Die Präsidentin. – Als nächster Punkt folgt der Bericht (A6-0252/2008) von Reinhard Rack im Namen des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr „Hin zu einer neuen Kultur der Mobilität in der Stadt“ (2008/2041(INI)).
Reinhard Rack, Berichterstatter. − Frau Präsidentin! Die Kommission hat im Herbst des vergangenen Jahres ein Grünbuch für eine neue Kultur hin zu einer Mobilität in der Stadt vorgelegt und plant in wenigen Monaten einen Aktionsplan mit konkreten Maßnahmen zu diesem Thema.
Das Europäische Parlament hat sich als Ko-Gesetzgeber für künftige Maßnahmen und als Budgetverantwortlicher verpflichtet und berufen gefühlt, rechtzeitig zu diesem Grünbuch Stellung zu beziehen. Wir sind an dieses Thema selbstbewusst und rücksichtsvoll herangegangen. Selbstbewusst in dem Sinn, dass wir sagen wollen, wohin die Reise aus der Sicht des Europäischen Parlaments gehen soll, und rücksichtsvoll, denn wir wollen das Initiativrecht der Kommission nicht in Frage stellen, sondern abwarten, was die Kommission uns im Detail vorschlagen wird.
In den Beratungen im Verkehrsausschuss hat es zu diesem Thema sehr viel Konsens gegeben. Ein paar wichtige Fragen möchte ich aufgreifen, es soll nicht zu lange dauern.
Eines der Kernthemen, mit dem sich sehr viele der Kollegen zu Recht beschäftigt haben, war die Frage der Subsidiarität. Wer soll bei diesem Thema tätig werden? Ist das überhaupt ein Thema für Europa? Sollten die Entscheidungen nicht wie die sprichwörtliche Kirche im Dorf bleiben und Ähnliches.
Unsere Antwort auf diese Frage: Wir gehen davon aus, dass mit der Vorlage des Grünbuchs und mit dem nachfolgenden Aktionsplan die bestehende Kompetenzordnung in Europa nicht verändert wird, sondern dass alle Kompetenzträger, die Europäische Union, die Mitgliedstaaten, die regionalen und die Gebietskörperschaften, ihre Zuständigkeiten nutzen, und — das ist das Entscheidende — vernünftigerweise aufeinander abstimmen sollen. In diesem Sinne wünschen wir uns ein integriertes Gesamtkonzept, und wir wünschen uns städtische Entscheidungen, was für die einzelnen Kommunen tatsächlich richtig und wichtig ist.
Ein zweites Thema: Der Verkehr muss den Bedürfnissen der Menschen entsprechen. Wir sollen die europäischen Bürger im europäischen Verkehrsbinnenmarkt nicht in einen Irrgarten stoßen. Wenn es in einer Stadt eine grüne Zone gibt und in der nächsten wieder eine grüne Zone, so soll für den Bürger nicht eine neue Welt anfangen, nur weil er eine Gemeindegrenze überquert. Wir erwarten uns hier europäische Harmonisierung, wir erwarten uns hier von Europa, dass best practices vorgegeben werden.
Ein drittes Thema betrifft Begleitmaßnahmen. Wir haben eine Anhörung durchgeführt, und da haben uns die Bürgermeister ihr Leid geklagt, dass sie häufig europäische Vorgaben bekommen und dann bei der Umsetzung von den Mitgliedstaaten im Regen stehen gelassen werden oder genauer genommen ohne Geldmittel stehen gelassen werden, um diese europäischen Maßnahmen umzusetzen.
Wir wollen besondere Rücksichtnahme auf behinderte Verkehrsteilnehmer zum Thema machen. Das gilt aus meiner Sicht — und ich wiederhole das immer wieder — auch für Männer und Frauen mit kleinen Kindern. Auch diese haben es nicht so ganz einfach in öffentlichen Verkehrsmitteln und im Verkehr insgesamt.
Wir wollen rechtzeitig Signale in die Industrie und an die Industrie geben, damit sie bessere Logistik und neue Technologien entwickelt. Und wir wollen — ganz wichtig — Bewusstseinsbildung bei den Menschen. Sie sollen selbst dazu beitragen, dass wir tatsächlich eine gesunde Umwelt durch das Verkehrssystem erreichen können.
Kollege Cramer wird mit dem Rad fahren, Kollege Marinescu wird mit einer neuen Schnellbahn in seinem Land fahren, Kollege Costa wird mit dem Vaporetto kommen, Vizepräsident Tajani wird in Rom mit dem Roller fahren, und ich gehe in meiner Heimatstadt gerne zu Fuß. Wenn wir das alles tun, erreichen wir tatsächlich eine kleine, aber nicht unwesentliche Verbesserung.
Ich schließe mit dem Dank an die beiden Kommissare, die sich hier bei diesem Thema sehr engagiert haben, an Vizepräsident Jacques Barrot und den nun zuständigen Vizepräsidenten Antonio Tajani. Ich bedanke mich bei den Schattenberichterstattern, die an diesem Text mitgearbeitet haben, und den Kollegen, die zu einem guten Ergebnis im Ausschuss beigetragen haben. Ich bedanke mich bei den Mitarbeitern im Ausschuss, in der Fraktion und in meinem eigenen Büro für die Arbeit und hoffe, dass sie ein gutes weiteres Ergebnis produzieren wird.
Antonio Tajani, Vizepräsident der Kommission. – (IT) Frau Präsidentin! Zunächst möchte ich Herrn Rack für den Text danken, den er mit Hilfe des Parlaments erstellt hat. Ich bin ihm auch für seine lebhafte Rede dankbar. Ich werde ihn aufsuchen, damit wir seinem Vorschlag gemäß das nächste Mal intermodale Wege dafür finden, uns in unseren Städten zu bewegen.
Die Arbeit des Parlaments, das die Initiative der Kommission aufgegriffen hat, war zweifellos positiv. Dies trifft auch auf die Debatte zu, die sich auf drei grundlegende Aspekte konzentrierte: erstens die Frage, wie urbane Mobilität in Europa am besten optimiert werden kann, zweitens der Mehrwert eines Vorgehens auf Gemeinschaftsebene und drittens die Aufgabenverteilung unter verschiedenen Regierungsebenen. Das Grünbuch der Kommission stellte den Ausgangspunkt für ein Tätigwerden auf europäischer Ebene im Bereich urbane Mobilität und Verkehr dar. Es stellt städtische Mobilität ins Zentrum der europäischen Debatte über die besten Wege, Mobilität auf einer Grundlage sicherzustellen, die für die heutige Gesellschaft und künftige Generationen nachhaltig ist.
