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Verfahren : 2007/2191(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0212/2008

Eingereichte Texte :

A6-0212/2008

Aussprachen :

PV 16/06/2008 - 26
CRE 16/06/2008 - 26

Abstimmungen :

PV 17/06/2008 - 7.26
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2008)0288

Ausführliche Sitzungsberichte
Montag, 16. Juni 2008 - Straßburg Ausgabe im ABl.

26. Auswirkungen der Kohäsionspolitik auf die Eingliederung schutzbedürftiger Gemeinschaften und Gruppen (Aussprache)
Protokoll
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die Aussprache über den Bericht von Gábor Harangozó im Namen des Ausschusses für regionale Entwicklung zu den Auswirkungen der Kohäsionspolitik auf die Eingliederung schutzbedürftiger Gemeinschaften und Gruppen (2007/2191(INI)) (A6-0212/2008).

 
  
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  Gábor Harangozó, Berichterstatter. – (HU) Vielen Dank, Herr Präsident! Frau Kommissarin Hübner, meine Damen und Herren Abgeordneten! Es gibt Regionen, und in diesen Regionen leben Menschen, die nicht in der Lage sind, die Möglichkeiten zu nutzen, die wir ihnen aus Mitteln der Gemeinschaft bieten, damit sie möglichst schnell das Durchschnittsniveau der Europäischen Union erreichen und die Armut, in der sie leben, überwinden.

Mit diesem Bericht wollte ich aufzeigen, weshalb es uns nicht gelungen ist, diese Regionen zu entwickeln, und Empfehlungen geben, wie sich diese Lage verändern und überwinden lässt. Aus dem Vierten Zwischenbericht der Europäischen Kommission über den Zusammenhalt geht hervor, dass die Kohäsionspolitik auf nationaler Ebene in einigen Ländern recht erfolgreich ist. Konkret heißt das, dass in diesen Ländern, die der Europäischen Union beigetreten sind und Mittel aus dem Kohäsionsfonds erhalten, dynamischere Entwicklungen und echte Fortschritte im Hinblick auf den Zusammenhalt zu verzeichnen sind. Bei Betrachtung der etwas darunter liegenden territorialen Ebenen ist jedoch erkennbar, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen nicht im gleichen Maße abgebaut werden. Als Beispiel möchte ich Ungarn anführen: In diesem Land hat das Pro-Kopf-BIP in der zentralen Region 110 % des Durchschnittswertes der Europäischen Union erreicht, wohingegen es in vier der sieben Regionen Ungarns unter 45 % des EU-Durchschnitts liegt. In diesen Regionen nehmen die Unterschiede immerhin nicht weiter zu. Aus dem Vierten Bericht über den Zusammenhalt geht indes auch hervor, dass die territorialen Unterschiede innerhalb der Regionen oftmals weiterhin zunehmen.

Was könnten die Ursachen dafür sein, dass es einigen Regionen gelingt, die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu ihrem Vorteil zu nutzen, während andere dazu nicht in der Lage sind? Bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass diese Entwicklung sehr schwer wiegende strukturelle Ursachen hat, das heißt strukturelle Ursachen auf territorialer Ebene. In Territorien, die nur eine schwache Entwicklung aufzuweisen haben, fehlt es eindeutig an Humankapazitäten zur Schaffung entsprechender Projekte, ist die für die Gewinnung von Investitionen in diese Territorien erforderliche Infrastruktur nicht vorhanden und mangelt es an angemessenen Bildungs- und sachgemäßen medizinischen Versorgungseinrichtungen für die Bürger. Es gibt beispielsweise in Ungarn mehrere Mikroregionen, in denen die Lebenserwartung der Männer um mehr als fünfzehn Jahre unter dem Landesdurchschnitt liegt.

Was können wir dagegen unternehmen? Da wir es hier mit einem Problem von äußerst komplexer Natur zu tun haben, das sich ganz offensichtlich auf bestimmte Mikroterritorien und Mikroregionen konzentriert, müssen wir nach meinem Dafürhalten darüber nachdenken, ob es denn richtig ist, dass die Kohäsionspolitik nur auf interregionaler Ebene, also auf der Ebene der Regionen, analysiert wird. Wäre es nicht eher angebracht zu prüfen, ob denn nicht stärker fokussierte und zielgerichtete Maßnahmen auf der Ebene der Mikroregionen erforderlich sind, wo die Probleme am deutlichsten zutage treten? Als ersten Schritt sollten wir uns die Statistiken ansehen, auf die wir als Ausgangsbasis für den Entscheidungsprozess zurückgreifen. Mir war dieses Problem bei der Erarbeitung des Berichts bekannt, ich kann Ihnen aber keine konkrete Grundlage für einen statistischen Vergleich liefern, da es in der gesamten EU an vergleichbaren statistischen Daten für die Mikroregionen fehlt. Wir müssen von nun an prüfen, ob es richtig ist, ländliche Kohäsion in die Agrarpolitik einzubinden, auch wenn es sich zumeist um ländliche Gebiete handelt. Wäre es nicht viel besser, die Probleme der ländlichen Gebiete im Rahmen der Kohäsionspolitik zu behandeln und die Instrumente der Kohäsionspolitik zu nutzen, sodass die Maßnahmen der Agrarpolitik lediglich eine reinweg ergänzende Funktion haben?

An dieser Stelle möchte ich den Schattenberichterstattern für ihr äußerst konstruktives Engagement bei der Erarbeitung dieses Berichts danken. Zugleich möchte ich darauf verweisen, dass die PPE-DE-Fraktion nach mehrwöchigen Verhandlungen und nachdem ich ihren Bericht mit einem ganz maßgeblichen Änderungsantrag zu einem wichtigen Punkt des Berichts angenommen hatte, beschloss, gegen den von ihr selbst vorgebrachten Punkt zu stimmen. Für mich stellt sich nun die Frage, was wollen wir eigentlich? Soll lediglich festgestellt werden, dass es ein Problem gibt, ohne etwas dagegen zu unternehmen, oder wollen wir uns dem Problem stellen und Empfehlungen für die Änderung unserer Politik abgeben und uns mehr auf die Bestimmung von Bereichen konzentrieren, in denen wir wirklich etwas unternehmen können, um das Problem zu lösen? Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Harangozó für seinen Bericht danken sowie für seine Bemühungen um einen einvernehmlichen Standpunkt seines Ausschusses zum schwierigen Thema der schutzbedürftigen Gemeinschaften und Gruppen. Um zu verhindern, dass Wirtschaftswachstum einhergeht mit sozialer Polarisierung innerhalb unserer Gesellschaft, richtet sich die Kohäsionspolitik gegen die soziale Ausgrenzung und zielt insbesondere auf die Integration schutzbedürftiger Gemeinschaften und Gruppen. Dies wird auch in der Zukunft ein wichtiges Ziel der Kohäsionspolitik bleiben.

