Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt der Bericht von Manfred Weber im Namen des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (KOM(2005)0391 – C6-0266/2005 – 2005/0167(COD)) (A6-0339/2007).
Dragutin Mate, amtierender Ratspräsident. – (SL) Ich freue mich sehr, dass wir heute hier zusammengekommen sind, um über die Rückführungsrichtlinie zu sprechen. Sie ist praktisch das erste von uns – Parlament und Rat – zum Themenkomplex Migration gemeinsam erarbeitete Dokument. Diesbezüglich verfügten wir also über keine Erfahrungswerte, und ich muss sagen, sowohl der Rat als auch das Parlament und insbesondere Herr Weber haben außerordentlich große Anstrengungen unternommen, um uns dorthin zu bringen, wo wir heute stehen.
Die Abstimmung der Standpunkte im Rat nahm ganz erhebliche Zeit in Anspruch. Wir brauchten mehr als zwei Jahre, um bestimmte Grundprinzipien abzustimmen, anhand derer wir in den politischen Trilog eintreten konnten. Erst gegen Ende des vergangenen Jahres nahmen wir den politischen Trilog auf, den wir in diesem Jahr fortführten. Das von uns gewählte Herangehen, welches dankenswerterweise auch vom Berichterstatter, Herrn Weber, unterstützt wurde, sah so aus, dass wir zunächst eine Meinung der Mehrheit der Mitgliedstaaten hatten und versuchten, Texte zu harmonisieren. Erst danach bemühten wir uns im Rat um eine qualifizierte Mehrheit für den von uns harmonisierten Text.
Die Absicherung bestimmter Punkte gestaltete sich außerordentlich schwierig oder war ziemlich schwer erreichbar. Zu den sowohl für das Parlament als natürlich auch für den Rat enorm wichtigen Themen gehörte der Zeitraum, für den illegal in das Territorium der Europäischen Union eingereiste Personen inhaftiert werden dürfen bzw. ihre Freiheit eingeschränkt werden darf. Es muss sehr deutlich gesagt werden: Nur in zehn Ländern gilt eine Frist von weniger als sechs Monaten. Lediglich in zehn von 27 Mitgliedstaaten sind weniger als sechs Monate vorgesehen, alle anderen Länder müssen ihre Gesetzgebung an die sechs Monate anpassen, die wir in dieser Richtlinie vorschlagen und die große Fortschritte hinsichtlich der uns zur Verfügung stehenden Optionen und natürlich in der Frage der Einschränkung der Freiheit enthält.
Es muss auch erwähnt werden, dass hierzu außerordentliche Fortschritte und ein Prozess der Festlegung von Standards gehörten, die für alle Länder verbindlich sein werden. Bisher ging jedes Land nach seiner eigenen Gesetzgebung vor, und natürlich hoffe ich sehr, dass es uns gelingen wird, heute hier im Parlament einen angemessenen Konsens zu finden, die erste Lesung abzuschließen und in erster Lesung zur Abstimmung zu gelangen.
Als schwierigster Punkt in unseren Gesprächen erwies sich das Thema Rechtsbeistand. Hier im Rat haben wir die Argumente und Ansichten des Parlaments beachtet und übernommen, wenngleich mit großen Schwierigkeiten, durch Verhandlungen bis zum allerletzten Tag. Die abschließenden Verhandlungen über diesen Punkt endeten praktisch am Morgen vor dem Ministerrat, und auch im Ministerrat ist es uns gelungen, Minister von der Übernahme der vom Parlament gewünschten Regelungen zu überzeugen, obwohl dies eine beträchtliche Zunahme sowohl der Arbeiten als auch der von einzelnen Mitgliedstaaten bereitzustellenden finanziellen Mittel bedeutet. Wir müssen uns der Tatsache bewusst sein, dass die Situation in Bezug auf illegale Einwanderung sehr unterschiedlich ist – vom Mittelmeerraum, wo es tagtägliche große Probleme gibt, die sich im Sommer noch verstärken, bis zu Ländern, die weit entfernt von Migrationsströmen gelegen sind und natürlich völlig anders auf Migration reagieren können.
Ich muss sagen, ich freue mich natürlich, dass wir Kompromisse gefunden haben, die uns helfen werden, die Situation für Migranten zu verbessern, dass wir die schutzbedürftigsten Gruppen – Familien und Kinder – in den Mittelpunkt gestellt haben und ihnen wesentlich mehr Rechte einräumen, als derzeit in vielen nationalen Gesetzgebungen vorgesehen. Das halte ich für einen außerordentlich wichtigen Fortschritt und eine außerordentlich wichtige Leistung der Verhandlungsführer des Parlaments bei der Debatte über diese Themen.
Aber natürlich müssen hier auch einige andere Dinge erwähnt werden. Ich muss sagen, dass der Kompromiss im Rat mit großen Schwierigkeiten erreicht wurde. Die Verhandlungen, an denen ich selbst neben weiteren Ministern bis zum letzten Tag beteiligt war, erwiesen sich als außerordentlich mühsam und schwierig. Es herrscht jetzt im Rat die eindeutige, entschiedene Auffassung, dass dieser Text für den Rat akzeptabel ist. Jegliche Überarbeitung oder Änderung am Text wird Uneinigkeit aufseiten des Rates bedeuten und somit natürlich Nichtannahme der Richtlinie in erster Lesung.
Welche Folgen hat das? Es gibt keine gemeinsamen Standards, wir verbessern nicht die Situation, die wir alle verbessern möchten, und der Prozess der Annahme dieser Richtlinie wird verzögert und wesentlich in die Länge gezogen. Bei sehr optimistischer Betrachtung ist davon auszugehen, dass es uns mindestens in den kommenden drei Jahren nicht gelingen wird, eine Rückführungsrichtlinie zu vereinbaren, und natürlich werden wir so die Lage für all jene erheblich verschlimmern, deren Situation wir wesentlich verbessern könnten.
Das sind aber nicht die einzigen Folgen im Falle der Nichtannahme dieser Richtlinie. Eine weitere Konsequenz besteht darin, dass andere Richtlinien beeinträchtigt werden, die wir im Verfahren der Mitentscheidung verabschieden und für die die bei diesem Verfahren eingesetzte Methode der Verhandlungen ein gutes Beispiel sein und wesentlich zur Verbesserung der Arbeit beitragen könnte, insbesondere sind dies die Richtlinien zur Greencard und zu bestimmten anderen Rechten von Arbeitnehmern, die in die Europäische Union kommen. Ich denke, der von uns eingeschlagene Weg ist richtig, so werden wir vorankommen können.
Abschließend möchte ich sowohl dem Berichterstatter Herrn Weber als auch allen Schattenberichterstattern, die bei allen politischen Verhandlungen stets zugegen waren, für die konstruktive und fruchtbare Zusammenarbeit danken, und natürlich auch dem Vizepräsidenten und seinen Mitarbeitern von der Kommission, die uns vielfach halfen, Kompromisslösungen zu finden.
Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. − (FR) Herr Präsident! Ich möchte im Gegenzug unserem amtierenden Ratsvorsitzenden Dragutin Mate danken. Lassen Sie mich zunächst sagen, dass dieses Dossier ein echter Beweis dafür ist, dass das Mitentscheidungsverfahren funktioniert, auch bei komplexen und schwierigen Dossiers.
Die Europäische Kommission empfiehlt einen integrierten Ansatz bei der Migration, und dieser kohärente Ansatz erfordert eine Konsolidierung der legalen Einwanderungskanäle, die Integration der Migranten vor Ort und ein effizientes und großzügiges Asylsystem. Wenn wir diese Regelung der Bedingungen für die Einreise von Drittstaatsangehörigen in die Europäische Union billigen, müssen wir natürlich auch Regeln aufstellen, die für diejenigen gelten, die diese Bedingungen nicht oder nicht mehr erfüllen.
Anderenfalls würde unsere Migrationspolitik ihre Legitimität verlieren. Wir müssen zugeben, dass dies einen Teufelskreis auslösen könnte. Wenn nichts gegen die illegale Einwanderung unternommen wird, erschweren wir das Leben derjenigen, die von skrupellosen Arbeitgebern ausgebeutet zu werden drohen, und wir erschweren auch die Integration legaler Einwanderer. Ich glaube daher, dass wir diesen Teufelskreis durch das Gleichgewicht durchbrechen müssen, von dem Herr Mate sprach.
Mit der Richtlinie werden die gültigen Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention in das Gemeinschaftsrecht aufgenommen. Ihre Annahme wird es uns auch ermöglichen, die gemeinschaftlichen Kontrollmechanismen anzuwenden, mit denen die Übereinstimmung mit dem Acquis überwacht wird. Ob es nun darum geht, der freiwilligen Rückkehr Vorrang einzuräumen, um die Rechte illegal aufhältiger Personen, die von Rückführung bedroht sind, um die Beibehaltung dieser Bedingungen, den Schutz des höheren Interesses des Kindes, den Schutz des Familienlebens im Rahmen der Rückführung oder die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung, so werden mit der Richtlinie die Grauzonen verringert, und es wird ermöglicht, die Ausbeutung von Kindern wirksamer zu bekämpfen, deren Opfer die illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen werden.
Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, entweder eine Repatriierung zu beschließen oder einem Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsrecht einzuräumen. Dieser Ansatz bedeutet, dass die Rechtssicherheit für alle Beteiligten verbessert werden kann. Die Richtlinie hat daher auch den Vorteil, der Kommission die Möglichkeit zu bieten, ihre Umsetzung zu überwachen. Und ich kann Ihnen versichern, dass die Kommission und ich als der für diesen Vorgang zuständige Kommissar die Wahrung der grundlegenden Prinzipien im Zusammenhang mit den Rechten der Migranten sicherstellen werden. Insbesondere werden wir die Auswirkungen einiger Bestimmungen über Haft, das Wiedereinreiseverbot und den Rechtsbeistand bewerten.
Wie Herr Mate sagte, wird die Richtlinie alle Mitgliedstaaten verpflichten, den Rechten der Kinder besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Bei der Umsetzung dieser Regeln müssen die Europäische Menschenrechtskonvention und das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes berücksichtigt werden. Die Kommission wird dies insbesondere überwachen, um sicherzustellen, dass der besonderen Lage der schutzbedürftigsten Personen angemessen Rechnung getragen wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte ganz besonders Herrn Weber danken, sowie den Schattenberichterstattern und dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres für die äußerst wichtige Arbeit der Vorbereitung einer Richtlinie, die meines Erachtens eine wirksame Kontrolle gewährleistet und dabei den Menschenrechten besondere Aufmerksamkeit schenkt.
Die Kommission ist bestrebt, diesen kohärenten europäischen Rahmen für eine Rückkehrpolitik einzuführen, die effizient ist, die Rechte wahrt und einer demokratischen Kontrolle unterliegt.
Wenn Sie mir gestatten, möchte ich abschließend auf die drei Erklärungen verweisen, die Teil des mit den Mitgesetzgebern abgestimmten Kompromisses sind, wie er in der Anlage zum Kompromissänderungsantrag Ihres Berichterstatters, Herrn Weber, festgelegt ist.
Manfred Weber, Berichterstatter. − Herr Präsident, Herr Ratspräsident Mate, Herr Vizepräsident Barrot! Zweieinhalb Jahre Weg liegen jetzt in der Debatte über diese Rückführungsrichtlinie hinter uns. Ich möchte, bevor ich auf die Sachfragen eingehe, danke sagen. Wir hatten ein komplexes Thema, wir hatten ein sehr emotionales Thema, das viele Menschen in Europa stark bewegt, und wir hatten ein neues Verfahren: das Mitentscheidungsverfahren. Deswegen danke. Im LIBE-Ausschuss hatten wir eine große Mehrheit für unsere Vorstellungen von einem seriösen Vorschlag. Wir sind als Parlament konsensfähig. Danke für den fairen Umgang miteinander und danke auch der slowenischen Ratspräsidentschaft, weil das in den zweieinhalb Jahren die erste Präsidentschaft war, die in die Debatte wirklich Schwung gebracht hat.
Zur Sache. Wir reden nicht von Asyl, was immer wieder behauptet wird. Die Asylrichtlinie ist ein anderes Gesetzgebungsthema. Wir reden von den Menschen, die sich heute in Europa illegal aufhalten, Millionen Menschen, die sich illegal in Europa aufhalten und die wir aus der Illegalität herausholen wollen. Das Sklaventum, das wir heute dort haben, muss in der Europäischen Union beendet werden. Das geht über Legalisierung, über einen legalen Aufenthaltstitel, aber das geht auch über eine Rückführung.
Ich möchte mich in meinem Beitrag heute an die wenden, die in diesem Haus nach wie vor skeptisch sind, die nach wie vor Fragen stellen. Da gibt es die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Abschiebehaftdauer: sechs Monate, ausweitbar um weitere zwölf Monate. Dann heißt es, es gibt Länder, die 30 Tage haben, die 40 Tage haben. Der Europäische Rat der Innenminister hat sich verpflichtet, die Richtlinie nicht als Verschlechterungsargument zu nehmen, d. h. hohe Standards sollen gehalten werden. Warum sieht niemand, dass wir neun Mitgliedstaaten in der Europäischen Union haben, die heute keine Haftdauerbegrenzung haben? Wir verbessern die Situation in diesen Staaten.
Warum sieht niemand, dass wir für Kinder, für Familien ein eigenes Kapitel, einen eigenen Artikel geschrieben haben, um Mindeststandards festzulegen? Insbesondere für die unbegleiteten Kinder, die besonders unsere Hilfe brauchen. Wir haben hier Mindeststandards definiert. Warum sieht niemand die Pflicht, Zugang zum Gesundheitswesen zu garantieren, Zugang zum Bildungswesen für die Kinder zu garantieren? Warum sieht niemand die Kernaussage bei der Abschiebehaftdauer, nämlich, dass wir sie so kurz wie möglich halten wollen, und dass eine Person nur in Haft genommen werden darf, wenn eine Rückführung rechtlich möglich ist? Das heißt, die Zermürbungstaktik, die heute angewandt wird, ist zukünftig in der Europäischen Union untersagt.
Warum sieht niemand, dass wir Rechtshilfe haben, dass die NGO Zugang haben, dass wir Einspruchsrechte haben? Große Fortschritte sind in dieser Richtlinie enthalten. Wir haben die Abschiebeländer limitiert. Das Europäische Parlament hat das Prinzip der freiwilligen Ausreise durchgesetzt. Was wir heute nicht in allen Staaten haben, wird es also zukünftig als Prinzip geben. Der Europarat hat Kritik geäußert. Ich habe das in den Zeitungen gelesen. Alle Leitlinien des Europarats zur Rückführung sind jetzt in dieser Richtlinie enthalten, erlangen damit zukünftig Gesetzeskraft. Warum kritisiert also der Europarat seine eigenen Leitlinien? Wir erreichen damit große Fortschritte, auch zum fünfjährigen Wiedereinreiseverbot. Erinnern Sie sich bitte daran: Die Kommission hatte die Verpflichtung vorgeschlagen, dass ein fünfjähriges Wiedereinreiseverbot ausgesprochen werden muss. Wir konnten erreichen, dass diese Verpflichtung jetzt gestrichen wird. Wir als Europäisches Parlament konnten erreichen, dass jetzt eine bessere Regelung vorhanden ist.
Heute wird es wieder viel Kritik geben. Viele Kollegen werden sich zu Wort melden und beschreiben, wie schlimm die Abschiebeanlagen sind, wie schlimm die Situation in diesen Anlagen ist, wie unmenschlich sich die Rückführung in der Europäischen Union heute darstellt. Das haben wir jetzt seit zweieinhalb Jahren intensiv ausgetauscht, und ich bedanke mich für diesen Austausch. Ich sage aber heute auch klipp und klar: Jeder, der gegen die Richtlinie, jeder, der gegen dieses Trilog-Ergebnis stimmt, sorgt dafür, dass wir in der Europäischen Union keinen Fortschritt bei der Verbesserung dieser Menschenrechtstandards haben. Deswegen bitte ich darum, dass wir handlungsfähig sind. Gerade angesichts der Tatsache, dass die Bürger in Irland die europäische Weiterentwicklung abgelehnt haben, können wir in diesem Dossier, in diesem Themenfeld erstmals in der Mitentscheidung dokumentieren: Wir sind handlungsfähig und wollen ein starkes, ein humanitäres Europa!
