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Verfahren : 2007/2271(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A6-0266/2008

Eingereichte Texte :

A6-0266/2008

Aussprachen :

PV 09/07/2008 - 12
CRE 09/07/2008 - 12

Abstimmungen :

PV 10/07/2008 - 5.6
Erklärungen zur Abstimmung
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P6_TA(2008)0363

Ausführliche Sitzungsberichte
Mittwoch, 9. Juli 2008 - Straßburg Ausgabe im ABl.

12. Strategiepapier der Kommission zur Erweiterung 2007 (Aussprache)
Protokoll
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  Der Präsident. − Als nächster Punkt folgt die Aussprache über den Bericht von Elmar Brok im Namen des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten zum Strategiepapier der Kommission zur Erweiterung 2007 [2007/2271(INI)] (A6-0266/2008).

 
  
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  Elmar Brok, Berichterstatter. − Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissar! Wir müssen feststellen, dass die bisherigen Erweiterungen der Europäischen Union große politische und ökonomische Erfolge waren. Dies steht fest. Herr Kommissar, in den Fällen Rumänien und Bulgarien werden wir sicherlich in den nächsten Wochen hier noch separate Diskussionen zu führen haben, aber generell gilt dieses Statement, das ich hier abgegeben habe.

Wir müssen gleichzeitig deutlich machen, dass wir die Versprechen, die wir Ländern gegenüber gegeben haben, mit denen wir Verhandlungen führen, dass nämlich die Verhandlungen weitergeführt werden, dass ein Land, das einen Kandidatenstatus hat, auch wirklich einen Kandidatenstatus hat, einhalten werden. Auch die Versprechen von Thessaloniki müssen eingehalten werden.

Gleichzeitig müssen wir aber deutlich machen, dass in keinem Fall daraus ein Automatismus entsteht, sondern dass jedes einzelne Land die Bedingungen erfüllen muss – die Kopenhagener Kriterien –, die für die Mitgliedschaft notwendig sind, damit es funktioniert, sowohl in den Ländern als auch für die Europäische Union insgesamt.

Gleichzeitig müssen wir aber auch sehen, dass wir mit jetzt 27 Ländern – möglicherweise mit Kroatien bald mit 28 Ländern – überlegen müssen, ob hier nicht auch eine Phase der Konsolidierung notwendig ist, damit die Dinge wirklich innerhalb der Europäischen Union zum Funktionieren gebracht werden. Gerade diejenigen, die sich kritisch mit dem Vertrag von Lissabon auseinandersetzen und gleichzeitig für Erweiterung sind, müssen sehen, dass sie sich hier in einem politischen Widerspruch befinden. Denn der Vertrag von Lissabon war die Bedingung für die letzte Erweiterungsrunde, nicht die Vorbereitung für die nächste. Wer erweitern will und gegen den Vertrag von Lissabon ist, verstößt gegen die Möglichkeit der Erweiterung. Das muss auch sehr deutlich und klar sein.

Vor allen Dingen müssen wir auch das eine sehen: Größe allein macht nicht Stärke aus, sondern die innere Kohärenz, das heißt das Vermeiden von Überdehnung – das wissen wir aus der Geschichte –, ist ein entscheidender Punkt. Wir wollen die Europäische Union nicht als eine Freihandelszone haben, sondern als eine politische handlungsfähige Einheit. Das bedeutet, dass unsere Fähigkeit der internen Reform ebenso Bedingung ist, wie die anderen Länder ihre innere Reform als Bedingung haben, um Mitglieder werden zu können. Vertiefung und Erweiterung ist der klassische Ausdruck dafür.

Gleichzeitig müssen wir auch sehen, dass die europäische Perspektive – beispielsweise auf dem Westbalkan, aber auch gegenüber Ländern wie der Ukraine und anderen – von entscheidender Bedeutung ist, damit der innere Reformprozess in diesen Ländern hin zu mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gelingt, und sie mehr nach Brüssel als in andere Richtungen schauen.

Aber das bedeutet auch, unter den Bedingungen, die ich vorher dargestellt habe, dass dies nicht in allen Fällen morgen zur Vollmitgliedschaft führt, weil diese Länder noch nicht so weit sind und auch die Union noch nicht so weit ist. In vielen Fällen wird das nicht möglich sein.

Aus diesem Grunde brauchen wir neue Instrumente zwischen Vollmitgliedschaft und Nachbarschaftspolitik, damit die Menschen in diesen Ländern die europäische Perspektive nicht nur als Hoffnung haben, sondern konkret jetzt schon Fortschritte sehen: Freihandelszonen, Schengen und anderes. Wir brauchen Instrumente nach dem Beispiel des europäischen Wirtschaftsraumes mit den EFTA-Staaten, in denen die Länder 30, 50 oder 70 % des acquis communautaire mit an Bord nehmen können.

Das heißt, die Verhandlungen über die Vollmitgliedschaft können sehr kurz sein. Schweden, Österreich und Finnland sind diesen Weg gegangen. Länder wie die Schweiz, Island oder Norwegen sind einen anderen Weg gegangen. Aber wer weiß denn heute, dass Norwegen in Schengen ist und dass die Schweiz Beiträge zur Strukturpolitik in den neuen Mitgliedsländern leistet. Das heißt, wir können sehr enge Beziehungen entwickeln, und dann muss in jedem einzelnen Fall festgestellt werden, ob dies nach dem Willen beider Seiten ein Dauerstadium oder eine Zwischenstation auf dem Weg zur Vollmitgliedschaft ist.

Das heißt, auch auf dem Westbalkan – in Kroatien beispielsweise wäre das jedoch völliger Unsinn – könnten Länder, bei denen es länger dauert, wenn sie es wollen, diese Zwischenstation als Instrument wahrnehmen, um es zu nutzen. Es muss ihnen freigestellt sein.

Ich glaube, meine Damen und Herren, dass wir auf dieser Grundlage in der Lage sein sollten, das Instrument der europäischen Perspektive zwischen Mitgliedschaft und Nachbarschaftspolitik zu stärken und auf diese Art und Weise die Zone der Stabilität, des Friedens und der Freiheit in Europa auszudehnen, ohne gleichzeitig die Entwicklungsfähigkeit der Europäischen Union zu gefährden.

 
  
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  Jean-Pierre Jouyet, amtierender Ratspräsident. – (FR) Herr Präsident! Der Rat möchte dem Europäischen Parlament und insbesondere Herrn Brok für seinen Bericht über das Strategiepapier der Kommission zur Erweiterung 2007 danken und bei dieser Gelegenheit die aktive Rolle des Parlaments beim Erweiterungsprozess sowie den wertvollen Beitrag, den es dazu geleistet hat, begrüßen.

Der Bericht von Herrn Brok zeigt, dass die letzte Erweiterungsrunde einen Erfolg sowohl für die Europäische Union als auch für die ihr beigetretenen Mitgliedstaaten bedeutete.

Wir sind der Auffassung, dass sie zu einem Erfolg für die EU geworden ist und dass sie die Überwindung der Teilung Europas ermöglicht und auf dem gesamten Kontinent zu Frieden und Stabilität beigetragen hat. Sie hat den Ansporn zu Reformen gegeben und die gemeinsamen Grundsätze Freiheit, Demokratie, Achtung der Menschenrechte sowie die Grundfreiheiten, die Rechtsstaatlichkeit und die Marktwirtschaft gestärkt.

Die Erweiterung des Binnenmarktes und die Ausweitung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit haben zu mehr Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit geführt, wodurch die Europäische Union in die Lage versetzt wurde, der Herausforderung der Globalisierung besser zu begegnen, und wodurch ferner der Handel mit unseren Partnern erleichtert worden ist. Die Erweiterung hat zweifellos der Europäischen Union ein größeres Gewicht in der Welt verliehen und sie zu einem bedeutsameren internationalen Akteur werden lassen.

Unsere Erweiterungsstrategie ist eine fest gefügte Strategie, bei der die aus den früheren Erweiterungsrunden gezogenen Lehren berücksichtigt worden sind. Im Dezember 2006 hat die Union beschlossen, dass die künftige Erweiterungsstrategie auf den Grundsätzen Konsolidierung der Verpflichtungen, Einhaltung strenger und fairer Bedingungen sowie bessere Kommunikation mit den Bürgern beruhen wird. Dies bildet weiterhin die Grundlage unseres Vorgehens bei der Erweiterung.

Die Union kam zu dem Schluss, dass die Kandidatenländer bereit sein müssen, die ihnen aus dem Beitritt erwachsenden Verpflichtungen vollständig zu erfüllen, und dass, wie Herr Brok in seinem Redebeitrag betonte, die Union funktions- und fortschrittsfähig sein muss, um ihre Integrationsfähigkeit bewahren zu können.

Diese beiden Aspekte sind entscheidend, um die breite, dauerhafte Unterstützung der Öffentlichkeit zu finden, die mittels größerer Transparenz und einer besseren Kommunikation über diesen Sachverhalt mobilisiert werden sollte, und ich rechne damit, dass das Europäische Parlament uns dabei behilflich sein wird.

Die Europäische Union wird ihren Verpflichtungen in Bezug auf die laufenden Verhandlungen nachkommen.

Was die Türkei anbelangt, so ist die analytische Auswertung („Screening“), die erste formale Phase für jedes einzelne Kapitel, bei 23 Verhandlungskapiteln, von denen 8 eröffnet wurden, abgeschlossen worden.

Hinsichtlich Kroatiens sind die Verhandlungen über 20 Kapitel begonnen und über 2 davon einstweilig abgeschlossen worden.

Am 17. Juni fanden Regierungskonferenzen auf Ministerebene mit der Türkei und Kroatien statt, um mit der Türkei über Kapitel 6 „Gesellschaftsrecht“ und Kapitel 7 „Rechte am geistigen Eigentum“ sowie mit Kroatien über Kapitel 2 „Freizügigkeit für Arbeitnehmer“ und Kapitel 19 „Beschäftigung und Soziales“ Verhandlungen aufzunehmen.

