespräche wurden am 20. Mai auch dem Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee, am 21. Mai beim Treffen der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten bei der Europäischen Union im AstV, und letzte Woche am 26. Mai dem Rat Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen (AGEX) präsentiert.

Wir sind bemüht, den Termin für die Unterzeichnung des Luftsicherheitsabkommens festzulegen – dessen Anpassung nun die Endphase erreicht hat – und würden es begrüßen, wenn es spätestens bis zum Ende unserer Präsidentschaft, also bis Ende Juni, unterzeichnet werden könnte. Wir unterstützen darüber hinaus die schnellstmögliche Schaffung des offenen Luftraums, der eine weitere Liberalisierung des transatlantischen Luftverkehrs bedeuten und eine neue Phase der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten einleiten wird, wovon die Menschen beiderseits des Atlantiks profitieren werden.

Der slowenische Ratsvorsitz ist sich darüber im Klaren, dass einige Mitgliedstaaten noch immer nicht am Programm für visafreie Einreise in die USA teilnehmen dürfen. Wir haben dieser Angelegenheit bei allen Treffen mit den Vereinigten Staaten und bei unseren Vorbereitungen für den Gipfel große Aufmerksamkeit geschenkt. Der slowenische Ratsvorsitz hat einen Kompromiss erzielt, wonach die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bilaterale Vereinbarungen schließen werden, soweit es um Fragen geht, die nicht in die Zuständigkeit der Kommission fallen.

Meine Damen und Herren, ich versichere Ihnen, dass der slowenische Ratsvorsitz viel Energie in seine Vorbereitungen für diesen Gipfel stecken wird, weshalb ich überzeugt bin, dass wir den Gipfel in Slowenien als Erfolg bezeichnen werden können.

 
  
MPphoto
 
 

  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. − Herr Präsident, Herr Ratsvorsitzender, meine Damen und Herren! Die Europäische Union ist heute ein wichtiger und geschätzter Partner vieler Länder. In einer zunehmend multipolaren Welt sind wir mit unseren wichtigsten Partnern strategische Partnerschaften eingegangen. Mit den USA verbindet uns jedoch mehr als mit allen anderen strategischen Partnern der Europäischen Union. Uns verbindet ein Mehr an Verantwortung für eine gerechtere Welt, in der alle am Wohlstand teilhaben und in der unsere Sicherheit politisch, wirtschaftlich, sozial, ökologisch und auch militärisch verlässlich verankert ist.

Diese Partnerschaft ist ehrgeizig und sie ist auch anstrengend. Sie verlangt von uns, den Europäern, dass wir mehr Gemeinsamkeit in der internationalen Arena zeigen, aber sie verlangt auch von unseren amerikanischen Freunden ein Umdenken. Sie verlangt nämlich zu akzeptieren, dass die Führungsrolle in der Welt geteilt werden muss. Die Situation verlangt nach einer Öffentlichkeit, die sich nicht in pro-europäischen oder pro-amerikanischen oder anti-europäischen oder anti-amerikanischen Reflexen erschöpft.

Was wir brauchen, ist ein breites Bewusstsein, dass Weniges uns trennt, aber sehr viel mehr uns verbindet. Eine Reihe von wichtigen Fragen werden auf dem Gipfel erörtert werden. Im Bereich der Außenpolitik wird sich die Diskussion auf die Zusammenarbeit der EU mit den USA auf dem westlichen Balkan, insbesondere im Kosovo, sowie im Nahen und Mittleren Osten konzentrieren. Vorgesehen ist ebenfalls eine Aussprache zum gemeinsamen Vorgehen im Kampf gegen den Klimawandel. Das ist ein schwieriges Thema, und die EU und die USA sind in dieser Frage noch ein gehöriges Stück voneinander entfernt.

Gleichwohl hat sich die politische Debatte in den USA deutlich verändert, und zwar in unsere Richtung. Unser europäisches Ziel ist es, eine ehrgeizige substantielle Übereinkunft für die Zeit nach dem Jahr 2012 im Rahmen des globalen Verhandlungsprozesses unter dem Dach der Vereinten Nationen zu erreichen, und es soll ein Abkommen sein, bei dem der wichtigste Industriestaat der Welt, die Vereinigten Staaten von Amerika, mit an Bord sind.

Auch Energiepolitik steht auf der Agenda. Wir wollen die Zusammenarbeit in Wissenschaft und Technik vorantreiben, gleichzeitig brauchen wir einen konstruktiven offenen Dialog mit unseren herkömmlichen aber auch unseren potentiellen Energielieferanten, und darüber sollten wir uns vernünftigerweise im transatlantischen Kontext austauschen.

Unsere Zusammenarbeit zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist spätestens seit dem 11. September 2001 ein zentrales gemeinsames Anliegen. Wir wollen die Möglichkeit verbessern, personenbezogene Daten zu Fahndungszwecken auszutauschen. Allerdings setzt das voraus, dass wir gemeinsame Grundsätze für den Datenschutz in diesem Bereich erarbeiten und beachten.

Unvermeidlich ist es, dass die Visafreiheit ein Gipfelthema wird. Im vergangenen Jahr hat die Reform des „US Visa Waiver Programme“ einen Lösungsweg aufgezeigt. Die Mitgliedstaaten und die Kommission arbeiten hier Hand in Hand – ich bin froh, das sagen zu können –, wobei sich die Kommission auf die gemeinschaftlichen Zuständigkeiten konzentriert.

Ich muss ganz deutlich sagen: Es ist politisch betrachtet nicht nachvollziehbar, dass wir als Europäer im Schengen-System vereint sind, aber bei der Einreise in unser wichtigstes Partnerland unterschiedlich behandelt werden. Wir werden deshalb den amerikanischen Präsidenten an seine gegebene Zusage erinnern, das Visum-Erfordernis aufzuheben.

Lassen Sie mich nun zu den Wirtschaftbeziehungen kommen, zu denen Dimitrij Rupel schon etwas gesagt hat. Im vergangenen Jahr ist ja mit dem Transatlantischen Wirtschaftsrat, dem TEC, ein politisches Instrument geschaffen worden, um die transatlantische Wirtschaftsintegration politisch voranzutreiben. Dieser Wirtschaftsraum ist der Kern der Weltwirtschaft. Er ist das Gravitationszentrum von Handel und Investitionen weltweit und wird es noch für lange, lange Zeit bleiben. Deshalb sind wir entschlossen, mit dem TEC Lösungen für Fragen zu finden, die seit Jahren offen sind – teilweise seit 10, 15, 20 Jahren –, aber bedeutende Barrieren im transatlantischen Handel darstellen.

Die Bilanz nach einem Jahr ist gut. Wir konnten erste und schwierige Fragen erfolgreich anpacken. Wir haben es vor allen Dingen geschafft, einen Geist der Zusammenarbeit und des gegenseitigen Vertrauens zu schaffen, wie wir ihn bisher nicht gekannt haben. Ich bin froh, dass wir uns dabei auf den vollen Rückhalt des Europäischen Parlaments stützen können, das in jeder Phase dieser Zusammenarbeit eingeschaltet ist. Wir haben gute Arbeitsbeziehungen mit allen bestehenden Transatlantischen Dialogen und ich bin auch dankbar für die Unterstützung durch den Rat, die auch in Zukunft wichtig sein wird.

Es gibt eine Reihe konkreter Ergebnisse: Wir haben Fortschritte bei der Produktsicherheit von Importen erzielt, wir haben die Akzeptanz der europäischen Rechnungslegungsstandards durch die USA erreicht, wir haben eine gemeinsame Sichtweise auf die Förderung eines offenen globalen Investitionsumfeldes. Dazu wird der Gipfel auch eine Erklärung verabschieden. Wir kooperieren bei beabsichtigten Gesetzesvorhaben bereits jetzt enger miteinander, und wir wollen den Weg in gemeinsame europäisch-amerikanische Standards gehen, um nicht auf den Märkten in der Welt mit unseren Standards gegeneinander konkurrieren zu müssen.

Wir sind einen wichtigen Schritt weiter, was die gegenseitige Anerkennung von Sicherheitsbestimmungen für Elektrogeräte betrifft, etwas, was wir als Europäer von den Amerikanern seit vielen Jahren verlangen. Die Amerikaner haben die Akte wieder geöffnet, womit nach so kurzer Zeit überhaupt nicht zu rechnen war. Wir haben angefangen, unsere wirtschaftspolitischen Interessen gegenüber Drittstaaten und im internationalen Kontext zu koordinieren.

Es gibt noch keinen Durchbruch, was die Durchleuchtung der Containerfrachten angeht. Das ist sehr besorgniserregend. Ich bitte Sie deshalb, meine Damen und Herren im Europäischen Parlament, Ihre Kontakte mit dem Kongress intensiv zu nutzen, denn dies ist eine Entscheidung, die der Kongress getroffen hat, nicht die amerikanische Regierung. Deshalb sind hier meine Bemühungen, in Gesprächen mit der amerikanischen Regierung zu einer Lösung zu kommen, auch nicht sehr erfolgversprechend. Hier muss der Kongress handeln, die Regierung kann es nicht. Ich hoffe, dass uns Ihre Kontakte mit Ihren Kollegen im Amerikanischen Kongress helfen werden.

Die Kommission hat zwei Vorschläge im Zusammenhang mit der Arbeit des Transatlantischen Wirtschaftsrates vorgelegt, die sich auf das Importverbot für amerikanisches Geflügel beziehen. Wir schlagen vor, dieses Importverbot aufzuheben. Es ist rechtlich und wissenschaftlich nicht haltbar. Ich weiß, das diese Debatte darüber teilweise emotional geführt wird und ganz offensichtlich auch ohne vollständige Kenntnis der Zusammenhänge und der Hintergründe. Ich bitte jeden, der sich dazu äußern will, sich diese vollständige Kenntnis zu verschaffen.

Es ist im Übrigen eine Frage, die viele Jahre lang – wie ich fand – willkürlich der parlamentarischen Debatte entzogen war. Wir dürfen weder dem Protektionismus das Wort reden, noch sollten wir die arrogante Haltung einnehmen, dass nur unsere eigenen Lösungen gut für die Verbraucher sind, und das, was andere machen, notwendigerweise schlecht ist. Es kann auch sein, dass etwas, was anders ist, auch nicht schlechter ist als das, was wir machen. Das muss man von Fall zu Fall abwägen. Nur weil etwas anders ist, muss das nicht bedeuten, dass es schlechter ist.

Wenn wir dieses Problem, das im Grunde ein marginales Problem ist, aber eine große grundsätzliche Bedeutung für die amerikanische Seite hat, nicht lösen, wenn wir nicht die geringste Chance haben – ich sage das in allem Ernst –, die großen agrarpolitischen Themen, die wir mit den Amerikanern bereden wollen, auf den Tisch zu legen, kommen wir zum Beispiel bei unseren Forderungen, die wir im Agrarbereich an die Amerikaner haben, keinen Schritt weiter. Das an die Adresse der Agrarminister der Europäischen Union, die es für richtig gehalten haben, zu dieser Initiative schon Nein zu sagen, bevor sie sie überhaupt gekannt haben. Sie haben sich damit selbst schweren Schaden zugefügt.

Ich gebe mich keiner Illusion hin: Alle Fragen, die der Transatlantische Wirtschaftsrat behandelt, sind schwierig, und nichts davon wird ganz schnell gehen. Aber alle diese Fragen sind mit der notwendigen Vernunft und Weitsicht auf beiden Seiten lösbar. Dieses Instrument ist zu wichtig und zu wertvoll, um es hier zu verspielen. Seine Bedeutung kann angesichts der ins Stocken geratenen Doha-Verhandlungen übrigens nicht unterschätzt werden, auch wenn wir alles Interesse haben, dass die Welthandelsrunde am Ende mit einem für alle Seiten vorteilhaften Ergebnis erfolgreich zu Ende geht.

Wir werden auf dem Gipfel einen zügigen Abschluss der Verhandlungen über ein Luftverkehrsabkommen der zweiten Stufe erreichen, was der transatlantischen Wirtschaft einen zusätzlichen Schub versetzen wird.

Meine Damen und Herren, insgesamt entwickeln sich die Beziehungen der EU mit den USA in eine sehr erfreuliche Richtung. Unabhängig von Gegensätzen, die es immer wieder gibt, sind sie konstruktiv und vorwärts weisend. Wir hoffen, dass von diesem Gipfel ein weiteres starkes Signal ausgeht, dass wir Partner sind, die unbeschadet von Wahlperioden, unbeschadet von der Dauer der Amtszeit der jeweiligen Administration, des jeweiligen Rates, des jeweiligen Parlaments oder der Kommission entschlossen sind, Verantwortung für den transatlantischen Raum und für die Lösung globaler Fragen zu übernehmen.

Ich wäre dem Europäischen Parlament aufrichtig dankbar, wenn es diesen Prozess weiterhin mit großer Energie begleiten und fördern würde!

 
  
MPphoto
 
 

  James Elles, im Namen der PPE-DE-Fraktion. (EN) Herr Präsident! Vor einigen Tagen weilten wir im Rahmen des Transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber in Laibach, wo uns von der slowenischen Präsidentschaft ein sehr herzlicher Empfang bereitet wurde.

In den Gesprächen mit unseren Parlamentskollegen wurde die ganze Breite des Diskussionsfeldes deutlich, dass sich bis heute in diesem transatlantischen Rahmen zwischen dem US-Kongress und dem Europäischen Parlament entwickelt hat. Dabei geht es um Wirtschaftsfragen, über die der Kommissar nach unseren Informationen derzeit berät, um politische Fragen, die auch wirtschaftliche Probleme, wie beispielsweise den Klimawandel, umfassen, aber auch um schwierige Fragestellungen wie Afghanistan und das Sicherheitskonzept im weiteren Sinne. Daher begrüßen wir diese Diskussion im Vorfeld des nächste Woche stattfindenden Gipfeltreffens EU-USA.

In diese Debatte möchte ich gern drei kurze Überlegungen einwerfen. Angesichts eines derart breiten Katalogs von so vielen unterschiedlichen Themen, der ganz anders aussieht als vor zehn Jahren, müssen wir zunächst sicherlich einen gemeinsamen Ansatz für ein Sicherheitskonzept bzw. eine Sicherheitsstrategie finden. Erst kürzlich fand ja eine Debatte zur europäischen Sicherheitsstrategie statt. Diese Strategie muss endlich langfristig mit der Sicherheitsstrategie der USA in Einklang gebracht werden, damit wir diese Problematik gemeinsam auf breiterer Grundlage in Angriff nehmen können.

Zweitens vermisse ich bei diesen Überlegungen einen echten Dialog der Gesetzgeber. Einerseits waren wir tätig, wie es in Laibach der Fall war, andererseits fand das Gipfeltreffen zwei Wochen später ebenfalls in Laibach statt. Diese Art der Organisation scheint aus dem 19. Jahrhundert zu stammen, denn es gibt keinerlei echte Schnittstelle zwischen dem Dialog der Verwaltungen und dem der Gesetzgeber. Richtig ist, wie in diesem Entschließungsantrag auch deutlich wird, dass wir sofort mit Planungen zur Schaffung einer transatlantischen Versammlung beginnen müssen, in der man die wichtigsten Gesetzgeber von beiden Seiten des Atlantik zu Gesprächen zusammenführen kann, um gemeinsame Initiativen ins Leben zu rufen.

Mein letzter Punkt ist eher persönlicher Natur. Da sich sowohl die EU als auch die USA und die NATO gemeinsam mit diesen Fragen beschäftigen, wäre es vielleicht überlegenswert, ob das Gipfeltreffen EU-USA nicht am Rande des für das Frühjahr 2009 in Kehl vorgesehenen NATO-Gipfels stattfinden könnte, um deutlich zu machen, dass diese Fragen von der NATO, der EU und den USA gemeinsam in Angriff genommen werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Jan Marinus Wiersma, im Namen der PSE-Fraktion. (NL) Herr Präsident! Im Namen meiner Fraktion möchte ich dem Minister und dem Kommissar für ihre einleitenden Reden danken. Ich teile die Schlussfolgerung von Kommissar Verheugen, dass die Atmosphäre positiv ist und besser als vor einigen Jahren. Selbstverständlich erwarten wir noch weitere Verbesserungen, wenn Anfang nächsten Jahres eine neue Regierung ihr Amt antreten wird. Beide Kandidaten wollen meines Erachtens einen Wandel, möchten, dass die Vereinigten Staaten mehr in internationale Zusammenarbeit und multilaterale Institutionen investieren. Auch besteht damit die Chance, dass sich die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten noch weiter verbessern werden. Sie werden mir verzeihen, wenn ich natürlich einen der beiden Kandidaten vorziehe, und heute ist deutlich geworden, wer diese Kandidaten sein werden.

Einige Probleme werden allerdings fortbestehen. Ich werde nicht über die wirtschaftliche Zusammenarbeit sprechen, da Kommissar Verheugen bereits auf diesen Punkt eingegangen ist und wir vor einigen Wochen schon eine ausführliche Aussprache darüber geführt haben. Ein Thema, das ich wie in der vorhergehenden Debatte nochmals zur Sprache bringen möchte, ist die Frage der Nichtverbreitung von Atomwaffen. Es ist Zeit für einen neuen Vorstoß. Von den Vereinigten Staaten wird meiner Meinung nach eine Geste erwartet, beispielsweise durch Unterzeichnung des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen. Es bestehen zudem neue Möglichkeiten für den Abschluss von Abkommen über die Multilateralisierung des Nuklearbrennstoffkreislaufes. Erfreut bin ich über die bisherigen Äußerungen des Präsidentschaftskandidaten John McCain zu einem Rückzug taktischer Atomwaffen aus Europa, die darauf hindeuten, dass er diese Agenda ernst nimmt.

Der zweite Punkt betrifft das Raketenabwehrsystem. Mein Kollege Rouček wird ausführlicher auf dieses Thema eingehen, das für uns weiterhin wichtig ist, da es unseres Erachtens nicht einseitig im Rahmen der derzeit mit einigen NATO-Mitgliedstaaten geführten bilateralen Verhandlungen geregelt werden kann. Es ist ein europäisches Problem; es tangiert die Sicherheitslage in Europa. Zumindest hätten in den zuständigen europäischen Organen multilaterale Diskussionen darüber geführt werden müssen. Ich teile die Kritik, was den bisher fehlenden Konsens in Bezug auf Visa und das Programm für visumfreies Reisen anbetrifft. Selbstredend müssen unserer Ansicht nach alle EU-Mitgliedstaaten, insbesondere die Länder des Schengen-Raums, voll in das Programm einbezogen werden. Da die Kommission nun selbst Verhandlungen aufnehmen kann, hoffe ich, dass sie in dieser Hinsicht Fortschritte erzielen wird.

Noch eine Schlussbemerkung: Weiterhin unzufrieden sind wir mit den Antworten der Amerikaner auf unsere Beschwerden über die CIA-Praktiken im Zusammenhang mit außerordentlichen Überstellungen und den Fortbestand von Guantánamo. Deren Beendigung bleibt auch für uns ein wichtiger Tagesordnungspunkt unserer gemeinsamen Beratungen.

 
  
MPphoto
 
 

  Anneli Jäätteenmäki, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FI) Herr Präsident! Es ist wichtig, ein offenes Diskussionsforum zu haben und die Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union zu pflegen. Kommissar Verheugen hat ebenfalls die Bedeutung der Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Kongress betont. Auch ich hatte vor etwa einer Woche die Gelegenheit, an einer Sitzung der Delegation der Europäischen Kommission in den Vereinigten Staaten teilzunehmen. Diese Art von Kontakten ist wichtig. Dort, wie natürlich auch anderswo, gibt es offene Diskussionen über schwierige Fragen, und jede Seite versucht natürlich, jene Fragen in den Vordergrund zu rücken, die sich auf den jeweils eigenen Teil der Welt beziehen. Eines wird in diesen Gesprächen indes deutlich erkennbar: Wenn die Vereinigten Staaten versuchen, eine Sicherheitsfrage anzusprechen, dann handelt sich sehr oft um Fälle von wirtschaftlichem und handelspolitischem Protektionismus.

Ich stimme völlig mit Herrn Wiersma überein und auch ich bedauere, dass die EU-Mitgliedstaaten in der Visumfrage nicht fair und gleichberechtigt behandelt werden. Wenn die US-Regierung wechselt, dann wird die EU darüber hoffentlich mit einer Stimme zu den Vereinigten Staaten sprechen, und dann könnten die Mitgliedstaaten alle auf die exakt gleiche Weise behandelt werden.

Persönlich und abschließend möchte ich sagen, dass wir hier in Europa und jeder auf der ganzen Welt die erste Runde im Kampf um das Weiße Haus verfolgt haben. Dies vermittelt in der Tat ein hervorragendes Bild vom System der US-Demokratie. Die EU täte gut daran, hierbei einmal einen Blick in den Spiegel zu werfen. Wir reden hier über die Besetzung von Spitzenpositionen innerhalb der EU. Es gibt kein offenes Forum, geschweige denn einen besonders demokratischen Prozess, solange solche Posten vor Wahlen verteilt werden. Könnten Sie sich vorstellen, dass die wichtigsten administrativen und politischen Ämter in den Vereinigten Staaten vor Wahlen vergeben werden, wie es hier in der EU der Fall ist? Mit anderen Worten, wir können von den Vereinigten Staaten auf jeden Fall in vielen Bereichen etwas lernen, zumindest in Fragen der Demokratie.

 
  
MPphoto
 
 

  Cem Özdemir, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wir wollen gute Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union. Voraussetzung dafür ist allerdings auch, dass die Europäische Union mit einer Stimme spricht. Herausforderungen und Krisen wie im westlichen Balkan, in der Südkaukasus-Region, im Nahen und Mittleren Osten, in Afghanistan, der Kampf gegen den Terrorismus, die gegenwärtig in den Medien stattfindende und die in der Realität stattfindende Nahrungskrise, Fragen der Energiesicherheit, des Klimawandels, die wirtschaftliche Rezession, aber auch die Fragen von Transparenz und Regulierung der Finanzmärkte – in all diesen Fragen brauchen wir einander und müssen zusammenarbeiten. Aber wir wollen auch die parlamentarische Dimension stärken durch eine Einbeziehung des US-amerikanischen Kongresses und des Europäischen Parlaments.

Ein Punkt, der für unsere Öffentlichkeit von größter Wichtigkeit ist, ist – und das sage ich ganz bewusst als Transatlantiker – die Schließung des Gefängnisses von Guantanamo Bay und aller anderen Geheimgefängnisse in der Welt. Es ist wichtig, dass wir unseren amerikanischen Freunden erklären, dass die verbleibenden Gefangenen entweder rechtmäßig angeklagt oder freigelassen und gegebenenfalls entsprechend entschädigt werden müssen. Aber auch wir können einen Beitrag leisten, indem wir beispielsweise die uigurischen Gefangenen in der Europäischen Union aufnehmen und damit ebenfalls mithelfen, diesen Skandal so schnell wie möglich zu beenden.

Ein anderer Punkt, der für das gemeinsame Ansehen unserer gemeinsamen demokratischen Werte wichtig ist, ist, dass wir uns einerseits einig sind, dass es eine terroristische Herausforderung gibt, aber andererseits auch daran appellieren müssen, dass diese Auseinandersetzung mit rechtsstaatlichen Mitteln stattfindet. Genau dies ist bei der gegenwärtigen Praxis der Listen mit terroristischen Organisationen sowohl in der Europäischen Union als auch in den Vereinten Nationen nicht der Fall. Deshalb muss auch diese Frage dringend auf den Prüfstand. Ich appelliere nochmals, dass der Kampf gegen den Terrorismus und das organisierte Verbrechen auf der Basis der Grundrechte und gemeinsamer rechtsstaatlicher Grundsätze erfolgen muss. Das gilt auch für den Austausch von persönlichen Daten zwischen den USA und der Europäischen Union.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist schließlich die Frage des Klimawandels, weil viele Aspekte betroffen sind, von der Nahrungsmittelsicherheit über die Energie bis zur Wasserversorgung. Deshalb muss diesem Punkt beim Gipfeltreffen eine hohe Priorität eingeräumt werden. Beide Partner sollten sich auf einen gemeinsamen Ansatz, den Klimawandel einzudämmen, einigen. Unser Ziel muss es sein, die Temperaturerhöhung maximal auf zwei Grad gegenüber den vorindustriellen Werten zu begrenzen. Wir fordern dazu auf, dass die industrialisierten Länder ihrer Verantwortung gerecht werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Brian Crowley, im Namen der UEN-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Zunächst möchte ich Herrn Dimitrij Rupel als amtierendem Ratspräsidenten und Kommissar Verheugen für ihre Einführung in diese Diskussion danken. In vielerlei Hinsicht sind wir derzeit Zeuge des Zusammenwachsens der Ideale und Ziele der USA und der Europäischen Union. Zu oft schauen wir immer noch auf das Trennende. Geografisch sind wir sicherlich durch den Atlantik getrennt, aber was uns eint, sind unsere Gefühle und Gedanken, unsere Wertesysteme und Überzeugungen im Hinblick auf demokratische Grundsätze und die Schaffung demokratischer Institutionen weltweit.

Dabei müssen wir uns auf die Kernelemente dessen konzentrieren, was die USA und die Europäische Union der Welt als Zielvorstellung für das 21. Jahrhundert anbieten können. Natürlich haben meine Kollegen zahlreiche der vor uns stehenden Probleme aufgegriffen, sei es der Klimawandel, die Entwicklungsziele usw. Zuallererst müssen wir jedoch unsere Bemühungen auf die Schaffung von Frieden und Stabilität in allen Regionen und Bereichen richten.

Daher bietet es sich an, dass das nächste Gipfeltreffen zwischen der EU und den USA in Laibach stattfindet, kann man doch von Laibach aus nach Westen blicken und feststellen, dass in der Europäischen Union Stabilität und Frieden herrschen. Man kann auch nach Südosten schauen und in den westlichen Balkanstaaten mögliche Verwerfungen und Gefahren ausmachen. Beim Blick weiter nach Osten erkennt man mögliche Gefahren und Verwerfungen, die sich aus der Entwicklung im Nahen Osten ergeben können. Daher bin ich der Meinung, dass wir bei unseren Treffen und Diskussionen trotz des umfangreichen Gesprächsstoffes alles daransetzen müssen, uns notwendigerweise auf die Hauptpunkte und Kernelemente zu konzentrieren.

Meiner Meinung nach sollten sich diese Hauptpunkte und Kernelemente auf die nachstehend genannten Ziele richten. So ist sicherzustellen, dass das Quartett seine Bemühungen im Rahmen des Nahostfriedensprozesses fortsetzt; des Weiteren ist die Doha-Vereinbarung der libanesischen Seiten zur Situation im Libanon zu fördern und zu unterstützen; und schließlich ist zu gewährleisten, dass der Kosovo und weitere Bereiche des westlichen Balkans die Sicherheitsgarantien bekommen, die sie benötigen, um auf der Grundlage demokratischer Verhältnisse den Weg in eine stabile und friedliche Zukunft zu beschreiten. Hauptsächlich geht es jedoch darum, dass wir zusammenkommen, um der übrigen Welt insbesondere in den Bereichen Klimawandel, Energie und Lebensmittel beispielgebend voranzugehen. Dies ist vonnöten, da viele Länder der Erde, und zwar nicht nur Entwicklungsländer, sondern auch entwickelte Länder, mit steigenden Lebensmittelpreisen und den daraus entstehenden Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

Gemeinsam sind die USA und die EU stark und in der Lage, bei der Gestaltung der Zukunft eine führende Rolle zu spielen.

 
  
MPphoto
 
 

  Dimitrios Papadimoulis, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (EL) Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Können Sie konkret die Punkte nennen, mit denen Sie nicht einverstanden sind?

Das Europäische Parlament fordert die Schließung von Guantanamo, und vor kurzem gab es Enthüllungen über Gefängnisschiffe, die mit ziemlicher Sicherheit auch in europäische Häfen eingelaufen sind. Werden Sie darüber mit den Amerikanern sprechen und werden Sie die diesbezüglichen Forderungen von US-Bürgern unterstützen? Werden Sie sie bitten, damit aufzuhören, das internationale Abkommen zum Klimawandel zu torpedieren; an sie appellieren, ihr einseitiges Vorgehen im Hinblick auf Biokraftstoffe aufzugeben und einen kleinen Kompromiss einzugehen, um die derzeitige Ernährungskrise beizulegen, die die Lebensmittelpreise in die Höhe treibt? Herr Verheugen, Sie waren ja maßgeblich an der Aufhebung des seit 1997 in der EU geltenden Verbots der Einfuhr von Chlorhühnchen beteiligt. Daher möchte ich Ihnen sagen, dass wir alle, die wir Ihnen nicht zustimmen – und das sind viele –, dies nicht aus Unkenntnis tun, sondern weil wir den Schutz der öffentlichen Gesundheit für wichtiger halten als kommerzielle Interessen. Einundzwanzig der siebenundzwanzig Mitgliedstaaten stehen nicht hinter Ihnen; dasselbe gilt für das gesamte Europäische Parlament und den zuständigen Parlamentsausschuss. Selbst innerhalb der Kommission regt sich massiver Widerstand. So etwas darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen, Herr Verheugen, da müssen Sie schon überzeugende Argumente liefern.

 
  
MPphoto
 
 

  Philip Claeys (NI).(NL) Herr Präsident! Die Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten ist ein Eckpfeiler der EU-Außenpolitik, wie in der gemeinsamen Entschließung richtig bemerkt wird. Voraussetzung einer solchen Partnerschaft ist, dass bestimmte selbstverständliche Regeln gelten, wie beispielsweise der Grundsatz der gegenseitigen Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten. Leider muss ich sagen, dass sich unsere amerikanischen Partner in den letzten Jahren und auch in jüngster Zeit nicht immer an diese Übereinkunft gehalten haben. Beispielsweise haben sich der Präsident und das State Department wiederholt offen für den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union ausgesprochen und entsprechenden Druck ausgeübt. Ein solches Verhalten ist inakzeptabel. Das ist so, als würden sich der Europäische Rat oder die Europäische Kommission um Mexikos USA-Beitritt bzw. -Integration bemühen. Nur weil die Türkei NATO-Mitglied ist, heißt dies noch nicht, dass das Land auch der Europäischen Union beitreten kann. Die NATO ist für die Europäische Union zwar wichtig, aber sie ist nicht gleichbedeutend mit der Europäischen Union. Das sind zwei unterschiedliche Sachen, und der Gipfel nächste Woche ist eine günstige Gelegenheit, unsere Partner freundlich, aber resolut daran zu erinnern.

 
  
MPphoto
 
 

  Elmar Brok (PPE-DE). – Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Vizepräsident der Kommission! Ich glaube, dass es völlig klar ist, und es ist in den verschiedenen Reden auch klar zum Ausdruck gekommen, dass die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika gemeinsam auf der Grundlage der Werte einen Beitrag für Frieden und Freiheit in der Welt leisten können wie niemand sonst.

Wir müssen aber wissen, dass wir manchmal unterschiedliche Auffassungen haben. Wenn wir den amerikanischen Unilateralismus auch manchmal als sehr unangenehm empfinden, ist dieser Unilateralismus zum Teil auch in unserer eigenen Schwäche begründet. Deswegen sind eine bessere europäische Politik im Verhältnis zu den USA, innere Stärke, eine Stimme bei der Außen- und Sicherheitspolitik Bedingungen dafür, dass wirkliche Partnerschaft zustande kommt. Mit dem Transatlantic Economic Council haben wir nun ein Instrument, um auf einem speziellen Gebiet eine Vertiefung unserer gemeinsamen Interessen zuwege zu bringen.

Deswegen macht es mich so traurig, dass die Dinge schon bei der Hühnchen-Frage zu scheitern drohen, dass der amerikanische Präsident wegen der Hühnchen-Frage Telefonanrufe machen muss oder wir in dieser Frage auch nicht ein gewisses Maß an Kompromissbereitschaft zustande bringen. Wir müssen überlegen, ob hier nicht manches übertrieben wird, damit wir in der Lage sind, für die Entwicklung eines transatlantischen Marktes eine Basis zu schaffen, die uns ermöglicht, unsere gemeinsamen Interessen in dieser Welt wahrzunehmen, Standards durchzusetzen und – wie James Elles zu Recht gesagt hat – dies auch unter Einbeziehung der Parlamente. Herr Verheugen hat bereits erwähnt, dass in vielen Bereichen schon Gesetzgebungsvorhaben betroffen sind, weshalb präventiv die Parlamente auf beiden Seiten einbezogen werden müssen, um die Lage in den Griff zu bekommen und diese Standards gemeinsam in der Welt durchzusetzen.

Wenn uns dies gelingen sollte und wenn wir dieses Momentum über die Wahlen in diesem Jahr in den USA und im nächsten Jahr in der Europäischen Union hinwegretten können, haben wir vielleicht die Basis dafür geschaffen, dass wir begreifen, dass Klimawandel, Terrorismus, organisierte Kriminalität, Migration und manches andere im Interesse einer besseren Welt nur gemeinsam bewältigt werden kann. Deswegen sollten wir mit unseren amerikanischen Freunden enger zusammenarbeiten.

 
  
  

VORSITZ: MARIO MAURO
Vizepräsident

 
  
MPphoto
 
 

  Libor Rouček (PSE).(CS) Meine Damen und Herren! In meinem Redebeitrag werde ich auf eine Facette der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten eingehen, nämlich den Raketenabwehrschild der USA. In meinem Heimatland, der Tschechischen Republik, wo ein Radarstützpunkt als Teil dieses Abwehrsystems gebaut werden soll, protestieren ständig zwei Drittel der Bürger gegen diesen Plan. Die Menschen in Tschechien sind der Meinung, dass dieses Vorhaben nicht nur die bilateralen Beziehungen zwischen den USA und der Tschechischen Republik bzw. Polen betrifft, sondern die damit zusammenhängenden Probleme und Fragen der Nichtweiterverbreitung von Waffen die Sicherheit in Europa insgesamt berühren. Ich möchte daher erneut an den Rat appellieren, endlich eine Plattform für die Beteiligung aller EU-Mitgliedstaaten an der Debatte über dieses Thema zu schaffen. Zudem möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um die Vereinigten Staaten zu ersuchen, die Verträge über die Installation von Bestandteilen ihres Raketenabwehrschilds in Europa zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu unterzeichnen. Amerika und Europa stehen vor weitaus dringenderen Aufgaben: Kampf gegen den Terrorismus, Sicherheit der Energieversorgung. globale Erwärmung, Afghanistan und und und … Wir sollten daher gemeinsam (und ich meine: gemeinsam, als Partner) nach Lösungen für diese Probleme suchen. Andere, nicht so dringende Belange, die uns zurzeit eher spalten als einen, können wir zurückstellen.

 
  
MPphoto
 
 

  Sophia in ‘t Veld (ALDE). – (EN) Herr Präsident! Kommissar Verheugen hat soeben an das Europäische Parlament appelliert, in puncto 100%iger Überprüfung von Containern seine Kontakte zum US-Kongress zu nutzen. Dafür sind wir bestimmt dankbar; andererseits bin ich jedoch der Meinung, dass sich das Parlament näher mit Fragen wie beispielsweise einem Rahmen für den transatlantischen Datenschutz befassen sollte, da diese Problematik in den letzten anderthalb Jahren lediglich von Berufsbeamten hinter verschlossenen Türen behandelt wurde, als handele es sich dabei um eine rein technische Angelegenheit und nicht um eine Frage mit Bezug auf unsere bürgerlichen Freiheiten und Grundrechte. Das ist kein Thema für Diplomaten. Es ist höchste Zeit, dass diese Fragestellung von der Kommission und dem Rat dem Europäischen Parlament vorgelegt wird.

Ein weiteres Thema ist die elektronische Reisegenehmigung, die neulich von den US-Behörden angekündigt wurde. Ich hätte gern gewusst, ob der Rat und die Kommission beabsichtigen, diese Frage auf dem Gipfeltreffen mit den USA anzusprechen. Ich habe bis dato den Eindruck, dass wir es hier mit einem Flickenteppich aus Sicherheitsmaßnahmen zu tun haben, denen sich Reisende zu stellen haben. Dazu gehören die elektronische Reisegenehmigung, das Passagiernamensregister PNR, das API-System, biometrische Reisepässe Fingerabdrücke, Einreise-Ausreise-Systeme, automatische Suchsysteme, Visumspflicht bzw. Visumsfreiheit – und von der EU wird das alles blind kopiert. Stattdessen ist es an der Zeit, Gespräche über einen einheitlichen, wirksamen und verhältnismäßigen Rahmen von Sicherheitsmaßnahmen zu beginnen.

In diesem Zusammenhang möchte ich gern wissen, ob die Kommission und der Rat die Absicht haben, folgende Fragen mit den US-Behörden zu erörtern. So wurde angekündigt, dass – ich glaube ab August – Luft- und Schiffsverkehrsgesellschaften verpflichtet sind, von allen Reisenden zehn Fingerabdrücke und Gesichtsscans abzunehmen und diese Informationen innerhalb von 24 Stunden an das Ministerium für innere Sicherheit weiterzuleiten. Ich werde dazu eine parlamentarische Anfrage stellen, wobei ich gern gewusst hätte, ob der Rat und die Kommission wie ich der Meinung sind, dass Verkehrsgesellschaften keine polizeilichen und Sicherheitsaufgaben ausführen sollten, und ob sie beabsichtigen, diese Thematik anzusprechen.

Abschließend möchte ich im Zusammenhang mit der Visumsfreiheit eine spezielle Frage ansprechen. Wir haben sie wiederholt gestellt und nie eine Antwort erhalten: Beabsichtigen Sie, das inakzeptable Einreiseverbot für HIV-Patienten in die Vereinigten Staaten zu erörtern?

 
  
MPphoto
 
 

  Mirosław Mariusz Piotrowski (UEN).(PL) Herr Präsident! Vor kurzem nahm das Europäische Parlament eine Entschließung an, in der die Vereinigten Staaten aufgefordert wurden, die Visa-Anforderungen für Bürger aller EU-Mitgliedstaaten abzuschaffen und den Grundsatz der Gegenseitigkeit zu respektieren.

Bürger der Vereinigten Staaten können ohne jede Einschränkung in alle EU-Länder reisen, doch die Einzigen, die kein Visum für die Einreise in die USA beantragen müssen, sind Bürger aus den wenigen reichsten Ländern der Europäischen Union. Dies ist Ausdruck einer ungleichen Behandlung bestimmter vollwertiger EU-Mitgliedstaaten. Leider haben EU-Institutionen, die in anderen Fragen ein Übermaß an Ehrgeiz an den Tag legen, diesem Thema nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet. Wir befinden uns in einer misslichen Lage; so werden beispielsweise polnische Staatsbürger unverändert als potenzielle Wirtschaftsmigranten behandelt, obwohl die Vereinigten Staaten schon seit Jahrzehnten nicht mehr deren Ziel sind. Schließlich können sie in EU-Ländern arbeiten, die ihre Arbeitsmärkte für sie geöffnet haben. Weder wirtschaftliche und schon gar nicht politische Gründe stehen hinter ihrem Wunsch, ohne Visum in die Vereinigten Staaten einreisen zu können.

Uns bleibt die Hoffnung, dass die EU-Länder dieses Problem beim nächsten Gipfel EU/USA mit Nachdruck ansprechen und letztlich auch lösen werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Jana Bobošíková (NI).(CS) Herr Präsident! Da Kommissar Verheugen mit Nachdruck vom Wohlstand gesprochen hat, erwarte ich mir vom Gipfel, dass dort zuallererst nach einem Weg zur Zügelung des Preisauftriebs bei Lebensmitteln gesucht wird. Ich erwarte eine politisch korrekte Reaktion auf die Tatsache, dass in diesem Jahr Millionen Menschen an Hunger sterben und weitere 100 Millionen noch tiefer in die Armut abgleiten werden. Gleichzeitig wird in Europa Milch in die Kanalisation gegossen, und Raps und Zuckerrohr, die jetzt auf den Feldern blühen, werden in den Tanks von Fahrzeugen landen. Dank hoher Zuschüsse und Einfuhrzölle ist der Anbau von Biospritkulturen profitabler als die Getreideproduktion, obwohl allgemein bekannt ist, dass der Weizenpreis schlagartig um 10 % sinken würde und für Mais sogar 20 % weniger bezahlt werden müssten, wenn die Länder ein Moratorium zu Biokraftstoffen verkünden würden. Herr Präsident, ich bin davon überzeugt, dass sich bei dem in einer Woche in Ljubljana stattfindenden Treffen herauskristallisieren wird, ob die Europäische Union und die Vereinigten Staaten gewillt sind, sich ihren globalen Verpflichtungen zu stellen, oder ob sie wieder nur in populistischer Manier darüber reden werden. In Anbetracht der Tatsache, dass sie (buchstäblich) mit den tödlichen Ergebnissen der derzeitigen Agrarpolitik konfrontiert werden, sollten sie schnellstmöglich die sinnlosen Agrarsubventionen, Quoten und Zolltarife abschaffen und die Förderung von Biokraftstoffen einstellen.

 
  
MPphoto
 
 

  Jerzy Buzek (PPE-DE).(PL) Herr Präsident! Wir sprechen hier über den wichtigsten Partner der Europäischen Union. Obwohl wir in vielen Dingen unterschiedlicher Meinung sind, steht uns doch kein anderes Land in Übersee näher als die Vereinigten Staaten. Gleichzeitig verfolgen wir – global betrachtet – in mehreren Kernfragen, die unseren gesamten Planeten betreffen, verschiedene Ansätze.

Die Europäische Union hat sich den Kampf gegen die globale Erwärmung auf ihre Fahnen geschrieben; er gehört zu den bevorzugten Anliegen aller früheren und künftigen Präsidentschaften. Die Vereinigten Staaten sind ebenfalls der Meinung, dass vor allem menschliche Tätigkeiten zu Klimaänderungen führen, möchten aber die Mühen des Kampfes gegen den Klimawandel nicht auf sich nehmen. Wir, die Europäische Union, haben dagegen ein sehr anspruchsvolles Programm zur Begrenzung von Emissionen verabschiedet. Mit diesem Programm muten wir unserer Wirtschaft extrem viel zu. Wir haben uns für diesen Weg entschieden, weil wir möchten, dass Andere unserem Beispiel folgen. Das wollen wir erreichen, denn auf uns allein gestellt können wir den Planeten nicht retten.

Die Vereinigten Staaten gehören in jedem Fall zu den weltweit größten Emittenten von Treibhausgasen. Wenn sie davon überzeugt werden können, mit uns gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, läge eine globale Abmachung in Poznań und Kopenhagen im Bereich des Möglichen; nur wenn es uns gelingt, eine solche Einigung zu erzielen, wird unser Programm zur Begrenzung von Emissionen nicht umsonst gewesen sein. Daher meine ich, dass die Diskussion mit den Vereinigten Staaten über dieses Thema und die Vorstellung unserer Projekte wie auch die Überzeugung der Amerikaner davon, bei den nächsten Sitzungen zum Klimaübereinkommen gemeinsam mit uns auf dem internationalen Parkett aufzutreten, einer der wichtigsten, wenn nicht gar der einzige wichtige Punkt für die Europäische Union in der heutigen Zeit ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Ana Maria Gomes (PSE).(PT) Am 10. Juni wird der letzte EU-USA-Gipfel in der Busch-Ära stattfinden, die für immer von der illegalen Irak-Invasion und von den Gräueltaten in Abu Ghraib, Guantanamo und den Geheimgefängnissen überschattet sein wird. Nach acht Jahren Rückschritt werden wir erleichtert aufatmen. Acht verlorene Jahre für das, was ein wirksamer, den Werten der Demokratie und der Menschenrechte verpflichteter Kampf gegen den Terrorismus hätte sein können. Verlorene Jahre für die Bemühungen um Frieden im Nahen Osten, verloren auch für den Kampf gegen das organisierte Verbrechen und für die Abrüstung und die Nichtverbreitung von Kernwaffen.

Aber wir wissen, dass Barack Obama der Kandidat der Demokratischen Partei sein wird und die Hoffnung zurückkehrt. Obama hat seine Unterstützung für die Stärkung des Atomwaffensperrvertrages zugesichert und sich sogar für das Ziel der vollständigen nuklearen Abrüstung ausgesprochen. Das hatte bereits Rückwirkungen auf seinen republikanischen Gegner Senator McCain, der sich Obamas Position angenähert und erklärt hat, dass er den Abzug der taktischen Nuklearwaffen aus Europa unterstützt. Das beweist, dass es in den USA eine kritische Masse gibt, die zu einem Strategiewechsel bereit ist.

Europa muss so bald wie möglich an die neue US-Administration herantreten, um die Erarbeitung gemeinsamer Strategien für die NVV-Überprüfungskonferenz 2010 und für alle Foren anzuregen, in denen es um die globale Sicherheit und die Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen geht, darunter auch für Verhandlungen mit dem Iran. In diesem Zusammenhang sind die Kontakte zwischen den Mitgliedern des Europäischen Parlaments und des US-Kongresses von äußerster Wichtigkeit und sollten schon jetzt intensiviert werden.

Herr Präsident, die Führungsrolle der USA reicht nicht mehr aus, um die Bedrohungen der Gegenwart zu bekämpfen und neue Bedrohungen in der Zukunft zu verhindern. Sie ist jedoch nach wie vor unverzichtbar. Wir sind sicher, dass Präsident Obama – ich hoffe, dass er es wird – der Herausforderung gewachsen ist und dass Europa jede Gelegenheit nutzen kann, um zur dauerhaften Stärkung des multilateralen Systems beizutragen.

 
  
MPphoto
 
 

  Dariusz Maciej Grabowski (UEN).(PL) Herr Präsident! Probleme betreffen zunehmend die ganze Welt. Ein Beispiel ist die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. Ein zweites Problem ist die Nutzung des Zugangs zu Rohstoffen für politische Zwecke und der Anstieg der Rohstoffpreise. Drittens ist da der Terrorismus. Ein viertes Problem stellen lokal begrenzte bewaffnete Konflikte dar. Kein einzelner Staat hat die Kraft, diese Probleme allein zu lösen, d. h. die EU und die Vereinigten Staaten müssen den Dialog aufnehmen und zusammenarbeiten.

Die andere Seite der Medaille ist die wirtschaftliche und politische Rivalität zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten. Daher werden in den wichtigsten Angelegenheiten geeignete Absprachen gebraucht, um zu verhindern, dass diese Rivalität entzweiend wirkt. Vereinbarungen müssen insbesondere im wirtschaftlichen Bereich getroffen werden. Die Welt sollte nicht zur Geisel von Spekulationskapital und Rohstoffmonopolen werden. Europa darf sich nicht zulasten seiner eigenen Unternehmen mit Al Gore als Befürworter der Idee von der Erderwärmung verbünden.

Angesichts des bevorstehenden Präsidentenwechsels in den Vereinigten Staaten sollte Europa seine eigenen politischen Prioritäten setzen und die diesbezüglichen Lösungsvorschlage unmissverständlich darlegen.

 
  
MPphoto
 
 

  Dushana Zdravkova (PPE-DE).(BG) Als Vertreterin eines neuen Mitgliedstaates der EU und Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten möchte ich über die wichtige Rolle des Transatlantischen Dialogs der Gesetzgeber sprechen, um den es bei dem Treffen ging, das erst vor wenigen Tagen in Ljubljana stattfand.

Ich möchte sagen, wie dankbar ich für die Auswahl der auf die Tagesordnung gesetzten Punkte bin, zeigen sie doch ganz eindeutig, dass die Aufgaben, denen sich einige neue Mitgliedstaaten stellen müssen, haargenau mit der Agenda der Europäischen Union und ihrer Institutionen übereinstimmen, was uns ein Gefühl der Sicherheit vermittelt und die Gewissheit gibt, dass Kerninteressen geschützt werden.

Zuallererst denke ich aber an die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den allenthalben bekannten Sicherheitsmaßnahmen. Dazu gehören Visaregelungen sowie die Forderung nach Durchleuchtung ausnahmslos aller Frachten.

Einerseits beeinträchtigen Maßnahmen dieser Art die Bewegungsfreiheit der Bürger meines Landes und schmälern in erster Linie die Möglichkeiten von Jugendlichen, die gleichen Rechte und Chancen wahrzunehmen wie Menschen ihres Alters in anderen Ländern; andererseits verursachen sie wirtschaftliche Probleme in Ländern wie Bulgarien, die nur über relativ kleine Häfen verfügen und die mit der Anschaffung der neuen Durchleuchtungsausrüstung verbundene erhebliche finanzielle Belastung tragen müssen.

Die Maßnahmen werden dazu führen, dass diese Häfen die Abfertigung von Fracht einstellen, die dann in größere Hafenanlagen umgeleitet wird. Das schadet in jedem Fall den wirtschaftlichen Interessen von Regionen wie der, aus der ich komme, d. h. der Stadt Warna, und den anderen Schwarzmeerregionen.

Während der Treffen, bei denen Visafragen erörtert wurden, teilte ich unseren Kollegen vom US-amerikanischen Kongress mit, dass die heutige Lage in Bulgarien überhaupt nicht mehr mit der Situation vor 10 bis 15 Jahren vergleichbar sei, als junge Menschen in Scharen das Land Richtung Vereinigte Staaten verließen; zudem sei die Anzahl abschlägig beschiedener Visumanträge zurückgegangen. Darum werde ein neuer Dialog zwischen den beiden Ländern aufgenommen.

Dennoch muss Bulgarien nach meiner Überzeugung an seiner Loyalität gegenüber der gemeinsamen EU-Politik festhalten und auf der Anwendung von Maßnahmen zum Schutz aller Bürger der Europäischen Union auf der Grundlage von Gegenseitigkeit bestehen. Zugleich sollten unsere Kollegen aus den USA begreifen, dass wir vor gemeinsamen Sicherheitsproblemen stehen, die wir gemeinsam im Wege der Zusammenarbeit lösen müssen anstatt uns gegenseitig Steine in den Weg zu legen. Daher unterstütze ich die Entschließung und das bevorstehende Treffen.

 
  
MPphoto
 
 

  Helmut Kuhne (PSE). – Herr Präsident! Ein grundsätzlich positives Verhältnis zu den Vereinigten Staaten schließt Interessen- und Meinungsunterschiede nicht aus. Ich glaube, dass nur so, auf einer solchen Basis, Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe möglich ist. Nur so kann man auch überzeugend Antiamerikanismus entgegentreten.

Aus diesem Grunde sind wir Sozialdemokraten für einen direkten sicherheitspolitischen Dialog mit den USA in solchen Fragen, in denen die Europäische Union Kompetenzen hat. Ich will dafür zwei Beispiele nennen: die Glaubwürdigkeit westlicher Werte beim Kampf gegen den Terrorismus und das Thema Stabilisierung und Wiederaufbau.

Wir sind aus genau diesen Gründen gegen offene oder versteckte Bindungen der EU an die National Security Strategy der USA, wie wir sie in einem der Anträge der EVP zum Bericht über die Sicherheitsstrategie erkennen, über den wir morgen abstimmen werden. Denn es ist völlig klar, kein Präsident der Vereinigten Staaten wird jemals zulassen, dass eine dritte Partei, und sei es die EU, an dieser National Security Strategy mitschreibt. Warum soll man sich also dann per Blankoscheck an dieselbige binden? Das ist nicht gleiche Augenhöhe, und deshalb sind wir gegen solche Positionen.

 
  
MPphoto
 
 

  Atanas Paparizov (PSE).(BG) Herr Präsident! Ich möchte meine Zustimmung zur vorgeschlagenen gemeinsamen Entschließung bekunden und auf zwei Punkte eingehen, die ich auch beim Dialog der Gesetzgeber in Lujbljana angesprochen habe, nämlich Klimawandel und Energie, Bereiche, in denen beide Seiten, d. h. die Vereinigten Staaten und Europa, umfassender zusammenarbeiten sollten.