Darüber hinaus ist es eine Tatsache, dass die im Bericht benannten Probleme an der Schnittstelle zwischen territorialem Zusammenhalt einerseits und sozialem Zusammenhalt andererseits liegen. Somit werden Probleme der sozialen Polarisierung und der sozialen Ausgrenzung, wenn sie in bestimmten Gebieten konzentriert auftreten, zu Problemen des territorialen Zusammenhalts.

Wir sehen uns sozialer Ausgrenzung in den ärmsten Gebieten der Europäischen Union gegenüber, aber wir finden sie auch in Form von Inseln sozialer Isolation in den reichsten Städten der EU. Im Bericht wird die Kommission ersucht, im Rahmen des kommenden Grünbuchs über den territorialen Zusammenhalt eine umfassende Definition des territorialen Zusammenhalts vorzulegen, und ich kann versichern, dass das für Ende September dieses Jahres zu erwartende Grünbuch zu einem Fortschritt im unionsweiten gemeinsamen Verständnis des Konzepts der territorialen Kohäsion beitragen wird.

Im Bericht wird außerdem anerkannt, dass der Begriff der schutzbedürftigen Gruppen und Gemeinschaften als solcher ganz sicher kein ganz einfacher ist und nicht allein auf Roma-Gemeinschaften beschränkt werden sollte. Auf der anderen Seite ist es weithin anerkannt, dass die Situation der Roma-Gemeinschaften in Europa besonderes Augenmerk verdient. Um den vielschichtigen Problemen der Ausgrenzung der Roma zu begegnen, brauchen wir einen integrierten Ansatz. Das Parlament hat darüber im Zusammenhang mit seiner Entschließung zu einer europäischen Strategie für die Roma im Januar ausgiebig diskutiert. Im Paket zur erneuerten Sozialagenda wird die Kommission Anfang Juli ihr Arbeitspapier zu gemeinschaftlichen Instrumenten und Maßnahmen zur Integration der Roma vorstellen.

Ich teile die im Bericht geäußerte Meinung, dass wir die Synergien und Komplementaritäten der europäischen Maßnahmen und der verschiedenen verfügbaren Finanzierungsinstrumente besser nutzen müssen. Die Kommission hat darauf großes Augenmerk gerichtet, als sie die operationellen Programme der Kohäsionspolitik mit den nationalen und regionalen Behörden verhandelte.

Auch hinsichtlich des Anliegens, vergleichbare intraregionale Daten für alle Regionen der Europäischen Union unter besonderer Berücksichtigung sozialer Indikatoren verfügbar zu machen, teile ich die Meinung des Berichts: Auch wenn dies essenziell erscheint, ist das Problem komplexerer Natur. Wie den Mitgliedern bewusst ist, erhebt Eurostat keine Daten, sondern verwaltet die von den nationalen statistischen Systemen gelieferten Informationen.

Wir haben soeben das zweite Städteaudit für den Zeitraum bis 2004 abgeschlossen, und wir sehen deutlich, wie wenige territoriale Daten unterhalb der klassischen regionalen NUTS 2-Ebene vorliegen. Um diese schwierige Aufgabe zu lösen und auch den Kontext der Grünbuchvorbereitungen zum territorialen Zusammenhalt zu nutzen, hat die Generaldirektion Regionalpolitik Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der Forschung zu regionaler Politik einschließlich der statistischen Grundlagen erarbeitet. Im Ergebnis dessen werden nun die Ausgaben 2000-2006 auf die Ebene NUTS 3 heruntergebrochen, auf 20 Ausgabenkategorien auf dieser Ebene, und zwar für Ziel-I-Regionen, Ziel-II-Regionen, die Programme Urban und Interreg sowie den Kohäsionsfonds.

Die Durchführung von Audits für ländliche Regionen ist eine Aufgabe, die noch vor uns liegt. Leider muss ich eingestehen, dass uns heute noch keine verlässlichen Daten dazu vorliegen, wo ausgeschlossene Gruppen vermehrt vorkommen. Daher ist es unmöglich, unsere neuen Informationen, wo und wofür Ressourcen der Kohäsionspolitik eingesetzt werden, mit der örtlichen Konzentration dieser Gruppen abzugleichen So wie sich das Problem heute darstellt, glaube ich, dass wir in diesem Bereich noch Spielraum für Fortschritt haben, besonders bei der konkreten Forschung mithilfe qualitativer Analysen.

Ich möchte dem Parlament noch einmal dafür danken, dass Sie diese wichtigen Punkte angesprochen haben und freue mich auf die heutige Debatte.

 
  
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  Ilda Figueiredo, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. – (PT) Als Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung möchte ich erneut die Notwendigkeit betonen, ländliche Gebiete sowie Bergregionen zu unterstützen, in denen Frauen eine zentrale Rolle übernehmen. Wir müssen ihre Arbeit würdigen und ihnen ein angemessenes Einkommen garantieren.

Es bedarf gut bezahlter Produktionstätigkeiten und hochwertiger öffentlicher Dienste, um junge Menschen zu halten und Landflucht zu verhindern. Bei der gegenwärtigen Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik muss Familienbetrieben sowie kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, damit eben diese Politik gerechter wird, Landflucht bekämpft und landwirtschaftliche Erzeugnisse gefördert werden können.

Besonders hervorheben möchte ich auch, dass es notwendig ist, die benachteiligten Regionen, die strukturell dauerhaft benachteiligten Gegenden, die Gebiete in äußerster Randlage und die Gegenden, die von industriellen Umstrukturierungen, Abwanderung oder Betriebsschließungen betroffen waren, zu unterstützen, um den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt und die soziale Integration schutzbedürftiger Gemeinschaften und Gruppen zu stärken.