Unser Ziel ist es, diese Verhandlungen voranzubringen, und im Hinblick auf unsere Beziehungen zur Türkei wünschen wir uns, wie ich in Erinnerung bringen möchte, eine Fortsetzung und Intensivierung des Reformprozesses. So wird gewährleistet, dass der Prozess irreversibel und nachhaltig sein wird, und wir werden die in allen Bereichen erzielten Fortschritte, insbesondere was die Erfüllung der Kriterien von Kopenhagen anbelangt, weiterhin sorgfältig überwachen.

Selbstverständlich sind auf dem Weg der Normalisierung der bilateralen Beziehungen zur Republik Zypern ebenfalls Fortschritte vonnöten. Die Verhandlungen mit Kroatien kommen gut voran, und dieses Jahr sind sie in eine entscheidende Phase getreten. Das Hauptziel besteht nun darin, die erzielten Fortschritte weiter zu nutzen und das Reformtempo zu beschleunigen.

Die Europäische Union ermutigt Kroatien daher zur Fortsetzung seiner Bemühungen um die Herstellung gutnachbarschaftlicher Beziehungen, einschließlich der Arbeiten, um für beide Parteien annehmbare endgültige Lösungen zu finden sowie natürlich die noch offenen bilateralen Fragen mit seinen Nachbarn zu regeln.

Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, Herr Kommissar, meine Damen und Herren, möchte ich diese Rede jedoch auch dazu nutzen, im Namen der Präsidentschaft die gewaltsamen Ereignisse von heute Vormittag in Istanbul, denen vor dem US-Konsulat in Istanbul wachhabende Polizisten zum Opfer fielen, auf das Entschiedenste zu verurteilen. Im Namen der Präsidentschaft missbilligen wir diesen entsetzlichen Anschlag, und selbstredend stehen wir gegenwärtig in engem Kontakt mit den türkischen Behörden.

(Beifall)

 
  
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  Olli Rehn, Mitglied der Kommission. – (EN) Herr Präsident! Lassen Sie mich eingangs Elmar Brok und dem Ausschuss für den hochinteressanten Bericht danken.

Ihre Debatte findet zu einer Zeit statt, in der sich die EU mit der Situation auseinandersetzt, die durch das irische „Nein“ entstanden ist. Gleichzeitig erinnert uns die Entwicklung der Ereignisse in Südosteuropa an unsere unmittelbare Verantwortung, Stabilität und Demokratie auf dem europäischen Kontinent zu fördern.

Die Erweiterungsagenda der EU umfasst den westlichen Balkan und die Türkei. Ich begrüße die im Bericht enthaltene konsequente Verpflichtung auf ihre Beitrittsperspektive. Die Kommission teilt die im Bericht geäußerten Ansichten, so auch die zur Integrationskapazität, die auf jeden Fall eine wichtige Frage ist und bei der EU-Erweiterung zu berücksichtigen ist.

Mit Interesse nehme ich den im Bericht enthaltenen Vorschlag zur Kenntnis, einen Europäischen Wirtschaftsraum Plus für Beziehungen zu Ländern zu schaffen, die nicht Teil der gegenwärtigen Erweiterungsagenda sind. In Anbetracht der wirtschaftlichen Globalisierung erscheint es sinnvoll, den europäischen Rechts- und Wirtschaftsraum weiter auszudehnen und somit das weiter gefasste Europa im Sinne unseres sanften Herangehens an Fragen der Rechtsetzung zu stärken.

Für den westlichen Balkan und die Türkei, die eine klare Beitrittsperspektive haben, darf die EU aber keine neuen Zwischenstufen vor dem Kandidatenstatus oder dem Beitritt schaffen. Das würde nur Zweifel an der Verlässlichkeit der EU wecken und so die erforderlichen Anreize für demokratische Reformen schwächen.

Auf seiner Junisitzung bestätigte der Europäische Rat im vorigen Monat erneut seine volle Unterstützung für die europäische Perspektive des westlichen Balkans. Das ist eine eindringliche Botschaft: Die EU hält ihr Wort. Es ist auch eine ganz entscheidende Botschaft an die Türkei. Der EU-Beitrittsprozess schreitet voran: Mitte Juni wurden zwei weitere Kapitel eröffnet.

In Bezug auf die Türkei haben wir im vorigen Jahr den Prozess gemeinsam am Leben erhalten und sehr schwierige Situationen durchgestanden. Das war ein Sieg, der Vision und Durchhaltevermögen erforderte.

Die Voraussetzungen zum Erfolg im Jahr 2008 sowie zur Neubelebung des Beitrittsprozesses der Türkei zur EU in diesem Jahr waren gegeben. Leider sind wir, aus Gründen, die das Innenleben der Türkei betrafen, nicht Zeugen einer solchen Neubelebung geworden.

Wir als EU wollen den Prozess entsprechend den im Verhandlungsrahmen definierten Bedingungen fortsetzen. Die Türkei muss jetzt ihrerseits die demokratische Funktionsfähigkeit ihrer staatlichen Institutionen verbessern und auf die notwendigen Kompromisse zur Fortsetzung EU-bezogener Reformen hinarbeiten.

Ich hoffe aufrichtig, das sich Ruhe und Vernunft durchsetzen mögen, damit die Türkei Stagnation vermeiden und stattdessen Fortschritte verzeichnen kann, damit sie zielbewusst und entschlossen auf ihrem europäischen Weg voranschreiten kann.

Ich möchte mich Minister Jean-Pierre Jouyet anschließen und zugleich die Gelegenheit für einige wenige Worte zu den aktuellen Ereignissen in der Türkei nutzen. Die Kommission verurteilt die Entführung von drei deutschen Touristen in der Osttürkei auf das Schärfste, und wir fordern ihre sofortige Freilassung. Die Kommission verurteilt den gewaltsamen, bewaffneten Angriff von heute Morgen in Istanbul auf das Schärfste. Ich möchte den Familien und Freunden der getöteten Polizisten mein Beileid aussprechen, und ich wünsche den verletzten Polizisten eine rasche Genesung.

Abschließend ist zu resümieren, dass stets klar war, dass die Erweiterung eine langfristige Anstrengung bedeuten würde, die politische Stürme in Ankara, Belgrad, Brüssel und in vielen anderen Hauptstädten in Europa überstehen müsste. Wir können uns keine Auszeiten von diesem Einsatz für Frieden und Wohlstand nehmen, der den grundlegenden Interessen der Europäischen Union und ihrer Bürger dient. Ich bin mir sicher, dass ich in dieser Hinsicht auf Ihre Unterstützung zählen kann.

 
  
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  Marian-Jean Marinescu, im Namen der PPE-DE-Fraktion. – (RO) Die Erweiterungsstrategie der Europäischen Union sollte sich auf die bislang gewonnenen Erfahrungen stützen und die gegenwärtige politische und wirtschaftliche Lage berücksichtigen. Die bisherigen Erweiterungen haben sowohl der Union, als auch den Mitgliedstaaten genutzt.

Dennoch sollten wir nicht übersehen, dass die Länder, die der EU beigetreten sind, unterschiedlich lange Verhandlungszeiten durchlaufen haben und dass ihre tatsächliche Integration in die Europäische Union unterschiedlich verlaufen ist.

Die EU-Organe haben ihre Schwierigkeiten mit der Anpassung an die steigende Zahl der Mitgliedstaaten. Es gibt Argumente, die für eine Fortsetzung der Erweiterung der Union sprechen. Ich glaube, es wäre zum Nachteil der Union, wenn Länder wie die Balkanstaaten oder die Republik Moldau nicht in die EU aufgenommen würden.

Den osteuropäischen Ländern kommen bei ihrem Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union historische und geografische Überlegungen zugute. Gewisse wirtschaftliche Anforderungen erlauben keinen Aufschub der Erweiterung, vor allem solche im Zusammenhang mit Energie. Wir müssen zudem mit äußeren politischen Einflüssen fertig werden, die unangenehme Nachwirkungen haben könnten.

Wir brauchen Nachbarländer, die starke Demokratien entwickeln, funktionierende Marktwirtschaften und Rechtsstaatlichkeit. Zurzeit wird die Nachbarschaftspolitik durch Kooperations- und Assoziationsabkommen verwirklicht, in deren Rahmen es zu ähnlichen Tätigkeiten wie beim Beitrittsverhandlungsverfahren kommt, jedoch auf einer weitaus niedrigeren Ebene. Meines Erachtens sollten in diesen Abkommen Verfahren enthalten sein und Anwendung finden, die den Verfahren in den Verhandlungskapiteln entsprechen.

Ich bin überzeugt, dass die Länder, die wirklich Teil der Union sein wollen, solche Bedingungen akzeptieren würden, selbst dann, wenn sie noch kein vorläufiges Abkommen für Bewerberländer unterzeichnet haben, und dass die Vorteile für beide Parteien bedeutend wären. Auf diese Weise würden sich die Länder zum Zeitpunkt der Erweiterung in einem Zustand befinden, der ihnen eine rasche Integration ermöglichen würde.

Dennoch gibt es eine zwingende Bedingung, um die Europäische Union weiter zu festigen und den Zeitpunkt für eine neue Erweiterung herbeizuführen: die Reform der EU-Organe. Aus diesem Grund ist die Ratifizierung des Vertrags von Lissabon eine Anforderung, die alle Mitgliedstaaten verstehen und erfüllen müssen.

Der Inhalt des Berichts von Elmar Brok schafft Klarheit bezüglich der Schritte, die die Union in der nächsten Wahlperiode zu unternehmen hat und die die Europäische Kommission berücksichtigen muss.

 
  
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  Der Präsident. − Meine Damen und Herren! Sie haben sicherlich festgestellt, dass wir, nachdem ein Redner seinen Beitrag beendet hat, zehn bis fünfzehn Sekunden warten, bevor wir dem nächsten Redner das Wort erteilen. Die Dolmetscher haben uns um eine kurze Pause gebeten, da diese Zeit für die Übertragung der Rede benötigt wird.

Damit soll sichergestellt werden, dass jeder die Übersetzung des Beitrags ordnungsgemäß empfangen kann.

