27. Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung und Auswirkungen der Ausbeutung bestimmter biologischer Rohstoffe durch die EU auf die Entwicklung in Westafrika (Aussprache)
Der Präsident. − Als nächster und letzter Punkt folgt die Aussprache über den Bericht von Frithjof Schmidt im Namen des Entwicklungsausschusses über Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung und die Auswirkungen der Ausbeutung bestimmter biologischer natürlicher Ressourcen durch die EU auf die Entwicklung in Westafrika (2007/2183(INI)) (A6-0137/2008).
Frithjof Schmidt, Berichterstatter. − Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Kommissarin! Lassen Sie mich zuerst den Titel übersetzen. Wenn wir über einige natürliche biologische Ressourcen sprechen, dann sprechen wir über Holz und über Fisch. Holz und Fisch sind die Schlüsselressourcen für die soziale und ökonomische Entwicklung in der Region Westafrika. Wir sprechen dann auch über das Abholzen der Wälder.
Wir alle wissen, wie dramatisch diese Entwicklung ist. In Westafrika stehen von dem Wald, der dort vor fünfzig Jahren vorhanden war, noch etwa 13 %. Das heißt, 87 % des Waldes sind schon abgeholzt. Wir alle wissen, welche Auswirkungen das auf die Klimaentwicklung, auf Wüstenbildung hat.
Wir haben ebenso dramatische Zahlen darüber, wie die Überfischung in diesem Raum des Atlantiks vorangeht und welche großen Probleme dadurch entstehen. Wir alle kennen natürlich auch die Bilder überfüllter Kanus mit Migranten aus Westafrika, die auf den Kanarischen Inseln landen. Der Zusammenhang mit dieser Entwicklung und der verstärkten Migration aus Westafrika in die Europäische Union ist offenkundig und unabweisbar, und darüber wird politisch in unseren Gesellschaften ja auch diskutiert.
Die Europäische Union ist der Hauptabnehmer für Holz und Fisch. Wir selbst sagen, dass wir als Europäische Union rund 80 % von diesen Produkten abnehmen. Deshalb ist es notwendig und gut, dass wir die Kohärenz unserer Entwicklungspolitik, unserer Fischereipolitik und unserer Holzhandelspolitik in Bezug auf Westafrika dahingehend überprüfen, inwieweit sie positiv zusammenwirken oder inwieweit sie ihre Ziele auch konterkarieren.
Bei beiden Produkten geht es darum, den Raubbau zu verhindern und eine nachhaltige Bewirtschaftung durchzusetzen. Bei beiden Produkten geht es darum, den Vorrang der lokalen Wirtschaft und der lokalen Versorgung vor dem internationalen Handel sicherzustellen. Wenn wir das nicht erreichen, dann wird jede selbsttragende Entwicklung dort untergraben und der Erfolg jeder Entwicklungszusammenarbeit in Frage gestellt. Deswegen ist diese Kohärenzüberprüfung so wichtig, damit wir die Erfolge unserer Entwicklungspolitik nicht durch andere Politiken, die wir machen, in Frage stellen und untergraben.
Wir kennen die Instrumente, wie wir die Situation verbessern können. Wir brauchen eine bessere Überwachung der Bestände an Fisch und Holz, und wir brauchen eine bessere Überwachung der Aktivitäten der Holzwirtschaft und auch der Fischerei. Wir brauchen dazu den entsprechenden Aufbau einer Infrastruktur, im Bereich von Forschung über Bestandsentwicklung und im Bereich der Kontrolle und Überwachung der Wirtschaftsaktivitäten. Das wissen wir seit langem, und wir gehen ja politisch auch seit einiger Zeit in diese Richtung.
Wir müssen in diesem Zusammenhang vor allem die illegale Abholzung, die illegale Fischerei und den Handel mit illegalen Produkten bekämpfen. Das müssen wir vor Ort in Westafrika tun. Dazu müssen wir die westafrikanischen Partnerländer unterstützen, und zwar auch bei uns in der Europäischen Union, wenn es um Marktzugang geht. Wir müssen unsere Kontrollsysteme ausbauen. Es ist eine entscheidende Aufgabe der Entwicklungspolitik, umzusteuern und zu einer nachhaltigen, schonenden Methode beim Holzeinschlag, bei der Waldnutzung und beim Fischfang zu kommen.