 
  
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  Maria Petre, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (RO) Herr Präsident, Frau Kommissarin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuallererst möchte ich mich bei dem Berichterstatter für seine Arbeit und für die von ihm unternommenen Anstrengungen, verschiedene Gesichtspunkte miteinander in Einklang zu bringen, bedanken. Wir sind alle der Meinung, dass schutzbedürftige Gruppen und Gemeinschaften in ihrer Entwicklung mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen haben und dass sie im Rahmen der Kohäsionspolitik besonderer Aufmerksamkeit sowie der anderen zur Verfügung stehenden finanziellen Hilfsinstrumente bedürfen.

Während aller Arbeitsphasen habe ich die Notwendigkeit unterstützt, den Bericht in zwei voneinander getrennte Teile zu gliedern: Ein Teil bezieht sich aus Sicht der ethnischen Zugehörigkeit auf schutzbedürftige Gemeinschaften, und der zweite Teil befasst sich mit schutzbedürftigen Gemeinschaften, die durch gewisse geografisch bedingte Benachteiligungen geprägt sind. Leider spiegelt sich unsere Bitte in der gegenwärtigen Form des Berichts nicht wider. Unsere Fraktion hat drei Änderungsvorschläge eingebracht, von deren Annahme unser Stimmverhalten abhängt, nämlich die Streichung von Erwägung Ee, deren Inhalt identisch ist mit dem Inhalt von Erwägung I, der Erklärung des Konzepts eines schutzbedürftigen Gebiets oder einer schutzbedürftigen Zone durch deren Aufzählung sowie die Streichung von Ziffer 17. Wir hoffen, dass uns der Berichterstatter in dieser Beziehung zustimmen wird.

Schließlich möchte ich noch zwei weitere Gedanken hervorheben: Die Probleme schutzbedürftiger Gemeinschaften, ganz gleich unter welchem Gesichtspunkt, dem ethnischen und/oder dem geografischen, könnten effizienter behandelt werden, wenn es in diesem Bereich eine Zusammenarbeit zwischen lokalen, regionalen, einzelstaatlichen und europäischen Behörden gäbe. Gleichzeitig ist die Rolle des Bildungssystems sowie der öffentlichen, der sozialen und der Verkehrsinfrastruktur für die Integration schutzbedürftiger Gruppen und Gemeinschaften unentbehrlich.

Zum Schluss möchte ich ausführen, dass, wie ich bereits erwähnte, unser endgültiger Standpunkt von der Annahme der drei Änderungsanträge abhängt, insbesondere von der Streichung von Ziffer 17, über die in der Kommission abgestimmt wurde. Im Falle der Annahme dieser Änderungsanträge werden wir den Bericht selbstverständlich unterstützen.

 
  
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  Lidia Joanna Geringer de Oedenberg, im Namen der PSE-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Zu Beginn möchte ich dem Berichterstatter für seine Arbeit an dem Bericht danken, der uns heute vorgelegt wurde. Ich bin wie der Berichterstatter der Ansicht, dass es dringend erforderlich ist, einen mikroregionalen Ansatz zu finden, der auf intraregionale Disparitäten und auf besonders schutzbedürftige Gebiete ausgerichtet ist.

Intraregionale Disparitäten spielen in bestimmten Fällen sogar eine größere Rolle als Unterschiede zwischen den Regionen. Vergessen wir nicht, dass es das Ziel und die Grundannahme der europäischen Regionalpolitik ist, Unterschiede in der Entwicklung zwischen einzelnen Regionen zu verringern, und das Phänomen der territorialen Ausgrenzung wurde noch nicht in den politischen Instrumenten berücksichtigt. In den neuen Mitgliedstaaten treten gesellschaftliche Segregation und mangelnde Chancengleichheit am häufigsten in ländlichen Gebieten auf, wirtschaftliche und soziale Initiativen in den Regionen konzentrieren sich dagegen auf dynamische Zentren, vorrangig auf städtische Zentren.

Die Mittel zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sind von Land zu Land verschieden; um aber eine Europäische Union des territorialen und sozialen Zusammenhalts zu schaffen, gilt es zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, mit denen das Potenzial entfaltet wird, das in den wirtschaftlich unterentwickelten Regionen schlummert.

 
  
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  Ramona Nicole Mănescu, im Namen der ALDE-Fraktion. – (RO) Herr Präsident! Zuallererst möchte ich dem Berichterstatter für seine Arbeit danken.

Für die Gemeinschaften in den unterentwickelten Regionen und Teilregionen ist die Kohäsionspolitik lebenswichtig. Wirtschaftliche und soziale Aspekte, wie z. B. Armut, mangelnde Infrastruktur und Verwaltungskapazitäten, Deindustrialisierung, niedriges Bildungs- und Ausbildungsniveau, hohe Arbeitslosenquoten, schlechte Lebensbedingungen und beschränkter Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse machen diese Gemeinschaften zu schutzbedürftigen Gruppen. Diese stellen eine immer größere Herausforderung für den territorialen Zusammenhalt der Europäischen Union dar. So entsteht eine wechselseitige Beziehung zwischen der Notwendigkeit, die sozioökonomischen Unterschiede zwischen den Regionen zu reduzieren und der Notwendigkeit, schutzbedürftige Gruppen in die Gesellschaft zu integrieren, eine Beziehung, die selbstverständlich zu einem konstruktiven Prozess führen sollte, der ein territoriales Herangehen sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene mit sich bringt.

Herr Präsident, meiner Ansicht nach beweisen das Fehlen statistischer Angaben hinsichtlich der Verteilung dieser Gruppen und des Grades ihrer sozialen Ausgrenzung sowie auch die Tatsache, dass die Indikatoren zur Messung der Ungleichheiten zwischen den Regionen keine verlässlichen Daten liefern können, einmal mehr, dass die Mitgliedstaaten und die Kommission enger zusammenarbeiten müssen, damit sie sich ein reelles Bild von der Lage schutzbedürftiger Regionen und Gruppen machen und konkrete Programme und Strategien zur territorialen Entwicklung und zur Überwindung sozialer Ausgrenzung entwickeln können.