Ich hoffe, dass sich im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in den USA diesbezüglich mehr Gelegenheiten ergeben werden. Dabei setze ich insbesondere auf die Arbeit des US-Kongresses im Bereich der Gesetzgebung, die die Grundlage dafür schaffen soll, dass die Kopenhagener Konferenz globale Lösungen erzielen kann. Andernfalls wären Länder wie Bulgarien schwer vom Verlust der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Erzeugnisse und Ausfuhren betroffen, der eintreten würde, wenn wir als Einzige die Vorschläge der Europäischen Kommission zum Klimawandel umsetzen müssten.

Im Energiesektor sollte sich unsere Zusammenarbeit nicht nur auf saubere Technologien und den diesbezüglichen Fonds beschränken, sondern auch auf die Kernkraft erstrecken, deren internationale Bedeutung offenkundig wächst, vor allem in Ländern wie China und Indien. Wir können auf diesem Gebiet nur Partner sein, wenn die Europäische Union die Möglichkeit hätte, Kernenergiefragen offener in ihre Politik einzubeziehen.

 
  
MPphoto
 
 

  Peter Skinner (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte drei Punkte hervorheben. Zunächst stimme ich mit dem vom Kommissar gesetzten Schwerpunkt dahingehend überein, dass wir den Transatlantischen Wirtschaftsrat und unsere Bemühungen, die in diesem Rahmen möglich sind, fortführen müssen. Wir müssen zeigen, dass wir bestimmte Fragen sehr ernst nehmen und Veränderungen herbeiführen können, die nötig sind, um bedauerliche Barrieren abzubauen, bei denen es sich letzten Endes um Keimzellen für staatlichen Protektionismus handelt. Dazu gehört auch das Geflügelproblem, und es ist bedauerlich, dass im Hohen Haus eine Überlegung geäußert wird, wonach dieses Verbot nicht aufgehoben werden sollte.

Zweitens geht es darum, die positiven Punkte der Agenda hervorzuheben und uns in schwierigen Fragestellungen wie dem Klimawandel gegenseitig anzuspornen. So können beispielsweise bei Finanzfragen positive Entwicklungen festgestellt werden, und ich hoffe, dass auch die Versicherungsproblematik in die Liste der Fortschritte aufgenommen wird, die bis jetzt in diesem Bereich erzielt worden sind.

Abschließend möchte ich feststellen, dass auf dem kürzlich durchgeführten transatlantischen Dialog in Laibach eine höhere Qualität erkennbar war. So gab es mehr Diskussionen und Übereinstimmungen, und wie meine Kollegen kann ich nur betonen, dass wir das Erreichte nunmehr weiter ausgestalten müssen, um das vereinbarte Niveau der Gemeinsamen Erklärung von Houston von 1997 zu erreichen.

 
  
MPphoto
 
 

  Corina Creţu (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte einige Fragen aufwerfen, die hoffentlich in die Tagesordnung des Gipfeltreffens vom 10. Juni aufgenommen werden.

Zunächst einige Worte zum Kosovo. Offensichtlich hat niemand ein Interesse daran, dass auf dem Balkan ein weiterer Staat entsteht, der nicht lebensfähig ist, und daher beteiligt sich Rumänien seit Jahren an den Bemühungen zur Stabilisierung der Region. Unsere Bedenken gelten hauptsächlich der organisierten Kriminalität, der Prostitution, dem Menschenhandel sowie dem Drogen- und Waffenschmuggel, wobei ich die Auffassung vertrete, dass die neuen kosovarischen Behörden ihre Bemühungen zur Bekämpfung dieser Praktiken verstärken müssen.

Meiner Meinung nach kommt es auch darauf an, streng auf die Bewahrung der einheimischen Kultur zu achten, insbesondere im Hinblick auf die orthodoxen Kloster in der Region.

Eine weitere Frage, die ich aufwerfen möchte, betrifft Visa für alle EU-Bürger bei Reisen in die Vereinigten Staaten. Ich möchte Kommissar Verheugen und Minister Rupel dafür danken, dass sie diese Problematik angesprochen haben. Wie man hier feststellen konnte, gibt es in dieser Hinsicht ein sehr hohes Maß an Solidarität, unabhängig von der politischen Ausrichtung. Ich muss sagen, dass ich sehr überrascht war, dass unsere Kollegen vom US-Kongress auf dem Treffen in Laibach die gesamte Verantwortung für diese Frage dem Außenministerium zuschoben, während Präsident Bush zur gleichen Zeit feststellte, dass die volle Verantwortung dafür beim US-Kongress liege. Ich hoffe, dass auf dem bevorstehenden Gipfel in Laibach endlich eine Antwort zu diesem Thema gefunden wird.

Abschließend möchte ich auf die Problematik der Lebensmittelpreise und der Armut hinweisen.

 
  
MPphoto
 
 

  Zita Pleštinská (PPE-DE).(SK) Sehr geehrte Damen und Herren! Als der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz im Juli 2007 in Washington war, wurde mir die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union bewusst.

Ich denke, dass gemeinsame Maßnahmen der EU und der USA in den Bereichen Zolltarife, geistiges Eigentum, gegenseitige Anerkennung, gegenseitiges Verständnis und Angleichung der Normen zur Schaffung einer neuen transatlantischen Handelszone führen können, die sowohl Unternehmern als auch Verbrauchern auf beiden Seiten des Atlantiks zugute kommt. Da das Parlament derzeit über die Spielzeug-Richtlinie debattiert, wäre es sehr sinnvoll, sich auch im Hinblick auf die Sicherheit von Spielzeug auf eine gemeinsame Politik zu einigen. Ich bin sicher, dass Kommissar Verheugen, der die Europäische Union im transatlantischen Dialog vertritt, in dieser Frage viel erreichen kann.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich hoffe, dass die USA nach dem kommenden EU-USA-Gipfel ihr Programm für die Befreiung von der Visumspflicht auf alle EU-Bürger, einschließlich derjenigen aus meinem Heimatland Slowakei, ausweiten werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Stolojan, Theodor Dumitru (PPE-DE). – (RO) Herr Präsident! Ich möchte Kommissar Verheugen dafür danken, dass er die Visafrage, von der die Bürger meines Landes betroffen sind, die ich hier im Europäischen Parlament vertrete, auf die Tagesordnung des Gipfeltreffens EU/USA gesetzt hat. Ferner fordere ich, dass sich die USA den Bemühungen der Europäischen Union anschließen, auf die Herausforderungen des Klimawandels zu reagieren; andernfalls werden alle europäischen Unternehmen im Wettbewerb mit den USA benachteiligt sein.

 
  
MPphoto
 
 

  Dimitrij Rupel, amtierender Ratspräsident. – (SL) Lassen Sie mich die drei Fragen beantworten, die in meinen Augen am wichtigsten sind.

Zunächst möchte ich auf die Frage von Herrn Rouček zum Raketenabwehrschild eingehen. In gewisser Hinsicht betrifft diese Frage nicht nur die Europäische Union, weil es hier um bilaterale Abkommen zwischen zwei europäischen Ländern – der Tschechischen Republik und Polen – und den Vereinigten Staaten von Amerika geht.

Ich persönlich würde es begrüßen, wenn diese Dinge innerhalb der NATO oder der Europäischen Union diskutiert würden, was derzeit jedoch nicht möglich ist. Wie ich bereits sagte, handelt es sich um eine bilaterale Angelegenheit, die natürlich in die Zuständigkeit der Länder fällt, die diese Abkommen schließen.

Zum Programm für visafreie Einreise, das stark kritisiert und in diesem Hohen Hause mehrmals diskutiert wurde, möchte ich Folgendes sagen: Was die Ausweitung dieses Programms anbetrifft, so hoffen wir auf baldige Fortschritte im Einklang mit der Einigung auf einen zweigleisigen Ansatz, der beim Troikatreffen der Justiz- und Innenminister der EU und der USA angenommen wurde.

Bisher wurde vereinbart, dass die USA über Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, mit diesen selbst verhandeln, und über Fragen, für die die Europäische Kommission zuständig ist, entsprechend mit ihr verhandeln. Das habe ich bereits in meinen einleitenden Bemerkungen gesagt. Daher gehen wir davon aus, dass das Programm für visafreie Einreise bis Ende 2008 auf weitere EU-Mitgliedstaaten ausgeweitet wird. Bisher nehmen elf Länder noch nicht an diesem Programm teil.

Wenn ich darf, Herr Präsident, würde ich gerne noch kurz auf den Klimawandel eingehen. Die Frage lautete, ob wir bei dieser Frage bzw. diesem Problem genug getan haben. Es freut mich, dass während unserer Präsidentschaft zwei wichtige Treffen zum Thema Klimawandel und Energie stattgefunden haben, nämlich erstens der hochrangige Dialog EU-USA über Klimawandel, saubere Energie und nachhaltige Entwicklung und zweitens die Überprüfung der Energiestrategie.

Dennoch würden wir es begrüßen, wenn die Vereinigten Staaten in diesem Bereich mehr Engagement an den Tag legten; und wir in der Europäischen Union werden versuchen, unsere amerikanischen Freunde davon zu überzeugen, wie wichtig es ist, global und einvernehmlich zu handeln – momentan gibt es nämlich erhebliche Differenzen zwischen der EU und den USA.

Darüber hinaus ist die Europäische Union fest davon überzeugt, dass die Frage der Bekämpfung des Klimawandels im Rahmen der Vereinten Nationen behandelt werden muss. Das ist alles, was ich für meinen Teil zu dieser Diskussion beitragen kann.

 
  
MPphoto
 
 

  Günter Verheugen, Vizepräsident der Kommission. − Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch kurz auf zwei Fragen eingehen. Zunächst auf die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen, die von Frau in 't Veld sehr nachdrücklich dargestellt worden ist und bei der es darum geht, wie wir die richtige Balance finden zwischen den Sicherheitsbedürfnissen unserer amerikanischen Freunde und dem Anspruch, den wir selber an die individuelle Freiheit und die individuellen Rechte unserer Bürgerinnen und Bürger stellen.

Ich möchte Ihnen, Frau Abgeordnete, ganz klar sagen: Die Kommission teilt Ihre Besorgnisse voll und ganz, und ich werde die Kritik, die Sie an der mangelnden Transparenz des Verfahrens geäußert haben, selbstverständlich dem zuständigen Kollegen mitteilen und ihn bitten, für mehr Transparenz zu sorgen.

Wir reden mit den Amerikanern, bevor wir uns auf irgendetwas einlassen können, über die Grundsätze, die uns bei der Zusammenarbeit in solchen Fragen leiten müssen. Wenn es keine Verständigung über diese Grundsätze gibt, kann es auch kaum eine Verständigung über Einzelfragen geben. Das ist selbstverständlich ein Thema bei dem Treffen nächste Woche in Ljubljana.

Ich sage nicht gerne noch etwas über Geflügel, aber es ist von mehreren hier angesprochen worden. Es ist immer gut zu wissen, worüber man eigentlich redet. Daher ist es auch wichtig zu wissen, dass dies keine Frage der Lebensmittelsicherheit ist, über die wir hier sprechen. Seit vielen Jahren erklärt die zuständige Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, dass von amerikanischen Geflügelimporten nicht das geringste Risiko für die Gesundheit der Verbraucher ausgeht. Wir reden nicht über ein Veterinärproblem, wir reden über eine rein handelspolitische Frage, die unter dem Gesichtspunkt behandelt werden muss: Was sind unsere Interessen und wie verteidigen wir unsere Interessen am besten? Ich denke, dazu habe ich Ihnen das Notwendige gesagt.

Es gibt hierzu auch keine unterschiedlichen Auffassungen in der Kommission. Die Kommission hat sich von Anfang an bereit erklärt, diese – wie ich sagen muss – ein wenig bizarre Auseinandersetzung nicht zu einer Belastung werden zu lassen und das Problem aus der Welt zu schaffen.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Zum Abschluss der Aussprache wurden gemäß Artikel 103 Absatz 2 der Geschäftsordnung sechs Entschließungsanträge(1) eingereicht.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
MPphoto
 
 

  Magor Imre Csibi (ALDE), schriftlich. (RO) Als stellvertretender Vorsitzender des Umweltausschusses fordere ich die Vertreter der EU, die an dem Treffen mit Beamten aus den USA teilnehmen, auf, Lösungen für das Problem des Klimawandels zu untersuchen.

Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung, und wir sollten eine globale Antwort darauf geben. Europa unternimmt bereits Schritte in dieser Richtung. Dasselbe erwarten wir von unseren Nachbarn jenseits des Atlantiks. Ich freue mich, dass die USA sich den Bemühungen der internationalen Gemeinschaft nach 2012, wenn das Kyoto-Protokoll ausläuft, anschließen werden.

Ferner begrüße ich, dass der Präsident der USA letztendlich eingeräumt hat, dass wir Rechtsvorschriften brauchen, um den Umfang der Treibhausgasemissionen zu verringern. Ich rufe die Vertreter der EU auf, dabei über konkrete Prozentsätze zu diskutieren, damit der globalen Erwärmung ein Ende gesetzt wird. Wir können nicht anerkennen, dass wir diesbezügliche Gesetze brauchen, und dann einen Rückzieher machen, wenn es um Zahlen geht.

Überdies müssen den künftigen Diskussionen über den Kooperationsrahmen beim Klimaschutz realistische Studien über erneuerbare Energiequellen zugrundeliegen. Ich beziehe mich hauptsächlich auf Biokraftstoffe der ersten Generation. Der Anteil ihrer Verwendung muss gering bleiben, ebenso der Umfang der Finanzhilfen. Auf diese Weise schützen wir die Artenvielfalt und verhindern einen Anstieg der Lebensmittelpreise infolge der Verringerung der landwirtschaftlichen Flächen.

 
  
MPphoto
 
 

  András Gyürk (PPE-DE), schriftlich. – (HU) Das in wenigen Tagen stattfindende Gipfeltreffen EU/USA ist eine gute Gelegenheit, die Entwicklung der transatlantischen Beziehungen in den wichtigsten Bereichen auf den Prüfstand zu stellen. Unseres Erachtens muss die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Energiepolitik bei den Gesprächen eine wichtige Rolle spielen.

Die Sicherung der Energieversorgung bleibt ein vorrangiges Ziel auf beiden Seiten des Atlantischen Ozeans. Bekanntlich lagern die größten Vorräte in Ländern, die den Anforderungen an eine Demokratie nicht immer genügen. Gerade deswegen sind im Interesse der Förderung der Menschenrechte und der Verfassungsmäßigkeit gemeinsames Handeln und weitere Bemühungen gefragt. Wir müssen unbedingt herausstellen, dass die Verbreitung der Grundsätze der Demokratie auch mehr Energieversorgungssicherheit bedeutet.

Daneben muss der noch intensivere Kampf gegen den Klimawandel im Mittelpunkt der künftigen Zusammenarbeit stehen. Eine sehr erfreuliche Entwicklung ist in der Verpflichtung der Vereinigten Staaten zu sehen, die Grundlage für die Kyoto-Nachfolgeregelung zu schaffen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die Vereinigten Staaten müssen eine führende Rolle übernehmen, damit sich die am meisten entwickelten Länder bis zum Jahresende über die Eckpunkte des internationalen Vertrages einigen können. Das vor kurzem in das amerikanische Recht aufgenommene Maßnahmenpaket zur Reduzierung der Emissionen ist das neueste Signal aus Washington, dass die Amerikaner bereit sind, sich aktiv am Kampf gegen den Klimawandel zu beteiligen.

Die Ölpreise, die in bislang unvorstellbare Höhen schießen, lenken unser Augenmerk darauf, welche Bedeutung dem gemeinsamen internationalen Vorgehen in der Energiepolitik zukommt. Nach unserer Überzeugung müssen die Vereinigten Staaten und Europa ganz einfach Verantwortung in diesem Bereich übernehmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Gábor Harangozó (PSE), schriftlich. – (EN) Die Beziehungen zwischen der EU und den USA haben in den letzten Jahren bei vielen Fragen einen starken Wandel durchgemacht, wobei auf zahlreichen Gebieten der Zusammenarbeit eine Phase der Konsolidierung eingetreten ist. Die kürzlich durchgeführten Verhandlungen zur Aufhebung der Visabeschränkungen für Reisende aus der EU sind ein ausgezeichnetes Beispiel, das trotz des positiven Ergebnisses zeigt, dass wir zur Herbeiführung erfolgreicher Gespräche zwischen den USA und der EU auf den Abschluss rein bilateraler Vereinbarungen verzichten sollten, weil diese letztendlich die Verhandlungsstärke der EU als Ganzes schwächen.

Der Abschluss eines Vereinbarungspakets mit allen 27 Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten war ganz entscheidend für die Stärkung der gemeinsamen Visapolitik der EU. In den Fällen, in denen Zuständigkeiten der Gemeinschaft gelten, kommt es darauf an sicherzustellen, dass mit unseren strategischen Partnern wie den Vereinigten Staaten EU-weite Abkommen geschlossen werden. Meiner Meinung nach liegt dieser Ansatz im Interesse beider Partner. Nur so lässt sich gewährleisten, dass mit dem Visaverzichtsprogramm ein vollständig visafreier gegenseitiger Reiseverkehr erreicht wird und unsere Bürger im Hinblick auf den Status des Reisepasses die gleiche Behandlung erfahren wie US-Bürger.

 
  
MPphoto
 
 

  Tunne Kelam (PPE-DE), schriftlich. – (EN) Es ist an der Zeit, mit aller Deutlichkeit und Verantwortung zu betonen, dass die Partnerschaft zwischen der EU und den USA nicht nur einen Eckpfeiler für glaubwürdiges und wirksames außenpolitisches Handeln der EU darstellt, sondern dass beide Partner nur durch enge Zusammenarbeit und Koordinierung in die Lage versetzt werden, bei der Globalisierung eine Schlüsselrolle zu spielen sowie Stabilität und Demokratie zu garantieren.

Für die Europäische Union ist dies der einzige Partner in der Welt, mit dem sie die Grundwerte Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Verteidigung der Menschenrechte teilt.

Daher ist es an der Zeit, nach dem Schaden, der in Folge des Einmarsches in den Irak entstanden ist, die normale Zusammenarbeit und das gegenseitige Vertrauen wieder in voller Breite herzustellen. Bekanntlich hat der genannte Einmarsch zu einer tiefen Spaltung in der EU selbst geführt.

Aus diesem Grund appelliere ich dringend an beide Partner, die Arbeiten des Transatlantischen Wirtschaftsrates unverzüglich zum Abschluss zu bringen. Auch ein gemeinsamer Ansatz im Klimaschutzbereich würde wesentlich bessere Chancen für die Lösung dieser Probleme bieten. Dasselbe trifft auf den Iran zu. Hier müssen sich sowohl die USA als auch die EU auf eine gemeinsame Strategie verständigen, um den dortigen Vorbereitungen zur Entwicklung von Nuklearwaffen einen Riegel vorzuschieben.

Letztendlich benötigen wir eine stärkere und neu definierte Partnerschaft zwischen der EU und der NATO, wodurch auch unsere Zusammenarbeit in Afghanistan vertieft werden könnte.

 
  
MPphoto
 
 

  Eija-Riitta Korhola (PPE-DE), schriftlich. – (FI) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich möchte zwei Fragen ansprechen, auf die die EU ihre Aufmerksamkeit auf dem Gipfel richten sollte. Die globalen Herausforderungen erfordern vom Westen vor allem, Konsequenz und Verantwortungsbewusstsein an den Tag zu legen.

Erstens sollte die Union eine konstruktive Debatte über Amerikas Rolle in der Klimapolitik führen. Die Welt hat vor Kopenhagen noch anderthalb Jahre Zeit für einen Kurswechsel. Auf der einen Seite müssen wir die Vereinigten Staaten dazu anhalten, unumgängliche Planungen für eine Klimagesetzgebung voranzubringen. Wir müssen betonen, dass die Lösung für das Problem des globalen Klimawandels eine weltweite kohlenstoffarme Wirtschaft ist. Das bedeutet, dass die Mechanismen des Kohlenstoffmarktes in den verschiedenen Ländern kompatibel gemacht und im Laufe der Zeit aufeinander abgestimmt werden sollten. Amerikas regionale Systeme des Emissionshandels geben Anlass zur Hoffnung.

Andererseits müssen wir anerkennen, dass unser Partner im Kampf gegen den Klimawandel besser ist als sein Ruf. Die EU sollte Rat in den Vereinigten Staaten suchen und deren fruchtbare Bemühungen zur Entwicklung sauberer Technologien würdigen. Die Union hat in diesem Bereich noch einen weiten Weg vor sich. Mit ihrem Vorschlag zur Einrichtung eines internationalen Fonds für umweltfreundliche Technologien zeigen die Vereinigten Staaten den Weg in die Zukunft. Die Zusammenarbeit zwischen der EU und den Vereinigten Staaten wird auch eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel auf den Weg zu bringen.

Zweitens: Der Gipfel sollte die Grundwerte, denen wir gemeinsam verpflichtet sind, in den Vordergrund rücken: Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. Wir müssen uns trauen zu fragen, wie unsere Wertebasis in der Politik der westlichen Welt umgesetzt wird. Sieht das Vorgehen der politischen Führer der Welt bei Lichte betrachtet wirklich gut aus, beispielsweise im Kampf gegen den weltweiten Terrorismus? Weil der Terrorismus gleichermaßen eine Bedrohung für die EU wie auch für die Vereinigten Staaten darstellt, müssen die Mittel zu seiner Bekämpfung gemeinsam auf den Prüfstand gestellt werden.

Bisweilen scheinen die globale politische Rhetorik und die Alltagswelt zu vergessen, dass unsere Wertebasis nicht in erster Linie Anderen, sondern uns selbst Pflichten auferlegt, egal, ob wir nun über den Nahen Osten, den westlichen Balkan oder Afrika reden.

 
  
MPphoto
 
 

  Bernard Wojciechowski (IND/DEM), schriftlich. – (EN) Das bevorstehende Gipfeltreffen EU-USA ist für beide transatlantischen Partner eine Chance, zu Fragen, die auf beiden Seiten des Atlantiks anstehen, eine gemeinsame Grundlage zu finden. Unsere Kontinente eint eine gemeinsame Kultur und Geschichte. Wir müssen alles tun, um dieses Band so eng wie möglich zu gestalten, damit wir unsere Ziele erreichen, die nicht nur für beide Seiten von Bedeutung sind, sondern auch globale Anliegen darstellen. Der wachsende und extreme Energiebedarf der Schwellenländer, steigende Lebensmittelpreise und Konflikte in aller Welt sind nur einige der Fragen, denen sich die Partnerschaft EU-USA weiter gemeinsam stellen muss, um Frieden und Nachhaltigkeit zu gewährleisten und der Menschenwürde weltweit zum Durchbruch zu verhelfen. Eine der Erfolgsgeschichten dieser Beziehung ist die NATO, die wir unterstützen und stärken sollten, hat sie doch den Frieden in Europa gesichert und zur Vertiefung der Beziehungen zwischen der EU und den USA beigetragen.

 
  

(1) Siehe Protokoll.


21. Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgen die Ausführungen von einer Minute zu wichtigen politischen Fragen.

 
  
MPphoto
 
 

  Emmanouil Angelakas (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! Seit kurzem wird in der EU lautstark eine umfassendere Nutzung der Kernenergie für friedliche Zwecke gefordert – in erster Linie, um den Energiebedarf Europas zu decken.

Als problematisch erweisen sich der ungebremste Anstieg des Ölpreises, die steigende Nachfrage aus etlichen Ländern mit schnell wachsenden Volkswirtschaften, regionale Störungen in Ölförderländern sowie die Tatsache, dass erneuerbare Energiequellen und Erdgas nur einen Bruchteil des Energiebedarfs in Europa decken können. Folglich wird der Bau von Kernkraftwerken zur Diskussion gestellt.

Viele Fragen beschäftigen die Unionsbürger. Kann der sichere Betrieb von Kernkraftanlagen garantiert werden? Gibt es geeignete Frühwarnsysteme, die eine rechtzeitige Meldung im Falle einer Betriebsstörung gewährleisten? Und wie sicher werden Nuklearabfälle beseitigt und gelagert? Ich bin davon überzeugt, dass auf Initiative des Europäischen Parlaments und mit Unterstützung der Kommission ein sinnvoller Dialog geführt werden könnte, der den Unionsbürgern eindeutige, unstrittige Ergebnisse liefert. Ich fordere die französische Präsidentschaft auf, dieses Thema ganz oben auf ihre Agenda zu setzen.

 
  
MPphoto
 
 

  Marusya Ivanova Lyubcheva (PSE).(BG) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf ein Thema lenken, das uns Verantwortung für die Zukunft der Europäischen Welt und der Welt insgesamt auferlegt, nämlich das Thema Kinderhandel.

Im 21. Jahrhundert, dem Zeitalter der Hochtechnologie und des Fortschritts, hat sich dieses Problem noch immer nicht erledigt; es ist so unmenschlich und brutal, dass man es einfach nicht übersehen kann oder mit anderen Problemen vermengen darf. Kinderhandel ist nicht wegzuleugnen – er findet statt. Hier geht es nicht nur um die Verletzung von Menschenrechten, sondern auch um einen Angriff auf die Zukunft.

Das Leben jedes Kindes ist ein Segen, und die Vernichtung von Kinderleben ist ein Verbrechen gegen die Menschheit. Kinderhandel hat grausame Konsequenzen. Man spricht von moderner Sklaverei. Es folgen körperliche und seelische Misshandlung, sexuelle Ausbeutung, Mord.

Wir müssen unsere Kräfte bündeln und eine gemeinsame Politik erarbeiten, um dieses Phänomen zurückzudrängen und einzudämmen. Die Europäische Kommission sollte im Rahmen der Strategie für Kinder ein gesondertes Programm auflegen und einen Aktionsplan aufstellen und die für die Schaffung gemeinsamer Strukturen und einer gemeinsamen Politik erforderlichen Maßnahmen einleiten.

 
  
MPphoto
 
 

  Cristian Silviu Buşoi (ALDE). – (RO) Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Abhängigkeit Europas von Importen fossiler Energieträger hat zugenommen, die Erdölpreise haben eine alarmierende Höhe erreicht und die Europäische Union ist immer mehr auf die OPEC-Staaten und Russland angewiesen.

Bei den Außenbeziehungen im Energiebereich sind gemeinsame Bemühungen notwendig. Es kommt darauf an, dass die bilateralen Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern den europäischen Ansatz stärken und nicht schwächen. Die Abkommen, die Italien, Ungarn und Bulgarien mit Russland für das South-Stream-Projekt unterzeichnet haben, eine Pipeline, die einen Mitgliedstaat wie Rumänien ganz ohne wirtschaftliche Veranlassung umgehen soll, gefährden die Kohäsion der europäischen Energiepolitik und sind Ausdruck politischer Strategien, die unter den Mitgliedstaaten verhindert werden müssen. Ich hatte erwartet, dass die Europäische Kommission diese Situation entschiedener verurteilen würde.

Bei den Rechtsvorschriften zur Energiesicherheit, die in der zweiten Jahreshälfte angenommen werden müssen, sollten wir meines Erachtens die gleichen Ambitionen zeigen wie bei den Rechtsvorschriften zum Thema „Energie – Klimawandel“. Der Grundsatz, mit einer Stimme zu sprechen, muss in die Tat umgesetzt werden, und die Kommission sollte einen Mechanismus für Abkommen mit Drittländern vorschlagen, der sich vielleicht am Bereich Nuklearenergie orientiert. Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen wir gemeinsam handeln.

 
  
MPphoto
 
 

  Milan Horáček (Verts/ALE). – Herr Präsident! Reaktionäre Nationalisten schlugen am vergangenen Sonntag bei einer friedlichen Kundgebung in Moskau Homosexuelle brutal zusammen und hämmerten damit einmal mehr das Bild eines unfreien Russland in unser Bewusstsein ein. Schwule und Lesben werden noch immer massiv diskriminiert. In den letzten Jahren wurde der deutsche Grünen-Politiker Volker Beck bei Kundgebungen geschlagen und verhaftet. Man kann nicht oft genug betonen, wie schlecht es um die Zivilgesellschaft in Russland bestellt ist.

Ende Juni soll in Sibirien endlich ein neues EU-Russland-Abkommen verhandelt werden. Wir sind es den Menschen in Russland und in anderen autokratischen Systemen schuldig, dass das Thema der Energiesicherheit nicht alle anderen Bereiche überschattet. Menschenrechte und demokratische Grundfreiheiten müssen die Basis für dieses neue Abkommen bilden!

 
  
MPphoto
 
 

  Dariusz Maciej Grabowski (UEN).(PL) Herr Präsident! Der polnischen Schiffswerftindustrie droht das komplette Aus, weil die Europäische Kommission die Rückgabe von staatlichen Beihilfen verlangt. Dadurch werden tausende Beschäftigte an der Ostsee ihre Arbeitsplätze verlieren, und zehntausende Menschen in Fabriken, die mit den Werften zusammenarbeiten, werden sowohl in Polen als auch in anderen EU-Ländern entlassen.

Die Europäische Union versteckt sich hinter dem Schlagwort des freien Wettbewerbs, weil sie nicht zugeben will, dass in einer Zeit massiver weltweiter Preissteigerungen Teile der Wirtschaft geschützt werden müssen; so wird das in asiatischen Ländern gehandhabt. Die Europäische Kommission will sich nicht daran erinnern, dass die Ostländer in Deutschland mehr als 1,5 Milliarden Euro an Beihilfen vom deutschen Staat erhalten haben, wobei auch Werften an der Ostsee zu den Empfängern gehörten.

Ich frage mich, ob die Menschen und der Ort, von dem die Solidarność-Bewegung ausging – der Fall der Berliner Mauer, die Befreiung Europas –, willkürlichen Beschlüssen zum Opfer fallen müssen, die in Brüssel im Interesse von Spekulanten gefasst werden, die Profit aus den Trümmern der Werften schlagen wollen. Wir fordern von der Europäischen Kommission Entscheidungen, die den Schiffswerften in Polen das Überleben und eine Zukunft ermöglichen.

 
  
MPphoto
 
 

  Věra Flasarová (GUE/NGL).(CS) Meine Damen und Herren! Ich möchte bei Ihnen um Unterstützung für eine Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 318/2007 der Kommission bzw. für die Rückkehr zur ursprünglichen Regelung aus dem Jahr 2005 werben. Entsprechende Anfragen wurden von Zuchtverbänden gestellt, die in Deutschland, den Niederlanden, Belgien und der Tschechischen Republik mit exotischen Vögeln handeln. Die Änderung betrifft im Wesentlichen das Verbot der Einfuhr von in der Wildnis gefangenen exotischen Vögeln in die Union. Angesichts der tatsächlichen Situation im Bereich der Zucht kleiner Vögel sind die für ihre Einfuhr geltenden Bedingungen schwer zu erfüllen. Offenbar wurde die von den Medien im Zusammenhang mit der Vogelgrippe verbreitete Hysterie genutzt, um die erwähnte Rechtsvorschrift durchzusetzen. Die EU verfügt über Quarantäneeinrichtungen; damit wird die Ausbreitung von Geflügelkrankheiten verhindert, die eine Gefahr für die Menschen darstellen. Mehrfach haben Züchter bei der Auswilderung verschiedener Tierarten geholfen. Sie achten die Gesetze zum Schutz der in der CITES-Liste erfassten, am meisten bedrohten Arten. Verbote erzeugen nur Gegendruck und Versuche, diese zu umgehen. Der Schwarzmarkt wird blühen, der Schmuggel wird florieren und die Preise für Vögel werden steigen. Letztlich könnten auch die Gesundheitsgefahren zunehmen. Wenn die üblichen, bewährten und erprobten veterinärrechtlichen Vorschriften, einschließlich des Washingtoner Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen, beachtet werden, erübrigt sich das Festhalten an dieser Verordnung.

 
  
MPphoto
 
 

  Urszula Krupa (IND/DEM).(PL) Herr Präsident! Ich möchte das Forum des Europäischen Parlaments nutzen, um gegen das rechtswidrige Auslaufen des Vertrags zu protestieren, der zwischen dem der polnischen Regierung unterstehenden Nationalen Fonds für Umweltschutz und der Stiftung „Lux Veritatis“ geschlossen worden war, um den Bau von Thermalbädern in Toruń zu realisieren. Gleichzeitig wurde angekündigt, dass keine Rückerstattung der enormen Geldbeträge erfolgen wird, die die Stiftung für diese Investition bereitgestellt hatte. Die Begleitumstände deuten darauf hin, dass diese Entscheidung politisch motiviert war; sie widerspricht nicht nur polnischem Recht, sondern auch dem Gemeinschaftsrecht, und ist ein Beleg dafür, dass im Namen der Bekämpfung von als politischen Feinden wahrgenommenen Menschen das Recht gebrochen und eine Förderung erneuerbarer Energien nicht zugelassen wird, was auch gegen den EU-Grundsatz der Nichtdiskriminierung aus politischen oder religiösen Gründen verstößt. Nach Angaben der ehemals für den Nationalen Fonds für Umweltschutz und Wasserwirtschaft zuständigen Behörden wurde der Antrag der Stiftung „Lux Veritatis“ sehr gründlich geprüft und gab keinerlei Anlass zu Beanstandungen.

 
  
MPphoto
 
 

  Irena Belohorská (NI).(SK) Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Sie über einen Vorfall informieren, der sich kürzlich im Vereinigten Königreich ereignet hat. Ein slowakischer Staatsbürger, der dort legal beschäftigt war, überschritt die Frist für die Wiederzulassung seines Fahrzeugs um vier Tage, und für dieses Vergehen drohte ihm die britische Polizei mit der Zerstörung seines Fahrzeugs. Bei ihren Ermittlungen verhielt sich die Polizei in fremdenfeindlicher und beleidigender Weise und nutzte seine lediglich passive Kenntnis der englischen Sprache aus. Sämtliche seiner Papiere wurden ohne guten Grund beschlagnahmt, statt einer offiziellen Bescheinigung über die Beschlagnahmung seines Fahrzeugs wurde ihm ein Zeitungsfetzen ausgehändigt, und auch Papiere wie seine europäische Versicherungsbescheinigung (grüne Versicherungskarte) oder seine slowakische Zulassung wurden von den britischen Behörden nicht anerkannt. Wegen dieses Vergehens, und ich meine wirklich nur Vergehen, drohte die britische Polizei, sein Fahrzeug zu verschrotten.

Ich möchte meinem Kollegen Chris Davies für seine Hilfe bei der Untersuchung dieses unglücklichen Falls wie auch den anderen britischen Abgeordneten danken, die für diesen Fall Interesse gezeigt haben. Ich vertraue darauf, dass ein solches Vorgehen der britischen Polizei ein Einzelfall ist und dass diese Haltung Bürgern gegenüber, die legal im Vereinigten Königreich beschäftigt sind, eher die Ausnahme als die Regel ist. Die Frist für die Rückgabe des Fahrzeugs endete gestern, und bisher wissen wir nicht, ob das Fahrzeug zerstört wurde oder nicht. In jedem Fall steht unserem Staatsbürger sein Fahrzeug nicht zur Verfügung, obwohl die britischen Behörden alle erforderlichen Unterlagen erhalten haben.

 
  
MPphoto
 
 

  Petya Stavreva (PPE-DE).(BG) Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! In zehn Tagen, am 14. Juni 2008, gedenkt Bulgarien der Lebensleistung von Alexander Stambolijski als Staatsmann, Reformer und Führer der Bauernbewegung im Lande.

Nach zwei nationalen Katastrophen übernahm er 1919 die Macht und widmete sich mit ganzer Kraft der nationalen Sache, der Modernisierung und demokratischen Erneuerung des Landes. Durch einen Staatsstreich im Jahre 1923 wurde er gestürzt. Er wurde auf äußerst brutale Weise getötet, seine Ideen von einem freien und unabhängigen Bulgarien machten ihn auf dem Weg zum Aufbau und zur europäischen Integration aber unsterblich.

Die Lehren in staatsmännischem Verhalten, die uns Stambolijski erteilt hat, fallen gerade heute – 85 Jahre nach seinem Tod und angesichts der Tatsache, dass Bulgarien zu den Mitgliedern der Europäischen Union gehört – besonders ins Gewicht. Der Schutz nationaler Interessen in der großen europäischen Familie, die Wahrung der nationalen Identität parallel zur schnellen Anpassung an die neuen Gegebenheiten sollte uns allen Anlass sein, unsere Kräfte als Bürger eines vereinten Europas, für die Werte keine leere Worthülse, sondern Ausdruck eines bestimmten Verhaltens, von Haltung und sozialer Verantwortung sind, zu bündeln.

 
  
MPphoto
 
 

  Iliyana Malinova Yotova (PSE).(BG) Herr Präsident! Die operationellen Programme Bulgariens im Rahmen der EU-Fonds waren unter den ersten, die von der Kommission für den Zeitraum von 2007 bis 2013 genehmigt wurden.

Wir kommen nicht umhin zuzugeben, dass wir uns als neuer Mitgliedstaat mit zahlreichen Schwierigkeiten bei der konkreten Umsetzung der Programme herumschlagen müssen. Die Bandbreite der Probleme reicht von unzureichenden Informationen bis hin zu Unregelmäßigkeiten, ja sogar missbräuchlicher Verwendung von Mitteln aus den EU-Fonds – „Störungen“, von denen ausnahmslos alle EU-Mitgliedstaaten betroffen sind.

Die bulgarische Regierung stuft die Mittelausschöpfung als wichtige Aufgabe ein. Das hat zu radikalen Reformen in allen für die EU-Gelder zuständigen Institutionen geführt. Es wurde ein Stellvertretender Minister ernannt, der die Gesamtkoordinierung des Prozesses gewährleisten muss.

Die bislang unbefriedigenden Ergebnisse bei der Mittelausschöpfung nutzt die einheimische Opposition, die wiederholt versucht hat, das Land sogar hier im Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Misskredit zu bringen, als Munition für eine heftige Kampagne.

Hinweise auf anonyme Quellen, die einen vernichtenden Bericht der Kommission zu Bulgarien im Juli prophezeien, bevor sie überhaupt damit begonnen hat, ihn zu schreiben, lassen vermuten, dass damit ausschließlich innenpolitische Ziele verfolgt werden, jedoch kein Beitrag zur Problemlösung geleistet wird. Bedauerlicherweise beschädigen sie damit nur den guten Namen meines Landes. Ich möchte hier unmissverständlich feststellen, dass der bulgarische Staat radikale Maßnahmen in den betreffenden Bereichen ergreift und fest entschlossen ist, bestehende Schwierigkeiten zu überwinden.

 
  
MPphoto
 
 

  Marios Matsakis (ALDE).(EN) Herr Präsident! Ihnen ist wahrscheinlich bekannt, dass in den Gebäuden des Europäischen Parlaments in Straßburg wesentlich mehr Asbest vorhanden ist als ursprünglich angenommen. Seit 2004 wird an einer Verbesserung dieses Zustands gearbeitet, und erst kürzlich wurde Asbest entfernt – offenbar, während die Gebäude genutzt wurden. Aus meiner Sicht ist dies unklug und gefährlich, denn durch Arbeiten an asbesthaltigen Strukturen werden unweigerlich krebserregende Fasern in die Atmosphäre freigesetzt.

Meiner Meinung nach darf das Europäische Parlament in Straßburg nicht genutzt werden, bis sämtlicher Asbest auf angemessene Weise entfernt und die Gebäude gründlich dekontaminiert worden sind. Im Interesse der öffentlichen Gesundheit und Transparenz beantrage ich, dass der Präsident dieses Hauses schnellstmöglich eine umfassende Erklärung zur Frage der Asbestbeseitigung in den Straßburger Gebäuden des Europäischen Parlaments abgibt.

 
  
MPphoto
 
 

  Willy Meyer Pleite (GUE/NGL).(ES) Herr Präsident! Wir stehen zurzeit vor einer schweren Fischereikrise in der gesamten Europäischen Union, die eine schnelle Antwort der europäischen Institutionen erforderlich macht. Ich halte es für wichtig, dass wir einen dreiseitigen Ausschuss unter Beteiligung der öffentlichen Verwaltungen, Gewerkschaften und Reeder bilden.

Um die Krise ein für allemal zu bewältigen, dürfen wir die Probleme nicht überspielen, wir müssen einen umfassenden strukturellen Vorschlag formulieren, der jeden Aspekt der Krise im Sektor berücksichtigt. Wir setzen uns natürlich für eine verantwortungsvolle Fischerei ein; es gilt, die Vermarktung des Produkts zu lösen, dem Mangel an Besatzungsmitgliedern in den Flotten zu begegnen und gerechte Beschäftigungsbedingungen zu gewährleisten sowie den Arbeitnehmern einen Ausweg aus der prekären Situation weisen.

Meiner Ansicht nach ist es sehr wichtig, dass das Europäische Parlament jetzt mithilft, einen Ausweg aus der Krise zu finden, weil sie auch hochqualitative Arbeitsplätze betrifft, und wir müssen in der Lage sein, uns den jeweiligen Umständen zu stellen.

 
  
MPphoto
 
 

  Gerard Batten (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Einer meiner Londoner Wähler, Budd Margolis, hat mir berichtet, dass seine litauische Verwandte Rachel Margolis ihre Memoiren veröffentlicht hat, in denen sie ihre Erlebnisse während des Zweiten Weltkriegs schildert. Ihr war es gelungen, aus dem Wilnaer Ghetto zu fliehen, und sie schloss sich dann den Partisanen im Kampf gegen die Nazis an. Die litauischen Behörden verwenden ihre Memoiren jetzt als Beweismittel, um jüdische Partisanen als Kriegsverbrecher zu verfolgen. Dazu gehören Yitzhak Arad, der ehemalige Direktor des israelischen Holocaust-Zentrums und Fania Brancovskaja, die Bibliothekarin des Jiddisch-Instituts der Universität Vilnius.

Litauen ist verpflichtet, überlebende Verbrecher aus dem Zweiten Weltkrieg strafrechtlich zu verfolgen, doch bisher musste sich nicht einer vor Gericht verantworten. In manchen Kreisen gelten jüdische Partisanen, die gegen die Deutschen und deren Kollaborateure gekämpft haben, als Verräter an Litauen.

Im Namen vieler meiner jüdischen und nichtjüdischen Wähler frage ich, wo die Gerechtigkeit bleibt, wenn jüdische Partisanen, die gegen die Nazis gekämpft haben, verfolgt werden und gleichzeitig die Mörder der Juden ungestraft davonkommen?

 
  
MPphoto
 
 

  Jim Allister (NI).(EN) Herr Präsident! In ganz Europa protestieren die Fischer angesichts der ausgesprochen hohen Ölpreise – und das zu Recht. Einige Regierungen haben sich ihrer Verantwortung gestellt, andere, wie z. B. die meines Heimatlandes, hingegen nicht.

Angeblich haben wir ja eine Gemeinsame Fischereipolitik, doch in vielen Regionen Europas kann von Gemeinsamkeit keine Rede sein. In meinem Wahlkreis bezahlen die Besitzer kleiner Boote Treibstoffrechnungen von mehr als 2000 Euro am Tag. Ihre Bitte um kurzfristige Hilfe ist auf taube Ohren gestoßen, obwohl die zuständige Ministerin staatlichen Bestimmungen zufolge „De-minimis“-Beihilfen auszahlen kann. Diese hat sie schändlicherweise verweigert. In Frankreich und Spanien hingegen hat die Regierung Maßnahmen ergriffen.

Wie kann man angesichts solcher Unterschiede in einer so grundlegenden Frage wie der Treibstoffversorgung eine zuverlässige gemeinsame Fischereipolitik verfolgen? Ich verurteile Ministerin Gildernews Gleichgültigkeit und verlange nicht nur kurzfristige Hilfe, sondern eine langfristige Treibstoffstrategie für unseren Fischereisektor.

 
  
MPphoto
 
 

  Jim Higgins (PPE-DE).(GA) Herr Präsident, die irische Regierung wird in Kürze eine nationale Breitbandregelung einführen. 10 % unserer Bevölkerung haben keinen Zugang zu Breitbanddiensten, und der größte Teil dieser 10 % lebt in der Region, aus der ich komme, nämlich dem Westen und den Midlands. Die Breitbanddienste nehmen zwar zu, doch die Zuwachsrate ist nicht zufriedenstellend und entspricht nicht dem EU-Durchschnitt.

In Irland sind Breitbanddienste in städtischen Gebieten zu 86 % verfügbar, in ländlichen Gebieten ist die Verfügbarkeit jedoch viel geringer. Hier muss etwas getan werden. Wir beneiden die Menschen im Norden des Landes, wo Breitbanddienste überall zur Verfügung stehen. Ich würde es begrüßen, wenn die Europäische Kommission Druck auf die irische Regierung ausüben würde, damit wir die Ziele der Lissabon-Agenda erreichen können.

 
  
MPphoto
 
 

  Cătălin-Ioan Nechifor (PSE). – (RO) In Kürze werden die Berichte der Europäischen Kommission zu den Fortschritten Rumäniens und Bulgariens bei der Justizreform veröffentlicht.

Heute, anderthalb Jahre nach dem Beitritt, werden auf europäischer Ebene immer mehr unzufriedene Stimmen laut. Das geht so weit, dass die erreichten Fortschritte verglichen mit den angestrebten Zielen als unbedeutend angesehen werden. Auch wenn einige Experten die Ansicht vertreten, Rumänien und Bulgarien hätten schon sehr viel früher in die Europäische Union aufgenommen werden sollen, bin ich doch der Meinung, dass diese beiden neuen Mitgliedstaaten weiterhin die Unterstützung der Kommission und des Parlaments brauchen.

In Anbetracht der Tatsache, dass im nächsten Jahr die Wahlen zum Europäischen Parlament stattfinden, bin ich davon überzeugt, dass die nächsten Monate für Bulgarien und Rumänien entscheidend dafür sein werden, ihre Zugehörigkeit zur Europäischen Union zweifelsfrei unter Beweis zu stellen.

 
  
MPphoto
 
 

  Marco Cappato (ALDE).(IT) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eine Frage der sprachlichen Diskriminierung in unserem Parlament ansprechen: Die Oberfläche der Computer der EP-Mitglieder läuft nur auf Englisch. Unsere Betriebssysteme, die Navigation und der Zugang zu Dateien funktionieren nur mit englischen Befehlen.

Das empfinde ich als totale Diskriminierung jener Parlamentsmitglieder, die, obwohl sie des Englischen nicht mächtig sind, ihre Arbeit an ihren Computern direkt verwalten wollen. Das ist ein Problem der sprachlichen Autorisierung, dem sich die Esperanto-Bewegung in den Vereinten Nationen anzunehmen versucht, und ich bin nicht sicher, womit sich die Frankophonie-Bewegung überhaupt befasst, wenn nicht damit. Ich hoffe, Herr Präsident, dass dieses Problem ausgeräumt werden kann und dass auch die technologische Diskriminierung beseitigt werden kann, aufgrund deren ich am 2. Juni eine schriftliche Anfrage in einem offenen Dateiformat – ODF-Format – und nicht in dem allgemein üblichen Microsoft-Format eingereicht hatte. Die Antwort, die ich von der zuständigen Abteilung erhielt, lautete, es sei nicht möglich, Anfragen in offenem Format einzureichen.

Ich hoffe, dass diese Formen der sprachlichen und technologischen Diskriminierung schnellstens überwunden werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Georgios Toussas (GUE/NGL).(EL) Herr Präsident! Die Preiserhöhungen bei allen Massenverbrauchsgütern, Verkehrsmitteln und Dienstleistungen bei gleichzeitig niedrigen Löhnen und Renten sowie drastischen Kürzungen im Bereich der Sozialleistungen haben wiederholt die Einkommen der Menschen geschmälert; gleichzeitig erzielen monopolistische Konzerne enorme Profite.

Die Preise sind in allen Mitgliedstaaten für normale Arbeiterfamilien in Schwindel erregende Höhen gestiegen. Wer die hohen Preise einigen bösen Spekulanten anlastet, führt die Menschen hinters Licht. Wer so handelt, verschleiert die Tatsache, dass das Profitstreben der Monopole, der freie Markt und Maßnahmen im Wettbewerbsbereich, die die Grundlage der EU und ihrer von den Mitgliedstaaten und ihren Regierungen formulierten und umgesetzten Politiken bilden, die Preise weiter in die Höhe treiben. Hohe Preise sind eine Begleiterscheinung von Monopolen in der Produktion und im Handel; diese Bereiche werden von den Konzernen beherrscht, die die Einkommen der Menschen abschöpfen und Tausende kleiner Betriebe und Unternehmen in den Ruin treiben.

Wir rufen die Arbeitnehmer auf, ihren Kampf für Reallohnerhöhungen, Renten, Sozialleistungen und die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Konsumgüter, Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und Kraftstoffe zu intensivieren, um letztlich sinkende Preise für öffentliche Versorgungsleistungen durchzusetzen.

 
  
  

VORSITZ: LUIGI COCILOVO
Vizepräsident

 
  
MPphoto
 
 

  Péter Olajos (PPE-DE).(HU) Am 15. Mai wurde in den USA ein Gesetz verabschiedet, das einen Meilenstein im Vorgehen gegen die durch illegalen Holzeinschlag ausgelösten weltweiten Krise darstellt. Der Kongress hat als erstes Parlament der Welt ein Gesetz zum Verbot der Einfuhr von illegal geschlagenem Holz beschlossen. Im Jahre 2006 entfielen auf illegal geschlagenes Holz 10 % der Einfuhren in die Vereinigten Staaten. Nach der Annahme des Gesetzes durchgeführte Untersuchungen haben bestätigt, dass es die Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Betriebe stärkt, Arbeitsplätze schützt und eine eindeutige Botschaft vermittelt, die die Forstwirtschaft zur Kenntnis nehmen wird.

Ich möchte folgende Frage stellen: Wie lange wird die Europäische Union warten, und worauf wartet sie? Es ist beschämend und unwürdig, dass wir mit verschränkten Armen dastehen und abwarten. Doch wir als MdEP können etwas tun. Ich würde empfehlen, dass alle die Petition Nr. 23 unterzeichnen, die vor einigen Monaten eingebracht wurde und mit der wir die Kommission dazu bringen wollen, dem Beispiel der Vereinigten Staaten zu folgen und Rechtsvorschriften zu erlassen, solange es bei uns noch Wälder gibt. Vielen Dank.

 
  
MPphoto
 
 

  Neena Gill (PSE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die missliche Lage eines meiner Wähler, Alan Jones aus Knighton, einer ländlichen Stadt in den West Midlands, lenken, der ein Schulbeispiel für einen Unternehmer in Europa ist, dem die Hände gebunden sind, weil es in ländlichen Gebieten keinen Hochgeschwindigkeits-Breitbandanschluss gibt. Er möchte ein kleines Online-Unternehmen gründen und Leistungen rund um das Einrahmen von Fotos anbieten. Als Behinderter, der von zu Hause aus arbeitet, bringt er gute Voraussetzungen für die Gründung eines neuen Unternehmens mit. Allerdings gibt es nur einen Provider, der in der Stadt das Monopol an Breitbandverbindungen hält, und obwohl sich die Lage allmählich bessert, ist die Verbindung noch immer extrem langsam, was der Führung eines Unternehmens nicht gerade förderlich ist.

Die Kommission hat einen Plan, um die digitale Kluft zu überbrücken und Breitbandanschlüsse in ländlichen Gebieten verfügbar zu machen. Sie muss sich dringend des Providerproblems annehmen und gewährleisten, dass geeignete Mittel zur Verfügung stehen, damit bestimmte Regionen mit Blick auf Qualität, Geschwindigkeit und geringe Kosten der Entwicklung nicht hinterherhinken.