Die Hauptgründe für unsere Debatte sind Sorgen hinsichtlich der Klimaänderung, Verkehrsstaus, die gesundheitlichen Auswirkungen insbesondere der Umweltverschmutzung, Sicherheit der Energieversorgung und Sicherheit auf den Straßen. Die zahlreichen Änderungen am Berichtsentwurf, die während der Diskussion von Mitgliedern des Verkehrsausschusses eingebracht wurden, sowie die hilfreichen Beiträge des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit und des Ausschusses für regionale Entwicklung zeigen, wie sehr das Thema urbane Mobilität, das die überwältigende Mehrheit der EU-Bürger betrifft, dem Europäischen Parlament am Herzen liegt.
Wie Sie wissen, endete die Konsultation zum Grünbuch, bei der mehr als 400 Beiträge eingingen, am 15. März. Die Ansichten aller Beteiligten und natürlich die Vorschläge der europäischen Institutionen werden wertvoll für den anstehenden Aktionsplan zur urbanen Mobilität sein, den ich kommenden Herbst vorzulegen beabsichtige.
Und nun zum Bericht. Ich weiß die im Text enthaltene Aufforderung, dass die EU eine umfassende Strategie zur Mobilität in der Stadt festlegen sollte, und die Anerkennung, dass ein Vorgehen auf Gemeinschaftsebene in einigen Bereichen einen eindeutigen Mehrwert bietet, zu schätzen. Der Bericht stellt die Hauptgebiete für Maßnahmen auf strukturierte, gezielte und sehr klare Weise fest, und dafür möchte ich Herrn Professor Rack noch einmal danken. Der Bericht analysiert die Rolle der EU auf verschiedenen Gebieten: Gesetzgebung, Standardisierung und Harmonisierung, Austausch von bewährten Praktiken und Forschung. Außerdem spricht er die Notwendigkeit eines integrierten Ansatzes und der Koordination zwischen Behörden sowie die Verantwortung Einzelner und die Frage der Finanzierung an.
Ich begrüße die meisten im Text dargestellten Ideen und möchte mich insbesondere auf einige bestimmte Punkte der zahlreichen behandelten Fragen konzentrieren. Ich stelle zum Beispiel fest, dass der Bedarf an vergleichbaren Daten und die Notwendigkeit, urbane Mobilität auf anderen Gebieten, in denen die Europäische Union gesetzgebende Befugnisse hat, zu berücksichtigen, im Bericht bestätigt werden. In dieser Hinsicht verdient der Vorschlag einer europäischen Plattform, in der Daten, bewährte Methoden und Informationen über Maßnahmen auf unbürokratische Weise zusammenfließen, weitere Aufmerksamkeit.
Ich stimme völlig zu, dass europäische Leitlinien zu Standardisierung und Harmonisierung der Transportsysteme, insbesondere für grüne Zonen und Straßennutzungsgebühren, wichtig sind, wenn wir Stückwerk bei den Lösungen in unterschiedlichen europäischen Städten vermeiden möchten. Meine Unterstützung bezieht sich auch auf die Vorschläge zur sozialen Dimension für bestimmte Gruppen und auf die Vorschläge zur Verbesserung der Bildung und zu Sensibilisierungskampagnen, die einen Beitrag zur Verhaltensänderung von Bürgern leisten sollen. Was den finanziellen Aspekt angeht, so stimme ich dem Bericht zu, dass neben der optimalen Nutzung von europäischen Mitteln auch neue Finanzierungsinstrumente entwickelt werden müssen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Abschluss sagen, dass ich folgende Erwägung des Berichts voll unterstütze: In Bezug auf die Mobilität in unseren Städten sind neue Denkweisen und innovative Konzepte unbedingt notwendig. Bei allem gebührendem Respekt für die Grundsätze und Rechtsvorschriften der EU müssen wir Kreativität und Flexibilität auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene fördern statt hindern. Darum geht es bei der Subsidiarität. Ihr wertvoller Bericht ist ein wichtiger Beitrag zur europäischen Politik auf diesem Gebiet, einem Gebiet, das Bürger, Unternehmen und Politiker und insbesondere Lokalpolitiker ganz direkt angeht.
Vielen Dank noch einmal für Ihre Aufmerksamkeit und meine Glückwünsche an den Berichterstatter zu dieser herausragenden Arbeit.
Justas Vincas Paleckis, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. – (LT) Ich möchte den Berichterstatter Herrn Rack zu seinem Bericht beglückwünschen. Wenn die 80 % der in Städten lebenden Menschen die empfohlenen Maßnahmen zur Kultur der Mobilität in der Stadt umsetzen würden, wäre das Leben für jeden weitaus besser und gesünder. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich die EU um ihre Bürger kümmert.
Wir müssen das öffentliche Nahverkehrs- und Fahrradwegenetz ausbauen und die Nutzung umweltfreundlicherer Verkehrsmittel fördern. Am wichtigsten und schwierigsten ist es aber, die Gewohnheiten der Menschen zu ändern. Beispielsweise gehen in Litauen etwa 50 % der Fahrten mit dem Auto über noch nicht mal einen Kilometer. Selbst junge und völlig gesunde Menschen vergessen, dass sie Beine besitzen und das Fahrrad längst erfunden ist. Mit Hilfe der Kommission sollten wir in der Lage sein, unterschiedliche finanzielle Hebel anzusetzen, um die Verkehrsstaus zu beseitigen oder abzubauen, die das Leben der Städte und ihrer Bewohner lahmlegen. Wir haben die Wahl: Entweder wir sorgen für Mobilität oder wir ersticken in den Blechlawinen, die unsere Luft verpesten.
Jan Olbrycht, Verfasser der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für regionale Entwicklung. – (PL)
Frau Präsidentin! Zunächst einmal möchte ich Herrn Rack zu seinem Bericht beglückwünschen. Als Vertreter des Ausschusses für regionale Entwicklung möchte ich sagen, dass die Zusammenarbeit zwischen den Ausschüssen sehr gut war, insbesondere zwischen dem Ausschuss für Verkehr und dem Ausschuss für regionale Entwicklung. Ich hoffe, dies wird als Beispiel für künftige Projekte dienen.