Lassen Sie mich noch auf einen Punkt und einen Konflikt in Bezug auf den Bericht eingehen. Wir haben in diesem Bericht erklärt, dass wir die Rahmenbedingungen für Joint Ventures zwischen Firmen der Europäischen Union und afrikanischen Partnern verbessern müssen, dass wir Investitionssicherheit schaffen müssen. Ich finde das richtig, und es ist notwendig. Aber wir müssen darauf achten, dass das nicht zu neuen Überkapazitäten führt, die unsere anderen Maßnahmen, beispielsweise gegen Überfischung, konterkarieren.
Es ist absolut notwendig, dass wir diesen Konflikt lösen. Deswegen haben wir der Stellungnahme des Fischereiausschusses mit dieser Aussage einen Punkt hinzugefügt. Ich möchte, dass hinter dem prozeduralen Konflikt, den wir haben – wann wo wer was hinzufügen darf –, der Inhalt nicht zurücksteht. Ich finde es absolut wichtig, dass wir daran festhalten, dass hier keine neuen Überkapazitäten entstehen dürfen. Wir dürfen diesen Punkt, wie es ja beantragt war, nicht aus dem Bericht streichen.
Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Ich möchte zunächst dem Berichterstatter, Herrn Schmidt, zu seinem Bericht gratulieren. Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung ist ein wichtiger Punkt, und lassen Sie mich Ihnen versichern, dass die Verringerung der negativen Auswirkungen und die vollständige Ausnutzung der Synergien zwischen europäischer Politik und Entwicklung integraler Bestandteil unserer Anstrengungen zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele sind.
Neben der Entwicklungspolitik können tatsächlich auch andere Politikbereiche einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung leisten, und sich somit natürlich direkt auf die Effizienz unserer Hilfeleistungen auswirken.
Wie Sie in Ihrem Bericht richtig feststellen, ist die Abholzung des Regenwaldes für uns alle ein Grund zur Besorgnis. Dabei sollte meiner Ansicht nach zwischen zwei Aspekten unterschieden werden: einerseits Abholzung und Klimawandel, andererseits der Kampf gegen die illegale Ausbeutung der Wälder.
Die internationale Gemeinschaft hat in Bali die Vernichtung von Wäldern klar als eine der Hauptursachen für den Klimawandel anerkannt. Im Geiste der UN-Konferenz zum Klimawandel will die Kommission im Jahr 2008 die Forest Carbon Partnership Facility der Weltbank mit 5 Millionen Euro unterstützen. Bis 2010 sind zusätzliche 60 Millionen Euro für die Finanzierung der Globalen Allianz gegen den Klimawandel vorgesehen, eine Initiative, die wir im vergangenen Jahr ins Leben gerufen haben, um die ärmsten Regionen bei ihrer Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen.
Und schließlich haben mehrere Länder wie Ghana, Kamerun, Mali, Sierra Leone und Cote d’Ivoire in ihren nationalen Programmen für den 10. Europäischen Entwicklungsfonds Maßnahmen zur Verwaltung der natürlichen Ressourcen und der Steuerung dieses Sektors festgelegt.
Westafrika ist ebenfalls ein wichtiger Partner der Union im Kampf gegen die illegale Ausbeutung der Wälder, ebenso wie Kamerun, Ghana, Liberia und Cote d’Ivoire, die beträchtliche Holzmengen nach Europa exportieren.
Zwei dieser Länder, Kamerun und Ghana, schließen gegenwärtig ein freiwilliges FLEGT-Partnerschaftsabkommen mit der Union, und auch Liberia wird wohl bald mit ähnlichen Verhandlungen beginnen.
Bezüglich der Fischereipolitik haben, wie Sie ganz richtig betont haben, die neuen partnerschaftlichen Fischereiabkommen zu größerer Kohärenz zwischen der gemeinsamen Fischereipolitik und der Entwicklungspolitik geführt. Diese neuen Abkommen sind nicht länger darauf beschränkt, Fischereimöglichkeiten für die Schiffe der Gemeinschaft zu eröffnen, sondern ermöglichen auch den Dialog mit anderen Partnern, um sie bei der Einführung einer wirklich nachhaltigen und verantwortungsbewussten Fischereipolitik in ihren Gewässern zu unterstützen.
Die Fischereiabkommen gewährleisteten nicht nur einen finanziellen Ausgleich, der häufig einen deutlichen Beitrag zum Einkommen und somit zur makroökonomischen Stabilität unserer Partnerländer leistet, sondern bilden auch eine wichtige politische und rechtliche Grundlage. Diese ermöglicht der Gemeinschaft eine Entwicklung der eigenen Fischereipolitik auf der Basis des Dialogs und im Lichte der Prioritäten in der Fischereipolitik unserer Partner.