Von Ihnen, Herr Präsident, wünsche ich mir, dass Sie auf die Kommission einwirken, damit sie dafür sorgt, dass Unternehmer wie Herr Jones nicht durch diese Probleme von der Gründung eines Unternehmens abgehalten werden oder frustriert aufgeben. Das verhindert die Schaffung von dringend benötigen Arbeitsplätzen im ländlichen Raum.

 
  
MPphoto
 
 

  Danutė Budreikaitė (ALDE). – (LT) Die Europäische Kommission und Mitglieder der WTO drängen darauf, die Doha-Gespräche zum Thema Landwirtschaft und Öffnung des Marktes für Industriegüter, NAMA, zum Abschluss zu bringen. Hier wird klar, welch großen Einfluss die aktuelle Situation in den Vereinigten Staaten – der Wahlkampf – hat. Vergleichen mit der Aussetzung der Verhandlungen im Jahr 2006 stellt die NAMA-Frage natürlich einen Rückschritt dar. Den hochentwickelten Ländern gelingt es, ihre Umweltsituation beinahe unverändert beizubehalten. Die EU-Zölle für Textilien und Bekleidung werden von 12 auf 4 % gesenkt werden. Die Märkte der Schwellenländer werden sich nicht öffnen, da nicht die Zölle gesenkt, sondern die Verpflichtungen zu Höchstzöllen eingeschränkt werden müssen. Darüber hinaus gilt für China – das Europa und den Rest der Welt mit qualitativ minderwertigen Waren überschwemmte – eine Übergangszeit von 18 Jahren. Das vorgelegte NAMA-Projekt ist für Litauen und andere EU-Länder nicht hinnehmbar, da es ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährden würde. Es besteht eine offenkundige Balance zwischen Landwirtschaft und NAMA. Die EU sollte sich nicht beeilen, die Doha-Verhandlungen nur ihrer Wirtschaft wegen abzuschließen. Ich möchte die Kommission dringend bitten, sich Zeit zu lassen und die Interessen der EU-Länder fair zu vertreten.

 
  
MPphoto
 
 

  Pedro Guerreiro (GUE/NGL).(PT) Herr Präsident! Ich beglückwünsche die Fischer in den Ländern der Europäischen Union und insbesondere in Portugal zu ihrem Kampf für den Schutz des strategisch wichtigen Fischereisektors, der zugleich ein Kampf für die Arbeitsplätze, für annehmbare Löhne und menschenwürdige Lebensbedingungen Tausender Fischer und ihrer Familien ist.

Konfrontiert mit der Tatsache, dass die Gemeinsame Fischereipolitik und die Europäische Union der langjährigen sozioökonomischen Krise in diesem Sektor gleichgültig gegenüberstehen – einer Krise, die sich durch den Preisanstieg und die Finanzspekulationen bei Kraftstoffen, Diesel und Benzin, verschärft hat – haben die Fischer schließlich bewiesen, dass es Lösungen und Maßnahmen gibt, die schon lange überfällig sind. Lösungen und Maßnahmen, die es erfordern, dass die Europäische Union sich nicht länger taub stellt; dass sie neue Strategien verabschiedet, die den Fischereisektor schützen und fördern, anstatt seinen langsamen Niedergang und Ruin zu unterstützen. Die Fischerei hat eine Zukunft.

Ich kann diesen kurzen Beitrag nicht beenden, ohne die Tausenden Arbeiter zu grüßen, die morgen in Lissabon für die Verteidigung ihrer Errungenschaften und Arbeitnehmerrechte demonstrieren werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Zuzana Roithová (PPE-DE).(CS) Herr Präsident! Die Erweiterung des Schengenraums war für die Bürger meines Landes eine hervorragende Nachricht, ein Symbol der Gleichstellung tschechischer Bürger mit denen anderer Unionsländer. Leider finden sich in den Zeitungen von heute zuhauf Schlagzeilen über tschechische Autofahrer, die von deutschen und österreichischen Polizisten schikaniert werden. Seit April werden in Deutschland und Österreich Busse und Privatfahrzeuge mit tschechischen Kennzeichen systematisch und äußerst gründlich kontrolliert. Nach gerade einmal etwas mehr als einem Monat mit allgemeinen Überprüfungen kündigte Österreich an, dass im Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft ab Juni Kontrollen erfolgen werden. Das ist durchaus fair. Ich bin allerdings strikt dagegen, dass tschechische Fahrer in Deutschland generell kontrolliert werden. Hierbei handelt es sich um eine einseitige und schwer nachvollziehbare Entscheidung, die den nachbarschaftlichen Beziehungen schadet. Ich erhalte Briefe von Bürgern, die von den tschechischen Behörden Gegenmaßnahmen fordern. Das ist nicht gut und wird auch das politische Klima im Vorfeld der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon beeinträchtigen. Ich habe bereits Protest eingelegt und ersuche hier und heute meine deutschen Kolleginnen und Kollegen, diese Angelegenheit zuhause in Deutschland zu klären.

 
  
MPphoto
 
 

  Rovana Plumb (PSE). – (RO) Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte das vom Europarat initiierte Programm begrüßen, mit dem alle Formen von Gewalt gegen Kinder unterbunden werden sollen. Ich bin davon überzeugt, dass 2009 körperliche Strafen in der ganzen Welt verboten sein werden.

Dennoch möchte ich die Notwendigkeit einer gemeinsamen Kampagne auf europäischer Ebene hervorheben, mit der Kindern bewusst gemacht wird, dass gegen sie gerichtete Gewalt gesetzwidrig ist und dass sie etwaige Misshandlungen melden müssen. In einigen Mitgliedstaaten der EU betrachten Eltern körperliche Strafen als ganz normale Erziehungsmethode, und Kinder halten das ebenfalls für normal.

Die Zukunft der Europäischen Union hängt davon ab, wie die Rechte von Kindern gewahrt werden. Bei der Kindererziehung müssen wir einen Ansatz zugrundelegen, der jede Form von Gewalt verbietet.

 
  
MPphoto
 
 

  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Eurofound hat vor kurzem berichtet, dass in Portugal 25 % aller Entlassungen im Zeitraum 2003 bis 2006 eine Folge von Firmenverlegungen waren. Es ist nachgewiesen, dass verschiedene multinationale Unternehmen vor der Verlegung Millionen Euro an Gemeinschaftsbeihilfen erhielten und Millionenprofite erzielten, was einfach nicht sein kann.

In einigen Fällen haben die Arbeitnehmer noch immer nicht die ihnen zustehende Abfindung erhalten, so beispielsweise beim Unternehmen Brax in Vila Nova de Gaia, dessen Mitarbeiter gestern vor das Gerichtsgebäude zogen, um die seit fünf Jahren ausstehende Abfindung zu fordern.

Die Arbeitslosigkeit dient auch als Rechtfertigung für die weitere Prekarisierung der Arbeit, auf die die Regierung nur mit weiteren Versuchen zur Beschneidung der Arbeitnehmerrechte reagiert. Deshalb begrüße ich den Aktionstag, den der portugiesische Gewerkschaftsbund CGTP morgen in Lissabon veranstaltet.

 
  
MPphoto
 
 

  Mairead McGuinness (PPE-DE). – (EN) Herr Präsident! Ich möchte das Haus auf eine Konferenz über die globale Lebensmittelkrise aufmerksam machen, die in Rom stattfindet. In diesem Haus haben wir unlängst in unserer Entschließung zu den Lebensmittelpreisen unsere Besorgnis über diese Entwicklung zum Ausdruck gebracht.

Ein wesentlicher Punkt sind die unzureichenden Investitionen in die Landwirtschaft, und zwar sowohl in den Industrie- als auch in den Entwicklungsländern. Das Ausmaß des Problems wurde mir gerade letzte Woche auf einer Konferenz in Irland vergegenwärtigt, denn dort erklärte Nora MacNamara vom Orden der Rosenkranzschwestern ganz unumwunden, dass sehr wohl Investitionen getätigt wurden, als sie viele Jahre zuvor in Afrika in der Landwirtschaft tätig war. Dann aber sei beim Versuch, Mittel für Projekte in diesem Bereich zu beschaffen, der Begriff „Afrika“ – oder vielmehr „Landwirtschaft“ – zu einem schmutzigen Wort geworden. Was Investitionen in die Landwirtschaft betrifft, müssen wir zu unseren Wurzeln zurückkehren.

Zur Debatte über den Vertrag von Lissabon in Irland möchte ich noch kurz anmerken, dass dieser Vertrag die Rolle der Europäischen Union in den Entwicklungsländern verstärken und uns aus meiner Sicht helfen wird, der Lebensmittelkrise, mit der wir nicht nur in Europa, sondern weltweit konfrontiert sind, Herr zu werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Csaba Sándor Tabajdi (PSE).(HU) Im Februar dieses Jahres hielt der türkische Ministerpräsident Erdogan in Köln eine höchst umstrittene Rede. Darin bezeichnete er die Assimilation als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Da jeder Mensch seine Identität frei wählen darf, ist diese Aussage inakzeptabel. Die Wahrung der kulturellen Vielfalt ist ein wichtiges Ziel, doch darf dem Einzelnen seine Entscheidungsfreiheit nicht genommen werden.

Türken in Westeuropa entscheiden sich möglicherweise ganz selbstverständlich für ein Leben mit zwei Identitäten. Die von Erdogan geforderte türkischsprachige Universität in Deutschland ist unrealistisch, denn in vielen Ländern der Union haben nationale Minderheiten, die schon seit Jahrhunderten dort ansässig sind, keine eigenen staatlichen Hochschulen. Das gilt für die in Siebenbürgen lebenden Ungarn; dort wurde der ungarischen Gemeinschaft während der kommunistischen Diktatur eine unabhängige staatliche Universität verwehrt.

Die Türkei darf die in Westeuropa lebenden Zuwandererminderheiten keinesfalls für innenpolitische Ziele instrumentalisieren. Zudem wäre es gut, wenn Ministerpräsident Erdogan Ordnung im eigenen Haus schaffen und die Lage der Kurden klären, den Völkermord an den Armeniern einräumen und den Frauen gleiche Rechte zugestehen würde.

 
  
MPphoto
 
 

  Silvia-Adriana Ţicău (PSE).(RO) Herr Präsident! Die europäischen Sozialdemokraten hoffen, dass Europa in puncto Lebensqualität zu einem Vorbild für die ganze Welt wird. Die 27 Mitgliedstaaten arbeiten nun an einem neuen sozialen Europa, das Wohlstand für alle Bürger der Europäischen Union bringt.

Aus dem Haushalt der Union für 2008 werden fast 45 % für Wachstum, Innovation, die Schaffung von Arbeitsplätzen und sozialen Zusammenhalt aufgewendet, und 42,6 % für die Landwirtschaft. Die ländlichen Gebiete machen 90 % des Territoriums der Europäischen Union aus.

Trotz der 41 Millionen Euro, die 2008 für die Landwirtschaft bereitgestellt wurden, haben der Anstieg der Kosten der Agrarproduktion und die Erhöhung der Energiepreise zu einem Anstieg der Preise von Agrarerzeugnissen und zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage geführt. Meines Erachtens sind die Beihilfepolitik für die Landwirtschaft sowie eine angemessene Investitionsförderung in diesem Bereich die Antwort auf einen Teil der Herausforderungen, denen die Union in den kommenden Jahren gegenüberstehen wird.

Eine entwickelte Landwirtschaft wird allen europäischen Bürgern den Zugang zu gesunden Lebensmitteln in ausreichender Menge und zu bezahlbaren Preisen ermöglichen. Die gesunde Ernährung wiederum ist ein grundlegender Aspekt der Lebensqualität.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Damit ist dieser Tagesordnungspunkt geschlossen.

 

22. Allgemeine Zollpräferenzen für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2011 (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Helmuth Markov im Namen des Ausschusses für internationalen Handel über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2011 und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 552/97, Nr. 1933/2006 und der Verordnungen (EG) Nr. 964/2007 und Nr. 1100/2006 der Kommission (KOM(2007)0857 – C6-0051/2008 – 2007/0289(CNS)) (A6-0200/2008).

 
  
MPphoto
 
 

  Neelie Kroes, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident. Zunächst möchte ich mich im Namen von Peter Mandelson entschuldigen, der heute verhindert ist und daher der Aussprache über die Verordnung über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen (APS) nicht beiwohnen kann. Er hat mich gebeten, in seinem Namen zu sprechen.

Ich danke Ihnen für Ihre Arbeit und die wertvollen Hinweise zum Vorschlag für eine Verordnung über das APS für den Zeitraum von 2009 bis 2011. Die Kommission erachtet es für wichtig, dass das Parlament seine Meinung zum Ausdruck bringt, und wir wissen Ihre Bemühungen zu schätzen, die Vorschläge zu prüfen und eine Stellungnahme zu formulieren, obwohl der Zeitrahmen eng gesteckt war. Aus diesem Grund begrüßen wir die Stellungnahme und die Möglichkeit, uns mit Ihnen austauschen und den Standpunkt der Kommission erläutern zu können.

Das Schema allgemeiner Zollpräferenzen ist ein bedeutsames Instrument der EU-Handelspolitik zur Entwicklungsförderung. Daher weiß die Kommission es zu würdigen, dass in der Stellungnahme das APS der EU als wichtigstes Schema dieser Art in den Entwicklungsländern betrachtet wird und dass es weiterhin einen maßgeblichen Beitrag leistet, um das Ziel der Förderung von Entwicklung und der Beseitigung der Armut in der Dritten Welt zu verwirklichen.

Wir teilen die vom Parlament zum Ausdruck gebrachte Zielsetzung, dass das Schema weiter in einer stabilen, transparenten und vorhersagbaren Weise funktionieren sollte. Diese Aspekte sind für die begünstigten Länder von Bedeutung, weil diese sowie die Wirtschaftsbeteiligten in der EU so auf einem stabileren Fundament eigene Entscheidungen in Bezug auf Handels- und Investitionsmöglichkeiten treffen können.

Die Kommission vertritt die Auffassung, dass alle drei Bestandteile des Schemas – das allgemeine APS für alle Empfängerländer, das APS+ für die Länder, die sich konkret dazu verpflichten, internationale Normen in den Bereichen verantwortungsvolle Staatsführung und nachhaltige Entwicklung umzusetzen sowie die Initiative „Alles außer Waffen“ für die am wenigsten entwickelten Länder – reibungslos laufen und der allgemeinen Ausrichtung der Politik für den Zeitraum von 2006 bis 2015 entsprechen. Darum ist das der vorgeschlagenen Verordnung für 2009-2011 zugrunde liegende Konzept im Wesentlichen von Kontinuität in Verbindung mit einem gewissen Grad an technischer Aktualisierung gekennzeichnet.

Wir arbeiten im Rat aktiv mit den Mitgliedsländern an einer Einigung über die endgültige Verordnung. Die Präsidentschaft hat sich zum Ziel gesetzt, diese Planvorgabe vor Ende Juni zu erreichen. Diesen Ansatz unterstützt die Kommission, da eine frühe Entscheidung wichtig ist, um zu sichern, dass Empfängerländer und alle anderen Beteiligten, einschließlich Unternehmer, rechtzeitig über Veränderungen informiert werden, die im kommenden Januar anstehen.

Ein weiterer sehr wichtiger Grund für eine zeitnahe Entscheidungsfindung ist die Tatsache, dass alle Länder, die die APS-Plus-Regelung in Anspruch nehmen wollen, bis Ende Oktober einen entsprechenden Antrag vorlegen müssen. Die entsprechenden Kriterien und das anzuwendende Verfahren sind schnellstmöglich zu bestätigen.

Gestatten Sie mir festzustellen, dass einige der Bemerkungen und Vorschläge des Parlaments über den Geltungsbereich der Verordnung hinausgehen, auch wenn es sich dabei aus der Entwicklungsperspektive gesehen um wichtige Probleme handelt.

Die Reformierung der präferenziellen Ursprungsregeln der EU, unter anderem für das APS, erfolgt im Rahmen eines eigenständigen Projekts unter Federführung von Kommissar Kovács.

Eine Reihe von Hinweisen berührt auch die Notwendigkeit sicherzustellen, dass Entwicklungsländer Zugang zu ausreichenden, qualitativ hochwertigen Handelshilfen haben, um ihnen zu helfen, Handelskapazitäten aufzubauen und ihr Handelspotenzial als Triebkraft für eigenes Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung nutzbar zu machen. In diesem Bereich hat die Europäische Union bereits ihr entschlossenes Engagement unter Beweis gestellt und mit der EU-Strategie für Handelshilfe vom Oktober 2007 ein solides Fundament geschaffen, auf dem noch weitere Verbesserungen vorgenommen werden können.

Gestatten Sie mir abschließend, erneut zu betonen, dass wir das vom Parlament gezeigte Interesse an diesen Vorschlägen sehr zu schätzen wissen.

 
  
MPphoto
 
 

  Helmuth Markov, Berichterstatter. − Herr Präsident, Frau Kommissarin! Entwicklungszusammenarbeit und Handel sind in der Regel die wichtigsten äußeren Kräfte, die zur Entwicklung eines Landes beitragen können. Nicht auf Gegenseitigkeit beruhende Zollpräferenzen für Entwicklungsländer sind ein wichtiges und international anerkanntes Instrument, das die Europäische Union seit vielen Jahren einsetzt.

Aktuell sind drei Arten von Regelungen in Kraft. Erstens: die allgemeine Regelung – sie gilt für alle begünstigten Länder.

Zweitens: Das Anreizsystem APS+ bietet zusätzliche Vorteile für Länder, die bestimmte internationale Normen hinsichtlich der Menschenrechte, der Arbeitnehmerrechte, des Umweltschutzes, der Drogenbekämpfung und der verantwortungsvollen Staatsführung umsetzen.

Drittens: Die Sonderregelung für die am wenigsten entwickelten Länder bietet diesen im Prinzip zoll- und quotenfreien Zugang zum EG-Binnenmarkt für alles außer Waffen, wobei ich es persönlich absolut fatal finde, dass es noch immer keine rechtsverbindliche Regelung gibt, die Waffenexporte aus der Europäischen Union in diese Länder verbietet.

Alle Handelspräferenzen nützen nichts, wenn gewaltsame Konflikte jede Grundlage für eine funktionierende Volkswirtschaft zerstören.

Im vorliegenden Bericht geht es um Verbesserungen des Kommissionsvorschlags für das APS-System im Zeitraum Januar 2009 bis Dezember 2011 in folgenden Punkten:

Erstens: Verbesserung der Anwendbarkeit und der Effektivität. Dazu gehört auch, die Antrags- und Prüfungsfristen von Drei- auf Ein-Jahres-Perioden zu verkürzen.

Zweitens: Aufstellung von Vorschriften für einen Reformprozess, bei dem die Begünstigten adäquat einbezogen werden.

Drittens: Kohärenz mit dem multilateralen Rahmen der WTO und dabei natürlich ganz besonders den Zielen der Doha-Entwicklungsrunde. Hierzu zähle ich neben notwendigen Folgeabschätzungen hinsichtlich der Entwicklungstauglichkeit der handelspolitischen Instrumente der Europäischen Union auch, erstens, dass die Reform der Ursprungsregeln der Europäischen Union gleichzeitig mit dem neuen APS-Schema in Kraft tritt, und zweitens vor allem, dass Vorschriften für die Anforderungen an die begünstigten Länder verbessert werden. Damit meine ich zum Beispiel die Möglichkeit zur Kumulierung innerhalb und zwischen Regionen. Das heißt, dass ein Produkt, das in einem regionalen, aber grenzüberschreitenden Produktionsprozess hergestellt wurde, nicht aufgrund unsinniger Herkunftslandsregelungen aus der APS-Begünstigung herausfällt.

Viertens: Sicherung der demokratischen und parlamentarischen Kontrolle der Umsetzung und gegebenenfalls Anpassung der geltenden Verordnung. Hier möchte ich anmerken, dass ich die Einbeziehung des Parlaments durch die Kommission im Konsultationsverfahren zum jetzigen Zeitpunkt begrüße, dass das Parlament aber in Zukunft ganz regulär in diesen Fragen mitzuentscheiden haben wird. Daraus abgeleitet gehe ich davon aus, dass die Kommission dieses Mal unsere Änderungsvorschläge ernst nimmt, statt sie – wie beim Initiativbericht zur Reform von vor zwei Jahren – weitgehend zu ignorieren.

Eine Anmerkung zum Anreizsystem APS+: Ich halte es für ausgesprochen wichtig – nicht nur in den Handelsbeziehungen –, bei der Bewertung der Menschenrechtslage und der good governance die verschiedenen Länder nicht anhand unterschiedlicher Maßstäbe zu messen. Gleichzeitig ist es jedoch völlig klar, dass eine vorschnelle Aussetzung von Handelspräferenzen für die Bevölkerung eines Entwicklungslandes, und gerade auch hinsichtlich der Menschenrechtslage dort, verheerende Folgen haben kann.

Die Entscheidung darüber, wie gut oder schlecht die im Anhang an die geltende Verordnung aufgelisteten internationalen Abkommen tatsächlich umgesetzt werden und ob gegebenenfalls Präferenzen ausgesetzt werden sollten, ist daher einer extrem sorgfältigen Prüfung zu unterziehen.

Unterstützen möchte ich den hier eingereichten Änderungsantrag 37, der daran erinnert, dass alle Möglichkeiten zu prüfen sind, damit „die Länder, die nicht zu den am wenigsten entwickelten Ländern gehören und kein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen unterzeichnen, in den Genuss eines neuen Rahmens für den Handel kommen können, der Handelspräferenzen bietet, die wenigstens denen des Abkommens von Cotonou entsprechen“.

Daran anknüpfend möchte ich mich bei allen Schattenberichterstattern und dem Entwicklungsausschuss – und mein Kollege Kaczmarek sitzt ja dort – für die Kooperation und Kompromissbereitschaft bedanken. Der Ausschuss für internationalen Handel hat den vorliegenden Bericht einstimmig unter Einbeziehung der Inhalte der Stellungnahme des Entwicklungsausschusses annehmen können.

Auch mit dem Rat und der Kommission ist weitgehende Einigkeit hergestellt – wir hatten ja auch im Vorfeld häufige Debatten dazu –, und so hoffe ich, dass die Verordnung wie geplant rechtzeitig in Kraft treten kann und keine Lücken zwischen dem aktuellen und dem neuen Präferenzzeitraum entstehen.

 
  
MPphoto
 
 

  Filip Kaczmarek, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Entwicklungsausschusses. − (PL) Herr Präsident! In den Augen der internationalen Gemeinschaft gilt der Handel als wesentliches Element der Entwicklung. Eine aktivere Einbindung von Entwicklungsländern in multilaterale Beziehungen ist eine sehr wichtige Etappe auf dem Weg zur Beseitigung der Armut in der Welt. Das System allgemeiner Zollpräferenzen fördert daher nicht die Entwicklung des EU-Handels, sondern dient in erster Linie dazu, Entwicklungsländer, darunter die am wenigsten entwickelten, zu unterstützen. Die Hauptziele des Systems sollten folglich darin bestehen, die Armut zu mindern, eine nachhaltige Entwicklung und verantwortungsvolle Staatsführung in den Entwicklungsländern zu fördern und einen Beitrag zur Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele zu leisten.

Als Verfasser der Stellungnahme des Entwicklungsausschusses möchte ich hervorheben, dass der Kollege Markov einen sehr guten Bericht vorgelegt hat, und ich möchte sowohl dem Berichterstatter als auch dem Ausschuss für internationalen Handel für ihre Bereitschaft danken, der Stellungnahme des Entwicklungsausschusses ihre Zustimmung zu erteilen. Die Zusammenarbeit der beiden Ausschüsse verlief nicht immer so harmonisch wie in diesem Fall; dafür möchte ich allen Beteiligten meinen zutiefst empfundenen Dank aussprechen.

Folgende Aspekte erschienen uns allen als besonders wichtig: Stärkung der Rolle des Parlaments im Rahmen des das System betreffenden Beschlussfassungsprozesses – zwecks Verbesserung der Transparenz, der Rechtssicherheit und der demokratischen Kontrolle; zwecks Erleichterung der Festlegung des Ursprungslandprinzips –, um die Anwendung von Präferenzen zu optimieren, z. B. durch interregionale Kumulierung, was auch die regionale Zusammenarbeit in ärmeren Ländern fördern wird; Gleichbehandlung aller Länder als ASP+-Anwärter unabhängig davon, wann sie die für das System geltenden Kriterien erfüllen; und nicht zuletzt auch eine sehr gründliche, umfassende und detaillierte Folgenabschätzung der Funktionsweise des Systems vor der nächsten Überarbeitung für den Zeitraum 2013-2014.

Das Parlament möchte über die Auswirkungen der Funktionsweise des Systems unterrichtet werden. Dazu muss es wissen, inwieweit das System der Zollpräferenzen zur Armutsminderung beiträgt.

 
  
MPphoto
 
 

  Godelieve Quisthoudt-Rowohl, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Herr Präsident! Das System, das hier zur Debatte steht, dient dazu, Armut und Rückstand zu bekämpfen. Drei Punkte scheinen mir hier wichtig zu sein. Erstens, da es ja jetzt die Fortsetzung ist: Flexibilität soll sowohl beim Eintreten in das System als auch, sollten sich in einem Staat Parameter ändern, beim Austritt gelten. Mit anderen Worten: Muss ein Staat, der einmal begünstigt war, ständig begünstigt bleiben? Das scheint mir nicht so zu sein. Wir sollten nicht vergessen, dass die EU auch eine Pflicht gegenüber den eigenen Bürgern, Arbeitnehmern und Verbrauchern hat. Es muss einen gegenseitigen Vorteil geben, er darf nicht immer nur einseitig sein.

Zweitens: Wir begrüßen, dass die Unterrichtung des Europäischen Parlaments während der nächsten Laufperiode vorgesehen ist. Wir möchten allerdings auch eine Evaluierung dieses Systems haben. Diese Evaluierung soll einen Vergleich zu anderen Vorzugsmaßnahmen, wie z. B. der EPA, bringen. Stellen wir realistisch fest: Statistisch öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich ständig, trotz vielfältiger Maßnahmen der EU und trotz der Maßnahmen der Mitgliedstaaten. Sind unsere sicherlich gut gemeinten Anstrengungen auch immer zielführend? Wir sollten uns diese Frage einmal ganz kühl stellen dürfen.

Drittens: Vorzugsmaßnahmen, wie z. B. das hier besprochene GSP-System, sollten an folgende Kriterien gekoppelt sein. Hier brauchen wir schon eine gewisse Strenge. Erstens: die Förderung der Demokratie und des Rechtsstaates. Zweitens: den Aufbau eines Minimalrahmens an Sozial- und Umweltstandards in den begünstigten Staaten. Dazu wollen wir Hilfe leisten, was auch deutlich in dem Bericht steht. Wir dürfen aber auch im Namen unserer eigenen Glaubwürdigkeit nicht nachgeben.

Mein Dank geht an dieser Stelle auch an den Berichterstatter für die gute Zusammenarbeit.

 
  
MPphoto
 
 

  Kader Arif, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als das Parlament zur Anwendung des APS für den Zeitraum 2005-2008 Stellung nahm, hielt es die Kommission nicht für angebracht, seine Vorschläge zu übernehmen. Heute bekräftigen wir diese Prioritäten und heben insbesondere hervor, dass das Parlament stärker in die Zuteilung und die Überwachung der verschiedenen APS-Regelungen einbezogen werden muss.

Auch die Rolle der Vertreter der Zivilgesellschaft und insbesondere der Sozialpartner muss gestärkt werden. Sie sind eine wertvolle Informationsquelle, wenn es darum geht zu prüfen, ob die wichtigsten Übereinkommen für die Zuteilung von APS+ umgesetzt wurden. In diesem Zusammenhang begrüße ich es, dass die neue Verordnung strengere Anforderungen an die Einhaltung der Grundsätze der guten Regierungsführung stellen wird, was die Rechte der Arbeitnehmer, die Menschenrechte und die Umwelt angeht. Die Union muss Vertrauen in ihre eigenen Werte haben und ihre Handelspartner dazu ermutigen, ihre Übereinkommen nicht nur zu ratifizieren, sondern auch konkret umzusetzen.

Daher fordern wir die Kommission auf, einen unserer Vorschläge aufzunehmen, der entscheidend dazu beiträgt, dass das APS+ weiterhin Anreizwirkung entfalten kann. Derzeit muss ein Land, das nicht für das APS+ ab 2009 in Frage kommt, bis zur Verabschiedung der nächsten Verordnung im Jahr 2012 warten, um sich wieder bewerben zu können. Wir wollen, dass es möglich ist, jedes Jahr neue Anträge einzureichen, damit die Entwicklungsländer einen echten Anreiz haben, diese Übereinkommen so bald wie möglich umzusetzen, um in den Genuss des APS+ zu kommen.

Abschließend möchte ich alle daran erinnern, dass die Ursprungsregeln reformiert werden müssen, um ein globales, vereinfachtes und harmonisiertes System zu schaffen, dessen Grundlage die Stärkung der regionalen Integration ist, die seine vorrangige Aufgabe bleibt. Bei der Berechnung des nationalen Mehrwerts muss daher die besondere Situation armer Länder berücksichtigt werden, die leer ausgehen, wenn die Ursprungsregeln zu restriktiv sind. Mit dem APS verfügt die Union über ein Instrument, mit dessen Hilfe sie nicht nur die Integration von Entwicklungsländern in den Welthandel, sondern auch eine gute Regierungsführung fördern kann.

Die Vorschläge des Parlaments würden Fortschritte in beiden Bereichen ermöglichen. Wir hoffen, dass die Kommission sie übernimmt.

 
  
MPphoto
 
 

  Seán Ó Neachtain, im Namen der UEN-Fraktion. – (GA) Herr Präsident, die EU gewährt die umfangreichsten Finanzhilfen für die Dritte Welt. Doch die Länder der Dritten Welt brauchen mehr als nur Geld. Es ist extrem wichtig, dass ihre Volkswirtschaften sich weiterentwickeln und gestärkt werden. Ich bin ein starker Verfechter des Handels zwischen Europa und den Ländern Afrikas, der Karibik und des pazifischen Raums.

Ich kann mich mit den Welthandelsgesprächen in Genf nicht einverstanden erklären. Der angebotene Deal wird der europäischen Landwirtschaft in keinem Fall zum Vorteil gereichen und wird die Ernährungssicherheit in Europa ebenso wenig erhöhen wie in Irland. Allerdings sind wir nicht die Einzigen, die unzufrieden sind. Auch Amerika ist unzufrieden. Und es scheint so, als ob von den 152 Ländern, die sich am globalen Handel beteiligen, lediglich zwei zufrieden sind.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um den Beschluss des irischen Bauernverbands zu begrüßen, den Vertrag von Lissabon zu akzeptieren und zu unterstützen. In knapp einer Woche wird in Irland das Referendum über den Vertrag stattfinden. Wir würden es gern sehen, dass der Vertrag gutgeheißen und angenommen wird, damit wir bei den künftigen weltweiten Gesprächen stärker und geeinter auftreten können.

 
  
MPphoto
 
 

  Derek Roland Clark, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Auf den ersten Blick betrachtet sollte ich den Bericht befürworten, in dem es um das Bestreben geht, unterentwickelten Ländern zu helfen. Schließlich stellt das britische Präferenzsystem innerhalb des Commonwealth einen enormen Vorteil für seine weniger wohlhabenden Mitglieder dar, aber ich gehe davon aus, dass Sie nicht hören wollen, wie eine gemeine postimperiale Macht seinen ärmeren Nachbarn wirklich geholfen hat.

EU-Programme haben das Problem, immer den ihrem Zweck entgegensetzten Effekt zu erzielen. Die GFP, deren Ziel in der Erhaltung der Fischbestände liegt, ist eine Katastrophe, weshalb die EU mit den Stimmen dieses Hauses Lizenzen an EU-Fischereiflotten vergeben hat, um die Gewässer eines Entwicklungslandes nach dem nächsten leer zu fischen, wodurch da, wo sich Menschen einst wenigstens noch selbst ernähren konnten, nunmehr Armut und Hunger herrschen. Die überschüssige Zuckerproduktion wird in der Dritten Welt abgekippt. Die Antwort darauf lautet offenbar, die europäische Produktion zurückzufahren, statt sie sinnvoller einzusetzen. Minderwertiger EU-Tabak, der mithilfe von jährlich 18 Millionen Euro aus unseren Steuergeldern angebaut wird, ist dort abgekippt worden, wo er den größten Schaden angerichtet hat. Jetzt teilt man uns mit, dieses Geld würde in Anti-Rauchkampagnen gesteckt werden, nicht in die Entwicklungshilfe für die Dritte Welt.

EU-Hilfsprogramme sind ein klassischer Fall, mit einer Hand zu geben und mit der anderen zu nehmen. Die GAP beschränkt Importe, wodurch Entwicklungsländer behindert werden, während europäische Überschüsse gleichzeitig in der Dritten Welt abgesetzt werden. So verlieren arme ortsansässige Bauern ihre Geschäftsgrundlage, womit man genau jenen Ländern den Boden unter den Füßen wegzieht, denen das APS helfen soll. Lebensmittelpreise steigen in solche Schwindel erregende Höhen, dass der ehemalige Präsident der Sowjetunion, Michael Gorbatschow, vor einer Nahrungsmittelrevolution warnt. Zeitgleich wirbt die EU für Biokraftstoffziele, die vor allem schlimme Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion in der Dritten Welt haben.

Das Parlament mag davon schwärmen, wie das APS-Schema der EU weniger entwickelten Ländern hilft, aber in Wahrheit sorgt die Politik der EU nur dafür, dass die Armen arm bleiben, die Hungernden weiter Hunger leiden und die Unterentwicklung in den weniger entwickelten Ländern anhält.

 
  
MPphoto
 
 

  Daniel Varela Suanzes-Carpegna (PPE-DE).(ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Ich möchte die Bedeutung des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) für die wirtschaftliche und kommerzielle Entwicklung der begünstigten Länder unterstreichen.

Die Änderungsanträge des Parlaments haben den Vorschlag für eine Verordnung, die sich auf den Zeitraum 2009-2011 bezieht, erheblich verbessert und sich auf Aspekte konzentriert, die die Bedingungen für die Nutzung des Systems durch diese begünstigten Länder verbessern können, wie die Bereitstellung von technischer Hilfe durch die Europäische Union, ein wichtiges Element, um die Handelsvergünstigungen des APS besser wahrnehmen zu können.

Hervorzuheben ist auch die Möglichkeit, dass einige Länder die Aufnahme in das spezielle Anreizsystem für eine nachhaltige Entwicklung APS+ beantragen können, das noch größere Vorteile bietet, und dass dies jedes Jahr erlaubt ist. Ich glaube jedoch, dass einige der im Ausschuss für internationalen Handel angenommenen Änderungsanträge zu weit gehen.

Änderungsantrag 8, der sich mit der Möglichkeit befasst, dass Länder, die nicht die Endempfänger der Exporte sind, von dem vorteilhafteren APS+ und „Alles außer Waffen“ profitieren, könnte nachteilig für einige Länder sein, die wirklich verdienen, in diese Regelungen aufgenommen zu werden. Insgesamt könnte dadurch mehr Verwirrung bei der Anwendung des APS und der Ursprungsregeln entstehen. Dies ist ein Punkt, der für die nächste Revision der Ursprungsregeln gelassen werden sollte.

Meiner Ansicht nach muss auch die Bedeutung der Tatsache betont werden – einige meiner Kollegen haben es schon getan –, dass die Europäische Kommission Studien über die Auswirkungen des APS in den begünstigten Ländern vorlegt. Ich glaube jedoch, dass sich diese Studie auf reine Handelsaspekte konzentrieren und nicht andere Fragen einbeziehen sollte, die nicht zum Anwendungsbereich dieser Verordnung gehören.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen und dabei die Worte des Ausschussvorsitzenden, Herrn Markov, wiederholen, dass unsere Änderungsanträge die Rolle des Europäischen Parlaments bei der Anwendung der Verordnung stärken. Was in der Verordnung abgewogen wird, ist die künftige Rolle des Europäischen Parlaments in der Handelspolitik, nachdem der Vertrag von Lissabon verabschiedet wurde, was hoffentlich der Fall sein wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Erika Mann (PSE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte kurz auf den Redebeitrag der Kommissarin eingehen. Zu Recht hat sie erwähnt, dass es bei der APS-Plus-Regelung um nachhaltige Entwicklung geht und sie mit den Millenniumszielen in Verbindung steht, wie der Vorsitzende des Ausschusses für internationalen Handel bemerkte. Das ist äußerst wichtig. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass wir, als wir erstmalig über ein derartiges Schema debattierten, angemerkt haben, es müsse bewertet und überprüft werden, welchen Nutzen es für die betreffenden Länder und uns selbst bedeutet.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit unbedingt auf ein Thema lenken, das sich in der Zukunft als kompliziert und knifflig erweisen könnte. Dabei geht es um die Länder, die innerhalb des Schemas operieren, deren Umfeld aber von Schwierigkeiten geprägt ist, wie zum Beispiel Sri Lanka. Das Land würde gern die Ziele erfüllen, aber aufgrund unterschiedlichster Umstände – ich möchte nicht ins Detail gehen – ist es dazu wohl nicht in der Lage.

Ich spreche mich nicht für einen Systemwechsel aus. Ich möchte die Kommission aufrufen – wie mein Kollege Kader Arif dies bereits getan hat –, bei der Bewertung jedes einzelnen Falles mit großer Sorgfalt vorzugehen. Ich möchte Sie bitten, unserem Ausschuss und dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten nach Abschluss der Evaluierung erneut einen Besuch abzustatten und dann wieder ins Parlament zu kommen, um den von mir angesprochenen Themenbereich auszuwerten und zu erörtern.

 
  
MPphoto
 
 

  Christofer Fjellner (PPE-DE).(SV) Lassen Sie mich zunächst sagen, dass ich das Allgemeine Präferenzsystem (APS) für ein ausgezeichnetes Entwicklungsinstrument halte, weil es Handel und Entwicklung sehr deutlich miteinander verbindet und Ländern, die entsprechende Anstrengungen unternehmen, Zollerleichterungen und damit Zugang zu europäischen Märkten gewährt. Es ist auch wichtig, dass wir es wirklich als Entwicklungsinstrument nutzen.

Dies ist ja nun eine technische Überprüfung, und es kommt darauf an, dass wir die Dinge für diejenigen nicht verschlechtern, die die Entwicklungshilfe am dringendsten benötigen, sondern im Gegenteil die Entwicklungsdimension stärken. Meines Erachtens gelingt das bei dieser Überprüfung in vielen Punkten ausgezeichnet und sie erweitert das Instrument in die richtige Richtung, allerdings nicht bis zur letzten Konsequenz.

Ich denke dabei beispielsweise an Vietnam, das in hohem Maße von einer einzigen Produktgruppe abhängig ist, nämliche Schuhe. Wie Sie sicher wissen, enthält das APS einen Schwellenwert, der besagt, dass ein Land über 50 % seines Exportwertes erreichen muss, um den APS-Status zu erhalten. Vietnam liegt im Moment unter dieser 50 %-Marke. Der Grund dafür, und dessen sollten wir uns bewusst sein, ist bei uns, bei Europa zu suchen und darin, dass wir Vietnam insbesondere mit Zöllen auf den Schuhexport bestraft haben. Unabhängig davon sind die Menschen dort auch weiterhin abhängig von ihrem Schuhexport, nicht zuletzt arme vietnamesische Frauen.

Ich frage mich also, warum dieses Land seine Präferenz nicht behalten kann? Es handelt sich schließlich lediglich um 3,5 %. Es ist ja nicht so, dass es verliert, dass es einen völlig zollfreien Zugang erhält, sondern es erhält etwas niedrigere Zölle. Außerdem ist doch für die Zukunft ein Freihandelsabkommen mit Vietnam geplant. Ich frage mich also, warum man sie jetzt hinauswirft, wenn man sie in Kürze wieder hereinholt und diese Ausfuhren in ein Freihandelsabkommen aufnehmen wird?

Deshalb hoffe ich, dass Sie im nächsten Umsetzungszeitraum dieser Verordnung darauf achten, dass kein Land in diese Situation gerät, in eine Art Schwebezustand, in den wir Vietnam meines Erachtens im ASP versetzen.

 
  
MPphoto
 
 

  Francisco Assis (PSE).(PT) Das Allgemeine Präferenzsystem hat sich als ein handelspolitisches Instrument erwiesen, das einen maßgeblichen Beitrag zur Entwicklung sowie zur Beseitigung der Armut in den schwächsten Ländern und Regionen der Welt leistet, indem es ihre schrittweise Integration in das internationale Handelssystem unterstützt.

Wie hier bereits gesagt wurde, verfügt die Europäische Union über drei Arten von Regelungen, die die Förderung dieser Entwicklung zum Ziel haben. Die bestehenden Mechanismen funktionieren größtenteils gut, können aber natürlich weiter vervollkommnet werden, und das Europäische Parlament muss sich aktiv dafür einsetzen, dass dies auch wirklich geschieht. Im Wesentlichen geht der Bericht deutlich in diese Richtung.

Er enthält äußerst sachdienliche Vorschläge, was so wichtige Themen angeht wie die Reform und Klärung der Ursprungsregeln, die Förderung des Prinzips der regionalen Kumulierung, die Folgenabschätzung der aktuellen Doha-Runde und die Forderung nach mehr technischer Hilfe für die am wenigsten entwickelten Länder, damit sie in den vollen Genuss dieser Hilfe kommen.

Alle Vorhaben zielen in eine Richtung, nämlich den Nutzen dieser Instrumente für die ärmsten Länder zu steigern und so wesentlich zur Erreichung ihres zentralen Ziels beizutragen – zur Bekämpfung der Rückständigkeit, der Armut und der schreienden Ungerechtigkeit, die die Unterentwicklung in der Welt immer noch hervorbringt.

 
  
MPphoto
 
 

  Syed Kamall (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Wie viele meiner Parlamentskolleginnen und -kollegen begrüße ich die Änderungsvorschläge, mithilfe derer die Vorschläge der Kommission in Übereinstimmung mit den Anregungen des Berichterstatters verbessert werden sollen. Im Ausschuss für internationalen Handel können wir das nicht oft sagen, und wir erfreuen uns nur selten eines derartigen fraktionsübergreifenden Konsenses. Der Vorschlag des Berichterstatters umfasst Folgendes: größere Effektivität des Systems, um die Interessen der begünstigten Länder stärker zu berücksichtigen; Aufstellung von Vorschriften, die einen geregelteren Reformprozess ermöglichen; Sicherstellung, dass die Verordnung der Aufgabe der demokratischen Kontrolle hinreichend Gewicht verleiht, die dem Parlament obliegt; Anpassung des APS der Europäischen Union an den multilateralen Rahmen der WTO und der Doha-Runde sowie Verbesserung der Transparenz des APS.

In diesem Geiste möchte ich meine Kolleginnen und Kollegen aufrufen, eine parteiübergreifende weltweite Kampagne für realen Handel zu unterstützen, bei der ich gemeinsam mit Abdi Abdirahman, dem Präsidenten der Ostafrikanischen Legislativversammlung, den Vorsitz führe. Wir stellen fünf Forderungen: Abschaffung von Agrarsubventionen, Abschaffung von Agrarzöllen, Liberalisierung der Ursprungsregeln, keine weitere Unterstützung korrupter Regierungen durch direkte Haushaltsbeihilfen und Intensivierung der handelsbezogenen Hilfe, sodass wir in Aspekte wie Infrastruktur investieren können sowie Schaffung von Anreizen für einkommensschwache Länder, die Handelshemmnisse zwischen ihnen abzubauen.

Allerdings sollten die Regierungen ärmerer Länder auch aufgefordert werden, darüber nachzudenken, Gleiches für Grundbedarfsgüter zu tun. Es ist moralisch falsch, wenn arme Menschen aufgrund von staatlichen Einfuhrzöllen mehr für Nahrungsmittel und Arzneimittel zahlen. Ja, die EU sollte ihre Märkte öffnen, aber dieses positive Bestreben wird häufig untergraben, wenn andere Staaten den Zugang beschränken und Preise einzig aus ideologischen Gründen hoch halten.

Deshalb sollten wir alle gemeinsam gegen Handelszölle kämpfen, die eine Verurteilung der Armen bedeuten. Staatliche Beihilfen, die Anreize für Tyrannei bieten, sollten unterbunden werden, und wir sollten stets jenen Menschen verbunden sein, die bereit sind, sich aus der Armut zu befreien, denn mit unserer Hilfe werden sie dem Hunger in der Welt ein Ende bereiten.

 
  
MPphoto
 
 

  Zuzana Roithová (PPE-DE).(CS) Herr Präsident! In der heutigen Aussprache befassen wir uns mit einer Änderung bei den Präferenzzollsätzen, die für Entwicklungsländer in den kommenden drei Jahren gelten sollen. Ich stehe voll und ganz hinter der von Helmuth Markov in seinem Bericht geforderten Lockerung. Die Änderungsanträge von Frau Quisthoudt-Rowohl sind wichtig. Die Europäische Kommission muss die Auswirkungen allgemeiner Zollpräferenzen auf die Volkswirtschaften von Entwicklungsländern weitaus gründlicher analysieren und deren Folgen für die europäische Volkswirtschaft und den Verbraucherschutz in Europa untersuchen. Neben dem APS kommt auch nichttarifären Maßnahmen, der humanitären Hilfe oder aber Sanktionen bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Menschenrechte oder internationale Abkommen Bedeutung für die Entwicklung der ärmsten Länder zu. Folglich müssen wir auf fundierten und gründlichen Analysen der Auswirkung all dieser Maßnahmen auf die Entwicklungsländer bestehen. Erst wenn uns die Ergebnisse vorliegen, sollten wir die Zölle ändern und dabei mehr Flexibilität als heute walten lassen. Dies sollte aber kein isolierter Prozess sein. Die Veränderungen sollten Hand in Hand mit allen anderen Maßnahmen durchgeführt werden. Zudem sollten wir die Modalitäten für die Koordinierung unserer Entwicklungspolitik mit den USA und anderen Ländern verbessern.

 
  
MPphoto
 
 

  Ewa Tomaszewska (UEN).(PL) Herr Präsident! Wenn das Ziel unseres Handelns in der Armutsminderung in Drittländern und der wirtschaftlichen Integration besteht, dann geht das Zollpräferenzschema der Europäischen Union tatsächlich in die richtige Richtung. Dabei dürfen wir aber auch nicht vergessen, wie wichtig maximale Transparenz im Zollsystem ist.

Darum halte ich die Kontrolle dieses Prozesses für geboten, und es würde sich lohnen, hier im Parlament am Ende jeder Phase über die Ergebnisse der jeweils vorher umgesetzten Lösungen zu debattieren.

 
  
MPphoto
 
 

  Neelie Kroes, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Die kniffligen Fragen der Damen und Herren Abgeordneten beeindrucken mich, insbesondere die Tatsache, dass fast jede kritisch und konstruktiv ist. Alle beteiligen sich am gesamten Verfahren und tun alles in ihren Kräften Stehende, um einen guten Vorschlag zu erarbeiten.

Ich kann Ihnen versichern, dass Peter Mandelson ihre Anregungen berücksichtigen wird. Daran besteht kein Zweifel. Außerdem wird er die Änderungsanträge ernst nehmen und sie nicht ignorieren. Ich kenne Peter etwas besser. Er ist nicht der Typ Mensch, der solche Vorschläge und Gedankengänge übergeht, aber er betrachtet sie gern von beiden Seiten: Sein Ziel ist Hilfe für die Entwicklungsländer (allen voran für die am wenigsten entwickelten Länder, wie Herr Kaczmarek meinte). Aber dieses Ziel muss sowohl objektiv als auch planbar sein.

Was die Einladung von Frau Mann bezüglich eines erneuten Kommens betrifft (ich bin sicher, sie bittet Peter Mandelson, dem Parlament wieder einen Besuch abzustatten, obgleich auch ich dies mit Freude tun würde), bin ich zuversichtlich, dass er der Einladung nachkommen wird.

Herr Ó Neachtain hat den Rahmen weiter gesteckt. Die Genfer WHO-Gespräche haben mich mit Freude erfüllt. Peter Mandelson werden die Ansichten der Abgeordneten nicht überraschen. Herr Kamall wiederum hat gefordert, uns nach besten Kräften zu bemühen und jenen Menschen zu helfen, die arbeiten wollen. Ich danke Ihnen erneut für all die Vorschläge.

Der Entwurf ist beim Rat, wo die Mitgliedstaaten über die Änderungsanträge des Parlaments nachdenken werden, um zu gewährleisten, dass für das APS Stabilitätsrichtlinien für den Zeitraum von 2005 – 2015 aufgestellt werden.

Welcher Grund bewegt die Kommission, keine signifikanten Änderungen vorzunehmen? Nach einem Jahr der Umsetzung ist es noch zu früh für aussagekräftige Beobachtungen, aber darauf werden wir zweifelsohne noch zurückkommen.

Was die Fragen von Herrn Kaczmarek und Herrn Audy betrifft: In letzter Instanz ist das Schema auf die Ziele Bildung und Armutsbekämpfung ausgerichtet. Gleichzeitig schafft die EU einen Anreiz für nachhaltige Entwicklung, verantwortungsvolle Staatsführung und Menschenrechte, Arbeitsrichtlinien sowie insbesondere Regelungen für Kinderarbeit.

Zum Thema Hilfe: Die APS-Zollpräferenzen ermöglichen den Zugang zum Markt entwickelter Länder. Hilfsprogramme unterliegen der gemeinsamen europäischen Strategie im Bereich der handelsbezogenen Hilfe, die unter anderem das Ziel verfolgt, die Entwicklungsländer in die Lage zu versetzen, aus dem APS Nutzen zu ziehen.

Frau Mann and Herr Fjellner haben Sri Lanka angesprochen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt profitiert Sri Lanka von der APS-Plus-Initiative. Es gibt keine Hinweise darauf, dass das Land künftig nicht mehr Nutznießer von APS-Regelungen sein sollte. Die Bedingungen in jedem Land werden gründlich, auf nachvollziehbare Weise und vorschriftsmäßig geprüft. In einer Frage wurde gefordert, das Antragsverfahren für das APS+-Schema häufiger als alle drei Jahre durchzuführen. Darauf bin ich bereits eingegangen. Deshalb schlage ich vor zu vereinbaren, das Verfahren flexibel zu gestalten, aber wir sollten nicht ausschließlich an einer Häufigkeit von einmal jährlich festhalten.

Frau Mann hat nachgefragt, wie der Antrag für das APS+ geprüft wird. Als Grundlagen für die Überwachung und die Bewertung der Einhaltung der Auswahlkriterien für die APS+-Regelung dienen die Ergebnisse der Überwachungsmechanismen, die unter Schirmherrschaft der jeweiligen internationalen Organisationen, wie z. B. UNO und IAO (Internationale Arbeitsorganisation) und anderer Behörden eingerichtet worden sind, sowie der in den Abkommen selbst hervorgehobene und von diesen Behörden öffentlich zugänglich gemachte Wechselkursmechanismus. Damit ist die Grundlage für ein eindeutiges und unparteiisches Prüfverfahren geschaffen.

Ich möchte nun die Frage von Herrn Arif zur Haltung der Kommission gegenüber durch APS+ begünstigten Ländern hinsichtlich der Umsetzung von Menschenrechtskonventionen und entsprechender Normen beantworten. Ich kann Ihnen versichern, dass die Kommission die Entwicklung in den Ländern, die aktuell unter die APS+-Regelung fallen, im Hinblick auf die Einhaltung der für APS+ relevanten internationalen Übereinkommen sehr genau beobachtet.