Ich bin auch der Meinung, dass der erste Schritt der Mitgliedstaaten darin bestehen sollte, diese schutzbedürftigen Gruppen zu ermitteln und ihre Priorität in den nationalen strategischen Plänen festzulegen und im Anschluss daran Mechanismen zur Auswertung und Beobachtung zu entwickeln. Wir sollten nicht vergessen, dass Migration meistens eine Folge von Armut ist und dass das Phänomen der Migration selbst Instabilität und Konflikte hervorruft. Aus diesem Grund, sehr verehrter Herr Präsident, sollten unserer Meinung nach schutzbedürftige Gruppen von der sozialen Hilfe aller Mitgliedstaaten, von der Chancengleichheit und, darüber hinaus, von besonderen Programmen zur Entwicklung ihrer Herkunftsregionen profitieren.

 
  
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  Mieczysław Edmund Janowski, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Harangozó dafür danken, sich mit diesem schwierigen Thema befasst zu haben, auch wenn der Bericht nicht auf alle Aspekte eingeht, die sich auf Situationen, Personen oder Umfelder beziehen, die ausgegrenzt oder bedroht werden.

Obwohl ein erheblicher Teil des Haushalts der Europäischen Union für die Umsetzung ihrer Kohäsionspolitik bestimmt ist, gibt es nach wie vor gravierende Ungleichheiten. Betrachten wir nur einmal das BIP pro Kopf: In den reichsten Gegenden liegt es fast zehnmal höher als in den ärmsten Regionen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es auch innerhalb der Regionen wesentliche Unterschiede gibt. In großen Ballungsgebieten gibt es auch verarmte Stadtbezirke. Das ist zudem auch in vielen ländlichen Gebieten ein erhebliches Problem. Diese Armut wird teilweise von einer Generation zur nächsten weitergegeben.

Schützen wir deshalb die Kinder und Familien vor diesem Phänomen. In erster Linie muss hier Chancengleichheit geschaffen werden, insbesondere in den Bereichen Bildung, Gesundheitsfürsorge und Wohnraum. Damit stellen wir den sozialen und territorialen Zusammenhalt unter Beweis, den wir bislang noch nicht richtig definiert haben. Die Zukunftsaussichten von Menschen, die in räumlicher, kultureller und kommunikationstechnischer Hinsicht isoliert leben, sind deutlich schlechter. Das betrifft die technische wie auch die soziale Infrastruktur, ebenso wie Arbeitsplätze und die Schaffung eines Klimas der inneren Aktivität in diesen Gesellschaften.

Helfen wir unseren Mitbürgern, die auf die eine oder andere Weise diskriminiert werden, damit sie wieder an ihre Chance glauben können, der niedrigen gesellschaftlichen Stellung zu entkommen. Wir müssen auch mit den Klischees brechen, die diese Gruppen unterbewerten. Das betrifft sehr viele behinderte oder obdachlose Menschen, auch die Gesellschaften der Roma, über die hier gesprochen wurde. Diese Art von Segregation steht im Widerspruch zu unserer gemeinsamen Solidarität und ist ein Zeichen von mangelnder Achtung der Würde des Menschen. Denken wir daran, wie oft wir es in diesen Kreisen mit kinderreichen Familien oder mit Einwandererfamilien zu tun haben.

Außerdem brauchen wir eine gemeinsame Politik, um Gleichheit auf verschiedenen Ebenen zu schaffen: auf regionaler, nationaler und auf EU-Ebene. Wir benötigen auch Freiwillige, und wir brauchen Nichtregierungsorganisationen.

 
  
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  Lambert van Nistelrooij (PPE-DE).(NL) Herr Präsident, Frau Kommissarin! Ich danke Herrn Harangozó für die Aufmerksamkeit, die er den schutzbedürftigen Gruppen entgegenbringt. Die Kohäsionspolitik leistet schon seit Langem einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Lage der schutzbedürftigen Gruppen. Nehmen wir beispielsweise Irland, einst ein Land mit sehr schutzbedürftigen Gruppen: immens hohe Jugendarbeitslosigkeit, heruntergekommene Städte, rückständige Provinz, nahezu chancenlos. Auch in etlichen anderen Ländern muss an die Stelle sozialer Ausgrenzung Beschäftigung, Bildung und Beteiligung treten. Das ist der Weg, den wir beschreiten und der auch überaus erfolgreich ist.

Ein zweiter Gesichtspunkt. Wie ich bemerkt habe, heißt es vor allem, wir wüssten zu wenig, hätten zu wenig Informationen. Ich stimme zu, dass das vor allem seitens der Mitgliedstaaten, der Regionen und der Städte selbst verbessert werden könnte. Herr Harangozó ist erstaunt, weshalb die Lebenserwartung der Ungarn 15 % unter der durchschnittlichen Lebenserwartung in der EU liegt. Den Grund dafür kenne auch ich nicht, allerdings habe ich Krankenhäuser besucht. Die Ess- und Trinkgewohnheiten sind extrem ungesund, und dagegen kann die Europäische Gemeinschaft nichts tun. Eigenverantwortung der Menschen in den Regionen zählt, wie ich meine, zu den wesentlichen Grundlagen unserer Politik.

Und was ist schließlich der eigentliche Grund, weshalb die PPE-DE NUTS 4 ablehnt? Wir sind dagegen, weil wir uns 2004 für die Stärkung der Politik bis 2013, für mehr Substanz, einen stärkeren Fokus entschieden haben. Wir haben sogar beschlossen, die gesamte Außengrenze als solche in die Politik für die Interreg-Gebiete an den Außengrenzen einzubeziehen. Tendenziell führt dies zur Zersplitterung, Verzettelung bei unseren Bemühungen, und diesen Weg sollten wir künftig auf diesem Gebiet nicht einschlagen. Das wäre ein Fehler. Deshalb fordere ich Sie nochmals zur Streichung des betreffenden Artikels auf. Im Übrigen nehme ich gern die auch vom Berichterstatter formulierte Herausforderung an, im nächsten Halbjahr einmal eingehend über den territorialen Zusammenhalt zu diskutieren.

 
  
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  Iratxe García Pérez (PSE).(ES) Herr Präsident! Ich möchte ebenfalls mit einem Dank an den Berichterstatter dafür beginnen, dass er die Initiative für die Erarbeitung eines Berichts ergriffen hat, in dem erklärt wird, dass eines der Hauptziele der Europäischen Union in der Verringerung der sozialen, wirtschaftlichen und regionalen Ungleichheiten besteht.

Die Kohäsionspolitik hat einen wirksamen Beitrag zum Abbau dieser Ungleichheiten geleistet, doch bleibt noch viel zu tun, wie im vierten Kohäsionsbericht erklärt wird.