(Beifall)
Agustín Díaz de Mera García Consuegra, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (ES) Herr Präsident! Ich möchte meinen Redebeitrag mit einem aufrichtigen Glückwunsch an meinen Kollegen Weber beginnen.
Dieser Richtlinienvorschlag ist ein solider und entscheidender Schritt in Richtung auf die gemeinsame Migrationspolitik, die wir brauchen. Die Richtlinie stellt ein wichtiges Rechtsinstrument zum Schutz der Grundrechte von Einwanderern und eine Voraussetzung für Fortschritte in der Regelung der legalen Einwanderung dar. Der Vorschlag legt die freiwillige Rückkehr von Einwanderern, die sich illegal in den Mitgliedstaaten aufhalten, als vorrangiges und bevorzugtes Ziel fest und stattet sie mit den erforderlichen Ressourcen aus, damit ihre Rückführung angemessen und ohne Kosten für sie erfolgt.
Die Alternative der Zwangsrückführung wird als letztes Mittel und immer unter strikter Einhaltung der Grundrechte vorgesehen. Die rechtliche und sprachliche Hilfe, die den Einwanderern zur Verfügung gestellt wird, und die Möglichkeit, Berufung gegen den Rückführungsentscheid vor einem zu diesem Zweck geschaffenen Rechts- oder Verwaltungsorgan einzulegen, sind Beispiele dafür, wie der Vorschlag versucht, der freiwilligen Rückkehr Priorität vor der Zwangsrückführung einzuräumen.
Die Festlegung eines maximalen Haftzeitraums ist ein wesentliches Element der Richtlinie. Es ist schwer zu verstehen, wie es heute in der Europäischen Union Orte geben kann, an denen Einwanderer auf unbestimmte Zeit inhaftiert werden können, aber kein Mitgliedstaat kann die Richtlinie nutzen, um seine Gesetze auf dem Gebiet der Migration, speziell in Bezug auf die Haftzeiträume, zu verschärfen.
Darüber hinaus gibt es eine klare Unterscheidung zwischen Rückführung und Asyl. Es werden eindeutige rechtliche Garantien in Bezug auf den Haftbefehl festgelegt. Der neue Artikel 15 schreibt mehr und bessere Bedingungen für Minderjährige und ihre Familienangehörigen vor, und schließlich bietet die Richtlinie die Möglichkeit, dem Gerichtshof Zuständigkeit auf diesem Gebiet einzuräumen.
Aus allen diesen Gründen, Herr Präsident, und unter nochmaliger Wertschätzung der Bemühungen des Berichterstatters, des Rates und der Kommission, ersuche ich um Unterstützung für die Rückführungsrichtlinie.
Martine Roure, im Namen der PSE-Fraktion. – (FR) Herr Präsident, wir erörtern heute einen Aspekt der Einführung einer europäischen Einwanderungspolitik, und wir können bereits etwas feststellen: Wir bauen hier ein Europa, das sich in sich selbst verschließt, obwohl wir, um zu versuchen, die illegale Einwanderung zu bekämpfen, Instrumente vorsehen sollten, die eine legale Einreise von Migranten ermöglichen.
Meine Fraktion lehnt den Kompromiss ab, den der Vorsitz und der Berichterstatter mühevoll erreicht haben, nicht, weil wir gegen die europäische Rückführungspolitik sind, sondern weil das Ergebnis unseres Erachtens in Bezug auf den Schutz der Grundrechte völlig unzureichend ist. Wir haben immer gesagt, wir seien für eine Rückkehrrichtlinie, weil wir bei unseren Besuchen in Haftzentren zu viele schreckliche Dinge beobachtet haben. Wir wollen jedoch keine Richtlinie um jeden Preis. Ich habe gehört, diese Richtlinie würde es den Menschen erlauben, aus der Illegalität herauszukommen. Das ist ein großes Missverständnis, da mit der Richtlinie lediglich Bestimmungen für die Organisation der Rückführung festgelegt werden und sie es unter keinen Umständen ermöglicht, ein Aufenthaltsrecht zu gewähren.
Der Berichterstatter hält diesen Kompromiss für ausgewogen, weil er eine Reihe von Rechten gewährt. Diese mit der Rechtsvorschrift eingeräumten Rechte, wie der Zugang zu Bildung für Minderjährige oder der Zugang zu Rechtsbeistand, sind jedoch nicht wirklich verbindlich.
Ferner bringt die Richtlinie keine Verbesserungen in Bezug auf die Haft in der Europäischen Union mit sich. Die Haftzeit auf 18 Monate zu verkürzen, scheint in neun der 27 Mitgliedstaaten eine Verbesserung zu sein. Von diesen neun Mitgliedstaaten sind jedoch drei – das Vereinigte Königreich, Irland und Dänemark –, nicht betroffen, denn sie nehmen nicht an der Umsetzung dieser Richtlinie teil. Es wird einige Verbesserungen in Ländern wie Malta geben, wo die meisten der in Haft befindlichen Personen Asylbewerber sind, die nicht unter die Richtlinie fallen. Die Häftlinge in Griechenland sind im Wesentlichen Personen, die bei der illegalen Überschreitung einer Außengrenze abgefangen wurden. Diese Personen fallen auch nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie.
Daher hat die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament eine begrenzte Anzahl an Änderungsanträgen eingereicht, mit denen eine menschliche Dimension dieses Textes erreicht werden soll. Dies ist das erste Mitentscheidungsverfahren des Europäischen Parlaments im Bereich der Bekämpfung der illegalen Einwanderung. Deshalb haben wir als Abgeordnete die Pflicht, für eine klare Rechtsetzung einzutreten, die nicht den unterschiedlichen Auslegungen durch die Mitgliedstaaten oder der Willkür des Gerichtshofs unterworfen ist. Und deshalb rufe ich das Europäische Parlament auf, alle ihm zur Verfügung stehenden Rechtsetzungsbefugnisse zu nutzen, um die Annahme von Rechtsvorschriften zu ermöglichen, mit denen das Los der Häftlinge verbessert wird. Das ist unsere Pflicht als europäische Abgeordnete!
Dies befreit uns jedoch nicht davon, über eine weiterreichende, eher philosophische Frage nachzudenken: Gehört die Erde allen Menschen? Sollten einige dieser Menschen wirklich dazu verurteilt sein, in Armut zu leben? Glauben Sie nicht, dass dies die eigentliche Frage ist?
Jeanine Hennis-Plasschaert, im Namen der ALDE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Die Verhandlungen mit dem Rat waren langwierig, intensiv, kompliziert und hart. Für die meisten Mitgliedstaaten stellte sich als Erstes die Frage: „Wie entledigt man sich einer solchen Richtlinie, wenn man jegliche gemeinsame europäische Normen zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger ablehnt?“ Rat und Parlament waren ganz klar verschiedener Auffassung darüber, wie eine geeignete Richtlinie mit den entsprechenden Schutzvorkehrungen auszusehen hat. Das Parlament musste um jedes einzelne Wort und Komma streiten.
Jedem von Ihnen, und ganz besonders der PSE-Fraktion, müsste inzwischen absolut klar sein, dass das Kompromisspaket dort Regeln aufstellt, wo es bisher noch nichts gibt. Die Mitgliedstaaten, die bereits günstigere Bestimmungen eingeführt haben, sollten daran festhalten oder sie gegebenenfalls einführen. Die nationalen Parlamente haben hier die Aufgabe, dies bei der Umsetzung der Richtlinie zu gewährleisten. Außerdem haben wir eine politische Erklärung des Rates eingeholt, dass diese Richtlinie nicht als Vorwand für die Senkung bereits existierender Standards herhalten wird und darf. Entsprechend den Erfahrungen mit zehn anderen Asyl- und Migrationsrichtlinien ist nicht zu befürchten, dass Mitgliedstaaten dazu neigen, die Umsetzung solcher Richtlinien als geeignete Gelegenheit für eine repressivere Gestaltung ihrer nationalen Rechtsprechung ausnutzen.
Momentan existieren keine europäischen Rechtsvorschriften über die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger. Mit der Annahme des Pakets werden wir über gemeinschaftliche Kontrollmechanismen verfügen. Vertragsverletzungsverfahren, Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs, Berichterstattung der Kommission, Kontrolle durch das Europäische Parlament: all dies wird uns zur Verfügung stehen.
Nach drei Jahren Debatte bleibt uns kein weiterer Spielraum für Manöver, und es ist offensichtlich, dass auch die zweite Lesung keine Verbesserungen bringen wird. Das ist, das muss ich zugeben, traurig, aber wahr. Der Rat wird zu Beginn eine Liste mit vielen unrealisierbaren Vorschlägen unterbreiten. Jetzt wird die Büchse der Pandora geöffnet.
Es ist klar, dass das politische Klima in den meisten Mitgliedstaaten momentan nicht gerade hilfreich ist. Wie also führen wir gemeinsame Mindeststandards ein, wo noch gar keine Regelungen existieren? Wie können wir dafür sorgen, dass gemeinschaftliche Kontrollmechanismen verfügbar sind? Wie gewährleisten wir, dass die Richtlinien des Europarates für alle Mitgliedstaaten rechtsverbindlich sind?
Im Moment lautet die grundsätzliche Frage: wollen wir eine Richtlinie oder nicht? Wollen wir eine Richtlinie, die zwar nicht perfekt ist, aber zweifellos ein erster Schritt in die richtige Richtung? Oder wollen wir überhaupt keine Richtlinie, weil wir mit der Situation zufrieden sind, so wie sie ist?
Selbst jetzt wären viele Mitgliedstaaten noch erleichtert, wenn die Bemühungen um eine Richtlinie scheitern, weil das Parlament es nicht schafft. Welch eine Ironie, dass die Parlamentsabgeordneten, die das Kompromisspaket aufbrechen wollen, in Wirklichkeit diejenigen Mitgliedstaaten unterstützen, die überhaupt keine europäischen Mindestgarantien für die Rückführung haben wollen!
Wir sollten in dem Kompromisspaket einen zwar bescheidenen, aber auch wichtigen ersten Schritt sehen. Die Rückkehrpolitik ist keine isolierte Angelegenheit, sondern ein notwendiger Bestandteil eines Gesamtpakets zum Thema Migration, das auch die legale Zuwanderung und die Asylfrage beinhaltet. Meines Erachtens ist es wirklich an der Zeit, dass wir, nach dreijährigen Debatten und Verhandlungen, nun endlich zu unserer Verantwortung stehen.
(Beifall)
Jean Lambert, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – (EN) Herr Präsident! Als Erstes möchte ich dem Berichterstatter meinen Dank dafür aussprechen, wie aufrichtig und offen er mit diesen Fragen umgegangen ist. Mein Dank gilt auch den Kollegen, denn wir haben uns mit allen Kräften bemüht, einen gemeinsamen Ansatz zu finden, weil wir die Notwendigkeit erkannt haben, Personen im Rückführungsprozess wie Menschen zu behandeln, und ordentliche Verfahren und rechtliche Klarheit brauchen.
In den Diskussionen mit dem Rat sind deutlich die Defizite zutage getreten, die in einigen Mitgliedstaaten momentan noch im Umgang mit den eigenen Bürgern existieren. Dies trifft besonders auf das Thema Prozesskostenhilfe zu – eine notwendige Voraussetzung, um den Betroffenen den Zugang zu Rechtsvorschriften und das Recht auf Verteidigung gegen all jene zu ermöglichen, die die Macht haben – und auf Fälle, wo kein effektives System zum Schutz der Rechte von unbegleiteten Minderjährigen und Jugendlichen vorhanden ist. Bei den Diskussionen im Rat gab es hier einige Probleme.
Ich bedauere, dass meine Fraktion nach all diesen Verhandlungen den Vorschlag nicht annehmen kann, und obwohl wir diese Richtlinie nicht grundsätzlich ablehnen, hat sie bestimmte Standards nicht erfüllt, die wir von vornherein gesetzt haben. Warum nicht? Weil sie unserer Meinung nach noch viele Probleme enthält, gegen die wir in unseren eigenen Mitgliedstaaten ankämpfen.
Eines dieser Probleme ist die Dauer des Gewahrsams. Auch wenn die vorgeschlagene Richtlinie hier Höchstgrenzen vorsieht, wissen wir doch, wie sich eine lange Gewahrsamnahme auf die psychische Gesundheit der Betroffenen und auf Kinder auswirken kann. Wir haben es mit eigenen Augen gesehen, und es ist wissenschaftlich belegt. Wir haben die Bedingungen mit eigenen Augen gesehen, unter denen viele Menschen in Gewahrsam leben. Zwar geht aus der Richtlinie klar hervor, dass Gewahrsamseinrichtungen keine Gefängnisse sein dürfen, doch sehen wir keinen Unterschied zwischen diesen Einrichtungen und Gefängnissen.
Außerdem haben wir Fragen zum Wiedereinreiseverbot; Artikel 9 regelt eindeutig, dass dies grundsätzlich für jeden gilt, gegen den eine Abschiebungsanordnung ergangen ist. Demzufolge müssen die unterzeichnenden Mitgliedstaaten auf solche Fragen auch von einer Betroffenen aus meinem Wahlkreis, Serwa Nouri Yousef, antworten, die Flüchtlingsstatus besitzt, im achten Monat schwanger ist, deren Mann zwangsweise in den Irak abgeschoben wurde und der jetzt als vermisst gilt. Unter dieser Richtlinie würde das Einreiseverbot auch für ihn gelten. Wo bleibt also, trotz aller Bekundungen zum Schutz der Menschenwürde, der Schutz des Familienlebens?
Artikel 3, Absatz c betreffend stellt sich uns auch die Frage, wohin Menschen abgeschoben werden, und wir halten das, wenn unter den Hinweis auf „andere Regelungen“ auch der kürzlich erfolgte metaphorische Händedruck zwischen Herrn Berlusconi und Gaddafi fällt, für nicht akzeptabel, da solche Vereinbarungen nicht im Rahmen schriftlicher öffentlicher Vereinbarungen getroffen werden.
Andrzej Tomasz Zapałowski, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Das heute zur Diskussion stehende Problem ist weitgehend von den EU-Mitgliedstaaten selbst ausgelöst worden. Wenn wir uns die Reden der Repräsentanten bestimmter, hier vertretener politischer Parteien anschauen, dann wird deutlich, dass diese Kreise in der Vergangenheit ein Gesetz zur Liberalisierung der Einreisebestimmungen für Drittstaatsangehörige gefordert haben.
Auch heute werden in diesem Hohen Haus des Öfteren Forderungen nach gesetzlichen Regelungen laut, die gegen die traditionelle Familie oder die christlichen Traditionen Europas gerichtet sind. Wir müssen nur noch ein paar Jahre warten, bis wir hier massenhaft Aufrufe und Entschließungen zu hören bekommen, in denen wir aufgefordert werden, die Identität unseres Kontinents zu retten, da das, was Europa einmal zu einem Beispiel für die ganze Welt gemacht hat, im Untergang begriffen ist.
Der im Antrag enthaltene Vorschlag zur Einrichtung neuer Rückführungsstellen ist nicht zweckdienlich. Diese Aufgaben sollten im Rahmen der bestehenden Institutionen umgesetzt werden, die ohnehin schon erweitert wurden.
Guisto Catania, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese Richtlinie ist eine Schande und eine Beleidigung der europäischen Rechtskultur. Sie ist völlig inakzeptabel und wird der willkommen heißenden Kultur, die wir seit Tausenden von Jahren gepflegt haben und die tiefen Wurzeln einer europäischen Identität, die durch diese Gastfreundschaft geformt wurde, ein Ende setzen. Die Richtlinie ist ein weiterer Beitrag zur Festung Europa, die Materialisierung einer reaktionären Utopie, die der Bewegungsfreiheit der Männer und Frauen Einhalt gebieten will.
Das Recht auf Mobilität lässt sich nicht einschränken, indem Männer und Frauen hinter Stacheldraht oder in einem stinkenden Abschiebelager eingesperrt werden. Herr Mate, wir sprechen über 18 Monate, die maximale Haftdauer, nicht 6 Monate, wie Sie gesagt haben. Eine achtzehnmonatige Haft, ohne sich einer Straftat schuldig gemacht zu haben!
Ich möchte auf die Worte des Erzbischofs Agostino Marchetto vom Päpstlichen Migrantenrat der italienischen Bischofskonferenz hinweisen, der sagte, eine Person könne nicht aufgrund eines rein administrativen Vergehens in Haft gehalten werden und Menschen dürften nicht in unmenschlichen und entwürdigenden Abschiebelagern wie jenen, die der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres besucht hat, festgehalten werden.