Als Beispiel möchte ich nur El Salvador nennen (ein Land, das bekanntlich im Rahmen der APS+-Initiative begünstigt ist), zu dem die Kommission in Rücksprache mit den EU-Mitgliedstaaten kürzlich eine Untersuchung der Einhaltung der APS+-Verpflichtungen gestartet hat. Ich versichere Ihnen, dass die ordnungsgemäße Umsetzung der EU-Handelsregelungen einen absoluten Schwerpunkt für die Kommission darstellt. Wir richten genaues Augenmerk auf die Einhaltung der Regelungen seitens der Länder, die durch das APS+ begünstigt sind. Entsprechende Problemstellungen werden regelmäßig im Rahmen unserer bilateralen Kontakte mit den jeweiligen Ländern zur Sprache gebracht.

Zu den neuen APS-Ursprungsregeln und ihrem Beitrag zu den Zielen des APS ist Folgendes zu sagen: Sie werden momentan im Kontext einer allgemeinen umfassenden Reform der Ursprungsregeln diskutiert. Die Generaldirektion Steuern und Zollunion ist dabei federführend, das bedeutet, diese Sache fällt in den Zuständigkeitsbereich meines Kollegen Herrn Kovács. Das Ziel besteht darin, sie entwicklungsfreundlicher zu formulieren. Der Prozess erfolgt in Absprache mit den Entwicklungsländern.

Mein letzter Punkt dreht sich um vietnamesische Schuhe, die als Beispiel angeführt worden sind. Dem Ausschluss bzw. der Graduierung – dieses Wort kann fairerweise für vietnamesische Erzeugnisse verwendet werden, die unter Abschnitt 12 fallen (ich meine damit Schuhwaren in der Kombinierten Nomenklatur, die von den Vorteilen im Rahmen der vorgeschlagenen APS-Verordnung für die Jahre 2009-2011 ausgeschlossen sind) – wird von allen betreffenden Dienststellen der Kommission größte Beachtung geschenkt. Die Kommission steht in dieser Frage auch in engem Kontakt mit Vietnam, um die nötige Unterstützung und das erforderliche Wissen zur Verfügung zu stellen.

Die Graduierung Vietnams nach Abschnitt 12 ergibt sich aus der technischen und objektiven Anwendung der APS-Bestimmungen und spiegelt die Tatsache wider, dass vietnamesische Exporte dieser Waren auf dem EU-Markt wettbewerbfähiger sind. Darüber hinaus hat das Land seine Exportbasis erfolgreich diversifiziert, was positiv zu bewerten ist und bedeutet, dass Schuhwaren keine so dominante Rolle mehr spielen. Auch das ist ein beachtliches Zeichen wachsender Wettbewerbsfähigkeit. Der Kommissionsvorschlag für die Graduierung Vietnams fußt auf umfangreichen Zielen und statistischen Analysen, die gleichermaßen auf alle APS+-Begünstigten angewendet werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Helmuth Markov, Berichterstatter. − Herr Präsident! Man konnte feststellen, dass es doch eine große Einigkeit in diesem Haus gab, dass das System APS+ ein sehr positives System darstellt. Dann hätte ich natürlich gern die Kommission bzw. Herrn Mandelson gefragt, der aber nicht da ist, wieso er dann unbedingt im Rahmen der Partnerschafts- und Assoziierungsabkommen, z. B. mit den Anden-Staaten, zwei Länder, die gerne APS behalten wollen, unbedingt dazu drängen will, Freihandelsabkommen abzuschließen. Ecuador und Bolivien wollen dieses APS+ behalten. Dann kann man sich doch darauf einlassen. Es bringt ihnen ja etwas.

Die zweite Frage ist, ob man nicht darüber nachdenken sollte, das System APS+ weiterzuentwickeln in ein APS++. Wir haben ganz neue Herausforderungen. Wir haben den Klimawandel, wir haben die steigenden Lebensmittelpreise. Vielleicht könnte man darüber nachdenken, dass man neue Paragraphen und neue Bewertungsmaßstäbe mit einführt. Ich bin sehr froh, Frau Kommissarin, dass Sie sich eindeutig zu Sri Lanka geäußert haben, weil das auch ein Anliegen meines Ausschusses war, und Kollegin Mann hat dies nochmals dezidiert ausgeführt.

Zum Schluss noch mein Dank an alle, mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Es war eine gute Zusammenarbeit! Ich denke, dass wir einen kleinen Schritt weiter sind, und dass dieses System APS+ im Rahmen von Handelsabkommen der Europäischen Union ein sehr wertvolles und notwendiges System darstellt und dass man nicht immer nur auf Freihandelsabkommen abstellen muss.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
MPphoto
 
 

  Rovana Plumb (PSE), schriftlich. (RO) Seit seiner Einführung war das APS eines der wichtigsten Instrumente der Handels- und Entwicklungspolitik der EU. Hauptziel der EU und der APS-Entwicklungspolitik ist es, zur Verringerung der Armut, zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung und zu einer verantwortungsvollen Regierungsführung beizutragen, zu Grundsätzen also, die in internationalen Übereinkommen und Instrumenten wie der Millenniumserklärung, der Erklärung von Rio 1992 und der Erklärung der IOM von 1998 festgeschrieben sind.

Durch die Einführung des APS im Jahr 1971 erleichterte die EU den internationalen Handel mit Entwicklungsländern und weniger entwickelten Ländern. Sie leistete ihnen die notwendige technische Unterstützung bei der Einhaltung der internationalen Übereinkommen und schuf den erforderlichen institutionellen und rechtlichen Rahmen, um ihnen die Nutzung der Vorteile des internationalen Handels und des APS zu ermöglichen. Gleichzeitig kann die Kommission nach entsprechender Unterrichtung und nach Unterrichtung des EP Sanktionen in Form der vorübergehenden Rücknahme der Präferenzen gegen die Länder verhängen, die gegen die Kriterien für die Aufnahme in die Liste der Begünstigten verstoßen.

In dem Bericht wird die Wichtigkeit der Konsultation der Öffentlichkeit, der Einbeziehung der Begünstigten und der Stärkung der demokratischen Kontrolle durch das EP unterstrichen.

Da das APS und die Liste der begünstigten Länder alle drei Jahre überprüft werden, wird der Rat ersucht, ihre Vorlage nicht zu verzögern, damit sie vom EP gebilligt werden können und Ausfälle im internationalen Handel vermieden werden.

Ich beglückwünsche den Berichterstatter.

 

23. Arbeiten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP/EU (2007) (Aussprache) (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Alain Hutchinson im Namen des Entwicklungsausschusses über die Arbeiten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP/EU 2007 (2007/2180(INI)) (A6-0175/2008).

 
  
MPphoto
 
 

  Alain Hutchinson, Berichterstatter. (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! In dem Bericht, den ich für den Entwicklungsausschuss erarbeitet habe, wird die Arbeit der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU im Jahre 2007 untersucht. Diejenigen unter Ihnen, die aktiv an dieser Arbeit beteiligt oder einfach daran interessiert sind, wissen, dass diese Versammlung keine rein formale oder symbolische Einrichtung ist. Ganz im Gegenteil, sie funktioniert zunehmend als eine echte parlamentarische Versammlung. Ihre Mitglieder engagieren sich dort mehr und mehr, einflussreiche Persönlichkeiten holen ihre Meinung ein, und infolgedessen steigt ihre politische Bedeutung. Dies ist der erste Punkt, den ich hervorheben möchte.

Die zunehmende politische Bedeutung dieser Versammlung rührt auch daher, dass sie neben den grundlegenden Themen der Zusammenarbeit zwischen AKP- und EU-Ländern auch Fragen erörtert, die sowohl für die europäischen als auch für die AKP-Länder von aktueller Bedeutung sind. Dies trifft beispielsweise auf die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zu, die zwischen der Union und den AKP-Staaten ausgehandelt werden. In diesem Zusammenhang hat die Paritätische Parlamentarische Versammlung mit der Erklärung von Kigali bestätigt, dass die beteiligten führenden Vertreter eindeutig wünschen, dass die Europäische Kommission den AKP-Ländern genügend Zeit für die Aushandlung regionaler Entwicklungsabkommen gibt. Kigali lässt nicht nur erkennen, dass es echten Widerstand gegen diese Abkommen in ihrer derzeitigen Form gibt, sondern auch, dass dieser Widerstand auf Bedenken zurückzuführen ist, die vollkommen berechtigt sind und gebührend berücksichtigt werden müssen.

Andersherum haben viele Abgeordnete aus AKP-Ländern nur durch die Teilnahme an der Arbeit der Versammlung von der Existenz der Länderstrategiepapiere erfahren, in denen die Bereiche der Zusammenarbeit zwischen der EU und ihren eigenen Mitgliedstaaten festgelegt sind. Dies erinnert daran, dass die Versammlung für viele Abgeordnete in den AKP-Ländern das einzige Forum ist, das ihnen die Möglichkeit zum demokratischen Meinungsaustausch bietet.

Ich möchte ferner unterstreichen, dass wir 2007 eine zunehmende Beteiligung der Zivilgesellschaft in den AKP-Staaten beobachten konnten; dazu wurden am Rande aller PPV-Tagungen ausgezeichnete Treffen und Initiativen organisiert. Auch im Zuge des Kampfes um Entwicklung, den die Zivilgesellschaft in den AKP-Staaten führt, bietet die Versammlung hervorragende Möglichkeiten für den Austausch und die Begegnung. In Anbetracht dessen muss die Union in der Lage sein, die Beteiligung dieser Vereinigungen und NRO an der Arbeit der PPV technisch und finanziell zu unterstützen.

Abschließend möchte ich hervorheben, dass wir in unserem Bericht die PPV ermutigen, die Rolle ihres Ausschusses für politische Angelegenheiten zu stärken. Es geht uns darum, diesen Ausschuss zu einem echten Forum für die Prävention und Beilegung von Konflikten zu machen und bei EU-Wahlbeobachtungsmissionen eine enge Zusammenarbeit zwischen den als Wahlbeobachter tätigen AKP- und EU-Abgeordneten zu fördern.

Bekanntlich tagte die Versammlung 2007 in Wiesbaden und anschließend in Kigali. Neun Entschließungen wurden angenommen. Die ständigen Ausschüsse traten viermal zusammen, zweimal am Rande der Tagungen und zweimal in Brüssel zwischen den Tagungen. Diese Ausschüsse, die für die Weiterbehandlung der Entschließungen zuständig sind, haben seit 2007 die Anhörung der für die entsprechenden Bereiche zuständigen Kommissionsmitglieder organisiert.

Auf der Tagung in Wiesbaden wurde neben mehreren Berichten eine Entschließung zur Lage in Darfur verabschiedet. Es fand eine sehr konstruktive Dringlichkeitsdebatte zur Lage in Simbabwe statt. Die Workshops über Einwanderung, Klimawandel und Arzneimittel für vernachlässigte Krankheiten zogen jeweils zahlreiche Teilnehmer an und stießen auf großes Interesse. Auf der Tagung in Kigali wurden drei Entschließungen verabschiedet, die in den Berichten der ständigen Ausschüsse enthalten sind, sowie zwei Dringlichkeitsentschließungen zu Naturkatastrophen in den AKP-Staaten und zur Lage in der Demokratischen Republik Kongo.

Herr Präsident, Frau Kommissarin, ich habe nun kurz einen förmlichen Bericht zusammengefasst, dem ich einen politischen Inhalt geben wollte, um die Arbeit der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU zu erläutern und zu ihrer wirksameren Unterstützung beizutragen.

 
  
MPphoto
 
 

  Neelie Kroes, Mitglied der Kommission. (EN) Herr Präsident! Vielen Dank, aber ich kann Ihnen versichern, dass es mir hier wirklich gefällt, und ich weiß, dass mein lieber Kollege es sehr bedauert, zu dieser Aussprache nicht hier sein zu können. Dieser Meinungsaustausch liegt ihm sehr am Herzen, aber ich kann Ihnen versichern, dass er seine Zeit nicht vertut: Er ist auf dem Weg zu einem wichtigen Treffen außerhalb von Brüssel.

Die Paritätische Parlamentarische Versammlung ist eine einzigartige Institution. Herr Michel ist in der Sitzung des Kollegiums mein Nachbar, und heute Morgen hat er mir die Funktionsweise der Versammlung in allen Einzelheiten erläutert, so dass ich jetzt behaupten kann, etwas darüber zu wissen.

Er erwähnte, dass die PPV dort ist, wo man den Geist der Partnerschaft, der das Herz des Abkommens von Cotonou ausmacht, direkt spüren kann, wenn nämlich 156 gewählte Vertreter der Europäischen Union und aus Afrika, den karibischen und pazifischen Ländern die Kernfragen ihrer Zusammenarbeit gemeinsam diskutieren. Das ist ein echter Nord-Süd-Dialog, ein Dialog auf der Grundlage von Gleichheit und gegenseitigem Respekt, der über die traditionelle Beziehung zwischen Gebern und Empfängern hinausgeht. Das ist die parlamentarische Verkörperung von Eigentum und Kontrolle.

In den vergangenen Jahren ist die Paritätische Parlamentarische Versammlung in ihrer Gestalt und in ihrem Verhalten immer parlamentarischer geworden, und sie spiegelt die Reife der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den afrikanischen, karibischen und pazifischen Ländern wieder. Die Aussprachen sind offener, regionale Konflikte treten weniger häufig auf. Das ist wirklich ein beachtlicher Erfolg.

Die Versammlung hat sich in der Tat zu einem Rahmen für einen offenen politischen Dialog entwickelt und zeigt, dass sie in der Lage ist, äußerst sensible Fragen von großer politischer Bedeutung, wie z. B. verantwortungsvolle Regierungsführung, Zugang zu Gesundheitsversorgung, die Auswirkungen ausländischer Direktinvestitionen, die Abwanderung von Fachkräften und die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, zu erörtern.

Der hervorragende Bericht von Herrn Hutchinson und dem Entwicklungsausschuss legt diese Entwicklung sehr anschaulich dar, und ich möchte dem Berichterstatter in Herrn Michels und meinem eigenen Namen zu seiner Arbeit gratulieren. Darin werden die Erfolge und die Herausforderungen geschildert und die Möglichkeiten für künftiges Wachstum untersucht.

Ein Ergebnis war die führende Rolle, die die Paritätische Parlamentarische Versammlung bei der Überwachung der WPA-Verhandlungen eingenommen hat, wobei dank diesbezüglicher Gespräche mit den Chefunterhändlern und meinem lieben Kollegen Michel im Laufe des Jahres ein Informationsfluss in beide Richtungen sichergestellt werden konnte.

Ein weiterer bedeutender Schritt war die Übermittlung der Länder- und Regionalstrategiepapiere durch die Kommission an die Versammlung. Das zeigt das Vertrauen in die Fähigkeit der Versammlung, verstärkt eine politische Rolle zu übernehmen, und bot ihm Gelegenheit, seine Reife unter Beweis zu stellen.

Zur Verstärkung der parlamentarischen Kontrolle hat Kommissar Michel die Kommissionsdelegationen gebeten, diese Strategiepapiere über die nationalen Anweisungsbefugten der EEF auch den Präsidenten der nationalen Parlamente in den Empfängerländern zu übermitteln. Wie Sie wissen, darf die Kommission sie nicht direkt übermitteln, da der nationale Anweisungsbefugte seit dem Beitritt zum Abkommen von Cotonou unsere offizielle Kontaktstelle für alle Fragen der Programmierung und der Umsetzung der EEF ist.

Gleichzeitig hat das Sekretariat der PPV diese Dokumente den Vertretern der jeweiligen Länder in der PPV übermittelt. Wir haben daher Grund anzunehmen, dass die nationalen Parlamente informiert sind und sich an der Überwachung und Kontrolle von Entwicklungsprogrammen beteiligen können.

Es stimmt, dass die nationalen Parlamente ihre Rolle bei der Vorbereitung und Durchführung des EEF häufig nur eingeschränkt wahrnehmen können. Daher finanziert der EEF in vielen AKP-Staaten eine institutionelle Unterstützung.

Der beste Weg, die parlamentarische Kontrolle von EEF-Mitteln über die Kontrolle von Länderstrategiepapieren hinaus sicherzustellen, ist die Einführung allgemeiner oder sektorbezogener Budgethilfen. Auf diese Weise werden die externen Mittel vollständig in das nationale Haushaltsverfahren, in denen nationale Parlamente eine Schlüsselrolle spielen, integriert. Das ist einer der Gründe für die Entscheidung der Kommission, etwa 45 % des 10. EEF der in 44 Ländern programmierten Budgethilfe zuzuweisen, verglichen mit gerade einmal 25 zu Beginn des 9. EEF. Hier ist also ein Aufwärtstrend zu verzeichnen.

Lassen Sie mich schließlich noch die Gelegenheit ergreifen, der Regierung und dem Parlament von Ruanda und der deutschen Ratspräsidentschaft für die hervorragende Organisation der Tagungen der Versammlung im vergangenen Jahr zu gratulieren.

 
  
  

VORSITZ: MANUEL ANTÓNIO DOS SANTOS
Vizepräsident

 
  
MPphoto
 
 

  Filip Kaczmarek, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Hutchinson danken und ihm zu seinem gelungenen Bericht gratulieren. Ich teile die Meinungen und Beobachtungen des Berichterstatters und seine Zufriedenheit in solchen Belangen wie der intensiveren Einbindung von Mitgliedern der Versammlung in deren Arbeiten, der Qualität der Aussprachen und deren Relevanz. Ich meine auch, dass die wachsende Beteiligung von Nichtregierungsorganisationen an der Arbeit der Versammlung ein sehr positiver Aspekt ist.

Dennoch kann ich eine Reihe unerfreulicherer Aspekte, die bei der Überprüfung der Arbeiten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung festgestellt wurden, nicht unerwähnt lassen. Ich halte es für sehr beschämend, dass bei den Diskussionen, Aussprachen und Verhandlungen über gemeinsame Vorhaben zwischen der AKP-Seite und Vertretern des Europäischen Parlaments nicht alle Themenbereiche gleichermaßen eingehend behandelt wurden und dass diese nicht in jedem Fall vom Wunsch geprägt waren, einen gemeinsamen Standpunkt zu finden. Nach meinem Eindruck konzentrieren sich die AKP-Staaten mehr auf wirtschaftliche Angelegenheiten und legen bei politischen Fragen weniger Aufmerksamkeit und Engagement an den Tag.

2007 waren eine ungewöhnliche Begeisterung und Entschlossenheit kennzeichnend für Gespräche wirtschaftlicher Art. Dies galt in erster Linie für Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA), und das ist ja keineswegs falsch. Eine ähnlich starke Motivation sucht man jedoch vergebens, wenn es um die Lösung schwieriger, aber dennoch wichtiger politischer Probleme geht. Herr Hutchinson erinnert daran, dass wir eine Debatte über Simbabwe geführt haben, letztlich aber keine Entschließung angenommen wurde. Diese Tendenz setzt sich weiter fort. In diesem Jahr haben wir über den Tschad debattiert; es wurde zwar ein Kompromissentschließungsantrag formuliert, die Entschließung selbst dann aber von unseren AKP-Partnern abgelehnt.

Meines Erachtens sollten wir uns um mehr Ausgewogenheit zwischen wirtschaftlichen und politischen Zielen bemühen. Mir ist klar, dass es gelegentlich einfacher ist, wirtschaftliche Belange in den Vordergrund zu stellen, scheinen sie doch wichtiger und aus politischer Sicht leichter voranzubringen zu sein. Unsere europäische Seite sollte jedoch deutlicher herausstellen, dass eine Weiterentwicklung ohne Frieden, Stabilisierung, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und verantwortungsvollere Staatsführung nicht möglich sein werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Marie-Arlette Carlotti, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident! Ich möchte zunächst Herrn Hutchinson zu seinem ausgezeichneten Bericht beglückwünschen.

Das Jahr 2007 hat sowohl die Aufwärtsentwicklung der PPV als auch ihre bedeutende Rolle bei der Bewältigung der bedeutendsten Herausforderungen des Nord-Süd-Dialogs bestätigt. In politischen Krisensituationen haben unsere Dringlichkeitsdebatten beispielsweise einen tief gehenden konstruktiven Dialog ohne Tabus zu Themen wie Haiti, Simbabwe oder Äthiopien ermöglicht. Durch die Einführung der Regionaltreffen der PPV, von denen das erste glaube ich in Namibia stattfand, kann dieser politische Dialog weiter vertieft werden.

Zur Durchführung des EEF ist zu sagen, dass den Regierungen der AKP-Staaten seit Ende 2007 Länder- und regionale Strategiepapiere vorgelegt werden. Die PPV muss nun eine Strategie und eine Arbeitsmethode festlegen, um die optimale Weiterverfolgung und Überwachung der Verwendung dieser Mittel sicherzustellen.

Zu den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) ist anzumerken, dass die PPV diese Abkommen durch ihre Gespräche und Begegnungen mit Wirtschaftsführern und Mitgliedern der Zivilgesellschaft, durch ihren offenen politischen Dialog mit unseren parlamentarischen Kollegen im Süden 2007 zu einer politischen Priorität erhoben hat. Die Erklärung von Kigali, die Herr Hutchinson vorhin erwähnte, veranschaulicht dies.

Ich bedauere, dass das Europäische Parlament diese Erklärung abgelehnt hat, obwohl sie von Vertretern verschiedener Fraktionen vor Ort ausgehandelt und einstimmig verabschiedet wurde. Es scheint, dass einigen die Umsetzung eines in Afrika angenommenen Standpunkts manchmal schwerer fällt, nachdem sie wieder in Europa sind.

Ich bedauere auch, dass die Europäische Kommission die Ansichten der AKP-Abgeordneten in der PPV ignoriert und eine Bulldozer-Strategie verfolgt, indem sie sich weigert, eine Neuverhandlung oder Neuausrichtung der WPA in Erwägung zu ziehen. Der Vorschlag zur Einsetzung eines neuen parlamentarischen Gremiums im Rahmen des Karibik-Abkommens stiftet nur noch mehr Verwirrung.

Und schließlich komme ich nicht darüber hinweg, dass die offizielle Entwicklungshilfe der gesamten EU zum ersten Mal seit 2000 zurückgegangen ist. Meines Erachtens zählt bei der internationalen Solidarität am meisten, dass wir unser Wort halten; doch mehrere Mitgliedstaaten, meiner eingeschlossen, halten ihr Versprechen nicht. Im Jahr 2008 sollte die PPV ihren Kampf für die WPA aufmerksam und entschlossen fortsetzen; sie sollte sich stark machen für eine angemessene Neuaushandlung von Interimsabkommen – für diejenigen, die dies möchten – gemäß der Zusage von Kommissionsmitglied Barroso; sie sollte sich für den 10. EEF einsetzen, dessen aktive Durchführungsphase nun beginnt, bei dem jedoch die Gefahr besteht, dass Mittel für die Finanzierung der WPA abgezweigt werden.

Die PPV ist ein einzigartiges Forum und ein einzigartiges Instrument des Nord-Süd-Dialogs. Sie bietet die Chance auf eine faire, nachhaltige und gemeinsame Entwicklung. Mein Kollege Hutchinson hat all dies bereits gesagt, und ich möchte ihn noch einmal beglückwünschen.

 
  
MPphoto
 
 

  Juan Fraile Cantón (PSE).(ES) Herr Präsident! Eingangs möchte ich Herrn Hutchinson dazu beglückwünschen, dass er in seinem Bericht die Arbeit der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung (PPV) im Jahr 2007 dargelegt hat.

Die Versammlung wird jetzt zum stärksten Pfeiler der Kooperation zwischen der Europäischen Union und den Ländern Afrikas, des Karibischen und des Pazifischen Raums. Ich möchte darauf hinweisen, dass sie die einzige internationale Versammlung ist, die regelmäßig die gewählten Vertreter mehrerer Länder zusammenbringt, um die Nord-Süd-Zusammenarbeit zu fördern.

Die PPV bereitete den Weg zu den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, die Instrumente für die regionale Entwicklungs- und Integrationspolitik für die AKP-Länder und ein Mittel sind, um sie schrittweise und nachhaltig in die Weltwirtschaft einzubeziehen.

Allerdings dürfen die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) nicht einfach wie Freihandelsabkommen verhandelt werden. Meine Fraktion besteht auf der Möglichkeit, in diesen Abkommen erneut Fragen zu verhandeln wie Dienstleistungen, geistiges Eigentum und die „Singapur-Themen“: Investitionen, Kompetenzen und öffentliche Märkte sowie Beschäftigungs- und soziale Regelungen und weitere Aspekte in Verbindung mit einer nachhaltigen Entwicklung.

 
  
MPphoto
 
 

  Alessandro Battilocchio (PSE).(IT) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Glückwünsche an Herrn Hutchinson zu seiner Arbeit und zu dem politischen Ansatz des Berichts, den ich unterstützen kann. Ich begrüße es, dass der Weg des Dialogs und der Zusammenarbeit eingeschlagen wurde.

Ich möchte einen Punkt herausstellen. Um den Bedürfnissen der Bevölkerung in den AKP-Staaten gerecht zu werden und die ehrgeizigen Millenniums-Entwicklungsziele zu erreichen, müssen die Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) auf nationaler und regionaler Ebene mehr für die demokratische Mitwirkung und Kontrolle geöffnet werden. Daher bekräftige ich, dass die Verpflichtungen, die wir in Kigali anlässlich der 14. Tagung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung eingegangen sind, von zentraler Bedeutung für unsere Tätigkeit sind.

Ich begrüße ebenso den Hinweis auf die Notwendigkeit, bei den Verhandlungen und bei der Umsetzung der neuen Abkommen den Schutz und die Verteidigung der demokratischen Einrichtungen und der Menschenrechte gebührend zu berücksichtigen. Unsere Anstrengungen können und dürfen nicht auf eine reine Wirtschafshilfe reduziert werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Ewa Tomaszewska (UEN).(PL) Herr Präsident! Auch ich möchte Herrn Hutchinson zu seinem ausgezeichneten Bericht gratulieren.

Aus meiner Sicht müssen wir uns unbedingt mit der Wichtigkeit von Kontakten dieser Art zwischen Parlamenten, Parlamentsfraktionen und dem Europäischen Parlament sowie den AKP-Ländern und EuroLat im Rahmen des internationalen Dialogs befassen. Wir sollten uns meines Erachtens vorrangig für diese Form der Beziehungen entscheiden. Kontakte auf Regierungsebene sind ganz anderer Art. Der Dialog zwischen Parlamenten ist wesentlich umfassender; er beinhaltet ausführlichere Debatten und spiegelt meiner Meinung nach die Interessen und Bedenken der beteiligten Länder besser wider; daher halte ich diese Art des Austauschs für besonders hilfreich. Gleichermaßen wichtig sind die politischen Aspekte, die wir auch künftig erörtern möchten, nämlich die Frage der Friedenserhaltung, der Achtung der Menschenrechte und des Funktionierens einer Zivilgesellschaft.

 
  
MPphoto
 
 

  Neelie Kroes, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Ich bin den Ausführungen meiner Vorredner mit großem Interesse gefolgt. Ich denke nicht, dass es Sache der Kommission ist, sich zu Ihrer Tagesordnung und Ihren Prioritäten zu äußern oder darauf Einfluss zu nehmen. Daher möchte ich jetzt nicht unsere Meinung darlegen. Zunächst sind Sie sind am Zuge.

Zur Frage der Wiederaufnahme von Verhandlungen muss klar sein, dass Interimsabkommen die einzige Möglichkeit sind, die Handelsströme auch nach Ablauf der Frist am 1. Januar 2008 zu erhalten, und sie können nicht wieder aufgenommen werden. Allerdings wird die Diskussion und somit die Verhandlung hin zu einem vollständigen WPA – regional und umfassend – fortgesetzt.

 
  
MPphoto
 
 

  Alain Hutchinson, Berichterstatter. (FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Vielen Dank für Ihre Antworten und Anmerkungen. Ich möchte lediglich darauf hinweisen, dass die PPV zwar eine Angelegenheit der Abgeordneten ist, die Kommission aber natürlich eine wichtige Rolle bei der Entwicklungspolitik auf europäischer Ebene spielt. Aufgrund dessen ist es mein Wunsch, dass die Kommission die Arbeit der Versammlung nicht als nebensächlich betrachtet – und ich glaube, dass Kommissionsmitglied Michel das jedenfalls nicht tut; dass sie die Versammlung nicht als eine Art Sicherheitsventil ansieht, bei dem die Spannungen zwischen uns erörtert werden. Vielmehr sollte sie den dort geäußerten Ansichten Gehör schenken, da dies für viele unserer Kollegen aus den AKP-Staaten leider das einzige Forum ist, in dem sie sich äußern können.

Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass Sie beobachtet haben, dass es bisher in den AKP-Parlamenten keine Aussprachen zu den WPA oder den Länderstrategiepapieren gab. Obwohl wir die vom Volk gewählten Vertreter unterstützen – indem wir allerorten Wahlen finanzieren und versuchen, unser demokratisches Modell zu exportieren –, haben wir keine Zeit, diese gewählten Parlamente zu konsultieren, und einige Ihrer Kollegen verfolgen, wie Frau Carlotti sagte, in jeder Hinsicht eine Bulldozer-Strategie. Ich hoffe daher, dass die Kommission diese Arbeit wirklich berücksichtigt und ihre ausgezeichnete Qualität erkennt.

Man hat mich zu meinem Bericht beglückwünscht. Ich möchte meinen Kollegen danken, und ich möchte auch Frau Kinnock gratulieren, die heute nicht hier ist, weil sie sich als Ko-Präsidentin der Versammlung irgendwo in der Karibik aufhält. Ich möchte sie zu ihrer ausgezeichneten Arbeit als Ko-Präsidentin der Paritätischen Versammlung beglückwünschen.

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
MPphoto
 
 

  Richard Seeber (PPE-DE), schriftlich. Ein gutes Verhältnis zwischen der Europäischen Union und den AKP-Staaten liegt mir sehr am Herzen, darum bin ich auch sehr erfreut, dass die Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP/EU immer politischere Form und Qualität annimmt.

Bei den Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen und ganz allgemein bei der Zusammenarbeit zwischen EU und AKP-Staaten müssen allerdings unbedingt Themen wie nachhaltige Entwicklung, Menschenrechte, Demokratie und die Schaffung von funktionierenden rechtsstaatlichen Systemen mit auf der Agenda stehen.

Auf gar keinen Fall außer Acht lassen dürfen wir den Schutz der Umwelt und vor allem den Kampf gegen den Klimawandel. Gerade in den Regionen der AKP-Staaten könnten die Auswirkungen des Klimawandels verheerend ausfallen.

Die EU muss hier mit gutem Beispiel vorangehen und die Ziele und Verpflichtungen von 2007 einhalten. Nur dann können wir dies auch von den AKP-Staaten erwarten.

Ein weiteres Thema, dessen wir uns unbedingt annehmen müssen, ist Wasser. Wasserknappheit und Dürre sind ein großes Problem in den AKP-Staaten, für das Lösungen gefunden werden müssen, damit es nicht zu Umweltflucht kommt.

 

24. Wettbewerb: Untersuchung des Retail-Bankgeschäfts – Grünbuch über Finanzdienstleistungen für Privatkunden im Binnenmarkt (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die gemeinsame Aussprache über

- den Bericht von Gianni Pittella im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über den Wettbewerb: Untersuchung des Retail-Bankgeschäfts (2007/2201(INI)) (A6-0185/2008) und

- den Bericht von Othmar Karas im Namen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung über das Grünbuch über Finanzdienstleistungen für Privatkunden im Binnenmarkt (2007/2287(INI)) (A6-0187/2008).

 
  
MPphoto
 
 

  Gianni Pittella, Berichterstatter. − (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dank der sorgfältigen Untersuchung der Europäischen Kommission waren wir in der Lage, die typische Rigidität des Retail-Bankgeschäfts näher zu beleuchten. Dieser Untersuchung haben wir uns zusammen mit Herrn Karas gewidmet, und sie hat bisher eine sehr breite, nahezu einhellige Zustimmung im federführenden Ausschuss gefunden. Ich möchte deshalb die Gelegenheit ergreifen, um der Kommissarin, Frau Kroes, für ihre stetige Bereitschaft, dieses heikle Thema mit dem Parlament zu erörtern, meinen ganz besonderen Dank auszusprechen.

Das Verhältnis zwischen Verbrauchern und Banken in Europa bleibt wegen der Verzerrungen, die diesen Sektor kennzeichnen, kompliziert. Dieses Verhältnis ist jedoch von grundlegender Bedeutung, und wir müssen es gerade rücken, indem wir Mängel und Unzulänglichkeiten aufdecken und die Hauptprobleme und mögliche Lösungsansätze aufzeigen. Wie in meinem Bericht und in dem Bericht von Herrn Karas deutlich gemacht wird, müssen derartige Maßnahmen vor allem darauf ausgerichtet sein, die Mobilität der Verbraucher zu erleichtern, sodass die Banken indirekt dazu gedrängt werden, mit höheren Effizienzstandards zu arbeiten.

Deshalb fordere ich in meinem Bericht, dass es für den Verbraucher einfach und kostengünstig sein muss, die Bank zu wechseln. Der Anbieterwechsel ist immer noch in zu vielen Fällen überall in Europa ein schleppendes und teures Verfahren. Wir haben uns außerdem gegen alle Formen der nicht unbedingt nötigen vertraglichen Bindung ausgesprochen, die die Verbrauchermobilität behindern oder stören könnten. Wir empfehlen, dass die europäische Bankindustrie die Verfahren zur Kündigung von Girokonten verbessert, indem nur begründete Gebühren erhoben, die schnelle Abwicklung des Vorgangs gewährleistet und Doppelkosten vermieden werden.

Außerdem fordern wir die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Banken qualitativ bessere und verständlichere Informationen für die Verbraucher bereitstellen, und zwar vermittels einer Übersicht über die Kostenpositionen, in einem Format, das einfache Vergleiche ermöglicht. Ich selbst unterhalte ein Girokonto bei einer Bank, und wenn mir Formulare nach Hause geschickt werden, werfe ich sie weg, weil sie oft unverständlich sind; ähnlich ergeht es Millionen von Bürgerinnen und Bürgern. Das kann nicht länger hingenommen werden, Frau Kroes, Herr McCreevy, und wenn die Banken diesen Empfehlungen nicht nachkommen, fordere ich die Europäische Kommission auf, einen entsprechenden Legislativvorschlag zu unterbreiten.

Ich fordere ferner die Schaffung einer EU-weiten elektronischen Suchmaschine zu prüfen, die den Kunden den Vergleich der von verschiedenen Banken angebotenen Dienstleistungen ermöglicht. Es muss möglich sein, dass wir einen Computer anklicken, Zugang zum Internet bekommen und eine IT-Plattform haben, die uns in die Lage versetzt zu sagen: Das hier ist eine bessere Wahl für mich. Heute haben wir diese Optionen noch nicht.

Ein Kapitel für sich sind die so genannten Interbankentgelte. Im Hinblick auf den Standpunkt, den die Europäische Kommission zu diesem Thema vertreten hat, habe ich einen Vorschlag unterbreitet: dass nämlich ein für alle Mal Kriterien, d. h. eine Art von Leitlinien, für die Marktteilnehmer vorgegeben werden, um ein Verfahren zur Berechnung der Interbankentgelte festzulegen, damit ein reibungsloses und transparentes Funktionieren des Sektors gewährleistet werden kann.

Ich möchte hier zum Schluss kommen, um meine vier Minuten nicht zu überziehen. Ich hoffe im Hinblick auf diese Vorschläge, die das Parlament hoffentlich morgen Früh annehmen wird, dass die Kommission für deren sofortige, zumindest aber rasche und konkrete Weiterbehandlung sorgen wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Othmar Karas, Berichterstatter. – Herr Präsident, Frau Kommissarin, Herr Kommissar, lieber Kollege Pittella! Zuerst möchte ich einmal betonen, dass die Kommissionsvorschläge, die Ziele und die Forderungen der Abgeordneten in den beiden Berichten, die Auswirkungen dieser Berichte auf die Bürger Europas sich eine bessere Debattenzeit und mehr Zuhörer verdient hätten.

Zum Zweiten: Wir zünden mit diesen Berichten und der Debatte mit der Kommission die nächste Stufe zur Stärkung von Angebot und Nachfrage im Finanzdienstleistungsbereich. Ich möchte mich bei Herrn Pittella, bei Olle Schmidt und bei Frau Starkevičiūtė für die gute Zusammenarbeit bedanken. Die breite Mehrheit im Ausschuss hat gezeigt, dass wir uns aufeinander zu bewegt und trotzdem viele Forderungen neu gestellt haben.

Was wollen wir? Wir wollen den Binnenmarkt für Retail-Finanzdienstleistungen weiterentwickeln und ihn zum Heimatmarkt für alle Verbraucher und die kleinen und mittelständischen Unternehmen machen. Ich sage dies, obwohl ich weiß, dass der Retail-Markt eher local business als global business ist und bleiben wird. Trotzdem gibt es ein großes Potenzial, da nur 1 % der EU-Verbraucher Finanzdienstleistungen grenzübergreifend über Fernkommunikationsmittel erwerben, im Inland sind das immerhin 26 %.

Es gibt – das sagen die Berichte der Kommission wie die des Parlaments – trotz der unterschiedlichen Zuständigkeiten ungerechtfertigte Blockaden, was nicht heißt, dass in der Vergangenheit nichts geschehen wäre. Ich möchte darauf verweisen, dass seit 1988 die Liberalisierung des innereuropäischen Kapitalverkehrs voranschreitet. Die Einführung des Euro hat den Konsumenten wie der Wirtschaft etwas gebracht. Der Aktionsplan für Finanzdienstleistungen, das Weißbuch für Finanzdienstleistungspolitik 2005-2010 oder SEPA, der Einheitliche Europäische Zahlungsraum – Verbraucher und Anbieter profitieren von dieser politischen Entwicklung. Sie ist nicht zu Ende, sondern wir gehen den Weg entschlossen weiter!

Beide Berichte der Kommission – wie vielleicht auch unsere – haben natürlich Schwachstellen. Eine Schwachstelle findet sich im Grünbuch: Es spricht fast ausschließlich von den Verbrauchern. Dabei betrifft der Retail-Binnenmarkt zudem auch KMU. Des Weiteren können – und das wissen wir – Verbraucherschutzmaßnahmen alleine noch keinen Anbieter bewegen, über die Grenze zu gehen. Bei der Sektoruntersuchung ist zweifelsohne die Schwachstelle, dass wir uns nur auf wenige Daten stützen. So wird eine potentielle Marktabschottung allein anhand der Preise vermutet.

Daher fordern wir auch in unserem Bericht die Kommission auf, eine solide Auswirkungsstudie durchzuführen, die auch eine korrekte Feststellung der ursprünglichen Marktbedingungen enthalten muss, und die Integration und den Wettbewerb innerhalb des Marktes sowie die Auswirkungen einer Initiative nicht nur anhand eines einzelnen Indikators, sondern anhand einer möglichst breiten Zahl von Messwerten zu bewerten hat.

Wir unterstützen aber auch den Ansatz der Kommission, dass sie nur solche Initiativen verfolgt, die nachweislich konkrete Vorteile für die Bürger bieten, die durch sorgfältig durchgeführte Kosten-Nutzen-Analysen solide begründet sind und die ordnungsgemäß durchgeführten Impact-Studien unterzogen wurden.

Ich könnte jetzt weitere Schwachstellen aufzeigen, aber ich möchte mich darauf beschränken, was wir zusätzlich besonders in den Berichten betont haben. Eine wesentliche Botschaft dieses Parlaments ist es, dass wir den dezentralen Sektor eindeutig anerkennen. Wir brauchen Sparkassen und Genossenschaften neben den Aktiengesellschaften. Wir brauchen grenzüberschreitend lokale Champions, nicht nur globale Champions. Sie sind verantwortlich für die Nahversorgung, für die wirtschaftliche Entwicklung in den einzelnen Regionen und für die Versorgungssicherheit. Der zweite Punkt ist, dass wir eine Balance zwischen Angebot und Nachfrage brauchen. Und als Drittes brauchen wir eine Harmonisierung der Genehmigungs- und Meldepflichten. Grenzüberschreitend tätige Versicherungen und Banken unterliegen der Aufsicht mehrerer Finanzbehörden. Hier sollten wir harmonisieren und gleiche Zugangsbedingungen schaffen.

Wir sollten den e-Commerce ausbauen. Die Förderung des Fernabschlusses von Geschäften muss die Verbreitung einer sicheren elektronischen Signatur weiter vorantreiben, und die Geldwäscherichtlinie sollte dort reformiert werden, wo sie dem entgegensteht.

Vor weiteren Punkten sei angesprochen: Die Agenten und Makler haben eine Bedeutung für mehr Wettbewerb im Finanzdienstleistungsbereich. Wir brauchen einen leichteren Zugang zum Kreditdatenregister und zu Kreditkartenregistern, und wir brauchen die Verlängerung der Gruppenfreistellungsverordnung, weil wir die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet nicht für wettbewerbsverzerrend halten, wenn die Bedingungen deutlich festgelegt sind.

Ich fordere die Kommission und die Kolleginnen und Kollegen auf, diese Berichte als Ganzes zu sehen, und die weiteren Überlegungen – die 44 Klarstellungen bzw. Maßnahmen in meinem Bericht – zu übernehmen bzw. zu unterstützen.

 
  
MPphoto
 
 

  Neelie Kroes, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Es ist mir eine große Freude, heute hier mit Ihnen gemeinsam über die Kritik der Kommission am Bericht von Gianni Pitella sowie über ihre Sicht der Dinge zu sprechen.

Gestatten Sie mir, zunächst jedoch sowohl Herrn Pitella als auch Herrn Karas für die ausgezeichnete Arbeit sowie dem Parlament für sein Interesse an diesem Themenbereich zu danken.

Viele unserer Ansichten in dieser Frage sind deckungsgleich, was ein guter Ausgangspunkt ist. Gemeinsam mit meinem geschätzten Kollegen Charlie McCreevy und der Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen haben meine Dienste und ich uns sehr bemüht, uns mit dem Bereich des Retail-Bankgeschäfts vertraut zu machen und so wie Sie fragen auch wir uns, was verbessert werden könnte. Natürlich wäre es dumm zu behaupten, alles sei perfekt, also: Was kann verbessert werden? – so lautet unser wichtigster Ansatz zu diesem Themenfeld.

Im Rahmen unserer Untersuchung des Sektors hat der Markt der Kartenzahlungssysteme mit einem Gesamtwert von 1 350 Milliarden Euro jährlich unser vornehmliches Interesse geweckt. Das sind keine Peanuts – 1 350 Milliarden pro Jahr. Wir haben uns auch mit der Verbesserung von Kreditregistern, nützlichen und nachteiligen Formen der Zusammenarbeit zwischen den Banken sowie den Bankgebühren beschäftigt.

Vor allem in Anknüpfung an einen Schlüsselaspekt des Berichts von Gianni Pittella komme ich zu der Schlussfolgerung, dass es viel Übereinstimmung gibt und wir nur in einem Punkt unterschiedliche Auffassungen vertreten, nämlich in der Frage der Verbrauchermobilität: Der Ball ist nun im Spielfeld der Industrie. Sie muss einen Verhaltenskodex entwickeln. Anderenfalls wird wohl mit Rechtsvorschriften eingegriffen, wenn sie diese Chance und Herausforderung nicht annimmt.

Zur Frage der Bereitstellung von Kundeninformationen und zur Transparenz Folgendes: Preisvergleiche und Produktbeschreibungsinformationen spielen für Verbraucher eine entscheidende Rolle. Aber die Industrie widersetzt sich vehement Änderungsvorschlägen, weshalb meiner Ansicht nach zu befürchten steht, dass wohl in diesem Bereich keine Fortschritte erzielt werden. Meine Kollegin, Frau Kommissarin Kuneva, sammelt im Rahmen ihrer Nachuntersuchungen des Verbrauchermarktbarometers Indizien für Gebühren im Retail-Bankgeschäft. Sie wird sicher in der Lage sein, die Vielfalt und Transparenz von Bankgebühren zu prüfen sowie den entsprechenden Grad des Verbraucherbewusstseins zu bewerten. Das Sammeln von Fakten ist der erste Schritt auf dem Weg zu Veränderungen.

Was die Kreditregister betrifft, habe ich gute Nachrichten. Die erste Sitzung der Expertengruppe „Kredithistorien“ ist für September 2008 geplant, was nicht mehr lange hin ist. Experten sollten der Kommission ihre Empfehlungen bis 1. Mai 2009 vorlegen.

Kreditvermittler wie Hypothekenmakler stellen einen Wachstumssektor mit vielen sensiblen Verbrauchern dar, weshalb die diesbezügliche Studie der Kommission von großem Interesse sein wird. Entsprechende Ergebnisse sollen im Oktober 2008 vorliegen.

Im Hinblick auf die Zusammenarbeit zwischen den Banken sammelt die Generaldirektion Wettbewerb weiterhin Hinweise für unsere Sektoruntersuchung. Aus diesem Grund kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine detaillierten Auskünfte in dieser Frage geben.

Der Einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum (SEPA) ist noch neu. Damit seine Leistungsfähigkeit voll zum Tragen kommt, ist Wettbewerb nötig. In diesem Punkt stimme ich insbesondere mit dem Parlament überein. Aber ich bin zuversichtlich, denn bislang funktioniert er erwartungsgemäß.

Der Bereich, in dem unsere Meinungen wie bereits erwähnt auseinander gehen, betrifft die Aufforderung an die Kommission, Leitlinien für multilaterale Interbankentgelte (MIF) vorzuschlagen. Ich muss Ihnen ehrlich gestehen, dass ich nicht davon überzeugt bin, dass die Ausarbeitung von Richtlinien in dieser Phase der richtige Schritt ist. Auf der Grundlage unserer Erfahrungen in dieser Sache werde ich versuchen, die Gründe dafür darzulegen.

Der Ruf nach Leitlinien und Klarheit von Seiten der Kommission – und ich verstehe die Frage des Berichterstatters und seines Teams – ist ein vorhersehbares Anhängsel unserer Rechtssache zur MasterCard. Das Urteil, die so genannte MasterCard-Entscheidung, beruhte einzig und allein auf den besonderen Umständen dieser Rechtssache. Wenn wir diese Leitlinien auf nur eine Rechtssache aufbauen könnten, bestünde die Gefahr, dass wir minderwertige Leitlinien verabschieden, was unser Bemühen, Verbrauchern Unterstützung zu geben, untergraben würde (Das ist wieder eine Gemeinsamkeit: Parlament und Kommission wollen den Verbrauchern zur Seite stehen). Eine Rechtssache ist keine Grundlage für eine Patentlösung.

Dass sich Leitlinien unter Umständen auch als nutzlos erweisen könnten, liegt darin begründet, dass manche Zahlungskartensysteme in der EU mit einem MIF arbeiten, andere nicht. Entscheidungen über das Geschäftsmodell und die Finanzierungsmechanismen sollten jedoch von den jeweiligen Systemen selbst getroffen werden. Verständlicherweise kann die Kommission keine spezifischen Geschäftsmodelle vorschreiben. Die Überprüfung der multilateralen Interbankentgelte für ein ausgereiftes System wie MasterCard und die Prüfung eines MIF, das neue Marktteilnehmer anwenden wollen, um in den Wettbewerb einzutreten, sind nicht unbedingt das Gleiche. In dieser Phase hat die Kommission lediglich die MIF in Systemen wie Visa and MasterCard bewertet. Gemäß den neuen in Verordnung (EG) Nr. 1/2003 festgeschriebenen Rahmenvorschriften obliegt es den Beteiligten, die Rechtmäßigkeit ihres Verhaltens nach EU-Wettbewerbsregeln zu bewerten.

Eine nicht vertrauliche Version der MasterCard-Entscheidung wurde auf unserer Website veröffentlicht, womit wir der Forderung nach Transparenz und Klarheit nachgekommen sind. Die von der Kommission vorgenommene Bewertung der multilateralen Interbankentgelte von MasterCard können von anderen Zahlungskartensystemen als Richtschnur verwendet werden, selbst wenn sich die Einschätzung in der Entscheidung auf die MIF von MasterCard und nicht auf alle möglichen anderen Interbankentgelte bezieht. Hier ist ein Vorschlag, eine Geste meinerseits, um den Markt im Rahmen der Entwicklung dieser Frage zu unterstützen: Meine Dienste sind bereit, die Diskussion mit Marktteilnehmern und allen Interessenten weiterzuführen. In der Tat stehen sie in diesem Themenbereich bereits in engem Kontakt mit der Finanzdienstleistungsbranche.

Erlauben Sie mir mit einer erfreulichen Mitteilung zu schließen. Die Kommission begrüßt die klare Unterstützung seitens des Parlaments für die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und Funktionsweise des Sektors für Privatkundendienstleistungen zu treffen, der auf nationaler Ebene weiter zersplittert ist.

Ich sehe mich der Zusammenarbeit mit Ihnen verpflichtet, um das Problem der MIF zu lösen. Ich hoffe, wir können davon ausgehen, dass die Zukunft uns gehört.

 
  
MPphoto
 
 

  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung und dem Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie allen voran Herrn Karas und Herrn Schmidt zu ihrer hervorragenden Arbeit bei der Erstellung eines gründlichen und stimmigen Berichts gratulieren.

Aus vollem Herzen begrüße ich Ihre breite Unterstützung für unsere Strategie für Retail-Bankgeschäfte sowie die substanziellen Beiträge, die Sie zu Überlegungen zu einem ganzen Spektrum an Problemstellungen geleistet haben. In der zur Verfügung stehenden Zeit ist es unmöglich, unsere Ansichten zu allen in diesem umfangreichen Bericht angesprochenen Themenbereichen darzulegen. Darum möchte ich mich auf zwei Problemfelder im Privatkundensektor konzentrieren: unsere Gedanken zu Rahmenregelungen für Anlageprodukte für Kleinanleger und unsere Arbeit an der Kontenmobilität.

Kommen wir zunächst zu den Anlageprodukten für Privatanleger. Für Ihre Unterstützung unserer laufenden Bemühungen, dafür zu sorgen, dass durch den Rechtsrahmen für den Verkauf von Anlageprodukten für Kleinanleger ein durchgehend hoher Anlegerschutz gewährt wird, bin ich wirklich sehr dankbar. Ich vertrete die Überzeugung, dass der Wettbewerb zwischen Anlageprodukten für Kleinanleger reale Vorteile für Verbraucher bringen kann. Allerdings müssen wir darauf vertrauen können, dass der Verkauf sämtlicher derartiger Anlagen mit umfangreichen Produktinformationen und Disziplin an den Verkaufsstellen einhergeht. Nur so kann sichergestellt werden, dass Verbraucher fair behandelt werden und sachkundige Entscheidungen treffen können.

Ich begrüße den klaren Standpunkt, den Sie in Ihrem Bericht zu diesen Fragen eingenommen haben. Wie Sie jedoch wissen, treffe ich keine Entscheidungen, ohne vorher völlig von der Notwendigkeit von Veränderungen überzeugt zu sein. Die Harmonisierung oder effizientere Gestaltung von Offenlegungs- und Vertriebsbestimmungen wäre ein teurer und störender Eingriff. Sicher gibt es objektive Gründe, warum ein gewisser Grad an Differenzierung zwischen Produktarten oder Vertriebskanälen erforderlich ist.

Deshalb ist es meiner Ansicht nach noch zu zeitig, um zu schlussfolgern, es gäbe in den bestehenden Anlegerschutzregelungen Schwachstellen, die neue übergreifende Gesetze erforderlich machten. Zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Jahr werde ich eine Mitteilung vorlegen, in der die im Rahmen unserer Forschungsarbeiten gesammelten Belege dafür zusammengefasst werden. Wir werden Bereiche festlegen, in denen weiter gearbeitet werden muss, um nachgewiesene Mängel in den existierenden Schutzregelungen zu untersuchen und klar darauf einzugehen.