Worin ich allerdings nicht mit Ihnen übereinstimmen kann, ist die Aussage im Bericht, der zufolge Immigration und Fischereiabkommen zusammenhängen. Selbst die betroffenen Länder – beispielsweise der Senegal in Person von Staatsminister Djibo Ka – haben offen die Anschuldigung zurückgewiesen, die Anwesenheit von Schiffen aus der Gemeinschaft wirke sich deutlich auf die Ressourcen und auf den Rückgang der Rentabilität für nichtindustrielle Fischer aus – die Personen, die häufig am meisten von illegaler Migration betroffen sind.
Wir arbeiten schließlich mit Fischern, Nichtregierungsorganisationen und privaten Partnern in Europa und in diesen Ländern zusammen, gerade um möglichst viele negative Interaktionen und unfaire Wettbewerbssituationen zwischen unseren Fischern und den schutzbedürftigen Fischern in diesen Ländern abzubauen.
Es gibt derzeit keine europäische Flotte, die mit den nichtindustriellen Schiffen dieser Länder in Westafrika in Konkurrenz steht. Das kann von anderen ausländischen industriellen Flotten nicht gesagt werden.
Carmen Fraga Estévez, Verfasserin der Stellungnahme des mitberatenden Fischereiausschusses. − (ES) In erster Linie bedauere ich die unannehmbare Haltung des Entwicklungsausschusses, der meint, sich nicht an die Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments halten zu müssen. Er hat das in Artikel 47 festgelegte Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit umgangen und die Äußerungen des Fischereiausschusses zu Themen, die in dessen Zuständigkeitsbereich gehören, korrigiert. Er hat sich ferner von Beginn dieses Berichts an völlig unzuverlässig gezeigt, indem er hartnäckig versuchte, die Kompetenz des Fischereiausschusses in der Frage der partnerschaftlichen Fischereiabkommen an sich zu reißen. Während der Fischereiausschuss eine Stellungnahme abgegeben hat, die bewusst danach strebte, die Sensibilitäten voll und ganz zu respektieren, die dieses Thema bekanntlich beim Entwicklungsausschuss weckt, hat sich dieser, wie er von Anfang an beabsichtigte, in reine Angelegenheiten der Gemeinsamen Fischereipolitik eingemischt.
Herr Präsident, einige Ausschussvorsitzende haben die Tendenz zu glauben, dass sie alles richtig machen und dass die Geschäftsordnung für sie nicht gilt, obwohl sie ihre prominentesten Verteidiger sein sollten. Das Ergebnis ist eine unfruchtbare Konfrontation zwischen Ausschüssen, die der Glaubwürdigkeit der gesamten Institution schadet.
Ich hoffe, dass dieser Fall dazu dient, diese Versuche des Machtmissbrauchs im Keim zu ersticken, damit alle, die die Rolle der partnerschaftlichen Fischereiabkommen bei der Entwicklung der Dörfer und der nationalen Fischerei Westafrikas kennen lernen wollen, dies anhand einer Analyse tun können, die auf einem umfassenden und unzensierten Bericht basiert.
Mit der Einreichung dieses Änderungsantrags im Namen der PPE-DE-Fraktion möchte ich unseren Willen zum Ausdruck bringen, wieder zur normalen Arbeitsweise zurückzukehren, obwohl wir angekündigt haben, dass wir fordern werden, den Bericht an den federführenden Ausschuss zurückzuverweisen, wenn die anderen Fraktionen den Änderungsantrag nicht unterstützen.
Filip Kaczmarek, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Schmidt für seinen sehr gründlichen und detaillierten Bericht danken. Wenn unsere Entwicklungspolitik tatsächlich von Kohärenz geprägt sein soll, dann brauchen wir solche detaillierten Berichte zu Fragen, die sich auf verschiedene Aspekte der Entwicklungsarbeit beziehen. Selbstverständlich muss die Zusammenarbeit mit anderen Ausschüssen geregelt sein, doch wenn wir schon von Politikkohärenz sprechen, dann ist dabei zu klären, wie die einzelnen parlamentarischen Ausschüsse zusammenarbeiten sollen.
Mit ihrer Analyse der Ausbeutung natürlicher Ressourcen in Westafrika liefert die Europäische Union eine realistische und keine halbherzige Einschätzung ihrer Rolle in dieser Region Afrikas. Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass die Nutzung der natürlichen Ressourcen sehr konkrete und manchmal schmerzliche und komplexe soziale Folgen hat. In diesem Zusammenhang ist es sehr beunruhigend, dass die Fischbestände in Westafrika überfischt sind, was die lokale Entwicklung gefährden kann, da diese Bestände für die Ernährungssicherheit in dieser Region sorgen.