In allen Regionen, selbst in den wohlhabendsten, leben schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen, die Gefahr laufen, in die soziale Ausgrenzung und völlige Armut abzugleiten. Ein integrierter Ansatz ist notwendig, wenn es um mangelnde Chancengleichheit geht. Die Mitgliedstaaten und regionalen Verwaltungen brauchen Strategien, um die schutzbedürftigen Gebiete wiederzubeleben, ihre Infrastruktur zu entwickeln und echte Entwicklungsmöglichkeiten entsprechend ihrem spezifischen Wirtschaftspotenzial zu fördern und dabei die Dienste von allgemeinem Interesse über die Stärkung der lokalen Verwaltungen durch die Dezentralisierung des öffentlichen Sektors aufrechtzuerhalten.

 
  
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  Emmanouil Angelakas (PPE-DE).(EL) Herr Präsident, Herr Kommissar! Der Bericht von Herrn Harangozó stellt aufgrund seiner Zielgerichtetheit und spezifischen Thematik einen äußerst wichtigen Schritt des Europäischen Parlaments dar, sich den schutzbedürftigen Gemeinschaften und Gruppen zu widmen und sie im Rahmen einer europäischen Kohäsionspolitik schrittweise zu integrieren. Als Initiative erhält dies meine volle Zustimmung, und ich gratuliere dem Berichterstatter zu seinen Bemühungen, doch wenn es mir erlaubt ist, möchte ich der Herangehensweise an das Thema widersprechen. Einigen Aspekten des Berichts fehlt es trotz der gründlichen Arbeit meines Kollegen noch an Substanz.

Bei einigen dieser Aspekte geht es um schutzbedürftige Gemeinschaften und Gruppen, die ein breites Spektrum der Gesellschaft und von Mikrogemeinschaften, und nicht nur die Roma repräsentieren. Das Europäische Parlament hat auf diese Kategorie bereits in einem spezifischen Bericht verwiesen, der neben anderen auch die sozialen und geografischen Aspekte hätte umfassen müssen. Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten hat betont, dass ein solcher umfassenderer Ansatz sinnvoll sei, doch ihrem Rat ist man nicht gefolgt. Der Bericht ist nach wie vor einseitig und beinhaltet oft einen kurzsichtigen Umgang mit der Thematik.

Ich denke ganz besonders an die Berg- und Inselregionen, deren Schutzbedürftigkeit niemand in Frage stellen kann. Sie finden an keiner Stelle des Berichts Erwähnung. Mir missfällt, dass fortwährend Definitionen oder spezifische Verweise auf Sachen und Situationen vermieden werden. Außerdem möchte ich hervorheben, dass es schutzbedürftige Gemeinschaften und Gruppen nicht nur auf überregionaler, sondern auch auf regionaler Ebene gibt. Sie benötigen materielle und technische Unterstützung, technologisches und wissenschaftliches Know-how, Bildung, Ausbildung und eine administrative Basis. Besonderes Augenmerk sollte auf die Dezentralisierung des öffentlichen Sektors und den Ausbau der Verkehrsnetze gelegt werden. Auch in diesem Fall und in diesen Gruppen kann die ehrenamtliche Tätigkeit eine wichtige Rolle spielen und zur Aktivierung und Integration beitragen.

Die Bemühungen des Berichterstatters stehen zwar außer Frage, doch ich halte die Gesamtstruktur des Berichts für unbefriedigend. Er ist gespickt mit Uneindeutigkeiten, und seine Absätze weisen keine klare Ordnung auf. Wenn wir wirklich dazu beitragen wollen, die Probleme schutzbedürftiger Gruppen zu lösen, müssen wir klare und eindeutige Texte verfassen, die einen Überblick über das Thema vermitteln.

 
  
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  Evgeni Kirilov (PSE).(EN) Herr Präsident! Ich möchte meinem Kollegen, Herrn Harangozó, zu seinem Initiativbericht gratulieren.

Im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik bedeutet besondere Aufmerksamkeit für schutzbedürftige Gruppen, dass wir nicht vergessen haben, dass der Schwerpunkt dieser Politik auf dem Beitrag der EU zum Wohlergehen unserer Bürger liegt.

Die regionale Dimension dieser Angelegenheit ist eindeutig. Gleichwohl ist es notwendig, die Entwicklungsstärke der kleinen Gebietseinheiten zu analysieren, um die besonderen Bedürfnisse und den Ort der schutzbedürftigen Gruppen zu bestimmen. Obwohl wir feststellen konnten, dass die Schutzbedürftigkeit ein Problem auf niedrigeren Ebenen ist – beispielsweise in den ärmsten Regionen – wirkt es sich auf das gesamte Gebiet aus und betrifft alle darin lebenden sozialen Gruppen. Daher müssen Politik, Strategie und Maßnahmen zu den Problemen der schutzbedürftigen Gruppen umfassend sein und auf einem gemeinsamen Ansatz der europäischen, nationalen und lokalen Institutionen beruhen.

 
  
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  Bernadette Bourzai (PSE).(FR) Herr Präsident, Frau Kommissarin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Gábor Harangozó zu der hervorragenden Arbeit, die er geleistet hat, und zu seinen Gedanken zu diesem komplexen und heiklen Thema beglückwünschen. Ich wollte mich aktiv an der Stellungnahme des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung zu diesem Bericht beteiligen, da die hilfsbedürftigsten Personen häufig in den am wenigsten entwickelten ländlichen Gebieten und in Regionen mit dauerhaften naturbedingten Nachteilen konzentriert sind, was bedeutet, dass die Agrarpolitik und die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums dort eine wichtige Rolle zu spielen haben.

Die Kohäsionspolitik muss meines Erachtens darauf abzielen, einkommensgenerierende landwirtschaftliche und nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten in den ländlichen Gebieten aufrechtzuerhalten, um eine Bevölkerung zu halten, die häufig in die Versuchung der Landflucht gerät, aber auch um neue Bewohner willkommen zu heißen. Familienbetriebe müssen gefördert werden, weil dadurch Arbeitsplätze geschaffen werden, und gleicher Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen sowie die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen müssen gewährleistet sein, um den Bedürfnissen benachteiligter Familien, Gemeinschaften und gesellschaftlicher Gruppen gerecht zu werden. Kurz gesagt, müssen wir das ländliche Umfeld attraktiv und lebenswert machen. Dieses Ziel können wir erreichen, indem wir die verschiedenen Politiken, die in diesen Regionen und für diese benachteiligten Gruppen durchgeführt werden, miteinander verbinden und so stärker die Komplementarität der verschiedenen verfügbaren Finanzinstrumente nutzen.