Im Bericht von Herrn Rack werden wichtige Begriffe in vielen verschiedenen Bereichen untersucht. Dazu gehören auf der einen Seite technische und organisatorische Probleme im Zusammenhang mit der Umwelt und auf der anderen Seite Fragen in Verbindung mit sozialen Angelegenheiten sowie Fragen im Zusammenhang mit der Raum- und Städteplanung. In diesem Bericht wird auch eingehend die Frage beleuchtet, von der Herr Rack sprach, mit anderen Worten, das praktische Funktionieren des Subsidiaritätsprinzips. Der Bericht behandelt eine Frage, die zweifellos Teil der Zuständigkeiten der lokalen Gebietskörperschaften ist, die aber über ihren Tätigkeitsbereich hinausgeht. Laut Subsidiaritätsprinzip sollten jedoch Stellen auf anderen Ebenen Städte in dieser Beziehung unterstützen: Darum geht es beim Prinzip der Hilfestellung. Stellen auf anderen Ebenen sollten Städte unterstützen, und sie sollten vor allem den Mitgliedstaaten und der Europäischen Union helfen, indem sie organisatorische und finanzielle Möglichkeiten schaffen, Pilotstudien und die experimentelle Forschung finanzieren.
Der Bericht spricht etwas an, über das wir in der Theorie Bescheid wissen, aber hier können wir sehen, was ein integrierter Ansatz in der Praxis bedeutet. Es ist ein Ansatz, der ein Zusammenwirken vieler verschiedener Arten von Faktoren erfordert. Wir freuen uns darauf, weiter mit der Europäischen Kommission an diesem Thema zu arbeiten, und wir sind sehr daran interessiert, den Aktionsplan zu sehen.
Markus Ferber, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Europa an etwas reich ist, dann ist es reich an seiner Vielfalt. Das müssen wir immer wieder bedenken, auch wenn wir über Verkehr in den Städten reden, um diesen Reichtum dauerhaft zu erhalten und zu bewahren.
Deshalb habe ich schon ein bisschen Angst, nachdem ich jetzt die ersten Wortbeiträge gehört habe, dass dieses Gleichgewicht, das unser Berichterstatter in seinem Bericht formuliert hat, zwischen dem, was subsidiär vor Ort entschieden werden kann, und dem Wenigen, das wir als Europäische Union dazu beitragen können, verlorengeht, denn dann werden wir europäische Einheitsstädte bekommen und diesen Reichtum in Europa verlieren.
Deswegen möchte ich ganz deutlich sagen: Kommunale Gebietskörperschaften, die sich schon in der Vergangenheit der Probleme der Organisation des Verkehrs angenommen haben, brauchen das Grünbuch nicht, und kommunale Gebietskörperschaften, die sich bisher geweigert haben, sich diesem Thema zu nähern, werden sich auch wegen des Grünbuchs und unserer Entschließung diesem Thema nicht nähern.
Meine Bitte ist, dass wir uns bei aller Liebe zum Detail auch darüber im Klaren sind: Europa wird nur gelingen, wenn es Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort hat. Es hat keine Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, wenn sie das Gefühl haben, dass es sich in alle Lebensbereiche vor Ort einmischt. Deswegen bin ich sehr kritisch gewesen, auch im Ausschuss. Ich bedaure es sehr, dass ich mich mit meinen Anträgen im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr nicht durchgesetzt habe, weil ich schon die Sorge habe, dass wir am Ende – natürlich zunächst mal mit best practice, mit Anreizen über die Strukturfonds, die Kohäsionsfonds – etwas tun, wo wir uns wirklich heraushalten sollten.
Deswegen meine Bitte: Lasst uns das, was jetzt im Ausschuss als Kompromiss vereinbart wurde, als Maximales formulieren, aber lasst uns nicht durch eine Vielzahl von Anträgen, wie sie jetzt auch präsentiert wurden, das noch überziehen. Europa wird nicht gewinnen, wenn es sich in alle Lebensbereiche einmischt!
Saïd El Khadraoui, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Zunächst einmal darf ich dem Berichterstatter, Herrn Rack, für die vertrauensvolle Zusammenarbeit danken. Wir haben, so meine ich, gemeinsam viel erreicht. Ihm ist bewusst, dass wir hie und da ambitionierter sein und den von der Europäischen Union zu leistenden Beitrag fester umreißen wollten. Ich kann nachvollziehen, dass das einigen Mitgliedern seiner Fraktion nicht gefällt.
Davon abgesehen enthält dieser Bericht eine Fülle positiver Elemente, weshalb ihn unsere Fraktion vorbehaltlos unterstützt. Vor allem wird in ihm anerkannt, dass die Städte in ganz Europa mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind. Überall kommt es zu Staus und in deren Folge zu übermäßigem Stress und verlorener Zeit. Überall geschehen Unfälle. Ich denke, die Hälfte der Unfälle in der Europäischen Union ereignen sich in den Städten.
Wir wollen auch alle unsere selbst definierten ehrgeizigen Klimaziele erreichen. Die meisten Städte und Gemeinden haben überdies mit der Finanzierung ihrer Infrastruktur zu kämpfen, und bei all diesen Dingen kann die Europäische Union Hilfestellung leisten, obgleich – und das gebe ich gern zu – die Lage von Ort zu Ort verschieden ist. Dennoch können wir voneinander lernen, und daher sollten wir meines Erachtens die Idee einer Art Beobachtungsstelle oder Plattform für Mobilität in der Stadt, in der gute Ideen ausgetauscht werden können, weiterentwickeln.
Städte und Gemeinden müssen ermutigt oder sogar dazu verpflichtet werden, Mobilitätspläne zu entwickeln, um alle Betroffenen einzubinden, einen Konsens über einen gemeinsamen Ansatz zu erzielen und konstruktive Vereinbarungen zu treffen. Nach unserem Dafürhalten sollte die Europäische Union bei der Harmonisierung, Standardisierung, Interoperabilität sowie Forschung und Entwicklung die Rolle des Regisseurs übernehmen, damit neue Vorhaben, unter anderem im öffentlichen Verkehr, größere Aussichten auf Erfolg haben und die Verbreitung nachhaltiger Lösungen in ganz Europa einfacher wird.
Herr Kommissar, letztendlich vertrauen wir darauf, dass Sie rasch einen möglichst konkreten Aktionsplan mit einer klaren Aufgabenverteilung zwischen den einzelnen politischen Ebenen, vor allem jedoch mit einer gewichtigen Rolle für die Europäische Union, vorlegen.
Jean Marie Beaupuy, im Namen der ALDE-Fraktion. – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Reinhard Rack für den ausgezeichneten Bericht danken. Mein Dank gilt auch der Kommission, die zuvor das Grünbuch verfasst hat, das jetzt Gegenstand einer umfassenden Konsultation ist und bis Ende 2008 in einen Aktionsplan münden wird.