Außerdem ist diese Richtlinie eine unmenschliche Richtlinie, weil sie eine Rückführung in ein Transitland vorsieht. Libyen wird wahrscheinlich ein Ziel für Massendeportationen von Migranten werden. Die Richtlinie schreibt die Haft und Abschiebung unbegleiteter Minderjähriger vor, legt ein Wiedereinreiseverbot fest, verstößt so systematisch gegen das Recht auf Asyl, und sieht eine beliebige Prozesskostenhilfe vor. Das ist der wahre Charakter dieser Richtlinie.
Und mehr noch, die Richtlinie wird von den Regierungen aufgezwungen. In diesem Saal sind wir Zeugen einer Diktatur des Rates geworden, der dem Parlament gesagt hat: „Entweder, es gefällt dir, oder du findest dich damit ab.“ Und er hat sogar mit Drohungen auf die Idee einer Fortsetzung der Einwanderungsdebatte reagiert. Das Europäische Parlament unterwirft sich dieser Entscheidung passiv. Ich appelliere an die Würde des Europäischen Parlaments. Dies ist keine Mitentscheidung. Was wir hier sehen, ist die Zustimmung gegenüber dem Rat. Die Wahrheit ist, dass die Regierungen umgehend 700 Millionen Euro aus dem Rückkehrfonds aktivieren wollen. Das ist der wahre Grund für diese Richtlinie.
Wir sollten der Gesellschaft zuzuhören, jenen Menschen außerhalb dieses Hauses, den Staatschefs von Drittstaaten, Amnesty International, den Kirchen, den europäischen Bischofskonferenzen, den Gewerkschaften und dem Europarat: Sie alle raten uns, diese Richtlinie nicht zu verabschieden. Sogar der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, der laut Vertrag von Amsterdam in allen Asyl- und Einwanderungsangelegenheiten, mit denen sich die Europäische Kommission befasst, zu konsultieren ist, rät uns, diese Richtlinie nicht zu verabschieden.
Repressive Politiken wie diese sind der wahre Grund für die größte Tragödie der EU: Tote auf See. Gestern sind 150 Menschen gestorben, in den letzten zehn Jahren waren es 12 000. Die Europäische Union beschmutzt sich selbst mit einem inakzeptablen Verbrechen und diese Richtlinie macht sie weiter mitschuldig an den Todesfällen, die das Mittelmeer in einen Friedhof verwandelt haben. Es wäre wahrscheinlich eine gute Idee, diese Richtlinie als Tribut an diese Märtyrer nicht zu verabschieden.
Hélène Goudin, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (SV) Wenn alle Türen geschlossen sind, kann man immer noch einen Weg durch die Hintertür finden. Jedes Jahr versuchen Tausende von Menschen in die EU zu gelangen, die entlang ihrer Grenzen immer höhere Mauern errichtet. Diese Versuche werden immer verzweifelter, und die Medien berichten regelmäßig, wie viele dieser Menschen das mit ihrem Leben bezahlen.
In der heutigen Aussprache geht es um die, die es geschafft haben hereinzukommen, die wir aber jetzt wieder hinauswerfen wollen. Viele Menschenrechtsorganisationen kritisieren die vorgeschlagene Richtlinie, unter anderem Caritas und Amnesty International. Wir müssen auf diese Warnungen hören, denn der Richtlinienvorschlag verletzt die Menschenrechte.
Wenn wir gemeinsam beschließen, dass Menschen, die nichts verbrochen haben, bis zu 18 Monate in Haft genommen werden können, dann wird kein europäischer Mehrwert geschaffen. Eine längere Haftzeit führt nicht dazu, mehr Menschen zurückzuführen. Es ist einfach eine inhumane und teure Lösung für ein komplexes Problem. Ein Wiedereinreiseverbot in die EU von bis zu fünf Jahren wird eine Zunahme der illegalen Einwanderung zur Folge haben. Verzweifelte Menschen werden gezwungen sein, sich an Menschenhändler zu wenden und wir werden immer öfter von in Not geratenen Flüchtlingen lesen, was zu Hass gegenüber unserem Teil der westlichen Welt führen wird.
Die Menschenrechtsorganisationen haben uns gewarnt. Jetzt müssen wir handeln und uns für die Verteidigung der Menschenrechte auf nationaler Ebene stark machen.
Frank Vanhecke (NI). – (NL) Herr Präsident! Wie ernst es um das völlige Fehlen eines resoluten Vorgehens gegen die Plage der Millionen von illegalen Einwanderern in Europa bestellt ist, lässt sich an den hysterischen Reaktionen der politisch korrekten linken Meinungsmacher auf diese Rückführungsrichtlinie ablesen. Es tut mir leid, aber eine Rückführungsrichtlinie ist das nicht. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten sogar dazu, Illegalen kostenlose Rechtsberatung zu gewähren, damit sie ihre Ausweisung anfechten können. Außerdem müssen mindestens sieben Mitgliedstaaten die Dauer der Gewahrsamnahme verkürzen.
Überdies gibt die Richtlinie im Grunde zwei Möglichkeiten vor – Ausweisung oder Regularisierung – auf mehr oder weniger demselben Niveau, als handele es sich um eine neutrale Option, obgleich die massive Regularisierung, die mehrere Mitgliedstaaten in den vergangenen Jahren praktizierten, eine starke Sogwirkung entfaltete und auch die übrigen europäischen Länder stark belastete.
Summa summarum, ich wünschte, dies wäre eine echte Rückkehrrichtlinie, die die Sogwirkung für illegale Einwanderer ein für allemal stoppt, aber das ist leider nicht der Fall. Ich bin alles andere als davon überzeugt, dass dies auch nur ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung ist.
Simon Busuttil (PPE-DE). – (MT) Ich möchte zunächst meinem Kollegen, Herrn Weber, zu seiner sehr nützlichen Mitarbeit an der Erarbeitung dieses Rechtsaktes und dieses Kompromisses gratulieren, den wir erzielen konnten. Herr Präsident, wie das Ergebnis des Referendums in der vergangenen Woche in Irland zeigt, sind die Menschen der Ansicht, dass die Europäische Union ihren Sorgen nicht ausreichend Rechnung trägt – und wenn wir uns dann noch die aktuellen Umfragen anschauen, Eurobarometer zum Beispiel, stellen wir fest, dass die Einwanderung eine der größten Sorgen der Bürger in der EU ist; die Bürger in der EU wollen mehr von Europa, nicht weniger, aber die Antwort, die wir ihnen bislang gegeben haben, ist längst nicht gut genug.
Daher wird man die Europäische Union im Bereich Einwanderung nicht ernst nehmen, sofern sie nicht zeigt, dass sie in der Lage ist, eine klare und wirksame Antwort hierauf zu geben. Welchen Ausgangspunkt hat diese Richtlinie? Der Ausgangspunkt ist der, dass sie für jeden gilt, der illegal aufhältig ist. Wenn jemand illegal aufhältig ist, kann die Antwort nur lauten, dass er dorthin zurückgehen muss, wo er hergekommen ist. Das ist der Zweck dieses Rechtsaktes, und jeder, der gegen ihn stimmt, sagt und macht gegenüber anderen deutlich, dass die Illegalität bleiben kann und dass wir sie akzeptieren können. Dies ist nicht hinnehmbar und sollte auch auch nicht hingenommen werden.
Für diejenigen, die wir zurückschicken müssen, werden in diesem Kompromiss einige Voraussetzungen genannt, die je nach Haft, Behandlung, Anwendung von Zwangsmaßnahmen, Gesundheitsdiensten und anderen Faktoren variieren. Er ist nicht vollkommen, aber er ist ein guter Kompromiss, der uns weiterbringt. Wir möchten zeigen, dass wir in der Lage sind, eine Antwort auf diesen Kompromiss zu geben.
Claudio Fava (PSE). – (IT) Herr Präsident, meine Namen und Herren! Gestatten Sie mir, mich an den Rat zu wenden, denn wir debattieren hier nicht über unsere Richtlinie oder den Kommissionsvorschlag, sondern über die Art, wie der Rat ihn jeglicher Bedeutung entledigt hat.
Diese Richtlinie spiegelt die gemeinsame Richtung wider, die die Einwanderungsdebatte in Europa genommen hat. Die Tatsache, dass der Rat sie einstimmig angenommen hat, mindert nicht etwa die Botschaft, die sie aussendet, sondern stärkt diese noch. Es ist eine Botschaft, die zu uns von einem Europa spricht, das sich auf Misstrauen gründet. Es geht nicht um die Zweckmäßigkeit einer Richtlinie, die ein gemeinsames System schafft. Die Frage ist vielmehr, was diese Richtlinie vorschreibt.
Am Tag nach dem Tod von 150 illegalen Einwanderern, die im Mittelmeer ertrunken sind, bitten Sie uns, den Überlebenden zu sagen, dass ab morgen jene, die wie sie bereits in unseren Ländern sind, mit einer Bestimmung konfrontiert werden, die bis zu 18 Monate Haft vorsieht. Wir verabschieden einen verheerenden Rechtsgrundsatz, der die Möglichkeit vorsieht, einen Menschen mit einer administrativen Maßnahme für bis zu 18 Monate seiner Freiheit zu berauben, ohne dass er ein Verbrechen begangen hat. Was wir in unseren Ländern niemals tolerieren würden, gälte dies für einen europäischen Bürger, erlauben und unterstützen wir bei illegalen Einwanderern.
Die von unserer Fraktion eingereichten 18 Änderungsanträge, die diese Maßnahme wieder politisch zivilisiert werden lassen, sind der Versuch, einer Bestimmung, die unsere Meinung nach nicht nur für die Europäische Union, sondern auch für unsere Mitgliedstaaten eine Schande ist, in rechtlicher Hinsicht Würde zurückzugeben. Wenn sie nicht verabschiedet wird, wird es viele Stimmen gegen die Richtlinie geben, einschließlich meiner, Herr Präsident.
Ich bin nicht der Auffassung, dass es einen breiten Konsens gibt, Herr Weber. Es gibt keinen Konsens darüber, dass wir es dem Ermessen und der Entscheidung unserer Länder überlassen, wie mit den bedeutendsten Aspekten dieser Richtlinie umzugehen ist. Dieses Haus ist nicht Wächter über abstrakte Regeln. Es ist ein Parlament, dem die Verträge die Pflicht übertragen, besondere Grundsätze zu schützen, besondere Grundsätze mit Bezug auf Gesetze und politische Zivilisation. Der Rat bittet uns, diese Grundsätze aufzugeben, um rasch vorwärtszukommen. Unserer Auffassung nach liegt dort ein grundlegender Fehler. Sie bitten uns nicht, rasch voranzukommen, sondern Sie bitten uns, den falschen Schritt zu tun: falsch für Einwanderer, falsch für Europa, falsch für unsere Mitgliedstaaten. Das ist eine Verantwortung, die wir nicht mit Ihnen teilen möchten.
Gérard Deprez (ALDE). – (FR) Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Es steht außer Frage, dass wir heute eine sehr heikle Frage erörtern – eine Frage, die das Parlament spaltet – und gleichzeitig eine sehr sensible, wenn nicht gar dramatische Frage, da sie tief reichende Folgen für die Existenzbedingungen und sogar das Leben derjenigen haben kann, die, zuweilen auch auf illegalem Weg, versuchen, nach Europa zu gelangen, auf der Suche nach einer Zukunft, die ihr Land ihnen nicht bieten kann.
Ich möchte nicht wiederholen, was andere Redner bereits gesagt haben, aber lassen Sie mich vier spezielle Punkte hervorheben.
Der erste betrifft meinen Kollegen und Freund Giusto Catania. Es ist nicht gerecht, Giusto, von einer Festung Europa zu sprechen, als ob Europa niemanden auf sein Territorium ließe und gegenüber der Armut von Millionen Menschen keine Gefühlsregung zeigte. Den offiziellen Zahlen zufolge reisen derzeit zwischen 1,5 und 2 Millionen Einwanderer jährlich legal in die Europäische Union ein, entweder durch Regularisierung, Familienzusammenführung oder Anerkennung als politische Flüchtlinge. Dies bedeutet, dass, wenn wir in diesem Rhythmus die nächsten 30 Jahre weitermachen – und ich habe nichts dagegen einzuwenden – zwischen 45 und 60 Millionen Personen legal in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union einreisen.
Zweitens ist diese Richtlinie bei allen Mängeln, und ich gebe zu, dass sie einige hat, keine Verordnung. Sie ist praktisch eine Rahmenrichtlinie, die jedem Mitgliedstaat, abgesehen von den Mindestnormen, die festgelegt werden, und den festgesetzten Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen, Spielraum für seine Einschätzungen lässt und die Möglichkeit bietet, Rechtsvorschriften zu haben, die von der demokratischen Mehrheit in diesen Ländern beschlossen werden. In der Richtlinie heißt es auch, dass die Kommission dem Parlament alle drei Jahre berichten sollte, und dass sie Änderungen vorschlagen kann. Lesen Sie die Richtlinie!
Drittens, und hier wende ich mich an einige meiner sozialdemokratischen Freunde, müssen wir die Verbreitung größerer Unwahrheiten beenden. In der Richtlinie wird Haft nicht als Regel festgelegt. In Artikel 14 der Richtlinie ist die Möglichkeit der Haft in besonderen Fällen vorgesehen, für die überdies eine äußerst strenge rechtliche Kontrolle vorgesehen ist. Lesen Sie nur Absatz 2 von Artikel 14. Zu sagen, Haft sei die Regel, und sie werde den Mitgliedstaaten auferlegt, ist ganz einfach nicht wahr. Sie sollten die Öffentlichkeit nicht aufhetzen. Es gibt genügend echte Probleme, und man muss nicht noch Probleme erfinden, die keine sind.
Meine vierte und letzte Bemerkung, Herr Präsident, ist eine Botschaft an Herrn Weber und die Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten. Trotz aller Mängel, deren Bestehen ich durchaus einräume, werde ich für die Richtlinie stimmen. Ich fordere die PPE-DE-Fraktion jedoch auf, nicht zu versuchen, verfahrenstechnische Manöver zu nutzen, um Themen zu behandeln, die ihrem Wesen nach politisch sind und das Parlament spalten könnten. Wie auch immer das Parlament heute Vormittag abstimmt, es sollte meines Erachtens respektiert werden.
Hélène Flautre (Verts/ALE). – (FR) Herr Präsident, ich habe eine Frage, die mich wirklich beschäftigt. Warum hat der Berichterstatter, Herr Weber, beschlossen, die Befugnisse des Europäischen Parlaments zu negieren und alles zu tun, um uns dazu zu bringen, einen gemeinsamen Standpunkt des Rates – der dazu im Grunde völlig inakzeptabel war – in erster Lesung anzunehmen, da wir doch gerade dabei sind, die Bürger mühsam davon zu überzeugen, dass es sinnvoll ist, dem Europäischen Parlament verstärkte Befugnisse zu verleihen? Sie müssen mir diese Entscheidung erklären, Herr Weber.
Ich hoffe wirklich, dass wir morgen den Erwartungen der europäischen Bürger gerecht werden und zeigen können, dass wir den Schutz der Menschenrechte und der Werte der Europäischen Union gewährleisten. Warum? Meiner Meinung nach dürfen wir nicht zulassen, dass unbegleitete Minderjährige eingesperrt und in Länder ausgewiesen werden, in denen sie keine Familie, keine Bindungen und keinen rechtlichen Vertreter haben. Dies ist in jeder Beziehung eine Verletzung des unter allen Umständen zu wahrenden höheren Interesses des Kindes. Wir dürfen auch nicht zulassen, dass Migranten die traumatischen und destruktiven Umstände einer achtzehnmonatigen Haft erleiden, wenn sie keine Straftat begangen haben. Dies ist ein unverhältnismäßiger Freiheitsentzug, der als solcher durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs beschrieben ist. Wir können auch nicht zulassen, dass Migranten aufgrund willkürlicher Wiedereinreiseabkommen in Länder rückgeführt werden, in denen sie keine Bindungen haben, und in denen, Herr Weber und Herr Deprez, wir keine Mittel haben, ihre physische und psychische Sicherheit zu garantieren. Wir haben keine Möglichkeit, den Grundsatz des Non-refoulement sicherzustellen, auch wenn er deutlich in Ihrem Text verankert ist.