 
  
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  Miloš Koterec (PSE).(SK) Ich danke Gábor Harangozó für den ausgezeichneten Bericht. Er berührt Fragen, die bisher noch nicht offenkundig sind, aber eine latente Quelle deutlich größerer Probleme darstellen. Insbesondere möchte ich auf zwei im Bericht enthaltene konkrete Bereiche eingehen: die Fortentwicklung der schutzbedürftigen Gemeinschaften, zu denen vor allem Menschen aus dem ländlichen Raum und den Randlagen der Städte gehören, und die Entwicklung der zurückgebliebenen Mikroregionen, die je nach den besonderen Gegebenheiten der einzelnen Länder verschieden verstreut sind und von der derzeitigen Statistik kaum erfasst werden.

Diese beiden Bereiche werden nicht genau ausgewiesen und deswegen auch vernachlässigt. Wir müssen eindeutig feststellen, welche wirtschaftlich und sozial schutzbedürftigen Gemeinschaften wir in der Europäischen Union haben, wir müssen analysieren, welche Arten von unterentwickelten Mikroregionen es in der EU gibt und wo sie lokalisiert sind, und wir müssen Lösungen für diese Probleme finden. Beide sind vor dem Hintergrund der umfassenden Erfolge der Kohäsionspolitik schwer zu erkennen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Kohäsionspolitik einem Emmentaler Käse gleicht, der nach außen hin sehr kompakt aussieht.

 
  
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  Miroslav Mikolášik (PPE-DE).(SK) In dem vorgelegten Bericht wird ganz richtig auf den Zusammenhang zwischen der Lösung sozialer Fragen und der regionalen Entwicklung verwiesen. Hier muss sich Europa solidarisch zeigen und die Kohäsionspolitik umsetzen.

Ich selbst verwende einen großen Teil meiner Zeit für Fragen, die mit der Unterstützung zurückgebliebener Regionen, vor allem in der Slowakei, zu tun haben. Die Bewahrung eines starken und attraktiven ländlichen Raums in Europa ist sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus kulturellen und umweltpolitischen Gründen unabdingbar. Ich unterstütze die Forderung an die Kommission, die im vorbereiteten Grünbuch über den territorialen Zusammenhalt vorgesehenen Mittel für die Lösung regionaler Probleme aufzustocken. Dabei muss für eine aktive Beteiligung der Regionen gesorgt und auch mit den Nichtregierungsorganisationen eng zusammengearbeitet werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich besonders die soziale Tätigkeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften hervorheben. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass ihr Wirken zugunsten der armen Gesellschaftsgruppen und Regionen äußerst effektiv und oft unersetzlich sind. Wir sollten sie daher als untrennbaren Bestandteil des europäischen Bemühens um Hilfe für die schutzbedürftigen Gruppen ansehen und sie auf europäischer Ebene angemessen unterstützen.

 
  
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  Stavros Arnaoutakis (PSE).(EL) Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte darauf hinweisen, dass wir mit diesem Bericht unsere Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass mit der Kohäsionspolitik zwanzig Jahre nach ihrer Formulierung die Solidarität der Union auch in Zukunft nicht nur den am meisten benachteiligten europäischen Regionen und Ländern, sondern auch den besonders schutzbedürftigen Gemeinschaften und Gruppen unserer Bevölkerung demonstriert werden soll.

Wir müssen die Kohäsionspolitik nicht nur finanziell, sondern auch mit geeigneten Mechanismen und Verfahren stärken, die es ermöglichen, komplexe, vielschichtige soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten auf lokaler Ebene aufzudecken und zu bekämpfen.

Aufgrund der Schwierigkeiten, mit denen unserer Regionen gegenwärtig konfrontiert sind, dürfen wir nicht unsere Augen vor den Problemen der Armut und der sozialen und territorialen Ausgrenzung verschließen. Es bedarf koordinierter Maßnahmen auf allen Ebenen, eines integrierten Ansatzes sowie aufeinander abgestimmter Mittel und Strategien, um dieser Probleme Herr zu werden.

 
  
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  Czesław Adam Siekierski (PPE-DE).(PL) Herr Präsident! Derzeit konzentriert sich das Wirtschaftwachstum auf Hauptstädte und städtische Großräume. Die Entwicklung in den übrigen Regionen, darunter auch in ländlichen Gebieten, verläuft deutlich langsamer, und deshalb sind diese Regionen anfälliger für Probleme. Ziel der Kohäsionspolitik sollte es sein, diesen Regionen zu helfen und den territorialen Zusammenhalt zu unterstützen.

Deshalb kommt es ganz wesentlich darauf an, die Infrastruktur zu verbessern und die Attraktivität dieser Regionen für Investoren zu erhöhen, die öffentlichen Dienste aufrechtzuerhalten und die Wohn- und Lebensbedingungen zu verbessern. Für die Entwicklung der ländlichen Gebiete ist der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sehr wichtig, also vor allem Verkehrswege und Kläranlagen, weil das die notwendigen Bedingungen für den Investitionsfluss und die Entstehung neuer Arbeitsplätze schafft, was den Menschen die Möglichkeit gibt, weiter in den Regionen zu bleiben und dort menschenwürdig zu leben.

Der Schwerpunkt der Gemeinsamen Agrarpolitik lag bislang hauptsächlich auf der Qualität der Nahrungsmittel, der Ernährungssicherheit und dem Wettbewerb, mit der ländlichen Entwicklung abseits der Landwirtschaft hat sie sich aber weniger befasst. Deshalb müssen die Kohäsionspolitik, die Politik der ländlichen Entwicklung und die Beschäftigungspolitik besser miteinander koordiniert werden.

 
  
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  Ewa Tomaszewska (UEN).(PL) Herr Präsident! In Erwägung N des Berichts wird zu Recht unterstrichen, dass Armut und Ausgrenzung einen stark territorialen Charakter aufweisen. Unter Berücksichtigung des in der Europäischen Union allgemein respektierten Solidaritätsprinzips und des Inhalts der Erwägung N plädiere ich dafür, dass die Mittel der Europäischen Fonds zur Förderung der Integration wirtschaftlich benachteiligter Gebiete genutzt werden.