Gemeinsam mit meinen Kollegen in der fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe „URBAN-Logement“, insbesondere Jan Olbrycht, der gerade gesprochen hat, haben wir im vergangenen Jahr Kommissar Barrot eingeladen, mit uns über diese Problematik zu diskutieren. Wir hatten eine besonders angeregte Aussprache, vor allem zum Thema integrierter Ansatz. Herr Kommissar, in der mir zur Verfügung stehenden kurzen Zeit möchte ich auf die Vorteile hinweisen, die eine ausführliche Beschäftigung mit diesem Aspekt bringt. Zwischen Städteplanungskonzepten und urbaner Mobilität besteht ein grundlegender Zusammenhang. Wenn ich „Städteplanungskonzepte“ sage, dann meine ich eigentlich das Fehlen solcher Konzepte. Um das zu veranschaulichen, möchte ich auf vier Aspekte eingehen.
Erstens steht außer Zweifel, dass unsere städtischen Gebiete – seien es kleine, große oder mittlere – mit dem Entstehen von Gewerbe-, Industrie- und Wohngebieten bzw. Freizeitbereichen gegenwärtig wachsen. Jedes Mal, wenn neue Zonen entstehen, entwickelt sich auch die Mobilität weiter. Muss ich Sie daran erinnern, dass unsere städtischen Gebiete um 11 % gewachsen sind, während die Bevölkerungszahl lediglich um 2,5 % zugenommen hat? Dass das Wachstum der städtischen Gebiete in zehn Jahren, von 1990 bis 2000, das Dreifache der Größe Luxemburgs betragen hat? Diese Zahlen belegen, dass immer dann, wenn das Stadtgebiet größer wird, unsere Wege länger werden, wo sie uns auch hinführen mögen. Innerhalb dieser Stadtgebiete ist in den zehn Jahren die Zahl der täglichen Fahrten in Privatautos um 70 % gestiegen und jede einzelne Fahrt ist 20 % länger geworden.
Diese Zahlen, diese Beispiele zeigen eindeutig, dass wir ohne einen erfolgreichen, integrierten Ansatz, bei dem die verschiedenen urbanen Parameter berücksichtigt werden, auch bei effizienteren, sichereren, intelligenteren Fahrzeugen, auch bei einem schnelleren, bequemeren öffentlichen Personenverkehr das Problem der urbanen Mobilität nicht vollständig lösen werden, und wir werden auch das Problem unserer Mitbürger nicht lösen, die immer gezwungen sein werden, immer längere, teuere und unangenehmere Fahrten zurückzulegen.
Bei diesen Städteplanungskonzepten, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, muss nicht nur der städtische Verkehr, das heißt der Verkehr in großen und kleineren Städten, im urbanen Territorium, berücksichtigt werden, sondern – wie mein Kollege Rack bereits bemerkte – auch in Stadtrandgebieten. Es muss ein gewisses Maß an Kohärenz für alle Bürger gewährleistet werden, die in diesem städtischen und vorstädtischen Umfeld arbeiten, sich erholen, lernen usw. Das Problem, das sich daraus ergibt, und darauf wurde soeben hingewiesen, besteht darin, wie wir die einzelnen Verwaltungsstrukturen, die einzelnen Bezirke und die anderen Territorien in die Lage versetzen, sich zu arrangieren. Deshalb bitten wir Sie, Herr Kommissar, dem integrierten Ansatz in Ihren künftigen Aktionsplänen besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Michael Cramer, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich beim Berichterstatter recht herzlich bedanken. Für das Ergebnis aber, für den jetzt vorliegenden Bericht, fällt es mir schwer, positive Worte zu finden. Europas Städte bleiben nämlich auf sich allein gestellt, es wird ihnen nicht geholfen. Statt einen konkreten und hilfreichen Rahmen für die Ballungsräume in den 27 Mitgliedstaaten zu schaffen, hat sich die Mehrheit der Abgeordneten im Ausschuss für ein seichtes Papier entschieden: grüner soll’s werden, weniger Lärm geben und mehr Lebensqualität! Wie das geschehen soll, dazu hält sich der vorliegende Bericht ebenso bedeckt wie zuvor die EU-Kommission mit ihrem Grünbuch zum Stadtverkehr.
Ein Sushi-Menü zur freien Auswahl an Maßnahmen gegen Verkehrsprobleme wollten Sie uns präsentieren, lieber Kollege Rack. Mit Ihrem Bericht bekommen wir aber bestenfalls eine Liste von Zutaten ohne Rezept. Dabei wäre europäisches Handeln dringend geboten. Acht von zehn EU-Bürgern leben in Städten, und sie leiden fast überall unter denselben Problemen: Staus, Unfälle, Lärm und Luftverschmutzung. Auch im Kontext des Klimawandels spielen die Städte eine zentrale Rolle. Der Verkehr ist in den Städten für rund 40 % aller CO2-Emissionen und für 70 % aller Treibhausgase verantwortlich. Es wird der EU nicht gelingen, die eigenen Klimaschutzziele zu erreichen, wenn der Verkehr nicht verringert und nicht vom Auto auf Bahn, Bus, Radfahren und zu Fuß gehen umgestiegen wird.
Im Verkehr sind die Emissionen seit 1999 nämlich um 30 % gestiegen, während sie in anderen Bereichen um 10 % gesunken sind. Sie haben also die Errungenschaften in den anderen Bereichen quasi aufgefressen. Allein mit diesen Zahlen auf den Zusammenhang von Stadtverkehr und Klimawandel im Parlamentsbericht hinzuweisen, geht der Mehrheit der Abgeordneten aber schon zu weit.
Wir Grüne werden bei der Abstimmung morgen durch Änderungsanträge versuchen, dem Bericht zum Stadtverkehr die dringend notwendige Substanz zu geben. Wir wollen erstens die EU-Kofinanzierung umweltfreundlich umschichten, das heißt konkret, dass nach unserem Änderungsantrag im Verkehr 40 % für die Schiene und 10 % für den Ausbau des Fahrradverkehrs festgelegt werden sollten. Bisher werden 60 % der EU-Gelder im Verkehrsbereich für Straßenprojekte eingesetzt, nur 20 % gehen in den öffentlichen Nahverkehr und die Schiene. Kein Wunder, dass wir das Gegenteil von dem erreichen, was wir immer beschwören.