 
  
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  Jan Marinus Wiersma, im Namen der PSE-Fraktion. – (NL) Im Namen meiner Fraktion möchte ich zunächst das unterstreichen und dem beipflichten, was der Ratspräsident und der Kommissar soeben zu den Ereignissen in der Türkei vorgetragen haben. Zweitens gilt mein Dank dem Berichterstatter für die konstruktive Zusammenarbeit in Vorbereitung dieser Aussprache, und drittens möchte ich im Namen meiner Fraktion noch einmal herausstellen, dass die Erweiterung unserer Auffassung nach – und der Ratspräsident hat sich auch entsprechend geäußert – bislang ein Erfolg war und einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung einer größeren Europäischen Union leistet.

Gleich zu Beginn meiner Rede sei herausgestellt, und auch in Herrn Broks Bericht findet sich diese Bemerkung, dass wir, wie der Kommissar erklärte, an den Zusagen, die wir gegenüber der Türkei und den westlichen Balkanländern abgegeben haben, in unserer Diskussion über die Erweiterungsstrategie festhalten. Die Strategie wird also gegenüber diesen Ländern nicht geändert, mehr Beachtung findet jedoch die Art und Weise, wie die Beitrittskriterien in dem Verhandlungsprozess angewendet und erfüllt werden.

Zweitens, wir gehen mit dem Berichterstatter darin konform, dass das Augenmerk vermehrt auf der Aufnahmefähigkeit der Union selbst liegen muss. Einerseits stellen wir in der Vorbereitungsphase an die Beitrittskandidaten höhere Anforderungen, andererseits muss die Europäische Union ohne Frage weitaus mehr unternehmen, um den Beitritt neuer Mitglieder in die rechten Bahnen zu lenken. Und das heißt nach unserem Dafürhalten, dass die notwendigen institutionellen Reformen durchgeführt werden. Der Vertrag von Nizza ist als Grundlage für die erfolgreiche Fortsetzung der Erweiterung nicht geeignet.

Drittens, und meiner Ansicht nach der wichtigste Aspekt: In diesem Bericht wird auch über die derzeitige Erweiterungsagenda hinaus ein Blick auf die Länder geworfen, die nicht auf der Liste möglicher Kandidaten stehen. Unsere derzeitige Europäische Nachbarschaftspolitik reicht nicht aus. Das gilt für unsere südlichen Nachbarländer, denen die EU nunmehr den Vorschlag für eine Mittelmeerunion unterbreitet hat, aber noch viel mehr für unsere Nachbarn im Osten. Wir sind eindeutig zu dem Schluss gelangt, dass die EU mehr bieten muss, mehr als die Nachbarschaftspolitik. Unserer Ansicht nach gehören dazu sowohl die Beziehungen zwischen diesen Ländern und der Union als auch die bilateralen Beziehungen zwischen den Ländern. Das Schwarze Meer würde sich hier als geografischer Rahmen anbieten, wobei auch Russland und die Türkei eine Aufgabe ausfüllen sollten. Ohne diese beiden Länder lassen sich die größten Herausforderungen und Probleme in dieser Region nicht meistern. Die Türkei könnte eine Schlüsselfunktion zwischen dem Schwarzen Meer und dem Mittelmeer einnehmen und hätte Gelegenheit zu zeigen, welchen Stellenwert die Türkei in Europa hat und wie wertvoll sie für die Europäische Union ist.

 
  
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  Bronisław Geremek, im Namen der ALDE-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! Zunächst möchte ich den Standpunkt des Rates und der Kommission zu den tragischen Ereignissen in der Türkei unterstützen. Um dieses wichtige Thema geht es heute in unserer Diskussion.

Herr Brok bestätigt in seinem Bericht, dass die Erweiterungsstrategie der Europäischen Union der richtige Weg ist. Ich sage das als Bürger eines Landes, das von dieser Strategie profitiert hat. Im Bericht wird festgestellt, dass die neue Beitrittsrunde zu Europäischen Union ein Erfolg war. In dem Bericht wird auch erklärt, dass die Hoffnungen der europäischen Völker, die die Mitgliedschaft in der Europäischen Union anstreben und bereit sind, deren Beitrittskriterien zu erfüllen, die Unterstützung der EU finden. Der Begriff der Integrationsfähigkeit, der eine Bedingung für eine Entscheidung über einen Beitritt ist, wurde in diesem Bericht genau definiert.

Vielleicht sollte auch erwähnt werden, dass diejenigen enttäuscht wurden, die erwartet hatten, das Europäische Parlament würde das Ende der EU-Erweiterung ankündigen und eine Art Ersatz für die volle Mitgliedschaft einführen. Die EU erweitert sich und wird stärker. Ich war erfreut, von Kommissar Rehn hören zu können, dass wir nicht irgendwelche neuen Vorzimmer für die Länder kreieren sollten, die der Europäischen Union beitreten wollen, sondern ihnen direkten Zugang zum Wohnzimmer gewähren sollten. Wir müssen aber daran denken, dass die kommende Erweiterung von den Bürgern in Europa verstanden und unterstützt werden muss. Für die Fähigkeit der EU, neue Mitgliedstaaten aufzunehmen, ist das unverzichtbar, und es ist auch wichtig, wenn wir das Vertrauen der Bürger in Europa stärken wollen. Wir wissen, dass dieses Vertrauen derzeit eine Krise erfährt. Wir wissen aber auch, dass Europa einen Ausweg aus dieser Krise finden wird. Ich gehöre zu denen, die an die Kraft der europäischen Ideen und an die Institutionen der Gemeinschaft glauben.

Die Erweiterungsstrategie, mit dem sich das Europäische Parlament sorgfältig auseinandersetzt, dient dazu, die innere Stärke der EU zu festigen und eine Antwort auf die Hoffnungen der Europäer zu finden. Die EU hat genauso geantwortet, wie sie auf die Hoffnungen Mitteleuropas im Jahr 2004 geantwortet hatte.

 
  
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  Adam Bielan, im Namen der UEN-Fraktion. – (PL) Herr Präsident! An den heute diskutierten Bericht habe ich vor allem den Vorwurf, dass darin ein klares Konzept für die Öffnung der Union nach Osten fehlt. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es unserem Parlament in seinem Handeln an Konsequenz mangelt. Letztes Jahr haben wir den von meinem Kollegen Michał Kamiński verfassten Bericht angenommen, in dem es heißt, dass der Ukraine eine klare Perspektive auf Mitgliedschaft zu geben ist. Nach dem gerade erörterten Dokument werden dagegen in den Ländern, die über einen Beitritt zur Union nachdenken, höchstwahrscheinlich die Alarmglocken läuten, vor allem bei unserem nächsten Nachbarn, der Ukraine. Mit dem Bericht, in dem es heißt, die Fähigkeit der Union zur Aufnahme neuer Länder müsse gestärkt werden, wird die zukünftige Erweiterung der Europäischen Union de facto gehemmt. Natürlichen Kandidaten wie der Ukraine, einer europäischen Nation, wird statt der Vollmitgliedschaft eine zweifelhafte Alternative angeboten.

Angesichts unserer geostrategischen Interessen sollte uns auch daran gelegen sein, mit der Ukraine so eng wie möglich zusammenzuarbeiten. In dieser Situation sollten wir Kiew eher signalisieren, dass die Tür zur Europäischen Union offen steht, anstatt die mögliche Mitgliedschaft immer schwammiger zu gestalten und so die Ukrainer in die Einflusssphäre Russlands zu drängen. Jetzt, da die Gefahr für die Ukraine durch den Kreml immer akuter wird, trifft das besonders zu.

 
  
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  Gisela Kallenbach, im Namen der Verts/ALE-Fraktion. – Herr Präsident! Ich danke auch Elmar Brok, dass er sich bei diesem Bericht auf einen Prozess eingelassen hat. Es gab für mich einen Strategiewechsel zwischen dem Arbeitsdokument und dem jetzigen Bericht, und das ist gut so.

Die bisherigen Erweiterungen waren für die gesamte Gemeinschaft ein Erfolg, auch wenn hier und da Kritik nötig ist. Auch das ist gut so. Dennoch, der Erweiterungsprozess ist nicht abgeschlossen. Wie viele Redner möchte ich auch den westlichen Balkan nennen, der nicht in einem schwarzen Loch, umgeben von Mitgliedstaaten der Union, marginalisiert werden darf. Das liegt in unserem Interesse. Wir brauchen eine eindeutige und nicht sich je nach Situation ändernde Erweiterungsstrategie.

Die EU muss ein verlässlicher und ein vertrauenswürdiger Partner sein. Dazu gehört auch unsere eigene Reformwilligkeit. Wenn diese momentan wieder in Frage gestellt wird, dann ist eine selbstkritische Analyse nötig. Es ist fahrlässig und falsch, wenn jedes Signal von Euroskepsis auf die bisherige Erweiterung und auf Müdigkeit zurückgeführt wird. Wachen wir daher auf! Sorgen wir für eine ausgewogene ökonomische, soziale und ökologische Entwicklung und vermitteln wir, welche ökonomische, kulturelle und historische Bereicherung die Erweiterung mit sich bringt! Sagen wir auch, was es kosten würde, wenn es an unseren Grenzen oder innerhalb Europas wieder brennen würde!

Klare Ziele und deren uneingeschränkte offene Diskussion schaffen Vertrauen. Dazu gehört, dass die Union zu ihren gegebenen Zusagen steht, und das erwarte ich mit der Zustimmung zu diesem Bericht.

 
  
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  Erik Meijer, im Namen der GUE/NGL-Fraktion. – (NL) Herr Präsident! Nach den ersten Beitrittswellen in den Jahren 2004 und 2007 stagniert die Erweiterung jetzt. Kroatien muss bis 2011 warten, Mazedonien kann frühestens 2014 beitreten, und die übrigen fünf Länder des westlichen Balkans müssen noch länger warten. Mit der Türkei laufen zwar Verhandlungen, aber es ist möglich, dass die Türkei in den nächsten Jahrzehnten noch nicht beitreten kann.