Ich fordere daher alle Mitglieder auf, morgen gegen diesen Text zu stimmen, der letztendlich lediglich eine Ausweitung der repressiven und kurzsichtigen Politik der Mitgliedstaaten darstellt. Europa braucht einen anderen Ansatz für die internationale Zuwanderung.
Roberta Angelilli (UEN). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sichere Abschiebungen, Abschreckung von Illegalität und Ausbeutung: Das ist, kurz gesagt, aus meiner Sicht das Ziel der „Rückführungsrichtlinie“. Daher möchte ich dem Berichterstatter zu seiner hervorragenden Arbeit gratulieren, die den Grundstein für den mit dem Rat erzielten Kompromiss gelegt hat.
Der Text ist ausgewogen und basiert auf einigen grundlegenden Voraussetzungen: Schaffung einer gemeinsamen Einwanderungspolitik – endlich. Wir haben schon viel zu lange darüber gesprochen. Das bedeutet, dass wir uns mit den notwendigen gemeinsamen Regeln für den umfassenden Schutz der Rechte legaler Einwanderer ausstatten, die ein sehr positives Mittel sind, vorausgesetzt, es wird eine unerbittliche Linie gegen illegale Einwanderung verfolgt.
Darüber hinaus gibt es noch einige andere wichtige Aspekte, die ich besonders hervorheben möchte: Zunächst wird die freiwillige Rückführung gefördert; für die Rückführung bei Fluchtgefahr oder Gefahr durch die betreffende Person werden kürzere Fristen festgesetzt, und vor allem wird endlich ein fester Zeitplan für die Dauer des Aufenthalts in Abschiebelagern zur Durchführung aller erforderlichen Prüfungen festgelegt. Das ist keine unbedeutende Errungenschaft. Ich möchte betonen, dass bisher – wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen bereits gesagt haben – jeder Mitgliedstaat frei entscheiden konnte, ob er die Dauer des Aufenthalts zeitlich begrenzt oder nicht.
Besondere Aufmerksamkeit wird ferner den Menschenrechten geschenkt, insbesondere bezüglich gefährdeter Personen sowie, aufgrund des höheren Interesses des Kindes, speziell Minderjähriger. Das ist ein einschneidender Aspekt, der berücksichtigt, was tatsächlich in Abschiebelagern passiert.
Schließlich das Wiedereinreiseverbot für die gesamte EU: Aus meiner Sicht sind dies gemeinsame, faire und transparente Regeln, die Teil einer Strategie oder eines Integrationspakts, wie der nächste amtierende Präsident der EU es genannt hat, sein könnten, bei der es darum ginge, die Kontrollen an den Außengrenzen der EU zu verstärken, eine neue Asylpolitik zu erarbeiten, der diplomatischen Zusammenarbeit, aber auch und vor allem der Entwicklungszusammenarbeit mit Drittstaaten neue Impulse zu verleihen.
Was schließlich den Europäischen Kodex für die Integration legaler Einwanderer anbelangt, so sollte Europa seine Verantwortung schultern, autoritär und glaubwürdig sein, ein Europa der eingehaltenen Rechte und Regeln werden. Wir haben die Pflicht, diesen Text zu verabschieden, der natürlich noch weiter verbessert werden könnte. Alles kann verbessert werden. In jedem Fall können die Mitgliedstaaten dies tun. Nach drei Jahren wäre es jedoch furchtbar, sie für weitere Monate oder Jahre zu blockieren, um einen anderen, minimalen Kompromiss zu finden, der in jedem Fall als ein Schritt zurück betrachtet würde. Während wir in unserer goldenen Welt leben, die übrigens aus unendlich vielen Kompromissen besteht, gibt es so viele Menschen, die ausgebeutet werden, die auf grausame und unmenschliche Weise sterben, wie es gestern in Italien passiert ist. Lassen Sie uns bitte mehr Verantwortung übernehmen und weniger Worte verlieren!
Eva-Britt Svensson (GUE/NGL). – (SV) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Freitag ist der Weltflüchtlingstag, an dem auf die Lage der Flüchtlinge in der ganzen Welt aufmerksam gemacht wird. Eine Zustimmung zum Bericht des Kollegen Weber wäre ein zynischer Schritt in die falsche Richtung, weshalb die GUE/NGL-Fraktion auch gegen den Bericht gestimmt hat. Wir sind gegen den Bau einer Festung Europa. Eine Umsetzung der Vorschläge im Bericht Weber würde nicht nur bedeuten, dass die EU noch höhere Mauern gegen Flüchtlinge errichtet, sondern dass sie auch die Tore abschließen und den Schlüssel wegwerfen würde.
Anstatt die Menschenrechte zu untergraben, sollten die EU-Mitgliedstaaten dafür eintreten, die Rechte von Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskommission auf die Schaffung legaler Wege nach Europa und auf die Zusicherung eines zumindest elementaren Grades der Achtung ihrer Menschenrechte wiederherzustellen. Weder Drittstaatsangehörige noch Unionsbürger sollten in ihrer persönlichen Freiheit verletzt werden oder für verwaltungsrechtliche Delikte Haftstrafen erhalten.
Gerard Batten (IND/DEM). - (EN) Herr Präsident! Dieser Vorschlag würde die Abschiebung illegaler Einwanderer in ihre Heimatländer deutlich erschweren. Welche Konsequenzen hätte dies für das Vereinigte Königreich und speziell für meinen Wahlkreis London? Bereits jetzt muss London eine unverhältnismäßig hohe Anzahl an legalen und illegalen Einwanderer und Asylsuchenden bewältigen. Bekanntlich hat sich Großbritannien gegen diesen Punkt im gemeinsamen Recht entschieden und deshalb sollte es uns auch nicht betreffen – aber ist das auch wirklich so?
Sobald illegalen Einwanderern der Aufenthalt in Mitgliedstaaten gestattet wird, haben sie von dort aus auch die Möglichkeit, in andere Mitgliedstaaten zu reisen. Dies kann ihnen nur dann verwehrt werden, wenn sie eine reale Bedrohung für die Sicherheit, öffentliche Gesundheit oder öffentliche Ordnung darstellen. Und ich frage mich, wer im Vereinigten Königreich das durchsetzen will? Im britischen Einwanderungs- und Asylsystem herrschen chaotische Zustände. Wenn Großbritannien tatsächlich von dieser Rechtsvorschrift ausgenommen wird, dann ist illegalen europäischen Einwanderern möglicherweise der Zutritt durch die Vordertür verwehrt. Dieser Vorschlag ist allerdings der Schlüssel für die Hintertür.
Dann wäre da natürlich noch die ganze Problematik im Zusammenhang mit dem Vertrag von Lissabon und der Grundrechte-Charta. Könnte die Menschenrechtsfrage dazu benutzt werden, Teile dieses Vorschlags in Großbritannien durchzusetzen? Wer weiß? Denn das liegt weder in der Entscheidung der Regierung, des Parlaments oder der Gerichte des Vereinigten Königreichs, sondern wird durch den Europäischen Gerichtshof entschieden.
Roberto Fiore (NI). – (IT) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen und gegen die unklugen und unerklärlichen Worte von Vizepräsident Barrot gestern protestieren, als er über die Möglichkeit sprach, illegale Einwanderung als einen erschwerenden Faktor bei Straftaten zu berücksichtigen, wie es die italienische Regierung vorgeschlagen hat. Ich denke nicht, dass es irgendeine gesetzliche Grundlage dafür gibt, und die Öffentlichkeit würde dies sicherlich nicht befürworten.
Zum Bericht Weber möchte ich sagen, dass illegale Einwanderung meines Erachtens ipso facto als Möglichkeit, dass Menschen flüchten werden, betrachtet werden sollte. Es ist klar, dass bei einem Einwanderer, wenn er illegal in ein Land einreist, Fluchtgefahr besteht. Ferner möchte ich sagen, dass die Kommission und dieses Parlament die Notwendigkeit erwägen sollten, letzten Endes die Länder, aus denen die Einwanderer kommen – wie beispielsweise Libyen im Falle von Italien – zahlen zu lassen. Sie sollten die gegenwärtig durch die illegale Einwanderung entstehenden enormen Kosten übernehmen.
Urszula Gacek (PPE-DE). - (EN) Herr Präsident! Wir möchten Herrn Weber beglückwünschen und ihm herzlich für seine harte Arbeit zu diesem komplexen, emotionalen und sensiblen Thema danken.
Ziel der Rückführungsrichtlinie ist die Einführung grundlegender gemeinsamer Standards zum Umgang mit illegalen Einwanderern. Besondere Betonung liegt dabei auf der Menschenrechtsfrage.
Uns ist durchaus bekannt, dass viele illegale Einwanderer in zweierlei Hinsicht Opfer sind. Zuerst werden sie in ihrem Heimatland betrogen und müssen häufig mehr als ihre gesamten Ersparnisse für die Überfahrt und die Aussicht auf einen Arbeitsplatz in der Europäischen Union hergeben. Und dann erleben sie in Europa statt des Schlaraffenlandes eine moderne Form der Sklaverei. Werden sie innerhalb der EU aufgegriffen, droht ihnen häufig Haft, und bis diese Richtlinie in Kraft tritt, könnten sie durchaus solange in Gewahrsam bleiben, bis ihr Fall verhandelt ist.
Diese Richtlinie fördert die freiwillige Rückkehr; eine Inhaftierung ist nur bei eindeutiger Fluchtgefahr des illegalen Einwanderers oder in anderen gerechtfertigten Fällen gestattet. Es wird eine maximale Haftdauer festgesetzt, der Rechtsschutz wird erweitert – vor allem für besonders schutzbedürftige Personengruppen – und Nichtregierungsorganisationen erhalten Zugang zu den umstrittenen Gewahrsamseinrichtungen, um die Angemessenheit der dortigen Bedingungen zu prüfen. Die Festgenommenen selbst erhalten zusätzliche Leistungen und Unterstützung.
Ich möchte den Kollegen, die sich gegen diese Richtlinie ausgesprochen haben, einen Vorschlag machen: Statt nach der Abstimmung in dieser Woche vor einem sich leerenden Parlament zu erklären, weshalb sie diese abgelehnt haben, sollten sie es vielleicht lieber direkt den illegalen Einwanderern sagen, denen in vielen Mitgliedstaaten keinerlei Rechtsschutz gewährt wird und die sich auf unbestimmte Zeit ohne Zugang zu Rechtsmitteln in Gewahrsam befinden. Vielleicht sollten sie ihre Ablehnung damit begründen, dass sie nur das Beste für die Einwanderer im Sinn hatten.
Stavros Lambrinidis (PSE). – (EL) Frau Präsidentin! Ich bin zutiefst besorgt, da der Ministerrat durch das Gefeilsche um Vorschriften seit drei Jahren das Vorankommen behindert. Diese Vorschriften betreffen den Schutz der Grundrechte, die auch für die illegalen Einwanderer als unverhandelbar gelten sollten. Bei einigen Regierungen in Europa scheint also manches gehörig schief zu laufen.
In Europa sollte es ein unverhandelbarer Grundsatz sein, dass niemand 18 Monate lang interniert werden darf, vor allem wenn es nicht darum geht, was er getan oder nicht getan hat, sondern wenn die Behörden seines Herkunftslandes – ohne dass er dafür könnte – im Abschiebeverfahren die Kooperation verweigern. Es sollte ein unverhandelbarer Grundsatz sein, dass jener unglückliche Mitmensch, für den die schwerste repressive Maßnahme, der Freiheitsentzug, angeordnet wird, zumindest Anspruch auf Rechtsberatung und eine richterliche Entscheidung über die Inhaftierung haben sollte, und zwar ohne Ausnahmen und Gesetzeslücken.
Es sollte ein unverhandelbarer Grundsatz sein, dass unbegleitete Minderjährige nicht in Drittstaaten abgeschoben werden. Wenn Sie letztlich nicht sicher in ihre Heimatländer zurückkehren können, dann sollten wir diese Kinder hier in Europa behalten und schützen. Zugleich sollte auch die europäische Solidarität unverhandelbar sein. Die Länder im Süden, die mit dem größten Zustrom von Einwanderern konfrontiert sind, sollten substanzielle finanzielle Hilfe aus den übrigen Ländern erhalten, damit sie die genannten Menschenrechte garantieren können. Vage Erklärungen über eine in Zukunft wahrscheinliche Unterstützung seitens der Kommission reichen nicht aus.
Trotz der ernsthaften Bemühungen des Berichterstatters und der Schattenberichterstatter im Parlament wurden genau diese Selbstverständlichkeiten im Rat Gegenstand des Feilschens. Das Endergebnis schließt zwar auch positive Elemente ein, zumindest im Hinblick auf Länder, die gegenwärtig keinerlei Schutz gewähren. In einigen Kernaspekten haben aber just diese Länder den übrigen einen Kompromiss des „kleinsten gemeinsamen Nenners“ aufgenötigt. Dieser ist in vieler Hinsicht problematisch und uneindeutig, denn, Herr Deprez, die Anwendung steht im Belieben von Regierungen, die mangelnde Sensibilität unter Beweis gestellt haben.
Es ist eine Harmonisierung, die im Endeffekt doch keine Harmonisierung ist und den Grundsätzen und Werten Europas nicht gerecht wird.
Alexander Alvaro (ALDE). - Frau Präsidentin! Mein Dank gilt auch dem Berichterstatter Manfred Weber. Er möge mir und insbesondere meiner Kollegin Jeannine Hennis-Plasschaert nachsehen, die diesen schwierigen Prozess in den letzten drei Jahren gemeinsam mit den anderen Berichterstattern durch unruhige Gezeiten vorangetrieben und in ruhiges Fahrwasser gebracht hat.
Ich möchte an dieser Stelle einmal sagen dürfen, dass ich es als eine Frechheit empfinde und als unwürdig, wenn die Tragik der Toten im Mittelmeer mit dieser Richtlinie verknüpft wird, was sachlich ja nichts miteinander zu tun hat. Das kann so nicht gehen. Diese Richtlinie schafft dort Rechtssicherheit für Menschen, wo sie nicht besteht. Sie wird das Schicksal von Menschen verbessern, die zurzeit unter unwürdigen Bedingungen hausen, nicht wissen, wann sie in ihre Länder zurückgeführt werden, und keinen Zugang zu gerichtlicher Kontrolle haben. Es sind Minimumstandards für 27 Mitgliedstaaten. Aber es ist für ein Drittel der Mitgliedstaaten, die überhaupt keine Standards haben, besser als das, was jetzt besteht. Es ist der erste Schritt zu einer dringend notwendigen gemeinsamen Asylpolitik und zu einer europaweiten Achtung der Menschenwürde. Ich denke, wer diese Schritte mit uns gehen möchte, sollte seine Verantwortung wahrnehmen und für diesen Bericht stimmen.
Pierre Jonckheer (Verts/ALE). – (FR) Frau Präsidentin, ich schließe mich dem Vorredner an und hänge persönlich auch weiterhin der alten europäischen Idee einer Harmonisierung an, bei der Verbesserungen erreicht werden, das heißt einer Harmonisierung von oben. Daher frage ich mich, warum eine Angleichung an die den stärksten Schutz bietenden Bestimmungen für diese Menschen, die sich in Schwierigkeiten befinden, abgelehnt wird. Meines Erachtens sollte darauf hingewiesen werden, dass die Erklärungen des Rates nicht rechtsverbindlich sind, und dass, wenn uns das Risiko einer Angleichung nach unten wirklich so bewusst ist, wir ein Rechtsinstrument in den Hauptteil der Richtlinie selbst aufnehmen sollten. Um den Ländern, die sich in einer – vor allem finanziell – schwierigen Lage befinden, Rechtsbeistand zu bieten, brauchen wir meines Erachtens einen europäischen Solidaritätsfonds, der eingerichtet werden sollte.
Gestatten Sie noch eine zweite Anmerkung zum Verfahren. Herr Barrot, wir haben es hier mit einem verzerrten Mitentscheidungsverfahren zu tun. Ich bin nur ein Abgeordneter von 780. Dies ist heute die einzige Gelegenheit, zu der ich das Wort ergreifen und Änderungsanträge einreichen kann. Wenn wir nicht wollen, dass Haft die Regel wird, dann, Herr Deprez, sollten Sie die Änderungsanträge 82 und 95 lesen, wo beispielsweise erläutert wird, was unter Fluchtgefahr zu verstehen ist. Lesen Sie die Änderungsanträge und stimmen Sie für die Änderungsanträge 79 und 98, in denen die Bedingungen erläutert sind, unter denen unbegleitete Minderjährige aus dem Gebiet der Europäischen Union ausgewiesen werden können. Ziel der eingereichten Änderungsanträge ist es, den Text zu verbessern, und ich bin der Ansicht, das Parlament kann nicht mit einem Quasi-Zustimmungsverfahren konfrontiert werden, wie dies derzeit der Fall ist.