Es stimmt, dass sich afrikanische Staaten häufig gar nicht oder, wenn überhaupt, nur unzureichend um eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen kümmern. Deshalb sollten wir unsere Aktivitäten in der Region sowohl vom wirtschaftlichen als auch vom ethischen Standpunkt aus betrachten. Mir ist klar, dass viele Politiker die europäischen Fischer lieber an der afrikanischen Westküste als auf den Brüsseler Straßen sehen. Wir müssen uns aber vorsehen, um nicht in Heuchelei zu verfallen, denn ohne nachhaltige Fischereiwirtschaft in Westafrika können wir nicht von einer kohärenten Entwicklungspolitik sprechen.
Wir sollten auch nicht versuchen, unsere gesellschaftlichen Probleme zu exportieren, denn selbst wenn uns das gelänge, könnten sie in Form von Migrationsproblemen wieder auf uns zurückkommen. Darüber hinaus habe ich den Eindruck, dass wir uns auch gewissermaßen selbst unter Druck setzen, wenn wir meinen, dass bei einem Rückzug unserer Flotten aus Westafrika andere Flotten an unsere Stelle treten, die dann mit sogar noch viel niedrigeren Standards als den derzeit geltenden arbeiten. Das ist eine gefährliche Denkweise, und wir sollten uns meines Erachtens nicht solcher Argumente bedienen.
Thijs Berman, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Wenn wir das Meer vor der Küste Mauretaniens leer fischen, dann kommen die Ärmsten der Armen als Migranten nach Europa, weil sie zu Hause keine Zukunft mehr sehen. Nicht die wohlhabenden, sondern unsere ärmsten Gebiete müssen damit fertig werden. Dann verliert Europa die Unterstützung seiner Wähler, speziell in den untersten Einkommensschichten. Auch deshalb sind kohärente Politiken ein absolutes Muss. In vielerlei Hinsicht ist es traurig, aber auch vollkommen verständlich, dass Irland den Vertrag von Lissabon abgelehnt hat.
Für die Entwicklungspolitik bedeutet der Vertag von Lissabon einen wahren Fortschritt. In diesem Dokument wurde die Kohärenz erstmals richtig verankert. Die Union darf den armen Ländern nicht mit einer Hand nehmen, was sie mit der anderen Hand gibt. Die Politik der EU in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei und Handel sollte die Entwicklungspolitik nicht konterkarieren. Selbstverständlich geht es um mehrere Politikfelder, aber Rivalität zwischen den Ausschüssen des Parlaments ist nicht im Spiel. Das ist nebensächlich.
Im Vertrag von Nizza hieß es lediglich, die Union solle sich in der Welt als kohärente Kraft präsentieren. Das hat sich als unzureichend erwiesen. Schamlos ließ es unsere Agrarpolitik zu, dass unsere Überschüsse wie Zucker und Getreide mit Ausfuhrsubventionen zu Dumpingpreisen auf dem Weltmarkt angeboten wurden. Erfreulicherweise gehört das nun mehr oder weniger der Vergangenheit an.
Erst mit dem Vertrag von Lissabon wird den Unterstützern der armen Länder eine gesetzliche Grundlage gegeben, mit der sie Solidarität mit den Ärmsten in der Welt sicherstellen können. Irland stimmte dennoch dagegen. Vor allem die Menschen mit den niedrigsten Einkommen sagten Nein, weil sich die Ärmsten Europas mit dieser Europäischen Union nicht so recht identifizieren können. Zu viel Unsicherheit, zu viele Risiken lasten auf ihren Schultern, sie müssen die Folgen dieser inkohärenten und asozialen Politik erdulden.
Wie der Berichterstatter, Herr Schmidt, klipp und klar dargelegt hat, besteht die Aufgabe also darin, Solidarität mit allen Bürgern in Europa und in den Entwicklungsländern zu üben und gleichzeitig die Umwelt zu respektieren. Das ist kein leichtes Unterfangen. Die Versuchung ist groß, die eine Solidarität gegen die andere einzutauschen. Trotzdem ist da kein Widerspruch. Solidarität mit den Entwicklungsländern ist die Voraussetzung für wahre Solidarität mit den Menschen mit niedrigen Einkommen in Europa und in der übrigen Welt.