Nach dem Beitritt aller Staaten, die früher zur Einflusssphäre der Sowjetunion gehörten, hat sich in der Europäischen Union nun scheinbar Erweiterungsmüdigkeit breitgemacht. Hinter der Diskussion über die Erweiterung und Nachbarschaftspolitik verbergen sich zwei unterschiedliche Denkweisen. Die eine sieht in der Europäischen Union eine Weltmacht und einen Superstaat, der allmählich zunehmend die Entscheidungen trifft, die seine Mitgliedstaaten betreffen. Dieser Superstaat will die Nachbarländer von sich abhängig machen, ohne ihnen Einfluss als gleichberechtigte Partner in der Union zu gewähren. Ländern, die die notwendigen Anpassungen versäumt haben oder deren Wirtschaft schwach ist, wird der Beitritt verweigert. Sie müssen von der Union ferngehalten, aber dennoch mit Gewalt in ihren Einflussbereich gezogen werden. Meine Fraktion verabscheut diese Taktik.

Für die andere Denkweise ist Zusammenarbeit mit vielfältigen und gleichberechtigten Partnern prägend. Die Union ist für jeden europäischen Staat offen, der beitreten will und die Kriterien wie Demokratie und Menschenrechte erfüllt. Ein solche Union sucht nicht nach Mitteln und Wegen, um Entscheidungen überzustülpen, für die es in den Mitgliedstaaten keinen Rückhalt gibt, sondern ist bemüht, die grenzübergreifenden Probleme ihrer Bürger durch Zusammenarbeit zu lösen. Eine solche Union ist ihren Aufgaben am besten gewachsen und hat langfristig die besten Überlebenschancen.

 
  
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  Georgios Georgiou, im Namen der IND/DEM-Fraktion. – (EL) Herr Präsident! Die Bemühungen von Herrn Brok sind in der Tat lobenswert, und ich möchte ihm für seine Rede danken, in der er uns einige recht nützliche Erklärungen geliefert hat.

Trotz dieser lobenswerten Bemühungen ist mir die Eile der Europäischen Union, wieder einmal wahllos neue Mitgliedstaaten aufzunehmen, unerklärlich.

Was ist das für eine Union, was für ein Europa, in die bzw. in das sie aufgenommen werden würden? Ein Europa hoher Ölpreise, hoher Nahrungsmittelpreise, der Arbeitslosigkeit – ein Europa des Elends, wenn Sie so wollen? Was war das noch mal, was wir schaffen wollen? Sollen wir ein neues Netzwerk interkontinentalen Elends erschaffen?

Das kann nicht im Interesse Europas sein. Ich denke, dass es wohl im Interesse anderer sein könnte. Wir sollten an das Ergebnis des Referendums in Irland denken, das vielleicht solche simplen Erweiterungen wie die, für die wir uns entschieden haben, nicht zulassen würde.

 
  
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  Irena Belohorská (NI).(SK) Ich möchte dem Berichterstatter für seine Arbeit zu diesem aktuellen Thema danken, mit der er sich um eine Lösung dieses für die heutige Europäische Union so heiklen Problems bemüht.

Die Erweiterung um zehn neue Mitgliedstaaten im Jahr 2004 und um weitere zwei im Jahr 2007 war zweifellos ein Erfolg sowohl für die Europäische Union als auch für die oben erwähnten Länder, die ihr beigetreten sind. Wettbewerbsfähigkeit und Bedeutung der Europäischen Union nehmen dank des erweiterten menschlichen und wirtschaftlichen Potenzials zu. Ich kann jedoch mit Sicherheit sagen, dass in den 12 neuen Mitgliedstaaten noch immer Unterschiede zwischen ihnen und den 15 älteren Mitgliedstaaten wahrgenommen werden. Wir reden über Diskriminierung. Diese Diskriminierung ist eine Folge mangelnder Reife, sei es aus wirtschaftlicher oder sozialer Sicht. Es überrascht mich jedoch, dass die Erweiterung als ein Grund für die Notwendigkeit der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon dargestellt wird.

Meine Damen und Herren, der Vertrag von Nizza ist tot. Er ist ein Dokument, das der Vergangenheit angehört und das auf das politische Leben der Gegenwart nicht anwendbar ist. Es erfüllt nicht mehr den Zweck eines Vertrags zwischen den 15 alten Mitgliedstaaten. Heute sind es 27 Staaten, und aus diesem Grund muss der Vertrag von Lissabon ratifiziert werden, nicht aber aus Gründen der Erweiterung. Die Erweiterung können wir mithilfe eines separaten bilateralen Vertrags zwischen der Europäischen Union und dem betreffenden Mitgliedstaat erreichen.

 
  
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  Charles Tannock (PPE-DE).(EN) Herr Präsident! Großbritannien, mein Heimatland, gehörte zu den drei Ländern, die in der ersten Erweiterungsrunde 1973 der EU beigetreten sind. Meine Partei, die Partei der britischen Konservativen, hat seit damals den Erweiterungsprozess auf die derzeitigen 27 Mitgliedstaaten aktiv unterstützt.

Durch die Erweiterung vergrößert sich der EU-Binnenmarkt, es entstehen mehr Chancen für Wirtschaftswachstum und Handel. Die Erweiterung schafft mehr Jobs und soziale Stabilität und verleiht der EU auch eine stärkere Stimme in der Welt. Sie festigt in diesen neuen Mitgliedstaaten die EU-Werte Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, wie wir es in der Vergangenheit in den danach beigetretenen ehemaligen Diktaturen Spanien, Griechenland und Portugal und den später beigetretenen, ehemals kommunistischen Staaten aus dem Warschauer Pakt erleben durften.

Aus Sicht derjenigen, die Zweifel an der Entwicklung der EU hin zu immer engerer Verflechtung hegen, sollte die Erweiterung theoretisch zu einem größeren, flexibleren Europa mit einem lockereren Zusammenhalt und zu einer breiteren Diskussion über die zukünftige Entwicklungsrichtung der EU führen. Präsident Sarkozy erörterte als amtierender Ratspräsident vor kurzem die Erweiterungsfrage im Zusammenhang mit der Lähmung des Vertrags von Lissabon nach dessen Ablehnung durch das irische Referendum. Herr Sarkozy sagte, dass die nächste vorgesehene Erweiterung um Kroatien nicht ohne den Vertrag von Lissabon stattfinden könnte. Ich glaube, dass das ein Fehler ist; es ist ein Versuch, den Vertrag am Leben zu halten.

Ich bin davon überzeugt, dass eine Möglichkeit gefunden werden kann, damit Kroatien sich ohne den Vertrag von Lissabon der EU anschließen kann. Zweifellos wird es auch in Bezug auf andere Aspekte des Vertrags Versuche geben, diese ohne Ratifikationsurkunden durchzusetzen. Es ist jetzt deutlich geworden, dass die Europäer weniger Fokussierung auf institutionelle Spielereien wünschen und mehr Konzentration auf Werbung für die EU erwarten, indem die Verbindung zu den Menschen wiederhergestellt wird.

Ich persönlich unterstütze die zukünftige Erweiterung um den westlichen Balkan und nachfolgend die Ukraine, die Republik Moldau und hoffentlich ein demokratisches Weißrussland. Sie ist ein greifbares Beispiel für das Gute, das die EU ihren Völkern bringen kann.

 
  
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  Hannes Swoboda (PSE). - Herr Präsident! Zuerst möchte ich dem Kollegen Brok herzlich danken für seine Bereitschaft zur sehr guten Zusammenarbeit. Die Botschaft ist relativ klar: Es gibt keine Unterbrechung der Erweiterung, aber es gibt die Notwendigkeit, dass wir uns alle noch besser vorbereiten – wir, die wir in der Europäischen Union sind, und die, die in die Europäische Union kommen wollen. Besser vorbereiten heißt natürlich auch institutionelle Reformen, heißt Konsolidierung der Europäischen Union. Und bessere Vorbereitung heißt natürlich auch bei den Erweiterungsländern klare Akzeptanz der Kopenhagener Kriterien, die auch durchgeführt und durchgesetzt werden und nicht nur in der Gesetzgebung bestehen.

Ich bin dem Kollegen Brok auch sehr dankbar, dass er unsere Idee der Schwarzmeerunion gemeinsam mit Jan Marinus Wiersma aufgegriffen hat, wenn auch in einer vielleicht etwas vorsichtigeren Form. Aber wir müssen klare Signale an die Ukraine und an die anderen Länder der Schwarzmeerregion senden, die in der Nachbarschaftspolitik vertreten sind. Aber um diesen Ländern zu helfen, ist es auch wichtig, die Türkei und Russland in diese Kooperation mit einzubeziehen. Ich weiß ja die Ideen der französischen Präsidentschaft zu schätzen, was die Mittelmeerunion betrifft, aber wir dürfen die Schwarzmeerregion nicht außen vor lassen. Wir müssen auch dort Flagge zeigen, und die Europäische Union muss entsprechende Kooperationsangebote machen.

Zu den Balkanländern: Kollege Brok macht in seinem Bericht einige Angebote. Er hat heute klar und deutlich unterstrichen: freiwillige Angebote. Niemand sollte von hier aus das Signal bekommen: Wartet noch mit euren Reformen, es ist Zeit genug. Nein, die Reformen müssen vorangebracht werden, sowohl in Kroatien als natürlich auch in den anderen Ländern. Gerade wenn eine neue Regierung, wie jetzt in Serbien, ins Amt kommt, muss das Signal klar sein: Wir wollen euch möglichst bald in der Europäischen Union haben, aber euren Reformprozess können nicht wir ersetzen, den müsst ihr durchführen, ihr müsst eine proeuropäische Strategie fahren.

Ohne die südosteuropäischen Balkanländer ist Europa unvollständig, aber die Arbeit muss in den Ländern selbst geschehen, und das möglichst rasch, damit wir gemeinsam ein neues Europa aufbauen können.