Wenden wir uns nun der Kontenmobilität zu. Die Schaffung eines wettbewerbsfähigen und effizienten Marktes für Bankkonten ist ein Kernelement unserer Strategie für Finanzdienstleistungen für Privatkunden. Viele Verbraucher erleben immer wieder Schwierigkeiten, wenn sie den Anbieter wechseln wollen. Das darf so nicht weitergehen. Daher erfüllt uns Ihre Unterstützung in diesem Punkt mit Freude.

Ich begrüße Ihre Forderung an die Finanzdienstleistungsbranche, dem Ziel des Grünbuchs durch Selbstregulierungen zuzuarbeiten und somit die Notwendigkeit verbindlicher Rechtsakte zu verringern. Darin spiegelt sich unsere in der Binnenmarktprüfung wiederholte Verpflichtung wider, dort, wo dies sinnvoll ist bzw. wo sich die erhofften Ergebnisse erzielen lassen, Selbstregulierungsmaßnahmen anzuwenden anstatt auf Gesetze zurückzugreifen.

Vor diesem Hintergrund haben wir im November vergangenen Jahres den europäischen Bankensektor aufgefordert, bis Mitte 2008 einen europäischen Verhaltenskodex zu entwickeln. In diesem Kodex sollten umfassende Dienstleistungen beim Wechsel der Bank innerhalb der Landesgrenzen enthalten sein, die Kunden zur Verfügung stehen, wenn sie die Bank wechseln. Das Bankgewerbe muss das Rad nicht neu erfinden. Stattdessen sollte man sich auf vorhandene und bereits bewährte Verfahren in einigen Mitgliedstaaten besinnen.

Letztlich wird die Vorlage eines qualitativ hochwertigen Verhaltenskodexes durch die Finanzdienstleistungsbranche entscheidend sein, um den Wert der Selbstregulierung nachzuweisen. Erlauben Sie mir, heute deutliche Worte zu äußern. Sollte der Kodex den Erwartungen der Kommission nicht genügen, werden Alternativen wie ein Gesetzesvorschlag in Betracht gezogen werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Zuzana Roithová, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (CS) Herr Präsident! Ich begrüße den Bericht meines Kollegen Karas, der sich einem sehr wichtigen Thema widmet, nämlich dem problemlosen Zugang zu Bankdienstleistungen für alle Bürger und Unternehmen in der Europäischen Union. Das trägt zur Öffnung bzw. vielmehr Vollendung unseres Binnenmarktes bei. Ich möchte Sie aber auf das sehr ernste Problem hoher Bankgebühren in vielen Mitgliedstaaten hinweisen. In einigen dieser Länder – wobei mein Heimatland, die Tschechische Republik, zu den größten Übeltätern gehört – können diese Gebühren unglaublich hoch sein. Das schreit förmlich nach Konkurrenz aus dem Ausland. Nur in Polen werden die Kunden noch stärker zur Kasse gebeten als in der Tschechischen Republik. Im Gegensatz dazu können Bankgeschäfte in den Niederlanden und Österreich zum Beispiel billiger erledigt werden.

Die Instrumente, mit denen rasch Abhilfe geschaffen werden kann (übrigens auch bei den unvorstellbar hohen Gebühren, die für Kreditkarten berechnet werden), halten die Kommission und das Parlament in den Händen. Die Beseitigung von Hürden für den grenzüberschreitenden elektronischen Bankverkehr würde eine Verbesserung für Privat- und Geschäftskunden bedeuten, denn sie würden vom Wettbewerb profitieren. Es müssen aber nicht nur die Bankgebühren gesenkt und transparenter gestaltet werden; eine weitere Aufgabe ist die Konzentration auf die Verbesserung der Qualität von Bankdienstleistungen und die Erweiterung des Finanzwissens von Verbrauchern sowie kleinen und mittleren Unternehmen. Nicht zuletzt wird sich die Europäische Union mit der Regulierung so genannter Kleinstkredite befassen müssen, die dem (wenngleich auch nicht ausschließlich) elektronischen Handel einen kräftigen Schub verleihen kann. Meine Damen und Herren, das liegt nun bei uns.

 
  
MPphoto
 
 

  Antolín Sánchez Presedo, im Namen der PSE-Fraktion.(ES) Herr Präsident, Frau Kommissarin Kroes, Herr Kommissar McCreevy, meine Damen und Herren! Das Retail-Bankgeschäft spielt eine wichtige Rolle im täglichen Leben der Familien und für die große Mehrheit der europäischen Unternehmen. Es ist von hoher wirtschaftlicher Bedeutung, erzeugt etwa 2 % des BIP der Gemeinschaft, schafft mehr als drei Millionen Arbeitsplätze und bildet den größten Banksektor mit Bruttoerträgen von mehr als 50 % des Gesamtgeschäfts der Europäischen Union.

Um seine Bedeutung deutlich zu machen, sei erwähnt, dass eine seiner charakteristischen Dienstleistungen, die Hypotheken, mit ausstehenden Beträgen von ca. 50 % des BIP der EU das finanzielle Hauptrisiko darstellt, das die Unionsbürger auf sich nehmen, und dass die Höhe der Investitionsmittel in den Mitgliedstaaten zwischen 4 und 24 % der nationalen Wirtschaften liegt.

Trotz der Fortschritte bei der Regulierung des Sektors und der Verbesserungen durch die Einführung des Euro haben die Integration der Finanzdienstleistungsmärkte der Gemeinschaft und die Förderung des Wettbewerbs im Sektor ihr volles Potenzial anscheinend noch nicht erreicht.

Nur 1 % der Verbraucher in der Europäischen Union kaufen grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen; es bestehen erhebliche Preisabweichungen zwischen den Instituten; die Auswahlmöglichkeiten sind begrenzt; es existieren noch immer strukturelle Hindernisse, die die Durchführung von Dienstleistungen und die ordnungsgemäße Geschäftstätigkeit zwischen den Ländern erschweren. Die Rentabilität im Retail-Banking variiert beträchtlich; die Institute in den nordischen Ländern, Spanien und Irland liegen über dem Durchschnitt.

Alle diese Fragen spricht der Bericht in einer recht ausgewogenen Form an. Ich beglückwünsche die Berichterstatter, Herrn Pittella und Herrn Karas, und äußere meine Genugtuung über die letztendliche Berücksichtigung solcher Aspekte wie die Anerkennung der Rolle des Retail-Bankgeschäfts bei der richtigen Weitergabe der Bedingungen der Währungspolitik an den Markt, den Wert, den die Pluralität und Vielfalt der Geschäftstätigkeiten mit den Banken, Genossenschaften und Sparkassen dem europäischen Retail-Banking bringt, das Vorhandensein einer Atmosphäre der wettbewerbsfördernden Zusammenarbeit zwischen unabhängigen Instituten, die Notwendigkeit eines angemessenen Rahmens für Finanzvermittler und eine größere Vergleichbarkeit zwischen den Finanzprodukten.

Eine Verbesserung der Funktion dieses Bankensektors wird zu mehr Effizienz führen, zur Entwicklung des allen europäischen Regionen innewohnenden Potenzials beitragen, den Zugang zu den Finanzdienstleistungen erleichtern sowie zu einer besseren Einhaltung der Deckungsbedingungen für unsere Bürger führen.

 
  
MPphoto
 
 

  Margarita Starkevičiūtė, im Namen der ALDE-Fraktion. – (LT) Den Hauptpunkt der heutigen Aussprache bildet die Frage, was unternommen werden muss, um zu gewährleisten, dass die EU-Bürger die Vorteile des Binnenmarkts im Finanzsektor, der übermäßig fragmentiert ist, uneingeschränkt nutzen können. Wie können wir dieses Problem bewältigen? Hier gibt es drei Möglichkeiten: Erstens, durch Förderung der Mobilität der Verbraucher. Wie können wir das erreichen? Erstens sollten die Informationen über alle verfügbaren Produkte standardisiert werden und Transparenz bei den Kosten dieser Finanzprodukte für Privatkunden gewährleistet sein, damit die Kunden eine Wahl treffen können, indem sie bestimmte Methoden nutzen – vielleicht, wie Herr Pittella vorschlug, eine Suchmaschine im Internet. Wir sind nicht bereit, zuzustimmen, dass eine Standardisierung sämtlicher Produkte notwendig ist; sie sollen ja die sozialen und kulturellen Unterschiede in den einzelnen Ländern widerspiegeln. Aus diesem Grund sollte die Standardisierung ganz klar definiert werden. Darüber hinaus würden wir es den Kunden so ermöglichen, in anderen Ländern Konten zu eröffnen. Jetzt haben wir den Schengen-Raum, in dem sich jeder problemlos von einem Land in ein anderes begeben kann, und auch die Registrierung von Daten ist kein Thema mehr. Die Banken haben jedoch Probleme damit, für Bürger anderer Länder Konten zu eröffnen. Dies ist meiner Ansicht nach im Zeitalter der modernen Technik untragbar. Diese Probleme lassen sich meines Erachtens nicht einfach durch Selbstkoordinierung lösen, da die Zahl der Privatkundenbanken groß ist und es zahlreiche Schwierigkeiten bei der Koordinierung der Tätigkeiten der verschiedenen Banken gibt. Kann die Kommission eine Initiative in dieser Richtung vorschlagen?

Eine andere Möglichkeit bestünde darin, die Mobilität der Anbieter zu fördern, indem wir es ihnen ermöglichen, ihre Dienstleistungen im Internet oder in Form von Textnachrichten anzubieten. In jedem Fall muss die finanzielle Governance im Vorfeld geklärt und ganz klar festgelegt werden, wer wofür zuständig ist, wenn etwas schiefgeht. Abschließend möchte ich Kommissarin Kroes wissen lassen, dass wir von der Kommission Transparenz erwarten. Was die Kosten von Zahlungskarten betrifft, so werden derzeit neue Kosten eingeführt, die Ihren Vorschlag vorwegnehmen. Die Kunden in den Läden sind sich dieser gestiegenen Kosten vielleicht nicht einmal bewusst, da die Banken sich gerade an die neuen Anforderungen anpassen. Vielleicht sollten die Informationen über die Kosten der Zahlungskarten in größerem Rahmen und häufiger bekannt gemacht werden, um den Verbrauchern Vergleiche zu ermöglichen und ihre Kompetenz im Umgang mit den Banken zu erhöhen.

 
  
MPphoto
 
 

  Roberto Fiore (NI).(IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesem Parlament ist zweifellos der Wille vorhanden, die europäische Bankenwelt zu harmonisieren. Ich denke jedoch, dass die Familien und die kleinen und mittleren Unternehmen, speziell in meinem Land, Italien, wegen einiger Praktiken, die gegenwärtig auch einer genauen und umfassenden Prüfung durch die Öffentlichkeit unterzogen werden, besonders besorgt sind.

Ich spreche zum Beispiel von maximalen Überziehungsgebühren und Zinseszinsen, das heißt den Zinsen auf Zinsen. Das sind Praktiken, die mit dem Verfassungsgerichtshof und dem Kassationsgerichtshof in Konflikt geraten sind. Daher verstehe ich nicht, wie man von Gebührentransparenz und Klarheit der Verfahren zur Gebührenentrichtung sprechen kann, wenn in einem Land wie Italien noch so ernste Auseinandersetzungen zwischen Banken und Justizbehörden bestehen.

Dasselbe gilt für die Flexibilität von Krediten. Gegenwärtig herrscht große Besorgnis, weil Tausende, ja Hunderttausende von Familien riesige Probleme mit der Kreditflexibilität haben. Ich denke daher, dass unser Parlament als Erstes das nationale Bankwesen auf gerechtere Kriterien ausrichten sollte.

 
  
MPphoto
 
 

  Harald Ettl (PSE). – Herr Präsident! Sowohl der Bericht Karas als auch der Bericht Pittella zeigen auf, dass es im Bereich Privatkundendienstleistungen wie Bankkonten, Darlehen und Versicherungen für Verbraucher noch sehr viel zu tun gibt. Banken, deren Marktvolumen bis zu 50 Prozent vom Retail-Geschäft beeinflusst wird, sind an sich nicht mehr an Kundenmobilität und leider nur partiell an transparenten Leistungsvergleichen interessiert. Auch das an sich gute, aber oft falsch interpretierte Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunden bindet und trägt weniger zu Kundenmobilität und Wettbewerbsförderung bei.

Wettbewerbskorrektur kann daher primär durch aufgeklärte und gut informierte Kunden selbst erfolgen. Wir haben schließlich auch eine EU-Haushaltslinie zum Aufbau von Fachwissen über die Finanzmärkte in den Verbraucher- und KMU-Organisationen aufgenommen. Daran möchte ich nur erinnern.

Darüber hinaus dürfen durch Barrierenabbau Verbraucherschutzniveaus nicht verschlechtert werden. Außerdem ist die im IMCO-Ausschuss beschlossene Forderung nach kollektiver Rechtshilfe bei grenzübergreifenden Klagen in Bezug auf Finanzprodukte die geeignete Ergänzung für faire Marktbedingungen. Generell muss aber auch gelten, dass neue Finanzprodukte objektiv und korrekt vorgestellt werden müssen.

Die Kommission ist aufgefordert, ordnungsrechtliche Auflagen im Hinblick auf Information und Vertrieb und Organisation von vergleichbaren Produkten für Privatkunden in allen Rechtsvorschriften des Finanzmarktes zu verankern. Besonders zum Beispiel bei fondsgebundenen Lebensversicherungen und anderen langfristigen Sparprodukten sollten die Grundsätze der MiFid-Richtlinie über bestmögliche Beratung auch anwendbar gemacht werden. Dem Verbraucher, dem Kunden zu helfen und damit auch einen florierenden Markt zu schaffen, muss Maxime unseres Handelns sein.

 
  
MPphoto
 
 

  Wolf Klinz (ALDE). – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche zunächst den Kollegen Pittella und Karas meinen Dank für ihre Berichte aus. Ich teile ihre sich durch den ganzen Bericht ziehende Feststellung, dass jeder Bürger in der Europäischen Union Zugang zu Bankdienstleistungen haben sollte. Trotzdem erlauben Sie mir drei Kommentare.

Erstens, was die Kundenmobilität betrifft: Ja, es ist unser Ziel, in einem wachsenden, voll funktionierenden Binnenmarkt zu verwirklichen, dass jeder Kunde auch grenzüberschreitend Zugang zu Bankdienstleistungen hat. Aber mit diesem Recht sind auch Pflichten verbunden. Deswegen bin ich etwas vorsichtig, wenn hier gefordert wird, dass für den Fall, dass ein Kunde seiner Bank kündigt und einen Wechsel vornehmen möchte, wir das Risiko, falls er nicht rechtzeitig eine neue Bankverbindung hat, bei der bisherigen Bank belassen. Das ist nicht in Ordnung! Ein Kunde soll eigenverantwortlich handeln, und er muss diese Verantwortung mit den Rechten, die er übernommen hat, auch selbst eingehen. Wir sollten nicht denjenigen spielen, der ihm aus der Patsche hilft, wenn er selbstverschuldet in dieses Dilemma gerät.

Zweitens, Kundeninformation. Ich kann mich hier nur meinem Vorredner Harald Ettl anschließen. Wir haben es vielfach immer noch damit zu tun, dass vergleichbare, miteinander in Wettbewerb stehende Produkte nicht die gleiche Transparenz erfahren, weil sie unterschiedlichen Auskunftspflichten unterliegen. Das ist nicht in Ordnung! Ich bin sehr dafür, dass Kunden Informationen bekommen, aber auch hier gilt: Wir sollten nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, den Kunden nicht mit zu viel Information überschwemmen. Er braucht die nötigen Informationen für eine eigenverantwortliche Entscheidung, aber Qualität geht hier vor Quantität.

Zum Schluss noch zu den Bankenstrukturen: Ich stimme mit Othmar Karas überein, dass wir in den einzelnen Mitgliedstaaten in der Tat historisch gewachsene unterschiedliche Bankenstrukturen haben. In einem Land gibt es nur private Banken, in anderen gibt es auch Sparkassen, Volksbanken, Landesbanken und dergleichen mehr. Es ist nicht unsere Aufgabe, die Bankenlandschaft neu zu organisieren. Das sollten – wenn schon – die Mitgliedstaaten machen. Aber es ist auch nicht unsere Aufgabe, Traditionspflege zu betreiben. Ich meine, ob die Strukturen so bleiben oder ob sie sich ändern sollen, soll der Markt entscheiden. Die Services, die Produktangebote, die Dienstleistungen, die die einzelnen Marktteilnehmer ihren Kunden offerieren – das soll entscheiden, und nicht wir hier aus der Zentrale.

 
  
MPphoto
 
 

  Mairead McGuinness (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte mich kurz zu einigen Aspekten der Aussprache äußern.

Die Frage der Erziehung des Kunden ist von großer Wichtigkeit. Wir brauchen Verbraucher, die Finanzdienstleistungen verstehen. Insbesondere junge Menschen müssen angesprochen werden, die Kreditkarten benutzen, als kämen sie aus der Mode.

Gestatten Sie mir, nur Folgendes zu sagen: Auch diejenigen unter uns, die meinten, sie wüssten Bescheid, haben sich anfällig für seltsame Finanzunfälle gezeigt. Also, wer schon auf durch Hypothekendarlehen gesicherte Kreditverträge (meist mittels Lebensversicherung) hereingefallen ist, sollte sich melden. Dann sollte ich gleich beide Hände heben. Deshalb: Selbst mit Bildung und Wissen macht man Fehler und Verbrauchern werden unpassende Produkte verkauft.

Ich bin mir nicht sicher, wie lange die Kommission die Verhaltenskodexe testen wird, bevor sie Rechtsvorschriften erlässt. Ich bin kein Fan von Rechtsvorschriften, wo es keiner bedarf, aber in manchen Fällen ist eine sinnvollere und aus Sicht der Verbraucher wirksame Rechtsetzung nötig. Momentan erleben wir eine Kreditverknappung. Wo im irischen Banksystem Geldvergabe und Vollfinanzierungen gang und gäbe waren, geschieht gegenwärtig mit der Kürzung von Finanzen fast das Gegenteil. Dieses Problem betrifft uns alle. Hoffentlich leistet die Aussprache einen Beitrag zur Verbesserung der Finanzdienstleistungen für die europäischen Verbraucher.

 
  
MPphoto
 
 

  Neelie Kroes, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte den Damen und Herren Abgeordneten erneut für ihre Arbeit an diesem Problembereich danken. Es wurde bereits geäußert, dass Transparenz und eine klare Darstellung der Folgen für Verbraucher gefragt sind. Qualität geht vor Quantität, aber manchmal braucht Qualität auch etwas Masse.

Die Kommission begrüßt Ihre deutliche Unterstützung für die Notwendigkeit von Maßnahmen außerordentlich. Uns ist bewusst, dass die Leistungsfähigkeit erhöht und die Funktionsweise des Bankensektors verbessert werden muss, der einzelstaatlich zersplittert ist. Diese Tatsache steht nicht im Einklang mit dem Binnenmarkt, an den wir alle glauben. Aus diesem Grund spielen Retail-Bankgeschäfte – die Branche ist ein offenes Tor – eine Schlüsselrolle für uns alle, für alle Verbraucher und die Wirtschaft im Ganzen. Der Bericht des Parlaments spiegelt die Bedeutung wider, die Sie diesem Bereich zumessen.

Frau Roithová ist auf die Lage in ihrem Land eingegangen, erwähnte aber, dass nicht nur dort hohe Gebühren aus einem zersplitterten Markt mit wenigen Akteuren resultieren. Die in der Untersuchung des Sektors skizzierte Situation, auf die ich bereits eingegangen bin, lässt wenig Fragen offen.

Nach unserem Dafürhalten und unserer Erwartung bietet die Einführung des Einheitlichen Europäischen Zahlungsverkehrsraums (SEPA) eine Antwort auf viele der Probleme, denn dadurch wird grenzüberschreitender Wettbewerb erleichtert, den wir brauchen. Dieser marktfreundliche Ansatz sollte funktionieren. Deshalb unterstützen wir die Initiative nach Kräften und arbeiten gemeinsam mit der Industrie daran, dem SEPA zur Erreichung seiner Ziele zu verhelfen. Herr Sánchez Presedo hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ankurbelung des Wettbewerbs entscheidend für den Gesamtansatz ist, denn wenn kein Wettbewerb stattfindet, versuchen die Banken bekanntermaßen, uns an der Nase herumzuführen.

Im Hinblick auf die eigentlichen Kosten von Zahlungskarten, zu denen sich Frau Starkevičiūtė erkundigt hat, teilen wir den Wunsch der Abgeordneten nach mehr Transparenz im Markt. Ein wettbewerbsfördernder Ansatz bedeutet Kenntnis des Marktes. Die Tatsache, dass nicht klar war, warum Verbraucher daraus Nutzen gezogen haben, war einer der Gründe für das Verbot der Interbankentgelte von MasterCard – die Sache war eindeutig. Unser Ziel besteht in Entgelten, die Verbrauchern klare, nachweisbare Vorteile einbringen.

Herr Klinz hat berechtigterweise die Frage der Rechte in den Raum gestellt. Sie gehen immer auch mit Verpflichtungen einher: Nicht nur für die Verbraucher, sondern für uns alle – die Banken sowie sämtliche andere Mitspieler. Wir brauchen mehr Transparenz, unsere Entscheidungen müssen eindeutig sein. Die Veränderungen des Marktes führen hoffentlich in diese Richtung.

 
  
MPphoto
 
 

  Charlie McCreevy, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Wie bereits gesagt, handelt es sich bei den Berichten um eine ausgezeichnete Arbeit. Sie sind tiefgründig und inhaltlich konsistent und werden in beachtlichem Maße zu unserer weiteren Arbeit im Bereich Bankgeschäfte für Privatkunden und Finanzdienstleistungen beitragen.

Es freut mich, dass uns so mancher bei einigen Initiativen schnellere Fortschritte wünscht, aber Geschwindigkeit heißt nicht immer Gleichheit. Wir fühlen uns unseren Grundsätzen der besseren Rechtsetzung verpflichtet, einschließlich gründlicher Folgenabschätzungen. Einige unserer Initiativen wie beispielsweise zu Bankkonten laufen seit mehreren Jahren und sollten dieses Jahr Früchte tragen. Andere, wie zum Beispiel unsere Anstrengungen im Bereich von Anlageprodukten für Kleinanleger, sind jüngeren Datums und erfordern weitere Untersuchungsergebnisse, bevor sich hier sichere Schlussfolgerungen ziehen lassen.

Frau Roithová sprach über Bankentgelte. Meine Kollegin Neelie Kroes ist auf dieses Themenfeld eingegangen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass wir Gebühren an sich nicht regeln können, aber was wir wirklich brauchen, ist echter Wettbewerb und die Möglichkeit für Verbraucher, problemlos zwischen Anbietern von Finanzdienstleistungen zu wechseln, mit denen sie unzufrieden sind. Selbstverständlich wollen wir ihnen den Wechsel erleichtern und würden gern ein breites Spektrum von Akteuren auf dem Markt sehen. Schon dadurch werden die Preise sinken. Frau Margarita Starkevičiūtė hat eine Reihe von Problemen angesprochen. Ich habe mir alle ihre Vorschläge notiert, auf die wir, soweit dies möglich ist, reagieren werden. Herr Ettl hat die Retail-Banken thematisiert. Das von uns veröffentlichte Grünbuch geht genau auf einige dieser Besorgnis erregenden Probleme ein.

In der Regel teile ich die Auffassung meines Freundes Wolf Klinz, aber offenbar liegt ihm nicht besonders viel an der Möglichkeit, Bankverbindungen zu wechseln, es sei denn, ich habe ihn missverstanden. Unser Bestreben ist es, Verbrauchern die Chance zu geben, innerhalb der Mitgliedstaaten ohne großes Aufheben Bankkonten zu wechseln. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass das keine Wissenschaft ist. Andere EU-Mitgliedstaaten haben damit begonnen, Verhaltenskodexe zu entwickeln, was ihnen relativ problemlos gelungen ist. Wir haben den Banken die Gelegenheit gegeben, in diesem konkreten Bereich Selbstregulierungen vorzunehmen. Ich habe mich mit einigen von ihnen getroffen. Manche erfinden die erstaunlichsten und wunderlichsten Entschuldigungen, warum dies nicht möglich sei, aber ich kann ihnen versichern, dass es nicht um Astrophysik geht. Das Ganze funktioniert recht einfach und gibt ihnen die Möglichkeit zu beweisen, dass Selbstregulierung der sinnvollere Weg ist. Aber wie ich bereits anmerkte: Wenn wir diesen Weg nicht beschreiten, dann stehen uns auch andere Alternativen zur Verfügung.

Immerhin stimme ich mit dem zweiten Punkt von Herrn Klinz bezüglich der Bankenstrukturen in verschiedenen Mitgliedsländern überein, deren Organisation voll und ganz in der Hand jedes einzelnen EU-Mitgliedstaates liegt. In den einzelnen Mitgliedstaaten gibt es unterschiedliche Bankenlandschaften. Jedem Mitgliedstaat steht es frei, seine Strukturen nach eigenem Ermessen zu organisieren, aber wenn er in den Binnenmarkt eintritt, muss er sich an die Regeln des Vertrags halten, was mitunter zu Konflikten führen kann. Allerdings obliegt die einzelstaatliche Organisation der Bankenlandschaft einzig und allein dem betreffenden Mitgliedstaat.

Ich teile den Standpunkt von Frau McGuinness, was die Anwendung von Verhaltenskodexen betrifft. Sie erwähnte die heiße Zeit der mit Lebensversicherungen gesicherten Kreditverträge. Ich habe mich immer etwas dagegen gesträubt und mich selbst auch jahrelang dagegen verwehrt, aber einmal habe ich mich zusammen mit jemand anderem dann doch entschlossen, davon Gebrauch zu machen. Ich war einer der Glücklichen, denn am Ende der Laufzeit hatte ich einen Gewinn erwirtschaftet, was mich und alle anderen angesichts meiner früheren Zögerlichkeit in diesem Bereich überrascht hat.

Meiner Ansicht nach kann man keinem die Schuld an der Entwicklung von Kreditverträgen mit Lebensversicherungen geben. Sie waren damals in. Alle glaubten, so müsse man es machen, und der Verkauf war recht aggressiv. Aber solange sich der Kunde der vielen Fallstricke bewusst ist, sollten Verhaltenskodexe bzw. jede Art von Verbraucherschutz, wie ich meine, diese Funktion erfüllen. Ich gebe Geschäftsleuten, ob nun in Groß- oder in Kleinunternehmen – und wir als Verbraucher sollten uns darüber im Klaren sein – stets folgenden Rat: Wenn etwas zu gut klingt, dann ist es dies auch.

 
  
MPphoto
 
 

  Gianni Pittella, Berichterstatter. − (IT) Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte rasch allen Mitgliedern, die das Wort ergriffen haben, und auch nochmals den Kommissionsmitgliedern und Herrn Karas danken.

Ich möchte kurz etwas zu den Interbankentgelten sagen. Mein Vorschlag zu Leitlinien beruht auf der Überzeugung – und vielleicht sind wir hier unterschiedlicher Meinung, Frau Kroes –, dass Interbankentgelte hilfreich sind, um die Entwicklung und die Effizienz des Zahlungsinstruments zu gewährleisten. Zudem würde ohne Interbankentgelte die Gefahr entstehen, dass die Kosten auf die Verbraucher abgewälzt werden.

Um zur Frage nach dem besten Ansatz für die Regulierung der Finanzmärkte zu kommen, so glaube ich – und ich habe das auch oft aus dem Munde von Kommissar McCreevy gehört –, dass die wenig oder schlecht regulierten Finanzmärkte und die oftmals ineffiziente Selbstregulierung durch die Bankindustrie Faktoren sind, deren negative Auswirkungen durch die gegenwärtige Finanzkrise eindeutig bewiesen werden.

Deshalb halte ich den Gedanken für falsch, dass die richtige Integration des Retail-Bankgeschäfts ausschließlich durch die Selbstregulierung der Industrie vollendet werden kann. Der Finanzmarkt der Produkte für Privatkunden kann nur als wirklich integriert bezeichnet werden, wenn die vollständige und gezielte Harmonisierung der Verbraucherschutzregeln erreicht und gewährleistet sein wird. Das kann am besten durch eine Rechtsetzungsmaßnahme der Kommission bewerkstelligt werden.

 
  
MPphoto
 
 

  Othmar Karas, Berichterstatter. − Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf meinen Dank, den ich allen Beteiligten zu Beginn ausgesprochen habe, wiederholen und die Kommission bitten, die Vorschläge des Parlaments in ihre legistischen Überlegungen voll zu übernehmen.

Der zweite Punkt ist ein Hinweis: Ich möchte meine Kollegen darauf hinweisen, dass der Bericht über Verbraucherbildung – wir haben heute sehr viel darüber gesprochen – im Bereich der Finanzdienstleistungen im Hause debattiert wird und im Herbst im Plenum zur Diskussion steht.

Ein weiterer Punkt ist folgender: Wir sollten nicht vergessen, dass die unterschiedlichen Steuersysteme der Mitgliedstaaten ein wesentliches Hindernis für die Erbringung grenzüberschreitender Finanzdienstleistungen darstellen und dass dies auch zu einer geringen Interoperabilität führt, insbesondere dort, wo Finanzprodukte steuerlich gefördert werden. Ich möchte auch an die Industrie und an die Banken appellieren, Selbstregulierungen vorzunehmen, um dem Ziel des Grünbuches zuzuarbeiten. Auch zur Frage der Standardisierung und Produktvielfalt müssen wir sagen: Standardisierung ja, wenn sie die Produktvielfalt nicht gefährdet. Was die Bankgebühren betrifft, die Frau Roithová angesprochen hat, so hat die Kommissarin ja bereits auf SEPA verwiesen.

Aber wir haben auch viele andere Blockaden, nämlich die Blockade, dass oft Rechte, die man in einem Land erworben hat, nicht ins andere Land mitnehmen kann, die Blockade, dass ein Konto eröffnet werden kann, wenn der Wohnsitz verlegt wird. Dann die mangelnde Ausgestaltung von e-commerce: Der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr funktioniert, aber bei der Kontoeröffnung und bei anderen Rechten gibt es Barrieren, die wir beseitigen müssen. Wir haben Arbeit genug, die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Wir sollten zu Ergebnissen kommen und konsequent weiter arbeiten!

 
  
MPphoto
 
 

  Der Präsident − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
MPphoto
 
 

  Zita Pleštinská (PPE-DE), schriftlich. (SK) Ein reibungslos funktionierender integrierter Finanzmarkt ist eine notwendige Voraussetzung für die Verwirklichung der Lissabon-Agenda. Den Banken kommt eine entscheidende Rolle dabei zu, die Bedingungen der Geld- und Währungspolitik insbesondere an die kleinen und mittleren Unternehmen und die Verbraucher weiterzugeben. Obwohl zahlreiche Kunden an der Nutzung grenzüberschreitender Bankdienstleistungen interessiert wären, ist mit der Eröffnung eines Kontos bei einer Bank in einem Mitgliedstaat doch so viel Bürokratie verbunden, dass die Kunden oft entmutigt werden.

Der europäische Bankensektor sollte seine Kontoabschlussverfahren verbessern und vereinfachen. Die Kontoauszüge sind immer noch sehr kompliziert, und viele Verbraucher verstehen sie nicht. Die Komplexität der Finanzprodukte macht es den Verbrauchern schwer, informierte Entscheidungen zu treffen. Außerdem haben die Verbraucher unverhältnismäßig hohe Kosten für Bankdienstleistungen und für die Ausstellung von Kreditkarten zu tragen.

Statt die Bankgebühren zu regulieren, sollte die EU meines Erachtens für einen wettbewerbsfähigen Bankensektor sorgen. Informierte Verbraucher sind ein wesentliches Element des wirtschaftlichen Wettbewerbs zwischen Banken.

Ich denke, dass Verbraucherverbände eine wichtige Rolle spielen, weil sie die Informationen ausmachen können, die ihrer Ansicht nach erforderlich sind, damit die Verbraucher angemessene Entscheidungen treffen können, wenn es um Bankprodukte geht. Sie können Programme zur Vermittlung von Finanzwissen koordinieren, um die Verbraucher besser darüber in Kenntnis zu setzen, welche Möglichkeiten sich ihnen im Umgang mit ihrem Geld bieten. Außerdem können sie besonders schutzbedürftigen Verbrauchern helfen.

Ich denke, dass die Zeit kommen wird, da Verbraucherverbände in der EU nicht mehr ums Überleben kämpfen. Sobald sie für die Verbraucherpolitik verantwortlich sind, wird ihnen bewusst sein, wie wichtig die Finanzen sind.

 
  
MPphoto
 
 

  Katrin Saks (PSE), schriftlich.(EN) Die Kommission bietet in ihrem Grünbuch drei Strategien für Privatkundenfinanzdienstleistungen, um die Integration der Finanzdienstleistungsmärkte für Privatkunden durch niedrigere Preise und größere Auswahl, die Stärkung der Entscheidungskompetenz von Verbrauchern und verbesserten Verbraucherschutz zu fördern.

Erstens möchte ich auf die Stärkung der Verbraucherkompetenz durch verbesserte Kenntnisse über Finanzdienstleistungen eingehen und betonen, dass ihr Wissensstand im Finanzbereich unbedingt erhöht werden muss. Im Rahmen der jüngsten Anhörung zur Unterrichtung und Fortbildung der Verbraucher im Finanzsektor wurden eine Reihe praktischer Beispiele für Bildungsprogramme für Verbraucher im Finanzsektor bekannt. Weitere Bemühungen könnten darauf zielen, bewährte Verfahren auf diesem Gebiet zwischen den Mitgliedstaaten gemeinsam zu nutzen, wobei vor allem die neuen EU-Mitgliedstaaten berücksichtigt werden müssen.

Was die Wahlmöglichkeiten von Verbrauchern betrifft, steht außer Frage, dass der Wechsel von Finanzdienstleistungsanbietern für Kunden ohne großen Kostenaufwand und rechtliche Hürden möglich sein muss.

Zum Thema Auskunftspflicht reicht es nicht, Verbrauchern möglichst umfangreiche Informationen zur Verfügung zu stellen. Eine solche Informationsflut bewirkt das ganze Gegenteil. Dennoch müssen ausreichende Informationen bereitgestellt werden, die den Kunden helfen, sachkundige Entscheidungen zu treffen.

 
  
MPphoto
 
 

  Silvia-Adriana Ţicău (PSE), schriftlich. (RO) Dem Bericht Pittella zufolge wurde bei der Untersuchung des Sektors die Wettbewerbssituation bei Zahlungssystemen beleuchtet; betrachtet wurden Kartenzahlungssysteme, Kreditinstitute, die Zusammenarbeit zwischen Banken sowie die Preispolitik und die Abwicklungssysteme der Banken. Wie die Untersuchung zeigt, gibt es beträchtliche Unterschiede bei der Gebühr für Bankkarten. So wurde festgestellt, dass die meisten inländischen Debitkartennetze geringere Interbankentgelte als die internationalen Debitkartennetze festsetzen und dass in den meisten Mitgliedstaaten die Mehrheit der Banken Hypothekarkredite, Kredite an Privatpersonen sowie Kredite an kleine und mittlere Unternehmen an ein Kontokorrentkonto knüpft.

Im Allgemeinen hat der Kunde nicht die gleiche Verhandlungsmacht, wenn er vertragliche Beziehungen mit der Bank eingeht, bei der er Kunde wird. Der Kunde unterzeichnet einen Vertrag, den er nicht immer liest. Selbst wenn er dies tut, würde er gern Änderungen vorschlagen, was nicht möglich ist. Daher bin ich der Ansicht, dass die zuständigen Regulierungsbehörden die Form der von den Banken angebotenen Verträge überwachen sollte, um die Interessen des Kunden und zugleich der Bank zu schützen. Es ist meines Erachtens zwingend erforderlich, dass ein Kunde, der ein Konto eröffnet, vorher eine kurze Übersicht über die Kosten erhält, die über die gesamte Dauer der Nutzung des Kontos anfallen.

 
  
  

VORSITZ: DIANA WALLIS
Vizepräsidentin

 

25. Gemeinschaftssystem zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Marie-Hélène Aubert im Namen des Fischereiausschusses über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates über ein Gemeinschaftssystem zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei (KOM(2007)0602 – C6-0454/2007 – 2007/0223(CNS)) (A6-0193/2008).

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Gestatten Sie mir zunächst, der Berichterstatterin für ihre Arbeit an diesem Bericht zu danken. Ich stelle erfreut fest, dass der Fischereiausschuss diesen wichtigen Vorschlag für die Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der IUU-Fischerei nachhaltig unterstützt.

Bekanntlich bedroht die IUU-Fischerei in hohem Maße die Nachhaltigkeit der Fischbestände und die biologische Vielfalt der Meere und unterläuft damit den Kerngedanken der Gemeinsamen Fischereipolitik. Ich glaube nicht, dass es erforderlich ist, ausführlicher auf die verheerenden globalen Folgen der IUU-Fischerei für die Umwelt und die Wirtschaft einzugehen, da Sie damit bereits umfassend vertraut sind. Jedoch muss man im Auge behalten, dass die IUU-Fischerei eine weltweite Erscheinung ist, die insbesondere in den Entwicklungsländern auftritt. Daher handelt es sich bei dem Vorschlag um ein nicht diskriminierendes Dokument, das für den gesamten Handel der Gemeinschaft mit Fischereierzeugnissen aus IUU-Fischerei in beliebigen Gewässern sowie für alle EU-Bürger gilt, die unter beliebiger Flagge an IUU-Fischereitätigkeiten beteiligt sind oder diese unterstützen.

Internationale Zusammenarbeit ist der Schlüssel für die wirksame Unterbindung der IUU-Fischerei. Aus diesem Grund hat die Kommission bereits bilaterale Kontakte mit Drittländern aufgenommen. Außerdem wurde von der Kommission in enger Zusammenarbeit mit der GD Entwicklung und EuropeAid ein Arbeitsprogramm erstellt, um die Entwicklungsländer zu unterstützen und ihnen insbesondere im Hinblick auf das Bescheinigungssystem bei der reibungslosen und erfolgreichen Umsetzung der Verordnung zur Seite zu stehen. Auf der Grundlage dieses Arbeitsprogramms sind in einer Vielzahl von Drittländern Seminare und Workshops vorgesehen.

Die Kommission unterstützt fast alle Änderungsanträge, wobei diese entweder vom Vorschlag erfasst werden oder in den Kompromisstext der Präsidentschaft aufgenommen wurden.

Äußerst erfreut bin ich darüber, dass in dem Bericht insbesondere die Anwendung der Verordnung auf alle Schiffe, das Bescheinigungssystem sowie die Harmonisierung der Sanktionen hervorgehoben werden.

Die Einbeziehung der Schiffe der Gemeinschaft ist ein wichtiger Punkt, mit dem Nichtdiskriminierung und Übereinstimmung mit den WTO-Regeln gewährleistet werden. Des Weiteren kommt es darauf an, dass die Gemeinschaft durch die Einbeziehung aller Schiffe, die gegen Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen verstoßen, ihrer Entschlossenheit bei der Bekämpfung von IUU-Fangtätigkeiten Ausdruck verleiht.

Das Bescheinigungssystem ist ein Instrument zur Kontrolle der Rückverfolgbarkeit von Fischereierzeugnissen. Auf Grund der derzeitigen Praxis in regionalen Fischereiorganisationen und der Zollbestimmungen muss das System für alle Fischereierzeugnisse einschließlich verarbeiteter Erzeugnisse gelten, um wirksam zu sein. Erzeugnisse der Aquakultur und Produkte, die im Handel mit der Gemeinschaft eine untergeordnete Rolle spielen, fallen jedoch nicht in den Geltungsbereich des Systems. Dieser Punkt kann bei den abschließenden Verhandlungen im Rat behandelt werden.

Harmonisierte Sanktionen unterstützen die Mitgliedstaaten beim Ergreifen von Maßnahmen, um IUU-Tätigkeiten zu verhindern und wirtschaftliche Vorteile durch die auferlegten Sanktionen mehr als auszugleichen. Die Kommission ist der festen Überzeugung, dass ein System abschreckender, angemessener und harmonisierter Sanktionen und flankierender Maßnahmen der Schlüssel zur Einhaltung der Verordnung ist.

Ich möchte Frau Aubert nochmals für den Bericht und dem Ausschuss für die Aufmerksamkeit bei diesem sehr wichtigen Punkt danken. Dieser Bericht ist ein bedeutender Beitrag zur wirkungsvollen Bekämpfung der IUU-Fischerei.

 
  
MPphoto
 
 

  Marie-Hélène Aubert, Berichterstatterin. (FR) Frau Präsidentin, die heutigen Ereignisse in Brüssel zeigen uns, wie stark die Zukunft der europäischen Fischerei bedroht ist, wenn es der Europäischen Union nicht gelingt, eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände und eine tief greifende Reform ihrer bestehenden Politik umzusetzen. Die Bekämpfung der IUU-Fischerei ist ein wichtiger Bestandteil einer solchen anspruchsvolleren und kohärenteren Politik. Die Globalisierung des Handels, der freie Kapitalverkehr und die Weiterentwicklung von Verkehr und Kommunikation haben dazu geführt, dass die illegale Fischerei in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat.

Diese Situation ist nicht mehr tragbar. Die europäischen Fischer sowie alle anderen Interessengruppen einschließlich NRO fordern einmütig effizientere Maßnahmen zur Bekämpfung dieses Phänomens, das die Zerstörung der Ressourcen beschleunigt und zu einem unlauteren Wettbewerb gegenüber denjenigen führt, die die Regeln einhalten. Das soll nicht heißen, dass die Mitgliedstaaten nicht in der Lage waren, illegale Praktiken zu überwachen und zu sanktionieren, wie es eigentlich hätte sein sollen. Der Bericht des Rechnungshofs, der vor einigen Monaten veröffentlicht wurde, kommt in diesem Zusammenhang zu einem vernichtenden Urteil.

Daher wurde der ehrgeizige Vorschlag, den die Europäische Kommission im vergangenen Oktober verkündete, im Fischereiausschuss besonders gut aufgenommen. Dieser hatte bereits mit überwältigender Mehrheit einen Initiativbericht zum Aktionsplan der EU zur Bekämpfung der IUU-Fischerei von Februar 2007 angenommen. Wir begrüßen es, dass die meisten unserer Empfehlungen in den Legislativvorschlag der Kommission aufgenommen wurden. Dazu gehören die Veröffentlichung einer Liste der IUU-Schiffe; verschärfte Hafenstaatkontrollen; obligatorische Fangbescheinigungen für den Flaggenstaat und damit die Weigerung, aus IUU-Fischerei stammende Fischereiprodukte in die EU einzuführen; stärkere und harmonisierte Sanktionen und ein gemeinschaftliches Warnsystem. Im Kommissionsvorschlag fehlt also nicht viel.

Wie Sie wissen, waren jedoch drei Punkte Gegenstand einer hitzigen Diskussion im Rat, darunter vor allem der Geltungsbereich der Verordnung. Ich jedenfalls freue mich, dass es uns letztlich gelungen ist, den Geltungsbereich zu sichern, den Sie vorgeschlagen haben und der sich auf Gemeinschafts- und Drittstaatsschiffe erstreckt. Außerdem wurde die Fangbescheinigung als zu umständlich und kompliziert angesehen, und es gab heftige Debatten über Umfang und Art der Sanktionen.

Diese Themen wurden auch innerhalb unseres Ausschusses behandelt. Unsere Änderungsanträge haben jedoch meines Erachtens schließlich dazu beigetragen, den Text zu präzisieren, wobei die Ambitioniertheit und die wichtigsten Ziele dieser neuen Verordnung erhalten blieben. Der Bericht wurde einstimmig angenommen, und ich möchte meinen Kollegen für ihre Unterstützung danken, die dieses Ergebnis ermöglicht hat. Angesichts der Krise in diesem Sektor möchte das Europäische Parlament heute ein sehr deutliches Zeichen setzen, vor allem gegenüber dem Rat, der zu lange gezögert hat, seine Verantwortung in diesem Bereich wahrzunehmen.

Herr Kommissar, der Kampf gegen die IUU-Fischerei ist weiterhin nur ein Teil des politischen Gesamtpakets, zu dem auch die Kontrollverordnung und die Verordnung über schwerwiegende Verstöße gehören. Diese Aufteilung hat, gelinde gesagt, nicht dazu beigetragen, die Verfahren zu verdeutlichen. Wir warten noch auf Erläuterungen Ihrerseits, wie diese drei neuen Verordnungen strukturiert sein sollen. Auch die Bedenken hinsichtlich der Komplexität der Fangbescheinigung sind lediglich ein Vorwand dafür, den Text zu verwässern oder aufzuschieben. Wir brauchen allgemeinverständliche Verfahren, die von einer ausreichenden Anzahl von verlässlichen, leistungsfähigen und kompetenten Mitarbeitern durchgeführt werden können und für die Entwicklungsländer zugänglich sind, die in jedem Fall die Hauptopfer der IUU-Fischerei sind. Auch dazu erbitten wir Erklärungen und eine Zusage Ihrerseits.

Nicht zuletzt, Herr Kommissar, zählen wir auf Ihre Entschlossenheit – die, wie wir wissen, groß ist –, der illegalen Fischerei rasch ein Ende zu setzen, die vor allem den Roten Thun und den Kabeljau gefährdet, hoch geschätzte Arten, die derzeit stark überfischt sind. Dies wäre zumindest eine klare Antwort auf die ernsten Probleme, denen die Fischereiindustrie derzeit ausgesetzt ist. Es muss bekanntlich noch viel getan werden, um eine nachhaltige Zukunft der europäischen Fischerei sicherzustellen. Ein wichtiger Schritt wird jedoch in den kommenden Wochen getan, und ich freue mich darüber ebenso wie Sie.

 
  
MPphoto
 
 

  Daniel Varela Suanzes-Carpegna, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Internationalen Handel. (ES) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Diese Aussprache findet zu einem Zeitpunkt statt, da der Fischereisektor der Gemeinschaft seine schwerste Krise aller Zeiten durchlebt.

Es gibt mehrere Gründe, aus denen die Kosten im Sektor nicht gedeckt werden und es zurzeit nicht rentabel ist, Fischfang zu betreiben. Die Fischimporte und das Eindringen der illegalen, nicht gemeldeten und unreglementierten Fischerei (IUU) in die Europäische Union gehören zu diesen Gründen. Wir unterstützen deshalb den Vorschlag und den Bericht, aber sie reichen nicht aus.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um mich im Europäischen Parlament zu äußern und die Kommission und den Rat aufzufordern, dringend etwas zu unternehmen und diesen Sektor nicht sterben zu lassen, denn er wird zusammenbrechen, wenn nichts geschieht.

Ich ersuche den Kommissar und den Rat, einen gemeinsamen Soforthilfeplan auszuarbeiten und zu verabschieden, der auch mittel- und langfristige Maßnahmen vorsieht. Frankreich ist führend in diesem Kampf, und der unmittelbar bevorstehende französische Vorsitz bietet eine einmalige Gelegenheit dafür.

Die Kommission muss aktiver ihr Initiativrecht ausüben – mit Beihilfen, Ausgleichszahlungen, Umstrukturierungen, Innovationen –, um die Kosten zu dämpfen, unter denen der Sektor leidet, und den unlauteren Wettbewerb bei den Importen einzudämmen. Die Zeit drängt.

Wir wollten, dass sich der Ausschuss für Internationalen Handel an dieser Aussprache beteiligt, denn es ist wenig hilfreich, die IUU-Fischerei zu verbieten, wenn die Europäische Union ihr dann ihre Märkte öffnet.

Ist es zuviel verlangt zu fordern, dass in der Europäischen Union nur legal gefangener Fisch verkauft wird?

Notwendig sind mehr Kontrollen, eine bessere Rückverfolgbarkeit, eine umfangreichere und bessere Etikettierung, kurz gesagt, größere Garantien für das, was den Weg in die Europäische Union findet. Dies darf nicht nur auf die Europäische Union beschränkt werden, sondern muss weltweit über multilaterale und bilaterale Kanäle erfolgen.

Auch die Partnerschaftsabkommen müssen ein Instrument zur Erreichung dieser Ziele sein, mit der entsprechenden technischen Hilfe und Ausbildung, um keine neuen Handelsbarrieren zu errichten, sondern wirksame Maßnahmen für alle beteiligten Seiten vorzusehen.

Darauf beruht die Zukunft eines ganzen Wirtschaftssektors, der in der Europäischen Union sehr konzentriert in Regionen angesiedelt ist, die in hohem Maße von ihm abhängig sind, und daher hat er gewaltige soziale Auswirkungen.

Darauf beruht auch die Nachhaltigkeit der Fischereiressourcen, die eine grundlegende Quelle gesunder Nahrungsmittel in Zeiten einer Lebensmittelkrise darstellen.

 
  
MPphoto
 
 

  Ioannis Gklavakis, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich möchte Frau Aubert für ihren Bericht danken.

Die illegale, nicht gemeldete und unregulierte Fischerei gehört zu den wichtigsten Problemen des Sektors, schädigt sie doch die Umwelt massiv – und das ist ein großes Problem für unseren Planeten. Sie führt zu Wettbewerbsverzerrungen. Wer illegale, nicht gemeldete und unregulierte Fischerei betreibt, verschafft sich einen Vorteil gegenüber legal fischenden Konkurrenten, die wir schützen müssen. Nicht gemeldeter Fischfang bedeutet Einnahmeverluste für den Staat.

Eine der Maßnahmen, die im zur Abstimmung vorliegenden Vorschlag für eine Verordnung genannt werden, ist die Einführung einer Regelung für Kontrollen durch den Hafenstaat, um IUU-Schiffen aus Drittstaaten das Anlaufen des Hafens zu verweigern. Der Vorschlag sieht ein Verbot der Einfuhr von durch illegale Fischerei gefangenem Fisch, die Einführung einer Liste von Fischereifahrzeugen, die illegale und nicht gemeldete Fischerei betreiben, die Einführung eines gemeinschaftlichen Warnsystems, das bei Verdacht auf Fisch, der durch illegale Fischerei gefangen wurde, in Anspruch genommen werden kann, und ein Verbot der Einfuhr von Fisch aus Ländern, die im Rahmen der EU-Regelung als nicht kooperierende Staaten eingestuft wurden, vor.

Die Verordnung beinhaltet einige umstrittene Aspekte wie deren Anwendungsbereich. Einige Mitgliedstaaten fordern eine Beschränkung auf die Verpflichtungen gemeinschaftlicher Fangschiffe außerhalb von Gemeinschaftsgewässern und begründen ihre Forderung damit, dass es bereits eine Fülle von Bestimmungen zur Überwachung des Fischfangs in Gemeinschaftsgewässern gibt. Zudem dürfte Ende 2008 die Überarbeitung der Grundverordnung zur Fischereiüberwachung anstehen. Nach meiner Überzeugung wird es Überschneidungen zwischen den beiden Verordnungen geben, und das wird die Vereinfachung der Gemeinsamen Fischereipolitik nicht gerade erleichtern.

Abschließend möchte ich bemerken, dass es sich um ein wirklich ernstes Thema handelt, mit dem wir entsprechend umgehen sollten. Wir müssen diszipliniert und entschieden vorgehen und stets mit den Fischern zusammenarbeiten, deren Meinungen und Mitarbeit uns wichtig sind.

In jedem Fall unterstützen wir den Bericht der Kollegin Aubert und danken ihr für die geleistete Arbeit.

 
  
MPphoto
 
 

  Luis Manuel Capoulas Santos, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wie schon die Berichterstatterin, die ich beglückwünsche, sagte, wurde der Bericht Aubert über die illegale Fischerei im Fischereiausschuss einstimmig angenommen. Das allein sagt vielleicht schon mehr aus als alles, was ich hier und jetzt zu dieser Thematik ausführen kann.