Hélène Goudin, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Wenn die europäischen Länder die natürlichen Ressourcen ärmerer Länder ausbeuten, hinterlassen sie große Spuren. Die Fischbestände in den westafrikanischen Fischereigewässern sind fast erschöpft, der illegale Holzhandel zerstört die Umwelt und die Ausbeutung anderer natürlicher Ressourcen hat sich in der armen und politisch instabilen Region als ungeheuer folgenreich erwiesen. Unser Handeln wirkt sich auf die einheimische Bevölkerung aus.
Der Bericht strebt eine stärkere Kohäsion zwischen den EU-Mitgliedsstaaten und mehr Einfluss für das Europäische Parlament an. In diesem Parlament sind aber zahlreiche Sonderinteressen vertreten, wodurch eine europäische Entwicklungshilfepolitik zum Scheitern verurteilt ist. Die internationale Arbeit auf diesem Gebiet sollte durch die Vereinten Nationen und andere Organisationen geleistet werden. Wenn wir wirklich die Welt verändern wollen, wie wir es behaupten, brauchen wir andere Maßnahmen. Die EU sollte stattdessen ihre eigene Politik überprüfen und reformieren.
Die Europäische Union muss aufhören, die gescheiterte europäische Agrarpolitik zu subventionieren, den versteckten Protektionismus in der Handelspolitik beenden und ihre unmoralischen Fischereiabkommen fallen lassen.
Bogdan Golik (PSE). – (PL) Herr Präsident! Den von der Europäischen Union angenommenen Entschließungen zufolge konzentrieren die meisten Mitgliedstaaten ihre Entwicklungshilfemaßnahmen auf die afrikanischen Länder südlich der Sahara, und dazu gehören auch die Staaten Westafrikas. In dieser Region wird Entwicklungshilfe am meisten benötigt. Polen vertritt ebenfalls den Standpunkt der Europäischen Union zur Entwicklungspolitik und unterstützt die Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele in dieser Region. In Polen wächst die Unterstützung der Öffentlichkeit für die Hilfe für Entwicklungsländer. Sie lag letztes Jahr bei 77 %. Zugleich ist uns bewusst, dass die einzelnen Mitgliedstaaten ihre Bemühungen intensivieren müssen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen, und dass Kohärenz und Wirksamkeit der europäischen Entwicklungspolitik gestärkt werden müssen. Eine sehr wichtige Aufgabe ist es derzeit, dass die Europäische Union und das Parlament auch angesichts der hier bestehenden Differenzen einen gemeinsamen Standpunkt für die Konferenzen in Accra und Doha ausarbeiten.
Afrika hat als Region mit den meisten Entwicklungsländern kaum Erfahrungen im Schutz der eigenen biologischen Ressourcen. Andererseits ist für Europa der Zugang zu Afrikas mineralischen Rohstoffen sehr wichtig, und diese Politik betreibt die EU gemeinsam mit China und der Russischen Föderation. Für europäische Partner ist es ganz entscheidend, dass sich ihre wirtschaftliche Attraktivität verbessert und dass Entwicklungshilfe weniger von demokratischen Reformen in Afrika abhängig gemacht wird. Entscheidend für die Länder Afrikas ist vor allem der Zugang zum Nahrungsmittelmarkt der EU. Wir sollten ihnen diesen Zugang ermöglichen, noch vor Brasilien, den USA oder Australien. Deshalb müssen die Hilfsprogramme der EU und der einzelnen Mitgliedstaaten sich besser ergänzen und mehr auf Kohärenz und Zusammenarbeit ausgerichtet sein. Was die Nutzung der natürlichen Ressourcen in Westafrika anbelangt, brauchen wir unbedingt ein wirksames System, mit dem sich das Ausmaß der Nutzung beurteilen lässt, ebenso wie eine bessere Kontrolle der Nutzung.
Ich möchte Herrn Schmidt dafür danken, dass er auf all die Probleme aufmerksam gemacht hat.
Kathy Sinnott (IND/DEM). – (EN) Herr Präsident! Dem Bericht zufolge sind Holz und Fisch zwei der wichtigsten Ressourcen Westafrikas. Als Hauptabnehmer dieser Produkte ist es daher an uns, eine wichtige Rolle bei ihrer nachhaltigen Entwicklung zu spielen. Die EU zieht derzeit in Erwägung, Marokko einen weitergehenden Status einzuräumen, der bessere Handelsmöglichkeiten eröffnet, einen intensiveren politischen Dialog und die Zusammenarbeit in der Außenpolitik und in Sicherheitsfragen ermöglicht.