 
  
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  István Szent-Iványi (ALDE).(HU) Die Geschichte der EU ist bis heute eine Geschichte der kontinuierlichen Erweiterung, und diese Erweiterung ist auch einer der offensichtlichsten Belege für den Erfolg und die Attraktivität der Europäischen Union. Trotzdem wird in der öffentlichen Meinung mehr und mehr eine Art Müdigkeit und Apathie spürbar, wenn es um Erweiterungsfragen geht. Für uns alle ist das ein guter Grund, uns mit dem Thema Erweiterung realistisch zu beschäftigen.

Realismus ist aber keinesfalls gleichzusetzen mit Skeptizismus. Eine realistische Einschätzung kann nicht bedeuten, dass der Erweiterungsprozesses gestoppt wird, und noch weniger, dass neue Beitrittsbedingungen gestellt werden, die nicht erfüllt werden können, oder dass die zuvor übernommenen Verpflichtungen wiederholt werden, denn das würde unsere Glaubwürdigkeit untergraben. Seit dem irischen Referendum ist es unser Hauptanliegen zu beweisen, dass die Europäische Union immer noch funktioniert, und die Erweiterung ist nach wie vor ein wichtiges und reales Ziel für die Europäische Union. Das ist mindestens so sehr im Interesse der Mitgliedstaaten wie im Interesse der Länder, die beizutreten wünschen. Ich danke Ihnen.

 
  
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  Konrad Szymański (UEN).(PL) Herr Präsident! In unserer Erweiterungsstrategie verdrängt der Fachjargon immer mehr die politischen Inhalte. Die Theorie der Integrationsfähigkeit ist nur eine Ansammlung von Ausreden für eine absolut willkürliche und politisch geprägte Entscheidung, die Union für die Welt zu schließen. Damit schlägt Europa eine schlechte und schädliche Richtung ein, denn gerade durch die Erweiterung hat die EU auf der internationalen Bühne an Einfluss gewonnen und konnte so ihr soziales, politisches und wirtschaftliches Modell verbreiten.

Wenn wir diesen Bericht annehmen, senden wir ein negatives Signal nach Kiew und Tbilissi und schwächen dort die prowestlichen und proeuropäischen Kräfte. Um Unterstützung für die Reformen des Vertrags anzuwerben, hat man in Polen z. B. verkündet, sie seien für die Erweiterung unerlässlich. Umso verwunderlicher ist es zu hören, dass wir trotz der Annahme des Vertrags von Lissabon an weiteren Vertragsreformen im Zusammenhang mit der künftigen Erweiterung arbeiten müssen.

Elmar, Dein Vortrag war sicherlich besser als der Bericht, aber sag mir bitte eines: Wie viele Vertragsreformen sollen wir annehmen, bis Du anerkennst, dass wir bereit sind, die Ukraine in die Europäische Union aufzunehmen?

 
  
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  Adamos Adamou (GUE/NGL).(EL) Herr Präsident! Unsere Sicht zum Thema Erweiterung sieht so aus, dass die Völker Europas das Recht haben, wenn sie dies möchten und sofern sie die erforderlichen Kriterien erfüllen, einen Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union zu stellen.

Dieses Prinzip ist ebenso die Basis für unsere Ansichten im Fall der Türkei, in deren Beitrittsprozess auch die Lösung der Zypern-Frage mit hineinspielt. Wir bestehen jedoch darauf, dass es eine wesentliche Voraussetzung für den Abschluss des Beitritts der Türkei ist, dass die Türkei die Verpflichtungen einhalten muss, die sie gegenüber der Europäischen Union eingegangen ist.

So wie die Europäische Union nicht darauf verzichten darf, ihren eigenen Verpflichtungen nachzukommen, so muss sich auch die Türkei in allen Punkten nach den Prinzipien internationaler Gesetzmäßigkeit, den UN-Resolutionen und dem Europäischen Recht richten und ein Ende der Zypern-Besetzung herbeiführen, Häfen und Flughäfen für zypriotische Schiffe und Flugzeuge öffnen und das Veto aufheben, sodass die Republik Zypern an internationalen Gremien und Vereinbarungen teilhaben kann.

Besonders zum aktuellen Zeitpunkt, ausgehend von der Initiative des neu gewählten Präsidenten, Demetris Christofias, und den Anstrengungen der politischen Führungspersönlichkeiten der beiden Gemeinschaften sollte die Türkei nachgeben und es unterlassen, den Fortgang dieser neuen Etappe in der Zypernfrage in irgendeiner Weise zu behindern.

 
  
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  Gerard Batten (IND/DEM).(EN) Herr Präsident! In diesem Bericht wird anerkannt, dass die Erweiterung kein voller Erfolg war. Herr Brok gesteht ein, dass der innere Zusammenhalt der EU, wenn es zu keiner tief greifenden Änderung der derzeitigen Politik der EU kommt, durch die Erweiterung untergraben werden könnte.

Die EU hat Länder aufgenommen, von denen sie genau wusste, dass sie den eigenen Aufnahmekriterien nicht entsprachen, wie das bei Rumänien und Bulgarien der Fall war. Das könnte sich bei weiteren osteuropäischen Staaten und der Türkei wiederholen.

Im Ergebnis unkontrollierter, unbeschränkter und wahlloser Einwanderung durch die fortgesetzte EU-Erweiterung werden den Mitgliedstaaten, wie etwa dem Vereinigten Königreich, erhebliche Belastungen auferlegt.

Das ist nur einer der Gründe für die wachsende Feindseligkeit der EU-Bürger gegenüber der Europäischen Union. Die Lösung von Herrn Brok besteht im Vorschlag eines riesigen Werbeetats, um die Menschen von den Vorteilen der Erweiterung zu überzeugen. Die Lösung für Großbritannien ist, die Europäische Union zu verlassen und die Kontrolle über seine Grenzen zurückzuerlangen.

 
  
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  Philip Claeys (NI).(NL) Soeben bekräftigte Kommissar Rehn noch einmal, dass die Türkei eine klare Perspektive einer Vollmitgliedschaft habe und dass keine neuen Bedingungen gestellt werden sollten. Dem Kommissar sei empfohlen, sich einmal die Eurobarometer-Umfragen zu Gemüte zu führen. Der Beitritt der Türkei entbehrt jedweder demokratischen Grundlage. Die Kluft zwischen der Politik und der Bevölkerung wird zunehmend größer, breiter und tiefer. Uns wurde die Aussetzung der Verhandlungen zugesagt, sobald die Türkei ihren Verpflichtungen offensichtlich nicht nachkomme. Dieses Versprechen wurde gebrochen. Uns wurde zugesichert, der Verhandlungsprozess werde mit dem Reformprozess in der Türkei Schritt halten. Das bewahrheitet sich ebenso wenig. Der Reformprozess in der Türkei ist quasi zum Stillstand gekommen, und doch wurde vor zwei Wochen beschlossen, zwei neue Verhandlungskapitel zu eröffnen. Dieser Spagat zwischen Worten und Taten wird der Europäischen Union noch einmal zum Verhängnis, wenn sie ihre Politik und ihre Haltung nicht radikal ändert.

 
  
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  Zbigniew Zaleski (PPE-DE).(PL) Herr Präsident! Die Europäische Union ist schon heute sehr groß, aber sie ist noch unvollständig. Um eine Gemeinschaft zu sein, braucht das vereinte Europa gemeinsame Werte als Grundlage und zugleich das Wohlwollen seiner Bürger. Um die selbst festgelegten Ziele zu erreichen, zu denen eine bessere Wirtschaft, größerer politischer Einfluss auf der internationalen Bühne, bessere demografische Entwicklungen oder bessere Lebensqualität zählen, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Im Anschluss an die Ausführungen des Kollegen Brok ist mehr innere Integration selbstverständlich sehr wichtig. Die Mitglieder der Union müssen die Fortsetzung der Erweiterung auch wollen, und die Beitrittskandidaten müssen natürlich die notwendigen Kriterien erfüllen. Wie lautet die Strategie für diese Erweiterung? Es geht schlicht darum, die Kandidaten in ihren Anstrengungen zu bestärken, mit ihnen zu arbeiten und sie mit verschiedenen Instrumentarien, etwa mit der Nachbarschaftspolitik, zu unterstützen.

Die östliche Dimension ist wichtig für uns, denn dort liegt ein großer Teil Europas, die nicht zum richtigen Europa, nicht zur Europäischen Union gehört. Der einzige Weg ist hier, sich darum zu bemühen, diese Nachbarn im Osten kennen zu lernen und die Grundlagen in rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Belangen vorzubereiten. Bei alledem sind gemeinsame Werte wichtig, oder zumindest die Möglichkeit gemeinsamer Werte. Mir scheint und ich bin überzeugt davon, dass das größte gesellschaftliche und politische Experiment in der gesamten Geschichte – die Vollendung der Europäischen Union – eine echte Chance auf Erfolg hat.

 
  
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  Véronique De Keyser (PSE).(FR) Herr Präsident! Es gibt ein berühmtes Bild des belgischen Künstlers René Magritte, das eine Pfeife zeigt, die mit dem Satz „ceci n’est pas une pipe“ untertitelt ist. So herrlich diese Pfeife auch gemalt sein mag, sie kann nie geraucht werden.

Ähnlich verhält es sich mit dem Bericht Brok. Ungeachtet seines Titels handelt es sich um keine Erweiterungsstrategie; es geht nämlich weder um eine Strategie noch um jene Schlüsselfragen, die sich die Bürger stellen: Weshalb eine Erweiterung der Europäischen Union? In welche Richtung? Mit welchen Risiken bzw. mit welchen Vorteilen? Worüber Herr Brok spricht, ist eine Konsolidierungsmethode, eine Verteidigungstaktik. Einfach ausgedrückt, die Erweiterung ist ein Vertrag zwischen Europa und den Bewerberländern. Letztere müssen die Kopenhagener Kriterien erfüllen und Europa hat seine Aufnahmefähigkeit unter Beweis zu stellen.