Wir wollen zweitens EU-Gelder nur dann gewähren, wenn Städte einen nachhaltigen Mobilitätsplan vorlegen können, so könnten viele unsinnige Straßenprojekte verhindert werden. Wir wollen drittens die Verkehrssicherheit erhöhen durch ein generelles Tempolimit von 30 km/h mit der Möglichkeit der Städte, eigenständig für bestimmte Straßen höhere Geschwindigkeiten auszuweisen.
Für ein mehr an Umwelt und Klimaschutz sowie Verkehrssicherheit brauchen die Städte Europas eine substantielle Unterstützung der EU. Die wird es aber nur mit unseren Änderungsanträgen geben. Werden sie abgelehnt, wird ein weiterer Bericht verabschiedet, der kein einziges Problem löst, dem allerdings werden die Grünen nicht zustimmen.
Johannes Blokland, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (NL) Zunächst gebührt mein Dank Herrn Rack für seine Anstrengungen. Die Mobilität in der Stadt ist ein für die Konzipierung von Politik auf Gemeinschaftsebene komplexes Thema. Eine deutliche Abgrenzung der Verantwortlichkeiten fällt nicht eben leicht, und das lässt sich an dem Bericht ablesen, den wir hier erörtern.
Zum einen wird in dem Bericht mehrfach erwähnt, dass die Europäischen Union beim Zustandekommen der städtischen Mobilitätspläne eine aktive Rolle zu spielen hat. An anderer Stelle heißt es, die Mobilität in der Stadt falle in die Zuständigkeit der europäischen Städte und Gemeinden und gemäß dem Subsidiaritätsprinzip komme der Europäischen Union lediglich eine begrenzte regulierende Rolle zu. Kurzum, das Abwägen der Verantwortlichkeiten fällt in diesem Bereich schwer. Gleichwohl kann ich dem Berichterstatter, Herrn Rack, bescheinigen, dass er dieses Thema umfassend abgehandelt und für das Subsidiaritätsprinzip die richtigen Formulierungen gefunden hat.
Gestatten Sie mir jedoch noch einige kritische Bemerkungen. Erstens geht der Bericht meiner Ansicht nach zu sehr ins Detail. Dadurch wird der Eindruck erweckt, als ließe sich ein europäischer Rahmen entwerfen, mit dem sämtliche Probleme in allen europäischen Städten gelöst werden können. Die umfangreiche Liste von Themen, die für eine Harmonisierung in Frage kommen, und eine Liste von Aktionsbereichen sind zwar gut gemeint, aber ich frage mich schon, ob sie uns weiterbringen. Ein allgemeiner Ansatz wäre meiner Meinung nach besser geeignet. Dadurch hätte der Schwerpunkt stärker auf dem Austausch bewährter Verfahren und auf technologischen Entwicklungen im Bereich Mobilität in der Stadt gelegen. Freilich ist dieser Ansatz weniger ambitioniert, aber ich denke, wir sollten nicht vergessen, dass Mobilität in der Stadt Sache der europäischen Städte und Gemeinden ist.
Darüber hinaus enthält die Liste von Themen, die für eine Harmonisierung in Frage kommen, auch einige soziale Normen. Das halte ich für keine gute Idee. Soziale Normen wie die Mobilität von schwächeren Verkehrsteilnehmern sind sehr eng an die Mitgliedstaaten gebunden und sollten daher eher nicht harmonisiert oder standardisiert werden.
Trotz dieser Kritik werde ich für den Bericht stimmen. Herr Rack hat es nämlich vermocht, in dem Bericht klar herauszustellen, dass eine sichere, nachhaltige und effiziente städtische Mobilitätsstruktur Angelegenheit der Städte und Gemeinden Europas ist, und das dürfte das große Verdienst dieses Berichts sein. Die Europäische Union kann zwar mittels gezielter Finanzierung und Austausch relevanter Informationen Hilfestellung leisten, aber EU-Rechtsvorschriften sind in diesem Bereich weder notwendig noch wünschenswert.
Gestatten Sie eine letzte Bemerkung. Bei alledem darf nicht übersehen werden, dass die Verantwortung für die städtischen Verkehrssysteme bei den Städten und Gemeinden Europas bleibt. Sie müssen Systeme entwickeln und mit allen zuständigen Stellen gut zusammenarbeiten. Und schließlich möchte ich betonen, dass der Erfolg dieser Verkehrssysteme mit der Beteiligung der Bürger steht und fällt. Auch sie tragen Verantwortung und müssen zu den Zielen der Pläne für Mobilität in der Stadt, nachhaltigen, sicheren und gut funktionierenden Verkehr in den Städten und Gemeinden, beitragen.
Marian-Jean Marinescu (PPE-DE). - (RO) Stadtpolitik fällt nicht in die Zuständigkeit der Europäischen Union, sondern nach dem Subsidiaritätsprinzip in die der Gemeinden und Gemeindeverbände. Dennoch, der Urbanisierungsgrad in der Union ist ständig gestiegen. Über dreihundert Millionen Bürger leben schon in Städten, und bis 2020 wird der Prozentsatz der Stadtbevölkerung 80 % übersteigen.
Urbanisierung und Ballungsräume sind zu einem europäischen Problem geworden, weil sie das Wohl aller europäischer Bürger beeinträchtigen. Tatsächlich stehen wir vor einem erhöhten Bedarf an neuen und diversifizierten Verkehrsmitteln, was eine Zunahme des Energieverbrauchs, des Flächennutzungsgrads und eine fortschreitende Verschlechterung der Luft- und Bodenqualität nach sich zieht.
Obwohl es große Unterschiede in den innerstaatlichen Vorschriften zum Stadtverkehr und zur Flächennutzungsplanung gibt, könnten sich die Institutionen der Europäischen Gemeinschaft an der Koordinierung der dauerhaften Stadtentwicklung und in erster Linie der Entwicklung städtischer Verkehrsdienstleistungen aktiv beteiligen und sich dafür einsetzen, dass gute Lösungen zügig Verbreitung finden.
Unser Kollege Rack offeriert uns überzeugende Beispiele sowohl für moderne Technologien, etwa virtuelle Mobilität, als auch für die konsequente Anwendung der Multimodalität, die Optimierung des Infrastruktureinsatzes und die Nutzung alternativer Verkehrsmittel.
Bildung und Privatinitiative spielen eine wesentliche Rolle für ein Europa der grünen Städte, und die politischen Maßnahmen der Gemeinschaft insgesamt sollten alle Langzeitkosten berücksichtigen und für passende Anregungen, effiziente interregionale und grenzüberschreitende Kooperationsmechanismen sowie die notwendigen Informationen sorgen.