Mario Borghezio (UEN). – (IT) Frau Präsidentin, Meine Damen und Herren! Die europäische Einwanderungspolitik hat einen grundlegenden Fehler: Ihr einziger Ausgangspunkt ist der Schutz der Menschenrechte, während ebenso über den Schutz der Rechte von Völkern, ihre Freiheit, ihre Sicherheit und ihr Recht, nicht überschwemmt zu werden, nachgedacht werden muss.
Mit ihren Weltverbesserer-Änderungsanträgen schafft die Linke eine schwerfällige Politik für die Rückführung illegaler Einwanderer. Das ist eine reine Demagogie der Institution des Europäischen Bürgerbeauftragten. Wollen wir den illegalen Einwanderern auch einen Beauftragten geben? Eine ernsthafte Politik ist eine Politik, die die Interessen der Globalisierung bekämpft, die Menschen entwurzeln will, weil sie sie entweder als Waren, Sklaven oder neue Verbraucher betrachtet. Wir sind dagegen.
Wenn das Mittelmeer ein Friedhof ist, liegt die moralische Verantwortung dafür bei jenen, die illegalen Schiffen die Tore geöffnet haben. Wir haben diesen schmutzigen Handel mit menschlichem Fleisch, z. B. von Lampedusa aus, immer angeprangert. Es ist eine Schande. Sollten diese Änderungsanträge der Linken verabschiedet werden, würde das das Ende der europäischen Rückführungspolitik für Immigranten bedeuten, bevor sie überhaupt begonnen hat.
Athanasios Pafilis (GUE/NGL). – (EL) Frau Präsidentin! Der Richtlinienvorschlag ist nicht annehmbar. Zynisch enthüllt er, wie unmenschlich die EU und ihre Politik tatsächlich sind.
Sie machen zum Gesetz, dass unglückliche Einwanderer, sogar Minderjährige, 18 Monate lang in Konzentrationslagern festgehalten werden dürfen, in denen die Lebensbedingungen eine Schande für die menschliche Zivilisation sind. Für die darauf folgenden fünf Jahre verbieten Sie jede Einreise, selbst die legale, in das Hoheitsgebiet der EU. Die freiwillige Rückkehr ist der reinste Hohn, im Grunde handelt es sich um Erpressung. Sie sagen, Ihr verschwindet entweder von selbst oder wir stecken Euch ins Gefängnis und schicken Euch dann nach 18 Monaten fort.
Sie behandeln jene, die Opfer Ihrer eigenen Politik sind, als Kriminelle. Sie bombardieren Afghanistan und beschweren sich über Flüchtlinge. Sie plündern die Länder der Dritten Welt aus und beschweren sich über Wirtschaftsmigranten, die die Brieftaschen der Großkapitalisten anschwellen lassen.
Mit diesen neuen Maßnahmen werden Sie unter anderem die Profite der Sklavenhändler und Schleuserringe steigern, denn je härter die Maßnahmen, desto höher die Tarife. Sie werden die Dinge für die Einwanderer und andere Arbeitnehmer, die unter den auf die Drohung der Abschiebung gestützten Zwangsmaßnahmen rechtlos werden arbeiten müssen, noch schwieriger machen.
Seien Sie versichert, dass die Werktätigen, sowohl Drittstaatsangehörige als auch Europäer, diese Maßnahmen nicht hinnehmen werden.
Carlos Coelho (PPE-DE) . – (PT) Frau Präsidentin, Herr Vizepräsident Barrot, verehrte Damen und Herren! Müssen wir diese Fragestellungen auf EU-Ebene angehen oder nicht? Normalerweise bejahen wir das alle. Wie gehen wir an diese Problematik heran? In diesem Haus gibt es eine große Mehrheit, die dafür ist, dass wir die legale Einwanderung regularisieren und die illegale Einwanderung bekämpfen sollen.
Wie der Kommissar, Herr Barrot, bereits festgestellt hat, ist eine Rückführungspolitik ein unverzichtbarer Teil dieser Strategie. Uns steht eine Richtlinie über die Mindestnormen zur Verfügung. Wollen wir mehr? Wollen wir bessere Normen? Gewiss würden wir uns alle bessere Normen wünschen, doch wir sind auf die Unnachgiebigkeit des Rates getroffen, und deshalb heißt die politische Fragestellung: Ist es besser, diese Mindestnormen in der Hand zu haben als überhaupt keine Normen?
Meine Antwort lautet: Nach meiner Überzeugung ist es für uns besser, diese Mindestnormen zu haben, und ich möchte meinen Kollegen, Herrn Weber, zu seiner Arbeit und zu den von ihm geführten Verhandlungen beglückwünschen.
Gestatten Sie mir, zwei konkrete Beispiele zu nennen: Das Wiedereinreiseverbot, das auf fünf Jahre festgesetzt worden ist. Ich weiß, dass andere Staaten andere Zeiträume bevorzugen würden, doch es gibt derzeit auch Mitgliedstaaten, die keinerlei Beschränkung haben, wie es in Österreich, Dänemark oder Frankreich der Fall ist.
Das Mittel der Gewahrsamnahme... Neun Mitgliedstaaten sehen keine maximale Dauer der Gewahrsamnahme vor. Nur in sechs Mitgliedstaaten liegt die Dauer der Gewahrsamnahme unter der in dieser Richtlinie festgelegten Dauer. Eines der sechs Länder ist mein Land, Portugal, das eine zweimonatige Dauer festsetzt, und es hat bereits erklärt, dass es daran festhalten wird. Mit anderen Worten, es beabsichtigt nicht, von der Richtlinie Gebrauch zu machen, die die Normen verwässert.
Frau Präsidentin, abschließend möchte ich hervorheben, was schon der Kommissar, Herr Barrot, in Bezug auf die Kinder gesagt hat. An dieser Stelle müssen wir besonders sorgsam vorgehen und gewährleisten, dass die Richtlinie auf humane Weise Anwendung findet.
Javier Moreno Sánchez (PSE). – (ES) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese Richtlinie bildet einen Schritt in Richtung einer gemeinsamen Einwanderungspolitik. Er ist notwendig und muss ab jetzt von weiteren Schritten als Teil einer gesamteuropäischen Vorgehensweise begleitet werden.
Wir müssen legislative und Finanzinstrumente entwickeln, die uns die Möglichkeit geben, entschlossen unsere Türen für die legalen Einwanderer zu öffnen und zu helfen, sie in unsere Gesellschaften zu integrieren. Auf die gleiche Weise müssen wir die illegale Einwanderung und die Schwarzarbeit verhindern und zur Zerschlagung der mafiösen Menschenhandelsnetze beitragen.
Dies alles wird nur durch eine enge Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern erreicht werden. Deshalb drängen wir die Kommission, ihr Initiativrecht zu nutzen, und fordern den Rat auf, schnellstmöglich alle noch anhängigen Richtlinien anzunehmen, denn ohne ein Gesamtpaket von Maßnahmen werden die Bürgerinnen und Bürger diese Richtlinie nicht verstehen. Ihr Ziel besteht darin, 27 verschiedene Gesetzgebungen zusammenzubringen, um wirksame Rückführungsverfahren sowie die Würde und die Respektierung der Grundrechte der Einwanderer zu sichern.
Mit ihren Änderungsanträgen will die Sozialdemokratische Fraktion die Richtlinie in Übereinstimmung mit den am weitesten fortgeschrittenen und den besten Schutz gewährleistenden Gesetzgebungen bringen. Wir spanischen Sozialisten legen besonderen Nachdruck auf den Schutz und die Betreuung Minderjähriger und fordern, dass sie Zugang zur Bildung erhalten und in speziellen Aufnahmezentren untergebracht werden. Wir wollen auch die freiwillige Rückkehr fördern und die rechtlichen Verfahrensgarantien stärken.
Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich die Ablehnung des Vorschlags des Berichterstatters, Herrn Weber, begrüßen, der eine Abkürzung im Verfahren anstrebte, was die Mitentscheidungsbefugnis und die Glaubwürdigkeit dieses Hauses geschwächt hätte.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt brauchen wir ein starkes Parlament, das seiner Verantwortung gerecht wird.
Sarah Ludford (ALDE). - (EN) Frau Präsidentin! Ich zögere keinen Augenblick, für diese Richtlinie zu stimmen, aber nicht, weil sie die beste Lösung ist, sondern weil sie in einigen Mitgliedstaaten die Standards erhöht. Und so ergibt sich eine Bewertung dieser Richtlinie perverserweise schon allein aus der Tatsache, dass das Vereinigte Königreich sie nicht annehmen will. Man will nicht durch die höheren Standards dieser Richtlinie gebunden sein, schon gar nicht, was Haftdauer und Haftbedingungen angeht. Dabei geht es beispielsweise um die räumliche Trennung von Abschiebehäftlingen und verurteilten Straftätern, was im Vereinigten Königreich momentan nicht immer gewährleistet ist, und darum, dass Zwangsmaßnahmen angemessen sein und die Menschenrechte und Würde des Einzelnen respektieren müssen. All dies sind wertvolle Aspekte dieses Textes.
Es sind viele falsche Informationen im Umlauf, und ich bedauere, dass jemand den Präsidenten von Bolivien, der sich gestern im britischen Tagesblatt „The Guardian“ äußerte, falsch informiert hat. Achtzehn Monate ist nicht die Standardregelung für eine Abschiebehaft. Laut Richtlinie sollen sechs Monate nicht überschritten werden, es sei denn, die Abschiebung verlängert sich trotz angemessener Bemühungen der Mitgliedstaaten durch mangelnde Zusammenarbeit seitens des Betroffenen oder Verzögerungen bei der Dokumentenbeschaffung aus einem Drittstaat.
Besonders wertvoll sind meines Erachtens die Bestimmungen zum Wohl des Kindes und der Familie, zum Gesundheitsschutz und zum Recht auf Nichtzurückweisung sowie die besonderen Vorkehrungen zum Schutz unbegleiteter Minderjähriger. Dies wird Migranten helfen, denen Abschiebung droht. Außerordentlich wichtig sind die Vorschläge zur Begründung der Inhaftierung, zum Einspruchsverfahren und zu gerichtlichen Kontrollen. Und obwohl ich diese unzulängliche und doch notwendige Richtlinie unterstütze, um die Standards zu erhöhen, muss ich betonen, dass wir hier nur einen Teil des Gesamtbildes vor uns haben. Wir brauchen ein gerechtes System für die Aufnahme von Flüchtlingen und eine ordnungsgemäße und legale Einwanderungspolitik.
Willy Meyer Pleite (GUE/NGL). – (ES) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist eine Schande, eine absolute Schande, mehr als acht Millionen Menschen auf der Grundlage des Konzepts der Verwaltungshaft deportieren zu wollen.
Wenn diese Entscheidung getroffen wird, wie es leider geschehen könnte, wird dies das Ende des Schutz bietenden Europas sein. Viele von uns Europäern haben unter den Bedingungen einer Diktatur unter Verwaltungshaft gelitten, und dies ist das Konzept, auf das sich die Deportation von acht Millionen Menschen stützen wird.
Das unkooperative Europa wird sich daher konsolidieren. Die Mitgliedstaaten, die dieses Konzept wiederbeleben wollen, sind dieselben, die in diesem Finanzjahr zum ersten Mal die Hilfe für die internationale Zusammenarbeit reduziert haben.
Es wird nicht möglich sein, die Millenniumsziele zu erreichen, und das wird unser Beitrag aus dem alten Europa, dem alten Europa der Werte der Solidarität, zum Hunger und zur Nahrungsmittelkrise sein. Die Deportation von acht Millionen Menschen ohne jede Garantie: eine Schande!
Ich glaube an die Mobilisierung Europas und rufe dazu auf, ich glaube an die Bürgerinnen und Bürger, die eine Gesetzgebung dieser Art ablehnen.
Marian-Jean Marinescu (PPE-DE). – (RO) Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass sich im Jahr 2006 etwa 8 Millionen Einwanderer illegal in der Europäischen Union aufhielten. Die Union kann dieses Problem nicht länger ignorieren. Wir müssen Lösungen finden; wir können nicht mit dem Leben dieser Menschen spielen, aber fest steht, dass sich die Situation nicht von selbst lösen wird.
Die kürzlich von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen zur Kontrolle illegaler Einwanderer werden keinen positiven Effekt haben, es sei denn, man findet auch eine Lösung zur Problematik der illegalen Auswanderer. Wir leben in einem Europa, in dem Binnengrenzen abgeschafft wurden, deshalb brauchen wir diese Richtlinie, um einen ersten Schritt in Richtung einer gemeinsamen Politik zur Rückführung illegaler Einwanderer tun zu können.
Einige NRO sind der Meinung, dass die von der Europäischen Union angenommenen Maßnahmen im Bereich Einwanderung viel zu repressiv sind und bewerten die Rückführungsrichtlinie als eine „Richtlinie der Schande“. Ich verstehe das Anliegen dieser NRO, die Interessen von Menschen ohne Papiere zu schützen, aber ich möchte diese Organisationen dringend bitten, die Situation aus einem realistischen Blickwinkel zu betrachten. Welche Lösungen gäbe es denn für die illegalen Einwanderer, die über Malta, die Kanarischen Inseln, Griechenland, Italien oder, wie neuerdings, über die östlichen Außengrenzen kommen und versuchen, sich in der Europäischen Union niederzulassen? Für diese Einwanderer besteht die Gefahr, Opfer der Schwarzarbeit, des illegalen Handels oder sogar terroristischer Radikalisierung zu werden. Diese Bedrohung ist real und genau deshalb muss ihre Lage entweder durch Rückführung oder durch Gewährung von Asyl bzw. einer Aufenthaltsgenehmigung geregelt werden.
Die Verhandlungen mit dem Rat haben zu Lösungen geführt, die man ohne Vorbehalt akzeptieren kann, besonders in sensiblen Bereichen wie Schutzmaßnahmen für schutzbedürftige Gruppen und unbegleitete Minderjährige oder die Festlegung von Bedingungen für die Rückführung in die Herkunftsländer oder in Länder, mit denen die Europäische Union bilaterale Abkommen in diesem Bereich geschlossen hat. Ich glaube, die von den Berichterstattern und dem Rat unternommenen Anstrengungen sollten gewürdigt und die Richtlinie in der Form, in der sie bei dieser ersten Lesung präsentiert wurde, angenommen werden.
Wolfgang Kreissl-Dörfler (PSE). - Frau Präsidentin! Ich werde mal mein Redemanuskript verlassen. Ich habe mir vieles andere noch aufgeschrieben. Aber was wir hier haben, ist sicher nicht das non plus ultra. Auch ich habe mir mehr oder bessere Regelungen vorgestellt. Es wohnen zwei Seelen in meiner Brust: die Seele dessen, der das Beste haben will, und dessen, der hier auf europäischer Ebene entscheiden muss, auch über Mindeststandards, die in Ländern gelten sollen, die keinerlei Standards haben. Da soll doch jeder mal in sein eigenes Land hineinschauen, was da passiert, welche Standards es hat. Sieht es denn da so toll aus?
Als Europäisches Parlament können wir nur Mindeststandards festlegen. Dass es im Rat überhaupt zu einer Einigung kommt, grenzt doch fast schon an ein Wunder, weil vier bis fünf Staaten, auch mein eigener Bundesinnenminister, eigentlich gar keine Regelung haben wollten, und gesagt haben: So wie es bei uns ist, das genügt mir doch. Jetzt sind doch mal die nationalen Parlamente und die nationalen Regierungen gefragt, es wesentlich besser zu machen. Es hindert sie doch niemand daran, bessere Lösungen zu finden. Wo steht denn das geschrieben? Einen Satz habe ich auch gelernt im Studium: Ein Blick ins Gesetzbuch erleichtert die Rechtsfindung. Kollege Deprez hat Recht: Lesen wir doch mal alle Artikel zusammen, dann wird klarer, was wir hier bewirken können. Es ist doch nicht so, dass wir hier den Stein der Weisen finden werden. Der ist noch nie gefunden worden, ganz im Gegenteil. Aber ich will diesen Kompromiss als Grundlage genutzt sehen, dass es in Zukunft in der Europäischen Union besser gemacht werden kann. Und dabei müssen meine Kolleginnen und Kollegen im Bundestag, in den deutschen Bundesländern mithelfen, denn wir haben 18 Monate Abschiebehaft. Wir haben ein Rückreiseverbot, das viel länger ist, und wir haben in einzelnen Staaten viele Entscheidungen, die nicht akzeptabel sind. Zu sagen, dass es ein Ding der Schande ist –, dann kann ich nur empfehlen: So geht es nicht und, lieber Justo, nur dagegen zu sein, das hat den Menschen, die in diesem Bereich arbeiten müssen und die in den Ländern ohne Richtlinie sitzen, überhaupt noch nie geholfen.