Und da liegt der Hase im Pfeffer. Eingeschnürt in das zu enge Korsett des Nizza-Vertrags, aus dem es sich nicht zu lösen vermag, ist Europa für eine weitere Erweiterungsrunde nicht gerüstet. Die Krise in den Europäischen Institutionen müsste daher ein Stopp des Erweiterungsprozesses zur Folge haben. Das ist die Ansicht vieler Unionsbürger, und bis zu einem gewissen Grad ist es auch mein Standpunkt.

Seien wir jedoch auf der Hut, denn diese Devise, so simpel formuliert, bar jeglicher ehrgeizigen Strategie, ist gefährlich. Damit wir all denen, die, um uns abzuschotten, um die Türkei oder gar die Balkanländer zurückzuweisen, zur Ablehnung eines neuen Vertrags bereit sind, all den Nationalisten der Weg geebnet, die Ausländern misstrauen, die eines Tages zu Europäern werden könnten. Für diese Nationalisten ist eine solche Devise nur ein Vorwand – im Grunde genommen wollen sie weder die Erweiterung noch die Vertiefung.

Wir müssen unseren Bürgern beweisen, dass die aufeinander folgenden Erweiterungen eine Chance für Europa bedeuteten, ihnen klarmachen, dass die kulturelle Vielfalt einen Reichtum darstellt, dass in der Einwanderung unsere demokratische Zukunft liegt. Die institutionelle Krise muss überwunden werden. Sie bedeutet zwar weder einen Sieg der Euroskeptiker noch der Linken, offenbart aber eine klägliche Ohnmacht, deren Leidtragender jeder werden kann. Im Bericht Brok wird diese Ohnmacht geschickt und intelligent behandelt, wozu ich den Berichterstatter beglückwünsche, aber leider geht er nicht weiter.

 
  
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  Inese Vaidere (UEN).(LV) Meine Damen und Herren! Die Ergebnisse der EU-Erweiterung sind positiv, und daher ist es ganz wesentlich, dass wir die richtigen Bedingungen schaffen, um sie weiterzuentwickeln. Unsere Organe und Regierungen sollten der Öffentlichkeit ehrliche und vollständige Informationen sowohl über den Nutzen als auch über die Risiken der Erweiterung übermitteln. Die Bürger müssen sicher sein können, dass sie sich nach der Erweiterung keine Sorgen darüber zu machen brauchen, ob sie ihre Sprachen, ihre Kulturen, ihren Glauben und ihre Traditionen beibehalten und pflegen können, und sie müssen die Gewissheit haben, dass ihr Wohlergehen und ihre Werte nicht bedroht sein werden. Wenn bestehende Nationen innerhalb von Staaten sich in ihren Ländern heimisch fühlen, wird es weniger Ängste in Bezug auf einen Zustrom von Einwanderern geben, und der Erweiterungsprozess als Ganzes wird positiv gesehen. Wir müssen auf unsere Bürger hören, und wir müssen einen Dialog entwickeln. Ich unterstütze unterschiedliche Arten der Kooperation mit potenziellen Mitgliedstaaten. Dies würde nicht nur zu einer ehrlicheren Haltung gegenüber der Integrationsfähigkeit der Europäischen Union führen, die in dem Bericht so treffend definiert wurde, sondern auch zu einer klaren Richtschnur für unsere Partner. Ich danke Ihnen.

 
  
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  Doris Pack (PPE-DE). - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union kann ihre Aufgabe als verlässlicher und stabiler Partner in der Welt nur ausfüllen, wenn sie handlungsfähig bleibt und eine differenzierte Strategie fährt, die den besonderen Bedürfnissen der jeweiligen Länder gerecht wird. Wir können nicht alle unsere Nachbarn als Mitglieder aufnehmen und sind daher verpflichtet, ihnen schon im eigenen Interesse eine interessante und lohnenswerte Alternative anzubieten.

Wir müssen eine effiziente Nachbarschaftspolitik erarbeiten, die diesen Namen auch verdient. Die Öffnung unserer Bildungs-, Kultur- und Jugendprogramme sowie die Einrichtung eines besonderen Wirtschaftsraumes sind Beispiele dafür. Die Optionen, die im hervorragenden Bericht des Kollegen Brok aufgeführt werden, müssen daher schnellstens durchdacht und mit Leben erfüllt werden. Nur so können in unseren Nachbarländern Stabilität, Frieden, Achtung von Menschenrechten und wirtschaftliche Reformen gefördert werden.

Aber anders sieht es in den Ländern des Westbalkans aus, die seit langem eine klare Beitrittsperspektive haben. Ein Blick auf die Landkarte genügt ja, um klar zu sehen, dass sie mitten in der Europäischen Union liegen, das heißt, sie sind rundum umgeben von EU-Mitgliedstaaten. Unsere Politik dort basiert auf nachvollziehbaren Schritten. Ein Land verhandelt bereits seinen Beitritt zur EU, andere haben das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnet, eben alle bis auf das Kosovo. Dort ist unsere Politik der Lackmustest für unsere außenpolitische Glaubwürdigkeit und Garant für dauerhaften Frieden und Stabilität der EU.

Ich finde es nicht gut, wenn die Türkei und Kroatien immer in einem Atemzug genannt werden. Die Voraussetzungen und die Hintergründe sind vollkommen unterschiedlich und darum sollte man darauf auch achten. Kroatien ist das erste der Westbalkanländer, das die Beitrittsverhandlungen im Jahr 2009 abschließen kann. Die EU sollte mit seiner zügigen Aufnahme ein Signal setzen, damit Mazedonien, Albanien, Montenegro, Bosnien und Herzegowina, Serbien und das Kosovo sehen, dass sich die notwendigen und oft schmerzhaften Reformen in Gesellschaft, Justiz und Wirtschaft auch lohnen.

Aber die Verantwortung für diesen zukünftigen Beitritt dieser Länder liegt dann vorwiegend auch in den Händen der dortigen Politiker. Und die müssen dann auch von ihrer eigenen Wählerschaft zur Verantwortung gezogen werden.

 
  
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  Libor Rouček (PSE).(CS) Meine Damen und Herren! Es ist die Meinung des Berichterstatters, des Rates und der Kommission, dass frühere Erweiterungen grundsätzlich ein großer Erfolg waren. Ich stimme dieser Ansicht vollkommen zu. Ein Beispiel dafür ist mein eigenes Land, die Tschechische Republik. Tschechien profitiert stark von seiner Mitgliedschaft und schließt derzeit rasch zu den wirtschaftlich führenden Ländern auf. Dennoch gibt es in unserem Land Menschen, zu denen auch unser Präsident, Václav Klaus, gehört, die ständig ihre Zweifel bezüglich der EU–Mitgliedschaft oder gar bezüglich der Gründe für die Existenz der EU äußern. Im Nachbarland Österreich kann Ähnliches vernommen werden. Obwohl in diesem Land mit seinen acht Millionen Einwohnern dank der Erweiterung 150 000 Arbeitsplätze geschaffen wurden, betrachten nur 28 % der Österreicher die EU-Mitgliedschaft ihres Landes als etwas Positives. Aus diesem Grund möchte ich einen Aspekt von Herrn Broks Bericht herausstellen, und das ist die Notwendigkeit, eine umfassende Kommunikationsstrategie durchzuführen, um die Öffentlichkeit über den Zweck der Erweiterung, über deren Vorteile, aber auch über ihre möglichen zukünftigen Nachteile zu informieren. Für mich ist dies der wichtigste Aspekt, abgesehen von der Ratifizierung des Vertrags von Lissabon und abgesehen von der Einlösung unseres Versprechens, das wir insbesondere den Ländern des westlichen Balkans 2003 in Solun gegeben haben.

 
  
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  Mirosław Mariusz Piotrowski (UEN).(PL) Herr Präsident! Im Bericht über die Erweiterungsstrategie, über den wir hier sprechen, gibt es eine Bezugnahme auf einen Artikel im Vertrag von Rom, dem zufolge „jeder europäische Staat … beantragen kann, Mitglied der Gemeinschaft zu werden“. Mit einiger Genugtuung nehmen wir die Hinweise zur Kenntnis, dass die Initiative Polens und Schwedens für eine östliche Partnerschaft einschließlich einer engeren Zusammenarbeit mit unseren östlichen Nachbarn, darunter die Ukraine und Belarus, angenommen wurde. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Ukraine die Vollmitgliedschaft erwartet. Parallel zu den Prioritäten der französischen Ratspräsidentschaft, die sich auf Kontakte mit den südlichen Nachbarn der Union konzentrieren, sollten wir auch unsere östliche Partnerschaft vertiefen, um eine gravierende Asymmetrie in der Außenpolitik zu verhindern. Ein Instrumentarium könnte die Einberufung einer parlamentarischen Versammlung EU-Osten sein, die so genannte Euronest. Einen solchen Vorschlag an erster Stelle auf die Agenda zu setzen, wäre ein deutlicheres Signal an unsere östlichen Nachbarn und deren Hoffnungen auf die Gemeinschaft. Es muss klar betont werden, dass diese Hoffnungen nicht erstickt und mit dem Debakel des Vertrags von Lissabon in Verbindung gebracht werden dürfen, wie es einige führende Politiker in Europa gegenwärtig tun.

 
  
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  Ioannis Varvitsiotis (PPE-DE).(EL) Herr Präsident! Ich möchte Herrn Brok zu seinem Bericht gratulieren, in dem sehr viel Wahrheit liegt. Ich persönlich bin nicht allzu optimistisch im Hinblick auf neue Beitritte und auf eine neue Erweiterung – zumindest in unmittelbarer Zukunft und mit Ausnahme von Kroatien. Wir wünschen der Welt in unserer Umgebung, dass sie sich an politischer und wirtschaftlicher Stabilität erfreuen kann. Wir wünschen uns, dass Frieden und Wohlstand herrscht. Wir wünschen uns, dass die Welt um uns herum lebendig ist und sehr gesund.