Die Struktur- und Kohäsionsfonds, in erster Linie Hauptursache für die Urbanisierung, sollten durch geeigneten Einsatz auf lokaler und regionaler Ebene zur effizientesten und am leichtesten verfügbaren Ressource zur Bewältigung dieser Herausforderung werden, mit der sich Europa im 21. Jahrhundert konfrontiert sieht.
Inés Ayala Sender (PSE). - (ES) Frau Präsidentin! Ich möchte zunächst der Kommission für ihre Hilfe danken, unseren Bürgern Lösungen für Mobilitätsprobleme wie Verkehrssicherheit, Verkehrsstaus und Umweltfolgen zu bieten: Die übergroße Mehrheit unserer Bürger erfährt und erleidet diese Probleme in ihren Städten.
In Anbetracht der geäußerten Vorbehalte und Zurückhaltung in Bezug auf die Notwendigkeit sicherzustellen, dass diese Art von Maßnahmen dem Subsidiaritätsprinzip unterliegen, denke ich, dass derartige Vorschläge nicht nur einige wichtige und nötige Debatten hervorrufen, sie liefern auch eine Antwort auf ernste und dringende Fragen der nationalen, regionalen und insbesondere der kommunalen Regierungen.
Wir diskutieren heute über dieses Thema im Kontext der umfassenden Debatte über Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels im Vorfeld der großen Aussprache über die Globalisierung von Kosten bei den verschiedenen Transportmitteln. Diese Diskussionen sind sehr wichtig, aber sie müssen sich in der Praxis im Alltag der Menschen in ihrem Umfeld, wie den Städten, widerspiegeln.
Wir begrüßen daher diese großartige Anstrengung unserer Institution im Bericht von Herrn Rack. Ich möchte den Berichterstatter zu seinen präzisen Bemerkungen beglückwünschen, und ich danke ihm für seine Bereitschaft, meine Änderungsanträge einzubeziehen und damit einige wesentliche Aspekte wie gesündere alternative Formen der Mobilität in der Stadt – zu Fuß gehen, Radfahren oder öffentliche Verkehrsmittel – und Anreize für Verkehrssicherheit, die, wie hier aufgezeigt wurde, ihre schädlichste und aggressive Seite in städtischen Umgebungen zeigt, aufzugreifen, zu unterstützen und zu fördern. Es muss nicht nur Rücksicht auf Personen mit eingeschränkter Mobilität genommen werden, sondern auch auf Personen mit Kindern im Kinderwagen, die oft vernachlässigt werden, wie die zahllosen Hindernisse auf den Gehwegen in unseren Städten zeigen.
Der Bericht fordert auch einen effizienten Gütertransport, einschließlich sicherer Ladeeinrichtungen zur Erleichterung der „last-mile-operation“, und bestätigt damit die Notwendigkeit, die Koexistenz der Mobilität von Personen und Gütern zu fördern.
Darüber hinaus unterstützt der Bericht eine bessere Nutzung von intelligenten Verkehrssystemen, mit Forderungen nach Zugänglichkeit und Interoperabilität neben flexiblen Instrumenten. Schließlich ermutigt er zur aktiven Mitwirkung in lokalen Foren zur Mobilität in der Stadt.
Renate Sommer (PPE-DE). - Frau Präsidentin! Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was machen wir hier eigentlich gerade? Wir befassen uns mit einer Sache, für die wir nicht zuständig sind. Dieses Grünbuch zum innerstädtischen Verkehr entstand auf der Grundlage einer konstruierten Zuständigkeit, und die Kommission gibt das im Vier-Augen-Gespräch zu. Wegen der Klimadebatte und weil 80 % der Europäer in Städten leben, erkläre man sich jetzt eben für zuständig, wurde mir gesagt.
Ja, meine Güte, mit gleicher Berechtigung könnte ich sagen: 80 % der Europäer leben in einer Familie oder haben einmal in einer Familie gelebt. Deswegen kümmern wir uns jetzt einmal um die Familienpolitik. Das wäre genauso konstruiert und genauso wenig nachvollziehbar. Die europäische Ebene darf zum Thema innerstädtischer Verkehr nur den Austausch von bewährten Praktiken fördern, nicht mehr. Legislative Maßnahmen hierzu kämen einer Verletzung des Subsidiaritätsprinzips gleich.
Man kann davon ausgehen, dass die Kommunen selbst daran interessiert sind, ihre Verkehrsprobleme in den Griff zu bekommen. Das hat nämlich mit dem Funktionieren der Wirtschaft und mit dem innerstädtischen Handel zu tun. Gleichzeitig ist es natürlich eine Frage der Lebensqualität der Städter, die sonst die Städte verlassen. Die Probleme unserer Städte sind vielleicht ähnlich, aber sie sind eben nicht identisch. Daher sind maßgeschneiderte Lösungen durch kommunale Akteure erforderlich. Die städtische Verkehrspolitik muss vor Ort entschieden und gestaltet werden, in kommunaler Planungshoheit.
Ich warne daher davor, in diesem Bericht legislative Maßnahmen zu fordern oder, liebe Kommission, sie gegebenenfalls später hineinzuinterpretieren. Und ich warne auch vor noch mehr Datenbergen und vielleicht auch noch mehr Bürokratie. Mit einer europäischen Plattform für Mobilität in der Stadt wären wir auf dem besten Weg dazu. Und wir wären sicherlich auch auf dem Weg zu einer wieder neuen europäischen Agentur, die noch mehr Papier produziert und natürlich auch gutes Geld kostet.
Meine Damen und Herren, so bringt man die Bürger gegen Europa auf. Das sollten wir uns nicht leisten. Lassen Sie es bitte nicht so weit kommen!
Zita Pleštinská (PPE-DE). – (SK) Als Architektin und Stadtplanerin mit langjähriger Erfahrung als Regionalpolitikerin auf lokaler und regionaler Ebene kann ich nur bestätigen, dass die Mobilität in der Stadt ein hochaktuelles und komplexes Problem darstellt, und ich möchte dem Berichterstatter für seinen Ansatz danken.
Viele Städte erkennen nicht, dass sie zahlreiche Probleme in Bezug auf die Organisation des Verkehrs durch eine gründliche Planung der lokalen Straßeninfrastruktur vermeiden können. Bei Entscheidungen darüber, welche Städte sie besuchen möchten, lassen sich Touristen auch von deren Zugänglichkeit und der Organisation der dortigen Verkehrsströme leiten. Verkehrsstaus leisten keinen Beitrag zur Attraktivität von Städten und deren Zentren.