Im Prinzip sind wir nicht gegen dieses Abkommen unter der Voraussetzung, dass Marokko einwilligt, alle Menschenrechtsverletzungen im unrechtmäßig besetzten Westsahara-Gebiet zu beenden, dass Marokko einwilligt, der Bevölkerung in der Westsahara ein freies und faires Referendum zu ermöglichen, dass das partnerschaftliche Fischereiabkommen überarbeitet wird und der sahrauischen Bevölkerung der Westsahara gestattet wird, als den Marokkanern gleichwertige Bürger zu leben.
Es gibt zahlreiche Gründe, warum Marokko für einen weitergehenden Status nicht qualifiziert ist. Insbesondere wird die EU – kommt sie dem Wunsch nach weitergehendem Status nach – die illegale Besetzung durch Marokko stärken und den politischen Prozess zu einem freien und fairen Referendum erschweren. Darüber hinaus stünde es der UN-Mission zur Organisation eines Referendums zur Selbstbestimmung in der Westsahara entgegen, wenn die EU Marokko diesen weitergehenden Status gewähren würde.
Danuta Hübner, Mitglied der Kommission. − (EN) Herr Präsident! Die Diskussion zu dieser späten Stunde hat uns deutlich gezeigt, welche Bedeutung wir alle diesem Thema beimessen, und ich möchte daher dem Parlament noch einmal für den Bericht danken.
Wie richtigerweise festgestellt wurde, sind Holz und Fisch zwei Kernprodukte für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Westafrikas. Lassen Sie mich noch einmal ausdrücklich betonen, dass es für die EU und die Länder Westafrikas eine Priorität bleiben muss, dass die Nutzung dieser natürlichen Ressourcen in Übereinstimmung mit den Entwicklungszielen erfolgt.
So wie ich zu Beginn erläutert habe und nun wiederholen möchte, ist die Kommission diesem Ziel verpflicht ist. Die Entschließung, die das Parlament morgen annehmen will, wird ein wichtiger Beitrag zu unserer Arbeit sein.
Frithjof Schmidt, Berichterstatter. − Herr Präsident! Ich möchte mich zum einen – das mag nach der Intervention vielleicht überraschen – bei der Kollegin Fraga Estévez bedanken, denn wir haben persönlich sehr konstruktiv an dem Bericht zusammengearbeitet und auch viele Probleme gelöst. Das sollten wir davon trennen, dass es einen institutionellen Konflikt über die Interpretation der Geschäftsordnung zwischen Fischereiausschuss und Entwicklungsausschuss gibt. Das hat etwas damit zu tun, dass wir durch das ICEI eine neue Aufgabe zugewiesen bekommen haben, nämlich die Kohärenzüberprüfung. Der Rat hat ja beschlossen, dass für 12 Politikfelder die Kohärenz mit der Entwicklungspolitik überprüft werden soll. Diese Politikfelder fallen dann immer in den Zuständigkeitsbereich anderer Ausschüsse. Da gibt es dann natürlich immer institutionelle Konflikte. Das ist ein Problem, aber ich möchte mich trotzdem für die persönliche Zusammenarbeit, die in diesem Bereich gut war, bedanken.
Frau Kommissarin, ich glaube, dass die Kommission mit dem FLEGT-Prozess und auch mit den neuen Fischereipartnerschaftsabkommen seit 2002 auf dem richtigen Weg ist. Das ist ein richtiger Ansatzpunkt, aber ich möchte Sie ermutigen, diesen Weg radikal weiterzugehen in Richtung der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung. Da muss noch viel getan werden. Dieser richtige Ansatz muss weiterentwickelt werden. Dafür haben Sie mit Sicherheit die Unterstützung dieses Parlaments.
Ein letztes Wort zu der Frage des Zusammenhangs zwischen Migration und Überfischung. Natürlich gibt es hier keinen monokausalen Zusammenhang. Migration hat viele Ursachen. Aber es gibt deutliche Hinweise darauf, dass es einen Zusammenhang auch mit der Überfischung gibt. Und an der Überfischung ist auch – nicht nur – die Europäische Union beteiligt. Die Internationale Organisation für Migration hat das gerade für den Senegal sehr konkret belegt. Insofern ist der Präsident des Senegal sehr schlecht beraten, wenn er vor der Wirklichkeit in seinem eigenen Land und vor seinen eigenen Küsten so die Augen verschließt. Da sollten wir kritischer herangehen und dieses Problem gemeinsam angehen und lösen.