Dabei kann uns die Europäische Nachbarschaftspolitik helfen, etwas, das auch Herr Brok eingesteht. Die Europäische Nachbarschaftspolitik schafft jedoch keine Partner, wie sie in einem einfachen Unternehmen vorzufinden sind. Sie basiert auf den bilateralen Beziehungen der Union zu jedem dieser Länder und dies ist meiner Ansicht nach ihr Schwachpunkt. Daher müssen wir etwas schaffen, dass über die bloße Nachbarschaft zwar hinausgeht, aber nicht bis hin zum Status eines Mitgliedstaats reicht. Mein Vorschlag für den Aufbau eines Europäischen Commonwealth ist ein Schritt in diese Richtung: Es handelt sich hierbei um eine Art verstärkter Zusammenarbeit, einen Bereich von EU-Nachbarländern, die einen Europäischen Weg einschlagen.

Dadurch wird sowohl die Sicherheit gestärkt als auch das internationale Ansehen der Europäischen Union verbessert. Dies ist die Alternative zur Erweiterung und ermöglicht uns, unseren Einfluss auf die besagten Nachbarländer zu einem Zeitpunkt zu vergrößern, zu dem Einwände gegen eine weitere Erweiterung offenkundig sind.

Schließlich möchte ich noch einen Gedanken hinzufügen: Dieser Vorschlag mag reichlich ehrgeizig erscheinen, aber ich glaube, dass die Europäische Union ihr Ansehen letztlich stärken und ihren Einflussbereich erweitern muss. Ich denke, dass dies ein Weg wäre, um diese Ziele zu erreichen.

 
  
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  Adrian Severin (PSE).(EN) Herr Präsident! Eine Strategie ohne Spielraum bei den Zielen kann es nicht geben. Die Mehrdeutigkeit der Ziele der Europäischen Union in der Erweiterungspolitik ist ein Hindernis, das kein Berichterstatter überwinden konnte. Dieser Bericht ist dieser Mehrdeutigkeit zum Opfer gefallen.

Unsere Pflicht und unser letztendlicher Gestaltungsspielraum bestehen darin, unseren Bürgern Sicherheit zu garantieren. Unsere Bürger fühlen sich ungeschützt. Um sie zu schützen, muss die Europäische Union Macht besitzen. In einer globalisierten Welt über Macht zu verfügen, erfordert im Fall der Europäischen Union sowohl Erweiterung als auch innere Reform. Da wir unseren Bürgern nicht erklärt haben, dass die von ihnen erlangten Rechte langfristig nicht aufrechtzuerhalten sind, meinen sie, dass sie sich diese Rechte bewahren können, indem sie Erweiterung und Reform ablehnen. Unter diesen Umständen ist die Zukunft der Europäischen Union in Gefahr.

Die Erweiterung ist kein Zugeständnis an die Kandidatenländer. Einige von ihnen, wie die Ukraine, Serbien, die Moldau und die Türkei, verfügen über Alternativen, die möglicherweise schlechter sind, aber deshalb doch als Alternativen verbleiben. In diesen Fällen stehen wir im Wettbewerb mit anderen. Einige ihrer internen Probleme ließen sich besser innerhalb, andere besser außerhalb der Europäischen Union lösen. Wenn wir ihnen keine Perspektiven anbieten, können wir die Sicherheit für unsere Bürger nicht gewährleisten.

Es sind nicht die Kandidatenländer oder die neuen Mitgliedstaaten, die schwer verdaulich sind, nein, es ist unser Verdauungssystem, das zu langsam arbeitet. Entweder wir finden schnell ein gutes Verdauungsmittel oder wir werden gezwungen sein, über lange Zeit Hunger zu leiden.

 
  
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  Anna Ibrisagic (PPE-DE). - (SV) Herr Präsident, Herr Kommissar! Ich finde es richtig festzustellen, dass die Erweiterung ein Erfolg war und freue mich, bestätigt zu finden, dass Länder, denen wir bereits klare Zusagen und eine deutliche europäische Perspektive gegeben haben, diese Vorteile auch weiterhin genießen. Allerdings bin ich ernsthaft beunruhigt darüber, dass bei jeder Diskussion über die Erweiterung der Ton kälter wird. Immer häufiger sind Worte wie adäquat, Aufnahmekapazität, politische Konsolidierung, Gefährdung des sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalts zu hören. Diese Begriffe hören sich für mich nicht wie eine Vision oder ein Ziel an, sondern eher wie der Versuch, uns gegen eventuelle zukünftige Erweiterungen zu versichern. Immer häufiger wird die Erweiterungsmüdigkeit der Öffentlichkeit in unseren Ländern als Argument gebracht, aber es wird nicht genügend getan, um die öffentliche Meinung zu ändern.

Es ist kein Zufall, dass gerade Deutschland und Frankreich, die über Jahrhunderte hinweg miteinander im Krieg lagen, das ganze EU-Projekt ins Leben gerufen haben. Und es ist auch kein Zufall, dass es gerade führende französische und deutsche Politiker waren, die eine Vision für die Zukunft Europas hatten. Sie wussten, dass die Europäische Union in erster Linie ein Friedens- und Sicherheitsprojekt und damit viel mehr als ein Wirtschaftsprojekt ist. Diese Vision und diese Art von Führung, die mir hier oftmals fehlen, werden heute mehr denn je gebraucht. Ich schätze daher die deutliche Aussage von Kommissar Rehn, dass wir keinen Warteraum für Kandidatenländer schaffen dürfen und dass die Erweiterung eine Zukunft hat. Dafür möchte ich dem Kommissar besonders danken.

 
  
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  Vural Öger (PSE). - Herr Präsident! Für mich bleibt die europäische Erweiterungspolitik eine große Erfolgsgeschichte. Die EU hat es geschafft, innerhalb von fünfzig Jahren einen Kontinent des Friedens, der Demokratie und des Wohlstands zu schaffen. Auffallend in diesem Bericht zur EU-Erweiterungsstrategie finde ich, dass auch die Beziehungen der EU zu Ländern ohne EU-Beitrittsperspektive ihren Platz finden.

Diese vorgenommene Verwässerung der Erweiterungsstrategie und ihre Vermischung mit der europäischen Nachbarschaftspolitik sind problematisch. Viele Punkte sind inhaltlich zwar sehr interessant und annehmbar, gehören aber nicht in einen Erweiterungsbericht, sondern vielmehr in einen ENP-Bericht. Ich denke da z. B. an das Projekt Union für das Mittelmeer oder Union für das Schwarze Meer. Die Erweiterungspolitik der EU sollte klar von der europäischen Nachbarschaftspolitik getrennt bleiben. Deswegen bedauere ich auch, dass der Bericht in seinen Aussagen teilweise sehr vage, teils sogar verwirrend bleibt und damit Raum für verschiedene Interpretationen lässt.

 
  
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  Francisco José Millán Mon (PPE-DE). - (ES) Herr Präsident! Der Bericht Brok betrifft einen der größten Erfolge der Europäischen Union: den Erweiterungsprozess. Gestatten Sie mir, drei Anmerkungen zu machen.

Erstens hat die Erweiterung die so genannte „Fähigkeit zum Wandel“ der Europäischen Union unterstrichen. Der Wunsch nach Integration ist in vielen Europäischen Ländern zu einem kraftvollen Ansporn für einen tiefgreifenden politischen und ökonomischen Wandel geworden. Diese Länder sind den Weg der Mitgliedschaft in der Union gegangen, und davon profitieren sowohl sie selbst als auch die alten Mitgliedstaaten. Die fünfte Erweiterung ist der jüngste Beweis für diesen Erfolg.

Zweitens unterstütze ich die von der Kommission vertretenen Grundsätze der Einhaltung von Bedingungen, Konsolidierung und Kommunikation, die auch im Bericht Brok zu finden sind. Auch schließe ich mich der Forderung nach Stärkung der Integrationsfähigkeit der Europäischen Union an. Die Erweiterungen verlangen von der EU, dass sie imstande ist, die neuen Mitgliedstaaten aufzunehmen und weiterhin ihre Funktionsfähigkeit zu behalten. Dafür sind unter Umständen institutionelle Reformen und zum Beispiel die Sicherung ihrer finanziellen Ressourcen erforderlich. Die Erweiterungen dürfen die Politik der Gemeinschaft und Maßnahmen oder die Ziele der Union nicht gefährden. Des Weiteren unterstütze ich die Forderung nach einer ehrgeizigen Kommunikationspolitik, an der es der EU bislang noch mangelte. Tatsache ist, dass es uns bisher nicht gelungen ist, unsere Bürger die Vorzüge der Erweiterung spüren zu lassen.

Schließlich verweist der Bericht Brok auf die Möglichkeit der Schaffung eines speziellen Raums in der Union für die östlichen Länder, die momentan noch keine Aussicht auf eine Mitgliedschaft haben. Gemäß Ziffer 19 des Berichts müsste ein solcher Raum oder eine solche Zone auf einer gemeinsamen politischen Orientierung in verschiedenen Bereichen, von der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie bis zur Bildung und Migration, aufbauen. Meines Erachtens sollten viele dieser gemeinsamen Politiken nicht auf unsere östlichen Nachbarn beschränkt werden, sondern auch die an das Mittelmeer grenzenden Länder einbeziehen. Diese unterhalten seit über fünfzig Jahren sehr enge Beziehungen zur Europäischen Union. Die Europäische Nachbarschaftspolitik und der so genannte Barcelona-Prozess — heute die Union für den Mittelmeerraum — müssen dafür sorgen, dass sich die südlichen Mittelmeeranrainer nicht als Bürger zweiter Klasse fühlen.

 
  
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  Luis Yañez-Barnuevo García (PSE). - (ES) Herr Präsident! Nur ein Hinweis: Bei einer Redezeit von nur einer Minute bleibt keine Zeit für Feinheiten, so spreche ich also nur in meinem eigenen Namen.

Die Erweiterung ist nicht immer erfolgreich gewesen. Die politischen Eliten von vier oder fünf Ländern, die der EU im Zuge der Erweiterung von 2004 beigetreten sind, haben meines Erachtens die europäische Politik oder den gemeinschaftlichen Besitzstand weder verstanden noch sich zu Eigen gemacht. Sie stellen die Beziehungen zu den USA in den Vordergrund und räumen der NATO mehr Raum ein als einem echten und sicheren Prozess der Integration in die Europäische Union.