Leider wurde in meinem Land dieses Jahr gegen dieses Prinzip verstoßen. Die Mittel zur Verbesserung der Infrastruktur und andere Hilfsfonds gelangen überwiegend in wohlhabendere und bereits gut entwickelte Gebiete. Das liegt oft daran, dass die Personen, die sich um diese Mittel bewerben, besser vorbereitet sind. Ich hoffe, dass das vorliegende Dokument dazu beitragen wird, diese Unregelmäßigkeiten in der ganzen Europäischen Union zu beseitigen.

 
  
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  Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Meines Erachtens war dies eine gute Diskussion, und ich möchte allen danken, die an der Aussprache teilgenommen haben. Sie hat gezeigt, dass ein integrativer politischer Ansatz der beste Weg ist, um dem Problem unterschiedlicher schutzbedürftiger Gemeinschaften und Gruppen effizient zu begegnen. Besonders wichtig scheint dabei die Verknüpfung von Kohäsionspolitik und Politik für die Entwicklung des ländlichen Raumes.

Ich teile ebenfalls den Standpunkt der Abgeordneten, dass in Fällen territorialer Häufung der Probleme in Verbindung mit schutzbedürftigen Gruppen ein gebietsbezogener Politikansatz gerechtfertigt ist. Soziale Eingliederung sollte nicht von territorialem Zusammenhalt getrennt werden.

Ich danke den Abgeordneten auch für ihre Betonung der intraregionalen Unterschiede. Wie viele Abgeordnete herausgestellt haben, wäre die Entwicklung hochwertiger, verlässlicher intraregionaler Statistiken in diesem Kontext eine große Hilfe. Wie ich bereits in meinen einleitenden Worten gesagt habe, will die Kommission weiterhin in die Entwicklung einer entsprechenden Datenbank investieren. Derzeit erarbeiten wir ein Audit für ländliche Regionen, ähnlich den bisher bereits durchgeführten Städteaudits. Dabei spielt eine gute Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten eine entscheidende Rolle, und ich vertraue in diesem Zusammenhang stark auf die Unterstützung des Parlaments.

 
  
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  Gábor Harangozó, Berichterstatter. – (HU) Vielen Dank, Herr Präsident! Frau Kommissarin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte zunächst Kommissarin Hübner danken, nicht nur für ihren Beitrag zu diesem Bericht und zur Debatte, sondern auch für ihre stetigen Bemühungen um Weiterentwicklung und effizientere Gestaltung dieser Politik. Ich weiß ihre Arbeit sehr zu schätzen und danke ihr auch für ihre Offenheit in Bezug auf meinen Bericht.

Ich möchte nun zu einigen der aufgeworfenen Fragen Stellung nehmen. Wollen wir das Problem ernsthaft in Angriff nehmen, dann sollten wir meines Erachtens zunächst das tun, was wir auch getan haben, als wir die Notwendigkeit des Lissabon-Prozesses sowie die Bedeutung der Umsetzung dieses Prozesses in der Kohäsionspolitik mit allem Ernst erkannt hatten und daraufhin die Einführung eines Systems der Zuweisung von Kohäsionsfonds zur Unterstützung des Lissabon-Prozesses beschlossen. Auf die gleiche Art und Weise können wir Maßnahmen zur Bekämpfung der territorialen Konzentration der Armut ergreifen, wenn wir denn wollen. Wenn wir uns entschließen, dies zu tun.

Ferner möchte ich der PPE-DE-Fraktion und insbesondere Herrn van Nistelrooij sagen, dass die Streichung von Ziffer 17 aus dem Bericht bedeuten würde, dass wir akzeptieren, dass es Mikroregionen gibt, die nicht in der Lage sind, die ihnen gebotenen Möglichkeiten zu nutzen. Wir wissen, dass es sich dabei um Mikroregionen handelt, aber warum wollen wir genau die Ziffer aus dem Bericht streichen, in der wir die Kommission auffordern zu prüfen, ob es deshalb nicht sinnvoller ist, den betroffenen Regionen auf mikroregionaler Ebene Kohäsionsunterstützung zu gewähren? Ich verstehe immer noch nicht, weshalb wir das tun sollten.

Frau Petre möchte ich entgegnen, dass ich das vorgelegte Papier als einen Bericht über die Regionalpolitik und somit nicht als richtigen Ort für die Diskussion von Fragen ethnischer Gruppen betrachte. Ich verstehe nicht, weshalb wir hier die Problematik der ethnischen Gruppen überhaupt ansprechen sollen. Wenn wir die Angelegenheit in Rumänien aus ethnischer Sicht betrachten, welche Gruppen soll ich ihrer Meinung nach denn in den Bericht aufnehmen? Die Roma, die in bestimmten Gebieten in äußerster Armut leben? Die Csángó, die in einem bestimmten Gebiet ebenfalls unter miserablen Bedingungen leben? Oder die in den Gebirgsregionen lebenden Rumänen? Auf dieser Basis können wir keine Entscheidungen treffen; wir benötigen komplexe Indikatoren, einen komplexen Ansatz und eine integrierte Umsetzung. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 
  
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  Der Präsident. − Die Aussprache ist geschlossen.

Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.

Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)

 
  
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  Bairbre de Brún (GUE/NGL), schriftlich.(GA) Ich möchte den vorliegenden Bericht von Herrn Harangozó über die Auswirkungen der Kohäsionspolitik auf die Eingliederung schutzbedürftiger Gemeinschaften und Gruppen begrüßen. Die Forderungen werden immer lauter, etwas gegen die unsicheren Zukunftsaussichten von Stadtvierteln oder Landstrichen zu unternehmen, deren Bewohner nicht in die Entscheidungsfindung und die Wirtschaftsentwicklung eingebunden sind.

Aus meinem eigenen Wahlkreis kenne ich die Schwierigkeiten, mit denen nicht nur benachteiligte Stadtviertel, sondern auch Randgebiete in den Grenzbezirken Irlands konfrontiert sind. Diese ländlichen Gebiete sind häufig nicht in der Lage, Unternehmens- oder Infrastrukturinvestitionen zu sichern. Die Politiker sollten sich vor allem darauf konzentrieren, die im Bericht angesprochene Landflucht zu bekämpfen.