Andererseits kann man gar nicht oft genug wiederholen, dass die illegale Fischerei ein Verbrechen gegen die Natur und gegen die Wirtschaft ist, das leider oft ungesühnt bleibt und gegen das wir entschlossen und beherzt vorgehen müssen. Deshalb möchte ich Herrn Kommissar Borg und der Kommission dafür danken, dass sie umgehend auf die Besorgnisse reagiert haben, die das Parlament im Februar 2007 äußerte, und einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt haben, der alle Erwartungen übertroffen und unseren Beifall zu Recht verdient hat.

Doch ungeachtet der Verbesserung des Regulierungsrahmens wird es ohne das Engagement der Mitgliedstaaten und ohne die Bereitstellung ausreichender personeller und materieller Ressourcen nicht einfach sein, in einem Kampf Erfolg zu haben, der sich unter extrem schwierigen Bedingungen vollzieht. Aus diesem Grund müssen wir auch die Mitgliedstaaten für die Mitarbeit gewinnen.

Auf jeden Fall unternimmt die Europäische Union mit diesem Bericht und mit der Verordnung, die darauf folgen wird, einen sehr wichtigen Schritt und gibt ein Beispiel, das uns zur Ehre gereicht und mit Stolz erfüllt. Ich bin sicher, dass die Kommission auch weiterhin die Beiträge des Parlaments zur Verbesserung ihres Vorschlags begrüßen wird.

Frau Präsidentin, Herr Kommissar, ich bitte um Entschuldigung, wenn ich nun gegen das Protokoll verstoße, aber ich kann mir diese Gelegenheit für einen eindringlichen Appell nicht entgehen lassen. Der Fischereisektor macht aufgrund der gestiegenen Kraftstoffpreise sehr schwere Zeiten durch. Im Moment leiden alle, aber besonders die Schwächsten.

Ich weiß, dass verschiedene Mitgliedstaaten, darunter auch mein Heimatland Portugal, an Sie herangetreten sind bzw. herantreten wollen, damit Sie sie bei der Herbeiführung einer europäischen Lösung unterstützen, die auf einem flexiblen Einsatz des Europäischen Fischereifonds für Maßnahmen beruht, die die sozialen Auswirkungen der gegenwärtigen Krise mindern können. Obwohl ich weiß, dass es eigentlich nicht notwendig ist, möchte ich an Ihre Solidarität und Ihre stets vorhandene Aufgeschlossenheit für die Probleme des Sektors appellieren und Sie bitten mitzuhelfen, dass schnellstmöglich eine befriedigende Lösung gefunden wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Elspeth Attwooll, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Die ALDE-Fraktion möchte ihre volle Unterstützung für den ausgezeichneten Bericht von Frau Aubert zum Ausdruck bringen. In den vorgeschlagenen Änderungen werden verschiedene Aspekte des Vorschlags der Kommission klargestellt und in einigen Fällen weiterentwickelt, wozu auch nützliche Zusätze zur finanziellen Unterstützung in Fällen höherer Gewalt und zu Sanktionen gehören.

Insbesondere begrüßen wir auch die Betonung der Gleichbehandlung bei der Umsetzung der Verordnung, denn zweifellos handelt es sich bei der IUU-Fischerei um eine Erscheinung, die weltweit bekämpft werden muss, wobei die Maßnahmen der EU ein wichtiger Schritt in diese Richtung sind.

Ich hatte letzte Woche das Privileg, als Mitglied einer Delegation des Fischereiausschusses nach Norwegen zu reisen. Uns wurde mitgeteilt, dass die IUU-Fischerei in dieser Region in den letzten drei Jahren und insbesondere seit der Einführung der hafenstaatlichen Kontrollen bei der Fischereikommission für den Nordostatlantik im Mai 2007 drastisch zurückgegangen ist. Dieses System umfasst sämtliche EU-Mitgliedstaaten sowie Norwegen, Island, die Färöer und Russland. In diesem Zusammenhang schätzte der norwegische Minister für Fischerei und Küstenangelegenheiten die Zusammenarbeit mit der EU auf diesem Gebiet hoch ein.

Einvernehmen besteht auch dahingehend, dass örtlich beschränkte Maßnahmen das Problem eher verlagern denn lösen. Daher begrüßen wir insbesondere die Änderungsanträge 5, 6 und 54, mit denen versucht wird, nachteilige Auswirkungen auf die Entwicklungsländer weiter zu mindern. Ich bin auch der Meinung, dass wir eine besondere Verantwortung dafür tragen, Entwicklungsländern bei der Verbesserung ihrer Inspektions- und Kontrollsysteme zur Seite zu stehen, und dies nicht nur in den Ländern, mit denen wir Fischereipartnerschaftsabkommen abgeschlossen haben.

Des Weiteren hoffe ich, dass sich die Kommission, das Parlament und der Rat gleichermaßen für die Annahme eines bindenden Übereinkommens zur Hafenstaatkontrolle auf der Ebene der Vereinten Nationen einsetzen. Vorbereitungen dazu haben bereits bei der Welternährungsorganisation (FAO) begonnen, so dass das Übereinkommen, sofern der Wille dazu vorhanden ist, im März 2009 verabschiedet werden könnte.

 
  
MPphoto
 
 

  Ian Hudghton, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte meiner Fraktionskollegin, Marie-Hélène Aubert, für ihre erfolgreiche Arbeit an diesem Bericht danken.

Es ist offensichtlich im Interesse aller Fischfangnationen und aller Fischer, die illegale Fischerei zu unterbinden. Schließlich ziehen die Fischer selbst den Nutzen aus der erfolgreichen Erhaltung der Fischbestände. Zur erfolgreichen Unterbindung der illegalen Fischerei durch weltweit operierende Piraten und organisierte Kriminalität ist die internationale Zusammenarbeit unerlässlich.

Im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik ist dem kürzlich veröffentlichten Bericht des Rechnungshofes zur Kontrolle und Durchsetzung zuviel Aufmerksamkeit zuteil geworden. Dieser Bericht basierte auf Daten, die angeblich in den sechs wichtigsten Fischerei betreibenden Mitgliedstaaten erfasst wurden. Bei den erfassten Daten wurde zwar das Vereinigte Königreich einbezogen, doch erfassten sie nur England und Wales, nicht aber Schottland, das ca. 70 % der Fischerei des Vereinigten Königreiches ausmacht. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es in Schottland verschiedene und gesonderte Quoten sowie Bewirtschaftungsorganisationen und Durchsetzungsstellen gibt.

Auch in meinem Land wurden in den letzten Jahren bei der Verbesserung der Kontrollen einige Fortschritte erzielt. Bei uns werden Käufer und Verkäufer registriert, und wir haben speziell benannte Anlandehäfen. Eine gute Durchsetzung ist natürlich wichtig, jedoch geht es auch um eine vernünftige Bewirtschaftung mit Anreizen zur Erhaltung der Bestände, indem den schottischen Fischern beispielsweise garantiert wird, dass sie langfristig aus den von ihnen zu treffenden Erhaltungsmaßnahmen selbst den Nutzen ziehen. Eine solche Garantie wird von der GFP bis heute schlichtweg nicht gegeben.

Kommissar Borg, ich freue mich, dass Sie sich kürzlich zugunsten einer grundlegenden Reform der GFP geäußert haben. Damit bin ich einverstanden, wobei ich die Auffassung vertrete, dass wir die tägliche Bewirtschaftung und Kontrolle wieder in die Hände der Fischfangnationen selbst legen sollten, die Anspruch auf naheliegende Fanggebiete wie die Nordsee haben, und dass wir uns von dem nicht praktikablen Konzept des gleichberechtigten Zugangs zu Gewässern und Fischbeständen trennen sollten.

 
  
MPphoto
 
 

  Pedro Guerreiro, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Obwohl wir bei einigen Punkten Vorbehalte haben, begrüßen wir doch die Initiative zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei und stimmen dem allgemeinen Tenor des Berichts zu.

Unter anderem unterstreichen wir, wie wichtig es ist, dass die vorgeschlagenen Regeln auf alle Schiffe angewandt werden, ob aus EU-Staaten oder aus Drittstaaten. Wir möchten jedoch betonen, dass bei der künftigen Abstimmung zwischen diesen Vorschlägen und den neuen gemeinschaftlichen Kontrollvorschriften die Kompetenzen der Mitgliedstaaten gewahrt werden müssen, was insbesondere für die Verfahren und die Durchführung von Inspektionen gilt. Außerdem sind wir der Auffassung, dass sämtliche Fragen im Zusammenhang mit Sanktionen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen.

Abschließend möchte ich kurz darauf hinweisen, dass der Sektor nicht mit einer ständigen Verschlechterung seiner sozioökonomischen Lage konfrontiert wäre, wenn die Kommission auf seine berechtigten Forderungen eine ebenso rasche Reaktion zeigen würde, wie sie es mit dieser Initiative getan hat.

 
  
MPphoto
 
 

  Hélène Goudin, in Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Frau Präsidentin! Die heute diskutierte Verordnung ist ebenso umfassend wie komplex, und ich möchte nur einige Punkte herausstellen.

Erstens: Der Vorschlag, Fischer, die bei der illegalen Fischerei ertappt werden, mit einer Rückzahlung der von der EU gezahlten Beihilfen zu bestrafen, ist sehr gut. Wir können nicht zulassen, dass Steuerzahler gezwungen werden, kriminelle Aktivitäten zu subventionieren. Allerdings wird die IUU-Fischerei von allen Arten von Schiffen aus betrieben. Der Vorschlag sollte daher alle Schiffe umfassen, sowohl EU- als auch Schiffe aus Drittstaaten.

Zweitens: Die vorgeschlagene Fangbescheinigung ist begrüßenswert. Der Zertifizierungsprozess muss eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung der illegalen Fischerei spielen. Einheitlichen Geldbußen als Höchststrafmaß stehe ich allerdings skeptischer gegenüber. Die Mitgliedstaaten sollten selbst durch die Verhängung abschreckender Geldbußen ihre Verantwortung wahrnehmen.

Abschließend bin ich der Ansicht, dass die Gemeinsame Fischereipolitik gescheitert ist und reformiert werden muss. Damit illegale Fischerei wirklich bekämpft werden kann, brauchen wir eine internationale Zusammenarbeit, sowohl mit regionalen Fischereiorganisationen als auch mit anderen internationalen Gremien.

 
  
MPphoto
 
 

  Jim Allister (NI). – (EN) Frau Präsidentin! Der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei ist unbedingt ein Riegel vorzuschieben. Daher bin ich mit großen Teilen dieses Berichts einverstanden. Was ich jedoch zurückweisen muss, ist die Anfechtung der Subsidiarität, indem gefordert wird, dass von der EU strafrechtliche Sanktionen vorgegeben werden und ein System von EU-Inspektoren geschaffen wird. Gleichermaßen bin ich gegen die unnötige zusätzliche Bürokratie, die sich aus der Anwendung der Verordnung auf Schiffe unter EU-Flagge ergibt, da diese bereits den strengen Bestimmungen der Gemeinsamen Fischereipolitik unterliegen.

Wir brauchen nicht noch mehr Regulierung für unsere eigenen Fischer, wenn es darum geht, gegen die illegalen Praktiken von Drittstaaten vorzugehen. Nachdem in den letzten Monaten einigen einheimischen Fischern des Vereinigten Königreichs Geldbußen auferlegt wurden, lehne ich zum Beispiel den Vorschlag ab, wonach wir für unsere eigenen Flotten mehr und strengere Verordnungen und Strafen benötigen.

 
  
MPphoto
 
 

  Carmen Fraga Estévez (PPE-DE).(ES) Frau Präsidentin! Ich möchte Frau Aubert für ihren Bericht danken. Meiner Ansicht nach bringt er den klaren politischen Willen dieses Parlaments zum Ausdruck, alle erforderlichen Aktionen zu unterstützen, um die illegale Fischerei in allen Bereichen auszurotten und – um mit dem Aspekt zu beginnen, der uns angeht – die Gemeinschaft für Einfuhren von illegalen Fischereiprodukten zu schließen und den Handel mit ihnen zu unterbinden.

Wir dürfen uns jedoch nicht vor der Verantwortung drücken, die bei diesem Vorschlag dem Hafenstaat und auch der Kommission zufällt. Wir sprechen über eine Verordnung, die in ihrer Formulierung sehr anspruchsvoll ist, die die Mitgliedstaaten zu äußerster Wachsamkeit und zum Einsatz aller erforderlichen materiellen und personellen Ressourcen zwingen wird – einer der Schwachpunkte der gesamten Kontrollpolitik –, um die Worte in Taten umzusetzen, was leider wieder einmal bedeutet, dass wir neben unserem eigenen politischen Willen auch den anderer ins Spiel bringen müssen.

Der Schaden, den die illegale Fischerei nicht nur für die biologischen Ressourcen, sondern auch für die legalen Fischer verursacht, ist Tag für Tag, und das seit Jahren, erheblich. Derzeit befindet sich ein großer Teil des Sektors aufgrund eines erneuten massiven Rentabilitätsverlusts in Aufruhr, für den der Anstieg der Dieselpreise natürlich eine der Hauptursachen darstellt. Es gibt aber weitere Faktoren, die zu den Verlusten beitragen, darunter löst das massive Eindringen von Importen zu niedrigen Preisen und von zweifelhafter Herkunft über unsere Grenzen unter diesen Umständen besondere Empörung aus.

Um ein Beispiel zu geben: Allein in den letzten fünf Monaten dieses Jahres ist der Dieselpreis in Spanien um 38 % gestiegen, während der Preis für Schwertfisch – eine Importart par excellence – um 40 % zurückgegangen ist. Es gibt kein Unternehmen in irgendeinem Sektor, das in einem solchen wirtschaftlichen Kontext überleben kann, dennoch ist es eine erwiesene Tatsache, dass, wenn der politische Wille vorhanden ist, die Importe genau zu überwachen, wie in der Vergangenheit geschehen – und ich kann das bezeugen –, die an die Produzenten der Gemeinschaft gezahlten Preise sofort wieder anziehen.

Herr Kommissar, ich fordere Sie und die Mitgliedstaaten deshalb zur Entschlossenheit bei der Umsetzung dieser Verordnung mit der größtmöglichen Dringlichkeit auf.

 
  
MPphoto
 
 

  Stavros Arnaoutakis (PSE).(EL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Ich möchte der Berichterstatterin danken und sie zu ihrem erstklassigen Bericht beglückwünschen.

Als Europäische Union kommen wir am Ende nicht an folgender Einsicht vorbei: Je länger wir diesen ungeregelten Zustand zulassen, umso stärker gefährden wir die Zukunft der Hochseefischerei und des weltweiten Meeresökosystems. Die EU sollte unverzüglich handeln und das nicht nur als Union bürokratischer und komplizierter Vorschriften, die von den Mitgliedstaaten häufig nicht einmal umgesetzt werden. Vielmehr sollte sie eine globale Initiative ergreifen – und zwar ohne Furcht vor den auf dem Spiel stehenden wichtigen Interessen und ohne sich dem Druck von internationaler oder anderer Seite zu beugen. Dann kann die internationale Fischfanggemeinschaft verstehen und akzeptieren, warum die illegale und nicht gemeldete Fischerei eingedämmt werden soll, und diesem Anliegen letztlich auch zustimmen. Eine Voraussetzung für eine solche Initiative wird natürlich ein internationales Abkommen über die Erhaltung der Fischerei sein. Auch ich möchte – ebenso wie meine Kolleginnen und Kollegen – meine Sorge über die massive Krise zum Ausdruck bringen, die europäische Fischer erleben. Herr Kommissar, wir müssen diese Dinge unverzüglich untersuchen und uns der Probleme annehmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Zdzisław Kazimierz Chmielewski (PPE-DE).(PL) Frau Präsidentin! Die Ratsverordnung ist ein interessantes Beispiel präventiver Rechtsetzung – eine Verordnung gegen illegale Fänge als Praxis, die die Erhaltung von Fischbeständen auf einem den Bestand sichernden Niveau gefährdet. Die Klarheit der vorgeschlagenen Lösungen ist der wichtigste Grund dafür, dass dieses Dokument eine Chance hat, Wirkung zu entfalten, werden doch darin die Absichten des Gesetzgebers genau definiert.

Die Berichterstatterin hat den besonderen Charakter der Verordnung hervorragend erfasst und liefert ungewöhnlich hilfreiche Auslegungen, die das Verständnis der wichtigsten Bestimmungen erleichtern. Die Regierungen der Länder im südlichen und östlichen Ostseeraum haben umfassend auf diese bedeutsame Rechtsetzungsinitiative reagiert. In Expertenkreisen hält jedoch die Diskussion über die Kriterien an, die der Rat für die Bestrafung von Fischern vorgeschlagen hat, die illegalen Fischfang betreiben.

Erneut stellt sich folgende Frage: Trägt die Idee, eine Garantie für wirksame Strafen durch die weit reichende Formalisierung anzustreben, den Unterschieden beim Fangpotenzial in europäischen Meeren Rechnung? Sollte bei Nachfolgerechtsvorschriften nicht die Möglichkeit berücksichtigt werden, das Strafmaß in Abhängigkeit von den Fischbeständen und verbindlichen Fangquoten für befischte Arten festzulegen? Aus meiner Sicht deutet die vor kurzem bekannt gegebene modifizierte ICES-Bewertung für das Ökosystem der Ostsee auf Entspannung in der Fischereipolitik, im Prozess der Anpassung der bahnbrechenden Maßnahmen der Europäischen Union zum Schutz der Bestände hin.

Der Fischereiausschuss des Europäischen Parlaments hatte die Weitsicht, ein spezielles Änderungsdokument zu erarbeiten, das sich mit dem ersten Jahr der Anwendung der Verordnung als Übergangszeit befasst, einer Zeit der Anpassung, die die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, die notwendigen Veränderungen vorzunehmen.

 
  
MPphoto
 
 

  Avril Doyle (PPE-DE).(EN) Frau Präsidentin! Die Fischerei macht weltweit eine Krise durch. Auch die Fischerei der EU kämpft mit einer Krise, die sich in den letzten Monaten durch die 30 %ige Erhöhung der Preise für Schiffskraftstoffe noch weiter verschärft hat. In Brüssel und in unseren Mitgliedstaaten gehen die Fischer auf die Straße. Daher wird von Ihnen, Kommissar, dringend eine Antwort erwartet. Wenn wir uns nunmehr von dem unhaltbaren wirtschaftlichen Druck dem unhaltbaren Umweltdruck zuwenden, müssen wir feststellen, dass nach Expertenaussagen 75 % der Fischbestände weitgehend erschöpft und überfischt sind. Die illegale, nicht registrierte und unregulierte Fischerei ist ein globales Problem und vertieft die derzeitige Fischereikrise noch weiter.

Nach Angaben der FAO macht die IUU-Fischerei bis zu 30 % des Gesamtfanges einiger großer Fischereien aus, wobei die Fänge spezieller Arten die erlaubte Menge bis zum Dreifachen überschreiten können. Die IUU-Fischerei verhindert eine nachhaltige Fischwirtschaft, schädigt und vernichtet die Meeresumwelt und entzieht verantwortungsbewussten Fischern und Bevölkerungsgruppen, die vom Fischfang leben, die Existenzgrundlage. Durch die illegale Fischerei wird des Weiteren die Lebensmittelsicherheit insbesondere für diejenigen Teile der Bevölkerung gefährdet, die vom Fischfang als Quelle tierischen Eiweißes abhängig sind.

Beifang, der hauptsächlich auf großflächige industriemäßige Grundschleppnetzfischerei zurückzuführen ist, die häufig unreguliert, illegal und nicht registriert durch gebietsfremde Fischereiflotten ausgeübt wird, hat verheerende Auswirkungen auf einheimische Fischer und Fischbestände. Über ein Drittel des weltweiten Fischfangs wird einfach über Bord geworfen, weil die Fischgröße nicht den Anforderungen entspricht oder weil die betreffende Art nicht gefangen werden sollte. Verfehlte EU-Fischereiverordnungen haben dabei zu vollkommen unhaltbaren Praktiken wie beispielsweise massenhaften Rückwürfen geführt, da es paradoxerweise verboten ist, Beifang anzulanden, dessen Untersuchung für die Wissenschaft jedoch von unschätzbarem Wert wäre.

Die äußerst hohe Gefahr einer raschen Erschöpfung der Tiefseefischbestände hat dazu geführt, dass diese Art der Fischerei bei der Einführung der Verordnungen möglicherweise gar nicht mehr existiert. Ich hätte vom Kommissar gern gewusst, ob er Möglichkeiten der Satellitenüberwachung von Schiffen, den elektronischen Fangnachweis und das bordinterne Fernsehen als mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Fischerei in seine Überlegungen einbezogen hat, die in anderen Bereichen gang und gäbe sind.

Wenn diese Verordnung wirksam umgesetzt werden soll, ist ein hohes Maß an Integration der für Inspektionen und Kontrollen verantwortlichen Dienststellen auf gemeinschaftlicher Ebene vonnöten. Außerdem müssen Fischereien und sonstige Interessengruppen Verantwortung übernehmen und sich diese Politik zu eigen machen.

 
  
MPphoto
 
 

  Iles Braghetto (PPE-DE).(IT) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union ist verpflichtet und dafür verantwortlich, eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei zu übernehmen, und sie tut dies mit einer Reihe repressiver Maßnahmen, indem sie die Kontrollen, Inspektionen und Sanktionen verschärft.

Das anspruchvollste Ziel betrifft jedoch die Vorbeugung: die Ermöglichung und Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit eines Erzeugnisses vom Fang bis zu seiner Endbestimmung. Und dies, weil, obwohl diese illegale Tätigkeit erheblichen Schaden in wirtschaftlicher Hinsicht und im Hinblick auf den Schutz der Meeresumwelt anrichtet, die Ziele des Verbraucherschutzes, die mit qualitativ hochwertigen Produkten erreicht werden sollen, und der Erhalt von Arbeitsplätzen in der Fischerei nicht weniger bedeutsam sind. Letztere sind heutzutage mehr als gefährdet, was auf vielfältige Faktoren nicht nur konjunktureller, sonder auch struktureller Natur zurückzuführen ist.

Von diesen maßgeblichen sozialen Zielen lässt sich die Europäische Union bei der Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der den Gegenstand dieser Verordnung bildenden illegalen Fischerei leiten und an ihnen orientiert sie sich, wenn sie sich verstärkt für die Einhaltung der Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik in den Gemeinschaftsgewässern einsetzt.

Das einstimmige Votum des Fischereiausschusses für den Bericht Aubert ist ein deutliches Signal für die Entschlossenheit, die vorgeschlagenen Maßnahmen in die Praxis umzusetzen.

 
  
MPphoto
 
 

  Petya Stavreva (PPE-DE).(BG) Frau Präsidentin, sehr geehrte Mitglieder des Europäischen Parlaments! Dieser Bericht berührt sehr wichtige Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz der Meere und Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Fischerei.

Die erforderliche Änderung des Rechtsrahmens ergibt sich aus der zunehmenden Ausbreitung dieses Phänomens, das die Ökosysteme und die Fischerei in der Gemeinschaft gefährdet. Die Berichterstatterin verweist auch auf den wichtigen Umstand, dass sich Mitgliedstaaten nicht an die Gemeinsame Fischereipolitik halten.

Jeder Mitgliedstaat wendet andere Sanktionen an, was dazu führt, dass einige Fischer in der Europäischen Union diskriminiert werden. Daher müssen die Zusammenarbeit, die Koordinierung und der Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten unbedingt verbessert werden, um die illegale und nicht gemeldete Fischerei zu verhindern und zu bekämpfen.

Die Einführung einer an den Bedürfnissen des Fischereisektors ausgerichteten Kontrollregelung stellt einen wesentlichen Fortschritt dar. Die illegale Fischerei verursacht nicht nur Umweltschäden, sondern hat auch wirtschaftliche und soziale Folgen, die in der legalen Fischerei zu Verlusten in Milliardenhöhe führen.

Das Verbot der Einfuhr von durch illegale, nicht gemeldete und unregulierte Fischerei gefangenen Fischerzeugnissen in die Europäische Union kann auch die mit der illegalen Fischerei erzielten Gewinne schmälern. Die Kontrollmaßnahmen und die bei Verstößen verhängten schweren Strafen liefern Gründe für eine bessere Bewirtschaftung der Fischbestände.

Die Fischer in Bulgarien protestieren ebenfalls, weil sie mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Daher müssen wir verantwortungsvoll über die Zukunft des Sektors entscheiden. Ich befürworte den Bericht von Frau Aubert.

 
  
MPphoto
 
 

  Mairead McGuinness (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte Frau Aubert für diesen Bericht danken.

Eine spezielle Frage, die hervorzuheben ist, betrifft das mangelnde Verständnis der Verbraucher für das Problem der unregulierten, nicht gemeldeten und illegalen Fischerei. Damit müssen wir uns eingehender beschäftigen.

Wie bereits mehrfach erwähnt, ist der Fortbestand der legal tätigen Fischer ernsthaft gefährdet, wobei die Auswirkungen der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei nur einen Teil des Problems darstellen. Ein Kernproblem sind die Kraftstoffkosten, und wir brauchen von der Kommission eine Antwort auf die krisenhafte Entwicklung, die dazu geführt hat, dass Fischer ihren Fisch verschenken und als Zeichen des Protestes auf die Straße gehen. Möglicherweise wird die illegale Fischerei auch teilweise durch die Überregulierung bei der legalen Fischerei verursacht – wobei das eventuell schon wieder eine Diskussion zu einem anderen Thema ist.

Was wir brauchen, ist ein weltweites Abkommen, wobei wir in unseren eigenen Ländern beginnen müssen. Bei allem, was wir tun, geht es nicht darum, neue bürokratische Hemmnisse aufzurichten, was uns hier oft vorgeworfen wird, vielmehr müssen wir dafür Sorge tragen, dass die von uns erarbeiteten Verordnungen wirksam sind und das Problem an der Wurzel packen, damit wir die Wirtschaft und die Umwelt nicht zugrunde richten.

 
  
MPphoto
 
 

  Paulo Casaca (PSE).(PT) Frau Präsidentin! Uns liegt hier in der Tat ein ausgezeichneter Bericht vor – Glückwünsche an unsere Berichterstatterin! Wie schon die Kommission erklärte, ist das ein guter Vorschlag. Dennoch würde ich hier gern die Botschaft unterstreichen, die uns der Verfasser der Stellungnahme des Ausschusses für internationalen Handel, Daniel Varela Suanzes-Carpegna, vermittelt hat, nämlich dass genau diese Art von Instrument eine wirksame Antwort auf eine solche Krise ist, wie wir sie heute im Fischereisektor erleben.

Eben weil die Nachhaltigkeitsregeln in der Fischerei nicht respektiert werden, sehen sich die Fischer dieser Krise ausgesetzt, und das ist die grundlegende Lehre, die wir alle hoffentlich daraus ziehen. Das Problem ist, dass die Zeit läuft und die Uhr nicht extra für unser Legislativverfahren stehenbleibt. In Anbetracht dessen, Herr Kommissar, sind, wie hier bereits gesagt wurde, ganz dringende Maßnahmen erforderlich, damit wir unsere Probleme in den Griff bekommen und das Schiff nicht ohne uns abfährt.

 
  
MPphoto
 
 

  Avril Doyle (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Wenn die fünf Minuten für spontane Wortmeldungen nicht in Anspruch genommen werden, können selbst Kollegen, die bereits in der Diskussion gesprochen haben, dem Kommissar eine Frage stellen. Ich selbst habe das seit Einführung des „Catch-the-eye“-Verfahrens schon mehrfach praktiziert. Daher möchte ich mit Ihrer Erlaubnis dem Kommissar eine spezielle Frage stellen.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. − Mir wurde gesagt, dass ich nur zwei Wortmeldungen zulassen darf. Daher erteile ich Ihnen das Wort.

 
  
MPphoto
 
 

  Avril Doyle (PPE-DE). – (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte keine Sonderbehandlung, aber fünf Minuten für spontane Wortmeldungen sind zulässig.

Könnte Kommissar Borg etwas dazu sagen, dass in einigen Mitgliedstaaten Beihilfen für Schiffskraftstoffe gewährt werden und in anderen nicht, und könnte er sich ganz allgemein zur gerechten Gewährung von Finanzhilfen äußern? Wie ist das mit der Gemeinsamen Fischereipolitik vereinbar – wobei die Betonung auf gemeinsam liegt –, und ist dies mit den Wettbewerbsregeln vereinbar? Wir müssen den Fischereien helfen, die derzeit eine tiefe Wirtschaftskrise durchmachen, insbesondere durch die 30 %ige Erhöhung der Preise für Schiffskraftstoffe. Würden Sie in Ihrer Antwort speziell auf diese Frage eingehen, die bereits in verschiedenen Wortmeldungen angesprochen wurde?

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. − (EN) Frau Präsidentin! Lassen Sie mich zunächst feststellen, dass das Niveau der Diskussion zu diesem wichtigen Thema deutlich macht, wie sehr uns daran gelegen ist, die IUU-Fischerei wirksam und umfassend zu unterbinden. Wahr ist, dass mit der IUU-Fischerei nicht nur die Nachhaltigkeit der Fischbestände sondern auch die Zukunft der ehrlichen Fischer innerhalb und außerhalb der Europäischen Union gefährdet wird.

Um bei unseren Bemühungen erfolgreich zu sein, müssen wir drei wesentliche Grundsätze befolgen. Erstens geht es darum, dass der Geltungsbereich des Vorschlags gewahrt bleibt. Zweitens muss das eingeführte Bescheinigungssystem wirksam sein und gleichzeitig gewährleisten, dass im Ergebnis keine unnötigen Belastungen auftreten. Drittens muss das von uns vorgeschlagene Sanktionssystem so geartet sein, dass wirksame Strafmaßnahmen ergriffen werden können, die bereits an sich eine abschreckende Wirkung haben.

Bei diesen drei Grundsätzen finde ich bestätigt, dass es Ihnen gelungen ist, verschiedene Fragestellungen aus den Mitgliedstaaten im Hinblick auf den Geltungsbereich, das Bescheinigungssystem und die Sanktionen zu benennen. Dies ist Ihnen gelungen, ohne dass dabei die Wirksamkeit des Vorschlages verwischt oder herabgesetzt worden wäre. Speziell zu den Sanktionen möchte ich Folgendes feststellen: Ein Hauptproblem bei der Kontrolle darin liegt, dass sich die von den Mitgliedstaaten verhängten Sanktionen sehr stark voneinander unterscheiden und deshalb von der Fischereiwirtschaft selbst ständig und nachdrücklich Forderungen nach gleichen Ausgangsbedingungen in diesem Bereich vorgebracht werden. Aus diesem Grund haben wir zumindest einen Geltungsbereich vorgeschlagen, der in angemessener und wirksamer Weise umgesetzt werden sollte.

Was die Gesamtproblematik der Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik betrifft, kann ich bestätigen, dass wir uns zu dieser Thematik erste Überlegungen erarbeitet haben und dass wir in den kommenden Monaten im Rat eine Orientierungsdebatte durchführen werden. Dabei wird daran gedacht, im September ein informelles Ministertreffen abzuhalten. Des Weiteren beschäftigen wir uns mit der Überregulierung, wobei wir anstreben, das bestehende Regelwerk zu vereinfachen.

Ich möchte auch zum Ausdruck bringen, dass ich mich nicht der Bemerkung von Frau Aubert anschließen kann, wonach die Fischereien durch die Bekämpfung der IUU-Fischerei, wenn sie denn erfolgreich ist, in die Lage versetzt werden, ihre derzeitigen Probleme und Schwierigkeiten besser zu meistern. Dieser Punkt wurde in verschiedenen anderen Wortmeldungen angesprochen. Ich schließe mich jedoch der Meinung an, dass die derzeitigen Maßnahmen unzureichend sind.

Was die Entwicklungsländer anbelangt, bekennen wir uns dazu, diese Frage wirksam anzupacken, wie ich bereits in meinen einleitenden Bemerkungen betont habe. Maßnahmen zur Unterstützung der Entwicklungsländer sind der Schlüssel zum Erfolg, wenn wir das Problem lösen und nicht nur einfach verlagern wollen.

Hinsichtlich der Kontrollthematik kann ich der Berichterstatterin versichern, dass die Kommission im dritten Quartal dieses Jahres einen fundierten Vorschlag vorlegen wird, der auch in den vor uns liegenden IUU-Vorschlag eingehen bzw. mit ihm harmonisiert wird. Damit zielen beide Dokumente in dieselbe Richtung und führen zu denselben Ergebnissen.

Im Hinblick auf die Kraftstoffkrise können wir bereits die bestehenden mittel- bis langfristigen Maßnahmen nutzen, wobei diese im Zuge der Umstrukturierung des Wirtschaftszweiges getroffen werden. Wir werden bestehende Marktmaßnahmen überprüfen, bei denen die höheren Kosten von den Fischereien übernommen und nicht, wie in anderen Bereichen üblich, an den Verbraucher weitergegeben werden – ein Punkt, der in einigen Wortmeldungen angesprochen wurde. Mit dieser Thematik müssen wir uns beschäftigen, um die Ursachen benennen zu können.

Es gibt derzeit noch Regelungen, die dazu führen, dass die Fischereien letztendlich sämtliche Belastungen tragen und die höheren Kosten übernehmen müssen, anstatt sie an den Verbraucher weiterzugeben.

Wir bieten den Fischereien auch einige Möglichkeiten der Soforthilfe an, wobei diese in Form von Not- und Umstrukturierungshilfe an Umstrukturierungsmaßnahmen gebunden sind. Ich möchte jedoch an dieser Stelle betonen, dass ich auch diese Frage prüfe und mit meinen Kollegen bespreche, um andere Wege und Mittel aufzuzeigen, mit denen wir den Fischern helfen können, sich sehr kurzfristig auf die neuen Gegebenheiten einzustellen. Ich muss jedoch unterstreichen, dass wir hier nur handeln können, wenn dies mit einer festen und befristeten Verpflichtung zur Umstrukturierung einhergeht, da es hierbei auch um das Problem der Überkapazitäten geht. Wenn wir also die Frage der Überkapazitäten nicht lösen, stehen wir vor einem immer wiederkehrenden Problem, solange sich die Kraftstoffpreise auf hohem Niveau bewegen oder – was noch schlimmer ist – wenn sie weiter steigen, worauf alles hindeutet.

Dies geschah in Frankreich, wo sich die Kommission und Frankreich auf ein Maßnahmenpaket mit dem Ziel verständigten, die französische Fischwirtschaft bei der Umstrukturierung zu unterstützen. Ich muss allerdings zugeben, dass die Maßnahmen unzureichend waren und die französischen Fischereien nicht zufriedenstellten.

Ich muss auch unterstreichen, dass die Kommission auf die Kooperation und aktive Mitarbeit der Mitgliedstaaten angewiesen ist, um angemessen reagieren zu können. Wir können nicht allein handeln. Diesbezüglich gehe ich davon aus, dass die genannte Krise auf der bevorstehenden Ratssitzung im Juni zur Sprache kommt, was ich persönlich begrüße.

Zur Frage, die ganz zum Schluss von Frau Doyle bezüglich der Gewährung von Beihilfen in einigen Mitgliedstaaten und zu nicht gewährten Beihilfen in anderen Mitgliedstaaten gestellt wurde, ist die Kommission dahingehend informiert, dass diese von verschiedenen Mitgliedstaaten gewährten Beihilfen entweder unter die Bestimmungen der De-minimis-Regelung fallen (wobei jeder Mitgliedstaat Beihilfen gewähren kann, solange diese unterhalb der Schwelle der De-minimis-Regelung liegen) oder im Rahmen von Umstrukturierungsprogrammen gewährt werden, auf die ich mich zuvor bezogen habe. Es gibt eine Mitteilung zur Not- und Umstrukturierungshilfe, und wenn es zu einer Einigung kommt – wenn die Kommission grünes Licht für ein Umstrukturierungsprogramm gibt –, dann bieten sich bestimmte Möglichkeiten für Beihilfen und staatliche Unterstützung, die ansonsten nicht in Betracht kämen.

Wenn wir Informationen über sonstige Beihilfen erhalten, die nicht durch die De-minimis-Regelung oder durch Umstrukturierungsprogramme gedeckt sind, werden diese geprüft. So gab es kürzlich eine Mitteilung an Frankreich, wonach ein Betrag, der in Form einer Versicherung gezahlt worden war, zurückgefordert werden muss. Das zeigt, dass wir wirklich tätig werden, wenn es darum geht, die ordnungsgemäße Einhaltung der europäischen Wettbewerbsregeln zu überwachen. Abschließend möchte ich jedoch feststellen, dass die derzeitige Krise sehr sorgfältig analysiert werden muss, um Wege und Mittel zu finden, mit denen Sofortlösungen möglich sind, und zwar in Verbindung mit der Auflage, dass sich die Fischwirtschaft verbindlich verpflichten muss, sich kurzfristig umzustrukturieren, um ihre Kapazitäten an nachhaltige Fischfangquoten anzupassen.

 
  
MPphoto
 
 

  Marie-Hélène Aubert, Berichterstatterin. (FR) Frau Präsidentin, ich möchte zunächst dem Herrn Kommissar und allen danken, die an der Aussprache teilgenommen haben. Natürlich sind wir auch auf die Hintergründe der schweren Krise eingegangen, in der sich der Sektor derzeit befindet. Ich möchte dem Herrn Kommissar dafür danken, dass er versucht hat, präzise Antworten auf die Fragen zu diesem Thema zu geben, obwohl es sicherlich in einigen Bereichen schwierig ist, ins Detail zu gehen. Jedenfalls ist es bedauerlich, dass die Europäische Union – oder Brüssel – systematisch für alles beschuldigt wird. Ich bin wirklich der Auffassung, dies wäre eine gute Gelegenheit zu zeigen, dass die Europäische Union – Brüssel – nicht Teil des Problems ist, sondern Teil der Lösung. Wenn wir die Ressentiments gegenüber der Europäischen Union sehen, wird uns klar, wie sehr die Mitgliedstaaten und eine Reihe von Akteuren aus der Branche ihrer Verantwortung über Jahre hinweg ausgewichen sind; dass sie kurzfristigen Interessen Vorrang gegeben und gedacht haben, sie könnten eine Weile davon profitieren, jedoch nicht einsehen wollten, dass sie damit einen ganzen Sektor an den Rand des Abgrunds gebracht haben.

So sieht der jetzige Stand aus. Wie können wir rasche Lösungen für eine Situation finden, die schon seit Jahren andauert? Das ist nicht leicht. Sie haben einige Vorschläge gemacht. Wir werden jedoch keinen Erfolg haben, wenn wir nicht strikte und drastische Maßnahmen ergreifen, wenn wir nicht alle notwendigen Mittel einsetzen, denn diese Vorgaben können nicht ohne finanzielle und personelle Mittel durchgesetzt werden. Außerdem müssen weit abschreckendere Sanktionen für illegale Fischerei verhängt werden, als es heute der Fall ist. Dies zumindest wird angesichts der geringen Zahl der bislang verhängten Bußgelder nicht schwer sein.

Wir brauchen auch viel mehr Unterstützung und Belohnung für intelligente und nachhaltige Verhaltens- und Verfahrensweisen. Häufig haben die Fischer und Fischereiunternehmen, die äußerst vorschriftenkonforme und innovative Verfahren für eine nachhaltige Fischereibewirtschaftung anwenden, den Eindruck, dies würde kaum anerkannt und belohnt. Auch was die Bekämpfung der illegalen Fischerei und andere behandelte Bereiche wie Abfall- oder Ressourcenmanagement und Quoten angeht, sollten wir meiner Meinung nach eine Strategie erarbeiten, die viel stärker auf Belohnung setzt, die zukunftsweisend ist und einen Schritt in die richtige Richtung verkörpert, was mir derzeit nicht der Fall zu sein scheint.

Abschließend möchte ich sagen, dass ich diesen Bericht für eine Chance halte, alle diese Fragen zu erörtern. Natürlich können mit einer solchen Diskussion allein die Probleme nicht gelöst werden. Ich nehme an, dass diese Diskussion im nächsten Bericht weitergeht, auch wenn es an der Zeit ist, eine breite Konsultation abzuhalten und die Top-down-Verhandlungen zwischen Kommission, Regierungen und Branchenvertretern zu beenden und eine breitere, stärker horizontal angelegte, fachübergreifende Konsultation durchzuführen. Diese würde uns Antworten liefern, und die Europäische Union und das Parlament könnten wieder ihre Aufgaben erfüllen und ihre Pflicht wahrnehmen, Lösungen für diesen krisengeschüttelten Sektor zu finden.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag, dem 5. Juni 2008, statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
MPphoto
 
 

  Margie Sudre (PPE-DE), schriftlich. (FR) Das Europäische Parlament hat der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei, die ein echtes internationales Problem ist, einen weiteren Schlag versetzt.

Die angenommenen Maßnahmen ergänzen den bestehenden Mechanismus in effizienter Weise. Ich beziehe mich dabei hauptsächlich auf die Einführung einer Regelung für Hafenstaatkontrollen einlaufender Schiffe, die Ausstellung einer Fangbescheinigung und das Verbot des Einlaufens von IUU-Schiffen. Ebenso begrüße ich das Verbot der Einfuhr von IUU-Fisch und die Veröffentlichung einer Liste von Schiffen, die IUU-Fischerei betreiben.

Der Mehrwert dieser neuen europäischen Bestimmungen ergibt sich auch aus der Entwicklung eines gemeinschaftlichen Warnsystems, das aktiv wird, wenn der Verdacht von IUU-Fischerei besteht. Das Sanktionssystem wurde ebenfalls gestärkt, dazu gehören auch das Verbot des Zugangs von IUU-Schiffen zu öffentlichen Beihilfen oder Subventionen und gegebenenfalls die Rückzahlung gewährter öffentlicher Beihilfen und Subventionen.

Vor allem habe ich mich mit Erfolg dafür eingesetzt, dass das Europäische Parlament bei der Bekämpfung der illegalen Fischerei verstärktes Augenmerk auf Regionen in äußerster Randlage richtet, da deren Ökosysteme äußerst anfällig sind. Damit wird gegenüber skrupellosen Flotten ein deutliches Zeichen gesetzt, um dem unlauteren Wettbewerb Einhalt zu gebieten, durch den unsere Fischer langsam, aber sicher ihre Arbeitsplätze verlieren.

 

26. Schutz empfindlicher Tiefseeökosysteme (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Duarte Freitas im Namen des Fischereiausschusses über den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zum Schutz empfindlicher Tiefseeökosysteme vor den schädlichen Auswirkungen von Grundfanggeräten (KOM(2007)0605 – C6-0453/2007 – 2007/0224(CNS)) (A6-0183/2008).

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! In Herrn Freitas Bericht geht es um einen Vorschlag, der den Weg für die Einführung des Prinzips der Umweltverträglichkeitsprüfung im Fischereiwesen ebnet. Ich kann gar nicht genug betonen, von welch großer Bedeutung das im Hinblick auf einen Systemwechsel und die Koordinierung des Fischereirechts an vielen anderen maritimen Tätigkeiten ist.

Außerdem wird dieses Prinzip einem ganz besonderen Ziel gerecht, nämlich dem, Schäden an empfindlichen marinen Ökosystemen vorzubeugen. Der Vorschlag berücksichtigt voll und ganz den Ökosystemansatz, zu dessen Umsetzung sich die Kommission im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik verpflichtet hat.

Mit diesem Vorschlag reagieren wir auf die Forderungen der UN-Generalversammlung 2006, effektive Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass empfindliche marine Ökosysteme in Hochseegebieten durch die Grundfischerei zerstört oder maßgeblich beschädigt werden. Für Schiffe, die in Gebieten ohne internationale Erhaltungs- und Bewirtschaftungsregelungen tätig sind, muss der Flaggenstaat die Tätigkeiten seiner Schiffe regulieren, um diesen Schutz zu gewährleisten. Da die Europäische Union völkerrechtlich gesehen die Regulierungskompetenz des Flaggenstaates ausübt, müssen wir geeignete Maßnahmen ergreifen, um der Forderung der Vereinten Nationen bis zum Jahresende nachzukommen.

Diese Verordnung wird so, wie sie vorgeschlagen wurde, für Schiffe unter EU-Flagge gelten, die in Hochseegebieten ohne RFO tätig sind. Derzeit ist eine recht große Flotte im Südwestatlantik aktiv, einem ebensolchen Gebiet. Der Text wurde so formuliert, dass den Flaggenmitgliedstaaten Verpflichtungen auferlegt werden, und zwar im Wesentlichen die, sicherzustellen, dass keine Fanggenehmigungen für das Fischen mit Grundfanggeräten erteilt werden, sofern eine Prüfung der potenziellen Auswirkungen nicht ein geringes Risiko für empfindliche marine Ökosysteme ergibt. Das bedeutet, dass die Kommission nicht im Detail regelt, wie die Mitgliedstaaten derartige Prüfverfahren durchzuführen haben, sondern vielmehr Mindeststandards für wissenschaftliche Informationen festlegt und es dann den Mitgliedstaaten überlässt, wie sie die erforderlichen Ergebnisse erzielen.

Unser Vorschlag sieht vor, dass Grundfanggeräte in einer Tiefe von mehr als 1000 m nicht eingesetzt werden dürfen. Das Argument, die vorgeschlagene Bestimmung würde auf keiner wissenschaftlichen Grundlage beruhen, können wir nicht teilen. Auf der einen Seite vertiefen wir unser Wissen über die tiefen Ozeane allerdings immer mehr und sind dabei mit so vielen Unsicherheiten konfrontiert, dass die vollständige Umsetzung des Vorsorgeprinzips gewährleistet ist. Die vorgeschlagene Tiefenbegrenzung ist angemessen und kollidiert nicht mit derzeitigen Tätigkeiten von EU-Flotten, die in weitaus geringeren Tiefen tätig sind. Auf der anderen Seite soll diese Bestimmung sicherstellen, dass wir selbst genug Zeit haben auszuprobieren, wie dieser neue Regulierungsansatz funktioniert, bevor wir unseren Fischern das Fangen in tieferen Gewässern erlauben.

Hierbei geht es darum, den aktuellen Stand unserer Aktivitäten zu erhalten, bis wir genug wissen, um sie auf einer sichereren Grundlage auszuweiten. Die Kommission ist bereit, in zwei Jahren, wenn wir dem Rat und diesem Hause einen Bericht über die Umsetzung und die Effektivität der Verordnung vorlegen, auf diesen speziellen Punkt zurückzukommen. Aus diesem Grund kann die Kommission die in diesem Bericht vorgeschlagene Streichung dieser Regel nicht akzeptieren.

Weiterhin schlägt Herr Freitas in seinem Bericht vor, die Bestimmung zu ändern, wonach die Verordnung einen ständigen Einsatz von Beobachtern in den Flotten vorschreibt, und statt dessen ein Auswahlsystem vorzusehen. Die Kommission hat Schwierigkeiten, diesen Änderungsantrag anzunehmen, denn wenn keine Beobachter an Bord sind, ist das VMS das einzige Kontrollmittel, um zu prüfen, ob sich jedes Schiff an die genehmigten Fangpläne hält. Das reicht nicht, und es ist möglicherweise unrealistisch zu erwarten, dass nationale Fischereiüberwachungszentren eine individuelle Überwachung jeder Flotteneinheit gewährleisten. Wenn kein Beobachter an Bord ist, verliert die einfache Vorschrift des „Wegfahrens“, wenn das Schiff versehentlich auf ein nicht gelistetes Ökosystem trifft, ihre Wirkung, da es nicht möglich ist, die Einhaltung dieser Vorschrift per VMS zu kontrollieren. Wie schon im früheren Fall kann diese Vorschrift in zwei Jahren auf ihre Wirksamkeit hin geprüft werden.

Die Kommission hält die meisten der anderen eingebrachten Änderungsvorschläge für akzeptabel, viele von ihnen sind in ähnlicher Form während der Diskussionen im Rat unterbreitet worden.

Ich möchte dem Parlament für die Unterstützung danken, die es der Kommission in ihren Bemühungen angeboten hat, eine effektive Antwort auf diese Frage zu finden.

 
  
MPphoto
 
 

  Duarte Freitas, Berichterstatter. (PT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich die Kommission zu ihrer Initiative und zu ihrem Vorschlag beglückwünschen, und das aus zwei Gründen. Erstens deshalb, weil ihr Vorschlag mit der diesbezüglichen Initiative und dem Engagement der Europäischen Union in der UN-Generalversammlung in Einklang steht und dieses Engagement fortsetzt, und zweitens deshalb, weil er von einem sehr wichtigen Grundsatz ausgeht, nämlich dass die Folgen der Fischereitätigkeit abgeschätzt werden müssen, noch ehe eine Genehmigung zur Ausübung dieser Tätigkeit erteilt wird.

Schließlich geht es um Gebiete, für die zum jetzigen Zeitpunkt keine regionale Fischereiorganisation existiert. Es ist doch so, dass in den Küstenzonen die Mitgliedstaaten dafür verantwortlich sind, Maßnahmen zum Schutz empfindlicher Ökosysteme vor der Grundfischerei zu ergreifen. In den internationalen Gewässern wird der Schutz der Meeresumwelt generell durch regionale Seerechtsübereinkommen geregelt, soweit vorhanden. Die Verabschiedung von Maßnahmen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der lebenden Meeresressourcen und die Regelung der Auswirkungen der Fischerei auf empfindliche Ökosysteme wiederum ist Sache regionaler Fischereiorganisationen. Es gibt jedoch Hochseegebiete, für die keine Fischereiorganisation zuständig ist, was einer Einladung zu zerstörerischen Fangpraktiken gleichkommt.

In Anbetracht dessen gelangte die UN-Generalversammlung zu der Überzeugung, dass Maßnahmen zum Schutze des Meeresbodens in den derzeit überhaupt nicht kontrollierten Gebieten erforderlich sind, wobei die Europäische Union, wie nicht anders zu erwarten, eine führende Rolle spielte.

Das ist in der Tat ein positiver Schritt, den wir hervorheben und begrüßen sollten. Dasselbe gilt für den Vorschlag der Kommission, wobei man ihren Vorschlag zugleich als großzügig bezeichnen kann, weil er vorsieht, dass Schiffe, die die Flagge unserer Mitgliedstaaten führen, zur Einhaltung einer Reihe von Vorschriften gezwungen werden. Zugleich muss auf diplomatischem Wege dafür gesorgt werden, dass Drittstaaten, die in dem betreffenden Gebiet – am Tiefseeboden – Fischerei betreiben, sich ebenfalls daran halten. Es hätte ja keinen Sinn, dass die Europäische Union eine Vorreiterrolle übernimmt und ihre Schiffe zur Vornahme von Überprüfungen und Einhaltung von Bedingungen verpflichtet, wenn gleichzeitig andere Schiffe unter anderer Flagge ihre zerstörerischen Fangpraktiken in genau dem Gebiet ausüben, das wir schützen wollen.

Es gibt also in diesem großzügigen Vorschlag einen Bereich, zu dem wir die Kommission beglückwünschen müssen und der eine Konsequenz in Form von diplomatischen Bemühungen haben muss – wobei auch das Übereinkommen mit der UN-Generalversammlung eine Grundlage bietet –, damit wir in dieser Angelegenheit wirklich einen Schritt weiterkommen.