Marco Cappato (ALDE). – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Berichterstatter Manfred Weber hat sich erstaunt darüber gezeigt, dass dieses Haus nicht einige der positiven Maßnahmen erkennt, die mit diesem Vorschlag für eine Richtlinie eingeführt werden.
Der Berichterstatter spricht jedoch zu uns, als wäre dieses Parlament mit der Schlussabstimmung befasst, mit der letzten Lesung, mit der Verpflichtung, die endgültige Verantwortung dafür zu übernehmen, sie zu billigen oder abzulehnen. Das ist nicht der Fall. Wir befinden uns in der ersten Lesung. Daher ist es nur schwer verständlich, warum wir in Anbetracht der Verbesserungsvorschläge für mögliche weitere Garantien für Minderjährige, für Transitdrittländer, für Wiedereinreiseverbote, die sich in diesem Haus mit Sicherheit einer breiten Übereinstimmung der Rechten und Linken erfreuen, die Gelegenheit nicht nutzen.
Sie begründen dies damit, dass der Rat entschieden habe, und die Regierungen entschieden hätten. Wie Herr Jonckheer bemerkte, ist dies eine Verleugnung unserer Befugnisse als Mitgesetzgeber; dies bedeutet – und ich sage das mit allem gebotenen Respekt für die Arbeit der letzten drei Verhandlungsjahre –, dass wir an einem Punkt angekommen sind, an dem wir unsere Befugnis, die Richtlinie zu verbessern, nicht wahrnehmen.
Die europäischen Regierungen brauchen dieses Parlament, just um Europa nicht zu einem Ort der Angst und einem effektiveren Instrument zum Schutz gegen Einwanderung werden zu lassen, sondern zu einem Ort der Integration der Einwanderer.
Patrick Gaubert (PPE-DE). – (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Viele Organisationen und Parteien betreiben eine absurde ideologische Kampagne gegen diesen Text, den sie für politische Zwecke ausnutzen und verfälschen.
Mit dieser Richtlinie bieten wir Menschen in einer schutzbedürftigen Lage Garantien, um die Rückkehr unter umfassender Wahrung ihrer Rechte und ihrer Würde sicherzustellen. Sie betrifft nicht das Asylrecht, Herr Catania. Ich habe den Eindruck, Sie haben dies bisher noch nicht verstanden.
Wir wollen nicht, dass unsere Bürger denken, ihre Vertreter seien für einen Text verantwortlich, der zu Unrecht als „schändliche Richtlinie“ bezeichnet wird. Wir müssen uns eines Textes nicht schämen, mit dem neue Sicherheiten eingeführt werden. Die wirkliche Schande sind diejenigen, die blind sind und die die Fortschritte, die sie ermöglicht, nicht sehen können oder wollen.
Wollen wir den Grundsatz der freiwilligen Rückkehr aufnehmen? Wollen wir den Mitgliedstaaten gestatten, eine unbegrenzte Haftdauer beizubehalten? Wollen wir begründete Rechtsentscheidungen? Wollen wir, dass Justizbehörden die Haftbedingungen kontrollieren? Wollen wir einen kostenlosen Rechtsbeistand, NRO vor Ort? Wollen wir die Grundsätze der Einheit der Familie, des höchsten Interesses des Kindes und eine medizinische Versorgung aufnehmen? Jeder Text kann verbessert werden, aber diese Richtlinie stellt einen Fortschritt gegenüber der augenblicklichen Situation dar, in der jeder Mitgliedstaat tut, was er will, – zuweilen in inakzeptabler Weise, nicht wahr, Frau Roure und Frau Hennis-Plasschaert?
Meine Damen und Herren, ich fordere Sie auf, für diesen Kompromiss zu stimmen, um den politischen Manipulationen einiger Personen bei diesem Text nicht nachzugeben und die konkreten Fortschritte nicht zu vergessen, die er mit sich bringt.
Inger Segelström (PSE). – (SV) Frau Präsidentin! Ich möchte zunächst dem Kollegen Weber sowie allen anderen Kollegen danken, die diese Diskussion als einen ersten Schritt zu gemeinsame Normen und Verfahren zur Zurückführung illegaler Einwanderer möglich gemacht haben. Verglichen mit früheren Diskussionen im Ausschuss und im Plenum meine ich, dass die Entwicklung in bestimmten zentralen Fragen in die falsche Richtung, hin zu einer inhumaneren EU, geht.
Erstens: Menschen 18 Monate lang einzusperren ist inakzeptabel. Man kann verrückt werden, und diese Leute sind keine Verbrecher oder Kriminelle, sondern Menschen, die für sich und ihre Familien ein besseres Leben ohne Armut suchen. Zweitens: Wenn der Rat und der Berichterstatter nicht an eine freiwillige Rückkehr glauben, werden Kinder aus Schulen und Vorschulen gerissen, müssen Wohnungen ohne Vorankündigung verlassen werden und richten wir mehr Schaden an als vielleicht während der gesamten Wartezeit auf den Beschluss, besonders bei den Kindern. Drittens: Nach der Annahme der EU-Kinderstrategie im Januar kann das Parlament jetzt nicht einen Schritt zurückgehen und Kinder einsperren oder so behandeln, wie es hier vorgeschlagen wird. Das kann die Kinder fürs Leben schädigen, und dazu will ich nicht beitragen. Viertens: Fünf Jahre ist eine zu lange Zeit dafür, Menschen nicht wieder einreisen zu lassen, wenn sie Gründe dafür haben. Nicht einmal in der besten aller Welten kann man alle Menschen über einen Kamm scheren. Stattdessen muss jeder Einzelfall für sich betrachtet, bewertet und entschieden werden, beispielsweise in Bezug auf Frauen und Kinder, die Opfer von Menschenhändlern geworden sind.
Viele Menschenrechtsorganisationen haben ihre Sicht der Dinge dargelegt. Sie sind beunruhigt und halten diesen Kompromiss für unzureichend und das Menschenbild für gefühllos. Die Änderungsanträge der sozialdemokratischen Fraktion verdienen Applaus. Vielen Dank, Frau Präsidentin.
Panayiotis Demetriou (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin! Wir müssen uns eine Frage stellen: Ist die illegale Einwanderung heute ein Problem in der EU oder nicht? Die Antwort muss lauten: Sie ist ein Problem, und zwar ein ernstes. Wir müssen uns zudem fragen, ob das Problem auf europäischer Ebene anzugehen ist oder ob es weiter in der Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten liegen soll. Die Antwort auf die zweite Frage lautet „Nein“, das Problem muss von der EU angepackt werden. Wir haben dazu Stellung bezogen. Hat es bisher eine umfassende EU-Politik in dieser Frage gegeben? Leider fällt die Antwort wieder negativ aus. Wir gehen das Problem sporadisch an, und auch unsere heutige Debatte kratzt nur an der Oberfläche des gewaltigen Problems der illegalen Einwanderung. Doch wir müssen Schritt für Schritt vorankommen.
Es gibt heute noch eine andere Frage, da wir über einen Kompromiss diskutieren: Ist das der optimale Kompromiss zwischen dem Rat und dem Parlament? Die Antwort lautet „Nein“. Ist es der Kompromiss, den wir wollten? Natürlich nicht! Ist es der Kompromiss, den wir in der uns zu Verfügung stehenden Zeit erörtern konnten, um zu einer Lösung zu kommen? Abermals „Nein“. Das Parlament hat zweieinhalb Jahre lang mit dem Rat über diese Dinge diskutiert.
Ich beglückwünsche Herrn Weber zu seiner Arbeit und dem von ihm erzielten Ergebnis, aber es ist kein Ergebnis, mit dem ich vollauf zufrieden bin. Allerdings lautet die Frage, ob sich die Lage verbessert. Die Antwort lautet „Ja“, sie verbessert sich. Das wirft die nächste Frage auf: Lassen sich im Laufe der Zeit weitere Verbesserungen erreichen, anstatt dass die Dinge stagnieren? Meine Antwort lautet „Ja“. Wir sind im Gespräch, und das kann nur positiv sein. „Die Erde gehört allen Menschen“ – das ist ein Ansatz, der mich berührt hat. Mich berührt die Auffassung, dass wir uns diesen Menschen gegenüber nicht unvernünftig verhalten dürfen. Andererseits haben wir der Realität ins Auge zu sehen. Es gibt organisierte Gesellschaften, und gewiss müssen wir die Menschenrechte schützen, wir müssen aber auch die Interessen und Rechte der organisierten Gesellschaften und der organisierten Staaten schützen.
Genowefa Grabowska (PSE). - (PL) Frau Präsidentin! Millionen von Menschen halten sich illegal in Europa auf und werden geduldet, da sie billige Arbeitskräfte sind. Sie erwerben keine Rentenansprüche oder Krankenversicherungsschutz und können ihre Rechte auf dem Gerichtsweg nicht einklagen. Für mich steht außer Zweifel, dass jeder Mensch, ungeachtet seines Rechtsstatus, ein Anrecht auf Würde und humanitäre Behandlung hat. Aus diesem Grunde begrüße ich mit Genugtuung den Vorschlag der Europäischen Kommission, der eine Harmonisierung der einschlägigen Prinzipien zum Ziel hat.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir alle in diesem Parlament transparente und klare gemeinschaftliche Prinzipien und Verfahrensweisen für Rückführungen, Ausweisungen und Einreiseverbote für illegale Einwanderer wollen. Darauf haben wir schon eine Zeitlang gewartet. Das Parlament arbeitet bereits seit zwei Jahren an entsprechenden Lösungen. Wir sollten nicht vergessen, dass wir zwei weitere Jahre warten müssen, bis diese Richtlinie in Kraft tritt, denn das ist der Umsetzungszeitraum in den Mitgliedstaaten. Obwohl es meiner- und unsererseits Vorbehalte gegenüber dieser Richtlinie gibt, wie beispielsweise gegenüber der Dauer der Inhaftierung von Einwanderern, der Ingewahrsamnahme von Kindern ohne Erziehungsberechtigte sowie dem Wiedereinreiseverbot in die Europäische Union, möchte ich fragen, ob illegal aufhältige Personen weiterhin auf eine harmonisierte Einwanderungspolitik, einschließlich Mindeststandards, warten sollen. Sollen sie Zeugen einer Diskussion werden, die zeigt, dass Europa nicht in der Lage ist, sich in dieser Angelegenheit zu verständigen? Ich denke nicht.
Stefano Zappalà (PPE-DE). – (IT) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gemeinsam mit vielen meiner Kolleginnen und Kollegen, die an der Aussprache heute Vormittag teilnahmen und sich an der jetzt in diesem Haus geführten Aussprache beteiligen, habe ich zu Beginn dieser Wahlperiode bei Besuchen vieler Teile Europas und zahlreicher vorläufiger Auffanglager dieses Phänomen mit eigenen Augen gesehen.
Mir ist bewusst, dass es sich um ein sehr komplexes und facettenreiches Problem handelt. Jeder von uns mag es aufgrund seiner Kultur, seines Charakters und seiner politischen Position aus einem besonderen Blickwinkel betrachten. Generell müssen wir allerdings bedenken, dass wir hier nicht über ein paar Auswanderer sprechen, wie das noch vor 100 Jahren der Fall war. Das halte ich für absolut entscheidend. Wir sprechen nicht über ein kleines oder isoliertes Phänomen, sondern wir sprechen über die Einwanderung von Völkern. Wir sprechen über Abermillionen von Menschen, die aus unterschiedlichen Beweggründen, die häufig nichts mit Asyl oder mit Erfordernissen politischer Art zu tun haben, sondern in sehr vielen Fällen mit der Suche nach besseren Lebens- und Arbeitsbedingungen, ihr Land verlassen.
Obgleich die Zeit leider drängt, möchte ich es nicht versäumen, Herrn Weber zu danken. Ich möchte es nicht versäumen, Herrn Deprez, dem gegenwärtigen Vorsitzenden des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres zu danken, dem früheren Vorsitzenden, Herrn Cavada, und allen Abgeordneten, die viel Zeit in die Arbeit an diesem Phänomen investiert haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass ein verbesserungsfähiges Gesetz besser ist als kein Gesetz. Ich bin überzeugt davon, dass Europa das Richtige tut, wenn es sich um alle Bürger kümmert, vor allem aber, dass es bei dem komplexen und ernsten Phänomen, das wir hier erleben, gut daran tut, sich um seine eigenen Bürger zu kümmern.
Frieda Brepoels (PPE-DE). – (NL) Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich unserem Berichterstatter meinen besonderen Dank für seine ungemein harte Arbeit sowie für seine Beharrlichkeit in diesem ganz entscheidenden Dossier aussprechen. Am Ende der Aussprache fällt es mir selbstverständlich recht schwer, noch neue Aspekte beizusteuern, aber ich gehe voll und ganz mit den Kolleginnen und Kollegen konform, die erklärten, diese Richtlinie sei nur ein erster, wenn auch unverzichtbarer Schritt in Richtung einer umfassenden Einwanderungspolitik. Wir alle stehen vor denselben Problemen und Herausforderungen, und zweifellos werden unsere Bürger legale Einwanderung nur dann akzeptieren und auch verstehen, wenn die Politik klipp und klar erklärt, dass illegale Einwanderung keinesfalls akzeptabel ist. Wie wir feststellen, hat ein Drittel unserer Mitgliedstaaten überhaupt noch keine Regelung in diesem Bereich getroffen, und daher stellt im Grunde jede Rechtsvorschrift, die wir hier verabschieden, für diese Länder einen Fortschritt im Hinblick auf den Schutz der Illegalen selbst dar.
Den Gegnern dieser Richtlinie sei nur gesagt, dass sich in den Ländern, die bereits hinreichenden Schutz bieten, tatsächlich kaum etwas oder nichts ändert und dass der Rat zugesichert hat, die Richtlinie werde nicht zu Lasten des Schutzes gehen, der über den der Richtlinie hinausgeht. Und das trifft auf einige Länder zu. Schließlich ist auch klar herauszustellen, dass es den Mitgliedstaaten unbenommen bleibt, über die Richtlinie hinauszugehen.
Was die Durchführung und Überwachung betrifft, halte ich es für ungemein wichtig, dass die Kommission, aber auch die einzelstaatlichen Parlamente hier eine ganz besondere Verantwortung tragen, denn selbstverständlich müssen die Rückführungen auch tatsächlich vorgenommen werden.
Abschließend, Frau Präsidentin, möchte ich der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die Mitglieder dieses Hohen Hauses fern jedweder politischer Dogmen und Manöver mehrheitlich bereit sind, zu einer realistischen, entschlossenen, klaren und humanen Lösung im Interesse der EU, aber in noch weit größerem Maße im Interesse der Illegalen selbst beizutragen.
Manolis Mavrommatis (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin! Ich möchte zunächst Herrn Weber zu seiner ausgezeichneten Arbeit und deren Ergebnisse und auch Frau Carlotti zu unserer konstruktiven Zusammenarbeit im Entwicklungsausschuss gratulieren.
Die Länder im Mittelmeerraum sind mit dem Problem der illegalen Einwanderung stärker konfrontiert als die Länder, deren Grenzen nicht überschritten werden. So reisten im letzten Jahr etwa 112 000 illegale Einwanderer in meine Heimat Griechenland ein, und wurden 58 000 Rückführungsentscheidungen gefällt. Dies sind Rekordwerte für die EU, die daher eine gemeinsame Strategie zur Bewältigung dieses Problems entwickeln muss. Dazu zählen Begleitmaßnahmen zur Integration der Einwanderer und menschenwürdige Bedingungen für die Rückführung illegal eingereister Personen.