Herr Harangozó verweist zu Recht auf die Bedeutung der kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe für den Erhalt der ländlichen Gemeinschaften. Ländliche Gemeinschaften sollten in der Kohäsionspolitik nicht zurückgestuft werden, und im Kampf gegen die soziale Ausgrenzung bedarf es einer stärkeren Verknüpfung zwischen ländlicher und regionaler Entwicklung.

Die Abgelegenheit von Kommunikations- und Verkehrsnetzen ist ein praktisches Problem, dem wir uns widmen müssen.

 
  
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  Bogdan Golik (PSE), schriftlich. – (PL) Die Kohäsionspolitik, für die etwa 33 % des EU-Haushalts verwendet werden, ist von größter Wichtigkeit für alle Länder der EU. Polen beteiligt sich gern an allen Maßnahmen, die einer vollen wirtschaftlichen Integration der europäischen Gesellschaft und einem Abbau der Disparitäten auf mikroregionaler Ebene dienen. Meines Erachtens sind die Maßnahmen im Rahmen der Kohäsionspolitik die Grundvoraussetzung, um nachhaltige Entwicklung zu fördern und Arbeitslosigkeit, Armut und soziale Ausgrenzung, die ernste soziale und wirtschaftliche Probleme in Europa darstellen, zu beseitigen. Die Zusammenarbeit zwischen allen europäischen Ländern und der Erfahrungsaustausch sind hier ganz besonders wichtig.

Die Probleme, die die nachhaltige Entwicklung in der EU hemmen, zu denen niedrige Einkommen, schwache Infrastruktur und geringe soziale Mobilität gehören, tauchen vornehmlich in ländlichen Gebieten auf. Die Situation wird von der zunehmenden Abwanderung der Menschen aus ländlichen Gebieten und der verstärkten sozialen Ausgrenzung in diesen Regionen noch verschärft. Darüber hinaus zählen auch externe Faktoren wie etwa die zunehmenden Entwicklungsunterschiede zwischen der Europäischen Union und den USA zu den Problemen, vor denen die europäische Kohäsionspolitik zu Beginn des 21. Jahrhunderts steht. In den Jahren 1995-2005 lag das Produktivitätswachstum in Europa deutlich unter dem in den Vereinigten Staaten oder in Japan. Das wirkt sich merklich auf die sinkende Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Marktes aus.

Ich möchte Herrn Harangozó dafür danken, dass er uns diese Probleme verdeutlicht hat.

 
  
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  Lívia Járóka (PPE-DE), schriftlich. – (HU) Im Interesse der Förderung von Beschäftigung, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit muss die Europäische Union das ihr zur Verfügung stehende Unternehmens- und Arbeitskräftepotenzial so gut wie möglich nutzen. Da die Mehrzahl der nahezu zehn Millionen in Europa lebenden Roma von strukturbedingter und/oder absoluter Arbeitslosigkeit betroffen oder auf dem grauen Markt bzw. in der Schattenwirtschaft tätig ist, könnte die Integration der Roma erhebliche Auswirkungen auf das Ergebnis der Lissabon-Agenda und die Kohäsionspolitik haben. Im Bericht wird festgestellt, dass die Kohäsionspolitik den ärmsten Regionen dabei geholfen hat, den Rückstand bei der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zu verringern. Gleichwohl sind weitere Anstrengungen sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht erforderlich. Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten müssen darauf hinarbeiten, dass die verfügbaren finanziellen Ressourcen künftig koordiniert werden und sich gegenseitig ergänzen; und bis das dann so weit ist, muss mithilfe der Finanzinstrumente der Europäischen Union – hier seien vorrangig der Europäische Sozialfonds und der Europäische Fonds für regionale Entwicklung genannt – eine Vielzahl von Einzelprogrammen unterstützt werden, und zwar von der Bereitstellung von Mikrokrediten für Unternehmen bis hin zu Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur. Damit diese Programme ein Erfolg und die Mittel auch für den vorgesehenen Zweck eingesetzt werden, müssen sowohl allgemeine als auch besondere Hindernisse erkannt und beseitigt werden. In ihrer Entwicklung zurückgebliebene Regionen, die mit komplexen Problemen zu kämpfen haben, können die Gegenwertmittel nicht aufbringen, die aber erforderlich sind, damit sie die Unterstützung der Gemeinschaft erhalten können, auf die sie Rechtsanspruch haben. Was das Volk der Roma anbetrifft, so haben sich die Benachteiligungen, die aus einem geringen Bildungsstand und Arbeitslosigkeit über mehrere Generationen resultieren, inzwischen vervielfacht.

 
  
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  Cătălin-Ioan Nechifor (PSE), schriftlich.(RO) Das Europäische Parlament hat den Entwurf einer Entschließung zu den Auswirkungen der Kohäsionspolitik auf die Eingliederung schutzbedürftiger Gemeinschaften und Gruppen zur Diskussion gestellt und besteht darauf, dass in den ländlichen Gebieten bestimmte wirtschaftlich rentable Produktionstätigkeiten aufrechterhalten werden, wobei insbesondere auf Familienbetriebe, aber auch kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe zu achten ist.

Die Gemeinsame Agrarpolitik muss gerechter werden, damit es angesichts der für wahrscheinlich gehaltenen Lebensmittelkrise möglich wird, dass sich Menschen in vorwiegend landwirtschaftlich geprägten ländlichen Gebieten niederlassen können.

Ich glaube, dass nach der Verabschiedung dieser Entschließung Rumänien erhebliche Unterstützung im Kampf gegen die Armut in den ländlichen Gebieten gewährt werden wird. Dort leben 10 Millionen Menschen, und Phänomene wie soziale und territoriale Ausgrenzung gefährden die bloße Existenz des rumänischen Staates sowie die Lebensmittel- und Ernährungssicherheit.

Durch Ausrichtung der rumänischen Landwirtschaft auf kleine landwirtschaftliche Betriebe, auf die Subsistenzlandwirtschaft und auf Landwirte, die mit ihren Familien kleine Flächen bewirtschaften, wird diese Landwirtschaft eine reelle Chance haben und somit den Beitrag dieses Sektors an der Erwirtschaftung des BIP erhöhen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich die Regierung Rumäniens ersuchen, alle nötigen Schritte zur Annahme dieser Entschließung zu ergreifen, um zu retten, was im Agrarsektor noch zu retten ist – also dort, wo die europäische Integration bisher noch nichts gebracht hat.

 
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