Was einige der hier aufgeworfenen Fragen betrifft, nämlich die 1000-Meter-Frage, Herr Kommissar, so hatten wir im Fischereiausschuss Gelegenheit, eine Anhörung mit Experten durchführen; und ich hörte eine Reihe von Experten, deren übereinstimmende Meinung lautete, dass die 1000 Meter oder auch 800 oder 500 oder 1200 Meter keine technische Maßnahme darstellen, sondern einfach eine politische Option. Wenn wir also mit diesem Vorschlag schon diejenigen, die in einem bestimmten Gebiet Fischerei betreiben wollen, zu einer Vorabuntersuchung der Meeresböden und der Risiken für diese Meeresböden verpflichten, dann sollten diese Studien meiner Meinung nach alle Tiefenbereiche von 800 bis 1100 oder 1500 Meter erfassen. Folglich besteht keine Notwendigkeit, sich eindeutig auf 1000 Meter festzulegen, weil da schon anderweitiger Schutz besteht.

Wir warten aber immer noch auf eine weitere Begründung, möglicherweise technischer Natur, die die von uns angehörten Experten nicht genau geben konnten. Meiner Meinung nach bieten die bisherigen Ausführungen des Herrn Kommissar keinen ausreichenden Grund zu der Annahme, dass der 1000-Meter-Vorschlag berechtigt wäre. Trotzdem werden wir weiter warten, und wir hoffen wirklich, dass der Vorschlag des Europäischen Parlaments nach der morgigen Abstimmung berücksichtigt werden kann.

 
  
MPphoto
 
 

  Marios Matsakis, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte dem Berichterstatter zu diesem hervorragenden Bericht gratulieren.

Viele marine Ökosysteme in Hochseegebieten sind einzigartig und empfindlich und müssen definitiv und in geeigneter Weise vor den manchmal verheerenden, katastrophalen Auswirkungen der Grundfanggeräte geschützt werden.

Die vorgeschlagene Verordnung ist zweifelsohne ein Schritt in die richtige Richtung; sobald jedoch neue Erkenntnisse und Erfahrungen in Sachen Tiefseemeeresbiologie vorliegen, wird noch viel mehr getan werden müssen. Die Anwendung des Vorsorgeprinzips als Grundlage für die Formulierung einiger Eckpunkte dieser Verordnung ist aus meiner Sicht sowohl erforderlich als auch ratsam. Wie immer hängt der Erfolg einer Verordnung jedoch zu einem großen Maße von dem Grad ihrer Umsetzung ab. Und genau dabei sind Beobachter an Bord hilfreich.

Wir hoffen sehr, dass diese Verordnung trotz einiger unvermeidbarer immanenter Schwächen sowohl in der Theorie als auch in der Praxis ein Erfolg wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Carmen Fraga Estévez, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (ES) Frau Präsidentin! Wir sind offensichtlich alle für den Schutz der empfindlichen marinen Ökosysteme vor zerstörerischen Fischereipraktiken.

Ich bin in der Tat so sehr dafür, dass ich mich sogar für ihren Schutz vor allen zerstörerischen Praktiken, auch die nicht von der Fischerei verursachten, einsetzen würde. Aber letztendlich wissen wir schon, dass es in diesen Fällen der Fischereisektor ist, der die Vorreiterrolle spielen und ein Beispiel geben muss.

Wie ich bereits in Zusammenhang mit dem Bericht von Frau Miguélez über die Bestandsbewirtschaftung in der Tiefseefischerei sagte, sollte unsere Hauptsorge darin bestehen, alle empfindlichen Ökosysteme zu schützen, die als solche ausgewiesen sind, und nicht nur diejenigen, die das Glück haben, sich in einer Tiefe von mehr als 1 000 Metern zu befinden.

Wie Herr Freitas bereits darlegte, hat die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) das Kriterium der Wassertiefe als willkürlich und unwissenschaftlich zurückgewiesen, und die regionalen Fischereiorganisationen (RFO), unter ihnen die Organisation für die Fischerei im Nordwestatlantik (NAFO), haben sogar die 2 000-Meter-Regel ausgeschlossen, und eine 1 000-Meter-Grenze nicht einmal in Betracht gezogen, da eine solche Grenze ihrer Meinung nach keinen Zeck hätte, deshalb haben sie diese beseitigt.

Aber meine Frage ist folgende, Herr Kommissar: Sie sagten, dass dies auf die Flotten angewendet wird, die im Patagonischen Schelfgebiet fischen. Kürzlich stellten Vertreter des Ozeanografischen Instituts hier Bewertungsstudien vor, denen zufolge sie keine empfindlichen marinen Ökosysteme in diesem Gebiet entdeckt hatten. Ich möchte Sie deshalb fragen, ob Sie weiterhin auf der Anwendung dieses Vorschlags auf die in diesem Gebiet tätige Gemeinschaftsflotte bestehen.

Zum Schluss möchte ich das Thema der Beobachter ansprechen, zu dem der Bericht von Herrn Freitas meines Erachtens eine beträchtliche Dosis Vernunft beigesteuert hat. Ich glaube – und stimme mit dem Bericht überein –, dass die Beobachter Wissenschaftler sein sollten, weil sie empfindliche marine Ökosysteme bewerten sollen, was nicht jeder beliebige Beobachter tun kann.

Wie die Wissenschaftler jedoch selbst erklärten, ist es anscheinend absurd, einen Beobachter pro Schiff zu haben, weil sich dadurch unsere ozeanografischen Institute leeren würden und es zudem keinen Nutzen brächte, da es viel wichtiger ist, geplante und organisierte sowie andauernde Stichprobenprogramme vorzusehen, die uns einen guten Kontrollüberblick über diese Fischereien geben.

Ich wäre daher dankbar, Herr Kommissar, wenn Sie meine Fragen beantworten könnten, und ich rufe dazu auf, den Bericht von Herrn Freitas zu unterstützen.

 
  
MPphoto
 
 

  Paulo Casaca, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) Frau Präsidentin! Zuerst möchte ich unseren Berichterstatter zu diesem ausgezeichneten Bericht beglückwünschen und daran erinnern, dass hier der Schutz des Meeresbodens zur Debatte steht, wozu auch Tiefseekorallenriffe, Seeberge, hydrothermale Quellen und Tiefsee-Schwammriffe gehören, die kostbare Schätze unserer Ökosysteme sind.

Ferner möchte ich daran erinnern, dass in der Autonomen Region der Azoren der Schutz dieser Ökosysteme lange Zeit gesichert war und erst 2003 durch die europäischen Institutionen gefährdet wurde, als sie beschlossen, diese Region ohne Unterschied und ohne Rücksicht auf die Notwendigkeit des Schutzes dieser Ökosysteme für den Fischfang freizugeben.

Vor allem aber kommt es meiner Meinung nach darauf an, dass unsere Gesetzgebung in sich schlüssig ist. Das Problem mit den 1000 Metern liegt darin, dass es sinnlos ist, außerhalb der europäischen Gewässer die Fischerei unterhalb dieser 1000 Meter zu untersagen, während in den europäischen Gewässern unterhalb von 1000 Metern gefischt werden darf – unter dem Gesichtpunkt der ökologischen Tragbarkeit unserer Rechtsvorschriften betrachtet, ergibt das keinen Sinn. Am meisten beunruhigt mich, dass diese UN-Resolution – die maßgebliche Resolution 61/105 vom 8. Dezember 2006 – auch verschiedene andere Maßnahmen betrifft, namentlich Maßnahmen zum Schutz der Meeresschildkröten, die an der Oberfläche leben, und dass die Europäische Kommission diese Entscheidung nicht in ihrer Gesamtheit umgesetzt, sondern leider beschlossen hat, Punkt für Punkt, Sektor für Sektor etliche Jahre später damit anzufangen. Das scheint mir nicht das beste legislative Vorgehen zu sein. Es wäre besser, die gesamte UN-Entscheidung auf Gemeinschaftsebene umzusetzen, was die Dinge immens vereinfachen und die Rechtsvorschriften sowohl innerhalb als auch außerhalb der Gemeinschaftsgewässer viel funktionsfähiger machen würde.

 
  
MPphoto
 
 

  Josu Ortuondo Larrea, im Namen der ALDE-Fraktion. – (ES) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wir sind uns alle einig, dass es notwendig ist, Maßnahmen zur Abschaffung der zerstörerischen Fischereipraktiken zu ergreifen, die die empfindlichen marinen Ökosysteme bedrohen.

Mit Blick darauf stimmen wir dem Gedanken zu, dass die Schiffe der Union, die in Tiefseegewässern operieren und keiner regionalen Fischereiorganisation und keinem Abkommen angehören, einer Gemeinschaftsverordnung unterliegen müssen, die die Bedingungen regelt, die sie zum Erhalt der entsprechenden speziellen Fangerlaubnisse für diese Tiefseegewässer einhalten müssen, und die das spätere Verhalten, das es zu beachten gilt, die zu übermittelnden Informationen usw. festlegt.

Wir sind jedoch nicht mit den Beschränkungen einverstanden, die die Kommission in Artikel 6 vorgeschlagen hat, wo sie als vernünftige Option eine maximale Tiefe von 1 000 Metern für den Einsatz der Grundfanggeräte festsetzt, da sie der Meinung ist, diese Grenze biete ein angemessenes Schutzniveau, weil keine gesicherten Daten vorliegen, um dies zu stützen. Es gibt keine wissenschaftlichen Studien, die zeigen, ob sich die empfindlichen Ökosysteme unterhalb oder oberhalb dieser 1 000 Meter befinden.

Wir glauben, dass wir weitermachen und den Meeresgrund in jedem Gebiet besser dokumentieren müssen, indem wir ermitteln, wo sich die gefährdeten Bereiche befinden, bevor irgendwelche Wassertiefen für den Netzeinsatz festgelegt werden. Unserer Meinung nach ist es eine gute Idee, ein Schiff, wenn es auf ein mögliches empfindliches marines Ökosystem trifft, zu verpflichten, die Fangtätigkeit einzustellen und die zuständigen Behörden zu informieren. In dieser Hinsicht stimmen wir mit dem Vorschlag überein, dass eine repräsentative Auswahl der Fischereifahrzeuge, für die jeder Mitgliedstaat eine spezielle Fangerlaubnis erteilt hat, einen wissenschaftlichen Beobachter an Bord nimmt, wobei eine angemessene Rotation zwischen allen Schiffen bei den aufeinander folgenden Fangreisen zu gewährleisten ist.

Schließlich sind wir auch damit einverstanden, dass der Kapitän bei einem technischen Problem mit dem Satelliten-Positionsbestimmungsgerät, das jedes Schiff mitzuführen hat, in Abständen von zwei Stunden die geografische Position des Schiffes mitteilen muss, und das Schiff nach Rückkehr in den Hafen erst wieder auslaufen darf, nachdem die ordnungsgemäße Funktion des Positionsbestimmungssystems nachgewiesen wurde.

Dies alles schlagen wir nicht nur mit dem Ziel einer stärkeren Nachhaltigkeit der Meeresumwelt vor, sondern auch zur Absicherung der Fischereitätigkeit, die zu unserer Versorgung mit Nahrungsmitteln notwendig ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Seán Ó Neachtain, im Namen der UEN-Fraktion.(GA) Herr Präsident, ich möchte Herrn Freitas zu seinem hervorragenden Bericht gratulieren. Einer der wichtigsten Aspekte des maritimen Managements ist der Schutz empfindlicher Ökosysteme. In den letzten Jahren wurden erhebliche Anstrengungen unternommen, um dies zu erreichen. Es freut mich, dass die Europäische Union diese Pionierarbeit zum Schutz der Umwelt leistet – davon wird jeder einzelne von uns profitieren.

Die Politik zum Schutz der Ökosysteme ist international anerkannt, und es ist nun unsere Aufgabe, sie so umfassend wie möglich umzusetzen. Dafür eignet sich ein Konzept, das viele kleine Schritte umfasst, denn so können wir von jedem kleinen Schritt lernen, bevor wir den nächsten tun – der Schlüsselbegriff lautet Evolution und nicht Revolution.

Der Schutz empfindlicher Ökosysteme ist kompliziert – wofür ich ein wunderbares Beispiel aus Irland anführen möchte: Vor der irischen Westküste gibt es Tiefseekorallen. Im Zusammenhang mit dem Natura-2000-Netz wurde mitgeteilt, dass es in dieser Küstenregion vier NATURA-2000-Gebiete gibt, in denen der Fischfang zwecks Schutzes der Tiefseekorallen einschränkt ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Pedro Guerreiro, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (PT) Wir tragen die im Bericht enthaltenen Vorschläge zum Schutz der empfindlichen marinen Ökosysteme in den Hochseegebieten im Wesentlichen mit, möchten jedoch betonen, dass die künftigen Maßnahmen in diesem Bereich auf den Erkenntnissen der Fischereiforschung beruhen und in einer angemessenen Form durchgeführt werden müssen, d. h. unter Berücksichtigung der Vielfalt der bestehenden Situationen.

Diese Notwendigkeit zeigt sich bereits bei der Definition des Begriffs „empfindliches marines Ökosystem“, die, wie im Bericht hervorgehoben wird, auf dem besten wissenschaftlichen Erkenntnisstand beruhen muss. Ebenso müssen wir zwischen den verschiedenen Folgen des Einsatzes unterschiedlicher Fanggeräte unterscheiden und mit Hilfe der wissenschaftlichen Fischereiforschung ihre potenziellen Auswirkungen auf die Meeresressourcen und den Meeresboden bewerten. Abschließend möchten wir noch einmal darauf hinweisen, dass sämtliche Fragen im Hinblick auf Inspektionen oder unterlassene Beobachtungen unserer Meinung nach in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen.

 
  
MPphoto
 
 

  Avril Doyle (PPE-DE).(EN) Frau Präsidentin! Die Wissenschaftler aus dem Fischereiwesen wissen jetzt, dass die Tief- und die Hochsee vor Leben nur so strotzen, wobei die meisten Lebewesen dabei unentdeckt bleiben. In der Tat stellen etwa 50 % der Tiere bzw. Pflanzen, die aus einer Tiefe von mehr als 3000 m stammen, neue Arten dar. Wissenschaftler nehmen an, dass etwa 10 Millionen Arten in der Tiefsee leben. Das ist eine biologische Vielfalt, wie man sie sonst nur in den artenreichsten Regenwäldern der Welt vorfindet. Es werden einzigartige Ökosysteme entdeckt, in denen häufig Arten leben, die sonst nirgendwo auf der Erde anzutreffen sind.

Aus diesem Grund begrüße ich die Vorschläge der Kommission, zum einen für Fangtätigkeiten mit Grundfanggeräten in der Tiefsee eine Genehmigung zu fordern, und zum anderen zu verlangen, dass die zuständige Behörde vor Erteilen dieser Genehmigungen feststellt, dass keine erheblichen schädlichen Auswirkungen auf Tiefseeökosysteme vorliegen. In diesem Bereich hätte man schon lange tätig werden müssen und ich danke Duarte Freitas für seinen Bericht.

Die Schäden, die Grundschleppnetze Tiefseekorallen und Schwammgemeinschaften zufügen, sind beispiellos. Die ungeregelte Verwendung von Grundfanggeräten kann, wenn diese sich ihren Weg über den Meeresgrund freischaufeln und alles Leben, das ihnen in den Weg kommt, vernichten, auch Unterwasserberge oder Seeberge betreffen. So werden möglicherweise Arten ausgelöscht, bevor Wissenschaftler überhaupt jemals die Chance hatten, sie zu entdecken.

Leider spielt die Europäische Union bei der Verwendung von Grundschleppnetzen eine große Rolle. 2001 stammten etwa 60 % der mit Grundschleppnetzen erfolgten Fänge in der Tiefsee aus den Mitgliedstaaten, einschließlich der neuen baltischen Staaten, und in demselben Jahr war allein Spanien für etwa zwei Drittel dieser genannten Fänge in der EU und für 40 % der Fänge mit Grundschleppnetzen auf hoher See weltweit verantwortlich.

Ich stimme dem Berichterstatter dahingehend zu, dass die Kommission ihre ganzen Einflussmöglichkeiten, die sie über den Fischereisektor hinaus hat, nutzen muss, um abgestimmte Maßnahmen für den Schutz empfindlicher Ökosysteme zu ergreifen. Unser Ansatz muss dabei zwei wesentlichen Prinzipien folgen: dem Vorsorgeprinzip, nach dem wir dort handeln müssen, wo ungenügend wissenschaftliche Informationen vorliegen oder Unsicherheit herrscht, und vor allem einer auf den Ökosystemen basierenden Bewirtschaftung.

Herr Kommissar, sind die genannten 1000 m willkürlich gewählt? Bei dieser Frage geht es ja wohl darum, ob empfindliche Ökosysteme oberhalb dieser Grenze existieren und nicht nur unterhalb, wie dies einige Kollegen hier zum Ausdruck gebracht haben.

 
  
MPphoto
 
 

  Marios Matsakis, (ALDE). − (EN) Frau Präsidentin! Einige meiner Vorredner haben behauptet, es gäbe keine wissenschaftliche oder überhaupt keine Grundlage für die Festlegung der Tiefenbegrenzung auf 1000 m. Das stimmt nicht. Um Ihnen ein Beispiel zu nennen: Es existieren wissenschaftliche Belege aus Fangtätigkeiten in einer Tiefe von 840 bis 1300 m westlich von Irland. Untersuchungen der dabei als Beifang an Bord gelangten Kaltwasserkorallen mit der C-14-Methode ergaben für die Matrix der Korallen ein Alter von mindestens 4550 Jahren.

Es gibt also wissenschaftlich nachgewiesene empfindliche Ökosysteme in dieser Tiefe. Außerdem denke ich, es wäre ratsam, eine solche Begrenzung zusätzlich zur Anwendung des Vorsorgeprinzips festzulegen.

 
  
MPphoto
 
 

  Zdzisław Kazimierz Chmielewski (PPE-DE).(PL) Frau Präsidentin! Die Europäische Union beteiligt sich aktiv an der Suche nach globalen Lösungen für das Problem der Verwendung von Grundfanggeräten. Anstelle der Verfügung eines vollständigen Verbots derartiger Geräte setzt sie sich für die Nutzung unter strengen Auflagen ein.

Die fragliche Verordnung ist eine Art Modus Vivendi. Die damit erzielten rechtlichen Wirkungen beruhen allerdings nicht durchgängig auf klaren und überzeugenden Bestimmungen. Länder und Regionen, in denen der Fischfang keine so große Rolle spielt und die folglich nicht über das Potenzial verfügen, regelmäßige detaillierte Studien durchzuführen, haben ganz einfach die Befürchtung, dass sie nicht in der Lage sein könnten, den Anforderungen an die Erstellung eines entsprechenden Fangplans und der Forderung zu entsprechen, genaue Angaben dazu zu machen, in welcher Tiefe das Schleppgerät eingesetzt wird bzw. wie der Meersboden beschaffen ist, was gerade den ärmeren Gebieten Kopfzerbrechen bereitet.

 
  
MPphoto
 
 

  Joe Borg, Mitglied der Kommission. (EN) Frau Präsidentin! Ich begrüße die große Anzahl der Aspekte und Anmerkungen, die unterstreichen, welche Bedeutung Sie der Frage des Umgangs mit destruktiven Fischereipraktiken beimessen.

Wie ich bereits gesagt habe, ist unser Vorschlag die Reaktion auf eine Forderung der internationalen Gemeinschaft, und wir müssen nun unsere Entschlossenheit demonstrieren, dieser Forderung nachzukommen.

Bezüglich der Frage der vorgeschlagenen Tiefenbegrenzung in 1000 m möchte ich anmerken, dass wir unbedingt das Vorsorgeprinzip anwenden müssen. Wir haben diese Begrenzung so festgelegt, dass wir sicher sein können, dass sich in einem bestimmten Bereich nicht plötzlich Fischereien entwickeln. Zudem betrifft dies nicht die derzeitigen Fischereien, und wenn dem so ist, verstehe ich den Widerstand gegen eine Tiefenbegrenzung von 1000 m nicht. Ich werde mich aber noch einmal eingehend mit der Sache befassen und bin zuversichtlich, dass diese Frage im Rat im Juni zur allgemeinen Zufriedenheit geklärt werden kann.

Allerdings bin ich nicht dafür, dass wir die Grundfischerei uneingeschränkt erlauben sollten, bis wir empfindliche Ökosysteme entdeckt haben, denn wenn der Schaden erst einmal da ist, dann ist er da, und dann ist es zu spät. Deshalb beharren wir mit solchem Nachdruck auf dem Vorsorgeprinzip.

Was die Beobachter angeht, so möchte ich sagen, dass dies ein außerordentlich wichtiger Punkt ist, wenn es darum geht, zu zeigen, dass es uns mit dem Schutz empfindlicher mariner Tiefseeökosysteme ernst ist. Die grundsätzliche Anwesenheit von Beobachtern ist ein wesentlicher Punkt für die Kommission. Ich bin zuversichtlich, dass wir im Rat auch hierfür im Juni eine Lösung finden werden, ohne das Prinzip des durchgängigen Einsatzes von Beobachtern aufzugeben.

 
  
MPphoto
 
 

  Duarte Freitas, Berichterstatter. (PT) Mit Bedauern möchte ich zunächst feststellen, dass der Herr Kommissar dem, was fast alle Abgeordneten gesagt haben und was in dem Bericht selbst bezüglich der 1000 Meter gesagt wird, keine Beachtung geschenkt hat.

Es gibt keinen, ich wiederhole keinen, wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass eine 1000-Meter-Grenze angebracht ist. Warum 1000? Warum nicht 800 oder 1200 Meter? Es gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis, und wir haben eine Anhörung mit Experten abgehalten und hatten auch den Direktor der Abteilung für Ozeanografie und Fischerei der Azoren bei uns, der viele gute, international anerkannte Studien zum Meeresboden durchgeführt hat; ich habe auch mit anderen Personen gesprochen, anderen Experten: Es gibt keinen Nachweis dafür, dass die 1000-Meter-Festlegung sinnvoll ist.

Übrigens könnte es durchaus sein, dass die 1000 Meter aus den Diskussionen über das Mittelmeer übernommen wurden, aber wir haben es hier nicht mit dem gleichen Gebiet zu tun – im Gegenteil, wir reden von ganz anderen Gebieten! Also lassen Sie uns abwarten, meine Freunde: ob wir die Europäische Union ganz zu Recht verpflichten, beim Schutz der Tiefseeböden eine Führungsrolle zu übernehmen, was gut ist, und ob es uns hoffentlich gelingt, andere mitzureißen. Wir tragen nun einmal Verantwortung für die Umwelt, aber wir müssen auch ein bisschen objektiv und rational sein. Wenn wir von den Flotten, die in den betreffenden Gebieten fischen möchten, die Vorlage wissenschaftlicher Studien verlangen, ohne dass die Kommission die Kosten beziffern oder uns sagen kann, ob die Mitgliedstaaten in der Lage sein werden, die Qualität dieser Studien zu beurteilen und auf sie zu reagieren – wenn wir also von den Flotten verlangen, dass sie anhand solcher Studien ermitteln, ob der Meeresboden empfindlich ist oder nicht, dann müssen wir doch selbst rational sein! Hören wir also auf, von 1000 Metern zu reden.

Wenn es empfindliche Tiefseeökosysteme gibt, können sie bei 800 oder 1200 Metern liegen, das werden ja die Überprüfungen zeigen, die die Flotten durchführen müssen, um Fanggenehmigungen zu erhalten. So einfach ist das, und daher denke ich, dass in dieser Angelegenheit auf eine rationale Einstellung ankommt.

Zum Abschluss nur ein letzter Verweis auf die Bedeutung dieser Thematik. Es wird gesagt, dass wir die Oberfläche des Mondes besser kennen als den Tiefseeboden, und darum werden wir uns hier in diesem Hause persönlich dafür einsetzen, dass mehr über den Tiefseeboden in Erfahrung gebracht wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet am Donnerstag, dem 5. Juni 2008, statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
MPphoto
 
 

  Daciana Octavia Sârbu (PSE), schriftlich. (RO) Die Stärken des Vorschlags für eine Verordnung sind die Einführung des Vorsorgegrundsatzes und die vorgesehene Ausstellung einer Fangerlaubnis, nachdem durch eine Prüfung nachgewiesen wurde, dass die betreffenden Tätigkeiten keine nachteiligen Auswirkungen auf die marinen Ökosysteme haben. Als Schattenberichterstatterin habe ich es für notwendig erachtet, dass diesen Prüfungen gemeinschaftsweit angeglichene Kriterien zugrunde liegen, die von der Kommission überprüft werden, um eine einheitliche Bewertung durch alle Mitgliedstaaten zu gewährleisten.

Ferner habe ich die Schaffung eines elektronischen Kartierungssystems vorgeschlagen, das die Einrichtung einer Datenbank gefährdeter mariner Ökosysteme ermöglichen soll, damit die Kosten und der Aufwand bei der Bewertung und der Ausstellung der Fangerlaubnis verringert werden können. Mit anderen Worten, die Vorschläge hatten das Ziel, die Wirksamkeit des Systems zu verbessern und den bestmöglichen Schutz der Artenvielfalt im Meer sicherzustellen.

Es ist auch sehr wichtig, dass die Kommission bis Ende 2008 eine Liste der zu sperrenden Gebiete erstellt, wobei die bestätigten Standorte sowie die Orte anzugeben sind, an denen aller Wahrscheinlichkeit nach gefährdete Meeresökosysteme bestehen. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, welche Rolle die Mitgliedstaaten beim Schutz der Meeresfauna spielen, indem sie ihren Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Habitat-Richtlinie und der nationalen Ausweisung von Meeresökosystemen im Rahmen des Natura-2000-Netzes nachkommen.

 
  
  

VORSITZ: RODI KRATSA-TSAGAROPOULOU
Vizepräsidentin

 

27. Effiziente Einfuhr- und Ausfuhrvorschriften und -verfahren im Dienste der Handelspolitik (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt der Bericht von Jean-Pierre Audy im Namen des Ausschusses für internationalen Handel über effiziente Einfuhr- und Ausfuhrvorschriften und -verfahren im Dienste der Handelspolitik (2007/2256(INI)) (A6-0184/2008).

 
  
MPphoto
 
 

  Jean-Pierre Audy, Berichterstatter. − (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Die Zollunion, die 2008 ihr vierzigjähriges Bestehen feiert, war eine der ersten Etappen der europäischen Integration. Sie hat zur Abschaffung aller Einfuhr- und Ausfuhrzölle zwischen den Mitgliedstaaten und zur Annahme eines gemeinsamen Außenzolltarifs geführt. Sie ist von entscheidender Bedeutung für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die ordnungsgemäße Anwendung der Handelsabkommen der Union. Innerhalb der Zollunion ist die Effizienz der Einfuhr- und Ausfuhrverfahren eine Grundvoraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der Union und den Schutz ihrer Bürger.

Herr Kommissar, Sie haben kürzlich die Zollstatistiken für 2007 veröffentlicht, die, ich zitiere, „neue und alarmierende Tendenzen“ erkennen lassen. Sie erklärten, dass Fälschungen weiterhin unsere Gesundheit, unsere Sicherheit und unsere Wirtschaft bedrohen. Im Bereich Verbraucherschutz bestehen zahlreiche Bedenken, und mein Bericht enthält Vorschläge im Hinblick auf die Einhaltung europäischer Standards vor allem bei Gesundheit und Sicherheit.

Ein weiteres Beispiel ist die Frage des Zigarettenschmuggels, die im vergangenen September im Parlament behandelt wurde und zu der ich Berichterstatter für meine Fraktion war. Dabei wurde das Ausmaß des Problems unterstrichen und die Schwäche unseres gemeinschaftlichen Versandverfahrens aufgedeckt. Daher zweifelt der Ausschuss für internationalen Handel an der Qualität unseres Zollsystems und an seiner Fähigkeit, die Herausforderungen der Globalisierung des Handels zu bewältigen; und das in einer Situation, in der unsere Bürger von der Union Schutz erwarten. Zumindest besagt dies der Vertrag von Lissabon, der derzeit in den Mitgliedstaaten ratifiziert wird. Dort heißt es in Artikel 1 Absatz 4, dass die Union in ihren Beziehungen zur übrigen Welt zum Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger beiträgt.

Auf internationaler Ebene ist der größte Unsicherheitsfaktor der Ausgang der Verhandlungen der Doha-Runde, die von der Welthandelsorganisation geführt werden und bei der eine Einigung in weiter Ferne zu liegen scheint. Wir alle wissen, dass es im Falle eines Scheiterns der multilateralen Handelsverhandlungen zu einem bilateralen Wettbewerb kommen wird, bei dem bekanntlich das Gesetz des Stärkeren gilt. Also werden wir eine starke und leistungsfähige Zollunion brauchen. Auch innerhalb der Weltzollorganisation sind geringere Fortschritte in Richtung Effektivierung und Harmonisierung der Zollverfahren zu beobachten, was eine Folge der Sicherheitsbedenken in den USA seit den Ereignissen vom 11. September ist.

Was den internationalen Handel anbelangt, wird im Bericht dennoch darauf hingewiesen, dass allzu strikte Ein- und Ausfuhrbestimmungen ein nichttarifäres Handelshemmnis darstellen können. Ich fordere die Kommission auf, sich insbesondere auf die kleinen und mittleren Unternehmen zu konzentrieren, denen zufolge zu umständliche Zollbestimmungen und -verfahren eines der Haupthindernisse im internationalen Handel sind. Das Zollsystem muss genutzt werden, um den Handel zu erleichtern. Im Bericht wird vorgeschlagen, diese Frage in einem internationalen Abkommen zu behandeln, das getrennt von der Doha-Agenda ausgehandelt wird.

Im Bericht werden ferner zahlreiche Fragen in Zusammenhang mit der Tarifierung, dem Wert und dem (Präferenz- oder Nichtpräferenz-) Ursprung von Waren in der Hoffnung untersucht, dass die Kommission die Forderungen der betroffenen Wirtschaftsbereiche berücksichtigt.

Abschließend möchte ich hervorheben, dass das weiterhin bestehende Harmonisierungsdefizit meines Erachtens zweifellos Grund für die Schwächung des europäischen Zollsystems ist. Ich verstehe, Herr Kommissar, dass die Reform des gemeinschaftlichen Zollkodex Priorität für die Kommission hat und dass dies auch schon ohne die gleichzeitige Reform der Institutionen eine ausreichend komplexe Aufgabe ist. Dennoch möchte ich eine Diskussion einleiten, indem ich vorschlage, die Möglichkeit einer Integration und Koordinierung der nationalen Zollverwaltungen zu prüfen, und zwar mit Blick auf die Schaffung einer gemeinschaftlichen Verwaltung für die Zollunion. Durch die zunehmend harmonisierungsfreundlichen Zollregeln nimmt der Zoll in der gesamten Union de facto ohnehin einheitliche Züge an.

Angesichts der langen Zeiträume, die die Gemeinschaft für Entwicklungen benötigt, vor allem wenn dabei Vorrechte der Mitgliedstaaten betroffen sind, ist meines Erachtens die Zeit gekommen, diese Frage aufs Tapet zu bringen. Sie ist hat symbolischen Charakter, da sie der krönende Abschluss von 40 Jahren zunehmender Zollintegration ist. Zugleich hat sie pragmatischen Charakter, denn sie reflektiert die Notwendigkeit einer effizienteren Zollorganisation in einer zunehmend komplexen, sich rasch verändernden Welt, die nicht auf uns wartet.

 
  
MPphoto
 
 

  László Kovács, Mitglied der Kommission. – (EN) Frau Präsidentin! Es freut mich, dass ich zu dem von Jean-Pierre Audy ausgearbeiteten und vom Ausschuss für internationalen Handel am 6. Mai einstimmig angenommenen Bericht Stellung nehmen darf. Meine Glückwünsche gehen an den Berichterstatter, der auf vorbildliche Weise den entscheidenden Beitrag hervorgehoben hat, den Zollgesetze und Zolldienstleistungen zur effizienten Umsetzung unserer gemeinsamen Handelspolitik leisten und der darüber hinaus die wichtigen Herausforderungen herausgearbeitet hat, vor denen die Union in dieser Frage steht.

Meine Dienste bemühen sich nach besten Kräften, um zu gewährleisten, dass die mit Zollkonzepten und -verfahren verbundenen Chancen, aber auch die damit einhergehenden erforderlichen Einschränkungen in internationalen Handelsvorschriften bzw. -abkommen Berücksichtigung finden. Darüber hinaus verteidigen sie aktiv die Interessen der EU in internationalen Organisationen, die sich mit Zollfragen beschäftigen, insbesondere in der Weltzollorganisation und der Welthandelsorganisation.

Dies gilt vor allem für die Regeln über den präferenziellen wie auch über den nichtpräferenziellen Ursprung von Waren. Am 27. Mai wurde der Ausschuss für internationalen Handel über den aktuellen Stand der Reform der Ursprungsregeln des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) informiert. Ich bin zuversichtlich, dass die Kommission auf der Grundlage der verschiedenen Zuarbeiten in der Lage sein wird, die Unterstützung der Mitgliedstaaten zu gewinnen, um den Reformprozess zum Abschluss zu bringen.

Gleiches gilt für die WHO-Verhandlungen über die Erleichterung des Welthandels. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt vertritt die Kommission weiterhin die Überzeugung, eine Einigung über Handelserleichterungen sollte ein Pfeiler des Abschlusses der Doha-Runde bleiben und nicht aus den Verhandlungen ausgeklammert werden. Natürlich sollten die bislang erzielten Ergebnisse der diesbezüglichen Verhandlungen keinesfalls verloren gehen.

Wichtige Schritte sind unternommen worden, um auf die mit Produktfälschungen, Markenpiraterie und gefährlichen Erzeugnissen verbundenen Gefahren zu reagieren. Neue Verfahren sind in Zollgesetze eingearbeitet worden, um Schutz und Sicherheit zu garantieren. Der heute veröffentlichte modernisierte Zollkodex der Gemeinschaften sowie die Entscheidung über elektronische Zölle, die im Januar veröffentlicht wurde, stellen wichtige Meilensteine auf dem Weg zu einem dauerhaften, aber dynamischen Beitrag der Zollgesetze zum Schutz der europäischen Bürger und der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft durch Erleichterung seriöser Handelsaktivitäten dar. Sie sind Beispiele der fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen den Institutionen.

Im Bericht wird zu Recht auch die Notwendigkeit der weiteren Harmonisierung und einheitlichen Umsetzung der Zollvorschriften sowie der Verbesserung der Organisation und Arbeitsweise unserer Zollverwaltungen betont.

Meiner Auffassung nach kann eine weitere Harmonisierung bei der Umsetzung der Zollgesetze durch folgende Initiativen erreicht werden: die aktuellen Bemühungen um die Umsetzung des modernisierten Zollkodexes und die „e-Zoll“-Entscheidung, ein neues Programm für die gezielte Kontrolle der korrekten und einheitlichen Anwendung der Zollgesetze und eine – in Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten vorzunehmende – Beurteilung des Bedarfs und der Möglichkeiten, Zollvergehen und -strafen anzugleichen. Das Aktionsprogramm für das Zollwesen in der Gemeinschaft (Zoll 2013) stellt ebenfalls ein wichtiges Werkzeug in dieser Hinsicht dar.

Abschließend möchte ich auf die im Bericht enthaltenen Punkte zur Initiative der USA eingehen, sämtliche Container mit Bestimmungsort USA ab 2012 zu scannen. Die Kommission nutzt alle verfügbaren Kanäle, um den amerikanischen Behörden begreiflich zu machen, dass sie damit den falschen Weg eingeschlagen haben, um die Lieferkette zu sichern. Im April hat die Kommission der US-Regierung einen stichhaltigen Bericht vorlegt, der mit Unterstützung der Mitgliedstaaten erstellt wurde und die negativen Auswirkungen dieser Maßnahme für europäische Häfen, den internationalen Handel und den Seeverkehr beleuchtet.

 
  
MPphoto
 
 

  Zuzana Roithová, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (CS) Frau Präsidentin! Ich begrüße den Initiativbericht meines Kollegen Jean-Pierre Audy, der einen Blick auf die Frage wirft, wie wichtig die strenge Anwendung von Zollverfahren für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes ist. Bedauerlicherweise kommt es bei uns aufgrund illegaler Einfuhren von Waren aus Drittländern in zunehmendem Maße zu Marktverzerrungen. Dabei geht es nicht nur um Schmuggel, Fälschungen und die Umgehung von Zöllen; unser Markt wird auch von Waren überschwemmt, die nicht den europäischen Sicherheitsanforderungen entsprechen, obwohl sie oftmals entsprechend gekennzeichnet sind. Leider stehen den Zollbehörden nicht genügend Ressourcen für ausreichende Grenzkontrollen zur Verfügung. Unser Ausschuss hat in Antwerpen selbst erlebt, dass pro Tag gerade einmal 0,5 % aller Container kontrolliert werden. All das höhlt das Vertrauen in den Binnenmarkt aus und schadet den Verbrauchern genauso wie den europäischen Produzenten, die aus eigener Kraft nicht mit der unfairen Konkurrenz Schritt halten können. Obwohl unsere Zollunion mittlerweile etwa vierzig Jahre besteht, wenden die Mitgliedstaaten die Zollvorschriften noch immer nicht in ausreichend einheitlichem Maße an. So bestehen zum Beispiel erhebliche Unterschiede bei den Vorschriften über die Tarifierung, den Wert und den (Präferenz- oder Nichtpräferenz-)Ursprung von Waren. Ich bin ebenso wie der Berichterstatter der Meinung, dass eine stärkere Harmonisierung zu einer Verbesserung der Situation führen würde. Die Kommission sollte auch auf die berechtigten Einwände im Hinblick auf die einheitliche Anwendung des Kriteriums des Mehrwerts reagieren, die beispielsweise von der Textilindustrie erhoben werden. Ein zu strenges und komplexes Zollrecht erschwert insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zum internationalen Handel. Der europäischen Wettbewerbsfähigkeit würde eine Vereinfachung, Modernisierung und Harmonisierung der für die Ein- und Ausfuhr von Waren geltenden Vorschriften und Verfahren zweifellos nutzen.

 
  
MPphoto
 
 

  Francisco Assis, im Namen der PSE-Fraktion. – (PT) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kollegen! Zunächst möchte ich Herrn Audy zu seinem in überragender Qualität dargebotenen Bericht beglückwünschen, überragend sowohl im Hinblick auf die darin enthaltenen Überlegungen als auch im Hinblick auf die unterbreiteten Vorschläge.

Tatsächlich ist der Zoll, wie es in dem Bericht ausdrücklich heißt, heute ein Instrument mit vielen Funktionen. Er hat eine steuerliche Funktion, was seine ursprüngliche Funktion ist, aber auch wirtschaftliche Funktionen und in wachsendem Maße sicherheitspolitische Funktionen, indem er zum Schutz der europäischen Unternehmen und der europäischen Verbraucher beiträgt.

Was den wirtschaftlichen Aspekt angeht, so soll er natürlich den internationalen Handel erleichtern, und die Europäische Union hat jedes erdenkliche Interesse daran, dass das auch geschieht. Aber er muss sich auch auf seine Sicherheitsaufgaben konzentrieren – Sicherheit im Sinne der Vereitelung und Bekämpfung von Fälschung und Piraterie, der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, der einigen europäischen Unternehmen insbesondere in schwächeren Sektoren die Grundlage entzieht; Sicherheit im Sinne des Schutzes der Umwelt und der Volksgesundheit, beides Güter, die unsere Gesellschaft immer mehr zu schätzen weiß. Aus diesem Grunde müssen wir größere Fortschritte machen.

Wir halten den Vorschlag des Berichterstatters für gut, da er in Richtung Förderung der Harmonisierung des Zollsystems geht. Es gibt eine gemeinsame Handelspolitik und eine gemeinsame Zollpolitik, es gibt aber auch eine Reihe nationaler Verwaltungen, die nicht immer optimal zusammenarbeiten. Um den Schutz der Interessen der europäischen Produzenten und Verbraucher zu gewährleisten, wären schnellere Fortschritte in Richtung Harmonisierung wünschenswert. Fortschritte durch neue Verfahrensweisen, durch eine bessere Koordinierung und durch die Schaffung der Voraussetzungen für eine effektive Harmonisierung der Zollverfahren auf Gemeinschaftsebene. Daher werden wir den Bürgern Europas einen guten Dienst erweisen, sei es aus Sicht der Produzenten oder aus Sicht der Verbraucher.

Es gibt eine Frage, die mir sehr wichtig erscheint und die die kleinen und mittleren Unternehmen betrifft; sie wurde auch in dem Bericht und von meiner Vorrednerin angesprochen. Unsere kleinen und mittleren Unternehmen sind besonders verletzlich gegenüber unlauterem Wettbewerb, und unser Zollsystem ist nicht immer in der Lage, diese Gefahren erfolgreich abzuwehren. Daher müssen wir in diesem Bereich stark investieren und die Koordinierung mit den kleinen und mittleren Unternehmen verbessern. Sie verfügen nicht immer über tiefgehende Kenntnisse der Regeln und Verfahren und sind deshalb beim Zugang zum internationalen Handel benachteiligt.

Ich ende, wie ich begonnen habe, indem ich den Verfasser dieses Berichts beglückwünsche, von dem ich meine, dass er Europa in diesem spezifischen und sehr wichtigen Bereich der Zollpolitik einen guten Dienst erwiesen hat.

 
  
MPphoto
 
 

  Zbigniew Krzysztof Kuźmiuk, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Frau Präsidentin! Ich ergreife in dieser Aussprache im Namen der UEN-Fraktion das Wort und möchte auf folgende drei Punkte eingehen.

Erstens: Viele in die Erleichterung des internationalen Handels einbezogene Länder, selbst diejenigen, die WTO-Mitglieder sind, halten Sozial- und Umweltstandards nicht ein; dadurch erreichen sie eine deutliche Senkung ihrer Herstellkosten, verhindern aber gleichzeitig einen fairen Wettbewerb. Bei der Verbesserung des Zugangs zum europäischen Markt für Waren aus solchen Ländern muss diesem Umstand Rechnung getragen werden, weil andernfalls viele Produktionsbereiche in Europa verdrängt werden.

Zweitens: Die zunehmende Öffnung des europäischen Marktes für Agrarerzeugnisse aus Drittländern als Gegenleistung für die Öffnung dieser Länder für Ausfuhren europäischer Industriegüter und Dienstleistungen stellt im Grunde die Umsetzung der Vorstellung von Kommissar Mandelson dar, dass die Europäische Union anderen Ländern gegenüber Zugeständnisse im Rahmen der WTO-Gespräche machen muss, weil die EU an den Exporten von Industriegütern mehr verdient als an der schwachen Verteidigung der Landwirtschaft, doch leider bedeutet das eine weitere Schwächung des landwirtschaftlichen Potenzials Europas.

Drittens und letztens: Die Europäische Kommission muss wesentlich schneller als bisher auf Verstöße von Exporteuren aus Drittländern gegen Abmachungen über den Zugang zum europäischen Markt reagieren. Immer dann, wenn Ausfuhren aus diesen Ländern die Produktion in Europa schwächen, muss die Kommission unverzüglich und nicht erst Monate später handeln.

 
  
MPphoto
 
 

  Jean-Claude Martinez (NI).(FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Dies ist heute sozusagen eine Nacht des Zolls, mit dem Bericht von Herrn Markov zum APS und dem Bericht von Herrn Audy zu den nichttarifären Hindernissen, mit anderen Worten, mit den Einfuhr- und Ausfuhrbestimmungen und Verfahren, die wir als administrativen Protektionismus oder selbstgerechte Zollhemmnisse bezeichnen. Auch wenn die WTO viel über die Senkung der GATT-Zölle spricht, haben wir doch auch einen subtilen Protektionismus in Form von Quoten, Spitzenzollsätzen – in Europa gibt es mehr als 110 Spitzenzollsätze, Kanada hat allerdings 430 –, und gestaffelten Einfuhrzöllen, die kleine Länder daran hindern, Industrienationen zu werden, ganz zu schweigen von einer Liste empfindlicher Erzeugnisse und einem APS, das die Wahrung der Menschenrechte zum Kriterium macht, ferner die subjektiven Zollbestimmungen zum Ursprung, zum Wert oder zu den Tariflinien. Europa hat mehr als 5000 Tariflinien. Allein in der Landwirtschaft gibt es 2726 Tariflinien. In Japan gibt es allerdings 1890 und in den USA 1779. Was tun wir also mit Waren, wenn es um die Tariflinien geht? Wie klassifizieren wir beispielsweise eine Mumie, die aus Ägypten für eine Ausstellung hierher kommt? Wir klassifizieren sie als Trockenfisch!

In Herrn Audys Bericht werden alle diese Probleme behandelt und es wird eingeräumt, dass die USA mit der Hexenjagd im Sicherheitsbereich zu einem McCarthyismus im Zollbereich zurückgekehrt ist. Die Ära des pazifistischen Ansatzes von Papst Johannes Paul II. mit seiner berühmten Moralpredigt von 1978 („Öffnet die Grenzen der Staaten, der politischen und wirtschaftlichen Systeme, die weiten Bereiche der Kultur, der Zivilisation und des Fortschritts Seiner rettenden Macht. Habt keine Angst!“) ist zu Ende. Deshalb die Doha-Runde, die zehn Jahre nach ihrer Eröffnung immer noch andauert, wohingegen die Uruguay-Runde, wenn ich mich das zu sagen erdreisten darf, nur acht Jahre dauerte.

Wo liegen die Wurzeln des Problems? Das Problem rührt daher, dass Zölle 2000 Jahre alt sind und bis ins alte Rom zurückreichen, zu den Abgaben an den Toren Roms. Doch wir leben im 21. Jahrhundert, und daher brauchen wir eine neue Zolltechnologie, Herr Kommissar. Glücklicherweise wurde diese neue Zolltechnologie von Wissenschaftlern erfunden, es geht dabei um abzugsfähige Zölle, die entsprechend den Unterschieden in den Produktionskosten angepasst werden können, Zölle, die erstattungsfähig sind, die an einer Börse gehandelt und die modifiziert werden können, um Entwicklungsländern zu helfen.

Dies, Herr Kommissar, sollten Sie bei den WTO-Verhandlungen auf den Tisch legen, diese neue Zolltechnologie, damit wir unser archaisches Zollsystem abschaffen können.

 
  
MPphoto
 
 

  Marusya Ivanova Lubcheva (PSE).(BG) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erörtern heute einen außerordentlich wichtigen Bericht. Die effiziente Handelspolitik ist ein Instrument zur Erreichung der regionalen oder umfassenderen Integration.

Auf verlässlichen Vorschriften und Verfahren beruhende Einfuhren und Ausfuhren versetzen uns in die Lage, den europäischen Binnenwirtschaftsraum zu schützen. Der Bericht ist objektiv und kritisch, zugleich aber auch konstruktiv. Im Mittelpunkt stehen mehrere Aspekte, d. h. die bilateralen, regionalen und multilateralen gegenseitigen Vorteile, die gemeinsamen regionalen Chancen und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union durch marktgestützte Instrumente, um die Verdrängung europäischer Produkte vom Markt zu verhindern.

Der Handel beeinflusst in erheblichem Maße das Wirtschaftswachstum einiger Länder. So gesehen kommt Einfuhr- und Ausfuhrvorschriften eine überragende Bedeutung zu. Besonders wichtig ist deren Anwendung und Kontrolle, gerade für einige neue Mitgliedstaaten wie Bulgarien, wo höhere Ausfuhrmengen ausschlaggebend für die Entstehung eines Handelsbilanzdefizits sind.

In diesem Fall ist der Zugang zu Drittmärkten ganz entscheidend. Die Platzierung von Waren aus den neuen Ländern auf externen Märkten, die sich sogar dann mühsam gestaltet, wenn diese Produkte sämtlichen Anforderungen entsprechen, führt zu Unterschieden in der Behandlung. Und genau deswegen brauchen wir bei den Rechtsvorschriften und den dazugehörigen Durchführungsbestimmungen absolute Übereinstimmung.

Der Arbeit der nationalen Zollbehörden kommt entscheidende Bedeutung für das reibungslose Funktionieren eines effizienten Handelssystems zu, insbesondere angesichts ihrer erweiterten Aufgaben bei der Bekämpfung von Fälschungen und Betrug sowie im Bereich des Schutzes der Rechte am geistigen Eigentum und der Verbraucher.

Die Zollbehörden der Mitgliedstaaten müssen ihre Zusammenarbeit gut organisieren. Gleichermaßen wichtig sind Maßnahmen zur richtigen Motivation der Zollbehörden im Rahmen von administrativen Lösungen jedes Mitgliedstaates wie auch zum Schutz und zur Unterstützung des Auftrags der Zollbehörden.

Man könnte die Einrichtung spezialisierter Zentren in für den Handel mit Drittstaaten bzw. Regionen besonders wichtigen Ländern in Erwägung ziehen. Dies wäre hilfreich für die Förderung einer effizienten Handelspolitik der Europäischen Union.

 
  
MPphoto
 
 

  Zuzana Roithová (PPE-DE).(CS) Frau Präsidentin! Ein Punkt wurde bislang noch nicht angesprochen. Ich möchte Sie, Herr Kommissar, fragen, welche Schritte die Europäische Union bisher mit Blick auf die von den USA angewandten Vorschriften unternommen hat. Wie können Ihrer Meinung nach die Handelsabläufe im Rahmen der transatlantischen Beziehungen am besten koordiniert werden? Und sehen Sie eigentlich eine Möglichkeit, einen Ausgleich zwischen Sicherheitsmaßnahmen und der Notwendigkeit, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Europa und den Vereinigten Staaten flexibler zu gestalten, zu erzielen? Mir geht es bei dieser Frage um die für Container festgelegten Anforderungen, die der Kollege Audy in seinem Bericht ebenfalls erwähnt.

 
  
MPphoto
 
 

  László Kovács, Mitglied der Kommission. – (EN) Frau Präsidentin! Zu Beginn möchte ich mich für Ihr Interesse und Ihren Beitrag zur Verbesserung unserer Rechtsvorschriften und Praktiken im Zollbereich bedanken. Ich möchte zwei Rechtsdokumente in den Vordergrund rücken: den modernisierten Zollkodex und die „e-Zoll“-Entscheidung. Sie werden dazu beitragen, dass das Zollwesen der EU effizienter, schneller und sogar billiger wird. Selbstverständlich stehe ich dem Parlament zur Verfügung, um Sie über die wichtigsten Entwicklungen im Bereich der Zollvorschriften und ihrer Umsetzung auf dem Laufenden zu halten.

Am 1. April hat die Kommission eine neue Mitteilung über eine Strategie für die weitere Entwicklung der Zollunion verabschiedet, die durch eine Entschließung des Rates bekräftigt wurde. Die künftige Zollinitiative, die auf der Mitteilung fußt, stärkt die Zollbehörden, indem sie eine angemessene und ausgewogene Antwort auf die doppelte Herausforderung bietet, vor der diese stehen: einerseits durch Gewährleistung von Sicherheitskontrollen für Waren an den Außengrenzen und andererseits durch Erleichterung des Handels. Zu diesem Zweck sieht die Initiative vor, den gegenwärtigen transaktionsbasierten Ansatz bei Zollformalitäten und -kontrollen durch einen systemischen Ansatz zu ersetzen, bei dem der Schwerpunkt auf den internen Kontrollsystemen und der Lieferkette der Wirtschaftakteure liegt. Ein derartiger neuer Ansatz erfordert neue Arbeits- und Kontrollmethoden und eine künftige Zollrisikomanagementstrategie. Gleichzeitig bietet er eine Plattform für die Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten hinsichtlich der geeignetsten Betriebsstrukturen, die künftig eingesetzt werden sollten, um die effiziente Funktionsweise der Zollunion zu garantieren.