Die Europäische Union muss für eine Rückführungspolitik sorgen, die auf dem Grundsatz der Solidarität und der geteilten Verantwortung mit den Entwicklungsländern beruht. Ich stimme der Aussetzung der Anwendung der Richtlinie im Hinblick auf familiäre Beziehungen, die Interessen der Kinder und den Gesundheitszustand der Einwanderer zu und unterstütze sie. Die Interessen der Kinder müssen durch die entsprechende Abteilung der sozialen Dienste oder einen Anwalt gewahrt werden.
Abschließend sei erwähnt, dass der Einspruch des Entwicklungsausschusses gegen die Ingewahrsamnahme Minderjähriger angenommen wurde. Ich bin sicher, dass alle Kollegen dies akzeptieren werden.
Ioannis Varvitsiotis (PPE-DE). – (EL) Frau Präsidentin! Wie Herr Mavrommatis erwähnt hat, sind im letzten Jahr 112 000 illegale Einwanderer nach Griechenland eingereist. Die meisten von ihnen wollten allerdings nicht bleiben; sie wollten in andere europäische Länder reisen. Dies zeigt, dass das Einwanderungsproblem europäische Dimensionen hat und wir es gemeinsam angehen müssen.
Aus diesem Grund ist Griechenland für eine gemeinsame Einwanderungspolitik. Natürlich stellt die Empfehlung von Manfred Weber keine generelle Lösung des Problems dar, aber sie ist ein sehr positiver Schritt, und daher gratuliere ich ihm von ganzem Herzen. Wenn wir die in der Richtlinie entworfene Politik weiterverfolgen, werden wir uns früher oder später in einer besseren Lage befinden als heute.
Niemand duldet die unmenschliche Behandlung von Einwanderern oder die Verletzung der Menschenrechte. Griechenlands einziger Vorbehalt betraf die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Gewährung unentgeltlichen Rechtsbeistands. Wissen Sie, warum? Aus zwei Gründen: erstens sind die Kosten gewaltig und für Griechenland nicht zu schultern; zweitens wohnt dem Rechtsbeistand ein Element der Ungerechtigkeit inne. Wenn illegalen Einwanderern unentgeltlich Rechtsbeistand gewährt wird, warum dann nicht auch den armen legalen Einwanderern oder den armen Bürgern unseres Landes?
Ich denke, dass das Problem mit der Ergänzung im entsprechenden Artikel gelöst und der griechische Vorbehalt ausgeräumt ist. Wir werden daher den Vorschlag und die Empfehlung auf jeden Fall unterstützen.
Pierre Pribetich (PSE). – (FR) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Verhandlungen, um eine Einigung in erster Lesung zu erreichen, haben viele der Fortschritte zunichte gemacht, die durch die Arbeit des Parlaments erreicht worden waren.
Im derzeitigen Zustand ist dieser Kompromisstext nicht hinnehmbar. Es ist nicht hinnehmbar, Minderjährige wie Erwachsene zu behandeln, ihnen den Zugang zu Bildung zu verwehren, zuzulassen, dass sie in ein Land geschickt werden, in dem sie weit von ihren Verwandten entfernt sind. Es ist nicht hinnehmbar, dass gemeinsame Regeln und Verfahren an die niedrigsten Standards in Europa angeglichen werden und damit das Niveau dieser Richtlinie gesenkt wird. Es ist nicht hinnehmbar, dass weiterhin so viele Möglichkeiten eines ernsthaften Verstoßes gegen die Menschenrechte geduldet und würdelose Haftzeiten zugelassen werden, dass so viele Menschen keinen Rechtsschutz für derartige Situationen haben.
Wie kann ein aufgeklärtes Europa eine solche Ungeheuerlichkeit zulassen? Wie kann der Traum der Gründer von Victor Hugos Vereinigten Staaten von Europa sich nach so viel Hoffnung in einen solchen Alptraum verwandeln?
Miroslav Mikolášik (PPE-DE). – (SK) Die Probleme im Zusammenhang mit dem illegalen Aufenthalt von Einwanderern in der EU verlangen nach transparenten, klaren und gerechten Vorschriften. Bedenkt man, wie aktuell dieses Problem ist – derzeit halten sich etwa 8 Millionen Menschen illegal in der EU auf – und wie kompliziert es zudem ist, halte ich die Schaffung eines gemeinsamen Rechtsrahmens für unausweichlich.
Die Richtlinie besagt eindeutig, dass illegale Einwanderer die EU verlassen müssen. Allerdings müssen wir die Bedingungen, unter denen das geschehen soll, berücksichtigen und in vollem Umfang dafür sorgen, dass die Menschenrechte und vor allem das Recht auf persönliche Freiheit gewahrt werden.
Ich begrüße es insbesondere, dass die Richtlinie das grundlegende Rechtsprinzip des Wohls des Kindes ausdrücklich erwähnt, denn gerade Kinder sind in solchen Situationen eine sehr schutzbedürftige Gruppe. Das Problem der illegalen Einwanderung darf nicht nur auf die pragmatische Zwangsausweisung und das Verbot der Wiedereinreise beschränkt werden. In letzter Konsequenz müssen wir der größeren politischen Dimension Rechnung tragen, indem wir die Anreize für eine illegale Einwanderung in die Europäische Union verringern.
Jean-Claude Martinez (NI). – (FR) Frau Präsidentin! Evo Morales hat uns wegen der Richtlinie zur Einwanderung von Personen geschrieben, die in Frankreich als „sans-papiers“ bezeichnet werden. Ein lateinamerikanischer Staatschef, der an Europa schreibt, ist nicht wirklich ein Fremder, es ist wie ein Cousin, der uns schreibt.
Natürlich sind wir Staaten mit Regeln, die eingehalten werden müssen. Anderenfalls entsteht Chaos, und am Ende haben alle zu leiden. Da es jedoch Wanderungsbewegungen von Peru nach Chile, von Nicaragua nach Costa Rica und von Mozambique nach Südafrika gibt, ist die Einwanderung eine globale Angelegenheit mit globalen Gründen. Auf einem globalisierten Wirtschaftsmarkt ist die Einwanderung das höchste Stadium der kapitalistischen Logik, bei der eine Person, die nichts zu verkaufen hat, nur sich selbst verkaufen kann. Es mag notwendig sein, eine für Kontinentaleuropa geltende Rechtsstruktur für die Auswirkungen der globalen Einwanderung zusammenzubasteln, doch letztlich muss die Einwanderung auf globaler Ebene angegangen werden, wie dies bei Lebensmitteln, Pandemien oder einer Grundausbildung der Fall ist, denn sie ist bereits globalisiert. Dies ist bekannt als „Regulierung“ der gemeinsamen Bereiche des globalen Miteigentümerrechts.
Petru Filip (PPE-DE). – (RO) Das Vorhandensein einheitlicher und in den Mitgliedstaaten anwendbarer Normen und Verfahren ist für das gesamte europäische Verwaltungssystem erforderlich und nicht nur im Hinblick auf die Rückführung von Einwanderern aus Drittstaaten.
Die Erarbeitung dieses Berichts, der zweifelsohne von aktuellem Interesse und auch nützlich ist, gibt mir die Gelegenheit, die Notwendigkeit der Umsetzung vollständig kompatibler Systeme zur Ausstellung von Dokumenten für die Öffentlichkeit auf den Verwaltungsebenen aller Länder noch einmal zur Diskussion zu stellen.
Die vollständige Kompatibilität von Systemen für die Ausstellung von Dokumenten in allen Ländern bleibt die Grundvoraussetzung für die Begrenzung der sich aus übermäßiger Autorität ergebenden Risiken und bietet eine zweckmäßige Formel zur Garantie der Rechte, die sich aus dem Status, EU-Bürger zu sein, ergeben.
Ich möchte meine Wertschätzung für die Qualität dieses Berichts zum Ausdruck bringen, indem ich hervorhebe, dass seine Wirkung durch ein Überdenken der praktischen Umsetzungsbedingungen auf der Grundlage eingehender Studien zur Möglichkeit eines integrierten elektronischen Systems von Verwaltungsverfahren und -diensten maximiert wird. Vielleicht ist es noch nicht zu spät, über die Entwicklung einer elektronischen europäischen Identität nachzudenken.
Nicolae Vlad Popa (PPE-DE). – (RO) Die Rückführungsrichtlinie wird aufgrund des ausgewogenen Berichts von Herrn Weber die erste legislative Initiative im Bereich Einwanderung sein, die erfolgreich durch das Europäische Parlament und den Rat im Mitentscheidungsverfahren verabschiedet wurde. Ich freue mich, dass beide Organe mit Unterstützung der Europäischen Kommission ihre Pflichten in Angriff genommen und verantwortungsbewusst erfüllt haben und somit eine Referenz für zukünftige Vorgänge geschaffen haben.
Die Rückführungspolitik sollte als fester und notwendiger Bestandteil einer vollständigen und kohärenten Politik der Gemeinschaft im Bereich Migration und Asyl betrachtet werden. Effizientere Vorschriften zur illegalen Einwanderung werden liberalere Regelungen zur legalen Migration möglich machen.
Ich bin der Meinung, dass bis jetzt klare, transparente und faire Regelungen erarbeitet worden sind, sodass eine effiziente Rückführungspolitik als ein notwendiges Element des korrekten Managements der in Übereinstimmung mit dem Haager Programm entwickelten Migrationspolitik garantiert werden kann.
Ewa Klamt (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Seit Jahren haben wir ein Gesamtkonzept für alle Bereiche der Zuwanderung gefordert und die Rückführungsrichtlinie gehört ganz eindeutig zu diesem Paket. Eine legale Zuwanderung in die Europäische Union kann nur vernünftig geregelt werden, wenn wir nicht weiterhin Millionen illegaler Einwanderer beherbergen und diesen Zustand mit der legalen Einwanderung gleichsetzen.
Wenn die Kollegin Roure auf das Recht der illegalen Einwanderer hinweist, der Armut zu entkommen, so muss ich sie doch darauf hinweisen, dass allein auf dem afrikanischen Kontinent 922 Millionen Menschen überwiegend in Armut leben, dass wir in Indien 1,1 Milliarden Menschen haben, von denen viele zu uns kommen wollen. Dies ist der falsche Weg, etwas zu regeln. Unterstützen Sie deshalb diese Rückführungsrichtlinie, damit der Weg frei gemacht wird, damit wir endlich zu richtig guten Regeln für die legale Zuwanderung kommen und damit den Menschen wirklich helfen.
Dragutin Mate, amtierender Ratspräsident. – (SL) Ich möchte natürlich auch noch darauf eingehen, was Sie in Ihren Redebeiträgen ausführten, denn ich habe sehr aufmerksam zugehört.
Erstens muss ganz deutlich gesagt werden, es geht heute um eine Rückführungsrichtlinie, es geht um illegale Migration, nicht um Asyl oder Asylverfahren. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Die Asylrichtlinie ist seit 2003 in Kraft und funktioniert.
Wir versuchen heute voranzukommen. Dieses Vorankommen ist für uns wichtig, und in seiner politischen Erklärung, die Sie auf der vorletzten Seite nachlesen können, hat der Rat eine Verpflichtung übernommen, wonach Personen, die die Voraussetzungen für eine Inhaftierung erfüllen, allerdings nicht jedermann, für sechs Monate in Gewahrsam genommen werden können. In ausdrücklich geregelten Ausnahmefällen kann dieses Gewahrsam zudem um weitere zwölf Monate verlängert werden. Das bedeutet aber nicht automatisch eine Verlängerung auf 18 Monate, wie heute mehrfach von Abgeordneten geäußert. Das ist so nicht richtig.
Weiterhin hat der Rat in seiner politischen Erklärung ein klares Bekenntnis abgegeben, aus dem ich zitieren möchte: „Der Rat erklärt, dass die Umsetzung der Richtlinie an sich nicht dazu herangezogen werden sollte, die Annahme ungünstigerer Bestimmungen für Personen, auf die sie Anwendung findet, zu rechtfertigen.“
Das bedeutet, kein Land – es gibt sechs Länder, die dies betrifft, und ich habe mit allen sechs Ministern darüber gesprochen. Im Verhandlungsprozess im Rat haben alle sechs Minister auf weniger als sechs Monaten bestanden. Dennoch gibt es leider eine Mehrheit von Mitgliedstaaten, in denen viel längere und sogar unbegrenzte Fristen gelten, und eine ganze Reihe von Mitgliedstaaten kann illegale Einwanderer derzeit theoretisch und praktisch auf unbegrenzte Zeit in Gewahrsam halten.
Hier möchten wir Fortschritte erreichen. Es ist für uns auch wichtig, Fortschritte zu erreichen. In diesem Zusammenhang möchte ich natürlich vor allem die besonders schutzbedürftige Gruppe der Kinder erwähnen. Ich fordere das Parlament dringend auf, noch einmal Artikel 5 und Artikel 15a anzuschauen. Dort wird deutlich erklärt, dass die Bedingungen für Kinder nicht schlechter sein dürfen und dass ihnen Zugang zu Bildung und Kindergärten ermöglicht werden muss. Sie müssen in besonderen Einrichtungen untergebracht werden, die all dies bieten. Die Beschränkungen sind sehr streng geregelt.
Auch in diesem Punkt gestalteten sich die Verhandlungen sehr zäh und verliefen alles andere als einfach. Ich weiß nicht, ob alle Abgeordneten sich das vorstellen können, deshalb hier nur ein winziges Detail: Über einen Artikel, Artikel 14, haben wir vier Stunden verhandelt, vier Stunden, in denen um jedes Wort gerungen wurde.
Die Mitgliedstaaten haben erkannt, dass dies auf Ebene der Gemeinschaft gelöst werden muss. Worüber entscheiden Sie also heute hier? Ob wir dies, wie bisher, auf nationaler Ebene, oder aber EU-weit lösen. Ein Abgeordneter brachte es sehr gut auf den Punkt: Illegale Migration ist ein Problem. Es geht nicht darum, ob sie ein Problem ist, daran besteht kein Zweifel. Das muss in Ordnung gebracht werden, und zwar auf möglichst anständige Weise. Deshalb müssen wir den ersten Schritt tun. Ich weiß, für viele ist es kein guter Kompromiss, aber wir müssen bedenken, dass dieser Kompromiss auch für die Mitgliedstaaten gerade noch tragbar ist.
Sie dürfen nicht vergessen, dass sehr viele Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet keine gemeinsame Politik wünschen. Viele Mitgliedstaaten werden glücklich sein, wenn sie dies auf ihre Weise regulieren können, zu Hause, nach ihren eigenen Vorschriften, ohne die Zustimmung des Europäischen Parlaments und ohne die Kontrolle durch europäische Institutionen. Die gegenwärtige Situation ist schlimmer als das, was wir heute vorschlagen. Deshalb möchte ich bekräftigen, dass dies ein wichtiger und entscheidender Schritt nach vorn ist.
Worüber wird also heute hier entschieden? Wir entscheiden nicht über den derzeitigen Wortlaut der vorliegenden Artikel oder den Erfolg der Verhandlungen zwischen Herrn Weber und mir als Vertreter des Rates auf der einen und der Kommission und den Kommissaren auf der anderen Seite. Es geht um die Integrität von Integrationspolitiken. Wenn es heute dazu kommen sollte, dass wir diese Richtlinie über illegale Einwanderung ablehnen, können Sie sich ausmalen, wie schwer es sein wird, bei legaler Migration zu Entscheidungen, zu gemeinsamen Entscheidungen zu kommen.
Wir müssen diesen ersten Schritt gehen, und wenn wir ihn heute nicht gehen, ist es bis zur Methode der Annahme in der Zukunft ein weiter Weg, ein sehr weiter Weg. Ich kann Ihnen hier und heute verbindlich sagen, sollte die Richtlinie nicht in erster Lesung verabschiedet werden, wird eine beträchtliche Zahl von Mitgliedstaaten zu ihren ursprünglichen Verhandlungspositionen zurückkehren, die außerordentlich starr und unerschütterlich sind. Dann wird natürlich erhebliche Zeit vergehen, ehe wir wieder hier zusammenkommen und über die Annahme einer gemeinsamen Position entscheiden können.