Ohne innovative Lösungen wie Verkehrsentlastung oder alternative Fortbewegungsarten, z. B. Radfahren oder Fahrgemeinschaften, wird der Erfolg ausbleiben. Meines Erachtens bietet die Forschung und Entwicklung ein beträchtliches, bisher noch ungenutztes Potenzial für neue sichere und umweltfreundliche Verkehrsmittel und nachhaltige Verkehrssysteme.
An der Lösung unserer Verkehrsprobleme muss sich jeder beteiligen: die EU, die Städte und ihre Bewohner wie auch Touristen. Ich halte es zudem für wichtig, eine Aufteilung der Verantwortung zwischen der EU und den Städten vorzunehmen. Diesbezüglich sollte der EU eine klar definierte Rolle zukommen.
Pierre Pribetich (PSE). – (FR) Frau Präsidentin, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte vor allem dem Bericht meines Kollegen, Reinhard Rack, mein Lob aussprechen. Diese neue Kultur der städtischen Mobilität stellt eine echte Revolution in Bezug auf unser Denken und Reisen dar.
In Anlehnung an die Schrift von Sieyès über den Dritten Stand möchte ich sagen: „Was ist die städtische Mobilität? – Alles. Was ist sie bisher in der politischen Ordnung gewesen? – Nichts. Was fordert sie? – Darin etwas zu werden.“ Mit diesen Worten möchte ich meine volle Zustimmung zu dieser Revolution in unserem Verhalten und die dringende Notwendigkeit eines integrierten und allgemeinen europäischen Ansatzes für diese neue städtische Mobilität zum Ausdruck bringen, wobei die Betonung auf der Konsistenz der Grundprinzipien einer erfolgreichen Stadtplanung liegt. Ferner möchte ich meine absolute Zustimmung zur Schaffung von Standardlösungen erklären, die es ermöglichen, für jede territoriale Ebene zugeschnittene Maßnahmen zu ergreifen.
Das bedeutet, Herr Kommissar, dass die Kommission ihrer finanziellen Verantwortung gerecht werden und ihren Ansatz in die Tat umsetzen muss. In einem Redebeitrag hat ein Kollege auf diese Methode verwiesen, indem er von einem Sushi-Menü sprach, wo Europa verschiedene Gerichte anbietet und die städtischen Gebiete diese annehmen oder es sein lassen. Bei diesem flexiblen Ansatz dürfen wir keinen Gang auslassen: unsere Städte. Wir brauchen alle Zutaten, um unsere städtische Mobilität zu revolutionieren und diese neue Kultur zu etablieren.
Zuzana Roithová (PPE-DE). - (CS) Frau Präsidentin! Ich bitte Sie, meine vorzeitige Wortmeldung zu entschuldigen. Ich möchte mich anlässlich der Aussprache zum Bericht von Herrn Rack zur neuen Kultur der urbanen Mobilität äußern. Wie ich bereits erwähnte, fahre ich in Brüssel und Straßburg sehr gerne Fahrrad und schätze vor allem die sicheren Radwege und die Rücksichtnahme, mit der die motorisierten Verkehrsteilnehmer nicht nur Fußgängern, sondern auch Radfahrern absoluten Vorrang gewähren. Zu Hause, in Prag, bewege ich mich im Straßenverkehr sehr viel vorsichtiger – Touristen gelingt es meist gerade noch rechtzeitig, den Autofahrern aus dem Weg zu springen, daher habe ich das Radfahren dort längst aufgegeben. Mentalitätsunterschiede drücken sich auch in einer unterschiedlichen Verkehrskultur aus, wo sich bislang immer der Stärkere durchgesetzt hat. Zur erhöhten Mobilität in Europa gehören meines Erachtens auch die Harmonisierung der Verkehrsregeln in den Mitgliedstaaten und die schrittweise Angleichung der Verkehrsbußgelder. Unterschiedliche Regelungen begünstigen die Verfestigung kulturbedingter Unterschiede. Daher sind die arglosen ausländischen Radfahrer und Fußgänger (zu denen ich mich auch zähle) auf den Straßen der neuen Mitgliedstaaten enorm gefährdet.
Silvia-Adriana Ţicău (PSE). - (RO) Ich beglückwünsche Herrn Rack zu seinem Bericht.
Die Union braucht eine neue Kultur der Mobilität in der Stadt, für die der öffentliche Nahverkehr und das Fahrradfahren größere Bedeutung erhalten sollten.
Zur Entwicklung des öffentlichen Nahverkehrs sind politische Maßnahmen auf lokaler, regionaler oder nationaler Ebene erforderlich, um öffentliche Nahverkehrsleistungen für bestimmte Kategorien von Menschen teilweise oder vollständig zu subventionieren, z. B. Studenten, Rentner und Behinderte.
Mir scheint es nötig, Stadtentwicklung und -planung integriert durchzuführen und dabei auch den jetzigen und künftigen Bedarf auf dem Gebiet des Stadtverkehrs zu berücksichtigen. Schnellzüge auf die Schiene zu bringen, die Stadtzentren mit Häfen und Bahnhöfen, Flughäfen und besonders mit Randgebieten verbinden, sollte ein Schwerpunkt bei der Entwicklung und Modernisierung von Großstädten sein.
Ortschaften mit Zugang zu Binnenwasserstraßen könnten intermodale Verkehrsmodelle entwickeln, mit denen sich die Umweltbelastung verringern lässt, die durch den Straßenverkehr in Großstädten verursacht wird.
Intelligente Verkehrssysteme und die Entwicklung von Grünbereichen sollten in die neue urbane Mobilitätspolitik eingebunden werden.
Inés Ayala Sender (PSE). - (ES) Vielen Dank für Ihre Großzügigkeit, Frau Präsidentin. Dies ist nicht das erste Mal, dass ich wegen Zeitbeschränkungen erneut das Wort ergreifen musste. Ich möchte zu Herrn Racks Bericht nur sagen, dass ich noch zu zwei weiteren Punkten etwas anmerken wollte, und ich denke, der Herr Kommissar ist recht empfänglich für sie.
Ich möchte zunächst den Mangel an Anreizen für neue berufliche Profile im Zusammenhang mit der Mobilität in der Stadt erwähnen. Ich denke, hier sollten Vorkehrungen getroffen werden, und sie sollten im Hinblick auf den Fortschritt, den sie darstellen, berücksichtigt werden. Der zweite Punkt ist, was wir ursprünglich als eine breite partizipatorische Konsultation in Betracht gezogen haben, um den sozialen Auswirkungen von Maßnahmen, beispielsweise von städtischen Mautgebühren, zu begegnen, was eine wichtige Überlegung ist.