Zur Frage von Frau Roithová zur Initiative des amerikanischen Kongresses, sämtliche Container mit Bestimmungsort USA ab 2012 zu scannen: Schon vor der Verabschiedung durch den Kongress haben wir verschiedene Bemühungen unternommen, um den Vorschlag abzuändern, allerdings erfolglos. Die Regierung der Vereinigten Staaten zeigte sich sehr verständnisvoll, denn sie sah ein, dass die Einführung solcher Maßnahmen, einen einseitigen Schritt darstellt und damit unserem bi- und multilateralen Ansatz zuwiderlaufen würde. Die US-Administration hat begriffen, dass damit sicher keine Erhöhung der Sicherheit einhergeht, sondern man im Gegenteil ein falsches Gefühl der Sicherheit erzeugt, wodurch Ressourcen und Aufmerksamkeit von den wirklichen Sicherheitsmaßnahmen abgelenkt würden.

Unser Konzept liegt in der künftigen Anerkennung von Sicherheitsstandards, Sicherheitskontrollen, den Ergebnissen von Sicherheitskontrollen sowie der gegenseitigen Anerkennung der Zollhandelspartnerschaft – der C-TPAT auf amerikanischer Seite sowie der zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten auf Seiten der EU. Ich erwähne dies, weil es in Verbindung mit KMU einige Hinweise darauf gegeben hat, dass der zugelassene Wirtschaftsbeteiligte ein sehr sinnvolles System darstellt, kleinen und mittleren Unternehmen das Leben zu erleichtern.

Mit der Vorlage eines Berichts für Michael Chertoff und die amerikanische Zoll- und Grenzschutzbehörde haben wir kürzlich der amerikanischen Regierung wichtige Informationen zur Verfügung gestellt. In dem Bericht wird dargelegt, welche Schwierigkeiten voraussichtlich mit der Einführung des Scannens sämtlicher Container mit Bestimmungsort USA verbunden sein werden: Handelsunterbrechungen, die Störung des Seeverkehrs sowie der bilateralen Handelsbeziehungen. Dazu nur eine Zahl: In einem Jahr empfangen die Vereinigten Staaten mehr als zehn Millionen Seecontainer. Die EU schickt etwa zwei Millionen Container. Wenn das System eingeführt wird, wären davon über 700 Häfen weltweit betroffen. Welche Probleme dies bereitet, können Sie sich ausmalen. Hoffentlich begreift nicht nur die US-Administration, sondern auch der Gesetzgeber allmählich, dass sich die Sicherheit damit nicht erhöht, sondern ernsthafte Probleme im bilateralen und multilateralen Handel entstehen.

Zum Abschluss Folgendes: Wie im Bericht betont wird, feiert die Zollunion 2008 ihr 40-jähriges Bestehen. Gleichzeitig markiert dieses Jahr einen neuen Anfang für die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten in diesem Bereich.

 
  
MPphoto
 
 

  Jean-Pierre Audy, Berichterstatter. − (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar Kovǎcs! Ich danke Ihnen für Ihre Antworten. Mein Dank gilt auch dem Personal der Kommission, mit dem ich zusammengearbeitet habe, sowie den Mitgliedern des Ausschusses für internationalen Handel, wie Herrn Musquar, und den Berichterstattern der Fraktionen, wie Herrn Assis. Ich freue mich auch, seine Kollegin, Frau Lyubcheva, heute hier zu sehen, mit der wir kürzlich bei einem anderen Thema zusammengearbeitet haben.

Sie hatten Recht, Frau Roithová, auf das Problem des 100%igen Durchleuchtens aufmerksam zu machen, und ich danke Ihnen, Herr Kommissar, für die Entschlossenheit, mit der Sie uns verteidigt haben. Die EU ist nicht zum ersten Mal bei diesen Fragen von den USA angegriffen worden, denn wir mussten unser Zollsystem auch in einem Fall verteidigen, der dem Streitbeilegungsgremium der WTO vorgelegt wurde und den wir gewonnen haben, zum Teil aufgrund der Bemühungen Ihrer Mitarbeiter, Herr Kommissar. Sie haben uns zu Recht verteidigt.

Herr Martinez hat uns seine Theorie der umgekehrten Zölle erläutert. Er hat sie mir bereits im Dezember 2005 erklärt, als wir zusammen in Hongkong waren. Ich verstehe sie immer noch nicht, aber ich lebe in der Hoffnung, dass ich eines Tages nachvollziehen kann, wie diese umgekehrten Zölle für Mumien und Trockenfisch gelten.

Ich möchte allen Fraktionen für die Unterstützung danken, die sie diesem Bericht zuteil werden ließen. Ich glaube, dass die Menschen nun erkennen, dass die Welt, die immer komplizierter und schnelllebiger wird, Konflikte in der Vergangenheit mit einem militärischen Krieg gelöst hätte. Heute haben wir es mit einem wirtschaftlichen und sozialen Krieg zu tun und nicht mit einem militärischen Krieg. Statt Tote gibt es Arbeitslose. Und wir wissen nicht mehr wirklich, wer der Gegner ist. In diesem Klima eines weltweiten wirtschaftlichen und sozialen Krieges brauchen wir eine starke Zollunion sowie Ein- und Ausfuhrmechanismen, die unsere Wirtschaft, die Bürger und die Europäische Union im Allgemeinen schützen – und ich spreche von Schutz, nicht von Protektionismus.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen um 11.00 Uhr statt.

 

28. Zwangprostitution und Menschenhandel, insbesondere von Frauen, zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (Aussprache)
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt die Aussprache über die mündliche Anfrage an die Kommission über Zwangsprostitution und Frauenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung von Anna Záborská im Namen des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter an die Kommission (O-0062/2008 – B6-0160/2008).

 
  
MPphoto
 
 

  Corien Wortmann-Kool, Verfasserin. (NL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Mit diesen mündlichen Anfragen möchte der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter erneut auf die enorme Problematik des Frauenhandels und der Zwangsprostitution in der Europäischen Union aufmerksam machen. Zwar liegen keine genauen Zahlen vor, groben Schätzungen zufolge werden jedoch jährlich Hunderttausende Frauen und Mädchen Opfer von Menschenhandel durch kriminelle Banden und enden danach in unseren Mitgliedstaaten in der Zwangsprostitution. Dies ist menschenunwürdig, und leider ist das Vorgehen der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten praktisch wirkungslos.

Großveranstaltungen wie beispielsweise wichtige Fußballmeisterschaften locken bekanntlich kriminelle Banden an, die solche menschenverachtenden Praktiken betreiben, und deshalb initiierte der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter anlässlich des Weltfrauentags am 8. März 2006 eine Kampagne zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Notwendigkeit, während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 den illegalen Frauenhandel und die Zwangsprostitution zu verhindern und zu bekämpfen. Diese Kampagne „Rote Karte für Zwangsprostitution“ war ein großer Erfolg und hat nicht nur unter Zuschauern und Fans, sondern in der Gesellschaft insgesamt das Verständnis dafür gefördert, dass Frauenhandel und Zwangsprostitution aktiv bekämpft werden müssen. Leider jedoch sind die von der Europäischen Kommission und den meisten Mitgliedstaaten erzielten Ergebnisse immer noch enttäuschend. Daher möchten wir erneut auf dieses Problem hinweisen und die Zuschauer und die Gesellschaft insgesamt während der Fußball-Europameisterschaft 2008 in diesem Monat daran erinnern, dass diese Art von Gewalt gegen Frauen und Mädchen inakzeptabel ist.

Im Jahr 2005 verabschiedeten die Kommission und der Rat einen ausführlichen Aktionsplan über den Austausch bewährter Vorgehensweisen, Normen und Verfahren zur Bekämpfung und Verhütung des Frauenhandels. Dieser Aktionsplan muss von den Mitgliedstaaten unverzüglich umgesetzt werden. Darauf bezieht sich auch eine unserer Fragen. Vonnöten sind nämlich abgestimmte Maßnahmen in betroffenen Bereichen, z. B. geschlechtsspezifische Präventionsstrategien, auch in den Ländern, aus denen diese Frauen und Mädchen kommen, sowie Sensibilisierungsmaßnahmen und die Bewertung ihrer Wirksamkeit. Kann die Kommission daher die folgenden Fragen beantworten?

Ist der Aktionsplan in Bezug auf den illegalen Frauenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung umgesetzt worden, mit welchem Ergebnis und welcher Wirksamkeit? Welche konkreten Maßnahmen wurden von den Mitgliedstaaten gemeldet, um den illegalen Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung zu bekämpfen? Inwieweit haben die Mitgliedstaaten die Richtlinie 204/81/EG ordnungsgemäß umgesetzt und durchgeführt? Welche Maßnahmen hat die Kommission in den Fällen getroffen, in denen dies nicht erfolgt ist? Liegt die vom Ausschuss des Europäischen Parlaments für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter seit Januar 2006 angeforderte Studie über die Zusammenhänge zwischen den Prostitutionsgesetzen und dem Ausmaß des illegalen Frauen- und Mädchenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung mittlerweile vor? Kann die Kommission mitteilen, ob und wie sie die Mitgliedstaaten darin zu bestärken gedenkt, eine grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des illegalen Menschenhandels und der Zwangsprostitution zu entwickeln und weiter auszubauen? Wie kann die Kommission die Kampagne „Rote Karte für Zwangsprostitution“ des Ausschusses unterstützen? Ist das zuständige Kommissionsmitglied außerdem bereit, sich mit einem Schreiben an die Regierungen Österreichs und der Schweiz zu wenden und sie darin zu ersuchen, Frauenhandel und Zwangsprostitution während der kommenden Fußball-Europameisterschaft 2008 zu bekämpfen und unsere „Rote-Karte“-Kampagne zu unterstützen?

Frau Präsidentin, wie allgemein bekannt, sind wichtige Fußballmeisterschaften eine Quelle der Freude und des Vergnügens für die Öffentlichkeit und die Fans. Hier geht es jedoch um ein Problem, das eine Schattenseite der Veranstaltungen bildet und dem Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, und zwar nicht nur in Worten, denn – um ein bekanntes niederländisches Fußball-Lied zu zitieren – „geen woorden maar daden“ (keine Worte, sondern Taten). Hoffentlich wird sich der Kommissar auch dafür einsetzen.

 
  
MPphoto
 
 

  László Kovács, Mitglied der Kommission. – (EN) Frau Präsidentin! Obgleich die Frage nicht in meinen Geschäftsbereich fällt, empfinde ich es als Ehre, stellvertretend für meinen geschätzten Freund und Kollegen Jacques Barrot dieser Aussprache beizuwohnen, denn nach meinem Dafürhalten handelt es sich um ein sehr bedeutsames Thema.

Ich möchte Ihnen versichern, dass sich die Kommission voll und ganz der Bekämpfung des Menschenhandels als brutale Verletzung der Menschenrechte und schwerwiegende Straftat verschrieben hat, wobei der Schwerpunkt im Besonderen auf der Bekämpfung der Zwangsprostitution liegt.

Bei der Beantwortung der äußerst treffenden Fragen, die alle Aspekte dieses komplexen Problems berühren, möchte ich mit Frage 1 beginnen. Der vom Rat ins Leben gerufene Aktionsplan der EU aus dem Jahr 2005 über gemeinsame Normen, bewährte Verfahren und gemeinsame Mechanismen enthält eine ganze Reihe höchst ehrgeiziger Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels. Auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten Angaben haben wir den Eindruck, dass die Lage trotz einiger Ergebnisse weiterhin sowohl im Bereich der Strafverfolgung als auch bei der Opferhilfe, die beide von besonderer Wichtigkeit sind, unbefriedigend ist.

Die Kommission wird Ende des Jahres einen Bericht über die Umsetzung des Aktionsplans vorlegen. Diese Bestandsaufnahme könnte das Fundament für eine Entscheidung darüber bilden, welche Aktivitäten in der näheren Zukunft in welcher Form weiterverfolgt werden sollten.

Frage 2: Der Schutz der Opfer von Menschenhandel ist eine Menschenrechtspflicht. Des Weiteren ist es eine Grundbedingung für die erfolgreiche Verfolgung von Menschenhändlern, da die Aussage des Opfers als Beweismittel gegen den Täter von größter Bedeutung ist. Die Richtlinie 2004/81/EG schließt sich diesem Ansatz an, indem Opfern eine Bedenkzeit zugestanden wird, in der sie sich erholen und dem Einfluss der Täter entziehen können und ein Aufenthaltstitel erteilt wird.

Alle durch die obige Richtlinie gebundenen Mitgliedstaaten, ausgenommen Spanien und Luxemburg, haben die Kommission offiziell über die vollständige Umsetzung dieses Rechtsinstruments benachrichtigt. Die Kommission hat entschieden, die beiden anderen Mitgliedstaaten vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen.

Zum Zwecke der Analyse der maßgeblichen Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht sowie ihrer Durchführung hat die Kommission im Januar 2007 eine Studie angestoßen, um die Umsetzung von 10 Richtlinien, einschließlich dieser, im Bereich Asyl und Zuwanderung zu evaluieren.

Die endgültigen Ergebnisse der Studie, die der Kommission in Kürze zur Verfügung stehen werden, bilden die Grundlage für eine systematische Überwachung des bestehenden Gemeinschaftsrechts auf diesem Gebiet in Übereinstimmung mit Artikel 226 des EG-Vertrags.

Frage 3: Die Kommission hat darüber hinaus eine Untersuchung eingeleitet, um die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten sowie die Lage im Bereich des Menschenhandels zu bewerten. Die Ergebnisse der Studie sollen Ende Februar 2009 vorgelegt werden.

Frage 4: Zwangsprostitution und Menschenhandel stellen eine Verletzung der Grundrechte dar und sind eine Form des organisierten Verbrechens. Bestrebungen zur Bekämpfung krimineller Netze müssen notwendigerweise transnationaler Natur sein. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Polizeikräften der Mitgliedstaaten erfolgt vorzugsweise über Europol. Darüber hinaus stellt der Kampf gegen den Menschenhandel auch einen Schwerpunkt im Rahmen des spezifischen Programms „Kriminalprävention und Kriminalitätsbekämpfung“ zur Förderung von länderübergreifenden Kooperationsprojekten für Strafverfolgungsbehörden sowie NRO dar.

Zum Schluss Frage 5: Die Kampagne „Rote Karte für Zwangsprostitution“, die aus Anlass der Fußballweltmeisterschaft 2006 gestartet wurde, hat einen positiven Beitrag zu Schärfung des Bewusstseins für Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung geleistet. Obgleich die von Deutschland durchgeführte Auswertung gezeigt hat, dass die Angst vor einem Anstieg von Zwangsprostitution und Menschenhandel im Jahr 2006 unbegründet war, begrüßen wir alle Initiativen, die darauf abstellen, die Öffentlichkeit zu informieren, ihr Bewusstsein zu schärfen, solch abscheuliche Verbrechen zu verhindern und den Opfern zu helfen.

 
  
MPphoto
 
 

  Manolis Mavrommatis, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (EL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Nächsten Samstag beginnt die Fußball-Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz. Das ist nach der Weltmeisterschaft die zweitgrößte Sportveranstaltung. Es wird damit gerechnet, dass etwa 2,5 Millionen Sportbegeisterte aus ganz Europa die Spiele in den Stadien verfolgen werden. Dem Vernehmen nach werden, wie bei Großereignissen dieser Art üblich, sehr viele Frauen, d. h. schätzungsweise 25 000, aus aller Welt in die Städte reisen, in denen die Spiele ausgetragen werden – leider aber nicht nur, um ihre Mannschaften anzufeuern, sondern weil sie zur Prostitution gezwungen werden. Ich bin mir sicher, dass das die internationale Gemeinschaft und insbesondere die EU und das Europäische Parlament nicht kalt lassen wird.

Frau Präsidentin, Herr Kommissar, wie wir vernommen haben, zeitigte das Eingreifen des Europäischen Parlaments bei der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland im Jahre 2006 positive Ergebnisse. Seinerzeit sollen Berichten zufolge 40 000 bis 60 000 Frauen zur Prostitution gezwungen worden sein. Es dürfte sich für uns also durchaus lohnen, auch dieses Mal dagegen vorzugehen, so wie 2006 nach einer mündlichen Anfrage von Frau Wortmann-Kool. Ich würde vorschlagen, dass der Präsident des Europäischen Parlaments und das zuständige Mitglied der Kommission ein Schreiben in der Art des Briefes aufsetzen, den Herr Frattini 2006 an Angela Merkel geschrieben hatte. Das Schreiben sollte sowohl an das Organisationskomitee als auch an die UEFA gerichtet werden; darin sollten wir unsere Besorgnis über das drohende Abgleiten eines Sportereignisses in eine ungezügelte Unterhaltungsveranstaltung mit Frauen als Opfer zum Ausdruck bringen.

Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Wenn wir uns einig sind und auf unser Anliegen aufmerksam machen können, wird es uns nach meiner Überzeugung gelingen, Gefahren abzuwehren, die weder uns noch der Gesellschaft zur Ehre gereichen, sondern vielmehr der Ausnutzung von menschlichem Leid den Weg bereiten.

 
  
MPphoto
 
 

  Lissy Gröner, im Namen der PSE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Wenige Tage vor Anpfiff der Fußball-Europameisterschaft zeigt der Frauenausschuss – und ich hoffe das gesamte Europäische Parlament – der Zwangsprostitution wieder die rote Karte. Bis zu 800 000 Frauen werden weltweit jährlich Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. Das ist eine der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen der heutigen Zeit und gerade bei sportlichen Großereignissen ist der schnelle Sex am Rande der Spiele auch mit dieser modernen Art des Sklavenhandels verbunden.

Wir hatten vor zwei Jahren bei den Fußballweltmeisterschaften in Deutschland hier im Parlament eine breite Debatte angestoßen und eine Kampagne gestartet, die dafür gesorgt hat, dass die von Fachleuten zunächst befürchtete große Welle der Zwangsprostitution und die entsprechenden Auswüchse mit Unterstützung der Fans durch die eingestellte Öffentlichkeit verhindert werden konnten. Aber dann ist das Thema wieder aus dem Blickfeld geraten.

Wir haben rechtliche Initiativen angestoßen und mit den Erfahrungen, die wir aus der deutschen Kampagne hatten, die von den Frauenorganisationen sehr breit mitunterstützt wurde, ist es gelungen, Maßnahmen zum Opferschutz zu setzen und die Zwangslage der Frauen, die meistens aus Mittel- und Osteuropa kommen, darzustellen. Sie sind in einer Zwangslage, zum einen als Täterinnen, da sie ja keine Aufenthaltsgenehmigungen haben, andererseits aber als Opfer, weil sie von den Menschenhändlern gnadenlos ausgenutzt werden.

Bei den Maßnahmen zum Opferschutz, der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und der rechtlichen Erteilung von Aufenthaltstiteln sind wir einen Schritt weiter gekommen. Wir wollen jetzt auch in Österreich und in der Schweiz die Öffentlichkeit der Spiele nutzen, um das Thema wieder in den Vordergrund zu stellen. In Deutschland hat die sozialdemokratische Justizministerin drakonische Strafen für Freier von Zwangsprostituierten angekündigt.

Es gibt allerdings noch viele Lücken und das Parlament muss dafür sorgen, dass diese Lücken geschlossen werden. Ich bitte die Kommission, uns dabei zu unterstützen.

 
  
MPphoto
 
 

  Siiri Oviir, im Namen der ALDE-Fraktion. – (ET) Herr Kommissar, sehr geehrte Damen und Herren! Es hat offenbar symbolische Bedeutung, dass wir lichtempfindliche Themen mitten in der Nacht diskutieren. Jedes Jahr werden in der europäischen Sexindustrie Hunderttausende Frauen missbraucht. Diese Industrie verzeichnet einen rapiden Zuwachs und vereint in sich neue Technologien, Kriminalität, Drogen und das große Geld, obwohl sie sich mit einem einzigen Wort zusammenfassen lässt: Gewalt.

Es ist allgemein bekannt, dass sich die meisten Frauen aufgrund schlechter sozialer Bedingungen – vor allem Armut und Arbeitslosigkeit – in das Sexgeschäft locken lassen. Die meisten Prostituierten kommen aus eben jenen Gegenden, in denen die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist, im Falle der Europäischen Union also aus den ärmeren osteuropäischen Ländern. Das beweist, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten vor allem dafür sorgen müssen, dass Frauen aus gefährdeten Gruppen bessere berufliche Qualifikationen erlangen, und dass sie diesbezüglich aktive Arbeitsmarktmaßnahmen ergreifen müssen.

Es besteht kein Zweifel daran, dass Kampagnen zur Sensibilisierung der Bevölkerung für die Problematik der Prostitution – wie beispielsweise die Kampagne „Rote Karte für Zwangsprostitution“ – wichtig sind und die Gesellschaft eine gewisse Zeit lang stärker für dieses Problem empfänglich machen. Ich bin jedoch der Ansicht, dass die Bekämpfung der Zwangsprostitution und der kommerziellen sexuellen Ausbeutung von Frauen ständig im Mittelpunkt der gesellschaftlichen und öffentlichen Aufmerksamkeit stehen muss. Meines Erachtens ist es für die Gesellschaft häufig viel effektiver und kostengünstiger, Präventivmaßnahmen zu finanzieren, als sich ständig mit den Folgen des Problems auseinandersetzen zu müssen.

Zusätzlich zu Präventivmaßnahmen kommt es darauf an, die Effektivität der polizeilichen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu steigern, vor allem im Schengen-Raum. Ich fordere die Kommission und die hier vertretenen Fraktionen auf, entschlossen zu handeln, sich für die Abschaffung der Prostitution zu engagieren sowie dafür einzutreten, dass es in den Heimatländern der Prostituierten verboten wird, ihre Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Wenn die Nachfrage ausbleibt, werden wir letztendlich unser Ziel erreichen. Abschließend muss auch betont werden, dass es in der gesamten Europäischen Union eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Prostitution und Menschenhandel geben muss. Wir sollten anfangen, Entscheidungen zu treffen und zu handeln.

 
  
MPphoto
 
 

  Hiltrud Breyer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin! Wir wissen, Frauenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung muss weltweit geächtet und bekämpft werden. Es ist ein Skandal der eines Europas der Werte und der Menschenrechte nicht würdig ist! Wir wissen auch: Frauenhandel macht nicht mehr vor Grenzen halt. Deshalb brauchen wir eine europäische, eine globale Antwort auf das Problem, die aber weit mehr sein muss als nur Grenzkontrollen und Repression.

Grundsätzlich positiv ist, dass dieses Thema seit rund zehn Jahren auf der Agenda steht, aber der Fokus liegt zu einseitig auf Grenzkontrollen – Prävention und Opferschutz werden leider zu sehr vernachlässigt. Es gibt auch keine Entwarnung. Immer mehr Menschen – Mädchen und Frauen – werden Opfer sexueller Ausbeutung, obwohl, wie Frau Gröner bereits erwähnt hat, der befürchtete Anstieg bei der WM 2006 nicht zu verzeichnen war. Wir wissen aber, dass die Dunkelziffer hoch ist. Es gibt zu wenige Razzien gegen Menschenhändler und zu wenig Verfahren gegen die skrupellosen Kriminellen. Das hat auch die EU-Kommission auf eine parlamentarische Anfrage von mir bestätigt.

Wir setzen auf verbesserten Opferschutz nicht nur in Deutschland, sondern in Europa. In Bezug darauf finde ich es etwas bedauerlich, dass die Kommission offensichtlich nur schöne Worte findet und die Verbesserung für Opfer nicht wirklicht voranbringt. Es ist nicht transparent, wie sich die Kommission für die Umsetzung der Opferschutzrichtlinie in den Mitgliedstaaten stark macht, wie deren Umsetzung kontrolliert wird. Ich finde es sehr bedauerlich, dass die Kommission auch auf meine zweite parlamentarische Anfrage hin, wie die Opferschutzrichtlinie in Deutschland umgesetzt ist, lediglich auf eine Studie verweist.

Ich fordere die Kommission ganz klar auf, endlich Stellung zu beziehen, ob die EU-Opferschutzrichtlinie korrekt umgesetzt worden ist, nicht nur in Deutschland, sondern auch in den anderen EU-Mitgliedstaaten. Es kann doch nicht sein, dass die Kommission nicht weiß, ob ihr eigenes Gesetz richtig umgesetzt worden ist! Das wäre ein Armutszeugnis.

Bei der Migration müssen wir nicht nur den Familiennachzug sehen, sondern auch die Möglichkeiten, wie Frauen legal migrieren können, damit sie sich nicht in die Hände von Menschenhändlern begeben müssen.

 
  
MPphoto
 
 

  Eva-Britt Svensson, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (SV) Frau Präsidentin! Hunderttausende Frauen und Kinder werden in der EU wie Waren transportiert. Sie werden sexuell ausgebeutet, misshandelt, bedroht, ausgenutzt und jeglicher Menschenwürde beraubt. Was haben sie verbrochen, dass sie zu einer solchen Existenz verurteilt sind? Nun, ihr Verbrechen sind Armut und fehlende soziale Rechte und der Umstand, dass es Männer gibt, die glauben, ihr Geld gäbe ihnen das Recht, Frauen und Kinder wie Waren zu benutzen. Oft werden junge Mädchen mit falschen Versprechungen von Arbeit und gutem Geld angelockt, aber dann beginnt der Albtraum.

Es ist eine Schande für die EU und die Mitgliedstaten, dass dieser Handel weiter laufen und sogar noch zunehmen kann. Niemand kann sich damit herausreden, er habe nichts gewusst. Wir wissen es, aber es wird zu wenig getan. Darum brauchen wir jetzt von der Kommission eine Antwort auf unsere Frage im Zusammenhang mit der Kampagne „Rote Karte für Zwangsprostitution“.

Ich bleibe dabei, dass Sexsklavenhandel eine Form des Terrorismus ist. Die EU und die Mitgliedstaaten sind sehr effektiv beim Beschließen von mehr oder weniger guten Anti-Terror-Maßnahmen. Aber dieser andere Terrorismus, der Frauen und Kinder trifft, genießt nicht die gleiche Priorität, weder in der EU noch in den Mitgliedstaaten.

Außerdem müssen wir erkennen, dass immer mehr Männer in diesen tragischen Handel verstrickt sind. Die Männer müssen nicht nur selbst auf den Kauf sexueller Dienstleistungen verzichten. Sie müssen auch anderen Männern zeigen, dass es nicht in Ordnung ist, den Körper von Frauen zu kaufen. Es liegt bei den Männern, dafür zu sorgen, dass die Nachfrage und damit auch der Handel mit den Körpern von Frauen eingedämmt wird. So lange es eine Nachfrage und einen Markt mit großen finanziellen Gewinnen gibt, wird der Handel weitergehen. Ich wiederhole: Frauen sind nicht verkäuflich. Wir müssen dem ein Ende setzen.

 
  
MPphoto
 
 

  Ivo Belet (PPE-DE).(NL) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Entschließung über die Zukunft des Profifußballs, die wir auf diesen gleichen Bänken im vergangenen Jahr angenommenen haben, fordern wir den Rat ausdrücklich auf, Maßnahmen zur Bekämpfung krimineller Aktivitäten im Profifußball zu ergreifen, wozu auch die Zwangsprostitution gehört. So stand es wortwörtlich in jenem Text. Um es klarzustellen: Das Auftreten dieser Phänomene am Rande wichtiger Turniere ist nicht die Schuld der Fußballinstanzen. Sie sind gleichsam für alle internationalen Großveranstaltungen kennzeichnend. Der Sport hat jedoch selbstverständlich alles Interesse daran, dass dieses Problem wirksam und energisch angegangen wird, denn es macht wenig Sinn, meine Damen und Herren, dass wir für mehr Fair Play in den Stadien eintreten und den Rassismus mit Worten und Taten bekämpfen, wenn in und um Stadien Fälle von Sklaverei toleriert werden. Die Kampagne „Rote Karte für Zwangsprostitution“ hat während der Fußball-WM 2006 in Deutschland hervorragend funktioniert. An dieser Präventionskampagne hatten sich rund 1000 lokale und regionale Aktionsgruppen und Verbände beteiligt, was auf die Menschenhändler und andere kriminelle Netze eindeutig eine abschreckende Wirkung hatte. Das Ergebnis – worauf der Kommissar bereits verwiesen hat – war, dass die Zwangsprostitution während der WM 2006 in Deutschland auf ein paar Dutzend Fälle beschränkt blieb, und diese standen in der Regel in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft.

Sensibilisierungs- und Präventionskampagnen haben demnach offensichtlich Erfolg. Sie sind äußerst wirkungsvoll, weshalb erneuter Gebrauch davon gemacht werden muss, auch während der kommenden Europameisterschaft, die diese Woche beginnt. Deshalb, Herr Kommissar, fordern wir die Europäische Kommission auf, an die zuständigen Regierungen, nämlich die von Österreich und der Schweiz, ein entsprechendes Schreiben zu richten, wie Frau Wortmann-Kool soeben ganz richtig empfohlen hatte. Ich wiederhole unsere Frage: Können Sie unserem Ersuchen nachkommen und hier und jetzt bestätigen, dass Sie diese Initiative unterstützen werden?

Gestatten Sie mir noch eine weitere Bemerkung: Prävention allein wird nicht ausreichen. Die Mitgliedstaaten kamen 2005 überein, dass der Menschenhandel verhütet und bekämpft werden muss, doch der von Ihnen, Herr Kommissar, angesprochene Aktionsplan ist auf nationaler Ebene mehr denn je toter Buchstabe geblieben. Deshalb ist es jetzt an der Zeit, die Behörden an diesen Aktionsplan zu erinnern. Schon vor zwei Jahren forderte der damalige Kommissar Frattini, die Rolle von Europol und Eurojust müsse in diesem Zusammenhang gestärkt werden, und das Parlament hatte in seiner Entschließung ausdrücklich dieselbe Forderung gestellt. Wir vertrauen infolgedessen darauf, Herr Kommissar, dass angesichts der bevorstehenden Meisterschaft die Kommission und der Rat größere Anstrengungen denn je unternehmen werden, um diese Zusagen zu erfüllen.

 
  
MPphoto
 
 

  Christa Prets (PSE). – Frau Präsidentin, Herr Kommissar! Menschenhandel, wie wir gehört haben, ist ein Verbrechen an der Menschheit, speziell an den Frauen – eine neue Form der Sklaverei und ein sehr gewinnträchtiges Geschäft, vielfältig ausgeprägt mit 44 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr laut OSZE. Es ist es wert, länger darüber zu diskutieren und auch die verschiedensten Facetten aufzuzeigen.

Wir beschäftigen uns heute mit dem Frauenhandel bzw. der Zwangsprostitution anschließend an die Aktion, die wir bereits bei der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland hatten. Es gab auch einen Bericht hier im Haus, den ich verfassen konnte, in dem es um Zwangsprostitution ging und in dem wir von der Kommission verschiedene Maßnahmen gefordert haben. Reaktion war der Aktionsplan. Die Frage nach der Umsetzung wurde heute schon mehrfach gestellt, und ich möchte es unterstreichen: Es geht um Aufenthaltsgenehmigungen für Opfer, es geht um Ausbildungsoffensiven bei Polizeischulen, Sozialakademien und dergleichen und es geht auch um die Aufklärung in den Herkunftsländern und Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten für die Frauen vor Ort sowie auch für die jungen Männer. Auch die sind immer mehr davon betroffen.

Sichtbar ist der 18. Oktober als Internationaler Tag gegen Frauenhandel, den wir vergangenes Jahr das erste Mal durchführen konnten. Ansonsten kann ich von der Aktion noch nicht sehr viel sehen. Die Aufmerksamkeit für dieses Thema ist auch nach der Rote-Karte-Aktion und nach der WM rückläufig geworden und daher wollen wir wieder einen neuen Ankick geben. Es geht dabei nicht um das Verbot der Prostitution oder um die Diskriminierung der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter. Im Gegenteil! Es geht um die Bewusstseinsbildung und gefragt ist auch hier, Stigmatisierung abzulehnen und ein soziales Netz aufzubauen, um die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter auch in ihrem Beruf zu schützen.

Vehement ist die Verurteilung der Zwangsprostitution. Die Fußball-Europameisterschaft in Österreich und in der Schweiz gibt uns die Möglichkeit, darauf aufmerksam zu machen. Ich kann Ihnen garantieren, dass die österreichischen Behörden die entsprechenden Maßnahmen setzen, und darf sie herzlichst zu einer schönen Europameisterschaft einladen und wünsche dort fair play und fair sex.

 
  
MPphoto
 
 

  Milan Horáček (Verts/ALE). – Frau Präsidentin! Viele freuen sich auf die Fußball-Europameisterschaft im Juni 2008. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass abseits der Spiele Menschenhandel, Zwangsprostitution von Frauen und Kindesmissbrauch ansteigen und die Kriminalität der Menschenhändler alle Grenzen überwindet.

Die Spiele werden in Österreich und in der Schweiz stattfinden, damit wird die Rolle der angrenzenden mitteleuropäischen Staaten als Transitländer für das äußerst lukrative verbrecherische Geschäft verstärkt. Hier ist die EU gefragt, Präventivmaßnahmen, die grenzüberschreitende Überwachung und die Strafverfolgung müssen besser organisiert und koordiniert werden. Die europäischen Mechanismen für gemeinsame Ermittlungen müssen verbessert werden. Jeder Mitgliedstaat ist aufgefordert, die Opfer besser zu schützen und diese Instrumente aktiv zu nutzen. Nur so kann es uns gelingen, die Täter ins Abseits zu stellen und ihnen die rote Karte zu zeigen!

 
  
MPphoto
 
 

  Ilda Figueiredo (GUE/NGL).(PT) Es ist extrem wichtig, dass wir die Europameisterschaft 2008 nutzen, um die Öffentlichkeit erneut darauf hinzuweisen, dass die Prostitution und der äußerst lukrative Handel mit Frauen zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung nicht hinnehmbar sind, da es sich um Formen der Gewalt gegenüber Frauen, Mädchen und Kindern handelt.

Deshalb kommt es darauf an, Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung dieses Handels zu ergreifen und gleichzeitig die Opfer in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu unterstützen; außerdem muss über die Ergebnisse der durchgeführten Aktionen berichtet werden.

Wir dürfen aber auch nicht die Verschärfung der Ungleichheiten, die prekären und schlecht bezahlten Arbeitsverhältnisse, die Arbeitslosigkeit und die Armut aus den Augen verlieren, die Tausende von Frauen und jungen Mädchen in die Prostitution treiben und den Menschenhändlern das Leben erleichtern. Deshalb stellt sich eine weitere Frage: Was werden die Verantwortlichen in der EU unternehmen, um die eigentlichen Ursachen dieser schweren Verstöße gegen die Menschenrechte von Hunderttausenden Frauen und jungen Mädchen zu bekämpfen und dieser modernen Sklaverei ein Ende zu setzen?

 
  
MPphoto
 
 

  Emine Bozkurt (PSE).(NL) Frau Präsidentin! Während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 wurde auch auf die Notwendigkeit einer Helpline für die Opfer des Frauenhandels und der Zwangsprostitution hingewiesen. In der Türkei beispielsweise ist schon seit Jahren eine Helpline in Betrieb, die von Frauen angerufen werden kann, um Fälle von Frauenhandel zu melden. Das Europäische Parlament hatte bereits 2006 die Einrichtung einer mehrsprachigen Helpline als Anlaufstelle und Ratgeber für Opfer von Menschenhandel gefordert. Allerdings gibt es sie heute, zwei Jahre danach, immer noch nicht.

Vor zwei Wochen war ich dabei, als Kommissarin Kuneva den Startschuss für eine Helpline für enttäuschte Verbraucher während der EURO 2008 gab. Welch glänzende Idee, eine einheitliche Telefonnummer einzurichten. Es ist also durchaus machbar; weshalb aber wird Verbrauchern Hilfe geleistet, nicht jedoch den Opfern des Frauenhandels? Diese neue Verbraucher-Hotline zeigt, wie schnell gehandelt werden kann und mit welch geringem Aufwand dies möglich ist. Diese Initiativen gilt es jetzt zu kombinieren und den Opfern des Frauenhandels ein Mittel an die Hand zu geben, um Hilfe ersuchen zu können. Um die Worte Barack Obamas zu gebrauchen: „We can do it, yes we can“.

 
  
MPphoto
 
 

  Anna Hedh (PSE).(SV) Frau Präsidentin! Am Sonntag ist Anstoß zur Fußball-Europameisterschaft und die Party kann beginnen. Aber die Medaille hat auch eine Kehrseite. Bei Sportveranstaltungen dieser Größenordnung nimmt auch immer der illegale Handel mit Frauen und jungen Mädchen zu Zwecken der Prostitution zu. Darum ist es wichtig, dass wir reagieren und handeln, genau wie wir es vor zwei Jahren mit der „Rote Karte für Zwangsprostitution“-Kampagne getan haben. Wir müssen uns unbedingt in der EU zusammenschließen und gemeinsam für Nulltoleranz gegenüber Menschenhandel eintreten. Deshalb appelliere ich an alle Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, die das noch nicht getan haben, den 2005 von der EU aufgestellten Aktionsplan zur Bekämpfung und Verhütung des Menschenhandels unverzüglich umzusetzen.

Ich wünschte, mehr Länder hätten Gesetze in Bezug auf den Kauf sexueller Dienstleistungen, denn das hat eindeutig eine vorbeugende Wirkung für die Eindämmung des Sexsklavenhandels. Außerdem sehe ich dem Bericht entgegen, den die Kommission zu den Mustern der Prostitution in den Mitgliedstaaten vorlegen wird, und hoffe, dass wir ihn bald lesen können.

Die Fußball-EM sollte sowohl auf dem Rasen als auch außerhalb von den Werten der Sportbewegung geprägt sein: Kameradschaft, Gesundheit und Fairness. Wer den widerwärtigen Menschenhandel nicht verurteilt, unterstützt ihn indirekt.

 
  
MPphoto
 
 

  Gabriela Creţu (PSE).(EN) Frau Präsidentin! Der Menschelhandel mag ein illegaler Markt sein, aber nichtsdestotrotz ist es ein Markt mit Angebot und Nachfrage. Ein Land, in dem eine hohe Nachfrage besteht, spielt eine genauso aktive Rolle beim Menschenhandel wie ein Herkunftsland. Abgesehen davon, dass es sich um ein Überbleibsel der Sklaverei in unserer Zeit handelt, stellt der Menschenhandel eine fortdauernde Missachtung und Verletzung des Rechts dar und steht mit anderen kriminellen Praktiken in Verbindung wie Geldwäsche, Gewalt, Schmuggel, Prostitution, Steuerhinterziehung, Betrug und Zwangsarbeit.

Der Menschenhandel erzeugt eine gefährliche Umkehrung der Werteordnung unserer Gesellschaft, indem alte Ungleichheiten aufrechterhalten werden – Frauen und Kinder werden als Ware betrachtet – und neue daraus entstehen. Das von Menschenhändlern verdiente Geld untergräbt den Glauben an den Wert von Arbeit und ehrlicher Wirtschaftstätigkeit.

Alle Mitgliedstaaten müssen dringend die Konvention des Europarates gegen den Menschenhandel ratifizieren und die vereinbarten Maßnahmen umsetzen, wobei zunächst die Grundursache des Menschenhandels zum Zwecke der Prostitution beseitigt werden muss, nämlich die männliche Nachfrage nach Frauen und Mädchen.

 
  
MPphoto
 
 

  Zita Pleštinská (PPE-DE).(SK) Die nahende Fußball-Europameisterschaft 2008, die am kommenden Samstag in Österreich und der Schweiz beginnt, erinnert uns wieder an das Thema Zwangsprostitution. Diejenigen, die guten Fußball schätzen, werden sicherlich eine tolle Zeit haben. Leider aber bieten diese Sportereignisse auch einen fruchtbaren Boden für Mafia-Aktivitäten und bergen eine erhöhte Gefahr, dass verstärkt Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung betrieben wird.

Ich teile die Ansicht der anderen Redner, dass die so genannte Rote-Karte-für-Zwangsprostitution-Kampagne, die im März 2006 vom Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter initiiert wurde, erfolgreich war, weil sie eine der brisantesten sozialen Fragen an die Öffentlichkeit brachte.

Ich bin überzeugt, dass nur eine während der Europameisterschaft 2008 durchgeführte gute Informationskampagne über die unbedingte Vermeidung des Frauenhandels und der Zwangsprostitution den Menschen die Augen öffnen und diese fürchterliche Art von Gewalt gegen Mädchen und Frauen ans Tageslicht bringen wird.

 
  
MPphoto
 
 

  Britta Thomsen (PSE).(DA) Frau Präsidentin! Ich möchte mich mit meiner Frage, welche konkreten Initiativen eingeleitet wurden, um den Frauenhandel im Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz zu unterbinden, direkt an die Kommission wenden. Schließlich haben wir heute Abend hier vernommen – und Erfahrungen aus der Vergangenheit haben uns gelehrt –, dass Frauenhandel im Umfeld von sportlichen Großereignissen dieser Art stattfindet. Ich habe folgende Fragen. Erstens: Wurde Kontakt zu den Regierungen der beiden Länder aufgenommen und wurden sie ersucht, die „Rote Karte für Zwangsprostitution“-Kampagne des Parlaments zu unterstützen? Zweitens: Wurden sie darauf hingewiesen, dass die Polizeiarbeit während der Europameisterschaft intensiviert werden muss? Wurden drittens und letztens die beiden Regierungen aufgefordert, Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer zu ergreifen?

 
  
MPphoto
 
 

  László Kovács, Mitglied der Kommission. – (EN) Frau Präsidentin! Wie viele Rednerinnen und Redner bereits angemerkt haben und wie auch ich schon sagte, wurden vor der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland ähnliche Initiativen und Vorschläge vom Parlament und von der Kommission vorgelegt und entsprechende Maßnahmen beschlossen. Zum Glück haben sich die Befürchtungen und Ängste der deutschen Behörden und der europäischen Institutionen nicht bewahrheitet.

Allerdings ist das sicherlich kein Grund, zu dem Schluss zu gelangen, man müsse nichts unternehmen und könne Däumchen drehen. Diese Aussprache ist mehr als begründet, denn es ist mit Sicherheit besser, auf der sicheren Seite und besser als nötig gewappnet zu sein. Außerdem ist es vernünftig, diese Chance zu nutzen, um eine Bestandsaufnahme der eingeleiteten Maßnahmen vorzunehmen und das Parlament in die Lage zu versetzen, der Kommission Vorschläge zu unterbreiten. Darüber hinaus bietet sich damit eine hervorragende Möglichkeit, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren.

Ich kann sehr wohl die Unzufriedenheit einiger Rednerinnen und Redner nachvollziehen. In meinen einführenden Worten habe ich dargelegt, wie viele konkrete Berichte die Kommission in Arbeit hat. Wir harren nun der Ergebnisse und der zu ziehenden Schlussfolgerungen, auf die sich weitere Maßnahmen und Aktionsprogramme stützen können.

Frau Bozkurt hat das Thema der Hotlines genannt. Nach meinem Dafürhalten ist das eine gute Idee, wenngleich sie nicht einfach umzusetzen ist. Die Hotline für den Verbraucherschutz ist etwas ganz anderes. Darum bin ich der Meinung, dass die von meiner Kollegin, Frau Kommissarin Kuneva, eingerichtete und eingeführte Hotline beispielsweise für den Schutz von Opfern nicht genutzt werden kann, denn es geht dabei um eine völlig andere Sache, die wesentlich komplizierter ist.

Frau Breyer ist ebenfalls auf den Opferschutz eingegangen, der meiner Ansicht nach eine wichtige Schlüsselfrage darstellt. Ich möchte gern darauf hinweisen, dass der Bericht zur Bewertung und Überwachung des Aktionsplans ein gesondertes Kapitel zum Thema Opferhilfe enthalten wird. Der betreffende Bericht wird im Oktober oder November 2008 vorliegen. Wir werden darin die echte Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz von Opfern bewerten.

Am ersten europäischen Tag gegen Menschenhandel, der am 18. Oktober 2007 stattfand, veröffentlichte GLS Empfehlungen in Bezug auf Dienste zur Identifizierung von Opfern des Menschenhandels und ihre Verweisung an entsprechende Stellen. Ich versichere Ihnen, dass wir fest entschlossen sind, für eine angemessene Nachuntersuchung zusorgen. Zudem möchte ich den Abgeordneten versprechen, dass die Kommission bereit ist, den Kampf gegen Menschenhandel, Zwangsprostitution und das dahinter stehende organisierte Verbrechen zu verschärfen.

 
  
MPphoto
 
 

  Die Präsidentin. – Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen, am Donnerstag, um 11.00 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
MPphoto
 
 

  Urszula Gacek (PPE-DE), schriftlich.(EN) Zu einem Zeitpunkt, da Fußballfans in ganz Europa die Eröffnung der Euro 2008 herbeisehnen, ist es notwendig, über die Gefahren für Frauen, vor allem aus den ehemaligen Sowjetrepubliken, nachzudenken, die Opfer des Menschenhandels sind und der Qual der Zwangsprostitution unterworfen werden, um der Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen am Rande der Fußballarenen gerecht zu werden.

Was für viele Menschen eine stimmungsvolle Feier der besten europäischen Traditionen im Sport ist, stellt sich für jene unglückseligen jungen Frauen, die in ihrer Naivität glauben, die ihnen im Gastgewerbe angebotenen Jobs beschränkten sich auf Kellnern oder Barbetreuung, als eine Zeit körperlichen und psychischen Leidens dar.

Es ist an der Zeit, die restlichen 17 Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die bislang die Konvention des Europarates gegen Menschenhandel noch nicht ratifiziert haben, aufzurufen, dieser Verpflichtung unverzüglich nachzukommen.

EU-Mitglieder, die Verfechter der Menschenrechte sind, haben keine Entschuldigung für die Nichtannahme der Konvention, die vor über drei Jahren in Warschau verabschiedet worden ist.

 
  
MPphoto
 
 

  Neena Gill (PSE), schriftlich.(EN) Könnte die Kommission gegenüber dem Parlament verdeutlichen, welche Fortschritte bei der Umsetzung des 2005 verabschiedeten Plans zur Bekämpfung und Verhütung des Menschenhandels in Europa erzielt worden sind?

Da mich der Verzug bei der Umsetzung des Plans seitens der Mitgliedstaaten mit Sorge erfüllt, fordere ich die Kommission auf darzulegen, welche Folgen damit für die Kampagne „Rote Karte für Zwangsprostitution“ in den Mitgliedstaaten verbunden sind. Könnte sie uns auch darüber informieren, mittels welcher Kampagne sie das Bewusstsein für das Problem des Menschenhandels zum Zwecke der Prostitution während der Fußballeuropameisterschaft 2008 zu schärfen gedenkt?

Ich bin tief besorgt, dass Sportveranstaltungen, die Millionen von Menschen weltweit Freude bereiten, gleichzeitig skrupellos als Möglichkeit benutzt werden, Frauen und Mädchen auszubeuten.

Es schockiert mich, dass jährlich etwa 100 000 Frauen Opfer von Menschenhandel in Europa werden. Was ich am schärfsten verurteile, ist die Tatsache, dass sogar Mädchen im zarten Alter von 14 Jahren betroffen sind.

Wir können diese Form der modernen Sklaverei nicht länger hinnehmen. Sexuelle Ausbeutung ist nicht nur eine Straftat, sondern stellt auch eine grobe Verletzung der Menschenrechte dar.

 
  
MPphoto
 
 

  Katalin Lévai (PSE), schriftlich. – (HU) Die Union ist verpflichtet, mit allen verfügbaren Mitteln sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel im Umfeld von Sportveranstaltungen, die auf ihrem Territorium organisiert werden, zu unterbinden. Die Fußball-Europameisterschaft 2008 ist ein sportliches Ereignis, bei dem eine beachtliche Zahl von Menschen zusammenkommt und die Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen vorübergehend steigt. Daher müssen wir uns unbedingt selbst mit befristeten Kampagnen wie der von Frau Záborská 2006 anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft ins Rollen gebrachten Initiative schützen; es dürfte sich auch dieses Mal lohnen. Um mit der Initiative möglichst viele Menschen erreichen zu können, bedarf es aber meiner Meinung nach einer umfassenderen Aufklärung in den Medien (einschließlich der offiziellen Website für die Europameisterschaft) unter Einbeziehung von Politikern, Sportdirektoren, Sportlern und Fans (nach dem Vorbild des Programms „Jugend gegen Rassismus“).

Allerdings reicht eine zeitlich befristete Kampagne allein nicht aus. Um wirksam gegen Menschenhändler vorgehen zu können, müssen neue Richtlinien erarbeitet, vor allem jedoch bereits vorhandene Richtlinien schnellstmöglich eingehalten werden. Ich möchte die Kommission auf die Tatsache hinweisen, dass in vielen Ländern Defizite bei der Umsetzung und Auslegung von Richtlinien bestehen, so dass sich deren Anwendung weiter verzögert. Deswegen halte ich es für besonders wichtig, dass die Frage der Kollegin Záborská zur Richtlinie 2004/81/EG präzise beantwortet wird.

Selbst wenn Grenzkontrollen bei der Aufdeckung von sexueller Ausbeutung und Menschenhandel im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen in der Union eine wichtige Rolle spielen, werden wir das Ziel aus meiner Sicht nicht mit strengeren internen Grenzkontrollen erreichen; dazu müssen die Kontrollen an den Außengrenzen im Wege der Zusammenarbeit mit Grenzschützern verstärkt werden, wobei es eine geeignete Form für diese Kooperation zu finden gilt. Dadurch werden wir gesetzestreuen Bürgern die Teilnahme an europäischen Veranstaltungen nicht erschweren!

 
  
MPphoto
 
 

  Lívia Járóka (PPE-DE), schriftlich. – (HU) Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, auf die Frage der Kollegin Záborská zurückzukommen und Sie nochmals auf die Schutzlosigkeit von Roma-Frauen in den Bereichen Menschenhandel und Zwangsprostitution hinzuweisen. Soziale Ausgrenzung – und vielfach auch das Fehlen amtlicher Dokumente – führen dazu, dass Roma-Mädchen besonders häufig Opfer und eine „leichte Beute“ für diejenigen sind, die vom Menschenhandel profitieren. Ihre Lage wird zusätzlich verschärft durch die rassischen Vorurteile, die ihnen die gesamte Gesellschaft entgegenbringt, die in ihren eigenen Gemeinschaften bestehenden sexuellen Vorurteile und das allgemeine Misstrauen der Roma gegenüber Gerichten.

Es werden individuelle Programme gebraucht, um Opfern von Menschenhändlern und ihren Familien zu helfen und um zu verhindern, dass heranwachsende Mädchen gezwungen sind, in einem von Ausbeutung geprägten Milieu zu leben und zu arbeiten. Der Schaffung von mehr Beratungsnetzen und -zentren durch NRO und die Mitgliedstaaten kommt entscheidende Bedeutung zu; das gilt auch für die Erhebung und Auswertung verlässlicher Statistiken über die Verbindung zwischen Roma-Gemeinschaften und Menschenhändlern. Im letztgenannten Bereich können einige NRO und internationale Organisationen Ergebnisse vorweisen, doch müssen sich auch die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten stärker engagieren.

Der wichtigste Nährboden für Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung ist allerdings die Armut, die das menschliche Leben auf den täglichen Kampf ums Überleben reduziert, wobei die Gefahr illegaler Aktivitäten erheblich zunimmt, wenn finanzielle Möglichkeiten und Bildungschancen fehlen. Aus diesem Grund besteht unsere gemeinsame erste Pflicht darin, neben den Aufklärungsprogrammen und der Hilfe für diejenigen, die bereits Opfer geworden sind, der unmenschlichen Armut ein Ende zu bereiten.

 

29. Erklärung der finanziellen Interessen : siehe Protokoll

30. Tagesordnung der nächsten Sitzung: siehe Protokoll

31. Schluss der Sitzung
  

(Die Sitzung wird um 23.45 Uhr geschlossen.)

 
Rechtlicher Hinweis - Datenschutzbestimmungen