Bis zum Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon kann es keine Erweiterung mehr geben.

Die derzeitigen Verhandlungen mit den Kandidatenländern sollten ohne Unterbrechung fortgesetzt werden, aber meines Erachtens sollten diese Verhandlungen unbedingt erst nach Annahme des Vertrags von Lissabon zum Abschluss gebracht werden.

Schließlich sollten wir nicht zulassen, dass die Länder, die um weitere Fortschritte bemüht sind, von den eher euroskeptischen, nationalistisch geprägten oder um ihre Souveränität bangenden Ländern behindert werden.

 
  
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  Hubert Pirker (PPE-DE). - Herr Präsident, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Das Europäische Parlament hat mit dem Bericht Brok sehr klar aufgezeigt, dass es die Lehren aus der letzten großen Erweiterung um 12 Mitgliedstaaten gezogen hat und dass es verstanden hat, auf der einen Seite die Probleme aufzulisten, die daraus resultierten, aber auf der anderen Seite sehr wohl all die Vorzüge herauszustreichen weiß, die uns die Erweiterung gebracht hat, den neuen wie den alten Mitgliedstaaten.

Aber das Wichtige ist, die Konsequenzen daraus zu ziehen, und dies ist geschehen, insbesondere in zwei Bereichen, die für mich wichtig sind. Erstens werden wir bei künftigen Erweiterungen die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union zu prüfen haben. Und zum Zweiten sind die Voraussetzungen in den Kandidatenländern vor einer Aufnahme tatsächlich zu erfüllen.

Wenn es bei uns um die Diskussion der Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union geht, dann sind mir einige Punkte wichtig wie etwa, dass die Neubeitritte das Projekt der Union nicht gefährden dürfen. Das heißt, die Dynamik der Weiterentwicklung, die Ziele der Union dürfen nicht verfälscht werden, sondern sie müssen mit der Neuaufnahme verstärkt werden können. Der institutionelle Rahmen in der Union muss vorab geschaffen und sichergestellt sein. Wir brauchen eben auch einen Vertrag wie Lissabon oder einen adäquaten Vertrag. Und eine Erweiterung muss für die Europäische Union auch leistbar sein, ansonsten stellen wir das Projekt Union in Frage.

Insgesamt wollen wir eine positive Weiterentwicklung. Spätere Aufnahmen neuer Länder sind nicht auszuschließen, aber alles nach Regeln und unter Bedingungen.

 
  
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  Roberta Alma Anastase (PPE-DE).(RO) Die Stärkung der Rolle der Europäischen Union als Akteur auf der internationalen Bühne ist ohne fortwährende Anpassung an den globalen Kontext des 21. Jahrhunderts undenkbar.

Ein geostrategisches Element in diesem Zusammenhang ist die Erweiterung, und die bisherigen Erweiterungen, auch die jüngste von 2007, haben die unzweifelhaften Vorteile dieses Prozesses bewiesen. Daher ist es unverzichtbar, diesen Prozess fortzuführen, und ich begrüße die in dem Bericht enthaltene erneute feste Zusage gegenüber den Westbalkanstaaten.

Nicht weniger bedeutend ist es jedoch, auch den Partnern Europas in der Nachbarschaftspolitik eine klare europäische Perspektive einzuräumen, darunter auch die Republik Moldau.

Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir über europäische Länder sprechen, die ihre Bereitschaft zu einer Zukunft in der Europäischen Union bereits deutlich gemacht haben, und der Vertrag von Rom besagt ausdrücklich, dass jedes europäische Land die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft beantragen kann, vorausgesetzt, es erfüllt die Kopenhagener Kriterien.

Ich fordere die Kommission und den Rat auf…

(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)

 
  
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  Ioan Mircea Paşcu (PSE).(EN) Herr Präsident! Der Rückschlag, den der Vertrag von Lissabon in Irland erlitten hat, liefert Erweiterungsskeptikern eine unerwartete Chance: Die EU muss Planungen zu neuen Mitgliedern einstellen, weil es einfach keinen Platz für sie gibt. Natürlich trifft dies, vom rechtlichen Standpunkt aus betrachtet, momentan zu, wir sollten aber gleichzeitig eine klare Trennung zwischen dem Vertrag von Lissabon und der Erweiterung vollziehen. Erstens, weil der Zweck des Vertrages nicht in der Erweiterung an sich, sondern in der Anpassung der EU an einen globalisierten Rahmen bestand, und zweitens, weil die Erweiterung als politische und nicht als rein rechtliche Angelegenheit anzusehen ist.

An der Erweiterung als Machtfaktor zeigen sich Anziehungskraft und Autorität, aber auch Absorptionsfähigkeit – Eigenschaften, die wir stets für unsere Union reklamieren. Daher sollten strategische Planung, reale Verhandlungen und neue Initiativen in Bezug auf die zukünftige Erweiterung parallel zu den Bemühungen um die Ratifizierung des Vertrags von Lissabon fortgesetzt werden.

 
  
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  Andrew Duff (ALDE).(EN) Herr Präsident! Könnte Herr Jouyet zur außergewöhnlichen Lage im französischen Parlament bezüglich des Einsatzes von Referenden zur Sanktionierung des türkischen Beitritts eine Erklärung und Rechtfertigung abgeben? Stimmt er mir nicht zu, dass die Wahl eines so populistischen Instruments zur Ratifizierung eines internationalen Vertrags ein völliger Fehlgriff ist?

 
  
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  Nicolae Vlad Popa (PPE-DE).(RO) Die Erweiterung hat sich als eines der stärksten politischen Instrumente der Europäischen Union erwiesen, denn sie dient den strategischen Interessen der Union im Hinblick auf Stabilität, Sicherheit und Konfliktvermeidung. Dies hat zu mehr Wohlstand und besseren Wachstumschancen sowie zur Sicherung wichtiger Verkehrswege und Energiekorridore beigetragen.

Die Erweiterungspolitik der Europäischen Union hat sich als Erfolg sowohl für die Europäische Union, als auch für Europa im Allgemeinen erwiesen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die „Politik der offenen Tür“ sowohl für die Bewerberländer, beziehungsweise mögliche Bewerberländer, aufrechtzuerhalten, als auch für die Länder im östlichen Teil des Kontinents mit einer möglichen Zukunft in der Europäischen Union. Voraussetzung für diese Vorgehensweise ist natürlich die Erfüllung der erforderlichen Kriterien und Verpflichtungen.

Um die Erweiterung fortzusetzen, benötigen wir jedoch eine praktikable Lösung für das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon.

(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Monika Beňová (PSE).(SK) Wir haben heute Wörter wie Erweiterungsmüdigkeit, Krise oder Konsolidierungsbedarf zu hören bekommen. Das sind sehr deprimierende Worte und Haltungen, die eher für Hilflosigkeit und elitäres Denken sprechen als für die Fähigkeit, die Vision eines vereinten Europa aktiv voranzutreiben.

Konsolidierung ist nicht das Problem derjenigen Länder, die der Union im Zuge der beiden letzten Erweiterungen beigetreten sind. Sie ist in erster Linie ein Problem der älteren Mitgliedstaaten. Sie sollten sich selbst die Frage stellen, warum sie einen Konsolidierungsbedarf sehen. Was die Erweiterungsmüdigkeit betrifft, so sind wir es, die von widersprüchlichen Ansichten und Standpunkten geplagt sind, nicht die Länder, die bereit sind, alle unsere Anforderungen und Auflagen für die EU-Mitgliedschaft zu erfüllen.

Unser Verhalten gegenüber der Türkei beispielsweise ist tragikomisch, denn zum heutigen Zeitpunkt können wir noch nicht einmal mit Bestimmtheit sagen, ob wir bereit sein werden, die Türkei in unseren elitären Kreis aufzunehmen, wenn sie die Kopenhagener Kriterien erfüllt hat. Folglich ist die Frage, oder sind alle Fragen, die…

(Der Präsident entzieht der Rednerin das Wort.)

 
  
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  Marios Matsakis (ALDE).(EN) Herr Präsident! Es ist beruhigend zu hören, dass der französische Minister im Wesentlichen erklärt, dass die Türkei ihre Beziehungen zu Zypern normalisieren muss, um den Beweis zu führen, dass sie ihre europäischen Bestrebungen voranzutreiben wünscht.

Es ist wirklich unglaublich und widerspricht jeder Logik, dass die EU Beitrittsverhandlungen mit einem Land fortsetzt, das einen ihrer Mitgliedstaaten weiterhin nicht anerkennt und nach wie vor einen Teil dieses Staates besetzt hält. Ich verstehe, dass gegenüber einem Land, in dem die Demokratie ständig vom eigenen Militär angegriffen wird, eine Politik von Zuckerbrot und Peitsche erforderlich ist – aber unsere Geduld und unsere Toleranz haben ihre Grenzen.

Wir haben an den Gesprächen zwischen den Volksgruppen auf Zypern teilgenommen. Es ist jetzt an der Zeit, dass die Kommission und der Rat der Türkei nachdrücklich klarmachen, dass sie nicht nur gegenüber Zypern, sondern auch gegenüber der gesamten EU guten Willen zeigen muss, indem sie schnellstmöglich ihre Besatzungstruppen von der Insel Zypern abzieht und unverzüglich das Ankara-Protokoll umsetzt. Ein derartiges Verhalten wird zweifellos als Katalysator für die Lösung des Zypernproblems wirken.

(Der Präsident entzieht dem Redner das Wort.)

 
  
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  Der Präsident. − Mir wird mitgeteilt, dass uns nur noch sehr wenig Zeit verbleibt, sodass nicht alle die Möglichkeit haben, hier zu sprechen.

Ich weise darauf hin, dass diejenigen, die sich zu Wort gemeldet haben, ihren Beitrag schriftlich einreichen können, damit er in das Protokoll der Sitzung aufgenommen wird.

 
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