Letzten Endes muss ein Kompromiss gefunden werden, es wird keine extreme Position angenommen werden. Das ist ein Eckpfeiler der Demokratie. Es geht nicht nur darum, dass sich jemandes Wort durchsetzt, und natürlich respektiere ich die Meinung aller Nichtregierungsorganisationen und aller anderen Institutionen, die Standpunkte vorgelegt haben und für die Verbesserung der Situation kämpfen. Man kann wirklich sagen, dafür kämpfen, aber wir dürfen nicht vergessen, dass schließlich wir alle, wir im Rat und Sie im Parlament, unseren Wählern gegenüber rechenschaftspflichtig sind, und wir wissen, welche Art von Schwierigkeiten sich in diesen Bereichen ergeben. Wie ich in meiner Schlussrede schon mehrfach sagte, dies ist der erste Schritt, ein sehr wichtiger Schritt, den wir gemeinsam auf diesem Weg zur Verbesserung der Rechte illegaler Einwanderer und bei der Gestaltung von Migrationspolitiken überhaupt gehen müssen.
Jacques Barrot, Vizepräsident der Kommission. − (FR) Frau Präsidentin! Ich werde mich auf einige ergänzende Informationen zu dieser Aussprache beschränken.
Erstens wird die Richtlinie über die Rückführung, falls sie in Kraft tritt, nicht die einzige sein. Sie wird Teil einer ganzen Reihe von Bestimmungen sein, denen die Vorstellung einer abgestimmten Zuwanderungspolitik zugrunde liegt. Folglich wird es, wie einige Abgeordnete sagten, Rechtstexte zur legalen Einwanderung geben und Rechtstexte zur Stärkung unserer Asylverfahren und unserer Aufnahme von Flüchtlingen. Es wird auch eine abgestimmte Politik geben, die wir im Übrigen bereits haben, und an der die Drittländer beteiligt werden, aus denen die Migranten kommen. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass es uns durch die Partnerschaft mit einer Reihe von Drittstaaten gelingen wird, Wege und Möglichkeiten für diese abgestimmte Zuwanderungspolitik zu finden. Das ist der erste Punkt, den ich erwähnen wollte.
Zweitens möchte ich Sie daran erinnern, dass der Wert einer Richtlinie, und das ist sehr wichtig, darin liegt, einen Rechtsrahmen zu bieten, mit dem wir die Gemeinschaftsmechanismen anwenden können, die es uns ermöglichen, die Wahrung des Acquis zu überwachen. Dies sind das Vertragsverletzungsverfahren, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der Bericht der Kommission und die Kontrolle durch das Europäische Parlament. Der Vorteil einer derartigen Richtlinie besteht darin, dass sie Möglichkeiten für eine sehr viel effizientere gerichtliche Kontrolle ermöglicht.
Drittens sollte das Parlament bedenken, dass es die Dinge dennoch vorangebracht hat, vor allem durch die Artikel zu den Kindern. Dem Geist dieser neuen Artikel 8a und 15a zufolge sollten Kinder, soweit möglich, nicht inhaftiert werden. Geschieht dies dennoch, liegt der Mehrwert der Richtlinie darin, dass die Mitgliedstaaten, die sich für diese Maßnahme entschieden haben, verpflichtet sind, die in Artikel 15a definierten Mindestgarantien zu berücksichtigen, auf die Sie gerade eingegangen sind, Herr Mate.
Der vierte Punkt, den ich hinzufügen möchte, ist, dass wir auch finanzielle Mittel haben, die verwendet werden sollten. Wir haben einen Rückkehrfonds von etwa 700 Millionen Euro, der es uns ermöglichen sollte, Hilfe beim Rechtsbeistand sowie bei der medizinischen Versorgung und bei einer Reihe von Problemen der Wiedereingliederung in bestimmte Herkunftsländer zu leisten.
Den fünften Punkt übernehme ich von Herrn Deprez, der darauf hinwies, dass die Kommission mit der Erstellung eines schriftlichen Berichts innerhalb von drei Jahren beauftragt werden soll. Ich möchte betonen, dass nicht nur dieser Bericht uns eine Pflicht auferlegt, sondern alles, was diesem Text zugrunde liegt: der Wunsch, in der Europäischen Union Verfahren einzuführen, die der gerichtlichen Kontrolle unterworfen sind, Verfahren, mit denen versucht wird, ein Gleichgewicht zwischen der Notwendigkeit der Legalität, ohne die wir nicht erreichen, dass die Öffentlichkeit legale Einwanderung zulässt, und der Notwendigkeit zu gewährleisten, dass stets die Grundsätze der Menschenrechtskonvention gewahrt werden. Ich kann Ihnen sagen, dass, wenn diese Richtlinie angenommen wird, ich persönlich an ihrer Umsetzung mitwirken werde, um zu gewährleisten, dass wir ihren Geist nicht aus den Augen verlieren.
Manfred Weber, Berichterstatter. − Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst für die sachliche Debatte bedanken. Bei diesem emotionalen Thema ist es erstaunlich, dass wir das so sachlich machen. Ich muss sagen, wenn man die Breite der Themen heute sieht, bin ich stolz, Mitglied dieses Parlaments zu sein.
Einen Ausrutscher hatten wir: Kollege Catania hat uns allen vorgeworfen, wir seien schuld an den Massengräbern im Mittelmeer. Ich möchte diese demagogische Sprache zurückweisen. Wir versuchen hier alle, das Beste zu tun, um den Menschen dort zu helfen.
Ich möchte zu den Inhalten nichts mehr sagen. Sie wurden breit diskutiert. Ich möchte noch etwas zum Verfahren sagen. Unser Vorsitzender im LIBE-Ausschuss hat sehr weise gesprochen. Er hat die EVP-ED-Fraktion ermahnt, insbesondere bei dem Verfahren fair vorzugehen. Wir haben unsere Anträge zurückgezogen. Wir wollen, dass über die Anträge abgestimmt werden kann. Deswegen haben wir unseren Beitrag dazu geleistet. Wir haben Hunderte von Anträgen im Innenausschuss bearbeitet und dort große Mehrheiten organisiert. Das heißt, jeder Abgeordnete, der Interesse an diesem Thema hatte, konnte sich beteiligen.
Zu den NGO möchte ich noch etwas sagen. Ich verstehe, dass die NGO nicht zufrieden sind. Wenn wir hier über Umweltthemen diskutieren, wird Greenpeace nie mit dem Ergebnis, das wir erzielen, zufrieden sein. Es ist Aufgabe der NGO, immer mehr Druck zu erzeugen. Aber ich prognostiziere Ihnen heute schon: Wenn wir diese Richtlinie beschließen, werden morgen die gleichen NGO, die jetzt protestieren, diese Rechtsmöglichkeiten nutzen und vor dem EuGH Klagen gegen die Mitgliedstaaten einreichen. Und ich prognostiziere, dass die linken Kollegen, die heute gegen die Richtlinie argumentieren, morgen die Kommission, den Kollegen Barrot, bitten werden, das durchzusetzen, was wir hier beschlossen haben! Sie werden auf der Grundlage dieser Rechtslage versuchen, den Menschen Vorteile zu verschaffen. Deswegen sage ich: Es ist keine ideale Situation, aber wir sind einen guten Schritt vorangekommen.
Ein letzter Gedanke: Leider Gottes sind die Kollegin Roure und der Kollege Fava von der PSE jetzt nicht anwesend. Sie sind draußen, geben Fernsehinterviews und versuchen, ihre Position darzustellen. Sie haben nicht gehört, was Herr Mate gesagt hat, nämlich dass es entweder diesen Fortschritt geben wird – herzlichen Dank nochmals an die slowenische Ratspräsidentschaft – oder wir über lange Jahre keinen Fortschritt haben werden. Wir werden weiter darüber diskutieren, dass wir entscheidende Fortschritte brauchen, werden aber nichts erreichen. Deswegen: Es geht morgen nicht um die Frage, ob die Richtlinie ideal ist oder nicht, es geht um die schlichte Frage: Bringt sie die Europäische Union voran? Diese Frage können wir morgen mit einem guten und klaren Ja beantworten.
Die Präsidentin. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 11.30 Uhr statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Louis Grech (PSE), schriftlich. – (EN) Der Vorschlag zur Richtlinie über die Rückführung illegaler Einwanderer sollte begrüßt werden, weil er gemeinsame Standards schaffen will und ein Schritt in die richtige Richtung ist. Allerdings kommen in dem Vorschlag bestimmte Sicherheitsgarantien hinsichtlich der Flüchtlings- und Menschenrechte zu kurz, und er geht auch nicht auf die besonderen Bedürfnisse und Probleme von Mitgliedstaaten wie Malta ein, die im Verhältnis zu Größe, Bevölkerung und Ressourcen des Landes eine überdurchschnittliche Belastung zu tragen haben.
Ich möchte noch einmal bekräftigen und wiederholen, dass hier eine gemeinsame europäische Politik zur Klärung grundsätzlicher „Fragen“ erforderlich ist. Dies wären a) die Annahme der Lastenteilung durch alle Mitgliedstaaten, b) die Überarbeitung von Dublin II, c) angemessene Finanzbeihilfen, d) Machbarkeitsstudien zur Schaffung von Förder- oder Jobcentern in den Ursprungs- oder Transitländern, e) die Erarbeitung einer realistischen Rückführungspolitik, f) die Durchsetzung einer zeitgemäßen Integrationspolitik und g) die Bekämpfung von organisierter Kriminalität (einschließlich Menschenhandel), Fremdenhass und Rassismus.
Die Einrichtung einer Behörde, die sich speziell mit Problemen der legalen und illegalen Einwanderung beschäftigt, könnte der Schlüssel für eine umfassende und vollständige Lösung all dieser Fragen sein.
Eija-Riitta Korhola (PPE-DE), schriftlich. – (FI) Frau Präsidentin! Die erste Herausforderung bei den uns hier als Vorschläge vorliegenden Rechtsvorschriften besteht bereits darin, dass dies unser erster Versuch ist, EU-weite Normen im Bereich der Einwanderungspolitik zu schaffen. Um eine Politik zu entwickeln, die für die gesamte Gemeinschaft gilt, bedarf es intensiver Bemühungen.
Einwanderungspolitik ist in Bezug auf Grund- und Menschenrechte unvergleichlich sensibler als alles andere. Ich stimme mit jenen überein, die unmissverständlich erklärt haben, dass es in dem Kompromissvorschlag einige heikle Punkte in Bezug auf die Grund- und Menschenrechte gibt.
Als Recht setzendes Organ müssen wir aber das gesamte Bild im Auge haben: Die Beibehaltung des Status quo ist überhaupt keine Option. Erstens gilt dies für die Bedingungen des Gewahrsams. In einer Reihe von Mitgliedstaaten gibt es in den Rechtsvorschriften keinerlei Fristen für den Gewahrsam. Darüber hinaus sind die Kriterien für die Gewahrsamnahme oft nicht ausreichend geregelt. Zweitens erlassen viele Mitgliedstaaten unbegrenzte Wiedereinreiseverbote. Aus diesen Gründen würden es viele Mitgliedstaaten begrüßen, wenn die Kompromissvorschläge und praktisch die gesamte legislative Initiative in unserer Abstimmung durchfallen würden.
Entscheidend ist, dass der Rückführungsprozess durch die Richtlinie den Kontrollmechanismen der Gemeinschaft unterworfen werden soll. Somit können wir gewährleisten, dass schon bald für alle Mitgliedstaaten gewisse Mindeststandards gelten.
Ich bin dem Berichterstatter, Herrn Weber, dankbar, dass es ihm gelungen ist, in den Verhandlungen erhebliche Verbesserungen gegenüber dem Standpunkt des Rates zu erzielen, mit dem Ergebnis, dass wir unseren humanitären Verpflichtungen gerecht werden. Von besonderer Bedeutung sind die Änderungen, die zum Schutz von Kindern, Familien und Minderheiten vorgenommen worden sind.
Roselyne Lefrançois (PSE), schriftlich. – (FR) Der Text, der morgen zur Abstimmung steht, ist ein deutlicher Rückschritt, nicht nur im Hinblick auf den ursprünglichen Kommissionsvorschlag, sondern vor allem auch in Bezug auf die Arbeit, die der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres geleistet hat, dessen Mitglied ich bin.
Wir Sozialdemokraten sind für die Einführung von Mindestbestimmungen hinsichtlich der Rückführung illegal aufhältiger Ausländer, denn wir unterstützen einen verantwortungsbewussten humanen Ansatz bei der illegalen Einwanderung und stellen fest, dass einige Mitgliedstaaten der EU in diesem Bereich eine Politik verfolgen, die aus Sicht der Wahrung der Grundrechte nicht hinnehmbar ist.
Wir müssen jedoch hervorheben, dass der von den Konservativen und der Mehrheit der Liberalen unterstützte Kompromiss in diesem Bereich keinerlei Verbesserungen bringt. Er gilt weder für Asylbewerber noch für Menschen, die an den Grenzen aufgegriffen werden. Vor allem räumt er den Mitgliedstaaten viel zu viel Handlungsspielraum bei entscheidenden Aspekten wie den Rechten von Minderjährigen und der Haftzeit ein.
Die Haftdauer könnte demnach auf bis auf 18 Monate ausgedehnt werden. Wie viele meiner Kollegen lehne ich es ab, die Möglichkeit zu unterstützen, Menschen über einen derart langen Zeitraum einzusperren, deren einziges Verbrechen darin besteht, ein besseres Leben in Europa gesucht zu haben.
Sollten die Änderungsanträge der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament abgelehnt werden, werde ich daher meinem Gewissen entsprechend gegen diesen Text stimmen.
Vincent Peillon (PSE) , schriftlich. – (FR) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Morgen müssen wir über einen Text abstimmen, den die Mitgliedstaaten und die konservativeren Kräfte unter uns als Kompromiss darstellen. Aber lassen wir uns nicht hintergehen: Dieser Text ist kein Kompromiss, sondern kompromittierend!
Was anderes schlagen uns der Rat und der Berichterstatter in dieser Rückführungs-Richtlinie vor, als zu unterstützen, dass die Mitgliedstaaten einen Menschen, der illegal eingereist ist, jedoch kein Verbrechen begangen hat, 18 Monate lang einsperren und ihn dann für weitere fünf Jahre vom europäischen Territorium verbannen können?
Das Parlament verfügt nun endlich über Mitentscheidungsbefugnisse bei der Einwanderung. Folglich haben wir nicht nur die Möglichkeit, ein Gegengewicht zum Rat zu bilden, sondern auch die Pflicht, das zu tun. Lassen Sie diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen: Wenn die Richtlinie in dieser Form angenommen wird, ermöglichen wir es dem Rat, alle Fortschritte in Menschenrechtsfragen zunichte zu machen, die genau hier während dreijähriger Verhandlungen erreicht worden sind.
Ich hoffe daher, dass wir diesen Text ablehnen; er verdeutlicht geradezu karikaturhaft, dass wir uns auf uns selbst zurückziehen und unsere eigenen Werte außer Acht lassen.
Wir brauchen eine echte europäische Einwanderungspolitik, nicht eine Politik, die im scheinbaren Schutz einer Festung Europa besteht.
Gabriele Zimmer (GUE/NGL), schriftlich. – Rechte EP-Mehrheit ebnet Weg für massive Abschiebungen
Den acht Millionen Menschen, die zum Teil schon viele Jahre ohne gültige Aufenthaltserlaubnis in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union leben, drohen Abschiebehaft und Ausweisung. Die Innenminister wollten 'reinen Tisch machen', bevor sie die legale Zuwanderung in die Europäische Union einheitlich regeln. Kürzlich stellte der deutsche Innenstaatssekretär Peter Altmeier gegenüber der Tagesschau klar: „Wir haben im Sinne Deutschlands erreicht, dass die Abschiebungen von denen, die wir loswerden wollen, in Zukunft erleichtert werden“.
Nach dem zwischen Rat und dem CSU-Europaabgeordneten Weber erzielten Kompromisstext können bis zu 18 Monate dauernde Abschiebehaft angeordnet werden, Kinder können von ihren Familien getrennt werden und den Ausgewiesenen soll für fünf Jahre die Wiedereinreise in die Europäische Union verboten sein. Gegen diese unmenschliche Praxis protestiert die Linksfraktion GUE/NGL.
Diese Richtlinie ist verhängnisvoll für den Versuch der Europäischen Union, sich international als Vorkämpferin für Menschenrechte zu profilieren. 44 Regierungen aus Afrika und Lateinamerika haben in einem gemeinsamen Appell an die Abgeordneten die Zurückweisung des Gesetzentwurfs verlangt. Boliviens Präsident Evo Morales hatte zuvor bereits in einem eindringlichen und emotionalen Schreiben die Europaabgeordneten daran erinnert hatte, dass während der beiden letzten Jahrhunderte Europas Flüchtlinge vor Armut und Repression in anderen Kontinenten Zuflucht und Freundschaft gefunden hatten.