Antonio Tajani, Vizepräsident der Kommission. – (EN) Frau Präsidentin! Ich möchte an die eigentliche Bedeutung des Wortes „Subsidium“ im Lateinischen, der Sprache meiner Vorfahren, erinnern. „Subsidium“ bedeutet „Hilfe“, „Subsidiarität“ entsprechend „Helfen“. Ich sage dies, um Herrn Ferber, Herrn Marinescu und Frau Sommer zu beruhigen. Die Kommission beabsichtigt nicht, den Platz lokaler, regionaler Behörden einzunehmen. Es ist nicht Europas Aufgabe, die Politik lokaler Verwaltungen zu bestimmen oder zu entscheiden, was in einzelnen Städten zu geschehen hat.
Subsidium bedeutet helfen: Europa, die Europäische Kommission, die europäischen Institutionen können also Beiträge dazu leisten, Lösungen zu finden, Diskussionen zu eröffnen, den Informationsaustausch zwischen Städten im Hinblick auf – so weit wie möglich gemeinsamen – Lösungen zu fördern, die die Bürger darin unterstützen, ihr Leben und das Reisen leichter zu bewältigen, und ihnen mehr Sicherheit geben, ob auf den Straßen oder beim Schutz ihrer Gesundheit vor Umweltverschmutzung.
Finanzielle Unterstützung ist natürlich eine Möglichkeit. Ich erinnere an den Erfolg des Civitas-Programms, die als Beispiel dienen können. In dem Aktionsplan, den ich vorzulegen beabsichtige – dieser hat den Zweck, Ideen für Maßnahmen vorzuschlagen und zu koordinieren –, werde ich auf alle Vorschläge eingehen, die während der heutigen Debatte vorgebracht wurden, und stets das Prinzip der Subsidiarität berücksichtigen, denn es ist mir sehr wohl bewusst, mit welchen Befugnissen die Union ausgestattet ist. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass die Europäische Union zur Hilfe verpflichtet ist, da die Mehrheit der EU-Bürger in großen Städten lebt.
Helfen – ich wiederhole es – bedeutet nicht Ersetzen. Auch ich bin der Ansicht, dass es Aufgabe der von den Bürgern gewählten lokalen Behörden ist, die Probleme der Bürger zu lösen. Nichtsdestoweniger hat die Europäische Union eine wichtige Rolle – und sei es nur, dass sie Initiativen unterstützt und koordiniert und finanzielle Mittel vergibt, damit unsere Bürger besser von den lokalen Behörden und ihren Vertretern regiert werden können.
Reinhard Rack, Berichterstatter. − Frau Präsidentin! Herzlichen Dank allen Kollegen, die dazu beigetragen haben, dass wir hier heute Abend eine sehr lebendige Diskussion hatten, durchaus mit Ecken und Kanten.
Wir haben so gesehen in diesen vierzig, fünfzig Minuten die Realität der letzten Monate im Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr widergespiegelt. Auch dort gingen die Meinungen relativ weit auseinander. Wir hatten für unsere Abstimmung mehr als 350 Änderungsanträge. Es ist uns gelungen, diese 350 Änderungsanträge auf einen doch relativ konsistenten Text zu reduzieren, der dann eine sehr große Mehrheit im Ausschuss gefunden hat, nämlich 27 gegen zwei Stimmen. Ich würde mich freuen, wenn es uns morgen bei der Abstimmung gelingt, ein ähnliches Ergebnis zu erzielen, und mich dafür einsetzen.
Es gab in den Beratungen des Verkehrsausschusses eine Fraktion, die mit dem Ergebnis nicht zufrieden war. Wir haben das auch heute wieder in aller Deutlichkeit gehört. Und wir haben auch den Appell gehört, da morgen noch einmal einen Umschwung herbeizuführen. Ich wäre den Kolleginnen und Kollegen sehr dankbar, wenn wir uns im Sinne der Zusammenarbeit, die wir im Verkehrsausschuss hatten, darauf konzentrieren, tatsächlich das, was wir seinerzeit im Ausschuss erarbeitet haben, morgen im Plenum auch durchzubringen. Ich bitte in diesem Sinne, sich die eine oder andere Empfehlung anzuschauen, die der Berichterstatter in der morgigen Abstimmungsliste vermerkt hat.
Im Übrigen freue ich mich auf die weitere Arbeit zu diesem Thema und wünsche auch der Kommission und dem Vizepräsidenten beim Aktionsplan und beim weiteren Vorgehen bei diesem Thema viel Erfolg!
Die Präsidentin. – Die Aussprache ist geschlossen.
Die Abstimmung findet morgen um 12.00 Uhr statt.
Schriftliche Erklärungen (Artikel 142)
Corina Creţu (PSE), schriftlich. – (RO) Meiner Meinung nach ist ein neues Herangehen an urbane Mobilität in einer modernen Stadt entscheidend. In Europa führte das Wirtschaftswachstum der 50er und 60er Jahre zur Ausweitung der horizontalen Stadt, deren Bevölkerung das Stadtzentrum zugunsten der Randbezirke verließ. Heute ist dieses durch die starke Ausbreitung des Autoverkehrs begünstigte Modell nicht mehr tragbar, betrachtet man den beispiellosen Preisanstieg bei Kraftstoffen und die Sorgen um den Klimawandel auf globaler Ebene – Veränderungen, die hauptsächlich auf die vom Verbrennungsmotor verursachte Umweltverschmutzung zurückzuführen sind.
Zu begrüßen sind die Initiativen, die es europäischen Städten möglich machen, rationelle öffentliche Nahverkehrssysteme zu planen, die den Umweltschutzanforderungen entsprechen und für jedermann zugänglich sind, wie auch die Integration alternativer Verkehrsmittel in die Stadtplanung, die für Kurzstrecken bestimmt sind oder je nach Tageszeit variieren. Eine weitere Aufgabe ist der Güterverkehr in der Stadt, der für eine gesunde Entwicklung der städtischen Wirtschaft unentbehrlich ist. Aus diesem Grund halte ich es für wichtig, solche Lösungsansätze wie den Erfahrungsaustausch zwischen den Verwaltungen europäischer Städte und Datenbanken zur urbanen Optimierung auf europäischer Ebene zu erproben sowie die Bürger zu ermuntern, ihre Einstellung zum Personennahverkehr zu ändern.